Mobile Cultures and Societies [1 ed.] 9783737012089, 9783847112082

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Mobile Cultures and Societies [1 ed.]
 9783737012089, 9783847112082

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Alexandra Ganser / Annegret Pelz (Hg.)

Mobile Kulturen und Gesellschaften / Mobile Cultures and Societies

Mit 20 Abbildungen

V&R unipress Vienna University Press

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. Veröffentlichungen der Vienna University Press erscheinen bei V&R unipress. Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Rektorats der Universität Wien. © 2021, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Alexandra Exter (1882–1949): Stage Sets / Décors de théâtre, 1926–30, One from an album of 15 pochoirs (32.7 x 51.1 cm): The Merchant of Venice. 1927. Éditions des Quatre Chemins, Paris 1930. Museum of Modern Art, MoMA NY, Gift of Mr. and Mrs. Nikita Lobanov, Object number 205.1972.14. Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-7370-1208-9

Inhalt

Einführung / Introduction Alexandra Ganser / Annegret Pelz Kulturelle und soziale Mobilitätsforschung konzeptualisieren / Conceptualizing Cultural and Social Mobility Studies . . . . . . . . . . .

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Syntia Hasenöhrl / Barbara Maly-Bowie / Roman Kabelik Why Mobilisation Matters: Critical Enquiries about Mobilities, Communications and Power . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Ethnisierte und vergeschlechtlichte Mobilitäten / Ethnicized and Gendered Mobilities Petra Dannecker / Birgit Sauer Gender und Mobilität oder Mobilität und Gender? Programmatische Überlegungen zu einem komplexen Zusammenhang . . . . . . . . . . . .

87

Alev Çakır / Katharina Fritsch Ethnicised Social Mobility as Self-Governing among Franco-Comorian Politicians in Marseille and türkiyeli Entrepreneurs in Vienna . . . . . . . 103 Birgit Englert Moving beyond Hip-Hop: Tracing Mobilities in the Work of Franco-Comorian Artists Soprano and Ahamada Smis . . . . . . . . . . . 127

Mobilität und Medialität / Mobility and Mediality Alexandra Ganser (Im)Mobilität und Medialität im Hollywood-Weltraumfilm: Interstellar und The Martian . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

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Inhalt

Annegret Pelz Album und Picknickdecke: Stabilisierende Medien und ephemere Formen mobiler Kollektivbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Marianne Windsperger Preserving Lived Contexts: Yizker bikher as Portable Archives from a Transgenerational Perspective . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

Bildbewegungen / Moving Images Franz M. Eybl Traveling Images: Kategorien piktoraler Mobilität in Bildmedien der Frühmoderne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Christian Wimplinger „Die Augenbewegungen sind spontan“ – Protestbewegungen sind es auch. Zum ambulanten Gebrauch von Negt und Kluges Geschichte und Eigensinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Viktoria Metschl “Shhhhh, on existe…”: Haute Cuisine, Subversion Televised, and the ‘Denaturalization’ against Dehumanization of the European Nation State in Sarah Maldoror’s Telefilm Un Dessert pour Constance (1980) . . . . . . 243

Übersetzung und Transfer / Translation and Transfer Philipp Wagner Zur Mobilität von Arbeiterliteratur. Die Dortmunder Gruppe 61 auf Lesereise im Schweden der 1970er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Antje Wischmann Übersetzung und literarischer Transfer als Figurationen transnationaler Mobilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

Zukünfte von Mobilität / Futures of Mobility Mimi Sheller Zukünfte ungleicher Mobilität

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

Beiträgerinnen und Beiträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339

Einführung / Introduction

Alexandra Ganser / Annegret Pelz

Kulturelle und soziale Mobilitätsforschung konzeptualisieren

Der vorliegende Band versammelt aktuelle Forschungen der Forschungsplattform Mobile Kulturen und Gesellschaften. Interdisziplinäre Studien zu transnationalen Formationen an der Universität Wien. Als ein Instrument zur Förderung innovativer Forschung leistet die Plattform einen Beitrag zur Entwicklung des für gegenwärtige und vergangene soziokulturelle Entwicklungen hochrelevanten Forschungsfeldes der Mobility Studies. 2014 als Forschungskooperation zwischen der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät und der Fakultät für Sozialwissenschaften gegründet und nach einem internationalen Evaluierungsverfahren für weitere drei Jahre verlängert, beherbergt die Forschungsplattform seit 2019 außerdem das durch den Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) geförderte doc.funds-Programm Cultural Mobility Studies. Im Rahmen dieses Programms wurde das Kollegium um Wissenschaftler*innen der Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie und des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften (IFK Kunstuniversität Linz in Wien) erweitert. Externe institutionelle Kooperationspartner der Forschungsplattform sind außerdem das Center for Mobilities Research and Policy (Philadelphia) und die Österreichische UNESCO-Kommission.1 In Zeiten intensivierter Globalisierung reagiert unsere Forschung auf die Tatsache, dass wissenschaftliche Antworten auf Fragen des Zusammenlebens in der mobilen Welt gesucht und Beiträge zum Verständnis der soziokulturellen Bedeutung von (Im)Mobilitäten geleistet werden müssen. Eine entscheidende Manifestation im entstehenden Feld der Mobility Studies war 2016 die Gründung der Zeitschrift Mobilities. In der Einleitung zur ersten Ausgabe stellen die Herausgeber Kevin Hannam, Mimi Sheller und John Urry programmatisch fest, dass „das Konzept von Mobilitäten die weltweiten Bewegungen von Menschen, Objekten, Kapital und Information, wie auch lokalere Prozesse täglichen Verkehrs, der Bewegung im öffentlichen Raum ebenso wie die Reisen materieller Dinge im täglichen Leben umfasst“ (2006, 1, Übers. Hg). Mit dem new mobilites paradigm 1 Siehe die Webseite der Forschungsplattform: https://mobilecultures.univie.ac.at.

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wird Mobilität als gelebte Realität und Ort der Wissensproduktion verstanden, die sowohl die Erforschung von Immobilität und Formen von Ausschlussmechanismen als auch die Hypermobilität des digitalen Zeitalters einbegreift, und dabei kritisch zwischen territorialer Mobilität und Motilität als Bewegungspotenzial unterscheidet (Kaufmann 2002; Kaufmann, Bergman und Joye 2004; Sager 2006). Während Mobility Studies generell und insbesondere das new mobilities paradigm in erster Linie in den Sozialwissenschaften angesiedelt waren, haben Peter Merriman und Lynne Pearce (2017) jüngst unter Bezugnahme auf die vielfachen intellektuellen Strömungen in Kulturtheorie und Philosophie dazu aufgerufen, die Perspektiven der etablierten geisteswissenschaftlichen Denktraditionen in eine transdisziplinäre Mobilitätsforschung einzubeziehen. Dem entspricht das disziplinenübergreifende Konzept unseres Bandes mit sozial- und kulturwissenschaftlichen Zugängen zu den Mobility Studies. Entsprechend wird Mobilität in diesem Band verstanden als kulturell, sozial und politisch konstituiert, mit Subjekten, die in alltäglichen sozialen und symbolischen Prozessen (de Certeau 1984) Vorstellungen von Mobilität (re)produzieren und herausfordern. Mobilität wird im Plural als Mobilitäten re-konzeptualisiert (Urry 2000) und unterschiedliche Bewegungsformen analytisch als Funktionen in einem soziokulturellen Mobilitätsdispositiv (Manderscheid 2014) gefasst, das Zirkulationen von Menschen, Objekten und Ideen durch Praktiken, Diskurse und Institutionen reguliert. Tim Cresswell (2006) und andere kritisieren die Art und Weise, wie die gegenwärtige Forschung Mobilitäten oftmals mit positiv konnotierten Metaphern von Fluidität und Flexibilität und mit Lokalisierbarkeit und Sesshaftigkeit als dichotomem, negativen Pol aussoziiert. Auch Morley (2017) wendet sich gegen eine Idealisierung von Mobilität als progressiv, liberal, emanzipatorisch und gegen die Abwertung von Beständigkeit und Eingeschränktheit als konservativ und repressiv. Er fordert die Wissenschaft auf, das Binärpaar Sesshaftigkeit/ Nomadentum (2017, 62) zugunsten einer Erforschung der komplexen Bedingungen, „Disjunktionen und Intersektionen“ (64) von Mobilitäten in ihren regulativen Funktionen zu unterlaufen. Mobilität hat sich demnach zu einer konzeptuellen Kategorie in kritischen Debatten zu Ungleichheit, Differenz und Gouvernementalität herausgebildet. Während Bewegungsfähigkeit im Zeitalter beschleunigter Globalisierung ein bestimmender Faktor soziokultureller Veränderung ist (Holert und Terkessidis 2006), gestalten sich Mobilitäten entlang intersektioneller Schnittlinien von Klasse, race, Geschlecht, Alter, Nationalität usw. ungleich, wie (post)koloniale und diasporische Migrationskontexte zeigen. Cresswell trifft eine wesentliche analytische Unterscheidung zwischen gesellschaftlich erzeugter Mobilität als einer erstens empirisch, technologisch konstruierten Realität, zweitens einer durch Darstellungsstrategien geformten und (re)produzierten Idee und drittens einer körperlichen Erfahrung (2006, 3). Von

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besonderem Interesse für sozial- wie für kulturwissenschaftliche Auseinandersetzungen mit Fragen der Ideologie, Subjektivität und Handlungsmacht ist daher das Zusammenspiel zwischen mobilen Körpern und Darstellungen von Mobilität. So heben Murray und Upstone (2014) hervor, dass eine Beschäftigung mit Mobilitäten jene Repräsentationstheorien, die sich auf statische räumliche Referenzen stützen, auf produktive Weise verkomplizieren. Die Verschiebung von einer räumlichen zu einer mobilen Wende (Sheller 2017) ist Resultat einer Betonung des Performativen in der soziokulturellen Konstruktion von Raum (Lefebvre 2004), welcher gleichzeitig durch soziale Akteure und durch textuelle Repräsentationen produziert wird. Doughty und Murray betonen zudem die Bedeutung von Diskursen, die „Mobilitätskulturen“ (2016, 304) produzieren und determinieren. Vor dem Hintergrund dieser Grundannahmen muss auch die Forschungsplattform Mobile Kulturen und Gesellschaften die Grundlagen ihrer interdisziplinären kultur- und sozialwissenschaftlichen Mobility Studies laufend reflektieren. Projekte innerhalb dieses Feldes können nicht isoliert innerhalb etablierter akademischer Disziplinen entwickelt werden, sie erfordern Innovation, interdisziplinäre Debatten und Kooperationen.

1.

Dieser Band

Dieser Band präsentiert Forschungsergebnisse der Wiener Forschungsplattform Mobile Kulturen und Gesellschaften. Nach dieser deutsch- und englischsprachigen Einleitung zur Konzeptionalisierung von Mobility Studies und nach dem Eröffnungsbeitrag zur Frage „Why Mobilisation Matters“ gliedern sich die Beiträge (aus den Fächern Afrikawissenschaften, Amerikanistik, Internationale Entwicklung, Film- und Medienwissenschaft, Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft, Skandinavistik und Politikwissenschaft) thematisch in die fünf Abschnitte: „Ethnisierte und vergeschlechtlichte Mobilität“ („Ethnicized and Gendered Mobilities“), „Mobilität und Medialität“ („Mobility and Mediality“), „Bildbewegungen“ („Moving Images“), „Übersetzung und Transfer“ („Translation and Transfer“) und in einen Ausblick auf die Zukünfte von Mobilität. Alle Beiträge skizzieren unterschiedliche Auswirkungen und Verflechtungen von Mobilisierung und Stabilisierung.2 Da wir Mobilitäten von Texten, Bildern, Ideen, Objekten und Menschen als strukturell geformt und als Resultat politi2 Vgl. die Nachwuchskonferenz „Move on! Mobility Meets (little) Resistances“ (2015), die Konferenz „American Im/Mobilities“ (2018) und „Mobile Cultures? Perspektiven auf Differenz, Mobilität und Immobilität“ (2018); siehe https://mobilecultures.univie.ac.at/veranstal tungen/.

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scher, sozialer und kultureller Veränderungen ansehen, befasst sich der Band nicht ausschließlich mit zeitgenössischen Mobilitäten. Er bietet vielmehr literatur-, kultur- und sozialwissenschaftliche Perspektiven von der frühen Neuzeit bis heute. Greenblatt (2009), Morley (2001, 2017), Merriman und Pearce (2017), Cresswell (2012) und andere fordern eine Historisierung der Mobilitätsforschung, um dem fälschlichen Eindruck entgegenzuwirken, es handele sich bei kultureller Mobilität um ein neues Phänomen. Unser Band setzt auf diachrone Tiefe, er reagiert auf die Anregung, den vorherrschenden Gegenwartsbezug in den Mobility Studies zu korrigieren, und er nimmt Greenblatts Vorschlag auf, dass „die mobility studies versteckte wie sichtbare Bewegungen von Menschen, Objekten, Bildern, Texten und Ideen beleuchten sollten“ (2009, 250, Übers. Hg.). Im Rahmen der Forschungsplattform Mobile Kulturen und Gesellschaften untersuchen wir die Komplexitäten sozialer und kultureller (Im)Mobilitäten in verschiedenen historischen und geographischen Kontexten. Lag der Fokus anfangs auf der Präzisierung von Kernbegriffen und -konzepten der einzelnen Fachsprachen (u. a. Mobilität/en, Immobilitäten, Raum, Ort, Dislokation, Migration, Medialität, Widerstände), zeigte das Zusammentreffen unterschiedlicher methodischer Verfahren (diskursiv-repräsentativ-analytisch und empirisch) Anschlussmöglichkeiten zwischen den sozial- und kulturwissenschaftlichen Ansätzen auf. Die kritische Reflexion unserer Kernkonzepte und Schlüsselbegriffe führte zu der Feststellung, dass Mobilität nicht auf Metaphern reduziert werden sollte (z. B. aufsteigende/absteigende soziale Mobilität), sondern immer auch als sozial und kulturell bedeutsame materielle Bewegung verstanden werden muss, die durch habituelle Praktiken, Menschen, Räume und Zeiten strukturiert ist (Cresswell und Merriman 2009). Kulturelle Mobilitäten betonen Austausch und Transfer (z. B. migrierende Konzepte, Übersetzungen), Transformationen und Hybridisierungen. Unsere Forschungen heben die Verschränkungen körperlicher und medialer Formen und von Synergien zwischen räumlichen, sozialen und kulturellen (Im)Mobilitäten hervor. Auf meta-analytischer Ebene diskutieren wir die Zirkulation von Ideen, analysieren (Im)Mobilitäten in unterschiedlichen Graden und konzeptualisieren Mobilisierung als eine theoretische Perspektive und Untersuchungsmethode im Hinblick auf Machtverhältnisse und Subjektbildung.

Kulturelle und soziale Mobilitätsforschung konzeptualisieren

2.

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Interdisziplinäre Ansätze: Momente und Gegenmomente von Mobilität

Konzeptualisierungen von Mobilitäten sind in unterschiedlichen historischen Traditionen, variablen Epistemologien, Grundverständnissen und Bedeutungssystemen verankert. Auf theoretischer Ebene will dieser Band aufzeigen, wie Mobilitätsforschung mit Kategorien wie Transnationalität, Translokalität, Diaspora und Migration, Wissenstransfer und Übersetzung, travelling concepts, Exil, Kosmopolitismus, kulturelle Differenz und Anderssein korrespondiert. Interdisziplinäre Zugänge erweisen sich insbesondere dann als ergiebig, wenn Fragen von Mobilitäten und Immobilitäten politisch begriffen werden, da die Inklusionen und Exklusionen in und von Mobilitätspraktiken immer schon verbal und audio/visuell im kulturellen Imaginären ko-konstruiert und auf vielfache Weise performiert sind. Aufgrund ihrer Performativität, die mediale Repräsentation wie soziale Praktiken umfasst (Simanowski 2016), kann soziale und kulturelle Mobilität von keiner einzelnen disziplinären Perspektive zufriedenstellend theoretisiert werden. Die Verflochtenheit von Formen und Formationen, Repräsentationen und Akteuren von (Im)Mobilitäten verlangt methodische und theoretische Flexibilität. Das schließt Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verwendeten Begrifflichkeiten zur Erforschung soziokultureller (Im)Mobilitäten ein, die an den Verbindungsstellen zwischen den einzelnen Disziplinen ansetzen. Als multi- und/oder interdisziplinäre Forschungsgruppe bauen wir auf eine Vielzahl von Methoden und Herangehensweisen, die in unsere gemeinsame Perspektive münden – die der soziokulturellen (Im)Mobilität. Die Einzelstudien dieser Zusammenstellung haben das gemeinsame Ziel, transdisziplinäre Analysekategorien (z. B. Handlungsmacht, Dispositiv, Hegemonie) jenseits einzelner Disziplinen zu entwickeln und die Kulturalität und Sozialität von mobilen Praktiken herauszustellen. Als Reaktion auf die Kritik an dem inflationären Gebrauch von Mobilitäten und an der mehrheitlich positiven Besetzung des Mobilitätsbegriffs hat sich in vielen unserer Forschungsprojekte, in Workshops und in der Lehre, die Erforschung von Momenten und Gegenmomenten von Mobilität – als zeitlich eng mit der Produktion von Immobilitäten verschränkt – durchgesetzt. Das hat uns (als mobile Wissenschaftler*innen des globalen Nordens) zu gesteigerter Selbstreflexivität geführt und erfordert auf konzeptioneller Ebene, unterschiedliche Formen von Mobilität/Immobilisierung und Immobilität/Immobilisierung in Abhängigkeit voneinander zu betrachten. Nach unseren bisherigen Kooperationserfahrungen haben so beispielsweise die literaturwissenschaftlichen Studien von der soziokulturellen Präzisierung ihrer Forschungsgegenstände und ihrer ‚Heimat‘-Disziplin profitiert. Denn Literatur ist einerseits eine spezifische Form

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ästhetischer und epistemologischer Praxis, andererseits ist sie materiell an spezifische Lese- und Schreibpraktiken und an Medien- und Zirkulationstechnologien gebunden. Die Betonung der Performativität von Handlungen in hegemonialen Formen und Strukturen sowie der Offenheit sozialwissenschaftlicher Mobilitätsforschung gegenüber Symbolisierungsprozessen bereichert sowohl die philologischen wie die sozialwissenschaftlichen Konzepte und Methoden. Die folgenden Abschnitte zur kultur- und sozialwissenschaftlichen Mobilitätsforschung zeigen auf, in welcher Weise die verschiedenen an der Plattform beteiligten Forschungsprojekte die genannten Ziele in ihren Forschungen umsetzen.

3.

Kulturwissenschaftliche Mobilitätsforschung3

Ein wegweisender Moment in der Entwicklung literatur- und kulturwissenschaftlicher Mobilitätsforschung war die Veröffentlichung von Mary-Louise Pratts Arbeit Imperial Eyes: Travel Writing and Transculturation (1992). In unterschiedlichen disziplinären Verortungen veranlasste diese eine Verschiebung der Aufmerksamkeit auf „contact zones“ und ihre Repräsentationen – auf hybride Räume des Kulturkontakts, in welchen sich die Routen der Reisenden, Migrant*innen, Seeleute und anderer mobiler Bevölkerungen überschneiden und mit Kolonialismen und vorherrschenden epistemologischen Regimen des Wissens und der Beschreibung des Anderen verschränken. In ähnlicher Weise bieten James Clifford (1992, 1997), Mieke Bal (2002), Stephen Greenblatt (2009), Ottmar Ette (2001–2017), Ramona Lenz (2010), Elisa Bertuzzo (2012), Kimmich und Schahadat (2012), Cancik-Kirschbaum und Traninger (2015) und kürzlich Merriman und Pearce (2017) einen Orientierungsrahmen für kritische Mobilitätsforschung, der Mobilität in das Zentrum von Kultur und Kulturwissenschaften rückt. Wesentlich für die Geisteswissenschaften ist es mit Clifford, soziale und textuelle Inszenierungen dominanter und nicht-dominanter Formen von Mobilitäten zu untersuchen, um die allgegenwärtige Rhetorik einer zeitgenössischen Mythologie der Hypermobilität zu hinterfragen. Erzählungen über Mobilität müssen Marginalität und Ausgrenzung berücksichtigen, so dass ein anderes Licht auf die großen Narrative der nationalen Einheit, des Fortschritts, der Demokratie und der Modernität fällt, so Tim Cresswell, einer der Gründer des Felds (vgl. 2001, 20). Mobilität muss somit in ihrer doppelten Funktion als Affirmation und Widerstand (Hilton und Van Minnen 2002) gedeutet werden – nicht als Gegensatz, sondern als durch kulturelle Texte und soziale Performanz 3 Dieser Teil wurde kollaborativ verfasst von Alexandra Ganser, Roman Kabelik, Barbara MalyBowie, Viktoria Metschl und Annegret Pelz.

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(re)produziertes Kontinuum (siehe Paul, Ganser und Gerund 2011, 12–13). In unserem Kontext sehen wir Repräsentation als eine körperlich zum Ausdruck gebrachte diskursive Praxis, die immer medial gerahmt ist. Unterschiedliche Beispiele medialer Repräsentation von Mobilität zwischen dem 17. Jahrhundert und heute – von historischem Wissen über Mobilität, das frühneuzeitliche Prosa prägt, und der Portabilität von Buch-Medien bis zu zeitgenössischen (post-) nationalen oder diasporischen Identitätskonstruktionen im Internet und zu mobilen Praktiken des Fernsehens – werden in Resonanz zu unseren theoretischen Bestrebungen erforscht.

Amerikanistik In der Amerikanistik war Mobilität für US-amerikanische Gründungsmythen von zentraler Bedeutung: Erkundungs- und Entdeckungsreisen, der puritanische ‚errand into the wilderness‘ (im Sinne eines religiös begründeten Botengangs) einer ‚Neuen Welt,‘ die West-Expansion, die als Aufstieg gedachte soziale Mobilität des American Dream oder die Weltraumerforschung als die Erschließung von new frontiers – diese Vorstellungen werden in zahlreichen Mobilitätsnarrativen vom 15. Jahrhundert bis heute artikuliert und mythisch überhöht. Im nationalen Archiv außerordentlicher Errungenschaften sind die Protagonisten heroische Figuren. Obwohl diese eurozentristische, weiße und durch Männer dominierte Historiographie schon lange angefochten wird, schwingt diese Vorstellung bis heute in Diskursen über den amerikanischen Exzeptionalismus mit. In der US-amerikanischen Kulturgeschichte waren die oft als voneinander abhängig wahrgenommene geographische und soziale Mobilität für Narrative der Nationenbildung und der amerikanischen Subjektbildung von grundlegender Bedeutung. Was durch die Klischee-Vorstellung – „Amerikaner_in sein bedeutet, unterwegs zu sein“ (Urry 2007, 103, Übers. Hg.) – verwischt wird, sind jedoch amerikanische Immobilitäten. Cresswell (2006) folgend gibt es ideologisch und kulturell legitime Formen von Mobilität, die jedoch in einem Abhängigkeitsverhältnis zu illegal(isiert)en, sozial verachteten und/oder nicht genehmigten Arten von Mobilität stehen. Amerikanistische Mobilitätsforschung versucht, eine Kritik der in kulturellen Formen artikulierten, vorherrschenden Skripte amerikanischer Mobilität aus sub- und transnationaler sowie aus gender-, race- und klassenkritischen Perspektiven zu formulieren (Paul, Ganser und Gerund 2011).

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Anglistik In der britischen Tradition haben sich Theorien der Populärkultur stark an einer Neuzuordnung von kulturellen Verhältnissen infolge von Industrialisierungsund Urbanisierungsprozessen orientiert (Storey 2018). In dieser Perspektive kann die Entwicklung unterschiedlicher Klassen, ihrer jeweiligen kulturellen Räume und Praktiken im Vereinigten Königreich und ihre Auswirkungen auf globalisierte Ideen von Populärkultur nur innerhalb geographischer und sozialer Mobilitätsmuster und ihrer Technologien verstanden werden. Obwohl die industrielle Revolution, welche laut Urry das soziale Leben mobilisierte (Urry 2007, 3), einen eurozentrischen, wenn nicht sogar einen England-zentrierten Eckpfeiler in Bezug auf Mobilitäten darstellt, fungiert sie doch als wichtiges Zusammentreffen für die disziplinäre Formierung und Zielsetzung der britischen Kulturwissenschaften. Die Transformation der cultural studies von einem lokalen zu einem globalen Projekt ist durch einen markanten Wechsel der Ansätze zu sozialen und später zu geographischen Mobilitäten gekennzeichnet. Während ‚Mobilität‘ in den frühen Studien der cultural studies der 1960er Jahre bis zu ihrer Institutionalisierung in den 1970er Jahren kein prominentes Stichwort war, fand der Begriff in Verbindung mit den späteren Postcolonial Studies, der Diasporaund Globalisierungsforschung Aufnahme in den Wortschatz der cultural studies. Im Hinblick auf soziale Mobilität lag das Augenmerk früher Kulturkritiker wie Raymond Williams ([1958] 1983) auf ihrer Kritik von Klassenmobilität als Idealisierung und Auferlegung von bürgerlichen Ideen, dessen zugrundeliegender Trennungsgedanke auf eine sich abzeichnende und durch mobile Dynamiken der Zirkulation und des Austausches funktionierende kapitalistische Marktwirtschaft zurückgeführt wird. Diese kritische Sicht auf kapitalistische soziale Verhältnisse, die Ideen und Praktiken der sozialen Mobilität möglich machen, findet einerseits ihren Ausdruck in neueren Kritiken der globalen, neoliberalen, freien Marktwirtschaft (McGuigan 2016). Andererseits hat sich das Engagement der cultural studies für soziale Gerechtigkeit zu einem gemeinsamen Nenner entwickelt, der dazu einlädt, sich mit sozialer Mobilität als einem Sammelbegriff für Veränderungsprozesse zu befassen, die der Exklusion und Unterdrückung jenseits von Klasse entgegenwirken. Als Ort der kapitalistischen Globalisierung stellt die Populärkultur somit auch „eine Ressource für marginalisierte Gruppen [dar], um in nationale und internationale Narrative inkludiert zu werden“ (Miller 2017, Übers. Hg.). Diese Praktiken der Machterhaltung und -beanspruchung können in ihrer Beziehung zur versuchten Einflussnahme auf die materielle und symbolische Bewegung von Objekten, intellektuellen Strömungen, E-motionen und Erfahrungen verstanden werden. Zum Beispiel sind Sport, Musik, Tanz und Fernsehen – Bereiche der Populärkultur, die von multiskalaren Bewegungs- und Machtverstrickungen gekennzeichnet sind – als

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‚zivilisierende‘ Projekte ebenso wie Selbstausdruck, kollektive Handlung und Ort der Identifikation und des Widerstands – sinnstiftend geworden. Die mobile Wende formuliert daher zentrale Debatten über ‚structure‘ und ‚agency‘, Kommodifizierung, Signifikation und Aneignung neu, indem sie symbolische und materielle Dimensionen von Stabilisierung und Mobilisierung aushandelt.

Neuere deutsche Literaturwissenschaft Die These von Merriman und Pearce, dass die in den Geistes- und Kulturwissenschaften vorhandenen Mobilitätsstudien innerhalb des neuen Mobilitätsparadigmas nicht als solche kenntlich werden (2017, 495), trifft in besonderer Weise für die Forschungen im deutschsprachigen Raum zu. In den 1990er Jahren hat sich hier eine junge kultur- und medienwissenschaftliche Forschung etabliert, die prinzipiell den new (im)mobility studies zuzurechnen wäre. Mit einschlägigen Studien zu Literaturen und Kulturen in Bewegung, zu Trans-Area Studies, zur Geschichte des literarischen Weltverkehrs und zur Weltliteratur-Debatte sowie zu Reisen, zur Macht transportabler Objekte und Medien und zu mobilen Formen von Konvivialität (Adloff und Heinz 2015; Barthes 2007; Döring und Thielmann 2009; Ette 2001–2017; Kimmich und Schahadat 2012; Latour 2006; Pomian 1988; Stingelin und Thiele 2009; Stüssel und Neumann 2011; Werber 2007). Kulturelle und soziale Mobilitäten, die Veränderungen ihrer Formen (Deines, Feige und Seel 2012; Levine 2015) und insbesondere ihr Kleinwerden (Gamper und Mayer 2017) werden weitgehend historisch perspektiviert (Berbig und Göttsche 2013; Pelz 1993). An der Forschungsplattform wird der Zusammenhang von kleinen, beweglichen Formen und portablen Medien – Sammelbüchern, Alben und Notizbüchern (Erdle und Pelz 2019; Pelz und Kramer 2013) sowie ihre digitalen Adaptionen in der Facebook-Gesellschaft (Simanowski 2016) – im Rahmen der Geschichte deterritorialisierter Netzwerkorganisationen untersucht. Deutlich wird, dass der portable Besitz (Plotz 2008) diasporischer Medien (Mayer 2005) und die Fähigkeit, Dinge durch Inskriptionen zusammenzuziehen (Latour 1986, 2009), zunehmend Bedeutung in Fragen mobiler Zugehörigkeit (Pfaff-Czarnecka 2012) in europäischen und globalen Netzwerken (Moores 2012) gewinnt. Das ephemere Gemeinschaftsleben, in welches Einzelne gelegentlich eintauchen, nicht aber auf Dauer eingebunden sind (Rosa 2010), wird durch portable Medien und kleine literarische Formen reguliert, die nicht erst im Zeitalter post-traditioneller und mobiler Sozialitäten entstanden sind, und deren gemeinsamer Ort, wie Barthes und Ette betonen, vor allem die Sprache ist.

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Filmwissenschaft Kern der Filmwissenschaft sind Überlegungen zur Bewegung und Starrheit von Bildern und ihrer Verstrickung mit sozialen Realitäten und/oder sozialen Fiktionen (siehe Büttner 2014, 301). Im ersten Bewilligungszeitraum der Forschungsplattform haben die filmwissenschaftlichen Projekte die politisch motivierte Mobilität antikolonialer Filmproduktion und die ihr zugrundeliegenden Netzwerke, Techniken, Ideologien und Notwendigkeiten untersucht. Jackson folgend haben sie nach Verbindungen gesucht: Eine „materialistische Herangehensweise“, die darin besteht, „Dinge in ihrer gesamten Sequenz zu untersuchen, im Prozess zu sehen; nicht bloß ihre Existenz in fest sequenzierten Bildern herzustellen, sondern den Zustand des Seins im Prozess, im Anfangsstadium, in der Reife, im Niedergang aufzunehmen [… ;] Dinge in Bewegung, verarbeitet in andere, ebenso bewegte Dinge“ (1990, 49, Übers. Hg.). Vom Kino bis zum Fernsehen bleibt die Dringlichkeit von Godards Forderung, die „Festung Kino“ zu stürmen und aus ihrer historischen und gegenwärtigen Allianz mit der „Festung Europa“ zu lösen, gültig. Ein Archiv der ästhetischen Rebellion und konkreter Guerillataktiken bringt in die Mobility Studies ein detailliertes Verständnis materieller und materialistischer Bedingungen mediatisierter Bewegung am Schnittpunkt von Kultur- und Sozialwissenschaften ein.

4.

Sozialwissenschaftliche Mobilitätsforschung4

Die erstaunliche Beliebtheit der Globalisierungsidee in den Sozialwissenschaften der 1990er-Jahre und die oft zelebrierten ‚flows‘ von Menschen, Arbeitskraft, Gütern und Kapital haben zu einer zunehmenden Metaphorisierung und Konzeptualisierung von Mobilitäten in sozialwissenschaftlicher Forschung geführt (Lenz 2010, 1). Das bedeutet nicht, dass Mobilität für unsere Zeit einzigartig ist, sondern, dass Mobilitäten als „die kombinierten Bewegungen von Menschen, Objekten und Informationen in all ihren komplexen Beziehungsdynamiken“ (Sheller 2014, 789, Übers. Hg.) vor der Ausrufung des sogenannten new mobility paradigm oder new mobilites turn (Sheller und Urry 2006; Cresswell 2006) als Begleiterscheinung von grundlegenderen materiellen, sozialen und kulturellen Formationen, besonders in den Sozialwissenschaften, beiseitegeschoben wurden (D’Andrea, Ciolfi und Gray 2011, 150). Die neue Betonung der Mobilität nimmt weder an, dass, wie Sheller (2011, 2) feststellt, die Welt jetzt mobiler ist, noch ignoriert sie erzwungene oder freiwillige Mobilitäten in präkolonialen, kolo4 Dieser Teil wurde kollaborativ mit Alev Çakir, Katharina Fritsch, Syntia Hasenöhrl, Petra Dannecker, Birgit Englert, Kirsten Rüther und Birgit Sauer verfasst.

Kulturelle und soziale Mobilitätsforschung konzeptualisieren

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nialen und postkolonialen Zeiten. Stattdessen fordert sie die sesshaften Annahmen, welche die sozialwissenschaftliche Wissensproduktion seitdem geprägt haben, heraus. Territorialisierte Orte, Regionen und Nationen waren die Grundeinheit sozialwissenschaftlicher Forschung und der Entwicklung menschlicher Identitäten und Erfahrungen – obwohl wir wissen, dass mittelalterliche und frühneuzeitliche Gesellschaften höchst mobil und nicht durch solche Containerräume begrenzt waren. Mobilität wurde somit besonders in den Sozialwissenschaften als Abweichung von der Regel oder als Bedrohung dieser begrenzten Einheiten konstruiert. Sich in den Sozialwissenschaften auf Mobilität zu konzentrieren bedeutet jedoch nicht in erster Linie, Beweise für das sogenannte Sesshaftigkeitsparadigma zu enthüllen, sondern Mobilität in den Mittelpunkt zu stellen, ohne die Sesshaftigkeit aus den Augen zu verlieren. Sozialwissenschaftliche Beiträge zur Mobilitätsforschung theoretisieren Mobilität als grundlegend für Gesellschaften, Gemeinschaften, Identitäten und Erfahrungen auf eine Weise, die weder Mobilität noch Stillstand normalisiert (vgl. Glick Schiller und Salazar 2013, 184), sie beteuern die lange Geschichte der Mobilität, führen Mobilität als mehr als Reise und Migration aus und analysieren (ungleiche) Machtstrukturen, in denen Mobilitäten und Immobilitäten stattfinden. Obwohl manche Fragen, Zugänge und Theorien in Bezug auf Mobilität in unterschiedlichen sozialwissenschaftlichen Disziplinen variieren können, werden sie auch durch Gemeinsamkeiten gekennzeichnet, beispielsweise durch Publikationen, die wir für die jeweiligen Forschungsbereiche als grundlegend einstufen. Die Auswirkung von Machtverhältnissen auf Mobilität, von Glick Schiller und Salazar (2013) im Konzept der Mobilitätsregime ausgedrückt, sowie konkrete Kontextualisierungen stellen ein gemeinsames Interesse der kritischen Sozialwissenschaften dar. Die Berücksichtigung von Machtverhältnissen und sozialen Ungleichheiten wird zunehmend in den Mobility Studies in den Vordergrund gerückt; allgemein stellt Warne Peters für die Sozialwissenschaften fest: Obwohl eine Stärke der Mobility Studies in ihrer Betonung globaler Vernetzung liegt, sollten SozialwissenschaftlerInnen diese Vernetzung nicht als Gleichheit deuten, sondern untersuchen, wie Muster transnationaler Mobilität globale Strukturen von Ungleichheit produzieren und reproduzieren. (2013, 277, Übers. Hg.)

Kritiker*innen der Flow-Metapher (Appadurai 2013) haben für ein Bewusstsein von Ungleichheiten und Unterbrechungen plädiert, da Flüsse nie ohne Stilllegungen (Nyamnjoh 2013, 654) oder Blockierungen (Akyeampong 2010, 6) existieren; das Konzept der Globalisierung selbst, welches eher Verbindung als lose Enden und Fehlanpassungen bedeutet, mag irreführend sein (Cooper 2001). Es wurde gerechterweise darauf hingewiesen, dass Mobilität im Hinblick auf die Frage, wer mobil und flexibel sein kann, immer Machtverhältnissen ausgesetzt ist. Außerdem haben feministische und postkoloniale Forscher*innen aufge-

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zeigt, dass eine Zuwendung zu Faktoren wie Nationalität, Klasse, Geschlecht, Mutter-/Vaterschaft, race, Alter oder Sexualität als Strukturen der Ungleichheit in etablierter sozialwissenschaftlicher Forschung über Motilität notwendig ist. Ein weiteres gemeinsames Merkmal sozialwissenschaftlich geprägter Mobilitätsforschung ist das Infragestellen etablierter Methoden und Methodologien. Die sozialwissenschaftliche Erforschung von Mobilität begrenzt sich nicht nur auf die thematische Untersuchung von Mobilität – oder auf eine analytische Perspektive mit Anwendung auf fast jedes Thema – sondern erzeugt auch neue methodologische Zugänge und Methoden, die über jene hinausgehen, die im Kontext von auf territorialisierten Einheiten basierten Disziplinen und Theorien entwickelt wurden. Beispielsweise müssen in historischen Untersuchungen Archivquellen neu gelesen und der Materialkorpus von einer Reihe möglicher, neu konzeptualisierter ‚Archive‘ zusammengetragen werden. Somit bedeutet die Beteiligung an den Mobility Studies auch eine Hinwendung zur Frage, wie der Forschungsprozess konzeptualisiert werden kann, um die in der Forschung untersuchten Mobilitäten widerzuspiegeln. Mobilität und Methoden können auf unterschiedliche Weise zusammengebracht und -gedacht werden: die offensichtlichste Unterscheidung betrifft erstens die Frage, wie Mobilitäten zu untersuchen sind und zweitens, wie auf eine mobile Weise geforscht werden kann. Obwohl eine Überschneidung dieser Fragen selbstverständlich gegeben ist, erinnert Merriman (2014) daran, dass diese nicht zusammengefasst werden sollten. Tatsächlich ist bei vielen Forschungsfragen innerhalb sozialwissenschaftlicher Mobilitätsforschung eine Annäherung durch ‚mobile methods‘ nicht möglich, sondern benötigt etablierte Methoden, wie zum Beispiel Interviews, teilhabende Beobachtung oder Diskursanalyse sowie unterschiedliche Arten der Textanalyse. Die Sinnhaftigkeit von ‚mobilen Methoden‘ im engeren Wortsinn, beispielsweise ‚shadowing‘ oder GPS-Tracking, ist sicherlich von der individuellen Fragestellung abhängig. Ein Beispiel wäre, aufgrund der Bewegung des/der Forscher/in mit ‚dem Feld‘ und deren Auswirkung auf die Beziehung zwischen dem/der Forscher/in und dem/der ‚Untersuchten‘, die teilhabende Beobachtung als ‚mobile Methode‘ zu überdenken. Mobilität ist ein inhärentes Merkmal eines Großteils sozialwissenschaftlicher Forschung: etwa ‚ins Feld‘ oder ins Archiv zu gehen oder online ‚zu surfen‘. Für Anthropolog*innen sowie auch für andere Sozialwissenschaftler*innen ist es wichtig, ‚im Feld‘ zu sein; für Historiker*innen (sowie für viele geisteswissenschaftliche Forscher*innen) ist es wichtig, ‚im Archiv‘ zu sein – beide beinhalten einen gewissen Grad der körperlichen Entortung. In dieser Hinsicht berücksichtigt eine kritische sozialwissenschaftliche Perspektive auch die Rolle sozialer Kategorien wie etwa Klasse, Geschlecht oder Ethnizität, die die Mobilität der Forschenden und der ‚Erforschten‘ prägen.

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Politikwissenschaften In den Politikwissenschaften werden Fragen der Mobilität auf unterschiedliche Weise angesprochen: Erstens ist soziale Mobilität (Klasse, Geschlecht, Ethnizität etc.) und die Frage, wie soziale Mobilität politische Teilhabe, Wahlverhalten und Repräsentation westliche Demokratien seit den 1970er Jahren beeinflusst, Programm der Disziplin, wobei die Analyseeinheit hauptsächlich der Nationalstaat war. Zweitens wird Mobilität in Studien zu neuen sozialen Bewegungen in Hinblick auf neue Arten, Menschen zu mobilisieren und deren Einfluss auf politische Aktivitäten, Agenda-Bestimmungen und politische Lösungen um nationale Grenzen und darüber hinaus in Angriff genommen. Der dritte Aspekt betrifft die Untersuchung von Migration, z. B. die Ursachen von menschlicher Mobilität, die Gesetze und Regulierungen in Aufnahmeländern, migrantische Strategien zum Erschaffen von Zugehörigkeit, Identität und politische Partizipation (in den Aufnahme- wie in den sogenannten ‚Heimat‘ländern). Die Forschung konzentriert sich auf die Reise der Migrant*innen, auf die benötigten und erworbenen Ressourcen und auf Auswirkungen auf policy und Politik. Die sogenannte affektive Wende in der Politikwissenschaft untersucht seit Kurzem, wie Affekte Netzwerke zwischen Migrant*innen auf deren Reise erschaffen, mit welchen Affekten diese in Aufnahmeländern konfrontiert sind, wie diese die Integration von Migrant*innen und/oder Flüchtenden in Aufnahmeländern fördern, oder wie der öffentliche Diskurs über Flüchtende von Affekten angetrieben wird. Diese Perspektive trägt die Idee von unbewussten aber nicht notwendigerweise arationalen Emotionen und Affekten zu Studien bei, die auf rationalen Akteuren basieren. Außerdem wird die Untersuchung von Affekten auch in anderen mobilitätsverwandten Feldern angewandt, z. B. bei der Mobilisierung innerhalb sozialer Bewegungen und dem Alltäglichen (vgl. z. B. Papacharissi 2015; Tarrow 2011). Zusätzlich zur Affektivität und Mobilität von Akteur*innen widmet sich die Politikwissenschaft auch der Mobilität von Objekten und Ideen. Beispielsweise setzt sich politik- und sozialwissenschaftliche Forschung zu internationalen Beziehungen mit den Prinzipien der internationalen Kooperation und des Konflikts auseinander. Dies beinhaltet, unter anderem, auch transnationalen Handel, d. h. den Austausch von Objekten und ihrer Regulierung; zudem der Bewegung von Ideen in der Form von Werten und kulturellen Normen, die sich einander annähern oder angezweifelt werden können (vgl. z. B. Nincic 2011; Rosenau 2003). Solche Prozesse verwickeln staatliche und nichtstaatliche Akteur*innen auf Makro- und Mikroebene. Zusätzlich ist die Bewegung von Informationen ein wichtiger Aspekt politischer Kommunikation, der untersucht, wie politische Akteur*innen ihre Agenden über diverse Medienkanäle als Mittel zur Mobilisierung zirkulieren können (vgl. z. B. Chadwick 2006; Murray und Matland 2014).

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Afrikawissenschaften Außer Frage steht, dass afrikanische Gesellschaften schon immer von einem hohen Mobilitätsgrad innerhalb und jenseits des Kontinents gekennzeichnet waren. Im Kontext der Afrikawissenschaften haben die Mobility Studies unterschiedliche Bewegungen untersucht: die Sklavenreisen innerhalb Afrikas sowie durch die Sahara, über den Indischen Ozean und den Atlantik (Curto und Lovejoy 2004), Flucht und Migration als dringliche Themen der zeitgenössischen Forschungsdebatten, die Expansion der kolonialen Grenze und ihre bleibende Auswirkung auf afrikanische Gesellschaften, Routen und Lebensläufe. Neueren Datums wird Mobilität, seitdem das Feld der Urban Studies in den Afrikawissenschaften blüht, dort auch in ihren vielen Formen und Varianten einer Überprüfung unterzogen. Soziale Mobilität wird als soziale Ungleichheit betrachtet, besonders weil Berufsmöglichkeiten und höher bildende Schulen oft abseits von Wohnorten liegen. Zudem können die Änderung religiöser Zugehörigkeit, Konversion oder ethnische, kulturelle oder politische Zugehörigkeit im Kontext kultureller Mobilität untersucht werden. Die Zirkulation von Waren, Menschen und Ideen und die daraus entstehenden kulturellen Begegnungen und Verstrickungen stellen Fragen nach den Rhythmen, den Strömungen und dem Imaginären jener Bewegungen. Jedoch werden afrikanische Mobilitäten, sobald sie zwischen dem afrikanischen Kontinent und anderswo (z. B. Europa, Asien, Nordamerika) stattfinden, überbetont. Mobilitätsformen innerhalb des globalen Südens werden allgemein viel weniger erforscht, ganz abgesehen von der Vernachlässigung von Mobilität innerhalb des Kontinents, die schließlich viel häufiger ist und deswegen weitere Forschung erfordert. In der etablierten Mobilitätsforschung werden afrikanische Fälle und Perspektiven bisher wenig beachtet. Ausgehend von dem Argument, dass afrikanische Mobilitäten in den Mobility Studies noch nicht ausreichend berücksichtigt wurden, initiierte die Mobility Studies-Zeitschrift Transfers 2016 einen Sonderbereich über „African Mobilities“. Die kritische Entwicklungssoziologie und die Postcolonial Studies gehen davon aus, dass Mobilität zunehmend in Prozessen des Otherings eine Rolle spielt. Oder um es anders zu fassen: Mobilität ist mit ‚westlicher‘ Modernität assoziiert, das Sesshafte mit den ‚unterentwickelten Anderen‘ (Bakewell 2008, 35–36; Nyamnjoh 2013, 659). Diese Vorstellung ist eng mit Konzeptualisierungen von Mobilität verbunden, welche Individualität und Mobilität mit Modernisierung zusammendenken. Afrikanische Mobilität wird daher oft im Sinne von Gemeinschaft gefasst; dem liegt die Annahme zugrunde, dass Afrikaner*innen wegen ihrer Verbundenheit zueinander und ihrem Zuhause und ihrer Sehnsucht nach einer mythischen Heimat diasporische Gemeinschaften bilden. Diese Wahrnehmungen sind von rassialisierten Ideen von Mobilität beeinflusst, die afrikanische Handlungsfähigkeit als von Kollektiven dominiert imaginieren, was

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wenig Raum für individuelle Handlungsfähigkeit lässt. Die Vorstellungen von Diaspora bestreiten allerdings auch die Dichotomie von Kollektivität und Individualität, da sie die Rolle von „imagined communities“ (Anderson [1983] 2006) wie auch die der „encountered communities“ (Brah 1996, 192) bei der Erleichterung oder Erschwerung individueller Migrationsprozesse andeuten.

Entwicklungssoziologie Die Entwicklungssoziologie beschäftigt sich insbesondere mit dem Verstehen und Untersuchen von theoretischen und praktischen Fragen zu Entwicklung als Prozess, Diskurs und Praktik. Die zentralen Anliegen der soziologischen Forschung zu Entwicklungsprozessen – z. B. sozialer Wandel, soziale Mobilität (wie auch allgemein in der Soziologie) und soziale Ungleichheit auf globaler, regionaler und lokaler Ebene, Transformationen von Normen, Werten und Wissen und die Einführung von neuen sozialen, politischen und ökonomischen Strukturen im globalen Süden – werden in Analysen miteinbezogen und die Natur, Bedingungen und Möglichkeiten von sozialem Wandel erklärt. Einige Ansätze gehen beispielsweise der Auswirkung von internationalem (neoliberalem) Handel im Zuge der Globalisierung nach (siehe z. B. Rauch 2009; Scholz 2004, 2005). Andere erforschen den Ideentransfer, z. B. im Hinblick auf gute Regierungsführung, die Emanzipation von Frauen oder die Idee von ‚Entwicklung‘ selbst (z. B. Müller-Mahn und Verne 2010; Peet und Hartwick 2009; Sidaway 2007). In den letzten Jahren wurden Fragen dazu, wie Migration und Mobilität sich mit Entwicklungsprozessen kreuzen, zu wichtigen Themen in der Entwicklungssoziologie (Glick Schiller und Faist 2009; Castles 2009). Diese betreffen sowohl die soziale Mobilität von mobilen Akteur*innen als auch Möglichkeiten für soziale Mobilität bei Mitgliedern ihres Netzwerkes, die von Remissionen und anderen Formen von transnationalen Ressourcen und Wissenstransfer profitieren (z. B. Brinkerhoff 2012; Faist, Fauser und Kivisto 2011). Die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Mobilität und Entwicklung hat nicht nur im Hinblick auf über nationale Grenzen hinweg bestehende soziale Texturen und Transformationsprozesse Einblicke geliefert, sondern beansprucht auch, die Entwicklungssoziologie nicht auf die Erforschung des globalen Südens zu reduzieren, da ähnliche Entwicklungsprozesse zunehmend auch im globalen Norden beobachtet werden können. Die Schwerpunktsetzung auf Mobilität in der Entwicklungssoziologie erlaubt notwendige Schwerpunktverschiebungen auf die Vernetzung von sozialen und räumlichen Anliegen.

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Die Beiträge

Die in diesem Band versammelten Beiträge verhandeln Formen und Formationen, Repräsentationen und personale Akteur*innen der (Im)Mobilität und legen die interdisziplinären Analyseebenen und Forschungsergebnisse der Forschungsplattform in diachroner Perspektive dar. Als Resultat unserer Inter- und Multidisziplinarität, die mit einer Vielzahl thematischer, theoretischer und methodologischer Zugänge arbeitet, beinhaltet der Band ein Spektrum von Ansätzen zur Erforschung der Komplexität von soziokultureller Mobilität, aus denen unsere gemeinsame Perspektive besteht. Jede einzelne Studie verpflichtet sich zu einer umfassenden Prüfung des Leistungsvermögens der Mobility Studies für den eigenen Gegenstandsbereich und bringt so die diversen disziplinären Positionen der Mobility-Debatten ein, die gleichermaßen die Basis für den Austausch zwischen den Disziplinen bieten. In den folgenden Beiträgen ist unser interdisziplinärer Dialog durch eine Reihe von Schlüsselbegriffen geleitet: Mobilität und Medialität, Translokalisation und translokale Gemeinschaften, Mobilität und Geschichte/Temporalität, geschlechtsspezifische Mobilität, sowie kleine/mindere, mobile, kulturelle und literarische Formen, wie auch Verstrickung und Relationalität (Adey 2006) von Mobilität und Immobilität. Der Eröffnungsbeitrag „Why Mobilisation Matters: Critical Enquiries about Mobilities, Communications and Power“ von Roman Kabelik, Barbara MalyBowie und Syntia Hasenöhrl diskutiert Mobilisierung als ein produktives Konzept für interdisziplinäre Forschung. Die multiskalare und multimodale Auseinandersetzung mit dem Konzept der Mobilisierung hebt die kritische Verflechtung von Bewegung, Kommunikation und Macht hervor und verfolgt deren Funktionsweisen entlang körperlicher, ideologischer, technologischer, territorialer und historisch kontingenter Linien. Mobilisierung wird einerseits genutzt, um eine historisch spezifische Reihe von Praktiken des ‚Mobilmachens‘ zu entwerfen, andererseits wird Mobilisierung verwendet, um eine sehr allgemeine moderne Tendenz zunehmender Mobilitäten zu beschreiben. Der Beitrag nähert sich dem Konzept als einem Konflikt aus Mobilwerden und Mobilmachen. Kabelik, Maly-Bowie und Hasenöhrl erforschen Mobilisierung im Sinne von Kommunikation, Körper und Macht aus einer kritischen Perspektive und erläutern Prozesse der Mobilisierung, statt sich beschreibender Darstellungen von Mobilitäten zu bedienen. Sie interessieren sich für Fragen von Materialität (z. B. Technologien zur Produktion von Mobilitäten), Emotion (z. B. wie Affekte und Emotionen evoziert und benutzt werden, um Menschen zu verbinden und physische und/oder emotionale Entfernungen zu überbrücken), Macht (z. B. welche Arten von Bewegungen werden erleichtert, überwacht oder eingeschränkt) und wie sich diese einander überschneiden – eine Herangehensweise, die einer interdisziplinären Perspektive auf Mobilisierung Rechnung trägt.

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Den Abschnitt „Ethnisierte und vergeschlechtlichte Mobilität“ eröffnet der Beitrag von Petra Dannecker und Birgit Sauer „Gender und Mobilität oder Mobilität und Gender? Programmatische Überlegungen zu einem komplexen Zusammenhang“ über die Relation von Mobilität und Geschlecht. Gezeigt wird, dass geschlechtsspezifische Machtstrukturen trotz unterschiedlicher geschlechtsspezifischer und feministischer Perspektiven auf Mobilität im mobility turn seit den 1990er Jahren kaum berücksichtigt werden. Anhand der beiden Forschungsprojekte – „Sicherheitsstrategien und Sicherheitswahrnehmung migrantischer Unternehmerinnen in Wien“ und „Für wessen Wohl? Analyse der Rechte unbegleiteter Minderjähriger in Migrations- und Asylverfahren“ – wird im zweiten Teil diskutiert, wie Geschlechterkonstruktionen in unterschiedlichen Bewegungs- bzw. Mobilitätsmustern ausgehandelt und konstruiert werden, um erstens zu zeigen, dass Mobilität vergeschlechtlicht ist und daher zweitens Geschlechterideologien, -bedeutungen und -praktiken prägt, produziert und reproduziert, jedoch auch herausfordert. Alev Çakır und Katharina Fritsch analysieren im nächsten Beitrag „Ethnicised Social Mobility as Self-governing among Franco-Comorian Politicians in Marseille and türkiyeli Entrepreneurs in Vienna“ die Rolle von türkiyeli (‚aus der Türkei stammenden‘) Unternehmer*innen mit kleinen oder mittleren Unternehmen in Wien sowie diejenige französisch-komorischer lokaler Politiker*innen als ethnisierte Vermittler*innen in Marseille. Die Analysekontexte sind erstens Diskurse über ‚migrantisches Unternehmertum‘ in der Europäischen Union (EU) und vor allem in Österreich, besonders im Hinblick auf ‚Integration‘ und ‚wirtschaftliche Beiträge‘ und zweitens die Frage nach der politischen Repräsentation von ‚ethnischen Gemeinschaften‘ in Frankreich, wo dieses Phänomen meist mit dem Begriff des communautarisme und im öffentlichen Diskurs als Gegensatz zum ‚französischen Republikanismus‘ gefasst wird. Vor diesem Hintergrund betonen Çakir und Fritsch die Rolle der sozialen Kategorie der ethnischen Zugehörigkeit im Hinblick auf Diskurse und Praktiken der sozialen Mobilität in postkolonialen und post-Gastarbeiter*innen-Kontexten. Ausgehend von episodischen Interviews mit türkiyeli-Unternehmer*innen und franko-komorischen Politiker*innen diskutieren die beiden Verfasserinnen ethnisierte soziale Mobilität anhand der zwei Dimensionen der ‚Integration‘ durch Ethnisierung und der Bedeutung von ethnisiertem Wissen für die Aufgaben der Unternehmer*innen und Politiker*innen. Dem foucaultschen Konzept des governings als Zusammenspiel von Herrschafts- und Selbstpraktiken folgend sprechen sich Çakir und Fritsch für ein Verständnis von ethnisierter sozialer Mobilität als einer Form der Selbstregierung aus. Wie die Analyse zeigt, benutzen türkiyeliUnternehmer*innen und franko-komorische Politiker*innen ethnische Zugehörigkeit als eine politische, wirtschaftliche und soziale Ressource in ihren

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professionellen Aufgaben, was auf die Relation zwischen sozialer Mobilität und Ethnisierungsprozessen hinweist. Birgit Englerts Beitrag „Moving beyond Hip-Hop: Tracing Mobilities in the Work of Franco-Comorian Artists Soprano and Ahamada Smis“ liefert eine Analyse von Hip-Hop aus Marseille aus Mobility Studies-Perspektive. Der Schwerpunkt liegt auf dem Werk zweier franco-komorischer Künstler, die Musikalben herausgegeben haben, deren Titel unterschiedliche Dimensionen von Mobilität andeuten: Sopranos Cosmopolitanie (2014) und Ahamada Smis’ Origines (2013). Der Beitrag stützt sich auf 2012 und 2015 durchgeführte qualitative Feldforschung in Marseille sowie auf die Analyse von Liedtexten und Internetquellen. In der Hip-Hop-Forschung wird die politische Relevanz oft mit dem Liedtext oder dem Grad der künstlerischen ‚Authentizität‘ (‚keeping it real‘) in Verbindung gebracht, was Künstler*innen an vorgegebene Rollen bindet. Mobilität wird in dem Beitrag als Widerstandsstrategie gegen die Bindung an spezifische Orte und Rollen verstanden. Englert argumentiert, dass die Mobilität in translokalem Rap eine politische Dimension besitzt, die notwendigerweise weniger direkt ist als die von den Künstlern geäußerten Kommentare zu politischen Themen. Dabei geht es nicht nur um die Steigerung ihrer Sichtbarkeit, sondern auch darum, Ideen von ‚Herkunft‘ herauszufordern. Den Abschnitt „Mobilität und Medialität“ eröffnet der Beitrag von Alexandra Ganser „(Im)Mobilität und Medialität im Hollywood-Weltraumfilm: Interstellar und The Martian“. Der Weltraumfilm ist eines der wenigen Filmgenres, das seit Ende des Kalten Krieges noch mehr als zuvor fast ausschließlich in Hollywoods Händen liegt. Seit Anbeginn des sogenannten ‚Wettlaufs ins All‘ (space-race) mit der Zündung der sowjetischen Sputnik-Rakete 1957 haben sich der HollywoodWeltraumfilm und die tatsächlichen Entwicklungen in der Astrotechnologie wechselseitig beeinflusst. Die enge Zusammenarbeit zwischen der US-Filmindustrie und der National Aeronautic Space Agency (NASA) hatte schon kurz davor durch Walt Disneys Man in Space und Man and the Moon (beide 1955) Berühmtheit erlangt; sie setzt sich auch im 21. Jahrhundert fort. In Zeiten globaler Finanz- und Wirtschaftskrisen ist die NASA mehr denn je auf die öffentliche Legitimation ihres wachsenden Budgets und ihrer Ziele (etwa die Erkundung des Planeten Mars) angewiesen: die „Traumfabrik Hollywood“ scheint hierfür der geeignete Ort zu sein, der nationale Diskurse aufnimmt und transnational zirkuliert. Alexandra Ganser geht in ihrem Beitrag der Frage nach, welche Mobilitätsdiskurse und -entwürfe im Weltraumfilm an genau dieser Schnittstelle zwischen nationaler (final) frontier-Rhetorik und globaler Wirkmächtigkeit zum Tragen kommen. Sie untersucht Weltraummobilität, wie sie in Christopher Nolans Interstellar (2014) und Ridley Scotts The Martian (2015) ausgearbeitet wird und korreliert diese Entwürfe mit der Mobilität des Mediums Film auf unterschiedlichen Ebenen. Während beide Filme sowohl für ihre Äs-

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thetik als auch ihren edukativen Wert im Bereich der Astronomie von Kritiker*innen gelobt wurden, sind sie aus einer globalen und ökokritischen Sicht auf Mobilität und Immobilität kritisch zu reflektieren. Annegret Pelz zeigt in ihrem Beitrag „Album und Picknickdecke: Stabilisierende Medien und ephemere Formen mobiler Kollektivbildung“ an zwei mobilen Geselligkeitsformen – dem literarischen Picknick und dem netzwerkbildenden Album –, wie die Literatur Praktiken und Prozesse von Vergesellschaftung als einen dynamischen Vollzug von stabilisierenden Medien und flüchtigen Formen denkt. Der erste Teil des Beitrags beschreibt das kreative Schaffen von Zugehörigkeit durch das Sammeln von Inskriptionen als eine traditionsreiche social media-Praxis, bei der physische und kommunikative Deterritorialisierung zusammenwirken. Das Sammeln von Freundschaftsbekundungen im Papierzeitalter unterscheidet sich von den digitalen Formen durch Präsenz und Bewegung im Raum. Im zweiten Teil des Beitrags markiert die auf einer Wiese, im Schatten und am Waldrand ausgelegte Picknickdecke den Ort, an dem sich eine Gruppe von Menschen draußen und unterwegs versammelt, um den Augenblick essend, musizierend und erzählend zu genießen. Dieses literarische Sujet wurde vor allem in der Romantik als gegenkulturelles Geselligkeitsdispositiv in Anspruch genommen. In beiden Formen mobiler Kollektivbildung agieren Artefakte – leere Buchseiten und ein flexibles Stück Stoff – als mittelnde Akteure und laden zu kreativen und kollektiven Akten der Gemeinschaftsbildung ein: Das auf Reisen mitgeführte Album stabilisiert entfernte Zugehörigkeiten, die Picknickdecke vermittelt einen Ort für ephemere Zusammenkünfte in der mobilen Welt. Der Beitrag von Marianne Windsperger „Preserving Lived Contexts: Yizker bikher as Portable Archives from a Transgenerational Perspective“ befasst sich mit der Tradition von Yizker Bikhern in der Gegenwartsliteratur. Der jiddische Terminus Yizker Bikher bezeichnet Bücher, die in Reaktion auf die Zerstörung der jüdischen Lebenswelten im Osten Europas entstanden. Diese Bücher wurden unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg in Displaced Persons-Camps von ehemaligen Bewohner*innen eines Ortes oder in Landsmannschaften-Organisationen zusammengestellt und umfassen verschiedene Materialien wie Karten, Fotografien, Dokumente und Namenslisten. Windsperger untersucht in ihrem Beitrag die Mobilität der Bücher und zeichnet Formen des Sammelns und Schreibens in der Gegenwartsliteratur nach, die sich mit der Yizker Bukh-Tradition verbinden. In dem Abschnitt „Bildbewegungen“ wendet sich der Beitrag von Franz M. Eybl „Traveling Images: Kategorien piktoraler Mobilität in Bildmedien der Frühmoderne“ dem Buchdruck als einem Medium zu, das Abbildungen und Abgebildetes mobilisiert. Druck und Bildpublikation transferieren und kodifizieren im transeuropäischen (und unter kolonialem Blickwinkel bereits globalisierten) Rahmen ikonologische Bildvorstellungen vor allem im Bereich der

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Religion, wo im Zeichen der konfessionskulturellen Christianisierung ganze Buchtypen (Totentanz) und Bildprogramme (Freskenzyklen) auf Bildlektüren beruhen (Eybl 2014; Telesko 2016). Diese ihre Basis stellt einen etablierten Bestand von traveling images bereit. Die Beweglichkeit der Bilder trifft ihrerseits auf diskontinuierliche Rezeptionspraktiken innerhalb historisch wie regional verschiedener kultureller Blick- und Lesesystemen. Am Beispiel der Sonnenblume entfaltet die barocke Emblematik appellative Sinnzuschreibungen der Affektkontrolle, der Untertanenmentalität sowie des Glaubens. Auf welche Weise die historischen Medien durchquert werden, erweist ein diachroner Blick auf die Relationen plurimedialer Dokumentationsformen dieser Bildvorstellung zwischen Bildlexikon, Kirchenausstattung, Festschrift, Historiographie und Landschaftsarchitektur. Diese Beweglichkeit der Bilder korrespondiert mit einer Beweglichkeit des Betrachtens in einer körperlichen Performanz. Als nächstes geht der Beitrag von Christian Wimplinger „‚Die Augenbewegungen sind spontan.‘ Protestbewegungen sind es auch. Zum ambulanten Gebrauch von Negt und Kluges Geschichte und Eigensinn“ der Frage nach, in welcher Hinsicht Negt und Kluges Kultbuch als ambulantes Medium gelten kann (Felsch 2015). Das philosophische Gemeinschaftswerk Geschichte und Eigensinn (1981) von Oskar Negt und Alexander Kluge zählt neben Deleuze und Guattaris Mille Plateaux (1980) zu den ausufernden Theoriebüchern jener Zeit, die ihre Leser*innen zu neuen Denkweisen herausfordern. Nonlinear, multidirektional, vielpolig und offen in ihrer Form, setzen die Texte spontane Bewegungen sowohl innerhalb des Buches als auch im gesellschaftspolitischen Kontext frei. Hierzu kontextualisiert das Buch den zugrundeliegenden Bewegungsbegriff und legt einen Fokus auf die rhapsodische Darstellungsform von Geschichte und Eigensinn. Durch Erzählen ohne Anfang und Ende, das Negt und Kluge „kugelförmiges Erzählen“ nennen, imitiert das Buch die oft unverbunden nebeneinander verlaufenden Geschichtsprozesse und lädt die Leser*innen dazu ein, in der Erzählung stets bei den eigenen Interessen anzusetzen. Viktoria Metschls Beitrag „‚Shhhhh, on existe…‘: Haute Cuisine, Subversion Televised and the ‚Denaturalization‘ against Dehumanization of the European Nation State in Sarah Maldoror’s Telefilm Un Dessert pour Constance (1980)“ widmet sich Bewegungen in Sarah Maldorors Un Dessert pour Constance. Kinematographische Bearbeitung wird hier als eine Art des Denkens verstanden, die in Bewegung setzt, statt Mobilität durch Generalisierung zu versteinern. Durch die im Medium zeitgleiche Schaffung einer Welt und der Auseinandersetzung mit der Welt können die komplexen Verstrickungen von Mobilitäten zerlegt werden. Solches Denken-mit-Bildern strebt ein materialistisches Fundament für Bewegungen in den Realitäten des motion pictures auf und jenseits der Leinwand an. In dem Beitrag wird Mobilität auf mehreren Ebenen besprochen: auf der Ebene der falschen Versprechen der sozialen Mobilität und ihrer

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race-basierenden Einschränkungen; auf jener der erzwungenen Mobilität von afrikanischen Menschen, um den Bedarf (neo-)kolonialer Industrien zu decken und der ihr gegenläufigen Mobilität, der Subversion von fixierten Identitäten und sozialen Positionen und der Rückwanderung. Dabei werden Maldorors Bilder mit dem dringlichen Aufruf des algerischen Soziologen Abdelmalek Sayad, die europäischen Nationalstaaten zu ‚denaturalisieren‘ und mit Walter Rodneys Kritik an den dehumanisierenden kolonialen und neokolonialen Strukturen verwoben. Den Abschnitt „Übersetzung und Transfer“ eröffnet Philipp Wagners Untersuchung „Zur Mobilität von Arbeiterliteratur. Die Dortmunder Gruppe 61 auf Lesereise im Schweden der 1970er Jahre“ aus skandinavistischer Perspektive. Der Fokus auf Mobilität ermöglicht hier eine differenzierte Darstellung der Beziehungen zwischen deutsch- und schwedischsprachiger Literatur nach 1945. Am Beispiel der Lesereise der Dortmunder Gruppe 61 im Schweden der 1970er Jahre zeigt sich im ersten Teil, warum es wichtig ist, die Themen Arbeiterliteratur und Mobilität gemeinsam zu betrachten. Dabei wird der Begriff der regimes of mobility allgemein für literatursoziologische Fragestellungen adaptiert. Im zweiten, analytischen Teil werden anhand der Lesereise die Beziehungen der literarischen Felder Westdeutschlands und Schwedens dargestellt. Dafür werden ästhetischpolitische Strategien ausgewählter Akteure und die Presseberichterstattung ausgewertet, bevor der Beitrag auf die Bedeutung der public diplomacy in diesem Kontext eingeht. In vier Fallbeispielen fokussiert sodann Antje Wischmanns Beitrag „Übersetzung und literarischer Transfer als Figurationen transnationaler Mobilität“ Prozesse des transnationalen Austauschs zwischen Schweden und Deutschland, an dem Akteur*nnen beteiligt sind, die jeweils um 1963 und um 2011 mit dem Verlag Bonniers kooperierten. Transfer und Übersetzung von Literatur sind hier prominente Ausdrucksformen kultureller Mobilität. Im Vordergrund des Beitrags stehen Prozesse der Übersetzung, Vermittlung und Distribution als Komponenten der Literaturvermittlung. Die Akteur*innen werden mit Pascale Casanova (2007) als intermediaries verstanden, die Texte mittels einer Übersetzung in Umlauf bringen und erklärend-deutend an neue Leser*innengruppen vermitteln. Sofern sie mit den entsprechenden Ressourcen ausgestattet sind, tragen die intermediaries in einem Verbund von Akteur-Netzwerk-Einheiten maßgeblich zum literarischen Transfer bei. Die Mobilisierung von Texten lässt sich auf zwei Ebenen in den Blick nehmen: Auf der literatursoziologischen Makroebene treten sich wandelnde Machtverhältnisse zwischen nationalliterarischen Feldern hervor. Auf der Mikroebene geraten die thematisierte textliche Mobilität, einzelne Anpassungen an den zu erwartenden neuen Kontext oder einige folgenreiche Wissensrahmungen in den Blick. Sowohl Wissensrahmungen als auch intertextuelle Konstellationen ermöglichen De- und Rekontextualisierungen

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sowie Zirkulationen; sie erweisen sich als Voraussetzungen für die kulturelle Mobilität von Ideen und Konzepten. Der Band endet programmatisch mit dem für diesen Band ins Deutsche übersetzten Beitrag Mimi Shellers „Uneven Mobility Futures“ – „Zukünfte ungleicher Mobilität“. Shellers kritische Darstellung vergangener und zukünftiger Mobilitätsforschung plädiert für einen an Foucault orientierten Ansatz zum besseren Verständnis des Systems ungleicher Mobilitäten, den sie anhand dreier Beispiele darstellt: Touristische Mobilitäten und ethnisierter Raum, Geoökologien elitärer Absonderung sowie Krankheitsmobilitäten und Quarantänen. Ausgehend von archäologischen und genealogischen Untersuchungen zu Territorium, Kommunikation und Geschwindigkeit führt Shellers Beitrag Gründe an für eine Historisierung der Mobilitätsforschung durch Einbezug von Kolonialgeschichte, politischer Ökologie und Biopolitik und für eine stärkere Freilegung der grundlegenden materiellen Ressourcen von Mobilität, die bei rohstofffördernden Industrien, militärischer Macht und rassistischen Biomobilitäten eine Rolle spielen. Souveräne Kontrolle von Mobilität, individuelle „disziplinierte Mobilität“ und Gegen-Mobilität sowie die Überwachung, verbriefte Sicherheiten und Wissensproduktion von Mobilität zeichnen sich als die zentralen Bestandteile einer zukünftigen Geschichte ungleicher Mobilitäten ab. *** Diese Einleitung entstand unter Beteiligung der an der Forschungsplattform und an diesem Band beteiligten Forscher*innen – eingeführt, konstelliert und bearbeitet von den Herausgeberinnen. Die Entscheidung, unsere Forschungen nicht nur in aktuellen Mobility-Diskursen zu verorten, sondern auch die unterschiedlichen disziplinären Mobilitätskonzepte der Forschungsplattform zum Gegenstand der Einleitung zu machen, ist das Resultat zweier Authors’ Workshops (Oktober 2017 und März 2018) zur Konzeptualisierung von Mobilitätsforschung. Die Workshops fanden unter Beteiligung aller Beiträger*innen dieses interdisziplinären Bandes und von Kirsten Rüther statt. Sie gaben den Raum für die gegenseitige Lektüre und Kommentierung, für die Akzentuierung von Querverbindungen und übergreifenden Bezugspunkten. Der Band wäre aber nicht ohne die umfangreiche Kooperation und Unterstützung entstanden, die wir von zahlreichen Personen und Institutionen erfahren haben. Wir danken Adam Baltner für das proof reading der englischsprachigen Beiträge, Monika Fahrnberger für die Texteinrichtung, Immanuel Harisch, Roman Kabelik, Eléonore Tarla und Sigrid Thomsen für Übersetzungen, Guido Seywald für das Endkorrektorat der deutschsprachigen und Nicole Poppenhagen für das der englischsprachigen Beiträge sowie Bernadette Schönangerer. Wir danken Mimi Sheller und Taylor und Francis für die Erlaubnis, ihren

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kürzlich erschienenen Essay zu übersetzen und in den Band aufzunehmen, um ihre Forschungen im deutschsprachigen Raum zugänglich zu machen. Für die Bereitstellung von Druckvorlagen und Abdruckgenehmigungen danken wir Alexander Kluge, der Klassik Stiftung Weimar, dem Pückler-Muskau-Archiv in Cottbus, dem Warmbronner Verlag Ulrich Keicher, dem Musée d’Orsay in Paris, dem Ungarischen Nationalmuseum Budapest und nicht zuletzt dem New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) und Scala Archives, dass wir ein Bild aus der Serie Stage Sets (1930) der griechisch-russischen Avantgardekünstlerin Alexandra Exter (1882–1949) auf dem Titel abdrucken dürfen. Wir danken Oliver Kätsch von V&R unipress und dem vom Rektorat der Universität Wien beauftragten Beirat von Vienna University Press für die freundliche Gewährung eines Druckkostenzuschusses und den Gutachterinnen Karin Harrasser und Stefanie Schäfer für wertvolle Hinweise. Annegret Pelz möchte dem Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald für die Gewährung des zum Abschluss des Bandes notwendigen Freiraums danken. Unser ganz besonderer Dank gilt schließlich Eléonore Tarla für die Koordination des gesamten Bandes.

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Alexandra Ganser / Annegret Pelz

Conceptualizing Cultural and Social Mobility Studies

The present volume showcases work in the field of mobility studies as it is currently conducted in the context of the University of Vienna’s Research Platform Mobile Cultures and Societies: Interdisciplinary Studies on Transnational Formations. As an instrument to promote cutting-edge research, the Platform has aimed to contribute to the development of mobility studies as an innovative field of research highly relevant to socio-cultural developments of the past and present. Founded in 2014 after an international review process as a cooperation between the Faculty for Philological and Cultural Studies and the Faculty of Social Sciences, the Platform has been prolonged for another three years and, since 2019, also offers a PhD program in Cultural Mobility Studies funded by the Austrian Science Fund’s (FWF) doc.funds program. Within this PhD program the faculty has been expanded to include researchers from the Faculty of Earth Sciences, Geography, and Astronomy as well as the International Research Center for Cultural Studies (IFK, University of Art and Design Linz). External institutions that cooperate with the Platform include the Center for Mobilities Research and Policy (Philadelphia) and the Austrian UNESCO Commission.5 Our work responds to the fact that in this era of intensified globalization, scholarship increasingly needs to find answers to questions of living together in a mobile world, and to contribute to an understanding of the socio-cultural significance of (im)mobilities. The founding of the journal Mobilities (2006) was one major manifestation of the fledgling field of mobility studies. In the editorial to its first issue, Kevin Hannam, Mimi Sheller, and John Urry programmatically state that “[t]he concept of mobilities encompasses both the large-scale movements of people, objects, capital, and information across the world, as well as the more local processes of daily transportation, movement through public space and the travel of material things within everyday life” (2006, 1). A new mobilities paradigm seeks to understand mobility as a lived reality and a site of knowledge production. It addresses both immobility, especially in the form of exclusionary mechanisms, and hyper-mobility in the digital age, while critically differentiating between actual mobility and motility as potential movement (Kaufmann 2002; 5 See our Platform website: https://mobilecultures.univie.ac.at.

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Kaufmann, Bergman, and Joye 2004; Sager 2006). While mobility studies in general and the “new mobilities paradigm” in particular have been positioned predominantly within the social sciences, Merriman and Pearce (2017) have delineated diverse intellectual currents across cultural theory and philosophy that have led to the formulation of the mobile turn. Thus, they have called for a transdisciplinary study of mobility which draws on the perspectives of established intellectual humanities traditions. This impulse also forms the basis of our inter- and cross-disciplinary volume, which connects social science perspectives with cultural studies and humanities approaches to mobility studies. Mobility is understood throughout this book as culturally, socio-economically, and politically constituted, with subjects (re-)producing and challenging notions of mobility in everyday life (de Certeau 1984) in both social and symbolic processes. It follows the re-conceptualization of mobility as mobilities in the plural (Urry 2000) and analytically frames varieties of movements as functions within a sociocultural mobility dispositif (Manderscheid 2014) in which circulations of people, objects, and ideas are regulated by practices, discourses, and institutions. Among others, Cresswell (2006) criticizes how mobility has often been associated with positively connoted metaphors of fluidity and flexibility in current scholarship, with localizability and rootedness as the negative pole of a dichotomy. Morley (2017) also argues against idealizing mobility as progressive, liberal, and emancipatory while stereotyping boundedness and fixity as conservative and repressive. He has exhorted scholars to go “beyond the Sedentarist/Nomadological binary” (2017, 62) by investigating the complex conditions, “disjunctions and intersections” (64) of mobilities in their regulative function. Thus, mobility has become a conceptual category in critical debates on inequality, difference, and governmentality. In an intensely globalized age in which the capability of movement is a determining factor producing socio-cultural change (Holert and Terkessidis 2006), mobilities play out unequally along intersectional trajectories of class, race, gender, age, nationality etc.—as, e. g. (post-)colonial, diasporic, and migration contexts of research prove. Cresswell makes important analytical distinctions between mobility (i. e. “socially produced motion,” 2006, 3) as: first, an empirical, technologically constructed reality; second, an idea formed and (re)produced by representational strategies; and third, a physical experience. The interplay between mobile bodies and representations of mobility is of interest for the humanities in both its social science and philological-cultural branches when addressing questions of ideology, subjectivity, and agency. For example, Murray and Upstone (2014) foreground how an engagement with mobilities complicates representational theories that rely on static spatial references. This shift from the spatial to the mobile turn (Sheller 2017) results from emphasizing performative dimensions in the socio-cultural construction of space (Lefebvre 2004), concomitantly produced by social actors and textual representations. In addition,

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Doughty and Murray underscore the relevance of discourses, which “produce and determine cultures of mobility” (2016, 304). Due to this basic connection, cultural and social mobility studies, as the Vienna Research Platform Mobile Cultures and Societies understands them, need to reflect on their interdisciplinary groundings. Projects within this field cannot be developed in the isolated contexts of established academic disciplines but require innovative and interdisciplinary debate and cooperation.

1.

This Volume

This volume presents some of the results of the Research Platform’s first threeyear grant phase. After this introduction and an opening essay on the question of “Why Mobilisation Matters,” the contributions (from the fields of African Studies, American Studies, International Development, Film and Media Studies, German Studies, Comparative Literature, Scandinavian Studies, and Political Science) are grouped into five sections: “Ethnicized and Gendered Mobilities” (“Ethnisierte und vergeschlechtlichte Mobilitäten”), “Mobility and Mediality” (“Mobilität und Medialität”), “Moving Images” (“Bildbewegungen”), “Translation and Transfer” (“Übersetzung und Transfer”), and an outlook on the futures of mobility. The contributions all trace different ramifications of how mobilizations and stabilizations are related to each other.6 Because we consider mobilities of texts, images, ideas, objects, and people to be composed of interrelated processes of mobilization and stabilization and of structures (re-)producing political and socio-cultural change, this volume does not focus exclusively on contemporary mobilities. Instead, it emphasizes literary-cultural and social science perspectives from the early modern period to today. As Greenblatt (2009), Morley (2011, 2017), Merriman and Pearce (2017), Cresswell (2012) as well as many others suggest, mobility studies need to historicize mobilities, countering the misconception that cultural mobility is a new phenomenon. Our collection takes up Greenblatt’s suggestion that “mobility studies should shed light on hidden as well as conspicuous movements of peoples, objects, images, texts, and ideas” (2009, 250) and counters prevailing presentisms in mobility studies by analyzing mobilities in diachronic depth.

6 This is reflected also in Platform events such as the graduate conference “Move on! Mobility Meets (little) Resistances” (2015) or the conferences “American Im/Mobilities” (2018) and “Mobile Cultures? Perspektiven auf Differenz, Mobilität und Immobilität” (2018); see https:// mobilecultures.univie.ac.at/veranstaltungen/.

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Within the framework of the Research Platform Mobile Cultures and Societies, we are studying the complexities of social and cultural (im)mobilities in different historical and geographical contexts. Initially, our focus was on more clearly delineating key concepts and terms that relate to cultural and social mobility (among them mobility/mobilities, immobilities, space, place, dislocation, migration, mediality, or resistances); in addition, the encounter between two main methods (discursive-representational-analytical and empirical) has revealed both qualitative and quantitative connectivities between the social sciences and literary-cultural studies. Our critical reflection on key concepts led to the insight that mobility is not to be reduced to a metaphor (e. g. social upward/downward mobility) but needs to be understood as socially and culturally significant material movement which structures human behavior, spaces, and times via social and habitual practices (Cresswell and Merriman 2009). Cultural mobility highlights exchange, transfer (e. g. cultural traffic, traveling concepts, translation), transformations, and hybridizations. Our research emphasizes the entanglement of forms of physical, social, and media-related mobility, delineating and critically evaluating synergies between spatial, social, and cultural (im)mobilities. On a meta-level of analysis, we also discuss the circulation of ideas, analyzing (im)mobility on various scales and conceptualizing mobilization as a theoretical perspective and mode of enquiry with regard to power relations and subject formation.

2.

Interdisciplinary Approaches: Moments and Counter-Moments of Mobility

Mobility in its different conceptualizations is grounded in historical traditions, varying epistemologies, understandings, and systems of meaning. On a theoretical level, this volume sets out to delineate mobility research in response to related categories including transnationality, translocality, diaspora and migration, knowledge transfer and translation, traveling concepts, exile, cosmopolitanism, and cultural difference and Otherness, among many others. Interdisciplinary approaches are fruitful especially when questions of (im)mobility are understood politically, since the inclusion in or exclusion from practices of mobility are always already co-constructed verbally and audio/visually in the cultural imaginary and are performed in various ways. Social and cultural mobility cannot be satisfactorily theorized from any single disciplinary perspective, considering its performative nature between medial representation and social practice (see e. g. Simanowski 2016). Forms and formations, representations, and agents of (im)mobility are thoroughly intertwined and require approaches be-

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yond those contained in single disciplines. Methodological flexibility, theorization, and reflection accentuate the numerous links between individual projects. As a multi- and/or interdisciplinary research group, we rely on a variety of methods and approaches integrated in our common focus on socio-cultural (im)mobility. The case studies in this collection share the goal of developing transdisciplinary categories of analysis (e. g. agency, dispositif, hegemony) that go beyond individual disciplines to highlight the culturality and sociality of mobile practices. Following concerns about the inflationary use of mobility and the all too positive connotation of the concept, moments and counter-moments of mobility —mobility as temporally entangled with the production of immobilities—have come into focus as closely interrelated in many of our research projects, in our workshops, and in our teaching. This has led us to increased self-reflexivity (as mobile researchers of the global North) that also has conceptual repercussions given the need to conceptualize various forms of mobility/mobilization and immobility/immobilization as interdependent. With our previous experiences of cooperation in mind, as a case in point, work in literary studies has profited from a socio-cultural specification of each object of research and its ‘home’ discipline. On the one hand, literature is a specific form of aesthetic and epistemological practice, but on the other hand, it is materially bound to specific reading and writing practices as well as media and circulation technologies. An emphasis on performative agency within but also against hegemonic forms and structures and on the openness of socio-cultural constructions—given an understanding of symbolization as an ongoing process—has broadened both philological and social science concepts and methods. The following sections on cultural and literary mobility studies as well as mobility studies in the social sciences present ways in which the Platform’s various research projects aim at achieving these goals.

3.

Cultural Mobility Studies7

A decisive moment in the emergence of literary and cultural mobility studies, the publication of Mary-Louise Pratt’s seminal study Imperial Eyes: Travel Writing and Transculturation (1992) marked a shift of attention in various disciplinary locations to “contact zones” and their representations—hybrid, emergent spaces of cultural contact in which the routes of travelers, migrants, sailors, and other mobile populations cross, entangled with colonialisms and dominant epis7 This part presents a collaborative text by Alexandra Ganser, Roman Kabelik, Barbara MalyBowie, Viktoria Metschl, and Annegret Pelz.

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temological regimes of ‘knowing’ and describing the Other. Likewise, Clifford (1992, 1997), Bal (2002), Greenblatt (2009), Ette (2001–2017), Lenz (2010), Bertuzzo (2012), Kimmich and Schahadat (2012), Cancik-Kirschbaum and Traninger (2015), and more recently Merriman and Pearce (2017) have offered a critical mobility studies framework by placing mobility at the center of culture and cultural studies; following Clifford, it is pertinent for the humanities to analyze both social and textual enactments of dominant and non-dominant forms of mobilities in order to question the pervasive rhetoric of a contemporary mythology of hyper-mobility. “The story of mobility” has to take heed of “tales of marginality and exclusion, which cast a different light on the grand narratives of nationhood, of progress, of democracy and of modernity,” as Tim Cresswell, one of the founders of the field, put it (2001, 20). Mobility must hence be read in its double function of affirmation and resistance (Hilton and Van Minnen 2002)— not as polar opposites, but as a continuum (re-)produced by cultural texts and social performances (see Paul, Ganser, and Gerund 2011, 12–13). Representation, in our context, is viewed as a discursive practice of embodied action, which hence is always medially framed. Different examples of medial representations of mobility between the seventeenth century and today—from historical knowledge on mobility informing early modern prose and the book as a portable medium to contemporary (post-)national or diasporic identity constructions online and to mobile practices of watching TV—are explored as ‘talking back’ to our theorizing efforts.

American Studies In American studies, mobility has been at the core of the foundational mythology of the US: journeys of exploration and discovery, the Puritan ‘errand into the wilderness’ as New World exodus, westward expansion, upward social mobility (the American Dream), or space exploration as the tackling of new frontiers— such notions are articulated in numerous mobility narratives from the fifteenth century to the present (Paul, Ganser, Gerund 2011). Their protagonists have become heroic figures in a national archive of extraordinary achievement. Even though this Eurocentric, white-male dominated historiography has long been contested, it continues to resonate in inadvertent ways in tropes of American exceptionalism. Throughout US cultural history, geographical and social mobility—often seen as interdependent—have been pivotal in narratives of nation building and American subject formation. The clichéd notion that “[t]o be an American is to go somewhere” (Urry 2007, 103), however, tends to obliterate American immobilities. Following Cresswell (2006), there are forms of mobility which are ideologically and culturally legitimate but simultaneously depend on

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types of mobility which are illegal(ized), socially despised, and/or unsanctioned. Mobility research in American studies sets out to critique dominant scripts of American mobility articulated in cultural forms from sub- and transnational perspectives and from predominantly gender-, race-, and class-critical angles (Paul, Ganser, and Gerund 2011).

British Cultural Studies Theories of popular culture in the Birmingham tradition have strongly argued for a remapping of cultural relations due to processes of industrialization and urbanization (Storey 2018). From this perspective, the emergence of distinctive classes and respective cultural spaces and practices in the UK which impacted on globalized ideas about popular culture can only be understood within geographical and social patterns of mobility and their technologies. While the Industrial Revolution, which, in Urry’s terms, “mobilized social life” (Urry 2007, 3), presents a Eurocentric, if not English-centric cornerstone in addressing mobilities, it does serve as relevant conjuncture for the disciplinary formation and agenda of British cultural studies. The transformation of cultural studies from a local to a global project is marked significantly by shifting approaches to social and geographical mobility. Though ‘mobility’ does not feature prominently as a keyword in early cultural studies writings from the 1960s to its institutionalization in the 1970s, the term entered the lexicon of cultural studies through subsequent liaisons with postcolonial studies, diaspora studies, and globalization theory. Regarding social mobility, earlier cultural critics such as Raymond Williams ([1958] 1983) dismantled ‘climbing the ladder’ of social (class) mobility as an idealization and imposition of bourgeois norms and traced the underlying divisional thinking to an emerging capitalist market economy—a system operating through mobile dynamics of circulation and exchange. On the one hand, this critical stance on capitalist social relations that enable ideas and practices of social mobility finds expression in recent debates of the global free-market of neoliberalism (McGuigan 2016). On the other hand, cultural studies’ commitment to social justice has emerged as a common denominator which invites an employment of social mobility in more general terms of change, counteracting exclusion and oppression beyond class. Popular culture as a site of capitalist globalization, then, also presents “a resource for marginalized groups to seek inclusion in national and international narratives” (Miller 2017). These practices of maintaining or claiming power can both be understood in relation to seeking control over material and symbolical movements of objects, ideas, emotions, and experiences. For example, sports, music, dance, and television—areas of popular

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culture that are marked by a multi-scalar entanglement of movements and power-relations—have both functioned as ‘civilizing’ projects, as a means of selfexpression and collective action, and as sites of identification and resistance. The mobile turn therefore re-formulates the central debate of structure and agency, commodification, signification, and appropriation in terms of negotiating symbolic and material dimensions of stabilization and mobilization.

Modern German Literature With regard to literary studies, Merriman and Pearce’s thesis that mobility studies in the humanities has not (yet) appeared as a field of research as such (2017, 495) mostly applies to the German-speaking world. Since the 1990s, however, mobility-related cultural and media studies research has been published even in a German studies context, a field which does in fact participate in the critical study of (im)mobilities. Many of these studies (Adloff and Heins 2015; Barthes 2013; Döring and Thielmann 2009; Ette 2001–2017; Kimmich and Schahadat 2012; Latour 2006; Pomian 1988; Stingelin and Thiele 2009; Stüssel and Neumann 2011; Werber 2007)—along with studies on literatures and cultures ‘on the move’ within “TransArea Studies,” on the history of literary traffic and on the world literature debate, on the power of movable objects and mobile media, as well as on mobile forms of conviviality and community-structuring practices— examine cultural and social mobilities and their changing forms (Deines, Feige, and Seel 2012; Levine 2015), e. g. their miniaturization (Gamper and Mayer 2017), from a historical perspective (Berbig and Göttsche 2013; Pelz 1993). Related work in our Research Platform examines the history of small, movable forms in portable media such as collection books, albums, and notebooks (Erdle and Pelz 2019; Pelz and Kramer 2013) as well as their digital adaptations in a “Facebook society” (Simanowski 2016) within the framework of the long history of a deterritorialized network organization. The notion of the movable ownership (Plotz 2008) of diasporic media (Mayer 2005) and their ability to pull things together through inscriptions (Latour 1990, 2009) is increasingly gaining importance for questions of mobile belonging (Pfaff-Czarnecka 2012) in European as well as global contexts (Moores 2012). An ephemeral communal life in which individuals only immerse themselves occasionally and to which they are not permanently bound (Rosa 2010) is regulated through portable media. The forms of these media first emerged long before the age of post-traditional and mobile socialities, while the media themselves are grounded in language, as Barthes and Ette emphasize.

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Film Studies In film studies, reflections on the movement and fixity of images, intertwined with their social fictions and realities, are at the discipline’s core (Büttner 2014, 301). Over the course of the Platform’s first phase, film studies projects have focused on the politically motivated mobility of anti-colonial filmmaking as well as its networks, techniques, ideologies, and necessities. Following Jackson, these projects have been “looking for connections,” taking a “materialist approach” that examines “things in their total sequence, […] in process, not to merely establish their being in fixed sequential images, but to take in the state of being in process, infancy, maturity, decline [… ;] things in motion, processed into other things in motion” (1990, 49). From cinema to TV, the urgency of demands to bring down the “fortress cinema” (as Godard refers to it) in its alliance with the “fortress Europe”—historically and presently—remains valid. An archive of aesthetic insurgence and concrete guerilla tactics introduce a detailed understanding of material(ist) conditions of mediatized movement to mobility studies at the intersection of cultural and social studies.

4.

Social Science Mobility Studies8

The astounding popularity of the idea of globalization in social sciences in the 1990s and the often celebrated ‘flows’ of people, labor, goods, and capital led to an increased metaphorization and conceptualization of mobilities in social research (Lenz 2010, 1), the so-called new mobility paradigm or the mobility turn (Sheller and Urry 2006; Cresswell 2006). This does not mean that mobility is unique to contemporary times, but that mobilities as “the combined movements of people, objects and information in all of their complex relational dynamics” (Sheller 2014, 789) were sidelined as epiphenomena of more basic material, social, and cultural formations especially in the social sciences (D’Andrea, Ciolfi, and Gray 2011, 150). The new emphasis on mobilities does not, as Sheller (2011, 2) rightly states, assume that the world is completely mobile; nor does it ignore forced and voluntary mobilities during precolonial, colonial, and postcolonial times. Rather, it challenges the sedentarist assumptions which have been guiding knowledge production in the social sciences: territorialized places, regions, and nations have been the basic units for social science research and the development of human identities and experiences—even though we know that medieval and early modern societies were highly mobile and anything but immediately 8 This part presents a collaborative text by Alev Çakir, Katharina Fritsch, Syntia Hasenöhrl, Petra Dannecker, Birgit Englert, Kirsten Rüther, and Birgit Sauer.

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bounded by these ‘container spaces.’ In the social sciences, mobility was constructed as a deviation from the rule or as a threat to those bounded units. However, to focus on mobility in the social sciences does not primarily imply uncovering evidence of the so-called sedentarist paradigm, but social science perspectives can contribute to the body of research on mobility by theorizing mobility as basic to societies, communities, human identities, and experiences “in ways that normalize neither mobility nor stasis” (Glick Schiller and Salazar 2013, 184), by reaffirming the long history of mobility, by showing that mobility is about more than travel and migration, and by analyzing the (unequal) power structures in which mobilities and immobilities take place. Even though questions, approaches, and theories regarding mobility vary across the different social science disciplines, there are also common features. These are reflected in several publications we deem foundational for each of our respective areas of study. The impact of power relations on mobilities as represented in Glick Schiller and Salazar’s (2013) concept of “regimes” of mobilities, illustrated by a number of concrete contextualizations, constitutes a common interest for the critical social sciences. Mobility studies are increasingly taking power relations and social inequalities into consideration; as Warne Peters states with regard to the social sciences more generally: While one of mobility studies’ many strengths is that it highlights global interconnectedness, social scientists should not read equality in these interconnections but examine how patterns of transnational mobility may produce and reproduce global structures of inequality. (2013, 277)

The need for an awareness of inequalities and disconnections has already been brought to the agenda by critics of the metaphor of flow (Appadurai 2013), who argue that flows do not exist without closures (Nyamnjoh 2013, 654) or blockages (Akyeampong 2010, 6) and that the concept of globalization itself, signifying connection rather than loose ends and misfittings, may be misleading (Cooper 2001). It has been correctly pointed out that mobility is always subject to power relations with regard to the question of who can be mobile and flexible. Furthermore, feminist and postcolonial scholars have made the case that social science research on mobilities must include factors such as nationality, class, gender, maternity/paternity, race, age, and sexuality as structures of inequality. Another common feature of mobility studies in the social sciences is a critical stance towards established methods and methodologies. Studying mobility in the social sciences does not necessarily limit itself to research on mobilities as a theme—or as an analytical perspective which can be applied to almost any topic —but also generates new methodological approaches and methods which go beyond those that have emerged in the context of disciplines and theories based on territorialized units. For instance, in studies which adopt historical per-

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spectives, archival sources must be re-read and material corpora assembled from a range of possibly newly conceptualized ‘archives.’ Thus, working in mobility studies also means paying special attention to how research processes can be conceptualized in order to reflect the mobilities being researched. Mobility and methods can be brought and thought together in different ways, the most obvious differentiation revolving around two questions: first, how to research mobilities, and, second, how to research in mobile ways. These questions might of course overlap, but should not be conflated, as Merriman (2014) reminds us. In fact, a great number of research questions within the field of social science mobility studies cannot be approached with ‘mobile methods’ but rather require conventional methods such as interviews, participatory observation, discourse analysis, and different forms of text analysis. Whether ‘mobile methods’ in the narrow sense of the word, including ‘shadowing’ or GPS-tracking, are meaningful or not certainly depends on individual research questions. One example of a traditional method being revisited as a ‘mobile method’ is participatory observation used by a researcher moving along with ‘the field’ while reflecting on how this movement impacts on the relation between the researcher and the researched. Mobility is an inherent feature of much research in the social sciences: researchers go to ‘the field,’ go to an archive, and do research ‘surfing’ online. For anthropologists and other social scientists, it is important to be ‘in the field’; for historians (and many humanities scholars), it is important to be ‘in the archive’—both entail a certain amount of physical dislocation. In this regard, a critical social science perspective must also take into account the role of the social categories which shape the mobility of researchers and those researched, for example class, gender, and ethnicity.

Political Science In political science, issues of mobility have been addressed in several ways. First, social mobility (class, gender, ethnicity, etc.) has been on the agenda of the discipline since the 1970s. At the time, questions of how social mobility impacts political participation, voting behavior, and representation in Western democracies were pursued primarily using the nation-state as the unit of analysis, as already mentioned. Second, mobility has been taken up by scholarship on new social movements, with studies inquiring into new ways of mobilizing people and their impact on political activities, agenda setting, and policy solutions within and beyond national borders. Third, mobility has naturally been present in research on migration and its causes. Focusing on migrants’ journeys, on the resources migrants need to acquire, and on migration’s impact on policy and politics, this research has analyzed laws and regulations (in host countries) as

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well as the strategies employed by migrants to create belonging, identity, and political participation (in their host countries as well as their so-called ‘home’ countries). Recently, the ‘affective turn’ in political science has led to an investigation into how affects create networks between migrants during their journeys, which affects migrants are confronted with in host countries, how affects foster the integration of migrants and/or refugees in host countries, and how public discourse on refugees is propelled by affects. This perspective introduces the notion of non-conscious (but not necessarily a-rational) emotions and affect to studies of rational actors. Moreover, the study of affect has been applied to fields related to mobility, such as mobilization within social movements and the everyday (see e. g. Papacharissi 2015; Tarrow 2011). In addition to the mobility of actors, political science has also addressed the movement of objects and ideas. Work on international relations, for instance, deals with the principles of international cooperation and conflict. Among other issues, this research addresses transnational trade, i. e. the exchange of objects and the regulation of this exchange, and the movement of ideas in the form of values and cultural norms that are accepted or contested (see e. g. Nincic 2011; Rosenau 2003). These processes involve state and non-state actors on macro- as well as micro-levels. In addition, the movement of information is an important topic for scholarship on political communication that explores how political agents can circulate their agendas through diverse media channels as a means of mobilization (see e. g. Chadwick 2006; Murray and Matland 2014).

African Studies There is no question that African societies have always been characterized by a high degree of mobility within, across, and beyond the continent. In the context of African studies, mobility studies have re-examined slave voyages within Africa as well as across the Sahara, the Indian Ocean, and the Atlantic (Curto and Lovejoy 2004); flight and migration as pressing issues of current research debates; the expansion of the colonial frontier; and the lasting impact of this expansion on African societies, itineraries, and life courses. Since urban studies has started to boom in African studies recently, mobility in its many forms and varieties has also come under scrutiny in this discipline. Social mobility has been studied in terms of social inequality, especially as career opportunities and schools of higher education are often geographically removed from where people live. Furthermore, changes in religious, ethnic, cultural, or political affiliation may be studied in the context of cultural mobility. The circulation of commodities, people, and ideas—and the resulting cultural encounters and entanglements— lead to questions about the rhythms, flows, and imaginaries of such movements.

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African mobilities, however, are overemphasized once they take place between the African continent and elsewhere: mobilities within Africa itself, not to mention the Global South more generally, are much less explored, even though they are much more prevalent and hence require further investigation. Taking this into account, the mobility studies journal Transfers launched a special portfolio section on “African Mobilities” in 2016, arguing that African perspectives and cases had not been adequately considered in mobility studies. In critical development studies and postcolonial studies, it is argued that mobility is increasingly used in processes of Othering. To frame it differently: mobility stands for ‘western’ modernity, while the sedentary is associated with ‘undeveloped others’ (Bakewell 2008, 35–36; Nyamnjoh 2013, 659). This is closely related to conceptualizations of mobility which perceive individualism and mobility as associated with modernization. African mobility is therefore often framed in terms of community, the underlying assumption being that Africans form diasporas because they are attached to each other and their homes, longing for a mythical homeland. These perceptions are shaped by racialized notions of mobility which imagine African agency as dominated by collectives, while leaving little room for individual agency. However, notions of diaspora also contest dichotomies between collectivity and individuality, as they indicate the role of “imagined communities” (Anderson [1983] 2006) as well as of “encountered communities” (Brah 1996, 192) in facilitating—or hindering—individual migration processes.

Development Sociology Development sociology has been particularly concerned with understanding and exploring the theoretical and practical issues of development as process, discourse, and practice. The key concerns of sociological research into development processes—such as social change; social mobility (as in sociology in general) and social inequality on a global, regional, and local level; transformations of norms, values and knowledge; and the introduction of new social, political, and economic structures in the Global South—have been analyzed along with the nature, conditions, and possibilities of social change. Some approaches, for instance, explore the impact of international (neoliberal) trade in the wake of globalization (see e. g. Rauch 2009; Scholz 2004, 2005). Others deal with the transfer of ideas, e. g. regarding governance, the emancipation of women, or the notion of ‘development’ itself (see e. g. Müller-Mahn and Verne 2010; Peet and Hartwick 2009; Sidaway 2007). In recent years, questions of how migration and mobility intersect with development processes have become important in development sociology (Glick Schiller and Faist 2009; Castles 2009). These questions concern the social

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mobility of mobile actors themselves as well as the opportunities for social mobility among members of their networks who can benefit from remittances and other forms of transnational resource and knowledge transfer (see e. g. Brinkerhoff 2012; Faist, Fauser, and Kivisto 2011). Scholarship on interrelations between mobility and development has not only produced insights concerning social textures and transformation processes that go beyond national borders but also led to calls for development sociology to expland beyond the study of the Global South since similar development processes can be increasingly observed in the Global North. Focusing on mobility in development sociology allows for a necessary shift in emphasis onto the interconnectedness of social and spatial concerns.

5.

The Contributions

Forms and formations, representations, and agents of (im)mobility, approached from a diachronic perspective, form the interdisciplinary layers of analysis in the present volume, which expounds on research results of our Platform. These layers contain a variety of approaches to the complexities of socio-cultural mobility, a result of our inter- and multidisciplinarity and our reliance on a variety of methods and theories integrated by a common mobility studies perspective. The contributions are committed to a comprehensive assessment of the potentialities of mobility studies for each individual case study; while the essays bring different disciplinary angles to mobility debates, they also build on common ground between the disciplines. In the contributions that follow, a number of key terms guide our interdisciplinary dialogue: mobility and mediality, translocalization and translocal communities, mobility and history/temporality, gendered (im)mobilities, small/minor mobile cultural and literary forms, as well as the entanglements and relationality (Adey 2006) of mobility and immobility. In our volume’s opening essay “Why Mobilisation Matters: Critical Enquiries about Mobilities, Communications and Power,” Syntia Hasenöhrl, Roman Kabelik, and Barbara Maly-Bowie discuss mobilization as a productive concept of interdisciplinary enquiry: their multi-scalar and multi-modal engagement with the notion of mobilization highlights how movement, communication, and power are critically intertwined and operate along corporeal, ideological, technological, territorial, and historically contingent lines. On the one hand, mobilization is understood to designate historically specific sets of practices of ‘making mobile’; on the other, it is used to describe modernity’s tendency toward increasing mobility. In their contribution, the concept is approached as a struggle over becoming and making mobile. The authors explore mobilization in terms of communication, the body, and power from a critical perspective; explicating

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processes of mobilization, rather than using descriptive accounts of mobilities, they are interested in questions of materiality (e. g. technologies to produce mobilities), emotion (e. g. how affect and feelings are evoked and used to make people connect and overcome physical and/or emotional distances), power (e. g. which kinds of movements are facilitated, surveilled, or restricted), and how these intersect with each other. This approach allows for interdisciplinary perspectives on mobilization. The relationship between mobility and gender is at the center of Petra Dannecker and Birgit Sauer’s contribution “Gender und Mobilität oder Mobilität und Gender? Programmatische Überlegungen zu einem komplexen Zusammenhang,” the first essay in the section “Ethnicized and Gendered Mobilities.” Dannecker and Sauer show that gender-specific structures of power have been rarely taken into consideration—despite existing gender studies and feminist perspectives on mobility—within the ‘mobility turn.’ Based on two research projects, “Sicherheitsstrategien und Sicherheitswahrnehmung migrantischer Unternehmerinnen in Wien” (“Perceptions and Strategies of Security of Female Migrant Entrepreneurs in Vienna”) and “In Whose Best Interest? Exploring Unaccompanied Minors’ Rights through the Lens of Migration and Asylum Processes,” they discuss how gender is constructed and negotiated in different patterns of movement and mobility. Their article concludes that mobility shapes, produces, reproduces, but also challenges ideologies, meanings, and practices of gender. In the next chapter, “Ethnicised Social Mobility as Self-Governing among Franco-Comorian Politicians in Marseille and türkiyeli Entrepreneurs in Vienna,” Alev Çakır and Katharina Fritsch analyze the role of türkiyeli (‘coming from Turkey’) entrepreneurs of small and medium-sized businesses in Vienna and of Franco-Comorian local politicians in Marseille with reference to the figure of the ethnicized broker. Addressing discourses on migrant entrepreneurship in the European Union and particularly in Austria that circulate around ‘integration’ and ‘economic contribution,’ on the one hand, and on political representation of ‘ethnic communities’ in France that frame communautarisme as antithetical to ‘French Republicanism’ on the other, they emphasize the role of ethnicity in discourses and practices of social mobility in postcolonial and post-guest worker societies. Drawing on interviews with türkiyeli entrepreneurs and Franco-Comorian politicians, Çakır and Fritsch discuss ethnicized social mobility in terms of ‘integration’ through ethnicization and in terms of the relevance of ethnicized knowledge. Following the Foucauldian notion of governance as an interplay of practices of domination and the self, they argue for an understanding of ethnicized social mobility as a form of self-governing by demonstrating how türkiyeli entrepreneurs and Franco-Comorian politicians use ethnicity as a political, economic, and social resource.

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The Franco-Comorian community of Marseille is also at the center of Birgit Englert’s essay “Moving beyond Hip-Hop: Tracing Mobilities in the Work of Franco-Comorian Artists Soprano and Ahamada Smis.” This chapter provides analyses of rap from Marseille from a mobility studies perspective, focusing on the oeuvre of two Franco-Comorian artists who both published albums that gesture toward dimensions of mobility in their titles: Cosmopolitanie (2014) by Soprano and Origines (2013) by Ahamada Smis. Arguing that mobility can be understood as a strategy of resistance against being fixed in certain locations and roles, Englert makes the case that mobility in translocal rap has a political dimension which, while obviously less direct than comments by the artists themselves on political issues, is no less relevant. Invocations of mobility not only allow the artists to increase their visibility but also to challenge assumed fixed notions of ‘origin.’ The article is based on qualitative fieldwork in Marseille in 2012 and a brief follow-up in 2015 as well as on the analysis of song lyrics and internet sources. Opening the section on “Mobility and Mediality,” Alexandra Ganser’s contribution “(Im)Mobilität und Medialität im Hollywood-Weltraumfilm: Interstellar und The Martian” starts from the insight that since the beginning of the so-called “space-race” with the launch of the Soviet Sputnik in 1957, Hollywood’s outer-space journeys and actual developments in astrotechnology and space flight have closely influenced each other. The essay shows how imagination and practice of outer space mobilities are thus intertwined, interrogating which mobility discourses come into effect at this juncture. The close cooperation between the US film industry and the National Aeronautic Space Agency (NASA) in the context of the Cold War, beginning with Walt Disney’s Man in Space and Man and the Moon (both 1955), continues in times of global financial and economic crises, in which NASA depends more than ever on the public legitimation of its budget and goals (e. g. the exploration of Mars). Ganser examines how outer space mobilities are framed and transnationally circulated in two recent blockbusters, Interstellar (Christopher Nolan, 2014) and The Martian (Ridley Scott, 2015), enriching her analysis with discussions about the mobility of film as a medium on the one hand and with ecocritical considerations on the other. Annegret Pelz’s contribution “Album und Picknickdecke: Stabilisierende Medien und ephemere Formen mobiler Kollektivbildung” exemplarily draws on two mobile forms of conviviality—the literary picnic and the network-building album—to show how literature shapes practices and processes of socialization in a dynamic performance of stabilizing media and fleeting forms. The first part of the chapter focuses on a social media practice of diasporic origin, a long tradition in which physical and communicative deterritorialization work together: the creative work of constructing belonging by collecting inscriptions. This networkbuilding practice of collecting differs from contemporary digital means of cre-

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ating community through presence and movement in space. In the second part, the picnic blanket marks a place where a small group of people gather to eat, talk, and enjoy being sociable. The literary picnic can also be read, following Pelz, as a countercultural dispositif of conviviality, traceable back to the Bible and antiquity. In both examples, empty space—a page or a piece of fabric—invites creative and collective acts of community building while portable things figure as mediating agents. As the essay discusses by studying a number of literary works, different media allow different collectives to emerge: a portable album stabilizes distant affiliations, for instance, whereas the picnic blanket creates a space for fleeting gatherings in a mobile world. Marianne Windsperger’s contribution “Preserving Lived Contexts: Yizker bikher as Portable Archives from a Transgenerational Perspective” examines references to the yizker bukh tradition in contemporary literature. The Yiddish term yizker bikher has come to describe a large body of books commemorating destroyed Jewish communities in Eastern Europe. Created by former inhabitants of one geographical location in displaced person camps immediately after WWII or in the hometown societies of the landsmanshaftn, yizker bikher usually included various materials such as maps, photographs, documents, and lists of names. In the essay, Windsperger not only examines the books’ mobility but also traces forms of collecting and writing in contemporary literature that are connected to the yizker bukh tradition. In the section “Moving Images,” Franz Eybl’s article “Traveling Images: Kategorien piktorialer Mobilität in Bildmedien der Frühmoderne” turns to a different medium and historical period, that of early modern German print culture and its mobilization of illustrations and depictions. In a trans-European and globalized framework, Eybl explores the printing of books and images with regard to the transfer and codification of iconological imagery, especially in the realm of religion: under the banner of denominational-cultural Christianization, entire book types (e. g. danse macabre) and programs of images (e. g. fresco cycles) relied on the reading of images (Eybl 2014; Telesko 2016). Their basis is an established inventory of traveling images. The mobility of these images interacts with discontinuous practices of reception based on historically and regionally specific cultural systems of seeing and reading. As a case in point, the essay explores Baroque emblematics through the example of the sunflower, in which appellative meanings of affect moderation, subject mentality, and faith come together. Thus, it demonstrates that the mobility of images corresponds to a mobility of viewing in the context of bodily performance. Next, Christian Wimplinger’s essay “‘Die Augenbewegungen sind spontan’: Protestbewegungen sind es auch. Zum ambulanten Gebrauch von Geschichte und Eigensinn” zooms in on the collaborative philosophical work History and Obstinacy (1981) by Oskar Negt and Alexander Kluge. Alongside Deleuze und

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Guattari’s A Thousand Plateaus, the book ranks among those theoretical tomes of our time that challenge its readers to new forms of thinking. Non-linear, multidirectional, multi-polar, and open in its form, the text relies on spontaneous movements within itself to address them in a socio-political context. The essay investigates to which extent Oskar Negt and Alexander Kluge’s cult book can be seen as an ambulatory medium (Felsch 2015). To do so, it contextualizes the book’s underlying concept of mobility and its intended function to offer the reader orientation, while focusing on new forms of representation in History and Obstinacy. By narrating without a beginning or an end—a type of narration Negt and Kluge refer to as “globular” (“kugelförmig”)—the book imitates the way in which historical processes often unfold side by side and invites readers to begin reading wherever the narration coincides with personal interests. Turning to moving images in “‘Shhhh, on existe…’: Haute Cuisine, Subversion Televised, and the ‘Denaturalization’ against Dehumanization of the European Nation State in Sarah Maldoror’s Telefilm Un Dessert pour Constance (1980),” Viktoria Metschl conceptualizes cinematographic editing as a mode of thinking which initiates rather than halts mobility. This allows her to dissect complex entanglements of mobilities colliding in the media’s simultaneous creation of a world and dealing with the world. Such ‘thinking-with-images’ strives towards a materialist grounding of movements in the realities of the motion picture on- and off-screen. Metschl’s contribution observes movements in Maldoror’s Un Dessert pour Constance, discussing mobility in terms of the false promises of social mobility and its racial restrictions, of the forced mobility of African people to meet the demands of (neo-)colonialist industries, of a counter-directional mobility through the subversion of fixed identities and social positions, and of return migration. As the author shows, Maldoror’s images are interwoven with the writings of the Algerian sociologist Abdelmalek Sayad and his urgent call to denaturalize European nation states, and with Walter Rodney’s critique of dehumanizing colonial and neocolonial structures. The first essay in the section “Translation and Transfer,” Philipp Wagner’s “Zur Mobilität von Arbeiterliteratur: Die Dortmunder Gruppe 61 auf Lesereise im Schweden der 1970er Jahre” examines the mobility of working-class literature through a Scandinavian studies perspective. A focus on mobility allows for the relations between German- and Swedish-language literature after 1945 to be represented in a differentiated manner. Drawing on the Dortmunder Gruppe 61’s reading tour through Sweden in the 1970s, the first part of the contribution explains why examining working-class literature in conjunction with mobility is important and adapts the concept of ‘regimes of mobility’ for literary-sociological research questions. The second part analyzes the reading tour by presenting the literary fields of West Germany and Sweden, and by examining

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aesthetic-political strategies used by select actors and the press. Finally, the article turns to the importance of public diplomacy in this context. The transfer and translation of literature are prominent expressions of cultural mobility. Antje Wischmann’s contribution “Übersetzung und literarischer Transfer als Figurationen transnationaler Mobilität” examines processes of transnational exchange between Sweden and Germany through four case studies involving actors who cooperated with the publishing house Bonniers around 1963 and 2011. Processes of translation, transfer/mediation, and distribution are highlighted as components of literary transfer. The actors involved are understood as intermediaries (Casanova 2007) who circulate texts through translation and impart them to new audiences through interpretation and explanation. Equipped with corresponding resources and in cooperation with actor-networkunits, these intermediaries contribute substantially to literary transfer. The essay examines mobilizations of texts on two levels: the macro-level of the sociology of literature, where changing power relations between national literary fields emerge, and the micro-level, where textual mobility, individual adaptations to new contexts, and consequential framings of knowledge become important. Wischmann argues that framings of knowledge and intertextual constellations enable de- and recontextualizations and circulations, while they also serve as prerequisites for the cultural mobility of ideas and concepts. Finally, this volume closes programmatically with a German translation of Mimi Sheller’s “Uneven Mobility Futures.” Sheller’s assessment of past and future directions in mobility research calls for a Foucauldian approach to better understand the apparatus of uneven mobilities, an approach illustrated via three examples: tourism mobilities and racialized space, geo-ecologies of elite secession, and disease mobilities and quarantine. Building upon an archaeological and genealogical study of territory, communication, and speed, this essay argues not only for a deeper historicizing of mobility research in terms of colonial histories, political ecologies, and biopolitics, but also for a deeper excavation of the material resource bases of mobility in extractive industries, military power, and racialized biomobilities. Sovereign control over mobility, individual ‘disciplined mobility’ and counter-mobilities, and the surveillance, securitization, and production of knowledge about mobilities each emerge as fundamental elements for the future history of uneven mobilities. *** The introduction to our volume is the outcome of a collective effort of our Platform, featuring written input by many of our members which the editors have framed, stitched together, and edited. The decision to place the different disciplinary concepts of mobility at the core of the introduction (rather than to

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simply situate the Platform’s research in current mobility discourses) is the result of two authors’ workshops (October 2017 and March 2018). The participation of the contributors—Alev Çakır, Petra Dannecker, Birgit Englert, Franz Eybl, Katharina Fritsch, Syntia Hasenöhrl, Roman Kabelik, Barbara MalyBowie, Viktoria Metschl, Kirsten Rüther, Birgit Sauer, Philipp Wagner, Christian Wimplinger, Marianne Windsperger, and Antje Wischmann—as well as ourselves in these workshops allowed for a reciprocal reading and commenting of the contributions and enabled us to accentuate connections and shared reference points. This book would not have been possible without the extensive cooperation and support of a number of people and institutions. We thank Adam Baltner for proofreading the contributions in English; Monika Fahrnberger for formatting; Immanuel Harisch, Roman Kabelik, Eléonore Tarla, and Sigrid Thomsen for translating; Guido Seywald for final corrections of the German-language essays and Nicole Poppenhagen of the contributions in English as well as Bernadette Schönangerer for her assistance in finalizing corrections. Besides, we thank Mimi Sheller as well as Taylor & Francis for granting us the permission to translate and publish one of her recent essays in this volume to make her research more widely accessible to German-language scholarship. Furthermore, we thank Alexander Kluge, the Klassik Stiftung Weimar, the Pückler-Muskau Archive in Cottbus, the Warmbronn Verlag Ulrich Keicher, the Musée d’Orsay in Paris, and the Hungarian National Museum Budapest for copyright permissions, and, last but not least, the Museum of Modern Art (MoMA) in New York and Scala Archives for permission to use the title image from the series “Stage Sets” (1930) by the GreekRussian avantgarde artist Alexandra Exter (1882–1949). We are grateful to the advisory board of Vienna University Press and the University of Vienna’s Rectorate for supporting us with a publication grant, as well as to Oliver Kätsch of V&R unipress and our reviewers Karin Harrasser and Stefanie Schäfer for their valuable suggestions. Annegret Pelz would also like to thank the Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald for the space that was necessary to finalize the book. A very special thank you goes to Eléonore Tarla for the coordination of the entire book.

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Syntia Hasenöhrl / Barbara Maly-Bowie / Roman Kabelik1

Why Mobilisation Matters: Critical Enquiries about Mobilities, Communications and Power

1.

Introduction

Right from the start, proponents of the field of mobility studies have emphasised that mobility research needs to explore not only increasing forms of mobility but also relations of movement, moorings and inequalities in the access to mobility (see e. g. Elliott and Urry 2010; Hannam, Sheller, and Urry 2006; Sheller and Urry 2006). Salazar (2016), however, criticises that one decade after the so-called mobility turn, much research in this field tends to naturalise and normalise mobilities involving the traversing of large distances at high paces. He thus advocates for critical analyses of mobilities that also account for moments of temporary stasis or “change at a much slower pace” (Salazar 2016, 3) as well as for the political and economic forces that structure these phenomena. In a similar vein, Sheller (2016) advocates in her recent work for an approach to uneven mobilities that takes into account their varying historical trajectories, scales and dimensions, as well as their embeddedness in imperial, colonial and postcolonial power relations. In this article, we add to these developments in the study of mobilities and suggest mobilisation as a productive object of study and mode of interdisciplinary enquiry that addresses critical mobilities.2 In reference to Söderström et al. (2013), Cresswell outlines the meanings of critical in three ways (2014, 713): First, critical mobilities can be “controversial” in the sense that they are rendered

1 The authors are recipients of a DOC-team-fellowship of the Austrian Academy of Sciences at the University of Vienna (Departments of Political Sciences, English and American Studies and German Studies). 2 Coming from German literary studies, English and American cultural studies and political science, we work together towards an interdisciplinary theorisation of mobilisation in our joint doctoral project. The present article outlines some shared perspectives that have so far emerged from our collaboration.

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“problematic” by institutional discourses;3 second, these mobilities can be studied in their constitutive function of society; and third, critical mobilities reflect on the “limits of a mobilities approach itself.” A multi-scalar and multimodal engagement with the notion of mobilisation highlights how movement, communication and power are critically intertwined: designated forms of collective mobilisation, as in modern warfare, propaganda, voting, trade unions, social movements and grass root activism only become particularly notable when they are rendered controversial, for they entail problematic movements—or their disruptions—of people, objects, ideas or information.4 The relational quality of reference of what is meant by problematic indicates a critical potential: the strategic movement of bodies, objects and ideas serves to maintain or challenge specific power relations and as such points out how modern societies rely on certain ideas and modes of governing movement, as Manderscheid’s (2014) Foucauldian employment of “mobility dispositif” and “mobile subjectivities” suggests. Drawing on our engagement with mobilisation as an object of study, we suggest that matters of mobilisation shed light on how the politics of mobility and communication operate along corporeal, ideological, technological and territorial lines, not to mention on the historical contingencies of mobility studies and communication studies as fields of research. As such, mobilisation problematises the presumption of a generally continual increase of mobility, often labelled in terms of mobilisation, as we argue in chapter 2 of this essay. As an alternative, we suggest understanding mobilisation as the labour of and struggles over becoming and making mobile by putting resources in motion. Our theoretical modelling of mobilisation not only considers movement as constituent and productive but, more precisely, emphasises the sites, processes and scales in the making of mobility rather than the ready-made status of being on the move. Inquiries into mobilising processes refer to, for example, how borders, legal policies and media mobilise certain people by putting financial, material and human resources in motion. Commuting, tourism and migration for the purpose of seeking asylum are, then, not reducible to practices of mobile subjects (cf. Cresswell and Merriman 2011); a critical stance enquires into what forms of movement, be they 3 Cresswell illustrates this point with the 2014 Swedish horse-meat scandal, which shed light on practices and anxieties around intransparent logistics and flows of profit-oriented food processing. 4 For example, critique concerning recruiting child soldiers as part of military mobilisation, prescriptive public parades in dictatorships like North Korea, strikes involving traffic breakdowns, dirty campaigning, voter fraud, viral campaigns organized by, e. g. AVAAZ, “the campaigning community bringing people-powered politics to decision-making worldwide” (https://secure.avaaz.org), #metoo or #refugeeswelcome voices public unease over controlling certain mobilities and flows.

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accepted or controversial, are produced by commuting allowances, border controls, journalism and advertisements as articulated by a variety of material practices, ideas and representations about security, risk and opportunity. Often heterogeneous, complex and ambivalent, mobilising processes are not limited to linear, one-way, top-down procedures or bottom-up actions, but rather invite a critical mode of enquiry: a view on mobilising processes foregrounds those agents, locations, modes, potential intentions and actual outcomes of processes through which resources are put in motion; as suggested in chapter 3, mobilisation can serve as an analytical lens to zoom in and out of how communication works materially to produce mobilities and make connections, how bodies are moved and move others through physical force and emotions, and how power relations facilitate some movements and restricts others with differential implications for social mobilities.

2.

Mobilisation as an Object of Study

In the following, we highlight two distinct rationales that underlie employments of the term mobilisation: making mobile and becoming mobile. On the one hand, making mobile refers to those instances where mobilisation is tied to specific strategic practices, conditions, agents and events. Becoming mobile, on the other hand, links mobilisation to a more general and naturalised process of increased mobility in the wake of globalisation and the resulting mobile lifestyles. We will build on insights from both these perspectives to develop our take on mobilisation as an interdisciplinary and critical mode of enquiry.

2.1.

Making Mobile

Regarding its etymology, the term mobilisation gained salience in the context of wartime in Europe around the turn of the nineteenth century up until World War II and dominantly referred to the logistical preparatory operations of assembling military personnel and resources. While recruiting soldiers, assembling weapons and building camps have necessarily been part of military operations throughout history, ‘mobilisation’ entered the military vocabulary at a time when railroads and telegraphs were constructed in part to organise these war efforts more efficiently and on a national level. Conscription became mandatory in order to marshal mass forces (Onorato, Scheve, and Stasavage 2014). As Kaplan has pointed out, “mobility and freedom […] become both generated and restricted in times of war” (2006, 399); therefore, because of “the tendency in contemporary social theory to romanticise mobility as a free-floating alternative to the rooted

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traditions of place,” she advocates for “considerations of the entangled histories of war and mobility” (ibid., 395). In that respect, mobilisation should not be taken for granted as an ahistorical technical term of the military domain but as a particular technology-structured communicative practice, emerging within a historically contingent formation that controls and regulates space, time and movements. Military mobilisation presupposes a political power structure and strategic operative rhetoric that suggest a highly (top-down) regulated, smooth and effective mode of communication between a nation-state and its military forces during wartime. Investigating the rhetoric and practices of mobilisation can unveil the military-industrial apparatus and its language as signifying practice and as constitutive of war mobilities—mobilisation materialising by being exerted and performed on various levels. Making mobile here means acting under orders and, as such, can be considered an extreme form of ideological subjectivation and governing strategy. In this vein, Ernst Jünger’s essay “Total Mobilization” (1930)5 provides an account of a complete collective subjugation and interpellation of individuals as the will for and commitment to war develops as naturalised common sense in all levels of society, including among soldiers and civilians alike. The notion of total mobilisation goes beyond the technical military-operational modes of mobilisation and describes the fundamental reorganisation of society on ideological terms through war as a discursive formation.6 Against the rhetoric of a total mobilisation, a critical analysis of the agents, practices and infrastructures involved can highlight how mobilisation is not necessarily always successful and is itself determined by language and representation. This is a necessary corrective, because while the rhetoric of military mobilisation suggests and seeks an uninterrupted, unproblematic, top-down process of circulating and putting personnel and resources in place, the lived, embodied and affective experience of what mobilisation entails for those involved might be far from that: from the displacement, the chaos and the disruption of the everyday for those who leave for war, to conscientious objectors refusing to be mobilised in that sense, to acts of sabotage, all kinds of technical, environmental and infrastructural problems and failures can disrupt the idealised linear mechanics and realisations of mobilisation. It is this sense of a “hydraulic structuralism” (Scott 1990, 219–220) of planned enforcement that informs most other domains of mobilisation in the twentieth 5 First published as “Totale Mobilmachung” in Krieg und Krieger, edited by Ernst Jünger. 6 Cf. recent work (Reichherzer 2012) on bellification (“Bellifizierung”) as an analytical category developed for the role of military science as a knowledge-producing formation linking military and civilian areas from WWI to the Cold War.

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century. This is true across a variety of power relations: mass-mobilisation of fascist regimes, for example, refers to propaganda strategies of orchestrated, topdown assemblages of people. These exert control and consolidate power by communicating dominance and coherence to both people inside and outside of the regime. In (Western) democratic systems, mobilisation is typically rendered in political terms:7 either as bottom-up collective action in order to change a status quo, e. g. via unions (on mobilisation theory in the context of industrial relations, see Kelly 1998) or protest movements (on resource mobilisation theory, see Klandermans 1984 and Tilly 1978); as related to social movement issues, such as campaigning for climate change (see e. g. Hestres 2014) or institutionalised social mobilisation (e. g. UNICEF); as a way of encouraging citizens to vote in elections (see e. g. Collingwood, Barreto, and Garcia-Rios 2014); to participate in political action across borders (e. g. diaspora mobilisation, see Kleist 2013) or to become active when democratic systems are under threat (see Whitehouse 2017). In all these forms of mobilisation, making mobile is, however, rendered as an explicitly strategic effort in which movements (of people, material and intellectual resources) are organised and regulated in order to achieve a particular effect, be it hegemonic or counter-hegemonic. This rationale of making mobile can even be found in Western medical discourse, where mobilisation is used as a technical term in physiotherapy to describe a manual treatment of the joints. While at first glance this highly specialised meaning of mobilisation seems unrelated to its usage in military and political contexts, these different sites and scales of making mobile can be linked to each other historically: in the US, institutionalised forms of physiotherapy emerged in military hospitals in the course of World War II with mostly women being recruited to work as so-called “reconstruction aides”; the massive injuries of modern warfare and the ongoing scientific and technological professionalisation of medical assistance allowed manual therapy to enter and contribute to the treatment and rehabilitation of soldiers and veterans dealing with the long-term effects of amputation, infections and complex fractures (Gutman 1995). While “mobilisation techniques” of “reconstruction aides” primarily refer to making joints mobile again, they echo the mechanical rhetoric and the promise of a technique that assembles resources for a particular effect: to fix, to restore, to make capable to move and ultimately be of service again. In that sense, therapeutic mobilisation is not only a beneficial bodily experience but it also carries a highly contingent biopolitical weight, evoking the rhetoric and practices of 7 For example, the journal Mobilizations, founded in 1996, is explicitly interested in “social movements, protests and collective action” (http://mobilizationjournal.org/page/about).

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military mobilisation and operational functionality. In the same historical period, polio outbreaks in the US and Europe killed and left thousands of children permanently paralysed and thus institutionalised therapy available for the general public was required. The “war on polio” (Whitman 1972, 40) not only further established physiotherapy as a profession but also accelerated scientific research to “battle a terrifying unknown” (Wooten 2009). The scientific efforts around polio eradication were accompanied by forms of collective, social and nationalist mobilisation, most prominently articulated in the “March of Dimes” from 1938, a fundraising initiative founded by President Roosevelt, who suffered from polio since the early 1920s. The organisation started on a national level and mobilised volunteers to collect small donations; thousands of these donations flooded the White House Mailroom in the shape of dimes taped to postcards, to help fund the development of vaccines. Emotional leaflets, radio and television spots encouraged people to “join the fight” by attending workshops and neighbourhood marches organised by so-called “Marching Mothers.” Therefore, the successful development of the polio vaccine by Jonas Sulk in 1955 and consequently the complete eradication of polio in the US by 1961 were the result of the discursive interplay of various forms of material, rhetorical and social mobilisations on a national level. The complete eradication of polio on a global scale has, however, met new political barriers in recent years. In their cross-national study on the distribution of polio, Kennedy, McKee, and King (2015) suggest that Islamist insurgencies in e. g. Pakistan, Afghanistan and Nigeria impede polio eradication programmes. They explain this development not as a result of Islamist theology but as a reaction to recent US counterinsurgency strategies. Most prominent in this context is the use of a fake immunisation programme to trace and assassinate Osama bin Laden, which further propelled distrust and hostility toward foreign governments and international agents involved in health communication programmes. This example, which links the aim of restoring physical mobility to the national project of “the war on polio” to the geopolitical conflict of “the war on terror,” not only highlights the complex and multi-scalar interrelations of mobilising processes in terms of enforcing and establishing power, but it also raises questions about the ideological implications of an overly hydraulic understanding of making mobile. Whenever mobilisation suggests a neat, coherent, successful and intentional process of assembling, enforcing and organising action, there is danger of a naive teleology, be it winning a war, overturning a regime, achieving democracy, treating pain or eradicating diseases. A critical perspective on mobilisation needs

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to reflect on this Western8 hegemonic rhetoric of power and take into account the complexities and controversies at work. A notion of mobilisation whose meaning is not limited to making mobile further strengthens its critical potential.

2.2.

Becoming Mobile: Mobilisation as Suffixation and Effect

The way mobilisation surfaces in the context of the “new mobilities paradigm” (Urry 2007) creates a problematic but potentially productive tension: In comparison with the designated forms of making mobile, mobilisation is here often employed to mean becoming mobile9—thus, the historically significant rhetoric of organised communication and enforced power become blurred and mobilisation refers to a general process, with a naturalised meaning regarding mobility that emerges from its suffixation. Among other examples, the first chapter in Urry’s seminal book Mobilities (2007) is called “Mobilizing Social Life” and participates in a form of hegemonic historiography, e. g. dating the industrial revolution as an “exceptional moment” when the development of “mobilitysystems […] defines the contours of the modern mobilized world” and when “[n]ature gets dramatically and systematically ‘mobilized’ in mid nineteenthcentury Europe” (ibid., 13). The presentation and celebration of mobilisation as a historical fact of becoming more mobile in general underwrites the new mobilities paradigm and has firmly established the articulation of modernity and increased mobility as co-dependent phenomena. While these considerations rightfully challenge static concepts and categorisations in the social sciences, they produce a Eurocentric and modernistic understanding of mobility that downplays the historical and relational qualities of Western mobility systems. Critically engaging with globalisation studies, Glick Schiller and Salazar assert that “narratives of movement can actually endorse the normality or historicity of stasis” through imaginations of global mobility as “novel and exceptional, disrupting previous fixed relationships between culture, territory and identity” (2013, 186). Also referring to the historically contingent and unequally distributed increase in mobility, Morley argues in a similar vein 8 Siméant (2013) points out that the sociology of mobilisation and many of its underlying assumptions of making mobile are Euro-/American-/Western-centric. 9 E. g. the concept of place in Mobilizing Place, Placing Mobility (Cresswell and Verstraete 2002), a discipline, e. g. in Keightley and Reading (2014: “mobilizing media studies”), or even the mobility paradigm itself (e.g Urry and Sheller 2016: “mobilizing the new mobilities paradigm”). In some strands of social and media theory, particularly those informed by actornetwork-theory, mobilisation is limited to specific domains, e. g. mobilisation as a prerequisite for infrastructures (Schabacher 2013) or within larger frameworks describing ongoing processes, e. g. mobilisation as structural and social force of ‘mobilism’ (Hartmann 2013).

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that “to talk about our age as being one of unparalleled mobility, or even nomadology […] has very little historical foundation” (2017, 71). With regard to its Eurocentric tendencies, Mavhunga, Cuvelier, and Pype (2016) have similarly argued that mobilities research often neglects the socio-historical importance of African mobilities. We argue against a notion of mobilisation as an umbrella term for large-scale processes—one that subsumes an increase in the complexity, flexibility, unpredictability and the disorganisation of the world, as implied by Deleuze and Guattari’s rhizome (1987) and Appadurai’s manifold scapes (1996). In even more linear ways, social scientists and philosophers have repeatedly claimed that the present (and modernity in general) is characterised by a continual growth of production, exchange and transformation (e. g. Beck 1992; Sennett 1998; Bauman 2000; Rosa 2013). Becoming mobile, instead, suggests looking at mobility as an effect as well as understanding mobilisations in heuristic terms: as processes that create motion on different sites and scales. This perspective also invites examining “spatial and temporal restructurings,” as Sheller describes the shift from the spatial to the mobile turn (2017, 627). In that sense, thinking about texts, images, concepts and goods not just as culturally mobile (Greenblatt et al. 2009) but as involved in mobilising processes attests to the contingencies of particular cultural changes.10 Turning away from linear, hydraulic rhetoric and teleological renderings, ideas associated with the process of becoming mobile appear to be at a lower risk of recursively reproducing hegemonic power relations. In sum, mobilisation as an object of study is, on the one hand, understood to designate historically specific sets of practices of making mobile in various relatively contained domains. On the other hand, mobilisation is used to describe a general modern tendency of having become more mobile. The tensions arising from these two understandings become productive when they invite researchers to challenge locations and directions of power and mobility and ask about agents and their experiences as well as the involved rhetoric and modes of communication that create motion in a multi-scalar and multi-modal way. Building on the critical 10 Several articles in this volume address such mobilising processes: The contribution by Cakır and Fritsch illustrates how economic and political agents articulate ethnicity as wealth and resource for social mobility. Thereby, they mobilise ethnicised knowledge in response to racist discourses but also as a form of self-governance. Wimplinger describes how non-linear reading practices can question control mechanisms and, thus, contribute to social and political mobilisation. In the chapters by Pelz and Windsperger, albums and yizker bikher are discussed as portables in which various texts, images and inscriptions are collected in order to offer a sense of commonality. These objects preserve and mobilise memories of encounters and places by being mobilised among groups of people. In the context of translation studies, Wischmann employs Actor-Network-Theory to acknowledge the mobilising function of translators, readers and books.

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engagement with mobilisation as an object of study, we suggest an interdisciplinary and critical mode of enquiry that articulates mobilisations with communications, the body and social power relations.

3.

Mobilisation as Critical Mode of Enquiry

In the previous chapter, we have defined mobilisation as referring to interrelated components and processes that produce movements for a particular purpose, i. e. how elements are made mobile to achieve a certain effect, or as a general dynamic used to describe a significant increase in phenomena that have become (more) mobile. We argue, however, that mobilisation is neither a contained, homogeneous model with calculable mechanisms nor subject to a historically linear development. Rather, we suggest using mobilisation as an analytical prism to ask how mobilities are arranged, enforced and prohibited. By foregrounding the roles of agents, their possible intentions and the ways movements are put to work via different kinds of infrastructures and medialities, such a mode of enquiry is better suited for a critical analysis of mobilities in terms of power, change and agency. It interrogates not only the physical ways of making mobile, but also various other communicative practices that move—e. g. data, information and ideas. Thus, going beyond the observation that human lives consist of innumerable transportations and circulations, the notion of mobilisation provides a frame for asking who moves what or whom for which purpose, and when and how changes of place and pace become meaningful. Critically engaging with mobilities in terms of mobilisation means following movements that are considered “controversial” within dominant discourses for the “constitution of society” (Cresswell 2014, 713); it asks why some movements are deemed more problematic than others and which kinds of resources are moved around to counteract them—while other movements are permitted, hardly noticed or even facilitated through other mobilisations. As a strategic function for communicative purposes, mobilisation can serve as a common mode of enquiry for interdisciplinary dialogues. Depending on the context, mobilities take on different forms as objects of study: the daily motions of workers observed by an empirical researcher are a different kind of mobility than the movements of articles and images shared digitally by groups of people aiming to raise awareness about a controversial topic, and both are altogether different from the kinds of mobility represented and distributed in literary texts and other art forms. These various motions can be viewed in terms of their production within communicative situations, their strategic functions and respective outcomes. Such a perspective has various disciplinary and methodological entry points, such as historical discourse analyses of culturally contingent

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understandings and regulatory practices of becoming mobile promoted by institutions, or phenomenologically informed research on the lived experiences of agents involved in processes of mobilisation. While this list is far from exhaustive, it demonstrates that mobilisation gestures toward an interdisciplinary agenda that goes beyond the traditional scope of the social sciences in which the so-called “new mobilities paradigm” has emerged and which, as Downey has pointed out, “largely ignores Urry’s initial call for the study of the movement of ideas (and, one could add, images) as well as humans and objects. […] Work on mobility either focuses on the physical mobility of things and people or on information” (2014, 367). In what follows, this critical perspective on mobilisation as processes involving more than transportation will be extended by discussing and operationalising matters of communication, the body and social power relations.

3.1.

Communications

Mobilising processes work in various modes and on different scales. This plurality needs to be taken heed of by conceiving of physical forms of movement in relation to other ways of overcoming distances and making connections. Drawing on a broad understanding of communications that regards transportation and exchange of information as two forms of a common practice of creating connectivity, our approach towards mobilisation frames “moving and communicating” (Urry 2007, 63) as two distinct but related practices of making and becoming mobile. Thus, we follow recent attempts to integrate communication and media theory more strongly into mobility studies. Wiley and Packer (2010), for example, reconsider communication studies after the mobilities turn, observing its shift towards a non-media-centric approach that sees communicating as a strategic function within social relations rather than just a means for transmitting information (Carey 1989). Before “communications” was limited to the ways information is processed and distributed, the term comprised all means through which people connect (Morley 2017)—in that sense, the railway is as much a means of communication as the telegraph. Understandings of traffic and transportation were equally separated from all forms of symbolic interaction by the end of the nineteenth and further narrowed down to fields such as logistics and cybernetics throughout the twentieth century (Schabacher 2013). Arguing against such a limiting perspective on how media work and shape human life, Morley advocates a return to a broad definition of communications by restoring “the broken linkage between the analysis of symbolic and physical modes of communication” (2017, 30). An approach considering mobilising processes in terms of their communicative purposes and conditions helps specify how these processes work materially without focussing on one type of becoming and

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making mobile. In that sense, transportation and other forms of physical movement are just as much mobilising processes as is making a phone-call— both create connections and overcome distances, albeit with different means, intentions, possibilities and limitations respectively.

Medialities of Mobilisation The interrelations between media and mobilities as well as the need to think one in terms of the other have been pointed out by many critics (e. g. Wiley and Packer 2010; Adey 2010; Müller and Weber 2013; Keightley and Reading 2014; Downey 2014), even though some focus on one aspect only and see others as merely instrumental. Keightley and Reading, for example, propose the notion of mediated mobilities to account for the “social experience of mobility” (2014, 299) —in this sense, physical movements form the naturalised premise of mobile existences which are enhanced and augmented through pervasive and increasing forms of mediality (Sheller 2013). In media-centred scholarship, however, the increasing portability of communicative devices has led to a greater awareness of mobility as an integral part of how media, both contemporary and historical, are designed and used on the move (Stingelin and Thiele 2010). A theoretical reappraisal of mobilisation contributes to this ongoing dialogue by highlighting the inextricable entanglement of mobility and mediality in terms of their communicative functions to connect and create commonalities (Carey 1989; Müller and Weber 2013). Media-related research and mobility studies both benefit from such a shared set of objects of enquiry: the former can be (re-)defined by employing mobility in historic-material and political terms (e. g. Thielmann 2014), while the latter can broaden its perspective by asking how signifying practices and representations, among other communicative aspects, influence how movements are enacted and perceived (e. g. Cresswell 2006; Singh and Thelle 2017; Merriman and Pearce 2017). Thus, for analysing movements of ideas, people and objects together, new approaches to communications and media are crucial. Employing mobilisation to widen the scope of media and communication analysis not only underscores the signifying and communicative function of movement and mobility but also highlights how mobility is involved in communication and media. Understanding practices of disseminating and connecting people, goods and information as mobilising processes undercuts the often-made distinction between moving and communicating (Urry 2007). Without this split into physical and symbolic forms of movement, mobilisation as communication provides categories for a mode of enquiry into how and to which end mobilisations work. Making and becoming mobile happens in various medialities; for this, technologies and materials are used to arrange other communicative movements;

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and within these situative arrangements, mobilising resources can serve particular purposes and produce various, sometimes unintended effects. From taking the bus to work to digitally sending messages around the globe, mobilisations are enacted in different medialities. When Adey invokes cars, news broadcasting and viruses to claim that “almost every mobility is mediated by something” (2010, 223), he proposes the idea of movement as enabled by objectified carriers. But considering their different mediality as a capacity to mobilise sheds light on how resources are put in motion and helps explain, for example, why some movements are produced more easily and on a larger scale than others.11 For example, the mobilisation of money or images transferred as digital signals operates faster and in higher rates than their mobilisation as banknotes or hard copy photo albums, though the digital version is more likely to be monitored or even deleted by service providers. A critical perspective on mobilities considers their medialities as movements that are especially quick and far-reaching due to their mediality and are often viewed in a highly negative light: among others, this is the case with highly contagious diseases, such as polio or Ebola, or with delicate information published on easily accessible platforms, as the activities of whistle-blowers that go viral demonstrate. Nevertheless, mobilities of life operate in medialities which might remain largely unnoticed, even as they fundamentally structure our society. Examples of this include the mobilisation of water, food and other goods by means of infrastructure and transportation networks (Morley 2017), or the mobilisation of people by means of streets.

Mobilising Technology and Infrastructure As mentioned above, the notion of mobilisation in a military sense gained salience when both telegraphy and trains were used to move soldiers, weapons and signals in a coordinated manner. These movements differ not only in terms of their mediality but also in terms of the materials and technologies they involve. Thus, mobilisation as a communicative practice cannot be separated from questions about which tools and infrastructures are created and used. Analysing the function of technology, especially how it enables, enhances and extends movement (Adey 2010), has been a staple of anthropological work on mobility, but technology is, more fundamentally, an integral part of communicative practices. As such, mobilisation as a critical framework enquires into how agents possess and use access to technologies and for which intent and outcome. In that 11 Examining contemporary practices of walking and navigating in cities, Sheller stresses the interrelations of mobilities and medialities, as “movement and activities take place in both physical and digital spaces at the same time” (2013, 316).

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sense, passengers do not simply mobilise themselves through cars; institutions mobilise resources in order to build vehicles and infrastructures and to regulate access to and through devices, tools, legislation and know-how (see e. g. Packer and Wiley 2012). In her attempt to conceptualise infrastructure as mobilisation, Schabacher (2013) argues against the dichotomy of technology as an immobile site for mobile passengers: the impression of a stable building, street or airport and the almost static experience of riding a train are the effects of an accumulation and arrangement of material resources and human labour. As we extend the understanding of mobilisation to processes of making and becoming mobile, this approach allows for a more relational view on how technologies are mobilised means for communicative purposes. Communication—understood as processes through which meanings are shared to create and organise commonalities among groups of people (cf. Carey 1989)—regards technologies mainly in cultural terms. Emphasising the social and political relevance of media technology as a cultural form, Williams (2005) asserts that innovations and developments in communications need to be seen as responses to social relations that have the potential to transform society, as print culture has done. A framing of such technologies in terms of their mobilising potential needs to go beyond analyses of their portability (in that sense, Müller and Weber write about a “‘mobilization’ of media technologies” [2013, 67] with regard to mobile internet access) and rather see them in their potentially strategic and communicative functions and purposes. This implies an understanding of books, pamphlets and smartphones (and, following a broad definition of communications, also trains, cars and other modes of transportation) as resources that allow connecting and communicating with others for a specific purpose, e. g. campaigning for a certain cause (e. g. the “March of Dimes”), working to make a living and helping others in medical emergencies. Affordances of Mobilisation Examining mobilising processes as strategic communicative practices accounts for intentions as well as for effects and eventual outcomes. Mobilisations produce motion within specific contexts that condition these movements to varying degrees. With reference to Clausewitz’s treatise On War (1832), Cresswell refers to the notion of friction as “a social and cultural phenomenon that is lived and felt as you are stopped while driving through the city, or encounter suspicion at checkin at an international airport” (2013, 108). Movements are always subject to various kinds of friction,12 and mobilising processes organise strategically with 12 Following Tsing’s use of the term, frictions do not necessarily hinder movements but always accompany and inflect them (2004, 6). As co-constituents of mobilising processes, they are

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and around these. As already noted, critically engaging with mobilising processes considers the possibilities of medialities and technologies. But these material conditions and their forms of friction should not be seen as pointing directly to specific outcomes. Wiley and Packer (2010) have highlighted how a focus on communicative practices primarily in terms of technology invites over-deterministic thinking; similarly, pointing out intentions recursively may reduce mobilisations’ transformative potential and their contingency. To account for the characteristics of designs and tools while at the same time avoiding de-contextualised analyses of communicative practices, affordance (Gibson 1979; Evans et al. 2017) has become a productive concept as it allows for the capacities and limitations of various communicative modes to be analysed (see e. g. Urry 2007; Adey 2010; Levine 2015; Shaw 2017). Take the following intuitive example: the design of mobile media devices affords their users interactions that analogous technologies do not (Thielmann 2014), while social media platforms afford their users and institutions both easy connectivity and a way to personalise content (van Dijck and Poell 2013). Communicative situations are not entirely random but rather offer various forms of mobilising interaction between agents and their manifold technologies; affordances allow for differentiating between intentional logics of communications (in its crudest sense, propaganda affording subjugation, identification and obedience) and other ways of acting within these situative contexts. Witteborn (2018) has demonstrated this with the example of how women handle the affordances of visibility within highly gendered, patriarchal spaces. Examining the strategic aspects of mobilisations as communicative practices by means of affordances complicates the framing of intent, purpose and effect. As communications and technology are not “outside of culture” (Shaw 2017, 595), they have to be seen as purposeful and contingent, as subject to historical, material and political circumstances. An approach to mobilisation informed by communication as culture underscores the relevance of connecting and sharing for processes of making and becoming mobile. It highlights how resources are put in motion through different medialities and technologies. Corporeal and virtual mobilisations are not simply substitutions for one another (for a critique of the “substitution thesis” in communication studies, see Müller and Weber 2013, 65), but parallel, complementary processes with strategic purposes of communicating. In the next section, we discuss the body as an important part and site of mobilisation, one at which experiences and emotions produce various forms of movement. productive in different ways for different groups of people, showcasing how “heterogeneous and unequal encounters can lead to new arrangements of culture and power” (Tsing 2004, 5). We address the issue of power from an intersectional perspective further below.

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3.2.

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Bodies and Emotions

Conceptualising processes of mobilisation in their multiple modes, scales and affordances needs to address the human body as a central site for producing motions for communicative purposes. Most intuitively, acts of physical movement such as walking are embodied practices of mobility (Adey 2010). Focussing on bodily means of becoming and making mobile extends this view on human bodies as involved in mobilising processes. Such an approach specifies how the body’s various medialities afford different forms of mobilisation. Bodies As the emergence of mobilisation in military language suggests, the body’s capacities to communicate with other bodies is central for a cultural approach to mobilisation. Bodies move by means of physical labour; they move one another through evoked emotions (Ahmed 2004), and they travel or get transported in various vehicles; as sites of discipline and education, bodies have also become subject to forms of governing and regulation in various contexts (Foucault 1975; Sarasin 2001). Beyond these observations, the body figures as an obtrusive and ambivalent locus in the momentum of making and becoming mobile. Asking how and to which purpose human bodies are put in motion rests on an understanding of bodily practices in terms of their communicative functions to connect, organise, assemble and form groups and collectives. As cultural and materialist approaches have emphasized that communications work in various modes and medialities, they have also decentred the humanist notion of bodily autonomy vis-à-vis media environments; instead, they highlight how bodies and other means of communication create interrelated, network-like structures without necessarily prioritising one over the other (Packer and Wiley 2012; Müller and Weber 2013). A critical mode of enquiry helps unpack the many roles human bodies play in mobilisations as strategic forms: the body produces motion and is mobilised itself, e. g. by means of “reconstruction aides,” to serve specific purposes; and it is addressed by moving (in both a literal and figural sense) texts and images, as the extraordinary reaction of thousands of people to the “March of Dimes” has shown. Even though human bodies might share common routes and modes of movement for similar purposes, the way practices of making and becoming mobile are experienced relates to specific contextual factors, such as varying qualities of comfort, well-being or safety (Cresswell 2010). The body responds to

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the affordances of the different contexts in which it navigates and, simultaneously, creates and transforms along the way.13 Doughty and Murray (2016) conceptualise mobile practices as embodiments of institutional discourses that become productive through bodily means; thus, a critical understanding of mobilising processes underscores the strategic potential of these discourses and the various ways they are embodied. As discussed above, mobilisations with communicative purposes work in different modes and medialities, e. g. reading emails, listening to radio-programmes or watching TV; in all of these processes, the body is to some degree affected as it participates in ongoing mobilisations of communicative practices, often several at once. These practices constitute rhythms, repeated variations of movements and standstills, as experienced patterns of lived mobilities (Lefebvre 2004), even to the point where bodily rhythms are experienced as conflicting with other ones (Adey 2010; Cresswell 2010), e. g. in terms of workload or the amount of digitally received information. For all attempts to synchronise and maintain multiple rhythmic patterns, they often collide and produce further effects, such as stress, exhaustion, traffic jams or accidents (Edensor 2014). Both enacting and dealing with spatio-temporal patterns, human bodies figure centrally in the various rhythms of mobilising processes. Emotions Departing from the idea of corporeal permeability, one should add that the experiential quality of mobility is not only pre-reflective but also affective and multi-sensual (Adey 2010). In this line of thought, mobilising bodies functions not only through physical forces or the transmission of information but also through emotions. As culturally significant devices of communications, emotions make bodies move concordantly and form collectives (ibid.). Drawing on its etymology, Ahmed regards e-motions14 as moving bodies; powerful emotions such as fear and love mobilise and organise bodies for communicative purposes, creating attachments to specific other bodies and forming collectives while detaching and placing distance between others (Ahmed 2004). This is illustrative of 13 On the transformative potential of traffic, see Schabacher (2013, 79). 14 Much debate has been going on about the employment of terms like ‘affect’ and ‘emotion.’ Massumi differentiates between directly working affects, confined to the corporeal dimension, and mediated, socio-culturally transformed emotions. However, much recent work challenges this distinction. Following Ahmed, Sauer (2016) highlights that feelings never emerge outside of discursive power relations and uses the terms synonymously. This is especially important to note since, as Ahmed criticises, the turn to affect through the affective turn neglects feminist work that has been done on emotions. Moreover, Ahmed (2014) herself points to the danger in such a distinction between, e. g. objective affects and subjective emotions, which could reproduce gendered differentiations.

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how making and becoming more and less mobile are entangled concepts since emotions (are used to) move people physically and emotionally, attaching them to some bodies while fixing other bodies in distant physical and imaginative places (Ahmed 2014). Therefore, emotions mobilise bodies by means of their inter-corporeal mediality, communicating to people by temporarily forming imagined groups with distinctive characteristics.15 Examples are legion: Contemporary viral campaigns (such as the #metoo social media campaign, which was subsequently mobilised by TV stations and other media around the world) as well as anti-polio campaigns in the US in the 1940s and beyond utilise emotions in differing technological and historical contexts in order to afford a form of solidarity and initiate change.16 A different set of emotions is activated by the right-wing extremist Identitarian Movements in Europe, which employ social media to evoke memories of past terrorist attacks in order to inspire fears and insecurity, and construct a united group of ‘ethno-culturally European’ people who oppose the migratory movement of ‘non-European’ and especially Muslim people to the continent, while also proclaiming shared feelings of love for a place perceived and articulated as being under threat.17 Troubling an all too universalising tendency of speaking about the body in general terms, everyday movements do not reflect social relations but actively construct them (Adey 2010). The processes of making and becoming mobile of some people are deemed more controversial than those of others. In the next section, we finalise our take on mobilisation as a critical mode of enquiry with regard to socially enacted and perpetuated norms and ideologies, most significantly in terms of gender, class, religion and ethnicity.

3.3.

Power Relations

Analysing mobilisation in terms of power relations and, in turn, power relations in terms of mobilisation draws attention to the agents, conditions, strategies and effects entailed in the struggles of becoming and making mobile. This view contributes to the critical potential of mobility studies “to address explicitly the interplay of mobility and power […] with reference to questions of inequality, domination, and constraint” (Söderström et al. 2013, 6). Being a relational 15 Haslinger talks about the election of Waldheim as Austria’s president in 1986 as the result of a successful “mobilisation of feelings” (1987, 20), mainly of antisemitism articulated by politicians and journalists. 16 In a similar vein, Sauer (2016, 157–158) suggests thinking about feelings and affects as practices that enable processes of resistant political mobilisation. 17 Ahmed talks about a similar rhetoric of love used to mobilise followers on the “Aryan Nations Website” (2004, 25).

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phenomenon, the performance and regulation of mobility crucially influences power relations (Keightley and Reading 2014), thus linking physical and social mobilities. In order to approach these relations, we build on the above consideration of power relations implicated in communication, transport, bodies and emotions. Starting from the observation of mobility as a politically relevant phenomenon, the following chapter elaborates our critical perspective on mobilisation by adding concepts that relate processes, conditions and effects of making and becoming mobile to social power relations and vice versa. We explore regimes of mobility as constellations that regulate the mobilisation of agents and thus negotiate their becoming mobile through forms of making mobile. We suggest intersectionality as an approach that allows for the magnification of the differentiated effects that regimes of mobility have on agents attributed to different social groups. Moreover, intersectionality as both an academic and activist practice can contribute to the making mobile of positionalities as a starting point for contesting unequal power relations. Hence, this chapter illustrates the possibilities for bottom-up moments to emerge within top-down processes which put resources in motion for the making and becoming mobile of ideas, people and objects that characterise our understanding of mobilisation. Politics of Mobility Research that addresses the politics of mobility illustrates how the entanglement of diverse mobilities is increasingly politically relevant: Cresswell (2010, 21) suggests analysing the politics of mobility as “the ways in which mobilities are both productive of such social relations and produced by them.” Whereas academics working on the politics of mobility mostly relate their considerations to the physical movements of people, Trimiklinio¯te¯s, Parsanoglou and Tsianos embed their work on migrant digitalities in “critical mobilities related to increasing and uneven interconnectivity and digitality” (2015, 10). It is thus important to consider power relations as working within interwoven physical, imaginative, virtual and communicative mobilities (see Urry 2008) that foster subversive moments but also facilitate selectivity, surveillance and top-down control of movements. On the one hand, this could invite a focus on the networking among business people of the Global North that is afforded by their virtual communication and face-to-face encounters—a connectivity that is, in turn, only possible due to their socio-economic positionalities within the global economy (see Elliott and Urry 2010). Agents from the Global South, on the other hand, use diverse means of communication in order to escape their positioning within the global division of labour. When they do, they are often assigned marginal social positions due to their increasingly surveillable practices of becoming mobile physically and vir-

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tually: as illegalised or even detained migrants or as asylum seekers in mass accommodations. This highlights the entanglement of opportunities and risks entailed in different mobilities’ affordances (Gillespie, Osseiran, and Cheesman 2018). Along this line of thought, Keightley and Reading suggest a perspective on the politics of mobility that goes beyond the regulation of physical movements of people and integrates “the mediated nature of contemporary social, political and economic processes, and the particular ways in which power and agency are performed and negotiated within them” (2014, 290). Scholarship that takes into account the politics of mobility illustrates that becoming mobile in terms of physical movement and communication is politically relevant specifically due to interdependencies with social power relations. In this regard, questions of mobilisation contribute to developing a clearer understanding of the agents and resources put in motion to maintain or challenge such politics of mobility, i. e. to highlight who and what is behind making people, objects and ideas more or less mobile. Regimes of Mobility One way of approaching the politics of mobility from a mobilisation perspective is to explore regimes of mobility as means to consolidate dominant forms of mobilisation by regulating the becoming mobile of social agents. In addition to the differential access to movement technologies mentioned above, Glick Schiller and Salazar highlight the different entitlements to becoming mobile that are produced by making some more and others less mobile. They suggest analysing various intersecting regimes of mobility as a way to “explore the relationships between the privileged movements of some and the co-dependent but stigmatised and forbidden movement, migration and interconnection of the poor, powerless and exploited” (Glick Schiller and Salazar 2013, 188). This involves viewing regimes of mobility in the context of national and international institutions, governmentality and hegemony as well as taking into account their implications for “similarity, difference, belonging and strangeness” (ibid., 189– 190). In a similar vein, Kesselring (2015, 574) refers to mobility regimes as the “social structuring of mobilities.” He focuses on mobility regimes as integrating the ways in which principles, norms, subjectification and rules regulate the behaviour of agents in specific contexts which link spatial and social mobilities. In this sense, mobility regimes regulate the agents, modalities and conditions of mobilities and thus contribute to processes of social differentiation and boundary making (ibid.). Thereby, mobility regimes not only foster mobilities but also delineate their boundaries and create social exclusion. Kesselring and Vogl

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(2013) therefore also highlight the effects that increasing mobilities have on agents in the Global South, such as their integration in an asymmetric division of labour. In summary, a regimes-of-mobility approach explicates the regulation of becoming mobile by highlighting the social stratifications entailed. A perspective on mobilisation that informs a critical analysis of mobilities can contribute to a regimes-of-mobility approach, given that it draws attention not only to the territorial movements of people but also to the making more or less mobile of people, objects and ideas in social and cultural terms—as, for instance, when Christensen and Jansson (2015) show the interdependencies of cosmopolitanism and (complicit) surveillance in online communication. However, mobilisation as a mode of enquiry into the labour and struggles of making and becoming mobile also benefits from the conceptualisation of how material and symbolic resources are put in motion within regimes of mobility. They make some agents, objects and ideas more and others less mobile, thereby reproducing hegemonic—social, political, economic, cultural—power relations.18 As mentioned above, mobilisation manifests rather differently, for instance, in the contexts of transnationally distributed polio eradication programmes in the US (as part of a public health strategy) and Afghanistan (as part of a military strategy). This example by Kennedy, McKee, and King (2015) illustrates how the same resource (polio vaccination) was made mobile for very different reasons and with crucially different socio-political outcomes. The tension between the notions of mobilisation with regard to making and becoming mobile, however, also points to the differentiated effects and possibilities for agency that emerge within regimes of mobility. In the following, we thus extend our considerations of mobilisation with an intersectional perspective. Intersectional Perspectives According to Yuval-Davis, intersectional theory is “interested in how the differential situatedness of different social agents affects the ways they affect and are affected by different social, economic and political projects” (2011, 3–4). In this situatedness, different social categories are not working in an additive way. Instead, they are mutually constitutive and depend on the specific historical sociocultural context (ibid.). Whereas the original objective of intersectionality approaches was to focus on the multiple oppressions of women of colour, recent scholars have used intersectionality to study any group of advantaged or dis18 Wagner’s essay in this collection uses such a regimes-of-mobility approach to illustrate how academics, publishers and state institutions cooperate in regulating the mobility of literary texts and, subsequently, the canonisation of world literature. In another context, the contribution by Englert refers to ideas about authenticity of rap music in Marseille as a regime of mobility that produces fixed origins and, thus, social positions for the respective artists.

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advantaged people (Yuval-Davis 2006). Thus, the ‘intersectional triad’ of race, gender and class is nowadays joined by a wide range of other social differentiations such as religion (Brah and Phoenix 2004, 79). Research on mobility and power inequalities, however, usually focuses only on one axis of social division as, for instance, exclusion based on gender (Elliot 2016), race (Nicholson 2014) or religion (Selod 2015). Sheller admits that “the question of intersectional racialized, gendered, classed, and sexual (im)mobilities inscribed into landscapes and imaginaries of belonging […] have been somewhat neglected by the proponents of the mobilities turn” (2014, 793). A critical perspective on mobilisation can offer deeper insights on how these processes are related to socio-cultural questions of who gets to become and who is made more or less mobile. In addition, an intersectional perspective can not only consider such regulations and exclusions along single characteristics of social differentiation but also look at how their combination works in a mutually constituting way for specific groups of people. For instance, Alzouma shows how the digital/mobile divide in Niger works on a range of interrelated levels: The physical availability of mobile phones is just one dimension in the digital divide. […] Among many others are also literacy, income, or even level of access and certain structural constraints (location, availability of electricity, affording the calls) within which the use of the technology takes place. Those structural constraints do not affect all users the same way and to the same degree. Depending on how they (the users) are economically, culturally or socially equipped […] to face these constraints, their potential to benefit from the use of technology may be different. (2013, 306–307)

This quotation illustrates how exclusion from communicative mobility is related as much to material and symbolic factors (e. g. the availability of infrastructure and its culturally specific use) as it is to intersectional positions of users (e. g. their location, education and income). An intersectional perspective integrates the differential workings of these diverse moments that structure power relations in the becoming mobile of social agents and information. Moreover, approaching intersectionality from a critical mobilisation perspective highlights how movement and communication act as controversial and constitutive elements for the construction of intersectional power relations. More than merely an analytic lens for tracing conditions and effects of making and becoming mobile, intersectionality points to socio-political and academic practices that are able to destabilise hegemonic power relations as expressed in the differential ‘making mobile’ of social agents. Thereby, intersectional practices can increase possibilities for agency within exclusionary regimes of mobility. For instance, Brah and Phoenix (2004) argue that to recognise the intersectional workings of power relations is a means to deconstruct hegemonic knowledge formations. On the one hand, this is because intersectional perspectives allow for

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raising awareness that is informed by a comprehensive analysis of situations of exclusion and oppression “so that people are able to not focus on one thing and blame one group, but be able to look holistically at the way intersectionality informs all of us: whiteness, gender, sexual preferences, etc.” (Lowens and hooks 2012). On the other hand, bell hooks highlights that intersectionality can become a starting point for channelling resistance by highlighting the most important form of oppression in a specific spatial and temporal context: “I used to say to people, if you’re in a domestic situation where the man is violent, patriarchy and male domination—even though you understand it intersectionally—you focus, you highlight that dimension of it, if that’s what is needed to change the situation” (ibid.).19 In a similar way, Anthias and Yuval-Davis (1983) claim that an intersectional analysis of socio-political realities can be the basis for articulating historically and socio-culturally specific political claims. In this regard, intersectionality can be a mode of enquiry related to mobilisation that produces an activist (research) agenda and highlights the emancipatory potential of becoming and making mobile. Mobilisation thus transcends both a hydraulic structuralist logic and a simple meaning of having become more mobile. Instead, we argue that employing mobilisation should result from a critical interdisciplinary commitment to intersectional, differentiated understandings of the productive tensions entailed in making and becoming mobile by putting resources in motion. Whereas these considerations on the working of intersectionality in becoming and making mobile mainly focus on the movement of people, our critical perspective on mobilisation additionally proposes a broader approach to intersectional mobilities. It is not only the movement of people that affects and is affected by intersectional power relations but also the movement of objects, information and ideas. We suggest integrating these dimensions into an intersectional perspective on mobilisation since they illustrate how diverse forms of physical, imaginary and communicative movement impact social mobilities and thus highlight their mutual interdependencies with power relations.

4.

Conclusion

In this article, we have elaborated a consideration of critical mobilities as movements that are in some instances rendered controversial by dominant institutional agents and in other instances become constitutive forces of societies. 19 Dhoest (2018), for instance, has illustrated how gay migrants in Belgium use physical and virtual mobilities to articulate (or not) their ethno-cultural and sexual identifications within processes of cosmopolitanism and encapsulation.

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In doing so, we have also engaged in the critique that has emerged with regard to the field of mobility studies in reaction to its naturalising, modernistic and Eurocentric tendencies. Attempting a critical approach to different forms of mobility, we have outlined mobilisation as an object of study and mode of enquiry into the labour and the struggles entailed in making and becoming mobile by putting resources in motion—by whom, for what intention, by which means and with which effects and outcomes. Mobilisation thus serves as a lens that goes beyond describing mobility as a phenomenon in opposition to immobility and reflects on the strategic moments in being and becoming mobile for communicative purposes and within political-economic structures. We started this enquiry with the tension between the notions of making and becoming mobile which are entailed in the different understandings of mobilisation: one referring to specific and contained practices on collective and individual levels, the other referring to a modernist notion of ever increasing flows. We have argued that this tension becomes productive when looking at mobilisation in terms of communication, emotions and power from a critical perspective. Drawing from a broad, cultural understanding of communications as encompassing all forms of making connections and creating commonalities, we have related practices of mobilisation to specific communicative purposes. People, objects and ideas become more or less mobile for these purposes by using various medialities and technologies. In order to account for the intentions involved in mobilisations as well as for unplanned frictions, we referred to affordances to outline how communicative situations and technologies offer intended responses as well as subversive actions. By framing mobilisations in communicative terms, we have proposed to regard various types of movement and mediality as complements of one another that share similar strategic purposes. This also extends to the sphere of the body as a central site of ongoing mobilisations and their communicative implications. For this, we have suggested seeing the body as enmeshed with other means of communications, relating bodily practices of movement to practices of communicating. Capacities to experience mobilising processes and their spatio-temporal rhythmicality also afford frictions of a bodily nature, such as exhaustion. Furthermore, experiences and emotions influence the premises of making and becoming mobile, both individually and collectively: as a communicative means, emotions mobilise and organise people by affecting and stirring them through their bodies’ perception; as a strategic purpose, feelings are also used to mobilise against or for specific causes, involving the construction of groups that are emotionally mobilised in order to act and become more or less mobile according to these causes.

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At the same time, this becoming mobile is strongly related to questions of making mobile and related strategies, i. e. who decides who or what can become more or less mobile in which way and to which end. Therefore, questions of mobilisation are inherently political. One perspective we employed here to explore the tension between making and becoming mobile is that of regimes of mobility. These regimes render agents, objects and ideas more or less mobile when they require the mobilities of some and constrain the mobilities of others in specific contexts and with the help of principles, norms, rules and subjectification that serve existing hegemonic power relations. Such regulations are contingent on and produce different effects for agents with different positionalities within social power relations. On the one hand, an intersectional approach allows for the magnification of these differentiated effects that regimes of mobility have on agents attributed to different social groups. On the other hand, intersectionality as a social and academic practice can contribute to a mobilising of positionalities as a starting point for contesting unequal power relations, as in regimes of mobility. Hence, critically exploring the strategic entanglements of communicative situations with forms of movement—in terms of communication, bodies and power—allows us to develop more clearly the productive tensions emerging from understandings of mobilisation as increasing possibilities of movement and as potentially changing structure, agency and power relations.

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Ethnisierte und vergeschlechtlichte Mobilitäten / Ethnicized and Gendered Mobilities

Petra Dannecker / Birgit Sauer

Gender und Mobilität oder Mobilität und Gender? Programmatische Überlegungen zu einem komplexen Zusammenhang

1.

Gender und Mobilität – umkämpfte Definitionen. Einleitung

Mobilität wird nicht erst seit dem von Sheller und Urry 2006 konstatierten new mobilities paradigm als Kernaspekt der Moderne, aber auch als wichtige Dimension spätmoderner, kapitalistischer, dynamischer Gesellschaftsentwicklung in den Geistes- und Sozialwissenschaften betrachtet (Lutz 2009, 8). Schon in den 1990er Jahren tauchten Metaphern der Mobilität zeitgleich in verschiedenen Disziplinen auf – beispielsweise in der Soziologie (Lash und Urry 1994; Castells 2003), der Kulturgeographie (Massey 1992; Kirby 1996; McDowell 1999) oder der Migrationsforschung (McDowell 2013) –, um mobile Wirklichkeiten zu beforschen und zu beschreiben, aber auch um machtvolle Sesshaftigkeitsmetaphern zu hinterfragen und auf herrschaftliche Immobilisierungsprozesse hinzuweisen. Die sozialen, kulturellen, ökonomischen, materiellen, geographischen und auch räumlichen Facetten von Mobilität wurden seither in unterschiedlichen Disziplinen diskutiert, beschrieben und analysiert. Dies führte dazu, dass die Konzeptualisierungen von Mobilität mittlerweile sehr divergent sind, was Vor- und Nachteile für interdisziplinäre Forschung haben kann. Begriffliche Offenheit bietet die Möglichkeit der Diskussion und der steten Auseinandersetzung mit dem Mobilitätskonzept bzw. der Schärfung des Konzepts; sie kann aber auch immer wieder Anlass für Missverständnisse sein. Auch im öffentlich-medialen und politischen Diskurs wurde der Mobilitätsbegriff zunehmend verwendet, um Globalisierungsprozesse und Migrationsbewegungen zu fassen. Dem zugrundeliegenden Verständnis der Beweglichkeit von Subjekten, Objekten und kulturellen Praktiken oder zumindest dem damit verbundenen Potenzial, beweglich sein zu können, wohnt zumindest im globalen Norden eine hohe gesellschaftliche, aber auch ökonomische Wertschätzung inne (Cresswell und Uteng 2016, 1). Dies gilt sowohl für Mobilität im geographischterritorialen wie im sozialen Raum, auch wenn ungleiche Möglichkeiten der sozialen Mobilität, Grenzziehungsprozesse und neue Formen von Kontrollregimen zunehmend diskutiert und analysiert werden, um über den Begriff bzw. die

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Konzeptualisierung von Mobilität nationale und globale Ungleichheiten zu thematisieren (Anderson 2013; Pécoud und Guchteneire 2006). Die oft fehlende Reflexion der geschlechtsspezifischen Bedeutung von Mobilität und die Frage, wie Mobilitäten geschlechtsspezifische Ungleichheiten beeinflussen und strukturieren – sowohl im globalen Norden als auch im globalen Süden – wird vor allem aus feministischer Perspektive kritisiert (Skeggs 2004). Es ist dieser Zusammenhang zwischen Mobilität und Geschlecht, der im Zentrum unseres Beitrags steht, ein Zusammenhang, der in unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen und Kontexten diskutiert und analysiert und daher auch unterschiedlich interpretiert wurde und wird (Hanson 2010, 7). Diese durchaus kontroversen Einschätzungen sind nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass beide Konzepte, Geschlecht und Mobilität, nicht nur umkämpft sind, sondern sehr divergent konzeptualisiert werden (Cresswell und Uteng 2016). Im ersten Teil dieses Beitrags führen wir daher die sozialwissenschaftlichen Debatten um Geschlecht und Mobilität kurz aus, bevor wir zwei empirische Forschungsprojekte, die im Rahmen der Forschungsplattform „Mobile Kulturen und Gesellschaften. Studien zu transnationalen Formationen“ durchgeführt wurden, im zweiten Teil vorstellen und im Kontext aktueller Debatten diskutieren.

2.

Geschlecht und Mobilität: Zugänge und Forschungsperspektiven

Die sozialwissenschaftliche feministische Kritik am mobility turn und den entsprechenden Metaphern fokussiert u. a. auf die fehlende Berücksichtigung von vor allem geschlechtsspezifischen Machtstrukturen. Einige Autorinnen definieren daher den mobility turn als maskulines und bourgeoises wissenschaftliches Projekt, welches (weiterhin) Femininität mit Immobilität kodiert und Frauen eine mobile Subjektivität abspricht, während Maskulinität mit Bewegung gleichgesetzt wird (Ahmed et al. 2003; Skeggs 2004). Da Metaphern der Mobilität durch verschiedene Disziplinen reisen, Ideen und Konzepte von einem wissenschaftlichen Feld in andere transferiert werden, so zu (feststehenden) analytischen Kategorien werden und eine begriffliche Wende herbeiführen (können), werden, so die Kritik, auch die darin eingebetteten Geschlechterideologien, die insbesondere westliche Gesellschaften strukturieren, transportiert und perpetuiert. Diese Geschlechterideologie impliziert vor allem das Denken in Dualismen, insbesondere die Gleichsetzung von Frauen und Femininität mit Immobilität in der sogenannten privaten Sphäre, das sich in alltägliche, familiäre und routinierte Interaktionen übersetzt. Männer und Maskulinität hingegen werden

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mit Mobilität im öffentlichen Diskurs,1 mit neuen, unbekannten und herausfordernden sozialen Beziehungen verknüpft. Diese binären Zuschreibungen erfahren im mobility turn einerseits eine Kontinuität, andererseits wird Mobilität positiv aufgeladen (Hanson 2010, 9; Lenz 2011; Sheller 2008). Immobilität hingegen wird abgewertet oder als Subjektposition gar nicht gedacht und konzeptualisiert. Daher konnte lange nicht reflektiert werden, dass und wie vergeschlechtlichte und rassialisierte Subjekte durch Immobilität bzw. Immobilisierung konstituiert werden (Subramanian 2008). Ein Beispiel hierfür ist die frühe Migrationsforschung, die den Mythos verbreitete, dass Männer mobil als Arbeitsmigranten wären, Frauen hingegen nicht selbstständig migrierten, sondern erst später im Rahmen des Familiennachzugs mobil würden (Hahn 2000).2 Mobilität bzw. Immobilität werden so zu einem Marker für Handlungsmacht und empowerment bzw. für Entmächtigung. Mobilität wird als selbstbestimmt gedacht und mit agency verknüpft, während umgekehrt erzwungene Mobilität und Immobilität mit Ohnmacht konnotiert werden. An diese Kritik der binären Metaphorisierung schließen diejenigen Ansätze an, die sich explizit und zum Teil sehr viel stärker empirisch mit Fragen auseinandersetzen, wie Mobilität zur Konstruktion von Geschlecht und zur Bedeutung dieser Konstruktionen beiträgt, wie Mobilität und Immobilität Geschlechterideologien, -bedeutungen und -praktiken prägen, produzieren und reproduzieren, aber auch herausfordern, und zwar nicht nur im globalen Norden (Uteng 2011). Gegenstand dieser Forschungen ist, inwieweit über Mobilität, vor allem physische Mobilität bzw. die Möglichkeit zur Mobilität Identitäten und Subjektpositionen transformiert und Geschlechterbeziehungen ausgehandelt werden, aber auch wie physische mit sozialer und kultureller Mobilität korrespondiert. Die Mobilität von Frauen wurde lange Zeit beispielsweise nicht als autonom, selbstständig und als Ausdruck weiblicher Handlungsmacht wahrgenommen, sondern als von Männern abgeleitete Folgemobilität – z. B. in der Heiratsmobilität, aber auch in der Idee des Familiennachzugs, ohne dabei allerdings zu berücksichtigen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen in vielen europäischen Ländern teils nur diese Form der Migration ermöglichten (Kofman 1999).

1 Zur Uneindeutigkeit der Begriffe Privatheit und Öffentlichkeit bzw. zum Vereindeutigungsdiskurs und zur Vergeschlechtlichung siehe Sauer (2001). 2 Das, obwohl Ravenstein bereits 1885 in seinen „laws of migration“ darauf verwies, dass Frauen „greater migrants than men“ sind (196). Nicht nur Castles und Miller (1993, 16) argumentieren, dass Frauen in allen Migrationsbereichen fast immer gleich stark vertreten waren wie Männer. Tatsächlich sind fast die Hälfte der statistisch erfassten Migrant*innen Frauen, wobei man annimmt, dass sie unter den Geflüchteten weltweit in der Mehrheit sind und dieser Anteil sich historisch gesehen nicht signifikant verändert hat (Lutz 2008, 556).

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Gerade die Arbeiten geschlechterkritischer und feministischer Migrationsforscher*innen greifen diese Fragestellungen in ihren Arbeiten auf (z. B. Lutz 2009). Seit den 1990er Jahren thematisieren diese den spezifischen Beitrag und die Erfahrungen von Migrantinnen und kritisieren damit die implizit unreflektierte Verknüpfung und Konstruktion von Mobilität und Migration mit Maskulinität, lange über die Figur eines ausschließlich männlich gedachten Migranten vermittelt. Ferner konnte gezeigt werden, dass Geschlecht räumlich, das heißt auch über Mobilität, konstruiert wird und Mobilitätsunterschiede zum Beispiel zwischen Männern und Frauen das Resultat genau dieser Konstruktionen sind. D. h. Frauen durchleben und erfahren Mobilität anders, migrieren aus unterschiedlichen Gründen, unter verschiedenen Bedingungen, haben unterschiedlichen Zugang zu ökonomischen Ressourcen und sozialen Netzwerken und finden unterschiedliche Hindernisse oder Möglichkeiten der Migration vor (Shape 2001; Piper 2008). Zudem wird weibliche und männliche Mobilität vom sozialen Umfeld unterschiedlich wahrgenommen und entsprechend räumlicher und kulturspezifischer Deutungsmuster bewertet (Dannecker 2005). Gerade in jüngster Zeit wird auch in der feministischen Migrations- und Mobilitätsforschung, vor allem aufgrund von Interventionen nicht-weißer Forscherinnen und Aktivistinnen, das Wechselspiel zwischen Mobilität, Positionalisierung und Positionalitäten ins Zentrum gerückt. Das Ziel dieses Forschungsstrangs ist es, Muster von Ressourcenverteilung zu Gunsten bzw. Ungunsten verschiedener Bevölkerungsgruppen herauszuarbeiten, und zwar nicht mehr ausschließlich aufgrund der sozialen Kategorie Geschlecht, sondern in intersektionaler Perspektive von Ethnizität, Nationalität, Sexualität, Religion und Klasse (Lutz 2009, 11; Lenz 2009; Münst 2008; Manalansan 2006). All diese hier nur sehr verkürzt dargestellten Ansätze eint, dass sie analysieren, wie über Raum und Mobilität bzw. Immobilität Geschlechteridentität, Geschlechterideologien und Geschlechterverhältnisse in Verbindung mit weiteren Differenzstrukturen produziert und reproduziert werden. Dies ist allerdings nur eine Möglichkeit, die Beziehung zwischen Mobilität und Geschlecht zu denken und zu untersuchen, wie im Folgenden ebenfalls kurz dargestellt wird. Im Bereich der sogenannten transportation and planningForschung gibt es eine Vielzahl von Studien und Ansätzen, die sich explizit mit Fragen von Mobilität und davon ausgehend mit unterschiedlichen Mobilitätsmustern von Frauen und Männern, geschlechtsspezifischem Reiseverhalten oder auch mit der unterschiedlichen Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel auseinandersetzen. In dieser Forschung steht im Fokus, wie sich Geschlecht auf Mobilität auswirkt; häufig wird davon ausgegangen, dass Mobilität eingebettet ist in bestehende Geschlechterverhältnisse, d. h. die soziale Kategorie Geschlecht wird nicht problematisiert oder hinterfragt. Ziel dieser Forschungslinie ist es einerseits, durch geschlechtsspezifische Datenerhebungen und -auswertungen die

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Relevanz der Kategorie Geschlecht sichtbar und damit für die Politikplanung relevant zu machen. Andererseits wird ein Perspektivenwechsel vorgenommen und der Blick geschärft für unterschiedliche Lebenslagen, Lebensstile und Strategien zur Alltagsbewältigung von Männern und Frauen. Diese Arbeiten und Ansätze haben zwar, wie Law bereits 1999 hervorgehoben hat, ganz erheblich dazu beigetragen, unser Verständnis von gesellschaftlichen Veränderungsprozessen und Mobilität im Sinne von z. B. Verkehr, neuen Technologien, Reisen und den täglichen Bewegungen im Raum aus einer geschlechtsspezifischen Perspektive zu vertiefen, allerdings – und hier setzt die Kritik an – haben diese mobilitätsbezogenen Arbeiten, die neue Technologien im Bereich des Transports oder die entsprechenden Praktiken untersuchen, diese immer vergleichsweise unreflektiert im Kontext bestehender gesellschaftlicher Strukturen und Geschlechterverhältnisse interpretiert. Wie über Mobilität aber Geschlecht, Geschlechterstereotype und Geschlechterverhältnisse konstruiert und kodiert werden, stand nur selten im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses, vor allem aufgrund der fehlenden Auseinandersetzung mit feministischen Ansätzen und einer unzureichenden systematischen Theoretisierung von Geschlecht (Law 1999).

3.

Gendered Mobilities: Beispiele aus der empirischen Forschung

In diesem Abschnitt diskutieren wir anhand zweier empirischer Forschungsprojekte, die im Rahmen der Forschungsplattform durchgeführt wurden, wie wir die Komplexität von Geschlecht und Mobilität in unserer Forschung umzusetzen suchten. Die beiden Projekte beschäftigen sich mit Geschlechterkonstruktionen in unterschiedlichen Bewegungs- bzw. Mobilitätsmustern: Im ersten Projekt stehen Unternehmerinnen mit einem sogenannten Migrationshintergrund, im zweiten minderjährige Geflüchtete im Zentrum. Diese beiden Mobilitätsmuster haben unterschiedliche Konsequenzen für den Status ‚mobiler Menschen‘ in Österreich und sie betreffende Geschlechterkonstruktionen. Das primäre Erkenntnisinteresse des ersten Projekts fokussiert Fragen, wie sogenannte migrantische Unternehmerinnen in Wien Mobilität definieren und welche Bedeutung Mobilität für die sozialen Realitäten der Akteurinnen hat. Inwieweit Mobilität als Differenzmarker erfahren, rationalisiert, ausgehandelt und gegebenenfalls benutzt wird, um sich gesellschaftlich, sozial und ökonomisch zu positionieren und/oder gruppenspezifische und geschlechtsspezifische Annahmen herauszufordern, sind ebenfalls wichtige Dimensionen, die im

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Rahmen dieses Forschungsprojekts untersucht und analysiert wurden.3 Ein wichtiges Ziel dieses Projekts war es ferner, Faktoren, Strategien, Rationalitäten und das Wechselspiel unterschiedlicher sozialer Kategorien, die den Weg von Migrantinnen in die Selbständigkeit fördern bzw. behindern, zu erforschen. Das zweite Projekt analysierte unbegleitete minderjährige Geflüchtete in Österreich.4 Das Ziel des Projekts war es, die Motive für die Flucht, die Erfahrungen der Jugendlichen auf der Flucht und vor allem ihre Erfahrungen in Österreich herauszuarbeiten. Insbesondere letzteres sollte das ‚Zweiklassensystem‘ der österreichischen Jugendfürsorge sichtbar machen, obwohl Österreich mit der Ratifizierung der Konvention zum Schutze von Kindern zur Gleichbehandlung verpflichtet ist. Eine Dimension des Projekts war es, die unterschiedlichen Erfahrungen auf der Flucht, mit dem Asylprozess und im Alltag in Österreich aus einer Geschlechterperspektive zu evaluieren: Welche Bedeutung hat Geschlecht für die Motivation und den Entschluss von Jugendlichen, sich ohne die Begleitung und den Schutz von Erwachsenen auf die Flucht zu begeben? Wie wird – vor allem – Männlichkeit im Fluchtprozess verhandelt? Wie identifizieren sich Jugendliche als junge Männer oder Frauen im Asylprozess in Österreich? Welche Konflikte um Geschlecht und Mobilität entstehen im Alltag in Österreich?

3.1.

‚Migrantische‘ Unternehmerinnen in Wien

Wie Mobilität ökonomische Aktivitäten, soziale Interaktionen und Subjektivierungen von ‚migrantischen‘ Unternehmerinnen in Wien beeinflusst und wie verschiedene Konzepte von Mobilität von den durch die Öffentlichkeit, die Medien und die Politik konstruierten ‚mobilen anderen‘ in ihren täglichen Interaktionen und ökonomischen Praktiken erfahren, rationalisiert und verhandelt werden, steht im Mittelpunkt dieses Forschungsprojekts. Auf der Grundlage von

3 Das Projekt „Sicherheitsstrategien und Sicherheitswahrnehmung migrantischer Unternehmerinnen in Wien“ wurde vom OeNB Jubiläumsfonds finanziert und lief bis zum 31. 12. 2018. Alexandra Heis und Alev Çakır, die sowohl inhaltliche als auch wichtige empirische Inputs und Beiträge geleistet haben, möchte ich für die Mitarbeit im Projekt danken. Insbesondere die kontinuierlichen Debatten und Diskussionen über unsere Rolle als Forschende, aber auch Diskussionen über die Verwendung und damit Reproduktion von Kategorien wie z. B. ‚migrantisch‘ haben dazu beigetragen, dass wir unseren methodologischen Ansatz permanent reflektiert und weiterentwickelt haben (PD). 4 Das Projekt „In whose best interest? Exploring unaccompanied minors’ rights through the lens of migration and asylum processes“ wurde vom 1. 7. 2014 bis 31. 12. 2015 von der EU-Kommission finanziert. Ich danke Ayse Dursun für die empirische Arbeit im Projekt (BS).

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qualitativen Interviews mit ‚migrantischen‘ Unternehmerinnen in Wien5 und deren Analyse wird im Folgenden vor allem diskutiert, wie und welche Rolle Mobilität in ihrer Lebenswelt spielt, in welcher Weise Mobilität Subjektpositionen und geschlechtsspezifische Identitätskonstruktionen prägt und zur Aushandlung von Geschlechterverhältnissen auf unterschiedlichen Ebenen führt. Ziel ist es dabei nicht, Mobilität zu ‚romantisieren‘ – eine Kritik, die immer wieder artikuliert wird (Friedman 2002) –, sondern herauszuarbeiten, wie Mobilität erfahren und von den Akteurinnen rationalisiert und eingebettet wird. Angemerkt werden muss, dass sowohl im wissenschaftlichen Diskurs als auch in politischen Debatten Migrantinnen als Unternehmerinnen nahezu unsichtbar sind. Das Konzept bzw. der Begriff des Unternehmers ist maskulin besetzt (Verduijn und Essers 2013), und dies spiegelt sich auch in den wissenschaftlichen Arbeiten und politischen Debatten zu ‚migrantischen‘ bzw. ‚ethnischen‘ Unternehmern wider, die nahezu ohne die Berücksichtigung der Kategorie Geschlecht auskommen (Halkias und Caracatsanis 2011, 4). Dies lässt sich auf die Verknüpfung von Mobilität mit Maskulinität und Öffentlichkeit sowie Immobilität und Privatheit mit Femininität zurückführen, die zur ‚Unsichtbarkeit‘ von Unternehmerinnen im Allgemeinen und ‚migrantischen‘ Unternehmerinnen im Speziellen beigetragen hat – sowohl in der Wissenschaft als auch im politischen Diskurs. Allerdings kann in den letzten Jahren von einer ‚neuen‘ wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit migrantischen Unternehmerinnen gesprochen werden, die vor allem die interferierenden Kategorien Geschlecht und ‚Ethnizität‘ in den Vordergrund stellen und argumentieren, dass gerade diese Verknüpfung sich negativ und diskriminierend auf mögliche unternehmerische Tätigkeiten von ‚Migrantinnen‘ auswirkt. Immobilität qua Geschlecht, Religion oder ‚Ethnizität‘ sowie die entsprechenden gesellschaftlichen Zuschreibungen führen dazu, dass Migrantinnen erschwerten Zugang zu Ressourcen haben, weniger vernetzt sind und daher auch über weniger soziales und ökonomisches Kapital verfügen, was soziale und mögliche physische Mobilität entsprechend negativ beeinflusst (Azmat 2013; Pio 2007; Erel 2010). Auf der anderen Seite zeigen die Konzeptualisierungen von ‚migrantischen‘ Unternehmerinnen als Akteurinnen, die, darauf sei an dieser Stelle verwiesen, in Österreich 41 % der migrantischen Unternehmer*innen ausmachen (Alteneder und Wagner-Pinter 2013; Stadt Wien 2012), dass diese durchaus in den sozialen, politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Strukturen navigieren, d. h. mobil sind, auch wenn die legalen, institutionellen und politischen Rahmenbedingungen in den meisten Ländern, 5 Das empirische Material stützt sich auf 15 narrative, z. T. biographische Interviews mit ‚migrantischen‘ Unternehmerinnen, die vor allem Alev Çakır 2016 in unterschiedlichen Bezirken in Wien geführt hat. Aufgrund der schlechten Datenlage in Bezug auf ‚migrantische‘ Unternehmerinnen in Wien wurde diese Form des Samplings gewählt. Die Interviewpartnerinnen waren in unterschiedlichen Sektoren, vor allem im Dienstleistungssektor und Handel tätig.

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so auch in Österreich, dies nicht begünstigen (Volery 2007; Verduijn und Essers 2013). In den Interviews mit ‚migrantischen‘ Unternehmerinnen wurde Mobilität in unterschiedlichen Zusammenhängen genannt und mit unterschiedlichen Sinngehalten assoziiert. D. h. nicht, dass die Interviewpartnerinnen sich permanent darauf bezogen haben; jedoch wurde deutlich, dass Mobilität ebenso wie Geschlecht eine strukturierende Dimension ihres sozialen, kulturellen und ökonomischen Alltags ist, ein wichtiges Differenzierungsmerkmal bzw. eine „otherness producing machine“ (Salazar und Smart 2011, v). So wurde Mobilität, speziell physische Mobilität, von den meisten Unternehmerinnen als Voraussetzung für Risikobereitschaft, Innovation und Flexibilität angeführt. Entweder wurde die eigene Migrationsgeschichte oder jene der Eltern und damit einhergehend die räumliche Markierung als ‚andere‘ durch die ‚Mehrheitsgesellschaft‘ sowie die schwierige soziale und räumliche Positionierung, die damit einhergeht, umgedeutet und als soziales Kapital definiert, wie das folgende Interview mit der Besitzerin eines chinesischen Massagestudios zeigt: „Ich bin darauf stolz, dass mein Geschäft schon seit 5 Jahren läuft, obwohl viele, die neu Geschäfte gründen nach ihrem ersten Jahr wieder schließen müssen. Es ist die Idee und die Kraft, die du hast, weil ich und meine Familie hier in Österreich kämpfen müssen“. Mobilität wird aber auch herangezogen, um sich von den ‚anderen‘, in diesem Fall den immobilen ‚anderen‘ der sogenannten Mehrheitsgesellschaft abzugrenzen und wird so zum Referenzrahmen für Selbstidentifikationen und Identitätskonstruktionen. Dabei wird, wie in neoliberalen Managementkonzepten, Mobilität positiv im Sinne von Beweglichkeit, Flexibilität oder der Bereitschaft besetzt, sich in neuen Kontexten zurechtzufinden und Sesshaftigkeit sowie damit verbundene Sicherheitsvorstellungen (Boltanski und Chiapello 2005, 89) der ‚immobilen anderen‘ gegenübergestellt: Ich glaube, alle neuen Unternehmer und Unternehmerinnen sind Migranten oder Migrantinnen, die meisten Österreicher und Österreicherinnen sind zu ängstlich und zu wenig risikobereit, ein Geschäft aufzumachen. (Maria, Schneiderin) Sie (die Österreicher) sind so sesshaft, so abhängig vom Sozialsystem, dass sie kein Geschäft aufmachen. (Lilian, Besitzerin eines Imbisses)

Positiv besetzte Mobilität stellt nicht nur eine wichtige Dimension der Identitätskonstruktion dar, sondern dient auch dazu, sich ökonomisch und sozial zu positionieren – allerdings nur gegenüber den ‚immobilen anderen‘. Im familiären Umfeld, das zeigt die Analyse der Interviews sehr deutlich, werden die unternehmerischen Tätigkeiten der interviewten Frauen und die Konstruktion von Mobilität als Möglichkeit, sich in männlich kodierten ökonomischen und sozialen Räumen zu bewegen, als Überschreiten geschlechtsspezifischer Grenzen gewertet. Fast keine der befragten Frauen wurde von ihren Ehemännern oder

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dem familiären Umfeld unterstützt oder konnte auf sogenannte ethnische Netzwerke zurückgreifen – im Gegenteil. Einige Frauen berichteten von zunehmenden Konflikten, vor allem von den Ängsten gerade der Ehemänner, dass sie ihren ‚Pflichten zu Hause‘ nicht mehr nachkommen können. Studien über Unternehmerinnen kommen zu ähnlichen Ergebnissen (Malach, Lerner und Schwartz 2010; Hancock, Pérez-Quintana und Hormiga 2014), was zeigt, dass nicht Ethnizität oder Religion, sondern Mobilität, d. h. das sich Bewegen in Räumen, die unterschiedlich geschlechtsspezifisch kodiert sind bzw. das Überschreiten von Grenzen zur ‚Bewegung‘ und Aushandlung von Geschlechterverhältnissen und Geschlechterordnungen führt. Um ihr ‚abweichendes‘ Verhalten zu legitimieren, berichteten fast alle Frauen, dass sie ganz besonders darauf achten, ihre familiären Tätigkeiten zu erfüllen. Gleichzeitig wird aber auch die Mobilität der ‚immobilen anderen‘ Frauen gerade im urbanen Raum zur Legitimation und Selbstpositionierung herangezogen. Wir sind in Österreich. Frauen bewegen sich in der Stadt und können auch ein Geschäft aufmachen, das sage ich auch meinem Mann. Wenn wir allerdings in der Türkei sind, dann erzähle ich nicht, dass ich ein Geschäft habe. (Nasma, Imbiss)

Hier wird der ‚westliche‘ Diskurs über die physische Mobilität von Frauen im öffentlichen Raum als Referenzrahmen appliziert, um die eigene physische Mobilität zu autorisieren. Dass physische Mobilität nicht automatisch zu wirtschaftlicher Unabhängigkeit oder sozialer Mobilität führt, zeigen nicht nur die Ergebnisse dieses Projekts, sondern auch ähnliche Studien zu migrantischen Unternehmerinnen (Anthias und Metha 2003; Verduijn und Essers 2013). Zweifelsfrei ist das Ziel wirtschaftlichen Erfolgs ein wichtiger Beweggrund für eine Unternehmensgründung, allerdings ebenso die Hoffnung auf größere Unabhängigkeit, Kontrolle und auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mobilität wird zwar von den Unternehmerinnen als wichtige Voraussetzung und Qualifikation für wirtschaftlichen Erfolg und Unabhängigkeit interpretiert und Motilität, also die Möglichkeit der Mobilität, stellt ein wichtiges Element dar, um eine bessere Zukunft zu imaginieren; allerdings können auch Entmächtigungen beobachtet werden, zum Beispiel in Bezug auf geschlechtsspezifische Machtstrukturen innerhalb der Familien. Auch die Konstruktion und das Ansprechen der Unternehmerinnen als ‚mobile‘, aber ‚unterdrückte andere‘ durch Kundinnen und Kunden wurde als Entmächtigung wahrgenommen, vor allem, da im Rahmen dieser Interaktionen spezifische Geschlechterideologien und Stigmatisierungen über z. B. die sogenannten muslimischen, asiatischen oder ausgebeuteten ‚anderen‘ Frauen produziert und reproduziert werden – Zuschreibungen, die nicht mit der Selbstwahrnehmung der Unternehmerinnen korrespondieren.

96 3.2.

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Verhandlungen von Geschlecht. Unbegleitete minderjährige Geflüchtete in Österreich

Die Mehrzahl der unbegleiteten geflüchteten Minderjährigen, die in Österreich ankommen, ist männlich. Auch unser Interviewsample spiegelt diese ungleiche Geschlechterverteilung. Unter den 12 Interviewten war nur ein Mädchen, und dieses Mädchen hatte eine Fluchtgeschichte, die sich von jenen der interviewten männlichen Minderjährigen deutlich unterschied.6 Für Mädchen scheint die Flucht ohne eine erwachsene Begleitperson als zu gefährlich, weshalb sie sich seltener alleine auf die Fluchtreise machen; sie werden aber auch von ihren Eltern oder Verwandten seltener alleine losgeschickt oder gehen gelassen. In internationalen Verträgen wie auch in den nationalen österreichischen Regulierungen werden geflüchtete Minderjährige nicht primär als vergeschlechtlichte Personen wahrgenommen, sondern vielmehr durch ihr Alter definiert: Bis zum Alter von 18 Jahren stehen sie unter besonderem Schutz und besitzen gegenüber erwachsenen Geflüchteten und Asylsuchenden Privilegien, u. a. jenes, ihre Familien nach Österreich nachholen zu können.7 Dennoch ist Geschlecht im Fluchtprozess von Jugendlichen ein wichtiger Faktor für Mobilität bzw. für Immobilisierung. In unseren Interviews und Gesprächen wurde deutlich, dass auf der Fluchtreise wie auch bei der Ankunft und im Alltag in Österreich die Geschlechterpositionen immer wieder ausgehandelt werden müssen. So ist geschlechtsbasierte Gewalt insbesondere gegen Frauen und Mädchen ein Fluchtmotiv, das auch in Österreich als Asylgrund anerkannt wird. Die 17-jährige Aasya8 aus Somalia wurde von ihren Eltern auf die Flucht6 Wir führten zwischen November 2014 und April 2015 Tiefeninterviews mit zwei Leiter*innen und zwei Betreuer*innen in Grundversorgungseinrichtungen für unbegleitete minderjährige Asylwerber*innen, einem Rechtsberater für Asylsuchende, einem Rechtsbeistand für unbegleitete Minderjährige im Asylverfahren, einem Beamten des Innenministeriums, zwei Beamten der Kinder- und Jugendhilfe in zwei Bundesländern, einer Beamtin der Kinderanwaltschaft in einem der Länder, einer Politikerin auf nationaler Ebene, dem Leiter einer NonProfit-Organisation, die unter anderem zu Asylfragen arbeitet, drei Asylrechtsaktivist*innen aus NGOs, einem Experten im österreichischen Büro des UNHCR und einem freiwilligen Paten eines unbegleiteten Minderjährigen durch. Zudem interviewten wir zehn unbegleitete sowie zwei ehemals unbegleitete Minderjährige in Wien und Niederösterreich. Sechs minderjährige Geflüchtete kamen aus Afghanistan, zwei aus Syrien und je einer aus dem Iran, Pakistan, der Tschetschenischen Republik und Somalia. Sie waren im Alter von 14 bis 22 Jahren. Zur Zeit des Interviews lebten alle in Betreuungseinrichtungen für unbegleitete minderjährige Geflüchtete. 7 Allerdings wurden diese Regelungen in Österreich in der Folge des ‚Fluchtsommers‘ 2015 verschärft: „UMF, die subsidiären Schutz zugesprochen bekommen haben, müssen nach in Kraft treten des Asylrechtspakets 2016 drei Jahre ab der Zuerkennung warten, um einen Antrag auf Familienzusammenführung stellen zu dürfen“ (Asylkoordination Österreich 2017, o. S.). 8 Diese Namen sind aus Gründen der Anonymität nicht die wirklichen Namen der Jugendlichen, sondern jene, die sie sich selbst in der Interviewsituation gegeben haben.

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reise geschickt, um sie, wie sie uns erzählte, vor Genitalverstümmelung und Zwangsverheiratung durch die Verwandtschaft zu schützen. Sie nahm einen anderen Fluchtweg als die interviewten jugendlichen Männer – vermutlich auch, weil sie eher davon ausgehen konnte, dass dieser geschlechtsspezifische Fluchtgrund in Österreich ihren Anspruch auf Asyl erleichtern könnte: Die weibliche Minderjährige kam mit dem Flugzeug in Wien an. Zudem war es für das Mädchen wichtig, sich als Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt zu präsentieren, ihre agency im Fluchtprozess dadurch also tendenziell zu negieren. Dies zeigt die Geschlechtsspezifik von Mobilitätserfahrungen wie auch von Mobilitätsdeutungen. Auch die interviewten männlichen Jugendlichen berichteten von durchaus geschlechtsspezifischen Gründen zur Flucht: Als junge Männer waren sie in ihren Heimatländern Gewalt durch andere Männer ausgesetzt. Beispielsweise waren sie Ziel von politisch-religiös motivierter, von kriegerischer Gewalt oder von krimineller Straßengewalt, so beispielsweise Hamed (17), Khalid (16) und Karim (14), die den Kriegen in Syrien und Afghanistan entflohen. Neben einer generellen Lebensbedrohung durch Kriege sind männliche Jugendliche zudem von militärischer Zwangsrekrutierung besonders bedroht, was Adam (16) zur Flucht aus Syrien veranlasste. Asif (16) erzählte, dass er sich aufgrund von (Raub-) Überfällen in seinem Herkunftsland zunehmend unsicher fühlte: Er war in Pakistan zweimal auf der Straße überfallen worden. Die männlichen unbegleiteten Minderjährigen hatten schließlich weit beschwerlichere Fluchtrouten als das von uns befragte Mädchen hinter sich. Sie kamen über Land und Meer. Ihre Fluchtrouten führten durch mehrere Länder wie den Iran, die Türkei, Bulgarien, Griechenland und Ungarn und die Reise dauerte einige Monate. Da es weder sichere Fluchtwege noch verlässliche Prozeduren der Flucht gibt, waren die Jugendlichen gefährlichen Situationen und ausbeuterischen Verhältnissen ausgesetzt. Diese geschlechtsspezifischen Differenzen bei den Motiven zur Flucht sowie den Fluchtwegen stellen für die männlichen Jugendlichen, die über den Landund Seeweg aufgebrochen sind, eine besondere Herausforderung ihrer Männlichkeit dar. Zum einen wird deutlich, dass das Wissen, aufgrund ihrer Geschlechterposition eher reisen zu können, es für sie nötig macht, immer wieder über ihr Geschlecht, ihre Männlichkeit – in der Regel freilich implizit – zu reflektieren und diese Männlichkeit, die sie in ihrer Wahrnehmung stark genug für den Aufbruch in eine andere Welt machte, auch immer wieder herzustellen. Zum anderen aber war ihre Männlichkeit auf der Fluchtreise immer wieder durch andere Männer herausgefordert – nicht zuletzt durch erneute maskulinistische Gewaltübergriffe. Ohne genauer darüber reden zu wollen, erwähnt ein junger Erwachsener (Ehsan, 23), dass manchen Geflüchteten „schreckliche Sachen“ auf dem Weg nach Europa passieren, wie beispielsweise sexuelle Übergriffe und

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andere Formen von Gewalt. Zwei von uns interviewte Brüder aus Afghanistan, Karim (14) und Khalid (16), wurden einen Monat lang von ungarischen Behörden in einem gefängnisähnlichen Ort festgehalten. Die beiden Brüder waren in einem Raum untergebracht, der keinen Blick auf den Himmel zuließ, und sie durften nur eine Stunde pro Tag an die frische Luft gehen. Männliche jugendliche Geflüchtete sind im Zwiespalt, einerseits eine stark männliche Identität entwickeln zu müssen; dies und die Erlebnisse auf der Flucht macht sie daher nicht nur zu Opfern von Gewalt, sondern unter Umständen selbst zu Tätern. Dies deuteten unsere Interviewpartner allerdings nur an, denn dies offen zu thematisieren, kann im österreichischen Asylprozess zu einem Problem werden, da Täterschaft von Geflüchteten hier eine (maskulinistische) Zuschreibung ist, die die Chancen auf Asyl minimieren kann. Diese ‚starke Männlichkeit‘ schafft für die jungen Männer im Asylprozess eine ambivalente Position, denn auch sie müssen als ‚schwach‘, als Opfer erscheinen, damit z. B. ihr Alter nicht angezweifelt und ihr Asylgrund anerkannt wird. Doch die jugendlichen minderjährigen Männer waren andererseits auch herausgefordert als weiblich konstruierte Rollen zu übernehmen, um auf der Fluchtreise zu überleben. Rasheed aus dem Iran verlor seine Familie an der türkisch-iranischen Grenze und musste die Reise alleine fortsetzen. Um Geld für die Weiterreise nach Europa zu verdienen, musste er in Griechenland einen Zwischenstopp machen. Weil er sich keine eigene Unterkunft leisten konnte, wohnte er bei einer ebenfalls migrierten Familie, und als Gegenleistung musste er für die Familie Hausarbeit leisten. Außerdem ließ die Herausforderung der Flucht die jungen Männer in Österreich als weiblich konnotierte Beziehungsarbeit übernehmen. Wir konnten bei einem unserer Besuche in einer Betreuungseinrichtung in Wien beobachten, wie die geflüchteten Jugendlichen gemeinsam mit Freunden kochten. Als das Mahl zubereitet war, wurden andere zu Tisch gerufen, so dass eine familienähnliche Situation entstand. Essen wird in diesem Kontext zu einer bedeutsamen kulturellen Praxis, die Erinnerung ermöglichte (manche Speisen waren Bekanntes und Vertrautes aus der Heimat) und Gemeinsamkeit zwischen den Jugendlichen stiftete. Das gemeinsame Kochen und Teilen wird zu einer Praxis der Solidarität und der gegenseitigen Fürsorge. In unseren Interviews artikulierten die männlichen Minderjährigen ein großes Bedürfnis nach Geborgenheit, nach Familie und einer Entlastung von Selbstverantwortung und männlicher Stärke. Viele unbegleitete Minderjährige haben Sehnsucht nach ihren Familien und früheren Freund*innen, also nach „connectivity“ und Verbundenheit (Papadopoulos und Tsianos 2013, 191). Auf die Frage, was sein größter Wunsch sei, antwortete z. B. Tahir (17): „Mein größter Wunsch ist, neben meiner Familie, meine Ausbildung fertig zu machen und ein ruhiges Leben, das ist mein Wunsch.“ Auch Rasheed (17) würde gerne mit seiner

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Familie zusammenleben: „Mein größter Traum und Wunsch, dass ich gemeinsam mit meiner Familie hier leben darf und eine österreichische Staatsbürgerschaft kriege.“ Familienähnliche Beziehungen bauen manche Minderjährige zu ihren freiwilligen Pat*innen auf. Rasheed (17) erzählt: „Ja, das ist eine Familie. Sie war meine Englischlehrerin, und ich habe sie in der Schule kennengelernt. […] Ja, sie hat mich dann einfach gefragt: ‚Willst du, dass ich deine Patin bin?‘ […] Und sie hat mir erklärt, was das ist […] Und die können mich auch unterstützen und die haben das bis jetzt echt gemacht.“ Bezogenheit und Beziehungen, Fürsorge und Unterstützung, care und commons, wie Papadopoulos und Tsianos (2013, 191– 192) dies nennen, sind für die geflüchteten Jugendlichen als „affektives Reservoir“ (ebd., 190) nicht nur ungemein wichtig, um ihr Leben in Österreich zu gestalten, es sind auch Bedingungen, die sie selbst immer wieder aktiv herzustellen suchen, selbst wenn dies nicht immer gelingt. Durch dieses affektive Reservoir wird Geschlecht konstruiert und verhandelt – ebenso wie Mobilität und Immobilität. Mobilität und Immobilität erweisen sich somit als vergeschlechtlichte und vergeschlechtlichende Prozesse.

4.

Fazit

Unsere empirischen Beispiele zeigen, dass Mobilität vergeschlechtlicht ist und daher sowohl zu Ermächtigungen und sozialer Mobilität bzw. sozialem Aufstieg führen kann als auch zu Entmächtigung (Hanson 2010). Vor allem zeigen die Projekte, dass Mobilität kein kontinuierlicher Prozess ist, sondern immer wieder durchsetzt ist von Phasen der Immobilität ebenso wie vom Wunsch danach. Dies führt dazu, dass die Aushandlung von Geschlecht, das doing gender, an jeweilige Mobilitätskontexte angepasst werden muss und von den Menschen auch wird: Am Beispiel des geflüchteten minderjährigen Mädchens wird deutlich, dass sie leichter Aufnahme in Österreich findet, wenn sie sich als weibliches Opfer präsentiert. Ihr empowerment als Frau durch die Flucht kann sie nur dosiert verhandeln. Jugendliche männliche Geflüchtete müssen auf der Fluchtreise ebenso flexibel ihr Geschlecht verhandeln. Ihr ‚Mannsein‘ impliziert die Chance auf Mobilität, ist aber von Zeit zu Zeit immer wieder gepaart mit dem Wunsch nach Immobilität, nach Ankommen und Bleiben. Am Beispiel der ‚migrantischen‘ Unternehmerinnen konnte gezeigt werden, dass sie die ihnen zugeschriebene Mobilität aktiv nutzen, um sich gesellschaftlich, sozial und ökonomisch zu positionieren. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass dies nicht automatisch mit sozialer Mobilität oder Selbstermächtigungsprozessen einhergeht. Dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Mobilität und Geschlecht – dass Mobilität vergeschlechtlicht ist – zeigen sowohl die im ersten Teil kurz disku-

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tierten wissenschaftlichen Ansätze als auch die hier ausgeführten Forschungsprojekte. Daher sollten auch die wissenschaftlichen Debatten und politischen Diskurse diesen Zusammenhang vor allem themen-, aber auch kontextspezifisch konzeptualisieren, eine Forderung, die Urry und Sheller bereits 2006 formulierten. Der Mainstream der Mobilitätsforschung, aber auch die wissenschaftlichen Arbeiten zu Mobilität in den unterschiedlichen Disziplinen sind dieser Forderung nur vereinzelt nachgekommen. Die Kodierung von Femininität mit vor allem räumlicher, aber auch sozialer und kultureller Immobilität und von Maskulinität mit Bewegung dominiert immer noch einen Großteil der sozialwissenschaftlichen Arbeiten im Kontext des mobility turns. So zeigt sich im Zuge der Kritik des mobility turns, dass sich Lebenswirklichkeiten im Kontext von Globalisierung durch Mobilität auszeichnen. In Bezug auf Geschlechterideologien und Geschlechterverhältnisse gibt es aber noch viel Raum für Rekonzeptualisierungen und das Hinterfragen der sozialen Kategorie Geschlecht. Ein Perspektivenwechsel ist auch hier, wie gezeigt, dringend notwendig.

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Ethnicised Social Mobility as Self-Governing among Franco-Comorian Politicians in Marseille and türkiyeli Entrepreneurs in Vienna

1.

Introduction

This article analyses türkiyeli (‘coming from Turkey’) entrepreneurs (of small and medium-sized businesses) in Vienna and Franco-Comorian local politicians in Marseille as ethnicised brokers. Within postcolonial contexts, the figure of the broker has a longstanding legacy. Brokers have played an important role in European colonial expansion and the establishment and maintenance of colonial rule, functioning as translators, mediators and interlocutors both for the colonisers as well as for the colonised (de Jong 2016; Hinderaker 2002; Lindquist 2015, 6–7). In the context of migration, transnationalism and diasporisation in the twenty-first century, predominantly ‘high-skilled’ migrant and/or diasporic agents have been ascribed the role of brokers within state bureaucracies, NGOs, agencies and businesses, acting as ‘mediators’ or ‘interlocutors’ between the dominant community—the ‘majority society’—and the ‘communities’ to which they are ascribed (de Jong 2016). We argue that ethnicity plays an important role for the figure of the broker in post-migration contexts, as s_he becomes a representative of ‘cultures,’ ‘societies’ and ‘communities.’ Consequently, we use the term ‘ethnicised broker’ in order to capture the ethnicisation processes that shape the roles of brokers in postcolonial and post-guest worker contexts. Our analysis is situated against the background of current discourses on ‘migrant entrepreneurship’ in the European Union (EU). On the one hand, we will explore discussions in Austria circulating around ‘integration’ and ‘economic contribution.’ On the other, we will explore discourses on the political representation of ‘ethnic communities’ in France, a phenomenon usually referred to as communautarisme and framed as an antithesis to ‘French Republicanism’ in public discourse. What is at stake are articulations of ethnicity in Austria, shaped by post-guest worker relations, and in France, shaped by postcolonial relations. We hence bring two different contexts into dialogue, both of which reveal similar mechanisms of ethnicisation processes. While a postcolonial context should not be equated with a post-guest worker context, we regard

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Austria as part of the European colonial project (cf. Hughes and Krobb 2012) by applying a postcolonial perspective in this article. That being said, we are interested in how a post-guest worker context is characterised by mechanisms of racist Othering of population groups marked as not ‘belonging’ to the dominant society in similar ways as in postcolonial societies. With respect to these two contexts, a brief elaboration of the use of ethnicised terms is in order. Franco-Comorian individuals and communities commonly deploy the term ‘Franco-Comorian’ as a self-ascription. The joining of the term ‘Franco-’ with terms relating to a former colonised region can also be observed with other postcolonial positionalities such as ‘Franco-Maghrebian.’ Given the postcolonial and diasporic relations that the term ‘Franco-Comorian’ implies, we consider its usage as an analytical category admissible for the purpose of referring to different positionalities along the social categories of gender, class and generation within Franco-Comorian diasporic communities. Moreover, we use the French term communauté (‘community’) and communauté comorienne (‘Comorian community’) when talking about the discursive position of an ethnicised community or Franco-Comorian communities. In the Austrian context, we use the term türkiyeli because there is no term in German that expresses the positionality of those individuals with migration trajectories from Turkey who nonetheless might be ascribed to different ethnicised groups and/or generations. All terms in German or English fix these people within one ethnicised category assuming a common ethnicised ‘origin.’ The term türkiyeli contests the automatic link between ethnicity and space inscribed into terms such as ‘Turkish’ or ‘with Turkish migration background.’ In our analysis, we argue that brokers in the context of migration reflect the intersection of ethnicisation and social mobility, the latter being understood as upward mobility in the social strata. We will discuss this relation along two dimensions. Firstly, we will show how discourses of ‘integration’ work through ethnicisation processes in which politicians and entrepreneurs interviewed become the representatives of and role models to ‘their’ communities (cf. Englert on artists as role models in this volume). Secondly, we will examine how skills and experiences are presented in ethnicised terms, which we refer to as ethnicised knowledge. Consequently, we argue that the politicians and entrepreneurs use ethnicity as a political as well as an economic resource. In doing so, they become mobile between the political, economic and social spheres as well as between different societal groups (dominant society and ethnicised communities) and generations. With our analysis, we aim to contribute to a broader consideration of ethnicised social mobility as a form of self-governing in postcolonial and postguest worker contexts.

Ethnicised Social Mobility as Self-Governing

2.

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Ethnicisation in Postcolonial and Post-Guest Worker Contexts

Since colonial times, Marseille has been a central destination of migration from the Comoros. The archipelago of the Comoros is located in the Western Indian Ocean, between northeastern Mozambique and northwestern Madagascar. The Comoros comprise four islands: Mwali/Mohéli, Ngazidja/Grand Comore, Nzwani/Anjouan and Maore/Mayotte. Subjugated under French colonial rule in the middle of the nineteenth century, three islands unilaterally declared independence on July 6th, 1975, while Maore remained ‘French’ per referendum and is today a French ‘Overseas Department.’ Whilst migration during colonial times was restricted mainly to young men—either recruited for the French Merchant Navy1 or the army during the two world wars—migration among all genders and generations intensified in the postcolonial period, mainly facilitated through family reunification policies (Direche-Slimani and Le Houérou 2002, 40–43; Zakaria 2000, 77–85). Currently, Franco-Comorian populations count among the largest postcolonial populations in Marseille and among the most marginalised groups (Gulian 2004, 121). With respect to politics in Marseille, Peraldi and Samson (2005, 263) have coined the term “electoral communities” (communautés éléctorales) in order to describe the common practice of mobilising population groups along ethnicised categories. Whilst voting lists in the postwar period have regularly shown candidates ascribed to the ‘Jewish,’ the ‘Armenian’ and the ‘Corsican community,’ candidates ascribed to postcolonial groups—predominantly Franco-Maghrebian or Franco-Comorian—have increasingly figured on lists since the beginning of the 2000s (Peraldi and Samson 2006, 266, 269–270). Despite this common practice of instrumentalising ethnicised belonging for political purposes, the place of ethnicity within French Republicanism remains a contested topic. References to ethnicised belonging in politics are commonly discredited as communautarisme, inadequately translatable as ‘communitarianism,’ displaying ‘ethnic communities’ as the ‘Other’ of French Republicanism (Diouf 2012, 53). As Bancel, Blanchard and Vergès (2003) argue, the emergence of French Republican thought and practice in the eighteenth century cannot be decoupled from the colonial ‘civilising mission’ in the nineteenth century: colonies and colonised subjects were marked as the racialised and ethnicised ‘Other’ of the ‘Republic,’ associated with ‘backwardness’ and ‘lack of civilisation’ and ‘in need’ of ‘civilising.’ Whilst current postcolonial debates on the place of ethnicity within French Republicanism should not be interpreted as a mere continuity of colonialism, French Republicanism and ethnicisation will be analysed as entangled 1 In 1864, the French Merchant Navy established a shipping line in the Indian Ocean linking La Réunion, Madagascar, the Comoros, Zanzibar and Marseille via the Red Sea (Vivier 1996, 10).

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phenomena. There is a close relation between mobility dispositifs (cf. Manderscheid 2014, see also Ganser in this volume) and nationhood as the emergence of nation states in Western Europe in the nineteenth century depended on colonial expansion and subjugation. As shown in the following, the reconstruction of nation states and the development of a welfare state depended on guest-worker regimes. In Austria, discourses on ethnicity regarding türkiyeli people are situated within a post-guest worker context. Türkiyeli people with different religious and ethnicised backgrounds—besides Turks, also Kurds, Armenians and Alevis— migrated to Austria as so-called ‘guest workers’ (GastarbeiterInnen) in the wake of the Austrian-Turkish labour recruitment agreement after 1964. In 1973, the recruitment policy ended and restrictive immigration laws were passed, such as the Aliens Employment Act of 1975, which introduced quotas regarding work permits. The Residence Act of 1992 further restricted residency permits with quotas, while also denying access to the job market. From the 1970s onwards, the main policy framework was the one of ‘family reunification.’ Since the 1980s, labour migrants and political refugees have moved to Austria. Starting in the early 1990s, more restrictive immigration laws have been introduced with the objective of reducing migration levels (Kraler and Sohler 2005). In contrast to ‘guest-workers,’ who were regarded as temporary manpower and expected to return to their ‘homes’ after the end of their employment contracts, today, ‘new’ migrants are excluded from citizenship and ‘denizenship’ (Kraler and Sohler 2005, 4).2 Currently, besides mandatory ‘integration’ courses, the main policy is to limit labour migration to highly skilled migrants in order to compensate for the shortcomings of the Austrian economy. In the 1970s and ’80s, the image of migrants from Turkey as ‘guest workers’ started to shift. Initially seen as a solution for reducing the social costs of the Austrian economy as cheap and necessary labour and thereby maximising economic profits, they came to be seen as a cause of social, political and economic problems (cf. Ülker 2016). Then in the 1990s, a new image of migrants from Turkey as ‘ethnic entrepreneurs’ started to emerge, and in the 2000s, ‘ethnic entrepreneurs’ became a topic in discussions and policies on entrepreneurship. In the last two decades, ‘migrant entrepreneurship’ has been increasingly emphasised in the political agenda of the EU, the Organisation of Economic Cooperation and Development (OECD), and in debates in Austria. Migrants or people with migration trajectories have been framed as having a greater ‘entrepreneurial spirit’ (OECD 2010). In the context of the European Action Plan 2020, the EU Commission stresses the importance of so-called ‘ethnic economies’ for activating the ‘entrepreneurial spirit’ in Europe. As in most OECD countries, 2 ‘Denizenship’ refers to the status of migrants with a permanent residence permit.

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in Austria around one third or 37% of all entrepreneurs have a ‘migration background’ (Altenender and Wagner-Pinter 2013; Schmatz and Wetzel 2014; L&R Sozialforschung 2007). In that context, discussions have tended to shift away from ‘ethnic niches’ to ‘European Turks’ or ‘New European Entrepreneurs’ (Baycan 2013). This short overview of the two contexts indicates a relationship between ethnicisation and politics, namely ethnicised ascriptions in policies targeting ‘migrant entrepreneurship’ and in mobilisations of ‘migrant communities’ in local politics in Marseille. Against this background, we focus on how FrancoComorian politicians and türkiyeli entrepreneurs act as ethnicised brokers, using ethnicity as a political and economic resource in their professional functions.

3.

Mobile Research Practices

In our analysis, we draw on empirical material generated in the course of our individual PhD research.3 This includes interviews and, in the case of political mobilisations, audio-visual documents. Our interviews are episodic in format (Flick 2011), combining narrative and structured elements.4 The interviews were conducted by the authors themselves, in the case of türkiyeli entrepreneurs mainly in Turkish and in the case of Franco-Comorian politicians in French. With regard to Marseille, we focus on the political mobilisation around the Collectif des Indignés de la Cité Phocéenne (Collective of the Indignants of the Phocaean City). The collective organised Franco-Comorian politicians and representatives of Franco-Comorian and Maorais5 associations in the course of the municipal elections in 2014. We draw on four interviews with members of the collective, one of them female and three of them male. Among the four interview partners, three were local politicians, while one was a representative of a cultural association related to the island of Maore. Three considered themselves as belonging to the ‘younger generation,’ hence to Franco-Comorian generations born and raised in France. Their ages range from early thirties to mid-forties, while the association representative was in his sixties. Their professional backgrounds 3 The research in Marseille was conducted from October 2013 to January 2014 and November 2014 to May 2015. The research in Vienna was conducted from March 2015 to December 2016. 4 Our individual dissertations comprise a larger empirical and analytical focus. In her analysis of subjectivation processes among türkiyeli entrepreneurs in Vienna, Çakır also focuses on the intersectional subject positionings offered by policies promoting ‘migrant entrepreneurship.’ In her analysis of the performativity of ‘Franco-Comorian diaspora’ in cultural practices and political mobilisations, Fritsch also focuses on intersectional mobilisation practices of FrancoComorian communities (cf. Fritsch 2018). 5 Maorais associations are related to the ‘French’ island of Maore of the Comoro archipelago.

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ranged from economics, to political science, to law, to engineering. One interviewee was part of the centre-right party Union of Democrats and Independents (UDI), one of the centrist6 party Democratic Movement (MoDem) and one of the Socialist Party. With regard to the türkiyeli entrepreneurs in Vienna, we focus on entrepreneurs in the sixteenth district, which is characterised by a relatively high number of residents with migration trajectories. The three türkiyeli interview partners were conducting their businesses at or close to the famous Viennese Brunnenmarkt, one of Europe’s oldest continuously existing street markets and the largest street market in Austria. One interview partner was in his fifties, had migrated to Austria decades ago and described himself as having a Kurdish background. In this latter regard, he was similar to another interview partner, who was in his mid-thirties and had migrated to Austria six years ago. A third interview partner, in his mid-twenties, had grown up in Vienna and described himself as being Turkish. Both research processes were characterised by mobility in spatial terms and in identity categories. Ehnicised and racialised ascriptions not only shaped the positionalities of our research participants, but also our own. Alev Çakır was usually categorised as ‘Turkish,’ while Katharina Fritsch was marked as ‘Austrian’ and by ‘whiteness.’ In some ways, these ascriptions and positionalities facilitated the research, e. g. knowledge of the Turkish language or being identified as ‘nonFrench,’ hence as not part of French dominant society. In others, it hindered it, e. g. by taking for granted ‘insider knowledge’ or constantly inviting the ‘foreign’ researcher to ‘special events.’ Besides our different positionalities in the respective contexts, our research was characterised by mobile research practices, as we had to move towards ‘their’ spaces, such as markets or political events. Last but not least, in this article we mobilise two contexts—marked by spatial, historical and political differences—by bringing them into an analytical dialogue.

4.

Brokers and Self-Governing

As an analytical term within social and cultural studies, the concept of the broker refers to a “specific type of middleman, mediator, or intermediary” (Lindquist 2015, 2) not only in the economic, but also in the political and socio-cultural domain. Some authors frame this ‘in-between’ role in cultural terms, referring to the broker as a “cultural intermediary” (Hinderaker 2002, 358) or as “cultural 6 Centrist parties position themselves as neither left nor right and form strategic alliances with both sides during elections (cf. http://www.france-politique.fr/centre.htm, accessed May 17, 2018).

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broker” (de Jong 2016). Given their ‘in-between’ role, brokers have often been represented as ambiguous figures within academic and political debates circulating around the question of collaboration and resistance in the face of relations of dominance (de Jong 2016; Hinderaker 2002; Lindquist 2015). In academic literature, the roles ascribed to brokers indicate their embeddedness within intersectional power relations, such as ethnicised or gendered relations. Moreover, the category of ethnicity seems central to the role of the broker, as s_he is taken as a representative of ‘cultures’ or ‘societies.’ Consequently, we use the term ‘ethnicised broker’ in order to capture the ethnicisation processes that shape the role of the broker in postcolonial and post-guest worker contexts. Following Encarnación Gutiérrez Rodríguez (2003), we understand ethnicisation as a form of governance through differentiation and hierarchisation. Gutiérrez Rodríguez emphasises that subjectivity in migration contexts is strongly shaped by ethnicising discourses and practices. Furthermore, conceptualising ethnicisation as a dimension of racism indicates its relationship to both racialisation processes and notions of ‘nation’ and ‘culture’ (cf. Brah 1996, 237; Hall 1994). According to Gutiérrez Rodríguez, ethnicised identities are formed against social-historical contexts characterised by different power relations. We understand power relations as intersectional, especially relations of class, gender and ethnicity. In line with Michel Foucault’s (2004) approach to governmentality, we define governing as an interplay of technologies both of domination and of the self, and we focus on the latter for the purposes of our research. Technologies of domination are governmental practices, such as policies that address and categorise individuals. In contrast, technologies of the self are specific practices that individuals employ to constitute themselves in relation to power structures which enable their self-constitution as individual actors in specific ways while restricting them in others. As Foucault emphasises, technologies of the self are intrinsically related to the question of knowledge, which he conceptualises as shaped through discourses influenced by power relations. As Bührmann and Schneider (2007, para. 1) argue following Foucault, subjects experience an objectified order of knowledge as the ‘reality’ in which they act and interact. Consequently, at the heart of this order is the question of knowledge about ‘others’ as well as about the ‘self.’ In her analysis, de Jong (2016) emphasises a governing perspective on ‘cultural brokers’ as being part of regimes of integration. We elaborate further on this relation by approaching the broker’s role in self-governing processes in ethnicised contexts. Consistent with our theoretical approach, we analysed our empirical material according to the following guiding questions: 1. How do actors describe and perceive their roles as politicians and entrepreneurs? To which social categories do they refer?

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2. What is being brokered and which social categories are relevant in this regard? 3. How is ethnicity represented and used as a resource in their practices? 4. Which forms of knowledge do they address? In the next section we discuss our empirical findings against the backdrop of these questions.

5.

Dimensions of Ethnicised Social Mobility

In our research, we identified two dimensions of ethnicised social mobility. The first dimension reflects the dominant discourse of integration in shaping the roles as brokers. It became evident that discourses of ‘ethnicity’ were central to discourses of ‘integration.’ Hence, we discuss ‘integration’ through ethnicisation processes. The second dimension reflects the use of skills and experiences that we refer to as ethnicised knowledge. With respect to these two dimensions, we identified three forms of ethnicised social mobility which shape the role of brokers: the mobility between different spheres (political, economic and social), between societal groups (dominant and ethnicised) and between generations.

5.1.

‘Integration’ through Ethnicisation

In the run-up to the 2014 municipal elections in Marseille, Franco-Comorian actors created the Collectif des Indignés de la Cite Phocéenne (Collective of the Indignants of the Phocaean City). The actors involved were members of FrancoComorian associations as well as Franco-Comorian politicians from right-wing, centrist and left-wing political parties excluding the Front National.7 In the elections, two Franco-Comorian politicians were elected: Elisabeth Saïd of the right-wing conservative party UMP (today Les Républicains) as a city councillor, and Nassurdine Haïdari of the Socialist Party as a deputy district mayor for the district council of the first district. While the collective was also comprised of representatives of Franco-Senegalese and Franco-Malagasy communities in Marseille, it mainly presented itself as a ‘Comorian collective.’ While pursuing increased representation of Franco-Comorian politicians on the municipal level as its principal objective, members of the collective present it in interviews as a vehicle to facilitate the political, economic and socio-cultural ‘integration’ of the communauté comorienne in France. As one member of the collective and district councillor responsible for economic affairs explains in his 7 It did not federate all Franco-Comorian political agents in Marseille and no longer exists.

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interview, in contrast to some other communautés in France—he refers to the CRIF, the Council of Jewish Institutions in France, and the “Armenians”8—no institution exists to federate Franco-Comorian communities:9 “Comorians don’t have this, they don’t have an organ that exists, persons who were elected by Comorians, who will talk in the name of Comorians […] and who will talk to politicians on the Comoros for example” (Int. 1).10 The politician addresses the significance of ethnicised self-constitution in order to be able to exist politically, economically and socio-culturally as a communauté within French as well as Comorian institutions. In this regard, he contrasts ethnicised federations with current forms of organisation: “Before, Comorians were organised in village associations, regional associations, etc. This does not appeal to those who were born here” (Int. 1).11 Locality-related organising is linked to older generations and ‘the past,’ framing ethnicised forms of organising as ‘progress.’ Due to the absence of a federated institution, the collective has aimed to respond to different demands from the side of Franco-Comorian communities and institutions, which include a Consulate, a mosque, and a “House of the Comoros,” as well as to the demands of Franco-Comorian deputies, as outlined by another member of the collective (Int. 2).12 As she further notes, the collective was meant not only to respond to the “expectations that are brought forth by the communauté,” but also to “support economic initiatives of certain Comorians here in Marseille” (ibid.).13 Political representation is hence presented as facilitating social mobility of Franco-Comorians in economic, political and socio8 There are different federating organs with respect to Franco-Armenian associations, e. g. the Conseil de coordination des associations arméniennes de France (Council of Armenian Associations of France). 9 At the beginning of the 1990s, the FECOM, the Federation des associations comoriennes (Federation of Comorian Associations) was created in Marseille, federating 150 associations (Le Houérou 2000). Since its dissolution in the mid-2000s, no other federating organ has been created. 10 “Les Comoriens ont pas ça, ont pas un organe qui existe, des personnes qui sont élus par des Comoriens […] et qui vont aller voir les élus aux Comores par exemple” (Int. 1; all translations by the authors). 11 “[A]vant les Comoriens étaient organisés avec l’association villageoise, régionale etc. Ça parle pas à ceux qui sont nés ici” (Int. 1). 12 Currently in Marseille, there is an Honorary Consulate of the Union of the Comoros, with the Frenchman Jean-Victor Cordonnier as Honorary Consule. An Honorary Consulate does not represent a state in political terms, but in the economic and cultural domain. The reference to a mosque indicates the significance of Islam as a central religious practice within FrancoComorian communities in Marseille (Direche-Slimani and Le Houérou 2002, 103–110). The format of ‘cultural houses’ is common in Marseille; e. g. since 1976, the ‘Armenian community’ has a Maison Arménienne de la Jeunesse et de la Culture de Marseille (Peraldi and Samson 2006, 275). While the demand for a ‘Comorian mosque’ has been fulfilled, the establishment of a ‘House of the Comoros’ remains up for debate (Int. 2). 13 “[Les] attentes qui sont portées par la communauté”; “soutenir aussi des initiatives économiques de certains Comoriens ici à Marseille” (ibid.).

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cultural terms. ‘Integration’ is framed and practiced through ethnicisation or, as another district deputy mayor, responsible for youth and sport, argues in an interview: “This means, if today community pressures respond to an insertion of communities in Marseille, the communauté comorienne, they must play the same game and not go back to the Republican ideal which does not exist” (Int. 3).14 On the one hand, the politician criticises the apparent dichotomy between French Republicanism and ethnicised belonging as proclaimed by the principle of ‘liberty, equality and fraternity.’ On the other, he emphasises the common practice of the mobilisation of ethnicised communities in local politics in Marseille (Peraldi and Samson 2006). What becomes evident is the relation between political mobilisations along ethnicised categories and the social mobility of ethnicised communities (cf. Hasenöhrl, Kabelik and Maly-Bowie on mobilisation as a form of mobility in this volume). In this regard, the politicians act as ethnicised brokers, facilitating the ‘integration’ of Franco-Comorian communities on a political, economic and social level. Franco-Comorian politicians hence use ethnicity as a resource for political mobilisation, or, as one of the members and current city councillor explains in an interview with the local branch of the Comorian Radio and Television (ORTC)15 in Marseille: “The aim of this collective is to place members of the collective in the parties in an eligible position. So automatically, if one of the members of the collective is in an eligible position, no matter his political colour, we will call the communauté to support this, this member of the collective” (ORTC 2014).16 Whilst the ethnicisation of politics reproduces the racist categorisation of population groups along ethnicised lines, the respective mobilisation also negotiates neo-colonial relations with respect to the relationship between France and the Comoros. The collective comprised political actors from all four islands of the Comoros including Maore. In one interview, a representative from a Maorerelated association explains his decision to become part of the collective as strategic: “Well. And I told myself if I go there, as we are many, to see political parties, with the number [of people] that we represent here in Marseille, they will

14 “C’est à dire que si aujourd’hui, les pressions communautaires donnent satisfaction à une insertion des communautés à Marseille, la communauté comorienne doit aussi jouer au même jeu et ne pas rentrer dans un idéal républicain qui n’existe pas, qui n’existe nulle part” (Int. 3). 15 ORTC stands for Office de Radio et Télévision des Comores (Office of Radio and Television of the Comoros). 16 “Le but de ce collectif c’est de placer des membres de ce collectif dans les partis en position éligible. Donc automatiquement si un des membres du collectif est en position éligible quelle que soit sa couleur politique, on appellera la communauté à soutenir cette, ce membre du collectif” (ORTC 2014).

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listen to us” (Int. 4).17 The decision to join Franco-Comorian political actors as a Maorais, a person from Maore, shows the contextualised constitution of ethnicised categories: While politicians on Maore currently mobilise in racist terms against “Comorian immigrants” (Josset 2016),18 in Marseille the social category ‘Comorian’ represents a strategic resource in order to improve the position of Maorais as well as Franco-Comorian communities in politics. The crucial role of ethnicity as a political resource becomes evident as three of the members of the collective—Maliza Saïd Soilihi, Saïd Ahamada and Smaïl Ali—were elected as city or district councillors. Among the türkiyeli entrepreneurs, cohesion of the türkiyeli community is also emphasised as a central means of achieving visibility and recognition in economic, political and social life. For them, founding businesses and creating job opportunities for the members of ‘their’ community helps to promote unity and solidarity: You [the entrepreneurs] should do something in order to seek your rights […] also organise and have a leader and a manager who pursues your official issues. Yes, if we work, we become a stronger community and if we become more successful, it would be more difficult for the men [the Austrian majority society] to erase us. […] [Y]es, we have in this regard a certain responsibility, […] we as a community do not like to criticise ourselves […].19 (Int. 6)

This interview subject presents the organisation of türkiyeli entrepreneurs and the cohesion of the türkiyeli community as means against discrimination and an assimilation that he frames as an ‘erasure.’ All three interview partners share an understanding of their role as brokers between different spheres. They position themselves as facilitators of social mobility for ‘their’ community in four respects: Firstly, they perceive themselves as facilitating the ‘economic integration’ of türkiyeli people by creating job opportunities for them and, hence, as saving ‘their’ people from unemployment. Secondly, they present themselves as role models for the ‘social integration’ of türkiyeli people by learning the language and cultural skills, such as how certain bureaucratic, legal and various other procedures work in everyday life. Third, they frame their status as role models as important for the ‘political integration or participation’ of türkiyeli people, in17 “Et moi j’ai dit si je vais là, comme on est nombreux, pour aller voir les partis politiques, avec le nombre qu’on représente ici à Marseille, ils vont nous entendre” (Int. 4). 18 In 2016, so-called ‘citizen initiatives’ chased Comorian inhabitants from their homes, resulting in the displacement of hundreds of Comorians on the island of Maoré (Josset 2016). 19 “Yani hakkınızı arayabilcek bi s¸eyler yapın [is¸ sahibleri] […] yani bununla ilgili bi toplanın yöneticiniz olsun bi idareciniz olsun, bunlar bi de resmi is¸lerinizi kovalasın. […] Ya bi de güçlü bi toplum oluruz calıs¸ırsak bas¸arılı olursak adamların bizi sildirmesi daha da zorlas¸ır ama burdada bizim payımız var […] ya biz toplum olarak s¸ey de yapmiyoruz özeles¸tiri hic yapmayı sevmiyoruz […]” (Int. 6).

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creasing their visibility by facilitating their ‘economic integration’ into the ‘majority Austrian society.’ The entrepreneurs thus emphasise their role in giving voice to türkiyeli people’s claims to rights as citizens. Fourth, they perceive themselves as facilitators of and guides for the ‘integration’ of the youth since they create future prospects for the younger türkiyeli generation: Yes. I propose that the youth [become self-employed although it has also disadvantages] […] Why? Because they then become more useful for our own community. Look, here you will never see any Austrian working for a Turkish businessman. […] But our Turks, if our people become the majority in this sphere, there are so many Turkish people who do not find jobs and so, then you open your arms for them. You would be a support for them. If I open a business tomorrow, let’s say, if I found a business, my first priority would be to side with the Turks no matter if they want or do not want this. I would side with my own race [emphasis by the author]. I would employ them. You have to employ them.20 (Int. 6)

This entrepreneur draws on ethnicised solidarity among türkiyeli people by referring to and using the concept of ‘race’ as a source of solidarity and networking. As he does so, ethnicised narratives intersect with racialised narratives on community, unity and solidarity. With respect to ethnicised solidarity, he claims that parents do not pay enough attention to their children and describes them as being more concerned with making money than with their children’s education (Int. 6). He believes this lack of care responsible is the explanation for the ‘laziness’ of türkiyeli youth, whom he presents as unwilling to work. In doing so, he stresses an important ‘problem’ also perceived by the other interview partners. As becomes apparent in the following quotation, this alleged lack of parental care and education is regarded as the reason for the ‘criminality,’ unemployment and lack of future prospects among the young türkiyeli generation: If only the youth would take more initiatives. But this has roots in that the families are not encouraging them. “Yes, my son, what are you doing, go somewhere and work, you will receive your Weihnachten [legally mandated Christmas bonus] and take your Urlaub [legally mandated holiday time] and this will be enough for you,” […] I hate to hear these expressions! Also to get the Weihnachten and the Urlaub, this is joyful. That is why it is something very ridiculous. […] That is why here are less, also within the young generation, there are not so many people with entrepreneurial spirit. […] Little girls who are twelve years old are in the water pipe cafés and they get addicted to drugs. A 20 “Evet. Gençlere tercih ediyorum [kendi is¸lerini kurmaya ama kötü yanları da var] […] Neden? Cünkü kendi toplumumuza daha faydalı olçaklar. Bak benim yanımda calıs¸an burda hiç bi Türkün yanında Avusturyalı calıs¸an göremezsin. Ama Avusturyalilarda. […] Ama Türklerimiz. Yani kendi insanımızın bu alanda cog˘unlug˘u olursa. Çok is¸ bulamayan cok Türk insanlar var. E onlara kuçak açmıs¸ olursun. Onlara destek olmus¸ olursun. Yarin ben bi yer açtıg˘ım zaman. Diyelim bi firma actım ilk tercihim isteyen yada istemeyen Türklerden yana olcak yani. Kendi ırkımdan yana olcak yani. Onları calıs¸tırcam. Onları calıs¸tırcaksın yani” (Int. 6).

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woman used to work at my place […] her daughter, I swear fourteen, fifteen years old, was using Marihuana. And what do they say about that? Of course, the father spends the weekends in the cafés and the mother is working here and there. Either the grandmother or the father or the grandfather picks the children up, yes in the evenings around five, six they stay at the kindergarten. That is why I hate these people.21 (Int. 6)

The idea of an ‘entrepreneurial spirit’ referenced here by the interview subject has been promoted in policies on ‘migrant entrepreneurship’ (cf. OECD 2010). Like such policies, the entrepreneur individualises structural problems such as unemployment, as he holds families and the youth responsible for the problems. By doing so, he reproduces a neoliberal discourse that subordinates social welfare and state regulation to the efficiency and success of a country’s economy. This line of argument stresses the role of a working youth, in this case the türkiyeli, as a crucial factor for a successful economy. In this regard, all three entrepreneurs position themselves as brokers towards the youth as he promotes the young people’s integration into the labour market, thereby mobilising ethnicity as an inter-generational category in order to promote ethnicised solidarity and cohesion. In another interview, a district councillor in Marseille similarly underlines his role in facilitating the “integration” of Franco-Comorian populations in Marseille, by emphasising his focus on the “youth”: I understand very well the fact that to have a deputy mayor of Comorian origin, […] this means something for the politicians who are with me, this means something for the population here that will say to itself “voilà, we have a Comorian at the district hall, so it will be easier for me to go there if I don’t speak French”. This perhaps also helps integration even for the youth that will tell itself “voilà, even if he is from the Quartiers Nord, he can become a politician” […] so this offers other possibilities than to become just a dealer […] to aspire after other things, there is a need that different things happen.22 (Int. 1) 21 “Dolayısıyla gençler kes¸ke bu anlamda daha giris¸ken olabilse. Ama bu da s¸eyden kaynaklanıyo yani ailelerin cesaret vermeyisinden. Ya sen ne yapcan og˘lum gir bi yere çalıs¸ is¸te Weihnachtını al Urlaubunu al yeter sana anlatabildim mi? Bu tabirleri duymaktan ben nefret ediyorum. Yani is¸te Weihnachtimi alcam Urlaubumu alcam o keyifli. O yüzden cok saçma bis¸ey. […] O yüzden burda cok fazla yok. Yani genç nesilde giris¸ken giris¸imci ruhu tas¸iyan çok fazla insan yok […] Is¸te 12 yasindaki kiz çoçukları nargile kafelerde, e uyus¸turucuya alıs¸ıyolar. Benim yanımda bi abla calıs¸ıyodu.[…] kızı yemin ediyorum 14,15 yas¸ında marihuana mı ne diyolar onu kullaniyodu. E baba yok baba haftasonları kahvede, anne is¸te calıs¸ıyo orda burda. Çoçugu anneannesi aliyo ya babasi ya dedesi aliyo, ya da is¸te aks¸am bes¸, altı ya kadar kindergartende kaliyo. O yüzden nefret ediyorum ben yani bu insanlardan” (Int. 6). 22 “Je comprends bien que le fait d’avoir un adjoint au maire ça s’est jamais vu ici d’origine comorienne, ça a un sens pour les élus qui sont avec moi, ça a un sens pour, pour la population-ci qui se dit ‘voilà on a un Comorien à la mairie, donc ça sera peut-être plus facile pour moi si je parle pas français d’y aller.’ Ça aide peut-être aussi à l’intégration, même les

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The politician describes his role as a broker between the politicians who work with him on the one side and Franco-Comorian populations on the other. He especially emphasises his function as a broker towards younger generations, whom he locates in the Quartiers Nord, literally meaning ‘Northern Districts.’ Since the 1960s and 1970s, the northern parts of the city have become emblematic of social housing projects where predominantly populations of colour live. Characterised by high unemployment rates especially among youths of colour, the Quartiers Nord have been marked as the ‘dangerous Other’(ed)-space associated with ‘criminality’ and ‘insecurity’ (cf. Gulian 2004; Peraldi and Samson 2006). It is against this background that the politician underlines his function as role model for social mobility, especially for younger Franco-Comorians. For the politicians and entrepreneurs, ethnicisation hence represents a political and economic resource (cf. Dannecker and Sauer in this volume on gendered mobilities). The politicians present political ‘integration’ as a means for Franco-Comorian communities in Marseille to achieve economic and sociocultural participation, whilst the entrepreneurs frame economic ‘integration’ as a means for türkiyeli communities in Vienna to achieve political and socio-cultural participation. In both instances, ‘integration’ as a ‘community’ is represented and practiced through the social mobility of the respective individuals. Consequently, they are positioned and position themselves as ethnicised brokers between the political, economic and social spheres as well as between generations.

5.2.

Ethnicised Knowledge

In their elaborations on ethnicity as a resource, both the entrepreneurs and politicians we interviewed respond to practices of racist Othering. Against this background, we will show how they act as brokers between ethnicised communities and the dominant society by mobilising ethnicised knowledge. A türkiyeli interview partner explains his experiences with customers who make racist statements and are then surprised to learn of his türkiyeli background: “they stop, because you are a migrant! So this means, they do not allow/ think that it [self-employment] fits [migrants]” (Int. 5).23 Continuing on, he claims that customers envy türkiyeli persons or ‘migrants’ who are self-employed

plus jeunes, qui se disent ‘voilà, quand même qu’il soit des quartiers nord, il peut être élu’[…]. Voilà, ça donne une autre, d’autres options que de devenir juste dealer […] mais si, pour aspirer à autre chose, il faut qui passe autre chose” (Int. 1). 23 “Bi duruyolar weil du Migrant bist! Yani pek yakıs¸tıramayan da oluyo” (Int. 5).

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or economically successful. He then continues to elaborate on the everyday experiences of racism he has as a türkiyeli entrepreneur: [W]hen I have to throw out the Austrians, of course my dear. The guy is drunk and disturbs the people. Then, they say “Hey listen, who are you, you Tschusch?24 You can’t throw me out!” Yup, so, towards an Austrian they couldn’t wouldn’t behave like that, so these are racist things.25 (Int. 5)

The interviewee then links racist attacks of this kind to situations where he as an entrepreneur is in a position of power over his customers, which shows why he interprets racism as stemming from the ‘envy’ of ‘Austrians’ towards ‘his’ success, as did other entrepreneurs (Int. 6, Int. 7). In another interview, a Franco-Comorian deputy district mayor also addresses experiences of racist discrimination as a Black politician: “Personally I don’t fool myself, I know that being Black in Marseille, being of Comorian origin is a handicap in politics, it is not an advantage. I also know that my trajectory would have been different if I were white” (Int. 3).26 The politician frames ‘race’ as a “handicap” in politics, which indicates the role of racism in hindering social mobility. Yet Franco-Comorian politicians refer to their ethnicised knowledge as a resource in politics as becomes apparent in the following quotation by another district councillor: It doesn’t bother me at all to be labelled, under quotation marks, as French of Comorian origin or a politician of the communauté comorienne, because in any other domain I consider myself as really French, it is the first word that is most important, and after all one should not fall into a reversed communautarisme, which means to be only perceived as a politician of the communauté. […] This means that I have tools to better read what takes place in the communauté comorienne, it is not because of that that other politicians should see me as the one who is only labelled as Comorian, etc. Oh so it is complicated in these ways as, as a concept.27 (Int. 1)

24 ‘Tschusch’ is a racial slur in Austrian dialect used in particular to refer to people from Turkey and ex-Yugoslavian countries. 25 “Oder wenn ich die Österreicher rausschmeiße ja eh tabi canım. Sarhos¸ adam milleti rahatsız ediyo. O zaman diyolar, ‘heast wer bist du Tschusch. Du kannst mi ned rausschmeißen!’ Jup. Yani bi Avusturyaliya böyle edemez, yani ırkçı ¸seyler” (Int. 5). 26 “Moi, je me fais pas des illusions, je sais que le fait d’être noir à Marseille, d’être d’origine comorienne, c’est un handicap en politique, c’est pas un avantage. Je sais aussi que le parcours, que j’ai, aurait été différent si j’étais blanc” (Int. 3). 27 “Moi ça me gêne absolument pas d’être étiqueté entre guillemets comme un, un Français d’origine comorienne ou élu de la communauté comorienne, parce que sur tous les autres plans je me considère comme un, justement Français, c’est le premier mot qui est plus important euh et après il faut pas tomber non plus dans un communautarisme à l’inverse, c’est-à-dire inversé, ça veut dire d’être perçu uniquement comme élu de la communauté. […] C’est-à-dire j’ai des outils pour mieux lire ce qui se passe dans la communauté comorienne, c’est pas pour ça que les autres élus doivent me voir comme celui qui est uniquement

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The politician addresses the difference between racist Othering and ethnicised self-positioning: on the one hand, he opposes an ethnicised fixing of his political function as a “representative of the communauté comorienne” by other politicians; on the other, he underlines his ethnicised knowledge. By doing this, he addresses the problematic of drawing on ethnicised categories in politics, as doing so is quickly discredited as communautarisme. However, as the quotation also indicates, French Republicanism is itself ethnicised, namely connoted as ‘French,’ while any other articulation of ethnicised belonging is connoted as the ‘Other’ of Republicanism. It is in the face of these ethnicised realities that the politician presents his ethnicised knowledge as a resource for French politics, underlining the benefits of his knowledge for the communauté as well as for politics in Marseille: “So this is where it is interesting to have deputies who are of Comorian origin, in the sense that one saves time and one avoids errors, on the level of public politics” (ibid.).28 Franco-Comorian politicians as ethnicised brokers are hence presented as a resource for ‘better governing,’ which facilitates ethnicised communities’ access to French political institutions whilst serving as a ‘mouthpiece’ for ethnicised communities within French politics. Here, FrancoComorian politicians are presented as ethnicised brokers between Franco-Comorian communities and dominant French society. In this respect, the politicians emphasise the importance of promoting ‘positive images’ of Franco-Comorian communities. As one politician explains, Franco-Comorian communities have been targeted in recent years by public and political discourses that link “criminality” and “clientelism” with the communauté comorienne (Int. 2). It is against this background that she emphasises the need for a federation: “We must wake up, we must unite, federate and show another image of the communauté comorienne, to say ‘no there are Comorians who have made it, there are Comorians who work hard and Marseille is our city, it is our city’” (Int. 2).29 The politician re-claims ethnicity from racist targeting and exclusionary discourses by referring to Franco-Comorians in Marseille as “hardworking” and assigning them an important role in the city’s economic history. Moreover, her emphasis on Marseille as “our city” re-claims Marseille as a space shaped by postcolonial migration. catalogué comorien etc. Ah donc, c’est compliqué de cette manière comme, comme concept” (Int. 1). 28 “Donc c’est là où c’est intéressant d’avoir des élus qui sont d’origine comorienne, c’est-à-dire on gagne du temps, voilà simplement on gagne du temps et on évite des erreurs, en termes de politique publique” (Int. 1). 29 “Moi personnellement ça m’a tellement choqué que cela, je me suis dit non, il faut qu’on se réveille, il faut qu’on se réunisse, qu’on fédère, et qu’on montre une autre image de la communauté comorienne de dire ‘non il y a des Comoriens qui réussissent, il y a des Comoriens qui travaillaient dur et que Marseille est notre ville, c’est notre ville’” (Int. 2).

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Also addressing racist targeting, a türkiyeli entrepreneur describes the stereotyping of the türkiyeli community in Austria as a ‘whole’ as part of a specific political agenda (Int. 7). Various public discourses constitute migrants from Turkey in particular as a source of social “problems,” associating them with unemployment, low levels of education, poor language skills, integration deficits, exploitation of the welfare system and criminality (cf. Ülker 2016). Furthermore, the Brunnenmarkt—around which all three of the entrepreneurs who were interviewed are located—has figured predominantly in recent public debates concerning the ‘criminality’ of ‘refugees.’ Positioning himself against these discourses, the entrepreneur vehemently criticises negative media portrayals of türkiyeli people as a part of a conscious strategy pursued by actors who wish to “send them home” (ibid.). In the face of racist and criminalising discourses, both türkiyeli entrepreneurs and Franco-Comorian politicians mobilise ethnicity as a resource by presenting it precisely as such. Ethnicity is framed as a factor current politics cannot ignore as becomes apparent in the following quotation taken from a speech at the main mobilisation event of the Collectif des Indignés, held on January 14th, 2014 in the Dock des Suds, a renowned show venue in Marseille: This great event that assembles us all today has the ambition to send a simple message: “Marseille needs us” [applause from the public]. And who dares to say the contrary? [somebody from the public shouts “nobody”]. For a long time, we were an unrecognised community that essentially lived in the shadow of the city. We were citizens, workers, silent compatriots. We have contributed to building this city, to diversifying its cultural wealth, in order to make it lively and eternally young by creating a bridge between the Indian Ocean and the Mediterranean.30 (ORTC 2014)

Franco-Comorian populations in Marseille are presented as playing an active role in Marseille’s history, a role that has so far largely remained invisible in public and political discourses. The framing of “silent compatriots” can be read as referring to former practices of integration through assimilation. What is at stake now is Franco-Comorians’ visibility and recognition as an ethnicised group within Marseille. This is made clear as the discourse of Marseille as a ‘cosmopolitan city’ is employed, a discourse which has shaped cultural policies, public debates, academic discourses and popular culture since the 1970s (Gastaut 2003).

30 “Ce grand événement qui nous réunit aujourd’hui tous ensemble a pour ambition d’envoyer un message simple ‘Marseille a besoin de nous’ [public applaudit] et qui osera dire le contraire ? [Quelqu’un du public crie ‘personne’]. Pendant longtemps, nous avons été une communauté méconnue vivant pour l’essentiel entre nous dans l’ombre de la ville. Nous avons été des citoyens, des travailleurs, des compatriotes silencieux. Nous avons contribué à bâtir cette ville, à diversifier sa richesse culturelle, à la rendre vivante et éternellement jeune, créant un pont entre l’Océan Indien et la Méditerranée” (ORTC 2014).

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Like the politicians, the entrepreneurs also articulate their ethnicised knowledge as ‘wealth’ for the country’s ‘development’ and ‘progress.’ All three türkiyeli entrepreneurs claim that Austria’s economy would collapse without ‘migrant manpower’ and türkiyeli entrepreneurs and workers. Thus, they argue that ‘the Austrians need us’ for their ‘own’—for Austria’s—economic ‘survival’ and ‘development.’ One entrepreneur explains how Austrian media and public debates incite racism by targeting ‘Turkish’ people, in particular, and by criminalising them wherever possible. He traces this racial Othering back to the alleged envy of the dominant society toward the success of the türkiyeli people, claiming that the members of the dominant society are jealous of their success and upward social mobility: They incite [people] against each other. […] [the headlines of newspapers] “Turks that and Turks this, go home.” If we go home, ok, what would happen here? The work life and economy would collapse, that’s how it is. […] And this is, for example, due to our success, sorry, but this hurts them, it hurts the majority of the Austrians. […] If something [bad] happens involving the Turks, there are big headlines with T-U-R-K-S. […] they do not want us to be successful, really they do not at all want that. […] I tell you, we like to lead and the Europeans also like to lead.31 (Int. 7)

Against this racist stereotyping, the entrepreneurs present themselves as economically successful and as people whom Austria’s economy ‘needs.’ All three of them elaborate on this argument by claiming that türkiyeli entrepreneurs are ‘smarter,’ ‘more efficient’ and ‘more talented’ in their economic activities than ‘Austrian entrepreneurs,’ who are presented as not knowing how to conduct business well. In contrast to the claimed ‘inefficiency’ of both Austria’s bureaucracy and ‘Austrians’ (cf. Int. 5; Int. 6; Int. 7), türkiyeli entrepreneurs ethnicise their economic ‘efficiency’ and ‘success.’ One interview partner claims that the majority of self-employed people are migrants or have migration trajectories. He argues that türkiyeli people have the ‘spirit’ to be better entrepreneurs and are more ‘hard-working’ and ‘efficient’ than members of the dominant society: The türkiyeli are more hard-working, we are tak tak tak. tak tak tak. You know, but it is like that. We have it in us, yes. It is exactly like that. How should I explain. We’ve very likely always had it in us. It is from former times. We also are people who love businesses and trade. Since the Ottoman time, if you look, also it is really history. […] Taxation comes from the Ottomans anyway, in order that the government develops. And we, if we go back for years, we have done business since former times. We have many farmyards 31 “Birbirine hetzen yapiyo […] ve bu çok mesela bizim bas¸arili olmamız affedersin bunlara zaten batıyo, çog˘u Avusturyalı ¸seylerine batiyo. Yani baktıg˘ın zaman, mesela wenns um die Türken geht. Tamam mi. Wird ganz groß die Überschrift geschrieben Türken ve bu ta öncelerden dolayı hani. Ya bas¸arılı olmamızı istemiyolar gerçekten hiç bas¸arılı olmamızı istemiyolar. S¸imdi nasi bis¸ey biliyo musun? Söyleyim sana, biz yönetmeyi seviyoruz […] ve […] Avrupalılar da yönetmeyi seviyo” (Int. 7).

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[…] Also, to be hungry in Turkey is really something very difficult, at least you will go and plant some tomatoes in your small garden and so you will keep yourself alive, no no. If you look to Turkey everyone is self-employed. […] This is from former times […] it is in the culture (Int.7).32

For the interviewee, the particular ‘entrepreneurial spirit’ of the türkiyeli people has always been part of türkiyeli ‘culture.’ Here, it is crucial to note that he is in his mid-twenties and presents himself as ‘progressive,’ emphasising for example his secularism. Still he positively refers to the Imperial Age of the Ottoman Empire in order to justify and legitimise the notion of an ethnicised entrepreneurial spirit of the türkiyeli ‘community.’ The ‘progressive’ character of the economic system of the Ottoman Empire is, according to this interview partner, indicative of the ‘business mentality’ of the people, which persists today. In support of this idea, he claims that the majority of the people in contemporary Turkey are self-employed as merchants or farmers. In order to put forward an ethnicised ‘mentality’ and ‘skills’ distinct from those prevalent in Austria and the ‘West,’ the interviewee mobilises discourses originating in a non-Western colonial past. Whilst ethnicisation is used in terms of differentiation from the dominant Austrian society, dominant relations within marginalised communities in a post-migration context are reproduced when the interviewee mobilises the dominant narrative of homogenised ‘Turkish’ and ‘Sunni-Muslim’ people to represent the whole of türkiyeli ‘culture,’ thereby neglecting the social, political and cultural heterogeneity of türkiyeli people which includes groups such as Alevi and Kurds. Whilst the former interviewee relates ethnicised knowledge to history and culture, another interviewee links it to the experience of migration as well as to socio-economic and socio-political factors within the contemporary Turkish political system: Yes, now if you start from the bottom […] to leave your country is even a symbol [i. e. of fearless risk-taking], to destroy the existing system… additionally, we also stick together a lot […] for sure, when it comes to solidarity […] they [Austrians] indulge in pleasure-seeking. […] In the culture where we come from there is no guarantee from the government. You have to stand on your own legs. This indirectly influences your quality of life, your life philosophy. Even if you are a citizen of this country [Austria], still you are not enjoying the same rights. As for the mentality, there is something unconscious. 32 “Türkiyeliler daha çalıs¸kanlar, wir sind tak tak tak. tak tak tak. Weißt. Öyle ama. I˙çimizde var ya. Das ist genauso. Nasi diyim. I˙çimizde var herhalde ezelden. Yani das is schon von früher. Biz hani ticareti cok seven bi insanız. Daha Osmanlı zamanı baktıg˘ın zaman, hani gerçekten tarih is schon. Daha öncelerden ticaret bak o vergi olayları ta Osmanlılardan. Cünkü dünyada hic kimse vergi Osmanlılardan çıkıyo zaten vergi olayi, ki devlet kalkınsın diye. ve biz taa yıllara yıllarca geri döndüg˘ümüz zaman ticaret ta önceden yapiyoruz. Bizim çiftçimiz çok … biz hani Türkiyede gerçekten aç kalmak çok zor bis¸ey, en azından gidersin ufak bahçende domates dikersin bi s¸ekilde geçimini sag˘larsın, yok yok. Türkiyede baktıg˘ın zaman herkes selbstständig. […] Das ist schon ta önceden gelen bis¸i … kültürde var” (Int. 7).

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[…] This is always the survival strategy of third world countries. […] To take risks, to work more, […] you’ve learned this in life.33 (Int. 5)

This entrepreneur frames the lack of a social welfare system and of economic security in Turkey as a source of economic and social strength. He then presents this strength as a main characteristic of the türkiyeli ‘community’ and, hence, as another instance of ethnicised ‘mentality’ and skills. Consequently, all three türkiyeli entrepreneurs employ the narrative of ‘everyone needs us’ by claiming that their ethnicised knowledge distinguishes them from the dominant Austrian society as well as from ‘conservative’ or ‘uneducated’ ‘Turks’ (Int. 5, Int. 6). In doing so, they reproduce a ‘narrative of progress’ by presenting ‘ethnicity’ as a means to economic progress. Both the türkiyeli entrepreneurs and Franco-Comorian politicians interviewed present their communities as a source of wealth for the countries they live in, while describing this source of wealth in economic and socio-cultural terms. As we have demonstrated, articulations of ethnicity as wealth need to be understood as responses to racist discourses. Against this background, our interview partners emphasise their roles as brokers who mobilise ethnicised knowledge in order to facilitate the social mobility of ‘their’ ethnicised communities within the dominant society.

6.

Conclusion: Ethnicised Self-Governing

We have shown how Franco-Comorian politicians and türkiyeli entrepreneurs act as ethnicised brokers by using ethnicity as a political and economic resource. In doing so, we have emphasised the relationship between ethnicisation processes and social mobility in postcolonial and post-guest worker contexts. According to our analysis, ethnicised social mobility shapes the politicians’ and entrepreneurs’ roles as ethnicised brokers in three aspects: the mobility between different spheres (political, economic and social), between societal groups (dominant and ethnicised) and between generations. We have discussed these three modes of ethnicised social mobility along two dimensions. Firstly, we have shown that türkiyeli entrepreneurs and Franco33 “Ja, s¸imdi böyle temelinden çıktıg˘ında […] ülkeni terk etmek bile bi semboldur. Olan düzeni yıkmak. Noch dazu, wir halten auch viel zusammen. […] tabi yani dayanıs¸ma olsun, s¸ey olsun, bi de onlar da biraz daha keyfine düs¸kün, ehli keyif. Bizdeki o s¸eyler tabi o s¸eyden de geliyo, bizim geldig˘imiz kültürde devlet garantisi yok. Kendi ayaklarının üstünde durmak zorundasın. O indirekmen senin kaliteni yas¸am felsefeni etkiliyo. Bu ülkenin vatandas¸ı da olsan, ayni garantilere sahip deg˘ilsin. Mentalite olarak o unbewusst s¸ey var. […] bunlar hep üçüncü dünya ülkesindekilerin hayatta kalma stratejisi. […] o dog˘ru, gene o riski göze alma, daha çok calıs¸ma. Bu mantık burda yeter. Hayatta bunu ög˘renmis¸tir” (Int. 5).

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Comorian politicians frame ‘integration’ in ethnicised terms. Ethnicised solidarity and cohesion of the ‘community’ is presented as a means to achieve political, economic and socio-cultural recognition in the Austrian and French contexts. The use of ethnicity as a resource further indicates a mobility between the political, economic and social domain—politicians argue in economic and social in addition to political terms, while entrepreneurs argue in political and social terms in addition to economic ones. ‘Integration’ as a ‘community’ is represented and practiced through the social mobility of the respective individuals. However, the emphasis on the role of ethnicised brokers subverts this individualistic logic insofar as the entrepreneurs and politicians stress the inclusion and representation of ‘their’ communities, for example by presenting ethnicised social mobility as an inter-generational resource. Secondly, we discussed the relevance of ethnicised knowledge for the social mobility of the entrepreneurs and politicians as well as the ethnicised communities to which they are ascribed and to which they ascribe themselves. In this regard, we have shown how they mobilise ethnicity as ‘wealth,’ in particular in response to experiences of racism. The use of ethnicity as a political, economic and socio-cultural resource thus reflects ethnicised narratives of ‘progress and development.’ Given the intrinsic relationship between ethnicisation processes and social mobility, we understand türkiyeli entrepreneurs and Franco-Comorian politicians as brokers who play important roles in terms of self-governing. We consider integration through ethnicisation as a form of self-governing since ethnicised brokers act within the dominant framework of ‘integration’ discourses and politics. The mobilisation of ethnicised knowledge also represents a mode of selfgoverning since ethnicised communities are presented as an important part of the ‘wealth’ of nation-states. Consequently, we emphasise the role of brokers in postcolonial and post-guest worker contexts as part of ethnicised self-governing processes.

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Interviews and Documents Int. 1: Franco-Comorian district councillor, Feb. 2, 2015, Marseille. Int. 2: Franco-Comorian city councillor, Dec. 5, 2013, Marseille. Int. 3: Franco-Comorian deputy district mayor, Nov. 12, 2013, Marseille. Int. 4: Representative of Maore-related association, April 2, 2014, Marseille. Int. 5: Türkiyeli entrepreneur, Nov. 2, 2016, Vienna. Int. 6: Türkiyeli entrepreneur, Nov. 3, 2016, Vienna. Int. 7: Türkiyeli entrepreneur, Nov. 7, 2016, Vienna. ORTC (Office de Radio et Télévision des Comores/Office of Radio and Television of the Comoros). 2014. Video documentation of main mobilisation event of the Collectif des Indignés de la Cité Phocéenne by the local antenna of ORTC in Marseille.

Birgit Englert

Moving beyond Hip-Hop: Tracing Mobilities in the Work of Franco-Comorian Artists Soprano and Ahamada Smis1

1.

Introduction

“Some of the most compelling and commercially successful African rap in the 2000s emanates from France,” notes Charry (2012, 18), editor of Hip Hop Africa, in his introductory chapter to the anthology. French hip-hop and rap2 certainly has to be seen as a postcolonial phenomenon,3 having developed in direct linkage to “the postcolonial relationships established with the former Francophone colonies of Africa and the Caribbean” (Helenon 2006, 151). However, categorising French rappers of African descent as “African” rappers, as Charry does, reduces them to their origins and essentialises their identities. Although claiming ties to Africa and questioning the condition of being black in France are important parts of many of these artists’ oeuvres, French rappers of African descent have varying relationships with the African continent. As Helenon (2006, 163) points out: “Far from demonstrating a strict interpretation of a Black consciousness, this heterogeneous African identity should be understood as an implement to make visible the presence of minorities in French society and presents an implicit critique of the nation according to official and popular French standards.” The importance of rap as the vocal art of the disadvantaged and marginalised has been discussed extensively in the media as well as in academia (e. g. Prévos 2001, 46 for the French context). Recently, scholars have conducted spatial analyses of rap, underscoring how rap is shaped by the urban spaces in which it is being produced (Tödt 2011; Pardue 2014). In the French context, rap is mainly associated with young people from immigrant communities who grew up on the outskirts of French cities and are by and large confined to these places with little chance for either outward spatial or upward social mobility. In this article, I 1 This chapter is partly based on Englert (2018) and Englert and Fritsch (2015). 2 Hip-hop is a cultural phenomenon that encompasses different practices, e. g. dance, graffiti as well as rap as its vocal expression. 3 See Prévos (2001, 39–56) for an overview of French rap in the 1980s and 1990s.

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Birgit Englert

examine the work of rappers through the lens of mobility and inquire into how their use of a language of mobility can be understood as a metaphor of resistance against being immobil(ised) not only in certain locations but also in certain roles. As is discussed more extensively in the introduction to this volume as well as in several of its contributions, the so-called mobility turn proclaimed in the mid2000s (Sheller and Urry 2006) established mobility as a crucial category in the analysis of cultural and social phenomena. As Glick Schiller and Salazar (2013, 183–184) note, in the early years of mobility studies, mobility tended to be uniformly celebrated, with all kinds of mobilities coming “to be studied through the same analytical lens.” Rejecting this paradigm, the authors argue for a “regimes of mobility” approach which differentiates between various mobile practices while paying attention to how they interrelate. Immobilities should be considered alongside mobilities (cf. introduction to this volume), and, additionally, the idea—still prevalent in much research on mobilities—that mobility is inherently positive and immobility necessarily negative must be abandoned. Mobility carries positive connotations in many contexts, but certainly not in all; in fact, it is often riven with contradictory associations. For example, people who are forced to move elsewhere (due to security threats or because they cannot find work to sustain a livelihood) hardly experience mobility as an unambiguous concept. Thus, analyses need to take more seriously the varied picture presented by different empirical case studies. This observation also holds true for popular culture studies, another field of relevance to this chapter. Debates in this field have often depicted popular culture as leading either to homogenisation and depoliticisation or to its opposite, i. e. subversion and resistance (Englert 2008). Although studies that take such simplistic positions have become less common, the tendency to highlight the subversive potential of popular culture and related transnational practices generally prevails, at least within African Studies. While this is a valid perspective, it often frames resistance in a very narrow sense which reduces complexities in artists’ biographies and oeuvres. This framing is especially prevalent in studies on music in diasporic contexts, specifically with regard to hip-hop. Hip-hop itself is a distinctly mobile practice. Hip-hop culture originated in the African-American diasporic context of New York in the 1970s (Rose 1994), subsequently spreading to various other places around the world. After an initial phase of imitation, local varieties of hip-hop developed in many of these places (see e. g. Mitchell 2001). Hip-hop can thus be conceived of as a transnational practice. In many countries, hip-hop culture has appealed in particular to young people living in diasporic settings, sharing experiences of marginalisation in social, political, and often also economic terms. The importance of rap as a voice for the disadvantaged and marginalised is the very reason why the genre has attracted attention from scholars in the first place.

Moving beyond Hip-Hop

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In most scholarly literature, the political relevance of rap artists is analysed with regard to the content of their lyrics or the extent to which they ‘keep it real.’ This phrase characterises ongoing debates on questions of ‘authenticity’ within hiphop culture, which, in the words of Glick Schiller and Salazar (2013), can be framed as a “regime of mobility.” If artists move out of the narrow confines of hip-hop culture, they are often perceived by other rappers, fans, and scholars alike as no longer ‘belonging’ or ‘selling out.’ In this chapter, I discuss the work of two artists, who, I argue, utilise both experiences of physical and metaphorical mobility to transcend the set roles ascribed to them. This gives the translocal rap they produce a political dimension which goes beyond the direct self-positioning performed by many artists on political issues. Translocal rap is not only about increasing the visibility of a marginalised youth but about challenging simplistic notions of origin. The focus of the following analysis is on the oeuvre of two Franco-Comorian artists. Both recently released albums whose very titles gesture towards mobility: Cosmopolitanie (2014) by Soprano4 and Origines (2013) by Ahamada Smis.5 Soprano has become one of the most popular French rappers; he has won numerous awards and has more than 3.5 million followers on Facebook. Ahamada Smis, a poetry slam artist, has achieved considerable popularity in recent years, though primarily in the domain of so-called world music.6 With over 3,700 followers on Facebook, he is not nearly as popular as Soprano.7 For both artists, hiphop is the basis on which they have developed differing musical styles which include the incorporation of African instruments and rhythms to varying degrees.8 With regard to both Cosmopolitanie and Origines, both artists state that their respective albums go beyond rap. Soprano’s Cosmopolitanie includes urban music9 and Ahamada Smis’s Origines incorporates Comorian and Eastern African rhythms. The artists refuse to be reduced to their origins although they consciously make use of them in their artistic work: the Marseillais cite Plan d’Aou is a major influence for Soprano, and the Comoros feature prominently in 4 The 2015 re-edition of Cosmopolitanie under the name Cosmopolitanie – en route vers l’Everest, as a double album, contains all fifteen songs from Cosmopolitanie as well as thirteen new songs which could not be considered in this analysis. 5 In 2018, Ahamada Smis published the album Afrosoul, which is not examined here. 6 Discussions about the label ‘world music’ have been going on for three decades, cf. Connell and Gibson (2004) or Haynes (2005); a recent, quite comprehensive volume in German is Leggewie and Meyer (2017). 7 In both cases, these are the approximate numbers at the time of writing (2018). 8 This is a widespread feature within French rap; cf. Helenon (2006, 155). 9 The expression ‘urban music’ or ‘musique urbaine’ has replaced the term ‘Black music’ with its racist connotation of labelling musicians according to their skin colour. Equally, in German the expression ‘urban’ is increasingly used for music by artists who were raised in urban contexts and who refer to their urban socialisation in their work.

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both his and Ahamada Smis’s oeuvre. In their music, they create new translocal spaces which enable them to move beyond their roles as rappers and migrants. My article is based on a qualitative content analysis of a broad variety of sources, most importantly Soprano’s autobiography and numerous interviews with him which are available online (mostly via YouTube and social media pages). Further, I draw on an interview I conducted with Ahamada Smis in addition to song lyrics, music videos, videos of live concerts, and the Facebook pages of both artists.

2.

(Franco-)Comorians in Marseille

A port city located on southern France’s Mediterranean coast, Marseille constitutes the country’s second largest city with around 850,000 inhabitants. Despite investments in the city following its selection as European Capital of Culture in 2013, it features regularly in the headlines for its high rates of crime, especially in relation to the drug trade. There is also a clear divide between the poorer neighbourhoods located in the north of the city and the richer neighbourhoods to the south (Englert and Fritsch 2015; Fritsch 2018). It is commonly estimated that around ten per cent of Marseille’s population is composed of Comorian migrants and their descendants. The four islands which constitute the Comorian archipelago located in the Indian Ocean at the northern end of the Mozambique Channel are Ngazidja (Grande Comore), Nzwani (Anjouan), Mwali (Mohéli) and Maoré (Mayotte). They came under French colonial rule in the mid-nineteenth century and remained so until three of the four islands unilaterally proclaimed independence in 1975. The fourth, Mayotte, has remained French, becoming a collectivité territorial (territorial collectivity) in 1974 and a départment d’outre-mer (overseas department) in 2011 (Englert and Fritsch 2015; Englert 2018, 545). Migration from the Comoros to France intensified in the late 1970s and 1980s due to decolonization and family reunification policies (Direche-Slimani and Le Houérou 2002, 23; see also the contribution by Cakɪr and Fritsch in this volume). While there is no such thing as a coherent Comorian community, (Franco-) Comorians are often addressed as such for political reasons, particularly in the context of election campaigns (Englert and Fritsch 2015; Fritsch 2018). Lines of division follow structural categories such as gender, generation, and status, but also the island or village of origin, as well as political ideology. Among the general public, however, the image of one Comorian community prevails and often carries negative connotations. These have been fed by remarks from public figures including former interior minister Claude Guéant, who stated on a popular political talk show in September 2011: “There is a considerable Comorian im-

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migration in Marseille that is the cause of a lot of violence. I cannot quantify it” (qtd. in Bretillon 2013, 110). This comment inspired protests against Guéant, which were led mainly by politicised Franco-Comorians of the younger generation. Two years earlier, in July 2009, the crash of a Yemenia Airways plane flying from France to the Comoros and claimed 151 lives while leaving just one survivor. It was followed by large protests from (Franco-)Comorians demanding to know why the airline had not been banned from French airspace despite its long history of non-compliance with safety standards. The first time FrancoComorians became publicly visible in Marseille was in 1995 when the seventeenyear-old Franco-Comorian Ibrahim Ali, a member of the music group BVice, was shot by members of the extreme-right political party Front National. His murder was devastating for Franco-Comorians; the members of BVice were particularly traumatised by his death, which came to mark the beginning of the end for the group (see interview with Mbae “Soly” Mohammed, Marseille, February 2012). BVice was a rap group consisting of Ibrahim Ali, Mbae “Soly” Mohammed, and other young men of Comorian origin. Following IAM, which turned Marseille into an important centre of French hip-hop in the 1990s, BVice was the second rap group to gain popularity in Marseille in the first half of the 1990s.10 It has received much less scholarly attention than IAM, doubtless due to the fact that, while the group was known for its live concerts, it never released an album. However, BVice played an important role in supporting young rappers in Marseille. In 1991, the group founded the association Sound Musical School in La Savine, a cité located in the very north of Marseille. In addition to rap classes, it offered various other activities and resources to young people such as writing workshops, dance workshops, a recording and a video studio. Many well-known rappers from Marseille were part of the Sound Musical School at some stage in their careers. This is true of many rappers of Comorian background such as Soprano, Psy4 de la Rhyme, and Rohff.11

3.

Soprano

Said M’Roubaba, who goes by the artist name Soprano, was born in the Marseillais cité Plan d’Aou in 1979. His parents had immigrated to France from the Comoros a few years earlier (Soprano 2014, 13). In his autobiography Mélancolique Anonyme, Soprano recounts how his youth was shaped by the neighbourhood in which he grew up and by the connections to the Comoros which his 10 See Tödt (2011) for an extensive analysis of IAM and rap in Marseille during the 1990s; also Helenon (2006, 153), and Prévos (2001, 48). 11 Interview with Mbae “Soly” Mohammed; cf. also Soprano (2014, 30).

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parents maintained. Boredom characterised Soprano’s teenage years. He was fascinated by all kinds of popular culture emanating from the US and particularly by TV shows and rap, which helped him combat the boredom of everyday life (Soprano 2014, 20). Popular culture also allowed him to travel in spirit—in the words of Kenway and Hickey-Moody (2009, 845), to imagine himself “in relation to different places and communities that are filled with the possibilities which [his] embedded live[s] cannot provide.” Aside from boredom, Soprano also suffered from a lack of role models as a teenager. In his autobiography, he emphasises the importance of France’s 1998 World Cup victory for him, an event which turned the footballer Zinedine Zidane into a national superstar. Like him, Zidane was also from Marseille and the son of migrants (albeit from Algeria; Soprano 2014, 219). Today, Soprano himself undoubtedly serves as a role model not only for many children growing up on the northern periphery of Marseille but also more generally: his song lyrics are now studied by pupils in French schools. This is a considerable source of pride for him, given that, as he himself recounts, he was a rather poor pupil (Soprano 2014, 224). Soprano began his hip-hop career with a group called KDB (Kid Dog Black; Soprano 2014, 28) before becoming known to a wider audience with the group Psy 4 De La Rime, with whom he released four albums between 2002 and 2013.12 In 2007, Soprano issued his first solo album Puisqu’il faut vivre, which was followed by the live album Live au Dôme de Marseille in 2008, La Colombe (which topped the French album charts) in 2010, and Le Corbeau in 2011. In 2011, he also re-released these latter two albums as the double album La Colombe / Le Corbeau. In 2012, Soprano released E=2MC’s with fellow artist R.E.D.K. Shortly after his autobiography was published in 2014, the album Cosmopolitanie was released, and a re-release followed a year later as part of the double album Cosmopolitanie – en Route vers l’Everest (2015). Since his start in the early 1990s, Soprano’s style has changed considerably, something he explicitly acknowledges: “My style has evolved a lot, I make urban music, which encompasses rap but also other genres” (Soprano 2014, 310).13 References to various forms of popular culture (music, TV, sports) are present in many of Soprano’s songs, including the highly successful “Hiro” (featuring Indila, 2011), in which he conceptualises imaginary mobility. Narrated from his own perspective, the song imagines what it would be like to possess the timetraveling ability of Hiro Nakamura, a character in the US-American TV series 12 Each of the members of the group chose new pseudonyms such as Soprano, Segnor Alonzo (Kassim Djae), Don Vincenzo (Illiassa Issilame), and DJ Sya Styles (Rachid Ait Baar; Soprano 2014, 33). Rachid Ait Baar (DJ Sya Styles) died in 2015. 13 All interview translations by Birgit Englert.

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Heroes. Rather than conceptualise mobility simply as travel between places, Soprano adopts Hiro’s identity to expand the concept into the temporal realm. This allows him to connect temporally disparate events that matter to him as a private person (such as the birth of his children or the death of his grandfather), as a Comorian in France (such as the crash of the Yemenia Airlines airplane), and as a politically engaged global citizen (such as the imprisonment of the antiapartheid fighter Nelson Mandela in South Africa or the death of the Malcolm X). As Hiro, Soprano also raps that he would have prevented the fatal accident of Lady Diana, welcomed the prophet Mohammed in Medina, made Moses cross the Red Sea, and witnessed the birth of Jesus. Alongside these ‘heroes’ of politics and religion, Soprano includes heroes of popular culture: Jimi Hendrix, whose live concert at Woodstock he would have attended, and Michael Jackson, whom he would have watched perform the moonwalk. With “Hiro,” Soprano inscribes his own biography into a global history which combines the spheres of politics, religion, and popular culture. He makes visible things which are important to him and positions himself in the world in a way that transcends the diasporic context in which he grew up, connecting African histories with histories of African diasporas in Europe and North America.14

4.

Social Mobility: Cosmopolitanie

Soprano’s album Cosmopolitanie (2014) contains a carefully crafted balance of songs on different issues. These range from the explicitly political “Kalash & Roses,” in which he raps about violence in Marseille from the perspective of a mother, to “Hello,” a song about child soldiers, to party songs such as “Le Pain,” “Fresh Prince,” and “Danse ce soir / Midnightilude” to love songs such as “Ti Amo” and ‘“M. et Mme. Smith.” The album starts with a “Préface” in which Soprano positions himself as unwilling to play the role of the “voyou” (“crook”), a role he was assigned by journalists as a rapper with a ‘migration background.’15 Further, he speaks out against racism and in particular against the Front National, thereby continuing a discourse initiated in the epilogue of his autobiography in which he positions himself against the success of the right-wing extremist party in the last municipal elections (Soprano 2014, 307; also Englert 2018, 552). Soprano counters the exclusionary politics of the Front National with a model of inclusion made manifest in his term cosmopolitanie—a utopian space into which he welcomes everyone who wants to join. On his Facebook page, Soprano 14 Full lyrics at https://www.paroles.net/soprano/paroles-hiro (accessed Sep. 10, 2019). 15 Full lyrics at http://www.paroles.net/soprano/paroles-preface (accessed Sep. 10, 2019).

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addresses his fans as “mes Cosmos” (‘my Cosmos’). However, while Soprano’s Cosmopolitanie is cosmopolitan in scope, it is also very much rooted in the city of Marseille, a feature which accords with the observation increasingly made by scholars that local rootedness and cosmopolitan openness must not be seen as oppositional (Glick Schiller and Salazar 2013, 187).16 As Bretillon notes, “Soprano consistently lauds his hometown of Marseille as the source of his musical inspiration, evincing the city’s cosmopolitanism as the secret to his success as an artist” (2013, 110). Soprano emphasises similarities between his music and his hometown at the end of his autobiography: “In my next album, Cosmopolitanie, you will find surprising collaborations, positive messages, love, joy, and—always —the same passion for urban music. Like Marseille, Cosmopolitanie is mixed and sincere. I’m looking forward to showing you around there…” (Soprano 2014, 310).17 Well aware of the problems prevailing in Marseille (which he also expresses very explicitly in songs such as “Kalash & Roses”), Soprano aims to create positive images of his hometown and of his musical ‘home,’ i. e. hip-hop, which also suffers from a negative image. By his own account, Soprano sees it as his mission to combat the many hurtful clichés associated with rap: “[…] what always struck me is the extent to which rap suffers from clichés that are incredibly negative. Violence, hatred, vulgarity, delinquency, and vouyoucratie are all present, whereas I am totally the opposite of all of this. Certain people mix everything up and are always surprised when a rapper does not correspond to their prejudices. And if you break the stereotypes, you are no longer considered a rapper in the eyes of most of them […]” (Soprano 2014, 219).18 Rappers are assigned certain fixed roles and tend to receive public recognition only if they stick to these. In this context, Soprano laments that rappers are 16 Like ‘diaspora,’ ‘transnationality’ or ‘translocality’ (cf. the discussion of these concepts in Englert 2018, 543–544), ‘cosmopolitanism’ is another concept closely related with mobilities. While I do not use it as a theoretical concept myself, cosmopolitanism proved to be a key term with relation to Marseille, especially in the work by Soprano, as will be outlined below. Furthermore, in the last decade Afropolitanism has emerged as a concept which serves to describe “a form of cosmpolitanism with African roots,” as Gehrmann (2016, 61) puts it. Like the broader concept of cosmopolitanism, Afropolitanism is clearly marked by class and thus does not work as a rubric for describing transnational African identity more broadly (Ede 2016, 88–90). 17 “Dans mon prochain album, Cosmopolitanie, vous trouverez des featurings surprenants, des messages positifs, de l’amour, de la joie, et toujours cette même passion pour la musique urbaine. Comme Marseille, Cosmopolitanie est métissé et sincère. J’ai hâte de vous emmener vous y promener…” 18 “[…] ce qui m’a surtout frappé, c’est de voir à quel point le rap souffre de clichés plus que négatifs. Violence, haine, vulgarité, délinquance, voyoucratie, tout se mélange, alors que je suis exactement le contraire de tout cela. Certaines personnes font des amalgames et sont toujours surprises quand un rappeur ne correspond pas à leurs préjugés. Et sitôt qu’on sort de ces stéréotypes, on n’est plus considérés comme des rappeurs aux yeux de la plupart d’entre elles…”

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typically invited to TV shows to talk about their time in prison instead of their talent (Soprano 2014, 224). In 2011, Soprano himself participated in the TV show Sing Off on the French television channel France 2, a move for which he was severely criticised by many in the rap scene. Yet as he notes in his autobiography, for him it was a welcome occasion to reach a new audience (Soprano 2014, 216). Furthermore, the fact that he was asked to coach young singers helped strengthen his self-esteem. This mode of transgression of fixed roles is explored most explicitly in the song “Cosmo,”19 which reached number five on the French music charts. In the first verse, Soprano lists various kinds of people living in Marseille and the different locations in the city where they reside. In contrast to the discourses on cosmopolitanism which shape the politics of the city (Fritsch 2018, 219–221), Soprano’s cosmopolitan Marseille is not composed of ethnicised groups but of people organised into categories such as mothers, singles, gangsters, and hipsters. By listing skin colours and including colours such as grey and green, the song ridicules the concept of race before ultimately asking people to set politics aside and celebrate Marseille as a cosmopolitan space—well aware of the impossibility of this (perhaps utopian) request in the current political climate. Cosmopolitanie is further distinguished as a space which transcends musical borders. This is expressed explicitly in the second verse of “Cosmo” in which Soprano mentions various musical genres (such as funk, reggae, and zouk) as well as other forms of popular culture (most notably sports such as boxing and football) and their celebrity protagonists (Messi, Ronaldo). Similar to his assumption of the identity and superpowers of Hiro Nakamura in “Hiro,” in “Cosmo” Soprano creates visions that challenge existing orders and (hi)stories. He does this by putting himself in the position of defining Marseillais cosmopolitanism and actively creating alternative images of the city and its Comorian community. In the video for “Cosmo,” whose lyrics do not contain any explicit reference to the Comoros in Marseille, Soprano places himself in front of Marseille’s famous basilica Notre-Dame de la Garde. Wearing a kanzu (Comorian dress for men) and kofia (a hat for men), he takes his shoes off before starting to sing and dance. By visually referencing his Comorian and Muslim identity without explicit comment, Soprano blurs boundaries whilst maintaining the visibility of his identity as Comorian. The rest of the video consists of a montage of video clips that fans have filmed of themselves dancing to the music of “Cosmo.” Thus, the video is a collaborative effort with fans which allows Soprano to transcend the borders between himself as an artist and his audience. As the many comments left by fans 19 Full lyrics at http://www.paroles.net/soprano/paroles-cosmo (accessed Sep. 10, 2019); cf. Englert (2018, 553).

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on his Facebook page reveal, Soprano succeeds on his album Cosmopolitanie in going beyond his hip-hop origins to reach out to a broader, multigenerational audience composed of small children as well as grandparents. Moreover, the video for “Cosmo” is not the first in which Soprano establishes Marseille as a cosmopolitan space: he has used iconic imagery of Marseille in many previous videos featuring tourist spots such as Notre-Dame de la Garde as well as “signs and images of Plan d’Aou” (Bretillon 2013, 111). Comorian issues and rhythms do not feature prominently in Soprano’s work, though brief references to the Comoros or the Franco-Comorian community are included in a number of his songs (e. g. “Hiro”). A few of his songs are dedicated to the Comoros, which Soprano first visited at the age of twelve. Since launching his career in France, Soprano has achieved considerable popularity on the Comoros20 as well, in addition to many other Francophone African countries. How much this means to him is revealed at the very outset of his autobiography. Even before starting to recount his upbringing, Soprano writes of how overwhelmed he felt by the large and enthusiastic audience which welcomed him at his December 2011 performance in Conakry, Guinea (Soprano 2014, 11–12). As he emphasises in an interview,21 the response from audiences in various African countries has impacted his oeuvre in a significant way: he notes that songs with positive messages met a much better reception than those offering a banlieue tristesse (‘outskirts sadness’) experience. As is highlighted by much scholarly literature (e. g. the recent collection edited by Aterianus-Owanga and Moulard 2016), hiphop in African countries is not tied to the ‘ghetto image’ that predominates in European countries where the art form is largely associated with young people labelled as ‘having a migrant background.’

5.

Ahamada Smis22

Ahamada Smis is another Franco-Comorian artist based in Marseille who departs from hip-hop in order to transcend borders and create new spaces. However, his manner of doing so stands in marked contrast to the utopianism of Soprano’s Cosmopolitanie: in essence, it involves a re-writing of the Comoros, and by extension Franco-Comorians, into a pre-colonial space held together by 20 For a more extensive discussion of this aspect of Soprano’s oeuvre, see Englert (2018, 547– 548). 21 Booska-p.com, “Soprano. – Booskafrica Brazzaville,” available online at https://www.youtube. com/watch?v=mdAGHmotWHM (accessed Sep. 10, 2019). 22 This part of the article has in parts been previously published in Englert and Fritsch (2015). I gratefully acknowledge the input of Katharina Fritsch in developing some of the arguments presented here.

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shared Bantu origins. Born on the Comoros, Smis migrated to Marseille in 1983 at the age of ten. Contrary to the trope of the rapper from a tough neighbourhood, Smis grew up in Marseille’s seventh district in the more bourgeois southern part of the city. There he encountered various forms of popular music such as rock and pop, but it was hip-hop culture which left the biggest mark on his music. Smis recounts how, after a couple of years in the hip-hop scene, he decided to distinguish his work by drawing on Comorian rhythms such as Sambé, Twarab, Mgodro, and Maloya.23 As he emphasises, his Comorian origins allow him to reach a level of uniqueness within hip-hop which he does not believe he would be able to achieve by drawing on other musical styles.24 On the website of his label Colombe Records, run by his wife Céline Porro, his style is described as a fusion of traditional Comorian music with urban poetry (slam/rap)25 in a spirit of Comorian Afrobeat.26 Smis first left his mark on the world music scene with the release of his first maxi single Gouttes d’eau (‘drops of water’) in 2001. This was followed in 2003 by his mini-album Où va ce monde and subsequent contributions to various compilations before the release of the full-length albums Être (2010), Origines (2013), and Afrosoul (2018). Reflecting on his own experience, Smis argues that Comorians who were born in and/or grew up in France have limited knowledge of Comorian history. As is generally the case with histories of former colonies, Comorian history is largely ignored in French school curricula. Comorian history and culture in Marseille is even less known by the majority population. Smis strongly criticises this attitude for perceiving Franco-Comorians as an essentially “discreet” and “invisible” part of Marseille’s population: “we are being looked at, but people do not know who we are.”27 This sentiment is shared by other artists as well and has caused their rediscovery of Comorian roots and of the history and culture of the Comoros to feature prominently in popular music over the last few years. “Comores” (“Comoros”) on Être (2010) is Smis’s first song in which he narrates the results of his own research into the history of the Comoros—a history which he realised was almost unknown to him in 1999 after returning to the Comoros for the first time in sixteen years. Three and a half minutes long, the track is based on five years of research involving discussions with his parents and other older Comorians, as well as on the consultation of written material. This is what it took for him to feel able to write a song recounting the history of the 23 http://www.colomberecords.com/ahamada-smis-origines-le-live/ (accessed Sep. 10, 2019). 24 Interview with Ahamada Smis, Marseille, February 2012. 25 It is interesting to note the interrelationship between slam and hip-hop, given their different histories as one emerged from a white working-class culture in Chicago, the other from black youth culture in New York (Somers-Willett 2009). 26 http://www.colomberecords.com/origines-2/ (accessed Sep. 10, 2019). 27 Interview with Ahamada Smis.

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Comoros, “from the creation of the volcanoes up to independence,”28 and outlining the numerous translocal connections that have shaped it. In the chorus, he clearly positions himself as Comorian when he says “Comoros, my country” after naming all four islands of the Comorian archipelago—including Mayotte, whose status as a French department has never been accepted by the Union of the Comoros. “Racines” (‘roots’),29 another song on Être, was recorded in Kinshasa in the Democratic Republic of Congo with Staff Benda Bilili, the Congolese group which became famous within the world music scene through the French documentary film Benda Bilili! (2009). In the song, Smis extends his identity to the African continent as a whole, slamming to Congolese rumba sound lines such as “I am Comorian, I am African,” “I am proud to rediscover that my origin is Bantu, I am proud to rediscover that my origin is African,” “I have always looked for my Bantu origins […],” and “Africans, Africa, Africans, Africa.” In this strong affirmation of his African origins, Smis’s pan-African perspective on Comorianness becomes visible—a perspective that is anything but self-evident given that the historic relation of the Comorian archipelago to the Eastern African mainland does not generally play a role in self-representations of the ‘Comorian community,’ as Smis himself emphasises.30 He relates this distancing to the low prestige of Africa among many Comorians, whether living on the archipelago or in other parts of the world. Replicating postcolonial power relations, many do not want to be associated with this continent due to its history of slavery.

6.

Translocal Spaces: Origines

Smis continues to search for his origins on his next album Origines (2013) by systematically tracing the connections of the Comorian community—which he aims to recast in positive light—to Comoros, to countries in eastern Africa, to the Indian Ocean, and finally to France, where he and the majority of his audience live. The content of his songs is reflected in both the fusion/hybrid style which characterises his melodies as well as in the language he uses. The booklet inside the album includes short texts about each song in the form of memories, anecdotes from the recording process, and information about their historical background. The stories told in his songs come from his personal experiences and his encounters with people, musical styles, histories, and geographies. These inspire 28 Interview with Ahamada Smis. 29 https://www.youtube.com/watch?v=GRHofbHZlUU&list=PL85D0C0718BF58F36 (accessed Sep. 10, 2019). 30 Interview with Ahamada Smis.

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various comparisons, such as in the song “Mariama,” named after his sister. As he recounts in the booklet, it was his visit to Zanzibar, which he perceives as a “sister island” to the Comoros, that made him think of her (Smis 2013, 10). Smis’s preoccupation with historical connections, which begins with “Comores,” is most explicit in “L’autre rive” (‘the other shore’). In this song, he notes the cultural similarities between the Comoros, the semi-autonomous islands of Zanzibar and mainland Tanzania. When writing about the latter, Smis switches from French into English, thereby linguistically enacting a move to the mainland: in contrast to “Comores,” in which he retells the history of the Comoros based on enquiries he conducted in Marseille and online, “L’autre rive,” like the other songs on Origines, reflects on his experiences of travelling and the emotions they evoked. On Origines, Ahamada Smis does not limit himself to expressing connections in his lyrics, but rather makes movement an integral part of the album’s conception. While two of the songs on Être were already (partially) produced in a studio in Kinshasa, it is with Origines that Smis fully applies the idea of translocality to the recording process. Using a mobile studio, he recorded Origines on four different islands on which he spent ten days each (Grande Comore, the largest of the Comorian islands; the French department Mayotte; the semi-autonomous Zanzibar; and La Réunion). Meanwhile, his voice, the drum tracks, and parts of the bass tracks were recorded in Marseille. Along his travels, he collaborated with more than twenty musicians, including both well-established artists such as Maalesh (on Grande Comore) and Christine Salem (on La Réunion) and lesser-known ones such as the Femmes de la Lune (on Mayotte). The physical travels and encounters, which helped constitute the recording process, shaped not only Smis’s own artistic work but also his perceptions of the Franco-Comorian diasporic community. This can be seen when Smis recounts how various encounters during his journeys to Tanzania and the Democratic Republic of Congo (DRC)—both countries in which Swahili is widely spoken— made him realize the close connection between Comorian and Swahili. This radically altered his perception of Comorian, a language which he believes is generally regarded as being held in low prestige among Franco-Comorians themselves, given that in France it is not used outside of the Comorian community. In this respect, it contrasts with Swahili, which serves as a lingua franca throughout eastern Africa.31

31 Interview with Ahamada Smis.

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7.

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New Narratives of the Past for the Future: Some Comparative Conclusions

By emphasising his connections to countries in eastern and central Africa and to the Indian Ocean through his lyrics, musical collaborations, and recording locations, Ahamada Smis creates a new narrative of the Comoros and of FrancoComorians. Similarly, Soprano connects elements of European, American, African, and Asian histories in his lyrics. In contrast to Smis, he does not focus on connections between the Comoros and the broader eastern African region but rather on African histories and histories of African diasporic communities in Europe and the USA. Soprano recounts how his oeuvre has been influenced by the reception of his music in Africa, noting that his songs with a positive message have been met more enthusiastically by African audiences than those about the experience of banlieue tristesse.32 Both artists draw on experiences from their travels to the Comoros and other African countries; physical mobility is clearly reflected in their work. In the case of Soprano, his oeuvre is also shaped by popular culture, in particular by US TV series and rap, the consumption of which I regard as a form of imaginary travel. In turn, he translates these influences into other imaginary travels—a reminder that identities are not only reflected in popular culture, but also shaped by it. It is important to underscore this point in view of the prevalence of deterministic analyses of artists in postcolonial contexts which reduce them to their origins. Marseille and French rap are the home bases of Soprano and Ahmada Smis. Both the city and the genre are shaped by postcolonial processes and are associated with negative stereotypes. Soprano aims to change the image of both; Ahamada Smis aims to alter the image of the Comorian community. While Ahamada Smis offers a broader and ultimately more positive perspective on the history of the Comoros, Soprano provides a new and more positive perspective on contemporary Marseille. Whereas Soprano emphasises being Marseillais and cosmopolitan, Ahamada Smis foregrounds his Comorian and African identities. These must not be seen as opposing identities but rather as two sides of the same coin—all these identifications offer alternatives to being French, at least as far as ‘Frenchness’ is stereotypically conceived. Among the younger generation of (Franco-)Comorians, in particular, there is a demand for narratives which transcend the simplistic dichotomy between ‘Frenchness’ and ‘foreignness.’ Many young people from migrant communities do not want to maintain the strict traditionalism to which their parents’ generation still largely subscribes, yet

32 See “BooskAfrica Soprano in Brazzaville”: https://www.youtube.com/watch?v=mdAGH motWHM (accessed Sep. 10, 2019).

Moving beyond Hip-Hop

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also cannot fully identify with France, where they are reminded of their Otherness on a daily basis. Furthermore, both Soprano and Smis bring issues related to the Comoros and to Africa more generally to the attention of a broader public. Smis aims to make Comorian culture more visible to the general French public. Although Comorian issues and rhythms feature less prominently in the work of Soprano, Bretillon (2013, 106) rightly notes that “[p]erhaps no public figure has made Comorian identity more visible in contemporary French popular culture than the hip-hop artist and producer known as Soprano […].” Both thus contribute to changing the majoritarian perspective on what is usually perceived as the Comorian community. Moreover, both artists have become a source of pride to Comorians living on the Comoros and have certainly contributed to popularising rap on the islands. In addition to resituating the Comoros (especially Smis) and Marseille (especially Soprano) in public discourse, both artists also resituate hip-hop as a genre, using hip-hop culture as a basis to create new narratives by drawing on a multitude of genres and references. In doing so, they transcend the stereotypical roles into which rappers are cast while resisting banlieue tristesse and ‘gangsta’ clichés associated in French society with artists ‘with migrant backgrounds.’ By incorporating influences which reflect dimensions of mobility in their work, they create œuvres which resist being pinned down in either the Comoros or Marseille. They thus move away from being ‘migrant rappers’ who suffer from life in the banlieues to being cosmopolitans who (especially in the case of Soprano) create their own universe in an imaginary space. For Soprano, this move from ‘migrant rapper’ to ‘cosmopolitan artist’ goes hand in hand with social upward mobility. With Cosmopolitanie, he situates himself as someone who has made it (e. g. in the song “Fresh Prince”), has a huge fan crowd (e. g. in “Cosmo”), and has beaten melancholy, his personal enemy (“Mélancholie”). Both Soprano and Ahamada Smis are leaving behind dichotomous and fixed structures—mobilizing ideas of being ‘this’ or ‘that.’ Both stress connections through metaphors of mobility, and both do not let themselves be pinned down. They are thus ‘keeping it real’ in the sense of staying loyal to themselves, with all the ambiguities this includes.

Acknowledgements I am grateful for the valuable feedback received from the editors of this volume and many of the other contributors in the course of the research platform’s authors’ workshop. This paper was written with the help of funding provided by

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Birgit Englert

the Austrian Science Fund, project P-26255-G22, which is also gratefully acknowledged.

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Mobilität und Medialität / Mobility and Mediality

Alexandra Ganser

(Im)Mobilität und Medialität im Hollywood-Weltraumfilm: Interstellar und The Martian

1.

Einleitung

Die spezifische Medialität von Film als bewegtem Bild – also audiovisueller Bilderfolge mit ihren ästhetischen, semantischen und materiellen Aspekten – macht das Medium zu einem bevorzugten Ort, Mobilität/en diesseits und jenseits der Erde zu repräsentieren und in das kulturelle Imaginäre einzuspeisen. Immer noch, so Margrit Tröhler, modifiziert Filmisches das subjektive Erleben und die gesellschaftliche Erfahrung sowie das Verständnis von Öffentlichkeit „grundlegend“ und „ordnet die Einschätzungen, Sensibilität und Befindlichkeiten gegenüber medial vermittelten Informationen und Emotionen neu“ (2014, 17). Zudem vermittelt Film atmosphärisch immer ein Bewegungsgefühl, das innere und äußere Bewegtheit – das Bewegt-Sein der Zuschauer*innen und das Bewusstsein der Bilder – in Beziehung setzt (vgl. Tröhler 2014 qua Iros [1938] 1957). Der Weltraumfilm, ein Subgenre des Science Fiction-Films, projiziert dieses Bewegungsgefühl ins All und beschäftigt sich wesentlich mit den technologischen Voraussetzungen und Risiken menschlicher Bewegung sowie der Übersetzung von Kultur und Gesellschaft ins und im All. Als „key medium“ des 20. und 21. Jahrhunderts dient die Kinematographie als Bildproduzentin, die sowohl unterhält als auch zum „visionary ‚impulse generator‘ for factual and national technical and social developments“ wird (Ballhausen 2009, 36). Das früheste Beispiel dafür stellt George Méliès’ Le Voyage dans la Lune (1902) dar. Die USamerikanische Populärkultur spielte dabei nicht erst seit der NASA-Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg eine gewichtige Rolle. Wie zuvor die Mondromane De la Terre à la Lune (1865) von Jules Verne und The First Men in the Moon (1901) des Briten H. G. Wells wurde auch Voyage dans la Lune von der A Trip to the Moon-Attraktion inspiriert, die Méliès 1901 als Teil der Pan-American Exposition in Buffalo, New York gesehen hatte (vgl. Lefebvre 2011, 51–53). In dem aus dieser Erfahrung hervorgehenden Film, einem der bekanntesten Werke aus den Anfangsjahren der Filmgeschichte, übernahm Méliès die Struktur von A Trip to the Moon – Reise zum Mond, Mondlandung, Begegnung und Kampf mit Außerir-

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Alexandra Ganser

dischen, Sieg und Rückkehr zur Erde –, die das Genre jahrzehntelang formelhaft prägte (vgl. Dixon und Foster 2008, 12–13; Ballhausen 2009, 37). Als Wissenschaftssatire, so Alison McMahan, sei Le Voyage dans la Lune ein frühes Beispiel des pataphysichen Films („pataphysical film“, 2005, 4), der eine angenommene Logik als unlogisch entlarvt und unfähige Wissenschaftler sowie unmögliche Überschreitungen physikalischer Grenzen aufs Korn nimmt. Trotz anti-imperialistischer Anklänge im letzten Teil (insbesondere der Parade-Sequenz), in denen die Weltraumkolonisatoren als stümperhafte Pedanten dargestellt werden, die gnadenlos außerirdisches Leben attackieren, einen Gefangenen misshandeln und sich selbst beweihräuchern (vgl. Solomon 2011, 8; Ezra 2000, 121); und trotz indirekter Kritik an der französischen Klassengesellschaft, deren hierarchische Muster auch auf dem Mond zu finden sind, ist es der erste Film, der die Fantasien des Menschen angesichts eines damals noch weitgehend unerforschten Universums aufgreift und affektiv durch den Einsatz verschiedener kinematographischer Mittel lenkt bzw. weiterspinnt – die vielleicht grundlegendste Funktion des Science Fiction-Films. Technisch gesehen nimmt dieser erste Weltraumfilm vorweg, dass die Umsetzung einer solchen Thematik für die Leinwand aufwändig ist und neuer kinematographischer Mittel bedarf. Als professioneller Zauberkünstler brachte Méliès den Einsatz von Bühneneffekten wie verborgene Falltüren oder Pyrotechnik in die Welt des Films; zusätzlich setzte er neue visuelle Effekte wie Doppelbelichtungen, Split Screens oder Stop-Action / Stop-Motion ein, mit denen er Szenen schuf, die auf der herkömmlichen Theaterbühne nicht darstellbar waren. Diese Eckpunkte der Entwicklung prägen auch den Hollywood-Weltraumfilm seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wobei ein wesentlicher technokultureller Zusammenhang – jener zwischen dem populären Film und der Weltraumforschung – an Gewicht gewinnt. Seit Anbeginn des sogenannten ‚Wettlaufs ins All‘ („space-race“) mit der Zündung der sowjetischen SputnikRakete 1957 haben sich filmische Repräsentationen in den Vereinigten Staaten und die tatsächlichen Entwicklungen in deren Astrotechnologie stark wechselseitig beeinflusst. Die enge Zusammenarbeit zwischen der US-Filmindustrie und der National Aeronautic Space Agency (NASA) erlangte bereits mit Walt Disneys Man in Space und Man and the Moon (beide 1955) sowie Beyond Mars (1957) nationale Berühmtheit. Seit Ende des Kalten Krieges ist der Weltraumfilm eines der wenigen Filmgenres, das auch aus produktionstechnischen Gründen fast ausschließlich in Hollywoods Händen liegt.1 Annett Zinsmeister betont die enge 1 Beispiele von Weltraumfilmen außerhalb Hollywoods sind etwa Larissa Sansours Kurzfilmtrilogie A Space Exodus (2008), Nation Estate (2012) und In the Future They Ate from the Finest Porcelain (2016, mit Søren Lind) oder Cristina De Middels Afronauts sowie satirische Werke,

(Im)Mobilität und Medialität im Hollywood-Weltraumfilm

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Verzahnung von Weltraumforschung und Kunst generell (2008; vgl. ebenfalls Ballhausen 2009, 36): […] ein genauerer Blick auf die vergleichsweise kurz zeitige [sic] Entwicklung der Weltraumtechnologie mit ihren vielseitigen Wechselbeziehungen zur Kunst zeigt, dass Visionen und Fiktionen aus Philosophie, Literatur, Architektur, Film und Bildender Kunst zahlreichen Hypothesen, Entwürfen und Realisationen in der Weltraumforschung bis heute den Boden bereiten und vice versa. (2008, 10)

Die Verbindung zwischen filmischer Populärkultur und Wissenschaftsdiskurs setzt sich im Weltraumfilm des 21. Jahrhunderts fort. Nach Thomas Ballhausen öffnet der Weltraumfilm „something like a metaphorical double-space between real and framed space“ durch dessen „rethinking of human space travel“ (2009, 35). In Zeiten globaler Finanz- und Wirtschaftskrisen ist die NASA mehr denn je auf diesen „double-space“ und die öffentliche Legitimation ihres beständig wachsenden Budgets sowie ihrer Ziele (etwa die Erkundung des Planeten Mars) angewiesen: die ‚Traumfabrik Hollywood‘ scheint hierfür nach wie vor der geeignete Ort zu sein, um solch nationale Diskurse mit zu konstruieren und transnational zu zirkulieren. Sie erzeugt affektiv wirkende Filme, die durch globale kulturelle Ökonomie-Strukturen vermittelt werden, durchaus auch im Sinne einer Amerikanisierung durch die Kulturindustrie – welche selbstredend auch Gegenbilder und -diskurse mobilisiert und Hollywoods Wirkmächtigkeit kritisch reflektiert.2 Im Folgenden untersuche ich zwei Beispiele für Hollywoods astrokulturelle Antwort auf diese Krisen:3 Christopher Nolans Interstellar, ein Blockbuster aus dem Jahr 2014, der 1,2 Milliarden US-Dollar eingespielt hat und für seine Ästhetik, seinen edukativen Wert sowie seine philosophische Dimension bezüglich der Frage nach der menschlichen Existenz im kosmischen Kontext gepriesen wurde, und Ridley Scotts The Martian aus dem darauf folgenden Jahr, ebenso ein Blockbuster und in gewisser Weise eine Gegenerzählung zu den Mobilitätsent-

u. a. der deutsche Klamaukfilm T(R)aumschiff Surprise. Zudem gibt es auch eine kleinere Zahl US-amerikanischer Independentfilme, die sich von den Hollywoodvisionen unterscheiden, etwa Mike Cahills Another Earth (2011), der einen zweiten Planeten Erde über das Doppelgänger-Motiv imaginiert. Dank an Viktoria Metschl für den Hinweis auf Sansour und De Middels. 2 Siehe die in Fußnote 1 erwähnten Filme; zuletzt auch Claire Denis’ High Life (2018). 3 Neef und Sussman beschreiben den astrokulturellen Diskurs als „dominant and unavoidable language transcribing the impact of space and its exploration, as well as the history, archaeology, and rhetoric of astronomy, within the evolving record of cultural critique […] Astroculture embraces not just the entire set of cultural representations of celestial bodies in literature, arts, visual culture, science, philosophy, and the media, but it questions the aesthetic and rational, or cultural and scientific, forms of the world and the universe as a possibility“ (2014, 7; 9); mein Aufsatz folgt diesem Verständnis.

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würfen in Interstellar, wie zu erläutern sein wird.4 Ich gehe der Frage nach, welche Mobilitätsdiskurse und -entwürfe, ja vielleicht sogar hegemonialen Mobilitätsdispositive im Sinne Katharina Manderscheids (2014) an der Schnittstelle zwischen nationaler (final) frontier-Rhetorik und globaler Wirkmächtigkeit im Weltraumfilm zum Tragen kommen.5 Im Anschluss an Michel Foucaults Dispositivbegriff bezeichnet ein Mobilitätsdispositiv laut Manderscheid die offene Struktur eines Netzes aus Gesagtem und Ungesagtem, diskursivem und implizitem Wissen um das Hyper-Mobilitätsregime der neoliberalen Moderne – Stichwort fluide Identitäten, urbane Nomaden oder flexible Arbeitskräfte –, das im 21. Jahrhundert vermehrte Regulation von Bewegung erzeugt. Ein Dispositiv bietet aber auch die Möglichkeit der Um- oder Neuorganisation dieses Wissens um Mobilität, das auch immer qua Massenmedien verhandelt wird. Filmische Repräsentation kann so als ein Schauplatz in dieser offenen Netzstruktur verstanden werden, in dem hegemoniale Mobilitätsentwürfe medial verhandelt werden. In diesem Beitrag fokussiere ich Weltraum(im)mobilitäten, wie sie in Interstellar und The Martian kadriert werden und korreliere diese Entwürfe mit in den USA dominanten Mobilitätsdispositiven. Während sowohl Interstellar als auch The Martian für ihre Ästhetik als auch ihren edukativen Wert im Bereich Astronomie von der Kritik viel gelobt wurden, sind sie aus einer weniger national orientierten und ökokritischen Sicht auf Mobilität und Immobilität kritisch zu reflektieren. Aus ökologiekritischer Perspektive, die in der Imagination von der Beziehung zwischen Erde/Mensch und Universum seit den 1970ern durchaus eine Rolle im Hollywood-Weltraumfilm spielt (vgl. z. B. Richard Fleischers Soylent Green, 1973), muss hinzugefügt werden, dass es ihm heute generell nicht gelingt, über einen problematischen Anthropozentrismus, der die Mitwelt zur Um-welt herabstuft, hinauszudenken – scheinbar umso mehr angesichts bzw. trotz zunehmend schwererer Naturkatastrophen in den USA wie Hurricane Katrina 2005, einer Reihe von Ölkatastrophen im Golf von Mexiko und der Dürre in Kalifornien im Sommer 2015. Während diese Ereignisse und Dokumentationen wie Al Gores An Inconvenient Truth (2006; Reg. David Guggenheim) das Bewusstsein für die Fragilität der Mensch-Natur-Beziehung in den Vereinigten Staaten ge4 Die Auswahl von nur zwei Filmen basiert einerseits auf der Begrenztheit dieses Artikels; andererseits stehen sie als die kommerziell erfolgreichsten Hollywood-Weltraumfilme exemplarisch für das gegenwärtige populärkulturelle re-enactment des frontier-Mythos im All, wie es in unzähligen Varianten mehr oder weniger erfolgreich im 21. Jahrhundert wiederholt wird. 5 Manderscheids Konzept bezieht sich auf das Auto als bestimmend für das Mobilitätsdispositiv des 20. Jahrhunderts. Im Anschluss daran stellt sich die Frage, ob parallel dazu auch ein aeronautisches Dispositiv hegemonial wirkt, das in der Zukunft als interplanetarisch gedacht wird.

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fördert haben, haben sich die Antworten auf und Interpretationen der Krise (z. B. die globale Klimaerwärmung betreffend) ideologisch vervielfältigt. Eine dieser Antworten im Hinblick auf Zukunftsentwürfe für die Menschheit zirkuliert um die Vorstellung menschlichen Exils im oder gar finaler Aussiedlung ins Weltall, d. h. dessen Kolonisierung durch eine Nation, die sich als „Nature’s Nation“ begreift. Die im Barthes’schen Sinne eines ideologisch-naturalisierenden Diskurstypus6 mythische Repräsentation der Vereinigten Staaten als „Nature’s Nation“ geht auf einen Begriff von Perry Miller aus 1955 zurück. In dem Essay „The Romantic Dilemma in American Nationalism and the Concept of Nature“ ([1967] 1974) geht er davon aus, dass das zentrale Problem des US-amerikanischen Selbstverständnisses aus der Besiedlungsgeschichte heraus die „irreconcilable opposition between Nature and civilization“ sei (199) und durch den Mythos einer ‚Nature’s Nation‘ gelöst werde. Als „‚official‘ faith“ der USA (198), wie Miller ihn nennt, erhebt er die vielfältigen Naturlandschaften zur Grundlage nationalen Selbstbewusstseins. Die Selbstrepräsentation als ‚Nature’s Nation‘ ist grundlegend für einen US-amerikanischen Exzeptionalismus, der die angeblich einzigartige Stellung der Vereinigten Staaten in der Welt auf Grundlage natürlichen Reichtums und landschaftlicher Diversität betont (vgl. etwa die Hymne „America the Beautiful“). In diesem begrifflichen Rahmenwerk beziehen die USA ihre Stärke und ihren Wohlstand aus dem von Gott für die Siedler bestimmten natürlichen Reichtum Nordamerikas. Die Nation begreift sich in ihrer Mythologie als von Gott begnadet, auf diesem großen Kontinent, „from sea to shining sea“, ein Leben in Freiheit und Wohlstand zu führen. Dies bestärkt wiederum den Glauben an nationale Ideale wie die erwähnte Freiheit, naturgesetzlicher Gleichheit und unbegrenzter Möglichkeiten in einer „land-fueled democracy“ (Todd 2014, 102). Im kulturellen Imaginären der Vereinigten Staaten reflektiert die Landschaft traditionell – und essentialistisch – die Identität und den Zustand Amerikas, hat paradoxer Weise aber wenig Einfluss auf das tatsächliche ökologische Bewusstsein, das zu einem problematischen „sense of entitlement to natural resources“ (102) einerseits und fehlgeleiteten Naturkulten andererseits führe. Der US-amerikanische Exzeptionalismus basiert auf einem Ideal von Überfluss, das tatsächlich zu einer Apathie gegenüber der Umwelt und einem starken Glauben an den technologischen Fortschritt geführt hat (Schivelbusch [1977] 2015, 85–86), um die Kehrseite der Vorstellung der Neuen Welt als Garten Eden auf Distanz zu halten: das Gefühl der Bedrohung durch das (entlang des 6 Mythos wird bei Barthes als ‚gefrorene‘ Sprache verstanden, als semiologisches System zweiter Ordnung, das auf der Ebene der Konnotation operiert und durch die alltägliche Wiederholung besonders effektiv den ideologischen Gehalt von Zeichen naturalisiert. Vgl. v. a. seine Einleitung zu Mythen des Alltags. Im o.g. Kontext geht es dabei im Speziellen um die wiederholte Artikulation Amerikas als ‚land of plenty‘.

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christlichen Zivilisationsverständnisses konzipierte) Andere der amerikanischen ‚Wildnis‘ und deren Bevölkerung. Wie Leo Marx in seiner klassischen Studie The Machine in the Garden: Technology and the Pastoral Ideal of America ([1964] 2000) beschreibt, wird die Vorstellung agrarischen Reichtums mit der Entwicklung der Eisenbahn Mitte des 19. Jahrhunderts in einen industriell fabrizierten Überfluss übersetzt.7 Diese Logik wird heute in einem Imaginarium planetarischen Reichtums und damit möglicher Welten fortgesetzt, die nur darauf warten, durch harte protestantische Arbeit und einen High-Tech-Agrarianismus an der laut Captain James T. Kirk „Final Frontier“ des Weltalls zum Leben erweckt zu werden.8 Es ist damit schon allein sprachlich offensichtlich, wie der Mythos von „Nature’s Nation“ Ausdruck einer in der frühmodernen Kolonialgeschichte begründeten expansionistischen Ideologie ist, die die Kontinentalexpansion gen Westen im 19. Jahrhundert und ihre imperialistische Fortsetzung ins All weiterdenkt, wie sie unter Präsident Trump gegenwärtig vorangetrieben wird (vgl. die Gründung einer Space Force, Rogers 2018). Dieser Topos taucht bereits in Disneys edukativ-populärwissenschaftlichem und ebenfalls in enger Zusammenarbeit mit der NASA entstandenem Film Beyond Mars auf, der in seiner Visualität und Tonalität Star Trek antizipiert; dramatische Musik etwa begleitet die Diskussion existenzieller Fragen um die Zukunft der Menschheit im All. Die nationale Frontier-Rhetorik blitzt hier besonders in der Figur des Pioniers auf, dessen figurale Semantik des Risikos und des Abenteurergeists von der Disney-Produktion ins All übersetzt wird. Auch in der Wissenschaftspublizistik findet dieser Topos seinen Niederschlag, wenn man sich etwa Buchtitel wie Where Next, Columbus: The Future of Space Exploration (1994), herausgegeben von Valerie Neal, oder Space, the Dormant Frontier: Changing the Paradigm for the 21st Century (1997) von Joan JohnsonFreese und Roger Handberg ansieht, die beide die Reise ins Weltall in eine letztlich eurozentristische Eroberungs- und Expansionsgeschichte einbetten. Die Eroberung immer neuer frontiers greift eine Rhetorik des Kalten Krieges auf, die Ex-Präsident Obama in einer Rede 2010 zum Thema „Space Exploration in the 21st Century“ am John F. Kennedy Space Center evozierte. Obama legitimierte 7 Siehe dazu auch Wolfgang Schivelbuschs klassische Geschichte der Eisenbahnreise: Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert ([1977] 2015), insbes. Kapitel sechs. Schivelbusch unterstreicht die Unterschiede zwischen der US-amerikanischen und der europäischen industriellen Revolution, die in ersterem Fall von der Eisenbahn und der Landwirtschaft anstatt von gewerblicher Produktion getragen wurde (84–85). 8 Dieses Motiv greift nicht zufällig ein ebenso frühmodernes Bild der „Neuen Welt“ auf, nämlich jenes der schlafenden Amerika, die von den europäischen Eroberern zum Leben erweckt wird; siehe etwa den berühmten Kupferstich von Jan van der Straet und Theodore Galle (1589) zur „Entdeckung“ Amerikas durch Amerigo Vespucci, der die Bildunterschrift „Americen Americus retexit, & Semel vocavit inde semper excitam“ („Amerigo entdeckt Amerika wieder, er rief sie einmal und fortan war sie für immer erwacht“) trägt.

(Im)Mobilität und Medialität im Hollywood-Weltraumfilm

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eine Budgeterhöhung der NASA um 6 Milliarden Dollar für Missionen zum Mars und darüber hinaus. Er betonte, dass Amerikaner*innen, „leading the world to space“, den USA helfen würden, „new heights of prosperity here on Earth“ zu erreichen, während sie damit auch die Stärke einer „free and open society“ demonstrierten. Obama zementiert die US-amerikanische Identität als eine Verknüpfung von Pioniergeist, Entdeckermentalität und globaler Führungsrolle: [T]he space program has always captured an essential part of what it means to be an American—reaching for new heights, stretching beyond what previously did not seem possible […] space exploration is not a luxury, it’s not an afterthought in America’s quest for a brighter future—it is an essential part of that quest […] if we fail to press forward in the pursuit of discovery, we are ceding our future and we are ceding that essential element of the American character. We will not only extend humanity’s reach in space—we will strengthen America’s leadership here on Earth. (meine Hervorhebungen)9

Dieses aus einer längeren Rede kondensierte Zitat korreliert die Erforschung des Alls mit dem vorhin beschriebenen Konstrukt eines essentialistisch gedachten US-amerikanischen Nationalcharakters, der hier in Verben der Bewegung zum Ausdruck kommt: „reaching“, „stretching“, „seeking“, „pressing forward“, „extending“. Anhand Christopher Nolans Interstellar zeige ich im Folgenden, wie der Film planetarische Grenzgebiete zum Leben erweckt, indem er dominante US-amerikanische Mobilitätsdiskurse als Erkundung und Entdeckung sowie letztlich Eroberung der Natur und ihrer Gesetze in Szene setzt.

2.

Interstellar als Western-SciFi: Weltraummobilität als Überlebensfrage

Interstellar erzählt eine Familiengeschichte im Mittelwesten einer unbestimmten näheren Zukunft. Mehltauepidemien haben einen weltweiten ökologischen Verfall ausgelöst, der paradoxerweise zum Ende aller Kriege geführt hat, weil alle Streitkräfte aufgelöst sind. Auch die USA sind zu einer scheiternden Agrarnation geworden, die von Sandstürmen, Lungenkrankheiten und Massenflucht geplagt ist. Diese wird in ikonischen Bildern im typischen WPA (Works Progress Administration)-Dokumentarstil der 1930er wiedergegeben, die an die Fotografien der 9 Bezugnehmend auf den sog. Sputnik-Schock (1957) stellt Obama die US-Raumfahrt als klassische Erfolgsgeschichte im Kontext des Kalten Krieges dar: „Americans were dumbfounded. The Soviets, it was perceived, had taken the lead in a race for which we were not yet fully prepared. But we caught up very quick“; mit der Gründung der NASA unter Präsident Eisenhower und Investitionen in „science and math education“, wären die Amerikaner*innen schon bald zu den Gewinnern des Wettlaufs zum Mond geworden, „reaping rewards that have in the decades since touched every facet of our lives“.

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Dust Bowl und der Flucht vor Armut und Staub von Millionen Farmerfamilien nach Kalifornien erinnern (etwa in Interviewsequenzen mit Überlebenden). Cooper (Matthew McConaughey) ist ein verwitweter früherer Astronaut, der zum Farmer geworden ist, um das Überleben seiner Familie – seines Schwiegervaters, seines Sohnes und seiner Tochter Murphy (Jessica Chastain) – zu sichern. In komplizierten Erzählsträngen werden Cooper und Murphy zu den Überresten des NASA-Hauptquartiers geleitet, das im Verborgenen weiterarbeitet und zum „best-kept secret in the world“ geworden ist, wie es im Film heißt. Der Leiter der NASA, Coopers früherer Mentor Professor Brand (Michael Caine), hat ein Wurmloch in Reichweite entdeckt und interpretiert es als Rettungssignal einer galaktischen Intelligenz (auf die in quasi-religiöser Sprache verwiesen wird), die die Menschheit zu bewohnbaren Planeten in einer entfernten Galaxie führen will. Ein Jahrzehnt zuvor hatte die NASA zwölf Astronaut*innen auf die Lazarus-Mission geschickt, um diese Planeten im Hinblick auf eine mögliche Kolonisierung zu erforschen. Drei davon hatten ermutigende Ergebnisse geschickt, und Cooper und seine Crew – Brands Tochter Amelia (Anne Hathaway), die auch in ihrem Styling der Flugpionierin und feministischen Ikone Amelia Earhart gleicht, zwei Wissenschaftler, einige Techniker sowie zwei Roboter als traditionell humoristische Sidekicks – werden entsandt, um die Daten zu retten und damit die Kolonisierung durch den Menschen vorzubereiten. Sollte Brand es allerdings nicht schaffen, den Raketenantrieb so zu verbessern, dass ein Massenexodus möglich ist, würde „Plan B“ umgesetzt werden: die Weltraumkolonisation mittels eingefrorener menschlicher Embryonen. In einer sublimen Space Opera-Sequenz, die stark an Stanley Kubricks 2001: A Space Odyssey erinnert, bewegt sich die Crew in Richtung des ersten vielversprechenden Planeten und landet auf einem riesigen Ozean, dessen Tsunami-artigen Wellen ein Crewmitglied begraben. Die Zeitdilatation resultiert im Verlust von 23 Erdjahren, als sie zum Schiff zurückkehren. Die auf der Erde mittlerweile erwachsen gewordene Murphy, noch immer schwer enttäuscht von der Abreise ihres Vaters, ist zu Professor Brands neuem Zögling geworden. Auf seinem Sterbebett eröffnet ihr Brand, dass der einzige Weg, die Spezies Mensch zu retten, Plan B sei, da Plan A technisch unmöglich wäre; Murphy ist nun auch von ihrem Ersatzvater tief enttäuscht. Auf dem zweiten Planeten finden sie Dr. Mann (Matt Damon), dessen Daten sich als gefälscht herausstellen: Er hatte sie in der Hoffnung gesendet, ein Raumschiff zu ihm zu locken – seine einzige Chance auf Rettung. Cooper plant, nach Hause zurückzukehren, auch, um seine Kinder zu sehen; Mann, der die Mission unbedingt fortsetzen will, attackiert ihn in einem spektakulären Western-Duell mitten in einer Landschaft von Eishöhlen und Schluchten, an dessen Ende Mann stirbt. Die Endurance, die sich nun in gefährlicher Nähe des schwarzen Lochs bewegt, nützt dessen Gravitation als Schleuder. Während auf der Erde wiederum

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51 Jahre vergehen, planen Cooper und Amelia die Landung auf dem dritten Planeten. Cooper entscheidet sich jedoch, sein Shuttle in das schwarze Loch zu fliegen, um die Daten zu sammeln, die für einen Massenexodus benötigt werden. Nachdem er in einen fünfdimensionalen Raum eintaucht, der von zukünftigen Menschen gemacht ist – ästhetisch wieder eine intertextuelle Referenz auf 2001 – kann er mithilfe einer Armbanduhr über Zeit und Raum hinweg im Morse-Code kommunizieren. Gleichzeitig findet Murphy in ihrem alten Zimmer die Armbanduhr ihres Vaters, die er ihr vor seiner Abreise hinterlassen hat, empfängt damit seine Morse-Nachrichten mithilfe des Magnetfelds und löst Brands Gleichung, womit sie den Exodus ins Weltall ermöglicht. Cooper, zurück aus dem Wurmloch, wacht in einer Weltraumkolonie auf einem nunmehr Cooper’s Station benannten Saturnmond auf und ist endlich mit seiner Tochter vereint, die nun allerdings hochbetagt im Sterbebett liegt. Sie drängt ihn, Amelia zu suchen, und so fliegt er durch das Wurmloch zum dritten Planeten, wo Amelia geeignete Bedingungen zur Besiedlung gefunden hat. Das Ende suggeriert, dass sie – sozusagen als metaphorische Eltern einer neuen Welt – nun Plan B umsetzen, was jedoch der Vorstellung der Zuschauer*innen überlassen bleibt. Interstellar stellt existenzielle Fragen zur Rolle des Menschen im Kosmos und auf der Erde und entwirft auf den ersten Blick eine friedliche Wiedervereinigung der Menschheit im Weltall. Der Film erhöht sicherlich auch das Bewusstsein für die möglichen Effekte von Umweltverschmutzung und Klimawandel, was Landwirtschaft und Nahrungsmittelsicherheit betrifft. Außerdem stellt er Überlegungen zur Beziehung zwischen technologischem Fortschritt und gesellschaftlichen Fragen auch hinsichtlich Mobilität und Immobilität an, insbesondere jener, wer ins Weltall aussiedeln darf. Filmkritiker*innen diesseits und jenseits des Atlantiks haben den Film zumeist für seine komplexe Artikulation dieser Thematik gelobt; aus meiner oben skizzierten mobilitäts- und ökokritischen Perspektive allerdings sollten diese Bewertungen aus einer Reihe von Gründen problematisiert werden. Erstens entwirft Interstellars visuelle und verbale Rhetorik sowie seine Figurenkonstellation eine Reihe nationalistischer partes pro toto: die ländliche USamerikanische Familie aus dem sogenannten Heartland des Mittleren Westens repräsentiert die gesamte Nation (Städte werden mit keinem Wort erwähnt), was visuell durch Totalen einer Landschaft unterstrichen wird, die noch immer den Reichtum des Corn Belt zeigt. Die NASA, die ebenfalls als eine nur von dunkler Landschaft umgebene Institution dargestellt wird und die Lazarus-Mission repräsentieren die Zukunft der Nation, indem der Film die Kolonisierung des Weltalls als einzige Überlebensoption konstruiert. Zuletzt wird „Amerika“ hier als legitimer Repräsentant der ganzen Menschheit entworfen:10 Wiederholt wird 10 Vgl. hierzu aus der oben zitierten Rede Barack Obamas seine Beurteilung der Mondlandung:

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das Wort „humankind“ in Kontexten benützt, in denen eigentlich von USAmerikaner*innen die Rede ist; bezeichnenderweise besteht die Lazarus-Mission selbst, die laut Prof. Brand aus „the bravest humans on earth“ besteht, einzig und allein aus US-Amerikaner*innen. Zudem wird immer wieder das offizielle NASA-Logo und die US-amerikanische Flagge gezeigt, und der Saturnmond, Cooper’s Station, ist ausschließlich von US-Amerikaner*innen besiedelt. Zweitens ist die (US-amerikanische) Familie der Zukunft weiterhin als rein angelsächsisch-weiß und heterosexuell konstruiert (der einzige afroamerikanische Astronaut stirbt natürlich);11 der gesamte Film dreht sich letztlich um einen patriarchalen Helden, der immer im Fokus des Films bleibt – trotz der Tatsache, dass es Murphy ist, die letztlich Brands Gleichung löst (sie kommt etwa auf keinem einzigen Filmposter vor). Amerikas Romanze mit dem Weltraum führt damit zu zukünftigen Generationen, die zwar nach genetischer Diversität selektiert sind, aber dennoch symbolische Kinder US-amerikanischer Eltern bleiben: einer Wissenschaftler-Astronautinnenmutter und eines Weltraumcowboys. Auf diese Weise löst Interstellar den Widerspruch zwischen der Maschine und dem pastoralen Ideal des Gartens auf, indem er die beiden Pole in einer neuen Generation vereint. Er porträtiert zwar emanzipierte Frauen und technologisch avancierte landwirtschaftliche Methoden, affirmiert aber damit letztlich auch heteronormativ-weiße Überlegenheit. Sowohl Amelias als auch Murphys Rolle als Wissenschaftlerinnen wird von ihrer Tochterrolle überdeckt: Die Töchter verdanken ihre Karriere ihren Vätern – jenen, die im gesamten Film die eigentlichen Entscheidungen treffen. Ihre Väter statten sie mit wissenschaftlich-rationaler Methodik aus, während sie selbst Größe erlangen, indem sie mit Intuition und Gefühl auf ihr Herz hören (abgekürzt durch die ständige Beschwörung der Liebe, die Zeit und Raum transzendiere), was letztlich zu ihrem Durchbruch als Wissenschaftlerinnen führt. Bis zu einem gewissen Grad bleibt der Film damit auch einem geschlechtsmarkierten Dualismus von Verstand-Emotion, Idee-Gefühl verhaftet. Auch die visuelle Inszenierung stützt die filmische Macht des männlichen Helden: Während wir Murphy meistens mit anderen zusammen und auf Augenhöhe begegnen, wird Cooper oft in close-up-Vollbildern aus Froschperspektive gefilmt. Buchstäblich und metaphorisch schauen wir zu ihm auf, wenn er ein Raumschiff steuert; eine Bildkonstruktion, die seine gottgleichen Fähigkeiten und Bewunderung seines Mutes seitens der Zuseher*innen visuell konstituiert; dies insbesondere, wenn er

„[it] wasn’t just the greatest achievement in NASA’s history—it was one of the greatest achievements in human history“. 11 Vgl. zum Weltraumpatriarchat die kosmofeministische Kritik Pesterfields (2016); zur Weißheitskonstruktion im All Redmond (2016).

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in das schwarze Loch fliegt und sich potenziell opfert, um jene Daten zu sammeln, von denen das Überleben kommender Menschengeneration abhängt. Der Familienname Cooper bezieht sich nicht nur auf den romantischen Western-Autor James Fenimore Cooper, sondern auch auf den weniger bekannten Gordon Cooper, einen der Mercury Seven, der ersten Astronautengeneration. Im Wettlauf gegen die sowjetischen Kosmonauten verkörperten sie Amerikas Hoffnung auf Vormachtstellung im Kalten Krieg (Werth 2009, 59). Gordon Cooper war gleichzeitig der letzte US-Amerikaner, der alleine ins Weltall flog. Die Medien der späten 1950er Jahre verglichen die Mercury Seven mit Kolumbus und den Pionieren Lewis und Clark; Tom Wolfe hat sie in seinem journalistischen Roman The Right Stuff (1979) als „single combat warriors“ beschrieben, die auf archaische Weise als Repräsentanten ihres Volkes um deren Schicksal kämpften (Werth 2009, 69). Diese Parallele wird noch dadurch verstärkt, dass diese erste Astronautengeneration – wie Interstellars Protagonist auch – durchwegs hart arbeitende weiße Männer mit ausschließlich ländlichen oder kleinstädtischen Wurzeln waren (65). Die Anrufung dieser ersten Generation ist kein Zufall: Der Wettlauf ins All wurde auch damals als existenzielle Angelegenheit entworfen, die über die Zukunft der ganzen Welt in Freiheit (Westen) oder Unterdrückung (Kommunismus) entscheide. In Interstellar geht es um eine Zukunft voller neuer Möglichkeiten im Weltraum, die einer NichtZukunft von Administrator*innen und „caretakers“ gegenübergestellt wird, welche hoffnungslos dem Planeten Erde verbunden und damit zur Apokalypse verdammt seien. Die Astronaut*innen in Interstellar erfüllen so ihre traditionelle „therapeutische Funktion“ (Werth 2009, 68) angesichts nationaler Krisen – politischer während des Kalten Krieges, ökologischer und ökonomischer heute – indem sie den Blick in eine fantasierte Zukunft werfen.12 Interstellar konstruiert eine problematische binäre Opposition zwischen jenen, die sich für das Überleben der Menschheit auf der Erde einsetzen, nicht an die Weltraummobilität glauben und als technologiefeindlich dargestellt werden und einer technokratischen Forschermentalität, die das frühmoderne Projekt der Eroberung neuer, reichhaltiger Welten im Weltall fortsetzt: „The choices that humans—here in the real world—actually have to make regarding climate change and the future of the earth are much more complicated, and are nowhere to be found onscreen“ (Gittell 2014). Der Film ist nicht der einzige Science Fiction-Blockbuster der Gegenwart, der die menschliche Zukunft im Weltraum als alleinige Antwort auf den Ökozid entwirft: Diese Hollywood-Erzählung be12 Zur ökonomischen Dimension vgl. Lewis Mumford, der die Raumfahrt als letztes „Sicherheitsventil“ („safety valve“ [1970, 309], in Anlehnung an die frontier-Rhetorik Frederick Jackson Turners) des Kapitalismus aufgrund ihres unstillbaren Materialdursts und ihrer kaum messbaren Konsequenzen sieht.

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gann nicht zufällig in den 1970ern etwa gleichzeitig mit der Umweltbewegung, die u. a. im Nachhall des Bestsellers Silent Spring der Biologin und Zoologin Rachel Carson (1962) entstand – das Buch, das schon vor 55 Jahren vor den Folgen des intensiven Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft gewarnt hat, indem es ein dystopisches Bild eines geräuschlosen Frühlings zeichnete (der erste ökokritisch orientierte SF-Film aus den USA, Douglas Trumbulls Silent Running aus dem Jahr 1972, erinnert an Carsons Buchtitel). Während Silent Running den menschlichen Exodus ins All beklagt, zelebriert Interstellar diesen, ähnlich einem weiteren Blockbuster, James Camerons Avatar aus 2009 (trotz dessen ökologisch sensiblerer Brechung des Frontier-Narrativs, vgl. Bergthaller 2012; Collins 2014).

3.

Der Garten in der Maschine: The Martian

Mein zweites Beispiel, Ridley Scotts gleichnamige Verfilmung von Andy Weirs Bestseller The Martian (2011/2015), bietet hinsichtlich des oben beschriebenen nationalistischen Eroberungs-Mobilitätsdipositivs eine Gegenerzählung zu Interstellar. Der Film war 2015 unter den Top Ten, spielte weltweit über 630 Millionen Dollar ein und wurde so zu Scotts bisher kommerziell erfolgreichstem Werk. Er bekam den Golden Globe in der Kategorie Best Motion Picture–Musical or Comedy und war siebenmal für den Oscar nominiert. Die Kritiken waren meist positiv: Sie lobten die visuellen Effekte, die Filmmusik, die wissenschaftliche Genauigkeit sowie Dialoge und schauspielerische Leistung. Im Boulevardblatt New York Post vergleicht Lou Lumenick (2015) Interstellar mit The Martian, der seines Erachtens ein Überlebensfilm „without the metaphysical and emotional trappings“ seines Vorgängers ist. Manohla Dargis (2015) betont hingegen genau diese Dimension in The Martian und weist darauf hin, dass die Frage nach dem Wesen des Menschseins das zentrale Thema in Ridley Scotts gesamtem Filmschaffen darstellt. Es beinhalte eine doppelte Reise in ein inneres und äußeres Universum: „For this accidental castaway, space is the place where he’s physically marooned, but also where his mind is set free“ (Dargis 2015).13 The Martian erzählt die Geschichte des Überlebenskampfes eines ‚verlorenen‘ Astronauten auf dem Mars. Matt Damon spielt den Astronauten Mark Watney auf der Marsmission Ares III, der nach einem Sandsturm fälschlicherweise für tot gehalten und auf dem Mars zurückgelassen wird, als die Mission von Commander Melissa Lewis (wiederum gespielt von Jessica Chastain) abgebrochen 13 Negative Kommentare bezogen sich auf fehlende Figurentiefe und Überkonstruiertheit, aber auch auf eine „grade-school level celebration“ (Zacharek 2015) von Wissenschaft, die über das Magische triumphiert: „But if we can’t feel a sense of wonder at the magnitude and mystery of space“, fragt die Filmkritikerin, „why even bother?“

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wird. Watney erwacht nach dem Sturm, kehrt zur Basisstation, dem hab (habitat) zurück, operiert sich selbst und beginnt ein Videotagebuch, ein dramaturgischer Kunstgriff, um fehlende Dialoge zu ersetzen: In diesen Sequenzen wird der/die Zuschauer*in direkt angesprochen, als verkörpere er oder sie die Kamera, bevor sich das Voiceover dann meist von der direkten Erzählsituation löst. So spricht Watney immer wieder direkt mit dem Publikum und übermittelt, was dieses nur für seine innersten Gedanken halten kann. Auf diese Weise stellt The Martian eine fast intime Verbindung zwischen dem Protagonisten und den Zuschauer*innen her; wir gleichen den Seiten des Tagebuchs, dem er sich und seine Überlegungen anvertraut, ein Stilmittel, das die Bindung zwischen Erzähler und Publikum wesentlich stärkt. Watneys einzige Chance auf Rettung besteht auf den ersten Blick darin, die nächste Ares-Mission in vier Jahren beim Schiaparelli-Krater in 3.200 Kilometern Entfernung zu treffen. Sein größtes Problem ist die Versorgung mit Nahrung, und so improvisiert der Botaniker ein Indoor-Feld, indem er Marserde mit seinen Exkrementen düngt, Wasser aus Überresten von aus Raketenbenzin extrahiertem Wasserstoff gewinnt und Kartoffeln, die für das Thanksgivingessen gedacht waren, einpflanzt. Er beginnt, den einzigen funktionstüchtigen Mars-Rover für die lange Reise vorzubereiten. Auf der Erde entdeckt eine NASA-Mitarbeiterin indessen auf Satellitenfotos die Spuren menschlicher Aktivität auf dem Mars und erkennt, dass Watney lebt. NASA-Chef Sanders entscheidet, die Ares III-Crew nicht darüber zu informieren, um sie nicht abzulenken. Mithilfe von Telekommunikationsüberresten aus einer früheren Mission namens Pathfinder (eine Reminiszenz an James Fenimore Coopers vierten Lederstrumpf-Roman) kann Watney wieder mit der Erde kommunizieren und wird wütend, als er erfährt, dass seine Crew nichts von seinem Überleben weiß; Sanders setzt sie nun davon in Kenntnis. Die NASA bereitet eine Sonde vor, um Watney bis zur Ankunft der Ares IV mit Nahrung zu versorgen. Als Watneys Ernte durch einen Funktionsfehler ebenso wie die Versorgungssonde nach dem Start explodiert, bleibt der NASA nur die Kooperation mit der chinesischen Raumfahrtbehörde, die von Watneys Schicksal anscheinend so bewegt ist, dass sie der NASA eine Geheimrakete anbietet, mit deren Hilfe die Rettung früher erfolgen kann. Sanders weigert sich, das Leben der Crew zu riskieren, diese allerdings bekommt Daten zugespielt und setzt den Plan durch. Hier wird wie in Interstellar deutlich, dass die Grundlage einer Zukunft im Weltall weniger die Bewegung menschlicher Körper als der funktionierende Datentransfer mit dem Heimatplaneten ist. Ein bärtiger, abgemagerter Watney beginnt seine Reise zum SchiaparelliKrater und nützt zuletzt die Druckluft in seinem Marsanzug, um sich in Reichweite des Rettungsseils zu katapultieren. In einer ästhetisierten Choreografie um das orangene Rettungsseil findet Watneys bewegende Wiederbegegnung mit Commander Lewis unter Tränen statt. Zurück auf der Erde wird er nun Über-

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lebenstrainer für die NASA. Diese letzte Filmsequenz beginnt mit Watney auf einer Parkbank, als er einen Keimling bei seinen Füßen entdeckt und ihn im close-up seiner Hand, die die Pflanze, wie den ersten Keimling am Mars, begrüßt („Hey there!“). The Martian endet höchst konventionell und werbefilmartig mit Watneys Vorlesung, in der er neue Weltraumprogramme propagiert und betont, dass das Weltall nicht kooperiert, während die NASA die Ares VI-Mission – und damit das nächstes Kapitel amerikanischer Weltraumfahrt – vorbereitet. In einem letzten Kameraschwenk suggeriert der Film nun doch noch das traditionelle Bewegungsmuster des Weltraumfilms von der Erde ins All; vom NASAHauptquartier aus zieht sich die Kamera immer weiter ins All zurück und zeigt zuletzt eine Version des ikonischen blue marble-Bildes (Apollo 17, 1972) des Planeten Erde (vgl. Neef und Sussman 2014, 15–18), bevor nur noch das Schwarz des Weltraums zu sehen ist. Auch bei diesem Projekt war die NASA eng in den Produktionsprozess eingebunden, indem deren Film and Television-Abteilung das Filmteam in wissenschaftlichen und technologischen, aber auch in Marketingfragen beriet und es in all diesen Bereichen unterstützte (etwa, indem sie Werbung auf ihrer Webseite machte; das NASA-Logo ist wie in Interstellar präsent). Die USRaumfahrtbehörde sah laut Los Angeles Times den Film als Möglichkeit, bemannte Expeditionen zum Mars und die Weltraumforschung generell im hard science fiction-Format zu bewerben.14 Sie lieferte auch hunderte Fotografien vom Mars sowie der eigenen Arbeitsstätten.15 The Martian ist für meine Diskussion von (Im)mobilitätsdiskursen im Hollywood-Weltraumfilm interessant, weil er die Bewegungsrichtung des Weltraumfilms im Großen und Ganzen umkehrt, indem er auf dem Mars beginnt und die Erde zum Ziel hat. Ähnlich wie Gravity von Alfonso Cuarón (2013) thematisiert The Martian auf den ersten Blick Einsamkeit und Einkehr (Nicodemus 2015) anstatt Kampf und Gewalt. Brechen diese grundlegenden Richtungsänderungen also das Eroberungsdispositiv auf ? Mark Watneys Figur bleibt der Vorstellung des Pioniers treu, der als Botaniker und Astronaut jedoch das Wissen um die Natur mit jenem um die Technik vereint, anstatt sie als Gegenpole wie Interstellar darzustellen. Er dreht Leo Marx’ Maschine-im-Garten-Figur sogar 14 Die Wissenschaft ist überzeugt, dass Mikroorganismen auf dem Mars leben können, was der Annahme des Films entspricht. Die hard science fiction ist aber weniger „hard“, was die deutlich geringere Schwerkraft auf dem Mars (im Vergleich zur Erde) betrifft, die im Film nicht berücksichtigt wird. Der Rettungsplan wäre zudem weniger der Geniestreich eines Einzelnen, sondern eines der ersten Manöver, das in solchen Fällen von Astronauten in Erwägung gezogen würde. 15 Newsweek berichtete, dass die NASA noch nie zuvor zu einem so hohen Grad in die Filmproduktion involviert war. Sie entwickelte u. a. ein neues Tool, um Watneys Reise über den Mars im Netz folgen zu können (Lidz 2015).

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um, denn hier ist der Garten nur innerhalb des technisch geschützten Raums des hab möglich (vgl. Spreen 2014, 52). Die Plotstruktur des Films – zwischen Erfolg/ Hoffnung und Rückschlag/Hoffnungslosigkeit pendelnd – und seine audiovisuelle Betonung körperlicher Anstrengung unterläuft sicherlich bis zu einem gewissen Grad die Pioniergeschichte der heroischen Kolonisierung; über weite Strecken sehen wir Damon beim Kartoffelgießen, bei der Ernte, beim Wärmen, beim Kauen, beim Bangen, hören seinen schweren Atem, wenn er seine landwirtschaftliche Arbeit verrichtet und sehen, wie anstrengend jede Bewegung am Mars für den Menschen ist. Eine Kritikerin vergleicht das Verhältnis von Star Wars zur Reagan-Ära der 1980er Jahre mit heute: In den 80er Jahren wurde […] Star Wars in der Öffentlichkeit zum Spitznamen für SDI (Strategic Defense Initiative), Ronald Reagans Projekt eines Atomraketenschutzschildes. Der Marsianer hingegen taugt nicht als Symbolreservoir für reale Kriege. Mark Whatneys [sic] Herausforderer sind Hunger, Einsamkeit, Langeweile. (Nicodemus 2015)

In der Tat inszeniert der Film die Rettung Watneys als US-chinesisches Friedensprojekt. Zudem wird der Mensch eher als herumirrender, schwerfälliger Lichtpunkt in einem dunklen Weltall, dessen Überleben einzig und allein von terrestrischer (Agrar- bzw. Weltraum-)Technologie abhängt denn als heldenhafter Zivilisationsbringer à la Interstellar, dargestellt. Watneys verbale Äußerungen jedoch greifen eine nun techno-agrarisch gewendete Kolonisierungsrhetorik auf. Zitate: „Mars will come to fear my botany powers“; „Fuck you Mars“; „I’m gonna have to science the shit out of this“; „Wherever I go, I am the first“. Sogar völkerrechtliche Überlegungen stellt Watney an, nachdem er die „coolest“ Email von der University of Chicago erhält: dort heißt es, so erzählt Watney, dass „[o]nce you grow crops somewhere you’ve officially colonized it. So technically I colonized Mars. In your face Neil Armstrong“. Dass auf diese überheblichen Aussagen die Vernichtung seiner Ernte folgt und er in die Dunkelheit zurückgeworfen wird, mag zwar die Idee einer Gottesstrafe nahelegen, ändert dennoch nichts an Watneys Selbstdarstellung. Zuletzt stilisiert er sich sogar zu „Mark Watney, Space Pirate“, da der Mars dem internationalen Seerecht unterliege und er das Schiff der Nachfolgemission, Ares IV, beim Schiaparelli-Krater ohne NASA-Erlaubnis kapere. Die durch die Institution NASA ausgeübte Kontrolle über jede menschliche Bewegung im Weltraum wird durch seine individualistische Erzählung konterkariert, denn an der frontier hat die Institution letztlich (noch) keine allumfassende Macht. Hier kommt der Mythos des agrarischen Ideals, der den Einzelnen in seinem Überlebenskampf gegen die Natur als jeder Institution überlegen bzw. vorgängig darstellt, wie ihn bereits Thomas Jefferson entworfen hat, zum Tragen. Wie in Michael Polishs Astronaut Farmer (2006) wird hier das agrarische Ideal US-

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amerikanischer Identität als Affirmation des Einzelnen gegenüber der Macht der Institutionen in den Weltraum projiziert – anders als bei Interstellar, wo es die Vergangenheit repräsentiert. Dass der Film visuell sehr stark auf den Western referenziert, mag nun keine Überraschung mehr sein, sondern entspricht genau dieser Projektion. Langsame Kamerafahrten über eine friedliche, stille Marslandschaft im Stil von Naturdokumentationen, Westerntotalen in ikonisch rötlich-gelber Sonnenuntergangsstimmung und Winnetou-Musik, wenn Watney auf seinem Rover (dem Pferd des 21. Jahrhunderts) allein in der Marslandschaft auftaucht, entsprechen einer klassischen Westernästhetik, die „the vast horizons“ zu entdeckender Landschaften betont und die menschliche Bewegung durch unbekannte Welten wie in den Raumschiffsequenzen harmonisch-sublim darstellt. Die Erforschung des Alls findet zudem innerhalb eines christlichen Frameworks statt: In einer Szene sehen wir Watney in seinem Bett mit einem Holzkruzifix in der Hand, das klischeehaft natürlich dem mexikanisch-amerikanischen Crewmitglied gehört hatte. In gebetsartiger Zwiesprache mit Jesus hofft er auf Verständnis, dass er das Kreuz zum Feuermachen braucht. Wie in Interstellar gibt es daher auch in The Martian eine metaphysische Dimension, die gleichsam die Gottgewolltheit der Raumfahrt andeutet.

4.

Fazit: Der Weltraumfilm und die Absenz des Materiellen

Kurz nach der Mondlandung korreliert Lewis Mumford, einer der führenden Kommentatoren zu den sozialen Auswirkungen des technischen Fortschritts Mitte des 20. Jahrhunderts, treffend die frühmodernen Entdeckungen mit jenen seiner Zeit. In The Myth of the Machine: The Pentagon of Power formuliert er rückblickend: All the forces that had been set in motion by the exploration of our own planet were eventually transferred, with no loss of momentum and no great change of method or goal, to interplanetary exploration, but accompanied likewise by the same defects: the same exorbitant pride, the same aggressiveness, the same disregard for more significant human concerns, and the same insistence upon scientific discovery, technical ingenuity, and rapid locomotion as the chief end of man. ([1968] 1970, 47)

Diese Korrelation von Erforschung und Mobilität – was Mumford die Eroberung der Natur als Eroberung von Zeit und Raum nennt (172) – ist kein Zufall, prägt sie doch auch das mission statement der NASA, das mit expansionistischen Mobilitätsmetaphern gespickt ist: „To advance human exploration, use, and development of space […] NASA is an investment in America’s future. As explorers, pioneers, and innovators, we boldly expand frontiers in air and space to inspire

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and serve America and to benefit the quality of life on Earth“ (meine Hervorhebungen);16 Interstellar, Obama und die NASA verstehen die Wissenschaft im Dienste der Weltraumforschung als dem Leben auf der Erde zuträglich, v. a. hinsichtlich ihres Beitrags zu „immeasurable technological advances that have improved our health and well-being, from satellite navigation to water purification, from aerospace manufacturing to medical imaging“. In Interstellar ist es das Magnetresonanzverfahren (MR), das Cooper zitiert, um Raumforschung und Ingenieurskunst zu rechtfertigen; ironischerweise tut er dies in einer Umgebung, in der MR-Geräte nicht mehr funktionieren, womit die schwere Krankheit seiner Frau unbehandelt bleiben muss und zu ihrem Tod führt. Ob dieser Zweck die Mittel rechtfertigt bleibt zweifelhaft; obwohl die NASA 2009 das Environmentally Responsible Aviation (ERA)-Projekt gestartet hat, das auf eine Reduktion von Umweltschäden infolge der Raumfahrt zielt (Rugg 2013), scheint es wenig Bewusstsein, was die ökologischen Schäden durch tropische Bauxitminen und tatsächliche negative Auswirkungen auf diese Ökosysteme betrifft, zu geben. Sowohl Interstellar als auch The Martian sind damit nur als half-hard science fiction zu bezeichnen: beide blenden eine Reihe ‚harter Tatsachen‘ aus, indem sie die beiden wichtigsten Bedingungen ihrer Erzählung verschweigen. Einerseits sind dies die materiellen Erfordernisse der Raumfahrttechnologien, die auf der neo-kolonialen Ausbeutung menschlicher und nichtmenschlicher Ökologien in den „Space Age Tropics“ aufbauen, wie sie die Mobilitätssoziologin Mimi Sheller in einem Aufsatz (2013) und ihrer Monografie Aluminum Dreams (2014) über die Bauxitminen in Jamaika und Guyana und deren katastrophale ökologische Konsequenzen nennt; andererseits betrifft dies die Materialgrenzen der Mobilität für den menschlichen Körper, die Julie A. Robinson, ISS Chief Scientist, in einem Vortrag im Naturhistorischen Museum in Wien im Februar 2015 erklärt hat: Obwohl ihre Ausführungen von der gleichen Logik von Erforschung und Mission im Weltall getragen waren wie jene von Interstellar, betonte sie die Lebensfeindlichkeit des Weltalls und deren Konsequenzen für den menschlichen Körper. Trotz allen technologischen Fortschritts leiden Astronauten weiterhin aufgrund der fehlenden Schwerkraft an Osteoporose und Muskelentropie, selbst nach kurzer Zeit im All; während der Zeit im Weltraum werden sie von ihren Kolleg*innen scherzhaft als „puffy eyes and chicken legs“ bezeichnet, weil sich zudem die Körperflüssigkeiten in Richtung Kopf bewegen und diese Bewegung aufgrund der Druckverhältnisse einen Wasserkopfeffekt hervorruft. Es gibt keinen Hinweis auf (irgendeine) dieser Begrenzungen in Interstellar oder The Martian (noch in irgendeinem anderen mir bekannten Hollywood-Weltraum16 Obama erwähnt in seiner Rede nur die ökonomische, nicht jedoch die ökologische Krise, wenn er durch die Weltraumforschung neue Jobs verspricht als Antwort auf die Sorge, dass Investitionen ins All auf Kosten von Ausgaben zur Problemlösung im Land gehen.

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film der Gegenwart); die Körper sind hier weniger den lebensfeindlichen Bedingungen angepasste Cyborgs als von der Technik abhängige, fühlende, allzu menschliche Menschen. Als re-enactments des frontier-Narrativs versprechen die Filme statt technisierter Körper eine kosmische Verjüngungskur und verdrängen die Grenzen des menschlichen Körpers – vor allem jene des Alterns, des Todes und der physischen Begrenztheit – aus dem Bewusstsein der Zuschauer*innen, indem sie die Eroberung von Zeit und Raum fokussieren.17 Das Mobilitätsdispositiv der Eroberung, das in den USA mythologischen Status genießt und damit unabhängig vom jeweiligen Raum funktioniert, den es zu erobern gilt, ist bis heute dominant. Die massive transnationale Wirkung dieser Vorstellung aber betrifft nicht nur US-Amerikaner*innen: Nicht nur, weil der US-amerikanische Mythos der frontier als universell statt als kulturspezifisch dargestellt wird, sondern auch aufgrund der quasi-globalen Dominanz Hollywoods im Unterhaltungsbereich. Antony Hoffmans Red Planet (2000), Roland Emmerichs 2012 (2009), Neill Blomkamps Elysium (2013) und Brad Birds Tomorrowland: A World Beyond (2015) könnten ebenfalls in diesem Kontext gelesen werden, um Hollywoods Korrelation von Ökozid und Weltraumkolonisierung noch weiter im Hinblick auf das genannte Weltraum-Mobilitätsdispositiv der Eroberung zu differenzieren. Red Planet etwa spielt im Jahr 2050 und ist zwar wie Interstellar positiv-utopisch im Ausblick (Ballhausen 2009, 40), warnt aber auch vor der Idee, die Marskolonisierung durch Terraforming als Zukunftssicherung der Menschen zu projizieren; viel zu fragil seien Technik und ökologische Systeme.18 Wie unterschiedlich diese einzelnen Filme auch ihre Erzählungen darüber gestalten, das Andere ist hier nicht mehr von Außerirdischen wie bei Méliès zu Beginn des 20. Jahrhunderts, sondern von der Natur und ihren Gesetzen verkörpert, die bezwungen werden müssen. The Martian nimmt das frontier-Narrativ der Eroberung immer neuer Territorien und Welten auf, wenn er auch die Richtung der Bewegung wieder gen Erde lenkt. Captain Kirks „final frontier“ wird derzeit von Hollywood in einer Vielzahl kosmischer Grenzräume 17 Eine detaillierte Diskussion über die Abhängigkeiten von Körper und Materialität des technisierten Lebensraums im Weltraum findet sich bei Spreen (2014, insbes. 57–63). 18 Im eröffnenden Voiceover-Monolog heißt es demgemäß: „By the year 2000, we’d overpopulated, polluted and poisoned our planet faster than we could clean it up. […] By 2025, we knew we were in trouble and began to desperately search for a new home: Mars […] we’ve sent unmanned probes with algae bioengineered to grow there and produce oxygen […] all of a sudden, oxygen levels started to drop. We don’t know why. The international community has thrown all its resources behind us. It’s the greatest undertaking man has ever attempted. […] The first manned mission to Mars. The hope and survival of mankind rests on us […] We’re the first travellers to another planet. It’s another giant leap for mankind and if we don’t find out what’s wrong on Mars, it could be our last“. Auch hier sind es NASA-Astronauten, hinter denen eine fiktive internationale Gemeinschaft steht und denen es obliegt, die Menschheit zu retten.

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porträtiert, deren Bezwingung sozusagen performativ den US-Exzeptionalismus und dessen mythologische Wohlstands- und Führungsversprechen affirmieren. Sowohl die Erzählungen in der Wissenschaftspublizistik als auch in der Filmindustrie – die, angeführt von Hollywood und der NASA, ein transnationales Imaginarium des Weltraums entwerfen – können mithilfe der Mobility Studies kritisch hinterfragt und historisiert werden, um mögliche negative Folgen eines solchen kulturellen Imaginären auf Mensch und Mitwelt aufzuzeigen. Diese kritischen Ansätze unterstützen weniger narzisstische Vorstellungen, was die Stellung des Menschen in den Ökosystemen der Erde und des Kosmos betrifft,19 sondern treten dem Lazaruseffekt eines immer wieder erneuerten US-amerikanischen Eroberungsdispositivs entgegen, das beständig neue Territorien als Eroberungsräume inszeniert, vom Nordpol zum Mars. Gefordert ist ein mobilitätsökologisches Konzept, das weder organizistisch argumentiert noch die menschliche Begrenztheit verleugnet – jene psychologisch problematische Reaktion auf die narzisstische Kränkung, die die kopernikanische Wende verursacht hat, indem sie zuerst die Menschen und danach ihre Sonne aus dem Zentrum des Universums geworfen hat.

Literatur- und Filmverzeichnis Ballhausen, Thomas. 2009. „What’s the Story, Mother? Some Thoughts on Science Fiction Film and Space Travel.“ In Humans in Outer Space: Interdisciplinary Odysseys, herausgegeben von Luca Codignola und Kai-Uwe Schrogl, 35–43. Wien: Springer. Barthes, Roland. (1957) 2012. Mythen des Alltags. Berlin: Suhrkamp. Bergthaller, Hannes. 2012. „A Sense of No-Place: Avatar and the Pitfalls of Ecocentric Identification.“ European Journal of English Studies 16, no. 2: 151–162. Bird, Brad, Reg. 2015. Tomorrowland: A World Beyond. Disney. DVD. Blomkamp, Neill, Reg. 2013. Elysium. TriStar. DVD. Cahill, Mike, Reg. 2011. Another Earth. Artists Public Domain. DVD. Cameron, James, Reg. 2009. Avatar. London: Twentieth Century Fox, 2010. DVD. Carson, Rachel. (1962) 2000. Silent Spring. Boston: Penguin. Collins, Marsha S. 2014. „Echoing Romance: James Cameron’s Avatar as Ecoromance.“ Mosaic 47, no. 2: 103–119. Cuarón, Alfonso, Reg. 2013. Gravity. Warner Home Video Germany, 2014. DVD.

19 Vgl. zum Aspekt des Narzissmus Jacques Lacans Introduction of the Big Other ([1955] 1991) und die Interpretation von Neef und Sussman („As reflections, or narcissistic extensions, of compelling power-nodes so exalted as to be stellar, the planets belong to the cosmology of what Lacan will elsewhere term ‚narcissism two‘, a cluster of traits deriving […] from a too prepossessing immersion in the vision, concerns, and volitions of a specific domineering other, a power-source, a mentor, a personal transcendental signifier“, 2014, 22).

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Annegret Pelz

Album und Picknickdecke: Stabilisierende Medien und ephemere Formen mobiler Kollektivbildung

Zehn Jahre nach Gründung der Zeitschrift Mobilities durch Kevin Hannam, Mimi Sheller und John Urry (2006) plädieren Peter Merriman und Lynn Pearce als Herausgeber des Schwerpunktheftes Mobility and the Humanities (2017) dafür, das wegen seiner sozialwissenschaftlichen Fokussierung und seiner Kennzeichnung als ‚neu‘ kritisierte new mobilities paradigm (Urry und Sheller 2006) um das in den Geisteswissenschaften vorhandene Mobilitätsdenken zu erweitern. Gerade weil die Mobilitätsforschung an der Überwindung disziplinärer Trennungen arbeitet, sollten auch die unterschiedlich gelagerten mobility turns der etablierten geisteswissenschaftlichen Denktraditionen und insbesondere die literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit historischer Mobilität, für die Schaffung eines weiten Verständnisses für die Ermöglichung, Wahrnehmung, Choreographie und Darstellung von Bewegung einbezogen werden. Diesem Engagement für transdisziplinäre Mobilitätsforschung schließt sich dieser literaturwissenschaftliche Beitrag an. Er stellt exemplarisch zwei traditionsreiche Formen der mobilen Kollektivbildung und ihrer ästhetischen Aneignung vor, die aus dem Gebrauch mobiler Dinge und aus ephemeren Begegnungen auf Reisen hervorgehen. Neuere kulturwissenschaftliche Publikationen und Forschungsinitiativen zu Gemeinschaft, Zugehörigkeit und Zusammenleben in der mobilen Welt (vgl. Barthes 2007; Ette 2012) konzentrieren sich – wie die Wiener Forschungsplattform Mobile Kulturen und Gesellschaften und das Berliner Exzellenzcluster Temporal Communities. Doing Literature in a Global Perspective – vermehrt auf die Frage, welche Deutungsmuster von mobiler Kollektivbildung greifen, nachdem sich das Paradigma menschlicher Zusammenschlüsse vom Staat als Handlungsträger auf die Ebene der Kulturen verschoben hat. Joseph Vogl hat in Gemeinschaften. Positionen zu einer Philosophie des Politischen (1994) die Aufmerksamkeit auf die Art und Weise gelenkt, wie das Imaginäre seine Wirkung in utopischen Denkbildern von Gemeinschaft entfaltet. Nach dem Verfall von Utopien und nach der Unmöglichkeit, Gemeinschaftsideen an einen entrückten Ort zu verlegen, gilt es heute, restaurative Gemeinschaftsbilder zu dekonstruie-

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Annegret Pelz

ren und die – mit Nancy „undarstellbare Gemeinschaft“ – immer wieder in Szene zu setzen. Diese Leerstelle zu erhalten ist Vogl zufolge der Zweck einer radikal diesseitigen (Bild-)Politik, die maximal über Bilder nach Art der immensen, nicht enden wollenden Baustelle in Kafkas Beim Bau der Chinesischen Mauer verfügen kann (1994, 25). In welcher Weise Gemeinschaft gleichwohl auf symbolisierenden Praktiken, Eigenschaften und Merkmalen beruht, welche die Mitglieder untereinander teilen, untersuchen die Herausgeber*innen des eicones-Bandes Bilder von Gemeinschaften (Fricke et al. 2011, 16). Schon Georg Simmel arbeitet in Untersuchungen über Formen der Vergesellschaftung mit von Menschen geknüpften instabilen, flüchtigen und kontingenten, Beziehungen, die sich in Medien sichtbar konkretisieren (Simmel 1908, 19, 287–288). Weil die Prozesse, in denen Einzelne auf Grund gemeinsamer Interessen zu räumlich nahen oder entfernten Gruppen zusammenwachsen (Simmel 1908, 6), sich der wissenschaftlichen Fixierung weitgehend entziehen, konzentriert sich Simmels mikrologische Formanalyse auf einzelne „Haltepunkte“ wie „Briefe schreiben oder miteinander zu Mittag essen“, in denen ein dynamisches Geschehen in fortwährenden Verknüpfungs- und Lösungsprozessen pulsiert (9, 19; vgl. Danner 2009). Auch in der gegenwärtigen Forschung interessiert der prozesshafte Charakter kultureller Formen als etwas, das als ein „Vollzug zu denken ist. Als ein Vollzug allerdings, der ohne Medien undenkbar ist“ (Krämer 1998, 565). Mit Luhmann, der Form nicht als zeitresistente Struktur, sondern als zeitverbrauchenden Vollzug denkt, betont Krämer, dass sich Medien und Formen in unterschiedlicher Funktion wechselseitig bedingen: Die temporäre und flüchtige Form, z. B. eines Mittagessens, braucht Zeit, um sich durchzusetzen und verbraucht sich dabei, dauerhafte Medien, z. B. ein Brief oder ein Album, sind dagegen „ein Potential, welches durch Formgebung nicht verbraucht, vielmehr erneuert wird“ (Krämer 1998, 559–560). Wie die Literatur diverse Formen von Vergesellschaftung als wechselseitigen Vollzug von dauerhaften Medien und flüchtigen Formen denkt, dafür liefern die Literarisierung von mobilisierten Mahlzeiten und der historische Gebrauch des sozialen Mediums Album gute Beispiele. Im ersten Teil des Beitrags wird daher das kreative Schaffen von Zugehörigkeit durch das Sammeln von Inskriptionen und Erinnerungsbildern in Alben als eine traditionsreiche social media-Praxis vorgestellt, bei der physische Deterritorialisierung (beschleunigte Bewegung in verschiedenen kulturellen Kontexten) und kommunikative Deterritorialisierung (kommunikative Vernetzung durch verschiedenste Kommunikationstechnologien) zusammenwirken (vgl. den Beitrag von Hasenöhrl, Kabelik und MalyBowie in diesem Band). Im zweiten Teil des Beitrags markiert die auf einer Wiese, im Schatten, am Waldrand ausgelegte Picknickdecke den Ort, an dem sich eine Gruppe von Menschen draußen und unterwegs versammelt, um den Augenblick essend, erzählend, musizierend und gesellig zu genießen. Das Picknick ist

Album und Picknickdecke

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ebenfalls ein traditionsreiches, aus der Bibel und der Antike überliefertes Sujet, das insbesondere in der Romantik als gegenkulturelles Geselligkeitsdispositiv in Anspruch genommen wird. Gemeinsam ist den beiden hier vorgestellten Modellen von Kollektivbildung, dass in ihnen portable Dinge als Mittler agieren: Das auf Reisen mitgeführte Album stabilisiert entfernte Zugehörigkeiten, die Picknickdecke vermittelt einen Ort für ephemere Zusammenkünfte in der mobilen Welt.

1.

Zugehörigkeiten schaffen durch portable Netzwerkmedien

Papierene Sammelbücher – album amicorum, Stammbuch, Philothek, Album – sind historische soziale Medien, die durch auf Reisen gesammelte Inskriptionen Interessensgemeinschaften stiften und Netzwerkzugehörigkeiten schaffen. Historisch entsteht die frühneuzeitliche Sammelpraxis diasporischen Ursprungs aus der dynamischen Weltbetrachtung des protestantischen Gelehrtenmilieus (Schnabel 2013), sie verbreitet sich mit zunehmendem globalen Handel und Ideenaustausch schnell in europäischen Adels-, Handwerker-, Soldaten- und Studentenmilieus (Schnabel 2003) sowie unter Frauen (Delen 1989; Zimmermann und Bung 2013). Im 18. und 19. Jahrhundert entwickelt sich das Album zu einem Dispositiv der bürgerlichen Erinnerungskultur (Bickenbach 2001), durch Deportation, Vertreibung und Exil wird es im Laufe des 20. Jahrhundert ein portables Familienarchiv und um die Jahrhundertwende ein wesentliches Referenzobjekt der Generation of Postmemory (Hirsch 2012; Pelz 2013; Windsperger in diesem Band). Die Praxis, kleine, bewegliche Text- und Bildelemente in ein prinzipiell offenes und bewegliches System aufzunehmen (Pelz 2018), lebt heute in der digitalen Facebook-Gesellschaft fort (Simanowski 2016). Wie ein Smartphone diverse Einzelmedien wie Fotoapparat, Brief, Album, Notizbuch, Schreibmaschine, Telegramm, Karte usw. integriert, kann ein papierenes Album alles, was sich zwischen zwei Buchdeckeln flachdrücken lässt, archivieren und transportieren (zum scrapbook vgl. Seidl 2013). Walter Benjamin bezeichnete diese Hybride aus haptischem Objekt und lesbarem Buch als „Buchgeschöpfe[] aus Grenzgebieten“ (1972, 393), Roland Barthes sieht in den kurzen Einträgen, die keine lineare Erzählung ausbilden und die ihren Inhalt diskontinuierlich, in Sprüngen und Momentaufnahmen freigeben, „Anti-Bücher“ (2008, 284), die eher geblättert als gelesen werden.

172 1.1.

Annegret Pelz

Christoph Friedrich Rincks Stammbuch (1783–1784)

Im Jahr 2012/13 widmete die Weimarer Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek der Lesbarkeit dieser ‚Anti-Bücher‘ eine eigene Ausstellung (Raffel 2012). Das Stammbuch des unbekannten Karlsruher Hof- und Stadtvikars Christoph Friedrich Rinck zeigt, wie ein Album durch prominente Inskriptionen seinen Wert erhält. Rinck sammelte auf einer Studienreise durch die Schweiz und Deutschland (1783–1784) in 24 Eintragungsorten insgesamt 180 Inskriptionen – darunter Caroline und Johann Gottfried Herder, Wieland, Lavater, Mendelssohn, Nicolai, Förster und viele andere. Fast alle Inskribenten bedienen ein konventionelles Schema, nach dem die linke Doppelseite leer bleibt und die rechte beschriftet wird. So auch der abgebildete Goethe-Eintrag: Oben rechts auf der Seite findet sich der als „Sprüche Salomons“ ausgewiesene Textteil: „Ein verständiger Mann ist eine theure Seele“, darunter die Angaben zu Ort und Datum: „Weimar, d. 10. Nov. 83“ und die Zueignung „Zum Andenken“ mit der Identifikation „Goethe“: Diese Abbildung ist aus rechtlichen Gründen nur in der Printausgabe enthalten.

Abbildung 1: Goethe-Inskription im Stammbuch Christoph Friedrich Rinck, 10. Nov. 1783, Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek/Stb 641. Blatt 63.

Diese Abbildung ist aus rechtlichen Gründen nur in der Printausgabe enthalten.

Christoph Friedrich Rincks Eintrag zur Begegnung mit Goethe im Tagebuch 1897, Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek/Sign. 10084, Seite 72.

Album und Picknickdecke

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Während der Stammbucheintrag kurz und knapp beglaubigt, dass zwischen dem Albumhalter Rinck und seinem Inskribenten Goethe eine physische, in Ort und Zeit lokalisierbare Begegnung stattgefunden hat, liefert das von Rinck geführte Reisetagebuch weitere Informationen über die Umstände der Begegnung. In dem Eintrag vom 10. November heißt es: Früh um 9 Uhr ließ ich mich bei Herrn Geheimen Rath von Göthe melden, wurde auch gleich vorgelassen. Er empfieng mich höfflich, doch mit der Mine eines Gnädigen. Ich saß neben ihm im Sopha, er fragte etwas Weniges von meiner Reise: ich erkundigte mich, ob er nicht bald wieder etwas wolle druken lassen – er entschuldigte sich aber mit vielen Geschäften. Dann sprachen wir etwas von Herdern. Er schien aber abbrechen zu wollen, denn er schwieg oder antwortete nur kurz mit einem gnädigen ja! oder nein! Ich merkte den Wink, und brach auf, da ich ongefähr ¼ Viertel Stund in seiner Atmosphäre athmete. Sein Ansehen ist gar nicht einnehmend, seine Mine mehr fein und listig, als leutseelig. (Rinck 1897, 72)

Der Tagebucheintrag verdeutlicht, dass der Nachweis eines rituell gestifteten, oberflächlichen ‚Freundschaftsbandes‘ im ausgehenden 18. Jahrhundert nicht wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen musste als eine digitale Freundschaftsbekundung. Doch selbst eine noch so kurze physische Begegnung muss im Raum und in der Zeit angebahnt, koordiniert, im Hinblick auf soziale und kulturelle Grenzziehungen und auf die Handhabung der ästhetischen Mittel ausgelotet werden (vgl. Pfaff-Czarnecka 2012, 44). Die besondere Kürze und die Knappheit (vgl. Daston 2002) des erhaltenen Eintrags dient dem zeitgenössischen Albenhalter als Gedächtnisstütze und Erzählanlass, heutigen Betrachtern erschließt sich die Vielzahl disparater, narrativ nicht eingebundener Details historischer Alben vor allem über vorhandene Epitexte.

1.2.

Hermann von Pückler-Muskaus Erinnerung’s-Bilder (1826–1831)

Eine immense Detailfülle kennzeichnet auch die vier Bände Erinnerung’s-Bilder, die Hermann von Pückler-Muskau auf einer dreijährigen Englandreise (1826–29) klebte. Sie enthalten etwa 1000 handschriftlich kommentierte Grafiken, Zeichnungen und Broschüren mit Landschafts-, Architektur- und Technikansichten sowie Portraits von Zeitgenossen und Karikaturen gesellschaftlicher Ereignisse, die Pückler-Muskau bei Londoner Kunsthändlern kaufte. Zum Herumtragen und Sammeln von Inskriptionen waren die Groß-Folio Bände (56 x 38 cm) jedoch nicht gedacht. Im Unterschied zu Rincks Stammbuch adressieren PücklerMuskaus Souvenirbücher die private ‚Nutzergruppe‘ des erweiterten Familienund Freundeskreises – eine Gebrauchsform, die ab den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts das private Fotoalben charakteristisiert. Mediengeschichtlich markieren Pücklers Erinnerung’s-Bilder den Übergang von den wirklichkeits-

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Annegret Pelz

getreuen Stadt- und Landschaftsansichten der auf Reisen mitgeführten Vedutenalben des 17. und 18. Jahrhunderts zu dem fotografischen Dispositiv der Ordnungs-, Erinnerungs- und Archivierungskultur des 19. Jahrhunderts. Sie dokumentieren zudem die Aktivitäten eines Heiratstouristen, der durch die Englandreise seinen finanziellen Ruin abzuwenden hoffte. Da Pückler-Muskau in London jedoch gleich als Mitgiftjäger und als einer jener „gut aussehenden Aristokraten vom europäischen Festland“ geoutet wurde, die alle mit dem gleichen Ansinnen gekommen waren und von denen das reiche und industrialisierte England im 19. Jahrhundert überschwemmt wurde (Bowman 2015, 8), verfehlte er sein primäres Reiseziel, reüssierte aber als Reiseerzähler: Die von Varnhagen von Ense herausgegebenen und von Goethe positiv rezensierten Briefe eines Verstorbenen erscheinen ab 1830 anonym in vier Bänden und machen den Verfasser zu einem der berühmtesten Reiseschriftsteller im Europa des 19. Jahrhunderts. Die vier Bände von Pücklers nicht-publizierten Erinnerung’s-Bildern befinden sich heute im Archiv der Stiftung Fürst-Pückler-Museum im Park und Schloß Branitz in Cottbus. Die ersten Seiten der Erinnerung’s Bilder. Theil Erste Abteilung. Vom 1te September 1826 Bis Zum 6te April 1827 enthalten familiäre Zugehörigkeitsinsignien – Familienwappen und -portraits sowie eine Ansicht des englischen Hauses im Parkgelände von Muskau, der Standesherrschaft PücklerMuskaus. Ab einer Lithographie des neuen Transportmittels Dampfschiff und dem handschriftlich angefügten Kommentar „Das Dampfschiff, in dem ich von Rotterdam nach London fuhr“ (Bd. I, 22), wechseln die Alben in den Modus eines touristischen Reisealbums. Band zwei der Erinnerung’s Bilder Theil Zweyte Abtheilung. Vom 6ten April bis zum 20ten Februar 1828 widmen sich dem Aufenthalt in London und der englischen Gesellschaft. Der dritte Band Erinnerung’s Bilder Bd. III dokumentiert die Reise durch Irland und Wales bis Dover in seriell geklebten, großformatigen Landschafts- und Stadtansichten. Der vierte Band Erinnerung’s Bilder enthält grafische Blätter französischer Sehenswürdigkeiten: Architekturzeichnungen, Ansichten von Alleen und Palais, Portraits von Straßenhändlern und Bühnendarstellern sowie Skizzen zum Aufbau mechanischer Experimente. Den Schluss bilden Ansichten von Potsdam und Berlin, einige Bilder zum Polnischen Aufstand von 1831 und zum Türkisch-Russischen Krieg und eine Reihe von Leerseiten. Die nachfolgend abgebildete Doppelseite aus dem zweiten Band der Erinnerung’s Bilder ist beispielhaft für den Gebrauch, die Anordnung und Kommentierung der eingeklebten Readymades, aus denen die Alben ausschließlich bestehen. Unter der Lithographie eines Pferderennens „Preparing to Start“ hat man eine Karikatur auf den Tunnelbau unter der Themse: „The Tunnel, another BUBBLE BURST“, ein Portrait des Tunnelbauers „Mr. Brunel“ und ein Heft mit ausfaltbaren Bauskizzen, Sketches and Memoranda of the Works or the Tunnels

Album und Picknickdecke

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Diese Abbildung ist aus rechtlichen Gründen nur in der Printausgabe enthalten.

Abbildung 2: Hermann von Pückler-Muskau: Erinnerung’s Bilder, Bd. 2, 44/45, Stiftung Fürst Pückler Museum Branitz.

under the Thames. From Rotherhithe to Wapping, 1828. Pückler inspizierte den im Bau befindlichen Tunnel unter der Themse, eine Ikone der Moderne, nach einem katastrophalen Wassereinbruch mit der Taucherglocke. Diese Unternehmung ist in den Randnotizen der Erinnerung’s Bilder als wenig angenehm beschrieben: „in der überall geschlossenen Maschine [war] nur wenig“ zu sehen, was „kaum für den heftigen Schmerz in den Ohren entschädigt“ (Bd. II, 41/42). In den publizierten Briefe[n] eines Verstorbenen liest sich das anders. Hier erklärt Pückler in einem Brief vom 19. Juli 1827 zunächst sein allgemeines Interesse an Karikaturen als einer Darstellungsform, die am schnellsten auf ein Ereignis reagiert (Pückler-Muskau 2006, 692), um dann einem weiteren Brief vom 20. August 1827 das Tauchen mit der Glocke als – den „ziemlich starken Schmerz in den Ohren abgerechnet“ – behaglichen Gang in die Tiefe darzustellen: […] fand ich es, je tiefer wir sanken, desto behaglicher in dem metallenen Kasten, der oben dicke Glasfenster hat, neben welchen zwei Schläuche ausgehen, die frische Luft ein- und die verdorbene auslassen. Dieses Behältnis hat keinen Boden, sondern nur ein

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schmales Brett, um die Beine darauf zu stellen, nebst zwei festen Bänken an den Seiten. Einige Grubenlichter geben die nötige Helle. (Pückler-Muskau 2006, 711)

Weitere Kommentare zu Moden, Gewohnheiten und Habitus der englischen High Society weisen ähnliche Unterschiede zwischen privater Notiz und publiziertem Reisebericht auf. Privat spottet Pückler über den englischen Hochadel, der nichts zu tun habe als im Cabriolet Visiten zu fahren, spazieren zu reiten, abends in Gesellschaft zu vegetieren, gegenüber Frauen kein Gefühl zu zeigen und sich dem Studium des „kältesten Egoismus“ zu widmen, dem allgemeinen Ideal und „Schlüssel zu dem glänzendsten Theile der englischen Gesellschaft“ (vgl. Pückler-Muskau 1826–31, Bd. 2, 44/45; Schneider 2005, 187). In den Publikationen werden solche Stellen je nach Land und Ausgabe unterschiedlich abgemildert. So schätzte das deutsche Publikum den gelassenen Konversationston, Anekdotenstil und Witz, mit dem die Reisebriefe Einblicke in die „fashionable Gesellschaft Englands“ und in das unbekannte Landesinnere (Laube 1835, 311) geben. Auf die Autoren des Jungen Deutschlands wirkte die „elegante Satire auf soziale und religiöse Konventionen neu und erfrischend [und die] positive Rezeption der industriellen Revolution in England ließ Pückler als ‚Wegweiser für das 19. Jahrhundert‘ erscheinen“ (Rippmann 2012, o. S.). Die Rezeptionssituation der Erinnerung’s Bilder ist dagegen eine vollkommen andere. Idealerweise besteht diese in einem lebendigen Austausch zwischen dem Albenhalter und einer geringen Anzahl von Personen, die im Kontakt mit dem Album die Blätter selbst wenden und die Betrachtungszeit frei bestimmen können. Nur so erschließt sich, mit Kabakov (1998), die außerordentliche Valenz des Genres, die in dem Vermögen der Bilder und Materialien liegt, die Verbindung zu den Ereignissen nicht nur herzustellen, sondern auch mit einer hohen Realitätsgewissheit auszustatten (vgl. auch Barthes 2008, 126). Fehlt einer historischen Perspektive dieser für die Albenbetrachtung wesentliche zeitgenössische Austausch, müssen die erforderlichen Ergänzungen aus den vorhandenen Medienensembles geschöpft werden – bei Pückler etwa aus den Briefe[n] eines Verstorbenen, der Biographie (Assing 1873–74) und sechs Bänden Briefwechsel und Tagebücher (Assing-Grimelli 1870–76).

1.3.

Max Herrmann-Neiße Reisealbum Herbst 1937

Max Herrmann-Neißes Reisealbum Herbst 1937 (2012) nimmt die im 20. Jahrhundert etablierte Form des touristischen Souvenirbuchs schließlich widerständig in Gebrauch. Der bekannte expressionistische Schriftsteller und Kunsthistoriker Herrmann-Neiße, Verfasser unter anderem der Gedichtbände Verbannung (1919), Um uns die Fremde (1936) und des Romans Der Flüchtling

Album und Picknickdecke

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(1921), war nach dem Reichstagsbrand 1933 aus Berlin über die Schweiz, die Niederlande und Frankreich nach London geflohen, wo er mit Feuchtwanger, Olden und Toller den Exil-PEN gründete. Diese Abbildung ist aus rechtlichen Gründen nur in der Printausgabe enthalten.

Abbildung 3: „Es geht um unsere Freiheitsrechte!“. Max Herrmann-Neiße. Reisealbum Herbst 1937 (2012), erste Seite, Verlag Ulrich Keicher.

In der Emigration und ein Jahr vor Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft, hatte Herrmann-Neiße im Herbst 1937 eine letzte Ferienreise in die Schweiz und nach Frankreich unternommen. Das Reisealbum 1937 dokumentiert das unter erschwerten Visabedingungen realisierte „märchenhafte Erlebnis“ (o. S.) mit eingeklebten Zeitungsausschnitten, Eintrittskarten, Tickets, Hotelaufklebern, Fotos und handschriftlichen Gedichten, die, oberflächlich betrachtet, von den Begleitumständen der Reise nicht tangiert zu sein scheinen. Tatsächlich bezieht Herrmann-Neiße jedoch bereits auf der ersten Seite des Reisealbums Herbst 1937 Stellung gegen die Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit. Wie eine Signatur ist auf der abgebildeten Seite der Namenspartikel „Herrmann“ unter eine Montage der bereisten Orte: Paris, Basel, Lugano, Zürich, Basel, Paris und unter eine Reminiszenz an die Erinnerungsfunktion des Albums gesetzt: „Dies frohe Buch Erinnerung – Halte Dir Dein Leben jung!“. Zusammen mit dem Untertitel „Es geht um unsere Freiheitsrechte!“ verweist die schwarz unterlegte Schlagzeile „WARUM DENN IN DIE FERNE SCHWEIFEN…“ auf die politischen Verhältnisse, die Herrmann-Neiße das sprichwörtlich Gute und Naheliegende aus dem Goethe-Gedicht verwehren. Das Reisealbum 1937 erklärt das touristi-

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Annegret Pelz

sche Lesen kultureller Zeichen (vgl. Culler 1988) zu einer bedrohten Praxis und erhebt Einspruch gegen den Entzug der Freiheitsrechte.

1.4.

Netzwerkbildung, visueller Konsum und subversive Albenpraxis

Die vorgestellten Formen historischer Social Media Praktiken adressieren und versammeln jeweils unterschiedliche Kollektive. Rincks Stammbuch sammelt Inskriptionen und Kontaktdaten als Zugehörigkeitsausweis zu der aufgeklärten Gelehrtengemeinschaft um 1800. Pückler-Muskaus Erinnerung’s Bilder zeigen die Etablierung dominanter Muster der ästhetischen Aneignung von Landschaft und Umwelt in modernen Souvenir- und Andenkenbüchern. Herrmann-Neiße nimmt die im 20. Jahrhundert etablierte Form des Souvenirbuchs unter den Bedingungen von Migration und Exil subversiv in Gebrauch. Allen drei Alben gemeinsam ist ein sich im 18. und 19. Jahrhundert herausbildender touristischer Blick auf geographisch fernliegende „Umwelten“, den John Urry als ästhetische Aneignung und visuellen Konsum bezeichnet. Gemeint ist die Hegemonialisierung der modernen physischen Umwelt – Landschaft, Stadtbild, Industriebauten und Bevölkerung – zur Szenerie und Aussicht (Urry 2015, 386). Rincks bildungsbürgerliches Stammbuch knüpft an frühneuzeitliche Netzwerkpraktiken an, begründet aber kein lebendiges Netzwerk, sondern hat vor allem Souvenircharakter. Als Angehöriger des Hochadels gehört Pückler jener Oberklasse an, die das Erscheinungsbild der Landschaft zum Zweck des visuellen Konsums in großem Umfang bestimmt (Urry 2015, 387). Sein Souvenirbuch adressiert einen Betrachterkreis, der in der Lage ist, sich das kulturelle Kapital anzueignen, das für die Beurteilung und Unterscheidung der verschiedenen Umwelten erforderlich ist. Diesem Kontext sind auch Pückler-Muskaus Andeutungen über Landschaftsgärtnerei (1834) zuzurechnen, eine Schrift, die aus den Erfahrungen der Englandreisen und aus der Umgestaltung der eigenen Ländereien in einen englischen Landschaftsgarten resultieren. Auch Herrmann-Neißes Reisealbum 1937 gibt, oberflächlich betrachtet, ein herausragendes Beispiel für eine kommerzialisierte ästhetische Aneignung von Umwelt, die sich im Europa des frühen 20. Jahrhunderts vor allem auf Italien-, die Schweiz- und auf Frankreich richtet. In allen drei Sammelbüchern stiftet die mobile Sammlungs- und Archivierungstechnik ‚vertragliche Bande‘ zwischen Subjekten, Berühmtheiten und existierenden Objekten (Sehenswürdigkeiten), während das Additionsprinzip ein Miteinander auflistet, das sich auf die Idee produzierbarer und medial stabilisierbarer Beziehungen stützt.

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2.

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Picknick – ephemere Zusammenkünfte in der mobilen Welt

Anders als ein Album, das eine entfernte Gemeinschaft medial stabilisiert, setzt ein literarisches Picknick ein Miteinander in Szene, das auf der Ebene der Objekte wesentlich durch den Wegfall des durch den Tisch organisierten Zwischenraumes gekennzeichnet ist. Die Teilnehmer eines Picknicks agieren in unmittelbar präsentischen und körperbezogenen Formen – scheinbar ohne mediale Kommunikationsmittel. Doch gibt Hannah Arendt zu bedenken, dass auch die alltägliche Kommunikation auf ein Medium angewiesen ist: Fehlt in einer Tischgesellschaft beispielsweise der versammelnde Tisch in der Mitte, sind die einander gegenübersitzenden Personen „durch nichts mehr getrennt, aber auch durch nichts Greifbares mehr verbunden“ (1999, 66). Niels Werber spricht daher vom Tisch als einer „Technologie sozialer Kooperation“ und meint damit, dass diese die Handlungen in routinemäßige und automatisierte Abläufe überführt: Wer sich an den Tisch setzt, begibt sich in eine bestimmte Form von organisierter, technisierter, sozialer Kooperation und erwartet, dass ein Tisch die Zusammenkunft so formatiert, dass Übereinkunft möglich wird (2009, 117). Was jedoch geschieht, wenn die operative Mitte, die die Abstände zwischen Menschen organisiert und die Sprecherpositionen getrennter ‚Individuen‘ verteilt, in Bewegung versetzt wird, ist Gegenstand des literarischen Picknicks. Die Picknickliteratur thematisiert destabilisierte und entautomatisierte Handlungsgefüge von Zusammenkünften, deren gemeinsamer Raum durch eine am Boden ausgebreitete gewebte Decke so gering wie möglich formatiert ist – was der künstlerischen Produktivität die weitesten Entfaltungsspielräume eröffnet. So lässt sich die kleine Adelsgesellschaft, die in Boccaccios Das Dekameron [1492 aus dem pestverseuchten Florenz in ländliche Quarantäne flieht, auf „Teppichen nieder, die […] auf den Rasen gebreitet worden waren“ und beginnt mit dem Erzählen von Geschichten, die alle „durch sinnliche Freuden inspirierte Fabulierlust bekunden“ (Boccaccio 1999, 580). Die aufgeklärte bürgerliche Geselligkeit erweitert das novellistische Muster des „Pickenick“ zu einem informellen „gesellschaftliche[n] Schmaus, wozu jeder Theilnehmer einen Beitrag an Speisen oder Getränken mitbringt“ (Grimm 1878). Die romantische Inszenierung des Bruchs mit den bürgerlichen Schicklichkeitsnormen und die Freisetzung kreativer Individualität (vgl. Oesterle 2015, 360) findet im Picknick ihr ideales Sujet, während Balzac in „La nouvelle théorie du déjeuner“ ([1830] 1940) die Auflösung festgefügter Tischordnungen und die neue Mode des Essens außer Haus für das Aufkommen vieler moderner Unarten verantwortlich macht. In der Kunst ist Manets Déjeuner sur l’herbe (1863, Abb.4) das Sinnbild für Tabubrüche und Verstöße gegen den guten Geschmack (vgl. Ahrens 2006, 31), ein Thema, das seither u. a. Picasso, John DeAndrea, Yue Minjong, Klaus Staeck (vgl. Hölzer et al. 2014) und zuletzt die Fotografin Sara Terry aufgegriffen haben. Grundlegend für

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das literarische Picknick ist Aby Warburgs Beobachtung, dass Manet die Betrachter mit dem Übergang ins Formlose konfrontiert, indem er das Liegen und Lagern am Boden mit Verhandlungen des Unterlegenen, Besiegten und Ausgelieferten in Verbindung bringt (Warburg [1929] 2010, 655; vgl. Pichler et al. 2006). Diese Abbildung ist aus rechtlichen Gründen nur in der Printausgabe enthalten.

Abbildung 4: Édouard Manet: Le déjeuner sur l’herbe (1863, RF 1668), Paris Musée d’Orsay. Schenkung von Etienne Moreau-Nélaton, 1906.

Dorothea Schlegels anonym erschienener Roman Florentin (1801) nimmt das „grüne Lager“ (83) des Picknick als ein gegenkulturelles Dispositiv in Anspruch, das heißt als eine Einrichtung, in der Standpunkte und regulierende Entscheidungen zwischen künstlerischer Produktivität, Formlosigkeit und AusgeliefertSein verhandelt werden. Florentin, ein geheimnisvoller Ausländer und rastlos Umherziehender, der sich abseits der Welt der Konventionen und lächerlichen Höflichkeiten hält, schlägt unterwegs ein Picknick vor: „[M]ich dünkt, es ist Zeit, daß wir uns nach einer Mahlzeit umsehen“ (Schlegel 1801, 82–83). Die Freunde Florentin, Juliane und Eduard befinden sich auf einer kleinen Reise, von der vor allem Eduard hofft, seine Verlobte Juliane möge „auf ein paar Stunden der [gesellschaftlichen Konvention und] Förmlichkeit“ entzogen werden (Schlegel 1801, 71). Juliane war die Erlaubnis zu der Reise aufgrund möglicher Gefahren für Schicklichkeit und Tugend lange verweigert und schließlich nur mit einem um-

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fänglichen Regelwerk an Warnungen, Vorschriften und mit der Versicherung gegeben worden, „gewiß nichts zu übertreten“ (Schlegel 1801, 73–74). Doch gerade der Picknickplatz erweist sich als Schauplatz von ästhetischen und konventionellen Grenzübertritten. Die kleine Gruppe bereitet ihr grünes Lager, deckt an einem schattigen und kühlen Platz ein sauberes Tuch als Tafel auf, legt eine Flasche Wein zum Kühlen in den Bach und verzehrt die Vorräte „unter fröhlichen Scherzen, Gesängen und Lachen“ (84). Eduard, durch den Wein erhitzt und reizbar, bestürmt die verängstigte Juliane, die „jetzt ihr Unternehmen unbesonnen und riesenhaft kühn“ (84) findet, mit Bitten, doch auch unverdünnten Wein zu trinken. Juliane reagiert auf Eduards Ungestüm verschreckt und verängstigt, während Dorothea Schlegel die Formlosigkeiten in erzählerische Produktivität überführt. Ihr Picknickplatz ermöglicht ein anderes Erzählen, in dem Florentin die lange versprochene Erzählung seiner von Zwang und Befreiung handelnden Lebensgeschichte beginnt. Clemens Brentanos „Pickenick des Katers Mores. Erzählung des kroatischen Edelmanns“ (1987, 251–311) steigert die picknickspezifische Regelverletzung in eine Satire lustvoller Verstöße gegen die Sittlichkeitsregularien des Bürgertums (vgl. Böhler 1994; Mielke 2006). Was bei Brentano weitgehend anekdotisch bleibt, wendet Jean Paul poetisch und verwandelt die pickende Form der Essensaufnahme in ein literarisches Verfahren. Aus der Wortbedeutung von piquer – aufpicken, klauen und stehlen – wird das „Pretiosen-Pickenick“ eines diebischen Erzählers (1996a, 31), der seine Mitreisenden in der Postkutsche auffordert, ihm zum Schutz vor einem Gewitter sicherheitshalber alles Metall oder „nur wenigstens Uhren, Ringe, Gelder und dergleichen“ zuzuwerfen, „damit kein Mensch einen Leiter am Leibe hätte“ (1996a, 30). Weil Stehlen und Aufpicken auf Textebene aber auch Zitieren und Montieren bedeutet, erweitert Jean Paul die Idee des Picknicks in ein „Pikenik der feinsten, reizendsten Ideen und Gerichte aus allen Weltaltern und allen Welttheilen“ (Richter 1804, Bd. 3, 7) und lässt daraus das „herrliche Durcheinandersprechen“ und das „Sprech-Pickenick“ (Jean Paul 1996b, 51) einer bunt gemischten Reisegesellschaft entstehen. Theodor Fontanes Erzählung „Ein Picknick in Hampton-Court“ überführt das satirische und gegenkulturelle Potential des Picknicks schließlich in eine Verhandlung des gesellschaftlich und historisch Unterlegenen, Besiegten und Ausgelieferten. Die Erzählung aus den Londoner Reisefeuilletons und Reportagen von 1854 handelt von einer bunten, um eine „Wagenburg von Körben“ (Fontane 1963, 122) versammelte, stadtauswärts rudernde Picknickgesellschaft, die der Erzähler bei der Ankunft in Hampton-Court sogleich wieder verlässt, um die berühmte Bildergalerie des Schlosses, einen mächtigen Zeugen der englischen Geschichte zu besichtigen, die, so der Erzähler, „etwas Männliches“ habe (127). Erst nach Stunden findet er sich auf dem Rasen ein, wo sich „vor [seinen] bewundernden Augen eine wohlgedeckte Tafel“ auf einem weißen Linnen aus-

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breitet, das „reizend […] von dem saftigen Grün des Rasens ab[sticht]“ (132– 133). Die Mitte auf dem weißen Linnen nimmt eine von den „kunstgeübten Händen der alten Mißtreß May“ gebackene, kolossale Hühnerpastete ein, ein Kunstwerk, das die pickenden Finger der Picknickgesellschaft in Windeseile in eine Ruine verwandeln (133). Fontane setzt die flüchtige und formlose, auf dem Boden und auf dem unmöglich stillzustellenden Textil (Lösel 2004) ausgebreitete vergängliche Kunst der Damen in Opposition zu der zeitresistenten Struktur der gerahmten und tradierten Kunstwerke im Schloss. Ohne Rahmung und Stabilisierung verbraucht sich ein Picknick im Vollzug des Essens, während die repräsentativen und formstabilen Kunstwerke in der Galerie überdauern und sich in der Betrachtung beständig erneuern. Diese Abbildung ist aus rechtlichen Gründen nur in der Printausgabe enthalten.

Abbildung 5: Pál Szinyei Merse (1845–1920): Picnic in May 1873, Ungarische Nationalgalerie, Budapest.

Im Laufe des 20. Jahrhunderts wandert das Thema des Formlosen, Entgrenzten, Mobilen und Unterlegenen aus der Randständigkeit des Picknickplatzes in die Metropolen ein. In Ödon von Horváths Geschichten aus dem Wienerwald lagert „sich die ganze Gesellschaft unter eine schöne alte Baumgruppe […] zum Picknick“, wo sich die alltägliche Lebensordnung erst richtig verwirrt ([1931] 2001, 27, 124), in Heimito von Doderers Großstadtroman Die Strudlhofstiege

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wird der Picknickplatz in dem Bewusstsein aufgesucht, „eine Art Recht – auf Entriegelung“ zu haben ([1951] 2003, 482). Die Romane von Kurkow (1999), Siemion (2000) und Hoppe (2006) verbindet mit einer Reihe politischer Ereignisse – dem „Picknickverbot“ im Zentrum italienischer Städte (Süddeutsche Zeitung, 3. Aug. 2007), dem Paneuropäischen Picknick, das 1989 zur Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ führte, mit dem grenzüberschreitenden Picknick des französischen Street-Art-Künstlers Jean René (JR; 2017) an der amerikanischmexikanischen Grenze und mit der Kritik der grassierenden To-go-Kultur – eine gesteigerte Aufmerksamkeit auf gesellschaftliche und kulturelle Umbrüche, in denen sich das Instabile, Flüchtige und Kontingente der von Menschen geknüpften mobilen Beziehungen sichtbar konkretisiert. Die Schriftstellerin Ilse Aichinger, die Fixierungen und Stillstellungen von Grund auf misstraut, verbindet das Picknick schließlich mit einer flüchtigen und instabilen Poetik. In dem Prosastück Meine Sprache und Ich ([1978] 1991) möchte ein Ich mit seiner Sprache ins Gespräch kommen und bereitet ihr ein Picknick am Meeresstrand (Aichinger 1991, 99). Es legt eine Decke in den Sand, beschwert diese mit Steinen und deckt sie sorgfältig mit Bestecken, Tellern und Gläsern. Doch die Sprache lässt sich nicht verlocken. Statt zu speisen und eine dem Picknick entsprechende Fabulierlust zu bekunden, bleibt die Sprache stumm und ist durch nichts davon abzubringen, den Blick dem offenen Meer zuzuwenden, und wie es im Text heißt, „immer auf dieselbe Stelle“ zu starren, die das „Gegenteil gewisser Bilder zu sein“ scheint (200). Bei Aichinger werden die unfeste Picknickdecke, das offene Meer und der Sand zu Referenzobjekten einer Poetik und Sprache in Bewegung. *** Die in diesem Beitrag vorgestellten Texte und Textpraktiken betonen die imaginäre und ephemere Seite mobiler Gemeinschaftsproduktion, und sie perspektivieren historische Verfahren, die mobile Kollektive mit und in Texten ermöglichen, wahrnehmen und choreographieren. Beide Formen mobiler Kollektivbildung, die aus gesammelten Inskriptionen entstehenden Netzwerke und Souvenirpraktiken und die ephemeren Zusammenkünfte geselliger Picknicks – werden durch portable Dinge gestiftet. Das literarische Picknick erörtert die Idee und Praxis der Mobilisierung von Konvivialität (vgl. Adloff und Heins 2015, 10) und macht aus der flexiblen Picknickdecke ein Dispositiv zur Verhandlung des Verhältnisses von Konventionsbrüchen, Destabilisierung und Kreativität. Die in portablen Sammelbüchern konstellierten Kontaktdaten und touristischen Souvenirs führen vor, wie Einzelne durch gemeinsame Interessen und fortwährende Verknüpfungsprozesse zu entfernten, mediatisierten Gruppen zusammenwachsen. Picknickdecke und Album gründen ihre Sozialwelten in einer unauflös-

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lichen Verschränkung von materialen, gesellschaftlichen und narrativen Komponenten: portable Sammel- und Souvenirbücher stabilisieren Erzählungen von mobilen Netzwerken und Interessensgruppen, die zum Picknick einladende Decke mobilisiert Erzählungen von ephemeren, parodistischen und grenzverletzenden Geselligkeiten.

Abbildungsnachweise Abb. 1: Christoph Friedrich Rinck: Stammbuch (1783–1784): Goethes Stammbucheintragung (Stb 641. Blatt 63); Christoph Friedrich Rinck, Tagebuch 1897 (Sign. 10084, Seite 72). Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Abdruck mit freundlicher Genehmigung. Abb. 2: Hermann von Pückler-Muskau: Erinnerung’s Bilder, Bd. 2, 44/45. Leihgabe der Erben des Grafen Pückler Branitz an die Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz / Fotonachweis: SFPM, Fotograf: Thomas Kläber. Abdruck mit freundlicher Genehmigung. Abb. 3: „Es geht um unsere Freiheitsrechte!“. Max Herrmann-Neiße: Daß wir alle Not der Zeit vergaßen. Reisealbum Herbst 1937. Herausgegeben von Klaus Völker. Warmbronn: Verlag Ulrich Keicher 2012, erste Seite. Genehmigung angefragt. Abb. 4: Édouard Manet: Le Déjeuner sur l’herbe (1863; RF 1668). Öl auf Leinwand 208 x 264,5. Musée d’Orsay, Paris. Abdruck mit freundlicher Genehmigung. Abb. 5: Pál Szinyei Merse (1845–1920): Picnic in May, 1873. Öl auf Leinwand 127 x 162,5. Inventarnummer 1547, Ungarische Nationalgalerie, Budapest (vgl. Ahrens 2006). Abdruck mit freundlicher Genehmigung.

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Marianne Windsperger

Preserving Lived Contexts: Yizker bikher as Portable Archives from a Transgenerational Perspective1

1.

Introduction It is in other words, what’s called a Yizkor book: one of the hundreds of books compiled after World War II, filled with reminiscences of people who’d left before the war and the witness statements of those who hadn’t, in order to memorialize the communities— little towns, big cities—that were destroyed, and of course to commemorate, inasmuch as was possible, a way of life that had been lost. I own a copy of this book, which my grandfather used to own; it’s bound in blue cloth, now very faded, and the text is in Hebrew and Yiddish. (Mendelsohn 2007, 53)

In this short passage from the nonfiction memoir The Lost: A Search for Six of Six Million (2006), Daniel Mendelsohn describes his relationship with the yizkor book that commemorates the village of Bolechow, which he received after the death of his grandfather. Memorial books, or yizker bikher as they are known in Yiddish, were created in large numbers during and after the Second World War by migrant hometown associations, or landsmanshaftn, as a reaction to the destruction of Jewish lives and cultures in Eastern Europe. Collected in these books were the memories of people who had already emigrated before the war, eyewitness accounts of those who had survived the Shoah, as well as photographs, lists of names, and town plans. In the immediate aftermath of the Second World War, these books played a crucial role in preserving knowledge about destroyed Jewish lives and communities. Today, they function as important sources for historians and those seeking to understand their own family histories. However,

1 This article is based on a chapter of my dissertation project, the working title of which is Revisiting and Retelling the Shtetl in Contemporary American Literature (University of Vienna). A German version has been published in Exil Interdisziplinär 2 under the title “Lebenszusammenhänge sichern: Yizker bikher als portable Archive in transgenerationeller Perspektive” (see Windsperger 2018, 119–133). Translation: Eléonore Tarla.

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the books’ role in contemporary literature and in conveying a medial history of movement has thus far been neglected.2 My way of reading and understanding yizker bikher is based on their double function and meaning in contemporary literature: on the one hand, I am interested in the way documentary family histories reference yizker bikher; on the other, I examine fictional texts, focusing on the concrete ways of writing and aesthetic practices that draw on these older memorial books. Texts dealing with migration and diaspora from a transgenerational perspective show that fragmentary ways of writing in contemporary literature can be traced back to this older medium, and that the tradition of yizker bikher continues in both fictional and nonfictional texts today.

2.

The Media of Exile and Diaspora

In cultural studies scholarship, the album has been theorized as a diasporic medium which, as a portable archive, preserves the memory of communities that have been shattered by flight and displacement for posterity (see Kramer and Pelz 2013). Meanwhile, the term diaspora has been defined as a community of people “which has spread, through displacement or emigration, from an original or imagined original center to at least two peripheral places”3 (Mayer 2005, 13; trans. Eléonore Tarla). The portable memorial book comes to hold an important meaning in this context of spatial dispersion since it is precisely this object that is saved in times of danger and passed on from generation to generation. In their edited volume “Nach Amerika nämlich!”: Jüdische Migrationen in die Amerikas im 19. und 20. Jahrhundert, Ulla Kriebernegg and Gerald Lamprecht emphasize that narratives about migration and lives that have become fragile express a need for “continuity by passing down and preserving elements of the old identity”4 (2012, 18; trans. E. Tarla). By turning towards the term diaspora and towards media that provide a space for decontextualized elements and shape communities of memory, we can reflect on the conditions of writing, and thus expand and add to the supposed exemplarity (Liska 2013) and singularity of exile writing. The term exile was initially used to describe a person’s forced expulsion from a legal community and banishment to a place outside of that community (Said 2 In her chapter on “The Ghosts of Auschwitz: W.G. Sebald’s ‘Austerlitz’” in Nachbilder: Fotografie und Gedächtnis in der deutschen Gegenwartsliteratur, Silke Horstkotte connects the album described in the text with the yizker bikher of Holocaust survivors (2009, 237–238). 3 “die sich durch Vertreibung oder Emigration – von einem ursprünglichen oder imaginären ursprünglichen Zentrum an mindestens zwei periphere Orte verteilte” (Mayer 2005, 13). 4 “Kontinuität durch das Weitertragen und Bewahren von Versatzstücken der alten Identität” (Kriebernegg and Lamprecht 2012, 18).

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2001, 177). With the increasing use of the term in academic discourse over the past decades, exile has come to mean, more broadly, the embodiment of the absence of home(land), family, familiar ways of life and of native language. This painful experience of exclusion has frequently been reinterpreted as a space of writing and possibility, while displacement has been stylized as the condition for writing and critical thinking itself (Bischoff and Komfort-Hein 2013). Edward Said, however, has urged for a critical view of the creative potential and the role of the intellectual in exile and displacement. In Reflections on Exile, he writes: “[y]ou must first set aside Joyce and Nabokov and think instead of the unaccountable masses for whom UN agencies were created” (2001, 175). Examining yizker bikher offers the opportunity to rethink the function of writing and of collecting in contexts of flight, migration, and exile. Their large number—about 700 books can be found in the New York Public Library— illustrate the role of media in creating community across time and space. If the album is understood as the diasporic medium par excellence,5 this contribution seeks to situate it alongside other book formats whose long media histories are intertwined with periods of increased mobility. Memorial books and yizker bikher are book formats which become more important in situations of exile, uprooting, and historical fracture. When places are left behind, these books are given the function of preserving surroundings, people, knowledge, and contextual meanings, all of which are hence rendered transportable. Collecting and holding on to this knowledge in book form enables a transgenerational transmission6 without requiring a stationary archive.

3.

From the Shtetl into the World:7 The Historical Context of Yizker Bikher

Small cities and villages in Jewish Eastern Europe such as Bolechow, which is described in Daniel Mendelsohn’s book, were (or had to be) abandoned multiple times in Jewish history. Different patterns of movement converge in the migrant hometown organizations of the landsmanshaftn and are expressed in numerous

5 For a discussion of the origins of the album in the Protestant diaspora, see Schnabel (2003). 6 Aleksiun points out that although transgenerational transmission played a role in the conception of these books and is mentioned in many forewords, the language barrier—many of these books were written in Yiddish or Hebrew—meant that descendants often could not read them (2002, 71–72). 7 The title references Maria Kłanska’s Aus dem Schtetl in die Welt: 1772 bis 1938: Ostjüdische Autobiographien in deutscher Sprache (1994).

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memorial books:8 Between 1870 and 1920, about three million Jews emigrated from Eastern Europe to the United States, Canada, Palestine, and Australia. For many inhabitants of Eastern European Jewish shtetls, a migratory movement from a rural environment to large cities had taken place even earlier (Brinkmann 2010, 21). During the Second World War, the majority of the Jewish population was unable to emigrate; most were murdered and the places they once inhabited destroyed. However, efforts to preserve knowledge of these places and people faced with destruction had already begun during the War.9 In the 1940s, emigrants who had left their homes in the first decades of the twentieth century came together with refugees and survivors of the Shoah in landsmanshaftn, associations organized according to place of origin. These associations collected donations for relatives and friends who had stayed in Europe, provided newly arrived people with places to live, organized events, and designed memorial books in which they collected various material. The plans and lists included in these books were reconstructed based on the knowledge of their respective communities. About twenty-two former inhabitants of Kurow contributed to the Kurow yizker bukh: “they sat around a table, and began to review the town and its inhabitants, building by building. They then sent the list to surviving landsmen around the 8 Memorial books and pinkes, community record books, already became an important medium to commemorate events in Jewish communities in the thirteenth century. In these volumes, people inscribed the names of well-known rabbis, community leaders, etc. as well as events that were important for the community. Preserving dates, names, and events in the portable medium of the book allowed for a transportable, deterritorialized form of memory. The following developments are important for Jewish Eastern Europe and the creation of the yizkor book tradition: in 1891—as a reaction to the rapid secularization and urbanization of the Jewish population—the historian Simon Dubnow advocated for the collection of ethnographic, historical, linguistic, and literary material as well as of objects to document the history and present of Eastern European Jews. His historiographic approach was one of ‘history from below’: ordinary people were to collect items from their immediate environment. What was new about his approach was his demand that these ethnographic collections be systematic, organized, and institutionalized. Dubnow’s impulse continued in the zamler movement of the 1920s and 1930s, which was institutionalized in the Yidishn Visnshaftlekhen Institut (Yiddish Scientific Institute, YIVO). After the large waves of Jewish emigration from Eastern Europe to the US, Canada, Palestine, and Latin America, as well as the destruction of the Jewish population’s places of origin, the old memorial books found a medial successor in the yizker bikher in the context of the YIVO Institute as well as the migrant hometown organizations of the landsmanshaftn. Yizkor books now had to replace the memorial books and village chronicles that had disappeared and been destroyed. For a detailed account of the role of yizker bikher, see Kugelmass and Boyarin (1983, 1–50). 9 A number of photo exhibitions showing the life of the population in Eastern European shtetls were curated with the help of YIVO and the landsmanshaftn in New York and financed by donations: “Life Everywhere” at the New School for Social Research (1942), “Children of Want and Fear: Europe Before the War” at the Teacher’s College of Columbia University (1943), “Pictures of Jewish Life in Prewar Poland” (1944), and “Life in the Carpathians” (1945) at the YIVO Institute. See the International Center of Photography’s Roman Vishniac Archive: http://vishniac.icp.org (last accessed Jan. 3, 2020).

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world, the final list numbered some 2,800 people” (Kugelmass and Boyarin 1983, 12). Many yizker bikher include hand-drawn maps of the places with individual houses, schools, businesses, administrative offices, and religious landmarks. In his examination of yizker bikher, Jeffrey Shandler (2014, 75) emphasizes the importance of local topography, which served to connect distinct memories of persons, social institutions, and events with each other. Not only did the textual work require communication between the former inhabitants, so too did covering printing and distribution costs. Addressing diasporic communities from similar places of origin, the books were printed in small numbers and usually financed through donations (Shandler 2014, 74). When the projects were completed, the books were placed on the bookshelves of former inhabitants and passed on within families. However, as Daniel Mendelsohn explains, they often became unreadable as the younger generations did not understand Yiddish:10 I own a copy of this book, which my grandfather used to own; it’s bound in blue cloth, now very faded, and the text is in Hebrew and Yiddish. I used to wonder, when I was a boy and my grandfather would, very rarely, let me handle this precious object, why they published it in a language that (as I then thought) only the victims could understand. (Mendelsohn 2007, 53)

Digitalization and translation projects11 in addition to countless references in documentaries on family histories as well as contemporary fictional literature show that these books are not fading into oblivion, as is often assumed by scholarship. Starting from this observation, this article asks where and in what form knowledge about fragile lived realities is preserved and passed on, and how the diasporic medium of the yizker bikher is referenced and drawn on in a transgenerational context.

4.

Transgenerational References to Yizker Bikher in Documentary Texts My grandfather would show me the photographs in the book, and on a piece of stationery from the company he used to own—my grandfather also had a great impulse to save things, to preserve—which he later placed between the pages separating the He-

10 Due to the transgenerational language barrier, Natalia Aleksiun has described yizker bikher as “unvisited cemeteries” (2002, 72). 11 See the Yizkor Book Project on Jewish Gen: http://www.jewishgen.org/Yizkor (last accessed Jan. 3, 2020) and the New York Public Library website http://yizkor.nypl.org (last accessed Jan. 3, 2020).

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brew and Yiddish sections, he wrote the numbers of all the pages on which his family were mentioned. (Mendelsohn 2007, 53)

As this passage from Daniel Mendelsohn’s The Lost illustrates, in third-generation narratives, yizker bikher are used to transmit historical knowledge in translated and digitized forms. As objects in which material has been inserted and to which traces of specific individuals have been added, they bring into motion individual histories. For Mendelsohn, it is only through lists added to the book by his grandfather that the yizker bukh connects knowledge about the village of Bolechow to the history of his family: This is what he wrote, sometimes in block capitals, sometimes in loping script, very occasionally letting slip an error in spelling […]. The underlining is, uncharacteristically, the only emphasis. It is, indeed, odd to see my grandfather’s writing, which I knew so well—to hear his voice, as it were—describing something so laconically, so devoid of the snaking cadences and the ornate enhancements and additions that once made all those stories about his world, his childhood, this town, so memorable to me. At the bottom of this piece of paper is the printed motto of his company: TRIMMINGS ALWAYS MAKE IT LOOK BETTER. (Mendelsohn 2007, 53)

The grandfather’s absence is foregrounded through his handwritten note: His vocal presence as well as the embellishments typical of his memories are missing; all that is left are names and dates in the form of lists, written on a piece of paper that bears the motto of his company. With the loss of the grandfather’s living memory, the piece of stationery that has been added to the book takes on an important role in passing on knowledge as well as in situating what is represented in the yizker bukh in its historical context. In his book, Daniel Mendelsohn not only describes his research and his journey to Ukraine in detail, but also continually reflects on his role as an arranger of fragmentary memories. He reads the yizker bukh of Bolechow as a historical source and—like the letters and handwritten notes that have been added to the narrative—as a storage medium and a carrier of traces of individual life stories: handwritten notes, names, and nicknames of people, but also Yiddish place names that no longer appear elsewhere. Interacting with the inherited yizker bukh, he notes that it represents only a remnant of the family archive as he remembers the day his grandfather disposed of letters, old documents, and notes. The material is no longer available for the grandson’s research, but would have resulted in him writing a different book if it still were; this unavailability thus illustrates the provisional and incomplete nature of the knowledge that has been preserved: Among these [materials], for instance, was the faded-blue book called Sefer haZikaron Lekedoshei Bolechow, the “Memorial Book of the Martyrs of Bolechow.” Seeing it, this summer day in 1980, I remembered having seen it in his apartment one day years before,

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when I’d come alone to visit him. I was fifteen at the time, and already somewhat officially the family historian, a fact in which my grandfather took great pride, however much he liked to tease me about my importunate questions. During that previous visit, he’d wanted my help in cleaning out a lot of old boxes of “useless things,” as he called them, and I sat next to him for a few hours one day years before, tossing things he was handing me—packets of letters wrapped in rubber bands or string, old driver’s licenses, articles from Reader’s Digest that he’d torn out—into a tall kitchen garbage pail lined with a white plastic bag. […] I berate myself, now, for not having crammed the whole packet into my suitcase; my grandfather would never have noticed. (Mendelsohn 2007, 59)

By now, Mendelsohn’s The Lost: A Search for Six of Six Million is considered the new prototype for nonfiction family histories. Different texts refer to his narrative and are characterized by a similar make and structure, drawing also on the lesser-known yizker bikher as a source.12 A shared characteristic of these books is that they collect material, documents, and photographs which have been decontextualized due to migration and the Shoah. In his book Three Minutes in Poland: Discovering a Lost World in a 1938 Family Film (2014), Glenn Kurtz refers to Mendelsohn’s publication and notes that, unlike Mendelsohn, he did not have the opportunity to learn about his family’s history from his grandfather (24). He knows almost nothing about his family’s places of origin until he finds a film reel in his parents’ apartment: I found the film of my grandparents’ trip in the closet at my parents’ house in Palm Beach Gardens, Florida, in 2009. As soon as I saw what was captured in its images, I knew it had to be restored. My grandfather had filmed just a few minutes of one day in Poland. But this footage preserves impressions of daily life in a way that memory, photographs, and documents cannot. Viewing the film, we see hundreds of faces with individual expressions. We see the patterns and colors of dresses, a sign over a doorway, flowers in a shop window. We see the intricacies of small-town society in the groups that form on the streets. We see the way a hand gesture or the peculiar set of someone’s mouth or brow defines a personality or a relationship. […] But the longer I spent with my grandfather’s film, the richer and more fragmentary its images became. A film, by itself, preserves detail without necessarily conveying knowledge. (Kurtz 2014, 7)

Drawing on this film, which, in contrast to documents, letters, or photographs in family albums at first provides no visible written markings and contextualization, Kurtz attempts to identify the place as well as the people captured on film. The details, traces, and movements of individuals he finds in the moving images need to be complemented by the knowledge from yizker bikher:

12 In What They Saved: Pieces of a Jewish Past, Nancy K. Miller explicitly refers to Daniel Mendelsohn’s book (2011, 214–215).

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Susan Weiss, the only survivor I had been able to locate, was unable to provide a positive identification of the town in my grandfather’s film. In early December 2009, therefore, I turned to libraries and archives to seek confirmation and learn what I could about Nasielsk. At the New York Public Library, I found a privately printed book, Nashelsk – A Name A City A People Eternal! This eighty-page commemorative booklet, which used the Americanized spelling of the town’s name, was dated March 12, 1953, and celebrated the opening of an apartment complex called Nachlat Nashelsk, “New Nasielsk,” outside Tel Aviv in Israel. Paid for by the United Nashelsker Relief Society, based in Los Angeles, the apartments were intended for survivors from the town. The book’s cover pictured a simple two-story apartment house with four units, two on either side of a central stairway. […] Over the coming years, I would become familiar with the names of many Nasielsk landslayt who appear on these lists, “countrymen” from New York, Buffalo, Detroit, Chicago, Los Angeles, and elsewhere. But that day in the library, it was not the names but the pages of photographs that caught my attention: “Leaders of Aid Committee, Nashelsk. 1938.” “Theater group in Nashelsk.” Dozens of faces, often with names written in Yiddish beneath the photos. There were also two images of the Nasielsk synagogue. […] We had confirmed the town. (Kurtz 2014, 61–62)

Discovering the booklet Nashelsk – A Name A City A People Eternal! in the New York Public Library allows the narrator to compare the buildings captured on film with the photographs in the book and thus to identify the place in the film reel. For Kurtz, the book found in the archives of the New York Public Library is primarily a source of information that brings him in contact with former inhabitants of the place. In contrast to the film reel, it does not, however, hold individual traces of his family history. In her book Bashert: A Granddaughter’s Holocaust Quest (2002), which reconstructs the history of her grandmother, Andrea Simon similarly looks for the yizker bukh of Volchin and Visoke, today in Belarus. Like Kurtz, she searches in libraries, research centers, and archives, before finally receiving it from a former inhabitant of the town and survivor of the Shoah: Inside is a light brown booklet, its splotched and frayed cover written in Yiddish; the only thing recognizable to me is the date, 1948. I turn the page and read in English, “Entertainment and Ball Given by the United Wisoko-Litwosker and Woltchiner Relief on February 7, 1948, at Beethoven Hall, 210–214 East 5th Street, New York City.” This is it – the Yizkor book I had been searching for, the only book memorializing the dead of Volchin and Visoke! And there it was all this time, amid the boxes of memorabilia in Hanna Kremer’s Florida apartment. Bashert. Bashert. (Simon 2002, 233)13

The narrator has the book translated into English and subsequently grapples with the memories, historical contributions, and printed letters of survivors—mate13 Bashert is a Yiddish word that describes a connection between humans which is willed by God. It is often translated as ‘soulmate.’

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rial and photographs that have been collected and which trace the patterns of movement of individual persons and networks. The yizker bukh’s disparate contributions show how important it was for former inhabitants to communicate with others who had also left behind their familiar surroundings after the War. For Simon, the concrete connection between the memorial book and her history needs to be established; the dates mentioned in the book and the processes of translation, lines of communication and resulting additions made by survivors of the Shoah play an important role in creating a connection to her family history. In the description of the organization, one date pops out at me. The United WisokoLitowsker and Woltchiner Relief held their first meeting on October 15, 1944. October 15, 1944, exactly two years after most of the Brest Jews were killed at Brona Gora. October 15, 1944, exactly one year before I was born. I flip through the book. Interspersed between articles written in Yiddish are memorial passages, photos, greetings, and best wishes to those establishing a homeland in Palestine. (Simon 2002, 234)

The date of the first meeting of the landsmanshaft of Visoke and Volchin connects the narrator with the date of the killing of the Jewish population in Brona Gora, two years earlier, and with the date of her birth, exactly one year later. These dates become anchor points, connecting events from the history of these places of origin with her own personal history, thereby emphasizing how past, present, and future are interwoven. The book becomes a starting point for a search; the translation and the collective reconstruction of family history evokes former inhabitants’ memories and in turn leads to the collection of new material. Thus, time and again, the transgenerational reference to the yizker bikher generates new knowledge. In What They Saved: Pieces of a Jewish Past (2011), Nancy K. Miller approaches her family’s history with the help of material and objects she receives after her father’s death. In her examination of the different records, photographs, and memorial books, it becomes clear how difficult it is to categorize individual forms of preserving memories: It wasn’t exactly a photo album, although it contained almost thirty pictures, but what else to call it? A memory book, a cross between a scrapbook and an album. My grandmother’s album was a promotional brochure, bound in leatherette, with ten illustrated pages on expensive stock. Published by the Graphic Arts Center of New York. The elaborate self-publication announced the creation of the center in Lower Manhattan, set to open in 1927 (now an elegant twelve-story building at 200 Varick Street). Attached to the pages with paper clips were snapshots, as well as thick cabinet cards from Russia, Argentina and the Lower East Side. As we turned the heavy but now fragile pages, I recognized my grandmother’s sister from Argentina, her husband and daughters, her sister from Canada and her nieces, but no one else. Not one of the photographs was labeled or dated. (Miller 2011, 202–203)

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The narrator and arranger of her grandparents’ memories refers to her own book, What They Saved, which not only describes her search for familial traces, but as a “scrapbook” includes representations of inherited objects, handwritten records, and photographs (Miller 2011, 221). It thus locates the narrator not only in a familial practice of preserving memory in book form, but also in the American tradition of scrapbooking.14 According to Jane Hammond, the scrapbook is an ensemble of found objects from different contexts that are assembled by a collector: “A gathering of found things. Implicitly, the things originate from a variety of places. Only here are they together. And their togetherness poses questions such as who gathered them, and when, and why. In what ways are the things the same and different? What are the relationships between these things?” (2013, 25).

5.

Literary References to the Yizker Bukh Tradition in Fictional Narratives

The documentary and fictional texts discussed in this article are linked insofar as they bring together material from different contexts and document preserved fragments in book form. In Mendelsohn’s book, the narration is located in the liminal space between documentation and imagination—the narrator reflects on his role in arranging and narrating disparate life stories, and he emphasizes that his writing and knowledge about his family’s history needs to remain fragmentary and provide space for different voices: So the trips that we took brought us into proximity with a past that, like the people who inhabited that past, we thought we had lost forever; and from that past, about those people, we rescued so many facts. What had we learned after all of that traveling? He was deaf, she had pretty legs, she was friendly, he was clever, one girl was aloof, or possibly easy, one liked the boys, or perhaps played hard to get. (Mendelsohn 2007, 434)

Mendelsohn here lists recollected details he was able to preserve through his travels to Bolekhiv in modern-day Ukraine and his interviews with former inhabitants of the place. The list-like enumeration illustrates the fragmentary and often contradictory nature of the memories which have been given a place within 14 Ellen Gruber Garvey locates the origins of scrapbooking techniques, which she sees as an American cultural technique, in the late nineteenth century. With the spread of the printing press, scrapbooking gained importance. In American scrapbooks, extracts from press texts were collected and placed in a new context; women and African Americans in particular appropriated grand narratives and created counter-archives through ‘copy and pasting.’ Gruber Garvey notes that different accounts exist of the scrapbook’s origin and that connections can be made to albums and friendship books. One of the main functions of these books is that they demarcate and help shape media groups (see 2013, 25–59).

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the frame of his book. Lists are also an important narrative element of the yizker bikher: in addition to historiographical contributions, the primarily communally created lists of murdered villagers—which include their names, the dates and places of death (if known)—form a central feature of these books. In contemporary fiction dealing with Jewish migration and diaspora from a transgenerational perspective, the tradition of yizker bikher is drawn on in different ways: in the writing of Jonathan Safran Foer and Nicole Krauss, e. g., it becomes clear that books—as movable objects and narrative tools—connect disparate spaces and times. The Book of Antecedents, once updated yearly, was not continually updated, and when there was nothing to report, the full-time committee was reporting its reporting, just to keep the book moving, expanding, becoming more like life: We are writing… We are writing… We are writing… (Foer 2003, 196)

In Foer’s Everything Is Illuminated (2003), the writing of village chronicles (Book of Recurrent Dreams, Book of Antecedents) is addressed and visualized as a central mnemonic device of the inhabitants of the shtetl Trachimbrod (212–213). In Krauss’s The History of Love (2005), set in present-day New York, the protagonist Alma Singer is searching for the Yiddish original version of a book after whose protagonist she is named and which contains information about her family history. The object connects the movements of the novel’s multiple protagonists: Alma receives a Spanish version of the book; her mother translates it into English. Since the Polish author of the Yiddish original was believed to be missing after the War, the translator of the Yiddish text into Spanish, Zvi Litvinoff, came to be seen as its author. The perceived author inscribes his movement from Europe to Latin America in the book, transfers the setting from Poland to Chile, and changes locales and names. Only the protagonist’s name, Alma, remains unchanged. Alma Singer’s search for the book and the author of the Yiddish original creates a space which connects New York, Chile, and Poland as well as the novel’s different narrative threads. In narrative style and structure these novels draw on the older form of yizker bikher as well as the American practice of scrapbooking: the narrative unfolds through the spatial movement of the protagonists; materials are assembled; lists, photos, and diagrams are integrated into the texts. A numbered list titled “Memories passed down to me from my father” (Krauss 2005, 143) enumerates the memories with the Hebrew numbers from one (echad) to ten (eser), another lists memories passed on by her mother (Krauss 2005, 180). The History of Love assembles different narrative voices; the narrative thread that documents Alma’s search for Leopold Gursky, the author of the lost Yiddish book, is written in the form of an enumeration. The enumeration illustrates the process of documentation in young Alma’s notebook and points to the protagonist’s provi-

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sional knowledge, which cannot coalesce into a consistent narration. This is similar to Daniel Mendelsohn, who documents details about members of his family in a list without reshaping these pieces of memory into a narration: “He was deaf, she had pretty legs, she was friendly, he was clever, one girl was aloof, or possibly easy, one liked the boys, or perhaps played hard to get” (Mendelsohn 2007, 434).

6.

Conclusion

In The History of Love, the last page is an obituary for the author of the Yiddish original, Leopold Gursky, in which all known facts about him are listed, thus keeping his memory alive. At the end of The Lost, Mendelsohn inserts a list of the names and dates of birth and death of those former inhabitants of Bolechow who he was able to meet and interview and those who died before the publication of his book. With this practice of preserving names and biographical data, both books thus inscribe themselves in the long history of memorial books. The multiple references to and readings of memorial books show how narratological processes and aesthetic practices of contemporary literature draw on the diasporic media of yizker bikher. As mobile book objects which are passed on to the next generation, yizker bikher are not only indispensable historical sources and bearers of the traces of individual histories; they also become narrative tools that bring together different patterns of movement and thus make many-voiced novels readable. By situating themselves in a media history of diaspora, these texts ask questions about the community-building function of books across time and space. Yizker bikher’s collaborative context of emergence in the landsmanshaftn is reflected in transgenerational reading: in their readings of yizker bikher, later generations are dependent on contextual knowledge that can only be preserved by activating networks. Through added lists, collected material, and the (re)search inscribed in their works, they create memorial books that offer spaces for dispersed knowledge as well as for individual traces.

Works Cited Aleksiun, Natalia. 2002. “Gender and Nostalgia: Images of Women in Early Yizker Bikher.” Jewish Culture and History 5, no. 1: 69–90. Bischoff, Doerte, and Susanne Komfort-Hein. 2013. “Einleitung: Literatur und Exil.” In Literatur und Exil: Neue Perspektiven, edited by Doerte Bischoff and Susanne KomfortHein, 1–20. Berlin: De Gruyter.

Preserving Lived Contexts

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202

Marianne Windsperger

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Bildbewegungen / Moving Images

Franz M. Eybl

Traveling Images: Kategorien piktoraler Mobilität in Bildmedien der Frühmoderne

1.

Problemaspekte

Mobilität ist Wesen kultureller Symbolisierung und keine Zusatzqualität der kulturellen Zeichen. Durch Kodierungsprozesse gelingt es, die Singularität der konkreten Dingwelt in Symbolsysteme zu transferieren. Sie sind Systeme innerhalb kultureller Formationen, deren Akteure die Kodierungen in der gesellschaftlichen wie individuellen memoria sichern, durch Methoden und Medien der Kommunikation verbreiten und mittels distinkter Praktiken als Lebenswissen in die Lebenswelt übertragen. Erst die Mobilität kultureller Symbolsysteme bedeutet realen örtlichen Transfer, durch den über die semiotische Relation zwischen Zeichen, Bezeichnetem und Referenten hinaus ein Gefüge von Kodierungen und damit verbundenen Praktiken in Bewegung gerät. Transportmittel sind die Medien, und im Druckzeitalter bieten Flugblatt, Zeitung und Buch den beweglichen Konzepten (traveling concepts) adäquate Vehikel (Zierold 2012). Sie treten historisch umso deutlicher in Erscheinung, als sich bestimmte Kodierungen nicht mehr durch Mündlichkeit tradieren lassen, sondern medial gestützter Schriftlichkeit bedürfen. Die Medienrevolution nach Gutenberg erfasst Repräsentationen in Text und Bild und lässt spezifische Kombinationen zwischen beiden neu entstehen. Parallel zur technischen Entwicklung des Letterndrucks entfalten Holzschnitt und später Kupferstich die typographischen Voraussetzungen rascher und weit ausgreifender Mobilisierung der Bilder.1 Entsprechende Rezeptionskompetenzen entwickeln sich in durchaus ungleicher Verbreitung und Geschwindigkeit als Fertigkeiten der Alphabetisierung wie der Bildlektüre, auf die sich die folgende Skizze konzentriert. Als wohl breitestes Feld textueller wie bildlicher Mobilität kann der Bereich der Religion im Zuge frühmoderner europäischer Christianisierung (Jean Delumeau) gelten. Der nachreformatorische Bildersturm hat keine der christlichen 1 Moran (2017) verfolgt den europäischen Reiseweg eines Satzes von botanischen Holzschnitten vom späten 16. bis ins 18. Jahrhundert.

206

Franz M. Eybl

Konfessionen daran gehindert, in der Folge Bildvorstellungen zu generieren, in Umlauf zu setzen, sowohl massenwirksam wie auch individuell-meditativ zu popularisieren bzw. für ihre Zwecke propagandistisch zu funktionalisieren. Die europäische und transkulturelle Dimension dieser Bildwanderungen zeigt sich an der überregionalen Reichweite und an der Vielfalt der Pfade solchen Transfers, denn zwischen Schleichhandel und Fernhandelsrouten stehen der piktoralen Mobilität der Frühmoderne eine Fülle von Transportmitteln zur Verfügung. Gesättigt wird auf diese Weise der Bedarf an Vorlagen für die Bildbetrachtung und Bildmeditation, den die weitverbreiteten meditativen Praktiken im Kontext der Religiosität und des Konfessionalismus weckten. Wie in der Geschichte des Lesens offenkundig, beflügelt kultureller Kompetenzzuwachs den Verkehr seiner Hilfsmittel und Stoffe im Wechselverhältnis mit der Verbreitung des Zuwachses durch ebendiese Mittel.2 Als Produkt religiöser Erziehung, akademischer Schulung und praktischer Einübung übersteigt eine historisch neue Rezeptionskompetenz für Bilder theologischer Inhalte die Konzepte des eigentlichen Bildakts und der Grammatik der Bildlektüre als „Archäologie bildgebender Verfahren“ (Weigel 2015, 20; Bredekamp 2010), aber auch die spitzfindigen allegorischen „Begriffsbilder“ der Zeit (Alt 1995). Im Begriff der Ikonographie (vgl. Panofsky 1994) steckt bereits die Textbezüglichkeit der christlichen Bilder, die sich auf den Gehalt der Bibel sowie, konfessionell unterschiedlich, auf konventionelle Bildtraditionen zwingend zu stützen haben. Bilder als religiöse Imaginationshelfer sind in ausgeprägten binnenmedialen Apparaten arrangiert, weil Bild und Text (in der Emblematik beispielsweise ebenso wie in der Totentanzgattung) einander spezifisch antworten.3 Während die Interaktion zwischen dem betrachtenden Publikum und dem Bild in seiner verschiedenartigen Medialität als sprachliche Allegorie, bildliche Kodierung im Emblem, Text-Bild-Kombination des Flugblatts etc. seit längerem die Aufmerksamkeit der Forschung hat (Wenzel 1995; Wyss 2014; vgl. auch Mersch und Ruf 2014), ist der Aspekt der Beweglichkeit noch nicht ausreichend einbezogen. Die genannten Faktoren legen nahe, gegenüber einer ‚statischen‘ Theorie des einzelnen Bildes und seiner Wirkung eine dynamische, bei dessen 2 Dies ist die Grundlage des (mittlerweile kontrovers diskutierten) Konzepts der „Leserevolution“, wie es zuerst Rolf Engelsing (1973) für das letzte Drittel des 18. Jahrhunderts etabliert hat (vgl. Wittmann 1999). 3 Die Leistungsfähigkeit des Begriffs „imagetext“ wird in der Praxis zu erproben sein: „According to Mitchell’s innovative usage, the ‚imagetext‘ is any kind of composite or synthetic work that combines image and text; the hyphenated form ‚image-text‘ refers to the relations of the visual and the verbal more generally; and the slashed ‚image/text‘ describes a ‚problematic gap, cleavage, or rupture in representation‘“ (Horstkotte 2012, 302, mit Bezug auf Mitchell 1994, 89).

Kategorien piktoraler Mobilität in Bildmedien der Frühmoderne

207

Mobilität ansetzende Modellierung vorzuschlagen. Mit dem Konzept des visuellen Symbolsystems kann der systemische Bezug von Bildern zu übergeordneten ikonologischen Vorstellungsreihen und zugleich deren Mobilisierung ins Auge gefasst werden. Im Kontext der Mobilitätsforschung geht es dabei um Aspekte der Medialität (Kodierung, Materialität, Permanenz), der Repräsentation (Zeigen und Schauen, Imaginationen), schließlich der Praktiken innerhalb eines europäischen Konzepts dynamischer historischer Bildkultur. Entgegen älterer Einflussforschung, die einsträngig der europäischen Wanderung der Motive nachging, werden mit dem Mobilitätskonzept in der Beobachtung räumlich veränderlicher Verwendungen, Lektüren und kognitiver wie praxeologischer Realisationen eine Reihe von Diskontinuitäten konzeptualisierbar: die Diskontinuität der Medialität als Informationsverbund von Schrift und Bild im gleichen Trägermedium, jene der Indexikalität als „Änderungen in den Schreib- und Visualisierungsprozeduren“, insbesondere der Inskriptionen zwecks „Mobilisierung und Aufbietung neuer Ressourcen“ (Latour 2006, 263, 266; auch Moran 2017). Diese Beweglichkeiten treffen ihrerseits auf Diskontinuitäten der Praktiken innerhalb verschiedener kultureller Blick- und Lesesysteme zur „Anregung und Disziplinierung […] innerer Dialoge“ (Macho 2000, 30). Unterstrichen wird damit die Unfestigkeit (mouvance, Mutabilität, Varianz; vgl. Rosenstein 2010) des frühneuzeitlichen Textes, speziell in der Kombination mit Bildern. Dies soll nun anhand von Beispielen aus einem weit verbreiteten Bereich der Bildverwendung ausgeführt werden, nämlich der barocken Emblematik, zentriert auf ihre transmediale Wanderung zwischen den zeitgenössischen Bildträgern im visuellen Symbolbestand. Die Eigenständigkeit dieses ikonologischen Systems zeigt sich in der Entwicklung und Ausdifferenzierung eines bestimmten Bilderkanons, aber auch in der Entfaltung ihrer meditierenden oder Scharfsinn genießenden Betrachtung und Lektüre sowie in der medialen Ausweitung der geschnittenen oder gestochenen Bilder in Büchern oder Kunstblättern als freskierte Dekoration architektonischer Strukturen von Kirchen und Schlössern über Totengerüste bis zu Gärten. Der zentrale Aspekt der kurzen Umschau ist die Beweglichkeit des Bildsystems, nicht die diachrone Wanderung der Bildmotive.4

4 Das Bildmaterial erlaubte auch die Konstatierung neuzeitlicher Pathosformeln (Aby M. Warburg), wie etwa der Vergleich einer durch Michael Heinrich Rentz (1701–1758) gestochenen Kreuzaufrichtung von 1730 (Vztycˇování krˇízˇe, rytina M. J. Rentze, Grafická sbírka klásˇtera premonstrátu˚ v Praze na Strahoveˇ, kart. cˇ. 29; https://upload.wikimedia.org/wikipe dia/commons/b/b4/Rentz01.jpg, Zugriff am 18. Feb. 2020) mit dem weltbekannten Foto Joe Rosenthals „Raising the Flag on Iwo Jima“ aus dem Kriegsjahr 1945 nahelegt (Nationalarchiv der Vereinigten Staaten von Amerika; https://www.archives.gov/historical-docs/todays-doc/? dod-date=223, Zugriff am 18. Feb. 2020).

208

2.

Franz M. Eybl

Bilder und Deutungen

Eines der meistgenutzten emblematischen Sinnbilder ist das Heliotropium, die Sonnenblume,5 die ihren Blütenkorb der Sonnenbahn entlangführt und dem Tagesgestirn zu folgen scheint. Ihre Eignung zur bildlichen Ausdeutung besteht allein schon in der Tatsache, dass die Pflanze allgemein bekannt ist, sie aber eine Reihe ikonologisch bedeutsamer Exegesen erlaubt – das klassisch „analoge“ Beispiel einer Bewegung und deren Nachvollzugs konnte im Zeitalter der Mechanik suggestive Evidenz versprechen. Unter dem Gesichtspunkt des Mikround Makrokosmos bot sich der Bezug zwischen kosmischer Erscheinung und irdischem Verhalten des Menschen als Allegorese vieler Beziehungen an, insbesondere in einer Machtfiguration: die Blume konnte in ihrem Verhalten die Anziehungskräfte beider Pole verbildlichen. Einerseits richtet sich ihre Drehbewegung an der Sonne aus, was menschlich-affektive Bereiche der Zuwendung repräsentiert; andererseits übt die Sonne Macht auf ihre Subjekte aus, was in der Allegorese als feudal-fürstliche oder auch göttlich gedachte Herrschaft entschlüsselbar wurde. Für eine politisch erwünschte Konzeption des Untertanen, der absolutistische Macht verspürt, ihr aber liebevoll folgt, bot dies propagandistisch wertvolle Veranschaulichung. Davon abgesehen konnte die Sonne auch jede andere soziale Kraft verbildlichen, vorzugsweise die der Liebe. So gelesen illustrierte die Bewegung der Pflanze, deren menschenähnliche Größe die identifikatorische Allegorese zusätzlich unterstützte, die Affekte der Liebe, der Demut und der Unterwerfung. Sie fungiert damit gleichrangig in den drei emblematischen Subsystemen der Liebesdarstellung, der Religion und der Macht.

2.1.

Macht: Fürst und Herrschaft

Der weithin wirksame emblematische Fürstenspiegel Idea principis christianopolitici (1649; Idea de un principe politico christiano, 1640) des Diego de Saavedra Fajardo (1584–1648) entfaltet die Allegorese vom Sonnenfürsten nicht in einem eigenen Emblem, sondern im Kapitel zum 86. Emblem mit der Weltkugel als Sphärenmodell, in dem Saavedra die Leistungsfähigkeit der menschlichen Einsicht in den Kosmos und seine Gesetze erörtert. Hier wird bei Reflexion der curiositas der Menschen, auch in der kurzen Diskussion von geozentrischem oder heliozentrischem Weltmodell („Opinio impia & aliena prorsus à ratione naturali“, eine ungehörige Auffassung, von der natürlichen Vernunft völlig entfernt), die Regentschaft der Sonne, die in ihrem Lauf alle Winkel der Welt heil5 Einen informativen Überblick bietet Peacock (2016, Kap. 4 „The Sunflower Becomes a Symbol“, 135–175). Vgl. Henkel und Schöne (1996, Sp. 311–313). – Wenig ergiebig Kovács (1992).

Kategorien piktoraler Mobilität in Bildmedien der Frühmoderne

209

Abbildung 1: Rollenhagen 1613, Nr. 25.

bringend ausleuchtet, für den Fürsten in Anspruch genommen, der wie das Tagesgestirn seine Länder beobachten und erwärmend nähren soll.6 Ist diese Beweglichkeit als Tugendforderung an den Fürsten reklamierbar, so deren Befolgung für den Untertanen, wie etwa bei Shakespeare. Im 25. Sonett („Let those who are in favour with their stars“) verwendet er die Ringelblume (calendula), wie die Sonnenblume ein Korbblütler, emblematisch in ihrer gleichen Eigenschaft, der Sonne zu folgen, um die Haltung der Höflinge gegenüber dem Fürsten zu kennzeichnen: „Great prince’s favourites their fair leaves spread / But as the Marigolds at the sun’s eye.“7 „Ad regis nutus“, nach dem Wink des Herrschers, umschreibt ein Motto Gabriel Rollenhagens 1613 das Emblem eines sonnenbe6 „Exemplum istud naturale erudit Principes, quanti ad utilitatem publicam referet, si ipsi velocißimi sideris more Status suos & Provincias absq; intermissione obeant, ut calorem rebus & subditorum affectui impertiant […]“. Dieses natürliche Exempel belehrt die Fürsten, wieviel zum öffentlichen Nutzen es beiträgt, wenn sie nach Art des schnellsten Gestirns ihre Staaten und Provinzen unablässig bereisen, um den Angelegenheiten und Affekten der Untertanen ihr Feuer zu gewähren. Saavedra, Idea Principis Christiano-Politici, 1649, Kupfer des „Symbolum LXXXVI“ 680, zit. 681. Die kursiv gesetzte Stelle ist mittels Fußnote als Pliniuszitat bezeichnet. 7 Es ist erstaunlich, was deutsche Übersetzungen hier botanisch anbieten: Butterblume, Primel oder Dotterblume (Karl Kraus), jedenfalls unter Tilgung der emblematischen Tradition.

210

Franz M. Eybl

schienenen Blumengartens mit Sonnenblume vor einer Schlossarchitektur (Abb. 1) und die subscriptio bietet das Distichon „Ad regis nutus, procerum se vertere turba / Adsolet, et sequitur Principis, Aula, animum“.8

2.2

Affekt: Menschenliebe und Gottesliebe

Die enge Beziehung zwischen Sonne und Pflanze erlaubt eine Auslegung im Kontext der Liebe, und die Sonnenblume vor Schlosskulisse bedeutet in Otto van Veens Emblemata Amatoria (1608)9 vor allem deshalb nichts Höfisches, weil ein meditierender Amor davorsitzt. „Quo pergis eodem vergo!“ ist das Motto, Ich richte mich, wohin Du vorrückst (Rut 1,16), denn die Sonne, so die subscriptio, dirigiert wie die/der Geliebte Augen, Herz und Sinn der Amanten.10 Schon bei Van Veen ist mit der subscriptio ein Bibelbezug deutlich hergestellt, der in der religiösen Hermeneutik der Sonnenblume in Hermann Hugos Pia Desideria (Antwerpen 1624) die zentrale Rolle spielt; hier wird das Bild im Sinne des Konzepts der Zuwendung (conversio) im Kontext des alttestamentarischen Hohelieds eingesetzt. Die emblematische Illustration des Verses „Ego dilecto meo et ad me conversio eius“ (Einheitsübers. Hld 7,11: „Ich gehöre meinem Geliebten / und ihn verlangt nach mir“) kombiniert die rechts in den Mittelgrund gerückte, stattlich gewachsene Sonnenblume mit weiteren Elementen und Sinnbereichen.11 Ein Kompass, der zugleich ein Spiegel zu sein scheint, reflektiert die Einstrahlung der Sonne auf das Gesicht des geflügelten himmlischen Bräutigams: „Hier ist also die Zuwendung – conversio – sogar dreifach ausgedrückt: durch die gegenseitige Zuwendung von Braut und Bräutigam, durch den Kompaß und durch die Sonnenblume“ (Benz 1971, XV, in Hugo [1632] 1971).12 Zusammengeführt sind im Verlauf des 17. Jahrhunderts die verschiedenen allegorisierten Sinnbereiche in den auflagestarken emblematischen Lexika, etwa in Filippo Picinellis (ca. 1604–1677) Mondo Simbolico (1653; in der lateinischen Übersetzung Augustin Eraths ab 1681), wo zum Emblem des „Heliotropium“ in acht Spalten des Folianten nicht weniger als 31 Darstellungs- und Deutungs8 Nach dem Wink des Herrschers pflegt sich die Menge zu wenden, Und es folgt auch der Hof hohem fürstlichen Geist. (Übers. FME). Rollenhagen: Nucleus emblematum, 1985, Nr. 25; Selectorum emblematum centuria secunda, 1613. 9 Siehe van Veens Emblemata amatoria (1690), 16: http://emblems.let.uu.nl/ea1690016.html (Zugriff am 18. Feb. 2020). 10 In einem Garten situiert ist die Szene in der Erstausgabe Amorum Emblemata, 1608, Emblem Nr. 38, 74. 11 Siehe Hugos Pia Desideria (1624), gestochen von Böetius a Bolswert, Nr. XXIV, 296: http://em blems.let.uu.nl/hu1624034.html#folio_pb297a (Zugriff am 18. Feb. 2020). 12 Zu Hugos „Konversion als Bildaktion“ 233–236, zum Sonnenblumenemblem Hugos 233.

Kategorien piktoraler Mobilität in Bildmedien der Frühmoderne

211

möglichkeiten lexikalisch erschlossen, mit Zitatmaterial versehen und kommentiert werden (Picinelli und Erath 1687, 648b–653a).13

3.

Mobilisierung der Bilder als Transgression der Medien

Dutzende weitere Beispiele könnten die Vervielfältigung der Sinnbezüge durch Ausschöpfung und ständige Überbietung (aemulatio) bestimmter Deutbilder wie der Sonnenblume belegen; sie wären in der vor- und frühmodernen „Ästhetik der Identität“ als „Kunst der Identifizierungen“ und „Poesie der Klassifizierung“ (Lotman 1972, 410) genauer zu beschreiben. Im Kontext bildlicher Mobilität geht es um Korrelationen von Sinnvielfalt, unterschiedlicher Medialität und differenzierter Publikumsorientierung sowie um deren jeweilige situative Austauschbarkeit. Das Sonnenblumenemblem eines barocken Kreuzgangs thematisiert Kontroverstheologie (Beck 2016, Abschnitt 7), ein Heliotrop eines benediktinischen Emblembuchs wendet den Blütenkorb als Reichsapfel der kaiserlichen Sonne zu,14 ein Deckenfresko des habsburgischen Mausoleums in Graz kombiniert die Sonnenblumen der habsburgischen Länder mit geöffneten Perlmuscheln angesichts eines mächtigen kaiserlichen Phaeton.15 Erst die Durchquerung der Medien weist unter kulturwissenschaftlicher Perspektive auf die damit verbundenen Bildpraktiken, wie die genannten Beispiele nun detaillierter zeigen sollen. In Überbietung des vielfach Überbotenen setzt Augustin Erath (1648–1719), seit 1667 Chorherr im Stift Wettenhausen, als Übersetzer Picinellis in seinen Folianten, der auch der Verherrlichung Wettenhausens und seiner gelehrten Kompetenzen gilt, ein neues Emblem an den Schluss der Beispielreihe zur Sonnenblume. Es stellt ein anderes Kloster des Ordens dar, das Heiligkreuzkloster in Augsburg (Abb. 2). Damit sind die Verweise auf Bild- wie auf Textebene vervielfacht. „Hoc lumine vivo“ (In diesem bzw. durch dieses Licht lebe ich) als weltliche wie geistliche Verbindlichkeit thematisierendes Motto ist zugleich Bekenntnis des Mönchslebens und Anspielung auf das Licht der Eucharistie, aber auch Lob jenes Ortes, 13 Picinelli / Erath: Mundus Symbolicus, 1687, Bd. I., lib. XI: Flores, Cap. x: Heliotropium, 648b– 53a. 14 Gille (1684, Nr. XXI) im ersten Teil über Juno, d. h. das Feld der Macht. Das Emblem mahnt durch das Motto aus Ovids Tristia I,5,25 zur Vorsicht. 15 „Aut sponte aut iussa sequuntur“, sie folgen freiwillig oder gezwungen. „Der Sonnenwagen Leopolds – Österreich, dem sich zu Wasser die geöffneten Muscheln und zu Lande die Sonnenblumen mit Länderwappen zuwenden und folgen müssen, ist ein Hinweis auf die wiederaufsteigende Macht des Hauses Habsburg.“ (Kodolitsch 1968, 352; vgl. auch Lauro 2007, zum Grazer Mausoleum und seinen Programmen 178–90).

212

Franz M. Eybl

Abbildung 2: Picinelli 1681, 653.

von dem der geistliche Vorgesetzte des Übersetzers nach Wettenhausen berufen worden war (das Heiligkreuzkloster) und nicht zuletzt Inbild emblematischen Lesens selbst: Der kontemplative Mensch findet sich in der Sonnenblume allegorisch verkörpert, weil er einzig in Nachfolge des Himmelslichts lebt und weltlicher Dinge überdrüssig geworden ist.16 Picinellis durch Erath präsentierter Bildfundus bot in der Folge auch für das Wettenhausener Freskierungsprogramm, also das Kloster des Übersetzers, den Bildervorrat zur emblematischen Ausgestaltung (Beck 2017). In mehrfacher Bedeutungsschichtung und eingebaut in ein architektonisches Verweissystem entfaltet die Emblematik vervielfachte Indexikalität. „Für Bildformen, die zwischen Kult, Kunst und Wissenschaft, zwischen Kirche, Atelier, Museum und Labor zirkulieren, ist diese Vielfältigkeit indexikalischer Bezüge besonders interessant und brisant“ (Weigel 2015, 139; siehe auch 138–167), denn durch 16 Im Original: „Caeterùm Emblema istud etiam hominem contemplativum spectat, qui nullo alio, nisi coelesti lumine vivit, rerum terrenarum summè pertaesus“ (Picinelli / Erath 1687, 653). Die meisten der genannten Bezüge in Eraths ergänzendem Emblem analysiert Beck (2016, 358–361). In der Referenz auf das Hostienwunder von Augsburg, die der Text äußert, sieht Beck einen weiteren „antiprotestantischen Höhepunkt“ (360).

Kategorien piktoraler Mobilität in Bildmedien der Frühmoderne

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Kombinierbarkeit der Bildvorstellungen erfolgt die Mobilisierung einzelner Allegoresen zu allegorischen Systemen, deren Rezeption jene geistige Beweglichkeit voraussetzt und unterstützt, die poetologisch in der Kultur von Renaissance und Barock unter Scharfsinn (argutia) firmiert. Sie ist an dieser Stelle aus der räumlichen und semantischen Fixierung der Bilder gewonnen, also aus der historischen Immobilisierung in einem Raumgehäuse in Kombination mit einer textuellen Verständnishilfe. Der Druck mobilisiert das Gesamtsystem. Auf kulturelle Mobilität sind bereits die Emblembücher abgestellt, ob als Kupferstichserien oder Buchdruck. Bereits Van Veens Emblemata Amatoria zielten auf das internationale Zielpublikum der Gelehrtenrepublik, indem der Humanist seine Bilderwelt mit dreisprachigen subscriptiones ausstattet und auf dem Titelblatt lateinisch und englisch schreibt; niederländische Übersetzungen sind ebenfalls beigegeben, und dies wird die Ausgabe von 1690 noch um das Italienische erweitern. Die spanische Erstausgabe Saavedras emblematischen Fürstenspiegels erschien 1640 nicht etwa in Madrid oder Barcelona, sondern in München, wo 1650 auch die lateinische Erstausgabe auf dem Boden des Alten Reichs herauskam.17 Die Bilder durchqueren die Medien. Wie die Totentänze von den Wänden in die Bücher steigen und aus Büchern wieder an die Wände,18 treten gedruckte Zwergenserien wie Jacques Callots gestochene Gobbi von 1616 im Medienwechsel als Statuenprogramme barocker Gartenanlagen auf, etwa der Zwerg mit dem Strohtaschenhut im Salzburger Mirabellgarten.19 Der Medienwechsel führt hier zur Verkörperung der Bilder, und mit dem Medienwechsel mobilisieren die Bilder auch die Körper der Betrachter, wenn Bildprogramme in Raumfolgen abzuschreiten sind (Telesko 2016, 131–147 zu Zwiefalten), Blick- und Bewegungsmuster in Anwendung treten, Tageszeit und Sonneneinfall Wahrnehmung und Lektüre je nach Standort behindern oder erleichtern – etwa Verrenkungen erforderlich werden, weil Bilder überkopf angebracht sind. Mit dem Bildervorrat gedruckter Emblemliteratur werden ganze Kirchen oder Schlösser ausgestattet,20 kombinieren die Programmentwerfer des Grazer Mausoleums und des Wettenhauser Kreuzgangs ihre komplexen Verweisstrukturen. Die in den Drucken zur allgemeineren Applikation versammelten allegorischen 17 Saavedras Idea Principis Christiano-Politici (1650) war die „[e]rste in Deutschland erschienene lat. Ausgabe; die span. Ausgabe 1640 [war ebenfalls] in München bei Nikolaus Heinrich gedruckt“ (VD17 12:639089Q). 18 Vgl. die Beiträge zu Holbein in Knöll (2011). 19 Zur Wanderung der Motive Callots von Kartenspielen und anderer Gebrauchsgraphik bis in die Gärten Bauer (2005). 20 Die Kapuzinerkirche St. Lucius in Lain (Graubünden, CH) z. B. wurde ebenso wie Wettenhausen mit Picinelli emblematisch ausgestaltet, Schloss Eggenberg bei Graz mit Saavedra (Appuhn-Radtke 2004, mit weiteren Beispielen gedruckter Vorlagen von Freskenzyklen 990– 992). Zu Picinelli als Quelle des Kreuzgangs im Detail Beck (2016, 292f., Anm. 16).

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Traditionen stellen solche Bilderzyklen vereindeutigend in den Dienst lokaler Repräsentationsprogramme. Die Bilder wandern ohne zwingende Verlaufsrichtung zwischen ihren medialen Formationen hin und zurück. Graf Sporcks berühmter Totentanz im böhmischen Kukusbad wurde von Michael Heinrich Rentz nach Holbeins berühmter Totentanzserie an den Wänden des dortigen Krankenhauses gemalt und wurde durch ein Elbehochwasser zerstört, aber bereits zuvor in eine Serie von Kupferstichen übertragen und unter verschiedenen Titeln mehrfach aufgelegt.21 Das freskierte Bildprogramm des Mausoleums wiederum erscheint in einer Schrift der Grazer Poetenklasse mit exakter (sprachlicher) Wiedergabe der Emblemata und ihrer Motti sowie einer „Paraphrasis Metrica“ der Bilder (Langetl 1732).

4.

Perspektiven

Mouvance weist als prinzipielle Beweglichkeit das Kennzeichen von Diskontinuität auf, sei diese fließend, evolutionär und prozessual oder sprunghaft, kontingent und disruptiv. Dies ist vor allem auf den Effekt des Medienwechsels zurückzuführen. Die Kodierung in den Medien von Bild, Text, Musik oder Körperdarstellung (Ballett, tableau vivant) benutzt das Material von Wand und Verputz, Erz und Stein, Papier und Leinwand oder auch Körper. Sie verlangt eine räumliche Situierung;22 der Aspekt der Dauer kommt ebenfalls hinzu, denn die Inskriptionen der Zeit reichen vom Ewigkeitsanspruch des aere perennius (Horaz) bis zur Ephemerarchitektur als Inszenierungskulisse der feudalen Schauseite. Das Bild selbst entwickelt im Bildakt spezifische „Kraft“, die es „dazu befähigt, bei Betrachtung oder Berührung aus der Latenz in die Außenwirkung des Fühlens, Denkens und Handelns zu springen“ (Bredekamp 2010, 52). Die insbesondere bei religiösen Bildinhalten nötige bildliche Kodierung des Unsichtbaren23 greift in diachroner Hinsicht mit Erfolg auf bereits etablierte Verständigungsvorstellungen zurück, wie auch die Emblematik traditionsbildend „optische Konsistenz“ (Latour 2006, 271) erzeugt. Abbild und Erklärung sind nicht 21 Rentz (1741, 1753, 1767, 1777). Zur komplexen Entstehungs- und Dokumentationsgeschichte Pompe (2011, 157–175, Fn 28). 22 „Architekturembleme sind mithin entschieden vom sie umgebenden architektonischen Raum her zu ‚lesen‘, und es tut not, einen konsequenten analytischen spatial turn anzumahnen […]“ (Beck 2016, 305). Beck bleibt beim zu Recht eingeforderten spatial turn stehen und entfaltet das Bewegungsparadigma nicht, das die Relation der Akteure in Produktion und Rezeption der Emblematik differenzierter beschreiben könnte. 23 Hier höchst relevant der (neben der zentralen „Bildgebung“) zweite Untersuchungsaspekt in Sigrid Weigels Untersuchung, die Analyse der „visuelle[n] Darstellung immaterieller, intelligibler oder transzendenter Vorstellungen: die Szene der Ins-Bild-Setzung“ (2015, 10).

Kategorien piktoraler Mobilität in Bildmedien der Frühmoderne

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nur in der Kombination von Bild und Text realisiert,24 sondern im Dargestellten selbst, sodass die Repräsentationen zwischen Zeigen und Schauen stehen. Die mehrfache Absicherung des zu transportierenden Sinns stiftet daher auch die in der Druckgraphik der Frühmoderne so häufige Figur des gezeigten Zeigens,25 des betrachtbaren Betrachtens wie oben in der 34. Illustration Bolswerts zu Hugos Pia Desideria oder die Denkfigur der Selbstverwandlung ins Bild der Sonnenblume, wie Erath sie Picinellis Mustern beifügte. Bedeutungsschichtungen erzeugen zusätzliche Verrätselungs-, aber auch Motivationseffekte, die mit den einzelnen Bestandteilen nicht erzielbar, sondern auf die semantische Aktivierung ihrer Kontexte angewiesen sind. „Änderungen in den Schreib- und Visualisierungsprozeduren“ machen „einen Unterschied in der Art unseres Argumentierens, Beweisens oder Glaubens“ (Latour 2006, 263). Sie verlangen auch performative Praktiken, die erlernt und eingeübt sein wollen, um den Übergang von der eigentlichen Lektürekompetenz von Bild und (lateinischem) Text als Decodierung und Hermeneutik26 zur Übersetzung in lebensweltliche Praktiken erkenntnistheoretischer oder auch aszetisch-moralischer Natur voranzuschreiten. Zentral zutage tritt das Verhältnis der Reziprozität als Relation zwischen Praktiken und kultureller Umgebung, indem die mobil gewordene Praxis die Wirtsumgebung beeinflusst wie auch umgekehrt. Reziprozität herrscht zuletzt aber auch zwischen den mobilisierten Bildvorstellungen und dem Einbezug des wahrnehmenden Körpers, der im Spiel der Medien selbst in Bewegung gerät und zwischen der Mikromotorik lesender Augen und blätternder Finger und der ambulanten Körperverrenkung schwankt, die Deckenfresken ihren Betrachtern und Lesern abverlangen. Insgesamt, so sollte gezeigt werden, erlaubt das Mobilitätsparadigma für das frühmoderne visuelle Beobachtungsfeld zwischen Anthropologie, Ethnologie und Kulturgeschichte neue und präzisere Differenzierungen.

24 Sinn spricht angesichts der Kombinierbarkeit bildlicher Vorstellungen zwischen Erotik, Moral und Religion vom „Paradox einer immanenten Selbsttranszendenz“ (2014, 237) und also ontologisch, wo eine Mobilisierung der Inskriptionen anzusetzen wäre. 25 Vgl. etwa Jan van Luykens Beschouwing der Wereld bestaande in hondert konstige figuuren, met godlyke spreuken en stichtelyke verzen (Amsterdam: Arentz / van der Sys, 1708). – Zur medial gesteuerten Wahrnehmung von Evidenz bei der Bildbetrachtung Campe (1997), Wiesing (2013), Eybl (2015). 26 Harms (2007) befasst sich mit der Vielschichtigkeit dieser Lektüre- und Verstehensmöglichkeiten und legt Bild-, Auslegungs- und Verstehenstraditionen frei.

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Franz M. Eybl

Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Rollenhagen 1613, Nr. 25, Getty Research Institute, https://archive.org/details/ga brielisrollenh00roll/page/n75/mode/2up (Zugriff am 17. März 2020). Abb. 2: Picinelli 1681, 653.

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Kategorien piktoraler Mobilität in Bildmedien der Frühmoderne

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Christian Wimplinger

„Die Augenbewegungen sind spontan“ – Protestbewegungen sind es auch. Zum ambulanten Gebrauch von Negt und Kluges Geschichte und Eigensinn

Gleich zu Beginn des philosophischen Gemeinschaftswerks Geschichte und Eigensinn von Oskar Negt und Alexander Kluge spiegelt sich die Art der bevorstehenden Lektüretätigkeit in einer Montage mehrerer Bilder (siehe Abb. 1). Auf der linken Buchseite ist das Fotoporträt eines Mädchens mit stechendem Blick zu sehen, rechts davon das Verlaufsdiagramm der im sogenannten Eye-Tracking aufgezeichneten Bewegungen der Augen, die das Bild für längere Zeit beobachten. Der Bildkommentar betont die aktiven, unwillkürlichen und sprunghaften Momente im Rezeptionsvorgang: „Die Augenbewegungen sind spontan. Das Auge arbeitet. Aber es tut dies nicht linear. Die Arbeitsbewegungen haben ihre Vorgeschichte“ (2001b, 17).1 Mit Vorgeschichte ist die Phylogenese des Menschen gemeint, die sich laut Marx über keinen geringeren Zeitraum als die „ganze[…] bisherige[…] Weltgeschichte“ (46) erstreckt, die in diesem Augenblick des Lesens präsent ist. Durch dieses Doppelbild wird die Aufmerksamkeit unweigerlich weg von der Buchseite und hin zur eigenen Augenaktivität beim Lesen verschoben. Blättert man auf die nächste Seite, wird diese Thematisierung des Lesens um eine Facette reicher. Nun sieht man eine Gruppe streikender Arbeiter, die durch ein Fenster das „überbetriebliche […] Streikkomitee […] auf der Leninwerft in Danzig“ dabei beobachtet, wie sie Texte für den Protest produzieren (18). Die Gruppe sieht zwei einander gegenübersitzende und in die entstehenden Texte vertiefte Arbeiterinnen an den Schreibmaschinen, neben ihnen ein Mann mit gesenkter, nachdenklicher Miene (siehe Abb. 2). Während das Verlaufsdiagramm zuvor das eigene Blickverhalten in den Fokus rückte, ist in diesem Bild das Blickverhalten der anderen ausgestellt. Das Bild des arbeitenden Auges wird von den äugelnden Arbeitern überblendet. Die dem Text vorangestellte Montage dreier Bilder bildet den Rahmen meines Aufsatzes, deutet sie doch eine Beziehung zwischen einer materialistischen Leseund einer politischen Protestaktion an. Sie steht im Kontext einer Engführung 1 Wenn nicht anders angegeben, zitiere ich Geschichte und Eigensinn nach der Ausgabe in Der unterschätzte Mensch, Bd. 2, 2001.

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Abbildung 1: Das arbeitende Auge in Geschichte und Eigensinn (2001b, 16–17)

von Arbeit und Bewegung, wie sie für das beginnende 20. Jahrhundert und vor allem für die Betrachtungsweise des US-amerikanischen scientific management evident ist. Von diesem Arbeits- und Bewegungsbegriff ausgehend und um eine kritische Perspektive ergänzt fragt dieser Aufsatz – mit Negt und Kluge – nach Möglichkeiten für Mobilmachungen gegen Effizienzstrategien am menschlichen Bewegungsapparat. Geschichte und Eigensinn kann dabei auf ein breites Spektrum von teils traditioneller, teils zeitgenössischer, teils erst wiederentdeckter Theorie zurückgreifen, in die sich die Protestierenden der 1960er und 70er umfassend eingelesen hatten. Unter Einbeziehung dieses Hintergrundes soll untersucht werden, wie Geschichte und Eigensinn gesellschaftspolitische Mobilisierung und Arbeitsbewegung miteinander verschaltet. Damit zusammenhängend ist zu fragen, inwieweit Geschichte und Eigensinn jenen Büchern zuzurechnen ist, die der Kulturwissenschaftler Philipp Felsch als „ambulatorisch“ (2015, 28) bezeichnet. Gemeint sind theoretische Bücher, die man nicht linear zu Hause, sondern repetitiv und unterwegs liest.2 Die Be-

2 Als Gegenstück hierzu können die unaufgeschnittenen Vorzugsausgaben gelten, die in den

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Abbildung 2: Die äugelnden Arbeiter (2001b, 18–19)

zeichnung ambulatorisch charakterisiert das Verhältnis von Lektüre und Protest als eine Relation der Bewegung der Augen und der Bewegung der Studierenden der 1960er und 70er Jahre. Sie fußt zudem auf verlagsgeschichtlichen Konstellationen und druck- und ausstattungstechnischen Entscheidungen, die das Buch im kleinen und beweglichen Taschenbuchformat aus dem Kontext des Studierzimmers herauslösen und ihm einen neuen Platz in den „Jacketts“ junger Leser*innen verschaffen, die darin „die halbe Merve Bibliothek“ mit sich herumtragen (Kuhlbrodt 2010, 133; vgl. Wegmann 2010; Felsch 2015, 28 & 38). Dem zu dieser Zeit zunehmenden ambulanten Buchgebrauch passen sich über den materiellen Gestaltungsaspekt hinaus auch die sich wandelnden Darstellungsformen der Texte an. Das Buch als Rhizom bei Deleuze und Guattari (1977), und auch – weitaus weniger bekannt, aber fast zeitgleich – Erzählformen „nach Art von Kugelhaufen“ bei Oskar Negt und Alexander Kluge (2001b, 35) sind neue Darstellungskonzepte, die entgegen einer narrativen Fixierung auf Ursprünge neue Weisen des Denkens und Lesens einfordern. Mit dem biologischen Begriff des Rhizoms und dem astronomischen Begriff des Kugel(stern)haufens sind Glasvitrinen der Universitätsrektorate von Frankfurt bis New York zu finden waren und von denen Gilcher-Holtey berichtet (2008, 55).

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nonlineare, multidirektionale, vielpolige und offene „Kunstwerke in Bewegung“ (Eco 1990, 42) angesprochen, die in und für eine Gegenkultur entstanden sind. Umberto Eco sieht in solchen offenen Darstellungsformen „Strukturanalogien“ (52) zwischen den „Kunstwerken in Bewegung“ und einer modernen naturwissenschaftlichen Epistemologie. Bedenkt man außerdem, dass ein Werk nicht nur durch morphologische Analogien mit einer Gesellschaft in Verbindung steht, sondern in dieser Gesellschaft auch zu bestimmten Zwecken gebraucht wird, so wird eine andere Ursache für die Offenheit der Werke erkennbar. Denn eine mobilisierte Gesellschaft zieht aus beweglichen Textformen den konkreten Nutzen, dass mit ihnen unter Zugzwang des politischen Ernstfalles rasch operiert werden kann.3 Das Buch ist in solchen Krisensituationen weniger ein Werk der Kontemplation als ein Werkzeug der Aktion. In seiner Offenheit ist nicht eine Spiegelung des gegenwärtigen naturwissenschaftlichen Weltbildes zu sehen, sondern sie ist dem Zeithorizont einer Protestgemeinschaft geschuldet, die mit ihren Aktionen den Nerv der Zeit treffen will.

1.

Bewegung und Arbeit

Sowohl die Augen- als auch Protestbewegungen zeichnen sich durch sehr spezifische Bewegungsabläufe aus. Fasst man den Begriff der Bewegung, so wie in Geschichte und Eigensinn, jedoch allgemeiner, so ist jede Form „stoffverändernde[r] Arbeit“ (Negt und Kluge 2001b, 5) angesprochen, worin Negt und Kluge der marxistischen Terminologie folgen. Im Kapital führt Marx alle stoffverändernden Arbeitsprozesse des Menschen auf „Bewegung [zurück], um sich den Naturstoff in einer für sein eignes Leben brauchbaren Form anzueignen“ (Marx 1932, 179). Unter kapitalistischen Produktionsverhältnissen ist es jedoch das Kapital, das sich unter Zuhilfenahme der menschlichen Bewegung den Naturstoff in einer für sich brauchbaren Form aneignet. Denn Menschen sind unter den Bedingungen der Lohnarbeit gezwungen, ihre Arbeitskraft auf dem Markt zu verkaufen. Die Produktionslogik der Profitmaximierung führt dazu, dass beginnend mit dem 19. Jahrhundert die Bewegungsabläufe im Arbeitsprozess mehr und mehr rationalisiert, d. h. gemessen und standardisiert werden. Die Zeitstudien des US-Amerikaners Frederick Taylor, die zu hochgradiger Teilung und Monotonisierung der Arbeit führen, werden durch Frank und Lillian Gilbreths Bewegungsstudien ergänzt. Zusammengefasst zum sogenannten scientific management geben sie ein gutes Bild davon, was es heißt, sich durch 3 Man denke etwa an die Verabschiedung der Notstandsgesetze in Deutschland 1968 und an die vorangegangenen Proteste, die darin ein neues Ermächtigungsgesetz erkannten.

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Bewegung den „Naturstoff“ in einer für das Kapital brauchbaren Form anzueignen. Ist dieses Ineinanderfallen von Arbeit und Bewegung schon bei Marx angedeutet, so wird diese Tendenz im scientific management vollends evident: „[S]cientific management ultimately sought to understand work as mere movement“ (Sturtevant 2014, 164). Es zerteilt jeden Arbeitsprozess nicht nur in seine kleinsten Teile und bemisst dessen Ausführungsdauer, sondern ordnet jeden Arbeitsprozess auch den menschlichen Körperteilen zu, die diesen Prozess am effektivsten ausführen können. Diese für die motion studies grundlegende Ersetzung des ganzheitlichen Arbeiters durch seine funktionalen Körperbewegungen steht im zeithistorischen Zusammenhang damit, dass die im Ersten Weltkrieg verkrüppelten Soldaten in den Arbeitsmarkt reintegriert werden sollten (165). Das siebte Kapitel in Gilbreths Motion Study ist daher dem „Crippled Soldier“ gewidmet (Gilbreth und Gilbreth 1917, 131–45). Im Zuge ihrer motion study messen die Gilbreths dem Faktor ‚Mensch‘ (und dessen anatomischen Teilen) – das bezeugt nicht zuletzt ihr Interesse an Ermüdungserscheinungen – großes Gewicht bei. Gleichzeitig fällt auf, wie selbstverständlich sie die menschliche Erschöpfung mit allen anderen Fällen von Materialermüdung unterschiedslos in eine Reihe setzen: „Every problem presents two elements: the human element, and the materials element“ (5). Unter dem Gesichtspunkt des scientific management sind Mensch und Material einund demselben ökonomischen Verwertungszusammenhang ausgesetzt. Der Sozialphilosoph Oskar Negt und der Autor Alexander Kluge beziehen sich nicht direkt auf Frank und Lillian Gilbreth, verwenden aber der Sache nach ebenfalls einen bewegungsanalytischen Arbeitsbegriff (vgl. 2001b, 21) und kritisieren an ihm gleichzeitig, dass sein Suchraster den Eigensinn menschlicher Arbeitsbewegungen nicht erfasst. Denn dieses Raster ist alleine auf das Kriterium betriebswirtschaftlicher Effizienz eingestellt, basierend auf einem verengten Bewegungsbegriff, den Negt und Kluge anhand eines konkreten Arbeitsvorganges zerlegen: Die Röhrenschweißerin Frau Heinrich holt beim Schweißen mit den Armen „aus wie im Flug, dann zieht sie sie wieder ein und nimmt dabei, als käme sie rein zufällig daran vorbei, das zu schweißende Material in beide Hände“ (2001b, 107). Im Raster des scientific management sind Frau Heinrichs Flugbewegungen vermeidbarer Energieaufwand, der rasch zur Erschöpfung führt und so die Produktionskosten in die Höhe treibt. Negt und Kluge sehen in diesen Bewegungen jedoch einen durch den Verwertungsprozess nicht angeeigneten Rest an Leben, eine Balanceleistung, die Frau Heinrich hilft, den Arbeitsakkord dauerhaft auszuhalten. Die Bewegungsanalysen des scientific management sind darauf aus, Frau Heinrich diesen ‚unrentablen‘ Drahtseilakt auszutreiben. Ihr selbst hingegen hilft er, über den Arbeitstag zu kommen. Negt und Kluge unterscheiden also generell zwischen menschlichen und maschinellen Bewegungen und kritisieren deren notorische Vermischung in der

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Moderne.4 Die lebendigen Bewegungen von Menschen analysieren Frank und Lillian Gilbreth so, als würden sie von Maschinen ausgeführt; sie lassen, mit Negt und Kluge gesprochen, außer Acht, dass Menschen ihre Arbeitskraft nach einer Art herstellen, die der Ökonomie des Kapitals entgegengesetzt ist.5 Sammeln Menschen ihre Arbeitskräfte erneut – was wie bei Frau Heinrich im Arbeitsprozess integriert geschehen kann –, tun sie das durch das Herstellen von Balance, was in der betriebswirtschaftlichen Logik aber nicht mehr zum Arbeitsvorgang gehört, sondern in den Pausen passiert. Misst man menschliche Arbeit grundsätzlich als optimierte Bewegung bestimmter Körperteile, gelten auch die Augenbewegungen während des Lesens als Arbeit. Negt und Kluges Bemerkung, nach der die Augen „spontan“ und „nicht linear“ (2001b, 17) arbeiten, betont den nicht rationalisierbaren Überschuss in der Bewegung der Augen. Auch beim Lesen verhält sich das Auge nicht grundsätzlich anders als beim Betrachten von Bildern, wie psychologische Untersuchungen bereits sehr früh gezeigt haben (vgl. Huey 1900). „Die Augen stehen entweder relativ ruhig (Fixationen) oder bewegen sich rasch von Textposition zu Textposition (Saccaden)“ (Inhoff und Rayner 1996, 943). Dabei überqueren „[r]echtsgerichtete Saccaden […] im Durchschnitt etwa 7 Buchstaben“ (944). In Geschichte und Eigensinn werden spontane Augenbewegungen in hohem Maße durch das variationsreiche Schriftbild provoziert, das die lineare Verlaufsform des Textes in vielfacher Weise unterbricht: durch exzessive Textauszeichnungen wie Fettdruck und Farbinvertierung, durch kleinformatige Textgliederung, durch eine Unmenge an Tabellen, Bildern, Schautafeln, Grafiken, Listen, Diagrammen, Land- und Sternenkarten, Piktogrammen, Bauplänen und Faksimiles von teils eigenen (Negt und Kluge 2001b, 1128), teils fremden Manuund Typoskripten, die zwischen die einzelnen Abschnitte gestreut sind.6 All diese Gestaltungselemente bieten dem lesenden Auge „Fixationsstellen“, „Konturen, Konturunterbrechungen oder Konturüberschneidungen“ (17, Fn. 1), die den nicht-linearen Bewegungsverlauf der Augen beeinflussen. Mit seiner thematischen Fülle, seinem unübersichtlichen Aufbau und seiner exzentrischen Typographie präsentiert sich das Buch dem lesenden Auge als Spielfeld des Eigensinns, das eine lebendige Auseinandersetzung herausfordert. Wie ein solches Buch am effektivsten anzueignen ist, kann kein Arbeitszeitmesser je ermitteln.

4 Exemplarisch für diese Kritik ist der Kommentar 1 „Automaten in der Theorie“ (2001b, 294– 308). 5 Die Müdigkeit des landwirtschaftlichen Bodens wird unter denselben Gesichtspunkten behandelt wie die Müdigkeit der Arbeiter (Gilbreth und Gilbreth 1917, 5 & 15). 6 Geschichte und Eigensinn umfasst in der Ausgabe von 2001b zwölf Kapitel, die sich in 201 Unterkapitel, 16 Kommentare, die 41 weitere Unterteilungen aufweisen, zwölf Exkurse, fünf Einschubkapitel und fünf weitere, keiner dieser Ebenen zuzuordnende Textteile gliedern.

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Geschichte und Eigensinn, das Buch, in dem Negt und Kluge die Arbeitsbewegungen von Frau Heinrich und die Augenbewegungen der Leser*innen analysieren, erschien erstmals im März 1981, wurde im selben Jahr zu einem vier Mal neu aufgelegten theoretischen Kultbuch und zu einem Kassenschlager, der im Jahr 1987 die neunte Auflage erreichte und ab 1992 auf drei Bände aufgeteilt in die edition suhrkamp übernommen wurde. Durch diese Zusammenstellung von Augen- und Arbeiterbewegung bedauern Negt und Kluge die Trennung zwischen Theoriebegeisterten und Arbeitenden, die sich bereits in den 1960er Jahren des studentischen Protestes abzeichnete. Oskar Negts gewerkschaftliche Bildungsarbeit und gleichzeitige Hochschulpolitik im Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) bildeten hiervon eine Ausnahme. Negt nahm damals im SDS starke „Spannungszustände“ war, da die „häufig aus gut situierte[m] Milieu“ stammenden Jungsozialisten sich „den bestehenden Organisationen der Arbeiterbewegung doch nicht anschließen“ (2019, 195) wollten. Ein solcher „Mangel an Zusammenhang […] aller gesellschaftlichen Produzenten“ führt zu „Steuerungsverlust[en]“ (Negt und Kluge 2001b, 480) auf Seiten der Intelligenzarbeiter*innen, zu Opportunismus, abtrünnigem Verhalten und Identitätsschwund. In einer Wechselwirkung ergibt sich hieraus ein allseitiges Fehlen von „Ortsbestimmung [des] Lebenszusammenhangs“ (482). Theorie verfolgt nach Negt und Kluge jedoch die „Absicht, der Praxis meßbare Orientierung zu liefern.“ (483)

2.

Orientierungsbedürfnis und Darstellungsform von Geschichte und Eigensinn

Auffallend häufig wird der Aufbau von Geschichte und Eigensinn innerhalb einer paradoxen Beziehung zwischen fluider Nonlinearität und robuster Architektur geschildert. So beklagt der zeitgenössische Rezensent Walter van Rossum im Jahr 1982, dass sich der Leser „weit in den Inhalt, die Lesart, überhaupt in das Labyrinth dieses Buches gefunden haben [muss], um sich mit wenigstens minimaler Orientierung ausgestattet zu fühlen“ (51). Gleichzeitig attestiert er dem Buch aber eine thematisch sukzessive Entwicklung, wenn er behauptet, dass dessen „grundlegenderen, früheren Kapitel“ das Verständnis für die darauffolgenden bereiten (51). Ähnlich diverse Einschätzungen finden sich auch in der Forschungsliteratur. Christian Schulte nennt Geschichte und Eigensinn eine Materialcollage und dessen „Kompositionsform“ – mit Hans Magnus Enzensberger – einen „Trümmerhaufen“ (2005, 219–220). Rainer Stollmann betont hingegen die thematisch-sukzessive Narration des Textes (2010, 113–114).7 7 Diese inkongruenten Leseeindrücke zwischen labyrinthischem Trümmerhaufen und linearem Textaufbau sind nicht nur dem subjektiven Empfinden der Rezensenten geschuldet, sondern

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Weder in Labyrinthen noch in Trümmerhaufen ist Orientierung einfach. Fällt aber die Orientierung im Buch schwer, wie kann dies dann, wie von Negt und Kluge intendiert (1993, 3), zur Orientierung im gesellschaftspolitischen Handeln dienen? Orientierung heißt im wörtlichen Sinne: sich aufgrund von fixen Punkten (wie z. B. Sternen) auszurichten. Astronomische Körper sind deshalb zur Orientierung „geeignet, weil sie von mir oder anderen Menschen nicht verrückbar, der Praxis entzogen“ (Negt und Kluge 2001b, 1002) und daher, etymologisch betrachtet, Gegenstand der Theorie sind (gr. theoréein = anschauen). Sich an den Sternen zu orientieren bildet ferner aber auch „die Voraussetzung von Arbeit“ (1002), wie Negt und Kluge anhand von Odysseus veranschaulichen. Dass Odysseus von Sternennavigation „etwas versteht, macht seine Autorität aus“, die er gegenüber den Ruderern, die sich „[i]m wesentlichen auf zwei Bewegungen beschränk[en]“ (1003), geltend macht. Gemeinsam sind Odysseus und seine Arbeiter seetauglich. Gelingt Orientierung, greifen Theorie und Praxis also ineinander. Was ‚Sich-Orientieren‘ in den 1970er und Anfang der 80er Jahre, also im Entstehungskontext von Geschichte und Eigensinn, konkret heißen mag, führt ein Kapitel aus Oskar Negts Autobiographie vor Augen, das sich dem RAFTerrorismus der Baader-Meinhof-Gruppe und dessen Folgen widmet (2019, 114– 163). Die ausgebliebene ‚Revolution,‘ der Zerfall der Protestbewegung, die sich zersplitternden linken Fraktionen und die zunehmende Verletzungs- und Tötungsbereitschaft aus einer diskursiven Isolation heraus führten in der gesamten Linken zu einem haltungsbestimmenden, „zynische[n] Umgang mit Gewalt und Terror“ (2019, 131). Angesichts dieses „Sympathisantenproblem[s]“ (133) mit dem RAF-Terrorismus innerhalb der Linken erfüllte das von Oskar Negt mitgestaltete Sozialistische Büro ein „Orientierungsbedürfnis“ (138). Dementsprechend wurde Geschichte und Eigensinn als Orientierung bietendes Korrektiv gegen terroristische und staatliche Gewaltexzesse des Deutschen Herbstes gelesen (Stollmann 2003, 17).

auch in den Selbstaussagen der Autoren begründet. So bezeichnet Negt die Erzählweise seines Kooperationspartners Kluge als „Hausbau der Vernunft“, der durch „Lebensbezug des Lesers […] in die eigene Lebenswelt übersetz[t]“ (2011, 79) werden müsse. Diese Metapher des Sesshaften baut auf Sukzession und Fertigstellung. Dem gegenüber steht Kluges Selbstbeschreibung, der zufolge seine Geschichten – wie für ein Schiff der Sternenhimmel – „Orientierung“ (2001, 7) zur Navigation bieten würden. Hier werden Bewegungs- und Navigationsmöglichkeiten bereitgestellt, aber kein Ziel vorgegeben. Nicht von ungefähr erinnern diese Charakterisierungen an Walter Benjamins „Erzähler“-Aufsatz, in dem er zwei Gruppen von Erzählenden unterscheidet: den „seßhaften Ackerbauer[n]“, der als Überlieferer für seinen Ort traditionsbildend ist, und den „handelstreibenden Seemann“, der die auf seinen Reisen gehörten und erlebten Geschichten erzählt (1991, 440).

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Tatsächlich nehmen Negt und Kluge „das massenhaft vorherrschende Bedürfnis nach Orientierung“ (1993, 3) zum Ausgangspunkt ihrer Untersuchung. Paradoxerweise sehen sie aber von etablierten Darstellungskonventionen ab, die Text-Orientierung bieten würde und wählen eine nicht lineare und permutable Form, die auf eine systematische Aufbauweise verzichtet, in der das Frühere zuerst kommt, Prinzipien dargelegt und darauf aufbauend Maximen, Beispiele und Spezialfälle behandelt werden. Der Grad an Permutabilität veranlasst Negt und Kluge sogar zu der Behauptung, dass sich ihr gemeinsam geschriebenes Buch „sehr rasch auf[gliedere]“, wenn es vom Leser nur mit „Eigeninteresse“ (2001b, 4) und Bezug zum eigenen Leben gelesen werde. Um zu verstehen, wie Geschichte und Eigensinn trotz seiner erodierenden Gliederung Orientierung zu bieten gedenkt, muss dessen Grundthese erklärt werden, aus der sich die Darstellungsform ableitet. Das Leben der Leser*innen, die sich mit Eigeninteresse dem Buch widmen sollen, ist unter den Bedingungen der Moderne durch Entfremdung bestimmt. Diese basiert nach Negt und Kluge immer auf Trennungsprozessen. Das Beispiel des schon erwähnten „Crippled Soldier“ eignet sich gut dazu, diese These von der „Entstehung der Arbeitsvermögen aus der Trennung“ (27) zu veranschaulichen: Der Kriegseinsatz trennt den Soldaten von seinem Lebenszusammenhang, seinem Beruf, seinen sozialen Beziehungen und seiner Familie; er muss neue Arbeitseigenschaften – „Kriegsvermögen“ (207) – entwickeln, um mit den neuen Umständen umgehen zu können. Eine Granate fügt ihm eine weitere Trennung hinzu; er verliert einen Arm. Aus dem Krieg zurückgekehrt, muss er in allen seinen vorherigen Tätigkeitsfeldern wiederum umlernen. Die Bewegungsanalyse des scientific management entdeckt im versehrten Soldaten Arbeitspotentiale, die für die kapitalistische Wertschöpfung akkumulierbar sind, indem sie Arbeit nach anatomischen Körperfunktionen klassifiziert. In Folge jeder dieser Trennungen entstehen im Menschen nach Negt und Kluge neue Arbeitseigenschaften, die in kapitalistischen Produktionsverhältnissen aber nur entfremdet zum Einsatz kommen können. Möchte man die erfahrenen Trennungen darstellen, liegt eine besondere Schwierigkeit in der „Bestimmung des Anfangs und des Endes der [Geschichts-] Erzählung“ (32). Das liegt daran, dass die einzelnen Geschichtsprozesse selbst „keinen linearen Fortlauf aufweisen“ (35) und so das trennende Ereignis, also das, was zur sogenannten ursprünglichen Akkumulation führt, nicht zwingend in der Vergangenheit liegen muss. Es kann sogar „etwas völlig Gegenwärtiges, sogar Zukünftiges sein“ (35), was Arbeitskraft und -mittel trennt, in der Industrie akkumuliert und vermittelt durch Lohnarbeit wieder zusammenführt. Daher sprechen Negt und Kluge von der „Permanenz der ursprünglichen Akkumulation“: „So entsteht das Kapital nicht einmal […], sondern an seinem Sockel entsteht es aus erneut wiederholter ursprünglicher Akkumulation und deren

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kollektiver Verarbeitung in seinem ganzen Aufbau“ (36). Würde der kriegsversehrte Soldat Geschichte und Eigensinn zur Ursachenforschung seines entfremdeten Lebens zu Rate ziehen, wäre er auf eine Vielzahl von Anfängen verwiesen, an denen er in seiner eigenen Lebenserzählung anknüpfen könnte. Geschichtliche Prozesse verlaufen nicht linear, zu sprechen ist eher von einer Fortbewegung […] nach Art von Kugelhaufen […]: Die einzelnen Kugeln (aber alle solche Gebilde sind nicht geometrisch) erneuern ihre Anfänge permanent so, wie sie sich drehen. Was hiervon aus dem Automatismus, aus der Kugelgestalt endloser Wiederholung ausbricht und neue Kugeln (oder etwas anderes Vielpoliges) bildet, tut dies wiederum nicht freiwillig, sondern unter aufgezwungener Trennung, also von einem Zentrum der Trennungsprozesse her, das nicht notwendig die Mitte sein muß (asymmetrischer Prozesse). (35)

Bei einer solchen Geschichtserzählung ist nicht auszumachen, wo genau die Geschichte anfängt und wo sie aufhört. Man kann an jedem Punkt ihrer Oberfläche einsteigen und sich von dort aus zu anderen Punkten unendlich fortbewegen. Diese Erzählweise impliziert eine Rezeptionsform, die zyklisch anstatt linear vorgeht: „Es gibt Bücher, die man von Anfang bis zum Ende liest. Es gibt aber auch Bücher, deren Tugend in der Wiederholbarkeit liegt“ (5). Die Darstellungsform von Geschichte und Eigensinn ist daher weder – nach einer eher abschätzigen Äußerung Jürgen Habermas’ – ein „surrealistisches und postmodernes Gebilde“ (Negt, Stollmann und Schulte 2005, 14) noch ein Trümmerhaufen, noch einer „Logik des Kommentierens“ (Walzer 2017, 104) geschuldet, sondern dem oft beziehungslosen Nebeneinander von geschichtlichen Prozessen, die in Formgleichheit mit ihrer Erzählweise gesetzt werden. „Je komplizierter die Sachverhalte sind, desto mehr Arbeit und Vorarbeit ist nötig, um sie adäquat auszudrücken. Was deshalb dem Leser als hermetisch verschlossen oder willentlich unverständlich erscheint“ ist häufig aus der Komplexität der Sache zu erklären, „die sich der Sprache entzieht“ (Negt und Kluge 2001b, 430, Fn. 4). Aus dieser Formgleichheit resultiert jedoch – die Schwankungsbreite in den Gattungs- und Formbezeichnungen des Buches verrät es – Orientierungslosigkeit auf der Ebene des Textes.

3.

Eine Landkarte für Geschichte und Eigensinn

Nicht nur in den Geschichtsprozessen, auch im Buch gilt es sich zurechtzufinden. Als Geschichte und Eigensinn 2014 unter dem Titel History and Obstinacy ins Englische übersetzt wird, gibt Alexander Kluge zur Orientierung für englischsprachige Leser*innen eine „Landkarte der Begriffe“ (engl. An Atlas of Concepts; Kluge und Negt 2014, 389–440; auch auf Deutsch erschienen: Kluge 2015b) bei.

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Bei dieser „Landkarte“ handelt es sich um ein Glossar, das die grundlegenden Begriffe des Buches definiert. Es besteht aus 60 Einträgen, deren nicht-alphabetische Ordnung sich von „[Eigensinn]“ (21), „[Entgleisung]“, (26) über „[Auswege muß man in den Handlungsfeldern der Menschen suchen und nicht in den Zentren der Regierung]“ (29) erstreckt und bis zu „[homo volans]“ (39), „[Gebrauchswert]“ (39) und „[Orientierung]“ (46, alle Glossareinträge i. O. fettgedruckt) reicht. Für ein Glossar eher ungewöhnlich sind die dazwischen gestreuten Abbildungen, die in keinem erkennbaren Zusammenhang mit den Einträgen stehen (Sternbild des Nilpferds, ein Bild dreier Kinder, verdoppelte Augenpartie: 23, 40, 41). Zwischen den einzelnen Glossen finden sich insgesamt 28 literarische Geschichten aus Kluges Das fünfte Buch (2012), die sich zu einem großen Teil mit dem Krisenjahr 1929 auseinandersetzen und häufig die USA als Handlungsort haben. Außerdem beziehen sich manche Einträge auf Themen, die zwar in der erweiterten englischen Übersetzung, in der deutschsprachigen Ausgabe von Geschichte und Eigensinn aber gar nicht vorkommen, wie etwa „[Summierung von Unwirklichkeit an Griechenlands Beispiel]“ (49), womit das Glossar über den zeithistorischen Kontext von Geschichte und Eigensinn von 1981 bis in die Gegenwart reicht. Im Anschluss an Deleuze, Guattari und Michel de Certeau erfuhren Karten besonders in den Literatur- und Kulturwissenschaften der 1990er- und 2000erJahre eine kritisch-faszinierte Aufmerksamkeit. Neben den mit der Kartografie verbundenen Kolonialisierungen ist die Forschung an strukturellen Analogien zwischen Literatur und Karte interessiert und untersucht letztere als Medien der Imagination (vgl. Wood, Fels und Krygier 2010; Wood und Fels 1993; Stockhammer 2007; Dünne 2011). Als exemplarisch für diesen Forschungsaspekt gilt die Bemerkung des Literaturwissenschaftlers Robert Stockhammer, dass innerhalb des Zeichenverbundsystems ‚Karte‘ Literatur „immer schon“ integriert war. Denn bereits vor der europäischen Landnahme und kartografischen Erschließung des Kontinents war dessen kartografischer Ort auf den zeitgenössischen Karten „keineswegs ganz leer, sondern mit Zitaten aus den Reisebeschreibungen Marco Polos und Jean de Mandevilles gefüllt“ (2007, 41). Dieser kartografischen Tradition des 14. und 15. Jahrhunderts entsprechend werden in Kluges „Landkarte der Begriffe“ Glossareinträge, Bilder und literarische Geschichten in einem Medium zusammengefasst. Die von Kluge in die „Landkarte der Begriffe“ integrierte Prosa beruht auf einem erzählerischen Prinzip von Geschichte und Eigensinn, nämlich der Forderung, die Betrachtungsweise „wie bei der Vogelperspektive, oder bei Anfertigung einer Landkarte“ (Negt und Kluge 2001b, 245) immer um eine Perspektive von unten zu ergänzen. Erzählt man ausschließlich von oben, kann man elementare Zusammenhänge nur unvollständig beschreiben, so Negt und Kluge. Die traditionelle „Erzählform“ (244) der klassischen Ökonomie beharrt auf der

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Vogelperspektive, wenn sie ihr Untersuchungsfeld durch produktionsspezifische Segmentierung von Wirtschaftsfeldern beschreibt: z. B. durch die Zusammenfassung „alle[r] einzelnen Schuster zum Schustergewerbe“ (244) oder durch die Herstellung von künstlichen Ausschnitten wie „Landwirtschaft, Investitionsgüterindustrie, Konsumgüterindustrie, Dienstleistungsgewerbe, die in Wirklichkeit nie ohne einander existieren könnten“ (245). Die Textgattungen dieser Erzählform sind „Input- und Output-Tabellen, Grenznutzen-Rechnungen, Wirtschaftsstatistiken.“ (243) Dem gängigen Sprachgebrauch gegenläufig nennen Negt und Kluge – im Anschluss an Franz Janossy (1979) – diese kartografische Erzählform ‚horizontal‘. Die horizontale Erzählperspektive hat laut Negt und Kluge den Nachteil, dass in gesellschaftlichen Krisen eine segmentspezifische Diagnostik politisch effektives Handeln blockiert. Da die horizontale Abbildung nicht bereithält, wie ‚Arbeitskraft‘ in seinem Lebenszusammenhang entsteht, sich ausbalanciert und sich reproduziert, trifft eine Krise jedes dieser Segmente „wie ein Schicksal“ (244). Man muss daher zusätzlich auch aus der Perspektive von unten berichten, dass die Schuster Familien haben und für ihre Kinder Schulen brauchen, „die Schulen […] Lehrer voraus[setzen], die zu Friseuren gehen“ (Negt und Kluge 245). Man müsse also – hier taucht die KugelhaufenMetapher erneut auf – „kugelig [nacherzählen]“ (246), was die beiden anhand des Holzschnittes „Erdkugel mit Haus und Schiff“ andeuten.

Abbildung 3: Erdkugel mit Haus und Schiff (Negt und Kluge 2001b, 245)

In Geschichte und Eigensinn findet sich der Holzschnitt in direktem Zusammenhang mit der Begriffsklärung horizontaler und vertikaler Erzählweisen. Das Bild selbst folgt keiner einheitlichen Perspektive, sondern kombiniert drei verschiedene miteinander: Als Kugel wird die Erde zentralperspektivisch dargestellt, ihre Landteile hingegen vogelperspektivisch (kartografisch) und die Häuser und das Schiff wiederum aus zweidimensionaler Frontalperspektive, wobei sie im

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System der Landkarte ikonisch und in der Frontalperspektive figürlich zu lesen sind. Die übertrieben disproportionale Darstellung des Schiffs und des Hauses entlang des Erdumrisses bewirkt zudem einen karikierenden Effekt. Und tatsächlich hat der Holzschnitt seinen Witz: Denn die eingezeichnete Linie zwischen der Person auf dem Schiffsmast und dem Hausfenster ist insofern ‚falsch‘, als ihr geradliniger Verlauf mit der Erdkrümmung und deren zentralperspektivischer Form konkurriert. Auf diese Konkurrenz in den Darstellungsformen hinweisend führt der Bildkommentar an, dass die „Beschreibung einer Bewegung […] horizontal [erfolgt]“ (245). Hiermit wird das zentrale Problem jeder Kartenherstellung angesprochen: das der Projektion der gekrümmten Erdkugel auf die Fläche der Karte. Denn aus einem Globus „lässt sich nicht ohne weiteres eine Karte ableiten – wie jeder weiß, der schon einmal versucht hat, eine Kugel mit einem Papier einzuwickeln, ohne dabei Falten zu erzeugen“ (Stockhammer 2007, 19). Um eine widerspruchsfreie Darstellung sind Negt und Kluge aber auch gar nicht bemüht, vielmehr geht es ihnen um das „Prinzip des CROSSMAPPING, die Anwendung einander widersprechender Kartierungen, Methoden und Theorien“, auf der eine „robuste und brauchbare Praxis“ (Kluge 2012, 176–77) gründet.

4.

Geschichte und Eigensinn als ambulantes Gebrauchsbuch?

Einen solchen robusten und brauchbaren Umgang mit Büchern beschreibt Kluge in einem literarischen Bericht über einen Arzt, der einer komplizierten Hausgeburt beiwohnt: „INTELLIGENZ“ vermag ein richtiges Maß an Geduld und gezieltem Eingriff herzustellen. Der Arzt kann abwartend „die unerschütterliche Haltung eines Römers annehmen“ oder „mit quasi industrieller Geschwindigkeit“ eingreifen und so Arbeitseigenschaften mehrerer Jahrtausende in seinem medizinischen Beistand vereinigen, wenn er zum richtigen Zeitpunkt „aus dem Handbuch etwas Kleingedrucktes an den Ort zieh[t], wo es gebraucht wird“ (Kluge 2015a, 357). Das Handbuch gilt diesem Hausarzt als verlässliches Werkzeug für unterwegs. Geschichte und Eigensinn stellt sich in eine Reihe mit solchen Handbüchern und Werkzeugen der mobilisierten Intelligenz, was durch eine selbstreferentielle Abbildung im fünften Kapitel angedeutet wird. Gemeint ist die Werbeanzeige für ein „Universalwerkzeug“ um 75 Pfennig. Da die auswechselbaren WerkzeugAufsätze „im Heft untergebracht werden“, ist es „zum Mitführen auf Fahrten“ und zur allfälligen Reparatur des liegengebliebenen Gefährts gut geeignet (Negt und Kluge 2001b, 440). Die Werbeanzeige ist unschwer als metaphorische Selbstthematisierung des eigenen Buchprojektes zu lesen. Im oft zitierten Vorwort von Geschichte und

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Abbildung 4: Geschichte und Eigensinn als Werkzeug für unterwegs (Negt und Kluge 2001b, 440)

Eigensinn rechnen die Autoren das von ihnen vorgelegte Produkt zur Gebrauchsliteratur: „Wir legen ein Gebrauchsbuch vor, das wir in drei Jahren gemeinsamer Arbeit geschrieben haben“ (5). Der Terminus ‚Gebrauchsbuch‘ ist weder häufig in Verwendung noch durch eine Definition geklärt, man kann ihn aber in einem ersten Schritt „vom bibliophilen Buch oder von der Vorzugsausgabe“ (Felber 2008, 88) abgrenzen, die aufgrund ihrer aufwendigen Herstellung einen hohen Tauschwert zur Folge hat. Ein Gebrauchsbuch setzt im Unterschied hierzu jedoch auf seinen Gebrauchswert und ist dementsprechend billiger. Geschichte und Eigensinn hat bei erstem Erscheinen gemessen am Buchumfang von 1.283 Seiten und der aufwendigen Ausstattung im Leineneinband einen zu damaligen Verhältnissen niedrigen Tauschwert von 20 DM besessen (Stollmann 2010, 107). Negt und Kluge verstehen Gebrauchswert aber „weder im Sinne technisch-funktionaler Nützlichkeit noch durch die Abgrenzung von einem abstrakten Tauschwert, sondern hinsichtlich seiner engagierenden Wirkung“ (Walzer 2017, 102). Ein Werk muss sich „auf der Ebene der weiterführenden Einfälle der Massen“ (Negt und Kluge 1972, 649) beweisen. Denn „Intelligenzarbeit ist in dem Maße brauchbar, in welchem sie in allen Teilen der Gesellschaft angeeignet werden kann“ (Negt und Kluge 2001b, 430).

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Um diese Aneignung aller Gesellschaftsteile anzuregen, muss ein Werk offene Zugänge an möglichst vielen Stellen bieten. Ist bei Eco die Offenheit des Kunstwerkes ein Resonanz-Effekt, der viel grundlegendere, (wissenschafts-) historische Prozesse in der Struktur des Kunstwerkes widerspiegelt (1990, 52– 53), so verhält es sich bei der Offenheit eines Gebrauchsbuches ganz anders: Dessen Gebrauchsorientierung impliziert bereits eine strukturelle Offenheit, da es bedarfsspezifische Zwecke der Verwender*innen und daher seine Rezeptionsbedingungen berücksichtigen muss. Man denke etwa an den erwähnten Hausarzt, der mit seinem Handbuch eine medizinische Krisensituation übersteht. Gebrauchstexte sind nicht kontemplativen und reflexiven Zeitmaßen, sondern der Dringlichkeit des Ernstfalles unterstellt. In kritischen Momenten muss rasch gehandelt werden, wodurch nicht die Zeit bleibt, die Materie umfassend zu interpretieren. Ein Handgriff muss genügen, und dem muss auch die Organisation des Textes Rechnung tragen. Die Generation 68 verstand die Verabschiedung der Notstandsgesetze als einen solchen kritischen Moment in der deutschen Nachkriegsgeschichte, der rasches Eingreifen der Zivilbevölkerung erforderte. Das dominierende Meinungsbild in der Presse gab die politischen Anliegen der Protestierenden nur verzerrt und teils hetzerisch wieder, weshalb die Medienhäuser selber zum Angriffsziel der Studentenbewegung wurden. Nach den Oster-Protesten 1968, die im Zusammenhang mit dem Attentat auf Rudi Dutschke und der Aggression gegenüber Protestierenden in den Medien des Springer-Verlags sowie der Auslieferungsblockade gegen die BILD-Zeitung standen, wurde die Forderung nach einer Gegenöffentlichkeit immer dringlicher. In dieser Gegenöffentlichkeit sollten z. B. mittels Zeitschriften, Wandzeitungen, Flugblättern, Transparenten, Filmen und Teach-Ins die gesellschaftlichen Problemfelder von Gewalt und Öffentlichkeit neu verhandelt werden (vgl. Negt 1995, 94–97). Auffällig ist, dass die Darstellungs- und Publikationsweisen oft den kleinen Formen zuzurechnen sind, die schnell produziert, distribuiert und rezipiert werden können. Diese Tendenz umfasst auch das philosophische, theoretische und gesellschaftskritische Buch, dessen Gebrauchsweisen für die Mobilisierung des Protestes eine wichtige Rolle spielten. Negt und Kluges Denk- und Produktionsweise ist tief in diesem Milieu der studentischen Protestbewegung verankert, das aus diesem Grund auch vielfach zum Thema wird. Negt – selbst Sprecher des SDS – widmet dem Protest später ein eigenes Buch mit dem Titel Achtundsechzig (1995). Auch Kluge beschäftigt sich auf vielfältige Weise mit diesen Ereignissen, etwa in der Erzählsammlung Unheimlichkeit der Zeit (Kluge 2000, 204–241) oder in den TV-Gesprächen mit Oskar Negt Man sollte die Gefahr der Rhetorik in politischen Kämpfen nicht übersehen und Ein Augenblick im Juni 1967, beide abgedruckt im ersten Band der gemeinsamen Werke (Negt und Kluge 2001a, 89–130). Für Negt und Kluge ist die

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Wichtigkeit philosophischer, theoretischer Bücher für die Protestbewegung unbestritten, wobei Negt selbst die Rolle zukommt, theoretische und philosophische Zusammenhänge zu diskutieren und herzustellen: „Der Kanon von Texten, beginnend mit Karl Korschs Schriften und nicht endend mit den Texten der Kritischen Theorie, ergänzt um die Klassiker der Philosophie, zusammengefasst in Marx, wird vollständig nur von Oskar Negt ausgelegt“ (Kluge 2001, 13), schreibt Alexander Kluge in einer Art Laudatio zu Negts 65. Geburtstag. Dieses öffentliche Denken im Rahmen von Vorlesungen an der Universität Frankfurt und später in Hannover hatte um das Jahr 1968 enormen Zulauf – im Wintersemester sollen es bis zu 800 Hörer*innen gewesen sein (12). Durch die mangelhafte Verfügbarkeit von brauchbaren Texten, anhand derer die aktuellen politischen Entwicklungen verhandelt werden können, entsteht ein regelrechter Hunger nach Theorie, der als Motor des Protestes wirkt. Kluge und Negt sprechen in Ein Augenblick im Juni 19678 vom „Giftschrank des Instituts für Sozialforschung“, dessen theoretische Titel „geräubert und in Raubdrucke verwandelt“ werden: KLUGE: Und jetzt sammeln wir alles ein, was an verdeckter Literatur in der Welt ist, Wilhelm Reich, die ganzen Marx-Texte, die ganzen Korsch-Texte. Es entsteht ein ungeheurer Lernhunger, der alles nachholt, was man braucht, um sich gewissermaßen geistig zu bewaffnen. NEGT: Ja, es ist eine gewaltige, wie soll man sagen, Verlegertätigkeit im Gange. KLUGE: Raubdrucker. NEGT: Viele Raubdrucke, und vielfach von Sachen, die einfach vergessen sind oder im wirtschaftlichen Aufbruchsklima als unzeitgemäß betrachtet werden. Ein Raubdruck der ‚Dialektik der Aufklärung‘, die nicht mehr aufgelegt wurde und nur noch in Restexemplaren erhältlich ist. (Negt und Kluge 2001a, 114)

Texte von Negt und Kluge sind ebenfalls in Form von auflagestarken Raubdrucken im Umlauf, etwa Negts Referat Über das Verhältnis von Ökonomie und Gesellschaftstheorie bei Marx, das in einem Seminar Adornos gehalten und 70.000-fach raubgedruckt wurde (Negt 2019, 171).9 Diesen Hunger nach Theorie bedienen auch kommerzielle Verlage. Zu nennen ist vor allem der SuhrkampVerlag, der seit 1963 seine Taschenbuchreihe edition suhrkamp herausgibt, in der wissenschaftliche, philosophische und rezente literarische Titel erscheinen (Völker 2014, 251). Unter ihnen befindet sich auch die ca. 12.000-seitige HegelGesamtausgabe sowie Theodor Adornos Minima Moralia (1951); beide sind Kassenschlager (Wegmann 2010, 463; Felsch 2015, 26). Auch Oskar Negt und 8 Gemeint ist die Ermordung Benno Ohnesorgs während einer Demonstration gegen den SchahBesuch. 9 Das APO-Archiv der FU Berlin sammelt die wichtigen „Nach- und Raubdrucke der 60er Jahre“ in 30 Ordnern und Schubern: http://web.fu-berlin.de/APO-archiv/Stuff/Frames.htm (Reiter: Bestandsübersicht, Bestandsgruppe 27; Zugriff am 20. Nov. 2019).

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Alexander Kluges Öffentlichkeit und Erfahrung (1972) erscheint zuerst in der edition suhrkamp, nachdem der Vertrag mit dem „eher bürgerlich ausgerichtete[n]“ (Negt 2012, 20) List-Verlag aufgrund der Neuausrichtung des Projektes durch die erst später vereinbarte Kooperation mit Kluge aufgelöst wurde (20). Neben der edition suhrkamp ist das Kollektiv rund um den Merve-VerlagGründer Peter Gente zu nennen (Felsch 2015, 109–13). Der Merve-Verlag publiziert die wichtigsten Bücher zunächst italienischer, dann französischer zeitgenössischer Theorie im deutschsprachigen Raum. Zur theoretischen Grundlegung seiner Verlagstätigkeit dient Peter Gente Negt und Kluges Öffentlichkeit und Erfahrung (90). Theoretische Texte werden durch das Taschenbuchformat tragbarer, mobiler und vor allem auch billiger. Solch „ambulatorische Bücher [… für die] S-Bahn, ‚auf Reisen‘ oder beim Ausgehen“ (30) sind direkt mit Mobilität, Mobilisierung und Aktion verknüpft (vgl. Briegleb 1993, 150), was den Warenund Tauschwertcharakter des Mediums kompensiert (150). Ein Beispiel für diese Verknüpfung von Buch mit Mobilität, Mobilisierung und politischer Aktion bietet die Studentengewerkschaft Bonn, die vom Suhrkamp-Verlag vergünstigte Exemplare des in der edition suhrkamp erschienenen Buches Vietnam (1966) von Peter Gäng und Jürgen Horlemann bezog und während einer Protestaktion gegen den Vietnamkrieg auf der Straße billig verkaufte (Marmulla 2011, 123). Solch eine Verlagstätigkeit operiert zum Teil gegen das „Distributionsgesetz[ ] des [Buch-]Marktes“ (Enzensberger [1968] 2008, 196) und ist somit auch gesellschaftspolitischen Interessen verpflichtet statt nur dem wirtschaftlichen Erfolg unterworfen. Von überragender Bedeutung für die studentische Protestbewegung ist neben der Zeitschrift Das Argument das von Hans Magnus Enzensberger herausgegebene Kursbuch, das – wiederum bei Suhrkamp – als Taschenbuch erscheint und politische Beiträge namhafter Autor*innen versammelt. Das Kursbuch hat die „Mobilisierung [der Studentenbewegung …] begleitet, wenn nicht sogar dynamisiert“ (Marmulla 2011, 118), schreibt der Literaturwissenschaftler und Suhrkamp-Lektor Henning Marmulla. Enzensbergers Anspruch an diese Zeitschrift war neben der internationalen Vernetzung und dem Erfahrungsaustausch der verschiedenen Protestbewegungen etwa in Paris, Berkeley, Warschau, Rom und Prag10 auch jener, Aktualität und Wirklichkeitsbezug in die Diskussionen einzubringen. Die am Kursbuch mitarbeitenden Autor*innen sollten nicht Bücher, sondern „wirklichkeit ‚rezensieren‘“ (Enzensberger in einem Brief an Alfred Andersch am 25. 8. 1964, zitiert nach Marmulla 2011, 10). Diese faktographische Literatur soll unmittelbar mit einer politischen Praxis und der aktuellen politi10 Vgl. die im Kursbuch 13 (1968) abgedruckte Adressenliste von Organisationen, die „für die Zusammenarbeit mit der antiautoritären Bewegung in Betracht kommen“ (Enzensberger 2008, 199–201, hier 198).

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schen Lage verknüpft sein, was sich im programmatischen Namen des Kursbuches und in seiner damit verbundenen Orientierungs- und Mobilisierungsfunktion ausdrückt. Denn: „Kursbücher schreiben keine Richtung vor. Sie geben Verbindungen an, und sie gelten so lange wie diese Verbindungen“ (Enzensberger 2008, Klappentext). Der in Negt und Kluges eigener Sache so betonte Gebrauchswert des Buches und seine damit verbundene partielle und repetitive Lektüreweise ist auch für das Kursbuch festzustellen. Beide Autoren publizieren auch im Kursbuch (vgl. etwa Negt 1968, 179–189; Kluge und Reitz 1975, 41–84). Die Darstellungsweisen der kleinen Formen, die Gestaltung der Bücher für unterwegs, die an der aktuellen Protestlage ausgerichteten Inhalte und die teilweise gegen die eigenen Marktinteressen gerichtete Unterstützung der Protestierenden durch die Verlage geben nur einige Beispiele für die buchpraxeologischen Strategien, mittels derer sich die Protestierenden gegen den sich autoritär gebärdenden Staat und gegen das Meinungsmonopol der Springer-Medien mobilisieren. Die Protestierenden sind nun aber wiederum Produzent*innen mobilisierter und mobilisierender Inhalte. Sie filmen, fotografieren, dokumentieren, diskutieren, sie sammeln und arrangieren Erfahrungen des Protests. Hans-Dieter Müller und Günther Hörmann zeigen in ihrem während der studentischen Protestbewegung entstandenen Dokumentarfilm Ruhestörung etwa eine Gruppe von Studierenden der Rechtswissenschaft, die nach dem Tod Benno Ohnesorgs mit Tonbandgeräten systematisch Zeugenbefragungen aufnehmen, und wie die Studierenden auf offener Straße mit anderen, den Protesten skeptisch gegenüberstehenden Passanten in Austausch treten (Müller und Hörmann 1967, 16:00–16:50). Diese Erfahrungen werden wiederum gestaltet, gedruckt, publiziert und verteilt. Diese kursorisch geschilderte Sammel- und Publikationstätigkeit nimmt in den späten 1960er und frühen 70er Jahren ihren Ausgang und setzt sich in den Folgejahren fort, allerdings in einem durch den Linksterrorismus der RAF und den Kalten Krieg stark veränderten Milieu. Vor diesem Hintergrund ist noch einmal die Frage zu stellen, inwieweit das Ende der 70er Jahre entstandene und 1981 erschienene Buch Geschichte und Eigensinn als ambulatorisch gelten kann. Der darin entwickelte Bewegungsbegriff, die nicht lineare Darstellungsform und der intendierte repetitive Gebrauch entsprechen zwar ganz den Prototypen aus den 60er Jahren, nicht jedoch die Verlagsentscheidungen hinsichtlich der Buchgestaltung. Denn mit seinen 1,2 Kilogramm, 1.283 großformatigen, gebundenen Seiten und seinem Hardcover-Einband ist das Buch für unterwegs doch eher unbequem.11 Das wissen am besten die Autoren. Sie selber ließen die schweren Bände der Marx-Engels-Werke, denen das Design von Geschichte und 11 Die Neuausgabe in der edition suhrkamp von 1993 macht diese Entscheidungen zum größten Teil rückgängig, indem das Buch auf drei Bände aufgeteilt und im Softcover gedruckt wird.

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Eigensinn nachempfunden zu sein scheint, auf ihren Arbeitsreisen zum Wohnort des Kooperationspartners lieber zu Hause. „Also haben wir abwechselnd die Bibliothek des einen oder des anderen benutzt“ (Negt und Kluge 2001b, 1245). Die Ausstattung ist alles andere als nur ein Detail am Rande, da gerade sie für die Handlichkeit und Tragbarkeit des ambulatorischen Buches entscheidend ist. Ein Vergleich zwischen Geschichte und Eigensinn und seinem Vorgänger Öffentlichkeit und Erfahrung, der trotz seines konventionellen Aufbaues modellhaft für diesen mobilen Buchtyp ist, deutet an, welche Transformationen das ambulatorische Buch ab den 1970er Jahren durchläuft. Während das Buch selbst aufgrund seiner Materialschwere an Tragbarkeit einbüßt, rutscht das Ambulante in die Form. In seiner Rezeptionsweise Telefonbüchern, Enzyklopädien oder Kochrezeptsammlungen ähnlich, bleibt Geschichte und Eigensinn stationär wie ein Hausbuch. Gleichzeitig erodiert jedoch sein inhaltlicher Aufbau. Das Buch ist in vier verschiedenen Verlagen in vier verschiedenen, auch inhaltlich divergierenden Auflagen erschienen, jeweils um rezente Ereignisse wie den Fall des Eisernen Vorhangs, Tschernobyl oder den 11. September ergänzt. Die nachträglich hinzugefügten Bucherschließungsmittel wie die „Landkarte der Begriffe“ und das Sach- und Personenregister in History and Obstinacy steuern dieser Erosion entgegen, deuten dadurch aber auch einen höheren Grad selektiver Lektüreweisen an. Man kann eine ähnliche Beobachtung anhand von Gilles Deleuzes und Félix Guattaris Tausend Plateaus machen, 1992 bei Merve sowohl gebunden als auch broschiert und in Softcover erschienen, circa 960 Gramm schwer. Nur ein Jahr später erscheint im selben Verlag Karten zu „Tausend Plateaus“, ein Sammelband, der das „Labyrinth“ und die „unbekannten Meridiane[…]“ (Villani 1993, 15) des rhizomatischen Buches von Deleuze und Guattari nachzuzeichnen versucht. Von dem Standpunkt aus, dass das Buch seine Leser*innen zu Hause hält und sie in intellektueller Beweglichkeit übt, gilt es zu fragen, ob die intendierte Zielgruppe von Geschichte und Eigensinn anstatt in der Arbeiter*innenschaft nicht vielmehr in der sich radikalisierenden Linken zu suchen ist, die durch die Lektüre einem Deeskalationstraining unterzogen werden soll. So wäre die inhaltliche sowie materielle Sperrigkeit von Geschichte und Eigensinn einer überschießenden Spontaneität der Linken geschuldet, die sich vermehrt gewalttätiger Mittel bedienen und daher gedämpft und zurück ins Studierzimmer verwiesen werden, wo Denkblockaden zu lösen sind.

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Abbildungsverzeichnis Abb. 1–4 aus: Negt, Oskar und Alexander Kluge. Der unterschätzte Mensch: gemeinsame Philosophie in zwei Bänden. Bd. 2. Geschichte und Eigensinn. Frankfurt a. M.: Zweitausendeins. S. 16f, 18f, 245, 440. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Alexander Kluge.

Literaturverzeichnis Adorno, Theodor W. 1951. Minima Moralia: Reflexionen aus dem beschädigten Leben. Berlin/Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Benjamin, Walter. 1991. „Der Erzähler. Betrachtungen zum Werk Nikolai Lesskows.“ In Gesammelte Schriften. Bd. 2. Aufsätze, Essays, Vorträge, 438–465. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Briegleb, Klaus. 1993. 1968: Literatur in der antiautoritären Bewegung. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Deleuze, Gilles und Félix Guattari. 1977. Rhizom. Übersetzt von Dagmar Berger, ClemensCarl Haerle und Helma Konyen. Berlin: Merve. –. 1980. Mille plateaux: Capitalisme et schizophrénie 2. Paris: Éds. De Minuit. Dünne, Jörg. 2011. Die kartographische Imagination: Erinnern, Erzählen und Fingieren in der Frühen Neuzeit. Paderborn: Fink. Eco, Umberto. 1990. Das offene Kunstwerk. 5. Aufl. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Enzensberger, Hans Magnus. 2008. „Gemeinplätze, die Neueste Literatur betreffend.“ In Kursbuch 11–15 1968, Nr. 15, herausgegeben von Hans Magnus Enzensberger. Einmalige Sonderausgabe, 187–197. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. –, Hg. 2008. Kursbuch 11–15 1968. Einmalige Sonderausgabe. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Felber, Christine. 2009. „Hinwendung zum unauffällig Schönen: Das gut ausgestattete Gebrauchsbuch und seine Entwicklung.“ In Buchgestaltung: Ein interdisziplinäres Forum: Tagung der Internationalen Buchwissenschaftlichen Gesellschaft, St. Gallen 13.– 14. Juni 2008, herausgegeben von Cornel Dora, 81–98. Wiesbaden: Otto Harrassowitz Verlag. Felsch, Philipp. 2015. Der lange Sommer der Theorie: Geschichte einer Revolte 1960–1990. München: Beck. Gilbreth, Frank Bunker und Lillian Moller Gilbreth. 1917. Applied Motion Study: A Collection of Papers on the Efficient Method to Industrial Preparedness. New York: Sturgis & Walton. Gilcher-Holtey, Ingrid. 2008. 1968: Eine Zeitreise. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Horlemann, Jürgen und Peter Gäng. 1966. Vietnam: Genesis eines Konflikts. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Huey, Edmund B. 1900. „On the Psychology and Physiology of Reading. I.“ The American Journal of Psychology 11, no. 3: 414–415. Inhoff, Albrecht W. und Keith Rayner. 1996. „Das Blickverhalten beim Lesen.“ In Schrift und Schriftlichkeit: Ein interdisziplinäres Handbuch internationaler Forschung: Writing

Zum ambulanten Gebrauch von Geschichte und Eigensinn

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Christian Wimplinger

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Viktoria Metschl

“Shhhhh, on existe…”: Haute Cuisine, Subversion Televised, and the ‘Denaturalization’ against Dehumanization of the European Nation State in Sarah Maldoror’s Telefilm Un Dessert pour Constance (1980) “Méfiez-vous de vouloir vivre, on peut finir par exister.” (Faye 2017)1 “We are not exaggerating if we assert that the immigrant, or the man we are talking about, exists, in reality, only insofar as he has been constructed, shaped and defined.” (Sayad 2004, 177)

The European nation-state system—be it a single state, be it a so-called Union— denies the human her and his right to exist. Yet, [t]he historical record will show that it is the peoples of the metropoles who have gone through the most dehumanization. That’s the way it is. Slavery has dehumanized slave masters more than it has dehumanized slaves. Colonialism has dehumanized the colonialists more than it has dehumanized the colonial people. (Rodney 1972, 41)

For the purposes of investigating this power structure of dehumanization and in light of its many updates and fortifications, several insights from the writings of the Algerian sociologist Abdelmalek Sayad prove to be fundamental. According to Sayad, the intrinsically connected movements of emigration and immigration are basic to any understanding of the “nature” of the European nation state as well as the machinery of thinking upon which it is built and through which it continues to function (Sayad 1999, 6). Pourquoi? L’immigration constitue comme la limite de ce qu’est l’État national, limite qui donne à voir ce qu’il est intrinsèquement, sa vérité fondamentale. Il est comme dans la nature même de l’État de discriminer et, pour cela, de se doter préalablement de tous les critères de pertinences nécessaires pour procéder à cette discrimination. (Sayad 1999, 6)2 1 “Be suspicious of your will to live, you may end up existing” (Faye 2017). All translations from the French in this article are by Viktoria Metschl unless otherwise indicated. 2 “Why? Immigration constitutes the limit of what the national state is, a limit which shows what is intrinsically its fundamental truth. It lies in the nature of the state to discriminate and, therefore, to equip itself with all the necessary and relevant criteria in order to proceed to this discrimination” (Sayad 1999, 6).

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Therefore, the dehumanizing power of the state springs from the arbitrary brutality of exclusion,3 “vérité fondamentale,” which is immediately obscured by the foundational lie of state thinking “within a society which assails [its subjects] on all sides with a variety of myths which cloud exploitation under the banner of God and country and so on” (Rodney 1972, 42). Clouded in this manner, the lie— mensonge fondamentale—becomes the truth by means of lawmaking and produces the assumption that nationality and national belonging are “natural,” inborn facts. Accordingly, Sayad continues, every human being without the “natural nationality” of the place where s*he happens to be is always already declared guilty of the act of non-belonging, guilty of the act of migration:4 “cette fonction diacritique de l’État, fonction à proprement parler de ‘définition,’ c’est à dire de délimitation est dans la nature même de l’État” (Sayad 1999, 6).5 Further, and by way of this power of legal definition and delimitation, all immigrants legally tolerated in a certain territory on the basis of their labor power are reduced to an economically necessary physical presence following the demands of the metropoles’ surplus-making classes: “The economics of labour, for example, require the body to be represented as an abstract entity required by the economy of labour” (Sayad 2004, 189). An existence of human life beyond labor-exploitation-body-abstraction is outlawed. On their way home from their daily work shift at the Parisian waste disposal service, Mamadou Kandi from Senegal (Cheik Doukoure) and Bokolo N’Gol from Tchad (Sijiri Bakaba), principal characters of Sarah Maldoror’s 1980 telefilm Un Dessert pour Constance, buy some baguette and cheese. These modest items form the ingredients of a dinner to be shared with their roommates, the other residents of the small, chilly room in the suburban apartment where they live. Even though the variety of goat cheese containing a straw inside is twice as expensive as the kind without it, as explains Bokolo, Mamadou prefers the former, which he purchases. Shortly thereafter he reveals the reason for his preference: the straw can be turned into a small instrument and be used to make music with comrades and friends. After dinner, Mamadou starts whistling with it, and the others join in with singing, percussion, and hand-clapping. Apparently 3 Here, the article builds on Jean Genet’s distinction between brutality and violence, which he famously makes in his article “Violence et Brutalité,” published on September 2, 1977 in solidarity with the German RAF, and further develops in an interview with Layla Shahid Barrada and Rüdiger Wischbart on December 6 and 7, 1983 in Vienna. 4 This applies in a particular way to the discourse in France, where the process of obtaining the French citizenship is referred to as “naturalization” (see Sayad 1993). This does not mean, though, that the guilt of migration is not, in the logic of the European state model, passed on from generation to generation. After ‘naturalization’ another discourse of ‘nature’ links this guilt to physical appearances which are allegedly ‘biological’ in their differences. 5 “This diacritic function of the State is in reality a function of definition, which means that delimitation is part of the State’s nature” (Sayad 1999, 6).

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disturbed by the sound, their neighbors off-screen start banging against the thin walls. Gesturing to his friends to be silent, Bokolo whispers slowly with a smile: “Shhhhhh, on existe.” Shhhhhh, we exist. This scene from the beginning of the film can be seen as emblematic: As soon as the existence of immigrants’ communities becomes (too) audible or (too) visible, someone starts banging, someone starts complaining, someone starts killing. These re-actions must be understood as trained behavior of hegemonic and brutal defense mechanisms, which—from small scale to large scale—are meant to protect the foundational lie of the European Nation state. As obedient embodiments of “state thinking,” they are part of the “critères de pertinences nécessaires pour procéder à cette discrimination.”6 In this and other scenes of Sarah Maldoror’s telefilm Un Dessert pour Constance, produced in 1980 for the French television channel Antenne 2 in coproduction with the film company Top Films, Bokolo and Mamadou assert their human existence as African immigrants and Black people in France through the limitless inventiveness, serious optimism, and strength they display in their everyday political actions. They do so despite the persistent fact that “[t]he pessimist intellectual empire of the West has systematically crowded optimism out of serious contemplation and came to pin pessimist condemnation to all ‘things’ Black-African in the interest of white racist imperialism, for various and sundry periods of this empire” (Thomas 2018, 285). Struggling with financial constraints, health problems, and poor housing conditions, removing tons of waste from Parisian streets and the dustbins of upper-class households of the metropole while barely earning enough to cover their own basic needs, they maintain their humanity against the backdrop of the meticulously regulated anti-social architecture of France after the Algerian Revolution. Un Dessert pour Constance was one of the first fiction films on French television to address the topic of (labor) migration. It does so through the lens of one of Africa’s first female filmmakers, Sarah Maldoror, who transforms her camera into just another comrade in the immigrant community around Mamadou, Bokolo, Bono, and their friends. Un Dessert pour Constance puts into practice Sayad’s call to “denaturalize” (1999, 6) nation-state thinking by laying bare discrimination as its first principle. Indeed, discrimination is the foundation of every nation state following the European and thereby colonially crafted model with its various mechanisms of denying any form of human existence that exceeds the “generic ‘normal humanness,’ ostensibly expressed by and embodied in the peoples of the West” (Wynter 2003, 266). Fighting the European nationalist misuse of ‘nature’ and ‘human nature’ entails fighting carceral structures of “epidermized” determinisms of political 6 See footnote 2.

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and social positioning inside the nation state’s hierarchies. Those would certainly not allow for two Black men from Senegal and Chad in France (not in 1980, not today) to win the jackpot (out of a cooking pot) on a French gameshow. Yet this is what Mamadou and Bokolo do. Within the span of a few days, two unrelated events change their lives significantly. During their day shift on the garbage truck, the two friends find an old second-hand copy of a classic French cookbook: Monographie de la Cuisine by Constance Cabriolet. In fact, Sarah Maldoror—who had already used the motif of food and nutrition as an important object-protagonist for deconstructing versions and layers of the “colonialist prison” (Fanon 2011d, 415) in her two first films, Monangambeee (Algeria 1969) and Des Fusils Pour Banta,7 defending the anti-colonial armed struggle in the two former Portuguese colonies Angola and Guinea-Bissau—devotes the first five minutes of Un Dessert pour Constance to the cookbook-object. She captures its journey from an antiques auction market via a meat market in Paris (the butcher wants to give it to his ‘girlfriend,’ but she says she cannot stand second-hand things because they are “dirty”) to a public trash can, where Mamadou and Bokolo pick it up, attracted by the variety of “unpublished [inédites]” recipes of French haute cuisine. Reading it with amusement, they immediately grasp haute cuisine’s entanglement with exclusivist projects of French ‘national culture,’ which relies on distinctions between ‘high’ and ‘low.’ “Eh, il y a même des conseils pour le riz. Regarde… […] Le riz au chocolat, le riz à l’impérial…” “Oh, mon frère, le riz à l’impérial, là, c’est pas bon maintenant.” (Un Dessert pour Constance, 4:58)8

Called back to work and order by their colleagues on the truck, because “hey, collectionneurs, on n’est pas à l’université,”9 Bokolo and Mamadou take the book and get on the back of the truck, joyfully greeting their “brother,” the statue of the lion of Belfort towering and looking out over the roofs of Paris. “Mamadou pensa un instant que le lion se décidait à se lever, gardait sa belle taille et descendait vers la Seine” (Boulanger 1978, 225).10 Back in their room, they continue reading with curiosity. The next day, their friend Bono, whose health condition continues to deteriorate, is hospitalized. This sets a new plot line in motion: Mamadou and Bokolo, an inseparable team in everything they do, take over Bono’s job as street 7 Engl. Guns for Banta, Algeria/Guinea-Bissau 1971, unreleased. 8 “Hey, there is even some advice for rice. Look… […] Chocolate rice, Imperial rice…”—“Oh, my brother, imperial rice, that’s not good now” (Un Dessert pour Constance, 4:58). 9 “Hey, [trash] collectors, we are not at the university” (Un Dessert pour Constance, 5:14). 10 “For a moment, Mamadou thought that the lion would decide to rise, to keep its beautiful stature and walk down towards the river Seine” (Boulanger 1978, 225).

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sweeper under the direction of Monsieur Brocart, the nostalgic and passionate boss of the street sweeping teams of Paris who has taken it upon himself to defend the tradition and finesses of the profession. In their free time, the friends try to scrape together enough money to pay Bono’s return to his country, knowing well that this will be his ultimate home-going. On Sunday, Bokolo and Mamadou visit Bono at the hospital. Together, they sit in the “social space” of the hospital with several other, predominantly white patients. In silence, everybody watches what is happening on the television screen in front of them. Sunday afternoon. It’s airtime for the show Le Jeu du Bon Carême, “The game of the good fasting.” Each week, four candidates get the chance to win a jackpot by answering questions about French food and kitchen secrets. While most of the patients look bored—a slow traveling shot captures their facial expressions at close range—Mamadou, Bokolo and Bono watch passionately. Mamadou and Bokolo get caught up in the excitement as they realize they now know every single answer to the questions due to their experience of reading Monographie de la Cuisine. Half-annoyed, half-amused, another patient screams: “If you know everything, just go there yourself!” The next Sunday, the two Black men do just that as they participate in the so far whitesonly quiz show and play for the jackpot of 27,250 Francs in order to buy their friend Bono a one-way flight to Abidjan. When Monsieur Brocart urges his employees to explain the reason for Mamadou and Bokolo’s absence from work, he is deeply impressed and can hardly believe his ears. “La télévision? Ah, il fallait me dire. La télévision? La té-lé-vision! Ha, oh là là, c’est pas vrai. La télévision” (Un Dessert pour Constance, 51:40).11 It is not quite clear whether his astonishment relates to the medium of television in general (he only owns a very old radio) or to the fact that two of his street-sweeping employees will be on television, as participants in a quiz on French culinary know-how of all things. The excessive repetition of the word “télévision,” however, is a clear self-referential gesture by the telefilm, pointing towards its frame of reference off-frame. Doubling the medium’s dispositif, a classical technique of mediatized self-reflectiveness, provides an entry point for movements of subversion through which the tool of power—here, a telefilm produced for the national channel Antenne 2 or, in abstract terms, the technical apparatus that reinforces state thinking and the thinking of the state—is turned against itself. In televised fashion, Un Dessert pour Constance short-circuits simultaneous forms of mobility and immobilization administered and regulated by, but also undermining the European nation state and its truth-lie of discrimination. The 11 “Television? Ah, you should have told me so. The television? The te-le-vi-sion! Ha, oh là là, that’s not true. The television” (Un Dessert pour Constance, 51:40).

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moving capacities of TV images contrasts broadcasted promises of upward social mobility with the reality of how these dreams are racially restricted. The appearance of Mamadou and Bokolo on the doubled television screens troubles the consumption of such entertainment, which is nothing less than a clouded tool for the perpetuation of a variety of state myths. The short story by Daniel Boulanger on which Maldoror’s script is based puts these white bourgeois conditions of dream-mystification into words via the speech of the gameshow host at the start of Le Jeu du Bon Carême: “Certes la vie de la ménagère est de plus en plus difficile, offrez-lui au moins l’occasion de rêver” (Boulanger 1978, 232).12 The agency of the two main characters subverts and deconstructs the entire idea of ‘national culture’—here in disguise of haute cuisine—while also addressing the severe suffering of an immigrant’s ill body, who is no longer considered worthy of existence and who no longer ‘counts’ (literally, financially) once her/his capacity for physical labor ends. It does so by focusing the frictional position of immigrants inside the national health system and the counter-directional mobility of an ultimate ‘return migration’ in life.

1.

La Société Bloquée or: “We’re all functionaries of the city of Paris”

After their training at M. Brocart’s “School of Sweepers,” the two protagonists have their first assignment in the Montmartre district. The following scenes provide examples of the immigrants’ encounter with the “the necessary and relevant criteria” of discrimination. Their cinematography sheds light on the “thinking of the state” (pensée de l’État), an abstract political principle (at first sight), and its entanglement with “state thinking” (pensée d’État) as the state’s citizens’ habitual internalization and embodiment of the nation’s truth-lie of the “naturality” of privileged belonging to this state is revealed. In the first scene (see figs. 1–3),13 Paris’s typical curbstone draws a clear line between citizen and non-citizen. It demarcates the “Color (cum Colonial) line” (Wynter 2003, 322) between a French woman and Mamadou, both of whom are doing the same activity in the same place at the same time, but who are nevertheless living in two separate zones of “a world cut in two” (Fanon 1963, 38). It also reveals the absurdity of this separation for the mere sake of up- and downgrading humans ideologically and financially along colonial categories. In 12 “Certainly, the life of a housewife gets more and more difficult, let’s offer her at least the occasion to dream” (Boulanger 1978, 232). 13 The author would like to thank Annouchka De Andrade, Sarah Madoror’s daughter, for permission to use the film stills for this article.

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Figures 1–3: Screenshots from Un Dessert pour Constance (24:40), dir. Sarah Maldoror, France 1980.

other words, the curbstone becomes the concrete matter involved in a blurring of the “alleged line between reality and absurdity,” which Chester Himes, once another Black inhabitant of Paris, “believes […] to be erased by racism, which makes reality absurd for Black people and white racists, an approach to absurdity also visible in Fanon” (Thomas 2007a, 228). As Greg Thomas demonstrates in relation to Chester Himes, the creative and powerful play with (literary or cinematographic) genres applies once more to the mutual reactions between the onand off-frame of these sequential images. Comedy would be the word to classify Un Dessert pour Constance—if classification were needed (or even possible). The word comedy also played an important role in a speech at the opening of the PanAfrican Festival of Algiers in 1969, which highlighted the importance of artistic and image production for overthrowing colonialism and its compartmentationmechanisms of dehumanization: “La tragédie de l’histoire eut en Afrique l’ampleur d’un drame manichéen où l’homme se donna à lui-même la plus terrible comédie, celle de la destruction de sa propre image, de son propre reflet” (Boumedienne qtd. in Ministère 1970, 44).14 Both the line between the real and the absurd and the line between tragedy and comedy are brutally erased in colonial un-reality. An anti-colonial humor is therefore unrelenting and steadfast in pointing to where this erased boundary has been replaced by a race boundary. Mamadou on one side and the French woman on the other act out a comedy on 14 “The tragedy of history in Africa had the scope of a Manichean drama wherein the human played the most terrible comedy for him/herself, the comedy of the destruction of his/her own images, his/her own reflection” (Boumedienne qtd. in Ministère 1970, 44).

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the tragedy of the daily performance of the “color cum colonial” curbstone line by white European citizens. At the center of this and the following scenes lies what Sayad has named the problem of politesse, politeness. According to Sayad, the question of “polite” behavior constitutes one form of internalized and mystifying policing for the benefit of “state thinking.” “[L]a politesse a pour cette circonstance un pouvoir mystifié et mystificateur” (Sayad 1999, 9):15 politeness functions as one of the “myths which cloud exploitation,” as Walter Rodney put it, especially because it aims to depoliticize discrimination by transforming it into a matter of right or wrong behavior to be judged according to the (double) standards of individual morality of a declared majority. This ultimately maintains the racist distinction between civilized and uncivilized in neo- or postcolonial disguise. Therefore, Sayad explains: “L’immigré, surtout de basse condition sociale, est tenu à une sorte d’hypercorrection sociale. Socialement, voire moralement suspect, il doit avant tout rassurer quant à la morale […]” (Sayad 1999, 10).16 Even if the bodies of Mamadou and Bokolo are legally tolerated in France in theory and are needed to keep the streets of Paris clean in practice, they are nonetheless treated as alien, suspicious elements wherever and whenever they become too visible and audible, as is shown in the film’s opening. At the same time, their hypervisibility is produced through what Fanon’s famously calls the “epidermization” (2011c, 66) of racism: “J’ai l’aspect d’un suspect à n’importe quelle heure” (KDD, “Aspect Suspect”).17 The two friends, however, know how to play with these white attitudes. Intelligently acting and reacting, the two always seem to be already one step ahead of white arrogance, pointing out the “historical belatedness” (Fanon 2011a, 754) of Europe in comedy manners. As Mamadou engages in the task of sweeping alongside the French woman, he greets her politely, smiles at her, and even doffs his cap as he says: “Bonjour Madame. Il fait beau aujourd’hui” (Un Dessert pour Constance, 24:40).18 In response, she merely stares at him without saying a word before turning away and pretending to take care of her flowers on the windowsill. The camera follows her and captures her face in a close-up as she turns her head around to stare once again at the working man. “One day,” says Sarah Maldoror in a 1969 interview in Algeria, “the day will come that it will be our turn to make films in France. We will show the Africans our image of France” (Kasji 1969–70). Here, in the close-up of the woman 15 “To this purpose, politeness has a mystified and mystifying power” (Sayad 1999, 9). 16 “The immigrant, especially from low social conditions, is bound by a sort of social hypercorrection. Socially, which means morally suspect, he has to assure over all in moral terms […]” (Sayad 1999, 10). 17 “I look suspicious at any moment.” 18 “Good morning, Madam. What a nice weather today.”

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sweeping next to Mamadou, Maldoror is carefully looking at Europe and dismantling the process of dehumanization of the colonizers and “peoples of the metropoles.” Attempting to dehumanize another person by not replying to her or his greeting simply clouds one’s own dehumanization through civil obedience. Mamadou Kandi and Bokolo N’Gol understand their obligation to behave “hypercorrectly,” but they also understand the absurdness of obligation and behavior alike in the face of the dehumanized responses of the European population. Playing this state-ordered game with perfection, they take the inversion of reality and absurdity, of tragedy and comedy, of lie and truth to another level. They do not play for “recognition” from people like the French woman, who dehumanizes herself by denying the existence and presence of someone who inter-acts as human rather than as a machine. They do not play and do not even care for recognition. After all, they know doing so is a lost cause as long as a system built on the denial of their existence beyond their working bodies is not overthrown. Instead, they provoke white citizens and viewers, putting them at unease as they unveil the mystifying role of politeness in daily reactions to migration. “Slaves—leave to the French nation this odious epithet; they have conquered to be no longer free—let us walk in other footsteps” (Dessalines qtd. in Carruthers 1985, 125). The next sequence depicts a work day around Montmartre. Two female traffic police officers stroll along the street and pass by the bench where Bokolo and Mamadou are having their midday break.19 Their task is to police whether car owners have payed their parking tickets. They perform policing in Sayad’s sense of the word, too: they police the behavior of the declared majority by reinforcing their internalized habits, and of the excluded minority by hypersurveilling their moral conduct. Once again, Maldoror’s camera flips the perspective of hyper-surveillance and films the re-action of one of the police officers, here too guided by the trained effort to avoid inter-action. Greetings from Mamadou and Bokolo, two of their fellow public servants, are met with no reaction. “Alors, on se promène?” they ask only to be met again with no reaction. “Comprenez Mesdames, on est tous des fonctionnaires de la ville de Paris,” Mamadou says, which Bokolo confirms: “C’est ça même” (Un Dessert pour Constance, 24:48).20 This comment highlights a critical consciousness of class structures and of empire’s long-standing need to couple class and race categories to secure its dominance and survival. Moreover, a cinematographic confrontation between street sweepers and traffic police ad19 The German word for female traffic police officers is ‘Politesse’ (whereas French uses the term ‘contractuelle’) and carries a sexist component underscored by the fact that the male version of the word ‘Politeur’ is almost never used. 20 “So, you’re taking a walk?”—“You have to understand, my ladies, that we’re all public servants of the city of Paris.”—“Exactly, that’s it” (Un Dessert pour Constance, 24:48).

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dresses to what extent the social order of the colonial and neocolonial nation state depends on sex and gender binaries, both of which are “anchored in the very Western tradition of biological determinism” (Thomas 2007b, 24), as even the “rhetoric of gender refers to what has come to be called the social construction of sex as gender among human beings alone—as if its anatomical-biological base were not also itself socially constructed or instituted” (29). Hence, when Sayad’s thoughts provoke the “denaturalization” of state thinking, this necessarily includes the “denaturalization” or “debiologization” of colonial ideas of sexuality and gender. If this further level of “denaturalization” does not occur, any reading of the emotional tension (resulting from the unidirectional dialogue reproduced in the editing techniques) of this scene risks to misunderstand Mamadou and Bokolo’s actions as a flirt attempt in an orientalist manner and out of imperial fears. The conclusion that the two protagonists draw from their second encounter at Montmartre—another example of how the dominant society imposes politeness to depoliticize the actions and interactions of immigrants—is a structural one. Mamadou and Bokolo come up with the concept of a “blocked society” that segregates social groups and regulates the way they use urban space. “Tu vois, c’est ça la société bloquée. Elles, elles en mettent et nous, on enlève” (Un Dessert pour Constance, 25:15);21 The term “blocked society” refers to the impossibility of social and political advancement in a segregated system as long as the principal line of discrimination between ‘natural’ and ‘migrant’ persons persists. It further reveals that the functioning of the state’s administration of the city of Paris, organized in a vicious circle, depends on assigning individuals to predetermined places. These places need to be secured by a colonial categorization and backed by language, as phrases such as “traffic police,” “contractuelle,” or “meter maid” reveal. In concrete terms, as depicted in Un Dessert pour Constance, this means that sweeping streets is coded as a job for ‘men,’ preferably immigrant men, and being a traffic police officer as a job for ‘women,’ preferably white women. Within the Parisian working class, a socially constructed gender blockade, clouded by notions of “manhood and womanhood of empire in naturalized, nationalized terms” (Thomas 2007b, 50), is policed and depoliticized by rules of politeness, such as: an immigrant man should never address a woman on the street, not even with a friendly greeting or in a way that would be regarded as exceedingly polite if coming from a white man, if not downright “charming.” However, understanding that “we are all public servants of the city of Paris,” as Mamadou and Bokolo suggest, could be a starting point for an anti-segregation politics and political complicity. This politics counters the prevalence of state 21 “You see, that’s it: the blocked society. They distribute, and we remove [the paper]” (Un Dessert pour Constance, 25:15).

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thinking and its related conception of politeness which aims at preventing the traffic police from aligning with or potentially organizing and plotting with the two men. Here, Sayad’s emphasis on the historical significance of immigrants for the political mobilization of the proletariat and the lumpenproletariat is relevant. Sayad points out the significant influence of Algerian and other North African immigrants on massive strike and protest movements in French factories— movements that caused damage to the often smoothly running exploitation of the working poor by the French state (2004, 92).22 Sarah Maldoror’s film elaborates cinematographically on this observation through the daily and detailed actions of her characters that she chooses to emphasize. Mamadou and Bokolo regularly insist on their daily “pause syndicale” or “workers union break.” Highly literate in labor law, they claim the rights that the labor union stipulates and drop their tools at twelve o’clock sharp to take their break. In other instances, the nonbelonging of the Black men in French society creates further political alliances with ‘homeless’ people with whom they bond over their shared non-belonging. Another important political statement in this and almost all of Maldoror’s TV comedy productions (e. g. Le Passager du Tassili or Scala Milan AC) is communicated through the constant presence of Algerian characters in the immigrant communities, constantly defying the Western-geopolitical attempt to divide ‘Arab’ and ‘Sub-Saharan’ immigrants, countries, or regions. Taken together, such details, character constellations, and depictions of agency provide a cinematographic arsenal for effective and meaningful political work against stereotypical colonial race and identity politics, one element at the heart of the metropoles’ dehumanization processes. The highly nuanced political subjectivity of Mamadou and Bokolo confirms Sayad’s argument, elaborated in relation to historical developments in the migration of Algerian peasants to France, that immigration is always, be it consciously or unconsciously, “without any doubt, basically political, even if it is in the very nature of the migratory phenomenon […] to mask and deny that fact” (Sayad 2004, 89).

22 Sayad observes these influences historically and traces them back to the interwar period in France. “[T]hose sectors that employed an Algerian workforce, even in restricted numbers (the abattoirs, docks, mines, etc.), […] were the most active at the forefront of social demands and strikes.” For colonized Algeria, he also sees migration as an “expression of a necessarily political ‘nationalism’ on the part of the first emigrants, even though it could not be expressed in truly political terms” (2004, 89).

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2.

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The Illness of State Thinking [“Pensée d’État”]

The denial of human existence by the European nation state system is exposed and unveiled by both Abdelmalek Sayad’s immigration/emigration analysis and Sarah Maldoror’s Un Dessert pour Constance when they address the depoliticizing myth of politeness. The deconstruction of this myth and its underlying social categories shows that the dehumanization of the white European citizens is secured by internalized policing (or a sort of emotional police states). This policing is done out of fear of a free humanity which would demand to give up privileges and abandon the notorious white peer securitization and out of a belief in self-value and individual property erected on the exclusion from ‘humanity’ of Blacks and People of Color. Cross-reading and -referencing Walter Rodney’s statement about dehumanization with Sayad’s analytical effort to denaturalize state thinking enables an understanding of a naturalized guilt of migration ascribed to bodies on European territories. This automatized accusation is demystified if one observes the repeated inversion or projection of historical colonial guilt onto the presence of the immigrants, often the result of enduring colonial realities. Although the intensity of brutality is different, this mechanism follows the same logic as the torturer/torture-victim inversion of responsibility practiced systematically during all colonial wars (cf. Ali-Benali 2016; Alleg 1961; Alleg 2012; Fanon 2011a; Fanon 2011b; Haddour 2010; Rejali 2007). The tortured subject is declared responsible for the suffering while the torturer pretends to act in defense of the safety of society. Frantz Fanon demonstrated that “colonialism cannot be understood without the possibility to torture, to rape, to massacre” (Fanon 2011b, 747). At present, this remains relevant, in this study especially, in terms of the analogies of projecting and switching responsibility that declare the victim guilty. Often enough, dominant discourses in Europe call the immigrant responsible for her and his suffering (even before s*he arrives on the European continent), relieving the dominant society of the emotional burden of its historical and present responsibility. Abdelmalek Sayad summarizes: When compared with the behavioural modes of the dominant society—the society of immigration—which are thus constituted as norms, the behavior of the emigrants inevitably seems deviant. All that remains to be done, in order to explain it, is to impute it either to their conditions of existence, which are thus regarded as being responsible for their ‘dysfunctional’ modes of behaviour, or to their socio-cultural conditions of origin, seen generically as a mere cultural heritage and described as ‘brakes’ on or ‘obstacles’ to the process of adaptation to the new social environment. (2004, 29)

The argument that the European nation state denies a free and self-determined existence of humans must not shy away from addressing the fatal consequences of European policy, even if academic words and perspectives come up short in

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capturing the extent of the brutality of immigration policy and its effects. Un Dessert pour Constance’s narrative around the roommate Bono exposes the viewer to questions of life and death framed by social immobility and the subject’s wish to return to Côte d’Ivoire. The immigrant’s condition when s*he gets ill intensifies the immigrant’s experience of being unwanted. In the words of Sayad, “the immigrant worker experiences an existence that is reduced to the body that materializes his existence and which is therefore its instrument. His existence is therefore the existence of a body. Both his existence and his body are completely dependent upon work” (2004, 204). In this dependency, Bokolo, Mamadou, their friends and comrades are nevertheless able to construct a certain type of routine between heavy work, systematic and constant discrimination, and daily creative revolts against the French immigration and labor market regime in its material and moral manifestations. But this insecure rhythm is shaken by the severe illness of Bono: “because, ultimately, he has no existence except through his work, illness, perhaps even more so than the idleness it brings, is inevitably experienced as the negation of the immigrant” (Sayad 2004, 180). In The Suffering of the Immigrant, Sayad (2004, 180) dedicates one chapter to how illness affects the immigrant’s condition, in which he writes: “When illness strikes or when an accident happens, the entire previous equilibrium collapses. It was always a precarious equilibrium that was laboriously forged at the cost of an enormous and persistent social ‘lie.’” The negation of the person that has already taken place before becomes more tangible and physically exhausting. The person also gets to know “the internal logic and the functional mechanisms of both medicine and the social security system” (190).

Figure 4: Screenshot from Un Dessert pour Constance, dir. Sarah Maldoror, France 1980.

The spectators of Un Dessert pour Constance access the world of the French national health care system together with the two main characters and through the perspective of Maldoror’s camera in comradeship. Following Bokolo and Mamadou as they enter the hospital, the camera turns to the reception desk

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where a young blonde woman is sitting. Two pineapples for Bono in hand, sponsored by the Black communities, the two men present themselves at the desk, observed by the camera in a long shot. Mamadou: “On vient voir notre ami Bono.” Receptionist: “Bono comment?” Mamadou: “Bono tout court.” Receptionist: “Alors… Toukou avec un ‘k’…?” Bokolo: “Non, madame, Bono avec un ‘b.’” (Un Dessert pour Constance, 33:00)23

This first encounter with the health system is an encounter with its bureaucratic standards which demand an equally standardized form of ‘identity.’ Bono has to have a (family) name. A patient called “just Bono,” “Bono tout court,” is so inconceivable to the receptionist that she automatically refuses to hear the answer, on another level than bureaucracy and, therefore, transforms “tout court” into “Toukou.” Bokolo and Mamadou seem used to this kind of refusal to be heard as well as to the following reaction of the receptionist, who becomes afraid at the prospect of losing control of the situation. She finds Bono’s name (accompanied by the seemingly random family name Gérard) in her register and announces to the room: “Bâtiment E, service G, escalier A, étage C, salle D” (Un Dessert pour Constance, 33:42).24 Spoken extremely fast, this description is incomprehensible for everyone. Mamadou asks her pardon and to repeat what she has said. In a close-up, her face recalling the annoyed and ignorant expression of the woman sweeping the street and watering her flowers earlier, she repeats the directions to the room, using classic French names as if to show the two visitors that they do not belong here anyway and will never find their way through a French hospital unprepared for non-French patients: “Étienne, Gérard, Anatole, Camille, Denise.” Snippily raising her eyebrows, she adds: “C’est clair, non?” The perspective cuts over to the two visitors at the desk. A moment of silence creates tension. Then, Mamadou turns his head and says to Bokolo: “Tu retiens bien, Bokolo: Ethiopia, Guinea, Abidjan, Conakry, Dakar… c’est clair, non?” And after turning around to the receptionist once again: “Clair?” (Un Dessert pour Constance, 33:57).25 Her reaction is one of total surprise and amazement. She starts to smile, and stares puzzled at the two men. But they no longer pay her any attention and walk off to find Bono.

23 “We’ve come to see our friend Bono.”—“Bono who?”—“Just Bono.”—“So… Toucou with ‘k’…?”—“No, madam, Bono with ‘b’” (Un Dessert pour Constance, 33:00). 24 “Building E, service G, staircase A, floor C, room D.” (Un Dessert pour Constance, 33:42). 25 “It’s clear, no?”—“Remember this: Ethiopia, Guinea, Abidjan, Conakry, Dakar… it’s clear, no.”—“Clear, no?” (Un Dessert pour Constance, 33:57).

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The desk scene stands for a more general, frictional relationship between immigrants, Black and People of Color, and the social administration of the European state. Sayad (2004, 192) points out that the social security system and the medical system built an even stronger alliance against the immigrant patient: The immigrant worker who is ill or who has an accident experiences the social security system, with which he is usually in trouble, and then the medical agency—and in his view the two institutions are in it together—as though they were courts of law. His dealings with them are like a trial in which juridical power, the power of the social security and medical power are in league against him.

In such social trials sensed through the body, illness leads to a “permanent state of crisis” (180). The two institutions have the power to announce a verdict, “pronouncing in definitive and final terms the ‘negation’ of the immigrant, especially when it rules out the very idea of being able to go back to work” (180). Furthermore, this sentence always carries the weight of being reduced to “nothing more than a pure body, a purely corporeal machine, a pure mechanism, a system of levers which requires no more than the minimum input needed to put its cogs working properly” (204). History and state thinking also construct and mark this body-machine as forever “socially and aesthetically designated as a foreign body” (204). Two years after Un Dessert pour Constance’s release, the Moroccan philosopher and writer Abdelkebir Khatibi finds other words to express this condition: “telle est notre ‘histoire,’ qui aura été frappée au corps” (34).26 Consequently, the visual, physical appearance of the immigrant worker (and now of his two friends visiting) in the so-called social spaces of the hospital disturbs the equilibrium of the white French majority hospital population. Watching television is the only social activity allowed in the ‘social’ space of the hospital. As mentioned earlier, Maldoror’s camera proposes a slow traveling shot close to the faces of the patients, while the audio track comes from the TV program. The next shot shows Bono’s face in close-up. He wants to ask his friends a question about his trip home to Abidjan, but he is aggressively interrupted by a male patient who wants him to stay silent—another instance of policing ‘politeness’ that reveals the inverse relationship of dehumanized/dehumanizing features in dominant society. The three African men exchange a few words, but the attention of the camera and spectators on- and off-screen alike remains on the TV screen, where the gameshow is about to start. This gathering of mediated forms of social and anti-social life adds another layer “to the type of bargaining required by juridico-social procedures” (Sayad 2004, 194) that occur “when the immigrant can (within certain limitations) make 26 “Such is our history, which had been beaten on bodies” (Khatibi 1982, 34).

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use of medicine” (194). What is bargained for here is overdetermined visibility, collectivity and exclusion: the immigrants are pinned between the eye of the camera, the eyes of the patients staring at the TV set, and the comical figures looking out from the show. This complex set-up of mutual observance, happening in varying degrees of mediation, negotiates and bargains with the socially constructed gaze of state thinking. This gaze aims to remove the African presence from the social spaces of the hospital, which can be read as a microcosm of French or European society’s dominant social order. As soon as the camera portrays all patients in a distant long-shot, one doctor and one nurse become visible as mute observers of the scene, standing against the wall in the image’s background. Mamadou and Bokolo recite Constance Cabriolet’s recipes to answer the questions from the quiz of “Maître Bacchus.” The two observers in the back tolerate them speaking for a while, but suddenly the doctor orders: “Mettezmoi ce malade dehors!” (Un Dessert pour Constance, 36:30).27 To the nurse, apparently, it is obvious that he means Bono. She obeys her superior’s order, grabs Bono’s wheelchair and pulls him out of the room facing backwards, while he is followed by Bokolo and Mamadou. The camera, however, stays in the TV room and pans over the other faces again, stopping at a woman’s face: “Merci, docteur,” she says with a smile (Un Dessert pour Constance, 36:34). The scene suggests, in reference to the observations from the earlier work scenes, that the thinking of the state embodied in state thinking not only deny the wish for any human interaction between citizen and immigrant, but also wishes for the prevention of social communication at large. Instead, it offers them a “television coma” (Algiers, “Blood”) to separate the individual bodies from each other—prohibiting, as shown earlier, political organizing to overcome the categorical compartmentation of humanity: For all your love of soma All my blood’s in vain You say your history’s over All of my blood’s in vain Your television coma All my blood’s in vain. (Algiers, “Blood”)

The social life of body-entities constructed as ‘foreign’ or ‘strange’ presents a rightful challenge to traditional ‘Western’ constructions of individualized bodies. Bono’s experience of the national system reducing him solely to soma is, then, also an experience of being reduced to an isolated individual, one that can more easily be segregated. But the steadfast, optimistic presence and the visits of his

27 “Get this sick person out of here!” (Un Dessert pour Constance, 36:30).

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friends show him that “(t)he body is not only something that makes the individual a distinct entity, and the group [not only] a sum total of biological individuals who are identifiable, who can be counted and who can be quantified. The body is the group incorporated: the group made flesh” (Sayad 2004, 203). History is beaten on bodies and written in flesh. At this point, an understanding of a “singular-collective mode of being” (Meari 2014, 553), which cannot be fully grasped by the two (apparently oppositional) words “individual” and “collective,” explains the source of creative energy for resisting and sabotaging a state thinking that dehumanizes all humans to different extents and for asserting their human existence against all odds. Bokolo and Mamadou are the nucleus of the singularity-collectivity. The manifold singular differences within their communities, cinematographically undoing all colonial categories and stereotypes, is made evident when they start to collect money from Pan-African and other marginalized communities in Paris. But it is in the very last scene of the telefilm that it becomes most obvious how the undying trust, love, and care they have for each other—despite all the hatred and brutality they endure from outside— count as profound resources for the struggle of staying human within the brutally selfish environment of capitalist societies: The escalator’s mobility moves Bono towards the top frame of the picture and towards his gate of departure to Abidjan, towards the sky and “home.” At the bottom of the escalator stand his two friends, sad and happy at the same time (see figs. 5–7):

Figures 5–7: Screenshots from Un Dessert pour Constance, dir. Sarah Maldoror, France 1980.

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Bokolo: “Enfin, le voilà parti.” Mamadou: “Pour mourir.” Bokolo: “Oh, l’essentiel c’est de partir.” Mamadou: “Justement non, mon frère, l’essentiel c’est de ne jamais venir travailler dans la solitude et le mépris.” (Un Dessert pour Constance, 59:42)28

Ultimately, Bono’s home-going shows that “(o)ur soul field or psychological field is larger than just our existence. It goes to the promise of a free generation and a free world” (Newton 1971).

3.

L’Humaine Comédie Now death is at your doorstep And you’re still playing games So drown in entertainment Cause all our blood is in vain (Algiers, “Blood”)

Processes of mobility in relation to immigration in European nation states can never be stripped of their material foundations tied to capitalism and colonialism’s history of enslavement. In the words of Abdelmalek Sayad: “Par le biais de l’immigration, cela revient en dernière analyse, à ‘dénaturaliser’ pour ainsi dire ce qu’on tient pour ‘naturel,’ à ‘re-historiciser’ l’État ou ce qui dans l’État semble avoir été frappé d’amnésie historique, c’est-à-dire à rappeler les conditions sociales et historiques de sa genèse” (Sayad 1999, 6).29 This historical amnesia tends to erase and “forget” the fact that “Europe is literally the creation of the Third World” (Fanon 1963, 102). Throughout the entire movie, the principal characters find relentless courage to confront the dominant society with colonial history, thus underpinning their presence as immigrant workers. Hence, they “recall the social and historical conditions of its genesis,” moving forward the denaturalization of the state and unveiling the national truth-lie of discrimination. These processes go along with a deconstruction of artificial “cultural differences,” judged by obscured standards of “high” and “low,” later “naturalized.” The area under deconstruction for Bokolo and Mamadou is first 28 “Finally, he’s gone.”—“To die.”—“The essential thing is to go.”—“No, my brother, the essential thing is to never leave and go working in solitude and mistrust” (Un Dessert pour Constance, 59:42). 29 “Ultimately, thinking through immigration means ‘denaturalizing,’ so to say, what one takes for ‘natural,’ ‘re-historicizing’ the State or those parts inside the State seemingly affected by historical amnesia which means to recall the social and historical conditions of its genesis” (Sayad 1999, 6).

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and foremost la haute cuisine but extends to many adjacent areas of colonialism’s material foundation of exploitation. While they are preparing their participation in the Jeu du Bon Carême quiz, some very specific terms of the French culinary vocabulary pose problems. This causes the two friends to seek out a French dictionary, which they find in a bookstore called “L’Humaine Comédie,” a name that paraphrases and inverts La Comédie Humaine (in an early verlan style of Beur language). The shop owner does not accept the two men merely looking up words in the dictionary. In his opinion, a bookstore is not a library. Bokolo and Mamadou must find a way to distract him. While Bokolo tries to hide behind the shelves, Mamadou sends the shop owner to the storage room in search of another book. “Monsieur, vous avez Tintin au Congo?” (Un Dessert pour Constance, 43:07).30 By asking for one of the most popular comic books for children, one full of Eurocentric and racist images and ideologies, a Black man in “L’Humaine Comédie” fools the store owner in a comedic way, revealing the whole tragedy of French literature’s entanglement with state thinking and (neo-)colonialist projects. Lastly, one needs to return to the above-mentioned line between tragedy and comedy, blurred—when it comes to history and historiography—by colonial racism. Sarah Maldoror not only turns literature into a field of anti-colonial investigation for her characters,31 her camera-eye also examines very carefully the “social and historical conditions” of the making of the French state in the concrete form of monuments and statues in the city of Paris—especially in relation to migration and im/mobility in and from the former colonies. One of the film’s most striking scenes takes place at the Monument of the Marshal Joseph Gallieni on Place Vauban, close to the Invalides in the seventh arrondissement of Paris. Built in 1926 by Jean Boucher, financed through donations of the citizens of Paris, it celebrates Joseph Gallieni, military general, Minister of War, and governor of Madagascar. Gallieni had an extensively mobile career in various colonized parts of the African and Asian continents and is known to be one of the most fervent defenders of France’s “missions of civilization.” The monument by Jean Boucher uses four human figures made of stone as pedestal for Gallieni’s bronze statue. The four figures represent different colonies and four stations of the marshal’s life: Sudan, Madagascar, Tonkin, and 30 “Sir, do you have Tintin in the Congo?” (Un Dessert pour Constance, 43:07). 31 At some point of the story, Mamadou and Bokolo lose Monographie de la Cuisine at work and secure all of their comrades’ support in looking for it. A homeless person of the neighborhood has a special penchant for collecting used books. While the friends are digging through his collection, the camera films some of the books’ titles—Charles Darwin’s Voyages d’un Naturaliste/A Naturalist’s Voyage Round the World, Christopher Columbus’s La Découverte de l’Amérique—creating another hint to the film’s general, but detailed critique of Eurocentrism (Un Dessert pour Constance, 48:36).

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Paris itself (see Ehonian 2014; e-monumen.net 2011). The monument’s plate reads: “To Marshal Gallieni / The City of Paris. This monument was erected following a public fundraising effort organized by the French Colonial and Maritime League.” Below this concrete manifestation of enslavement and colonization for the establishment of the French nation and its wealth, which allowed the inhabitants of Paris to fund a monument for a war criminal, sit the two workers during their “pause syndicale” as they study French haute cuisine. Sarah Maldoror’s composition might seem entertaining and comical. In fact, using comedy allows her to invade French television, Antenne 2, thereby waging fierce resistance against “historical amnesia” and the glorification of colonialism. She remains faithful and loyal to a tradition of radical, inventive, and uncompromising anti-colonial filmmaking that she helped co-found with her work on the liberation fronts of Algeria, Angola, Congo, and Guinea-Bissau—even if the context of production has significantly changed. The two characters are then to be seen as humans who carry and pass on a radical tradition of resistance against forced mobility of slavery and neo-slavery legitimized by the dehumanizing mind-set of state thinking. Maldoror’s own history as descendant of enslaved humans in Guadeloupe, growing up in France, studying film in Russia, joining liberation fronts in Angola, Guinea-Bissau, Algeria, Congo-Brazzaville, and returning to France, provides an important background here (Abonnenc 2018; Pfaff 1982). Even if it is true that Mamadou and Bokolo still sweep the streets of Paris, maintaining the cleanliness of the white Europeans metropole, and that all of their colleagues from M. Brocart’s “School of Sweepers” are also Black men, their political subjectivity, which now needs to be understood as singular-collective subjectivity that is always already political, lets nobody deprive them of their humanity. This manifests itself in a climactic moment when the two are confronted by someone whose thinking has been thoroughly dehumanized by the naturalization of the truth-lies of discrimination, and it occurs on show when Mamadou and Bokolo enter the scene of the TV quiz (see fig. 8).

Figure 8: Screenshot from Un Dessert pour Constance, dir. Sarah Maldoror, France 1980.

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Confronted with the most brutal, racist, ignorant comments, disguised as “politeness,” their comedic capacities reach a tipping point while the camera crosscuts between the doubled screen of the quiz show scenery and the reactions of their friends, gathered in front of the hospital’s TV. The moderator introduces Bokolo to the viewers as follows: Moderator: “Eh ben, chers amis de nos anciens possessions d’Afrique, la France vous aurait-elle laissez la vraie reconnaissance. Je veux parler de la reconnaissance du ventre, évidemment. Cher ami, pourrais-je savoir votre nom ?” Bokolo: “Je m’appelle Bokolo N’Gol.” Moderator: “Bokolo…” Bokolo: “N’Gol, Bokolo N’Gol.” Moderator: “Ah, N’Gaulle. Cela nous rappelle un illustre général.” Bokolo: “Oui, parfaitement Monsieur, c’est à la gloire du général de Gaulle que mon père m’a appellé comme lui.” Moderator: “Bravo!” (Un Dessert pour Constance, 52:19)32

To the viewer of Maldoror’s film it is obvious that Bokolo fools the moderator for the sake of another obligatory “hypercorrection” on TV. Yet the moderator does not understand this and continues engaging in verbal racism and colonial exotism as he asks Mamadou the second question: “Ah, Sénégal, quel beau pays. Et malgré ça, vous connaissez la cuisine française?” (Un Dessert pour Constance, 54:21)33 Mamadou does indeed, while it turns out that the moderator has never even heard of Constance Cabriolet and thinks Mamadou is referring to his fiancée. Mamadou responds to this instance by correctly naming the seven aromatic substances in the confection of ratafia, thereby winning the jackpot. The euphoria is not only enormous on stage but also in the hospital’s ‘social’ space, where in parallel editing friends hug each other, chant, and cheer for Bono’s return to Africa. Even “Maître Bacchus” and one of the white patients are sympathetic towards this upset victory over the social and geographic immobility of the immigrants. At this very moment, the characteristic features of the “blocked society” are overcome within the microcosm of the film. Only for the moderator, hope is lost, “drowned in entertainment.” He ends the show by saying: “Les colonies ont du bon. Et la ratafia aussi” (Un Dessert pour Constance, 56:15).34 32 “Well, dear friends of our former possessions in Africa. France left you a real gratitude. I want to speak of the gratitude of the stomachs, of course. Dear friend, may I ask your name?”—“My name is Bokolo N’Gol.”—“Bokolo…”—“N’Gol, Bokolo N’Gol.”—“N’Gaulle. That makes me think of a famous general.”—“Yes, Sir, exactly. It was to the glory of General de Gaulle that my father gave me this name.” (Un Dessert pour Constance, 52:19). 33 “Oh, Senegal, what a beautiful country. And nevertheless, you know French cuisine?” (Un Dessert pour Constance, 54:21). 34 “The colonies have their good aspects. And the ratafia too” (Un Dessert pour Constance, 56:15).

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Maybe the persistence of dehumanization in the entertainment business encapsulated in comments such as this one represents the reason why Bokolo and Mamadou refuse to continue allowing the state to exploit their physical labor and open a restaurant for the communities of their neighborhood instead. M. Brocart becomes one of their most faithful clients. While Mamadou and Bokolo do not return to TV, Sarah Maldoror continues to intervene politically in her other TV productions, thereby promoting the “denaturalization” of French television channels, which—even when they make concessions to the presence of immigration in their content and of immigrants in production processes—tend to absorb and normalize discrimination and exploitation by reducing discourses of migration and mobility to depoliticized entertainment. “The most pernicious way of subverting immigration by ensuring that it is subject to the most total domination possible is to depoliticize it. And the best way to depoliticize a social problem is to technicalize it or absorb it completely into the fields of ethics” (Sayad 2004, 224). As she did with the ‘colonial camera’ and gaze during the sixties and seventies, Sarah Maldoror uses the mediated mobility of moving images for subverting television and thereby dismantles it as a national tool of mystification. Bono’s farewell gift is a broom, a postcard of the Eiffel Tower, and Constance Cabriolet’s Monographie de la Cuisine. M. Brocart and the whole community of friends sign the postcard under a text which says: “We won a cuisine competition. We are going to repatriate Bono. The city of Paris.” Bono and his friends never ask the municipality or the state for support in repatriating Bono because they know that he does not register in the thinking of the state. Once more, they affirm that they do not expect and also do not ask anything from a system built on their nonexistence as human beings. On the contrary, through their optimism and political agency, which they exercise by playing with the dominant categories for dehumanizing humanity, they overcome the system on a daily basis until they have built their own system, appropriating and inhabiting the city of Paris, showing gratitude for Bono’s hard work, and repatriating him in the name of a complete liberation, even of the metropole, through the struggle of the oppressed. “Ultimately, it seems to me that freedom will come from those who are the most oppressed. Slaves rather than slave masters are the repositories of freedom; liberation will come from those who are not yet liberated; and human dignity will be reasserted by those of us who have not yet been dehumanized” (Rodney 1972, 42): Ceux qui se lèvent tôt pour que se lèvent tard et se gavent se dandinent se pommadent se désodorisent

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se parfument se lotionnent se maquillent se gargarisent se congratulent se jalousent se débinent s’enrichissent d’autres (Damas [1956] 2011, 23)35

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Viktoria Metschl

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Übersetzung und Transfer / Translation and Transfer

Philipp Wagner

Zur Mobilität von Arbeiterliteratur. Die Dortmunder Gruppe 61 auf Lesereise im Schweden der 1970er Jahre

„Arbeiter und Autoren im selben Boot“1 titelt die schwedische Zeitung Göteborgs Posten am 14. April 1970 aus Anlass einer einwöchigen Lesereise der Dortmunder Gruppe 61 (12.–19. April) und verbindet damit zwei für die vorliegende Fallstudie zentrale Themen: Arbeiterliteratur und Mobilität. Ein Zusammenschluss aus privaten, akademischen und staatlichen Akteuren lädt die Dortmunder Gruppe 61, welche die „literarisch-künstlerische Auseinandersetzung mit der industriellen Arbeitswelt der Gegenwart und ihrer sozialen Probleme“ (Arnold 1971, 14) zum Ziel hat, im Jahr 1970 ein, mit schwedischen Kolleg*innen die gesellschaftliche Funktion von Literatur zu diskutieren.2 Die Lesereise, deren Route vom Hafen Göteborgs in das industrielle Zentrum Västerås und anschließend über die Universitätsstadt Uppsala in die Hauptstadt Stockholm führt, wird zu einem medialen Event in den überregionalen und lokalen Zeitungen beider Länder.3 Aufgrund der Größe des Events und weil dieses Teil der Bemühungen um eine Wiederbelebung der kulturellen Kontakte zwischen deutsch- und schwedischsprachiger Literatur nach 1945 ist, handelt es sich bei dieser Lesereise um einen 1 „Arbetare och författare i samma båt“. Alle Übersetzungen stammen vom Autor (BARCH, B 307-624). 2 Auf deutscher Seite waren folgende Autor*innen vertreten: Max von der Grün, Wolfgang Körner, Angelika Mechtel, Josef Reding, Günter Wallraff und Peter Paul Zahl. Auf schwedischer Seite waren angekündigt: Clas Engström, Cornelis Vreeswijk, Folke Fridell, Sara Lidman, Inga Lindsjö und Ingemar Sjödin (vgl. Dahinten 1970). Bei Jennings finden sich für die schwedische Seite abweichende Angaben. Neben Fridell und Lindsjö werden Lasse Engström, Per-Gunnar Evander und Birger Norman als weitere Teilnehmer angegeben (vgl. Jennings 2004). Jennings beruft sich ebenfalls auf den stockholmer katalog der dortmunder gruppe 61. Der Grund für die abweichenden Angaben konnte nicht geklärt werden. Lidman hat krankheitsbedingt nicht teilgenommen (siehe FHI 502-164). 3 Eine Sammlung deutschsprachiger Zeitungsartikel findet sich Archiv der Dortmunder Gruppe 61, verwaltet vom Fritz-Hüser-Institut, Dortmund. Die schwedischsprachigen Artikel befinden sich im Archiv des Stockholmer Goethe Instituts, einsehbar im Bundesarchiv der Bundesrepublik Deutschland am Standort Koblenz. Beiden Einrichtungen möchte ich hiermit meinen Dank aussprechen.

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besonderen Fall literarischer Mobilität; bis zur Zäsur des Zweiten Weltkriegs hatte Deutschland für Schweden einen wichtigen Bezugspunkt für literarische Neuerungen dargestellt. Anders als in Deutschland genießt die Arbeiterliteratur in Schweden jedoch im 20. Jahrhundert einen durchgehend hohen Stellenwert und ist international bekannt (Tenngart 2016, 484–485; Nilsson 2014, 11–12). Aufgrund dieser gegensätzlichen Bewertung erscheint es reizvoll, die Bedingungen der Lesereise und die Interaktion der beiden nationalliterarischen Felder literatursoziologisch nachzuvollziehen.

1.

Arbeiterliteratur und Mobilität aus theoretischer Perspektive

Der in Göteborgs Posten zum Auftakt der Lesereise der Gruppe 61 erschienene Zeitungsartikel „Arbeiter und Autoren im selben Boot“ (BARCH KO, B307-624) stellte einen Zusammenhang zwischen sozioökonomischer Ungleichheit, Literatur und Mobilität her. Wenn neben der Ankunft des Besuchs aus Westdeutschland von ansässigen, ortsgebundenen Hafenarbeitern und von weltkundigen Schiffsmannschaften berichtet wird, deutet die Beschreibung des Settings im Hafen von Göteborg auf durch Klassenzugehörigkeit bedingte Formen der Mobilität und Immobilität. Ganz im Sinne des sozialrevolutionären Zeitgeists zu Beginn der 1970er Jahre klingt eine Kritik an sozioökonomischen Unterschieden zwischen physisch und intellektuell Arbeitenden an, wobei der Literatur das Potenzial zur Gesellschaftsveränderung zugesprochen wird. Trotz anfänglicher Skepsis, ob sich gemeinsame Gesprächsthemen zwischen dem Besuch und den Belegschaften diverser Hafenunternehmen finden ließen, kommt der Journalist am Ende seines Artikels zu folgendem Fazit: „Nun fange ich an zu verstehen, welche Leerstelle wir in unserer Übersetzungsliteratur zu füllen haben, und dass die Verbindung zwischen Dichtung und ‚gewöhnlicher Arbeit‘ etwas sehr Notwendiges ist.“4 Die Mobilität der Autor*innen wird zum Anlass, eine höhere textliche Mobilität, d. h. die Verbreitung literarischer Texte über die Arbeitsbedingungen im Kapitalismus, zu fordern, in der Hoffnung, dass diese eine Veränderung hin zu mehr sozialer Gleichheit bewirken könne. Dieses Plädoyer soll hier zum Ausgangspunkt genommen werden, die soziale Dimension von Arbeiterliteratur unter mobilitätstheoretischen Gesichtspunkten neu zu betrachten: Das spezielle Verhältnis von Arbeiterliteratur und Mobilität ist eng mit Narrativen über die soziale Kategorie Klasse verbunden. Arbeiterliteratur, so Magnus Nilsson in Literature and Class. Aesthetical-Political Strate4 „Nu börjar jag ana vilka tomrum vi har att fylla i vår översättningslitteratur, och att korsbefruktning mellan dikt och vanlig arbete är något särdeles behövligt“, Eklundh, „Arbetare och författare“ (BARCH KO, B307-624).

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gies in Modern Swedish Working-Class Literature (2014, 24–25), umfasst alle Texte, die in ihrer Rezeption mit der Arbeiterklasse in Verbindung gebracht werden. Diese Definition denkt Klasse aus literaturwissenschaftlicher Perspektive vor allem im Sinne ungleicher Ressourcenverteilung und vernachlässigt den Faktor der geographischen Mobilität. In den mobilitätsbezogenen Forschungsansätzen von Nina Glick Schiller und Noel B. Salazar (2013) spielt die Kategorie eine wichtige Rolle. Ihr Sechs-Punkte-Programm zur Neuausrichtung der Mobilitätsforschung fordert dazu auf, traditionelle Ansätze, die Klasse in erster Linie anhand von Ressourcenungleichheit definieren, um eine Mobilitätsperspektive zu erweitern, da auch Möglichkeiten und Bedingungen von Mobilität soziale Unterschiede herstellen und manifestieren (2013, 195). Eine dichotomisierende Darstellung, die vorwiegend über diametrale Kontraste operiert oder mobil/ immobil mit reich/arm gleichsetzt gilt es dabei jedoch zwingend zu vermeiden (Lenz 2011, 19). Arbeiterliteratur, so ein Gedanke der folgenden Argumentation, bietet komplexe Narrative für Analysen aus einer Mobilitätsperspektive. Auf textinterner Ebene erzählen z. B. viele der kanonischen Texte der schwedischen Arbeiterliteratur der 1930er Jahre von Arbeitsmigration und zeichnen sowohl eine geographische als auch eine soziale Landkarte der verschiedenen Regionen Schwedens (siehe Tenngart 2016, 487–489). Die Thematisierung sozialer und geographischer Mobilität bzw. ihr Ausbleiben ist insofern integraler Bestandteil des Diskurses über Arbeiterliteratur und der narrativen Ausgestaltung literarischer Texte in diesem Genre. Im Fall der Lesereise der Gruppe 61 generiert Arbeiterliteratur zugleich textextern geographische und soziale Mobilität. Das Aufeinandertreffen verschiedener Mobilitätsformen im Hafen von Göteborg ist hierfür ein Beispiel. Die teilnehmenden Autor*innen positionieren sich durch geographische Mobilität anhand sozialer Kriterien im literarischen Feld, da Arbeiterliteratur um 1970 insbesondere in Schweden ein hohes Ansehen genießt. Zugleich ist das Setting symbolischer Ausdruck des sozialen Aufstiegs der Mitglieder der Gruppe 61, die, wie der Zeitungsartikel betont, zuvor weniger prestigeträchtige Berufe ausübten. Das Narrativ des Genres Arbeiterliteratur ist, wie das Beispiel zeigt, auf die soziale und geographische Mobilität der Arbeiterklasse angewiesen.

1.1.

Transnationale Perspektive: Arbeiterliteratur als Weltliteratur

Die bislang fehlende Mobilitätsperspektive auf Arbeiterliteratur geht nicht mit einer mangelnden Transnationalität des Genres einher. Arbeiterliteratur ist vielmehr als Weltliteratur zu betrachten. Paul Tenngart stellt die schwedische Arbeiterliteratur als „contribution to a world literature of social hierarchy“ (2016, 501) dar, die notwendigerweise mit einer das Konzept der Nation kritisch re-

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flektierenden Perspektive einhergeht. So hat z. B. der Einfluss der US-amerikanischen Scandinavian Studies Departments auf den Übersetzungsfluss der schwedischen Arbeiterliteratur eine gewisse Resonanz erzeugt, die den Wert des Genres in Schweden mittels transnationaler Rezeption steigert. Die starke Stellung von Arbeiterliteratur in Schweden kann somit nicht als alleiniges Produkt nationenspezifischer Diskurszusammenhänge angesehen werden. Der Begriff Weltliteratur erweist sich als hilfreiches Analysewerkzeug für mobilitätssensible literatursoziologische Untersuchungen. Im Anschluss an die theoretischen Entwürfe von Moretti, Casanova und Damrosch zur Neuausrichtung der Komparatistik in den 2000er Jahren argumentieren Stefan Helgesson und Pieter Vermeulen in Institutions of World Literature. Writing, Translation, Markets (2016, 1–22) für eine prozessorientierte Perspektive auf die Institutionalisierung von Weltliteratur und bieten folgende Definition an: „‚World Literature‘ … is not a rigorous set of systemic affordances and constraints, but is a post hoc observation of particular trajectories of textual mobility“ (7). Ihr Vorschlag ist, Weltliteratur vor allem anhand übersetzungs- und buchwissenschaftlicher sowie literatursoziologischer Studien zu untersuchen (8). Die Analyse der Lesereise der Gruppe 61 trägt somit dazu bei, den national unterschiedlichen Stellenwert der Arbeiterliteratur in Schweden und Deutschland von deren Mobilität her zu denken. Eine Mobilitätsperspektive auf Arbeiterliteratur beugt einem methodologischen Nationalismus vor. Dieser kann in der literaturwissenschaftlichen Forschungspraxis insofern ein Problem sein, als bei der Wahl der Forschungsgegenstände oft unreflektiert vom Nationalstaat als in sich geschlossener Einheit ausgegangen wird. Annika Olsson (2011) nennt im Anschluss an Andreas Wimmer und Nina Glick Schiller drei Modi des methodologischen Nationalismus, der den Nationalstaat in der Forschungspraxis häufig a) „ignoriert“, b) „naturalisiert“ oder c) „territorialisiert“. Ersteres (a) bezieht sich auf das Ausblenden der Bedeutung nationaler Kontexte, die nicht weiter thematisiert werden. Mit diesem blinden Fleck verbunden ist die Annahme des Nationalstaats als selbstverständlich und naturgegeben (b), so dass die Auswirkungen seines Rahmenwerks auf die eigene Forschung nicht weiter hinterfragt werden. Letztlich wird der Nationalstaat meist als Einheit gedacht (c), so dass alles außerhalb seiner Grenzen aus der Perspektive gerät, die sich auf das jeweilige nationalstaatliche Territorium verengt (15–16). Olsson zufolge muss stattdessen nach der Funktion des Nationalstaats in der literaturgeschichtlichen und literaturwissenschaftlichen Forschung gefragt werden (22). Die Wichtigkeit eines Bewusstseins um die Fallstricke eines methodologischen Nationalismus zeigt sich beispielsweise in der Studie von Nilsson und Lennon (2016) zur Arbeiterliteratur in Schweden und den USA, die auf eine Mobilität generierende Globalisierung verweist und die Arbeiterklasse zugleich als ein

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relativ statisches Gebilde sieht. Methodologischer Nationalismus zeigt sich bei Nilsson und Lennon darin, dass (a) die Rahmung durch den Nationalstaat zwar nicht ignoriert, sondern explizit benannt wird, dieser aber durch die Fokussierung auf die beiden als länderspezifisch dargestellten Disziplinen (b) als gegeben erscheint, da über ihre Wahl als Vergleichsgegenstände keine Reflexion stattfindet. Insgesamt entsteht (c) der Eindruck, dass erstmals eine Grenzüberschreitung von literarischen Texten der Arbeiterliteratur geschehe, die zuvor nicht außerhalb des ‚eigenen‘ Territoriums rezipiert wurden. So führen Nilsson und Lennon aus: [T]hose who are interested in understanding the class dynamics of contemporary capitalism need an optics of class and class struggle that seeks understandings of nonmonolithic working-class cultures that exist materially at specific locations but are acted upon by international forces. (2016, 39)

Während soziale Klassenverhältnisse dynamisch dargestellt werden, erscheint in dem Zitat die Arbeiterklasse lokal gebunden und als Objekt einer äußeren Einwirkung von „international forces“. Diese Formulierung erweckt den Eindruck, dass Arbeiterkultur eine lokale Angelegenheit ist, die in erster Linie innerhalb eines nationalstaatlichen Rahmens Relevanz besitzt. Entsprechend stehen in Nilssons und Lennons Vergleich akademische Fachdiskurse über Arbeiterliteratur in Schweden und den USA einander ohne Verweise auf existente transnationale Aspekte und Kontexte gegenüber.

1.2.

„Regimes of mobility“ und literatursoziologische Analyse

Gemäß Helgesson und Vermeulen sollen nun die Bedingungen für die Mobilität von Arbeiterliteratur anhand der schwedischen Lesereise der Gruppe 61 in einer literatursoziologischen Perspektive gefasst werden. Wichtiger Bezugspunkt sind außerdem die programmatischen Überlegungen Johan Svedjedals (2012, 69), der für eine Aktualisierung des komparatistischen Methodenspektrums durch die Einbeziehung kulturpolitischer Maßnahmen in die Analyse von Weltliteratur plädiert. Neben akademischen und verlegerischen Institutionen kommt im Fall der Lesereise der Gruppe 61 nationalstaatlichen Akteuren eine besondere Rolle zu. Gemeint sind Akteure aus dem Bereich der public diplomacy, die gemäß außenund kulturpolitischer Richtlinien agieren. Der Begriff lässt sich wie folgt definieren: Public diplomacy […] deals with the influence of public attitudes on the formation and execution of foreign policies. It encompasses dimensions of international relations beyond traditional diplomacy; the cultivation by governments of public opinion in

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other countries; the interaction of private groups and interests in one country with another; the reporting of foreign affairs and its impact on policy, communication between those whose job is communication, as diplomats and foreign correspondents; and the process of intercultural communications. (Cull 2008, 259–260; hier zitiert nach Glover 2012, 232, Fn. 1)

Aufgrund ihres grenzüberschreitenden Tätigkeitsprofils erzeugen die von public diplomacy-Akteuren geschaffenen Kommunikationsangebote diverse Formen der geographischen und kulturellen Mobilität, wobei sie mit weiteren nichtstaatlichen Akteuren zusammenarbeiten. Für die Analyse der mittels public diplomacy geschaffenen Formen der geographischen und kulturellen Mobilität bietet es sich an, den von Glick Schiller und Salazar aus anthropologischer Sicht vorgeschlagenen Begriff „regimes of mobility“ zu übernehmen. Von ‚regimes‘ zu sprechen macht auf die institutionelle Rahmung jeglicher Form von Mobilität und deren Machtverhältnisse aufmerksam: The term ‚regime‘ calls attention to the role of both individual states and of changing international regulatory and surveillance administrations that affect individual mobility. At the same time, the term reflects a notion of governmentality and hegemony in which there are constant struggles to understand, query, embody, celebrate and transform categories of similarity, difference, belonging and strangeness. (Glick Schiller und Salazar 2013, 189)

Der Begriff regimes of mobility ist für literatursoziologische Analysen von Weltliteratur besonders geeignet, da sich anhand der genannten Prozesse („struggles“) Praktiken der literarischen Kanonbildung charakterisieren lassen. Der Fokus auf diese Prozesse entspricht Helgessons/Vermeulens Forderung, die Entstehung von Weltliteratur retrospektiv, im Sinne einer „post hoc observation“ (2016, 7), zu analysieren. Glick Schillers und Salazars Verweis auf Gouvernementalität und Hegemonie kann zugleich gemäß Svedjedals theoretischer Überlegungen als Anhaltspunkt genommen werden, nationalstaatliche Kulturpolitik als Faktor stärker in die Analyse von Weltliteratur einzubeziehen. Mittels der literatursoziologischen Analyse der Lesereise der Gruppe 61 und mit Fokus auf die Formen und Bedingungen von Mobilität wird exemplarisch deutlich, wie groß die Bedeutung der vom Nationalstaat beauftragten Akteure sein kann. Lesereisen erlauben es entsprechend, den Prozess der Zusammenarbeit akademischer, verlegerischer und nationalstaatlicher Akteure nachzuvollziehen. Die institutionelle Rahmung ist dabei dynamisch zu verstehen und muss für den Einzelfall untersucht werden.

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2.

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Who’s who? Zum literarischen Kapital der Arbeiterliteratur in Westdeutschland und Schweden um 1970

„Deutschlands Sara Lidman reist durch Schweden“ (FHI Grü-G54) kündigt die schwedische Fernsehzeitschrift TV Expressen in der zweiten Februarwoche des Jahres 1970 an. Mit dieser Überschrift wird u. a. der Besuch der Gruppe 61 beworben. Dem Lesepublikum der Zeitschrift ist der Name Lidman vertraut: 1968 hatte sie gemeinsam mit dem Fotografen Odd Uhrbom das Interviewbuch Gruva (Grube) über die Zustände im staatlichen Bergbauunternehmen LKAB erstellt und damit eine innenpolitische Krise verursacht. Lidman ist den ganzen Winter 1969/1970 für den Fernsehsender TV 2 vor Ort, als im Nachgang der Veröffentlichung ihres Buches ein wilder Streik für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Demokratie am Arbeitsplatz ausbricht (Berggren 2010, 427). Gruva gilt aufgrund seiner ästhetisch innovativen Interviewtechnik in Schweden als literarischer Klassiker (Holm 1998, 337). Die ‚deutsche‘ Sara Lidman aus der Artikelüberschrift ist Max von der Grün, der Sprecher der Gruppe 61. Ein juristisches Verfahren im Zuge seines zweiten Romans Irrlicht und Feuer (1963) sorgt für die Bekanntheit des Grubenarbeiters von der Grün in den 1960er Jahren (Arnold 1971, 16–17). Der realistisch erzählte Roman schildert u. a. ein Grubenunglück, wie es sich bei von der Grüns Arbeitgeber tatsächlich ereignet hat, sodass das Unternehmen in zweiter Instanz erfolglos versucht, die Publikation gerichtlich zu verhindern (ebd.). Die Gemeinsamkeit von Lidman und von der Grün soll die mit dem Bergbau verbundene nationale Popularität der beiden sein. Die gewählten Stile, Dokumentarliteratur und Realismus, sind allerdings verschiedene, sodass nach formalistischen Maßstäben keine Ähnlichkeit besteht. Der Vergleich von Lidman und von der Grün ist im Grunde ein Ansatz zur littérarisation, wie Casanova es in The World Republic of Letters (2004, 136) nennen würde. Der Begriff littérarisation beschreibt die Umwandlung und Anpassung eines literarischen Werks bei Übersetzungsprozessen, die dem Werk literarischen Wert zusprechen. Dieser Wert bestimmt die Höhe des literarischen Kapitals einer Autorin bzw. eines Autors, das, im Bild der Finanzmarktmetapher, akkumuliert werden kann und die Chancen auf weitere Gewinne erhöht. Die Zuschreibung einer literarischen ‚Gleichwertigkeit‘ stellt zugleich eine entsprechende Geste der Anerkennung dar, denn Lidmans Popularität ist der Maßstab, an dem von der Grün gemessen wird. Die Redaktion einer Fernsehzeitschrift ist zwar keine literarische Autorität, die langfristig ihre Position durchsetzen kann; dennoch spiegelt sich in dieser redaktionellen Entscheidung die Komplexität des literarischen Machtverhältnisses zwischen Westdeutschland und Schweden nach 1945.

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Es erscheint passender, wenn Heinz Ludwig Arnold Sara Lidman in einem Bericht über die Lesereise der Gruppe 61, in der Wochenzeitschrift Christ und Welt, „Schwedens Erika Runge“ (FHI 502-164) nennt. Runge hatte im selben Jahr wie Lidman unter dem Titel Bottroper Protokolle ebenfalls erfolgreich ein Buch mit Interviews aus dem Bergbau-Milieu herausgegeben (zum Vergleich der Autorinnen siehe Jennings 2004). Lidman und Runge stehen um 1970 für eine dokumentarische Literatur, die auf innovative Weise mit Tonbandinterviews arbeitet. Beide Autorinnen bauen ihr literarisches Kapital in ihren jeweiligen nationalliterarischen Feldern auf dieselbe Weise aus. Somit lässt sich gemäß Casanovas Begriffswerkzeugen eine Synchronizität der literary time (Casanova 2004, 95) Westdeutschlands und Schwedens beobachten. Dieser Begriff beschreibt in Analogie zur weltweiten Vereinheitlichung der Uhrzeit die Verbindlichkeit ästhetischer Standards. Entsprechend lassen sich Zentrum-PeripherieBeziehungen mittels stilistischer Innovationen in zeitliche Metaphern übersetzen: Zentren bestimmen die ‚Gegenwart,‘ während die Peripherie ‚vergangenen‘ Idealen nacheifert. Der Theorie nach wäre anzunehmen, dass das westdeutsche literarische Feld dem schwedischen aufgrund der Zahl der Sprecher*innen und historischer Faktoren voraus wäre. Die Lesereise der Gruppe 61 bietet jedoch ein gegenteiliges Bild, denn die nationalliterarischen Felder funktionieren nicht zwangsläufig in Isolation voneinander. Die Ansätze zur littérarisation deuten auf die Vielfalt der Faktoren und deren historische Variabilität hin, welche das literarische Kapital von Autor*innen bestimmen. Im Folgenden werden diese Faktoren im Hinblick auf das spezifische regime of mobility, das die Lesereise rahmt, analysiert.

2.1.

Die schwache Stellung deutscher Literatur in Schweden nach 1945

Das Kräfteverhältnis zwischen Deutschland und Schweden scheint nach 1945 ausgeglichener, als es in Casanovas Modell angelegt ist. Bei der Betrachtung des Übersetzungsflusses in den ersten 20 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg fällt auf, dass dieser im Vergleich zur Vorkriegszeit gering ist. So beklagt Thomas von Vegesack, Lektor beim schwedischen Norstedts Verlag, 1964, dass 70 % der übersetzten Literatur in den 1950er Jahren aus den anglophonen Ländern und nur 6 % aus Deutschland stamme (vgl. Fichte 1964). Auch die deutsche Wirtschaftszeitung Handelsblatt berichtet anlässlich eines Vortrags des Stockholmer Germanistik-Professors Gustav Korlén5 bei den Deutsch-Schwedischen Kultur5 Für Korlén (1915–2014) ist aufgrund seines akademischen und kulturellen Engagements posthum eine Festschrift erschienen, die u. a. Artikel über seine Tätigkeiten enthält (Seiler Brylla und Wåghäll Nivre 2015).

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tagen in Dortmund von eher dürftigen Verkaufszahlen (FHI 502–164). Diese gleichlautende Kritik am Literaturmarkt ist kein Zufall, denn Korlén und von Vegesack arbeiten zusammen an einer überaus erfolgreichen Kulturbegegnung. Um eine Änderung der Lage herbeizuführen, organisieren sie im Jahr 1964 das Sigtuna-Treffen der Gruppe 47 und darauf folgend die Stockholmer Woche, eine große Veranstaltungsreihe zur deutschen Kultur (vgl. Benzinger 1983). Im Gegensatz zu diesen Presseäußerungen gibt Korlén in der Begleitpublikation Stockholmer Katalog der Gruppe 47 als Hauptgrund für die Organisation des deutsch-schwedischen Treffens an, mit Hilfe neuer deutschsprachiger Literatur einem „kulturellen Provinzialismus“ vorbeugen zu wollen (vgl. Fichte 1964 und FHI 502-164). Diese Vorsichtsmaßnahme folgt in ihrer Logik Casanovas Annahmen über das asymmetrische Machtverhältnis zwischen deutsch- und schwedischsprachiger Literatur, da Korlén Schweden im Gegensatz zu Deutschland eine periphere Lage in der Weltliteratur zuschreibt. Korlén wandelt die geschwächte Stellung der deutschen Literatur in Schweden im Laufe der 1960er Jahre in eine Win-win-Situation für Akteure in beiden Ländern um. Aus dem Besuch der Gruppe 47 entwickelt sich ein sehr fruchtbarer Kulturaustausch. Weitere Begegnungen mit personellen Überschneidungen folgen in den nächsten Jahren: Das Literarische Colloquium Berlin veranstaltete im Herbst 1968 ein deutsch-schwedisches Autoren-, Kritiker- und Linguistentreffen zum Thema „Erklärbarkeit und Nicht-Erklärbarkeit der Welt als Axiom der Literatur“. Im Oktober 1969 fand darauf aufbauend ein Folgetreffen zum Thema „Die Problematik der Wahrheit in der Literatur“ in Stockholm statt, das insbesondere auf die Dokumentarliteratur einging, deren schwedische Vertreter, z. B. P. O. Enquist, in Westdeutschland mit Interesse verfolgt wurden (Jennings 2004, 10; Zimmer 1969). Vor diesem Hintergrund ist zugleich der Erfolg von Runge und Lidman zu sehen, die mit ihren innovativen Interviewverfahren für Furore sorgen. Korlén investiert geschickt das literarische Kapital verschiedener Autor*innen aus beiden Feldern, was zu der zeitweiligen Angleichung bzw. dem Gleichstand der literary time beiträgt. Mit dieser Vernetzungstätigkeit nimmt er eine Schlüsselstellung im die Lesereise der Gruppe 61 ermöglichenden regime of mobility ein.

2.2.

Diskurse über Arbeiterliteratur – ein Pressespiegel

Ein Blick in die Zeitungsberichterstattung ergibt dagegen ein weniger ausgewogenes Bild zwischen Westdeutschland und Schweden. Die dort ausgetragenen Debatten über die Bedeutung der Arbeiterliteratur und der Gruppe 61 entsprechen dem nach Casanova zu erwartenden asymmetrischen Verhältnis.

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In den schwedischen Zeitungen äußert sich ein starkes Interesse am literarischen Austausch sowie an den politischen Kontexten der Arbeiterliteratur in Westdeutschland. Politische Hintergründe für die Entstehung und das Schaffen der Gruppe 61 werden ausführlich mit eindeutigen Sympathiebekundungen vorgestellt. In Svenska Dagbladet wird trotz konservativen Profils über die Gruppe 61 geschrieben: „Niemand kann leugnen, dass diese Literatur eine bedeutende Wiederherstellung für die deutsche Kultur darstellt, selbst wenn die Machthabenden in der Bundesrepublik sich weitestgehend verständnislos oder abweisend zeigen.“6 Die liberale Zeitung Dagens Nyheter bietet ihren Leser*innen sogar eine ganzseitige Reisereportage über einen Vorab-Besuch ihres bekannten Literaturkritikers Bengt Holmqvist bei den Mitgliedern der Gruppe 61 in Westdeutschland und Westberlin. Die detaillierte Darstellung der Gruppe 61 – interne Konflikte werden ebenso thematisiert – endet mit eindeutiger Begeisterung: „Es fällt mir schwer, mir einen Autorenbesuch vorzustellen, der zur Zeit interessanter oder wichtiger wäre.“7 Auf westdeutscher Seite ist die Lesereise für das Feuilleton hingegen vor allem Anlass, ein idealisiertes Schwedenbild zu entmythologisieren. Der literarische Austausch wird nur am Rande erwähnt; die teilnehmenden schwedischen Autor*innen bleiben meist namenlos. Stattdessen vermitteln die Artikel das Bild einer in erster Linie landeskundlichen Bildungsreise. Entsprechend titelt die Süddeutsche Zeitung „Betriebstourismus und einige Einsichten“ (FHI 502-164). Heinz Ludwig Arnold thematisiert gemäß dieser Überschrift in seinem Bericht die literarische Diskussion nur am Rande. Ein Gespräch der Gruppe 61 mit Studierenden der Universität Uppsala kommentiert er nüchtern mit: „[Ä]sthetische Probleme aber spielten darin kaum eine Rolle.“ Der Journalist der FAZ schreibt in seinem Artikel über eine mangelnde Diskussionsfreude auf schwedischer Seite, ohne weiter auf Inhalte einzugehen (FHI 502-164). Die Frankfurter Rundschau ist ausführlicher und berichtet: Während schwedische Autoren, Literaturkritiker und -wissenschaftler den deutschen Autoren mit unbefangenem Interesse begegneten, schienen einzelne Vertreter des deutschen Bildungsbürgertums darum besorgt zu sein, daß nicht nur die Arbeiterschriftsteller selbst, sondern auch die meisten der in Westdeutschland verbreiteten Animositäten gegen die Gruppe 61 gebührend bekannt wurden. (FHI 502–164)

Allerdings kritisiert ein der Veranstaltung beiwohnender Lektor der Germanistik diesen Artikel in einem Leserbrief als eine falsche Darstellung des Diskussions6 „Ingen kan förneka att denna litteratur har inneburit en betydelsefull återhämtning för den tyska kulturen, även om de makthavande i förbundsrepubliken i det längsta förhållit sig oförstående eller avvisande“ (BARCH KO, B307-624). 7 „Jag har svårt att tänka mig ett författarbesök som vore interesantare eller viktigare i ögonblick“ (BARCH KO, B307-624).

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verlaufs. Beim Lesen beider Texte, Artikel und Leserbrief, verstärkt sich der Eindruck, dass aus Sicht des westdeutschen Feuilletons die Uhren in Schweden in Sachen literary time nachgehen. Als ganz unkritisch wird das schwedische Publikum dennoch nicht charakterisiert. So hat der Journalist der Frankfurter Rundschau auch den Eindruck: „Viele schien es zu faszinieren, ihr Land durch die getönte Brille deutscher Arbeiterschriftsteller betrachtet zu sehen“ (FHI 502164). Dieser Seitenhieb auf etwaige sozialromantische Schweden-Vorstellungen der Mitglieder der Gruppe 61 deckt sich jedoch mit deren selbstkritischen Äußerungen und Reiseberichten in nordrhein-westfälischen Lokalzeitungen und läuft dadurch ins Leere. Ein repräsentatives Beispiel für diese Berichterstattungsform ist ein Artikel der Westfälischen Rundschau. Dort wird einerseits von enttäuschten Erwartungen berichtet und andererseits getitelt: „Besucher sind vom Einfluß ihrer Kollegen beeindruckt“ (FHI 502-164). Insgesamt behaupten diese Berichte trotz Informationen zur Literatur Schwedens tendenziell eine höhere Wertigkeit der deutschsprachigen Literatur bzw. einen fortgeschritteneren Zustand des literarischen Feldes. Die Lektüre der Zeitungsberichte zeigt, wie Verlage und Universitäten, an deren bereitgestellten Informationen sich die Berichterstattung orientiert, die literarischen Diskurse mitgestalten. Dabei lassen sich nationale Perspektiven identifizieren: Die schwedische Berichterstattung speist sich stark aus den positiven Einschätzungen zur westdeutschen Arbeiterliteratur von Korlén und Vegesack; die westdeutschen Zeitungen bekunden nur Interesse und bleiben im Hinblick auf die literarische Qualität der Gruppe 61 eher verhalten. Trotz des Gleichstands in der literary time um 1970 zwischen beiden literarischen Feldern bildet dieser Umstand eine Asymmetrie ab, die ästhetisch-politische Strategien nur zeitweilig ausgleichen können.

2.3.

Erfolg und Misserfolg ästhetisch-politischer Strategien

Korlén und von Vegesack konzentrieren sich in ihren Einleitungen für den stockholmer katalog der dortmunder gruppe 61 (Dahinten 1970) auf die deutsche Literatur, die gegenüber dem impliziten Lesepublikum erklärungsbedürftig erscheint (ebd. viii & xf.).8 Korlén hebt die seines Erachtens komplizierte Lage für Literaturschaffende hervor, da in beiden Ländern nach 1968 die soziale Relevanz und Funktion von Literatur durch die Neue Linke in Frage gestellt werde (viii). In

8 Eine Einführung in die schwedische Gegenwartsliteratur wie im Katalog für die Gruppe 47 aus dem Jahr 1964 fehlt.

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Westdeutschland wie in Schweden ergeben sich daraus jedoch Möglichkeiten zur Neupositionierung im literarischen Feld. Nilsson vergleicht in Literature and Class (2014) die Diskussionen der westdeutschen und schwedischen Neuen Linken zur gesellschaftlichen Rolle von Literatur. Obwohl beide Zeitpunkt und Thema teilen, lassen sich aus der nationalen Literaturgeschichte jeweils unterschiedliche Prämissen ableiten. So gibt es in Schweden Versuche mit neuen, formal experimentellen Erzählformen, in Abgrenzung zur extrem erfolgreichen Arbeiterliteratur der 1930er Jahre und zu der als bürgerlich identifizierten Literatur (104). Eine vergleichbare Entwicklung, die strikte Ablehnung eines bürgerlichen Literaturverständnisses, findet in Westdeutschland nicht statt. Stattdessen wird im Rahmen des Werkkreises Literatur der Arbeitswelt – der die Gruppe 61 Anfang der 1970er Jahre verdrängt – versucht, an ältere, oft realistische Traditionen anzuschließen und somit Erzählverfahren zu konservieren. Diese Strategie hat angesichts der heutigen Bedeutungslosigkeit der Arbeiterliteratur in Deutschland nicht gefruchtet (113– 114). Anhand der skizzierten Entwicklungen der Arbeiterliteratur in beiden Ländern lässt sich beobachten, wie Akteure mit literarischem Kapital strategisch umgehen. Zu diesen Akteuren zählen Autor*innen sowie transnationale Akteure in Verlagen und akademischen Institutionen, die strategisch in nationalliterarischen Feldern agieren und diese verknüpfen. Ideell und finanziell unterstützt werden sie durch public diplomacy, eine weitere, für das regime of mobility wichtige Akteursform, die literatursoziologische Analysen bislang kaum thematisieren.

2.4.

Kapitalismuskritik als Markenzeichen der public diplomacy

Am 30. Juni 1970 trifft in der Münchener Zentrale des Goethe-Instituts der Jahresbericht der Stockholmer Filiale ein, in dessen Berichtszeitraum die Lesereise der Gruppe 61 fällt. Schweden, so wird in den Meldungen des Filialleiters Egon E. Dahinten deutlich, ist zu dieser Zeit Schauplatz eines kulturpolitischen Kalten Krieges zwischen West- und Ostdeutschland. Entsprechend sendet Dahinten nicht nur Informationen über die eigenen Tätigkeiten, sondern auch über die des DDR-Kulturzentrums nach München. Der kurze Überblick über die Aktivitäten der Konkurrenz schließt mit den Worten: Dass wir [die Zweigstelle des Goethe-Instituts] Kulturpolitik nicht aus egoistischen Zielen betreiben, sondern um das gegenseitige Verständnis zu fördern, hat uns das Vertrauen der Schweden eingebracht. Diese Haltung teilen wir nur mit dem Schwedischen Institut, weil die anderen Kulturinstitute dafür kein Geld ausgeben dürfen. (BARCH KO, B307-203)

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Das Zitat macht deutlich, dass auf dem Gebiet der public diplomacy ein ähnlicher Wettbewerb herrscht wie auf dem literarischen Feld. Der Vorteil gegenüber dem DDR-Kulturzentrum liegt für Dahinten in dem beschriebenen Alleinstellungsmerkmal, welches das wichtigste Argument des Jahresberichts darstellt, um auf den folgenden Seiten vehement einen größeren Etat zu fordern. Sowohl in Westdeutschland als auch in Schweden haben sich im Vorfeld der Lesereise der Gruppe 61 einschneidende politische Veränderungen ergeben. So findet die Lesereise kurz nach dem sozialdemokratischen Bundestagswahlsieg Willy Brandts 1969 statt, der eine Abwendung von den konservativen kulturellen Werten der Nachkriegszeit markiert. Im selben Jahr tritt Olof Palme in Schweden den Posten als Regierungschef an, womit die seit den 1930er Jahren bestehende sozialdemokratische Vorherrschaft in Schweden eine Fortsetzung findet. Als Nachfolger Tage Erlanders setzt Palme dennoch neue Akzente, wobei ihm der erwähnte Streik der Grubenarbeiter in Norrland einen schweren Start bereitet (Berggren 2010, 423). Die Führungswechsel an den Spitzen beider Staaten schaffen gute Bedingungen für die Durchführung der Lesereise. Mit dem Begriff regimes of mobility rücken die Faktoren Gouvernementalität und Hegemonie in den Fokus der literatursoziologischen Analyse: Die Wahlen Brandts und Palmes steigern die Bereitschaft der in der public diplomacy tätigen Akteure, die aufgrund ihrer Radikalität umstrittene Gruppe 61 zu Repräsentationszwecken zu entsenden bzw. einzuladen, um definitionsgemäß ihrem Auftrag gerecht zu werden. Durch ihre Unterstützung der Lesereise setzt die Stockholmer Filiale des Goethe-Instituts bereits Ziele um, die erst im Laufe des Jahres 1970 offiziell neu definiert werden. Ralf Dahrendorf, Parlamentarischer Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, und Hans Georg Steltzer, Leiter der Kulturabteilung, formulieren als einen Leitsatz für die Auswärtige Kulturpolitik u. a.: „Kultur ist heute nicht mehr ein Privileg elitärer Gruppen, sondern ein Angebot an alle. Sie ist ein Teil des dynamischen Prozesses der Veränderungen in unserer Gesellschaft, der den Weg zu internationaler Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Gruppen vorzeichnet“ (zit. nach Düwell 2009, 97). Die Leitsätze signalisieren zudem einen weniger konfrontativen Umgang mit der DDR (vgl. ebd.). Obwohl sich dieser im Stockholmer Jahresbericht noch nicht abzeichnet, ist das neue Kulturverständnis aufgrund der Unterstützung der Gruppe 61 bereits Teil der dortigen Arbeitspraxis. Einen Eindruck über die Stimmung auf schwedischer Seite vermittelt Nikolas Glover in seiner Dissertation National Relations Public Diplomacy, National Identity and the Swedish Institute 1945–1970 (2012). Er berichtet zur Geschichte des in Dahintens Jahresbericht erwähnten „Schwedischen Instituts“, dem Svenska Institutet, über eine für 1969 geplante Großausstellung, Images of Sweden ’69. In der Ausstellung soll gemäß neuester Medientheorien

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und -techniken der Informationsfluss nach und aus Schweden erlebbar gemacht werden. Für den Kontext der Lesereise der Gruppe 61 ist vor allem Glovers Anmerkung zur Sichtweise des Kurators der Ausstellung interessant, denn: his view of the nation was very much informed by the radical critique of advertising and capitalism in general and the Swedish Social Democratic welfare state in particular which dominated Swedish public debate at the time. As far as he was concerned, to criticise Sweden and the Western economic system was to represent a widely accepted opinion on Swedish society. (152)

Die Popularität von Staats- und Kapitalismuskritik im Schweden der 1970er Jahre gerät zum Markenzeichen des Landes, und die Gruppe 61 scheint für das Schwedische Institut als Akteur der public diplomacy ein entsprechend willkommener Gast. Wie der Jahresbericht des Stockholmer Goethe-Instituts verdeutlicht, ist neben Westdeutschland und Schweden auch die DDR indirekt Teil des spezifischen regime of mobility. Abgesehen vom ebenfalls neutralen Finnland ist Schweden ab 1967 das einzige europäische Land, in dem die DDR ein eigenes Kulturzentrum unterhält, durch das sie für ihre erst 1972 erfolgende diplomatische Anerkennung wirbt (Abraham 2007, 84). Obwohl die Wahl Brandts auch zu einem Umdenken in der Ostpolitik führt, kann in den Aktivitäten des DDRKulturzentrums eine Motivation für die Unterstützung der Lesereise von westdeutscher Seite gesehen werden.9 Die Radikalität der 68er-Bewegung gilt es aus westdeutscher Perspektive in Schweden wie im eigenen Land aufzufangen, um eine politische Stärkung der DDR zu vermeiden. Die finanzielle Möglichkeit der Gruppe 61 für eine Lesereise nach Schweden ergibt sich erst durch die beschriebene historische Konstellation außen- und innenpolitischer Interessen. Diese Konstellation ist als Teil der Gemengelage unterschiedlicher Motivationen akademischer, verlegerischer und nationalstaatlicher Akteure zu verstehen, die gemeinsam ein spezifisches regime of mobility bilden. Dieses lässt sich vor allem auf die Initiative der akademischen und verlegerischen Akteure Korlén und Vegesack zurückführen, die aktiv Einfluss auf die Regulation der nationalliterarischen Felder Westdeutschlands und Schwedens nehmen, indem sie Möglichkeiten zur Mobilität für literarische Texte schaffen.

9 Der Leiter des DDR-Kulturzentrums in Stockholm, Jan Peters, schlug seinen Vorgesetzten vor, u. a. über die Literatur des Bitterfelder Weges mit der schwedischen Neuen Linken in Dialog zu treten. Entsprechende Vorhaben scheiterten jedoch an internen ideologischen Widerständen (Almgren 2009, 166).

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3.

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Ausblick

In der Lesereise der Gruppe 61 kulminiert eine rege Phase des deutsch-schwedischen Literaturaustauschs der Nachkriegszeit. In Westdeutschland zerfällt im Laufe des Jahres 1970 die Gruppe 61 durch die Abspaltung des Werkkreises Literatur der Arbeitswelt. Die vom Werkkreis verfolgte ästhetisch-politische Strategie einer Konservierung realistischer Erzählweisen schmälert letztlich die Bedeutung der deutschsprachigen Arbeiterliteratur nachhaltig (Nilsson 2014, 113–114). Die offizielle politische Anerkennung der Gruppe 61 durch die Lesereise befördert ihre Spaltung. So argumentieren Kritiker in der von Heinz Ludwig Arnold bereits 1971 herausgegebenen Gedenkschrift in durchaus verschwörungstheoretischem Ton: „[I]n wessen Interesse wurde wohl mit dem Auswärtigen Amt der BRD die Schwedenreise der Gruppe [61] arrangiert, warum hat wohl Bonn den Huldigungskatalog bezahlt, wie [Friedhelm] Baukloh den Stockholmer Katalog nennt?“ (Arnold 1971, 187). Die mediale Aufmerksamkeit für die Lesereise in Schweden begünstigt hingegen die Etablierung des offiziell einladenden Författarcentrums im literarischen Feld Schwedens. Beim Författarcentrum handelt es sich um eine Publicprivate-Partnership, also um ein gemeinsames Unternehmen von Staat und Privatwirtschaft. Zunächst als Initiative von Autor*innen im Mai 1967 ins Leben gerufen, folgt im September die Institutionalisierung durch die Verlage Bonniers, Norstedts, Rabén & Sjögren und Wahlström & Widstrand. Das Joint Venture der Verlage wird 1968 staatlich anerkannt und erhält eine Finanzierung durch das Arbeitsamt, da es in erster Linie gilt, Autor*innen zu vermitteln und dadurch ein Interesse für Literatur in der Bevölkerung zu wecken (siehe Författarcentrum 2017; Qvarzell 1970). Dadurch wird in den 1970er Jahren eine Literatur der Arbeitswelt in öffentlich-privater Hand institutionalisiert. Eine literatursoziologische Analyse dieser Institution und ihres Einflusses auf den Diskurs über Arbeiterliteratur in Schweden bleibt ein Desiderat der Forschung. Die Analyse des regimes of mobility der Lesereise macht deutlich, dass Weltliteratur Produkt der Zusammenarbeit von akademischen und verlegerischen Akteuren mit nationalstaatlichen Institutionen ist. Nachvollzug und Auswertung der globalen Routen und Verläufe der Mobilität von Weltliteratur bieten die Chance, Fragen zu den Zusammenhängen von Literatur und Gesellschaft auf transnationaler Ebene neu zu thematisieren (Svedjedal 2012, 18). Das Beispiel der Lesereise zeigt, dass bei der Diskussion um den Zusammenhang von Klasse und Literatur metaphorisch nicht nur „Arbeiter und Autoren im selben Boot“ (B 307624) sitzen, sondern sich eine Vielzahl weiterer Akteure an Bord befindet. Erst ihre von Machtasymmetrien geprägte Interaktion setzt einen Kurs, der sowohl den literarischen als auch den literaturwissenschaftlichen Horizont erweitert.

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Literaturverzeichnis Primärquellen Archivmaterial Bundesarchiv Koblenz, Bestand Goethe Institut e.V (BARCH KO, B307). Presseschau 1966– 75, Mappe 624, Jahresberichte Nordeuropa 1965–1978, Mappe 203. Fritz-Hüser-Institut Dortmund, Nachlass Max von der Grün (FHI, Grü). Internationale Presseartikel, Mappe G54. Fritz-Hüser-Institut Dortmund, Archiv Dortmunder Gruppe 61 (FHI, 502). Presseartikel, Mappe 164.

Gedruckte Texte Dahinten, Egon E. 1970. stockholmer katalog der dortmunder gruppe 61. Stockholm. Fichte, Hubert. 1964. Stockholmer Katalog zur Tagung der Gruppe 47 im Herbst 1964: Bibliographie d. eingeladenen Autoren. Stockholm. Qvarzell, Gun. 1970. „Baklängesdagbok från Författarcentrum.“ Ord & Bild. Nordisk Kulturtidskrift 3: 179–185.

Sekundärliteratur Abraham, Nils. 2007. Die politische Auslandsarbeit der DDR in Schweden. Zur Public Diplomacy der DDR gegenüber Schweden nach der politischen Anerkennung (1972–1989). Münster: LIT Verlag. Almgren, Birgitta. 2009. Inte bara Stasi …: Relationer Sverige-DDR 1949–1990. Stockholm: Carlsson. Arnold, Heinz Ludwig. 1971. Gruppe 61: Arbeiterliteratur – Literatur der Arbeitswelt? [1961–1971: zehn Jahre Gruppe 61]. Stuttgart: Boorberg. Benzinger, Fredrik. 1983. Die Tagung der „Gruppe 47“ in Schweden 1964 und ihre Folgen: ein Kapitel deutsch-schwedischer Kultur- und Literaturbeziehungen. Stockholm: Germanistisches Institut. Berggren, Henrik. 2010. Underbara dagar framfo¨r oss: en biografi o¨ver Olof Palme. Stockholm: Norstedt. Casanova, Pascale. 2004. The World Republic of Letters. Cambridge: Harvard University Press. Düwell, Kurt. 2009. „Zwischen Propaganda und Friedensarbeit – 100 Jahre Geschichte der deutschen Auswärtigen Kulturpolitik“. In Kultur und Außenpolitik. Handbuch für Studium und Praxis, herausgegeben von Kurt-Jürgen Maaß, 61–111. Baden-Baden: Nomos. Författarcentrum. „Om oss. Historik“. Zugriff am 14. August 2017. http://www.forfattarcen trum.net/om-oss/historik/.

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Glick Schiller, Nina und Noel B. Salazar. 2013. „Regimes of Mobility Across the Globe.“ Journal of Ethnic and Migration Studies 39: 183–200. Glover, Nikolas. 2012. National Relations Public Diplomacy, National Identity and the Swedish Institute 1945–1970. Falun: Nordic Academic Press. Helgesson, Stefan und Pieter Vermeulen. 2016. „Introduction: World Literature in the Making.“ In Institutions of World Literature. Writing, Translation, Markets, herausgegeben von Stefan Helgesson und Pieter Vermeulen, 1–22. New York: Routledge. Holm, Birgitta. 1998. Sara Lidman, i liv och text. Stockholm: Bonnier. Jennings, Lisa Marie. 2004. „Sites Under Construction: Elusive Notions of Authenticity and Authorship in the Documentary Narratives of Erika Runge, Sara Lidman, Gu¨ nter Wallraff, and Go¨ ran Palm.“ PhD diss. University of Minnesota. Lenz, Ramona. 2011. „Mobilität im Fokus – Modeerscheinung oder Paradigmenwechsel. Überlegungen zum sogenannten mobility turn.“ Zeitschrift für Volkskunde 1: 1–19. Nilsson, Magnus. 2014. Literature and Class. Aesthetical-Political Strategies in Modern Swedish Working-Class Literature. Berlin: Nordeuropa-Institut der Humboldt-Universität. – und John Lennon. 2016. „Defining Working-Class Literature(s): A Comparative Approach Between U.S. Working-Class Studies and Swedish Literary History.“ New Proposals. Journal of Marxism and Interdisciplinary Inquiry 8: 39–61. Olsson, Annika. 2011. „Fangad av orden och nationen. Metodologisk nationalism och förmågan att tänka frånvarande ting.“ In Litteratur i gränszonen. Transnationella litteraturer i översättning ur ett nordiskt perspektiv, herausgegeben von Elisabeth Bladh und Christina Kullberg, 14–23. Falun: Högskolan Dalarna. Seiler Brylla, Charlotta und Elisabeth Wåghäll Nivre. 2015. Sendbote zwischen den Kulturen. Gustav Korlén und die germanistische Tradition an der Universität Stockholm. Stockholm: Stockholms universitet. Svedjedal, Johan. 2012. „Svensk skönlitteratur i världen. Litteratursociologiska problem och perspektiv.“ In Svensk litteratur som världslitteratur. En antologi, herausgegeben von Johan Svedjedal, 9–82. Uppsala: Avd. för litteratursociologi. Tenngart, Paul. 2016. „Local Labour, Cosmopolitan Toil: Geo-Cultural Dynamics in Swedish Working-Class Fiction.“ Journal of World Literature 1: 484–502. Zimmer, Dieter E. 1969. „Die Wahrheit dokumentarischer Literatur. Eine deutsch-schwedische Schriftstellertagung in Stockholm“. Die Zeit, 31. Okt. 1969, Heft 44. http://www. zeit.de/1969/44/die-wahrheit-dokumentarischer-literatur.

Antje Wischmann

Übersetzung und literarischer Transfer als Figurationen transnationaler Mobilität

1.

Vorüberlegungen

Die skandinavisch-deutschsprachigen Wechselbeziehungen konstituierten in den 1960er Jahren das Fachgebiet Neue skandinavische Literaturwissenschaft. Während bisher ein bilateraler Ansatz, etwa bei der Untersuchung nationalliterarischer Konstellationen oder zur sogenannten Zweisprachigkeit von Autor*innen oder Übersetzer*innen – etwa in der ‚Grenzgängerforschung‘ – bevorzugt wurde, führten seither die Impulse der Literatursoziologie und der postkolonialen Theorie zu einem neuen kritischen Verständnis von Kontaktzonen (Pratt 1992) und transnationalen Austauschbeziehungen sowie Machtverteilungen unter Literaturen, deren Beschaffenheit „cultural mobility“ (Greenblatt 2010) im Sinne textlicher Mobilität erschweren oder begünstigen. Die zunehmende Beachtung komplexer und verflochtener Strukturen1 zeigt, dass Mobilisierungen2 von Texten auf mehreren Ebenen oder Skalen stattfinden und dass eine Vielzahl interagierender Akteur*innen und Objekte zusammenwirkt. Theoriegeschichtlich führt die Infragestellung strukturalistischer Modellierungen bzw. jeglicher Container-Konzepte zu einer Sensibilisierung für das relationale Denken und die ‚Zwischenräume‘ und nicht zuletzt für die Plausibilität von Bruno Latours Annahme einer Verschmelzung von Akteur*innen und Objekten zu hybriden Einheiten in Netzwerkprozessen ([1986] 2006), die gemeinsam Handlungsinitiativen ausführen. Aus dieser Sicht stellt sich Literaturvermittlung, d. h. Übersetzung, Dissemination und Distribution, als ein prozessualer Vorgang dar, der sich gar nicht durchgehend absichtsvoll steuern und gestalten lässt, sondern auch Irrwege, Barrieren und Stagnation miteinschließt. Für das einzelne literarisches Werk heißt dies auch, dass es in einer Netzwerkfiguration 1 Literaturhistorische Verflechtungsgeschichte und kulturwissenschaftliche Netzwerkanalyse bilden dabei eine sinnvolle Einheit (vgl. Werberger 2012, 121). 2 Zum Begriff der Mobilisierung, des Mobil-Machens und Mobil-Werdens siehe Hasenöhrl/ Kabelik/Maly-Bowie in diesem Band.

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agency bzw. Handlungsinitiative gewinnen kann und damit eine Akteursposition erlangt.3 In der Rezeptionssituation können sich wiederum unterschiedlichste Optionen – etwa hinsichtlich der Lektüren oder ausgelösten Handlungen – entfalten. Der Begriff der Handlungsinitiative spricht potentiell jeder Komponente eines Netzwerks das Vermögen zu, Impulse zu geben und Netzwerkprozesse anzuleiten oder aufrechtzuerhalten. Akteur*innen und Objekte werden in der AkteurNetzwerk-Theorie (ANT) neutral und übergreifend als Mittler bezeichnet, die „andere Größen in Aktion treten lassen“ (Schüttpelz 2013, 19). Doch lässt sich kaum leugnen, dass in der Literaturvermittlung die Intentionalität der personalen Akteur*innen, die Casanova „intermediaries“ nennt,4 beträchtliches Gewicht hat, auch wenn das Individuum stets innerhalb einer interdependenten Verknüpfung und niemals autonom handelt. Übereinstimmend stellt Greenblatt die Relevanz der Vermittelnden für die Forschung heraus: „A specialized group of ‚mobilizers‘ – agents, go-betweens, translators, or intermediaries – often emerges to facilitate contact, and this group, along with the institutions that they serve, should form a key part of the analysis“ (2010, 251). Nicht zuletzt sind Archivsituation und Materiallage dafür verantwortlich, dass häufig eher den Akteur*innen als den Objekten oder Ideen gefolgt wird, da es der dokumentierten Interaktion der personalen Vermittelnden5 überhaupt zu verdanken ist, dass „materiellmediale Handlungsinitiative fixiert werden kann“ (Schüttpelz 2013, 16). Da die De- und Rekontextualisierung hybride Einheiten betrifft, müssen die schrittweisen Transformationen – beispielsweise vor, während und nach literarischen Übersetzungen – sowie deren institutionelle und infrastrukturelle Bedingtheit mitbedacht werden (vgl. Greenblatt 2010, 250). Damit erweitert und verkompliziert sich das Konzept des literarischen Im- und Exports, wie Pascale Casanovas literatursoziologische Analyse weltliterarischer Konstellationen in The World Republic of Letters (2007) im Rückgriff auf Pierre Bourdieus Feldtheorie zeigt.6 Die Ebenen, auf denen Mobilisierungsprozesse zu betrachten sind, umfassen nationale Buchmärkte, literarische Felder, Institutionen, Organisationen (wie Verlage), aber auch sozialräumliche oder sprachliche Bedingungen 3 Ein Buch in einer bestimmten Ausgabe soll als unveränderlich mobil („immutable mobiles“ nach Latour) verstanden werden. Ein Text, der z. B. gleichzeitig als Print-Ausgabe, E-Book und Hörbuch existiert, realisiert sich materiell-medial auf unterschiedliche Weise. 4 Casanova fasst unter dieser Rubrik Herausgeber*innen, Verleger*innen, Kritiker*innen und Übersetzer*innen zusammen (vgl. 2007, 20–21). 5 Personalhistorisch strukturierte Archive verstärken eine klassische Akteurszentrierung noch. 6 Siehe den Artikel von Wagner in diesem Band. Das Bourdieusche „Feld der Macht“ stellt einen Schauplatz der Aushandlung von Ermächtigungen zu oder Verhinderungen von Mobilisierungen dar (vgl. Bourdieu 1999, 342).

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ebenso wie Übersetzung und Literaturvermittlung, die auf Verortungen in neuen Kontexten abzielen („localizing practice“, Venuti 2012, 180). Die Forschung ist aufgefordert, solche Prozesse der Neuverortung, des In-Bewegung-Versetzens und der Stilllegung zu identifizieren und deren Interdependenzen herauszuarbeiten. Dem wird im Folgenden dadurch entsprochen, dass der Beitrag – im Sinne einer dichten Beschreibung und abhängig von der Archivlage – nachzeichnet, wie vor allem personale Akteur*innen in den deutsch-skandinavischen Literaturbeziehungen Ereignisse zu Handlungsketten verknüpfen und Netzwerkprozesse transnational gestalten.

2.

Temporäre oder verstetigte Zirkulationen: Vier Fallskizzen

Der Bonniers Verlag, der sich seit dem 19. Jahrhundert besonders für literarische Übersetzungen ins Schwedische einsetzt,7 macht einen Fixpunkt meiner Materialauswahl aus.8 Der Verlag bildet einen infrastrukturellen Knotenpunkt, der entweder Ressourcen bereitstellt oder aber dazu beiträgt, dass Prozesse arbeitsteilig fortgesetzt werden und nicht stagnieren, wenn die Energiezufuhr einmal ausbleibt. Bonniers steht im Zentrum der beiden exemplarischen Querschnitte durch zwei synchrone Fallgruppen um 1963 und 2011. Die Wahl fällt bewusst auf sehr unterschiedlich profilierte Übersetzer*innen bzw. Autor*innen und stark voneinander abweichende Genres und Buchmarktsparten: Die ersten beiden Fallbeispiele stammen aus den 1960er Jahren, in denen das in der unmittelbaren Nachkriegszeit gesunkene skandinavische Interesse an deutschsprachiger Literatur wieder anstieg und von deutschsprachigen Institutionen und Akteur*innen vermehrt skandinavische Literatur nachgefragt wurde. Dieses 7 Schwedisch lag 2012 auf Platz zehn der weltweit am meisten übersetzten Sprachen (Svedjedal 2012, 36). Der schwedischen Literatur kommt mittlerweile eine Gatekeeper-Funktion zu, wie Yvonne Lindqvist 2016 herausstellt: Die Reichweite eines Textes aus einer sogenannten kleinen Sprache hängt nicht allein von der Erstübersetzung ins Englische oder in eine andere, große Sprache ab, sondern bereits im schwedischen Feld kann entschieden werden, ob die nationalen Buchmarktgrenzen überwunden werden können. Vgl. dazu den Erfolgsweg der Krimi-Autorin Åsa Larsson Mitte der 2000er-Jahre (Svedjedal 2012, 53–54). Lindqvist zeigt auf, dass dänische und norwegische Werke mittlerweile Zugang zu außerskandinavischen Feldern erhalten, nachdem sie ins Schwedische übersetzt worden sind. In den Jahren 2006–2010 wurde am häufigsten vom Schwedischen ins Dänische übersetzt; an zweiter Stelle stehen bereits die Übersetzungen ins Deutsche (vgl. Lindqvist 2016, 48–49). 8 Obwohl sich der Bonniers-Verlag heute immer noch in Familienbesitz befindet, bildet er nur noch eines der Segmente des Medienkonzerns Bonnier Group mit Dependancen in fünfzehn Ländern. 2012 wurde die erfolgreiche Buchhandelskette Pocket aufgekauft. Mit BonniersVertretern kommunizierten jeweils Agent*innen, Lektor*innen, Übersetzer*innen oder Autor*innen aus den vier Fallbeispielen; dies kann aus Platzgründen nicht überall detailliert nachgewiesen werden.

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ältere Material bezeugt auf Seiten der Übersetzenden und in den Literaturwissenschaften den Vorrang einer hermeneutisch-biografischen Interpretationstradition. In den 2000er Jahren dagegen erreichte das postmoderne Spiel mit intertextuellen Bezügen in den skandinavischen und deutschsprachigen Literaturen einen vorläufigen Höhepunkt, wie die beiden vielschichtigen Fallbeispiele aus dieser Ära veranschaulichen. Hier korrespondiert das Konzept eines expandierenden Bezugssystems literarischer Texte mit der ANT, da die interagierenden Texte im interpretatorischen Zusammenspiel beinahe handlungsinitiativ scheinen, während die Subjektzentrierung bzw. die ‚Rekonstruktion‘ der Autor*innenintention an Bedeutung verlieren. Plastisch tritt dabei hervor, wie sehr die Gattungsverortung, Kriterien literarischer Wertung und die Anknüpfungsmöglichkeiten an Wissensrahmungen der Rezipient*innen und von ihren jeweiligen literarischen Vorerfahrungen abhängen. In allen vier Beispielen zeichnet sich ab, wie die interpretatorischen Vorentscheidungen, die notwendig mit einer Neukontextualisierung einhergehen, sukzessive und nicht selten ungeplant im Rahmen der Netzwerkvorgänge angebahnt werden. Die Voraussetzungen für die spätere Wahrnehmung eines übersetzten Textes werden in einem langen Prozess geschaffen, der bereits vor dem Übersetzungsvorgang beginnt. Daher können die adaptierte Netzwerkanalyse und die Herleitung von Strategien der Neukontextualisierung nicht getrennt voneinander dargestellt werden. Sie erfordern einen jeweils eigenen narrativen Entwurf (vgl. Schüttpelz 2013, 22–23).

2.1.

Mobilisierung durch kollegiale Kooperation: Otto Oberholzers Übersetzung und Literaturvermittlung von Pär Lagerkvists Werken

Das erste Beispiel veranschaulicht die Konkurrenzverhältnisse und Deutungskämpfe unter intermediaries, denn die Literaturvermittelnden können erst durch ein mühsam ausgehandeltes gemeinsames Vorgehen durchsetzungsstark werden, indem sie jeweils eigene Routinen für die Bereitstellung von institutionellen, organisatorischen und ökonomischen Ressourcen entwickeln. Sowohl der übersetzende Schweizer Skandinavistik-Professor Otto Oberholzer (1919– 1986) als auch der auratische Modernist und Nobelpreisträger Pär Lagerkvist (1891–1974) konnten durch ihre langfristige Zusammenarbeit allmählich kulturelles, soziales und symbolisches Kapitel ansammeln.9

9 Oberholzer war zunächst Germanist und als Mittelschullehrer sowie Journalist tätig, bevor er 1968 die erste Professur für das Fachgebiet Neuere skandinavische Literaturwissenschaft an der Universität Kiel übernahm. Seine Karriere wäre ohne den direkten Austausch mit Lagerkvist anders verlaufen. Doch auch der vom Bonniers Verlag hofierte Lagerkvist hatte seinem Kompagnon seine nennenswerte Bekanntheit im deutschsprachigen Raum zu verdanken.

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Zu Beginn ihrer Allianz nahm Oberholzer zunächst die Position des Bittstellers ein, der den Autor ersuchte, eine Habilitation über ihn verfassen zu dürfen. Er hatte gleich nach Kontaktaufnahme und der Anfrage, ob er Lagerkvists Texte für einen Schweizer Verlag übersetzen dürfe, Übersetzungsproben an den Autor geschickt. Von der Qualität dieser Proben wollte Lagerkvist die Zusammenarbeit mit dem Verleger Peter Schifferli (1921–1980), einem Freund Oberholzers und Gründer des Zürcher Arche-Verlags, abhängig machen (vgl. Brief 18. 3. 1950, Schöier 1991, 371). Während Oberholzer für die Proben herbe Kritik einstecken musste, trugen ihm sein Vermittlungsengagement und sein Einblick in Lagerkvists Werk Anerkennung ein (vgl. Schöier 1991, 370–371).10 Lagerkvists Kritik (Brief 3. 5. 1950, Schöier 1991, 373) ist in zweierlei Hinsicht aufschlussreich. Zum einen verinnerlichte Oberholzer diese Kritik (vgl. 374) und gab sie später in fast gleichlautenden Formulierungen an weniger erfahrene Übersetzer weiter (vgl. Oberholzer 1981, 268–272). Zum anderen führte das Feedback des Autors vermutlich dazu, dass sich Oberholzer erst 1953 wieder zutraute, eigene Übersetzungen von Lagerkvist zu publizieren, wobei er sich ganz auf dessen Prosa beschränkte. Lagerkvist hatte in seinem Feedback in tröstender Absicht erklärt, dass sich Oberholzer mit der wissenschaftlichen Sprache besser auskenne als mit der poetischen (vgl. Brief 3. 5. 1950, Schöier 1991, 373–374). Die vermutlich größte, wenn auch von Lagerkvist kaum in dieser Form beabsichtigte Demütigung dürfte Lagerkvists Mutmaßung über die Deutschkenntnisse des Schweizers gewesen sein. Hierin drückt sich beiläufig das Machtgefälle zwischen der (angeblich) größeren schwedischen und der kleineren schweizerischen Literatur aus: Aus schwedischer Perspektive kann ich nicht beurteilen, ob die deutsche Sprache hier ungewöhnlich oder bemüht klingt, ganz im Gegenteil bin ich sicherlich geneigt, eine allzu wörtliche Übersetzung wertzuschätzen. Ich frage mich, ob die Erklärung [für die genannte Kritik, s. o.] zum Teil darin bestehen könnte, dass Sie Schweizer sind – die Personen, die ich um Rat gebeten hatte, waren Deutsche. (Brief 3. 5. 1950, Schöier 1991, 373)11

Siehe die gründliche Arbeit von Langheiter-Tutschek (2008). Zur europäischen Vermarktung von Lagerkvist v. a. vor 1951 siehe Möller (2012). 10 Zwischen 1949 und 1962 konnte sich Oberholzer mit drei Prosaübersetzungen von Lagerkvists Werken, die allerdings nicht im Vorfeld autorisiert worden waren, und seiner Habilitationsschrift 1958 profilieren. Offenbar hatte sich Oberholzer 1962 als Agent sowohl für Schifferli als auch Lagerkvist bewährt. 11 „Med mitt svensk öra kan jag inte bedöma om tyskan låter ovanlig och sökt på något sätt och en alltför ordagrann översättning är jag säkerligen tvärtom benägen att finna bra. Jag frågar mig om förklaringen delvis kan ligga i att Ni är schweizare – de tillfrågade var rikstyskar“. Im Artikel „Inte syssla“ (1981) betont Oberholzer seinen damaligen Anfängerstatus; er fügt Zitate und Briefe Lagerkvists in die Darstellung ein. Während Oberholzer die Frage nach der

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Es scheint, als habe Lagerkvist keine genauen Vorstellungen von der Schweizer Varietät und wolle das scharfe Urteil seiner hochdeutschen Übersetzungsprüfer mit der Erklärungsoption einer ‚schweizerischen Deviation‘ abmildern. Doch geht er klar von einer Unterordnung des Übersetzers aus und befestigt das Leitbild einer treuen Wiedergabe. Die gravierenden Folgen des Feedbacks lassen sich noch 1953 dem Vorwort zu einer von Oberholzer herausgegebenen Sammlung dreier Prosatexte Lagerkvists entnehmen. In einer umfangreichen captatio benevolentiae umreißt Oberholzer die Verluste, die im Zuge einer literarischen Übersetzung zu erwarten seien: Verloren gingen „der lyrische Einschlag, das Geheimnis von Lagerkvists Stil, der Zusammenklang, der Rhythmus, das Gefälle der Stimmungen, der Zauber der Sprache, mit Vokalen, die sich rufen, Wörtern, die in bestimmter lautlicher Umgebung in verschiedenem Zusammenhang auftauchen, der eigenwilligen Satzbildung“ (Oberholzer 1953, 14). Die Aufzählung konstatiert einen Kollateralverlust infolge des Übersetzens, denn verloren gehen demnach „alle die unzählbaren Komponenten, die zur Gesamtwirkung gehören und die natürlich nur der in die Originalsprache Eingelebte nacherleben und bewundern kann“ (17). Mit dieser Demutsgeste baut Oberholzer der Kritik vor, die eventuell von Lagerkvist, anderen Übersetzer*innen, Literaturkritiker*innen oder auch Hochschulkolleg*innen zu befürchten war. Bemerkenswert an dieser Passage ist, dass Lagerkvist selbst zwei Jahre zuvor seine Nobelpreisrede mit einer übertriebenen captatio eingeleitet hatte (vgl. Möller 2012, 265).12 Metakommunikation über Kooperation und Vermittlungsprozesse Auf Oberholzers Bitte, Lagerkvist möge ihm die frühesten Prosaarbeiten für die Werkbiografie innerhalb der Habilitationsschrift zustellen, hatte der Autor zunächst mit Widerwillen reagiert, da ihn diese Jugendwerke nicht länger überzeugten. Brieflich erklärte er, erst die später bei Bonnier publizierten Texte seien die gewichtigeren (vgl. Brief 9. 9. 1949, Schöier 1991, 367). Schließlich war er doch zu einem Zugeständnis bereit, nicht jedoch ohne anzumerken, dass diese Frühwerke einen hohen Sammlerwert besäßen (ebd.), was seine strategischen Investitionen zur Erarbeitung sozialen Kapitals offen anspricht. Um Oberholzer ein Muster zur Orientierung vorzugeben, wurden der Zürcher Zentralbibliothek Henrik Schücks13 und Karl Warburgs mehrbändige Literaturgeschichte mit Erik „eigentlichen Nationalsprache“ der Schweizer erwähnt, wird Lagerkvists damalige Kritik erst durch Schöiers Briefsammlung 1991 zur Gänze publik. 12 Der Forscher betonte das Understatement Lagerkvists in dessen Umgang mit dem Preis (vgl. Oberholzer 1981, 265, sowie Interview mit Wolfgang Butt 8. 8. 2017). 13 Der Literaturhistoriker Schück (1855–1947) hatte Lagerkvist 1947 für den Nobelpreis vorgeschlagen.

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H. Linders Besprechung von Lagerkvists Werken als Geschenk zugesandt (Linder 1952, 360–400). Diese Geste des Autors wurde jedoch dadurch geschmälert, dass er auf den hohen Preis des Werkes eigens hinwies (vgl. Brief 18. 3. 1950, Schöier 1991, 370). Oberholzer leistete in den folgenden Jahren PR-Arbeit und trat selbst als Gutachter einer weiteren Lagerkvist-Übersetzung ins Deutsche auf (vgl. Brief 2. 7. 1960, Schöier 1991, 404). Der Autor wiederum taktierte und setzte Schifferli 1964 durch die Behauptung unter Druck, dass Bonnier an der Zusammenarbeit mit einem deutschen Verlag Interesse angemeldet hätte, sollte sich der Schweizer Arche Verlag nicht die Rechte für eine Neuübersetzung der Romane Der Zwerg (schwed. 1944) und Der Henker (schwed. 1933/dt. 1946) sichern (vgl. Brief 19. 4. 1964, Oberholzer 1981, 279). Lagerkvist bündelte die beteiligten personalen Akteure zu national-territorialen und institutionellen AkteurNetzwerken, indem er das für ihn agierende mehrköpfige Team wie folgt beschrieb: „Die Schweiz und Deutschland wollen ‚Ahasverus Tod‘ herausgeben, Random House hat dies ebenfalls vor“.14 Der kleine Maßstab des persönlichen Netzwerks wird auf die nationalen Machtverhältnisse im großen Maßstab projiziert. Die Schweizer PR-Arbeit soll möglichst auch Aktivitäten im deutschen Feld vorantreiben. Je nachdrücklicher Lagerkvist den Bedarf der Werbearbeit erkennt, desto positiver sieht er Oberholzers Gesamtengagement. Oberholzer wurde schließlich durch Schifferli und Lagerkvist mit der Übersetzung von Pilgrim på havet 1962 beauftragt. Er erinnert sich 1981 an sein Unbehagen an diesem Auftrag (vgl. 1981, 273), da er einst die harsche Kritik des Autors hatte hinnehmen müssen. Die Übersetzung von Pilgrim trug ihm jedoch ein Lob von Lagerkvist und dem Stockholmer Germanistikprofessor Gustav Korlén (1915–2014) (1981, 274) ein.15 Der Roman behandelt auf allegorische Weise maritime Pilgerreisen und Plünderungsfahrten von Piraten.16 Der in Schuld verstrickte Protagonist trifft inmitten einer verrohten Schiffsbesatzung einen nach Versöhnung strebenden ehemaligen Geistlichen, der ihm seine von fleischlichen Sünden belastete Lebensgeschichte bekennt. An diesem Setting nimmt Oberholzers Übersetzung einige wesentliche Veränderungen vor. So wird aus dem „avsatt präst“ (1962, 26) 14 „Schweiz och Tyskland vill gärna ge ut ‚Ahasverus död‘ och det samma gäller beträffande Random House“. (Bonniers Arkiv, E1a:180, Brief an Gerard Bonnier 6. 8. 1960). 15 „[M]ycket bra, noggrann och lyhörd“ (Brief 26. 12. 1962, vgl. Oberholzer 1981, 274). 16 Der Roman wurde 2013 als E-Book publiziert, mit dem ‚Nobelpreisgesicht‘ des Autors auf dem Cover. Der antifaschistische Roman Bödeln (Der Henker) wurde 2014 vom jungen Verlag Brombergs (gegr. 1975) wiederaufgelegt. Dass Pilgrim nicht nur ins Englische und Französische, sondern auch ins Polnische, Tschechische, Ukrainische, Spanische, Portugiesische, Italienische übersetzt wurde, legt nahe, dass die Religionsthematik in Ost- und Südeuropa als besondere Schwerpunktsetzung gewürdigt worden ist.

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Abbildung 1: Die beiden Titelbilder des Umschlags von Pilger auf dem Meer (schwedische und deutsche Ausgabe 1962/1963)

ein „abgesetzter Pfaff“ (1963, 35), was Pejorisierung und Indignation verstärkt, Inversionen wie „der Leidenschaften Alltag“ (1963, 175) wirken pathossteigernd und überbieten das schwedische „lidelsens vardag“ (1962, 125). Derartige Intensivierungen streben nach affektiver Beteiligung, die Leser*nnen sollen im hermeneutischen Sinne zu einer „Horizontverschmelzung“ (Gadamer [1960] 2010, 311) veranlasst werden, was Oberholzers akademischer Verortung in der Tradition der Hermeneutik entspricht.17 Im Vorwort seiner Habilitation Pär Lagerkvist (1958) hatte Oberholzer die berühmteste Formel der Hermeneutik vom „Hineinversetzen“ aufgegriffen, da er anhand werkimmanenter Lektüren die deutschsprachigen Leser*innen „in Dichtung und Problemwelt“ Lagerkvists einzuführen suchte (1958, 7). Seine Erfahrung als Übersetzer wirkt sich auf die literaturwissenschaftliche Interpretation unmittelbar aus, d. h. die übersetzerische Tätigkeit nimmt Einfluss auf die akademischen Wissensrahmungen. Oftmals werden in den Blockzitaten, wie zur Markierung einer work-in-progress17 Zu Oberholzers hermeneutisch-biografistischem Profil mag die geistesgeschichtliche Prägung durch seinen akademischen Lehrer Emil Staiger beigetragen haben, der allerdings der zielsprachlichen Gestaltung Vorrang gab und für Übersetzungen in ihrem eigenen Recht plädierte (vgl. Staiger 1955, 138–154). Der Duktus einer ‚Feier‘ der Literatur korrespondiert mit Lagerkvists Pathos.

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Übersetzung, die schwedischen Formulierungen in nachgestellten Klammereinschüben angegeben. Hiermit werden von der Rezeption abhängige Deutungsspielräume ausgewiesen. Eine Rückwirkung der akademischen Vermittlungsarbeit auf die Darbietung der Übersetzung Pilger ist dagegen nicht nachweisbar, denn es liegen keine weiteren Paratexte als der Buchumschlag vor. So verzichtete Oberholzer riskanterweise gerade auf die geistesgeschichtliche Einordnung des erratischen Werks wie er sie in der Habilitationsschrift noch versucht hatte. Ebenso wenig hinterließ seine außerakademische Öffentlichkeitsarbeit Spuren etwa in einer Einführung oder einem Nachwort. Obgleich dieser akademisch nobilitierte intermediary durch seine institutionelle Position die transnationale Ermächtigung zum Übersetzer erlangte, blieben seine Praktiken der Vermittlung vergleichsweise klar voneinander getrennt. Oberholzer bezog Lagerkvists Werk nie in seine Kieler Unterrichtsveranstaltungen ein, sein Verständnis als Übersetzer definierte sich über eine männerfreundschaftliche Koproduktion, die ihn trotz seiner captatio-Rhetorik an einer auratischen Autorschaft teilhaben ließ. Erst durch seine institutionelle Anciennität als journalistischer Berichterstatter und Rezensent konnte sich Oberholzer Gehör beim Autor und den involvierten Verlagen verschaffen, um dann durch den Professorentitel weiteres Renommee zu erlangen. Während er Vermittlungen in drei Ländern institutions- und organisationsübergreifend anstieß und in Personalunion ausführte, stand er besonders für die ideelle und verlegerische Seite ein.18

2.2.

Mobilität oder Immobilität durch Normalisierung? „Unmerkliches“ Übersetzen und Intervenieren – Arvid Brenner und Ingeborg Bachmann

Die zweite Fallskizze stellt heraus, wie Übersetzertätigkeit und literarische Autorschaft eine produktive Verbindung eingehen, sich aber auch im Wege stehen können. Das Genre der Unterhaltungsliteratur, zu dem die literarischen Werke des schwedisch-deutschen Autors und Übersetzers Arvid Brenner (Pseud. für Helge Heerberger, 1907–1975)19 gezählt werden, gerät mit dem Anspruch, ‚repräsentative‘ modernistische Prosa zu übertragen, in Konflikt. Zu Beginn seiner über drei Jahrzehnte dauernden, umfangreichen Übersetzertätigkeit befasst sich 18 An diesem Beispiel fällt auf, dass in der Außensicht auf die drei deutschsprachigen ebenso wie auf die drei festlandskandinavischen Länder deren Zusammenhang wesentlich stärker betont wird als es die in Skandinavien deutliche Trennung der drei nationalen Buchmärkte suggerieren würde. 19 Der heute so gut wie vergessene Autor Brenner, der eine schwedische Mutter und einen deutschen Vater hatte, übersiedelte 1933 aus politischen Gründen von Berlin nach Stockholm. Vermutlich hat seine Erstsprache Schwedisch veranlasst, dass er nicht der Exilliteratur zugerechnet worden ist, wogegen es durchaus stichhaltige Argumente gäbe.

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Brenner abwechselnd mit Schreiben und Übersetzen, behält beide nationalliterarischen Felder im Auge und erklärt die norwegische Schriftstellerin Cora Sandel zu einem wichtigen literarischen Vorbild (vgl. Ahlmo-Nilsson 1972, 2, 59). In den Jahren 1947–1956 schrieb er Beiträge für Idun, eine schwedische Familienzeitschrift aus dem Milieu der bürgerlichen Frauenbewegung. Brenners Erfolgsroman Rum för ensam dam (wörtl. Zimmer für alleinstehende Dame, 1941) wird von seinem Biografen Ingemar Hermansson als „Frauenroman“ eingestuft (1997, 104). Mittels erlebter Rede erzielt Brenner eine intime Figurenpsychologisierung, die subtil mit resümierenden Deutungen der Erzählinstanz verwoben ist.20 Dieses suggerierte Näheverhältnis von Figur und Erzähler mögen Brenner zu der Einschätzung ermutigt haben, sich auch bei der Übersetzung von Bachmanns Prosatext im Verhältnis zur Erzählinstanz nahe an der autobiografischen Stimme der Autorin zu wähnen. Nachkriegszeitgeist Der Höhepunkt von Brenners Übersetzertätigkeit liegt chronologisch nach den aktivsten Phasen seines Autorenlebens. 1963 erlangte er trotz mangelnder Eigenproduktion viel Aufmerksamkeit: Rum för ensam dam wurde bei Bonnier 1963 in der Taschenbuchserie des Buchklubs Svalan (Die Schwalbe) wieder aufgelegt. Im selben Jahr erschien Brenners Übersetzung von Ingeborg Bachmanns Prosasammlung Das dreißigste Jahr (1961) unter dem Titel Det trettionde året (1963) in Bonniers prestigeträchtiger Panache-Serie für übersetzte Literatur. Diese Doppellancierung im Rahmen einer breiter aufgestellten und einer stärker literarischen Buchreihe bedeutet für Brenner nach einer längeren, erfolglosen Phase eine große Anerkennung als Literat und als Übersetzer.21 Die Panache-Serie bestätigt zwar den Vorrang der sogenannten Siegerliteraturen (Begriffsprägung von Bergh 2011, 3), sicherte jedoch langfristig auch die Pflege deutschsprachiger Literatur (21). Brenner wurde nun in einen übergeordneten, politisch und ideologisch aufgeladenen Vermittlungsauftrag eingebunden, der – einschließlich der österreichischen, weniger der schweizerischen Literatur – für die Auseinandersetzung mit zeitpolitischen Fragen stand.

20 Vgl. Staffan Björcks ([1953] 1983, 93–98) Würdigung der szenischen Darbietung und der Figurencharakteristik in Brenners Roman Vintergatan. 21 Der Senior Karl Otto Bonnier (1856–1941) hatte den jungen Brenner mit dem Hinweis auf fehlende Begabung 1933 abgewiesen (vgl. Hermansson 1997, 49).

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Eine andere Andersheit Bachmann, die 1961 den deutschen Kritikerpreis erhalten hatte und somit für eine Übersetzung ins Schwedische kein ökonomisches Risiko mehr darstellte, war in Schweden eine bekannte Schriftstellerin, obwohl sie nicht zu den Hausautor*innen der Panache-Serie gehörte.22 Die Übersetzung von Det trettionde året brachte Brenner mit dem provokativen Modernismus und der widerständigen Ästhetik einer zeitgenössischen Autorin in Kontakt, die zu diesem Zeitpunkt von der Lyrik zur Prosa wechselte. Der in dem Erzählband enthaltene Text „Jugend in einer österreichischen Stadt“ wird oft als zeitgeschichtliche Literatur, wenn nicht gar als autobiografischer Schlüsseltext gedeutet (Albrecht und Göttsche 2013, 112–126). Aus diesem Text soll im Folgenden ein prägnanter Aspekt fiktionaler Mobilität und Lokalisierung, nämlich die raumzeitliche Dynamik des Erinnerns, herausgegriffen werden, die sich in einem Spannungsbogen vom erinnerten „Dort“ (im Hauptteil der Erzählung) zu einem gegenwärtigen „Hier“ (im Schlussabschnitt) zeigt. Der Erinnerungsprozess verfremdet das vormals Nahe und Eigene und bringt es im „Dort“ auf Abstand. Dieses zeiträumlich modellierte Fremdheits- und Erinnerungsthema ist für die übersetzte Erzählung weitaus wichtiger als eine von nationalen Differenzen angeleitete Gegenüberstellung eines fernen „Österreichischen“ mit vermeintlich vertrauten, außertextlichen und textlichen Gefilden der zielsprachigen Lesenden. Sigrid Weigel zufolge wird in „Jugend in einer österreichischen Stadt“ eine gattungsspezifische Erwartung ausgehebelt: Der Text „zitiert zwar die Perspektive autobiografischer Erinnerung – den Gang zurück zum Ort der Kindheit und den Blick zurück –, doch wird dabei das Sinnkonzept der Gattung ausdrücklich negiert: die Annahme nämlich, daß man aus dieser herkunftsbezogenen Erzählung etwas erklären oder begründen könnte“ (2003, 44). Es ist denkbar, dass Brenner seine mäßigenden Eingriffe durch seine Kenntnis von Bachmanns Biografie legitimiert; dies wäre ein adaptierender Akt, der dem – von Weigel herausgestellten – gängigen, reduzierenden Muster der BachmannRezeption folgte (vgl. 2003, 298). Seine Übersetzung arbeitet den Vorgang der nationalen Verortung heraus, d. h. die dargestellten Handlungen, Erinnerungen oder Zustände sind in einem geographisch alteritären Außerhalb angesiedelt. Das Dokumentarische rückt in Brenners Übersetzung zwar nicht in den Vordergrund, aber die Ausgestaltung des ästhetischen Projekts der „bewegungslose[n] Erinnerung“ (Bachmann [1960] 2016, 16 sowie 1963, 17) scheint er nicht konsequent zu verfolgen. Bewegungslose Erinnerung heißt: die Inszenierung 22 Johannes Edfelt hatte Bachmanns Gedichte „Römisches Nachtbild“, „Die gestundete Zeit“, „Die große Fracht“ und „Fall ab, Herz“ übersetzt. Der Roman Malina wurde erst 2009 von Linda Östergaard ins Schwedische übertragen; eine Brief-, Gedicht- und Prosaauswahl erschienen 2012, 2014 und 2016.

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sowie Aktualisierung von Erinnerungen anhand von Ortsbeschreibungen und erinnerten Routen – eine Aktualisierung, die kraft literarischer Imagination überhaupt erst in Gang gesetzt wird. Bei der Übertragung der Schlusszeile, die in einer weitgreifenden Bewegung die imaginäre Entfernung von einem Klagenfurter Platz bis zum Atlantik überwindet, nimmt Brenner beispielsweise folgende Änderungen vor: Nur wenn der Baum vor dem Theater das Wunder tut, wenn die Fackel brennt, gelingt es mir, wie im Meer die Wasser, alles sich mischen zu sehen: die frühe Dunkelhaft mit den Flügen über Wolken in Weißglut; den Neuen Platz und seine törichten Denkmäler mit einem Blick auf Utopia; die Sirenen von damals mit dem Liftgeräusch in einem Hochhaus; die trockenen Marmeladenbrote mit einem Stein, auf den ich gebissen habe am Atlantikstrand. (Bachmann 2016, 16) Bara när trädet framför teatern gör sitt underverk, när facklan brinner, lyckas det mig att se allting blandas, liksom vattnen i havet: begynnelsens dunkla grotta och flygningarna ovan i vitglöd; Nya torget med dess befängda statyer och en utblick mot Utopia; sirenerna från den gången och ljudet av hissen i ett höghus; de torra marmeladsmörgåsarna och en sten jag har bitit på vid Atlantiks strand. (Bachmann 1963, 17)

Die Besonderheit der letzten Zeile besteht darin, dass eine dritte Figur eingebracht wird, die Patiens (nicht aktiv handelnd) ist: ein Stein, von dem in „Jugend in einer österreichischen Stadt“ nicht klar ist, ob er sich im Brotstück befinden könnte, ob sich das Brot in Stein verwandelt hat oder ob der Stein vom Strand aufgehoben und in den Mund gesteckt worden ist. Die am Schluss auftretende Ich-Erzählinstanz beißt auf eben diesen Stein. Die gewählte Konjunktion „och“ („und“) lässt die Überblendung weniger anschaulich hervortreten als die Präposition „mit“ im Ausgangstext („Marmeladenbrot mit einem Stein“, s. o.). Die Ambiguität eines womöglich im Brot befindlichen Steins ist daher in der schwedischen Fassung verschwunden. Eine markante Spezifizierung ist Brenners Verständnis des Neologismus „Dunkelhaft“ als „dunkle Grotte des Anfangs“, als würde auf den Geburtsvorgang und nicht auf den klaustrophobischen nächtlichen Luftschutzraum aus einem Kindheitserlebnis referiert. Paradoxerweise zeichnet sich Brenners literarische Arbeit durch eine häufig erwähnte Zurückhaltung („lågmäldhet“) aus, und auch seine Übersetzungen präferieren eine Unsichtbarmachung des Übersetzers. Dennoch wird Bachmanns tour de force durch eine Kriegskindheit mit ihren düster-grotesken Effekten von Brenner abgefedert. Gegenüber einer Autorin scheint er die symbolische Unterordnung des Übersetzers suspendieren zu können; die geschlechtsmarkierte Konstellation setzt sich also gegenüber der konventionellen Abhängigkeit des Übersetzers vom Autor durch. Wenn in „Jugend in einer österreichischen Stadt“ das poetologische Grundgerüst des Textes verhandelt wird, kommt einmal mehr die Konventionalisie-

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rungstendenz in Brenners Übersetzung zum Ausdruck. Die Begriffspaare Fisch/ Angel, Fuchs/Falle, Feuer/Wasser, Welle/Erdung,23 entweder/oder und schließlich alles/nichts werden im Ausgangstext „Gegenworte[e]“ genannt, ein Begriff, zu dessen Konnotationen „Widerworte“ und „Gegenmittel“ gehören. Brenner entscheidet sich mit „komplementord“ (in etwa „Ergänzungswort“) für eine konzeptuell eigenständige Lösung (Bachmann 2016, 12 sowie 1963, 12). Unter der Maßgabe, dass die Begriffe etwa im Paar Fisch/Angel jeweils eine emergente Einheit repräsentieren können, verblassen in der schwedischen Version Bachmanns Basismuster, in dem sich die Begriffe wechselseitig bedrohen. Brenners zunächst überraschend wirkende Transformation der „Angel“ in einen „Angelhaken“ bezeugt indes, dass ihm der diskursive Mechanismus der gegenseitigen Auslöschung bewusst ist. Mit dem Motiv des Angelhakens wird die gegenständliche Kontiguitätsbeziehung von Fisch und Angelhaken verstärkt, und Patiens und Agens rücken näher aneinander, so dass ein verdeutlichender Eingriff anzunehmen ist. Die ausführlichste Rezension von Det trettionde året in Bonniers Archiv stammt von Thomas von Vegesack (1928–2012), Verleger beim Norstedts Verlag und renommierter Kenner deutschsprachiger Literatur. Von Vegesack beschreibt Brenners Eingriffe als eine Verbesserung des Ausgangstextes;24 es sei dem Übersetzer gelungen, einen Ton zu treffen, den Bachmann nicht erreicht hätte – eine erstaunliche Herabwürdigung des Ausgangstextes. Der Rezensent lobt ebenfalls, dass Brenner auf Bachmanns prätentiöse Stilelemente verzichtet hätte. Eine gewisse Domestizierung des Ausgangstextes erscheint von Vegesack angesichts der Unverhältnismäßigkeit der formalästhetischen Mittel geboten. Ihm zufolge verleiht Brenners Doppeltätigkeit als Autor und Übersetzer diesem die Qualifikation und Legitimation, eine umsichtige Normalisierung des Textes einer ‚nicht ausbalancierten Autorin‘ vorzunehmen: „Den schmalen Grat zwischen dem Überfrachteten und dem angemessenen Ausdruck zu treffen, erforderte ein souveränes Gleichgewicht des Interpretierenden“.25 Brenner scheint den Anspruch eines geschmeidigen Stils aus den eigenen literarischen Arbeiten auf das Übersetzen zu projizieren, womöglich handelt es sich sogar um eine Routine, die in der Retextualisierung Leser*innenfreundlichkeit herstellen soll. Seine Sichtbarkeit in Form von Buchserien stabilisiert seine offizielle Position als intermediary. Brenners eigene literarische Mittel, vor 23 Eine Anspielung auf die Gedichtsammlung von Nelly Sachs Welle und Granit (1947), die Sachs’ sehr freie Übersetzung schwedischer Lyrik u. a. von Lagerkvist enthält. 24 „Arvid Brenner har här lyckats träffa en ton som undgått Ingeborg Bachmann. Det är en imponerande prestation. […]. Det egendomliga är att de ställen som i originalet känns krystade i den svenska översättningen förfaller helt riktiga“ (von Vegesack 1963). 25 „Att träffa just denna mittlinje mellan det överlastade och det riktiga uttrycket kräver en suverän balans av tolkaren“ (von Vegesack 1963).

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allem seine bevorzugten narrativen Verfahren haben mutmaßlich Auswirkungen auf seine Interpretation des übersetzten Bachmann-Textes. Die Recherche-Befunde reichen jedoch nicht aus, um Brenner eine unsachgemäße Popularisierung der Erzählung vorzuwerfen. Die Assoziation mit der Unterhaltungsliteratur wird am stärksten durch die zeitliche und verlegerisch-infrastrukturelle Nähe zum wiederaufgelegten ‚Frauenroman‘ Brenners geschaffen.

2.3.

Aber wo platzieren? Die verhinderte gattungsspezifische Neukontextualisierung am Beispiel von Mara Lees Ladies [Die Makellosen]

Die heute in Schweden bekannte Autorin Mara Lee verfasste Prosa, Lyrik, Essays und literarische Übersetzungen, die als selbstständige künstlerische Leistungen in ihr Gesamtwerk eingehen. Ihr erster Roman Ladies (2007) wurde 2008 ins Dänische und Norwegische übersetzt;26 Übersetzungen ins Finnische, Französische und Deutsche folgten, ohne dass sich die Erwartung eines internationalen Erfolgs erfüllte. In dieser Skizze sollen daher Mobilitätshindernisse eruiert werden. Die kontextualisierenden Handlungen, z. B. bei der Covergestaltung, scheinen widerstreitende Eindrücke hinterlassen und die Genrebestimmung sabotiert zu haben. Die deutsche Übersetzung von Ladies erschien erst 2011, obgleich mit der Übersetzungsarbeit schon kurz nach dem Erscheinen begonnen worden war. In der Vermittlungskette kam es zu Stockungen. Veranlasst durch eine positive Rezension des europaweit erfolgreichen schwedischen Krimiautors Arne Dahl (Pseud. für Jan Arnald, geb. 1963) zeigten mehrere konkurrierende deutsche Verlage Interesse an den Übersetzungsrechten, die von der Bonnier Agency verkauft wurden. Ein Scout machte den Blessing Verlag auf Ladies aufmerksam, woraufhin die Rechte von der Lektorin Marion Kohler erworben wurden. Die von mir interviewte Lektorin Katrin Sorko (Kohlers Nachfolgerin) hatte den Roman kurz zuvor selbst für einen anderen Verlag geprüft, nachdem dort ein positives Gutachten eingetroffen war.27 Sowohl die externe Gutachterin als auch Sorko waren an literaturtheoretischen Fragestellungen interessiert, was die facettenreiche Diskussion um die Gattungszuordnung und die Positionierung des Romans auf dem Buchmarkt beeinflussen sollte. Sorko fand Lees subversive Auseinandersetzung mit der sogenannten chick-lit, einer urbanen Popliteratur für Leserinnen,28 reizvoll und verwendet bewusst den Begriff „Dekonstruktion“ für 26 Der Roman wurde von Bonniers 2012 als E-Book neu aufgelegt. 27 Interview mit K. Sorko am 7. 6. 2017. 28 Chick-lit bezeichnet urbane Popliteratur für junge Leserinnen; als Prototyp gilt Helen Fieldings Bridget Jones’s Diary (1996).

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die Manöver der Infragestellung von Schönheitsidealen: Lees Roman entlarve die Zwänge um den Körperkult und desillusioniere die Erwartung, dass weibliche „Kulturschaffende“ herrschaftsfreie Positionen einnehmen könnten. Im Gegenteil behielten diese den „Objektcharakter“ und die Funktion der „Projektionsfläche“ für ein mächtigeres Gegenüber.29 Der Referenzpunkt chick-lit, der in Dahls wichtiger Rezension auftaucht (s. u.), stiftete offensichtlich Verwirrung: Handelte es sich um einen dezidierten Gegenentwurf oder um eine neuartige Weiterentwicklung? Bevor Sorko die Betreuung von Ladies übernahm, hatte Kohler den Übersetzungsauftrag an die erfahrene Übersetzerin Wibke Kuhn, bekannt durch ihre Übersetzung von Stieg Larssons Millennium-Trilogie (2005–2007), vermittelt. Indem die Lektorin für die deutsche Ausgabe den Titel Die Makellosen wählte und mit einer anspruchsvollen Umschlagillustration kombinierte (Cover von einem Schweizer Team: Jan Knoff/Michelle Corrodi), sorgte sie für eine Platzierung im Segment gehobener Literatur. Kuhns Übersetzung legte Wert auf sprachliche Komplexität,30 wodurch der Standard des unmerklichen Übersetzens (fluency-Ideal) in Frage gestellt wird. Übersetzerin und Lektorin veranschlagten einen unterschiedlichen Bezug zum Zeitgeist: Während Sorko den Optimierungswahn und den Schönheitskult um 2000 herausstellte, richtete Kuhn ihre Aufmerksamkeit eher auf die überzeitliche Dimension. Auf die Titelwahl und die Covergestaltung literarischer Übersetzungen haben in der Regel weder die Übersetzenden noch die Autor*innen Einfluss, sondern der Verlag trifft an dieser Stelle eine nicht zu unterschätzende Entscheidung für den Netzwerkprozess. Das abstrahierend gestaltete Coverdesign für Die Makellosen zielt auf Komposition und Symmetrie und damit auf Kunstreflexion:31 Die filigrane Strukturierung der beiden vom unteren Bildrand hochragenden Libellenflügel hebt sinnfällig die Verschachtelung der Erzählebenen, die konkurrierenden Erzählperspektiven und die sich spiegelnden Komponenten der Figurencharakteristiken hervor. Mit dem bräunlichen Fleck als irritierendem Defekt am Rand der einen Flügeloberseite wird vorweggenommen, dass sich die Modelschönheit als vergänglich erweist. Der für die Covergestaltung gewählte allegorische Bildcode bedient sich keinerlei nationaler Stereotypen und gibt sich dezent, während die drei skandinavischen Cover markantere Reize setzen: Die schwedische32 und die norwegische33 Ausgabe verwenden für das Cover ein Foto 29 30 31 32

Vgl. Mail von Katrin Sorko 24. 5. 2017 sowie Telefonat am 7. 6. 2017. Vgl. Telefonat mit Wibke Kuhn 7. 7. 2017, Mail von Kuhn 8. 7. 2017. https://www.stadtbibliothek.graz.at/index.asp?mediennr=1228247 (Zugriff am 22. Nov. 2019). https://www.albertbonniersforlag.se/Bocker/skonlitteratur-allmant/l/ladies/ (Zugriff am 22. Nov. 2019). 33 Coverdesign: Foto von Johan Petterson. https://www.cappelendamm.no/_ladies-mara-lee9788202282059 (Zugriff am 22. Nov. 2019).

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von Johan Petterson, das den Titel „No Fear“ trägt und auf fast quälende Weise widersprüchliche Affekte generiert: Zu sehen ist der Torso eines leicht bekleideten, schutzlos wirkenden Mädchens auf einer improvisierten Bühne. Die zweite norwegische Auflage (bereits 2009) zitiert das berühmte Man Ray-Foto einer weiblichen Maske in Schwarz-Weiß,34 während die erste dänische Ausgabe eine Disco-Tänzerin in gleißend aufflammendem Licht mit wirbelndem Haar zeigt,35 ein verwischtes Filmstill auf rotem Grund; ihre Silhouette ist verfremdend aus dem Bildzusammenhang herausgeschnitten. Ein eindeutiges Marketing als entweder experimentell anspruchsvoller oder vornehmlich unterhaltender Roman wurde von skandinavischer Seite also nicht vorgenommen. Ladies spielt im schwedisch-französischen Künstler*innenmilieu in Paris und Stockholm und beschreibt anhand der Fotografin und Installationskünstlerin Iris/Siri Bedingungen weiblicher Kunst in einem postmodernen, kunstreflektierenden Diskussionszusammenhang. Wie bereits die Namen der Figuren, Anagramme des Autorinnennamens, verraten, spielt Ladies biografische Facetten und zugleich den Wettstreit der Künste durch: die Galeristin Lea, die Schriftstellerin Laura, die Tänzerin Mia (mit ihrem angeblich chinesischen Aussehen, womit das Umschlagfoto der schwedisch-koreanischen Autorin Lee aufgerufen wird), die sämtliche weiblichen Modelle dominierende Siri. Der Künstlerinnenroman setzt sich wesentlich mit der Ermächtigung zur Autorschaft auseinander, wobei sich die offensichtlichen Bezüge auf Siri Hustvedts What I Loved (2003) eigentlich für das Buchmarketing geeignet hätten.36 Auch Lees Übersetzung Anne Carsons verstärkt das englischsprachige literarische Bezugssystem der Autorin. Das transatlantische Koordinatensystem, das die Intertextualität hier eröffnet, wird erstaunlicherweise nicht genutzt, obwohl die Aktualität queerfeministischer Themen Aufmerksamkeit hätte schaffen können. Noch eine weitere intertextuelle Referenz hätte sich angeboten: Lees Roman veranlasste die Literaturkritikerin Therese Bohman dazu, auf eine analoge Kombi-

34 https://www.cappelendamm.no/forfattere/Mara%20Lee-scid:25638 (Zugriff am 22. Nov. 2019). 35 https://www.dba.dk/ladies-mara-lee-genre-dr/id-1011791226/ (Zugriff am 22. Nov. 2019). 36 Der Name Siri wird als Anagramm für Iris verwendet. Dagegen ist die Weiterführung der Auseinandersetzung mit künstlerischen Sujets des Traumas, wie sie in Hustvedts Roman What I Loved (2003) stattfindet, für Ladies sehr wahrscheinlich. Hustvedt verwendet ebenfalls namentlich ausgewiesene Figurengruppen (Bill, William, Violet, Giles), die im Roman auf die Installationen, Fotos und Videos Bill Violas verweisen. Selbstverletzung und erotisierte Gewaltausübung werden auf mehreren Handlungsebenen ausgestaltet. Siehe auch Hustvedts Roman The Blazing World (2014).

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nation aus Qual und zynischem Entertainment in den umstrittenen Romanen von Michel Houellebecq hinzuweisen (vgl. Bohman 2007).37 Ein Krimiautor als Gatekeeper? In seiner enthusiastisch positiven Rezension bezeichnet der im deutschsprachigen Raum prominente Krimiautor und Kritiker Arnald/Dahl Ladies 2007 als „högkvalitetsroman“, d. h. als anspruchsvolles, hoch-literarisches Werk. Genau diese Formulierung wird auf der Rückseite der deutschen Ausgabe abgedruckt: „‚Ein zutiefst packender Roman von höchster Qualität‘. (Arne Dahl)“. Dies sichert Aufmerksamkeit, ohne dass Dahls Assoziation mit skandinavischer Kriminalliteratur explizit gemacht würde. Ladies strebt laut Dahl eine Transformation der chick-lit in eine neue Gattung an. Im zweiten Abschnitt seiner Würdigung nennt er einige Merkmale, die von der chick-lit klar abwichen, wie eine subtile und experimentelle narrative Struktur und eine reiche Figurenpsychologie (vgl. Arnald/Dahl 2007). Bei seiner Wertschätzung der erotischen und melodramatischen Gehalte, die mit dem chick-lit-Genre korrespondieren, bedient sich der Rezensent vielsagend an dem Wortschatz, der in der dargestellten Welt von Ladies für die Kurzbiografie der Schriftstellerin Laura verwendet wird. In einer fingierten Laudatio heißt es nämlich, dass diese fiktive Autorin den Grad zwischen Pornografie und Melodram mit großer Präzision passiere und sich „einer schmerzlich schönen und erotisch gesättigten Choreografie“ (Lee 2007, 310 und 2011, 262) bediene.38 Dahl gibt zu verstehen, dass er in der Figur Lauras ein kaum getarntes Porträt der realen Autorin identifiziert hat. Obwohl er für eine queere Lesart wirbt, bescheinigt er – indem er Intrigen, Spannung, Geheimnisse und blutigen Ernst in Aussicht stellt – dem Werk doch so viel konventionelles Sensationspotenzial, dass er die Lesenden dazu verleitet, Ladies irrigerweise in der Nähe seiner eigenen Romane und Krimis anzusiedeln. Unter Umständen erwies sich die Multiplikatorrolle Dahls als riskant, was unbeabsichtigt dazu beigetragen haben könnte, dass die Platzierung von Die Makellosen auf dem deutschen Buchmarkt kompliziert blieb: Das Werk konnte mit Hilfe der intertextuellen Gattungsbezeichnung nicht als Anti-chick-lit positioniert werden, denn es war offenbar nicht möglich, diesen Roman an etablierte Rezeptionsmuster anzuschließen. Obwohl mehrere Akteur*innen intentional am Transfer beteiligt waren, wurde nur eine kurzfristige Mobilisierung erreicht. Dahl/Arnald

37 Es stellt sich die Frage, ob ein Vergleich mit dem skandalträchtigen Houellebecq der deutschsprachigen Rezeption nicht mehr gerichtete Schubkraft verliehen hätte als Dahls/ Arnalds Artikel. 38 Die Choreografie spielt auf die Figur der Tänzerin Mia an.

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hätte sich als Gewährsmann für intertextuelle Komplexität allerdings auch kaum geeignet.

2.4.

Selbstbewusste und eigenverantwortliche Mobilisierung: Aimée Delblancs schwedische Übersetzung Tornet von Uwe Tellkamps Der Turm

Das vierte Beispiel ermöglicht eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Deund Rekontextualisierung bei der Literaturübersetzung. Da die Lektüre eines historischen Romans genrespezifische Wissensrahmungen erfordert, müssen die übersetzerisch tätigen Vermittler*innen zusätzliche Aufgaben übernehmen. Die schwedische Übersetzung von Uwe Tellkamps Roman Tornet. En historia från ett sjunket land (2011) von Aimée Delblanc, einer ausgewiesenen Expertin für DDRLiteratur sowie Post-Wende-Romane, stieß in Schweden auf reges Interesse.39 Die in Stockholm und Berlin lebende Delblanc (geb. 1944) machte den Bonniers Verlag 2008 darauf aufmerksam, dass Der Turm (2008) den Deutschen Buchpreis erhalten hatte und konnte so den Übersetzungsauftrag anbahnen, den sie wenig später erhielt. Die Rechte hatte der Verlag bereits eingekauft. Von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen erhielt Delblanc 2010 ein Stipendium für einen Dresden-Aufenthalt und lernte dort den Autor und die Romanschauplätze kennen. Das stoffliche und stilistische Aufgebot des Romans (961 Seiten im Schwedischen, 973 Seiten im Deutschen) ist umfassend; Intertextualität, explizite und implizite Verweise auf beispielsweise E.T.A. Hoffmanns und Thomas Manns Werke avancieren in der Literaturkritik zu einem eigenen Themenschwerpunkt und Bewertungsmaßstab. In der Übersetzungstheorie gilt Intertextualität als eine auf exemplarische Weise herausfordernde Aufgabe, bei der es, unabhängig von dem gewählten Verfahren, notwendigerweise zu einer Neukonzeption und Neukontextualisierung des ausgangs- und zielsprachlichen Textes kommt. Im Turm bringen vielfältige Hinweise auf E.T.A. Hoffmann und sein Werk eine intertextuelle Relation zusätzlich zur lokalhistorischen Referenz ins Spiel. Schon in der Roman-„Ouvertüre“ wird von einem Sandmann gesprochen, der auf die gleichnamige Novelle Hoffmanns verweist. Ein besonderer Reiz dieser motivthematischen Überblendung besteht darin, dass sich zu dieser klassischen An39 Delblanc erhielt 2018 das Bundesverdienstkreuz für ihre Übersetzungsleistungen, 2017 den Übersetzerpreis der Svenska Akademien und hat für verschiedene Verlage u. a. Elfriede Jelinek, Christa Wolf (2011), Bernhard Schlink, Lutz Seiler (2015/16), Eugen Ruge (2011/2016) und Katja Petrowskaja ins Schwedische übersetzt. Im Bonniers Verlag sind drei ihrer Übersetzungen erschienen. Von 2008 bis 2012 war Delblanc Leiterin des Instituts für Übersetzung an Södertörns högskola, Stockholm, von 2005–2012 war sie für die Hochschulklasse für literarisches Übersetzen aus dem Deutschen verantwortlich (Lehre und Gestaltung).

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spielung das ehemalige DDR-Fernseh-Sandmännchen hinzugesellt. Delblanc vermerkt in ihrem Glossar zuerst zu Hoffmann: „[E.T.A.] Hoffmann spielt im Turm eine große Rolle, tritt als Intertext auf. Die Hauptfigur beispielsweise heißt Christian Hoffmann“40 und weist auf die adaptierte Aufführung des Textes Der goldene Topf am Romanende hin.41 Der anschließende Eintrag lautet: „John Blund [Eigenname für das schwedische Sandmännchen, AW], Fernsehserie in der DDR für Kinder“ (Tellkamp 2011, 465).42 Durch die Benennung „John Blund“ stellt Delblanc eine konkrete Anknüpfungsstelle für schwedische Leser*innen her, was einer übersetzerischen Einbürgerung entspricht.43 Auf diese Weise lässt sich Nähe im Sinne einer Kontiguitätsbeziehung herstellen, die eine konzeptuelle, nicht vornehmlich sprachliche Dimension betrifft (vgl. Ziem 2008, 253). Um Anschlussfähigkeit zu erreichen, wird die semantische Differenz verringert und den Rezipient*innen eine Verwandtschaft oder Familienähnlichkeit angeboten. Das Buch enthält zudem ein Glossar, dessen 52 Einträge sich, von der Allgemeinen Polytechnischen Einheitsschule bis zu slawischsprachigen Lehnwörtern, auf landeskundliches Orientierungswissen zur DDR-Alltagskultur beziehen. Aus der Perspektive junger deutschsprachiger Leser*innen könnte ein Glossar zum DDR-Sprachgebrauch und den historischen Ereignissen inzwischen sogar eine wertvolle Handreichung sein. Delblanc merkte im Interview an, dass bei einer Neuauflage von Tornet eher digitale Ressourcen wie Verlinkungen von Stichwörtern im Haupttext zu bevorzugen wären, eine ganz andere Art des Paratextes, der die interpretatorischen Grundlagen der Übersetzenden in viel geringerem Maße offenlegen würde als die Erläuterungen und Kommentare im aktuellen Glossar von Tornet, die der Übersetzerin den Status einer zusätzlichen extradiegetischen Erzählinstanz verleihen. Vor allem übernimmt Delblanc wesentliche Aufgaben der Geschichtsvermittlung. Sowohl die Glossargestaltung als auch die Spracharbeit und der hybride Stil der schwedischen Ausgabe werden aber erst durch den ästhetischen Freiraum ermöglicht, der Delblanc aufgrund ihrer Nobilitierung durch nationale Preise, der leitenden Position in der schwedischen Übersetzer*innenausbildung und den daraus erwachsenen Ressourcen zuerkannt wird.

40 „[E. T. A.] Hoffmann spelar en stor roll i ‚Tornet‘, finns med som intertext. Så heter till exempel huvudpersonen Christian Hoffmann“ (2011b, 964–65). 41 Während der Begriff Intertext unerschrocken verwendet wird, ist der Umstand, dass das Theaterstück eigentlich auf einem Prosatext basiert, vereinfacht worden. Zu Thomas Mann gibt es keinen Eintrag im Glossar. 42 „John Blund, teveserie för barn i DDR“ (2011, 465). 43 Siehe Venutis Begriff der „domesticating translation“. Delblanc entscheidet sich aber dagegen, einen schwedischen/skandinavischen ‚Vergleichsautor‘ zu nennen, um den Lesenden im Sinne der Funktionsäquivalenz eine entsprechende Positionierung anzubieten.

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Vorgestellte Verortungen und materielle Distribution von Texten Die Herstellung von Intertextualitätsbeziehungen ist ein wesentliches Anliegen des Romans Der Turm. Als Monumentalprojekt strebt er eine möglichst weite Ausdehnung des Netzes aus Referenzwerken an, wofür explizite und implizite Referenzverfahren gleichermaßen geeignet sind. Intertextualität durchdringt auch die dargestellte Welt selbst. Die Belesenheit der bildungsbürgerlichen Dresdner Elite offenbart sich vor allem in den Dialogen, in denen die kommunizierenden Charaktere wiederum den Kanon ihrer Gesprächspartner*innen adressieren. Dies stellt Delblanc im Anhang von Tornet durch den Zitatnachweis zu fünf Autoren heraus (Shakespeare, Mandelstam, Jessenin, Goethe, Platon), deren schwedische Übersetzungen sie herangezogen hat (vgl. 2011a, 971). Hiermit wird eine Kanonvernetzung etabliert. Intertextuelle Relationen werden auch mittels Wissensrahmungen geschaffen, die zeitpolitische Ideologeme in Umlauf bringen. Die Anspielung auf die Widerstandsaktion der Weißen Rose an der Münchner Universität 1943 ist im Wirbelsturm der Papiere zu Walpurgis in einer Weise neu kontextualisiert, dass sie nicht allein zitathaft funktioniert, sondern zugleich eine Parallelität der NaziDiktatur und des DDR-Regimes vorführt: papper virvlar upp, papper, de gamla akterna som framställts som dokumenten från statens grundande, pappersbladsstorm, bladvirvlar ner i ljusgården, från balustrader med bladväxter och plastvattenkannor. (Tellkamp 2011, 958–59) Papier wirbelt auf, Papier, die alten, als Gründungsdokumente gehandelten Akten, Blättersturm, Blättertoben den Lichthof hinab, von den Galerien mit Blattpflanzen und Plastgießkännchen. (Tellkamp 2007, 970)

Der Lichthof, das Signalwort für die Beschwörung der historischen Kulisse, wird im Romantext als ein imaginärer Ort inszeniert, an dem sich zwei deutsche Diktaturen auf metaphorische Weise berühren. In einem kurzen Aufblitzen erscheinen DDR-Bürgerrechtsbewegung und antifaschistischer Widerstand als Analogien. Wird hier auch auf den Moment angespielt, als die Stasi-Archive ‚gestürmt‘ wurden?44

Wissensrahmungen Die schwedische Benennung des Funktionärsviertels Ostrom mit Östrom streicht die Mitbedeutung Dresdens als „Ost-Rom“ des sowjetischen Machtbereiches klar heraus, während in der deutschen Bezeichnung eine ambige Bedeutung erhalten bleibt, falls die Lesenden den Spitznamen Ost-Rom nicht kennen sollten. Be44 Beide Sprachen lassen zu, mit dem Blättersturm auch einen Bildersturm zu assoziieren.

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zeichnenderweise ging Tellkamp selbst davon aus, dass westdeutsche Leser*innen den Turm wie einen Roman über ein „fremdes Land“ lesen würden (vgl. Kalmteg 19. 5. 2011). Vielleicht ermutigt diese Alteritätszuschreibung die schwedische Leserschaft dazu, sich auf Augenhöhe mit anderen europäischen Leser*innen zu wähnen, oder die Alterität kann gerade eine verlockende exotistische Attitüde anbieten, vielleicht sogar im Sinne einer transnationalen ‚Ostalgie‘.45 Der geschichtliche Hintergrund des Romans erfordere keine umfassenden Kenntnisse, beruhigt der schwedische Rezensent Martin Lagerholm (2008) und behauptet in werbender Absicht Barrierefreiheit für die schwedische Leserschaft. Den historischen Ereignissen komme vornehmlich die Aufgabe zu, Orientierungsangaben für die Leser*innen bereitzustellen. Da ein solches Zurechtfinden aber nur möglich ist, wenn diese in der Lage sind, ein eigenes Netz von Verweisen aufzubauen, betont Lagerholms Lesart das Atmosphärische vor dem Dokumentarischen. Delblancs Übersetzung legt jedoch Wert darauf, beide interpretatorischen Dynamiken im Gleichgewicht zu halten. Andreas Ziem wirft in seiner Monografie über frames46 und sprachliches Wissen die Frage auf, wo das für das Sprachverständnis und für Übersetzung und Interpretation relevante Wissen anzusiedeln ist. Die Annahme, es sei in den Leser*innen vorhanden und würde eben nur beim Lesen aufgerufen, hält Ziem für überholt. Die Wissenseinheiten manifestieren und etablieren sich erst im Laufe der Lektüre. Auch das Lektüreerlebnis von Tornet führt zu einer Transformation der Wissensrahmungen: „Ändert sich der Kontext, ändern sich die aktivierten ‚mental spaces‘. Inferenzen müssen […] nicht unidirektional verlaufen […]: Vielmehr können aktualisierte Wissenselemente in der Zieldomäne auch zu Veränderungen der Quelldomäne führen“ (Ziem 2008, 379). Zielsprachliche und ausgangssprachliche Texte können durch ihre dynamische Kooperation die Rezeptionsgeschichte bestimmter Werke umschreiben. Fasst man Texte, Paratexte und Intertexte als Mittler auf, tritt eine immense Komplexität stimulierter Netzwerkbildungen hervor. Wie aber einzelne interagierende, literarische Texte eigenständige und unerprobte Wissensrahmungen stiften und allmählich ausbauen wäre noch genauer zu erforschen. Wie die Ausführungen von Heike Paul zur Vermittlung und Aneignung von Uncle Tom’s Cabin nahelegen, stellen sich Intertextualitätsbeziehungen im Zeichen kultu45 Während das deutsche Wort Ostrom sich in einer geographischen Verortung und einer allegorischen Projektion (auf eine historisch-politische Topographie) zugleich entfaltet, richtet das schwedische Wort Östrom unmittelbar mehr Aufmerksamkeit auf die „Macht des östlichen Reiches“ (vgl. Delblanc 2011b, 965). 46 Frames sind „konzeptuelle Wissenseinheiten, die sprachliche Ausdrücke beim Sprachverstehen evozieren, die also Sprachbenutzerinnen und Sprachbenutzer aus ihrem Gedächtnis abrufen, um die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks zu erfassen“ (Ziem 2008, 2).

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reller Mobilität neu dar. Pfade von Mobilisierungen, die Paul als labyrinthisch, eklektizistisch, verletzlich und unvorhersehbar bezeichnet (vgl. 2010, 157), formen bereits rezipierte und aktuell gelesene Texte um.

3.

Auswertung

Textliche Mobilisierungen zu untersuchen heißt, bei der Rekonstruktion der Handlungsketten und Verflechtungen die Akteur-Netzwerk-Einheiten stärker zu gewichten als die Tätigkeiten der personalen Akteur*innen bzw. intermediaries. Weder die intentionalen noch die nicht-intentionalen Anteile lassen sich herauslösen und isoliert untersuchen. Die Analyse der Produktion, der Kommunikationsmittel und Selbstaussagen ermöglicht eine Einbeziehung von Medien und Objekten und stellt unterkomplexe Vorstellungen zielgerichteten Handelns in Frage. Um den Verzweigungen von Entscheidungswegen und Netzwerkprozessen auf die Spur zu kommen, sind dichte Beschreibungen, wie Latour sie befürwortet und ein „Detailrealismus“ (Werberger 2012, 123) unerlässlich. Archivsituation, Forschungsstand, personalhistorische Vergleichskategorien, paarweise aufgebaute Fallgruppen, Bourdieu-Terminologie, Interviews47 und der verlagshistorische Horizont der Studie – dies alles verstärkt die klassische Akteurszentrierung. Um aber die Anbahnung von Übersetzungen und deren interpretatorische Vorentscheidungen eingehender untersuchen und die „materiellmediale Handlungsinitiative“ (Schüttpelz 2013, 16) identifizieren zu können, muss diese Phase durchlaufen werden. Die Mobilisierung von Objekten, Medien oder auch Ideen wird selten bei der Materialsichtung greifbar, sie tritt meist erst in größeren Sinnzusammenhängen der Fallbeispiele retrospektiv hervor: Ad 1: Der zum Teil privat motivierte Verbund aus Akteuren wies dem Übersetzer Oberholzer eine Dienstleistungsfunktion zu, die postalisch oder telefonisch – ermächtigend oder entziehend – reguliert wurde (siehe Briefe und Protokolle der Bonniers-Vertreter). Die Objektfunktion wurde u. a. von Honoraren oder Geschenken übernommen, die ebenfalls Handlungsinitiative aufweisen, wie etwa die Literaturgeschichte, die Anweisungen für eine Präsentation Lagerkvists geben sollte. Dass Oberholzer mit dem Ideenroman Pilger eine Weltanschauung und eine erratische Gattung in Bewegung versetzen wollte, führte wohl zu einer gewissen Überforderung der Rezipient*innen. Ad 2: Der hier wiederentdeckte Übersetzer und Exilautor Brenner wird erstmalig in einem Bedingungszusammenhang zwischen übersetzerischer und Eigen-Produktion betrachtet. Er erhielt vor allem institutionell, über bestimmte literarische Formate (Buchreihen) sowie über seine angeblich einzigartige 47 So auch bei Hennon und Méadel (2013).

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Handhabung der erlebten Rede Repräsentanz. Die Frage, ob Brenner eine Anpassung von Bachmanns Erzählung vornahm, weil seine eigenen figurenpsychologischen Gestaltungsmittel zum Tragen kamen, oder weil er Leser*innen von Unterhaltungsliteratur (mit)ansprechen wollte, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Die symbolische Unterordnung in der Autor*in-Übersetzer*in-Relation verlagert sich hier von der Kategorie ‚Urheberschaft‘ auf die Kategorie ‚Geschlechterordnung‘. Ad 3: Im Vorfeld der Übersetzung von Lees Ladies gelangten viele der Involvierten zu unterschiedlichen Auffassungen bei der Gattungszuordnung; die Begriffsprägung Anti-chick-lit erschwerte es, einen gemeinsamen Kampf für das Buch zu führen und schränkte die Entfaltung von Intertextualitätsrelationen merklich ein. Das insgesamt überraschend vielfältige bis widersprüchliche Buchcover-Design bestätigt eine separate Ansprache nationalsprachlicher Zielgruppen. Die Archivlage ließ nicht zu, Werbematerialien, Annotationen oder Mails auszuwerten oder die Einflüsse der digitalen Technologie auf die Anbahnung und Anfertigung der Übersetzung abzuschätzen, um die Materialität in den Netzwerkschritten in den Blick nehmen zu können.48 Ad 4: Die mit Ressourcen und Anciennität ausgestattete Übersetzerin Delblanc befreit sich bei ihrer schwedischsprachigen Adaption literarischer Intertextualiätsbeziehungen von Vorstellungen der Funktionsäquivalenz oder Wiedererschaffung. Im Glossar tritt sie als zusätzliche Erzählinstanz auf und legt die Notwendigkeit der Etablierung von Wissensrahmungen während der zielsprachlichen Lektüre offen. Der Mehrfachbelegung der Intertexte als potentielle Akteure, Medien, Objekte oder Ideen steht also eine starke personale Vermittlerin gegenüber, die sich als Ko-Autorin begreift. Als charakteristische Objekte sind die von Delblanc besuchten Dresdner Schauplätze zu nennen. Literarische Übersetzungen sind infolge der De- und Re-Kontextualisierung durch markante Transformationen charakterisiert, die sich gravierend auf das Spektrum potentieller Handlungsinitiativen der übersetzten Texte auswirken. Dieses Spektrum verengt sich allerdings, sofern die intermediaries ressourcenarm (u. a. die Bourdieuschen Kapitalarten betreffend sowie bezüglich der kooperierenden Institutionen) arbeiten. Dabei erweist sich Prosa als besser zu mobilisierende Gattung als Lyrik oder Drama; diese Tendenz findet in der fluency-Konvention einer widerstandslos konsumierbaren Literatur, die sich gut für die E-Book-Adaption eignet, noch eine Steigerung. Die transnationale Profilbildung, die in Ausrichtung auf das deutschsprachige Lesepublikum stattfindet, trägt möglicherweise sogar mit dazu bei, dass die innerskandinavischen Buchmarktgrenzen bekräftigt werden. 48 Selbst die unterschiedlichen Versionen der lektorierten und wieder überarbeiteten Übersetzung sind ebenso wie im Delblanc-Tellkamp-Beispiel nicht einsehbar.

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Das Buchmedium selbst nimmt eine Zwischenstellung ein, was die Einordnung als Objekt oder Akteur betrifft. Auf der Rezeptionsseite ist ein breites Spektrum an medialen Verwirklichungen und Handlungsoptionen möglich, so dass eine Ausstattung mit Handlungsinitiative angenommen werden darf. Ein übersetztes Werk kann von einer Leser*innengemeinschaft unvorhersehbar entfaltet werden (vgl. Hug 2016).49 Exemplarisch für diese Deutungsvielfalt und parallele Dissemination stehen die intertextuell profilierten Beispiele 3 und 4, die Herausforderungen sowohl bei der Vermittlung der Gattungszuordnungen als auch der Bereitstellung von Wissensrahmungen illustrieren. Ein Buch kann weder allein dinghaft noch als soziotechnisches Einzelmedium untersucht werden; es ist immer Zeichenträger und Zeichen zugleich. Durch seine Zeichenhaftigkeit ist es in der Lage, als Text diskursiv Mobilitätsphänomene zu reflektieren – wie die close reading-Proben gezeigt haben – und diesbezügliche Konzepte in Bewegung zu halten. Die Buch-Leser*in–Interaktionen und das multiple Rezeptionsgeschehen sind mit dem berühmtesten Beispiel der ANT, dem sich wechselseitig ermächtigenden Verbund aus Mensch und Waffe als Hybrid-Akteur, nur bedingt vergleichbar. Intertextuelle Entfaltungen von Lektüren, in ihrer unüberschaubaren bis rhizomatischen Verlaufsstruktur, bilden eine extreme Form von simultan oder nachzeitig bestehenden und verwirklichten Handlungsoptionen im Umgang mit übersetzten Texten. Textliche Mobilisierungen scheitern nicht an nationalsprachlichen oder kulturellen Grenzen, sondern daran, dass Ressourcen nicht ausreichen oder laufenden Netzwerkprozessen keine Energie mehr zugeführt wird. Diese Stockungen können allerdings durchaus in den Machtverhältnissen der jeweiligen Nationalliteraturen sowie den Sprachenhierarchien begründet sein. Im Gegenzug können verstetigte Mobilisierungen die Bereitstellung von Ressourcen erleichtern und zugleich Infrastrukturen und institutionelle Knotenpunkte wie den Bonniers Verlag konsolidieren. Durch die heutige Statuserhöhung von Übersetzer*innen könnte sich schließlich auch deren Handlungsmacht und sogar deren ‚Intentionalitätenrepertoire‘ erweitern, auch wenn im literarischen Transfer weiterhin Pfadabhängigkeit und Kontingenz über vermeintlich planbar-zielführende Verläufe dominieren. Damit Texte in Form von Übersetzungen überhaupt für längere Zeit transnational zirkulieren können, sind intermediaries auf personale Allianzen und die Infrastrukturen von Institutionen/Organisationen angewiesen. Es gilt, entsprechende Netzwerkprozesse zu verstetigen, um die nationalsprachlichen und die 49 Den Hinweis auf diesen Roman, der die ANT idealtypisch zu illustrieren scheint, sowie weitere Anregungen verdanke ich Robert Leucht, Universität Lausanne. Bezeichnenderweise wird in Hugs Text die Subjektzentrierung bei der Darstellung des Netzwerkverlaufs nicht aufgegeben!

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nationalen Buchmarktgrenzen zu passieren und weitere Anknüpfungsmöglichkeiten für zukünftige Handlungsinitiaven bereitzustellen. Dass die intermediaries vor allem eine institutionell/organisatorisch dienende Funktion übernähmen, wie Greenblatt annimmt (2010, 251), bestätigt sich nicht, sondern sie müssen sich in den jeweils produktiven Akteur-Netzwerken vor jedem Arbeitsschritt erst auf die anderen Netzwerkeinheiten abstimmen. Die gemeinsamen Ziele sind Verhandlungssache und können meist erst im Nachhinein klarer benannt werden. Der Angebotscharakter intertextueller Referenzen (im Sinne von ‚affordances‘)50 erweist sich als sehr folgenreich für die Positionierung und Neukontextualisierung der Übersetzungen in den zielsprachlichen literarischen Feldern. Textliche und kulturelle Mobilitätshandlungen liegen einerseits der Mobilität von Ideen und Konzepten zugrunde, andererseits lassen textliche und kulturelle Mobilität die bisher vorausgesetzten Wissensrahmungen oft erst hervortreten und machen uns so bewusst, welche Neukonzeptualisierungen stattgefunden haben.

Dank Bei den Interviewten und Informanten bedanke ich mich herzlich für die Bereitschaft mitzuwirken sowie für inspirierende und lehrreiche Gespräche.

Abbildungsnachweis Abbildung 1: Pär Lagerkvist. 1962. Pilgrim på havet. Stockholm: Bonniers; Pär Lagerkvist. 1963 und Pilger auf dem Meer. Übersetzt von Otto Oberholzer. Zürich: Die Arche. Private Aufnahme der Verfasserin.

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Antje Wischmann

Werberger, Annette. 2012. „Überlegungen zu einer Literaturgeschichte als Verflechtungsgeschichte.“ In Kulturen in Bewegung. Beiträge zur Theorie und Praxis der Transkulturalität, herausgegeben von Dorothee Kimmich und Schamma Schahadat, 109–142. Bielefeld: transcript. Ziem, Andreas. 2008. Frames und sprachliches Wissen. Kognitive Aspekte der semantischen Kompetenz. Berlin/New York: De Gruyter.

Sonstige Quellen Bonniers Arkiv, Centrum för Näringslivshistoria: Konvolut 1954–59 sowie Konvolut 1960– 74, E1a:180, plac. 2046 [zu Pär Lagerkvist]; Rezensionen aus der schwedischen Tagespresse zu Ingeborg Bachmann. Det trettionde året. [Umschläge aus den Jahren 1961 u. 1963]. Interviews: mit Lars Kleberg am 15. 2. 2017 in Stockholm, mit Aimée Delblanc am 9. 6. 2017 in Stockholm sowie am 19. 6. 2017 telefonisch, mit Katrin Sorko am 7. 6. 2017 telefonisch, mit Wibke Kuhn am 7. 7. 2017 telefonisch, mit Wolfgang Butt am 8. 8. 2017 telefonisch. Mails: von Karl-Axel Daude 13. 2. 2017, Lars Kleberg 15. 2. 2017, Katrin Sorko 24. 5. 2017, Marion Kohler 26. 6. 2017, Anna Zeuthen (Bonniers Arkiv) 6. 7. 2017, Wibke Kuhn 8. 7. 2017, Aimée Delblancs Mail an Eva Bonnier 9. 3. 2012.

Zukünfte von Mobilität / Futures of Mobility

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Beiträgerinnen und Beiträger

Alexandra Ganser ist Professorin für Amerikanistik an der Universität Wien, Key Researcher und Faculty Member im FWF doc.funds-Projekt Cultural Mobility Studies und seit 2018 Leiterin der Forschungsplattform Mobile Cultures and Societies. Annegret Pelz ist Fellow am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald, Professorin i. R. des Instituts für Germanistik der Universität Wien, Key-Researcher der Forschungsplattform und Faculty Member im FWF doc.fundsProjekt Cultural Mobility Studies. Bis 2018 war sie Leiterin der Forschungsplattform Mobile Cultures and Societies. Syntia Hasenöhrl ist Doktorandin des Plattform DOC-teams Articulating ‚Mobilisation‘. Subject-Formation in Mediates Mobilities der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) im Fach Politikwissenschaft. Roman Kabelik ist Doktorand des Plattform DOC-teams Articulating ‚Mobilisation‘. Subject-Formation in Mediates Mobilities der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) im Fach Germanistik. Barbara Maly-Bowie ist Doktorandin des Plattform DOC-teams Articulating ‚Mobilisation‘. Subject-Formation in Mediates Mobilities der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) im Fach Anglistik. Petra Dannecker ist Professorin für Entwicklungssoziologie am Institut für Internationale Entwicklung der Universität Wien, Key Researcher der Forschungsplattform Mobile Cultures and Societies und Faculty Member im FWF doc.funds-Projekt Cultural Mobility Studies Birgit Sauer ist Professorin für Politikwissenschaft am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien, Key Researcher der Forschungsplattform Mobile

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Beiträgerinnen und Beiträger

Cultures and Societies und Faculty Member im FWF doc.funds-Projekt Cultural Mobility Studies. Alev Çakir ist seit 2018 Forscherin am Migration Research Cluster der University of California, Davis, USA. Von 2015–2018 war sie Doktorandin der Forschungsplattform im Fach Politikwissenschaft. Katharina Fritsch ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Donau-Universität Krems im Forschungsprojekt Digitalizing Youth Politics. Von 2014–2018 war sie Doktorandin im Forschungsprojekt Popular Culture in Translocal Spaces, Institut für Afrikawissenschaften der Universität Wien. Birgit Englert ist Assoziierte Professorin am Institut für Afrikawissenschaften und stellvertretende Leiterin der Forschungsplattform Mobile Cultures and Societies und Leiterin des FWF-Projektes Populärkultur in translokalen Räumen. Franz Eybl ist a.o. Professor i. R. am Institut für Germanistik der Universität Wien und assoziiertes Mitglied der Forschungsplattform Mobile Cultures and Societies im Projekt Constituting Global Convivence. Album – Collection Book – Portable Archive. Viktoria Metschl ist freie Kuratorin und Publizistin mit Schwerpunkt Algerisches Kino. Von 2015–2018 war sie Doktorandin der Forschungsplattform Mobile Cultures and Societies im Fach Theater-, Film- und Medienwissenschaften. Marianne Windsperger ist seit 2018 Forschungsassistentin am Wiener Simon Wiesenthal Institut (VWI), Gründungs- und assoziiertes Mitglied der Forschungsplattform Mobile Cultures and Societies im Projekt Constituting Global Convivence. Album – Collection Book – Portable Archive. Philipp Wagner ist Universitätsassistent im Fach Skandinavistik der Universität Wien und assoziiertes Mitglied der Forschungsplattform Mobile Cultures and Societies. Christian Wimplinger ist Universitätsassistent im Fach Germanistik der Universität Wien und assoziiertes Mitglied der Forschungsplattform Mobile Cultures and Societies. Antje Wischmann ist Professorin für Skandinavistik an der Universität Wien und assoziiertes Mitglied der Forschungsplattform Mobile Cultures and Societies.

Beiträgerinnen und Beiträger

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Mimi Sheller ist Leiterin des Center for Mobilities Research & Policy am Department of Sociology der Drexel University, USA und institutionalisierte Kooperationspartnerin der Forschungsplattform Mobile Cultures and Societies. Kirsten Rüther ist Professorin für Geschichte und Gesellschaft Afrikas am Institut für Afrikawissenschaften, Key Researcher und Faculty Member im FWF doc.funds-Projekt Cultural Mobility Studies und 2019/20 Interimsleiterin der Forschungsplattform Mobile Cultures and Societies.