Mitbestimmungsgesetz: Kommentar mit Textausgabe der Wahlordnungen [4. neubearb. Aufl. Reprint 2020] 9783110894943

Die Neuauflage berücksichtigt insbesondere die einschneidenden Änderungen durch das Betriebsverfassungsreformgesetz vom

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Mitbestimmungsgesetz: Kommentar mit Textausgabe der Wahlordnungen [4. neubearb. Aufl. Reprint 2020]
 9783110894943

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Raiser Mitbestimmungsgesetz de Gruyter Kommentar

Raiser

Mitbestimmungsgesetz Kommentar Mit Textausgabe der Wahlordnungen

4., neubearbeitete Auflage von Thomas Raiser

W G DE

RECHT

De Gruyter Recht • Berlin 2002

Professor Dr. Thomas Raiser Juristische Fakultät H u m b o l d t - U n i v e r s i t ä t zu Berlin

Zitiervorschlag: z. B. Raiser M i t b e s t G , § 6 Rn 48

G e d r u c k t auf s ä u r e f r e i e m Papier, das die US-ANSI-Norm ü b e r H a l t b a r k e i t e r f ü l l t .

ISBN 3 - 8 9 9 4 9 - 0 0 0 - 2 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in d e r Deutschen N a t i o n a l b i b l i o g r a f i e ; d e t a i l l i e r t e b i b l i o g r a f i s c h e Daten sind i m I n t e r n e t über abrufbar.

© Copyright 2002 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, D - 1 0 7 8 5 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung a u ß e r h a l b der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist o h n e Z u s t i m m u n g des Verlages unzulässig u n d strafbar. Das gilt insbesondere f ü r Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen u n d die Einspeicherung u n d Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Berlin Datenkonvertierung: WERKSATZ Schmidt & Schulz G m b H , Gräfenhainichen

Vorwort zur 4. Auflage Seit dem Erscheinen der 3. Auflage im Jahr 1998 wurde das Mitbestimmungsgesetz zweimal einschneidend geändert. Das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 hat wie das Betriebsverfassungsgesetz selbst die Differenzierung zwischen den Gruppen der Arbeiter und der Angestellten bei der Vertretung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat und im Wahlverfahren aufgegeben und nur noch der Gruppe der leitenden Angestellten einen Sitz im Aufsichtsrat garantiert. Außerdem wurden einschlägige Änderungen des Betriebsverfassungsgesetzes in das Mitbestimmungsrecht übernommen. Wenig später hat das Gesetz zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat vom 23. März 2002 die Wahlvorschriften beträchtlich verändert, indem es bei mittelbarer Wahl die Delegiertenversammlung verkleinert, für die Ermittlung der Kandidaten der leitenden Angestellten nur noch eine Abstimmung vorsieht, die Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten in das Wahlverfahren einbezieht und die Nutzung moderner Informationsund Kommunikationstechnik bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl gestattet. Beide Gesetze haben auch eine Neufassung der Wahlordnungen notwendig gemacht, die am 27. Mai 2002 beschlossen und verkündet wurde und am 28. Mai 2002 in Kraft trat. Sie sind nicht immer leicht zugänglich und wurden deshalb im Anhang mit abgedruckt. Alle diese Änderungen machten eine tiefgreifende Überarbeitung der Wahlvorschriften des Gesetzes (SS 3 , 9 - 2 4 , 3 4 ) erforderlich. Ferner wurden die inzwischen ergangene Rechtsprechung verarbeitet und die Schrifttumsnachweise auf den neusten Stand gebracht. Die im Vorwort zur 1. Auflage formulierten Ziele des Kommentars sind jedoch weiterhin dieselben geblieben. Zu danken habe ich wiederum in erster Linie meiner Sekretärin Frau R. Gehling für die unermüdliche und verständnisvolle Betreuung des Manuskripts. Berlin, den 20. Mai 2002

Thomas Kaiser

V

Vorwort zur 1. Auflage Der Kommentar verfolgt drei Ziele: Z u m ersten ging es d a r u m , eine handliche Anleitung f ü r alle Aufsichtsratsmitglieder, Unternehmensleiter, Wahlvorstände, Gewerkschaftsvertreter, Anteilseigner u n d Arbeitnehmer zu verfassen, welche das Mitbestimmungsgesetz anzuwenden haben. Die Darstellung b e m ü h t sich daher u m Übersichtlichkeit, eine leicht verständliche Sprache u n d praxisnahe Argumentation. Im Z u s a m m e n h a n g mit den Wahlvorschriften des Gesetzes erläutert sie ausführlich auch die Wahlordnungen, deren A n w e n d u n g die erste große Aufgabe der Arbeitnehmervertretungen sein wird. In einem eigenen Abschnitt (Vorbemerkungen vor §9) sind die Aufgaben der Wahlvorstände herausgearbeitet. Eine konsensfähige A n w e n d u n g des Gesetzes k a n n aber n u r gelingen, wenn es wissenschaftlich ausgeleuchtet u n d auf ein gesichertes F u n d a m e n t gestellt wird. Seine komplizierte Dialektik zwischen Parität der G r u p p e n im Aufsichtsrat u n d Übergewicht der Anteilseignerseite u n d sein systematisch noch nicht bewältigter Standort zwischen Arbeits-, Gesellschafts- u n d Unternehmensrecht werfen in dieser Hinsicht ungewöhnlich schwierige Probleme auf, die ein einzelner Universitätslehrer nicht allein lösen kann. So soll das Buch nicht n u r seinen eigenen Beitrag z u m wissenschaftlichen Fortschritt leisten, sondern auch als Hilfsmittel f ü r andere dienen, die sich am juristischen Gespräch beteiligen. Es registriert die einschlägige Literatur nach Möglichkeit vollständig (Stand: 20. 5.1977) u n d sucht sich mit ihr, wenngleich oft in k a u m hinlänglicher Kürze, auseinanderzusetzen. Die wissenschaftliche Konzeption soll schließlich als Hilfe bei der Entscheidung der zahlreichen Streitfragen dienen, die das Gesetz bereits aufgeworfen hat u n d welche die Gerichte beschäftigen werden. Dabei k o m m t es darauf an, unparteiische Lösungen zu finden, welche die Kooperation u n d nicht die Konfrontation der Sozialpartner betonen u n d die Leistungsfähigkeit der U n t e r n e h m e n in einer marktwirtschaftlichen O r d n u n g fördern. Wo sich aus dem Gesetz wiedersprüchliche Leitgedanken ableiten lassen, haben pragmatische Überlegungen den Ausschlag g e g e b e n . . . Giessen, im Juni 1977

VI

ThomasRaiser

Inhaltsverzeichnis §§ Seite Vorwort Abkiirzungsverzeichnis Abgekürzt zitiertes Schrifttum

V IX XIII

Einleitung A. Geschichtlicher Überblick B. Das MitbestG im Rahmen des geltenden Verfassungs-, Arbeits-und Gesellschaftsrechts C. Fortentwicklung des Mitbestimmungsrechts und der Mitbestimmungspraxis

1 21 40

Erläuterungen 1. Teil. Geltungsbereich

Erfaßte Unternehmen Anteilseigner Arbeitnehmer Kommanditgesellschaft Konzern

1 2 3 4 5

47 75 76 101 116

1. Abschnitt. Bildung und Zusammensetzung Grundsatz 6 Zusammensetzung des Aufsichtsrats 7 2. Abschnitt. Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder 1. Unterabschnitt. Aufsichtsratsmitglieder derAnteilseigner . 8 2. Unterabschnitt. Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Die Wahlordnungen und die Aufgaben der Wahlvorstände vor $ 9 Grundsatz 9 3. Unterabschnitt. Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte Wahl der Delegierten 10 Errechnung der Zahl der Delegierten 11 Wahlvorschläge für Delegierte 12 Amtszeit der Delegierten 13 Vorzeitige Beendigung der Amtszeit oder Verhinderung von Delegierten 14

145 145 183 195 195

2. Teil. Aufsichtsrat

199 199 213 218 218 230 237 241 247 VII

Inhaltsverzeichnis

§§ Seite Wahl der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Wahl der Vertreter der Gewerkschaften in den Aufsichtsrat Ersatzmitglieder 4. Unterabschnitt. Unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer 5. Unterabschnitt. Weitere Vorschriften über das Wahlverfahren sowie über die Bestellung u n d A b b e r u f u n g von Aufsichtsratsmitgliedern B e k a n n t m a c h u n g der Mitglieder des Aufsichtsrats Wahlschutz u n d Wahlkosten Anfechtung der Wahl von Delegierten Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer A b b e r u f u n g von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer Verlust der Wählbarkeit u n d Wechsel der Gruppenzugehörigkeit unternehmensangehöriger Aufsichtsratsmitglieder 3. Abschnitt. Innere O r d n u n g , Rechte u n d Pflichten des Aufsichtsrats Grundsatz Schutz von Aufsichtsratsmitgliedern vor Benachteiligung Vorsitz im Aufsichtsrat Beschlußfähigkeit Abstimmungen

. . . . 15

252

16 17

268 271

18

275

19 20 21

278 278 280 289

22

296

23

314

24

317

25

319 319

26 27 28 29

404 412 430 434

3. Teil. Gesetzliches Vertretungsorgan Grundsatz Bestellung u n d Widerruf A u s ü b u n g von Beteiligungsrechten Arbeitsdirektor

30 31 32 33

446 453 478 491

4. Teil. Seeschiffahrt

34

514

35 36

519 519

37 38 39 40 41

520 529 529 530 532

5. Teil. Übergangs-und Schlußvorschriften Ä n d e r u n g von Gesetzen Verweisungen Erstmalige A n w e n d u n g des Gesetzes auf ein Unternehmen Übergangsvorschrift E r m ä c h t i g u n g z u m Erlaß von Rechtsverordnungen Berlin-Klausel Inkrafttreten Sachverzeichnis VIII

. . . .

533

Abkürzungsverzeichnis aA aaO ABl AFG Afp AG AHK AktG AktG 1937 allgM aM AÖR AP Arbeitgeber ArbG ArbGG AR-Blattei AuR AVG AWD AZ BAB1 BAG BAGE BayObLG BB BetrVG BetrVG 1952 BFH BFuP BGBl BGH

anderer Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt Arbeitsförderungsgesetz vom 25.6.1969 (BGBl 1582 mit Änderungen) Archiv für Presserecht Amtsgericht, Aktiengesellschaft, Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Alliierte Hohe Kommission Aktiengesetz vom 6.9.1965 (BGBl 11089 mit Änderungen) Aktiengesetz vom 30.1.1937 (RGBl 1107) allgemeine Meinung anderer Meinung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsrechtliche Praxis Der Arbeitgeber. Offizielles Organ der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz vom 2.7.1979 (BGBl 1853 mit Änderungen) Arbeitsrechtsblattei Arbeit und Recht Angestelltenversicherungsgesetz vom 20. Dezember 1911 (RGBl 989) Recht der Internationalen Wirtschaft Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Aktenzeichen Bundesarbeitsblatt Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bayrisches Oberstes Landesgericht Betriebs-Berater Betriebsverfassungsgesetz vom 23.12.1988 (BGBl 19891 S. 1,902 mit Änderungen) Betriebsverfassungsgesetz 1952 vom 11.10.1952 (BGBl 681) Bundesfinanzhof Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof

IX

Abkürzungsverzeichnis

BGHZ BlStSozArbR BPersVerG BRDrucks BTDrucks BUV BVerfG BVerfGE BVerGG BVerwG BVerwGE DB DBW DuR Drucks EWiR EzA FGG FS GBl GemKomm GenG GesRZ GewKomm GG GmbH GmbHG GmbHRdsch GRUR GVB1 GVG HAG HdB HGB hL hM InsO

X

Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht Bundespersonalvertretungsgesetz vom 1 5 . 3 . 1 9 7 4 (BGBl 1693 mit Änderungen) Drucksache des Bundesrats Drucksache des Deutschen Bundestags Betriebs- und Unternehmensverfassung, Fachzeitschrift für Betriebsverfassungsorgane, Betriebs- und Unternehmensleitungen Bundesverfassungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Der Betrieb Die Betriebswirtschaft Demokratie und Recht Drucksache Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht Gesetz über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Festschrift Gesetzblatt Gemeinschaftskommentar zum MitbestG oder BetrVG Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Der Gesellschafter (österreichische Zeitschrift für Gesellschaftsrecht) Gewerkschaftskommentar Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gesetz und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz Heimarbeitsgesetz Handbuch Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung Insolvenzordnung

Abkürzungsverzeichnis

JA JR JurA Jura JZ KGaA KölnKomm.AktG KSchG LAG LG LS mwN NJW NZG OLG phG Prot Quelle RabelsZ RdA RegE RGBl RG RGZ RIW/AWD SAE SeemG SGB TVG UmwG VAG VVaG VVDStRL WM l.WO 2. WO 3. WO WPg

Juristische Arbeitsblätter Juristische Rundschau Juristische Analysen Juristische Ausbildung Juristenzeitung Kommanditgesellschaft auf Aktien Kölner Kommentar zum Aktiengesetz Kündigungsschutzgesetz Landesarbeitsgericht Landgericht Leitsatz mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Oberlandesgericht persönlich haftender Gesellschafter Protokoll Die Quelle, Funktionär-Zeitschrift des Deutschen Gewerkschaftsbundes Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Recht der Arbeit Regierungsentwurf Reichsgesetzblatt Reichsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft/Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen Seemannsgesetz vom 2 6 . 7 . 1 9 5 7 (BGBl II 713 mit Änderungen) Sozialgesetzbuch Tarifvertragsgesetz Umwandlungsgesetz vom 2 8 . 1 0 . 1 9 9 4 (BGBl 1,3210 mit Änderungen) Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen Versicherungs verein auf Gegenseitigkeit Veröffentlichungen der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer Wertpapiermitteilungen 1. Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz 2. Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz 3. Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz Die Wirtschaftsprüfung; Betriebswirtschaftliches Archiv und Fachorgan für das wirtschaftliche Prüfungs- und Treuhandwesen

XI

Abkürzungsverzeichnis

WPO Wirtschaftsprüferordnung WSI-Mitteilungen Mitteilungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts des DGB WuW Wi rtschaft und Wettbewerb ZBR Zeitschrift für Beamtenrecht ZfA Zeitschrift für Arbeitsrecht ZfbF Schmalenbach's Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung ZfgG Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht ZgStW Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft ZHR Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis ZPO Zivilprozeßordnung ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik

XII

Abgekürzt zitiertes Schrifttum zum Mitbestimmungsrecht Beuthien

Genossenschaftsgesetz, 13. Aufl 2 0 0 0

Boldt

Mitbestimmungsgesetz Eisen und Kohle, Kommentar, 1952 (zit: Boldt MontanMitbestG)

Boldt

Mitbestimmungsergänzungsgesetz, Kommentar, 1957 (zit: BoZdf MitbestEG)

Däubler

Das Grundrecht auf Mitbestimmung, 3. Aufl 1975

Fitting/Wlotzke/ Wißmann

Mitbestimmungsgesetz, 2. Aufl 1 9 7 8

Gemeinschaftskommentar

zum Mitbestimmungsgesetz, hrsg von Fabricius, bearbeitet von Fabricius, Matthes, Naendrup, Rumpff, Schneider, Westerath, 1976 ff (zit: GemKomm.MitbestG/Beari)

Gewerkschaftskommentar

zum Mitbestimmungsgesetz 1976, bearbeitet von Benze, Föhr, Kehrmann, Kieser, Lichtenstein, Schwegler, Unterhinninghofen, 1977 (zit: GewKomm.MitbestG/Beari)

Fuchs/Köstler

Handbuch zur Aufsichtsratswahl, 2. Aufl 2 0 0 2

Haberland/Seiler

Mitbestimmungsgesetz, 2. Aufl 1977

Hanau/Ulmer

Mitbestimmungsgesetz, 1981

Hoffmann/Lehmann/ Weinmann

Mitbestimmungsgesetz, 1 9 7 8

Köstler/Kittner/ Zachert

Aufsichtsratspraxis, 6. Aufl 2 0 0 0

Kötter

Mitbestimmungsrecht, Kommentar, 1 9 5 2

Kötter

Mitbestimmungsergänzungsgesetz, Kommentar, 1958

Meilicke/Meilicke

Mitbestimmungsgesetz 1 9 7 6 , 2 . Aufl 1 9 7 6

Säcker

Die Wahlordnungen zum Mitbestimmungsgesetz, 1978

Wienke

Die Wahlordnungen zum Mitbestimmungsgesetz, 4 . Aufl 1992

XIII

Abgekürzt zitiertes Schrifttum

zum Gesellschaftsrecht Baumbach/Hueck

Aktiengesetz, 13.Aufll968

Baumbach/Hueck

GmbH-Gesetz, 17. Aufl 2000 (zit: Baumbach/Hueck/Bearii.J

Emmerich/Sonnenschein/Habersack

Konzernrecht, 7. Aufl 2001

Geßler/Hefermehl

Aktiengesetz, 1973 ff (zit: Bearb in Geßler/Hefermehl AktG)

Godin/Wilhelmi

Aktiengesetz, 4. Aufl 1971

Großkommentar

zum Aktiengesetz, 3. Aufl 1970 ff; 4. Aufl 1992 ff (zit: GroßKomm.AktG/Beari)

Großkommentar

zum HGB, 3. Aufl 1967 ff, 4. Aufl 1983 ff (zit: GroßKomm.HGB/Beari)

Hachenburg

GmbH-Gesetz, 8. Aufl 1990 ff (zit: Hachenburg/Bearfc)

Kölner Kommentar

zum Aktiengesetz, 2. Aufl 1986 ff (zit: KölnKomm-AktG/Bearii)

Hoffmann/Preu

Der Aufsichtsrat, 4. Aufl 1999

Hüffer

Aktiengesetz, 5. Aufl 2002

Köstler/Kittner/ Zachert

Aufsichtsratspraxis, 6. Aufl 2000

Lang/Weidmüller/ Metz/Schaffland

Genossenschaftsgesetz, 33. Aufl 1997 (zit: Lang/Weidmüller/Beari)

Lutter (Hrsg)

Umwandlungsgesetz, 2. Aufl 2000 (zit: Lutter¡Bearb, UmwG)

Lutter/Hommelhoff

GmbH-Gesetz, 15. Aufl 2000

Lutter/Krieger

Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats 3. Aufl 1993

Müller

Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 2. Aufl 1991 ff

Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts

Bd 4 Aktiengesellschaft, 2. Aufl 1999 (zit: MünchHdb-AG/Bearfr)

Raiser

Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl 2001

Roth/Altmeppen

GmbHG Kommentar, 3. Aufl 1997

Rowedder (Hrsg)

GmbH-Gesetz, 3. Aufl 1996 (zit: Rowedder/BearW

K. Schmidt

Gesellschaftsrecht, 3. Aufl 1997

XIV

Abgekürzt zitiertes Schrifttum

Scholz

GmbH-Gesetz, 8. Aufl 1993/94; Bd 1,9. Aufl 2000 (zit: Scholz/Bearfc)

Wiedemann

Gesellschaftsrecht Bd 1 , 1 9 8 0

zum Arbeitsrecht Richardi

Betriebsverfassungsgesetz, 8. Aufl 2002

Fitting/Kaiser/ Heither/Engels

Betriebsverfassungsgesetz, 20. Aufl 2000

Gemeinschaftskommentar

zum Betriebsverfassungsgesetz, bearbeitet von Fabricius, Kraft, Wiese, Kreutz, 5. Aufl 1 9 9 4 - 1 9 9 8 (zit: GemKommBetrVG/Bear&)

Gnade/Kehrmann/ Schneider/Blanke

Betriebsverfassungsgesetz, 7. Aufl 1997

Löwisch

Betriebsverfassungsgesetz, 4. Aufl 1996

Münchener Handbuch des Arbeitsrechts

Bd 3 , 2 . Aufl 2000 (zit: MünchArbR/Beari)

Sonstiges Münchener Kommentar

zum BGB, 3. Aufl 1997 (zit: MünchKomm/Bearft)

Staudinger

Kommentar zum BGB, 13. Bearb 1993 ff (zit: Staudinger/B earb)

XV

EINLEITUNG Übersicht

A. Geschichtlicher Überblick I. Politische Geschichte der Mitbestimmung bis zu den Montanmitbestimmungsgesetzen und zum Betriebsverfassungsgesetz 1952 1. 1 8 4 8 - 1 9 3 4 2. Nachkriegszeit II. Ideengeschichte der Mitbestimmung 1. Sozialismus und Marxismus 2. Katholische und evangelische Kirche 3. Liberalismus III. Das Montanmitbestimmungsgesetz 1. Inhalt 2. Vergleich mit dem MitbestG IV. Das Betriebsverfassungsgesetz von 1952 1. Inhalt 2. Vergleich mit dem MitbestG V. Das Mitbestimmungsergänzungsgesetz 1. Inhalt 2. Vergleich mit dem MitbestG VI. Die Vorgeschichte des MitbestG 1. Empirische Untersuchungen 2. Sozialethische und sozialpolitische Recht-

Rdn

1 4

6 7 8

9 13

18 19

20 23

24

fertigung der Mitbestimmung 3. Wirtschaftspolitische Analysen und Prognosen 4. Rechtsfragen 5. Mitbestimmungsbericht 6. Modellvorschläge. . . . VII. Die Entstehung des MitbestG 1. Der Regierungsentwurf. 2. Abschluß der Beratungen

Rdn 25 27 28 29 31

33 36

B. Das MitbestG im Rahmen des geltenden Verfassungs-, Arbeitsund Gesellschaftsrechts I. Grundsätzliches 37 II. Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung des MitbestG 1. Problemlage 40 2. Das Mitbestimmungsurteil des BverfG . . . . 43 3. Resonanz auf das Urteil 50 4. Bindende Wirkung? . . 54 III. MitbestG und Arbeitsrecht 1. Verhältnis zum Tarifvertragsrecht 55 2. Verhältnis zum Betriebsverfassungsgesetz. . . . 56 3. MitbestG und Einzelarbeitsverhältnis . . . . 60 IV. MitbestG und Gesellschaftsrecht 1. Das Problem 62 2. Ausnahme der Personengesellschaften 63 3. Mitbestimmung im Aufsichtsrat 65

1

Einl A. Geschichtlicher Überblick

4. Rechtsformspezifische Differenzierungen. . 5. Mitbestimmung im Konzern

Rdn 66

67

C. Fortentwicklung des Mitbestimmungsrechts

und der Mitbestimmungspraxis 1. Gesetzgebung . . . . 2. Rechtsprechung . . . 3. Unternehmenspraxis . . 4. Auswirkungendes MitbestG

Rdn

68

71 72 73

A. Geschichtlicher Überblick S c h r i f t t u m z u I u n d II Bocksch, Sozialethik und Mitbestimmungsgesetzgebung. Zum Einfluß christlicher Soziallehren, 1994; Brandt, Demokratie, Partizipation, Mitbestimmung, Die neue Gesellschaft 1980/9, 762; Fabricius, Unternehmensrechtsreform und Mitbestimmung in einer sozialen Marktwirtschaft, 1982; Flach/Maihofer/Scheel, Die Freiburger Thesen der Liberalen, 1971; Herzberg, Geschichte der Mitbestimmung, DA 1981/4, 27; 5 , 2 7 ; Jürgensen, Entwicklung der Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland, 1980; Naphtali, Wirtschaftsdemokratie, 1929; Nemitz/Becker, Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, 1967; Naumann, Das Prinzip des Liberalismus, 1905, wieder abgedr. in: Werke Bd 4, Schriften zum Parteiwesen und zum Mitteleuropaproblem, 1964, 85 ff; Otto, Der Kampf um die Mitbestimmung, in: Vetter (Hrsg), Vom Sozialistengesetz zur Mitbestimmung. Zum 100. Geburtstag von Hans Böckler, 1975, 399; Potthoff, Der Kampf um die Mitbestimmung, 1957; Schneider/Kuda, Mitbestimmung, Der Weg zur industriellen Demokratie?, 1969; Sozialethische Erwägungen zur Mitbestimmung in der Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland, herausgegeben vom Rat der EKD, 1968; L. v. Stein, Der Begriff der Gesellschaft und die Gesetze ihrer Bewegung, Einleitung zu: Geschichte der sozialen Bewegung in Frankreich von 1789 bis auf unsere Tage, Bd 1, 1850, Neudruck 1972; Stollreither, Mitbestimmung, Ideologie oder Partnerschaft? 1975; Teuteberg, Geschichte der industriellen Mitbestimmung in Deutschland, 1961; Weis, Wirtschaftsunternehmen und Demokratie, 1970; Zuleeg, Unternehmerische Mitbestimmung und Demokratie, RdA 1978,223. I. Politische Geschichte der M i t b e s t i m m u n g bis z u d e n M o n t a n m i t b e s t i m m u n g s g e s e t z e n u n d z u m BetrVG 1 9 5 2 1

1. Die politische Geschichte der M i t b e s t i m m u n g in Deutschland beginnt m i t der R e v o l u t i o n v o n 1 8 4 8 . In der Paulskirche wurde von einer Gruppe von Abgeordneten der Versuch u n t e r n o m m e n , in die geplante liberale Gewerbeordnung einige Vorschriften über Fabrikausschüsse, Fabrikräte u n d Fabrikschiedsgerichte m i t Arbeiterbeteili2

Einl I. Politische Geschichte der Mitbestimmung

gung einzufügen, der allerdings am Widerstand der bürgerlichen Mehrheit der Abgeordneten scheiterte. Die Arbeiterschaft konstituierte sich vielerorts in Arbeiterassoziationen und verlangte auf dem ersten großen Arbeiterkongreß im Sommer 1848 in Berlin eine Mitbestimmung bei der Festlegung der Löhne und bei Entlassungen, aber auch schon bei der Wahl von Vorgesetzten und Werkmeistern. Ihre Forderungen ließen den Gegensatz zwischen Bürgertum und Arbeiterschaft erstmals in voller Schärfe hervortreten. Die gemeinsame Furcht von Adel und Bürgertum vor den erwachenden Kräften der Arbeiterschaft zählt zu den wichtigsten Ursachen für das Scheitern der Revolution. In der folgenden Periode der Reaktion und des Bismarckstaats wurden alle Mitbestimmungsansprüche der Arbeiter in der Industrie ebenso wie im politischen Leben rigoros unterdrückt. Der erste bedeutende Durchbruch gelang erst 1890. Unmittelbar 2 nach seinem Regierungsantritt setzte der von einem sozialen Impetus belebte und von den Wahlerfolgen der Sozialdemokratie sowie von einem großen Bergarbeiterstreik beeindruckte Kaiser Wilhelm II. eine Novelle zur Gewerbeordnung durch, welche die Errichtung von Arbeiterausschüssen vorsah und diesen das Recht gewährte, bei der Vorbereitung betrieblicher Arbeitsordnungen mitzuwirken. Zunächst nur fakultativ, wurde die Bildung derartiger Arbeiterausschüsse wenige Jahre später für den Bergbau und schließlich im Gesetz betreffend den Vaterländischen Hilfsdienst vom 5.12.1916 für sämtliche kriegswichtigen Unternehmen vorgeschrieben. Die Vorboten der Novemberrevolution leiteten im Herbst 1918 mit 3 einer Verständigung zwischen Gewerkschaften und Industrie zur Abwehr der radikalen Forderung nach Sozialisierung den nächsten Entwicklungsschritt ein. Die Sozialpartner vereinbarten ua, in den Betrieben Arbeiterausschüsse zur Wahrnehmung der sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer zu bilden, die dann in Art 165 Abs 2 der Weimarer Reichsverfassung verfassungsrechtlich anerkannt und garantiert wurden. Nach der Überwindung der Rätebewegung löste der Gesetzgeber den ihm erteilten Verfassungsauftrag im Betriebsrätegesetz vom 4.2.1920 1 ein, das nicht nur die Tätigkeit der Betriebsräte regelte, sondern in § 70 auch erstmals eine Entsendung von ein oder zwei Betriebsratsmitgliedern in den Aufsichtsrat vorschrieb. Ausführungsbestimmungen zu § 70 BRG finden sich im Gesetz über die Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in den Aufsichtsrat vom 15.2.1922 2 , das ua das Bestellungsverfahren regelte. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurden beide Gesetze durch § 65 des

1 z

RGBl 1,147. RGBl 1,209. 3

Einl A. Geschichtlicher Überblick

Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 20.1.1934 3 wieder aufgehoben. 4 2. Die Geburtsstunde der neueren Mitbestimmungsbewegung liegt danach in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg. Angesichts der alliierten Entflechtungsmaßnahmen und Reparationen suchten die weithin kompromittierten Führer der deutschen Großindustrie die Bundesgenossenschaft der Gewerkschaften zur Rettung der Unternehmen. Diese waren bereit, darauf einzugehen, verlangten aber, beim Wiederaufbau und der Neuordnung der deutschen Industrie in den Vorständen und Aufsichtsräten der Unternehmen gleichberechtigt beteiligt zu werden. So kam es 1947, nicht zuletzt unter dem Einfluß der Besatzungsmächte, in der Montanindustrie zu den ersten Fällen einer vertraglich vereinbarten paritätischen Besetzung der Aufsichtsräte. Als sich 1948 ein Rückgang der alliierten Eingriffe in die deutsche Industrie und eine Stabilisierung der Wirtschaft abzeichneten, begannen die Unternehmer dagegen, erneut Widerstand gegen die Mitbestimmungsforderungen der Gewerkschaften zu leisten. Erst nach zweijährigem Kampf, der sich zuletzt in der Drohung mit einem großen Streik zuspitzte, konnten die Gewerkschaften im Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie (Montanmitbestimmungsgesetz) von 1951 die paritätische Besetzung der Aufsichtsräte in der dafür politisch am ehesten reifen Montanindustrie endgültig durchsetzen.4 5

Ein Jahr später scheiterte der Versuch der Gewerkschaften, eine gleichartige Mitbestimmung im Betriebsverfassungsgesetz von 1952 für die gesamte Großindustrie einzuführen, am Widerstand Adenauers und Erhards und am Erfolg der nach der Währungsreform wieder eingeführten marktwirtschaftlichen Ordnung. Der Rückschlag war so schwer, daß der DGB erst nach dem Ende der Adenauer-Ära wieder generell mit der Forderung nach paritätischer Mitbestimmung hervortrat.5 In der Zwischenzeit gelang es nur, im Mitbestimmungs-Ergänzungsgesetz von 1956 die Montanmitbestimmung in leicht veränderter Gestalt auf die infolge der Unternehmenskonzentration in der Zwischenzeit entstandenen Konzernobergesellschaften in der Montanindustrie zu erstrecken. Ähnliche Ziele verfolgten auch das Änderungsgesetz von 1967 (sog. lex Rheinstahl) und das Mitbestimmungsfortgeltungsgesetz von 1971.6 3 4 5

6

4

RGBl 1 , 5 4 . Vgl Potthoff Der Kampf u m die M o n t a n m i t b e s t i m m u n g 7 6 ff. Vgl die Denkschrift „Mitbestimmung - Eine Forderung unserer Zeit", 1 9 6 6 , abgedruckt bei Nemitz/Becker, Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik 2 8 9 ff. Vgl Rdn 2 2 .

Einl II. Ideengeschichte der M i t b e s t i m m u n g

II. Ideengeschichte der Mitbestimmung Schrifttum siehe zu I. Auch die parallel zur politischen Geschichte verlaufende Ideen- 6 geschichte der Mitbestimmung geht auf die Zeit um 1848 zurück. In der Tradition lassen sich drei Gedankenkreise unterscheiden: 1. Am stärksten und offenkundigsten wirkte sozialistisches Gedankengut. Schon die Frühsozialisten glaubten, daß sich die Lage der Arbeiterschaft nur dann nachhaltig verbessern werde, wenn sie am Wirtschaftsgeschehen aktiv teilhaben. 7 Später vermischten sich diese Gedanken mit dem radikaleren marxistischen P r o g r a m m der Vergesellschaftung der Produktionsmittel und der proletarischen Revolution. Die Unvereinbarkeit dieser Leitbilder trat dann in der Zeit der Novemberrevolution 1917 zutage und gehörte zu den Ursachen für das Auseinanderbrechen der deutschen Sozialdemokratie nach dem 1. Weltkrieg. Während der Weimarer Republik wandte sich das Interesse stärker dem Programm einer überbetrieblichen Mitbestimmung zu. 8 Nach dem 2. Weltkrieg tauchte die Forderung nach Mitbestimmung in den Führungsorganen der Unternehmen in den Parteiprogrammen der CDU 9 und der SPD 1 0 auf, trat jedoch neben anderen Zielen der Sozialpolitik noch nicht in den Vordergrund. 11 2. Die zweite geistige Wurzel der Mitbestimmungsidee bilden die 7 sozialethischen Lehren vor allem der katholischen Kirche. Schon 1891 hatte Papst Leo XIII. in der Enzyklika Rerum novarum Mitbestimmungsgedanken erwogen, um die soziale Lage der Arbeiterschaft zu verbessern. 12 Papst Pius XI. empfahl 1931 in der Enzyklika Quadragesimo anno „eine gewisse Annäherung des Lohnarbeitsverhältnisses", wodurch Arbeiter und Angestellte „zur Mitbestimmung oder Mitverwaltung" gelangen. Noch stärker treten die Enzyklika Mater et magistra Papst Johannes XXIII. und die Pastoralkonstitution Gaudium et spes des Zweiten Vatikanischen Konzils von 1965, die sich sehr ausführlich mit der Wirtschafts- und Sozialordnung beschäftigen, für eine

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Vgl die Darstellung der Gedanken von F. v. Baader, I. Wohlwill, R. v. Mohl, L. A. Perthaler bei Teuteberg, Geschichte der industriellen Mitbestimmung in Deutschland 1 ff.

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Vgl das von F. Naphtali herausgegebene Sammelwerk „Wirtschaftsdemokratie", 1 9 2 9 . Ahlener Wirtschaftsprogramm vom 3 . 2 . 1 9 4 7 . Sozialprogramm vom 2 1 . / 2 2 . 8 . 1 9 4 8 . Vgl Stollreither, Mitbestimmung 9 3 ff, 113 ff. Vgl Stollreither, Mitbestimmung 5 1 ff; Weis, Wirtschaftsunternehmen und Demokratie 2 1 7 f f ; Bocksch 3 8 ff; zur Vorgeschichte vgl Bocksch 20ff.

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Einl

A. Geschichtlicher Überblick

Verstärkung der Mitbestimmungsrechte ein. 13 In der Enzyklika Laborem Exercens Papst Johannes Pauls II. von 1980 werden die auf den Wert der menschlichen Arbeit bezogenen Lehren fortgeführt. 14 Die evangelische Kirche veröffentlichte 1968 eine Schrift „Sozialethische Erwägungen zur Mitbestimmung in der Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland", in der sie sich gleichfalls zugunsten einer Erweiterung der Mitbestimmung aussprach. 15 8 3. Die dritte Wurzel der Mitbestimmungsidee ist im Gedankengut des deutschen Liberalismus zu suchen. Schon Lorenz v. Stein hatte in seiner 1850 erschienenen Schrift über den „Begriff der Gesellschaft und die Gesetze ihrer Bewegung" 1 6 als Gegensatz zum Kommunismus und Sozialismus die Konzeption einer sozialen Reform entfaltet, durch welche ein Gleichgewicht der Herrschaft zwischen den Faktoren Kapital und Arbeit institutionalisiert und das Mißverhältnis zwischen persönlicher Freiheit und wirtschaftlicher Unfreiheit beseitigt werden sollte. Der Gedanke wurde aufgegriffen und fortgeführt von Friedrich Naumann, der in seiner Rede „Das Prinzip des Liberalismus" von 1 9 0 5 1 7 ausführt, an die Stelle der Allmacht des Staates sei die Gewalt der Großunternehmen als eine neue Allmacht getreten, gegen die mit den Maximen „der Betrieb sind wir alle" und „der Betrieb darf nicht alles" angekämpft werden müsse. Naumann tritt für parlamentarische Vertretungen der Arbeitnehmer in den Betrieben ein, durch welche deren Wünsche artikuliert werden können. L. v. Stein und F. Naumann werden im Freiburger P r o g r a m m der FDP von 1971, das sich die Mitbestimmungsforderungen zu eigen machte, ausdrücklich als Kronzeugen für den dort eingeschlagenen Weg genannt 1 S .

III. Das Montanmitbestimmungsgesetz Schrifttum Boldt, Mitbestimmungsgesetz Eisen und Kohle, 1 9 5 2 ; Kotier, Mitbestimmungsrecht, 1 9 5 2 ; Müller-Lehmann, K o m m e n t a r z u m Mitbestimmungsgesetz Bergbau und Eisen, 1 9 5 2 ; G r o ß K o m m . AktG/Oeffcer, 1 9 9 9 , 3 1 3 ff.

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Stollreither 135ff. Vgl dazu Fabricius, Unternehmensrechtsreform und Mitbestimmung in einer sozialen Marktwirtschaft, 1 9 8 2 , Rn 2 5 4 f f ; z u m Ganzen auch Bocksch, Sozialethik und Mitbestimmungsgesetzgebung 4 1 ff. Vgl Bocksch aaO 1 2 5 ff. Einleitung zu: Geschichte der sozialen Bewegung in Frankreich von 1 7 8 9 bis auf unsere Tage, Neudruck 1 9 7 2 , 1 0 4 - 1 3 8 . Werke Bd 4 , 9 3 . Vgl das Grundsatzreferat von Maihofer, abgedruckt bei Flach/Maihofer/Scheel, Die Freiburger Thesen der Liberalen 2 7 1 ff.

Einl III. Das M o n t a n m i t b e s t i m m u n g s g e s e t z

1. Das MontanMitbestG vom 21.5.1951 1 9 , das auch nach dem Erlaß 9 des MitbestG für alle in seinen Anwendungsbereich fallenden Unternehmen weitergilt 20 , schreibt für Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie, die in der Rechtsform einer AG oder einer GmbH betrieben werden und in der Regel mehr als 1000 Arbeitnehmer beschäftigen, einen Aufsichtsrat vor. Dieser besteht grundsätzlich aus elf Mitgliedern, je vier Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer sowie drei weiteren Mitgliedern, die weder dem Unternehmen noch einer Gewerkschaft oder einem Arbeitgeberverband angehören dürfen. In Unternehmen mit einem Nennkapital von mehr als 10 Mio Euro wird er auf 15, bei einem Nennkapital von mehr als 25 Mio Euro auf 21 Mitglieder vergrößert. 21 Die Vertreter der Anteilseigner sowie ein weiteres Mitglied werden von der Anteilseignerversammlung nach Maßgabe der gesellschaftsrechtlichen Vorschriften oder der Satzung gewählt. 22 Formell wählt die Anteilseignerversammlung auch die Vertreter der Arbeitnehmer und ein deren Gruppe zuzurechnendes weiteres Mitglied, doch ist sie insoweit an die Vorschläge der Arbeitnehmervertretungen gebunden. 23 Zwei Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer müssen in dem Unternehmen beschäftigt sein. Bei 15 Aufsichtsratsmitgliedern stehen den Arbeitnehmern des Unternehmens statt dessen drei, bei 21 Mitgliedern vier Mandate zu. Die Differenzierung zwischen Vertretern der Arbeiter und der Angestellten wurde seit der Neuregelung von 2001 aufgegeben. Die Vorschläge für die unternehmensangehörigen Aufsichtsrats- 10 mitglieder kommen durch eine Wahl von seiten sämtlicher Betriebsräte des Unternehmens zustande. Die Namen der Gewählten sind sodann den Spitzenorganisationen der in dem Unternehmen vertretenen Gewerkschaften mitzuteilen, die gegen die Wahl Einspruch einlegen können, wenn der begründete Verdacht besteht, daß ein Vorgeschlagener nicht die Gewähr bietet, zum Wohle des Unternehmens und der gesamten Volkswirtschaft verantwortlich im Aufsichtsrat mitzuarbeiten. Lehnen die Betriebsräte den Einspruch ab, wozu einfache Stimmenmehrheit genügt, so kann der Bundesminister für Arbeit angerufen werden, der endgültig entscheidet. Die weiteren drei, vier oder sechs Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer einschließlich des ihrer Seite zuzurechnenden weiteren Mitglieds werden von den

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20 21 22 23

BGBl I, 347 mit zahlreichen Änderungen, zuletzt durch Gesetz vom 23. Juli 2001, BGBl 1,1852. § 1 Abs. 2 MitbestG; vgl BGHZ 8 7 , 5 2 . Vgl §§ 4 , 9 MontanMitbestG nF. § 5 MontanMitbestG nF. § 6 Abs 1 , 6 MontanMitbestG nF.

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Einl A. Geschichtlicher Überblick

Spitzenorganisationen der Gewerkschaften nach vorheriger Beratung mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften den Betriebsräten vorgeschlagen. Die Spitzenorganisationen sind nach dem Verhältnis ihrer Vertretung in den Betrieben vorschlagsberechtigt. Sie sollen bei ihren Vorschlägen die in der Belegschaft bestehenden Minderheiten in angemessener Weise berücksichtigen. Die Betriebsräte wählen aus den Vorschlagslisten die Bewerber, die dem Wahlorgan präsentiert werden. Wird für einen Aufsichtsratssitz nur ein Bewerber vorgeschlagen, so bedarf dieser der absoluten Stimmenmehrheit der Betriebsratsmitglieder. 24 11 Ein besonderes Verfahren sieht das Gesetz für das letzte der weiteren Aufsichtsratsmitglieder, den sog Unparteiischen oder elften, fünfzehnten bzw einundzwanzigsten Mann vor. Der Vorschlag kommt durch Kooptation der übrigen Aufsichtsratsmitglieder zustande, wozu es der Stimmenmehrheit, ferner der Zustimmung von mindestens drei Mitgliedern jeder Gruppe bedarf. Einigen sich die Gruppen nicht auf einen Bewerber oder wird der Vorgeschlagene von der Anteilseignerversammlung nicht gewählt, so ist ein Vermittlungsausschuß zu bilden, der aus vier Mitgliedern, je zwei Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer besteht und der kraft Gesetzes die Aufgabe hat, der Anteilseignerversammlung drei Bewerber vorzuschlagen. Wird keiner der Vorgeschlagenen gewählt, so vermittelt das zuständige Oberlandesgericht.25 12 Das Gesetz schreibt ferner die Bestellung eines Arbeitsdirektors als gleichberechtigtes Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs vor, der nicht gegen die Stimmen der Mehrheit der Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat und des ihrer Gruppe zugehörenden weiteren Mitglieds berufen werden darf. Er hat, wie die übrigen Mitglieder des zur Vertretung berufenen Organs, seine Aufgaben nach Maßgabe der Geschäftsordnung im engsten Einvernehmen mit dem Gesamtorgan auszuüben. 13 2. Ein Vergleich des MontanMitbestG mit dem MitbestG führt dazu, folgende Hauptunterschiede hervorzuheben: a) Der Anwendungsbereich beider Gesetze ist nicht nach kongruenten Kriterien festgelegt, denn während das MontanMitbestG nur für die AG und die GmbH gilt, jedoch schon ab 1000 Arbeitnehmern, fällt unter das MitbestG auch die KGaA und die Genossenschaft, jedoch alle in einer der genannten Rechtsformen betriebenen Unternehmen erst, wenn sie in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen.

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§ 6 Abs 3 bis 5 MontanMitbestG nF. § 8 MontanMitbestG nF.

Einl IV. Das Betriebsverfassungsgesetz von 1 9 5 2

b) § 7 MitbestG schreibt eine gerade Zahl von Aufsichtsratsmitgliedern vor, von denen je die Hälfte von den Anteilseignern und von den Arbeitnehmern zu stellen sind. Demgegenüber verlangt das MontanMitbestG eine ungerade Zahl von Aufsichtsratsmitgliedern und schafft die Position des unabhängigen elften, fünfzehnten und einundzwanzigsten Mannes, der von beiden Seiten kooptiert wird und als Zünglein an der Waage fungiert. Auf der anderen Seite enthält das MontanMitbestG kein §§ 29 Abs 2, 31 Abs 4 MitbestG entsprechendes Pattauflösungsverfahren. c) Das MontanMitbestG verteilt die Gewichte zwischen Belegschaften und Gewerkschaften bei der Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat anders als das MitbestG und gewährt den Gewerkschaften erheblich mehr Einfluß. Dies kommt vor allem darin zum Ausdruck, daß es den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften ursprünglich Entsendungsrechte bezüglich der drei, in großen Unternehmen vier oder fünf Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer gewährte, die in der Änderung von 1993 allerdings auf Vorschlags rechte reduziert wurden.26 Ein weiterer, die Gewerkschaften begünstigender Unterschied liegt darin, daß auch die unternehmensinternen Vertreter der Arbeitnehmer nicht von den Belegschaften in Urwahl oder durch eine Delegiertenversammlung gewählt werden, sondern von den Betriebsräten. d) Dagegen hat das vom MontanMitbestG nicht angetastete Recht der Anteilseigner-Versammlung, sämtliche Aufsichtsratsmitglieder, auch die Vertreter der Arbeitnehmer, zu wählen, nur noch formale Bedeutung, da die Anteilseignerversammlung insoweit an Vorschlagsrechte gebunden ist. Das MitbestG geht folgerichtig einen Schritt weiter und gibt auch das formale Festhalten an der Wahlkompetenz der Anteilseignerversammlung auf. e) Die Institution des Arbeitsdirektors unterscheidet sich in beiden Gesetzen durch die im MitbestG nicht mehr wiederkehrende Vorschrift des § 13 Abs 1 Satz 2 MontanMitbestG, wonach der Arbeitsdirektor nicht gegen die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer bestellt werden kann. 27 IV. Das Betriebsverfassungsgesetz von 1952 Schrifttum GroßKomm.AktG/Oeffcer, 1 9 9 9 ; 2 7 3 ff; Kommentare z u m Betriebsverfassungsgesetz und z u m Aktiengesetz. Z u r G m b H Hachenburg/Rawer GmbHG $ 5 2 Rdn 1 4 8 ff.

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Vgl $ 1 6 Rdn 1. Vgl $ 3 3 Rdn 7.

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Einl A. Geschichtlicher Überblick

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1. SS 76 ff BetrVG 1952, die für die nicht unter das MitbestG oder die Montanmitbestimmungsgesetze fallenden Unternehmen weiter gelten, 28 gewähren den Arbeitern nur das Recht, ein Drittel der Sitze des Aufsichtsrats zu besetzen. Die Vorschriften gelten seit der Änderung durch das Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts vom 1994 2 9 für den Aufsichtsrat einer AG oder KGaA mit nicht weniger als 500 Arbeitnehmern, ferner einer GmbH, eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit sowie einer Genossenschaft mit mehr als 500 Arbeitnehmern.30 Ausgenommen sind Tendenzbetriebe nach näherer Kennzeichnung des S 81 BetrVG 1952. In Unterordnungskonzernen nehmen an der Wahl auch die in den abhängigen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer teil. Für die Berechnung der maßgeblichen Arbeitnehmerzahl gelten sie als Arbeitnehmer des herrschenden Unternehmens, wenn zwischen beiden Unternehmen ein Beherrschungsvertrag besteht oder das abhängige in das herrschende Unternehmen eingegliedert ist. 31 Die Vertreter der Arbeitnehmer werden in unmittelbarer Wahl gewählt, nur in Konzernen kann die Wahl durch Delegierte erfolgen. Ist ein Vertreter der Arbeitnehmer zu wählen, so muß dieser in einem Betrieb des Unternehmens als Arbeitnehmer beschäftigt sein. Sind zwei oder mehrere Vertreter der Arbeitnehmer zu wählen, so müssen sich unter diesen mindestens zwei Arbeitnehmer aus dem Unternehmen befinden. Die Differenzierung zwischen Vertretern der Arbeiter und der Angestellten wurde auch hier durch die Reform im Jahr 2001 aufgegeben. Sind in dem Unternehmen mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer Frauen, so soll mindestens eine Frau Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sein (S 76 Abs 2 BetrVG 1952). Vorschlagsberechtigt sind die Betriebsräte sowie mindestens ein Zehntel oder 100 wahlberechtigte Arbeitnehmer des Unternehmens (§ 76 Abs 3 BetrVG 1952).

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2. Abgesehen von der geringeren Zahl der den Arbeitnehmern im Aufsichtsrat zugebilligten Sitze, die sie von vornherein in eine Minderheitsrolle verweist, unterscheidet sich die Aufsichtsratsmitbestimmung nach SS 76 ff BetrVG 1952 vom MitbestG vor allem darin, daß es die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit einbezieht und daß es den Gewerkschaften nicht einmal ein Vorschlagsrecht gewährt. Weiter

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$ 1 Abs 3 MitbestG. BGBl 1 , 1 9 6 1 . SS 7 6 Abs 1 und 6, 7 7 BetrVG 1 9 5 2 . Nach § 7 6 Abs 6 Satz 1 gilt für Gesellschaften, die vor d e m 1 0 . 8 . 1 9 9 4 eingetragen worden sind, die alte Regelung weiter, wonach alle AG und KGaA auch mit weniger als 5 0 0 Arbeitnehmern mit Ausnahme der Familiengesellschaften mitbestimmungspflichtig sind. $ § 7 6 Abs 4 , 7 7 a BetrVG 1 9 5 2 .

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Einl V. Das Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetz

beläßt es die Befugnis, die Mitglieder des Vertretungsorgans zu bestellen, in der Hand der Anteilseignerversammlung, soweit diese, wie vor allem bei der GmbH, nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften dafür zuständig ist. V. Das Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetz Schrifttum Boldt, Mitbestimmungsergänzungsgesetz 1 9 5 7 ; Kotier, MitbestimmungsErgänzungsgesetz 1958; GroßKomm.AktG/Oeffeer, Mitbestimmungsgesetz, 1 9 9 9 , 3 6 0 ff.

1. Der Erlaß des Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetzes 2 0 vom 7. August. 1956 3Z , derzeit gültig in der Fassung vom 23. Juli 2001 3 3 , war notwendig geworden, weil auch die Montanindustrie von der Unternehmenskonzentration ergriffen wurde, das MontanMitbestG nach seinem Wortlaut auf Konzernmütter aber nicht anwendbar war, sofern sie nicht selbst Bergbau betrieben oder Eisen oder Stahl erzeugten. Das Gesetz gilt für Unternehmen in der Rechtsform einer AG oder einer GmbH, die selbst nicht unter das MontanMitbestG fallen, die aber ein Unternehmen beherrschen, auf welches das MontanMitbestG anzuwenden ist. Es setzt weiter voraus, daß der Unternehmenszweck des Konzerns durch Montanunternehmen gekennzeichnet ist.34 Der nach dem MitbestEG zusammengesetzte Aufsichtsrat besteht 21 regelmäßig aus 15 Mitgliedern, und zwar 7 Vertretern der Anteilseigner, 7 Vertretern der Arbeitnehmer und einem weiteren, neutralen Mitglied, das wie der elfte Mann in Montanunternehmen von der Aufsichtsratsmehrheit selbst vorgeschlagen wird. In Unternehmen mit mehr als 25 Mio Euro Gesellschaftskapital kann die Satzung die Anzahl auf 21 erhöhen. Die Aufteilung der den Arbeitnehmern zustehenden Sitze und das Bestellungsverfahren sind durch das Änderungsgesetz vom 20.12.1988 3 5 grundlegend neugestaltet worden (§ 5 MitbestEG). In der Reform von 2001 wurde dann die Differenzierung nach Vertretern der Arbeiter und der Angestellten auch hier aufgegeben. Nach der jetzt geltenden Fassung müssen sich unter den sieben Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer fünf Arbeitnehmer aus den Konzern-

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BGBl 1,707. BGBl 1 , 1 8 5 2 . S$ 1 - 4 MitbestEG. BGBl 1 , 2 3 1 2 .

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Einl A. Geschichtlicher Überblick

unternehmen befinden. Im Gegensatz zum MontanMitbestG werden diese nicht von den Betriebsräten bindend vorgeschlagen und von der Anteilseignerversammlung nur pro forma gewählt. Vorschlagsberechtigt sind vielmehr die Arbeitnehmer selbst. Zu einem wirksamen Vorschlag bedarf es nach der Neuregelung der Unterschrift von mindestens einem Fünftel der wahlberechtigten Arbeitnehmer oder 100 wahlberechtigter Arbeitnehmer des Konzerns. Die Wahl erfolgt in Konzernen mit mehr als 8000 Arbeitnehmern in der Regel durch Delegierte. Sie folgt den Grundsätzen der Verhältniswahl. In Konzernen mit nicht mehr als 8000 Arbeitnehmern findet eine Urwahl statt, sofern die Arbeitnehmer nicht die Wahl durch Delegierte beschließen36. Auch die Delegierten werden in den Betrieben des Konzerns gemäß den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt37. Das unparteiische 15. oder 21. Mitglied wird im gleichen Verfahren wie nach dem MontanMitbestG von der Mehrheit der anderen Aufsichtsratsmitglieder vorgeschlagen und sodann von der Anteilseignerversammlung bestellt38. Wie nach dem MontanMitbestG ist ferner ein Arbeitsdirektor als gleichberechtigtes Mitglied des Vertretungsorgans zu bestellen, jedoch bedarf seine Wahl nicht einer gesonderten Zustimmung der Mehrheit der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat.39 22 Um zu verhindern, daß Konzernmütter, die zunächst unter das Gesetz fielen, für die infolge einer Veränderung der Konzernstruktur die Voraussetzungen des § 3 aber nachträglich weggefallen sind, aus der Montanmitbestimmung ausscheiden, wurde das Gesetz mehrfach geändert bzw ergänzt. Zunächst bestimmte die Änderung des § 16 durch die sog lex Rheinstahl vom 27.4.1967 4 0 , daß ein Unternehmen aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes erst herausfällt, wenn die Voraussetzungen des $3 in fünf aufeinanderliegenden Geschäftsjahren nicht mehr vorliegen. In einigen Fällen waren zu demselben Zweck Vereinbarungen zwischen den Unternehmensleitungen und den Gewerkschaften zur Aufrechterhaltung der Mitbestimmung getroffen worden41. Das sog Mitbestimmungsfortgeltungsgesetz vom 29.11.1971 42 ging darüber noch hinaus und schrieb vor, daß die

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§§ 6 , 7 , 1 0 c MitbestEG. § § 8 - 1 0 MitbestEG. $ 5 Abs 3 MitbestEG. $ § 1 3 MitbestEG iVm 13 MontanMitbestG; § 13 Abs 1 Satz 2 MitbestG ist nicht anzuwenden. BGBl 1 , 5 0 5 . Vgl zB das Lüdenscheider Abkommen vom 1 9 . 8 . 1 9 5 9 , BB 1 9 5 9 , 1 0 2 8 ; dazu Boldt RdA 1 9 6 0 , 6 5 ; Zehorti AG 1 9 6 0 , 2 4 3 , 2 6 7 ; ferner das Abkommen für die Ruhrkohle AG 1 9 6 9 . BGBl 1 , 1 8 5 7 .

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V. Das Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetz

Einl

wesentlichen Vorschriften des MitbestEG weiter solange anzuwenden sind, bis die Umsätze der unter das MontanMitbestG fallenden Konzernunternehmen und abhängigen Unternehmen in fünf aufeinanderfolgenden Jahren nicht mehr als 40 % der Umsätze sämtlicher Konzernunternehmen und abhängigen Unternehmen erreichen. Das MitbestFortgeltungsG ist inzwischen am 3 1 . 1 2 . 1 9 7 5 fristgemäß außer Kraft getreten. Am 2 1 . 5 . 1 9 8 1 4 3 wurde aus Anlaß der Neuordnung der Mannesmann-AG erneut eine Änderung des MontanMitbestG und des MitbestEG verabschiedet, wonach die Überleitung eines Unternehmens in den Geltungsbereich des MitbestG erst zulässig ist, nachdem die Voraussetzungen für die Montanmitbestimmung seit 6 Jahren weggefallen sind. Schließlich wurden die Anwendungsvoraussetzungen des MitbestEG im Änderungsgesetz von 1988 erneut herabgesetzt mit dem Ziel, die gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, daß neben der Salzgitter AG künftig auch die Mannesmann AG in den Anwendungsbereich des Gesetzes überführt werden können. 44 Allerdings erklärte das BVerfG das Gesetz im Urteil vom 2 . 3 1999 4 5 in dem dafür entscheidenden Punkt - der Festsetzung der für die Anwendung des Gesetzes maßgeblichen Zahl der in dem Konzern insgesamt im Montanbereich beschäftigten Arbeitnehmer auf lediglich mehr als 2 0 0 0 - für mit dem Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG unvereinbar und daher verfassungswidrig, weil damit in großen Konzernen der Montanbezug nicht ausreichend belegt wird. Die Folge ist, daß auch die Salzgitter AG aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes herausfällt und ihm daher gegenwärtig kein Unternehmen mehr unterliegt. 46 2. Bei einem Vergleich des MitbestG mit dem älteren MitbestEG 2 3 fällt die Ähnlichkeit beider Gesetze auf. Sie erklärt sich daraus, daß einerseits die Gesetzesverfasser des MitbestG sich weithin an das Vorbild des MitbestEG gehalten haben, andererseits das MitbestEG im Zug der Änderung von 1988 stark an das MitbestG angeglichen wurde. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats richtet sich im MitbestEG noch nach dem MontanMitbestG. Dagegen verzichtete schon $ 13 Abs 1 MitbestEG auf das Vetorecht der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat bei der Wahl des Arbeitsdirektors, das auch § 33 MitbestG nicht mehr übernahm.

43 44 45 46

BGBl 1,441. Vgl dazu Wißmann DB 1989,426. BVerfE 9 9 , 3 6 7 = RdA 1999,389 mit Anm Kaiser = ZIP 1999,410 ff. Raiser aaO 397.

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Einl A. Geschichtlicher Überblick

VI. Die Vorgeschichte des MitbestG 1. Das Wiedererwachen der Mitbestimmungsforderungen zu Beginn der 60er Jahre wurde vorbereitet und begleitet durch eine Anzahl von sozialwissenschaftlich-empirischen Untersuchungen über die Wirkungsweise und die Bewährung der Montanmitbestimmungsgesetze. Sie kamen mit wenigen Abstrichen in bezug auf die Institutionen des elften Mannes im Aufsichtsrat und des Arbeitsdirektors im wesentlichen zu günstigen Ergebnissen. 47 25 2. Eine breite Literatur beschäftigte sich weiter mit den ideellen Grundlagen, der sozialethischen und sozialpolitischen Rechtfertigung der Mitbestimmung. Ihre Befürworter argumentierten, sie werde die im arbeitsteiligen Produktionsprozeß unvermeidliche Fremdbestimmtheit der Arbeit mindern und mildern, eine Kontrolle der mit der Entscheidungsbefugnis im Unternehmen verknüpften Macht bewirken und auf diese Weise Spielräume zur Sicherung der persönlichen Freiheit schaffen. Auch werde sie die Arbeitsmoral günstig beeinflussen und die noch immer herrschende Klassenkampfmentalität zugunsten des gegenseitigen Verstehens, der Kooperationsbereitschaft und der einvernehmlichen Klärung von Interessenkonflikten brechen. Ferner begünstige sie eine gerechtere Verteilung des Produktionsertrags. Nicht zuletzt sei sie politisch erwünscht, weil sie das Engagement der Arbeitnehmerschaft und ihr Verantwortungsbewußtsein fördere und auf diese Weise mittelbar auch die staatliche Demokratie sichere und stärke, die durch unzufriedene, unter unbeeinflußbaren Macht- und Autoritätsstrukturen in eine Objektsituation gedrängte Menschen von innen heraus gefährdet werde. 48 24

47

Vgl Pirker/Braun/Lutz/Hammelrath, Arbeiter - Management - Mitbestimmung. Eine industriesoziologische Untersuchung der Struktur der Organisation und des Verhaltens der Arbeiterbelegschaften in Werken der deutschen Eisen- und Stahlindustrie, für die das Mitbestimmungsgesetz gilt, 1 9 5 5 ; Popitz/ Bahrdtßures/Kesting, Das Gesellschaftsbild des Arbeiters. Soziologische Untersuchungen in der Hüttenindustrie, 3. Aufl 1 9 6 7 ; Neuloh, Der neue Betriebsstil - Untersuchungen über Wirklichkeit und Wirkungen der Mitbestimmung, 1 9 6 0 ; Blume, Zehn Jahre Mitbestimmung - Versuch einer Bestandsaufnahme, in: Potthoff/BlumefDuvernell, Zwischenbilanz der Mitbestimmung, 1 9 6 2 , 5ff; Voigt, Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Unternehmungen; eine Analyse der Einwirkungen der Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland auf die Unternehmensführung, in: Weddigen, Zur Theorie und Praxis der Mitbestimmung, Bd I, 1 9 6 2 , 8 7 ff; Bericht der Mitbestimmungskommission, BTDrucks VI/334 (1970); Brinkmann-Herz, Entscheidungsprozesse in den Aufsichtsräten der Montanindustrie, 1 9 7 2 ; Tegtmeier, Wirkungen der Mitbestimmung der Arbeitnehmer, 1 9 7 3 .

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Vgl aus der unübersehbaren Literatur Kunze/Christmann

14

(Hrsg), Wirtschaft-

Einl VI. Die Vorgeschichte des MitbestG

Die Gegner dieser Auffassung warnten auf der anderen Seite davor, 2 6 die Folgen einer erweiterten Mitbestimmung allzu idealistisch vorzustellen. Sie meinten, ein MitbestG werde die gewünschte Emanzipation von den Systemzwängen der arbeitsteiligen Wirtschaft nicht leisten, weil sie Aufgaben und Verantwortung nur für wenige Arbeitnehmer begründe, diese aus dem Kreis der übrigen heraushebe und die allgemeine Situation nicht verändere. Viel eher sei, gewollt oder ungewollt, eine Akkumulation wirtschaftlicher Macht in den Händen der Gewerkschaften zu erwarten, die dadurch in die Lage versetzt würden, eine zentrale Wirtschaftslenkung aufzubauen, die den Bestrebungen einer Demokratisierung der Wirtschaft gerade zuwiderlaufe. 4 9 Von marxistischer Seite wurden die Mitbestimmungsforderungen vor allem unter dem Gesichtspunkt analysiert, ob sie sich als Mittel auf dem Weg zur proletarischen Revolution eignen. 5 0 3. Neben die gesellschaftspolitischen traten wirtschaftspolitische Analysen u n d P r o g n o s e n über die vermutlichen Auswirkungen einer erweiterten Mitbestimmung auf die Produktivität der Unternehmen und der Volkswirtschaft im Ganzen sowie auf das System der sozialen Marktwirtschaft. Es wurde die Befürchtung geäußert, die erweiterte Mitbestimmung führe einerseits zu einer Politisierung, andererseits

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liehe Mitbestimmung im Meinungsstreit, 2 Bde, 1964; Nemitz/Becker (Hrsg), Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, 1967, mit Aufsätzen ua von Koch, Mitbestimmung als gesellschaftspolitische Aufgabe; Leminsky, Die qualifizierte Mitbestimmung innerhalb der gewerkschaftlichen Ordnungsvorstellungen; Weisser, Mitbestimmung als eine notwendige Folgerung aus heutigem freiheitlichem Sozialismus; Nemitz, Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, ferner zahlreiche Arbeiten von v. Nell-Breuning, zB Mitbestimmung, 1968; ders, Streit um die Mitbestimmung, 1968; Weis, Wirtschaftsunternehmen und Demokratie, 1970; Steinmann, Das Großunternehmen im Interessenkonflikt, 1969; Biedenkopf, Mitbestimmung, Beiträge zur ordnungspolitischen Diskussion, 1972; Th. Raiser, Paritätische Mitbestimmung in einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung, JZ 1974, 273; rückblickend: Bocksch, Sozialethik und Mitbestimmungsgesetzgebung. Zum Einfluß christlicher Soziallehren, 1994. Vgl statt aller Wirtschaftliche Mitbestimmung und freiheitliche Gesellschaft. Eine Stellungnahme des Arbeitskreises Mitbestimmung bei der BDA zu den gewerkschaftlichen Forderungen, 1965; ferner das Sammelwerk Mitarbeiten, Mitverantworten, Mitbestimmen (Hrsg W. Raymond-Stiftung), 1966, mit Abhandlungen ua von Merkle, Die Forderungen auf erweiterte Mitbestimmung aus betrieblicher Sicht - Mitwirken, Mitgestalten, Mitbestimmen; E. Küng, Mitbestimmung, die gesellschaftliche und wirtschaftliche Ordnung. Vgl Institut für Marxistische Studien und Forschungen, Frankfurt/M., Mitbestimmung als Kampfaufgabe, 1971. 15

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Einl A. Geschichtlicher Überblick

zu einer Bürokratisierung der unternehmerischen Entscheidungsprozesse, welche die Flexibilität der Unternehmensleitungen auf dem Markt und die Anpassung an veränderte wirtschaftliche Umstände vermindern werde. Die Rentabilität der Unternehmen werde auch deshalb zurückgehen, weil sich der unternehmerische Entscheidungsprozeß nicht mehr in erster Linie am Gesamtinteresse und am wirtschaftlichen Optimum orientieren werde, sondern an den speziellen Interessen der beteiligten Gruppen. Nicht zuletzt werde die veränderte Zielfunktion der Unternehmen das System der Marktwirtschaft in Frage stellen. 51 28 4. Eine Gruppe von wissenschaftlichen Untersuchungen betraf schließlich die Rechtsfragen, welche die Mitbestimmung im Zusammenhang mit dem geltenden Verfassungs-, Gesellschafts- und Arbeitsrecht aufwarf. Es wurde deutlich, daß die Beteiligung von gewählten Arbeitnehmervertretern an den Aufs ich tsräten wichtige Grundstrukturen des Gesellschafts- und Arbeitsrechts relativierte und zu einer neuen systematischen Kategorie Unternehmens- oder Unternehmensverfassungsrecht hin tendierte.52 Von nachhaltiger Wirkung waren ferner die ersten kritischen Äußerungen zur Vereinbarkeit der paritätischen Mitbestimmung mit der Eigentumsgarantie des Art 14 GG und mit dem in Art 9 Abs 3 GG verankerten System des kollektiven Arbeitsrechts, welche die nachfolgenden verfassungsrechtlichen Kontroversen zu dieser Frage einleiteten. 53

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Vgl statt aller Zeitel, Die Mitbestimmung - Auswirkungen auf Wettbewerb und Wirtschaftswachstum in Verbindung mit d e m unternehmerischen Entscheidungsprozeß, in: Mitarbeiten, Mitverantworten, Mitbestimmen (Fußn 47); ferner die bei Rdn 2 4 und 25 zitierte Literatur; siehe auch Lutter, Unternehmensverfassung und Wettbewerbsordnung, BB 1 9 7 5 , 6 1 9 .

52

Vgl Rdn 3 7 ff; ferner: Untersuchungen z u r Reform des Unternehmensrechts, Bericht der Studienkommission des Dt. Juristentags II, 1 9 5 7 ; Wiethölter, Unternehmensverfassungsrecht, Juristenjahrbuch 1 9 6 6 / 1 9 6 7 , 162; Marburger Gespräch über E i g e n t u m - Gesellschaftsrecht - Mitbestimmung, 1 9 6 7 ; v. N ell-Breuning, Unternehmens Verfassung, FS Kronstein 1 9 6 7 , 4 7 ; Boettcherj Hax ua, Unternehmensverfassung als gesellschaftspolitische Forderung, 1 9 6 8 ; Kunze, Wirtschaftliche Mitbestimmung als Legitimationsproblem, 1 9 7 0 ; Hanau, Arbeitsrechtliche Probleme der paritätischen Mitbestimmung, BB 1 9 6 9 , 1 4 9 7 ; Raiser, Das U n t e r n e h m e n als Organisation, 1 9 6 9 ; Heintzeler, Wirtschaftsverfassung und Mitbestimmung, 1 9 7 1 .

53

Vgl Rdn 4 0 ff; ferner Biedenkopf, Auswirkungen der Unternehmensverfassung auf die Grenzen der Tarifautonomie, FS Kronstein 1 9 6 7 , 7 9 ; E.R. Huber, Grundgesetz und wirtschaftliche Mitbestimmung, 1 9 7 0 ; Zöllner/Seiter, Paritätische Mitbestimmung und Artikel 9 Abs 3 GG, 1 9 7 0 ; v. Plessen, Qualifizierte Mitbestimmung und Eigentumsgarantie, 1 9 6 9 .

16

Einl VI. Die Vorgeschichte des MitbestG

5. Alle vorangehenden Untersuchungen gipfelten 1970 in dem Be- 29 rieht der von der Bundesregierung einberufenen, aus neun Professoren der Wirtschaftswissenschaften und des Rechts54 zusammengesetzten Mitbestimmungskommission (sog B/ede«/eop/-Kommission), die nach umfangreichen eigenen Befragungen den gesamten Argumentationshaushalt zusammenstellte und kritisch verarbeitete.55 Der Bericht wurde bald zur maßgebenden Grundlage für alle weiteren öffentlichen und politischen Auseinandersetzungen zur Mitbestimmung. Die Kommission empfahl das im einzelnen ausgearbeitete und begründete Modell einer neuen Ordnung für Großunternehmen, welches die Erweiterung der Mitbestimmung im Aufsichtsrat bis knapp unter die Grenze der Parität vorsah. Von insgesamt 12 Aufsichtsratsmitgliedern sollten 6 von den Anteilseignern und 4 von den Arbeitnehmern gestellt werden. Die restlichen zwei sollte der Aufsichtsrat selbst kooptieren, so daß bei einer Verständigung der beiden Gruppen damit zu rechnen war, daß jede Gruppe eines von ihnen benannte, der Gruppenproporz im Ergebnis demnach 7:5 betrug. Im Vertretungsorgan sollte ein Mitglied, das im Gegensatz zu $ 13 Abs 1 Satz 2 MontanMitbestG allerdings nicht vom besonderen Vertrauen der Arbeitnehmerseite abhängig sein sollte, kraft Gesetzes für das Personalwesen zuständig sein. Zusammen mit einer Anzahl weiterer Vorschläge zur Verbesserung der Kommunikation zwischen Vertretungsorgan und Arbeitnehmerschaft sollte das Modell den Vertretern der Kapitalseite im Aufsichtsrat zwar die Mehrheit zuweisen, aber „unter Bedingungen, die eine Überstimmung der Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat nachhaltig erschweren und deshalb nur für solche Situationen ermöglichen sollen, in denen eine Durchsetzung der von den Anteilseignern für unerläßlich gehaltenen Entscheidungen möglich bleiben muß". 56 Einzelheiten der Empfehlungen sind im folgenden bei den Vorbemerkungen zu den einzelnen Paragraphen des MitbestG dargestellt. Die Begründung der Kommission ging im Kern dahin, die Ent- 30 scheidungsfähigkeit des Aufsichtsrats müsse durch ein leichtes Übergewicht einer Seite sichergestellt werden, da sich die Institution des unparteiischen elften Mannes in der Montanindustrie nicht bewährt habe, die Stimmengleichheit im Aufsichtsrat aber zu einem für das Unternehmen schädlichen Patt zwischen den Gruppen führen könne. Das Übergewicht der Anteilseignerseite rechtfertigt sie mit der Über-

54

55 56

Ballerstedt, Biedenkopf, Gutenberg, Jürgensen, Krelle, Mestmäcker, Reinhardt, Willgerodt. BTDrucks VI/334. AaOTeil V B N r 15.

Voigt,

17

Einl A. Geschichtlicher Überblick

legung, deren Interesse an der Rentabilität des eingebrachten Kapitals und ihre gesellschaftsrechtliche Haftung böten eine bessere Gewähr für die rationale und erfolgreiche Unternehmenspolitik als die Interessen der Arbeitnehmer. Die Steuerbarkeit der Unternehmen durch den marktwirtschaftlichen Prozeß setze voraus, daß die Risiken des Verlusts und die Haftungsregeln sich auf das Verhalten der Unternehmen auswirken. 57 31 6. Im politischen Bereich war die Entwicklung seit etwa 1968 dadurch gekennzeichnet, daß die politischen Parteien und deren Unterorganisationen, Gewerkschaften, Unternehmensverbände sowie zahlreiche andere Gruppen, Verbände und Institutionen immer neue Modelle für eine erweiterte Mitbestimmung entwarfen. Sie stimmten überwiegend darin überein, die Mitbestimmung wie bisher im Aufsichtsrat anzusiedeln. Ein demgegenüber von einer Gruppe von Wissenschaftlern veröffentlichter Vorschlag, eine mit Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer besetzte Unternehmensversammlung als oberstes Unternehmensorgan zu bilden 58 , blieb in der öffentlichen Diskussion demgegenüber ohne nachhaltige Resonanz. 32 Die Modellvorschläge der Gewerkschaften sowie der SPD 5 9 gingen durchweg von der paritätischen Besetzung des Aufsichtsrats aus und sahen in Anlehnung an die Montanmitbestimmung eine dritte Bank neutraler Mitglieder oder die Institution des unparteiischen elften Mannes vor.60 Demgegenüber brachten die auf dem Freiburger Parteitag 1971 verabschiedeten Thesen der FDP ein neues Element in die Debatte, indem sie den leitenden Angestellten („Faktor Disposition") neben den Faktoren Kapital und Arbeit eine eigene Repräsentanz im Aufsichtsrat zubilligten. 61 Der 1971 von der Bundestagsfraktion der CDU/CSU eingebrachte Entwurf eines neuen Betriebsverfassungs-

57

AaO Nr 15, 16. Z u r Kritik am Gutachten der Kommission vgl das Sammelwerk von Böhm/Briefs (Hrsg), Mitbestimmung - Ordnungselement oder politischer Kompromiß, 1 9 7 1 ; Raiser, Marktwirtschaft und paritätische Mitbestimmung, 1 9 7 3 ; Fleischmann, Mitbestimmung und volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie Hondrich, Mitbestimmung und Funktionsfähigkeit von Unternehmen, beide in: Vetter (Hrsg), Mitbestimmung, Wirtschaftsordnung, Grundgesetz, 1 9 7 6 , 9 2 , 1 2 6 .

58

Boettcher/Hax ua, Unternehmungsverfassung als gesellschaftspolitische Forderung (sog Sechser-Bericht), 1 9 6 8 ; vgl ferner v. Nell-Breuning, Unternehmungsverfassung, FS Kronstein 4 7 ff. BTDrucks V/3657. Die Modellvorschläge und Gesetzentwürfe sind abgedruckt bei Schwerdtfeger, Mitbestimmung in privaten Unternehmen, 1 9 7 3 ; Fitting/Wlotzke/Wißmann, 2. Aufl, Vorbem, Rdn 4 4 ff.

59 60

61

Vgl Flach/Maihofer/Scheel, Die Freiburger Thesen der Liberalen, 1 9 7 1 .

18

VII. Die Entstehung des MitbestG

Einl

gesetzes 62 empfahl in Anlehnung an die Empfehlungen der Mitbestimmungskommission eine Besetzung des Aufsichtsrats im Verhältnis 7 : 5 zugunsten der Anteilseigner. Demgegenüber beschloß der Hamburger Parteitag der CDU 1973 ein neues Modell, das die paritätische Besetzung des Aufsichtsrats, jedoch unter Berücksichtigung der leitenden Angestellten auf der Arbeitnehmerseite, vorsah.63 VII. Die Entstehung des MitbestG 1. Die unmittelbare Entstehungsgeschichte des MitbestG beginnt 33 mit der Regierungserklärung der Bundesregierung vom 18.1.1973 6 4 , in der die Weiterentwicklung des Unternehmensrechts im Sinne der Mitbestimmung der Arbeitnehmer nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Gleichgewichtigkeit von Arbeitnehmern und Anteilseignern angekündigt wurde. Nach längeren Koalitionsverhandlungen, in denen die unterschiedlichen Auffassungen zwischen SPD und FDP ausgeglichen werden mußten, kam im Januar 1974 ein Kompromiß zustande, aufgrund dessen das Bundeskabinett am 20.2.1974 den Regierungsentwurf verabschiedete.65 Schon im Bundesrat stieß der Entwurf auf grundsätzliche Einwände, die sich vor allem gegen die mittelbare Wahl und gegen den Verzicht auf ein besonderes Pattauflösungsverfahren richteten. Der Bundesrat hielt den RegE für zustimmungsbedürftig und empfahl mit der Mehrheit der von der CDU/CSU regierten Länder seine Zurücknahme.66 Nicht weniger heftig war die Kritik, auf welche der Entwurf bei den 3 4 betroffenen Verbänden und in der Wissenschaft stieß, und die sich zum einen in der öffentlichen Diskussion, zum anderen in den vom zuständigen BT-Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung am 16.10., 4. und 7.11. sowie 19.12.1974 veranstalteten Hearings artikulierte.67 Die Kritik der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften verlief in die entgegengesetzte Richtung. Die Vertreter der BDA und des BDI erklärten vor allem, die mittelbare Wahl begünstige einseitig die Gewerkschaften und verschaffe ihnen eine auch im Hinblick auf die Neutralität des Staats bedenkliche Macht. Ferner gefährde der Mangel eines Pattauflösungsverfahrens die Entscheidungsfähigkeit des Auf-

62 63 64 65

65 67

BTDrucks VI/1806. Einzelheiten bei Fitting/Wlotzke/Wißmann Vorbem Rdn 5 9 ff. Sten. Bericht des 7. Dt. Bundestages, 1 3 1 . BTDrucks 7 / 2 1 7 2 ; BRDrucks 2 0 0 / 7 4 ; vgl Arendt, Prot, der III. Sitzung des 7. Dt. Bundestages 7 4 6 0 ff; Wlotzke AuR 1 9 7 4 , 2 2 5 ff. BTDrucks 7 / 2 1 7 2 , 3 1 . Prot. Nr 5 1 , 5 2 , 5 5 und 6 2 .

19

Einl A. Geschichtlicher Überblick

sichtsrats und damit die Funktionsfähigkeit des Unternehmens. Die Einwände des DGB richteten sich demgegenüber dagegen, daß der Entwurf den Gewerkschaften keine Entsendungs-, sondern nur Vorschlagsrechte zubilligte. Auch gewähre er keine echte Parität, weil er zum einen die Zuständigkeit der Anteilseignerversammlung nicht antaste und zum anderen im Aufsichtsrat den leitenden Angestellten Sitz und Stimme auf der Arbeitnehmerseite gewähre, deren Interessen sie eher auf die Seite der Anteilseigner wiesen. 35 In der Wissenschaft wurde namentlich die Unausgewogenheit des Gesetzes und seine mangelnde Harmonisierung mit dem geltenden Gesellschafts- und Arbeitsrecht gerügt. 68 In den Vordergrund trat daneben alsbald die Kontroverse über die Vereinbarkeit des Entwurfs mit dem Grundgesetz, die in der Anhörung von 12 Sachverständigen vor dem BT-Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung am 1 9 . 1 2 . 1 9 7 4 6 9 ihren Höhepunkt fand. Die gegen die Entwürfe erhobenen Einwände sind in diesem Kommentar in den Vorbemerkungen zu den einzelnen Paragraphen, die verfassungsrechtlichen und unternehmensrechtlichen Fragen im folgenden Abschnitt der Einleitung dargestellt. 70 36 2. Das Ergebnis der Anhörungen vor dem BT-Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung und die anschließenden Ausschußberatungen führten zu neuen Differenzen zwischen den Koalitionsparteien, namentlich hinsichtlich des Wahlverfahrens, der Repräsentation der leitenden Angestellten und der Auflösung des Patts im Aufsichtsrat. Sie konnten in einer neuen Koalitionseinigung im Dezember 1975 beseitigt werden, welche den Entwurf in wichtigen Punkten abänderte und namentlich die Urwahl für Unternehmen bis zu 8 000 Arbeitnehmern (§ 9), die Gruppenwahl (§§ 10 Abs 1 , 1 5 Abs 3), die Verhältniswahl und eine Verstärkung des Minderheitenschutzes für leitende Angestellte (§15 Abs 1 und 4 Nr 3) sowie die zweite Stimme des Aufsichtsratsvorsitzenden bei Stimmengleichheit im Aufsichtsrat (§§29 Abs 2, 31 Abs 4) einführte. Ferner wurde die Vorschrift über den Personalvorstand an die Institution des Arbeitsdirektors nach § 13 MitbestEg angeglichen. 71 Während der anschließenden Ausschußberatungen wurde eine Anzahl weiterer Änderungen eher technischer Natur eingefügt. 72 Wichtige Änderungsanträge der CDU/CSU-Fraktion, die darauf ab-

68 69 70

71 72

Siehe unten Rdn 5 5 ff. Protokoll N r 6 2 . Rdn 4 0 ff. Zusammenfassende Darstellungen des Gesetzgebungsprozesses finden sich bei Stollreither, Mitbestimmung 2 2 1 ff und bei Fitting/Wlotzke/ Wißmann, 2. Aufl, Vorbem Rdn 6 2 ff. Siehe $ 3 3 Rdn 2. Vgl die Gegenüberstellung in BTDrucks 7 / 4 7 8 7 .

20

Einl I. Grundsätzliches

zielten, die Urwahl generell vorzusehen, das Vorschlagsmonopol der Gewerkschaften für die unternehmensexternen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu beseitigen und das Übergewicht der Anteilseigner im Aufsichtsrat durch die Zulassung der Stimmrechtsübertragung abzusichern 73 fanden weder im Ausschuß noch im Bundestagsplenum eine Mehrheit. Gleichfalls abgelehnt wurde ein von drei CDU/CSUAbgeordneten gestellter Antrag, unter Rückgriff auf die Regelung des MontanMitbestG ein unparteiisches Mitglied des Aufsichtsrats einzuführen, das vom Aufsichtsrat selbst kooptiert wird. 74 Am 1 8 . 3 . 1 9 7 6 verabschiedete der Bundestag in zweiter und dritter Lesung die vom Ausschuß beschlossene Fassung mit großer Mehrheit sämtlicher Parteien bei 22 Gegenstimmen und einer Stimmenthaltung. 75 Im Bundesrat lief das Gesetz am 9 . 4 . 1 9 7 6 durch, ohne daß an der Zustimmungsbedürftigkeit festgehalten oder der Vermittlungsausschuß angerufen wurde. 76 Das Gesetz wurde am 8 . 5 . 1 9 7 6 verkündet und trat gemäß § 4 1 am 1 . 7 . 1 9 7 6 in Kraft.

B. Das Mitbestimmungsgesetz im Rahmen des geltenden Verfassungs-, Arbeits- und Gesellschaftsrechts I. Grundsätzliches Schrifttum Ballerstedt, GmbH-Reform, Mitbestimmung und Unternehmensrecht, ZHR 135 (1971), 4 7 9 ; ders, Das Mitbestimmungsgesetz zwischen Gesellschafts-, Arbeits- und Unternehmensrecht, ZGR 1977, 133; Böhm, Das wirtschaftliche Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer im Betrieb, ORDO IV, 1951, 21; ders, Der Zusammenhang zwischen Eigentum, Arbeitskraft und dem Betreiben eines Unternehmens, FS Kronstein 1967, 11; Brecher, Das Unternehmen als Rechtsgegenstand, 1953; Buchner, Paritätische Mitbestimmung: Der Weg zu einer neuen Unternehmens- und Arbeitsordnung, ZfA 1974, 147; Duden, Das Unternehmen, Menschen und Mittel, FS Barth 1971, 7; ders, Zur Methode der Entwicklung des Gesellschaftsrechts zum „Unternehmensrecht", FS Schilling

73 74 75 76

Vgl BTDrucks 7 / 4 8 8 7 . Vgl Ausschußbericht BTDrucks 7 / 4 8 4 5 , 4 . Protokoll der 2 3 0 . Sitzung 16091. Protokoll der 4 3 3 . Sitzung, 141.

21

Einl

B. Das MitbestG im Verfassungs-, Arbeits- und Gesellschaftsrecht

1973, 309; Flume, Um ein neues Unternehmensrecht, 1980; ders, Unternehmen und juristische Person, FS Beitzke 1979, 43; J. v. Gierke, Das Handelsunternehmen, ZHR 111,1; Kunze, Wirtschaftliche Mitbestimmung als Legitimationsproblem, 1970; ders, Bemerkungen zu Inhalt und Methode einer Unternehmensrechtsreform, FS Geßler 1971,47; Martens, Das Unternehmen und seine Ordnung, RdA 1972, 269; v. Nell-Breuning, Unternehmensverfassung, FS Kronstein 1967, 47; Raisch, Unternehmensrecht Bd 2,1974; Raiser, Das Unternehmen als Organisation 1969; ders, Marktwirtschaft und paritätische Mitbestimmung, 1973; ders, Zukunft des Unternehmensrechts, FS Fischer 1979, 561; ders, Unternehmensziele und Unternehmensbegriff, ZHR 144 (1980), 206; ders, Theorie und Aufgaben des Unternehmensrechts in der Marktwirtschaft, ZRP 1981, 30; Reinhardt, Vom Gesellschaftsrecht zum Unternehmensrecht?, FS Hartmann 1976, 213; Richardi, Mitbestimmung - das nicht gelöste Ordnungsproblem, AG 1979, 29; Rittner, Die paritätische Mitbestimmung und das Gesellschaftsrecht, JZ 1975, 457; ders, Aktiengesellschaft oder Aktienunternehmen?, ZHR 144 (1980), 330; Schilling, Rechtsform und Unternehmen. Ein Beitrag zum Verhältnis von Gesellschafts- und Unternehmensrecht, FS Duden 1977, 537; ders, Das Aktienunternehmen, ZHR 144 (1980), 136; Ulmer, Der Einfluß des Mitbestimmungsgesetzes auf die Struktur von AG und GmbH, 1979; H. P. Westermann, Unternehmensverfassung und Gesellschaftsrecht, FS H. Westermann 1974, 563; Wiedemann, Grundfragen der Unternehmensverfassung, ZGR 1975, 385; ders, Das Mitbestimmungsgesetz zwischen Gesellschafts-, Arbeits- und Unternehmensrecht, ZGR 1977,160; ders, Die Zukunft des Gesellschaftsrechts, FS Fischer 1979,883; Wiethölter, Unternehmensverfassungsrecht, Juristenjahrbuch 1966/67,162. 37

Die starken ideologischen und politischen Spannungen, welche die Vorgeschichte des MitbestG kennzeichneten, erklären sich in erster Linie aus dem Umstand, daß die Mitbestimmung ein neues, Strukturen und Stil veränderndes Element in die traditionelle Unternehmens- und Wirtschaftsordnung einfügt. Der herkömmliche, im 19. Jahrhundert ausgeprägte Unternehmensaufbau identifiziert das Unternehmen rechtlich mit der Person des Eigentümers bzw der Gesellschaft der Anteilseigner. Der Einzelkaufmann oder die Gesellschaft erscheinen als Träger des Unternehmens, die es betreiben und dafür verantwortlich sind, während das Unternehmen selbst als ein unselbständiger Annex und ein Vermögensobjekt in ihrer Hand gilt. 7 7 Daher erstreckt sich die Leitung der Gesellschaft ohne weiteres auch auf die Unternehmensführung; Unternehmensleiter sind entweder die Anteilseigner selbst oder die von diesen nach Maßgabe der gesellschaftsrechtlichen Vorschriften berufenen Personen. Auch im Hinblick auf die Rechtsbeziehungen zu Dritten und zum Staat bleibt das Unternehmen ein Anhängsel der Gesellschaft, welche allein die Rechtsfähig-

77

Vgl statt aller Brecher, Das Unternehmen als Rechtsgegenstand, 1953; J. v. Gierke, Das Handelsunternehmen, ZHR 111,1 ff.

22

Einl I. Grundsätzliches

keit besitzt, die eine reibungslose Teilnahme am Rechtsverkehr ermöglicht. Auch die Arbeitnehmer bleiben in diesem System außenstehende 3 8 Dritte, die an der Leitung des Unternehmens und an der Legitimation der mit der Unternehmensleitung verbundenen Herrschaft nicht teilnehmen. 78 Der Arbeitsvertrag ist ein durch soziale Elemente angereicherter schuldrechtlicher Austauschvertrag, der den Interessengegensatz zwischen Arbeitnehmern und Anteilseignern, nicht deren Zusammenwirken und gemeinsames Interesse am Unternehmen betont. Arbeitsrecht und Gesellschaftsrecht sind soziologisch und dogmatisch weit voneinander entfernte Bereiche, in deren Unterscheidung sich der Klassengegensatz zwischen Arbeitnehmern und Kapitalisten und die Strukturprinzipien der kapitalistischen Wirtschaftsordnung verfestigt haben. Obgleich die Mitbestimmungsbewegung von Anfang an darauf gerichtet war, dieses Schema aufzubrechen, 79 beherrscht es die rechtlichen Strukturen und Denkvorstellungen bis heute kaum angefochten. Selbst das Betriebsverfassungsgesetz, das darüber hinausweist, führte nicht zu einer grundsätzlichen Revision der dogmatischen Positionen. Den einzigen Bruch der Konzeption, einen nicht zu leugnenden Fall 3 9 der inneren Verknüpfung von Arbeits- und Gesellschaftsrecht, bildet die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat, die deshalb von manchen Autoren, namentlich der neoliberalen Schule, als systemwidrig abgelehnt wird.80 Die Mehrzahl der Autoren in der Rechtswissenschaft sah angesichts der Minderheitsposition der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat nach §§ 76ff BetrVG 1952 jedenfalls keinen Anlaß, das traditionelle System grundsätzlich zu revidieren.81 Demgegenüber impliziert die Idee der gleichberechtigten und gleichgewichtigen Mitbestimmung eine Umverteilung der Herrschaftsbefugnisse im Unternehmen, welche die überkommene kapitalistische Unternehmensordnung in ihren Grundlagen erschüttert. 82 Auch die im MitbestG realisierte unterparitätische Lösung geht immerhin so weit, daß sie eine Weiterentwicklung der dogmatischen Lehren vom Unternehmen verlangt, welche die geänderte Rechtslage verarbeitet. Der Wandel drückt sich im gebräuchlich gewordenen Sprachgebrauch von Unternehmensrecht oder Unternehmensverfassungsrecht anstatt

78 79 80

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Vgl Kunze, Wirtschaftliche Mitbestimmung als Legitimationsproblem, 1 9 7 0 . Vgl oben Rdn 6 ff. Vgl vor allem die Schriften von Franz Böhm, zB ORDO IV, 1 9 5 1 , 2 1 ; ders, FS Kronstein 11 ff. Vgl statt aller Reinhardt, FS H a r t m a n n 2 1 3 ; Rittner J Z 1 9 7 5 , 4 5 7 ; Wiedemann Z G R 1 9 7 5 , 3 8 5 ; ders Z G R 1 9 7 7 , 1 6 0 . Raiser, Marktwirtschaft und paritätische Mitbestimmung 5 8 ff.

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Einl B. Das MitbestG im Verfassungs-, Arbeits- u n d Gesellschaftsrecht

von Gesellschaftsrecht aus. 8 3 Er ist in der Rechtswissenschaft jedoch umstritten. 8 4 Das neuere Schrifttum tendiert zu der Aussage, daß auch das MitbestG angesichts der Zweitstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden keinen strukturellen Durchbruch vom Gesellschaftsrecht z u m Unternehmensrecht gebracht habe. 8 5

II. Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung des MitbestG Schrifttum Aus der Zeit vor dem Mitbestimmungsurteil des Bundesverfassungsgerichts: Badura, Der Regierungsentwurf eines Mitbestimmungsgesetzes - Verfassungsrechtliche Einwände ZfA 1974, 357; Badura/Rittner/Rüthers, Mitbestimmungsgesetz 1976 und Grundgesetz, 1977; Biedenkopf, Auswirkungen der Unternehmensverfassung auf die Grenzen der Tarifautonomie, FS Kronstein 1967, 79; Chlosta, Der Wesensgehalt der Eigentumsgewährleistung unter besonderer Berücksichtigung der Mitbestimmungsproblematik, 1975; Däubler, Das Grundrecht auf Mitbestimmung, 3. Aufl. 1975; Grasmann, Die paritätische Mitbestimmung, DB-Beilage Nr 21/75; Heintzeler, Wirtschaftsverfassung und Mitbestimmung, 1971; E. R. Huber, Grundgesetz und wirtschaftliche Mitbestimmung, 1970; Jarass, Mitbestimmung und grundgesetzliche Wirtschaftsverfassung, ZHR 139 (1975), 557; H. Krüger, Paritätische Mitbestimmung, Unternehmensverfassung und Mitbestimmung der Allgemeinheit, 1973; Kübler/ Schmidt/Simitis, Mitbestimmung als gesetzgebungspolitische Aufgabe. Zur Verfassungsmäßigkeit des Mitbestimmungsgesetzes 1976, 1978; 0. Kunze, Unternehmensrecht, paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz, AuR 1976, 193; Lerche, Mitbestimmungsgesetz und Rationalität, FS Ipsen 1977, 437; Mestmäcker, Über Mitbestimmung und Vermögensverteilung, 1973; Papier, Unternehmen und Unternehmer in der verfassungsrechtlichen Ordnung der Wirtschaft, W D StRL 35 (1977), 55; ders, Mitbestimmungsgesetz und Verfassungsrecht, ZHR

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85

Raiser, Das Unternehmen als Organisation 13 ff; vgl auch ders, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl 2001,23 ff. Vgl statt aller Ballerstedt ZHR 135 (1971), 479; ders ZGR 1977, 133; Duden FS Barth 7; ders FS Schilling 309; Kunze FS Geßler 47; Martens RdA 1972,269; v. Nell-Breuning, FS Kronstein 47; Raisch Unternehmensrecht Bd 2, 76 ff; H. R Westermann FS H. Westermann 563; Wiethölter Juristenjahrbuch 1966/67, 162; Schilling FS Duden 537; ders ZHR 144 (1980), 136; Raiser FS Fischer 561; ders ZHR 144 (1980), 206; ders ZRP 1981, 30; ders Recht der Kapitalgesellschaften $ 6; K. Schmidt, Handelsrecht §§ 3 I, 4; ders, Gesellschaftsrecht § 1 II; Bydlinski, Handels- oder Unternehmensrecht, 1990. Ulmer, Der Einfluß des MitbestG auf die Struktur von AG und GmbH, 1979; Flume, Um ein neues Unternehmensrecht, 1980; Wiedemann FS Fischer 883; Rittner ZHR 144 (1980), 330.

24

Einl II. Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung des MitbestG

142 (1978), 71; Pernthaler, Qualifizierte Mitbestimmung und Verfassungsrecht, 1972; v. Plesseti, Qualifizierte Mitbestimmung und Eigentumsgarantie, 1969; Püttner, Mitbestimmung und Verfassungsrecht, AG 1975, 281; Raisch, Mitbestimmung und Koalitionsfreiheit, 1975; Raiser, Grundgesetz und paritätische Mitbestimmung, 1975; Rittner, Die Funktion des Eigentums im modernen Gesellschaftsrecht - Gestaltungsformen und Probleme - , in: Marburger Gespräch über Eigentum - Gesellschaftsrecht - Mitbestimmung, 1967,50; ders, Unternehmensverfassung und Eigentum, FS Schilling 1973,363; Rupp, Grundgesetz und „Wirtschaftsverfassung", 1974; Saladin, Unternehmen und Unternehmer in der verfassungsrechtlichen Ordnung der Wirtschaft, WdStRL 35 (1977); Scholz, Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, 1971; ders, Paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz, 1974; Schwerdtfeger, Unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Grundgesetz, 1972; Stein, Qualifizierte Mitbestimmung unter dem Grundgesetz, 1976; Stern, Grundgesetz in Gefahr?, 1974; Suhr, Das Mitbestimmungsgesetz als Verwirklichung verfassungs- und privatrechtlicher Freiheit, NJW 1978, 2361; Wiedemann, Tariffähigkeit und Unabhängigkeit, RdA 1976, 72; Zacher, Der Regierungsentwurf eines Mitbestimmungsgesetzes und die Grundrechte des Eigentums, der Berufsfreiheit und der Vereinigungsfreiheit, FS Peters 1975, 223; Zöllner/Seiter, Paritätische Mitbestimmung und Art 9 Abs 3 GG, 1970; Zweigert, Die Neutralität des Grundgesetzes gegenüber der paritätischen Mitbestimmung, in: Vetter (Hrsg), Mitbestimmung, Wirtschaftsordnung, Grundgesetz, 1976,205. Nach dem Mitbestimmungsurteil des Bundesverfassungsgerichts: Gamillscheg, Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im deutschen Recht Bilanz nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 1. März 1979, In memoriam Sir Otto Kahn-Freund 1980,93; Hanau, Die arbeitsrechtliche Bedeutung des Mitbestimmungsurteils des Bundesverfassungsgerichts, ZGR 1979, 424; Kittner, Zur verfassungsrechtlichen Zukunft von Reformpolitik, Mitbestimmung und Gewerkschaftsfreiheit, Gewerkschaftliche Monatshefte 1979, 321; Martens, Das Bundesverfassungsgericht und das Gesellschaftsrecht, ZGR 1979,493; Meessen, Das Mitbestimmungsurteil des Bundesverfassungsgerichts, NJW 1979, 833; G. Müller, Das Mitbestimmungsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 1. März 1979, DB Beil Nr. 5/79; Paefgen, Struktur und Aufsichtsratsverfassung der mitbestimmten AG, 1982; Papier, Das Mitbestimmungsurteil des Bundesverfassungsgerichts - Eine kritische Würdigung aus verfassungsrechtlicher Sicht - , ZGR 1979,444; Pernthaler, Ist Mitbestimmung verfassungsrechtlich meßbar?, Eine Analyse der Entscheidung des BVerfG über das Mitbestimmungsgesetz, 1980; Raiser, Das Unternehmen in der verfassungsrechtlichen Ordnung der Bundesrepublik nach dem Mitbestimmungsurteil des Verfassungsgerichts, JZ 1979,489; ders, Bindende Wirkung des Mitbestimmungsurteils?, FS Stein 1983, 229; Rehbinder, Das Mitbestimmungsurteil des Bundesverfassungsgerichts aus unternehmensrechtlicher Sicht, ZGR 1979, 471; Reich, Die wirtschaftsverfassungsrechtliche Offenheit und Neutralität des Grundgesetzes; Überlegungen zur Mitbestimmungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1. März 1979, in: Däubler/Küsel (Hrsg), Verfassungsgericht und Politik, 1979; Richardi, Die Bedeutung des Mitbestimmungsurteils des Bundesverfassungsgerichts vom 1. März 1979 für die Arbeitsrechtsordnung, AöR 104 (1979), 546;

25

Einl

B. Das MitbestG im Verfassungs-, Arbeits- und Gesellschaftsrecht

Kittner, Begründungsdefizite im Mitbestimmungsurteil des Bundesverfassungsgerichts? J Z 1 9 7 9 , 7 4 3 ; Säcker, Mitbestimmung und Vereinigungsfreiheit (Art 9 Abs. 1 GG), RdA 1 9 7 9 , 3 8 0 ; Schmidt, Das Mitbestimmungsgesetz auf d e m verfassungrechtlichen Prüfstand, Der Staat 1 9 8 0 , 2 3 5 ; Ulmer, Die Bedeutung des Mitbestimmungsurteils des Bundesverfassungsgerichts für die Auslegung von Mitbestimmungs- und Gesellschaftsrecht, BB 1 9 7 9 , 3 9 8 ; Weber, Mitbestimmung Sprengkörper der Verfassungsstruktur?, AöR 1 0 4 (1979), 5 2 1 ; Wendeling-Schröder/Spieker, Das Mitbestimmungsurteil des Bundesverfassungsgerichts und seine Auswirkungen auf die Praxis des MitbestG, NJW 1 9 8 1 , 1 4 5 ; Wiedemann, AP A n m zu § 1 MitbestG Nr 1.

40

1. Die verfassungsrechtlichen Kontroversen, welche die Entstehungsgeschichte des MitbestG begleiteten, sind auch nach seinem Inkrafttreten nicht abgeklungen, sondern haben im Gegenteil neuen Auftrieb erfahren. Sie führten dazu, daß 9 Großunternehmen und 29 Arbeitgeberverbände sowie die Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz erhoben und das LG Hamburg die verfassungsrechtliche Prüfung auf dem Weg über eine Vorlage nach Art 100 Abs 1 Satz 1 GG in Gang brachte. 41 Die Heftigkeit dieser Auseinandersetzungen ist nur dann richtig zu würdigen, wenn man sie als Ausdruck der rechtlichen Schwierigkeiten versteht, die grundsätzlich veränderten Strukturen der Unternehmensorganisation in das von der Verfassung geprägte Gefüge der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Gesamtordnung einzupassen. Das Grundgesetz nimmt zur Mitbestimmung selbst nicht Stellung, obwohl es Anlaß dazu gehabt hätte, weil die Frage zur Zeit seiner Entstehung nicht minder heftig umkämpft war als während der Vorbereitung des MitbestG. Wenngleich aus diesem Befund nicht ohne weiteres auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der paritätischen Mitbestimmung in jeder gesetzlichen Ausprägung geschlossen werden durfte, bezeugte er jedoch, daß der Verfassungsgeber sie nicht grundsätzlich für verfassungswidrig gehalten hat oder erklären wollte. Das Grundgesetz garantiert die herkömmliche Wirtschafts- und Sozialordnung nicht, sondern gewährt dem Gesetzgeber auch die Befugnis zu strukturell neuartigen und ordnungspolitisch experimentellen Maßnahmen. 8 6 Zugunsten der paritätischen Mitbestimmung konnten weiter der Schutz der Menschenwürde (Art 1 Abs 1 GG), das Grundrecht der individuellen Freiheit (Art 2 Abs 1 GG) sowie das Sozialstaatsgebot (Art 20 Abs 1 , 2 8 Abs 1 GG) angeführt werden. 87

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Vgl BVerfGE 4, 7; 7, 3 7 7 (400); 14, 2 6 3 (275); Scholz, Paritätische Mitbestimm u n g und Grundgesetz 133 f. Schwerdtfeger, Unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Grundgesetz 1 5 8 f f ; Käbler/Schmidt/Simitis, Mitbestimmung als gesetzgebungspolitische Aufgabe.

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II. Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung des MitbestG

Einl

Angesichts dieser verfassungsrechtlichen Ausgangslage konzen- 4 2 trierte sich die wissenschaftliche Diskussion mit Recht von Anfang an darauf, ob das Programm der paritätischen Mitbestimmung und später der RegE gegen einzelne, konkrete Grundrechtsartikel verstoße. Als relevant erwiesen sich in erster Linie die Eigentumsgarantie gemäß Art 14,15 GG und die Garantie der Tarifautonomie nach Art 9 Abs 3 GG, im weiteren Kontext ferner der Schutz der Vereinigungsfreiheit (Art 9 Abs 1 GG), der Berufsfreiheit (Art 12 GG) sowie der allgemeine Freiheitsschutz der Person nach Art 2 Abs 1 GG. Doch zeigte sich bald, daß auch die genannten Grundrechtsartikel nirgends den direkten und unbezweifelbaren Schluß zulassen, die paritätische Mitbestimmung sei verfassungsgemäß oder umgekehrt verfassungswidrig, weil der Verfassungstext dafür durchweg zu allgemein ist. Es erwies sich als unvermeidlich, die Fragen zum Gegenstand exegetischer Bemühungen zu machen, für die der Text selbst nur wenig gesicherte Substanz bot. Das wissenschaftliche Meinungsspektrum ist in der 1. Auflage dieses Kommentars ausführlich dargestellt. 88 Es ist durch das Mitbestimmungsurteil des Bundesverfassungsgerichts überholt. 2. Das Mitbestimmungsurteil des Bundesverfassungsgerichts 4 3 vom 1 . 3 . 1 9 7 9 8 9 bestätigte die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. Nach einer Bestandsaufnahme der Vorgeschichte und des Gesetzesinhalts stellt das Gericht zunächst fest, das Gesetz begründe weder rechtlich noch der Sache nach eine paritätische oder gar überparitätische Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Unternehmen. Vielmehr komme der Anteilseignerseite namentlich infolge der Zweitstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden ein leichtes Übergewicht zu. Dieses Übergewicht könnten die Anteilseigner im Rahmen gesellschaftsrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten „wenn nicht verstärken, so doch absichern". Auch das Nebeneinander der unternehmerischen und der betrieblichen Mitbestimmung ändere daran nichts, denn beide Mitbestimmungsformen ließen sich nicht kumulieren. Wie sich das Gesetz in der Zukunft auswirken werde, sei ungewiß und hänge von einer Vielzahl von Faktoren ab. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, daß die Wirkungen, die er beabsichtigt, auch tatsächlich eintreten und daß sich mit ihnen nachteilige Folgen für die Funktionsfähigkeit der Unternehmen und für die Gesamtwirtschaft nicht verbinden lassen würden. Diese Prognose sei aufgrund zahlreicher Untersuchungen nach dem derzeitigen Stand der Erfahrungen und Einsichten hinreichend fundiert und daher vertretbar. Auch das Gericht müsse deshalb von dieser Prognose ausgehen.

88 89

Einleitung. Rdn 4 3 - 5 2 . BVerfGE 5 0 , 2 9 0 = NJW 1 9 7 9 , 6 9 9 = BB 1 9 7 9 , Beil 2 zu Heft 7.

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Einl B. Das MitbestG im Verfassungs-, Arbeits- und Gesellschaftsrecht

44

Im folgenden zitiert das Gericht als Grundlage für die verfassungsrechtliche Einzelprüfung seine Judikatur, wonach das Grundgesetz keine bestimmte Wirtschaftsordnung garantiert, sondern die Ausgestaltung dem Gesetzgeber überläßt, der innerhalb der ihm durch die Grundrechte gezogenen Grenzen darüber frei zu entscheiden hat. 45 Demgemäß prüft das Gericht im folgenden zuerst, ob das Gesetz gegen die Eigentumsgarantie nach Art 14 Abs 1 GG verstößt. Es führt aus, der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz stehe sowohl den Anteilseignern als auch den betroffenen Unternehmen zu. Er sei besonders ausgeprägt, soweit es um die Funktion des Eigentums als Element der Sicherung der persönlichen Freiheit des einzelnen gehe. Dagegen sei die Befugnis des Gesetzgebers, gemäß Art 14 Abs 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, um so weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion stehe. Dies gelte auch für das Anteilseigentum an Unternehmen, das in seinem mitgliedschaftsrechtlichen und vermögensrechtlichen Element gesellschaftsrechtlich vermitteltes Eigentum sei. Anders als beim Sacheigentum, bei dem die Freiheit zum Eigentumsgebrauch und die Zurechnung der Wirkungen des Gebrauchs in der Person des Eigentümers zusammenfallen, sei diese Konnexität beim Anteilseigentum weitgehend gelöst. Sein sozialer Bezug zeige sich namentlich darin, daß es in aller Regel in der Gemeinschaft mit anderen an einer Gesellschaft besteht, die Eigentümer der Produktionsmittel ist, und in seinen daraus folgenden gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen. Weiter bedürfe es zu seiner Nutzung der Mitwirkung der Arbeitnehmer. Die Ausübung der Eigentümerbefugnisse könne sich auf deren Daseinsgrundlage auswirken. Dies berühre die Grundrechtssphäre der Arbeitnehmer. Das MitbestG gründe sich auf diesen sozialen Bezug und sei deshalb durch die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG gedeckt. 46 Das MitbestG verletze ferner auch nicht das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit gemäß Art 9 Abs 1 GG. Es könne zweifelhaft erscheinen, ob Art 9 Abs 1 GG auf größere Kapitalgesellschaften überhaupt anzuwenden sei, bei denen das auf die Demokratie und die rechtsstaatliche Ordnung des Grundgesetzes bezogene personale Element dieses Grundrechts bis zur Bedeutungslosigkeit zurücktrete. Auch wenn man von der Anwendbarkeit ausgehe, beeinträchtige das MitbestG nicht grundrechtswidrig die Funktionsfähigkeit der Gesellschaften und greife nicht unzulässig in deren Selbstbestimmung über ihre innere Organisation und Willensbildung ein. Art 9 Abs 1 GG schließe nicht jegliche Fremdbestimmung bei der Organbestellung und Willensbildung von Kapitalgesellschaften aus. 47 Auch das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG sei nicht verletzt. Zwar führe das MitbestG zu einer Einschränkung der 28

Einl II. Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung des MitbestG

Berufsfreiheit der die Unternehmen tragenden Gesellschaften. Dabei handle es sich aber um Regelungen der Berufsausübung, deren Inhalt und Schranken wie bei der Eigentumsgarantie durch den Gesetzgeber bestimmt werden können. Angesichts der Größe der unter das MitbestG fallenden Unternehmen fehle deren Berufsfreiheit weitgehend der personale Zug, der den eigentlichen Kern der Gewährleistung dieses Grundrechts ausmache. Die Grundrechtsträger könnten die verbürgte Freiheit nur mit Hilfe der Arbeitnehmer wahrnehmen, die gleichfalls Träger des Grundrechts sind. Wie bei Art 14 GG rechtfertige dieser soziale Bezug die Einschränkung des Grundrechts. Endlich sei das MitbestG auch mit der Garantie der Koalitions- 48 freiheit nach Art 9 Abs 3 GG vereinbar. Diese sei nur in ihrem Kernbereich verfassungsrechtlich geschützt. Dieser Kernbereich bleibe unberührt. Namentlich stehe es dem Grundgesetz nicht entgegen, wenn das MitbestG neben dem Tarifvertragssystem die Unternehmensmitbestimmung als weitere Form der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ausbaue. Tarifautonomie und Unternehmensmitbestimmung seien nicht miteinander unvereinbar. Es lasse sich auch nicht feststellen, daß bei einem Nebeneinander von erweiterter Mitbestimmung und Tarifvertragssystem die Unabhängigkeit der Tarifpartner gestört sei. Zwar sei nicht mit Sicherheit zu bestimmen, ob und in welchem Ausmaß das Gesetz die Arbeitgeberverbände einem Einfluß der Gewerkschaften oder der Arbeitnehmerseite öffne. Doch sei ein solcher Einfluß mehrfach vermittelt und daher schwach. Die Gegnerunabhängigkeit der Arbeitgeberkoalition und die Funktionsfähigkeit des Tarifvertragssystems stelle er nicht nachhaltig in Frage. Sollte sich in der Zukunft ergeben, daß die bestehenden rechtlichen Regelungen nicht ausreichen, die prinzipielle Gegnerunabhängigkeit der Koalitionen wirksam zu sichern, so sei es Sache des Gesetzgebers, für Abhilfe zu sorgen. Schließlich bestätigt das Gericht die Verfassungsmäßigkeit des 4 9 $33 gegenüber dem Vorwurf, die Vorschrift sei hinsichtlich der Beschreibung von Aufgaben und Funktion des Arbeitsdirektors sowie hinsichtlich des Verfahrens seiner Bestellung so unbestimmt, daß sie dem Rechtsstaatsprinzip widerspreche. 3. Die außerordentlich lebhafte Resonanz auf das Urteil im 50 Schrifttum bezieht sich zunächst auf die verfassungsrechtliche Interpretation der genannten Grundrechte und auf den Prognosespielraum des Gesetzgebers. Insoweit hat sie für die Auslegung des Gesetzes keine Bedeutung und muß deshalb hier auf sich beruhen. Dasselbe gilt für alle Bemühungen, aus dem Urteil Indizien dafür zu gewinnen, wie das Gericht eine weitergehende Mitbestimmung, namentlich die strikt paritätische Beteiligung der Anteilseigner- und der Arbeitnehmerseite am Aufsichtsrat, beurteilen würde. 29

Einl B. Das MitbestG im Verfassungs-, Arbeits- und Gesellschaftsrecht

51

Das zivilrechtliche Schrifttum beschäftigt sich hauptsächlich mit den Aussagen des Gerichts zum Gesellschafts-, Arbeits- und Unternehmensrecht. Dabei wird die Feststellung hervorgehoben, das MitbestG verwirkliche keine Parität zwischen Anteilseignern und Arbeitnehmern im Unternehmen, sondern belasse der Anteilseignerseite ein gewisses Übergewicht.90 Betont wird auch das starke Gewicht, welches das Gericht der Zweitstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden zumißt.91 Weiter gilt die Aufmerksamkeit dem rechtsformspezifischen Ansatz des Gerichts, der keinen Rückgriff auf ein den Gesetzesinhalt überschießendes Mitbestimmungstelos zulasse.92 Die stärkste Aufmerksamkeit fand die Bemerkung des Gerichts, die Anteilseignerseite könne das ihr vom Gesetz eingeräumte Übergewicht im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten „wenn nicht verstärken, so doch absichern", denn die Wendung ließ sich als Argument dafür verwenden, daß die Anteilseignerversammlung durch Satzungsvorschriften oder durch eine Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat das Zusammenspiel der Kräfte im Aufsichtsrat beeinflussen oder verändern könne.93

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Weiter wurde auf die Ambivalenz des Urteils zwischen Gesellschaftsrecht und Unternehmensrecht hingewiesen. Zum einen finden sich zahlreiche Formulierungen, nach denen die Gesellschaft der Anteilseigner das maßgebliche Grundrechtssubjekt ist. Die Gesellschaft fungiert als Unternehmensträger. Auf der anderen Seite faßt das Gericht das Unternehmen als Institution auf, in der Anteilseigner und Arbeitnehmer zum gemeinsamen Unternehmensziel zusammenwirken. So verwendet das Gericht mehrfach den Begriff eines mit den Interessen der Anteilseignergesellschaft nicht identischen Unternehmensinteresses als Leitlinie für das Handeln der Unternehmensorgane.94 Vor allem wurde die ungelöste Spannung in der Grundkonzeption deutlich, die zum einen von den Anteilseignern ausgeht und die Mitbestimmung als einen durch die Sozialbindung der Grundrechte gerechtfertigten Eingriff in deren Freiheit versteht, zum anderen aber auch davon spricht, daß Anteilseigner und Arbeitnehmer sich im Unternehmen als gleichberechtigte Grundrechtsträger einander gegenüberstehen.95 Welche Folgerungen aus dieser Ambivalenz ge-

90 91 92

93 94

95

Ulmer BB 1 9 7 9 , 3 9 8 ; Wiedemann A n m zu AP N r 1 z u $ 1 MitbestG. Rehbinder Z G R 1 9 7 9 , 4 8 4 ; Martens Z G R 1 9 7 9 , 5 1 1 . Ulmer aaO 3 9 8 f; Rehbinder aaO 4 7 5 ; Martens aaO 5 1 2 ; Wendeling-Schröder/Spieker NJW 1 9 8 1 , 1 4 6 . Vgl $ 2 5 Rdn 1 4 ff. Vgl dazu Ulmer aaO 3 9 9 ; Rehbinder aaO 4 8 0 f ; Papier ZGR 1 9 7 9 , 4 6 7 ; Hanau ZGR 1 9 7 9 , 5 4 2 ; kritisch Wiedemann aaO B 1 3 1 f. Raiser ]Z 1 9 7 9 , 4 8 9 .

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Einl II. Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung des MitbestG

zogen werden können, ist, wie nicht anders zu erwarten war, kontrovers geblieben. 96 Schließlich fanden die Ausführungen des Gerichts zum Neben- 5 3 einander von Tarifvertrags- und Mitbestimmungssystem teils Zustimmung, teils Kritik. 97 4. Für die Auslegung und Anwendung des MitbestG ist wesent- 5 4 lieh, ob die Ausführungen des BVerfG zu seinem Inhalt und zu seiner Einbettung in das Gesellschaftsrecht bindende Wirkung entfalten. Eine förmliche Verbindlichkeit und Gesetzeskraft nach § 3 1 BVerfGG besteht nicht, denn die einschlägigen Abschnitte des Urteils gehören nicht zu den Partien, die für die verfassungsrechtliche Beurteilung des Gesetzes so wesentlich sind, daß die Entscheidung mit ihnen steht und fällt. 98 Das Gericht hat auf das Mittel der verfassungskonformen Interpretation des Gesetzes verzichtet. Es stellt seinen Inhalt und sein Zusammenwirken mit dem Gesellschaftsrecht nur dar, um den Gegenstand zu fixieren, den es verfassungsrechtlich überprüft, nimmt zu den zivilrechtlichen Streitfragen jedoch nicht eigenständig Stellung. Aus diesen Gründen kommt dem Urteil insoweit auch kein Richtliniencharakter99 oder faktisch maßgebender Einfluß zu.100 Die Zivilgerichte und die Wissenschaft sind vielmehr frei und verpflichtet, das Gesetz in eigener Verantwortung auszulegen. Lediglich als mit der Autorität und dem Sachverstand des Gerichts ausgestattete Stimme im Chor der Meinungen können die zivilrechtlichen Ausführungen des Mitbestimmungsurteils Anspruch auf Gehör erheben. Anhaltspunkte dafür, daß sich bei einer abweichenden zivilrechtlichen Interpretation von Einzelfragen die verfassungsrechtliche Beurteilung ändern könnte, bestehen nicht. 101

96

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100 101

Vgl Rittner J Z 1 9 7 9 , 7 4 3 ; Rehbinder aaO 4 7 3 ; Ulmer, Der Einfluß des MitbestG auf die Struktur von AG und G m b H 1 7 f ; Hanau aaO 5 4 2 ; Richardi AöR 1 0 4 (1979), 5 7 5 ; G.Müller DB Beil Nr 5 / 1 9 7 9 , lOf; Wiedemann aaO 2 9 RS. Müller aaO 7; Wendding-Schröder/Spieker NJW 1 9 8 1 , 1 4 8 ; Richardi aaO 5 6 2 f ; Kittner, Gewerkschaftliche Monatshefte 1 9 7 9 , 3 2 0 ; Hanau aaO 5 3 0 ; Wiedemann aaO B 1 3 3 RS. HA; vgl Ulmer BB 1 9 7 9 , 3 9 8 f; Rehbinder ZGR 1 9 7 9 , 4 7 3 ; Martens ZGR 1 9 7 9 , 5 1 1 ; Wiedemann AP Nr 1 zu $ 1 MitbestG, B1 12; Wendeling-Schröder/Spieker NJW 1 9 8 1 , 1 4 5 ; Raiser FS E Stein 2 3 0 ; zA Rittner DB 1 9 8 0 , 2 4 9 5 . So aber Paefgen, Struktur und Aufsichtsratsverfassung der mitbestimmten AG 15. Ulmer aaO. Ausführlich dazu Raiser aaO; vgl im übrigen § 25 Rdn 8 ff.

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Einl B. Das MitbestG im Verfassungs-, Arbeits- und Gesellschaftsrecht

III. M i t b e s t G u n d A r b e i t s r e c h t Schrifttum Boewer, Das Mitbestimmungsgesetz im Rahmen des Gesellschaftsrechts und des kollektiven Arbeitsrechts, DB 1980, 673; Beuthien, Unternehmerische Mitbestimmung kraft Tarif- oder Betriebsautonomie, ZfA 1983, 141; Buchner, Das wirtschaftliche Mitbestimmungsrecht nach dem Betriebsverfassungsgesetz in seinem Verhältnis zur Forderung nach qualifizierter Mitbestimmung, AG 1970, 127; ders, Paritätische Mitbestimmung: Der Weg zu einer neuen Unternehmens- und Arbeitsordnung, ZfA 1974, 147 (179); Däubler, Das Grundrecht auf Mitbestimmung, 3. Aufl 1975, 226; Hanau, Das Verhältnis des Mitbestimmungsgesetzes zum kollektiven Arbeitsrecht, Z G R 1 9 7 7 , 3 9 7 ; Hensche, Erweiterung der Mitbestimmung durch privatautonome Regelung, insbesondere in Unternehmen der öffentlichen Hand, AuR 1971, 33; Kunze, Bemerkungen zum Verhältnis von Arbeits- und Unternehmensrecht, FS Schilling 1973, 333; Löwisch, Mitbestimmung und Arbeitsverhältnis, in: Böhm-Briefs (Hrsg), Mitbestimmung - Ordnungselement oder politischer Kompromiß, 1971, 131; Martens, Das Verhältnis des Mitbestimmungsgesetzes zum kollektiven Arbeitsrecht, ZGR 1977, 422; Mertens, Zur Gültigkeit von Mitbestimmungsvereinbarungen, AG 1982, 141; Peus, Die Praxis privatautonomer Mitbestimmungsvereinbarungen, AG 1982, 206; Kaiser, Das Unternehmen als Organisation, 1969,153; ders, Das Arbeitsverhältnis aus der Sicht der Organisationssoziologie, ZRP 1973,13; ders, Mitbestimmung im Betrieb und im Unternehmen, FS Duden 1977, 423; ders, Privatautonome Mitbestimmungsvereinbarungen, BB 1977, 1461; Rübe, Paritätische Mitbestimmung und Betriebsverfassung, 1982; Spaich, Das Mitbestimmungsgesetz und das Betriebsverfassungsgesetz, 1986; Zöllner, Die Einwirkung der erweiterten Mitbestimmung auf das Arbeitsrecht, RdA 1969,65; ders, Unternehmerische Mitbestimmung und Einzelarbeitsverhältnis, FS Fechner 1973,155; ders, Der Mitbestimmungsgedanke und die Entwicklung des Kapitalgesellschaftsrechts, AG 1981,13. 55

1. Die sich aus dem nicht näher aufeinander abgestimmten Nebeneinander von M i t b e s t G u n d k o l l e k t i v e m A r b e i t s r e c h t ergebenden Probleme hat das BVerfG ausführlich erörtert. 1 0 2 Soweit sie nicht Verfassungsrang haben, tragen sie rechtspolitischen Charakter und sind daher Gegenstand wissenschaftlicher u n d politischer Überlegungen, aus denen sich keine unmittelbaren Folgerungen für die Anwendung des MitbestG ziehen lassen. P r i v a t a u t o n o m e M i t b e s t i m m u n g s r e g e l u n g e n d u r c h Tarifvertrag sind nach allgemeiner Ansicht unzulässig, da die in Tarifverträgen enthaltenen Rechtsnormen g e m ä ß § 1 Abs 1 TVG n u r den Inhalt, Abschluß u n d die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche oder betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können, nicht jedoch Gegenstände der

102

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Siehe oben Rdn 48.

Einl III. MitbestG und Arbeitsrecht

Unternehmensverfassung. 103 Das schließt aber Verträge nicht aus, in denen sich Unternehmen oder Gruppen von Anteilseignern außerhalb des Tarifvertragsrechts gegenüber Gewerkschaften zu freiwilligen Mitbestimmungsregelungen verpflichten, die über das Gesetz hinausgehen. Im Geltungsbereich der SS 76 ff BetrVG 1952 sind derartige, meist als Stimmbindungsverträge zu qualifizierende Abreden bekannt und von der Judikatur anerkannt. 1 0 4 Ihre Zulässigkeit bemißt sich nach den Vorschriften des geltenden Rechts, dh des MitbestG selbst sowie der rechtsformspezifischen Normen des Gesellschaftsrechts. 105 Rechtsnatur, Rechtsfolgen und verfassungsrechtliche Relevanz derartiger, von Hensche106 als mitbestimmungsrechtliche Unternehmensverträge bezeichneter Abreden sind noch immer wenig geklärt. 107 2. Das Nebeneinander von MitbestG und Betriebsverfassungs- 5 6 gesetz wirft zunächst die Fragen nach dem Verhältnis und dem Ineinandergreifen der einzelnen in beiden Gesetzen den Arbeitnehmern gewährten Mitbestimmungsrechte auf. Im gedanklichen Ansatz überschneiden sich beide Gesetze nicht, da das BetrVG beschränkte, grundsätzlich auf die Sphäre des Betriebs zugeschnittene Mitwirkungsrechte begründet, die in den unternehmerischen Entscheidungsprozeß, auf den das MitbestG abzielt, selbst nicht eingreifen. Sie setzen Daten für die Unternehmensleitung, beteiligen die Arbeitnehmer aber nicht an ihr. 108 Allerdings reichen, namentlich seit der Erweiterung des BetrVG von 1972, wichtige Befugnisse der Betriebsräte mindestens nach ihren Auswirkungen in die unternehmerische Sphäre hinein. Zu nennen sind die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einführung von Kurzarbeit oder von Überstunden (§ 8 7 Abs 1 Nr 3 BetrVG), bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, der Einführung neuer Entlohnungsmethoden sowie der Änderung von Akkord- und Prämiensätzen (S 8 7 Abs 1 Nr 10 und 11 BetrVG), bei der

103 Vgl Wiedemann RdA 1 9 6 8 , 4 2 1 ; Farthmann AG 1 9 6 9 , 2 0 5 ; Beuthien ZfA 1 9 8 3 , 1 4 1 ; Mertens AG 1 9 8 2 , 141; Dietz/Richardi, BetrVG, Vorbem § 7 6 BetrVG 1 9 5 2 Rdn 4 5 ; Fitting/Wlotzke/Wißmann Vorbem Rdn 9; Hanau ZGR 1 9 7 7 , 4 1 9 ; Hanau/Ulmer Einl Rdn 4 3 ; Raiser BB 1 9 7 7 , 1 4 6 1 ; teilweise aA Däubler, Das Grundrecht auf Mitbestimmung 2 2 9 . 104 105 106 107

108

Vgl $ 1 Rdn 5 1 . Vgl § 1 Rdn 5 2 . AuR 1 9 7 1 , 3 3 . Zur rechtspolitischen Wünschbarkeit privatautonomer Regelungen auf diesem Gebiet Simitis AuR 1 9 7 5 , 3 2 5 ; Raiser BB 1 9 7 7 , 1 4 6 1 ; aA Mertens AG 1 9 8 2 , 141. Vgl Kunze FS Schilling 3 5 0 ff; Auffarth RdA 1 9 7 6 , 2 ; Richardi, Das Arbeitsrecht der Gegenwart Bd 13 (1976), 4 8 f; Raiser FS Duden 4 2 5 .

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Einl B. Das MitbestG im Verfassungs-, Arbeits- und Gesellschaftsrecht

Personalplanung und der Aufstellung - von Richtlinien über die personelle Auswahl bei Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen sowie bei personellen Einzelmaßnahmen (SS 92, 95, 99 BetrVG). Trotzdem besteht keine unmittelbare Kollision der genannten Rechte mit der Aufsichtsratsmitbestimmung, da die von ihnen erfaßten Gegenstände kraft Gesetzes nicht in die Zuständigkeit des Aufsichtsrats fallen. 109 57 Überschneidungen ergeben sich dagegen mit der Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten gemäß SS 106 ff BetrVG, denn die Auskunftsansprüche des Wirtschaftsausschusses und des Aufsichtsrats decken sich überwiegend, weshalb das Nebeneinander beider Gesetze insoweit zu einer Häufung der die Unternehmensleitung treffenden Auskunftspflichten führt. 110 Wenngleich auch keine ernstlichen Gründe für diese Vermehrung der Informationskanäle sprechen und es sich im Interesse einer rationellen Unternehmensorganisation daher empfiehlt, für alle unter das MitbestG fallenden Unternehmen auf den Wirtschaftsausschuß zu verzichten,111 kann die entstandene Rechtslage jedoch kaum zu schwerwiegenden Konflikten führen, die das Gesetz dringend korrekturbedürftig machten. 58 Gravierende Reibungen treten im Bereich von Betriebsänderungen gem. SS m f BetrVG auf, weil Entscheidungen darüber vielfach der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen. Zwar überschneiden sich die Befugnisse des Betriebsrats und des Aufsichtsrats auch in diesem Fall formell nicht, denn der Aufsichtsrat ist nur an der Grundsatzentscheidung über die Betriebsänderung beteiligt, während der Betriebsrat gemäß SS 111.112 BetrVG erst bei der Aufstellung des Sozialplans, dh bei der Regelung der Folgen einer bereits entschiedenen Betriebsänderung, maßgeblich einzuschalten ist. Zuvor ist zwar der Versuch eines Interessenausgleichs zu machen, doch bleibt es ohne Rechtsfolgen, wenn er mißlingt. Jedoch hängen die Entscheidungen über das Ob der Betriebsänderung und über den Sozialplan in der wirtschaftlichen Realität so eng zusammen, daß ihre rechtliche Trennung nicht „funktionieren" kann. Es ist damit zu rechnen, daß sowohl die Arbeitnehmerseite als auch die Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat und die Unternehmensleitung beide Punkte verbinden werden, so daß in diesem Fall in der Tat Mitbestimmung sowohl durch die Betriebsräte als auch durch die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ausgeübt wird. Die Unausgewogenheit der Rechtslage in diesem Bereich muß

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Vgl § 2 5 R d n 6 8 ff.

110

RaiserzzO

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E b e n s o Auffarth a a O 5 ; v g l f e r n e r Buchner A G 1 9 7 0 , 1 2 7 .

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4 3 1 f; Boewe, D B 1 9 8 0 , 6 7 4 .

Einl III. MitbestG und Arbeitsrecht

zwar nicht unvermeidlich Funktionsstörungen im Unternehmen hervorrufen, kann aber zu Mißbräuchen führen. 112 Aufs Ganze gesehen muß die Addition der Mitbestimmungsrechte 5 9 nach dem MitbestG und nach dem BetrVG ungeachtet ihrer verschiedenen Gegenstände die Stellung der Arbeitnehmerseite im Unternehmen und ihre Verhandlungsposition verstärken. Dies gilt umso mehr, als der paritätisch besetzte Aufsichtsrat gemäß $ 3 1 auch die Mitglieder des Vertretungsorgans, dh die Verhandlungspartner der Betriebsräte, wählt. Doch wiegen die aufgezeigten Überschneidungen, wie das Bundesverfassungsgericht im Mitbestimmungsurteil ausführlich dargelegt hat, 113 nicht so schwer, daß sie eine verfassungswidrige Überparität der Arbeitnehmer bewirken. 3. Weniger unmittelbar sind die Bezüge zwischen MitbestG und 6 0 Einzelarbeitsverhältnis. Die Mitbestimmungskommission hatte die Mitbestimmung ua aus dem besonderen rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Charakter des Arbeitsverhältnisses und der durch das Arbeitsverhältnis begründeten Zugehörigkeit des Arbeitnehmers zum Unternehmen abgeleitet, jedoch selbst sogleich angefügt, beides fordere die Mitbestimmung nicht zwingend kraft einer der Eigengesetzlichkeit der wirtschaftlichen Veranstaltung Unternehmen entnommenen Schlußfolgerung. 114 In der Tat wird der Zusammenhang durch sozialethische und ordnungspolitische Wertentscheidungen vermittelt, die in der Rechtsnatur des Arbeitsverhältnisses nicht ohne weiteres angelegt sind. 115 Die Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten der Mitbestimmung zwingt aber zu einer Revision der herkömmlichen rechtlichen Lehren vom Arbeitsverhältnis als einem mit personenrechtlichen Elementen angereicherten schuldrechtlichen Austauschvertrag,116 weil sie den Arbeitnehmern eine mit Rechtsfolgen ausgestattete Position im sozialen Verband Unternehmen gewährt und insofern gesellschafts- oder verbandsrechtliche Merkmale aufweist.117

112

113 114 115

116 117

Vgl Hanau ZGR 1 9 7 7 , 4 0 7 ; Martens ZGR 1 9 7 7 , 4 2 5 ; Kaiser, FS Duden 4 3 1 ; Richard, AöR 1 0 4 (1979), 5 5 6 ; ders AG 1 9 7 9 , 3 4 ; Fitting/Wlotzke/Wißmann Vorbem Rdn 18; Hanau/Ulmer Einl Rdn 51. Abschnitt C 1 1 b; siehe oben Rdn 4 8 . BTDrucks VI/334, IV, Nr 1 , 2 . Vgl Löwisch, Mitbestimmung und Arbeitsverhältnis 1 3 1 ; Zöllner FS Fechner 155. Vgl Rdn 3 8 f. Vgl Löwisch aaO 139; Kunze FS Schilling 3 5 6 ff; Buchner ZfA 1 9 7 4 , 1 7 8 ; Zöllner in 2 5 Jahre BAG 7 4 5 ; Bericht der Unternehmensrechtskommission Rdn 9 4 7 ; ferner von einem theoretischen Ansatz Raiser, Das Unternehmen als Organisation 153 ff; ders, Das Arbeitsverhältnis aus der Sicht der Organisationssoziologie ZRP 1 9 7 3 , 1 3 .

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Einl B. Das M i t b e s t G i m Verfassungs-, Arbeits- u n d Gesellschaftsrecht

61

Trotz der irreführenden Ausdrucksweise des § 1 Abs 1 gewährt das Gesetz den einzelnen Arbeitnehmern kein individuelles, im Arbeitsverhältnis begründetes subjektives Recht auf Mitbestimmung, sondern verwirklicht sein Ziel durch eine institutionelle Veränderung der Unternehmensverfassung. Die für die einzelnen Arbeitnehmer daraus fließenden Rechte und Pflichten sind vielfach abgestuft und erschöpfen sich für die Mehrzahl von ihnen in dem Recht, aktiv und passiv an den Wahlen vom Aufsichtsrat oder zur Delegiertenversammlung teilzunehmen und die damit verknüpften Antragsrechte uä auszuüben.118 Für die gewählten Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer und Delegierten befestigt das Gesetz die Verbindung zwischen ihrem Amt und dem Arbeitsverhältnis, indem es, außer bei den Vertretern der Gewerkschaften, beim Ausscheiden aus dem Unternehmen bzw aus dem Betrieb kraft Gesetzes das Ende der Amtszeit anordnet.119 Funktionell besteht ein Zusammenhang weiter darin, daß eine Verletzung des Arbeitsvertrags zugleich auch ein Verstoß gegen die ein Aufsichtsratsmitglied treffenden Pflichten sein kann und umgekehrt.120

IV. MitbestG und Gesellschaftsrecht Schrifttum Bälz, Einheit und Vielheit im Konzern, FS L. Raiser 1974,287; Ballerstedt, Das Mitbestimmungsgesetz zwischen Gesellschafts-, Arbeits- und Unternehmensrecht, ZGR 1977,133; Duden, Zur Methode der Entwicklung des Gesellschaftsrechts zum „Unternehmensrecht", FS Schilling 1973, 309; Martens, Mitbestimmung, Konzernbildung und Gesellschaftereinfluß, ZHR138 (1974), 179; Raisch, Unternehmensrecht Bd 2,1974,131; Raiser, Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung in mitbestimmten Aktiengesellschaften, FS L. Raiser 1974, 355; E. Rehbinder, Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht, 1969, 33; Rittner, Der Mitbestimmungsbericht und die Unternehmensverfassung, in: BöhmBriefs (Hrsg), Mitbestimmung - Ordnungselement oder politischer Kompromiß, 1971, 158; ders, Die paritätische Mitbestimmung und das Gesellschaftsrecht, JZ 1975, 457; Schilling, Entwicklungstendenzen im Konzernrecht, ZHR 140 (1976), 528; Werner, Unternehmensverfassung in einer marktwirtschaftlichen Ordnung, WuW 1975, 179; H. P. Westermann, Unternehmensverfassung und Gesellschaftsrecht, FS H. Westermann 1974, 363; Wiedemann, Das Mitbestimmungsgesetz zwischen Gesellschafts-, Arbeits- und Unternehmensrecht, ZGR 1977,160.

118 119 120

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§ 1 Rdn 46 f. 14 Abs 1 Nr 2,24 Abs 1. Vgl $ 26 Rn 8.

Einl IV. MitbestG und Gesellschaftsrecht

1. Die durch die Beziehungen des MitbestG zum Gesellschaftsrecht 62 aufgeworfenen Fragen sind anderer Art und vielgestaltiger als seine Wirkungen auf das Arbeitsrecht. Sie resultieren aus der Notwendigkeit, die dem traditionellen Gesellschaftsrecht innerlich wesensfremde Mitbestimmung in dessen gewachsene Strukturen einzupassen und die Integration der Arbeitnehmervertreter in das vom Gesellschaftsrecht her konzipierte Organ Aufsichtsrat rechtlich zu bewältigen. Das Gesetz hat diese Aufgabe nur formell und unvollkommen gelöst, indem es in den als Grundsätze überschriebenen §§ 6,25 und 30 pauschal bestimmt, teils aktienrechtliche, teils die für die einzelnen Rechtsformen geltenden Vorschriften anzuwenden, soweit das MitbestG dem nicht entgegensteht. Es stülpt auf diese Weise das Mitbestimmungsrecht äußerlich über das Gesellschaftsrecht, ohne sich um eine gedankliche Verschmelzung der Materien zu bemühen. Die aus dem Verfahren entstehenden Spannungen und Interpretationsprobleme sind Gegenstand der Erläuterungen zu den einzelnen Paragraphen und können hier nicht zusammengestellt werden.121 Dagegen ist auf einige Strukturfragen hinzuweisen. 2. Das vom Gesetzgeber intendierte Programm einer gleich- 6 3 berechtigten und gleichgewichtigen Teilnahme von Anteilseignern und Arbeitnehmern an den Entscheidungsprozessen im Unternehmen beansprucht im gedanklichen Ansatz Geltung für alle Unternehmen einer bestimmten Größenordnung ohne Rücksicht auf die Rechtsform und gestattet namentlich nicht, Personengesellschaften auszunehmen. Auf der anderen Seite wäre es bei den Personengesellschaften wegen ihrer anderen rechtlichen Struktur, vor allem aber auch wegen ihres von den Kapitalgesellschaften verschiedenen finanziellen, organisatorischen und personellen Zuschnitts auf sehr viel tiefere Probleme gestoßen als bei jenen und hätte schwerere Eingriffe in ihre Rechtsnatur und in die Position der Gesellschafter notwendig gemacht. Die ungeklärte Frage, wie weit sich paritätische Mitbestimmung und persönliche Haftung aufeinander abstimmen lassen, bezeichnet nur einen Aspekt der hier relevanten Fragen.122 Wenn sich der Gesetzgeber angesichts dieser Situation dafür ent- 64 schied, den Geltungsbereich des Gesetzes auf die in § 1 Abs 1 genannten Kapitalgesellschaften und, nach Maßgabe des §4, auf die AG bzw

121 122

Siehe die grundsätzlichen Ausführungen bei $ 25 Rdn 1 ff, 8 ff. Vgl statt aller Duden FS Schilling 3 2 3 ; Raisch, Unternehmensrecht Bd 2 , 1 4 1 ; Rittner JZ 1 9 7 5 , 4 5 7 ; Werner WuW 1 9 7 5 , 1 8 7 f; H. P. Westermann FS H. Westermann 563; Däubler Das Grundrecht auf Mitbestimmung 3 4 8 ; Bericht der Unternehmensrechtskommission Rdn 812, 9 7 2 ; Wiedemann, Gesellschaftsrecht Bd 1 , 6 0 8 f.

37

Einl

B. Das MitbestG im Verfassungs-, Arbeits- und Gesellschaftsrecht

GmbH & Co KG zu beschränken, so scheute er, um den Preis des Verzichts auf eine vollständige Realisierung der Mitbestimmung, vor einem so tiefen Einbruch in das Gesellschaftsrecht zurück. Für einen solchen Kompromiß sprechen gute Gründe, doch steht hinter ihnen keine übergreifende Konzeption. Im Gegenteil begnügen sich die Begründungen zum Regierungsentwurf 1 2 3 mit den hilflosen Sätzen, es sei nicht beabsichtigt, schon im Zusammenhang mit dem MitbestG auch das Unternehmensrecht umfassend neu zu gestalten. Das Gesellschaftsrecht zu einem modernen, den wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen unserer Zeit gerecht werdenden Unternehmensrecht fortzuentwickeln, sei vielmehr eine längerfristige Aufgabe, deren Lösung grundsätzliche rechts- und wirtschaftspolitische Überlegungen voraussetze, mit denen sich die beim Bundesministerium der Justiz gebildete Unternehmensrechtskommission befasse. 65

3. Das MitbestG siedelt die Mitbestimmung nach dem Vorbild der Montanmitbestimmungsgesetze und der § § 7 6 f f BetrVG 1952 im Aufsichtsrat an. Modellvorschläge, welche sie statt dessen in einer paritätisch aus Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer zusammengesetzten Unternehmensversammlung einrichten wollten, 124 waren ohne erkennbare Resonanz geblieben. Mit dieser Lösung verzichtet das Gesetz darauf, unternehmerische Entscheidungsprozesse der Mitbestimmung zu unterwerfen, für die nach den gesellschaftsrechtlichen Regeln die Anteilseignerversammlung zuständig ist, dh alle Grundlagenentscheidungen, zB zur Satzung, zu Ziel, Zweck, Kapitalausstattung, Rechtsform und rechtlicher Selbständigkeit des Unternehmens. Die einzige, allerdings wichtige Ausnahme liegt in der Begründung der generellen Zuständigkeit des Aufsichtsrats zur Wahl der Mitglieder des Vertretungsorgans gemäß § 3 1 . Im übrigen wurde im Gesetzgebungsprozeß nirgends auch nur erwogen, ob nicht um eines ausgeglichenen Konzepts willen wenigstens einige der genannten Gegenstände in die Zuständigkeit des Aufsichtsrats übergeführt werden sollten. 125 Statt dessen schloß sich der Gesetzgeber auch in diesem Punkt bedingungslos den gesellschaftsrechtlichen Vorbildern an, ohne eine durchgearbeitete Konzeption zu verfolgen.

66

4. Dieser Verzicht des Gesetzgebers auf eine Revision der gesellschaftsrechtlichen Zuständigkeitsregeln hat schwerwiegende Folgen, weil er nicht nur die Reichweite der Mitbestimmung begrenzt, sondern in dem Maße, in dem die Kompetenzen zwischen den Organen

123

BTDrucks 7 / 2 1 7 2 , 1 7 .

124

Vgl Rdn 3 1 . Z u m Problem vgl statt aller Martens BB 1 9 7 3 , 1 1 1 8 ; Raiser FS L. Raiser 3 5 5 ; Bericht der Unternehmensrechtskommission Rdn 2 2 8 ff.

125

38

Einl IV. M i t b e s t G und Gesellschaftsrecht

kraft Gesetzes verschieden verteilt oder vertraglicher Regelungen zugänglich sind, rechtsformspezifische Differenzierungen der Mitb e s t i m m u n g erzeugt. 1 2 6 Die Übernahme zahlreicher aktienrechtlicher Regeln durch §§ 6, 25 beseitigt diese Unterschiede nicht, weil sie im wesentlichen die Bildung und das Verfahren des Aufsichtsrats betrifft, nicht jedoch sein Verhältnis zu den anderen Unternehmensorganen. Da $ 31 immerhin einheitlich die Zuständigkeit des Aufsichtsrats zur Wahl des Vertretungsorgans begründet, wirkt sich die vom Gesetz in Kauf genommene Ungleichheit vor allem auf die Sachentscheidungen aus. Hier verursacht sie jedoch nicht nur rechtsformspezifische Divergenzen bezüglich der Mitbestimmung, sondern Spannungen und Widersprüche, die mit exegetischen Mitteln kaum zu bewältigen sind. 1 2 7 Selbst wenn man Differenzierungen der Mitbestimmung nach der Gesellschaftsform für wünschenswert oder gar notwendig hält, 1 2 8 wäre es notwendig gewesen, sie aus einem Gesamtkonzept des Unternehmensrechts heraus zu entwickeln, das dem Gesetzgeber fehlte. 5. Systematisch unbefriedigend bleibt schließlich die vom Gesetz 6 7 in SS 5, 3 2 gefundene Lösung der M i t b e s t i m m u n g i m Konzern. Dabei geht es für die grundsätzliche Würdigung nicht in erster Linie um die Notlösung der Fälle, in denen sich die Konzernspitze im Ausland befindet. Schwerer wiegt, daß der Gesetzgeber auch beim G l e i c h o r d n u n g s k o n z e r n 1 2 9 und bei einer als Personengesellschaft verfaßten Konzernmutter auf die Mitbestimmung an der Konzernspitze und damit auf eine folgerichtige Verwirklichung seines eigenen Ansatzes verzichtet, im letzteren Fall als Konsequenz seiner Entscheidung, Personengesellschaften generell von der Anwendung des Gesetzes zu befreien. Ungelöst blieb weiter die Teilnahme der Arbeitnehmer von Gemeinschaftsunternehmen an der Mitbestimmung in den Muttergesellschaften. 130 Gegen die vom Gesetzgeber in S 3 2 gefundene Lösung, zur Vermeidung einer Kumulation der Mitbestimmung in Beteiligungsgesellschaften wichtige, nach allgemeinem Recht dem Vertretungsorgan zukommende Kompetenzen auf die Anteilseignerseite im Aufsichtsrat zu verlagern, sprechen grundlegende Bedenken. 1 3 1 Vor allem aber blieb die Frage ungelöst, ob es rechtstheoretisch und rechts-

126

127

128

129 130 131

Vgl statt aller Martens Z H R 1 3 8 (1974), 209; Raiser, Grundgesetz und paritätische Mitbestimmung 12 ff. Vgl § 25 Rdn 6 ff, 86 ff. Vgl statt aller Raisch, Unternehmensrecht Bd 2, 131; H.P. Westermann FS H. Westermann 563; Rittner JZ 1 9 7 5 , 4 5 7 ; Wiedemann, Gesellschaftsrecht Bd 1, 6 1 0 ff. Vgl § 5 Rdn 47. Vgl § 5 Rdn 25 f. Vgl $ 3 2 Rdn 3.

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Einl C. Fortentwicklung des M i t b e s t i m m u n g s r e c h t s

politisch richtig sei, eine Mitbestimmung nach dem Gesetz sowohl im herrschenden wie im abhängigen Unternehmen einzurichten, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Sie führt zurück auf die allerdings auch im geltenden Konzernrecht und in der Wissenschaft bisher nicht bewältigte Alternative, den Konzern als rechtliche Einheit oder als Verbindung einer Vielzahl von Unternehmen zu verstehen. 1 3 2

C. Fortentwicklung des Mitbestimmungsrechts und der Mitbestimmungspraxis Schrifttum BadurafRittner/Rüthers, Mitbestimmungsgesetz 1976 und Grundgesetz, 1977; Bertelsmann Stiftung/Böckler Stiftung, Mitbestimmung und neue Unternehmenskulturen, 1998; Dreher, Sockellösung statt Optionsmodell für die Mitbestimmung in der europäischen Aktiengesellschaft, EuZW 1990, 476; Hamel, Mitbestimmung, FS Witte 1993, 25; Hopf, Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat, FS Everling 1995,475; Kubier, Aufsichtsratsmitbestimmung im Gegenwind der Globalisierung, FS Döser 1999, 237; Raiser, Bewährung des Mitbestimmungsgesetzes nach zwanzig Jahren? FS Kubier 1997, 477; ders, Wirkungen des Mitbestimmungsgesetzes, in Hof/Lübbe-Wolff (Hrsg) Wirkungsforschung zum Recht 1,1999,107; ders, Unternehmerische Mitbestimmung auf dem Prüfstand, FS Buxbaum 2000, 415; Schumann, Die Unternehmensmitbestimmung. Ein Standortnachteil für den Standort der Bundesrepublik Deutschland?. FS Däubler 1999, 399; Streeck/Kluge (Hrsg) Mitbestimmung in Deutschland, 1999; Ulmer, Paritätische Arbeitnehmermitbestimmung im Aufsichtsrat von Großunternehmen - noch zeitgemäß? ZHR166 (2002), 271. 68

1. Das MitbestG wurde seit seinem Erlaß zunächst zweimal unerheblich geändert. Durch das Gesetz zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes und anderer arbeitsrechtlicher Vorschriften vom 26. Juni 1 9 9 0 1 3 3 wurden durchgehend die Begriffe „Wahlmänner" und „Ersatzmänner" durch die Begriffe „Delegierte" und „Ersatzdelegierte" ersetzt, um eine angebliche Frauendiskriminierung zu beseitigen. Der Erlaß des Umwandlungsgesetzes vom 28. Oktober 1 9 9 4 1 3 4 machte die Streichung der Verschmelzung aus dem Katalog des § 3 2 erforder-

132

133 134

40

Vgl Bälz, Einheit und Vielheit im Konzern, FS L. Raiser 287; Rehbinder, Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht 33; Martens ZHR 138 (1974), 179 ff; Schilling ZHR 140 (1976), 530. BGBl 1,1206. BGBl 1,3210.

Einl

lieh, weil das UmwG die Umwandlung nunmehr als Oberbegriff verwendet, der die Verschmelzung umfaßt. Eine wichtigere Neuerung war im Zug des Gesetzes über Kontrolle und Tranparenz im Unternehmensbereich beabsichtigt. Die in dem Entwurf 135 hierzu vorgesehene Änderung des § 7 MitbestG sollte den Unternehmen gestatten, die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der gesetzlichen Normalzahl zu verkleinern. Die Änderung ließ sich aber gegen den Widerstand der Gewerkschaften nicht durchsetzen. 136 Einschneidend ist demgegenüber die Preisgabe der Trennung zwischen Arbeitern und Angestellten und der Übergang zu einem insoweit einheitlichen Begriff des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der Reform des BetrVerfG durch das Gesetz vom 23. Juli 2001. 1 3 7 Dieser Eingriff nötigte zur Änderung der SS 3 , 1 0 , 1 1 1 2 , 1 5 , 1 6 , 1 7 , 1 8 , 2 3 , 2 4 , 3 4 und 39 sowie der Wahlordnungen und zum Einfügen einer Übergangsvorschrift in einem neuen § 40. Er vereinfacht die Vorschriften über die Wahlen zur Delegiertenversammlung und zum Aufsichtsrat und deren Durchführung beträchtlich. Zugleich wurden die überholten SS 35 und 38 sowie die Berlinklausel im bisherigen S 4 0 aufgehoben. Eine weitere wichtige Änderung folgte dann im Gesetz zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat vom 23. März 2002. 1 3 8 Dieses Gesetz, das im Einvernehmen mit den Verbänden der Sozialpartner erlassen wurde, vermindert in erster Linie die Zahl der Delegierten bei mittelbarer Wahl und vereinfacht das Vorwahlverfahren zur Bestimmung der Kandidaten der leitenden Angestellten. Außerdem gewährte es den Sprecherausschüssen der leitenden Angestellte dieselben Antragsrechte wie den Betriebsräten. Die Änderungen betrafen neben weiteren kleineren Berichtigungen die S§ 11, 15, 21, 22 und 40. Sie machten ferner eine vollständige Überarbeitung der Wahlordnungen notwendig, die in der Neufassung am 28. Mai 2002 in Kraft getreten sind. 139 Im Gebiet der ehemaligen DDR ist das Gesetz am 3. Oktober 1990 6 9 mit der Maßgabe in Kraft getreten, daß die Übergangvorschrift des S38 dort nicht gilt. 140 Sonderregelungen enthalten das Gesetz über die Gründung der Deutschen Bahn AG von 1993 und das Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die

135

136 137 138 139 140

Vgl den Referentenentwurf des BMJ vom 2 6 . 1 1 . 1 9 9 6 , abgedruckt in ZIP 1996,2129. RegEntw vom 6 . 1 1 . 1 9 9 7 , ZIP 1 9 9 7 , 2 0 5 9 . BGBl 1 , 1 8 5 2 . BGBl 1 , 1 1 3 0 . BGBl 1 , 1 6 8 2 . Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet A Abschnitt III Nr 10 EinV.

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Einl C. Fortentwicklung des M i t b e s t i m m u n g s r e c h t s

Rechtsform der Aktiengesellschaft von 1994. 141 In beiden Fällen geht es im wesentlichen darum, den der Bundesbahn und den drei Nachfolgegesellschaften der Bundespost zugewiesenen Beamten das Wahlrecht für die Aufsichtsratswahlen zuzuerkennen und sie zu diesem Zweck den Arbeitern oder Angestellten zuzuordnen. 142 70 Die wichtigsten gesetzlichen Eingriffe in das Mitbestimmungsrecht finden sich demgegenüber in anderen Gesetzen. Sie dienen zur Sicherung eines Mitbestimmungsbesitzstands für eine vorübergehende Zeit auch nachdem die gesetzlichen Voraussetzungen weggefallen sind. Das Gesetz zur Beibehaltung der Mitbestimmung beim Austausch von Anteilen und der Einbringung von Unternehmensteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten der Europäischen Union betreffen (MitbestimmungsbeibehaltungsG) vom 23. August 1994 1 4 3 bestimmt eine Fortdauer der Anwendung des bisherigen Mitbestimmungsstatuts für den Fall, daß infolge der Einbringung von Anteilen an einer Tochtergesellschaft oder von Betrieben oder Teilbetrieben in ein anderes Unternehmen im Austausch von Anteilen an diesem die gesetzlichen Voraussetzungen wegfallen, namentlich die Zahl der Arbeitnehmer auf unter 2 0 0 0 herabsinkt. Das Gesetz, das eine Rechtsgrundlage in der Richtlinie 90/434/EWG der EU zur Beseitigung steuerrechtlicher Hemmnisse bei grenzüberschreitenden Fusionen findet, versagt die steuerrechtliche Privilegierung der genannten Transaktionen, sofern das Mitbestimmungsstatut nicht beibehalten wird. 144 Gemäß $ 325 UmwG ist die Mitbestimmung nach dem bisherigen Statut noch fünf Jahre beizubehalten, wenn infolge Abspaltung oder Ausgliederung eines Unternehmensteils die gesetzlichen Voraussetzungen wegfallen, namentlich die Zahl der Arbeitnehmer unter 2 0 0 0 herabsinkt, es sei denn, sie vermindert sich auf weniger als ein Viertel dieser Zahl. 145 Auch die mehreren aufeinander folgenden Änderungen der Montanmitbestimmungsgesetze verfolgten die gleiche Absicht. 146 71

2. In der Rechtsprechung spielt das MitbestG eine auffallend geringe Rolle. In der amtlichen Sammlung des BGH sind bis 2001 nur neun Urteile zu finden, die sich unmittelbar mit dem Gesetz oder mit durch seine Anwendung aufgeworfenen gesellschaftsrechtlichen Fragen

141 142 143 144

145 146

42

BGBl 1 2 3 7 8 / 2 3 8 6 und BGBl 1 2 3 2 5 / 2 3 3 9 . Vgl § 3 Rdn 12. BGBl 1 , 2 2 2 8 . Einzelheiten s unten § 1 Rdn 2 6 sowie GroßKomm.AktG/Oetter MitbestG Vorbem Rdn 53 ff. Vgl $ 1 Rdn 2 6 . Vgl§ 1 Rdn 31 ff.

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befassen. Auch die Instanzgerichte werden eher selten angerufen. Eine noch geringere Rolle spielt das Gesetz in der Judikatur des BAG. Allerdings hat diese Zurückhaltung zur Folge, daß eine Reihe wichtiger Auslegungsfragen noch nicht abschließend geklärt ist. 3. Die Zahl der unter das MitbestG fallenden Unternehmen betrug 7 2 nach seinem Inkrafttreten 1977/78 472. Sie ist bis 1996 auf 725 angewachsen, davon etwa 660 in den alten und etwa 65 in den neuen Bundesländern, seitdem bis 1998 aber wieder auf 691 gefallen. 147 Ende 1974 befanden sich unter den mitbestimmungspflichtigen Unternehmen 406 AG, 280 GmbH, 5 KGaA und 10 Genossenschaften. 20 Unternehmen waren aus dem Geltungsbereich des Gesetzes ausgeschieden. 148 Die Zahlen beweisen, daß die zunächst befürchtete Flucht deutscher Unternehmen aus der Mitbestimmung nicht stattgefunden hat, wenngleich einzelne derartige Fälle bekannt geworden sind. Allerdings erschwert das geltende deutsche Recht die Sitzverlegung ins Ausland und transnationale Verschmelzungen erheblich. Allen Bemühungen um eine Liberalisierung in diesem Bereich haben sich die Gewerkschaften bisher erfolgreich widersetzt. Wieweit ausländische Unternehmen durch das MitbestG abgehalten werden, in Deutschland zu investieren, ist kaum abzuschätzen. 4. Zu den Auswirkungen des MitbestG auf die Unternehmens- 7 3 praxis, den Unternehmenserfolg und die Volkswirtschaft gibt es eine Anzahl empirischer Untersuchungen, vornehmlich im Bereich der Betriebswirtschaftslehre, die aber überwiegend Einzelfragen verfolgen.149 Immerhin lehrt die Erfahrung, daß die von Seiten der Arbeitgeber im Mitbestimmungsprozeß vor dem BVerfG vorgetragenen Befürchtungen nicht eingetreten sind, wonach das Gesetz den Arbeitnehmern ein Entscheidungsübergewicht in der Unternehmensführung verschaffen. 150 Namentlich gibt es keine Anhaltspunkte dafür, daß sich die Parität der Sitze im Aufsichtsrat ungeachtet der Zweitstimme des Vorsitzenden als faktische Parität ausgewirkt hätte. Von vielen beklagt wird allerdings, daß die Entscheidungsprozesse im Aufsichtsrat infolge der Mitbestimmung mühsam und langwierig geworden seien und dieser deshalb vor allem in Unternehmenskrisen seine Kontrollfunktion nicht mehr wirksam genug ausüben könne. Diese Kritik gibt Anlaß, systemimmanente Verbesserungen der gesetzlichen Vorschriften

Angaben der Hans Boeckler Stiftung, www.boeckler.de/datenbank. Hanau in der Einleitung zur dtv-Textausgabe des MitbestG VIII. 1 4 9 Vgl die Nachweise bei Hopt aaO und Raiser aaO; ferner Hamel FS Witte 25; GroßKomm. AktG/Oeffcer MitbestG Vorbem Schrifttumsverz. iso V g ] Badura/Rittner/Rüthers, Mitbestimmungsgesetz und Grundgesetz 53 ff, 73 f, 9 8 ff. 147 148

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Einl C. Fortentwicklung des Mitbestimmungsrechts

zu verlangen, wie sie der Entwurf des Gesetzes über Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich mit der Möglichkeit anstrebte, den Aufsichtsrat zu verkleinern. 151 Sie nötigt aber nicht zu Eingriffen in die Substanz des Gesetzes. 74 Eine dem Bericht der Mitbestimmungskommission 152 gleichwertige Bestandsaufnahme findet sich aber erst in dem Bericht „Mitbestimmung und neue Unternehmenskulturen" der gemeinsam von der Bertelsmann Stiftung und der Hans Böckler Stiftung ins Leben gerufenen Kommission Mitbestimmung von 1998. 153 Diese auf Befragung von zahlreichen Sachverständigen beruhende Untersuchung kommt zum Ergebnis, daß sich die Mitbestimmung als wirkungsvolles Mittel zur sozialen Integration in den Unternehmen und zur Entstehung kooperativer Unternehmenskulturen erwiesen habe. 154 Zu ihren wirtschaftlichen Auswirkungen heißt es, sie habe Investitionen und die Steigerung der Kapitalintensität der Unternehmen nicht behindert, preiskompetitive Produktstrategien aber vermutlich verteuert. 155 Auch entfalte sie eine strukturkonservierende Wirkung. 156 Wieweit sie im Ergebnis ursächlich zur Prosperität der deutschen Volkswirtschaft beigetragen oder im Gegenteil deren Erfolg behindert hat, lasse sich nicht mit Gewißheit entscheiden. 157 Das Schwergewicht verlagere sich nach und nach auf die betriebliche Mitbestimmung, weil die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat ihre Position dort zur Erweiterung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Informations- und Handlungsmöglichkeiten nutzen. 158 De lege ferenda empfiehlt die Kommission angesichts dieser Lage eine wachsende Differenzierung und Flexibilisierung der Mitbestimmungsformen, die Ausbildung „maßgeschneiderter Lösungen bei der zunehmend dezentralisierten Organisation der Arbeitsbeziehungen und Entscheidungsprozesse" 159 sowie die Rationalisierung und Entbürokratisierung ihrer bisherigen Arbeitsweise. 75

Sind schwerwiegende Nachteile, die ausreichenden politischen Druck erzeugt hätten, die Mitbestimmung wieder zurückzudrängen, auch nicht hervorgetreten, so hat das Gesetz auf der anderen Seite

151 152 153

154 155 156 157 158 159

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Siehe Fußnote 135. Siehe oben Rdn 29. Herausgegeben vom Verlag Bertelsmann 1998; vgl dazu Kübler FS Döser 1 9 9 9 , 2 3 7 ; RaiserVS Buxbaum 4 1 5 ff; kritisch Ulmer Z H R 1 6 6 (2002) 271. Berichts 34. AaO 57 ff. S 9 8 ff. S 61 ff. S 31. S 39.

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seine Bewährungsprobe noch nicht endgültig bestanden. Manche Äußerungen, namentlich aber die nachhaltige Betonung der Mehrung des shareholder value als des maßgeblichen Unternehmensziels in der internationalen wirtschaftlichen Diskussion deuten darauf hin, daß die Überzeugungskraft der Mitbestimmungsidee geringer geworden ist. 160 In den Aufsichtsräten gelang es nur unvollkommen, die erhoffte offene und vertrauensvolle Kooperation zwischen Anteilseignern und Arbeitnehmern herbeizuführen; der Antagonismus und die soziale Distanz zwischen beiden Gruppen sind geblieben. Vor allen hat die deutsche Mitbestimmung im Ausland kaum Resonanz, sondern überwiegend kritische Ablehnung gefunden. Sie gilt als einer der Faktoren, die ausländische Unternehmen daran hindern, in Deutschland zu investieren oder sich hier niederzulassen. Deutsche Unternehmen müssen durch rechtliche Vorschriften daran gehindert werden, ins Ausland abzuwandern, um der Mitbestimmung zu entgehen. 161 Die Rechtsangleichung in der Europäischen Union im Gesellschaftsrecht hat sie in wichtigen Bereichen blockiert.162 Auch bei der Schaffung der Europäischen Aktiengesellschaft konnte in der Richtlinie zur Ergänzung des Statuts der SE hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer vom 8. Oktober 2001 163 nur ein Kompromiß erzielt werden. Dieser sieht zunächst ein Verhandlungsverfahren zwischen dem Leitungsorgan der Gesellschaft und Vertretern ihrer Arbeitnehmer zur Regelung der Mitbestimmung vor.164 Kommt zwischen diesen keine Einigung zustande, gilt eine Auffangregelung, die bestimmten in der Richtlinie und in einem Anhang dazu festgelegten Bedingungen genügen muß, im übrigen aber von den Mitgliedstaaten jeweils für die in ihrem Gebiet ansässigen Gesellschaften gilt. Das läuft darauf hinaus, daß nur die in Deutschland ansässigen Europäischen Aktiengesellschaften der deutschen Mitbestimmung unterworfen werden. Aus allen diesen Gründen erscheint es unsicher, ob sich diese im globalen Wettbewerb langfristig wird behaupten können.

Kritisch dazu Schumann FS Däubler 399 ff. 161 vgl das MitbestimmungsbeibehaltungsG, oben Rdn 70 und $ 1 Rdn 26. 162 vg] das Scheitern der Entwürfe zur 5., die Führungsstruktur der Aktiengesellschaften, und zur 10., die grenzüberschreitende Verschmelzung betreffenden gesellschaftsrechtliche Richtlinie der EU. 163 Richtlinie 2001/86/EG des Rats, ABl L 294/22. 164 Art 3 ff.

160

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Erläuterungen ERSTERTEIL Geltungsbereich $ 1 Erfaßte Unternehmen (1) In Unternehmen, die 1. in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft betrieben werden und 2. in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen, haben die Arbeitnehmer ein Mitbestimmungsrecht nach Maßgabe dieses Gesetzes. (2) Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf die Mitbestimmung in Organen von Unternehmen, in denen die Arbeitnehmer nach 1. dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 21. Mai 1951 (BGBl. IS. 347 - Montanmitbestimmungsgesetz -), oder 2. dem Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 7. August 1956 (BGBl. I S. 707 - Mitbestimmungsergänzungsgesetz), ein Mitbestimmungsrecht haben. (3) Die Vertretung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten von Unternehmen, in denen die Arbeitnehmer nicht nach Abs 1 oder nach den in Abs 2 bezeichneten Gesetzen ein Mitbestimmungsrecht haben, bestimmt sich nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 (BGBl. IS. 681). (4) Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf Unternehmen, die unmittelbar und überwiegend 1. politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder 2. Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, auf die Artikel 5 Abs 1 Satz 2 des Grundgesetzes anzuwenden ist, 47

$ 1 Erfaßte Unternehmen 1. Teil. Geltungsbereich

dienen. Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform. Schrifttum zu Abs 1 bis 3 Sellstedt, Der territoriale Geltungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes, BB 1 9 7 7 , 1 3 2 6 ; Bernstein/Koch, Internationaler Konzern und deutsche Mitbestimmung, ZHR 143 (1979), 5 2 2 ; Beuthien, Erweiterte Mitbestimmung durch Tarifvertrag, JurA 1 9 7 0 , 1 3 0 ; Biedenkopf/Säcker, Grenzen der Mitbestimmung in kommunalen Versorgungsunternehmen, ZfA 1 9 7 1 , 2 1 2 ; Birk, Mitbestimmung und Kollisionsrecht, R1W/AWD 1 9 7 5 , 5 8 9 ; ders, Auslandsbeziehungen und Betriebsverfassungsgesetz, FS Schnorr v. Carolsfeld, 1972, 61; Büdenbender, Mitbestimmungsrechtlicher Besitzstand im Gesellschaftsrecht, ZIP 2 0 0 0 3 8 5 ; Däubler, Mitbestimmung und Betriebsverfassung im internationalen Privatrecht, RabelsZ 39, 1 9 7 5 , 4 4 4 ; Duden, Mitbestimmung in öffentlichen Unternehmen, ZRP 1972, 29; Ebenroth/Sura, Das Problem der Anerkennung im internationalen Gesellschaftsrecht, RabelsZ 4 3 (1979), 3 1 5 ; Fabricius, Erweiterung der Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft auf rechtsgeschäftlicher Grundlage, FS Hilger und Stumpf, 1983, 155; Grasmann, Internationale Probleme der Mitbestimmung, ZGR 1 9 7 3 , 3 1 7 ; Halm, Notwendigkeit der Bildung des mitbestimmten Aufsichtsrats bei der GmbH vor Eintragung in das Handelsregister?, BB 2 0 0 0 , 1849; Hanau, Arbeitsrecht und Mitbestimmung in Umwandlung und Fusion, ZGR 1990, 5 4 8 ; Hensche, Erweiterung der Mitbestimm u n g durch privatautonome Regelung, insbesondere in Unternehmen der öffentlichen Hand, AuR 1 9 7 1 , 3; Henssler, Umstrukturierung von mitbestimmten Unternehmen, NZA 2 0 0 0 , 241; ders, Die Unternehmensmitbestimmung, FS 5 0 Jahre BGH, 2 0 0 0 , 3 8 7 ; Hommelhoff, Vereinbarte Mitbestimmung, ZHR 148 (1984), 118; Ihrig/Schlitt, Vereinbarungen über eine freiwillige Einführung oder Erweiterung der Mitbestimmung, NZG 1999, 3 3 3 ; Horn/Wackerbarth, Zum Fortbestand des mitbestimmten Aufsichtsrats bei Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personenhandelsgesellschaft, FS S ö l l n e r 2 0 0 0 , 4 4 7 ; Joost, Die Bildung des Aufsichtsrats beim Formwechsel einer Personenhandelsgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft, FS Claussen, 1 9 9 7 , 1 8 7 ; Jung, Umwandlungen unter Mitbestimmungsverlust, 2000; KiemßJhrig, Der umwandlungsbedingte Wechsel des Mitbestimmungsstatuts, NZG 2 0 0 1 , 6 8 0 ; Lipperheide, Die Arbeitnehmervertretungen und ihre Bedeutung bei einem deutschen Betrieb eines Unternehmens mit Sitz im Ausland, 1980; Lutter, Der Anwendungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes, ZGR 1977, 195; Martens, Mitbestimmung, Konzernbildung und Gesellschaftereinfluß, ZHR 138 (1974), 179; Meilicke/Meilicke, Zur ausländischen Kapitalgesellschaft als Unternehmen in der Rechtsform des $ 1 Abs 1 Nr 1 MitbestG, BB 1977, 1063; Mertens, Zur Gültigkeit von Mitbestimmungsvereinbarungen, AG 1 9 8 2 , 1 4 1 ; Müffelmann, Entfällt die Mitbestimmung für eine Kommanditgesellschaft bei Einschaltung einer ausländischen Kapitalgesellschaft?, BB 1977, 6 2 8 ; ders, Mitbestimmung in Eigengesellschaften der öffentlichen Hand, ZGR 1 9 9 6 , 5 0 4 ; Oetker, Das Recht der Unternehmensmitbestimmung im Spiegel der neueren Rechtsprechung, ZGR 2 0 0 0 , 19; Paulick,

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Erfaßte Unternehmen

$1

Der genossenschaftliche Aufsichtsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz vom 11. Oktober 1952, ZfgG 3 (1953), 215; Peus, Die Praxis privatautonomer MitbestimmungsVereinbarungen, AG 1982,206; Prager, Grenzen der deutschen Mitbestimmung (inklusive Betriebsverfassung) im deutsch-schweizerischen Unternehmensrecht, Zürich 1979; Projektgruppe im Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut des DGB, Vorschläge zum Unternehmensrecht. Arbeitnehmerinteressen und Unternehmensorganisation, 1981; Püttner, Die Mitbestimmung in kommunalen Unternehmen, 1972; Raiser, Paritätische Mitbestimmung der Arbeitnehmer in wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinden, RdA 1972, 65; Rittner, Die paritätische Mitbestimmung und das Gesellschaftsrecht, JZ 1975,457; ders, Die Ermittlung der Arbeitnehmerzahl nach $ 9 MitbestG (8000) für schrumpfende Unternehmen, AG 1983, 99; Schäfer, Mitbestimmung in kommunalen Eigengesellschaften, 1988; Scholz, Mitbestimmungsgesetz, Mitbestimmungsurteil und öffentlicher Dienst, ZBR 1980, 297; Simitis, Von der institutionalisierten zur problembezogenen Mitbestimmung, AuR 1975,321; Spieker, Montan-Mitbestimmung in den 80er Jahren, Sicherung oder Tod auf Raten, MitbestGespr 1981, 79; Steindorff, Kommanditgesellschaft auf Aktien und Mitbestimmung, FS Ballerstedt, 1975, 127; ders, Einzelfragen zur Reichweite des MitbestG, ZHR141 (1977), 457; Vischer, Die Wandlung des Gesellschaftsrechts zu einem Unternehmensrecht und die Konsequenz für das Internationale Privatrecht, FS F. A. Mann, 1977, 639; Werner, Unternehmensverfassung in einer marktwirtschaftlichen Ordnung, WuW 1975,179; H. P. Westermann, Unternehmensverfassung und Gesellschaftsrecht, FS H. Westermann, 1974, 563; Wiesner, Zum Anwendungsbereich des Montanmitbestimmungsgesetzes, AuR 1978,73; Willemsen, Arbeitsrecht im Umwandlungsgesetz, NZA 1996,791; Wißmann Der Anwendungsbereich der Unternehmensmitbestimmung als Dauerpatient, FS Däubler 1999,385. zu Abs 4 Birk, „Tendenzbetrieb" und Wirtschaftsausschuß, JZ 1973, 753; Buchner, Paritätische Mitbestimmung: Der Weg zu einer neuen Unternehmens- und Arbeitsordnung, ZfA 1974, 147; Hanau, Pressefreiheit und paritätische Mitbestimmung, 1975; Kunze, Zum Begriff des sogenannten Tendenzbetriebes, FS Ballerstedt, 1975, 79; Löwisch, Musik als Kunst im Sinne des Tendenzschutzes, FS v. Caemmerer, 1978, 559; Marino, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen des sogenannten Tendenzschutzes im Betriebsverfassungsrecht und im Unternehmensverfassungsrecht, 1986; Martens, Die Tendenzunternehmen im Konzern, AG 1980, 289; Mayer-Maly, Grundsätzliches und Aktuelles zum „Tendenzbetrieb", BB 1973, 761; ders, Der Tendenzkonzern, FS Möhring, 1975, 251; Rüthers, Paritätische Mitbestimmung und Tendenzschutz, AfP 1974, 542; Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, 1980; Wiedemann, Aufgaben und Grenzen der unternehmerischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer, BB 1978,5.

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S 1 Erfaßte Unternehmen 1. Teil. Geltungsbereich

Übersicht Rdn I. Vorbemerkungen 1. Geltungsbereich . . . . 2. Politische Hintergründe II. Voraussetzungen des Mitbestimmungsrechts (Abs 1) 1. Unternehmen 2. Rechtsformen 3. Sitz im Ausland 4. In der Regel mehr als 2000Arbeitnehmer. . . 5. Beginn der Mitbestimmungspflicht 6. Ende der Mitbestimmungspflicht III. Fortgeltung der Montanmitbestimmungsgesetze und des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 (Abs 2 und 3) 1. Allgemeines 2. Montanmitbestimmungsgesetz 3. Mitbestimmungsergänzungsgesetz

Rdn

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IV.

9 10 13 16 21 25

V.

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VII.

4. Deutsch-schweizerische Grenzkraftwerke . . . . 5. §§76ffBetrVG 1952 . . Tendenzunternehmen und Religionsgemeinschaften (Abs 4) 1. Allgemeines 2. Abs 4 Nr 1 3. Abs 4 Nr 2 4. Unmittelbar und überwiegend 5. Religionsgemeinschaften Recht auf Mitbestimmung 1. Mitbestimmung als Rechtsinstitut 2. Rechte und Pflichten der Beteiligten Privatautonome Mitbestimmungsregelungen 1. Zwingendes Recht . . . 2. Satzungsfreiheit . . . . 3. Erweiterungen der Mitbestimmung Streitigkeiten

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37 38 42 43 45 46 47 49 50 51 53

I. V o r b e m e r k u n g e n 1

1. Die Vorschrift grenzt, zusammen mit 4 und 5, den Geltungsbereich des Gesetzes ab. Sie nennt in Abs 1 zunächst die drei allgemeinen Voraussetzungen für die Anwendung des Gesetzes: Es m u ß sich (1) um Unternehmen handeln, die (2) in einer der in Ziffer 1 genannten Rechtsformen geführt werden und die (3) in der Regel mehr als 2 0 0 0 Arbeitnehmer beschäftigen. Absätze 2 und 4 bringen Ausnahmen von der allgemeinen Regel, und zwar für die unter die Montanmitbestimmungsgesetze fallenden Unternehmen sowie für die Tendenzunternehmen und die Religionsgemeinschaften mit ihren karitativen und erzieherischen Einrichtungen. Abs 3 stellt demgegenüber nur klar, daß auf alle übrigen Unternehmen weiterhin §§ 7 6 ff BetrVG 1 9 5 2 anzuwenden sind, soweit deren Voraussetzungen vorliegen. Der Gegenstand des Gesetzes ist in Abs 1 nur angedeutet in den Worten, die Arbeitnehmer haben ein Mitbestimmungsrecht nach Maßgabe dieses Gesetzes. 50

Erfaßte Unternehmen I. Vorbemerkungen

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2. Die in der Vorschrift genannten Abgrenzungsmerkmale für den 2 Geltungsbereich des Gesetzes beruhen auf politischen Entscheidungen, die überwiegend heftig umstritten waren und jedenfalls nicht für sich in Anspruch nehmen können, einer vorgegebenen, juristisch unangreifbaren Sachgesetzlichkeit zu entspringen. a) Am wenigsten gilt dies für die Begrenzung der Mitbestimmung 3 auf (wirtschaftliche) Unternehmen, denn wenngleich der Mitbestimmungsgedanke als solcher eine allgemeinere Geltung beansprucht, war doch nie zweifelhaft, daß die Eigengesetzlichkeit von Wirtschaftsunternehmen eine spezielle Regelung erforderlich mache. b) Die Beschränkung auf die in Abs 1 Nr 1 genannten Rechtsformen 4 ist der Ausdruck ungelöster rechtlicher Schwierigkeiten. In der Mitbestimmungsidee ist eine Differenzierung nach Rechtsformen nicht angelegt. 1 Bei Einzelunternehmen und bei den Personengesellschaften würde die Anwendung des Gesetzes aber dazu führen, daß der Inhaber bzw die Komplementäre, die regelmäßig auch die Geschäfte führen, für die Folgen von unternehmerischen Entscheidungen persönlich haften, für die sie nicht mehr allein verantwortlich gemacht werden können. Obgleich nicht a priori feststeht, daß Mitbestimmung und persönliche Haftung unvereinbar sind, 2 hatte schon die Mitbestimmungskommission davon abgesehen, die Einführung der Mitbestimmung in Personengesellschaften und Einzelunternehmen zu empfehlen, weil sie nicht ohne tiefgreifende und in ihren Auswirkungen kaum abschätzbare strukturelle Veränderungen der Eigentümerstellung möglich sei.3 Der RegE folgte dem und führte dazu aus, die Lösung des Problems sei einer künftigen Fortentwicklung des Gesellschaftsrechts zum Unternehmensrecht zu überlassen,4 ohne damit im Gesetzgebungsverfahren auf ernstlichen Widerspruch zu stoßen. Dagegen verlangte der DGB noch in der Anhörung vor dem BT-Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung, die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, Stiftungen und wirtschaftlichen Vereine in das Gesetz einzubeziehen, 5 konnte sich jedoch damit nicht durchsetzen. Er hält die Forde-

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3 4 5

Vgl Duden FS Schilling 3 2 3 . Zur sehr heterogenen wissenschaftlichen Diskussion vgl ua Duden aaO; Raisch, Unternehmensrecht Bd 2, 141; Rittner JZ 1975, 4 5 7 f ; Werner WuW 1 9 7 5 , 1 8 7 ; H. P. Westermann, FS H. Westermann 5 6 3 ; Däubler, Das Grundrecht auf Mitbestimmung 3 4 8 ; Martens ZGR 1979, 4 9 3 , 502ff; Hanau/Ulmer § 1 Rdn 32; zur verfassungsrechtlichen Problematik bei den Genossenschaften vgl einerseits Beuthien ZfgG 1 9 7 6 , 3 2 0 , andererseits Hanau/Ulmer $ 1 R d n 3 2 . BTDrucks VI/334, V Ziff. 4 8 . BTDrucks 7 / 2 1 7 2 , 1 7 . Vgl Protokoll der 55. Sitzung vom 7 . 1 1 . 1 9 7 4 , 5 4 f f .

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$ 1 Erfaßte Unternehmen 1. Teil. Geltungsbereich

rung nach einer rechtsformunabhängigen Mitbestimmung auch weiterhin aufrecht. 6 5 Aus dem Ausschluß der Gesellschaftsformen mit unbeschränkter Haftung läßt sich nicht ableiten, daß die Mitbestimmung in den unter das Gesetz fallenden Rechtsformen entfällt, wenn ausnahmsweise eine persönliche Haftung eingreift, so namentlich bei der GmbH im Fall der Ausfallhaftung (§24 GmbHG), der Nachschußpflicht (SS 26 ff GmbHG) oder des Haftungsdurchgriffs. 7 6 c) Auch die Entscheidung des Gesetzgebers, die erweiterte Mitbestimmung bei einer Mindestzahl von 2 0 0 0 Arbeitnehmern beginnen zu lassen, trägt politischen Charakter. Dabei ging es zunächst darum, ob, wie in anderen nach der Unternehmensgröße differenzierenden Gesetzen, neben der Zahl der Arbeitnehmer noch andere Merkmale herangezogen werden sollen. Im Gegensatz zur Ansicht des DGB, der eine Kombination von Beschäftigtenzahl, Bilanzsumme und Jahresumsatz empfahl 8 und weiterhin verlangt,9 erscheint es als sachgerecht, bei der Mitbestimmung nur auf die Beschäftigtenzahl abzustellen. 10 Umstritten war ferner die Mindestzahl selbst. Die politische und wissenschaftliche Diskussion bewegte sich hauptsächlich zwischen 1000 und 2 0 0 0 Arbeitnehmern, wobei die SPD,11 die CDU 12 und der DGB im Modell vom März 1968 1 3 von 2 0 0 0 Arbeitnehmern ausgingen. Die Begründung zum RegE 14 rechtfertigt die Entscheidung zugunsten dieser Zahl mit der Bemerkung, erst Unternehmen dieser Größe wiesen in der Regel eine ausreichend differenzierte Organisation auf, in der die Mitbestimmung wirkungsvoll ansetzen könne. Im Gesetzgebungsverfahren ist daran keine nachhaltige Kritik mehr geübt worden. 7

d) Die Weitergeltung der Montanmitbestimmungsgesetze hat die naheliegende Kritik erfahren, daß eine Regelung, die vier unterschiedlichen Mitbestimmungsregelungen kenne, unnötig kompliziert sei. Wenn der Gesetzgeber gleichwohl daran festhielt, so aus dem

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Entwurf des DGB eines Mitbestimmungsgesetzes vom 5 . 1 0 . 1 9 8 2 ; Projektgruppe im WSI, Vorschläge zum Unternehmensrecht 4 2 7 f; Köstler, Das steckengebliebene Reformvorhaben, 1987. Baumann ZHR 142 (1978), 557, 5 6 9 f ; Hanau/Ulmer § 1 Rdn 32; Hoffmann/ Lehmann/Weinmann § 1 Rdn 5. Vgl Bergk bei der Anhörung vor dem BT-Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung am 7 . 1 1 . 1 9 7 4 , Prot Nr 5 5 , 5 6 . S 2 Entw des DGB eines Mitbestimmungsgesetzes vom 5 . 1 0 . 1 9 8 2 . So schon die Mitbestimmungskommission, BTDrucks VI/334, V 4 3 . Gesetzentwurf vom 1 8 . 1 2 . 1 9 6 8 , BTDrucks V/3657. Entwurf vom 5 . 2 . 1 9 7 1 , BTDrucks V I / 1 8 0 6 . Abgedruckt beiSchwerdtfeger, Mitbestimmung in privaten Unternehmen 117. BTDrucks 7 / 2 1 7 2 , 1 8 .

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Erfaßte Unternehmen II. Voraussetzungen des Mitbestimmungsrechts (Abs 1)

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Grund, weil er angesichts der politischen Differenzen am bisher geltenden und bewährten Recht nicht rütteln wollte. 15 e) Die Ausnahme der Religionsgemeinschaften und ihrer kari- 8 tativen und erzieherischen Einrichtungen, die ohnehin kaum die Voraussetzungen des Abs 1 erfüllen, stimmt im wesentlichen mit § 81 BetrVG 1952 überein und rechtfertigt sich aus der in Art 140 GG iVm Art 137 Abs 3 WRV garantierten Autonomie der Kirchen. 16 Auch die Freistellung der Tendenzunternehmen folgt dem Vorbild der $§81 BetrVG 1952 und 118 BetrVG 1972. Die Mitbestimmungskommission hatte sich dagegen ausgesprochen, weil sie sie für unbegründet hielt. 17 Politisch war die Frage, vor allem im Hinblick auf Presseunternehmen, heftig umstritten. Namentlich der DGB und Teile der SPD verlangten die Abschaffung des Tendenzschutzes, während die FDP darauf beharrte. Schließlich hielt der Gesetzgeber daran fest, weil er befürchtete, andernfalls mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Meinungsund Pressefreiheit nach Art 5 GG in Kollision zu geraten.18 Der Tendenzschutz ist daher das Ergebnis einer Abwägung zwischen der in Art 2 , 4 und 5 GG enthaltenen Wertentscheidung zugunsten der in den Tendenzunternehmen verkörperten geistig-ideellen Bestrebungen und dem im Sozialstaatsprinzip verankerten Interesse der Arbeitnehmerschaft, an den unternehmerischen Entscheidungen beteiligt zu werden.19 Seine Berechtigung ist nach wie vor umstritten. 20 Die Gewerkschaften fordern weiterhin, ihn im MitbestG aufzuheben. 21 II. Voraussetzungen des Mitbestimmungsrechts (Abs 1) 1. Das Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer setzt nach Abs 1 9 zunächst ein Unternehmen voraus. Das Gesetz definiert den Begriff nicht. Doch treten, jedenfalls im Geltungsbereich des § 1, keine Schwierig-

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Vgl Arendt, Protokoll der 110. Sitzung des Dt Bundestages 7 4 6 2 . Vgl die Begründung zum RegE, BT-Drucks 7 / 2 1 7 2 , 1 9 . BTDrucks VI/334, V 4 7 . Begründung zum RegE, aaO 19; Wlotzke AuR 1974, 2 2 7 f; vgl ferner Hanau, Pressefreiheit und paritätische Mitbestimmung 4 8 ff; ders, BB 1973, 9 0 7 Fn 28; Buchner Z(A 1 9 7 4 , 1 7 2 ; Rüthers AfP 1 9 7 4 , 5 4 4 . Zu § 1 1 8 BetrVG hM; vgl BVerfGE 52, 283, 2 9 6 ff; Richardi/Thüsing BetrVG $ 118 Rdn 13 ff; Fitting/Auffarth/Kaiser/HeitherBeCrVG § 118 Rdn 4, je mwN; zu $ 1 MitbestG Hanau aaO 93 f; Kunze FS Ballerstedt 82ff; Wiedemann BB 1978, 9; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 1 Rdn 33; Hanau/Ulmer % 1 Rdn 49. Vgl die sehr ausführliche Würdigung von GemKomm.MitbestG/Naendrup § 1 Abs 4 Rdn 1 - 6 ; ferner Hanau aaO; Löwisch SAE 1 9 7 6 , 1 7 5 . Gesetzentwurf des DGB zum MitbestG vom 5 . 1 0 . 1 9 8 2 ; Projektgruppe im WSI Vorschläge zum Unternehmensrecht 4 2 8 .

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$ 1 Erfaßte Unternehmen 1. Teil. Geltungsbereich

keiten auf, da alle unter das Gesetz fallenden Gesellschaften mit mehr als 2 0 0 0 Arbeitnehmern als Unternehmen anzusehen sind. Insofern kommt dem Unternehmensbegriff als Abgrenzungsmerkmal keine eigenständige Bedeutung zu. 22 Auf die Absicht, Gewinn zu erzielen, kommt es nicht an, wie sich aus allgemeinen Erwägungen und aus Abs 4 ergibt, der selbst Gesellschaften, die politische, wissenschaftliche usw Zwecke verfolgen, als Unternehmen bezeichnet. 23 10 2. Das Gesetz bezieht sich auf Unternehmen in der Rechtsform einer AG, KGaA, GmbH oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft. 2 4 Gemäß § 4 kommen die AG bzw GmbH & Co KG, nach § 5 der Unterordnungskonzern hinzu. Der Katalog ist abschließend und kann daher nicht mittels Analogie ausgedehnt werden. Nicht unter das Gesetz fallen daher Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit Ausnahme der Fälle des § 4, ferner Versicherungs vereine auf Gegenseitigkeit, ideelle und wirtschaftliche Vereine sowie Stiftungen. 25 Das Gesetz erstreckt sich ferner nicht auf alle öffentlichrechtliche Unternehmen, das heißt Regie- und Eigenbetriebe, Sparkassen, Bank-, Versicherungs- und Wohnungsbauunternehmen, die als Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts organisiert sind. 11

Dagegen nimmt das Gesetz Unternehmen der öffentlichen Hand nicht aus, die in einer der Rechtsformen nach Nr 1 geführt werden. Es ist umstritten, ob die paritätische Besetzung des Aufsichtsrats solcher Unternehmen, namentlich wenn sie Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen, mit ihrem öffentlichen Zweck vereinbar sei. Die Frage wurde bisher vor allem im Hinblick auf eine freiwillige Vermehrung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat diskutiert, stellt sich aber auch für das MitbestG. 26

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HL, vgl statt aller Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 1 Rdn 12; Hanau/Ulmer § 1 Rdn 35; siehe ferner $ 4 Rdn 4, $ 5 Rdn 4 ff. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 1 Rdn 7; Hanau/Ulmer § 1 Rdn 36. Bergrechtliche Gewerkschaften, die ursprünglich mit genannt waren, gibt es seit der Beseitigung der Rechtsform durch das BundesbergG und dem Ende der Übergangsfrist nicht mehr. Das Vereinfachungsgesetz von 2 0 0 2 hat die Nennung dieser Rechtsform daher gestrichen. Dazu NaendrupBlStSozArbR 1 9 7 6 , 1 6 3 . Vgl BGH NJW 1 9 7 5 , 1 6 5 7 = AG 1975, 242, mit Anm Mertens; OLG Hamburg AG 1972, 173 ff; Biedenkopf/Säcker ZfA 1971, 2 1 2 ff; Duden ZRP 1972, 29; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 76 BetrVG 1 9 5 2 Rdn 9; Hensche AuR 1971, 33 ff; Martens ZHR 138 (1974), 207; Kol nKomm. AktG ¡Mertens § 96 AktG Rdn 16 ff; Ossenbühl, Erweiterte Mitbestimmung in kommunalen Eigengesellschaften, 1972; Piittner, Die Mitbestimmung in kommunalen Unternehmen, 1972; Raiser RdA 1972, 65; ders, ZGR 1976, 105; Woessner, Paritätische Mitbestimmung in kommunalen Eigengesellschaften aufgrund vertrag-

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Erfaßte U n t e r n e h m e n II. Voraussetzungen des M i t b e s t i m m u n g s r e c h t s (Abs 1)

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Vorschriften des Landes-, namentlich Gemeinde- und Haushalts- 12 rechts können gegen die bundesrechtliche Regelung im MitbestG nicht durchgreifen (Art 30 GG). Die Entscheidung hängt deshalb davon ab, ob Art 20 und 28 GG die paritätische Besetzung der Aufsichtsräte in den genannten Unternehmen ausschließen. Das ist nicht der Fall, denn die Regelung des MitbestG hindert die Trägerkörperschaft nicht daran, weiterhin einen maßgeblichen Einfluß auf die Unternehmen auszuüben.27 3. Nicht unter das MitbestG fallen Unternehmen mit Sitz im Aus- 13 land.28 Das ergibt sich daraus, daß die in Abs 1 genannten Rechtsformen solche des deutschen Rechts sind. Es wird auch durch den Ausschußbericht29 bestätigt, in dem es heißt, es habe Einmütigkeit bestanden, daß das Gesetz sich auf Unternehmen beschränkt, die ihren Sitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes haben. Materiellrechtlich folgt es aus der Beschränkung des deutschen Gesetzgebers auf die Bundesrepublik. Das gilt auch, wenn das ausländische Unternehmen Betriebe in der Bundesrepublik hat, denn es kommt auf den Sitz des Unternehmens und seiner zentralen Organe an.30 Unerheblich ist es dagegen, wenn ein in Deutschland gelegenes Unternehmen sich in den Händen ausländischer Anteilseigner befindet.31 Noch nicht abschließend geklärt ist der Fall des nach ausländischem 14 Recht gegründeten Unternehmens, das seinen formalen Sitz zwar im Ausland hat, seinen tatsächlichen Verwaltungssitz jedoch im Inland. Nach der im internationalen Privatrecht in Deutschland noch geltenden Sitztheorie kommt es für das Organisationsstatut einer juristischen Person auf den Verwaltungssitz an. Eine nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaft, die ausschließlich im Inland verwaltet wird,

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licher Stimmrechtsbindung, 1972; Zeller, Kommunale Mitbestimmung, 1972; Tofaute, Mitbestimmung in öffentlichen Unternehmen, Zeitschr. f. öffentl. und gemeinwirtschaftl. Unternehmen 1981, 51 ff; Scholz ZBR 1980, 2 9 7 ; Fabricius FS Hilger und Stumpf 1983, 1 5 5 , 1 6 9 ; Schäfer, Mitbestimmung in kommunalen Eigengesellschaften, 1988; Bommelhoff ZHR 148 (1984) 118; Ossenbühl Z G R 1 9 9 6 , 5 0 4 . HM; vgl im einzelnen Ossenbühl 1972, 35 ff; 86 f; Püttner aaO 6 0 - 6 5 , 1 0 4 f f ; im Ergebnis ebenso auch Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 1 Rdn 11; Hanau/Ulmer § 1 Rdn 4; Ossenbühl ZGR 1 9 9 6 , 5 0 4 , 5 1 7 . HM; vgl LG Düsseldorf DB 1 9 7 9 , 1 4 5 1 und zuletzt OLG Stuttgart ZIP 1995, 1004. BTDrucks 7 / 4 8 4 5 , 4 . Birk RIW/AWD 1 9 7 5 , 5 9 4 . Zu deutschen Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen vgl § 5 Rdn 31, zu ausländischen Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen $ 5 Rdn 29.

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$ 1 Erfaßte Unternehmen 1. Teil. Geltungsbereich

kann hier nicht als juristische Person anerkannt werden.32 Schwierige Abgrenzungsprobleme wirft bei dieser Sicht die Frage auf, wann noch eine ausreichende Bindung („genuine link") an den Gründungsstaat vorliegt, welche die Feststellung rechtfertigt, daß der Verwaltungssitz nicht nur im Inland gelegen ist.33 Wird der Inlandssitz bejaht, lehnt die überwiegende Ansicht die Mitbestimmungspflicht gleichwohl ab. Sie argumentiert, eine in Deutschland nicht anerkannte juristische Person könne nicht mitbestimmungspflichtig sein.34 Die Gegenansicht beruft sich auf den ordre public: es könne nicht zugelassen werden, daß sich solche Gesellschaften, solange sie tatsächlich existieren, den Vorschriften zum Schutz der Gläubiger und der Arbeitnehmer entziehen.35 15 Die Frage ist vor allem in den Fällen des § 4 bei der GmbH & Co KG mit nach ausländischem Recht gegründeter Komplementärgesellschaft relevant geworden.36 Hier liegt es nahe, daß eine effektive Bindung der Komplementärgesellschaft, deren Tätigkeit sich auf die Leitung der inländischen KG beschränkt, an den Gründungsstaat nicht mehr bejaht werden kann. Sie wird daher im Inland als juristische Person nicht anerkannt. Wird sie dennoch tätig oder sogar, wenn schon nicht selbst, so doch als Komplementärin bei der KG in das Handelsregister eingetragen, ist die Mitbestimmungspflicht nach § 4, sofern dessen übrige Voraussetzungen erfüllt sind, streitig.37 Allerdings ist schwer vorstellbar, daß eine nach ausländischem Recht organisierte Gesellschaft gezwungen werden kann, einen Aufsichtsrat zu

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Vgl statt aller; MünchKomm.BGB/Kmd/er InternGesR 3 8 9 ff; Hachenburg/ Behrends GmbHG Einleitung Rdn 106 ff; Raiser KapGesR 3 58 Rdn 13; BGHZ 53,182; 97,269. Vgl zuletzt OLG Düsseldorf ZIP 1995, 1009 und dazu Ebenroth/Kemner/ Willburger ZIP 1 9 9 5 , 9 7 2 mwN. FittingfWlotzkefWißmann § 1 Rdn 14; Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 1 Rdn 8; GemKomm. MitbestG/Rumpff % 1 Rdn 26; Schmidt/Hermesdorf RIW 1988, 9 4 3 ff; Ebenroth/Bippus DB 1 9 8 8 , 8 4 8 f; MünchArbR/Wißmann § 377 Rdn 2. Hanau/Ulmer $ 1 Rdn 8; Birk FS Schnorr von Carolsfeld 74; ders, RabelsZ 4 6 (1982), 4 1 0 ; GroßKomm.AktG/Awmann Einl Rdn 5 5 9 , 5 6 6 Staudinger/Großfeld aaO Rdn 510, je mwN. Vgl OLG Stuttgart ZIP 1995, 1 0 0 4 mit Anm Mankowski = JZ 1995, 7 9 5 mit Anm Großfeld = IPRax 1995, 3 9 7 mit Anm Kronke 3 7 7 und die Vorinstanz LG Stuttgart IPRax 1 9 9 4 , 2 9 3 mit Anm Großfeldßohannemann 271. Vgl die in Fußnote 3 4 und 35 genannten Autoren, ferner einerseits Großfeld, andererseits Kronke (beide Fn 36). Das OLG Stuttgart hat die Wirksamkeit einer GmbH & Co KG mit nach Schweizer Recht gegründeter Komplementär-GmbH nicht angezweifelt, die Mitbestimmungspflicht nach § 4 verneint, dann aber die Mitbestimmungspflicht in einer Zwischenholding gemäß § 5 Abs 3 bejaht.

Erfaßte Unternehmen II. Voraussetzungen des M i t b e s t i m m u n g s r e c h t s (Abs 1)

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bilden, der in ihrem Heimatrecht vielleicht nicht vorgesehen ist, und diesen paritätisch zu besetzen. Deshalb ist in diesem Fall daran festzuhalten, daß eine ausländische Gesellschaft nicht mitbestimmungspflichtig sein kann. Die dadurch entstehenden Lücken der Mitbestimmungspflicht und Umgehungsmöglichkeiten sind in Kauf zu nehmen.38 Doch sind ihre Arbeitnehmer dem herrschenden Unternehmen zuzurechnen, wenn die Konzernmitbestimmung nach § 5 zu prüfen ist. 4. Weiter setzt Abs 1 voraus, daß das Unternehmen in der Regel 16 mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt. Wie schon §77 BetrVG 1952 und § 1 Abs 2 MontanMitbestG knüpft das Gesetz lediglich an die Zahl der Arbeitnehmer und nicht an weitere Merkmale wie zB die Höhe der Bilanzsumme oder der Umsatzerlöse an.39 Auch macht es, im Gegensatz zu § 76 Abs 6 BetrVG 1952 aF, keine Ausnahme für Familiengesellschaften. Bei der AG bzw GmbH & Co KG sind nach Maßgabe des § 4 die in der KG beschäftigten Arbeitnehmer mitzuzählen, im Unterordnungskonzern nach §5 die in den Tochtergesellschaften tätigen Arbeitnehmer. Zum Begriff des Arbeitnehmers verweist § 3 auf SS 5 f BetrVG.40 Es 17 kommt darauf an, daß die Arbeitnehmer in dem Unternehmen beschäftigt, nicht daß sie wahlberechtigt sind. Auch ist nicht auf die Zahl der Arbeitsplätze abzustellen, so daß, wenn auf einem Arbeitsplatz nicht nur vorübergehend mehrere Personen tätig sind, alle zählen.41 Auch sonst sind Teilzeitbeschäftigte mitzuzählen,42 und zwar selbst bei nur geringfügiger Beschäftigung. Der Wortlaut des Gesetzes wie auch sein Sinn verlangen, bei den Personen und nicht beim Stellenplan anzusetzen. Allerdings geben die Zahl der Arbeitsplätze, der Stellenplan und die 18 Personalplanung einen Anhaltspunkt dafür, wie viele Arbeitnehmer das Unternehmen in der Regel beschäftigt. Dieses Merkmal dient dazu, den kurzfristigen Wechsel des Mitbestimmungsstatuts zu verhindern.43 Zur Beurteilung ist die Unternehmensplanung für einen

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Kronke aaO; MünchArbR/Wißmanti aaO; GroßKomm.AktG/Oeffer MitbestG § 1 Rdn 11. Vgl Rdn 6. Vgl unten $ 3 Rdn 5 ff. Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 1 Rdn 28; MünchArbR/Wißmann $ 3 7 7 Rdn 6 ff; aA BAG AP Nr 1 zu § 7 7 BetrVG. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 1 Rdn 23; hM. Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung, BTDrucks 7 / 4 8 4 5 , 4 ; LG NürnbergFürth BB 1982, 1625; OLG Frankfurt DB 1986, 2 1 4 ; LG Stuttgart BB 1984, 2082.

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überschaubaren Zeitraum heranzuziehen.44 Das Abzählen an einem bestimmten Stichtag genügt daher nicht. Die künftige Entwicklung der Belegschaft kann aber nur insoweit in Betracht gezogen werden, als sie bereits feststeht; bloße Erwartungen und Absichten reichen daher gleichfalls nicht aus. Wie weit die Prognose gehen kann, läßt sich nicht allgemein festlegen. Die äußerste Grenze dürfte bei 17z bis 2 Jahren liegen.45 Kurzfristige Schwankungen der Belegschaft infolge von Krankheitswellen oder konjunkturbedingten Ereignissen sind nicht zu berücksichtigen. Ebensowenig sind Aushilfskräfte mitzuzählen, die nicht regelmäßig beschäftigt, sondern nur zur Bewältigung eines vorübergehend erhöhten Arbeitsanfalls eingestellt werden.46 Bei Saisonbetrieben gehören die lediglich für eine Saison angestellten Personen nicht zu den regelmäßigen Arbeitnehmern, es sei denn, das Unternehmen ist auf eine wiederkehrend hohe Arbeitnehmerzahl angelegt.47 Wird dagegen ein Unternehmen von vornherein nur für einen vorübergehenden Zweck, zB zur Errichtung eines Bauwerks, gegründet (sog Kampagnebetrieb), so sind die für die Dauer des Projekts angestellten Arbeitnehmer als regelmäßig beschäftigt anzusehen.48 19 Im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer sind mitzuzählen, sofern sie sich nur vorübergehend, zum Beispiel als Reisende oder Montagearbeiter, dort aufhalten, ihr Arbeitsverhältnis im übrigen aber dem deutschen Recht unterliegt, und zwar ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit und auf den Ort ihrer Beschäftigung. Es gilt die sog Ausstrahlungstheorie, wonach es darauf ankommt, ob die Tätigkeit im Ausland als Ausstrahlung eines inländischen Arbeitsverhältnisses und der Zugehörigkeit zu einem inländischen Betrieb des Unternehmens anzusehen ist.49 Insoweit handelt es sich um dasselbe Problem wie bei der Abgrenzung des räumlichen Geltungsbereichs des BetrVG, weshalb die umfangreiche Judikatur und Literatur hierzu herangezogen werden kann.50 Dagegen ist die Frage umstritten und rechtlich schwierig, ob auch dauerhaft im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind, die keinen Bezug zu einem im Inland gelegenen

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HM; vgl MünchArbRIWißmann § 3 7 7 Rdn 16. Rittner AG 1 9 8 3 , 9 9 , 1 0 2 f . Nach OLG Düsseldorf DB 1 9 9 5 , 2 7 7 , 2 7 8 genügen 17 bis 20 Monate; vgl auch LG Nürnberg-Fürth DB 1 9 8 3 , 2 6 7 5 . Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 1 Rdn 23; Hanau/Ulmer % 3 Rdn 29. Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 1 Rdn 23; abw Fitting/Wlotzke/Wißmann § 1 Rdn 23. Weitere Einzelheiten in den Kommentaren zu $ 1 BetrVG. HL; vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 3 Rdn 20; Hanau/Ulmer § 3 Rdn 25 mwN; LG Frankfurt DB 1 9 8 2 , 1 3 1 2 . Vgl statt aller die Nachweise bei MünchArbR/v. Hoyningen-Huene § 298 Rdn 35 ff; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 1 Rdn 16 ff.

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Erfaßte Unternehmen II. Voraussetzungen des Mitbestimmungsrechts (Abs 1)

$1

Betrieb des Unternehmens haben. In der Literatur zu §§ 76,77 BetrVG 1952 wird dies nicht selten bejaht, und zwar mit der Begründung, bei der Mitbestimmung im Aufsichtsrat handele es sich um Bestandteile der Unternehmensverfassung, die kollisionsrechtlich nach dem für das Unternehmen geltenden Recht zu beurteilen seien.51 Dieselben Erwägungen müßten an sich dazu führen, die in 20 ausländischen Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer auch im Fall des MitbestG einzubeziehen. Gleichwohl hat sich das Schrifttum überwiegend dagegen ausgesprochen.52 Es beruft sich zunächst auf den Ausschußbericht,53 nach dem die vom Gesetz gewährten Beteiligungsrechte „nur den Arbeitnehmern der in der Bundesrepublik gelegenen Betriebe" zustehen. Ferner führen sie praktische Gründe an, weil sich die nach dem Gesetz erforderlichen Abstimmungen und Wahlen trotz der Zulässigkeit der Briefwahl im Ausland aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht durchführen ließen. Die Durchführung der Wahlen in den Betrieben verlange vielmehr, am Territorialitätsprinzip festzuhalten, nach dem für die in ausländischen Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer das Recht des Staates gilt, in dem der Betrieb gelegen ist.54 Demgegenüber hat das LG Frankfurt55 ein Unternehmen - die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) - für mitbestimmungspflichtig erklärt, das sich mit Entwicklungsprojekten im Ausland befaßt und weltweit 2000 Mitarbeiter beschäftigt, von denen etwa 750 in der Zentrale, die übrigen im Ausland tätig sind, ein Drittel davon seit zwischen 6 und 20 Jahren. Es führt aus, daß diese Mitarbeiter mindestens in gleichem Maße von den unternehmerischen Entscheidungen betroffen seien wie die Inlandsmitarbeiter, daß auf ihr Arbeitsverhältnis deutsches Recht Anwendung finde und daß sich eine Briefwahl ordnungsgemäß durchführen lasse. Das Urteil zeigt, daß die

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Vgl Birk AWD 1975, 589, 5 9 4 f ; ders, FS Schnorr v. Carolsfeld 82; Däubler RabelsZ 1 9 7 5 , 4 5 4 f; Grasmann Z G R 1 9 7 2 , 3 2 8 . Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 3 Rdn 15; Wlotzke/Wißmann DB 1 9 7 6 , 9 6 1 ; Bayer ZGR 1977, 177; Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 1 Rdn 39; Hanau/Ulmer § 3 Rdn 23; Duden ZHR 141 (1977) 145, 182f; Sellstedt BB 1977, 1326, 1329; LG Düsseldorf DB 1979, 1451 f; Staudinger/Großfeld, Intern. Gesellschaftsrecht Rdn 535 ff; MünchKomm. BGB/Kmdter IntcrnGesR Rdn 455; sA Däubler RabelsZ 1975, 4 4 6 ; Reich/Lewerenz AuR 1976, 2 6 4 ; Lutter ZGR 1977, 195, 2 0 7 f ; Bernstein/Koch ZHR 143 (1979) 528. Differenzierend nach der Nähe zur Bundesrepublik Prager, Grenzen der deutschen Mitbestimmung im deutschschweizerischen Unternehmensrecht, 1979, 4 3 ff; im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot der EG Steindorff, ZHR 141 (1977) 4 6 1 . BTDrucks 7 / 4 8 4 5 , 4 . Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 3 Rdn 15 ff. DB 1 9 8 2 , 1 3 1 2 .

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s 1 Erfaßte Unternehmen 1. Teil. Geltungsbereich

überwiegende Ansicht im Schrifttum noch kein überzeugendes Abgrenzungsmerkmal zwischen mitzuzählenden und nicht mitzuzählenden, wahlberechtigten und nicht wahlberechtigten Arbeitnehmern gefunden hat. Man wird ohne starre Fixierung auf eine begrenzte Dauer der Beschäftigung im Ausland und darauf, ob eine Arbeitsstätte oder ein Betrieb im Ausland vorliegt, nach den Umständen des Einzelfalls abwägen müssen, wie weit die Ausstrahlungstheorie reicht. Sofern sich die Beteiligten über die Anwendung des MitbestG und über das Wahlrecht einigen, ist dagegen nichts einzuwenden, schon weil der Fall nicht vor die Gerichte gelangt.55 Zu den in rechtlich selbständigen ausländischen Tochtergesellschaften Beschäftigten vgl § 5 Rdn 28 ff. 21

5. Die Mitbestimmungspflicht beginnt, sofern bereits mehr als 2000, also wenigstens 2001, Arbeitnehmer vorhanden sind, mit der Entstehung des Unternehmens. Im Fall der Neugründung sind bei der AG und der KGaA §§ 30, 31, 278 Abs 3 AktG zu beachten, die gemäß § 6 Abs 2 Satz 2 unberührt bleiben. Gewöhnlich unterliegt daher nicht schon der erste, im Gründungsstadium zu errichtende Aufsichtsrat der Mitbestimmung, sondern erst der Aufsichtsrat, der in der Hauptversammlung gewählt wird, die über die Entlastung für das erste Geschäftsjahr beschließt.57 Werden ein Unternehmen oder Unternehmensteile eingebracht und fällt die AG nach der Einbringung sogleich unter das MitbestG, sind zunächst 6 (bzw 8 oder 10) Anteilseignervertreter zu bestellen. Nach der Einbringung ist das Statusverfahren gemäß §97 AktG durchzuführen. Bleibt es danach bei dem bei der Gründung angenommenen Mitbestimmungsstatut, ist anschließend die erforderliche Zahl von Arbeitnehmervertretern nachzuwählen.58

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Für die anderen unter das Gesetz fallenden Rechtsformen gibt es keine entsprechenden Vorschriften. Bei Bargründung wird bei ihnen eine Mitbestimmungspflicht regelmäßig nicht in Betracht kommen, da sie noch nicht mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen. Sobald diese Zahl erreicht wird, ist gemäß $ 6 Abs 2 das Verfahren nach §§ 97 ff AktG einzuleiten. Ist im Fall der Einbringung oder Übernahme eines Unternehmens oder aus anderen Gründen schon im Gründungsstadium alsbald mit mehr als 2000 Arbeitnehmern zu rechnen, so fragt sich auch hier, ob von vornherein ein Aufsichtsrat zu bilden ist, der den Vorschriften des MitbestG entspricht. Bei formaler Auslegung des Gesetzes ist

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AA Hanau/Ulmer % 3 Rdn 23. § 3 0 Abs 2-4 AktG. §31 AktG in der Fassung des Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts vom 2.8.1994. Vgl dazu Lutter AG 1994, 445; Kindler NJW 1994,3046; GroßKomm. AktG/Röhricht § 31 Rdn 4 ff.

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Erfaßte Unternehmen $ 1 II. Voraussetzungen des Mitbestimmungsrechts (Abs 1)

die Gesellschaft dazu noch nicht verpflichtet. Allerdings müßte dann das Änderungsverfahren nach §§97f AktG durchgeführt werden, sobald das Unternehmen eingebracht ist, also regelmäßig noch vor der Anmeldung zum Handelsregister. Daher wurde schon für die Montanmitbestimmungsgesetze und für § 77 BetrVG 1952 die Meinung vertreten, daß gleichfalls von vornherein ein Aufsichtsrat gemäß dem später anzuwendenden Mitbestimmungsstatut einzurichten ist, dessen Arbeitnehmervertreter allerdings erst nach der Übertragung des eingebrachten Unternehmens und den danach abzuhaltenden Wahlen bestellt werden können. 59 Dem ist die hM zum MitbestG gefolgt. 60 Nachdem diese Lösung im Aktienrecht Gesetz geworden ist, liegt es erst recht nahe, sie für die anderen Rechtsformen zu übernehmen. Die Mitbestimmungspflicht entsteht ferner, wenn das Unternehmen - 23 auch infolge der Nachgründung (5 52 AktG) oder Kapitalerhöhung mit Einlage eines anderen Unternehmens - erstmals die Zahl von in der Regel m e h r als 2000 Arbeitnehmern erreicht. Es ist das Überleitungsverfahren gemäß %% 97 f AktG in Verbindung mit 6 Abs 2,37 durchzuführen. 61 Die Mitbestimmungspflicht beginnt mit dem Übergang der Arbeitsverhältnisse. Dasselbe gilt bei der Verschmelzung durch Aufnahme, wenn der übernehmende Rechtsträger dadurch mehr als 2000 Arbeitnehmer erreicht. Maßgeblich ist hier nach §20 UmwG der Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung in das für die aufnehmende Gesellschaft zuständige Handelsregister. 62 Bei der Verschmelz u n g durch N e u g r ü n d u n g sind in der neuen Gesellschaft dagegen gemäß § 36 Abs 1 Satz 1 UmwG die für deren Rechtsform geltenden Gründungsvorschriften anzuwenden (Rdn 21 f). Unterlag das Unternehmen bisher der Montanmitbestimmung, sind deren Voraussetzungen aber entfallen, ist das MitbestG dagegen erst nach Ablauf der Übergangsfristen anzuwenden, welche den Mitbestimmungsbesitzstand wahren. Gemäß § 1 Abs 3 MontanmitbestG endet die Anwendung dieses Gesetzes erst, nachdem seine Tatbestandsvoraussetzungen in sechs aufeinanderfolgenden Jahren entfallen sind. Vergleichbare Übergangsfristen finden sich in $§ 3 Abs 2,16 Abs 1 und 2 MitbestEG. 63

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Boldt MontanmitbestG $ 4 Rdn 2a; Kotier MontanmitbestG § 1 Rdn 25; Deutler DB 1969,691; Hachenburg/Rawer GmbHG $ 52 Rdn 160 mwN. FittingfWlotzke/Wißmann % 7 Rdn 18; Hanau/Ulmer $ 6 Rdn 7; GemKomm.MitbestG/Fabricius § 37, 40; Hachenburg/Rawer GmbHG $ 52 Rdn 160, je mwN; aA BayObLG BB 2000, 1538 und dazu Halm BB 2 0 0 0 , 1 8 4 9 (keine Aufsichtsratspflicht vor Eintragung in das Handelsregister). Vgl $ 6 Rdn 8 ff. Zur Verknüpfung des Überleitungsverfahrens mit dem Verschmelzungsverfahren vgl Kiem/Uhrig NZG 2001,680. Vgl Büdenbender ZIP 2 0 0 0 , 3 8 5 , 3 8 8 f.

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$ 1 Erfaßte Unternehmen 1. Teil. Geltungsbereich

24

Beim Formwechsel bleiben alle Aufsichtsratsmitglieder für den Rest ihrer Wahlzeit im Amt, sofern sich das für die Bildung und Zusammensetzung des Aufsichtsrats geltende Recht nicht ändert (§ 203 UmwG). Das gilt namentlich beim Wechsel von einer AG in eine GmbH und umgekehrt. Die Anteilseigner können aber im Umwandlungsbeschluß die Beendigung des Amts ihrer Aufsichtsratsmitglieder bestimmen (§ 203 Satz 2 UmwG). Ist die neue Rechtsform nicht aufsichtsratspflichtig, endet das Amt, weil der Aufsichtsrat wegfällt, ohne daß ein Überleitungsverfahren nach § 97 AktG stattfindet. 64 Das gilt auch, wenn eine AG oder GmbH in eine AG bzw GmbH & Co KG übergeführt wird.65 Eine Fortdauer ist auch dann nicht möglich, wenn in der neuen Rechtsform ein Aufsichtsrat freiwillig gebildet wird. Hat das Unternehmen infolge des Formwechsels erstmals einen der Mitbestimmung unterliegenden Aufsichtsrat zu bilden, weil es vorher in einer nicht mitbestimmungspflichtigen Rechtsform, namentlich als Personenhandelsgesellschaft betrieben wurde, so entsteht die Mitbestimmungspflicht bei formaler Betrachtung erst mit der Eintragung des Formwechsels in das Handelsregister ($ 202 UmwG). Die Vorschriften über den ersten Aufsichtsrat sind gemäß § 197 Satz 2 UmwG nicht anzuwenden. Auf der anderen Seite verlangen §$ 222 Abs 1, 278 UmwG die Mitwirkung aller Aufsichtsratsmitglieder bereits bei der Anmeldung. Dieser Widerspruch läßt sich nur durch eine restriktive Interpretation des § 197 Satz 2 UmwG befriedigend lösen, wonach diese Vorschrift nur für den Fall gilt, daß das Unternehmen bereits vor dem Formwechsel aufsichtsratspflichtig war. Der vorliegende Fall kann dann wie eine Neugründung mit Einlage eines Unternehmens nach 5 3 1 AktG behandelt werden. Danach ist schon während des Umwandlungsverfahrens ein Aufsichtsrat nach den künftig anzuwendenden Vorschriften zu bilden, in den zunächst aber nur die Anteilseignervertreter berufen werden. Nach der Eintragung ist das Statusverfahren gemäß § 97 AktG durchzuführen und sind, sofern dieses keine andere Zusammensetzung des Aufsichtsrats ergibt, die Arbeitnehmervertreter hinzuzuwählen. 66

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Lutter/Decher UmwG § 203 Rdn 8; Kzllmeyer/Meister/Klöcker § 203 Rdn 2; Ihrig/SchlitmZG 1 9 9 9 , 3 3 3 ; Henssler ZFA 2 0 0 0 , 2 4 1 , 2 5 5 . Ob man mit Horn/Wackerbarth (FS Söllner 447) so weit gehen kann, den unveränderten Aufsichtsrat in diesem Fall in die Komplementärgesellschaft oder in eine als Konzernholding fungierende Mehrheitsgesellschafterin zu „verpflanzen", ist zweifelhaft, obwohl es zweckmäßig wäre, weil auf diese Weise eine Aufsichtsratswahl gespart werden könnte. Sehr streitig. Der Text folgt im wesentlichen Joost FS Claussen 187; vgl ferner Hachenburg/Rswcr GmbHG § 52 Rdn 161; Henssler aaO 2 5 7 ; aA Lutter/Decker UmwG $ 2 0 3 Rdn 12, Halm BB 2 0 0 0 , 1 8 4 9 , 1 8 5 2 .

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Erfaßte Unternehmen $ 1 II. Voraussetzungen des Mitbestimmungsrechts (Abs 1)

6. Die Mitbestimmungspflicht endet nicht mit der Auflösung der 25 Gesellschaft oder mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern erst mit dem Ende der Abwicklung, 67 sinngemäß aber auch dann, wenn das Unternehmen bereits vorher aufhört, erwerbstätig zu sein oder mehr als 2000 Arbeitnehmer zu beschäftigen. Nach § 264 Abs 2 AktG kann der Aufsichtsrat schon vorher aufgelöst werden, wenn der Zweck der Abwicklung dies fordert. Zieht sich die Abwicklung längere Zeit hin und wird die Zahl der Arbeitnehmer vor dem Ende auf weniger als 2000 abgebaut, so kann auch noch der Übergang zur Mitbestimmung nach SS 76 ff BetrVG 1952 in Betracht kommen. Vermindert das Unternehmen die Zahl der in ihm beschäftigten 26 Arbeitnehmer auf in der Regel weniger als 2001, so entfällt die Mitbestimmungspflicht. Statt dessen kommt regelmäßig die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat gemäß S S 7 6 ff BetrVerfG 1952 zum Zug. Der Aufsichtsrat kann jedoch erst umgebildet und die Anwendung des Gesetzes aufgehoben werden, wenn das Überleitungsverfahren nach SS 97 ff AktG durchgeführt wurde. Etwas anderes gilt allerdings nach dem MitbestimmungsbeibehaltungsG. 68 Vermindert sich die Arbeitnehmerzahl aufgrund der Einbringung eines Betriebes oder Teilbetriebes in ein anderes Unternehmen gegen die Leistung von Anteilen an diesem auf weniger als 2001, so gilt nach diesem Gesetz der Vorgang im Hinblick auf die Mitbestimmung als nicht geschehen, es sei denn, die Zahl der Arbeitnehmer sinkt auf unter 500.69 Auf diese Weise will der Gesetzgeber die Beibehaltung nach Mitbestimmung nach dem MitbestG erreichen. Als Sanktion gegen ein davon abweichendes Verhalten einer Gesellschaft ordnet er allerdings lediglich den Verlust der steuerlichen Privilegierung des Vorgangs an.70 Bei der Verschmelzung endet die Mitbestimmung im übertragenden Unternehmen mit der Eintragung in das für den übernehmenden Rechtsträger zuständige Handelsregister, weil damit das Unternehmen selbst erlischt.71 Auch bei der Aufspaltung erlischt das

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Vgl zur Abwicklung $$ 264 Abs 2, 278 Abs 2 AktG, 87 Abs 1, 89 GenG, 25 Abs 1 Nr 2 MitbestG iVm 268 Abs 2 AktG und zur Insolvenz 262 Abs 1 Nr 3 und 4 iVm 264ff AktG; vgl Hanau/Ulmer § 6 Rdn 42. Gesetz zur Beibehaltung der Mitbestimmung beim Austausch von Anteilen und der Einbringung von Unternehmensteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten der Europäischen Union betreffen, vom 23. August 1994, BGBl 1,2228. Vgl dazu Büdenbender aaO 391. $ $ 1 , 2 Abs 2 des Gesetzes. Der weitere dort geregelte Fall des Austauschs von Anteilen ist bei § 5 Rdn 6 behandelt $ 2 Abs 1 des Gesetzes. Einzelheiten bei GroßKomm.AktG/Oeffcer MitbestG Vorbem Rdn 53 ff. $ 20 Abs 1 Nr 2 UmwG.

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$ 1 Erfaßte Unternehmen 1. Teil. Geltungsbereich

aufgespaltene Unternehmen mit dem Wirksamwerden der Aufspaltung.72 Die Mitbestimmung entfällt auch beim Formwechsel in eine nicht mitbestimmungspflichtige Rechtsform und bei der Übertragung des Gesellschafts Vermögens als Ganzes in den Fällen des § 175 UmwG.73 Das Verfahren nach §§ 97 ff AktG kommt hier nicht in Betracht: Übergangsfristen gibt es nicht, da § 325 UmwG nicht analog angewandt werden kann.74 Sinkt die Zahl der in dem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer dagegen infolge der Abspaltung oder Ausgliederung eines Unternehmensteils gemäß §123 Abs 2 und 3 UmwG unter 2001 herab, so bleibt es nach §325 UmwG gleichwohl für eine Übergangsfrist von fünf Jahren bei der Anwendung des MitbestG, es sei denn, die Arbeitnehmerzahl fällt unter 500. §§76 ff BetrVerfG 1952 sind also nicht anzuwenden.75 Diese auf Druck der Gewerkschaften in das UmwG eingefügte Vorschrift dient der - wenigstens vorübergehenden Wahrung des Mitbestimmungsbesitzstandes. Sind während der Übergangsfrist Neuwahlen zum Aufsichtsrat durchzuführen, so sind weiterhin auch die Wahlordnungen zum MitbestG zugrunde zu legen. Nach Ablauf der Frist muß der Vorstand das Änderungsverfahren gemäß SS 97 ff AktG einleiten, um darauf hinzuwirken, daß der Aufsichtsrat nach den nunmehr maßgebenden Vorschriften zusammengesetzt wird.76 III. Fortgeltung der Montanmitbestimmungsgesetze und des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 (Abs 2 und 3) 27

1. Nach S1 Abs 2 ist das MitbestG auf Unternehmen nicht anzuwenden, die unter das MontanMitbestG und das MitbestEG fallen. Für die Montanindustrie ist es demnach bei dem bisher geltenden Recht geblieben. Da sich dieses in wichtigen Einzelheiten von den Vorschriften des MitbestG unterscheidet, führt die Regelung zu einem Nebeneinander von drei - und bei Berücksichtigung des BetrVG 1952 vier - Mitbestimmungsformen. Die wenig befriedigende Lösung erklärt sich aus politischen Gründen.77 28 2. Das MontanMitbestG gilt in den alten Bundesländern nach seinem S 1 für drei Gruppen von Unternehmen, sofern sie in der

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76 77

S 131 Abs 2 Nr 2 UmwG. Vgl §5 2 0 2 Abs 1 Nr 1, Abs 2 , 1 7 6 iVm 2 0 Abs 1 Nr 2 UmwG. HenssleraaO 2 5 5 ; Lutter/DecAeraaO Rdn 8; ¡hrig/SchlittaaO 3 3 3 . Lutter¡Joost § 325 Rdn 20; Kallmeyer/WiMemien $ 3 2 5 Rdn 7; ders NZA 1996, 7 9 1 , 8 0 3 ; aA Henssler aaO 2 5 3 . Vgl Lutter/Joost, UmwG $ 325 Rdn 29. Vgl Rdn 7 sowie Einl Rdn 9 ff.

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Erfaßte Unternehmen $ 1 III. Fortgeltung anderer Mitbestimmungsgesetze

Rechtsform einer AG oder GmbH betrieben werden und in der Regel mehr als 1000 Arbeitnehmer beschäftigen oder Einheitsgesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr 27 der AHK vom 1 6 . 5 . 1 9 5 0 sind. Es handelt sich um: a) Unternehmen des Bergbaus, deren überwiegender Betriebszweck in der Förderung von Steinkohle, Braunkohle oder Eisenerz oder in der Aufbereitung, Verkokung, Verschwelung oder Brikettierung dieser Grundstoffe liegt und deren Betrieb unter der Aufsicht der Bergbehörden steht. Nicht hierzu gehören Bergbauunternehmen, die andere Stoffe als Kohle und Eisenerz, also zB Salz oder Kali, abbauen bzw verarbeiten. b) Unternehmen der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie. Die Unternehmen dieses Bereichs, die unter das Gesetz fallen, sind im Gesetz Nr 27 der AHK namentlich bezeichnet. Daran schloß sich der Streit an, ob später gegründete und daher in der Aufzählung nicht genannte Unternehmen, die sachlich die Merkmale des MontanMitbestG erfüllen, unter dieses Gesetz fallen. Das ist zu bejahen, weil das Gesetz Nr 27 seinen Anwendungsbereich nur für die Zeit seines Inkrafttretens klarstellen wollte. 78 c) Unternehmen, die von einem der unter a) oder b) genannten Unternehmen oder einem nach dem Gesetz Nr 27 der AHK zu liquidierenden Unternehmen abhängig sind, sofern sie selbst die Voraussetzungen nach a) erfüllen oder überwiegend Eisen und Stahl erzeugen. Der Begriff des abhängigen Unternehmens richtet sich nach $ 17 AktG. Mehrere Änderungen dieser Bestimmungen dienen der Aufrechterhaltung des Mitbestimmungsbesitzstands. Nach der 1981 eingefügten „Walzwerkklausel" (§ 1 Abs 1 Satz 2 und 3 MontanMitbestG) gehört zur Eisen- und Stahlerzeugung auch die Herstellung von Walzwerkerzeugnissen, jedoch nur in Unternehmen, die am 1. Juli 1981 dem MontanMitbestG unterlagen. Die sog „Ansteckungsklausel" in § 1 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und Satz 3 soll Umgehungen erfassen, indem sie der Walzwerkklausel auch Unternehmen unterwirft, die zwar am Stichtag deren Voraussetzungen nicht erfüllten, jedoch infolge von Verschmelzungen oder der Zusammenfassung von Betrieben zu einem späteren Zeitpunkt wieder erfüllen. Ferner bestimmt der gleichfalls 1981 eingefügte Abs 3, daß auch nach dem Wegfall der Voraussetzungen oder der Mindestzahl von 1000 Arbeitnehmern das Gesetz für weitere sechs

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BGHZ 87, 52; ebenso schon OLG Düsseldorf DB 1982, 1974; ferner OLG Düsseldorf AG 1989, 63; aA noch LG Mannheim AG 1975, 3 0 2 ; OLG Karlsruhe DB 1976, 1871; Hoffmann/LehmannfWeinmann $ 1 Rdn 46; Hanau/Ulmer SlRdnll.

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s 1 Erfaßte Unternehmen 1. Teil. Geltungsbereich

Jahre anzuwenden ist. Im Gebiet der ehemaligen DDR gilt als Stichtag anstelle des l.Juli 1981 der 1. April 1991. 7 9 33 d) Im Saarland gilt statt des MontanMitbestG das saarländische Gesetz Nr 560 über die Einführung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 22.12.1956. 8 0 Auch dieses Gesetz wurde nach herrschender und zutreffender Ansicht vom MitbestG nicht verdrängt, obwohl es in § 1 Abs 2 nicht genannt ist. Das ergibt sich aus einer teleologischen Interpretation der Vorschrift.81 34 3. Der Mitbestimmung nach dem MitbestEG, das durch das Gesetz vom 20. Dez. 1988 8 2 wesentlich geändert wurde, unterliegen Unternehmen in der Rechtsform einer AG oder GmbH, die ein Unternehmen beherrschen, das unter das MontanMitbestG fällt, ohne selbst nach diesem Gesetz mitbestimmungspflichtig zu sein. Als weitere Voraussetzung verlangt das Gesetz, daß der Unternehmenszweck des Konzerns durch Konzernunternehmen und abhängige Unternehmen gekennzeichnet wird, die unter das MontanMitbestG fallen. 83 Die Voraussetzungen dafür sind in $ 3 Abs 2 und § 4 MitbestEG aufgeführt. 84 Nach der Neufassung dieser Vorschrift durch das Änderungsgesetz von 1988 reicht dafür eine Montanquote beim Umsatz sämtlicher Konzernunternehmen von 20 % statt bisher 50 %. Statt dessen genügt es auch, wenn im Konzern insgesamt mehr als 2 0 0 0 Arbeitnehmer in Unternehmen beschäftigt sind, die unter die Montanmitbestimmung fallen (§3 Abs 2 Nr 2 MitbestEG). Außerdem stellt § 1 6 MitbestEG unterschiedliche AnwendungsVorschriften auf je nachdem, ob das herrschende Unternehmen bei Inkrafttreten der Änderung unter das MontanmitbestG oder unter das MitbestEG fiel. Diese Differenzierung wurde ursprünglich für die Mannesmann AG, die Thyssen AG und die Klöckner AG relevant. Nachdem das BVerfG im Urteil vom 2. März 1999 8 5 die Bejahung der Montanquote schon bei im ganzen Konzern

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Art 8 EinigungsV iVm Anlage I Kap VIII Sachgebiet A Abschn III Nr 11. ABl 1703. Vgl Wiesner AuR 1978, 73, 78 f; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 1 Rdn 28; Hanau! Ulmer % 1 Rdn 10. BGBl I, 2 3 1 2 ; vgl dazu Wißmann DB 1989, 4 2 6 ; Wlotzke FS Fabricius 1989, 165. $§ 1 - 3 MitbestEG. Zu Einzelheiten siehe MünchArbR/W/ßmann § 3 8 2 Rdn 3 ff; GroßKomm. AktG ¡Oetker MitbestErgG $ 3 Rdn 4 ff. BVerfGE 99, 3 6 7 = RdA 1999, 3 8 9 mit Anm Kaiser = ZIP 1 9 9 9 , 4 1 0 ; vgl auch die Vorlagebeschlüsse OLG Düsseldorf AG 1991, 153; OLG Düsseldorf AG 1994, 281 und dazu Spindler AG 1994, 2 5 8 ; Nagel, Mitbestimmung im Montankonzern und Grundgesetz, 1992. Vgl ferner die abschließende Entschei-

66

Erfaßte Unternehmen $ 1 IV. Tendenzunternehmen und Religionsgemeinschaften (Abs 4)

mehr als 2 0 0 0 im Montanbereich beschäftigten Arbeitnehmern als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz angesehen und daher für verfassungswidrig erklärt hat, fällt kein Unternehmen mehr unter das MitbestEG. 4. Kraft spezialgesetzlicher Ausnahme im Vertrag zwischen der 3 5 Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 6 . 1 2 . 1 9 5 5 8 6 gilt das MitbestG ferner nicht für die in Deutschland errichteten Aktiengesellschaften, die deutsch-schweizerische Grenzkraftwerke am Rhein betreiben. Obwohl das Gesetz dies nicht ausdrücklich sagt, muß der auf einem völkerrechtlichen Vertrag basierenden Sonderregelung für diese Unternehmen der Vorrang eingeräumt werden. 87 5. Für Unternehmen, die weder unter die Montanmitbestim- 3 6 mungsgesetze fallen noch die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 erfüllen, gilt gemäß Abs 3 die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat nach den Regeln der $$ 76 ff BetrVG 1952. Abs 3 hat insofern nur klarstellende Funktion. Die Vorschriften sind anzuwenden auf Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften, auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften mit mehr als 500 und bis zu 2 0 0 0 Arbeitnehmern. Die Mitbestimmungspflicht kleiner Aktiengesellschaften und KGaAn mit weniger als 500 Arbeitnehmern ist seit dem Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts vom 2 . 8 . 1 9 9 4 8 8 weggefallen, soweit sie nicht schon zuvor mitbestimmungspflichtig waren (5 76 Abs6 BetrVG 1952 nF). IV. Tendenzunternehmen und Religionsgemeinschaften (Abs 4) 1. Nach § 1 Abs 4 entfällt die Mitbestimmung in den sog Tendenz- 3 7 unternehmen sowie in Religionsgemeinschaften und deren karitativen und erzieherischen Einrichtungen. Die Vorschrift entspricht dem Tendenzschutzparagraphen 118 BetrVG 1972, so daß die Judikatur und das Schrifttum dazu auch hier herangezogen werden können. Im Gegensatz zu § 1 1 8 BetrVG bezieht sich die Sonderregelung jedoch nur auf Tendenzunternehmen, nicht auf Tendenzbetriebe. Das ist sachgemäß, denn die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichts-

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dung OLG Düsseldorf NZG 1999, 7 6 6 = BB 1999, 1398 sowie OLG Celle BB 1 9 9 3 , 9 5 7 = AG 1 9 9 4 , 1 3 1 . BGBl II, 1 9 5 7 , 2 6 2 . Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann § 1 Rdn 46, Hoffmann/Lehmann/Weinmann $1 Rdn 63; Hanau/Ulmer% 1 Rdn 15. BGBl 1 , 1 9 6 1 .

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S l Erfaßte Unternehmen 1. Teil. Geltungsbereich

rat ist stets Unternehmensmitbestimmung.89 Ein weiterer Unterschied zu $ 118 Abs 1 BetrVG liegt im Wegfall der dort vorgeschriebenen Einzelprüfung, ob die Eigenart des Unternehmens der Anwendung des Gesetzes entgegensteht.90 Tendenzunternehmen bleiben danach generell mitbestimmungsfrei.91 Wie schon § 118 BetrVG 1972 weicht dagegen auch §1 Abs 4 von der früher generell und heute noch für SS 76 ff BetrVG 1952 geltenden Vorschrift des $ 81 BetrVG 1952 erheblich ab. Dabei handelt es sich nicht nur um eine Präzisierung der gesetzlichen Formulierungen und die Übernahme der dazu ergangenen Judikatur, vor allem des BAG, in das Gesetz. Vielmehr beabsichtigte der Gesetzgeber, den Anwendungsbereich des Tendenzschutzes stärker zu begrenzen.92 Die praktische Bedeutung der Formulierungsunterschiede ist allerdings umstritten.93 38 2. Tendenzschutz nach Abs 4 Nr 1 genießen Unternehmen, die unmittelbar oder überwiegend politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen dienen. Der Fall dürfte nur geringe praktische Bedeutung erlangen, da nur wenige Unternehmen bekannt sind, welche die Voraussetzungen des Abs 1 erfüllen und derartige Zwecke verfolgen. 39 a) Politischen Zielen dienen die von den Parteien und den Verbänden des Wirtschafts- und Soziallebens für ihre Zwecke gegründeten Unternehmen. Da bisher keines dieser Unternehmen die vom MitbestG verlangte Größe erreicht, läuft die Vorschrift insoweit leer. Presseunternehmen fallen im Gegensatz zu §81 BetrVG 1952 nicht mehr unter die Gruppe, sondern sind in Ziffer 2 selbständig erfaßt. Die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ), die Entwicklungshilfeprojekte im Ausland fördert, ist kein Tendenzunternehmen.94 40 b) Zu den Unternehmen mit koalitionspolitischer Zweckbestimmung gehören die von den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden für ihre Zwecke betriebenen Unternehmen. Die bekannten Großunternehmen der Gewerkschaften (Bank für Gemeinwirtschaft, Neue Heimat usw) dienen allerdings nicht unmittelbar gewerkschaft-

E b e n s o Hanau,

89

Wlotzke/Wißmann

Pressefreiheit u n d paritätische M i t b e s t i m m u n g , 9 1 ;

Fitting/

§ 1 Rdn 38.

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Vgl Rüthers AfP 1 9 7 4 , 5 4 6 .

91

Z u r v e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e n B e u r t e i l u n g des T e n d e n z s c h u t z e s vgl

Marino,

Die verfassungsrechtlichen G r u n d l a g e n des s o g e n a n n t e n Tendenzschutzes im Betriebsverfassungsrecht und im Unternehmensverfassungsrecht, 1 9 8 6 . 92

Vgl A n h a n g z u B T D r u c k s V I / 2 7 2 9 , 1 7 ; Richardi/ThüsingBetrVG

93

Vgl z u § 1 1 8 B e t r V G e i n e r s e i t s Richardi/Thüsing Fitting/Kaiser/Heither/Engels

94

68

B e t r V G § 1 1 8 R d n 1 ff.

LG F r a n k f u r t D B 1 9 8 2 , 1 3 1 2 .

$ 1 1 8 R d n 1 0 ff.

BetrVG aaO;

andererseits

Erfaßte U n t e r n e h m e n $ 1 IV. T e n d e n z u n t e r n e h m e n und Religionsgemeinschaften (Abs 4)

liehen Zielen, sondern ihrem satzungsgemäßen Zweck (Bankgeschäfte, Wohnungsbau). Sie fallen daher nicht unter den Tendenzschutz. 95 Dasselbe gilt für gewerkschaftliche Bildungseinrichtungen. 96 c) Als Beispiele für Unternehmen mit konfessionellen, karitativen, 4 1 erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Zwecken kommen vor allem Krankenhäuser, Sanatorien, Kinder- und Altenheime, Privatschulen und Erziehungsanstalten, Bibliotheken, Forschungsinstitute, wissenschaftliche und belletristische Verlage,97 Theater-, Lichtspiel- und Konzertunternehmen in Betracht. Werden derartige Unternehmen in der Rechtsform einer AG oder einer GmbH geführt und beschäftigen sie in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer, so erfüllen sie die Voraussetzungen des Abs 1 und bleiben daher nur nach Abs 4 mitbestimmungsfrei. Der Tendenzschutz entfällt, wenn die kommerziellen Aspekte überwiegen, zB bei kommerziell betriebenen Forschungsinstituten 98 und Krankenhäusern.99 Unter Abs 4 Nr 1 fallen schließlich Schallplattenunternehmen und Musikverlage, sofern sie sich nicht auf die rein technische Herstellung von Schallplatten bzw Noten beschränken. 100 3. Nach Abs 4 Nr 2 genießen ferner Unternehmen Tendenzschutz, 4 2 die Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung dienen und als solche unter Grundrechtschutz nach Art 5 Abs 1 Satz 2 GG stehen. Darunter fallen in erster Linie Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, nicht dagegen die Produktion und der Vertrieb von Formularen, amtlichen Mitteilungen, Anzeigenblättern, Adreß- und Telefonbüchern, die nicht der Berichterstattung oder Meinungsäußerung dienen. 101 Auch der reine Druck von Verlagserzeugnissen genügt selbst dann nicht, wenn das Unternehmen überwiegend eine einzige Tageszeitung druckt, 102 ebensowenig der Vertrieb. Die Abhängigkeit von einem tendenzgeschützten Verlag macht ein reines Druckunternehmen nicht zum Tendenzunternehmen. 103 Streitig ist die Subsumtion wissen-

95

H M ; vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann

96

BAG BB 1 9 9 0 , 2 1 8 8 . BAG BB 1 9 7 6 , 1 8 3 = J Z 1 9 7 6 , 5 1 9 m i t A n m Mallmann. BAGE 6 1 , 1 1 3 = N J W 1 9 9 1 , 2 1 6 5 ; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 1 Rdn 3 4 ; G e m K o m m . MitbcstG/Naendrwp $ 1 R d n 4 0 ; aA Hanau/Ulmer % 1 R d n 5 6 .

97 98

§ 1 Rdn 34.

99

Die R h ö n - K l i n i k u m AG ist nach BayObLG ZIP 1 9 9 5 , 1 6 7 1 ein k o m m e r z i e l les u n d daher m i t b e s t i m m u n g s p f l i c h t i g e s U n t e r n e h m e n , aA die Vorinstanz LG N ü r n b e r g ( 4 0 6 8 8 3 / 9 2 ) .

100

OLG H a m b u r g BB 1 9 8 0 , 3 3 2 (Polygram); Löwisch FS v. C a e m m e r e r 5 6 4 f. HL; Richardi/Thüsing BetrVG § 1 1 8 R d n 7 6 ff, Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG $ 1 1 8 Rdn 2 4 je m w N . BAG BB 1 9 7 6 , 1 3 6 ; kritisch d a z u Mayer-Maly AfP 1 9 7 6 , 3 ff.

101

102 103

BAG N J W 1 9 8 2 , 1 2 5 = AP Nr 2 0 z u $ 1 1 8 BetrVG m i t A n m Naendrup.

69

$ 1 Erfaßte Unternehmen 1. Teil. Geltungsbereich

schaftlicher oder belletristischer Buchverlage mit einem breit gestreuten, uneinheitlichen Programm unter die Vorschrift, 104 doch spielt die Frage keine praktische Rolle, da die Voraussetzungen der Nr 1 erfüllt sind. Gleichfalls unter Nr 1 fallen die Herstellung und der Verleih von Filmen. Uneingeschränkt den Schutz von Nr 2 genießen dagegen Presse- und Nachrichtenagenturen. Funk und Fernsehen gehören schon deshalb nicht hierher, weil sie nicht in den Rechtsformen nach Abs 1, sondern als öffentlich-rechtliche Anstalten betrieben werden. Zu den Einzelheiten ist auf das sehr umfangreiche Schrifttum zu § 118 BetrVG zu verweisen. 43 4. Der Tendenzschutz gemäß Abs 4 verlangt weiter, daß ein Unternehmen den im Gesetz genannten Zwecken unmittelbar und überwiegend dient. Beide Merkmale müssen kumulativ gegeben sein. Unmittelbarkeit liegt vor, wenn die geschützte Tendenz im - regelmäßig in der Satzung niedergelegten - Unternehmenszweck selbst enthalten ist und die im Unternehmen ablaufenden Arbeits- und Produktionszwecke darauf ausgerichtet sind. Dagegen genügt es nicht, wenn ein Unternehmen, das selbst wirtschaftlichen Gewinn erstrebt, diesen zu einem unter den Tendenzschutz fallenden Zweck verwendet. 105 Auch auf die persönliche Einstellung oder Motivation des Unternehmens kommt es nicht an. 106 Ob der geistig-ideelle Zweck überwiegend verfolgt wird, ist nicht allein nach quantitativen Gesichtspunkten zu bestimmen. 107 Wenn auch Quantitätsmerkmale ein wichtiges Indiz bilden, muß es vielmehr entscheidend auf ein qualitativ wertendes Element ankommen, weil sonst mit Zufallsergebnissen zu rechnen wäre. 108 Es ist deshalb zu fragen, ob der geistig-ideelle Zweck dem Unternehmen das Gepräge gibt (sog Geprägetheorie). 109 Allerdings hat das BAG in seiner neueren Rechtsprechung zu § 1 1 8 BetrVG die Geprägetheorie aufgegeben und quantitative Merkmale in

104 V gi Mayer-Maly BB 1973, 7 6 4 ; Birk JZ 1973, 755; bejaht in BAGE 61, 1 1 3 = NJW 1 9 9 0 , 2 0 2 1 zu § 118 BetrVG. 105

106 107

108

109

70

HA zu $ 1 1 8 BetrVG, vgl BAGE 42, 75 = BB 1983, 2 1 1 5 ; OLG Stuttgart BB 1 9 8 9 , 1 0 0 5 ; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG $ 118 Rdn 15. BAG BB 1 9 7 6 , 1 8 3 . So aber Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 1 1 8 Rdn 15; Fitting/Wlotzke/ Wißmann % 1 Rdn 3 7 ; GemKomm. MitbcstG/Naendrup § 1 Abs 4 Rdn 26; GewKomm.MitbestG/FöftrS 1 Rdn 4 8 . Richardi/Thüsing BetrVG § 118 Rdn 2 9 ff; BAGE 22, 371 = AP Nr 13 zu § 8 1 BetrVG 1952. Birk JZ 1 9 7 3 , 7 5 6 ; Mayer-Maly BB 1 9 7 3 , 7 6 3 ; ders, Afp 1 9 7 2 , 1 9 6 ; Hanau/Ulmer § 1 Rdn 52; Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 1 Rdn 5 2 , 5 7 ; Wiedemann BB 1978, 9, OLG Hamburg BB 1982, 3 3 2 ; ferner das überwiegende Schrifttum zu § 1 1 8 BetrVG.

Erfaßte U n t e r n e h m e n $ 1 V. Recht auf M i t b e s t i m m u n g

den Vordergrund gerückt.110 Der Tendenzcharakter kann auch dann überwiegen, wenn das Unternehmen, wie es bei Presseunternehmen und Verlagen häufig der Fall ist, erwerbswirtschaftlich geführt wird und nach Gewinn strebt, solange der Erwerbszweck nicht so stark in den Vordergrund tritt, daß die geistig-ideelle Komponente nicht mehr den Gesamtcharakter prägt. In Mischunternehmen, zu denen sowohl tendenzgeschützte wie 44 tendenzfreie Betriebe gehören, ist gleichfalls danach zu entscheiden, welcher Teil überwiegt und dem Ganzen das Gepräge verleiht. Die zu § 118 BetrVG erörterte Frage, ob es tendenzfreie Betriebe in Tendenzunternehmen oder umgekehrt Tendenzbetriebe in tendenzfreien Unternehmen gibt oder nicht, spielt für das MitbestG keine Rolle, da die Tendenz eines Unternehmens nur einheitlich bestimmt werden kann. Betreibt ein Unternehmen zugleich einen Zeitungs- oder wissenschaftlichen Verlag und eine Druckerei, so entfällt die Mitbestimmung daher, sofern die Druckerei nicht in so großem Umfang Druckaufträge ausführt, die mit dem Verlag nichts zu tun haben, daß diese nicht tendenzbezogene Tätigkeit das Gesicht des ganzen Unternehmens prägt.111 Werden Verlag und Druckerei dagegen als selbständige Unternehmen betrieben, so genießt die Druckerei grundsätzlich keinen Tendenzschutz, und zwar auch dann nicht, wenn die Druckerei von dem Verlag abhängig ist.112 Zum Tendenzschutz im Konzern vgl §5 Rdn 15 ff. 5. Nicht mitbestimmungspflichtig nach Abs 4 sind schließlich die 45 Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen. Zu denken ist in erster Linie an kirchliche Hilfswerke, Krankenhäuser, Schulen usw. Doch ist kaum denkbar, daß derartige Einrichtungen in der Rechtsform der AG oder GmbH geführt werden und mehr als 2000 Arbeitnehmer erreichen. V. Recht auf Mitbestimmung 1. Nach dem Wortlaut des Abs 1 haben die Arbeitnehmer in den 46 unter das Gesetz fallenden Unternehmen ein Mitbestimmungsrecht. Die Formulierung ist jedoch nicht so zu verstehen, daß das Gesetz jedem einzelnen Arbeitnehmer ein individuelles subjektives Recht auf Mitbestimmung gewähren würde. Vielmehr verwirklicht es die Mitbestimmung durch eine veränderte Besetzung des Aufsichtsrats und des Vertretungsorgans, die mit der Figur des subjektiven Rechts nicht

110 111 112

BAGE 6 2 , 1 5 6 = BB 1 9 9 0 , 9 2 0 . Vgl Hanau, Pressefreiheit u n d paritätische M i t b e s t i m m u n g 100 ff. BAG NJW 1 9 8 2 , 1 2 5 = AP Nr 2 0 z u § 118 BetrVG m i t A n m Naendrup.

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$ 1 Erfaßte Unternehmen 1. Teil. Geltungsbereich

zutreffend erfaßt wird. Die Ausdrucksweise des Gesetzes trägt daher politisch-deklaratorischen Charakter, führt dogmatisch aber in die Irre. In erster Linie verändert das Gesetz kraft objektiven Rechts institutionell die Unternehmensverfassung. 47 2. Die einzelnen subjektiven Rechte und Pflichten, welche die am Unternehmen beteiligten Anteilseigner und Arbeitnehmer sowie ihre Repräsentanten in den Unternehmensorganen treffen, sind, soweit sie die Gesetze nicht ausdrücklich nennen, aus den normativen Strukturen der rechtlichen Institution Unternehmen abzuleiten. Dabei ergibt sich ein außerordentlich differenziertes Bild. Schon auf der Seite der Anteilseigner sind wenigstens drei Gruppen zu unterscheiden. Zunächst gewähren die rechtsformspezifischen Vorschriften des Gesellschaftsrechts den einzelnen Anteilseignern mitgliedschaftliche Individualrechte und -pflichten, zB das Recht auf Teilnahme an der Anteilseignerversammlung und an den Abstimmungen dort oder die Pflicht, die übernommene Einlage zu leisten. Daneben stehen die gesellschaftsrechtlichen Gruppen- und Minderheitsrechte, zB das durch $ 122 AktG begründete Recht einer Gruppe von Aktionären, deren Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals erreichen, die Einberufung einer Hauptversammlung zu verlangen. Weiter geht es um die teils im MitbestG, teils im Gesellschaftsrecht geregelten, aus der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat fließenden organschaftlichen Rechte und Pflichten (vgl §§ 25 ff). 48

Noch stärker sind die den Arbeitnehmern in der durch das MitbestG geordneten Unternehmensverfassung gewährten Rechte und Pflichten abgestuft. Dem individuellen Arbeitnehmer gewährt dasGesetz, sofern er die Voraussetzungen der §§ 10 Abs 3, 18 Satz 1 erfüllt, das aktive sowie nach Maßgabe der §§ 7 Abs 3,10 Abs 4 sowie 100 AktG iVm 6 Abs 2 MitbestG das passive Wahlrecht für die Wahlen zum Aufsichtsrat bzw zur Delegiertenversammlung. Schon diese Rechte sind aber durch die Zugehörigkeit zu den Gruppen der regulären Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten (vgl S§11 Abs 2, 3,15) sowie zu den einzelnen Betrieben des Unternehmens (vgl S 10 Abs 1) präzisiert und eingeschränkt. Ebenso differenziert das Gesetz zwischen den beiden Gruppen bei den Vorschlagsrechten für die Delegierten und die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer (SS 12 Abs 1,15 Abs 2,17 Abs 1) sowie beim Recht zur Abberufung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat (S 23 Abs 1). Daneben stehen die Rechte und Pflichten der Delegierten, Wahlvorstände und Wahlhelfer. Nicht zuletzt realisiert sich die Mitbestimmung auch für die Arbeitnehmerseite maßgeblich in der organschaftlichen Stellung der gewählten Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer und den daraus fließenden Rechten und Pflichten.

72

Erfaßte Unternehmen $ 1 VI. Privatautonome Mitbestimmungsregelungen

VI. Privatautonome Mitbestimmungsregelungen 1. $ 1 enthält zwingendes Recht. Daraus folgt zunächst, daß die 4 9 Mitbestimmung nach dem MitbestG nicht durch ein anderes Modell, zB nach dem MontanMitbestG oder nach § § 7 6 ff BetrVerfG 1952, ersetzt werden kann, wenn die Voraussetzungen des Abs 1 vorliegen. Weder die Satzung noch Vereinbarungen mit den Trägern der Mitbestimmung (Tarifverträge oder mitbestimmungsrechtliche Unternehmensverträge) können Abweichungen davon vorsehen. 113 Auch die Arbeitnehmer können auf die Anwendung des Gesetzes nicht verzichten. 114 Ebensowenig sind Vereinbarungen über den Tendenzschutz zulässig. 115 Grundsätzlich ausgeschlossen sind ferner vertragliche Abreden über einzelne für die Subsumtion unter Abs 1 maßgebliche Punkte, zB über die Frage, ob bestimmte Arbeitnehmer bei der Berechnung der Zahl von mehr als 2 0 0 0 Arbeitnehmern berücksichtigt werden sollen. Doch wird man hier in der Praxis ohne gewisse, wenngleich nicht rechtsverbindliche Abreden zwischen den Beteiligten kaum auskommen. 116 Überwiegend für zulässig gehalten werden auch Vergleiche zur Streitbeilegung gemäß § 779 BGB, sofern sie zwingendem Mitbestimmungsrecht nicht widersprechen. 117 2. Dagegen nimmt das Gesetz der Anteilseignerversammlung nicht 5 0 das Recht, im Rahmen ihrer Satzungskompetenz Rechtsform, Sitz und Größe des Unternehmens zu bestimmen und gegebenenfalls zu verändern. Die Anteilseignerversammlung kann daher, ohne durch die Mitbestimmung daran gehindert zu werden, das Unternehmen in eine nicht mitbestimmungspflichtige Rechtsform umwandeln, ins Ausland verlegen oder die Arbeitnehmer auf weniger als 2001 vermindern, sofern sie sich nicht aus anderen Gründen daran gehindert sieht. 118 Eine Grenze für derartige Beschlüsse ergibt sich erst unter dem Gesichtspunkt der Gesetzesumgehung, wenn die Voraussetzungen des

Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann § 1 Rdn 3; Hanau/Ulmer § 1 Rdn 16; MünchHdb. ArbR/Wißmann § 3 7 5 Rdn 18; zum Problem ferner Däubler, Das Grundrecht auf Mitbestimmung 1973, 3 2 5 ff; Raiser BB 1977, 1461 ff; Mertens AG 1982, 141 ff; Beuthien ZfA 1983, 164ff; Konzen AG 1983, 289ff; vgl auch BGHZ 8 7 , 5 2 . 114 Fitting/Wlotzke/Wißmann aaO. 1 1 5 Zu § 1 1 8 BetrVG ebenso Rüthers, Tarifmacht und Mitbestimmung 50f; Mayer-Maly AfP 1 9 7 7 , 2 0 9 f; Richardi/ThüsingBetrVeriG $ 1 1 8 R d n 23. 116 vgl Mertens aaO; Konzen ¿¿O; Raiser aaO; ders FS Werner 1984. 117 Raiser BB 1977, 1461, 1462; Hanau/Ulmer Einl Rdn 44; GroßKomm.AktG/ Oetker MitbestG Vorbem Rdn 107; kritisch Mertens AG 1 9 8 2 , 1 4 1 , 1 4 9 . 1 1 8 Ebenso BVerfGE 50, 290, 3 2 3 ; Kunze ZGR 1978, 321, 3 4 3 ; Fitting/Wlotzke/ Wißmann Vorbem 9 7 ; Hanau/Ulmer § 1 Rdn 13 ff. 113

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$ 1 Erfaßte Unternehmen 1. Teil. Geltungsbereich

§ 8 2 6 BGB erfüllt sind oder wenn sich die Maßnahme als ein Mißbrauch der Anteilseigner vom Recht gewährten Gestaltungsfreiheit erweist. 119 Der Fall kann zB vorliegen, wenn wider alle wirtschaftliche Vernunft die Zahl der Arbeitnehmer knapp unter 2 0 0 1 gehalten wird, dürfte aber selten nachweisbar sein. 120 Wird das Unternehmen aufgespalten oder eine mitbestimmungsfreie Rechtsform gewählt, so liegt keine Gesetzesumgehung vor. 121 Dasselbe gilt bei Verlegung des Unternehmenssitzes ins Ausland. 51 3. Zweifelhaft ist die Zulässigkeit einer privatautonomen Erweiterung der Mitbestimmung über die vom Gesetz gezogene Grenze hinaus. Für den Anwendungsbereich der §§ 76, 77 BetrVG 1952 hat der BGH die Zuwahl von Repräsentanten der Arbeitnehmer von Seiten der Anteilseignerversammlung mit dem Ziel, auf diese Weise die paritätische Besetzung des Aufsichtsrats herbeizuführen, und die Festlegung dieser Regelung im Gesellschaftsvertrag für zulässig erklärt. 122 Für den Geltungsbereich des MitbestG wird sich die Frage in dieser Form allerdings nicht stellen, da der Arbeitnehmerseite ohnehin die Hälfte der Aufsichtsratssitze zusteht. Es fragt sich aber, ob die Mitbestimmung in der Satzung oder durch Vertrag mit den Repräsentanten der Arbeitnehmer erweitert werden kann, zB indem der Arbeitnehmerseite des Recht gewährt wird, stets den Aufsichtsratsvorsitzenden zu stellen, der gemäß 5$ 29 Abs 2, 31 Abs 4 bei Stimmengleichheit im Aufsichtsrat den Ausschlag zu geben vermag oder indem bestimmt wird, daß der Arbeitsdirektor nicht gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bestellt werden kann. Nach allgemeiner Ansicht ist dies unzulässig, da §§ 29 und 33 zwingendes Recht sind und die Wahlfreiheit des Aufsichtsrats nicht durch Satzungsvorschriften oder vertragliche Vereinbarungen beschnitten werden kann. 1 2 3 Soweit derartige Vereinbarungen oder Satzungsbestimmungen zustande kommen, kann ihnen allenfalls eine „faktische" Geltung beigelegt werden, die im Streitfall einer gerichtlichen Kontrolle nicht standhält.

119

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Vgl Steindorff FS Ballerstedt 127 ff; Wiedemann ZGR 1977, 166; Bayer ZGR 1977, 179; Lutter ZGR 1977, 2 0 1 ; Hanau/Ulmer 51 Rdn 27 f; Henssler ZFA 2 0 0 0 , 2 4 1 ; 244ff. Vgl Spieker Quelle 1 9 7 6 , 4 1 6 f ; kritisch Henssler aaO 245, der mit guten Gründen die Umgehung bei einer Beschränkung der Arbeitnehmerzahl auf unter 2 0 0 1 generell verneint. Hanau/Ulmer § 1 Rdn 30; LG Düsseldorf AG 1980, 139: Eintritt einer natürlichen Person als Komplementär in eine GmbH & Co KG in der Regel keine Umgehung des § 4; OLG Naumburg DB 1 9 9 7 , 4 6 6 . BGH NJW 1 9 7 5 , 1 6 5 7 . Hanau/Ulmer § 1 Rdn 17; vgl $ 2 9 Rdn 14, $ 3 3 Rdn 34.

Anteilseigner § 2

Problematisch ist weiter die Frage, ob durch die Satzung oder durch 5 2 einen mitbestimmungsrechtlichen Unternehmensvertrag die Anwendbarkeit des Gesetzes für Unternehmen bestimmt werden kann, die nach $1 unter ein anderes Mitbestimmungsmodell, namentlich unter §§ 76, 77 BetrVG 1952, fallen. Der Fall könnte relevant werden, wenn ein Unternehmen aus dem Geltungsbereich des Gesetzes ausscheidet, weil es in die Montanmitbestimmung hineinwächst, in eine nicht mitbestimmungspflichtige Rechtsform umgewandelt wird oder weil die Zahl der in ihm beschäftigten Arbeitnehmer unter 2000 herabsinkt.124 Nach allg Ansicht ist dies bei der AG und KGaA wegen der aktienrechtlichen Gesetzesstrenge (5 23 Abs 5 AktG) und der zwingenden Natur des § 96 AktG ausgeschlossen.125 Dagegen ist die Rechtslage für die unter § 77 BetrVG 1952 fallenden GmbH streitig.126 ME ergibt sich aus 5 77 BetrVG 1952 keine zwingend festgelegte Obergrenze für die Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat.127

VII. Streitigkeiten Zweifel oder Streitigkeiten, ob ein Unternehmen die Voraussetzun- 5 3 gen des $ 1 erfüllt, sind im Verfahren gemäß §$ 97 f AktG iVm 6 Abs 2 zu klären. Zuständig sind die ordentlichen Gerichte, nicht die Arbeitsgerichte (vgl § 6 Rdn 8 ff).

$ 2 Anteilseigner Anteilseigner im Sinne dieses Gesetzes sind je nach der Rechtsform der in § 1 Abs 1 Nr 1 bezeichneten Unternehmen Aktionäre, Gesellschafter oder Genossen. 1. Die Vorschrift erklärt den im Gesetz verwendeten Begriff des 1 Anteilseigners. Es handelt sich um den Oberbegriff, der die im Gesellschaftsrecht verschieden bezeichneten Gesellschafter der in § 1 Abs 1

Vgl die sog Lüdenscheider Abkommmen in der Montanindustrie. OLG Bremen NJW 1977, 1153; Lutter ZGR 1977, 197; Raiser BB 1977, 1468; Fitting/WlotzkefWißmann § 1 Rdn 5; HanaußJlmer $ 1 Rdn 20; Ihrig/Schlitt NZG 1999,334; GroßKomm.AktG/OeifterMitbestG Vorbem Rdn 101. 126 v g ] d i e Nachweise bei HanaufUlmer % 1 Rdn 23. 127 Ebenso OLG Bremen NJW 1977, 1153; Ihrig/Schlitt aaO 336; Fitting/Wlotzke/ Wißmann $ 1 Rdn 5; MünchHdb. ArbF/Wi/ftmmn $ 375 Rdn 22; Scholz/Schneider GmbHG $ 52 Rdn 129; HotnmeIhoff ZHR 148 (1984), 129 ff; aA zB Thüsing FS Werner 893 ff.

124 125

75

$ 3 Arbeitnehmer 1. Teil. Geltungsbereich

Nr 1 genannten Unternehmensformen zusammenfaßt. Die Zweckmäßigkeit eines solchen Oberbegriffs folgt aus der Natur des Mitbestimmungsrechts, das einheitliche Regeln für alle betroffenen Unternehmen aufstellt. Der Begriff Anteilseigner ist nicht neu, sondern wird schon in § § 4 f MontanMitbestG und 5 f MitbestG verwendet. Er hat sich auch in der wissenschaftlichen und publizistischen Literatur zum Mitbestimmungsrecht eingebürgert. 2 2. Anteilseigner sind bei der AG die Aktionäre, bei der KGaA die Kommanditaktionäre, nicht jedoch die Komplementäre, da diese das gesetzliche Vertretungsorgan (§ 283 AktG) bilden, bei der GmbH die Gesellschafter und bei der Genossenschaft die Genossen. Die Aufzählung ist abschließend, weil $ 1 Abs 1 Nr 1 die unter das Gesetz fallenden Unternehmensformen abschließend festlegt. Die Gesellschafter der KG kommen auch im Fall des § 4 nicht in Betracht, weil die Mitbestimmung nur in der Komplementärgesellschaft stattfindet. Zweifel an der Eigenschaft des Anteileigners können nur auftreten, sofern die gesellschaftsrechtliche Beteiligung unklar ist. Sie sind nach den Vorschriften des Gesellschaftsrechts zu klären. 3 3. Die gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten der Anteilseigner berührt das MitbestG grundsätzlich nicht, namentlich haben sie weiterhin die Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner gemäß den Vorschriften des Gesellschaftsrechts zu bestellen (§8). Dabei treten allerdings bei der GmbH wegen der Verweisung in § 6 Abs 2 die strengeren aktienrechtlichen an die Stelle der GmbH-rechtlichen Vorschriften. Infolge der veränderten Zusammensetzung des Aufsichtsrats, in dem die Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner nur noch über die Hälfte der Mandate verfügen, vermindert sich deren Einfluß auf das Unternehmen, vor allem auf die Besetzung des gesetzlichen Vertretungsorgans. Im einzelnen ist hierzu auf die Erläuterungen zu §§ 2 5 - 3 2 zu verweisen. § 3 Arbeitnehmer (1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Die in $ 5 Abs 1 des Betriebsverfassungsgesetzes bezeichneten Personen mit Ausnahme der in § 5 Abs 3 des Betriebsverfassungsgesetzes bezeichneten leitenden Angestellten, 2. Die in $ 5 Abs 3 des Betriebsverfassungsgesetzes bezeichneten leitenden Angestellten. Keine Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind die in $ 5 Abs 2 des Betriebsverfassungsgesetzes bezeichneten Personen. (2) Betriebe im Sinne dieses Gesetzes sind solche des Betriebsverfassungsgesetzes. § 4 Abs 2 des Betriebsverfassungsgesetzes ist anzuwenden.

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Arbeitnehmer $ 3

§ 5 des Betriebsverfassungsgesetzes in der Fassung vom 23. Juli 2001 (BGBl 11852) lautet: (1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. (2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht 1. in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Personen berufen ist; 2. die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben; 3. Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist; 4. Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden; 5. der Ehegatte, der Lebenspartner,Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben. (3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb 1. zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder 2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder 3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei die Entscheidungen im wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflußt; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere auf Grund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein. (4) Leitender Angestellte nach Absatz 3 Nr 3 ist im Zweifel, wer 1. aus Anlaß der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder 2. einer Leitungsebene angehört, auf der im Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder 3. ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte im Unternehmen üblich ist, oder

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$3

Arbeitnehmer 1. Teil. Geltungsbereich

4. falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet. S c h r i f t t u m z u m Begriff des leitenden Angestellten Buchner, Das Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der Montanmitbestimmung, NZA 1989, Beil 1, 2; Dänzer-Vanotti, Leitende Angestellte nach § 5 III, IV BetrVG nF, NZA 1989, Beil 1,30; Engels/Natter, Die geänderte Betriebsverfassung - Minderheitenschutz, Mitwirkung der Arbeitnehmer bei neuen Techniken, leitende Angestellte und ihre Sprecherausschüsse, BB 1989, Beil 8, 1; Geitner, Leitende Angestellte in privaten Unternehmen, 1974; Hartmann/ Bock-Rosenthal/Helmer, Leitende Angestellte: Selbstverständnis und kollektive Forderungen, 1973; Hromadka, Das Recht der leitenden Angestellten, 1979; ders, Urteilsanmerkung, SAE 1981, S. 27ff; ders, Der Begriff des leitenden Angestellten - Zur Auslegung des $ 5 Abs 3, 4 BetrVG idF vom 23. Dezember 1988, BB 1990, 57; ders, Sprecherausschußgesetz: Kommentar, Neuwied 1991; Kaiser, Sprecherausschüsse für leitende Angestellte: Organisation, Aufgaben und Mitwirkungsrechte, Heidelberg 1995; Kramer, Rechtsfragen der Bildung und Zusammensetzung eines Sprecherausschusses, BB 1993, 2153; Leese, Die Abgrenzung der leitenden Angestellten, 1999; Löwisch, Kommentar zum Sprecherausschußgesetz, 2. Aufl 1994; Martens, Die Gruppenabgrenzung der leitenden Angestellten nach dem Mitbestimmungsgesetz, 1979; ders, Die Neuabgrenzung der leitenden Angestellten und die begrenzte Leistungsfähigkeit moderner Gesetzgebung, RdA 1989,73; Gerhard Müller, Kritische Bemerkungen zur neuen Bestimmung des leitenden Angestellten, DB 1989, 824; Richardi, Die Neuabgrenzung der leitenden Angestellten nach § 5 III und IV BetrVG, NZA 1990, Beil Nr 1, 2; ders, Der Begriff des leitenden Angestellten, AuR 1991,33; Rüthers, Gesetzanwendung oder Rechtspolitik? Bemerkungen zum Beschluß des BAG vom 5 . 3 . 1 9 7 4 über die Definition der „leitenden Angestellten" in der Betriebsverfassung, JZ 1974, 625; Schirdewahn, Der leitende Angestellte in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 5 Abs 3 BetrVG: Begriff oder Typus?, ZfA 1979,183 ff; Steindorff, Nochmals: Neubestimmung der leitenden Angestellten, AuR 1988,266; Wiesner, Die leitenden Angestellten im Spannungsfeld zwischen Betriebs- und Unternehmensverfassung, BB 1982, 949 ff; Witte/Bronner, Die leitenden Angestellten. Eine empirische Untersuchung, 2 Bde, 1974, 1975; Wlotzke, Die Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes und das Gesetz über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten, DB 1989,111. Übersicht Rdn

Rdn I. Vorbemerkungen 1. Funktion des § 3 . . . 2. Verweisung auf §§ 5 , 6 BetrVG 3. Zwingendes Recht. .

78

1 2 4

II. Der Begriff des Arbeitnehmers 1. Der allgemeine Begriff des Arbeitnehmers . 2. Der Arbeitsvertrag. .

5 6

Arbeitnehmer $ 3 I. Vorbemerkungen

Rdn 3. Fremdbestimmte Arbeit. 4. Arbeit im Dienst des Unternehmens 5. Nichtprivatrechtliche Dienstverhältnisse . . . III. Ausnahmen nach S 5 Abs 2 BetrVG iVm $ 3 Abs 1 MitbestG 1. Allgemeines 2. Einzelheiten IV. Leitende Angestellte 1. Allgemeines 2. Nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder Betrieb . .

8 9 12

13 14 20

Rdn 3. Selbständige Einstellung und Entlassung . . 4. Generalvollmacht oder Prokura 5. Eigenverantwortliche Wahrnehmung betriebswichtiger Aufgaben . . . 6. Einzelfälle 7. Zwingendes Recht. . . . V. Der Begriff des Betriebs (S 3 Abs 2) 1. Betriebsbegriff 2. Betriebsteile VI. Streitigkeiten

24 25

26 36 39

41 45 47

23

I. Vorbemerkungen 1. $3 erfüllt eine doppelte Funktion. Abs 1 kennzeichnet den im 1 MitbestG verwendeten Arbeitnehmerbegriff. Dessen Abgrenzung wirkt sich vor allem auf den Kreis der unter das Gesetz fallenden Unternehmen aus, da $ 1 Abs 1 Unternehmen verlangt, die in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen. Daneben legt die Vorschrift fest, wer als Arbeitnehmer berechtigt ist, an den Wahlen der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bzw der Delegierten aktiv und passiv teilzunehmen. 1 Dabei führt das Gesetz bereits auch die Untergliederung der Arbeitnehmerschaft in die zwei Gruppen der regulären Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten ein, die mit speziellen Gruppen* und Minderheitenrechten am Wahlverfahren teilnehmen und im Aufsichtsrat repräsentiert werden.2 Dagegen hat der Gesetzgeber im Reformgesetz vom 28. Juli 2001 die vorher in § 3 Abs 1 verankerte Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten aufgegeben. Infolge dessen konnten die bisherigen Absätze 2 und 3 wegfallen. Der neue, durch das Reformgesetz vom 28. Juli 2001 eingefügte Abs 2 übernimmt den betriebsverfassungsrechtlichen Begriff des Betriebs. Die Verweisung war bisher in § 10 Abs 1 enthalten. 2. Inhaltlich definiert §3 die in ihm genannten gesetzestechni- 2 sehen Begriffe nicht selbst, enthält also keine eigene Regelungs-

1 2

$S 7 Abs 2 , 9 ff. Vgl SS 1 0 - 1 3 , 1 5 , 1 7 , 1 8 , 2 2 - 2 4 .

79

J 3 Arbeitnehmer 1. Teil. Geltungsbereich

substanz, sondern verweist auf SS 4 und 5 BetrVG. Daraus folgt der unmißverständlich erklärte Wille des Gesetzgebers, daß die Begriffe des Betriebs, des Arbeitnehmers und des leitenden Angestellten für die Betriebs- und Unternehmensverfassung übereinstimmend ausgelegt werden. Im Gesetzgebungsverfahren war dies nur hinsichtlich des Begriffs der leitenden Angestellten problematisch. Angesichts der bei S 5 Abs 3 BetrVG aufgetretenen Interpretationsprobleme hatten einige Kritiker angeregt, den Begriff für das Mitbestimmungsgesetz gesondert zu definieren. 3 Damit verbanden sich, ausgelöst durch die kurz zuvor ergangene Leitentscheidung des BAG vom 5.3.1974, 4 aus der von mancher Seite eine restriktive Tendenz des Gerichts bei der Auslegung des Begriffs abgeleitet wurde, politisch motivierte Bestrebungen, die Gruppe der leitenden Angestellten weiter oder enger zu fassen.5 Sie sind als Teil des großen politischen Tauziehens um die Beteiligung der leitenden Angestellten an der Mitbestimmung anzusehen. Der maßgebliche BT-Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung sah jedoch keinen Grund, eine eigene neue Definition des leitenden Angestellten in das Gesetz einzufügen, weil es nicht gelungen war, bessere und zweckmäßigere Abgrenzungskriterien als die in § 5 Abs 3 BetrVG enthaltenen zu finden und weil er die eigengesetzliche Entwicklung des Arbeitslebens nicht behindern wollte.6 Trotzdem wurden im Schrifttum unter Hinweis auf die verschiedenen Funktionen der leitenden Angestellten in der Betriebs- und Unternehmensverfassung weiterhin verschiedene Begriffe für beide Gesetze postuliert.7 Die Ansicht hat sich jedoch nicht durchsetzen können und wurde vom BAG in der Leitentscheidung vom 29.1.1980 8 ausdrücklich zurückgewiesen. Allerdings hat das Gericht in dem Urteil seine eigene Interpretation des Begriffs stark modifiziert. Um die Rechtssicherheit zu erhöhen, hat der Gesetzgeber dann im Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der Montanmitbestimmung vom 20. Dezember 1988 S 5 Abs 3 BetrVG neu gefaßt und einen neuen Absatz 4 hinzugefügt, der Abgrenzungsschwierigkeiten auffangen

3

4 5

6 7

8

Vgl ua Müller und Auffarth im Anhörungsverfahren vor dem BT-Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung am 7 . 1 1 . 1 9 7 4 Protokoll N r 5 5 , 4 f f . AP Nr 1 zu § 5 BetrVG 1972. Vgl ua die Äußerungen von Vetter, Muth, Hesse, Borgwardt, Erdmann, Schleyer ua im Anhörungsverfahren am 7 . 1 1 . 1 9 7 4 aaO, 7 ff. Ausschußbericht BTDrucks 7/4845,5. Martens, Die Gruppenabgrenzung der leitenden Angestellten nach dem MitbestG, 1979; Wiesner BB 1982,949. B A G E 3 2 , 3 8 1 , 3 8 8 f f = BB 1980,1374.

80

Arbeitnehmer II. Der B e g r i f f des Arbeitnehmers

$3

sollte. 9 Schon aus diesen Gründen ist an der Identität der Begriffe in beiden Gesetzen festzuhalten. Sie vereinheitlicht die Rechtsanwendung und trägt der sich in vielen Einzelheiten zeigenden Interdependenz von Betriebs- und Unternehmensverfassung Rechnung. Zweifelhaft kann allenfalls sein, ob auch die Abgrenzungsregeln des § 5 Abs 4 BetrVG anzuwenden sind, auf die § 3 Abs 1 Nr 2 MitbestG nicht verweist. Sprachlich ist die Fassung des Gesetzes in Abs 1 unschön, weil der 3 Text unter Nr 1 die leitenden Angestellten von den Arbeitnehmern ausnimmt, während er sie in Nr 2 wieder einbezieht, also Widersprüchliches formuliert. Die unter diesem Gesichtspunkt kritikwürdige Formulierung 10 erklärt sich aus dem Bestreben, die leitenden Angestellten sowohl als Teil der Arbeitnehmerschaft als auch als eine gewisse Sonderrechte genießende eigene Gruppe darzustellen. Sie spiegelt auch noch die ursprüngliche Dreiteilung der Arbeitnehmer in Arbeiter, (reguläre) Angestellte und leitenden Angestellte sowie die im Gesetzgebungsverfahren an dieser Stelle aufgetretenen politischen Räsonnements und Emotionen. Für die Anwendung des Gesetzes kann kein Zweifel herrschen, daß die leitenden Angestellten zu den Arbeitnehmern gehören. Nur dort, wo sie im Gesetz gesondert genannt sind, besitzen sie eigene Rechte. 3. Die in § 3 gekennzeichneten Begriffe des Arbeitnehmers, leiten- 4 den Angestellten und Betriebs sind zwingenden Rechts und können daher durch individuellen Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag nicht geändert werden. Für das BetrVG ist dies ganz hL. 11 Es muß aber, selbst ohne Rücksicht auf die Verweisung auf das BetrVG, auch für das MitbestG gelten, da nach dessen Sinn und Zweck an dieser Stelle kein Raum für privatautonome Regelungen bleiben sollte. Dies gilt namentlich für den Begriff des leitenden Angestellten. 12

II. Der Begriff des Arbeitnehmers 1. Bei der Bestimmung des für das BetrVG und daher auch für das 5 MitbestG geltenden Arbeitnehmerbegriffs ist ungeachtet des in diesem Punkt nicht ganz klaren Wortlauts des § 5 BetrVG nach hL vom allgemeinen, in Rechtsprechung und Wissenschaft herausgebildeten

9 10 11

12

BGBl 1 2 3 1 2 . VglRawerBB 1 9 7 6 , 1 4 6 . BAG AP Nr 1 zu $ 5 BetrVG; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 4 Rdn 138; § 5 Rdn 133 f. Vgl Ausschußbericht BTDrucks 7 / 4 8 4 5 , 5 ; siehe unten Rdn 20 ff.

81

S 3 Arbeitnehmer 1. Teil. Geltungsbereich

Arbeitnehmerbegriff auszugehen. 13 Danach ist Arbeitnehmer, wer im Dienst eines anderen unselbständige und fremdbestimmte Arbeit leistet.14 Ausdrücklich schließt §5 Abs 1 BetrVG auch die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, dh Lehrlinge, Anlernlinge, Umschüler und unter bestimmten Voraussetzungen auch Praktikanten und Volontäre in den Arbeitnehmerbegriff ein.15 Eingeschlossen sind weiter ausdrücklich im Außendienst und mit Telearbeit Beschäftigte. Als Arbeitnehmer gelten ferner gemäß § 5 Abs 1 Satz 2 BetrVG auch die in Heimarbeit Beschäftigten, sofern sie in der Hauptsache für das Unternehmen arbeiten. Darunter fallen Heimarbeiter und Hausgewerbetreibende nach Maßgabe des § 2 Abs 1 und 2 HAG.16 6 2. Die Arbeitnehmereigenschaft setzt regelmäßig den Abschluß eines Arbeitsvertrags mit dem Unternehmen voraus. Dagegen ist die volle Rechtswirksamkeit des Vertrags nicht erforderlich. Auch wer geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig ist, wird Arbeitnehmer, wenn er die vertragliche Tätigkeit erbringt. Gleiches gilt bei nichtigem oder anfechtbarem Arbeitsvertrag, weil beide Mängel nach heute hL nicht mit rückwirkender Kraft geltend gemacht werden können, wenn das Arbeitsverhältnis realisiert, dh Arbeit tatsächlich geleistet wurde.17 Die Arbeitnehmereigenschaft wird auch nicht dadurch beseitigt, daß das Arbeitsverhältnis suspendiert wurde oder aus tatsächlichen Gründen ruht. Allerdings wird man hier nach der Dauer und nach dem Grund der Suspendierung differenzieren müssen.18 7 Nicht erforderlich ist dagegen, daß die Arbeit gegen Lohn geleistet wird, so daß auch Volontäre Arbeitnehmer sind, sofern sie sich zu Arbeitsleistungen verpflichtet haben.19 Auch muß die Arbeit nicht berufsmäßig ausgeübt werden oder gar den Hauptberuf darstellen. Auch eine Nebenbeschäftigung kann ausreichen.20 Ebenso sind Teilzeitbeschäf-

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16

17 18 19 20

Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 3 Rdn 4; GK-MitbestG/Mattfc« § 3 Rdn 7; Hanau/ Ulmer $ 3 Rdn 3, 7; zum BetrVG Richardi BetrVG $ 5 Rdn 9 ff; Fitting/ Kaiser/Heither[Engels BetrVG § 5 Rdn 3; GemKomm. BetrVG/Kra/f § 5 Rdn 9. Vgl statt aller BAG AP Nr 1,3 u 6 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAGE 70,104. Zur Abgrenzung vgl Richardi BetrVG $ 5 Rdn 64ff; MünchArbR/ v.HoyningenHuene $ 2 9 1 Rdn 38; zum Arbeitnehmerbegriff allgemein: MünchArbR/ Richardi $ 28 Rdn 26 ff. Vgl Fitting[Kaiser[Heither[Engels BetrVG § 5 Rdn 95 ff; BAG 26.11.1987 AP Nr 36 zu § 5 BetrVG 1972 = NZA 1988, 505, 506. BAGE 5 , 5 8 = AP Nr 2 zu § 125 BGB, BAGE 5 , 1 2 9 = AP Nr 2 zu § 123 BGB. Säcker, Wahlordnungen Rdn 54; Hanau/Ulmer § 3 Rdn 19. Näheres bei Richardi BetrVG § 5 Rdn 69. Einzelheiten bei Richardi aaO Rdn 56; GemKomm. BetrVG/Kra/f $ 5 BetrVG Rdn 38.

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Arbeitnehmer $ 3 II. Der Begriff des Arbeitnehmers

tigte Arbeitnehmer, sofern es sich nicht um ein freies Mitarbeiterverhältnis (siehe Rdn 8) oder um gelegentliche Aushilfsarbeiten handelt, denen keine Eingliederung in das Unternehmen entspricht.21 Ausdrücklich erwähnt das Gesetz seit der Reform von 2001 weiter im Außendienst Beschäftigte und Telearbeiter.22 Beim sog mittelbaren Arbeitsverhältnis ist die Arbeitnehmereigenschaft gegeben, wenn die Weisungsgebundenheit nicht nur gegenüber der Zwischenperson besteht, sondern auch gegenüber der Unternehmensleitung. Liegen zwei Arbeitsverhältnisse vor, so ist der Betreffende, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen, Arbeitnehmer in jedem der beiden Unternehmen. Allerdings kann ihm, wenn sich die Arbeitsverhältnisse auf zwei Unternehmen desselben Konzerns beziehen, in den Fällen des § 5 trotzdem kein doppeltes Wahlrecht gewährt werden, da andernfalls die Wahlgleichheit23 verletzt wäre. Der Arbeitnehmer hat daher zu entscheiden, in welchem der beteiligten Unternehmen er wählen will.24 3. Gegenstand des die Arbeitnehmereigenschaft begründenden 8 Vertrags ist die Leistung unselbständiger, fremdbestimmter Arbeit. Unter Arbeit ist jede wirtschaftlich für wertvoll erachtete körperliche oder geistige Tätigkeit bis hin zur vertraglich geschuldeten Arbeitsbereitschaft zu verstehen. Durch die Merkmale der Unselbständigkeit (Abhängigkeit) und Fremdbestimmtheit unterscheidet sich der Arbeitnehmer selbständigen Unternehmer und vom freien Mitarbeiter oder Dienstverpflichteten. 25 Eine rein wirtschaftliche Abhängigkeit genügt nicht, vielmehr kommt es auf die persönliche Abhängigkeit an.26 Indizien dafür sind die Weisungsgebundenheit in bezug auf Art und Weise der Arbeit und die Eingliederung in den arbeitsteiligen und hierarchisch geordneten Arbeitsprozeß. Im einzelnen kann die Abgrenzung schwierig sein, zumal es sich um eine wertende Beurteilung des gesamten Erscheinungsbildes der Beziehung zwischen den Vertragspartnern handelt, die sich unter dem Einfluß neuer technischer oder sozialer Gegebenheiten auch ändern kann. Einen wichtigen

21

Einzelheiten bei Hanau/Ulmer § 3 G e m K o m m . BetrVG /Kraft aaO 34 ff.

22

Dazu schon nach bisherigem Recht G e m K o m m . BetrVG/Kra/i aaO Rdn 31; Richardi aaO Rdn 59.

23

Vgl § 1 0 Rdn 9. Nach Fitting/Wlotzke/Wißmann § 1 Rdn 23; Säcker, Wahlordnungen Rdn 55 f; Hanau/Ulmer§ 3 Rdn 17, k o m m t es darauf an, in welchem Betrieb b z w Unternehmen der Arbeitnehmer überwiegend beschäftigt ist.

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26

Rdn

16; 31; Richardi

aaO Rdn

57;

BAGE 19, 324 = AP N r 6 zu § 611 BGB Abhängigkeit; AP N r 10 zu $ 611 Abhängigkeit mit A n m G.Htieck; Hanau/Ulmer § 3 Rdn 12. Einzelheiten str, vgl statt aller Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 5 Rdn 16 ff.

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$ 3 Arbeitnehmer 1. Teil. Geltungsbereich

Anhaltspunkt enthält § 84 Abs 1 Satz 2 HGB, wonach selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. 27 Zu den Einzelheiten ist auf die Literatur zum Arbeitsrecht zu verweisen. Die sogenannten arbeitnehmerähnlichen Personen, die lediglich wirtschaftlich, nicht aber persönlich abhängig sind, 28 gehören nicht zu den Arbeitnehmern im Sinne des MitbestG. 29 Zu den im Ausland beschäftigten Arbeitnehmern siehe § 1 Rdn 18. 9 4. Die Arbeit muß im Dienst des Unternehmens erfolgen. Im Bereich des BetrVG wird die Dienstleistung auf den Betrieb bzw Betriebsinhaber bezogen. 30 Das ist systematisch richtig, da das Betriebsverfassungsrecht die Vertretung der Arbeitnehmer in den Betrieben regelt, genügt aber für das MitbestG nicht. Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes bezieht sich die Arbeitnehmereigenschaft hier vielmehr auf das Unternehmen. Aber auch inhaltlich ist das Unternehmen der einzige richtige Bezugspunkt, da das Gesetz gerade die Vertretung der Arbeitnehmer in den Unternehmensorganen im Gegensatz zu den Betrieben regelt. Daneben spielt allerdings auch die Zugehörigkeit zu den zu einem Unternehmen gehörenden Betrieben eine Rolle, weil sich das Recht, Wahlvorschläge für die Delegierten zu machen, und die Wahl der Delegierten danach richten. 31 10 Da es sich bei den unter das Gesetz fallenden Unternehmen durchweg um juristische Personen handelt, kommt die Dienstleistung zugunsten eines individuellen Arbeitgebers oder Betriebsinhabers nicht in Betracht. Arbeitgeber ist stets die juristische Person. Die für das Arbeitsverhältnis charakteristischen Direktionsbefugnisse werden daher von den gesetzlichen Organen des Unternehmens und unter diesen von den im Rang dem betreffenden Arbeitnehmer übergeordneten Vorgesetzten ausgeübt. Nach diesen Kriterien ist die Zuordnung von Personen zu prüfen, die aufgrund spezieller Umstände vorübergehend im Unternehmen tätig sind. Die sogenannten Unternehmerarbeiter (Monteure, Reparateure, Programmierer von Computern, Betriebsprüfer uä), die ihre Aufgaben im Auftrag und unter der Leitung ihres Arbeitgebers in fremden Unternehmen erledigen, werden nicht zu Arbeitnehmern dieses Unternehmens. Doch ist seit der Reform von 2 0 0 1 der neue § 7 Abs 2 BetrVG zu berücksichtigen, auf den § 3 MitbestG zwar

27 28 29

30 31

Vgl BAG AP Nr 1 u 2 zu $ 9 2 HGB. Vgl S 5 Abs 1 Satz 2 ArbGG. GemKornm.MitbestG/ftendrap § 3 Rdn 15; Hoffmann/LehmannfWeinmann § 3 Rdn 26; Hanau/Ulmer % 3 Rdn 15; differenzierend Fitting/Wlotzke/Wißmann § 1 Rdn 23. Vgl Richardi § 5 BetrVG Rdn 8 9 ff; GemKomm. BetrVG/Kra/f § 5 Rdn 8. Vgl §§ 10 bis 12.

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Arbeitnehmer II. Der Begriff des Arbeitnehmers

$3

nicht verweist, der aber im Interessen der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung auch hier paßt. Danach sind Arbeitnehmer, die ein anderer Arbeitgeber zur Arbeitsleistung überlassen hat, wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden. Beim sog echten Leiharbeitsverhältnis, bei dem ein Unternehmer 11 bei ihm beschäftigte Personen vorübergehend und nicht gewerbsmäßig einem anderen Unternehmer zur Verfügung stellt, war nach dem Erlaß des AÜG zweifelhaft geworden, ob der „Verliehene" Arbeitnehmer auch des entleihenden Unternehmens wird. Nach der Einführung des § 7 Abs 2 BetrVG gilt auch insoweit, daß eine Dauer der Tätigkeit von mehr als drei Monaten zur betriebsverfassungsrechtlichen und daher auch mitbestimmungsrechtlichen Eingliederung in den fremden Betrieb führt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob daneben Mitbestimmungsrechte im Stammunternehmen fortbestehen.32 Sofern der „Verleiher" den Arbeitnehmer dagegen nur an das Unternehmen vermittelt, ohne ihn in eine eigene Unternehmensorganisation aufzunehmen, handelt es sich um eine (regelmäßig unzulässige) Arbeitsvermittlung (unechtes Leiharbeitsverhältnis).33 In diesem Fall kommt die Zugehörigkeit zur Arbeitnehmerschaft des entleihenden Unternehmens in Betracht, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Die nach SS 1» 3 AÜG zulässige gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung begründet ein Arbeitsverhältnis nur zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer. 5. Keine Arbeitnehmer sind Personen, deren Tätigkeit nicht auf einem 12 privatrechtlichen Arbeitsverhältnis beruht, sondern auf einer anderen Rechtsgrundlage. Hierher gehören Beamte, ferner Strafgefangene, Fürsorgezöglinge und andere Personen, die zwangsweise beschäftigt werden,34 Personen, die anstelle des Wehrdienstes zivilen Ersatzdienst leisten,35 Entwicklungshelfer im Sinn des Entwicklungshelfergesetzes vom 18.6.1969, 3 6 endlich Personen, die im Rahmen des freiwilligen sozialen Jahres Dienste erbringen.37 Zur Belegschaft gehören aber Personen, die aufgrund von Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung nach SS 260 ff SGB V beschäftigt werden.38 Auch Beamte, die in ein privates Unternehmen abgeordnet werden, rechnen zur Belegschaft und sind

32 33 34 35

36 37 38

Vgl Löwisch BB 2 0 0 1 , 1 7 3 4 , 1 7 3 7 . Vgl $ 1 Abs 2 AÜG. Vgl $ 5 Abs 2 Nr 4 BetrVG und dazu unten Rdn 18. 5 25 des Wehrpflichtgesetzes, §§ 1 ff des Gesetzes über den zivilen Ersatzdienst. BGBl 1,549. Gesetz vom 1 7 . 8 . 1 9 6 4 , BGBl 1,640. GemKomm.MitbestG/Mflftftei § 3 Rdn 28.

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Arbeitnehmer 1. Teil. Geltungsbereich

deshalb aktiv und passiv wahlberechtigt.39 Aufgrund sondergesetzlicher Regelungen gelten auch Beamte des Bundeseisenbahnvermögens, die der Deutschen Bahn AG zugewiesen wurden, für die Anwendung des MitbestG als Arbeitnehmer der Deutschen Bahn AG. 40 Beamte, die in der Deutschen Post AG, der Deutschen Postbank AG der Deutschen Telekom AG beschäftigt sind, gelten als Arbeitnehmer dieser Unternehmen und sind in diesen aktiv und passiv wahlberechtigt. Sie sind den Gruppen der regulären Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten nach ihrer jeweiligen Beschäftigung zugeordnet. 41 Hält man es für zulässig, daß Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts abhängige Unternehmen eines von einer mitbestimmungspflichtigen Gesellschaft geführten Konzerns sein können, so sind die dort beschäftigten Beamten auch in die Konzernmitbestimmung einzubeziehen. 42

III. Ausnahmen nach $ 5 Abs 2 BetrVG iVm § 3 Abs 1 MitbestG 13

1. § 5 Abs 2 BetrVG enthält einen Katalog von Personen, die für das Betriebsverfassungsrecht und daher gemäß der Verweisung in 5 3 Abs 1 Satz 2 auch für das MitbestG nicht als Arbeitnehmer gelten, selbst wenn sie die allgemeinen Merkmale erfüllen. Es handelt sich um Personen, deren Stellung im Unternehmen sich, aus im einzelnen verschiedenen Gründen, soziologisch und rechtlich so sehr von der des typischen Arbeitnehmers unterscheidet, daß es unangemessen wäre, sie in die Arbeitnehmervertretung im Betrieb oder Unternehmen einzubeziehen. Gegen die unveränderte Übernahme des Katalogs in das MitbestG bestehen keine Bedenken. Im Konzern (§ 5 MitbestG) gelten die Ausnahmen gleichermaßen für herrschende und abhängige Unternehmen. Jedoch wird der Status eines Arbeitnehmers oder leitenden Angestellten des herrschenden Unternehmens auch im Fall der Konzernmitbestimmung nicht dadurch beseitigt, daß der Betreffende im Zusammenhang mit seinen dienstlichen Aufgaben in einem abhängigen Unternehmen die Position eines gesetzlichen Vertreters bekleidet. 43

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Hanau/Ulmer § 3 Rdn 8; zum BetrVG: BAG NJW 1 9 6 4 , 1 8 7 3 . § 19 Deutsche Bahn GründungsG idF des Art 2 EisenbahnneuordnungsG vom 2 7 . 1 2 . 1 9 9 3 , BGBl 1 9 9 3 / 1 , 2 3 7 8 , 2 3 9 1 . § 9 Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft vom 1 4 . 9 . 1 9 9 4 , BGBl 1994/1, 2 3 2 5 , 2339. Vgl § 5 Rdn 9. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann § 3 Rdn 8.

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Arbeitnehmer S 3 III. Ausnahmen nach $ 5 Abs 2 BetrVG iVm § 3 Abs 1 MitbestG

2. Im einzelnen handelt es sich um folgende Fälle:44 a) Die gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person (§ 5 Abs 2 Nr 1 BetrVG). Bei Vereinen sind dies die Vorstandsmitglieder (§ 26 BGB) sowie Sondervertreter nach §30 BGB, bei Stiftungen die nach dem Stiftungsgeschäft zur Vertretung berufenen Personen (§§ 85, 86 BGB), bei der AG die Vorstandsmitglieder (§ 78 AktG), trotz § 112 AktG nicht jedoch die Mitglieder des Aufsichtsrats, auch nicht der Aufsichtsratsvorsitzende, vollends nicht die Aktionäre; bei der KGaA die Komplementäre, wenn sie nicht nach dem Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen sind;45 bei der GmbH die Geschäftsführer (§35 Abs 1 GmbHG); bei Genossenschaften die Vorstandsmitglieder (§ 24 GenG); bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit die Vorstandsmitglieder (§ 34 VAG iVm § 78 AktG). Bei ausländischen juristischen Personen ist die Frage, wer gesetzlicher Vertreter ist, nach dem Recht des Staates zu beurteilen, dessen Recht die juristische Person unterliegt. Befindet sich die juristische Person in Liquidation, sind die Liquidatoren gesetzliche Vertreter (vgl § 48 BGB, § 269 AktG, §66 GmbHG, §83 GenG), in der Insolvenz der Insolvenzverwalter (§§ 27,148 InsO). b) Die Mitglieder von Personengesamtheiten ohne eigene Rechtspersönlichkeit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung berufen sind (§ 5 Abs 2 Nr 2 BetrVG). Bei der OHG sind dies alle Gesellschafter, denen nicht durch den Vertrag die Geschäftsführung und die Vertretung entzogen ist (§§ 114 ff, 125 ff HGB); bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die nach dem Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung oder Vertretung berufenen Gesellschafter (§§ 709,710,714 BGB); bei der KG gelten für die Komplementäre dieselben Regeln wie für die OHG. Die Kommanditisten fallen grundsätzlich nicht unter die Ausnahme, können also Arbeitnehmer sein, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen. c) Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist (§ 5 Abs 2 Nr 3 BetrVG). Darunter fallen vor allem Mönche, Ordensschwestern und Diakonissen, nicht jedoch alle anderen Schwestern.46 d) Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung,

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Vgl zum Ganzen die Kommentare zu § 5 Abs 2 BetrVG, zB Fitting/Kaiser/ Heither/Engels BetrVG § 5 Rdn 102 ff; GemKomm. BetrVG /Kraft § 5 Rdn 53 ff. $ 2 7 8 Abs 2 AktG iVm §§ 1 6 1 , 1 2 5 , 1 2 7 HGB. Einzelheiten str, vgl Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG $ 5 Rdn 107.

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$ 3 Arbeitnehmer 1. Teil. Geltungsbereich

sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden (§ 5 Abs 2 Nr 4 BetrVG), dh Kranke, Körperbehinderte, Rauschgiftsüchtige, Alkoholiker, die in Anstalten und Heimen untergebracht sind; ferner Strafgefangene, Fürsorgezöglinge uä, soweit sie nicht im freien Arbeitsverhältnis beschäftigt werden, nicht jedoch gewöhnliche Schwerbehinderte. 47 19 e) Ehegatten, Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben (§ 5 Abs 2 Nr 5 BetrVG). Der Lebenspartner wurde durch das Reformgesetz von 2001 eingefügt. Neben dem Ehegatten oder dem Lebenspartner fallen die Eltern und Kinder 48 des Arbeitgebers sowie deren Ehegatten unter die Vorschrift. Ist der Arbeitgeber eine juristische Person oder eine Personengesamtheit, so kommt es auf die Beziehung zu den nach Abs 2 Nr 1 und 2 ausgeschlossenen organschaftlichen Vertretern an. 49 In häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben die genannten Personen, wenn sie dort ihren Lebensmittelpunkt haben. Entferntere Familienangehörige, namentlich Verwandte und Verschwägerte zweiten Grades (Enkel, Großeltern usw) sind nach Nr 5 nicht ausgeschlossen, selbst wenn sie in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben. Sie können daher uneingeschränkt Arbeitnehmer sein, sofern ein Arbeitsverhältnis zum Unternehmen vorliegt, das über die familienrechtlichen Beziehungen hinausgeht. 50 IV. Leitende Angestellte 20

1. Indem das MitbestG in § 3 Abs 1 Nr 2 auch bezüglich des Begriffs der leitenden Angestellten auf das BetrVG verweist, übernimmt es zugleich die Auslegungs- und Abgrenzungsprobleme, welche der Begriff auch nach der Neufassung des § 5 Abs 3 BetrVG im Jahr 1988 aufwirft. Diese sind zum Teil ein Ausfluß des in der sozialen Wirklichkeit außerordentlich vielgestaltigen und komplexen, begrifflich daher schwer und nur unscharf definierbaren Sachverhalts. Zum anderen spiegeln sie die politischen Auseinandersetzungen wider, die um die Abgrenzung der Gruppe und ihre Rechtsstellung zunächst im Rahmen der Betriebsverfassung, anschließend im Mitbestimmungsrecht

47 48 49

50

88

GemKomm.MitbestG/Möffft« 5 3 Rdn 35. Nach § 1598 Abs 2 BGB auch nichteheliche Kinder. Bezüglich der juristischen Personen str, vgl GemKomm. BetrVG/Kra/f § 5 Rdn 65. Zu dieser unter Umständen schwierigen Frage vgl Richardi BetrVG % 5 Rdn 138 ff.

Arbeitnehmer IV. Leitende Angestellte

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geführt wurden (vgl Rdn 2). Die Interpretation des § 5 Abs 3 BetrVG in der Judikatur wurde zunächst entscheidend beeinflußt von der These des BAG in der Leitentscheidung vom 5.3.1974, 5 1 wonach die Vorschrift keine eigenständige und erschöpfende Definition des Begriffs des leitenden Angestellten enthält, sondern auf einen vorgegebenen Begriff verweist. Diese im Schrifttum ganz überwiegend angegriffene Position hat das BAG später im Grundsatzbeschluß vom 29.1.1980 5 2 wieder aufgegeben. In dieser Entscheidung erklärte das Gericht, die Abgrenzungsmerkmale, welche es bisher als Teile des ungeschriebenen Oberbegriffs der leitenden Angestellten verstanden hatte, seien in § 5 Abs 3 Nr 3 BetrVG enthalten. Im übrigen schwächte es, gleichfalls unter dem Eindruck der wissenschaftlichen Kritik, das zuvor stark betonte Merkmal des Gegnerbezugs deutlich ab. Es führt aus, die Feststellung eines unmittelbaren oder mittelbaren Gegnerbezugs sei nicht in jedem Einzelfall erforderlich. Nach diesen Modifikationen wurde die Interpretation des § 5 Abs 3 BetrVG durch das Gericht im Schrifttum im wesentlichen akzeptiert.53 Gleichwohl hat der Gesetzgeber Anlaß gesehen, § 5 Abs 3 BetrVG im 2 1 Gesetz vom 20.12.1988 neu zu fassen (vgl Rdn 2). Die Änderung sollte allerdings keine sachliche Modifikation vornehmen, sondern den Rechtsbegriff des leitenden Angestellten nur präzisieren und die Rechtsanwendung vor allem der Wahlvorstände, die über die Zuordnung bestimmter Personen zu den leitenden Angestellten im Zug der Wahlvorbereitungen zu entscheiden haben, vereinheitlichen und sicherer machen.54 Diesem Ziel dient auch der damals neu eingefügte § 5 Abs 4 BetrVG, der eine Reihe von Anwendungsregeln für Zweifelsfälle enthält. Da die Verweisung des § 3 Abs 1 Nr 2 MitbestG nicht geändert 22 wurde, ist auch für das MitbestG die geltende Fassung zugrunde zu legen. Es gilt weiterhin die auch vom BAG55 bestätigte Regel, daß die Begriffe im BetrVG und im MitbestG übereinstimmen. Dem ist in der folgenden Kommentierung Rechnung getragen. Nicht in das Mitbestimmungsgesetz übertragen hat der Gesetzgeber allerdings die Anwendungsregeln des § 5 Abs 4 BetrVG.56 Werden lediglich Aufsichts-

51 52 53

54 55 56

BAGE 2 6 , 3 6 = AP N r 1 z u § 5 BetrVG 1 9 7 2 . BAGE 3 2 , 3 8 1 = AP N r 2 2 zu $ 5 BetrVG 1 9 7 2 . Vgl Rüthers/Brodmann SAE 1 9 8 0 , 3 1 2 ; Hromadka SAE 1 9 8 1 , 2 7 ; Kraft FS Mühl, 3 8 9 ; ders, E z A § 5 BetrVG 1 9 7 2 N r 3 5 ; Martens N J W 1 9 8 0 , 2 6 6 5 ; Hanau/Ulmer § 3 R d n 5 6 ; MünchArbR/Ricftilttfr $ 2 5 Rdn 18f. VglVWotzfceDB 1 9 8 9 , 1 1 1 , 1 2 1 ; BAGE 6 3 , 2 0 0 = B B 1 9 9 0 , 1 7 0 0 . BAGE 3 2 , 3 8 1 = AP N r 2 2 z u § 5 BetrVG 1 9 7 2 . Vgl d a z u Wlotzke aaO 1 2 2 ; Dänzer-Vanotti NZA 1 9 8 9 Anl 1, 3 0 ff; Engels/Natter B B 1 9 8 9 Beil 8 , 1 0 .

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5 3 Arbeitnehmer 1. Teil. Geltungsbereich

ratswahlen durchgeführt, sind diese Vorschriften daher nicht anzuwenden. Bei gleichzeitigen Betriebsrats- und Aufsichtsratswahlen empfiehlt es sich aber aus praktischen Gründen, die Vorschriften in Zweifelsfällen für beide Wahlen heranzuziehen, um ein Auseinanderfallen der Einordnung zu vermeiden. 23 2. Für den Tatbestand des 5 5 Abs 3 BetrVG kommt es zunächst darauf an, ob der Angestellte seine Position nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder Betrieb bekleidet. Die gewählte Formulierung soll sicherstellen, daß einem Angestellten die Eigenschaft des leitenden Angestellten nicht nur pro forma verliehen wird, um sein Prestige zu vermehren oder um den Wirkungskreis des Betriebsrats einzuengen. 57 Die tatsächliche Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben und die rechtsverbindliche Übertragung im Arbeitsvertrag müssen sich decken.58 Daher sind angestellte Prüfungsleiter und Berichtskritiker von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, denen mit Rücksicht auf § 4 5 WPO die Prokura erteilt wurde, um ihre Eigenverantwortlichkeit als Wirtschaftsprüfer zu unterstreichen und das Ansehen des Berufsstandes zu wahren, die aber die für einen Prokuristen typischen Aufgaben im Unternehmen nicht wahrnehmen, nicht schon nach § 5 Abs 3 Nr 2 BetrVG leitende Angestellte. 59 Dagegen verlangt das Gesetz nicht, daß ein schriftlicher Vertrag vorliegt. 60 24

3. Im Fall Nr 1 des § 5 Abs 3 BetrVG kommt es weiter darauf an, ob der Angestellte zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist. Die Vorschrift betrifft den typischen Fall des Vorgesetzten, bei dessen Tätigkeit der Interessengegensatz zwischen Unternehmer/Arbeitgeber und Arbeitnehmer offenbar wird und der daher die Sonderstellung des leitenden Angestellten in erster Linie rechtfertigt. Die Zahl der Untergebenen ist grundsätzlich unerheblich, jedoch darf sich die Vorgesetztenstellung nicht auf einen ganz geringen Personenkreis beschränken. 61 Entscheidend ist die Selbständigkeit, dh die Befugnis, im Einzelfall - wenngleich im Rahmen allgemeiner Richtlinien - eigene weisungsunabhängige Entscheidungen zu fällen. 62 In diesem Sinn selbständig ist der Angestellte nicht, wenn er nur kraft einer ihm

57 58 59 60 61 62

Vgl BAGE 2 6 , 3 6 III 2 d. BAGE 2 6 , 3 4 5 III 2 d. BAG AP Nr 5 zu § 5 BetrVG 1972. BAGE 2 6 , 3 6 2 d; hL. BAGE 26,36, III 3 a; BAG AP Nr 28 zu § 5 BetrVG 1972 = DB 1982,1990. GemKomm. BetrVG/Kra/t $ 5 Rdn 80 ff; Fitting/KaiserfHeither/Engels BetrVG § 5 Rdn 142f; jeweils mwN.

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erteilten Vertretungsmacht die Personalentscheidungen des Arbeitgebers im Außenverhältnis vollzieht.63 4. Nach § 5 Abs 3 Nr 2 sind weiter Generalbevollmächtigte und 25 Prokuristen leitende Angestellte. Unter Prokura ist die durch § 49 HGB in ihrem Umfang gesetzlich fixierte handelsrechtliche Vollmacht zu verstehen. Als Generalvollmacht bezeichnet man im Wirtschaftsleben gewöhnlich eine umfassende, über die Prokura noch hinausgehende Vollmacht, deren Träger üblicherweise zwischen Vorstand und Prokuristen stehen.64 Die früher streitige Frage, ob die Verleihung der Prokura für sich allein ausreicht, die Eigenschaft eines leitenden Angestellten zu begründen (sog Titularprokuristen), wurde durch die Judikatur des BAG65 und nunmehr durch den Gesetzgeber negativ entschieden. In den Fällen der Nr 2 ist es nach dem jetzt geltenden Text daher erforderlich, daß die Prokura auch im Innenverhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist.66 Dagegen ist eine Vorgesetztenstellung im Sinne der Nr 1 nicht erforderlich.67 5. Gemäß §5 Abs 3 Nr 3 konnte bis 1988 schließlich leitender 26 Angestellter sein, wer im wesentlichen eigenverantwortliche Aufgaben wahrnahm, die ihm regelmäßig wegen deren Bedeutung für den Bestand und die Entwicklung des Betriebs im Hinblick auf besondere Erfahrungen und Kenntnisse übertragen worden waren. Die Vorschrift, die das Ergebnis komplizierter Beratungen bei der Vorbereitung des BetrVG 1972 war, hatte wegen ihrer Unschärfe und Weite von vornherein Auslegungsschwierigkeiten bereitet. Nach der im Grundsatzbeschluß des BAG vom 29.1.1980 68 präzisierten und korrigierten Rechtslage forderte der Tatbestand, daß der Angestellte unternehmerische Teilaufgaben wahrnahm und dabei einen erheblichen Entscheidungsspielraum besaß. Die Neufassung des Gesetzes hält an den drei danach wesentlichen Tatbestandsmerkmalen fest und präzisiert sie. a) In erster Linie kommt es darauf an, ob der Angestellte Aufgaben 27 wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung sind. Es muß sich also um Aufgaben handeln, die funktionsmäßig auf das Unternehmen bezogen bedeutsam sind und nicht nur die rein arbeitstechnische, vorprogrammierte Durchführung unternehmerischer Entscheidungen 63 64 65 66

67 68

BAG DB 1982,1990. Vgl BAGE 2 6 , 3 6 III 3 a. BAGE 2 6 , 3 6 III 3 a; 3 2 , 3 8 1 II 3 b. Daher ist die Entscheidung BAGE 58, 183 = BB 1988, 2030 überholt. Vgl jetzt BAG BB 1995,1645 = DB 1995,1333. BAGE 2 6 , 3 6 III 3 a. BAGE 3 2 , 3 8 1 = BB 1980,1374.

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$ 3 Arbeitnehmer 1. Teil. Geltungsbereich

betreffen. Es muß eine unternehmerische Tätigkeit an Stelle des Unternehmers vorliegen. Dies verlangt, daß der Angestellte kraft seiner leitenden Funktion maßgeblichen Einfluß auf die wirtschaftliche, technische, kaufmännische, organisatorische, personelle oder wissenschaftliche Führung des Unternehmens ausübt. Dagegen kommt es nicht darauf an, daß er selbst die maßgeblichen Entscheidungen trifft und durchsetzt oder daß er die Position eines unmittelbaren Vorgesetzten gegenüber anderen Arbeitnehmern bekleidet, also eine sogenannte Linienfunktion wahrnimmt. Auch Angestellte in Stabsfunktionen, die unternehmerische Entscheidungen vorbereiten und kraft ihres Sachverstands und ihrer Erfahrungen dafür Voraussetzungen schaffen, an denen die eigentliche Unternehmensleitung nicht vorbeigehen kann, können zu den leitenden Angestellten zählen. Die unternehmerischen Aufgaben müssen im Hinblick auf die Gesamtheit des Unternehmens erheblich sein, das heißt einen beachtlichen Teilbereich der unternehmerischen Aufgaben erfassen. Sie brauchen nicht die gesamte Tätigkeit des Angestellten auszufüllen, sofern sie ihr nur insgesamt das Gepräge geben. 6 9 28 In den Beschlüssen vom 1 9 . 1 1 . 1 9 7 4 7 0 , vom 2 9 . 1 . 1 9 8 0 7 1 und vom 2 3 . 1 . 1 9 8 6 7 2 bestätigte und präzisierte das Gericht diese Ausführungen. Danach kann die Frage, ob ein Angestellter unternehmerische Funktionen wahrnimmt, ua anhand folgender Abgrenzungsmerkmale geprüft werden, die sich teilweise überschneiden und nicht insgesamt bei jedem leitenden Angestellten gegeben sein müssen: Entscheidungsfreiheit, Entscheidungsvorbereitung, Entscheidungsvorwegnahme, Entscheidungskontrolle, Eigenverantwortung, Unternehmerfunktion/Arbeitgeberfunktion im Hinblick auf einen Interessengegensatz des leitenden Angestellten zur Arbeitnehmerschaft und zum Betriebsrat im Rahmen einer Entscheidungsbefugnis über die Beteiligungsrechte des Betriebsrats. Aus der Sicht des Unternehmers (Arbeitgebers) muß es sich um den Kreis von Personen handeln, die ihm uneingeschränkt zur Verfügung stehen müssen, wenn er das Unternehmen (den Betrieb) nach innen (gegenüber der Arbeitnehmerschaft) und (oder) nach außen ohne Gegnerschaft im eigenen Lager führen will. Hat ein Unternehmen mehrere Betriebe, so ist auch zu prüfen, inwieweit unternehmerische Aufgaben von der Unternehmensleitung selbst wahrgenommen werden oder auf Angestellte des einzelnen Betriebs delegiert worden sind. Leitender Angestellter ist regelmäßig auch ein

69 70 71 72

BAGE 26,36 = BB 1974,553; 63,200 = BB 1990,1700 III 3,4. BAGE 26,345 = BB 1975,279 und BAGE 26,358 = BB 1975,326. BAGE 32,381 = BB 1980,1374. BAGE 51,1 = DB 1986,1131; 51,19 = DB 1986,1983.

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Arbeitnehmer IV. Leitende Angestellte

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Angestellter, der zwar nicht selbst Unternehmerentscheidungen trifft, aber durch eine über die gesamte Breite der Unternehmensführung wirkende Tätigkeit die Grundlagen für solche Entscheidungen eigenverantwortlich erarbeitet (Unternehmensplanung). b) Zum Begriff des leitenden Angestellten gehört es ferner, daß der 29 Angestellte die Entscheidungen im wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflußt. Dies setzt regelmäßig einen erheblichen eigenen Entscheidungsspielraum voraus, bedeutet aber nicht völlige Weisungsfreiheit. Auch wer an gewisse Pläne und Richtlinien der Unternehmensleitung gebunden oder durch bestimmte Sachzwänge und Vorentscheidungen festgelegt ist, kann im wesentlichen eigenverantwortlich tätig sein. Unschädlich ist ferner, wie das Gesetz jetzt ausdrücklich sagt, auch die Zusammenarbeit in einem Stab gleichberechtigter Mitarbeiter. Leitender Angestellter kann daher auch sein, wer die maßgeblichen Entscheidungen nicht selbst trifft, sofern er nur, zB als Leiter der Planungsabteilung eines Unternehmens, eine Schlüsselposition innehat, kraft deren er Voraussetzungen schafft, an denen die eigentliche Unternehmensführung nicht vorbeigehen kann. 73 Dagegen reicht es nicht aus, wenn ein Angestellter im Rahmen des ihm zugewiesenen Aufgaben- und Funktionsbereichs die notwendigen Anordnungen trifft und den ihm unterstellten Arbeitnehmern hierzu Weisungen erteilt, deren ausschließlicher Zweck es ist, den arbeitstechnischen Ablauf der Produktion nach vorgegebenen Daten zu gewährleisten.74 Als Grenze nennt das Gericht die 4. Leitungsebene, fügt jedoch hinzu, es komme auf die Delegationsbereitschaft des Unternehmens, dh auf den Einzelfall an. 75 Das ursprünglich als weiteres Merkmal für den allgemeinen Begriff 30 des leitenden Angestellten angenommene Merkmal des Interessengegensatzes und des Gegnerbezugs hat das BAG im Beschluß vom 2 9 . 1 . 1 9 8 0 aufgegeben. Es wurde auch bei der Neufassung des Gesetzes nicht wieder aufgegriffen. Allerdings ist es nicht vollkommen entbehrlich geworden, sondern kommt als Indiz für die in den beiden anderen Tatbestandselementen erfaßte unternehmerische Funktion des leitenden Angestellten weiterhin in Betracht. Aber es bildet kein selbständiges Abgrenzungsmerkmal mehr. Die Preisgabe des Merkmals ermöglicht es vor allem, an dem einheitlichen Begriff des leitenden Angestellten für das BetrVG und das MitbestG festzuhalten. 76

73 74 75

76

BAG BB 1 9 7 5 , 7 8 7 = DB 1 9 7 5 , 1 0 3 2 . BAGE 2 6 , 4 0 3 = BB 1 9 7 5 , 6 0 4 = NJW 1 9 7 5 , 1 7 1 7 . BAGE 3 2 , 3 8 1 = BB 1 9 8 0 , 1 3 7 4 I V 1, zur Bedeutung der Entscheidungsebene vgl Hanau/Ulmer § 3 Rdn 45 f. BAG aaO III 2 d; Hanau/Ulmer § 3 Rdn 4 7 ff m wN.

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S3

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Arbeitnehmer 1. Teil. Geltungsbereich

c) Die unternehmerischen Aufgaben müssen dem Angestellten regelmäßig, das heißt üblicherweise und nicht nur gelegentlich oder ausnahmsweise übertragen sein. Erforderlich ist eine typische Fallgestaltung, welche die Tätigkeit des leitenden Angestellten prägt. 77 Schließlich muß die Erfüllung der Aufgaben besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzen. Das BAG versteht auch diese Merkmale als eine Einheit, verlangt also nicht, daß die Qualifikation kumulativ gegeben ist. Es führt aus, die Erfahrungen liegen mehr auf praktischem Gebiet, während die Kenntnisse sowohl durch praktische Erfahrungen als auch durch eine entsprechende berufliche Bildung erworben sein können. Das Wort „besondere" weise darauf hin, daß es sich um Erfahrungen und Kenntnisse handeln müsse, die über den üblichen Rahmen dessen, was für die Ausführung einer „normalen" Angestelltentätigkeit verlangt wird, hinausgehen. 78

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Auf welche Weise der leitende Angestellte die Qualifikation erworben hat, ist unbeachtlich. Insbesondere kommt eine besonders hochwertige, zB akademische Ausbildung nur als Indiz, nicht aber als zwingende Voraussetzung für den Erwerb von besonderen Kenntnissen im Sinne des Gesetzes in Betracht. Sie können auch durch den Besuch von Fortbildungskursen oder durch längere Berufserfahrung erworben werden. 79 33 d) Auf eine Reihe weiterer im Schrifttum zur Abgrenzung des Kreises der leitenden Angestellten herangezogenen Merkmale kommt es nach dem Gesetz und nach der Judikatur des BAG nicht an. Als unerheblich bezeichnet das Gericht vor allem die Elemente der persönlichen Rechtsstellung eines Angestellten, insbesondere die Höhe seiner Bezüge oder die Tatsache, daß er nicht mehr angestelltenversicherungspflichtig ist. 80 Allerdings kommt die Höhe der Bezüge mittelbar doch wieder in das Blickfeld, weil die Auslegungsregeln des § 5 Abs 4 Nr 3 und 4 auf das Jahresentgelt Bezug nehmen. Das Selbstverständnis der Gruppe anerkennt das Gericht nicht als brauchbares Abgrenzungsmerkmal. 81 Auch die Zahl der Untergebenen läßt das Gericht lediglich als Indiz gelten. 82 Schließlich hält das Gericht auch Prozentzahlen vom Anteil der gesamten Angestelltenschaft eines Unternehmens nicht für ein brauchbares Abgrenzungskriterium. 83

77 78 79 80 81

82 83

BAGE 2 6 , 3 6 III 1 d. BAGE 2 6 , 3 6 III 1 c; 2 7 , 3 7 4 = DB 1 9 7 6 , 6 3 1 . Vgl GK-BetrVG/Kra/f § 5 Rdn 95. BAGE 2 6 , 3 6 III 2 d ; 8 2 , 3 8 1 I V 1. BAGE 26, 3 6 III 2b, vorsichtiger später BAGE 32, 3 8 1 IV 1: „läßt sich noch nicht beurteilen". BAG aaO IV 1. BAGE 2 6 , 3 5 8 III 2 f ; 3 2 , 3 8 1 I V 1.

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Arbeitnehmer $ 3 IV. Leitende Angestellte

e) Die unter a) bis c) angeführten Tatbestandsmerkmale können 34 nicht schematisch angewandt werden, vielmehr verlangt das BAG eine Gesamtwürdigung der Tätigkeit des Angestellten. Dabei kann das Zurücktreten einzelner Abgrenzungsmerkmale dadurch ausgeglichen werden, daß andere in besonders starkem Maße vorhanden sind. Allerdings gilt auch dies nicht uneingeschränkt. Werden in einem Unternehmen die Leitungsfunktionen derart aufgeteilt, daß auf den einzelnen Angestellten nur noch ein so schmaler Bereich unternehmerischer Aufgaben entfällt, daß diese für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens nicht mehr von maßgeblicher Bedeutung sind, so kann leitender Angestellter nur sein, wem diese schmalen Teilbereiche organisatorisch in einer übergeordneten Einheit unterstellt sind.84 Die Gesamtwürdigung kann sich nur auf das konkrete einzelne 35 Unternehmen und seine individuelle Organisation und Führungsstruktur beziehen. Dagegen ist es angesichts der Vielgestaltigkeit der in der Wirtschaft gebrauchten Organisationsformen ausgeschlossen, den Begriff des leitenden Angestellten für das gesamte Wirtschaftsleben oder auch nur für Teilbereiche einheitlich abzugrenzen. Vielmehr ist nur eine typologische Beschreibung möglich.85 Je nach Wirtschaftszweig und Unternehmen kann die Anwendung der Abgrenzungsmerkmale daher zu unterschiedlichen Ergebnissen, namentlich auch zu einem verschieden hohen Prozentanteil leitender Angestellter, gemessen an der Gesamtzahl der Arbeitnehmer, führen. Daher räumt das BAG den Tatsachengerichten bei der Gesamtwertung einen gewissen Beurteilungsspielraum ein, innerhalb dessen das Rechtsbeschwerdegericht nur nachprüfen kann, ob die Bewertungsmaßstäbe richtig erkannt, eine vertretbare Gesamtwertung aller maßgeblichen Gesichtspunkte erfolgt und alles wesentliche Tatsachenmaterial ohne Verstoß gegen die Denkgesetze oder allgemeinen Erfahrungssätze berücksichtigt worden sind.86 6. Einzelfälle. In der neueren Judikatur des BAG seit dem Grund- 36 satzbeschluß vom 5.3.1974 wurden als leitende Angestellte anerkannt der Grubenfahrsteiger im Steinkohlenbergbau,87 die angestellten Prüfungsleiter und Berichtskritiker einer Wirtschaftsprüfungsgesell-

84 85 86 87

BAGE 2 6 , 3 6 III 3; 2 6 , 3 5 8 III 2e. BAGE 32,381IV 2 im Anschluß an Schirdewahn ZfA 1979,183 ff. BAGE 26,36IV 2; 32,381IV 3. BAG AP Nr 3 zu § 5 BetrVG 1972, ebenso schon BAGE 16, 8 = AP Nr 4 zu $ 4 BetrVG 1952; ablehnend dagegen betr einen Fahrsteiger BAG AP Nr 30 zu § 5 BetrVG.

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$ 3 Arbeitnehmer 1. Teil. Geltungsbereich

schaft,88 der Leiter einer Abteilung Unternehmensplanung; 89 ein Sicherheitsingenieur, der seine Tätigkeit auf der dritten Entscheidungsebene ausübt, das Unternehmen nach außen vertritt und selbst Aufgaben der Arbeitssicherheit löst; 90 der Leiter der Forschung und Entwicklung eines Unternehmens, aber auch Leiter einer Forschungsabteilung; 91 der Leiter der für einen wesentlichen Teil der Produktion zuständigen Abteilung technische Kontrolle; 92 Personalleiter, die für einen größeren Kreis von Arbeitnehmern selbständige Entscheidungen treffen; 93 Leiter des Ausbildungswesens in einem Großunternehmen; 9 4 ein Chefpilot, der die sichere und effektive Durchführung des Flugbetriebs mit etwa 255 Piloten, Copiloten und Bordingenieuren zu gewährleisten hat 9 5 sowie ein dem zuständigen Geschäftsführer unmittelbar nachgeordneter Hauptabteilungsleiter. 96 Ob Produktionsleiter leitende Angestellte sind, hängt von den Umständen ab,97 dsgl bei Verkaufs- und Vertriebsleitern 98 sowie bei Werbeleitern. 99 37 Verneint hat das BAG die Eigenschaft des leitenden Angestellten beim Leiter einer Verkaufsabteilung eines Großunternehmens, 100 beim Leiter einer Abteilung mechanische Fertigung mit ca 100 Untergebenen; 101 beim Leiter eines Verbrauchermarktes ohne nennenswerte eigene Entscheidungsbefugnis in personellen und kaufmännischen Angelegenheiten, und zwar, obgleich der Betrieb mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet war; 102 beim Leiter einer Büroabteilung „Ausgangsrechnungen, Lizenzen, Provisionen" mit fünf Untergebenen; 103 bei einem Zentraleinkaufsleiter; 104 bei Verkaufsleitern mit begrenztem Entscheidungsspielraum 105 sowie bei Piloten und Copiloten. 105

88

BAG AP Nr 5 z u § 5 BetrVG 1972. BAG AP Nr 7 z u § 5 BetrVG 1972. 90 BAG AP Nr 16 z u § 5 BetrVG 1972. 91 BAG AP Nr 12 z u § 5 BetrVG 1972. 92 BAG AP Nr 16 z u § 5 BetrVG 1972. 93 BAG AP Nr 16 z u § 5 BetrVG 1972. 94 BAG AP Nr 15 z u § 5 BetrVG 1972. 95 BAG AP Nr 4 2 z u § 5 BetrVG 1972. 96 BAG AP Nr 55 z u § 5 BetrVG 1972. 97 BAG BB 1 9 8 0 , 1 8 5 7 ; DB 1 9 7 8 , 4 9 6 . 98 BAG AP Nr 15 z u $ 5 BetrVG 1972; BAG DB 1 9 7 8 , 4 9 6 . 99 BAGE 3 2 , 3 8 1 . 100 AP Nr 2 z u § 5 BetrVG 1972. 101 AP Nr 6 z u § 5 BetrVG 1972. loz A P N r 5 z u § 102 BetrVG 1972. 103 AP N r 8 z u § 5 BetrVG 1972. 104 AP N r 11 z u § 5 BetrVG 1972. 105 BAG BB 1 9 7 5 , 2 7 9 ; BAG AP Nr 1 z u § 105 BetrVG 1972; BAG DB 1 9 7 8 , 4 9 6 . 106 BAG AP Nr 6 8 z u § 6 1 1 BGB (Abhängigkeit). 89

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Arbeitnehmer V. Der Begriff des Betriebs (§ 3 Abs 2)

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Zur Kasuistik der Arbeitsgerichte und Landesarbeitsgerichte wird 3 8 auf die Kommentare zum BetrVG 1972 verwiesen.107 7. Die gesetzliche Definition des leitenden Angestellten ist zwin- 3 9 genden Rechts. 108 Sie kann daher weder durch Tarifvertrag noch durch Betriebsvereinbarung noch durch den individuellen Arbeitsvertrag zwischen Unternehmer und Angestelltem modifiziert werden. Auch die einseitige Einordnung von Seiten des Arbeitgebers oder die Eintragung in die Wählerliste wirken nicht konstitutiv.109 Doch kommt evtl § 5 Abs 4 Nr 1 BetrVG zum Zug, wonach im Zweifel leitender Angestellter ist, wer bei der letzten Wahl den leitenden Angestellten zugeordnet war. Das Zuordnungsverfahren nach §18a BetrVG, das zum Verlust der Befugnis zur Wahlanfechtung wegen falscher Einordnung führt, ist im Bereich des MitbestG aber nicht anwendbar. Ein Änderungsverlangen des Betroffenen gegenüber der Eintragung in die Wählerliste nach $§ 10 1., 2. und 3. WO ist selbst dann nicht endgültig, wenn der Betriebswahlvorstand mit Mehrheit zustimmt. Denn jedes Mitglied des Betriebswahlvorstandes, das nicht zugestimmt hat, kann dagegen das Arbeitsgericht anrufen.110 Gleichwohl kommt es in der Praxis häufig zu einverständlichen 4 0 Regelungen über die Zuordnung. Die zitierten Vorschriften der Wahlordnungen belegen, daß auch der Gesetzgeber davon ausgeht. Solange niemand dagegen klagt, erlangen sie jedenfalls eine faktische Wirkung. Normative Wirkung im Sinn eines Klageverzichts oder eines Vergleichs wird man ihnen jedoch allenfalls dann zubilligen können, wenn sie sich innerhalb des vom BAG abgegrenzten Beurteilungsspielraums bewegen.111 V. Der Begriff des Betriebs (§ 3 Abs 2) 1. Nach 5 10 findet die Wahl der Delegierten in den einzelnen 4 1 Betrieben des Unternehmens statt. In jedem Betrieb sind eigene Kandidaten aufzustellen, deren Zahl sich nach § 11 Abs 1 berechnet. Nur die Arbeitnehmer des Betriebs sind ferner berechtigt, Wahlvorschläge einzureichen (§ 12). Der Zweck der mittelbaren Wahl verlangt, den Arbeitnehmern in Großunternehmen Gelegenheit zu verschaffen, ihnen bekannte und in ihrem engeren Arbeitsbereich verwurzelte Per107

108 109 1,0 111

Vgl namentlich GcmKomm.BetrVG/Kra/f § 5 Rdn 112ff; Richardi BetrVG § 5 Rdn 2 5 2 ff. BAGE 2 6 , 3 6 II 2; hL. BAG aaO. S 10 Abs 3 1., 2. und 3. WO. Vgl RawerBB 1 9 7 7 , 1 4 6 1 , 1 4 6 5 f; Hanau/Ulmer § 3 Rdn 3; GemKomm. MitbestG/ Matthes § 3 Rdn 3; Mertens AG 1 9 8 2 , 1 4 9 ff; Konzen AG 1 9 8 3 , 2 8 9 ff.

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Arbeitnehmer 1. Teil. Geltungsbereich

sonen zu Delegierten zu berufen Bei der unmittelbaren Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer gemäß § 18 spielt die Aufgliederung des Unternehmens in Betriebe dagegen nur eine verfahrenstechnische Rolle. 42 Der Begriff des Betriebs ist im MitbestG nicht näher definiert, so wenig wie im BetrVG. Aus der Verweisung auf den Betriebsbegriff des BetrVG in dem neuen § 3 Abs 2 MitbesG ergibt sich jedoch, daß der Gesetzgeber den gleichen Begriff zugrunde gelegt hat wie dort. Bis zur Reform von 2001 ergab sich die Verweisung indirekt aus § 10 Abs 1. Es sind auch keine Gründe zu erkennen, die dazu veranlassen könnten, für das MitbestG einen anders gefaßten Begriff einzuführen. In der Praxis heißt dies, daß dieselben Abgrenzungen zugrunde zu legen sind wie bei den Wahlen nach dem BetrVG.112 Im Anschluß an die Judikatur und das Schrifttum zu $ 1 BetrVG113 kann der Betrieb als eine Summe von Mitarbeitern und Arbeitsmitteln bezeichnet werden, die zu einer einheitlichen, arbeitsteiligen Organisation im Dienst des Unternehmens zusammengefaßt sind. Bei kleineren, in sich nicht mehr untergliederten Unternehmen sind Betrieb und Unternehmen identisch, so daß eine begriffliche Unterscheidung nicht notwendig wäre. Bei Großunternehmen findet sich dagegen regelmäßig eine mehr oder weniger weitgehende interne Dezentralisierung, die relativ selbständige Untereinheiten entstehen läßt, welche ein gewisses Eigenleben entfalten und als solche die Arbeitsbedingungen und den Horizont der einzelnen Arbeitnehmer prägen. In diesem Fall ist der Betrieb ein relativ verselbständigter Teil des Unternehmens. 114 43

In der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur wird als das einen Betrieb konstituierende Element regelmäßig die Einheit des arbeitstechnischen Zwecks im Gegensatz zum übergeordneten wirtschaftlichen Zweck des Unternehmens angesehen.115 Dieses Kriterium genügt jedoch nicht, weil es Fälle gibt, in denen ein als organisatorische Einheit erscheinender Unternehmensteil mehrere arbeitstechnisch verschiedene Zwecke verfolgt, ohne daß man daraus die Konsequenz gezogen und mehrere Betriebe angenommen hätte.116 Richtiger ist es daher, statt auf die arbeitstechnische Unterscheidbarkeit auf den Organisationsplan und auf die tatsächliche Gliederung des Unter112 1,3

114

115 116

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Fitting/Wlotzke/Wißmann § 10 Rdn 6. Vgl die Nachweise bei Eitting/KaiserfHeither/Engels BetrVG § 1 Rdn 53 ff; Richardi BetrVG § 1 Rdn 15 ff. Vgl BAGE 26, 36, 5 2 = AP Nr 1 zu § 5 BetrVG 1972; 27, 3 7 4 , 3 8 3 = AP Nr 11 zu § 5 BetrVG 1972; Raiser, Das Unternehmen als Organisation 128; Richardi aaORdn 12. BAGE 1 , 1 7 5 , 1 7 8 ; Richardi aaO Rdn 18. Nachweise bei Richardi aaO Rdn 19 ff.

Arbeitnehmer IV. Leitende Angestellte

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nehmens abzustellen, für welche jene zwar ein wichtiges, aber nicht das allein maßgebliche Kriterium darstellt, neben dem vielmehr auch die räumlichen Gegebenheiten oder andere organisatorische Gesichtspunkte ins Gewicht fallen. Letztlich sollten regelmäßig Erwägungen der Effizienz und Zweckmäßigkeit den Ausschlag geben. Es besteht kein Anlaß, bei der rechtlichen Einteilung von den diesbezüglichen im Unternehmen selbst getroffenen Entscheidungen abzuweichen. In jedem Fall erfordert der Betrieb eine auf eine gewisse Dauer 4 4 angelegte Einrichtung, so daß nur vorübergehend zusammengestellte Einsatz- und Montagegruppen keinen Betrieb bilden.117 Dagegen werden für längere Zeit bestehende Baustellen (zB Tunnelbau), Saisonbetriebe und Kampagnebetriebe regelmäßig als Betriebe im Rechtssinn angesehen. Nach § 34 Abs 1 gilt die Gesamtheit der Schiffe eines Unternehmens für die Anwendung des Gesetzes als ein Betrieb. Für weitere Einzelheiten ist auf die Kommentare zu 5 1 BetrVG zu verweisen. Ist ein Betrieb mehreren rechtlich selbständigen Unternehmen zuzuordnen, 118 so sind die Arbeitnehmer in allen Unternehmen wahlberechtigt, denn nach § 10 Abs 2 kommt es auf die Zugehörigkeit zum Unternehmen an. 119 Es besteht aber auch kein Grund, bei der Berechnung der maßgeblichen Zahl von Arbeitnehmern anders zu verfahren. 120 Für die Wahlen zum Betriebsrat ist die Wahlberechtigung in allen Unternehmen seit der Reform von 2001 in § 1 Abs 1 Satz 2 BetrVG ausdrücklich bestimmt. Gemäß § 1 Abs 2 BetrVG nF wird ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen vermutet, wenn 1) zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden oder 2) die Spaltung eines Unternehmens zur Folge hat, daß von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten anderen Unternehmen zugeordnet werden, ohne daß sich dabei die Organisation des betroffenen Unternehmens wesentlich ändert. 2. In Betriebsteilen finden regelmäßig schon aus begrifflichen 4 5 Gründen keine gesonderten Wahlen statt. Nach der Neufassung des $ 4 Abs 1 BetrVG gelten sie jedoch ausnahmsweise als selbständige Betriebe, wenn sie in der Regel mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer haben, von denen drei wahlberechtigt sind, und ferner

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119

120

HL; vgl statt aller Richardi aaO Rdn 4 0 f. Vgl BAG, Urteil vom 2 1 . 2 . 2 0 0 1 (7 ABR 9/00); Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 1 Rdn 75 ff. HA; vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 10 Rdn 12f; Säcker, Wahlordnungen Rdn 213 ff; Hanau/Ulmer% 10 Rdn 5. So aber Säcker, Wahlordnungen Rdn 2 1 5 .

99

$3

Arbeitnehmer 1. Teil. Geltungsbereich

räumlich weit vom Hauptbetrieb liegen oder durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind.121 Die Vorschrift wird für das MitbestG nur relevant, wenn der Betriebsteil mindestens 60 Arbeitnehmer hat, denn nach § 11 Abs 1 MitbestG entfällt erst ab dieser Größe auf einen Betrieb ein Delegierter. Wird diese Größe nicht erreicht, sind die Arbeitnehmer gemäß § 11 Abs 3 für die Wahl der Delegierten der Hauptniederlassung des Unternehmens zuzurechnen. Kleinstbetriebe mit weniger als fünf wahlberechtigten oder drei wählbaren Arbeitnehmern sind nach § 3 Abs 2 Satz 2 MitbestG iVm § 4 Abs 2 BetrVG dem Hauptbetrieb zuzuordnen. 46

Nicht übernommen hat des MitbestG die Neuregelung des § 3 BetrVG, wonach in zahlreichen geeigneten Fällen durch Tarifvertrag für die betriebliche Mitbestimmung andere Strukturen festgelegt, zB mehrere Betriebe zusammengefaßt oder Spartenbetriebsräte gebildet werden können. Gleichwohl wird zu prüfen sein, ob im Interesse der Übereinstimmung der Wahlkörper für die Wahl der Betriebsräte und der Delegierten eine Regelung nach § 3 BetrVG in einem Unternehmen oder Konzern nicht auch der Wahl der Delegierten zugrunde gelegt werden kann. Es dürfte rechtlich möglich sein, § 3 BetrVG im Hinblick auf die Zweckmäßigkeit einer solchen Lösung und auf die vom Gesetzgeber generell gewollte Parallelität der betriebsverfassungs- und mitbestimmungsrechtlichen Regelungen auch auf die Organisation der Wahlkörper für die Delegierten nach dem MitbestG zu erstrecken. VI. Streitigkeiten

47

Die Frage, ob jemand Arbeitnehmer im Sinn der $§ 5 f BetrVG, 3 MitbestG ist, ist im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren nach § 2a Nr 1 und Nr 3 ArbGG zu entscheiden. Das Rechtsschutzinteresse ist auch dann zu bejahen, wenn sich die Frage der Zuordnung nur abstrakt, dh ohne konkreten Streitfall stellt.122 Antragsberechtigt sind der Betroffene und das Unternehmen als Arbeitgeber, ferner der Betriebsrat und der Wahlvorstand, im Fall der §§ 10 Abs 3 1., 2. und 3. WO auch ein einzelnes Mitglied des Wahlvorstandes.123 Im Zusammenhang mit dem Wahl- oder Abberufungsverfahren ist auch jede im Unternehmen vertretene Gewerkschaft als antragsberechtigt anzusehen.124 Alle Antragsberechtigten sind am Verfahren zu beteiligen.125 Die

121

Zur Auslegung dieser Begriffe vgl die Kommentare zu § 4 BetrVG, zB Fitting/ Kaiser/Heither/Engels aaO Rdn 11 ff.

122

BAGE 26,345 ( 3 4 9 f ) und 358 ( 3 6 7 f ) .

123

GemKomm.MitbestG/MattftesS 3 Rdn 71.

124

Vgl 5 22 Rdn 13.

125

§ 83 Abs 3 ArbGG.

100

Kommanditgesellschaft $ 4

Entscheidung nach dem BetrVG ist als für das MitbestG rechtskräftig anzusehen und umgekehrt.126 Wird über die Zuordnung in einem zivil- oder arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren (zB im Kündigungsschutzprozeß) als Vorfrage entschieden, so kann eine Bindungswirkung für die Wahlen nach dem MitbestG nicht bejaht werden.127

5 4 Kommanditgesellschaft (1) Ist ein in $ 1 Abs 1 Nr 1 bezeichnetes Unternehmen persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft und hat die Mehrheit der Kommanditisten dieser Kommanditgesellschaft, berechnet nach der Mehrheit der Anteile oder der Stimmen, die Mehrheit der Anteile oder der Stimmen in dem Unternehmen des persönlich haftenden Gesellschafters inne, so gelten für die Anwendung dieses Gesetzes auf den persönlich haftenden Gesellschafter die Arbeitnehmer der Kommanditgesellschaft als Arbeitnehmer des persönlich haftenden Gesellschafters, sofern nicht der persönlich haftende Gesellschafter einen eigenen Geschäftsbetrieb mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern hat. Ist die Kommanditgesellschaft persönlich haftender Gesellschafter einer anderen Kommanditgesellschaft, so gelten auch deren Arbeitnehmer als Arbeitnehmer des in § 1 Abs 1 Nr 1 bezeichneten Unternehmens. Dies gilt entsprechend, wenn sich die Verbindung von Kommanditgesellschaften in dieser Weise fortsetzt. (2) Das Unternehmen kann von der Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft nicht ausgeschlossen werden. Schrifttum Ahlbrecht, Die GmbH & Co KG unter dem MitbestG 1976, Diss. Frankfurt 1980; Bäumet, Die Anwendung des Mitbestimmungsgesetzes auf Kommanditgesellschaften, 1978; Bayreuther, Die Kapitalgesellschaft & Co. KGaA, JuS 1999, 6 5 1 ; Beinert/Hennerkes/Binz, Die GmbH & Co - ein mitbestimmungspflichtiger In-sich-Konzern?, DB 1 9 7 9 , 6 8 ; Dierksen/Möhrle, Die kapitalistische Kommanditgesellschaft auf Aktien, ZIP 1998, 1 3 7 7 ; Duden, Zur Methode der Entwicklung des Gesellschaftsrechts zum „Unternehmensrecht", FS Schilling 1973, 315, 325 ff; Fischer, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien nach dem Mitbestimmungsgesetz, 1982; Großmann, Die GmbH & Co KG im Spannungsfeld

126 127

GemKomm.MitbestG/Matt/i« $ 3 Rdn 71; Hanau/Ulmer § 3 Rdn 4 , 6 . GemKomm. MitbestG/Matift« § 3 Rdn 73; unklar Hanau/Ulmer § 3 Rdn 4 , 6 .

101

$ 4 Kommanditgesellschaft 1. Teil. Geltungsbereich

zwischen $ 4 und § 5 Mitbestimmungsgesetz, BB 1976, 1391 ff; Hanau/Wackenbarth, Mitbestimmung im Teilkonzern mit abhängiger KG oder KGaA, FS Lutter 2000, 425; Henssler, Umstrukturierung von mitbestimmten Unternehmen, ZFA 2000, 241; Hölters, Mehrheitsidentität im Sinne des § 4 MitbestG bei der GmbH & Co KG, DB 1977, 2232; ders, Freiwillige Gesellschafterorgane bei der mitbestimmten GmbH und GmbH & Co KG, GmbHRdsch 1980, 50; HoffmannBecking/Herfs, Struktur und Satzung der Familien-KGaA, FS Sigle, 2000, 273; Joost, Mitbestimmung in der kapitalistischen KGaA, ZGR 1998, 334; Klamroth, Auswirkung des MitbestG auf die GmbH & Co KG, BB 1977, 305; Kober, Auswirkungen des Mitbestimmungsgesetzes auf das Recht der konzernfreien GmbH & Co KG, Diss. Köln 1977; Kunze, Der Geltungsbereich des $ 4 Abs 1 Satz 1 MitbestG, ZGR 1978, 321; Martens, Mitbestimmung, Konzernbildung und Gesellschaftereinfluß, ZHR 138 (1974), 179; Quast, Geschäftsführung und Leitungsmacht in der mitbestimmten GmbH und GmbH & Co KG - Eine Untersuchung zum Verhältnis von Mitbestimmung und Gesellschaftsrecht. Diss. Konstanz 1980; Reich/Lewerenz, Das neue Mitbestimmungsgesetz, AuR 1976, 261; Reuter, Der Einfluß der Mitbestimmung auf das Gesellschafts- und Arbeitsrecht, AcP 179 (1979) 509 ff; Schilling, Die GmbH & Co KG als Einheitsgesellschaft, FS Barz 1974, 67 ff; Schneider, GmbH und GmbH & Co KG in der Mitbestimmung, ZGR 1977,335 ff; Sigle, Zur Mitbestimmung bei der Kapitalgesellschaft und Co. KG, FS Peltzer, 2001, 539; Steindorff, Kommanditgesellschaft auf Aktien und Mitbestimmung, FS Ballerstedt, 1975,127; Wiesner, Aktuelle Probleme der Mitbestimmung in der GmbH & Co KG, GmbHRdsch 1981,36; Zöllner, GmbH und GmbH & Co KG in der Mitbestimmung, ZGR 1977,319 ff. Übersicht Rdn I. Vorbemerkungen 1. Entstehungsgeschichte . 2. Kritische Würdigung . . 3. Praktische Bedeutung. . II. Anwendungsbereich 1. Rechtsnatur der Hauptund der Komplementärgesellschaft 2. Mehrheitliche Identität der Gesellschafter . . . .

1 3 4

5 9

Rdn 3. Eigener Geschäftsbetrieb der Komplementärgesellschaft III. Rechtsfolgen 1. Mitbestimmung in der Komplementärgesellschaft 2. Auswirkungen auf die KG 3. Abs 2 IV. Streitigkeiten

16

17 18 22 27

I. V o r b e m e r k u n g e n 1

1. § 4 erstreckt unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen die Mitbestimmungspflicht mittelbar auch auf Kommanditgesellschaften, in denen ein nach § 1 Abs 1 mitbestimmungspflichtiges Unternehmen, namentlich eine AG oder GmbH, persönlich haftender Gesellschafter ist. Er erreicht dies, indem er vorschreibt, daß die Arbeitnehmer der KG der Komplementärgesellschaft zuzurechnen sind und daß diese von

102

Kommanditgesellschaft $ 4 I. Vorbemerkungen

der Geschäftsführung in der KG nicht ausgeschlossen werden kann. Die Regelung enthält eine Ausnahme von der Grundentscheidung des Gesetzgebers, Personengesellschaften mitbestimmungsfrei zu lassen.1 Auch die KG unterliegt regelmäßig nicht der Mitbestimmung, und zwar selbst dann nicht, wenn sie kapitalistisch organisiert ist. Bei der AG bzw GmbH & Co KG wäre formal betrachtet die AG oder GmbH mitbestimmungspflichtig, sofern sie selbst in der Regel mehr als 2 0 0 0 Arbeitnehmer beschäftigt, nicht jedoch die KG. Eine solche Lösung würde wenig befriedigen, weil beide Gesellschaften wirtschaftlich und organisatorisch in den meisten Fällen ein einheitliches Unternehmen bilden, das die Züge einer Kapitalgesellschaft trägt.2 Mit dem Wegfall eines individuellen Komplementärs, der persönlich haftet, entfällt auch der Grund für die Ausnahme der Personengesellschaften. Nicht zuletzt wäre es ohne eine § 4 entsprechende Vorschrift häufig leicht, der Mitbestimmung auszuweichen, indem ein Unternehmen in eine AG oder GmbH & Co KG umgewandelt und die Mehrzahl der Arbeitnehmer in die KG verlagert wird.3 Aus diesen Gründen hatte sich schon die Mitbestimmungskommission 2 dafür ausgesprochen, die AG bzw GmbH & Co KG wie die Kapitalgesellschaften zu behandeln, und zwar ohne Einschränkung. 4 Das Gesetz geht nicht so weit, sondern differenziert, indem es den Kreis der in Betracht kommenden Unternehmen enger umschreibt, namentlich eine überwiegende Identität der Gesellschafter der Komplementärgesellschaft und der KG verlangt. Die Begründung zum RegE 5 begnügt sich dazu mit der nichts sagenden Erklärung, nur in diesem Fall erscheine die Einbeziehung der AG bzw GmbH & Co KG in die Mitbestimmung gerechtfertigt. Im Gesetzgebungsverfahren war die Vorschrift heftig umstritten. Während die Vertreter des DGB anläßlich der Anhörungen vor dem BT-Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung bemängelten, sie sei leicht zu umgehen, und daher eine allgemeinere Fassung wünschten, verlangten die Repräsentanten der Industrie, die AG bzw GmbH & Co KG als Personengesellschaft generell aus dem Gesetz herauszunehmen oder doch die unter das Gesetz fallenden Gestaltungsformen enger zu begrenzen. 6 Die Fassung des Gesetzes entspricht § 4 RegE.

1 2 3 4 5 6

Vgl § 1 Rdn 4. Vgl Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl 2 0 0 1 $ 4 2 1 . Vgl Wrewr GmbHRdsch 1 9 8 1 , 3 6 . BTDrucks VI/334, V, 1.5.3. und 4 7 . BTDrucks 7 / 2 1 7 2 , 2 0 . Vgl die Äußerungen von Hensche, Thüsing und Oetker beim Hearing am 7 . 1 1 . 1 9 7 4 , Protokoll BT-Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Nr 55, 55, 58,60.

103

$ 4 Kommanditgesellschaft 1. Teil. Geltungsbereich

3

2. Selbst wenn man den vom Gesetz gewählten Ansatz für richtig hält, kann die Vorschrift rechtstechnisch und systematisch nicht befriedigen. Die gewählten Abgrenzungskriterien eignen sich nur unzulänglich dazu, körperschaftlich strukturierte Unternehmen von solchen zu unterscheiden, bei denen der personalistische Charakter überwiegt. Auch lassen sie sich leicht steuern. 7 Der wichtige Fall der sog Einheitsgesellschaft, bei welcher die Anteile am Komplementärunternehmen in den Händen der KG selbst liegen, ist vom Gesetzeswortlaut nicht erfaßt (vgl Rdn 13). Auch die kapitalistische OHG, deren sämtliche Gesellschafter Kapitalgesellschaften sind, fehlt, desgleichen die AG oder GmbH & Co, KGaA. In diesen Fällen stellt sich die Frage einer analogen Anwendung der Vorschrift.8 Vor allem aber reicht die Vorschrift des Abs 2 nicht aus, die Wirksamkeit der im Aufsichtsrat der Komplementärgesellschaft angesiedelten Mitbestimmung sicherzustellen, denn obgleich das Gesetz untersagt, der Komplementärgesellschaft die Geschäftsführung der KG zu entziehen, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die für das Gesamtunternehmen maßgeblichen Entscheidungen durch eine geeignete Fassung der Gesellschaftsverträge in die KG zu verlagern (vgl Rdn 22). In allen genannten Punkten verursacht die Vorschrift sehr schwierige Auslegungsprobleme. Der Versuch des Gesetzgebers, durch einen Kompromiß zwischen dem Prinzip der Mitbestimmung und dem das Recht der Personengesellschaften beherrschenden Grundsatz der Privatautonomie eine rechtsformspezifische Lösung zu finden, kann daher nicht als geglückt bezeichnet werden. Wenn auch Martens9 mit seiner Kritik zu weit geht, die Vorschrift enthalte einen „offensichtlich untauglichen Versuch" einer „rechtsformadäquaten Mitbestimmungslösung", gehört sie doch zu den problematischsten des Gesetzes, welche unverkennbar die Grenzen der gesamten Konzeption aufweist. 10

4

3. Im Gegensatz zur theoretischen und symbolischen Relevanz hat sich die praktische Bedeutung der Vorschrift als gering erwiesen. Es sind bis 1995 nur 13 AG & Co KG und GmbH & Co KG bekannt geworden, die unter das MitbestG fallen. 11 Auch in der Gerichtspraxis spielte die Vorschrift bisher kaum eine Rolle.

7 8 9 10 11

Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 4 Rdn 2; Hanau/Ulmer§ 4 Rdn 3. S unten Rdn 5 ZHR 138 (1974), 223. Vgl auch Hölters BB 1 9 7 5 , 8 0 2 ff; Zöllner Z G R 1 9 7 7 , 3 3 0 ff. Hanau in der Einleitung zur dtv-Textausgabe des MitbestG, 5. Aufl 1995, VIII; Sigle FS Peltzer 5 3 9 , 5 4 6 ff.

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Kommanditgesellschaft $ 4 II. Anwendungsbereich

II. Anwendungsbereich 1. § 4 Abs 1 setzt zunächst voraus, daß die Komplementärgesell- 5 Schaft in einer der in § 1 Abs 1 genannten Rechtsformen betrieben wird. Hauptfall ist neben der seltenen AG & Co KG die GmbH & Co KG, während sich die anderen in § 1 genannten Gesellschaftsformen für die Kombination mit der KG nicht eignen. Andere Rechtsformen, zB die OHG oder die Stiftung, erfüllen den Tatbestand nicht. 12 Ob ein Unternehmen die Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters einer KG hat, richtet sich nach dem Gesellschaftsvertrag und nach §§ 161 ff HGB. Die Voraussetzungen sind ferner nicht gegeben, wenn die Hauptgesellschaft eine andere Rechtsform hat, die GmbH also zB die Geschäfte einer OHG führt, obwohl diese Fälle unter dem Gesichtspunkt der Mitbestimmung durchaus ähnlich liegen können. Eine verbreitete Ansicht will jedoch die Vorschrift auf eine AG bzw GmbH & Co OHG analog anwenden, sofern alle Gesellschafter in einer der in $ 1 Abs 1 genannten Rechtsformen organisiert sind. 13 Im Hinblick auf die Gleichstellung der Fälle in §§ 19 V, 125 a, 129 a, 130 a, 172 a, 177 a HGB dürfte die Analogie begründet sein. Im übrigen sind ggf die konzernrechtlichen Mitbestimmungsvorschriften des § 5 anzuwenden. 14 Eine analoge Anwendung ist ferner geboten auf eine kapitalistische KGaA, deren Komplementär eine AG oder GmbH ist. Diese Gestaltungsform wurde zur Zeit des Inkrafttretens des MitbestG überwiegend für unzulässig gehalten 15 und daher vom Gesetzgeber nicht berücksichtigt. Seitdem der BGH sie im Leiturteil vom 24. Februar 1997 1 6 für zulässig erklärt hat, liegt daher eine Lücke im MitbestG vor, denn das Regelungsziel des § 4 fordert, sie nicht anders zu beurteilen als die AG bzw GmbH & Co KG. 17 Daher ist, sofern die übrigen Voraussetzungen der §§ 1, 4 erfüllt sind, auch bei der Komplementärgesellschaft einer KGaA ein paritätisch besetzter Aufsichtsrat zu bilden, welcher die Kompetenzen des MitbestG hat, namentlich die Vorstandsmitglieder oder Geschäftsführer einschließlich eines Arbeitsdirektors bestellt.

12 13

14 15 16 17

Zur KG als Komplementärgesellschaft s gleich unten Rdn 6. GemKomm.MitbestG/Nflendrup $ 4 Rdn 3 1 ; Wiesner GmbHRdsch 1 9 8 1 , 3 7 ; GroßKomm. AktG/Oetker MitbestG $ 4 Rdn 2; MünchHdb.ArbR/WiJ?mü«w § 3 7 7 Rdn 2 8 ; wohl auch Hanau/Ulmer § 4 Rdn 7; kritisch Ahlbrecht aaO 6 1 ; aA GewKomm. MitbestG/Föhr $ 4 Rdn 3 und Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 4 Rdn 8. Vgl 5 5 Rdn 7. Nachweise bei Joost Z G R 1 9 9 8 , 3 3 5 , 3 4 0 ; Kaiser K a p G e s R J 23 Rdn 6 , 3 5 . BGHZ 1 3 4 , 3 9 2 = BB 1 9 9 7 , 1 2 2 0 . AA Bayreuther JuS 1 9 9 9 , 6 5 1 , 6 5 6 , Dirksen/Möhrle ZIP 1 9 9 8 , 1 3 7 7 , GroßKomm. AktG/Assmann/Sethe $ Vor § 2 8 7 Rdn 14; die argumentieren, dem stehen die mitbestimmungsrechtlichen Ausführungen im Urteil des BGH entgegen. Dies ist jedoch nicht der Fall.

105

$ 4 Kommanditgesellschaft 1. Teil. Geltungsbereich

Zugleich bleibt es dabei, daß auch die KGaA selbst aufsichtsratspflichtig ist, sofern sie in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt, wobei diesem Aufsichtsrat gemäß §§31 Abs 1 Satz 2, 33 Abs 1 Satz 2 die Befugnis genommen ist, die Mitglieder des Vertretungsorgans zu bestellen. 18 Auf ausländische Komplementärgesellschaften ist § 4 grundsätzlich nicht anzuwenden, da das Gesetz für ausländische Unternehmen generell nicht gilt. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Komplementärgesellschaft ihren tatsächlichen Verwaltungssitz im Inland hat und daher nach dem internationalen Gesellschaftsrecht dem deutschen Recht unterliegt. 19 Nicht anwendbar ist § 4 entsprechend dem Grundgedanken des § 1, wenn die Komplementärgesellschaft unter die M o n t a n m i t b e s t i m m u n g fällt oder Tendenzschutz genießt. 20 Hat die Hauptgesellschaft Tendenzcharakter, wird die Komplementärgesellschaft, da sie deren Geschäfte führt, regelmäßig gleichfalls als Tendenzunternehmen anzusehen sein. 21 6 Abs 1 Satz 2 und 3 dehnen § 4 auf die mehrstöckige AG bzw G m b H & Co KG aus, also auf Unternehmen, in denen die KG ihrerseits wieder persönlich haftende Gesellschafterin einer weiteren KG ist usw. Der Gesetzgeber verfolgte mit dieser Erweiterung die Absicht, Umgehungen abzublocken. Er bestätigt damit zugleich die im Schrifttum vorherrschende Meinung, daß eine Personengesellschaft ihrerseits Komplementärin einer anderen Personengesellschaft sein kann. 22 Ist auf der anderen Seite eine AG oder GmbH persönlich haftende Gesellschafterin mehrerer Kommanditgesellschaften (sternförmige GmbH & Co KG), so werden die Arbeitnehmer aller Kommanditgesellschaften der Komplementärgesellschaft zugerechnet. 23 Daneben ist auf diesen Fall regelmäßig auch § 5 anzuwenden. 24 7 Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist unerheblich, ob die AG oder GmbH der einzige Komplementär ist oder ob daneben noch weitere

18

19 20 21

22 23 24

Ebenso Joost aaO 344 ff; Oetker aaO Rdn 2; Fischer KGaA 136 ff; Hanau/Ulmer § 1 Rdn 40, je mwN; aA Graf Die Kapitalgesellschaft & Co KG auf Aktien, 1993, 209 ff; HanaufWackenbarth FS Lutter 4 2 5 , 4 4 5 , die statt dessen dem Aufsichtsrat der KGaA die Befugnis einräumen wollen, die Wahl der Vorstandsmitglieder bzw Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft gemäß § 111 Abs 4 AktG von seiner Zustimmung abhängig zu machen; aA Hoffmann-Becking/ Herfs FS Sigle 273,279; Sigle FS Peltzer 539,553. Siehe $ 1 Rdn 14. $ 1 Abs 2 - 4 ; vgl Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 4 Rdn 4; Ahlbrecht 54. Zur Mitbestimmung in einer Vor-GmbH & Co KG vgl Bäumer aaO 22; Ahlbrecht aaO 52 ff. Vgl statt aller GroßKomm. HGB/Ulmer § 105 Rdn 94. Begründung RegE, BTDrucks 7/2172,20 f; hA. Ebenso Hanau/Ulmer § 4 Rdn 5; aA Bäumer aaO 71; vgl $ 5 Rdn 7.

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Kommanditgesellschaft J 4 II. Anwendungsbereich

natürliche oder juristische Personen als persönlich haftende Gesellschafter auftreten (hL). Ist eine AG oder GmbH zweiter Komplementär, so sind die Arbeitnehmer der KG auch ihr zuzurechnen, so daß sie gleichfalls mitbestimmungspflichtig wird, sofern die übrigen Voraussetzungen des §4 vorliegen.25 Problematisch ist der Fall, daß neben der Komplementärgesellschaft natürliche Personen als persönlich haftende Gesellschafter stehen. Der Gesetzgeber wollte ausdrücklich auch diesen Fall unter S 4 ziehen, weil er andernfalls eine Umgehung der Vorschrift befürchtete. 26 Auf der anderen Seite liegt hierin eine bemerkenswerte Inkonsequenz, denn die persönliche Haftung der Komplementäre bildet den Hauptgrund, Personengesellschaften generell von der Mitbestimmung freizustellen.27 Auch tragen gerade solche Unternehmen nach ihrem individuellen Zuschnitt oft durchaus das Gepräge einer Personengesellschaft, für welche die Gründe nicht oder nur eingeschränkt gelten, aus denen die AG und GmbH & Co KG mitbestimmungspflichtig gemacht wurden. 28 Trotzdem ist am klaren Gesetzeswortlaut nicht zu zweifeln (hL). Auf der anderen Seite ist kein Gesellschafter mehr genötigt, die unbeschränkte persönliche Haftung beizubehalten, nachdem der Schritt in die AG oder GmbH & Co KG einmal vollzogen ist, sondern kann ohne wesentliche Veränderung seiner Position in die Rolle eines Kommanditisten oder Gesellschafters der GmbH überwechseln.29 Unter diesen Umständen tritt die Gefahr der Umgehung so stark in den Vordergrund, daß die gesetzliche Regelung gerechtfertigt ist (hL). Aus denselben Gründen entfallt die Mitbestimmung auch dann 8 nicht, wenn aufgrund spezieller gesellschaftsrechtlicher Vorschriften die persönliche Haftung eines Beteiligten eintritt, zB weil ein Kommanditist seine Hafteinlage ganz oder teilweise zurückerhalten (SS 172 ff HGB) oder die persönliche Bürgschaft für Gesellschaftsschulden übernommen hat, oder weil die Gesellschafter der GmbH Nachschüsse schulden (SS 26 ff GmbHG) oder wegen des Empfangs verbotener Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen persönlich haften (S 31 GmbHG). 2. § 4 Abs 1 setzt weiter voraus, daß die Mehrheit der Kommandi- 9 tisten zugleich auch die Mehrheit in der Komplementärgesellschaft bildet. Wenngleich es zutrifft, daß nur in diesem Fall die Parallelität 25

26 27

28 29

Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 4 Rdn 35; Hoffmann/Lehmann/Weinmann §4 Rdn 9; Kunze ZGR1978,337; Hanau/Ulmer § 4 Rdn 9. Vgl Begründung zum RegE, BTDrucks 7/2172,21. Vgl ausführlich GcmKomm.MitbestG/Naraiirap $4 Rdn 2; ferner Henssler ZFA2000,241,251. Vgl Oetker vor dem BT-Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung, Prot Nr 55,60. Vgl Duden FS Schilling 325; Raisch, Unternehmensrecht Bd 2,142.

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s 4 Kommanditgesellschaft 1. Teil. Geltungsbereich

der Willensbildung in der KG und in der Komplementärgesellschaft sichergestellt und damit die Einheit des Unternehmens gewährleistet ist, 30 welche die Ausdehnung der Mitbestimmung auf die KG rechtfertigen, befriedigt das Merkmal doch nicht, weil auch in anderen Fällen, namentlich bei einem geringeren Grad der Verflechtung, die Identität des Unternehmens und die Übereinstimmung der Willensbildung vorliegen kann. Die Mehrheit ist in erster Linie nach der Zahl der Anteile zu berechnen. Bei der KG kommt es auf den Nennbetrag, bei gleitenden Kapitalanteilen auf den Buchwert der Einlage, nicht auf die Höhe der in das Handelsregister eingetragenen Haftsumme an. 31 Gewährt ein Anteil mehrere Stimmen 3 2 oder sind umgekehrt stimmrechtslose Anteile vorhanden, 33 genügt die Mehrheit der Stimmen. Nicht erforderlich ist, daß die Gesellschafter in beiden Gesellschaften jeweils gleiche Anteile oder die gleiche Stimmenzahl besitzen, wenn nur die Summe übereinstimmt. Die Mehrheit ist auch dann gegeben, wenn die Mehrheitsgruppe bei der einen Gesellschaft über die Mehrheit der Anteile, bei der anderen über die Stimmenmehrheit verfügt. 34 § 4 stellt in der KG nur auf die Stimmen der Kommanditisten ab. Das paßt nur für den gewöhnlichen Fall, daß die Komplementärgesellschaft einziger Komplementär ist. Hat die KG weitere Komplementäre, müssen diese bei der Mehrheitsberechung mitgezählt werden, da nur so die Einheit des Unternehmens hinreichend berücksichtigt wird.35 10

Bei mittelbaren Beteiligungen sind die Zurechnungsmaßstäbe des § 16 Abs 2 - 4 AktG für verbundene Unternehmen entsprechend anzuwenden, denn sie sind Ausdruck allgemeiner unternehmensrechtlicher Regeln. 36 Daher gelten Anteile, die einem von dem Gesellschafter abhängigen Unternehmen oder die einem anderen für Rechnung des Gesellschafters gehören, als Anteile des Gesellschafters (§16 Abs 4 AktG). Ferner bleiben bei der Komplementärgesellschaft eigene Anteile und solche, die einem von dieser abhängigen Unternehmen

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36

Vgl GroßKomm.HGB/Schilling § 161 Rdn 32; Kunze ZGR 1978, 3 3 5 f ; OLG Celle BB 1 9 7 9 , 1 5 7 8 . GemKomm.MitbestG/Naendnip $ 4 Rdn 20; Bäumer aaO 4 4 ; Ahlbrecht aaO 74; differenzierend Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 4 Rdn 18. Vgl § 4 7 Abs 2 GmbHG, § 12 Abs 2 AktG, $ 5 EGAktG. Vgl $ 12 Abs 1 Satz 2 AktG; BGHZ 1 4 , 2 6 4 für die GmbH. Einzelheiten bei Bäumer aaO 4 6 und Ahlbrecht aaO 68 ff. Zöllner ZGR 1977, 3 3 1 ; Holters DB 1977, 2 2 3 4 ; Hanau/Ulmer § 4 Rdn 16; Ahlbrecht 8 7 ff; Kunze ZGR 1978, 3 3 8 . Zu weiteren Berechnungsfragen vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 4 Rdn 16 ff; Henssler aaO 251. Ebenso Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 4 Rdn 20ff; Hanau/Ulmer § 4 Rdn 14; vgl Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften $ 51 II.

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Kommanditgesellschaft S 4 II. Anwendungsbereich

gehören, außer Betracht (§ 16 Abs 2 AktG). Entsprechendes gilt bei der Berechnung der Stimmen (§16 Abs 3 AktG). Bei den Kommanditisten werden Anteile an der Komplementärgesellschaft mitgezählt, die einem von dem Kommanditisten abhängigen Unternehmen gehören (hM). Die formalistische Fassung der Vorschrift bringt es mit sich, daß sie 11 leicht zu vermeiden ist, namentlich dadurch, daß Gesellschaftsanteile an der KG oder an der Komplementärgesellschaft auf Treuhänder oder auf eine zu diesem Zweck gegründete Trägergesellschaft übertragen werden. Sofern damit noch andere legitime wirtschaftliche Zwecke verfolgt werden, ist dagegen nichts einzuwenden. Es würde aber dem Zweck des Gesetzes widersprechen, Treuhandkonstruktionen und ähnliche Rechtsverhältnisse zu berücksichtigen, die nur dazu dienen, die Mitbestimmung zu unterlaufen. 37 Dies wird namentlich in Fällen der fremdnützigen Treuhand der Fall sein, in denen der Treuhänder im Innenverhältnis den Weisungen des Treugebers unterliegt. Die in anderen Einzelheiten des § 4 zum Ausdruck gelangenden Anstrengungen des Gesetzgebers, Umgehungsversuche abzuwehren, und die bei Wirtschaftsgesetzen erforderliche wirtschaftliche Betrachtungsweise führen deshalb dazu, in solchen Fällen die auf den Treuhänder übertragenen Anteile dem Gesellschafter selbst zuzurechnen.38 Bei eigennütziger Treuhand kommt umgekehrt die Zurechnung zum Treuhänder in Frage.39 Nicht genügt hingegen eine rein tatsächliche oder durch andere 12 gesellschaftsrechtliche Konstruktionen bzw durch Stimmbindungsverträge gesicherte Einheit der Unternehmensführung. 40 Sie können jedoch als ein Indiz für ein fremdnütziges Treuhandverhältnis gelten. Dasselbe gilt für den Fall, daß Anteile auf Ehegatten und minderjährige Kinder übertragen wurden. 41 Schwierigkeiten bereiten ferner die Fälle, in denen die Anteile an 13 der Komplementärgesellschaft ganz oder zum Teil in den Händen der KG selbst liegen. Haben die Gesellschafter sämtliche Anteile an der Komplementärgesellschaft auf die KG übertragen (Fall der sog 37 38

39 40

41

Vgl die Rechtsprechung zur ähnlichen Lage bei § 47 GmbHG. HM; vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 4 Rdn 25; GewKomm.MitbestG/Föhr $ 4 Rdn 8; Klamroth BB 1977, 306; Hölters DB 1977, 2233; Kunze ZGR 1978, 336; Bäumer aaO 53 f; Ahlbrecht aaO 83; Henssler aaO 251; OLG Celle BB 1979; LG Bremen DB 1980,349; OLG Bremen DB 1980,1332; Hanau/Ulmer § 4 Rdn 18 und Wiesner GmbHRdsch 1981, 40 wollen bei fremdnütziger Treuhand die Anteile generell dem Treugeber zurechnen. Bäumer aaO 54 f; Hanau/Ulmer § 4 Rdn 18. So mit Recht OLG Bremen DB 1 9 8 0 , 1 3 3 2 (Kühne & Nagel); aA OLG Celle AG 1980,161; GroßKomm. AktG/Oeffcer MitbestG $ 4 Rdn 6. Hanau/Ulmer aaO; Wiesner GmbHRdsch 1981,40.

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S 4 Kommanditgesellschaft 1. Teil. Geltungsbereich

Einheitsgesellschaft), sind die Voraussetzungen des § 4 bei wörtlicher Auslegung wiederum nicht erfüllt. 42 Wirtschaftlich betrachtet sind die beiden Gesellschaften hingegen besonders eng verknüpft. Die Einheit der Willensbildung ist noch besser sichergestellt als in den vom Gesetz erfaßten Fällen. 43 Durchstößt man die formaljuristische Einkleidung und sieht auf die tatsächlichen Strukturen, ist auch die Identität der Gesellschafter gegeben. 44 Aus diesen Gründen ist § 4 über den Wortlaut hinaus dahin auszulegen, daß auch die Einheitsgesellschaft der Mitbestimmung unterfällt, sofern die übrigen Voraussetzungen gegeben sind.45 14 Entsprechendes muß für die Fälle gelten, in denen die KG nur einen Teil der Anteile der Komplementärgesellschaft hält. Auch diese Anteile sind demgemäß bei der Berechnung der erforderlichen Mehrheit mitzuzählen, und zwar sind sie sowohl auf Seiten der KG als auch auf Seiten der Komplementärgesellschaft den Gesellschaftern zuzurechnen, die für die Feststellung der überwiegenden Gesellschafteridentität in Betracht kommen. 46 15 Bei mehrstöckigen Kommanditgesellschaften verlangt das Gesetz nicht ausdrücklich, daß die Gesellschaftermehrheit bei allen beteiligten Gesellschaften identisch sei. Doch wird man bei einer sinngemäßen Auslegung des Gesetzes hiervon auszugehen haben, weil andernfalls die Einheit des Unternehmens nicht gegeben ist, welche nach den Voraussetzungen des § 4 die Addition der in allen Gesellschaften beschäftigten Arbeitnehmer und ihre Zurechnung zum Komplementärunternehmen rechtfertigt.47 Beteiligt sich die aus der X-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin und den Kommanditisten A und B bestehende X-GmbH & Co KG als einzige persönlich haftende Gesellschafterin an einer weitern Y-KG mit den Kommanditisten C und D, so können demnach deren Arbeitnehmer nicht der X-GmbH zugerechnet werden. Insoweit ist der Wortlaut des § 4 Abs 1 Satz 2 also zu weit gefaßt und muß mit Hilfe einer restriktiven Interpretation auf seine wahre Bedeutung zurückgeführt werden.

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Martens ZUR 138 (1974), 2 2 3 Fn 102. Vgl Schilling FS Barz 1 9 7 4 , 6 7 ff. Reich/Lewerenz AuR 1976,267. HM; Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 4 Rdn 23; Meilicke/Meilicke, § 4 Rdn 12; Reich/ Lewerenz aaO; Zöllner ZGR1977,332; GemKomm.MitbestG/NaCTldrap $ 4 Rdn 34; Hanau/Ulmer § 4 Rdn 17; GewKomm.MitbestG/FöftrJ 4 Rdn 6; Oetker aaO. Ebenso Kunze Z G R 1 9 7 8 , 3 3 5 ; Hanau/Ulmer § 4 Rdn 17. Sehr streitig; wie hier Hoffmann GmbHRdsch 1974, 74; Meilicke/Meilicke § 4 Rdn 16; Hofftnann/Lehmann/Weinmann § 4 Rdn 28 ff; Ahlbrecht aaO 103 ff; aA Fitting/Wlotzke/Wißmann § 4 Rdn 38; GcmKomm. MhbestG/Naendrup § 4 Rdn 28; GewKomm. MitbestG/Föftr § 4 Rdn 16; Bäumer aaO 125; Hanau/ Ulmer 5 4 Rdn

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Kommanditgesellschaft $ 4 II. Anwendungsbereich

3. Trotz des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen ist das Unter- 1 6 nehmen nicht nach § 4 mitbestimmungspflichtig, wenn die Komplementärgesellschaft einen eigenen Geschäftsbetrieb mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern führt. Statt dessen gilt dann Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer nach §§ 76 ff BetrVG 1952. Der Gesetzgeber geht davon aus, daß in diesem Fall kein einheitliches Unternehmen vorliegt, welches die Addition der Arbeitnehmer und ihre Zurechnung zur Komplementärgesellschaft rechtfertigt. Zu berücksichtigen sind nur die Arbeitnehmer, die im eigenen Geschäftsbetrieb der Komplementärgesellschaft tätig sind. 48 Der Fall kann namentlich dann eintreten, wenn eine dritte Gesellschaft auf die Komplementärgesellschaft verschmolzen wird. 49 Da es in der Regel möglich sein wird, die Arbeitnehmer zwischen Kommandit- und Komplementärgesellschaft aufzuteilen, kommt es maßgeblich darauf an, wann diese einen eigenen Geschäftsbetrieb hat. Das Gesetz kennzeichnet den Begriff nicht näher. Sinngemäß ist darauf abzustellen, ob trotz der Verflechtung der Gesellschaften und der überwiegenden Identität der Gesellschafter wirtschaftlich zwei verschiedene Unternehmen vorliegen oder nicht. Dies läßt sich nicht nach starren Merkmalen schematisch entscheiden, sondern erfordert eine umfassende Würdigung der gesamten Situation. Als Indizien kommen zB verschiedene Unternehmensziele, unterschiedliche, nicht aufeinander abgestimmte Produktionen, die organisatorische Trennung nicht nur auf unterer Ebene, sondern auch in der Unternehmensleitung, getrennte Buchführung, gesondertes Rechnungswesen, unabhängige Finanzierung oder ein zwischen ihnen bestehender Wettbewerb in Betracht. Dagegen genügt es nicht, wenn beide Gesellschaften verschiedene Betriebe im Sinn des BetrVG führen, denn maßgeblich ist nicht die arbeitstechnische, sondern die wirtschaftlich-organisatorische Differenzierung. 50 Aus demselben Grund können auch die mit der rechtlichen Selbständigkeit der beiden Gesellschaften zusammenhängenden Merkmale kein Argument zugunsten des eigenen Geschäftsbetriebs bilden. Zweifels- und Übergangsfälle, namentlich bei Betriebsaufspaltung, wird man danach zu entscheiden haben, ob bei der Betriebsgesellschaft der eigene Geschäftsbetrieb oder die Leitung der KG überwiegt. Da es nach der Formulierung des Gesetzes als die Ausnahme anzusehen ist, daß die Komplementärgesellschaft einen eigenen Geschäftsbetrieb hat, sind an diesen Fall hohe Anforderungen zu stellen. Auch ergibt sich daraus eine Beweislastumkehr zu Lasten dessen, der die Freistellung von der Mitbestimmung behauptet.

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Fitting/Wlotzke/Wißmann % 4 Rdn 27; Hanau/Ulmer § 4 Rdn 20. Henssler ZFA 2 0 0 1 , 2 4 1 , 2 5 0 . Ebenso Hanau/Ulmer § 4 Rdn 19.

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S 4 Kommanditgesellschaft 1. Teil. Geltungsbereich

Arbeitnehmer, die in einem von der Komplementärgesellschaft abhängigen Unternehmen beschäftigt sind, werden nicht berücksichtigt, da sie nicht zu dem eigenen Unternehmen der Gesellschaft gehören. 51 Entfällt die Mitbestimmung nach §4, weil die Komplementärgesellschaft einen eigenen Geschäftsbetrieb führt, so kann aber die Konzernmitbestimmung nach § 5 eingreifen. 52 III. Rechtsfolgen 17

1. Sind die Voraussetzungen des Abs 1 gegeben, so sind die Arbeitnehmer der KG der Komplementärgesellschaft zuzurechnen. Erreichen sie zusammen die Zahl von mehr als 2000 Arbeitnehmern, so fällt die Komplementärgesellschaft unter das MitbestG. Auch für die Größe des Aufsichtsrats und die Verteilung der Sitze unter die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer (vgl §§ 7 Abs 1, 9 Abs 1 und 2 usw) kommt es auf die Gesamtzahl der Arbeitnehmer an. Die Arbeitnehmer der KG nehmen an den Wahlen zum Aufsichtsrat der Komplementärgesellschaft aktiv und passiv wie deren eigene Arbeitnehmer teil.53 Bei mehrstöckiger Verflechtung sind die Arbeitnehmer aller Gesellschaften zusammenzuzählen und der obersten Komplementärgesellschaft zuzurechnen. Dasselbe gilt, wenn diese zugleich Komplementärin bei mehreren Kommanditgesellschaften ist (vgl Rdn 6). Hat die KG mehrere Komplementärgesellschaften, so sind ihre Arbeitnehmer allen zuzurechnen, welche die Voraussetzungen des Abs 1 erfüllen (hA). Es ist jedoch zweifelhaft, ob auch die Arbeitnehmer der einen Komplementärgesellschaft den anderen zuzurechnen sind. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist dies nicht der Fall. Sofern bei wirtschaftlicher Betrachtung ein einheitliches Unternehmen vorliegt, liegt eine solche Interpretation jedoch in der Konsequenz des Gesetzes und ist daher geboten. 54 Ist die Komplementärgesellschaft ihrerseits abhängiges Unternehmen eines Konzerns, so sind die Arbeitnehmer unter den Voraussetzungen des §5 auch dem herrschenden Unternehmen zuzuzählen. 55

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2. Die Regelung des §4 führt zunächst dazu, daß die in der Komplementärgesellschaft anfallenden Entscheidungsprozesse der

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Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 4 Rdn 27; Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 4 Rdn 12; aA Kunze ZGR1978,3 24; Hanau/Ulmer $ 4 Rdn 20. Siehe $ 5 Rdn 19. Einzelheiten bei GrüterBB 1978,1145. Anders Fitting/Wlotzke/Wißmann § 4 Rdn 35; Kunze ZGR 1978,324; Bäumer aaO 68 f. Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 4 Rdn 33; vgl § 5.

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Kommanditgesellschaft § 4 III. Rechtsfolgen

Mitbestimmung unterliegen. Gemäß § 31 wählt der in ihr zu errichtende paritätisch besetzte Aufsichtsrat die Mitglieder des Vertretungsorgans. Nach S 33 ist ein Arbeitsdirektor zu berufen. An Sachentscheidungen wirkt der Aufsichtsrat nach Maßgabe des § 111 Abs 4 AktG und der dabei zutage tretenden rechtsformspezifischen Unterschiede mit.56 Auf die KG und damit auf das Gesamtunternehmen wirken sich 19 diese Befugnisse und damit die Mitbestimmung in dem Maße aus, als die Komplementärgesellschaft die Geschäfte der KG führt. Nach dem Gesetz ($§ 164,170 HGB) ist sie dazu grundsätzlich in vollem Umfang berufen. Die Kommanditisten sind von der Geschäftsführung ausgeschlossen und haben nur über Maßnahmen zu entscheiden, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen. Zur Vertretung der Gesellschaft sind sie nicht berechtigt. Für das Verhältnis mehrerer zur Geschäftsführung und Vertretung berufener Komplementäre untereinander gelten die Vorschriften der §S 114 ff, 125 ff HGB. Die Rechte der Komplementärgesellschaft in der KG werden von 20 den Geschäftsführern ausgeübt. Der mitbestimmte Aufsichtsrat der Komplementärgesellschaft kann dagegen unmittelbar nur deren Geschäftsführer überwachen (hM). So gelten die Informationsrechte des Aufsichtsrats gemäß SS 90,111 Abs 2 AktG iVm S 25 Abs 1 MitbestG und das Kontrollrecht gemäß j l l l Abs 1 AktG nur gegenüber den Geschäftsführern. Die Rechte erfassen aber auch deren Tätigkeit für die KG.57 Der Aufsichtsrat kann jedoch nicht selbst die Bücher der KG einsehen.58 Der Zustimmungsvorbehalt nach § 111 Abs 4 Satz 2 AktG iVm S 25 Abs 1 MitbestG kann gegenüber der KG nur wirksam werden, sofern die Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft an dem Geschäft mitwirken. Eine Weisung, das Widerspruchsrecht nach §115 Abs 1 HGB auszuüben, ist unzulässig.59 Die Aufsichtsratsmitglieder haben auch kein Recht, an der Gesellschafterversammlung der KG teilzunehmen.60 Bei der Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses der KG61 wirkt der Aufsichtsrat gleichfalls nicht mit. Doch kann er die Feststellung durch die Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft von seiner Zustimmung abhängig machen.62

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Vgl $ 25 Rdn 67 ff. Fitting/Wlotzke/Wißmann % 4 Rdn 49 ff; Hoffmann/Lehmann/Weinmann S 4 Rdn 36 f; Hanau/Ulmer $ 4 Rdn 32. Vgl S 111 Abs 2 AktG; Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 4 Rdn 3 7. Hanau/Ulmer § 4 Rdn 32. Vgl 5$ 118 Abs 2 , 1 2 4 Abs 3 AktG. Siehe §$ 171 f AktG. Hoffinann/Lehmann/Weinmann S 4 Rdn 42; Hanau/Ulmer § 4 Rdn 32.

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S 4 Kommanditgesellschaft 1. Teil. Geltungsbereich

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Dagegen erstreckt sich der Zuständigkeitsbereich des Arbeitsdirektors der Komplementärgesellschaft auch auf die Arbeitnehmer der KG, da er deren Geschäfte unmittelbar wahrnimmt. 63 22 3. Die gesetzliche Regelung kann aufgrund vertraglicher Regelungen im Gesellschaftsvertrag der KG und, wenn die Komplementärgesellschaft eine GmbH ist, der GmbH verändert werden. Gemäß § 163 HGB ist es zulässig, im Innenverhältnis die Rechte des Komplementärs zugunsten der Kommanditisten weitgehend zu beschränken. Diese können sich selbst zu geschäftsführenden Gesellschaftern berufen oder es können alle für die Gesellschaft ausschlaggebenden Entscheidungen in ihre Hände gelegt werden. 64 Auch von der Vertretung der KG kann die Komplementärgesellschaft durch den Gesellschaftsvertrag (§ 125 Abs 1 HGB) oder unter den Voraussetzungen des § 1 2 7 HGB ausgeschlossen werden, sofern noch ein anderer Komplementär vorhanden ist, 65 während den Kommanditisten wenigstens mit Hilfe der Prokura oder Handlungsvollmacht eine Vertretung der Gesellschaft ermöglicht werden kann. 66 Ist die Komplementärgesellschaft eine GmbH, können die Gesellschafter darüber hinaus alle wesentlichen Geschäftsführungsmaßnahmen in dieser an sich ziehen und den Geschäftsführern Weisungen erteilen. 67 Werden alle diese Möglichkeiten ausgeschöpft, so ist es möglich, die durch § 4 bewirkte Mitbestimmung im Ergebnis weitgehend illusorisch zu machen. 23

Der Gesetzgeber hat die der Vorschrift anhaftende Schwäche erkannt und in § 4 Abs 2 versucht, ihr entgegenzuwirken, indem er vorschrieb, daß die Komplementärgesellschaft von der Führung der Geschäfte der KG nicht ausgeschlossen werden kann. § § 1 1 4 Abs 2 und 117 HGB sind demnach zu Lasten der Komplementärgesellschaft in den Fällen des § 4 nicht anwendbar. Auf diesem Wege gelingt es aber nur, einen kleinen Teil der Mittel zu beseitigen, mit deren Hilfe die Mitbestimmung in der AG bzw GmbH & Co KG ausgehöhlt werden kann. Alle anderen Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis der Komplementärgesellschaft sind dagegen von dem Wortlaut des Gesetzes nicht betroffen. 24 Die Situation nötigt zu Überlegungen, wie weit das Gesetz auch an dieser Stelle unter den Gesichtspunkten der teleologischen Interpretation und der Verhütung von Umgehungen extensiv ausgelegt werden

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Hoffmann/LehmannfWeinmann $ 43 f; GemKomm. MitbestG/Naendrup § 4 Rdn 65. Zu den Einzelheiten vgl die Kommentare zum HGB, zB Baumbach/Hopt § 164 HGB Rdn 6 ff. BGHZ 5 1 , 2 0 0 . Einzelheiten bei Baumbach/Hopt $ 170 HGB Rdn 3. Vgl $ 2 5 Rdn 82 f.

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Kommanditgesellschaft $ 4 III. Rechtsfolgen

muß. 68 Dabei ist zu berücksichtigen, daß sich der Gesetzgeber im MitbestG grundsätzlich für rechtsformspezifische Lösungen entschieden und der das Recht der Personengesellschaften beherrschenden Vertragsfreiheit nur ausnahmsweise Grenzen gezogen hat. 69 Auch ist anerkannt, daß die Mitbestimmung in der GmbH das Recht der Gesellschafter nicht beseitigt, die Geschäftsführung in allen wesentlichen Punkten selbst in die Hand zu nehmen. 70 Für die KG kann dann aber nichts anderes gelten. Auf der anderen Seite widersprechen Vertragsgestaltungen offenkundig Sinn und Zweck des § 4 Abs 2, welche, ohne daß der Komplementärgesellschaft die Geschäftsführung formell entzogen wird, diesem Ergebnis in der tatsächlichen Wirkung gleichkommen. Sie sind deshalb als unzulässig anzusehen. 71 Die Einzelheiten sind sehr umstritten. Die überwiegende Meinung 2 5 folgert aus Abs 2 mit Recht, daß auch der Ausschluß der Vertretungsmacht gemäß § 125 Abs 1 HGB zugunsten eines zweiten Komplementärs unzulässig ist.72 Dagegen wird man den Entzug von Geschäftsführung und Vertretung aus wichtigem Grund nach SS 1 1 7 , 1 2 7 HGB zulassen müssen.73 Ebenso steht Abs 2 dem Widerspruchsrecht weiterer Komplementäre gemäß § 115 Abs 1 HGB und den Zustimmungsrechten der Kommanditisten nach S164 HGB nicht entgegen.74 Auf der anderen Seite ist eine mit Abs 2 nicht vereinbare Gesetzesumgehung anzunehmen, wenn neben der mitbestimmungspflichtigen Komplementärgesellschaft weitere Komplementäre bestellt werden und diese Einzelgeschäftsführungsbefugnis erhalten, die Komplementärgesellschaft hingegen nur Gesamtgeschäftsführungsbefugnis. 75 Mit Abs 2 nicht vereinbar ist weiter eine Weisungsbefugnis der KG oder der Kommanditisten

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Vgl zum folgenden namentlich Martens ZHR 138 (1974), 223 ff; Hölters BB 1975, 8 0 2 f; Schneider ZGR 1977, 3 4 9 ; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 4 Rdn 45; Klamroth BB 1977, 3 0 6 ; Reuter AcP 179 (1979), 509, 5 4 6 ; GemKomm.MitbestG/Naendrup § 4 Rdn 52 ff, 59; Bäumer aaO 72 ff; Hanau/Ulmer § 4 Rdn 2 7 ff; Koberlll ff; Ahlbrecht aaO 129 ff; Quast aaO 3 0 0 ff. Vgl Begründung zum RegE, BTDrucks 7 / 2 1 7 2 , 16; Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BTDrucks 7 / 4 8 4 5 , 2 . Vgl § 25 Rdn 81. Vgl Hanau/Ulmer § 4 Rdn 28. Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 4 Rdn 44; Hanau/Ulmer $ 4 Rdn 27; aA Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 4 Rdn 52; differenzierend Bäumer aO 74 ff. Hanau/Ulmer % 4 Rdn 2 7 ; differenzierend nach Art des wichtigen Grundes Bäumer aaO 77 ff; abw die Vorauflage Rdn 19. Ebenso GemKomm.MitbestG/Naercdrwp § 4 Rdn 59; Bäumer 86; Kober 2 1 8 ; Hanau/Ulmer % 4 Rdn 29. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 4 Rdn 45; aA Hölters BB 1975, 8 0 2 f; vgl auch Bäumer 86; Kober 218; Quast 331.

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§ 5 Konzern 1. Teil. Geltungsbereich

gegenüber der Komplementärgesellschaft in allen Angelegenheiten der laufenden Geschäftsführung. 76 Die Weisungsrechte der Gesellschafter der Komplementärgesellschaft gegenüber deren Vertretungsorgan richten sich dagegen nach § 25. 77 26 Vorschriften des Gesellschaftsvertrags, die Abs 2 widersprechen, sind gemäß § 134 BGB nichtig. Wächst eine AG bzw GmbH & Co KG in den Geltungsbereich des Gesetzes hinein, treten sie nach Ablauf der Übergangsfrist außer Kraft. Sie können aber nur nach den Regeln des Rechts der Personengesellschaften durch neue ersetzt werden. 78 IV. Streitigkeiten 27

Ist ungewiß oder streitig, ob eine AG bzw GmbH & Co KG unter § 4 fällt oder ob bei der Komplementärgesellschaft die weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs 1 vorliegen, so haben die ordentlichen Gerichte im Verfahren gemäß § 98 AktG iVm § 6 Abs 2 zu entscheiden.79 Streitigkeiten betr. die Wahlberechtigung der Arbeitnehmer der KG bei der Wahl zum Aufsichtsrat der Komplementärgesellschaft sind nach § 2 Abs 1 Nr 5 ArbGG vor den Arbeitsgerichten anhängig zu machen. Für Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Sicherung der Geschäftsführungsbefugnis gemäß Abs 2 sind wiederum die ordentlichen Gerichte zuständig, und zwar beim Landgericht gemäß § 95 GVG die Kammern für Handelssachen.

§ 5 Konzern (1) Ist ein in § 1 Abs 1 Nr 1 bezeichnetes Unternehmen herrschendes Unternehmen eines Konzerns ($ 18 Abs 1 des Aktiengesetzes), so gelten für die Anwendung dieses Gesetzes auf das herrschende Unternehmen die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen als Arbeitnehmer des herrschenden Unternehmens. Dies gilt auch für die Arbeitnehmer eines in § 1 Abs 1 Nr 1 bezeichneten Unternehmens, das persönlich haftender Gesellschafter eines abhängigen Unternehmens (§18 Abs 1 des Aktiengesetzes) in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft ist.

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Fitting/Wlotzke/Wißmann § 4 Rdn 46; Hanau/Ulmer § 4 Rdn 30; weitergehend GemKomm.MitbestG/Naendrup $ 4 Rdn 59; aA Hoffmann/Lehmann/Weinmann % 4 Rdn 58; zT auch Reuter Ac? 179 (1979), 548. Vgl § 25 Rdn 108. Siehe § 3 7 Rdn 5. Vgl § 6 Rdn 16.

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Konzern $5

(2) Ist eine Kommanditgesellschaft, bei der für die Anwendung dieses Gesetzes auf den persönlich haftenden Gesellschafter die Arbeitnehmer der Kommanditgesellschaft nach $ 4 Abs 1 als Arbeitnehmer des persönlich haftenden Gesellschafters gelten, herrschendes Unternehmen eines Konzern (§18 Abs 1 des Aktiengesetzes), so gelten für die Anwendung dieses Gesetzes auf den persönlich haftenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen als Arbeitnehmer des persönlich haftenden Gesellschafters. Absatz 1 Satz 2 sowie § 4 Abs 2 sind entsprechend anzuwenden. (3) Stehen in einem Konzern die Konzernunternehmen unter der einheitlichen Leitung eines anderen als eines in Absatz 1 oder 2 bezeichneten Unternehmens, beherrscht aber die Konzernleitung über ein in Absatz 1 oder 2 bezeichnetes Unternehmen oder über mehrere solche Unternehmen andere Konzernunternehmen, so gelten die in Absatz 1 oder 2 bezeichneten und der Konzernleitung am nächsten stehenden Unternehmen, über die die Konzernleitung andere Konzernunternehmen beherrscht, für die Anwendung dieses Gesetzes als herrschende Unternehmen. §§17 und 18 Aktiengesetz lauten: $ 17 AktG (1) Abhängige Unternehmen sind rechtlich selbständige Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen (herrschendes Unternehmen) unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß ausüben kann. (2) Von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen wird vermutet, daß es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist. $ 1 8 AktG (1) Sind ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefaßt, so bilden sie einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen. Unternehmen, zwischen denen ein Beherrschungsvertrag ($291) besteht oder von denen das eine in das andere eingegliedert ist ($319), sind als unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt anzusehen. Von einem abhängigen Unternehmen wird vermutet, daß es mit dem herrschenden Unternehmen einen Konzern bildet. (2) Sind rechtlich selbständige Unternehmen, ohne daß das eine Unternehmen von dem anderen abhängig ist, unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt, so bilden sie auch einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen.

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S S Konzern 1. Teil. Geltungsbereich

Schrifttum Ahrens, Die Problematik des Mehrmütterkonzerns in aktien- und mitbestimmungsrechtlicher Sicht, AG 1 9 7 5 , 1 5 1 ; Banz, Das 5 0 : 5 0 Gemeinschaftsunternehmen, FS Kaufmann 1972, 59; Beinert/Hennerkes/Binz, Die GmbH & Co - ein mitbestimmungspflichtiger In-sich-Konzern?, DB 1979, 68; Bülstedt, Der territoriale Geltungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes, BB 1977, 1326; Bernstein/Koch, Internationaler Konzern und deutsche Mitbestimmung - Grundsatzfragen zur Umgehung der Mitbestimmung im Vertragskonzern, ZHR 143 (1979), 522; Biedenkopf, Zur Diskussion über ein neues Unternehmensrecht, FS L. Raiser, 1974, 561; Birk, „Tendenzbetrieb" und Wirtschaftsausschuß, JZ 1973, 753; Däubler, Mitbestimmung und Betriebsverfassung im Internationalen Privatrecht, RabelsZ 3 9 (1975), 4 4 4 ; Duden, Mitbestimmung in Konzernverhältnissen nach dem Mitbestimmungsgesetz, ZHR 141 (1977), 145; Ebenroth/Sura, Transnationale Unternehmen und deutsches Mitbestimmungsgesetz, ZHR 144 (1980), 610; Gansweid, Gemeinsame Tochtergesellschaften im deutschen Konzern- und Wettbewerbsrecht, 1976; Geßler, Mitbestimmung im mehrstufigen Konzern, BB 1977, 1313; Großmann, Die GmbH & Co KG im Spannungsfeld zwischen $ 4 und § 5 Mitbestimmungsgesetz, BB 1976, 1391; Hanau/Wackerbarth, Mitbestimmung im Teilkonzern mit abhängiger KG oder KGaA, FS Lutter, 2 0 0 0 , 425; Hölters, Die unbewältigte Konzernproblematik des Mitbestimmungsgesetzes 1976, RdA 1979,335; Hofinann, Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Gesellschaftsorganen und grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse, Diss. Bonn 1976; v. Hoyningen-Huene, Der Konzern im Konzern, Z G R 1 9 7 8 , 5 1 5 ; G. Hueck, Zwei Probleme der Konzernmitbestimmung, FS H. Westermann, 1974, 241; Joost, Mitbestimmung in der kapitalistischen Kommanditgesellschaft auf Aktien, ZGR 1998,334; Kittner, Grundprobleme der Arbeitnehmerbeteiligung in den Aufsichtsräten eines Konzerns, AuR 1976, 6; Klinkhammer, Der „Konzern im Konzern" als mitbestimmungsrechtliches Problem, DB 1977, 1601; ders, Mitbestimmung im Gemeinschaftsunternehmen, Diss. Berlin 1977; Klückers, Problemfälle der Arbeitnehmerzurechnung auf der Grundlage von § 5 Abs 1 Satz 1 MitbestG, Diss. Köln 1978; Knaup, Unternehmerische Mitbestimmung im Konzern, Diss. Marburg 1979; Köstler, Zur Wahl der Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat eines herrschenden Unternehmens, AuR 1982, 167; Kunze, Zum Begriff des sogenannten Tendenzbetriebs, FS Ballerstedt 1975, 79; ders, Der Geltungsbereich des § 4 Abs 1 Satz 1 MitbestG, ZGR 1978, 321; Loritz, Mitbestimmung und Tendenzschutz im Konzern, ZfA 1 9 8 5 , 4 9 7 ; Lutter, Zur Herrschaft mehrerer Unternehmen über eine Aktiengesellschaft, NJW 1 9 7 3 , 1 1 3 ; ders, Mitbestimmung im Konzern, 1975; ders, Der Anwendungsbereich des MitbestG, ZGR 1977, 195; ders, Mitbestimmungsprobleme im internationalen Konzern, FS Zweigert, 1981, 251; Lutter/Schneider, Mitbestimmung im mehrstufigen Konzern, BB 1977, 553; Martens, Die Tendenzunternehmen im Konzern, AG 1980, 289; ders, Mitbestimmung, Konzernbildung und Gesellschaftereinfluß, ZHR 138 (1974), 179; Meilicke/Meilicke, Mitbestimmung im Konzern, BB 1978, 4 0 6 ; Oetker, Das Recht der Unternehmensmitbestimmung im Spiegel der neueren Rechtsprechung, ZGR 2 0 0 0 , 19; Prager, Grenzen der deutschen Mitbestimmung (inclusive Betriebsverfassung) im deutsch-schweizerischen Unternehmensrecht, 1979; Raiser, Konzernverflechtungen unter Einschluß öffentlicher Unternehmen, ZGR 1996, 465; ders, Geklärte und ungeklärte Fragen der Konzernmitbestimmung, FS Kropff 1997, 243; ders,

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Konzern $5 Der neue Koalitionskompromiß zur Mitbestimmung, BB 1976; Richardi, Konzernzugehörigkeit eines Gemeinschaftsunternehmens nach dem Mitbestimmungsgesetz, 1977; ders, Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat einer arbeitnehmerlosen Aktiengesellschaft, FS Zeuner, 1994, 147; Richter, U m g e h u n g der Konzernvorschriften des Mitbestimmungsgesetzes 1976 durch Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung und/oder Konzernvermutung?, AG 1982, 261; Romeikat, Konzernmitbestimmung auf nachgeordneten Konzernstufen, Diss. München 1989; Säcker, Die Wahlordnungen z u m MitbestG, 1978; Sieling-Wendeling, Zum Tendenzschutz im Konzern nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976, AuR 1977, 240; Schneider, G m b H und GmbH & Co KG in der Mitbestimmung, ZGR 1977, 335; ders, Mitbestimmung im Gleichordnungskonzern, FS Großfeld, 1999,1045; Semler, „Konzern im Konzern", DB 1977, 805; Sigle, Die Mitbestimmung in der G m b H & Co. KG, FS Peltzer, 2001,539; Steindorff, Einzelfragen zur Reichweite des Mitbestimmungsgesetzes, ZHR 141 (1977), 457; Werner, Konzernrechtliche Abhängigkeit und einheitliche Leitung in mitbestimmten Konzernen, ZGR 1976, 447; Wessing/Hölters, Gemeinschaftsunternehmen u n d paritätische Mitbestimmung, DB 1977,864; Wiedemann, Aufgaben u n d Grenzen der unternehmerischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer, BB 1978, 5; Windbichler, Arbeitsrecht im Konzern, 1989,498 ff; v. Zitzewitz, Die Vereinbarkeit internationaler Vertragskonzerne mit dem Mitbestimmungsgesetz 1976, 1979; Zöllner, GmbH u n d G m b H & Co KG in der Mitbestimmung, ZGR 1977,319. Übersicht Rdn I. Vorbemerkungen 1. Gesetzesinhalt 2. Entstehungsgeschichte u n d kritische Würdigung II. Der Grundtatbestand (Abs 1 u n d 2) 1. Voraussetzungen beim herrschenden Unternehmen 2. Voraussetzungen bei den abhängigen Unternehmen 3. Abhängigkeit 4. Konzern III. Einzelfragen 1. Tendenzkonzern . . . . 2. Kapitalgesellschaft & Co als Konzern 3. Konzern im Konzern . . 4. Gemeinschaftsunternehmen 5. Auslandssachverhalte. .

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IV. V.

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7 10 13 VI. 15 20 22 25 28

VII.

a) Ausländische Tochtergesellschaften . . . . b) Ausländische Konzernspitze Rechtsfolgen M i t b e s t i m m u n g im Teilk o n z e r n (Abs 3) 1. Allgemeines 2. Voraussetzungendes Abs 3 3. Konzernherrschaft über eine Zwischengesellschaft 4. Rechtsfolgen 5. Freiwillige R e g e l u n g e n . Andere Unternehmensverbindungen 1. Allgemeines 2. Mischformen zwischen Gleich- u n d Unterordnungskonzern Streitigkeiten

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S 5 Konzern 1. Teil. Geltungsbereich

I. Vorbemerkungen 1

1. Die Vorschrift regelt, zusammen mit § 32, die Mitbestimmung im Unterordnungskonzern. Sie basiert auf dem zutreffenden und in der Literatur auch durchgehend akzeptierten Gedanken, daß angesichts der einheitlichen Leitung des Konzerns durch das herrschende Unternehmen auch die Mitbestimmung dort ausgeübt werden muß, wenn sie wirksam sein soll, und daß es dafür nicht auf die Zahl der Arbeitnehmer des herrschenden Unternehmens ankommen kann, sondern des ganzen Konzerns. Der Lösungsansatz des Gesetzes ist der gleiche wie in § 4: Die Arbeitnehmer sämtlicher Konzernunternehmen werden dem herrschenden Unternehmen zugerechnet. Erreicht dieses erst dadurch die Zahl von mehr als 2 0 0 0 Arbeitnehmern, fällt es nunmehr unter das Gesetz. Sämtliche im Konzern beschäftigte Arbeitnehmer sind aktiv und passiv wahlberechtigt zum Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens. Ob die Konzernunternehmen daneben selbst mitbestimmungspflichtig bleiben, sagt das Gesetz nicht. Aus seinem Schweigen ist jedoch zu folgern, daß es insofern bei den allgemeinen Regeln des MitbestG, BetrVG 1952 oder der Montanmitbestimmungsgesetze bleiben sollte. Dies bedeutet, daß die Arbeitnehmer im Konzern auf mehreren Stufen ein sich uU nach ganz verschiedenen Vorschriften richtendes Mitbestimmungsrecht haben. Die Arbeitnehmer von Konzernunternehmen, die selbst nicht mitbestimmungspflichtig sind, können nach § 5 gleichwohl berechtigt sein, an der Wahl zum Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens teilzunehmen.

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2. Die Lösung war durch SS 76 Abs 4 , 7 7 a BetrVG 1952, das MitbestEG und die Vorschriften über den Konzernbetriebsrat nach SS 54 ff BetrVG 1972 vorgezeichnet, die das Gesetz allerdings nur im Ansatz, nicht aber in den Einzelheiten übernommen hat. Auch die Mitbestimmungskommission hatte empfohlen, allen Arbeitnehmern eines Konzerns neben ihrer Vertretung im Aufsichtsrat des Unternehmens, dem sie unmittelbar angehören, auch ein Mitbestimmungsrecht im herrschenden Unternehmen zu gewähren.1 Gleichwohl war die mehrfache Vertretung der Arbeitnehmer in der Diskussion um den RegE heftig umstritten. Die Sprecher der Gewerkschaften argumentieren, die Lösung entspreche der rechtlichen und tatsächlichen Situation im Konzern, da üblicherweise sowohl im herrschenden wie in den abhängigen Unternehmen wichtige, die Arbeitnehmer betreffende Entscheidungen gefällt würden.2 Demgegenüber verlangten die Vertreter der Industrie die Beseitigung der Mitbestimmung in den Konzerntöchtern oder

1 2

BT-Drucks VI/334 V 1.5.5. und 2 9 ff. Vgl Hensche in der Anhörung vor dem BTAusschuß für Arbeit und Sozialordnung am 7 . 1 1 . 1 9 7 4 , Prot Nr 5 5 , 5 4 .

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Konzern $ 5 II. Der Grundtatbestand (Abs 1 und 2)

doch ihre Reduzierung auf die Drittelbeteiligung nach § 76 BetrVG 1952, da andernfalls mit widersprüchlichen Entscheidungen in den Aufsichtsräten des herrschenden und der abhängigen Unternehmen zu rechnen sei, die eine einheitliche Konzernführung erheblich erschweren oder sogar ausschließen.3 Diese Kritik setzt voraus, daß sich bei einer paritätischen Besetzung der Aufsichtsräte die Anteilseigner nicht mehr durchsetzen können. Infolge der Rückkehr des Gesetzes zu einem Übergewicht der Anteilseignerseite4 hat sie ihre Spitze verloren. Die Gewerkschaften verlangen auch für die Zukunft eine Mitbestimmung auf allen Konzernstufen.5 Die vom Gesetz intendierte Lösung stößt auf Schwierigkeiten, wenn 3 das herrschende Unternehmen nicht mitbestimmungspflichtig ist, weil es die Rechtsform einer Personengesellschaft trägt oder seinen Sitz im Ausland hat. Für diesen Fall schreibt Abs 3 eine Notlösung vor, wonach die Konzernmitbestimmung in dem Unternehmen vorzusehen ist, das die Voraussetzungen des Gesetzes erfüllt und der Konzernspitze am nächsten steht. Gegen diese Lösung wurde in der Kritik der Einwand erhoben, sie sei untauglich, weil sie Unternehmen treffe, die selbst unter der Leitung der Konzernspitze stehen und daher keine eigenständigen unternehmerischen Entscheidungen fällen.6 Da Konzerne aber häufig dezentralisiert geführt und wichtige Entscheidungen in die einzelnen Konzernunternehmen verlagert werden, läßt sich dies nicht allgemein sagen. II. Der Grundtatbestand (Abs 1 und 2) 1. Die Konzernmitbestimmung im herrschenden Unternehmen 4 gemäß § 5 Abs 1 setzt zunächst voraus, daß dieses in einer der in $ 1 Abs 1 Nr 1 genannten Rechtsformen geführt wird. Es kommen daher nur Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mbH und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in Betracht. In allen anderen Unternehmen, namentlich in Einzelunternehmen, offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, gibt es daher keine Konzernmitbestimmung. Nur die AG bzw GmbH & Co KG wird nach Abs 2 den Kapitalgesellschaften auch hier gleich-

3

Schaub vor d e m B T - A u s s c h u ß , Prot N r 5 5 , 59; v g l a u c h Martens Z H R 1 3 8 (1974), 182; Bayer D B 1 9 7 5 , 1 1 7 0 ; Lutter, M i t b e s t i m m u n g i m K o n z e r n 2 5 , 4 4 .

4

Vgl $ 2 9 R d n 1. $ 1 E n t w u r f e i n e s M i t b e s t G des D G B v o m 5 . 1 0 . 1 9 8 2 ; M i t b e s t i m m u n g 1 9 8 3 , 130. Martens Z H R 1 3 8 (1974), 186, 1 9 5 f; Lutter, M i t b e s t i m m u n g i m K o n z e r n 63; stärker d i f f e r e n z i e r e n d Bayer DB 1 9 7 5 , 1 1 6 9 .

5

6

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S S Konzern 1. Teil. Geltungsbereich

gestellt, sofern die Voraussetzungen des § 4 Abs 1 erfüllt sind. Gleichfalls von § 5 nicht erfaßt werden ausländische Konzernmütter, da für sie das deutsche Recht nicht gilt. 7 Unterliegt das herrschende Unternehmen dem MontanMitbestG oder dem MitbestEG oder ist es als Tendenzunternehmen mitbestimmungsfrei, so kommt eine Konzernmitbestimmung nach § 5 schon deshalb nicht in Frage, weil das Gesetz nach § 1 Abs 2 und 4 auf solche Unternehmen generell nicht anzuwenden ist. 8 5 Aus der Verweisung des Abs 1 auf § 18 Abs 1 AktG ist nicht zu folgern, daß das MitbestG auch den aktienrechtlichen Unternehmensbegriff uneingeschränkt übernimmt, denn die Ziele beider Gesetze unterscheiden sich. Während das AktG den Schutz der Gläubiger und Minderheitsaktionäre bezweckt, geht es im MitbestG um die Sicherung der Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer im Konzern. Daher ist der Unternehmensbegriff aus Sinn und Zweck des MitbestG selbst abzuleiten. Es genügt, wenn die Obergesellschaft in einer der in § 1 Abs 1 genannten Rechtsformen geführt wird. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob sie einen eigenen Geschäftsbetrieb hat, ob sie auf Gewinn gerichtet ist oder ob sie die unternehmerische Leitungsmacht über mehrere Unternehmen ausübt. 9 Daher kann auch die AG bzw GmbH & Co KG unter § 5 fallen. 10 Keine Ausnahme gilt ferner für Unternehmen der öffentlichen Hand, denn wenn sich diese der Rechtsformen des Privatrechts bedient, hat sie auch dessen Beschränkungen zu beachten. 11 6

Die Zahl der Arbeitnehmer im herrschenden Unternehmen ist unerheblich; es kommt nur darauf an, daß im gesamten Konzern mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Sinkt die Zahl infolge der Veräußerung der Anteile an einem Konzernunternehmen unter diese Schwelle, so bleibt die Konzernmitbestimmung nach dem MitbestimmungsbeibehaltungsG gleichwohl erhalten, es sei denn, die Zahl der Arbeitnehmer sinkt unter 500 (s § 1 Rdn 26). Auch wenn das herrschende Unternehmen für sich allein in der Regel mehr als 2 000 Arbeitnehmer hat, richtet sich die Mitbestimmung in ihm nach § 5, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Auf der anderen Seite kommt

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Vgl Rdn 31. Zum Problem des Tendenzkonzerns siehe unten Rdn 15 ff. HA; vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 5 Rdn 9; GemKomm.MitbestG/Scftn«der $ 5 Rdn 28; Hanau/Ulmer § 5 Rdn 11; Hölters RdA 1979, 3 3 5 ; Kaiser FS Kropff 2 4 7 ; OLG Düsseldorf DB 1 9 7 9 , 6 9 9 ; OLG Stuttgart BB 1 9 8 9 , 1 0 0 5 = DB 1989, 1128. Vgl Rdn 20. LG Köln AG 1985, 2 5 2 zu einer GmbH, deren Anteile vollständig in den Händes des Bundes lag und die Aufgaben des Bundesministeriums für Verteidigung erfüllte; Raiser FS Kropff 2 4 6 f.

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Konzern S S II. Der Grundtatbestand (Abs 1 und 2)

die Konzernmitbestimmung infolge der Zurechnung der in den Konzernunternehmen beschäftigten Arbeitnehmer auch dann in Betracht, wenn es selbst keinen einzigen eigenen Arbeitnehmer beschäftigt.12 2. Bei den abhängigen Konzernunternehmen kommen im Gegen- 7 satz zum herrschenden alle Rechtsformen des Privatrechts in Frage. Gehören zum Konzern Einzelunternehmen, Personengesellschaften, Unternehmensstiftungen usw, so werden daher auch deren Arbeitnehmer mitgezählt und nehmen an den Wahlen zum Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens teil. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 5 Abs 1, entspricht aber auch dem unzweifelhaften Sinn des Gesetzes, das die Legitimation der Konzernspitze durch alle im Konzern beschäftigten Arbeitnehmer anstrebt.13 Auch im Aktienrecht ist anerkannt, daß abhängiges Unternehmen eines Konzerns jedes Unternehmen ohne Rücksicht auf die Rechtsform sein kann.14 Als abhängige Unternehmen kommen auch Unternehmen in Betracht, 8 die keinen eigenen Geschäftsbetrieb haben oder keinen Gewinn erstreben. Der Unternehmensbegriff ist insofern weit auszulegen.15 Auf die Größe und die Zahl der Arbeitnehmer kommt es nicht an. Daher sind auch abhängige Unternehmen, die selbst mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen und deshalb nach § 1 mitbestimmungspflichtig sind, in die Konzernmitbestimmung gemäß § 5 einzubeziehen. Unerheblich ist ferner, ob das abhängige Unternehmen unter das Montanmitbestimmungsrecht fällt, es sei denn, die Voraussetzungen des § 3 MitbestEG sind erfüllt, so daß der ganze Konzern nach diesem Gesetz mitbestimmungspflichtig ist. Denn andernfalls würde die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in einem zu einem Konzern gehörenden Montanunternehmen verkürzt, ohne daß im Gesetz dafür ein Anhaltspunkt zu finden wäre oder sich andere Gründe anführen ließen. 16 Auch die Arbeitnehmer von Konzernunternehmen, die selbst nach SS 1 Abs 4 oder 81 BetrVG 1952 Tendenzschutz genießen, sind mitzuzählen.17

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OLG Stuttgart aaO und zuvor LG Stuttgart AG 1989, 445 mit Anm Kaiser in EWiR 1989, 195; OLG Celle BB 1993, 957; LG Stuttgart BB 1993, 1541; OLG Stuttgart ZIP 1995, 1004; LG Hannover AG 1993, 190; LG Hamburg AG 1996,89. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $5 Rdn 17; GemKomm.MitbestG/Sc/w«der §5 Rdn 32; Hoffmann/Lehmann/Weinmann §5 Rdn 12; einschränkend bzgl Einzelunternehmen Hanau/Himer % 5 Rdn 18. Vgl Geßler in Geßler/Hefermehl AktG § 15 Rdn 59; Kaiser, Recht der Kapitalgesellschaften $ 51 Rdn 3, je mwN. Vgl Kaiser FS Kropff 249; hM. Ebenso Hoffmann BB 1974, 1277; Bayer DB 1975, 1167; Fitting/Wlotzke/ Wißmann, § 5 Rdn 17. Siehe Rdn 16. 123

SS Konzern 1. Teil. Geltungsbereich

9

N o c h nicht abschließend geklärt ist, o b auch eine K ö r p e r s c h a f t oder A n s t a l t d e s ö f f e n t l i c h e n R e c h t s abhängiges U n t e r n e h m e n eines von einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft g e f ü h r t e n Konzerns im Sinn des § 5 MitbestG sein k a n n . Das P r o b l e m ist i m Fall der Berliner Landesbank aktuell g e w o r d e n , die m i t Hilfe eines Vertrags „ ü b e r eine stille Gesellschaft u n d z u r B e g r ü n d u n g der einheitlichen L e i t u n g " der H e r r s c h a f t der Bankgesellschaft Berlin AG u n t e r s t e l l t wurde. 1 8 Setzt m a n die verfassungsrechtliche Zulässigkeit dieser K o n s t r u k t i o n voraus, so entspricht es d e m Sinn der K o n z e r n m i t b e s t i m m u n g , die Arbeitn e h m e r der L a n d e s b a n k e i n z u b e z i e h e n , d e n n f ü r die Legitimation der K o n z e r n l e i t u n g von Seiten der A r b e i t n e h m e r k a n n es k e i n e n U n t e r schied m a c h e n , ob sie in einem privatrechtlich oder öffentlichrechtlich organisierten U n t e r n e h m e n tätig sind. Auch d a ß die Landesbank auch Beamte beschäftigt u n d sich die M i t b e s t i m m u n g in ihr selbst nach d e m Personalvertretungsrecht richtet, ä n d e r t d a r a n nichts. Mittelbar spricht z u g u n s t e n der A n w e n d u n g des § 5, d a ß auch in der D e u t s c h e n Bahn AG, in der Deutschen Post AG, der Postbank AG u n d der D e u t schen Telecom AG die infolge der N e u o r d n u n g beschäftigten B e a m t e n k r a f t ausdrücklicher gesetzlicher A n o r d n u n g aktiv u n d passiv mitbes t i m m u n g s b e r e c h t i g t sind. 1 9 Die gegenteilige Ansicht des LAG Berlin ü b e r z e u g t d a h e r nicht. 2 0 Soweit eine Z u o r d n u n g der in der Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts Beschäftigten zu den G r u p p e n der r e g u l ä r e n A r b e i t n e h m e r u n d der leitenden Angestellten noch nicht v o r g e n o m m e n w u r d e , m u ß sie f ü r die Zwecke der Wahl nach § 5 MitbestG e n t s p r e c h e n d ihrer Tätigkeit d u r c h g e f ü h r t w e r d e n .

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3. Die A n w e n d u n g des § 5 setzt ferner voraus, d a ß die beteiligten U n t e r n e h m e n einen K o n z e r n bilden, u n d zwar, wie aus d e m Gebrauch der Begriffe „ h e r r s c h e n d e s " u n d „ a b h ä n g i g e s U n t e r n e h m e n " u n d aus der Verweisung auf § 18 Abs 1 AktG folgt, einen U n t e r o r d n u n g s k o n z e r n . 2 1 Die Verweisung auf § 18 Abs 1 AktG besagt auch, d a ß der K o n z e r n b e g r i f f des MitbestG von d e m d e s A k t i e n r e c h t s a u s g e h t , weshalb zu seiner A u s l e g u n g in erster Linie die Literatur h i e r z u h e r a n z u z i e h e n ist. 22 Allerdings h a t sich im S c h r i f t t u m z u m MitbestG m i t Recht die Ansicht durchgesetzt, d a ß dies gewisse R a n d k o r r e k t u r e n

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LAG Berlin AG 1996,140 und dazu Raiser ZGR1996,458,465. Vgl J 9 des Gesetzes zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft vom 1 4 . 9 . 1 9 9 4 , BGBl I 2325. Zu einer abschließenden Entscheidung des BAG ist es nicht gekommen. Über die Mitbestimmung im Gleichordnungskonzern vgl unten Rdn 47.

Vgl statt aller KölnKomm. AktG/Koppensteiner §§ 17 Rdn 4ff, 18 Rdn 4ff; GroßKAktG/Windbichler $$ 17 Rdn 17 ff, 18 Rdn 19 ff; Geßler aaO § 18 Rdn 6 ff; Kaiser, Recht der Kapitalgesellschaften § 51 Rdn 15 ff, je mwN.

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Konzern $ 5 II. Der Grundtatbestand (Abs 1 und 2)

nicht ausschließt, soweit die besonderen Zwecke des MitbestG es erfordern. 23 Der Unterordnungskonzern setzt zunächst voraus, daß das eine Unternehmen von dem anderen im Sinn des §17 Abs 1 AktG abhängig ist. Nach der noch immer gebräuchlichen Formulierung des RG24 liegt Abhängigkeit vor, „wenn das herrschende Unternehmen über Mittel verfügt, die es ihm ermöglichen, das andere Unternehmen seinem Willen zu unterwerfen und diesen bei ihm durchzusetzen". Erforderlich ist eine generelle, auf der Struktur der gegenseitigen Beziehungen beruhende Möglichkeit, den Entscheidungsprozeß des abhängigen Unternehmens im Ganzen, nicht nur in einzelnen Bereichen, zu beeinflussen. Die Abhängigkeit m u ß so weit gehen, daß sie eine einheitliche Leitung der beteiligten Unternehmen gestattet. 25 Die Herrschaft m u ß auf einer maßgeblichen, allerdings nicht notwendig mehrheitlichen, Beteiligung des herrschenden am abhängigen Unternehmen beruhen. 26 Hinzu kommen Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge oder die Eingliederung ($18 Abs 1 Satz 2 AktG). Dagegen genügen die anderen in §292 AktG genannten Unternehmensverträge nicht. Im sogenannten faktischen Konzern beruht die Konzernherrschaft allein auf der Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Ob rechtliche Austauschbeziehungen zB zu Banken, Lieferanten und Abnehmern genügen können, ist dagegen zum Mitbestimmungsrecht noch nicht abschließend entschieden. Nachdem der BGH im Aktienkonzernrecht aber stets einen gesellschaftsrechtlich vermittelten Einfluß verlangt, 27 kann die Frage für das Mitbestimmungsrecht schwerlich anders entschieden werden. Die vielfach noch ungeklärten oder streitigen Einzelfragen können hier nicht ausgeführt werden. 28 Die Verweisung des § 5 auf das AktG bezieht sich mittelbar auch auf 11 § 17 Abs 2 AktG, so daß auch im Rahmen der Konzernmitbestimmung von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen vermutet wird, daß es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist. Die Vermutung ist nach hM widerleglich. Im Zusammen-

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OLG Düsseldorf DB 1979, 699 f; OLG Zweibrücken DB 1984, 107; Fitting/ Wlotzke/Wißmanti § 5 Rdn 9; GemKomm.MitbestG/Sc/!/z«iier§5 Rdn 28; Geßler BB 1977,1314; lutter/Schneidert 1977,555; Säcker, Wahlordnungen Rdn 141; Hölters RdA 1979, 335; Hanau/Ulmer § 5 Rdn 11; KölnKomm.AktG/Mcrfe?« Anh B nach § 1 1 7 5 5 MitbestG Rdn 17 ff. RGZ 167,40 (49). Vgl statt aller KölnKomm.AktG/KoppensiemerJ 17AktGRdn 12. Vgl die gesetzliche Vermutung nach § 17 Abs 2 AktG. SeitBGHZ 9 0 , 3 8 1 stRspr. Vgl neben den oben zitierten Kommentaren Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht 41 f.

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$ 5 Konzern 1. Teil. Geltungsbereich

hang mit der Montanmitbestimmung und folgerichtig auch in den Auseinandersetzungen um den RegE wurde die Frage aufgeworfen, ob die paritätische Besetzung des Aufsichtsrats in einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen nicht dazu nötige, die Vermutung generell als unzutreffend oder widerlegt anzusehen. 29 Nachdem das Gesetz in der endgültigen Fassung das Übergewicht der Anteilseignerseite im Aufsichtsrat wieder anerkannt hat, 30 besteht kein Anlaß mehr, die Vermutung allein deshalb generell als widerlegt anzusehen. 31 12 Sind mehrere Abhängigkeitsverhältnisse dergestalt hintereinander geschaltet, daß das herrschende Unternehmen nicht nur über das von ihm unmittelbar abhängige einen beherrschenden Einfluß ausüben kann, sondern mittelbar auch über das von diesem beherrschte dritte usw, so sind nach hL auch die Enkel- und Urenkelunternehmen von der Konzernmutter abhängig im Sinn des § 17 AktG (mittelbare Abhängigkeit). 32 Daß dies auch für das MitbestG gilt, folgt aus § 5 Abs 3, der expressis verbis davon spricht, daß die Konzernleitung ein Unternehmen über ein anderes beherrscht. 33 13 4. Ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen bilden nach §§ 18 Abs 1 AktG und 5 MitbestG einen Konzern, wenn sie unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt sind. Der in seinen Konturen vielfach noch nicht voll geklärte aktienrechtliche Begriff der einheitlichen Leitung kann hier nicht in seinen Einzelheiten dargestellt werden. 34 Letztlich kommt es darauf an, ob der Unternehmensverbund trotz der rechtlichen Selbständigkeit der abhängigen Unternehmen und einer gewissen damit verknüpften Dezentralisierung wirtschaftlich als ein einheitliches Unternehmen anzusehen ist, das von der Konzernmutter geführt wird. Für das MitbestG vertritt die hM einen weiteren Begriff der einheitlichen Leitung, wonach es genügt, wenn das herrschende Unternehmen einzelne Bereiche (Sparten) der

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Zur Montanmitbestimmung ablehnend BAG AP Nr 2 0 zu § 76 BetrVG 1 9 5 2 mit zust Anm von A. Hueck; Geßler in Geßler/Hefermehl AktG, $ 17 Rdn 51; aA zum RegE Lutter, Mitbestimmung im Konzern 52; Martens ZHR 138 (1974), 184 ff; Biedenkopf FS L. Raiser 3 5 1 .

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Vgl SS 2 9 Abs 2 , 3 1 Abs 4 und die Erläuterungen dazu. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 5 Rdn 28; LutterZGR1977,211; Duden ZHR 141 (1977), 146; GewKomm.MitbestG/Föfcr § 5 Rdn 12; KölnKomm.AktG/ Mertens Anh B nach S 117 § 5 MitbestG Rdn 15; aA Werner ZGR 1 9 7 6 , 4 6 5 f. Vgl KölnKomm.AktG/KoppeiwiemerS 17 Rdn 70 mwN. HM; vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann S 5 Rdn 23; Hanau/Ulmer% 5 Rdn 15. Vgl KölnKomm. MitG/Koppensteiner § 1 8 AktG Rdn 12ff; Emmerich/Sonnenschein/Habersack aaO § 4- III 1; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften § 51 Rdn 3 0 ff.

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Konzern II. Der Grundtatbestand (Abs 1 und 2)

SS

abhängigen Unternehmen leitet.35 Dem ist zuzustimmen, weil angesichts der verbreiteten Spartenorganisation nur so eine wirksame Mitbestimmung, wie sie das Gesetz bezweckt, sichergestellt ist. Doch hat sich die Frage, wann eine Zusammenfassung mehrerer Unternehmen unter einheitlicher Leitung zu bejahen ist, als das zentrale Problem des § 5 erwiesen.36 Unternehmen, zwischen denen ein Beherrschungsvertrag im Sinne 14 des § 291 AktG besteht oder deren eines in das andere gemäß §319 AktG eingegliedert ist, sind nach der unwiderleglichen Vermutung des §18 Abs 1 Satz 2 AktG als Konzern anzusehen (Vertragskonzern). Angesichts der Rückkehr des MitbestG zum Übergewicht der Anteilseignerseite im Aufsichtsrat (§§ 29 Abs 2, 31 Abs 4) besteht kein Anlaß mehr, an der Berechtigung dieser Vermutung zu zweifeln.37 Im Gegensatz zur Konzernmitbestimmung nach § 76 Abs 4 BetrVG 1952 gilt in den Fällen des §5 auch §18 Abs 1 Satz 3 AktG, wonach von einem abhängigen Unternehmen - widerleglich - vermutet wird, daß es mit dem herrschenden einen Konzern bildet. Denn § 5 Abs 1 und 2 verweisen auf den ganzen Abs 1 des § 18 AktG. Die dagegen von Lutter38 erhobenen Einwände sind nach der Endfassung des Gesetzes nicht mehr aufrechtzuerhalten.39 Nur ausnahmsweise, zB wenn nach § 27 Abs 1 ein Repräsentant der Arbeitnehmerseite zum Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt wird, kann die Mitbestimmung im Aufsichtsrat eines abhängigen Unternehmens geeignet sein, die gesetzliche Konzernvermutung in Frage zu stellen. Auf der anderen Seite setzt $ 5 keinen Vertragskonzem voraus, sondern gilt auch, wenn die einheitliche Leitung lediglich durch Mehrheitsbeteiligung abgesichert ist, das heißt im faktischen Konzern.

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Vgl BayObLG DB 1998, 9 7 3 ; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 5 Rdn 25; GemKomm. MitbestG/Schneider § 5 Rdn38; GewKomm.MitbestG/Föftr § 5 Rdn 11; Geßler BB 1 9 7 7 , 1 3 1 7 ; Lutter/Schneider BB 1977, 5 5 6 ; Hanau/Ulmer § 5 Rdn 23; OLG Düsseldorf DB 1979, 6 9 9 f; OLG Zweibrücken DB 1 9 8 4 , 1 0 7 ; BayObLG BB 1 9 9 8 , 2 1 2 9 ; aA Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 5 Rdn 22; Säcker, Wahlordnungen Rdn 159. Siehe unten Rdn 2 2 ff, 25. So zum RegE Lutter, Mitbestimmung im Konzern 51 f mwN; zur Endfassung des Gesetzes Kaiser BB 1 9 7 6 , 1 5 1 ; aA GemKomm.MitbestG/Sdmfider § 5 Rdn 43, der die Vermutung als widerleglich ansieht. Mitbestimmung im Konzern 54 ff; vgl auch ders Z G R 1 9 7 7 , 2 1 1 . HA. Vgl Duden ZHR 141 (1977), 146; Windbichler Arbeitsrecht im Konzern 521, GroßKomm.AktG/Oetter MitbestG § 5 Rdn 19; Hanau/Ulmer $ 5 Rdn 2 7 mwN; zur Widerlegung der Vermutung beim Wegfall einer personellen Verflechtung in den Leitungsgremien vgl BayObLG ZIP 2 0 0 2 , 1 0 3 4 .

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S 5 Konzern 1. Teil. Geltungsbereich

III. Einzelfragen 15 16

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1. Probleme wirft § 5 auf, wenn zum Konzern Unternehmen gehören, die unter den Tendenzschutz fallen. Dabei sind mehrere Fälle zu unterscheiden: a) Erfüllt ein abhängiges Unternehmen die Voraussetzungen des Tendenzschutzes nach § 1 Abs 4, so bleibt es mitbestimmungsfrei, auch wenn das herrschende Unternehmen keinen Tendenzschutz genießt. Doch nehmen seine Arbeitnehmer an den Wahlen zum Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens teil und werden diesem gemäß Abs 1 zugerechnet.40 b) Ein nicht tendenzgeschütztes abhängiges Unternehmen wird nicht dadurch zum Tendenzunternehmen, daß es von einem Tendenzunternehmen beherrscht wird.41 c) Genießt das herrschende Unternehmen Tendenzschutz nach $1 Abs 4, so bleibt es mitbestimmungsfrei, auch wenn zum Konzern mitbestimmungspflichtige Unternehmen gehören. Die Konzernmitbestimmung kann in diesem Fall nicht wirksam werden, es sei denn, die Voraussetzungen des Abs 3 oder des Konzerns im Konzern42 sind erfüllt.43 d) Umstritten ist die Frage, ob ein herrschendes Unternehmen, das selbst nicht unter den Tendenzschutz fällt, zB weil es sich auf die Verwaltung des Konzerns beschränkt, dadurch zum Tendenzunternehmen werden kann, daß dem Konzern Tendenzunternehmen angehören (Problem des Tendenzkonzerns). Das ist grundsätzlich zu bejahen, weil sich die geschützte Tendenz ungeachtet der rechtlichen Selbständigkeit der abhängigen Unternehmen auch in der Ausübung der Leitungsmacht verwirklichen kann.44 Dabei kommt es darauf an, ob nach dem gesamten Erscheinungsbild des Konzerns die Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens sich überwiegend auf tendenz-

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Allg Ansicht; vgl statt aller Martens AG 1 9 8 0 , 2 9 5 ff. BAGE 27, 3 0 1 (309); BAG NJW 1982, 125 = AP Nr 2 0 zu $ 118 BetrVG mit Anm N aendrup; hM; aA nur BirkjZ 1 9 7 3 , 7 5 7 . Vgl Rdn 22. Ebenso Hanau/Ulmer $ 5 Rdn 59; Hoffinann/Lehmann/Weinmann § 1 Rdn 59; Wiedemann BB 1 9 7 8 , 9 ; OLG Hamburg BB 1980, 332; aA Kunze FS Ballerstedt 91; GemKomm.MitbestG/Sc/m«'der$ 5 Rdn 18. Ebenso BAG AP Nr 20 zu $ 1 1 8 BetrVG; MünchHdb/ArbR/Wi/?mann $ 3 7 7 Rdn 37; Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 1 Rdn 42; Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 1 Rdn 60 f; GemKomm. MitbestG/Schneider $ 5 Rdn 19f; Kunze aaO; Scholz, Pressefreiheit 205; Hanau/Ulmer § 5 Rdn 60;Oetker aaO Rdn 38; aA GewKomm.MitbestGIFöhr $ 1 Rdn 49; Birk JZ 1973, 7 5 7 ; Sieling-Wendeling AuR 1977, 241; Wiedemann BB 1 9 7 8 , 1 0 ; Martens AG 1980, 293; LG Hamburg DB 1979, 2 2 7 9 ; OLG Stuttgart BB 1 9 8 9 , 4 4 5 ; LG Stuttgart AG 1 9 8 9 , 4 4 5 .

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Konzern III. Einzelfragen

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geschützte Unternehmen bezieht oder nicht. 45 Die Geprägetheorie 46 ist, bezogen auf die Ausübung der Konzernleitung, auch hier anzuwenden. 2. Noch immer heftig umstritten ist, unter welchen Voraussetzungen 2 0 eine Kapitalgesellschaft & Co unter § 5 fällt. Eine im Schrifttum verbreitete Ansicht wendet § 5 generell neben § 4 an, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Danach fällt jede AG bzw GmbH & Co KG ungeachtet der Einschränkungen des § 4 unter § 5, wenn die KG von der Komplementärgesellschaft abhängig ist und unter ihrer Leitung steht, was von der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags der KG abhängt. 4 7 Die entgegengesetze Meinung sieht § 4 als lex specialis an, so daß § 5 in keinem Fall anwendbar ist. 48 Eine dritte Ansicht hält § 5 neben § 4 grundsätzlich für anwendbar, schließt die Subsumtion der typischen Kapitalgesellschaft & Co, in der sich die Komplementärin darauf beschränkt, die Geschäfte der KG zu führen, unter § 5 jedoch aus. 49 Die besten Gründe sprechen zugunsten der ersten Ansicht. $§ 4 und 2 1 5 richten sich auf den gleichen Zweck, die Mitbestimmung bei Kombinationen mehrerer Gesellschaften zu sichern und schließen sich deshalb nicht gegenseitig aus. § 4 ist auch nicht die engere und deshalb speziellere Vorschrift als § 5, sondern beide stellen verschiedene Tatbestandsvoraussetzungen auf. Schließlich besteht auch kein Anlaß, die Begriffe des Unternehmens bzw der Abhängigkeit und einheitlichen Leitung abweichend von Rdn 4 bis 13 so einzuschränken, daß die AG bzw GmbH & Co KG herausfällt. Entscheidend ist deshalb, ob die KG von der Komplementärgesellschaft abhängig ist. Dies ist im Einzelfall nach der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags der KG zu entscheiden. Nach der gesetzlichen Regelung sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, denn da der beherrschende Einfluß nach der Judikatur des BGH gesellschaftsrechtlich vermittelt sein muß, kommt es auf die Kompetenzen der Gesellschafterversammlung an. Gemäß § 164 HGB sind die Kommanditisten an allen ungewöhnlichen Geschäften beteiligt. 50

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Vgl OLG Hamburg BB 1 9 8 0 , 3 3 2 . Vgl § 1 Rdn 43. $ 5 Rdn 6 2 ff; Kunze ZGR 1978, 3 2 9 f; Hanau/ GemKomm. MitbtstG/Schneider Ulmer $ 5 Rdn 9; KölnKomm. AktG/Merferw Anh B nach § 117 § 5 MitbestG Rdn 35; Raiser FS Kropff 248; wohl auch Fitting/Wlotzke/Wißmann § 4 Rdn 29. Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 5 Rdn 13f; Beinert/Hennerkes/Binz DB 1979, 68ff; Hölters RdA 1979, 3 3 8 ; wohl auch Hanau/Wackenbarth FS Lutter 425, 439. Großmann BB 1 9 7 6 , 1 3 9 2 f f ; Zöllner ZGR 1 9 7 7 , 3 3 2 f f ; SigleVS Peltzer 5 3 9 , 5 5 4 ; OLG Celle DB 1 9 7 9 , 2 5 0 2 ; OLG Bremen DB 1 9 8 0 , 1 3 3 2 , 1 3 3 4 f . Anders Hanau/Wackenbarth aaO.

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5 5 Konzern 1. Teil. Geltungsbereich

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3. In mehrstufigen Konzernen stellt sich die Frage, ob neben der Mitbestimmung der in einer Enkelgesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer in ihrem eigenen Unternehmen und in der Konzernmutter auch noch ihre Beteiligung in einer zwischen Mutter und Enkelin stehenden Tochter in Betracht kommt. Die Antwort hängt davon ab, ob auch zwischen Tochter und Enkelin ein Konzern im Sinne des $ 5 iVm § 18 Abs 1 AktG bestehen kann (Problem des Konzerns im Konzern). Im aktienrechtlichen Schrifttum hält ein Teil der Autoren die Figur eines Konzerns im Konzern für „nicht denkbar" 51 oder doch für unpraktikabel52. Andere sprechen sich dafür aus, ein Konzernverhältnis der Enkelin zur Tochter jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Konzern stark dezentralisiert ist, so daß ungeachtet der Leitungsmacht der Muttergesellschaft auch die Tochter wesentliche selbständige Leitungsbefugnisse gegenüber der Enkelin besitzt und ausübt. Auch im Hinblick auf die Konzernmitbestimmung nach $76 Abs 4 BetrVG 1952 und auf die Bildung von Konzernbetriebsräten gemäß §§ 54ff BetrVG ist die Frage umstritten.53 Doch bejaht die überwiegende Meinung im Schrifttum und vor allem die Judikatur der Arbeitsgerichte zu diesen Vorschriften die Möglichkeit des Konzerns im Konzern.54

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Aus § 5 Abs 3 läßt sich zur Lösung des Problems nichts entnehmen, da die Vorschrift lediglich den Fall betrifft, in dem die Konzernspitze nicht unter das Gesetz fällt.55 Im Ergebnis ist die Möglichkeit des Konzerns im Konzern für den Geltungsbereich des $ 5 MitbestG jedoch zu bejahen. Sie ist nicht begrifflich ausgeschlossen, denn Leitungsmacht kann bei dezentralisierter Konzernorganisation auf verschiedenen Stufen ausgeübt werden.56 In solchen Fällen verlangt der Zweck des Gesetzes, daß die Mitbestimmung nach § 5 überall dort eingerichtet wird, wo maßgebliche, die Arbeitnehmerschaft betreffende Entscheidungen fallen. Die Praxis lehrt, daß dies auch auf Zwischenstufen eines mehrgliedrigen Konzerns der Fall sein kann. Daher ist nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen, ob die Voraussetzungen der einheitlichen Leitung auch bei der Zwischengesellschaft vorliegen.57

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KölnKomm.AktG/Köppe/wfemerJ 18 Rdn 22. Lutter, Mitbestimmung im Konzern 11 f; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 4 III 2; GroßKomm.AktG/Windbichler § 18 Rdn 52ff; MünchKomm. AktG/Bayer § 18 Rdn 42, je mwN. Bejahend zB Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 7 6 BetrVG 1952 Rdn 105; verneinend Dietz/Richardi BetrVG 6. Aufl $ 76 BetrVG 1 9 5 2 Rdn 186. LAG Düsseldorf DB 1 9 7 8 , 9 8 7 , 9 8 8 ; BAG DB 1 9 8 1 , 8 9 5 . Ebenso Bayer DB 1 9 7 5 , 1 1 6 9 gegen Lutter, Mitbestimmung im Konzern 12. Siehe oben Rdn 13 f. Inzwischen hM und stRspr; vgl FittingfWlotzkefWißmann § 5 Rdn 31; Duden ZHR 141 (1977), 158; Bayer ZGR 1 9 7 7 , 1 8 2 ; Geßler BB 1 9 7 7 , 1 3 1 8 ; Klinkham-

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Konzern $ S III. Einzelfragen

Die grundsätzliche Möglichkeit des mitbestimmungsrechtlichen 24 Konzerns im Konzern verlagert das Problem allerdings nur auf die Tatbestandswürdigung, wann eine Tochtergesellschaft neben der Mutter einheitliche Leitungsmacht ausübt. Es fällt auf, daß die ordentlichen Gerichte den Tatbestand noch nie bejaht haben.58 Sie unterscheiden in der Regel zwischen eigenverantwortlicher und lediglich abgeleiteter Führung eines Konzernteils als maßgeblichem Kriterium59 und kommen dann bei der Analyse der jeweils konkreten Entscheidungsstrukturen im Unternehmen zum Ergebnis, daß nur eine abgeleitete Führung vorliegt. Ein Beherrschungsvertrag zwischen der Konzernleitung und der Obergesellschaft einer neu hinzu erworbenen Unternehmensgruppe mit zahlreichen Zustimmungsvorbehalten zugunsten der Konzernleitung schließt die eigenverantwortliche Leitung des Konzernteils aus.60 Auch ein zentralisiertes Berichtswesen und Controlling belegt den ausschließlichen Herrschaftswillen der Konzernspitze,61 ebenso die Personalunion der Führungspersonen in Mutterund Tochtergesellschaft oder die Konzernsteuerung mit Hilfe dafür eingesetzter zentraler Gremien.62 Zwar ist der dogmatische Ansatz dieser Judikatur unhaltbar, weil das geltende Recht im faktischen AG-Konzern daran festhält, daß abhängige Gesellschaften weisungsfrei und unter eigener Verantwortung zu leiten sind (§ 76 Abs 1 AktG). Insoweit bleibt es - anders als im Vertragskonzern - daher stets bei einer

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mer DB 1977, 1606; Klückers, Problemfälle der Arbeitnehmerzurechnung, Diss. Köln 1978, 102,111; Hanau/Ulmer § 5 Rdn 38 ff; GewK/Föhr § 5 Rdn 14; Romeikat, Konzernmitbestimmung 91 f; MünchArbR/Wißmann $ 377 Rdn 23; KölnKomm.AktG/Mmeni Anh $ 117 B §5 MitbestG Rdn 32; Kaiser FS Kropff 251 ff; OLG Düsseldorf DB 1979, 699; OLG Düsseldorf ZIP 1997, 456; OLG Zweibrücken AG 1984, 80 = DB 1984, 107; LG Nürnberg-Fürth ZIP 1984, 325; LG Frankfurt ZIP 1986, 573; OLG Frankfurt ZIP 1987,107; LG Hannover AG 1993, 190; LG Hamburg AG 1996, 89; LG München AG 1996, 186; aA noch Lutter ZGR 1977,212; SchilhngZHR 140 (1976), 53 ff; Semler DB 1977, 810 f; Meilicke/Meilicke BB 1978,409; v. Hoyningen-Huene ZGR 1978,531; Säcker, Wahlordnungen Rdn 158ff; Hoffmann/LehmannfWeinmann, § 5 Rdn 41 ff; GemKomm. MitbestG/Schneider § 5 Rdn 75 ff. Mit Ausnahme des LG Koblenz, dessen unveröffentlichter Beschluß in der Beschwerdeinstanz vom OLG Zweibrücken aaO aufgehoben wurde. Das BAG hat den Tatbestand zu der anders gelagerten Frage, ob ein Konzernbetriebsrat zu bilden war, in der Entscheidung DB 1981, 895 bejaht; Zur Kritik der restriktiven Rechtsprechung vgl Theisen AG 1 9 9 8 , 1 5 3 , 1 5 9 . Grundlegend OLG Zweibrücken aaO. OLG Zweibrücken aaO; LG und OLG Frankfurt aaO. LG München AG 1996,186. LG Hamburg AG 1996,89.

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$ 5 Konzern 1. Teil. Geltungsbereich

originären Leitungsmacht des Vorstands der Tochter. 63 Doch ist die Tendenz der Gerichte eindeutig und praktikabel, den mitbestimmungsrechtlichen Konzern im Konzern nur in seltenen Ausnahmen unter ganz besonderen Umständen zu bejahen. 25 4. Nicht weniger problematisch ist die Konzernmitbestimmung, wenn zwei oder mehrere Obergesellschaften ein Unternehmen gemeinsam leiten, das heißt der Fall des Mehrmütterkonzerns bzw des Gemeinschaftsunternehmens. Das BAG hat zunächst zu § 76 Abs 4 BetrVG 1952 6 4 , sodann aber auch zu $5 MitbestG 65 entschieden, daß das Gemeinschaftsunternehmen in einem solchen Fall mit jeder Obergesellschaft einen Konzern bilden könne, so daß seine Arbeitnehmer in allen ein Mitbestimmungsrecht haben. Seine Begründung lautet im wesentlichen, nur so könne dem Zweck des Gesetzes Rechnung getragen werden, die Arbeitnehmer dort zu beteiligen, wo die sich auf sie auswirkenden Entscheidungen gefällt werden. Im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Abhängigkeitsbericht nach § 3 1 2 AktG aufzustellen ist, und mit der Fusionskontrolle nach § 23 GWB hat auch der BGH 6 6 jedenfalls die Abhängigkeit ( § 1 7 AktG) von allen Müttern bejaht. Das Schrifttum ist dieser Judikatur nur zum Teil gefolgt. 67 Andere Autoren lehnen sie ab 6 8 oder halten doch Differenzierungen und Modifikationen für erforderlich. Z u m MitbestG überwiegt jedoch die Meinung, daß bei Gemeinschaftsunternehmen die Mitbestimmung nach $ 5 in allen herrschenden Unternehmen in Betracht kommt. 6 9 Auch die Rechtsprechung geht davon aus. 70

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Romeikat aaO 99ff; Kaiser aaO 253; vgl auch Richardi FS Zeuner 146, 152ff; KölnKomm.AktG/Mertens Anh § 117 B § 5 MitbestG Rdn 33. BAGE 2 2 , 3 9 0 = AP Nr 20 zu $ 76 BetrVG mit zust Anm Hueck. BAGE 5 3 , 2 8 7 ; BAG AG 1 9 9 6 , 3 6 7 . BGHZ 6 2 , 1 9 3 ; 7 4 , 3 59; 8 0 , 6 9 ; 9 5 , 3 3 0 ua. Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG $ 1 Rdn 75 ff; Buchner RdA 1 9 7 5 , 1 2 ; Gansweid, Gemeinsame Tochtergesellschaften im deutschen Konzern- und Wettbewerbsrecht 199 f. Vgl Barz FS Kaufmann 59, 71; Richardi, Konzernzugehörigkeit eines Gemeinschaftsunternehmens; vgl auch die Kritik von Windbichler, Arbeitsrecht im Konzern 522ff; Ahrens AG 1 9 7 5 , 1 5 2 f . Fitting/Wlotzke/Wißmann % 5 Rdn 41 ff; GemKomm.MitbestG/Scftno'ifer§ 5 Rdn 95; GewK/FÖhr § 5 Rdn 18 ff; Hanau/Ulmer $ 5 Rdn 47 f; Säcker, Wahlordnungen Rdn 185 f; Lutter, Mitbestimmung im Konzern 11; Knaup, Unternehmerische Mitbestimmung im Konzern 2 6 6 ff; Klückers, Problemfälle der Arbeitnehmerzurechnung 177f; Klinkhammer, Mitbestimmung in Gemeinschaftsunternehmen 143 ff; aA Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 5 Rdn 31 ff; Richardi, Konzernzugehörigkeit eines Gemeinschaftsunternehmens 72; Duden ZHR 141 (1977), 161 ff; Bayer ZGR 1977, 187; Steindorff ZHR 141 (1977), 4 6 3 f; Wessing/ Hölters DB 1977, 864; Meilicke/Meilicke BB 1978, 4 0 7 f ; MünchHdb.ArbR/-

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Konzern S S III. Einzelfragen

Der überwiegenden Meinung ist nach Maßgabe der folgenden Prä- 2 6 zisierungen zuzustimmen: Übt eine der Muttergesellschaften wegen ihres höheren Stimmenanteils an der gemeinsamen Tochter oder aus anderen Gründen die Leitung de facto allein aus, so ist sie allein als das herrschende Unternehmen anzusehen, so daß die Tochter nur mit ihr einen Konzern bildet (hM). Haben die Mütter nur ihre Beteiligungen an der gemeinsamen Tochter zusammengefaßt, ohne sich auf eine gemeinsame Leitung zu verständigen, und nimmt auch keine von ihnen Leitungsmacht wahr, so besteht überhaupt kein Konzern. Bei einer 50:50 Beteiligung ohne weitere Absprachen ist die einheitliche Leitung gleichfalls nicht gesichert. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die beiden Anteilseigner ihren Einfluß unabhängig voneinander geltend machen, sich in jedem Einzelfall einigen müssen und leicht in Konflikt miteinander geraten können. Eine einheitliche Leitung kommt bei einer solchen Struktur nicht in Betracht. 71 Anders liegt es, wenn die Muttergesellschaften mit Hilfe eines 2 7 Stimmenpools, eines Konsortialvertrags oder anderer rechtlicher Mittel ihre Maßnahmen in bezug auf die Tochter koordinieren und sie auf dieser Basis gemeinsam leiten. Auch in diesem Fall kann nicht ohne weiteres davon gesprochen werden, daß eine organisatorische und wirtschaftliche Einheit zwischen der Tochter und jeder der beteiligten Mütter bestehe, welche eine Verdoppelung der Konzernmitbestimmung unter dem Gesichtspunkt der Unternehmenseinheit rechtfertigen würde. Für die Arbeitnehmer der Tochtergesellschaft kommt es darauf aber nicht an. Aus ihrer Sicht m u ß die Konzernmitbestimmung vielmehr dort ansetzen, wo die für die Tochter maßgeblichen Entscheidungen fallen. Üben mehrere Konzernmütter die Leitungsmacht dauerhaft gemeinsam aus, so kann folgerichtig auch die Konzernmitbestimmung nur wirksam werden, wenn sie in allen stattfindet. Da das MitbestG dazu bestimmt ist, die Arbeitnehmer an den Unternehmensentscheidungen teilnehmen zu lassen, ist dieser Argumentation der Vorzug zu geben. Im Ergebnis sind die Arbeitnehmer eines Gemeinschaftsunternehmens daher jedenfalls dann an der Wahl zu den Aufsichtsräten aller Muttergesellschaften zu beteiligen, wenn diese den Konzern gemeinsam leiten. Daß sich die Repräsentanz der Arbeitnehmer in diesem Fall vervielfältigt, ist ein unbefriedigender, aber unvermeidlicher Nebeneffekt, der in Kauf

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Wißmann § 377 Rdn 24; KölnKomm.Akte/Mertens Anh % 117 B § 5 MitbestG Rdn 34; Kaiser FS Kropff 25 5 f; ders Recht der Kapitalgesellschaften § 51 Rdn. 41; GroßKomm.AktG/OeifeerMitbestG § 5 Rdn 28. BAGE 22,390; 53,287; BAG AG 1996,367; LAG Hamm BB 1977,1449. Vgl dazu den Fall BAGE 53,287.

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§ 5 Konzern 1. Teil. Geltungsbereich

genommen werden muß. Dasselbe gilt bei mehr als zwei Muttergesellschaften. 72 28 5. Rechtliche Schwierigkeiten bereiten endlich die Auslandssachverhalte. Dabei ist davon auszugehen, daß sich der Geltungsbereich des MitbestG grundsätzlich nur auf das Inland erstreckt (hL). Damit allein lassen sich die Probleme jedoch nicht lösen, weil es auch bei ausländischen Mutter- und Tochtergesellschaften nur darum geht, ob sie bei der im Inland einzurichtenden Mitbestimmung zu berücksichtigen sind oder nicht. 29 a) Nach ganz überwiegender Meinung sind die Arbeitnehmer einer Konzerntochter mit Sitz im Ausland nicht zu berücksichtigen, und zwar rechnen sie weder bei der für §§ 1 , 5 , 9 ua maßgeblichen Zahl der Arbeitnehmer mit, noch haben sie das aktive oder passive Wahlrecht. 73 Das folgt nicht so sehr aus dem Territorialitätsprinzip des internationalen Korporationsrechts als aus Gründen mangelnder Praktikabilität, die den Gesetzgeber veranlaßt haben, ausländische Konzerntöchter auszuscheiden. 74 Doch ist das Diskriminierungsverbot der EG zu beachten. 75 Weiter bestehen mE keine Bedenken, die Arbeitnehmer der ausländischen Tochtergesellschaft freiwillig aktiv und passiv an den Wahlen zu beteiligen, sofern nicht die Rechtsvorschriften des Staates entgegenstehen, in dem die Tochtergesellschaft ihren Sitz hat. 76 Gleiches gilt für die Arbeitnehmer einer ausländischen Zweigniederlassung. 77 30

Hat die ausländische Tochtergesellschaft ihrerseits wieder eine im Inland belegene Tochter, so ist diese gemäß § 17 Abs 1 AktG mittelbar auch von der Muttergesellschaft abhängig und gehört unter den Voraussetzungen des S 1 8 Abs 1 AktG daher zu dem von ihr geführten Konzern. Ungeachtet der ausländischen Zwischenholding sind ihre Arbeitnehmer daher in die Konzernmitbestimmung nach $ 5 Abs 1

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Hanau/Himer $ 5 Rdn 53. Vgl LG Düsseldorf DB 1979, 1451; ferner neben den Kommentaren zu § 5 Duden ZHR 141 (1977), 180, 184; Säcker, Wahlordnungen Rdn 52; Ebenroth/ Sura ZHR 144 (1980), 6 1 8 ; MünchKomm/Kmdier IntGesR Rdn 4 5 4 ; Klückers, Problemfälle der Arbeitnehmerzurechnung 6 ff; Lutter FS Zweigert 2 6 0 ; Staudinger/Großfeld IntGesR Rdn 527; GroßKomm.AktG/Oerfer MitbestG § 5 Rdn 33. Lutter aaO; Ebenroth/Sura aaO 6 1 5 ff; MünchKomm/Efenrotft aaO; Klückers aaO 20 ff; Staudinger/Großfeld Rdn 3 2 5 - 3 2 7 , 3 2 9 . Steindorff ZHR 141 (1977), 4 6 1 ; zum Verhältnis gegenüber der Schweiz Prager, Grenzen der deutschen Mitbestimmung im deutschschweizerischen Unternehmensrecht 4 3 ff. Kritisch hierzu Fitting/Wlotzke/Wißmann § 5 Rdn 18; Lutter aaO 2 6 7 ff. Vgl zuletzt Kindler aO Rdn 4 5 5 f.

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Konzern $ 5 IV. Die Rechtsfolgen

einzubeziehen. 78 Folgerichtig wird man wegen der Parallelität der Interessenlage aus der Sicht der Belegschaft auch die in einem im Inland belegenen unselbständigen Betrieb einer ausländischen Tochtergesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer zu berücksichtigen haben.79 b) Wird die Konzernleitung von einer Obergesellschaft mit Sitz im 3 1 Ausland ausgeübt, ist die für den inländischen Teilkonzern geltende Vorschrift des $ 5 Abs 3 anzuwenden. Die Vorschrift genügt jedoch nicht, beim Vorliegen eines Beherrschungsvertrags zugunsten der ausländischen Mutter die Weisungsrechte nach § 308 AktG auszuschalten. Im Schrifttum wird daher die Ansicht vertreten, einem solchen Beherrschungsvertrag sei nach deutschem internationalem Korporationsrecht die Wirksamkeit zu versagen, jedenfalls sofern bei der ausländischen Mutter nicht eine der deutschen gleichwertige Mitbestimmung besteht. 80 Demgegenüber schlagen Martens81 und Hanau/Ulmersl vor, 5 308 AktG in diesen Fällen restriktiv auszulegen: Verweigert der Aufsichtsrat des abhängigen deutschen Unternehmens die Zustimmung zu einem bestimmten Geschäft nach § 111 Abs 4 AktG, so soll das herrschende Unternehmen entgegen § 3 0 8 Abs 3 AktG daran gehindert sein, seinen Willen durchzusetzen. Dem in diesen Vorschlägen zum Ausdruck gelangenden Rechtsgedanken ist zuzustimmen, denn es widerspräche dem deutschen ordre public, wenn die Mitbestimmung nach § 5 dadurch ausgehöhlt werden könnte, daß die Konzernspitze ins Ausland verlegt und mit ihr ein Beherrschungsvertrag abgeschlossen wird.83 Ob die von Martens und Ulmer vorgeschlagene Lösung dazu ausreicht, muß die Erfahrung lehren. IV. Die Rechtsfolgen Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer an der Konzernspitze wird 3 2 nach § 5 Abs 1 und 2 dadurch erreicht, daß die Arbeitnehmer sämtlicher zu berücksichtigender Konzernunternehmen dem herrschen-

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HA; vgl Hanau/Ulmer % 5 Rdn 55; Kindler aaO Rdn 4 5 8 , je mwN. Ebenso Ebenroth/Sura Z H R 1 4 4 (1980), 619; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 3 Rdn 18; HanaufUlmer § 5 Rdn 55; aA Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 1 Rdn 43; GemKomm.MitbestG/Stfmeider $ 5 Rdn 86; Lutter FS Zweigert 257; Staudinger/ Großfeld aaO Rdn 3 1 5 . Däubler RabelsZ 39 (1975), 473; v. Zitzewitz, Die Vereinbarkeit internationaler Vertragskonzerne mit dem MitbestG 165 ff, 194; Bernstein/Koch ZHR 143 (1979), 535; Duden ZHR 141 (1977), 188 f. ZHR 138 (1974), 194 f. S 5 Rdn 56. Ebenso Kindler aaO Rdn 460; Oetker aaO Rdn 35; aA KölnKomm. AktG/Mertens aaO Rdn 40; KölnKomm. AktG/Koppensteiner $ 3 0 8 Rdn 52.

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$ 5 Konzern 1. Teil. Geltungsbereich

den Unternehmen zuzurechnen sind. Im Gegensatz zu § 77 a BetrVG 1952 ist es dabei nicht erforderlich, daß ein Beherrschungsvertrag vorliegt oder daß das abhängige Unternehmen in das herrschende eingegliedert ist, vielmehr unterscheidet das Gesetz nicht zwischen Vertrags- und faktischem Konzern. War das herrschende Unternehmen nicht schon zuvor verpflichtet, einen Aufsichtsrat zu bilden, so wird es nunmehr aufsichtsratspflichtig, sofern im Konzern insgesamt in der Regel mehr als 2 000 Arbeitnehmer beschäftigt sind. 84 Der Aufsichtsrat ist nach S 7 zusammenzusetzen. 33 Ist das herrschende Unternehmen eine AG oder GmbH & Co KG, so sind nach Abs 2 unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 1 die Arbeitnehmer der Konzerntöchter ebenso wie die der KG der Komplementärgesellschaft zuzurechnen. 85 Die Komplementärgesellschaft kann von der Führung der Geschäfte der KG und daher von der Leitung des Konzerns nicht ausgeschlossen werden. 86 Ist eine AG oder GmbH & Co KG abhängiges Unternehmen, so sind gemäß Abs 1 Satz 2 auch die Arbeitnehmer der AG bzw GmbH hinzuzuzählen. Dabei kommt es nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht darauf an, daß die KG und die Komplementärgesellschaft gemäß § 4 miteinander verflochten sind. 87 Im Fall des Abs 2 sind diese Arbeitnehmer auch der Komplementärgesellschaft des herrschenden Unternehmens zuzurechnen (Abs 2 Satz 2). Steht dagegen umgekehrt die Komplementärgesellschaft im Konzernverbund, wird man die Arbeitnehmer der KG sinngemäß nur dann einbeziehen dürfen, wenn die zusätzlichen Voraussetzungen des § 4 Abs 1 erfüllt sind oder wenn die Komplementärgesellschaft ihrerseits die KG im Sinne des $ 17 AktG beherrscht. 88 Im mehrstufigen Konzern sind die Arbeitnehmer auch der Enkel- und Urenkelunternehmen dem herrschenden Unternehmen zuzurechnen. 34

Infolge der Zurechnung nehmen die Arbeitnehmer aller abhängigen Konzernunternehmen aktiv und passiv an den Wahlen zum Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens teil und bilden das die gewählten Arbeitnehmervertreter legitimierende Wahlvolk. Über die durch die Konzernmitbestimmung bedingten Probleme des Wahlverfahrens vgl die Erläuterungen zu §§ 1 0 , 1 5 , 1 8 .

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Vgl § 6 Abs l . Vgl Lutter, Mitbestimmung im Konzern 60; Einzelheiten bei Hanau/Ulmer Rdn 6 2 ff; Hanau/Wackenbarth FS Lutter 4 2 5 , 4 3 2 ff. Abs 2 Satz 2 iVm § 4 Abs 2; vgl § 4 Rdn 23 ff. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 5 Rdn 4 7 ; Hanau/Ulmer % 5 Rdn 34. Lutter, Mitbestimmung im Konzern 62; s oben Rdn 20.

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§5

Konzern V. M i t b e s t i m m u n g im Teilkonzern (Abs 3)

$5

V. Mitbestimmung im Teilkonzern (Abs 3) 1. Der vom Gesetzgeber verwirklichte Grundgedanke, daß die Kon- 3 5 Zernmitbestimmung im herrschenden Unternehmen anzusetzen habe, läßt sich nicht durchführen, wenn die Konzernspitze nicht mitbestimmungspflichtig ist. Dies ist der Fall, wenn das herrschende Unternehmen in einer nicht unter § 1 Abs 1 Nr 1 fallenden Rechtsform geführt wird, sondern zB als Personengesellschaft oder einzelkaufmännisches Unternehmen, ferner, wenn es seinen Sitz im Ausland hat und daher vom deutschen Recht nicht erreichbar ist. 89 Nach den allgemeinen Regeln könnte in diesen Fällen die Mitbestimmung nur in den einzelnen Konzernunternehmen stattfinden, sofern diese die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Eine Konzernmitbestimmung ist nur möglich, wenn eine zwischen der Konzernmutter und den Enkelunternehmen stehende Tochter eigene Leitungsbefugnisse im Sinne eines Konzerns im Konzern ausübt (vgl Rdn 22). Um diesem unbefriedigenden Ergebnis zu begegnen, hat der Gesetzgeber in § 5 Abs 3 eine Ersatzlösung vorgesehen, wonach die Konzernmitbestimmung in dem der Muttergesellschaft am nächsten stehenden Unternehmen stattfindet, welches die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, und zwar ohne daß es darauf ankommt, ob dieses selbst eine Leitungsmacht besitzt und wahrnimmt. Ist dies nicht der Fall, fingiert die Vorschrift einen als selbständige Untereinheit faßbaren Teilkonzern. Die Vorschrift ist den früheren §§ 3 3 0 AktG und 28 Abs 2 EGAktG 3 6 (heute § 290 f HGB) nachgebildet, die unter im wesentlichen gleichen Voraussetzungen anordnen, daß Teilkonzernabschlüsse und -lageberichte aufzustellen sind. Den Ausfall der Mitbestimmung an der Konzernspitze kann sie nur unvollkommen ersetzen, da sie in dem Maße ineffektiv bleiben muß, in dem die Muttergesellschaft den Konzern selbst führt. Vielfach wird sie Mitbestimmungsorgane schaffen, welche der Konzernorganisation zuwiderlaufen und so „unabsehbare Kreuzund Querberechtigungen zu Wahlen in mehr oder minder einflußlose Aufsichtsräte" entstehen lassen, „ohne daß die Konzernleitung selbst erfaßt werden könnte". 90 Auf der anderen Seite geht es zu weit, zu behaupten, sie laufe generell leer,91 denn in Mischkonzernen und in multinationalen Unternehmen ist es nicht ungewöhnlich, daß den Töchtern ein erhebliches Maß von Entscheidungsfreiheit eingeräumt wird. 92 Auch erweist sich die Vorschrift trotz ihrer Unvollkommenheit als eine

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V g l § l Rdn lOff sowie oben Rdn 3 1 . Lutter, M i t b e s t i m m u n g im Konzern 13. So aber Hoffmann DB 1 9 7 5 , 1 2 7 7 ; vorsichtiger Martens Z H R 1 3 8 ( 1 9 7 4 ) , 1 9 5 f; siehe ferner Hölters RdA 1 9 7 9 , 3 3 8 f. Bayer DB 1 9 7 5 , 1 1 6 9 .

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S S Konzern 1. Teil. Geltungsbereich

wichtige und kaum vermeidliche Ergänzung der allgemeinen Konzernmitbestimmung nach Abs 1 und 2, weil es ohne sie allzu leicht wäre, diese zu umgehen, indem das herrschende Unternehmen in eine nicht mitbestimmungspflichtige Personengesellschaft umgewandelt oder ins Ausland verlegt wird. 37 2. Die M i t b e s t i m m u n g im Teilkonzern nach Abs 3 setzt zunächst voraus, daß der Gesamtkonzern von einem Unternehmen geleitet wird, das nicht der Konzernmitbestimmung unterliegt, weil es nicht in der Rechtsform der AG, KGaA, GmbH, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft oder, unter den Voraussetzungen des §4, AG bzw GmbH & Co KG geführt wird. 93 Es kommen alle anderen Rechtsformen in Betracht, dh neben den Personengesellschaften und dem einzelkaufmännischen Unternehmen zB auch Vereine, Stiftungen, Gesellschaften bürgerlichen Rechts oder öffentliche Unternehmen. Die zusätzlichen Voraussetzungen des aktienrechtlichen Unternehmensbegriffs brauchen nicht erfüllt zu sein.94 Selbst wenn man hier am aktienrechtlichen Unternehmensbegriff festhalten würde, bliebe das Ergebnis gleich, weil dann in allen Fällen, in denen die Merkmale nicht gegeben sind, § 5 Abs 1 unmittelbar anzuwenden wäre. 38 Notwendig ist die Teilkonzernregelung ferner, wenn die Konzernspitze ihren Sitz im Ausland hat und daher nicht dem deutschen Mitbestimmungsrecht unterliegt. Dies ergibt sich zwar nicht zwingend aus dem Wortlaut des § 5, der nur von einem anderen als den in § 1 Abs 1 und § 4 bezeichneten Unternehmen spricht, also nur auf die Rechtsform abstellt, entspricht aber dem Sinn des Gesetzes und der erklärten Absicht des Gesetzgebers. 95 Schließlich ist Abs 3 auch auf die Fälle anzuwenden, in denen die Konzernspitze d e m MontanmitbestG unterliegt oder als T e n d e n z u n t e r n e h m e n mitbestimmungsfrei bleibt. Nach dem Wortlaut ergreift die bei § 1 Abs 1 endende Verweisungskette des § 5 Absätze 3 und 1 zwar auch diese Fälle nicht. Da jedoch die Interessenlage dieselbe ist wie wenn das herrschende Unternehmen als Personengesellschaft geführt wird oder seinen Sitz im Ausland hat, läßt sich eine verschiedene Behandlung nicht rechtfertigen. Die Formulierung des Gesetzes ist daher insoweit als Redaktionsfehler zu würdigen. 96 Nur wenn bereits eine Konzernmitbestimmung nach 93 94 95

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§ 5 Abs 3 iVm § 1 Abs 1 Nr 1 und § 4. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 5 Rdn 56; Hanau/Ulmer § 5 Rdn 67. Vgl Begründung z u m RegE BTDrucks 7/2172, 20; Ausschußbericht BTDrucks 7/4845, 4; OLG Stuttgart AG 1995, 380 = JZ 1995, 795 mit Anm Großfeld = ZIP 1995, 1006 mit Anm Mankowski = IPRax 1995, 377 mit Anm Kronke; LG Stuttgart AG 1993,473. Im Ergebnis auch Hanau/Ulmer S 5 Rdn 73, 74; Romeikat aaO 145 f; KölnKomm.AktG/Mertens aaO Rdn 51; aA Hoffmann/Lehmann/Weinmann §5

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Konzern V. M i t b e s t i m m u n g im Teilkonzern (Abs 3)

S5

dem MitbestEG einzurichten ist, bleibt für die Anwendung des § 5 Abs 3 kein Raum mehr. 97 3. Abs 3 verlangt weiter, daß die selbst nicht mitbestimmungs- 39 Pflichtige Konzernmutter andere Unternehmen über ein oder mehrere mitbestimmungspflichtige Unternehmen beherrscht. Die Formulierung setzt einen drei- oder mehrstufigen Konzern voraus, in dem die einheitliche Leitung durch Unternehmen vermittelt wird, die zwischen der Konzernspitze und den übrigen Konzerngliedern stehen. Die Zwischengesellschaft braucht keinerlei eigene Leitungsmacht auszuüben, vielmehr genügt es, wenn die Direktiven der Konzernmutter über sie gehen. Auf welche Weise die Herrschaft vermittelt wird, namentlich ob es auf die Kapitalverflechtung oder auf die Leitungsstruktur ankommt, bleibt dagegen offen. Dies ist unproblematisch, sofern beides zusammenfällt, die Leitungswege also der Kapitalbeteiligung folgen. Ist zB das selbst nicht mitbestimmungspflichtige Unternehmen A mehrheitlich am Unternehmen B und dieses mehrheitlich am Unternehmen C beteiligt, und nimmt A die konzernleitenden Maßnahmen gegenüber B vor, während sie B an C weitergibt, so kann kein Zweifel auftauchen, daß die Mitbestimmung im Teilkonzern nach Abs 3 im Unternehmen B einzurichten ist, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Dagegen bereiten die Fälle Schwierigkeiten, in denen sich Leitungsstruktur und Kapitalverflechtung nicht decken, weil die Muttergesellschaft die Konzernleitung nicht über die Tochter ausübt, sondern entweder selbst unmittelbar gegenüber den Enkel- bzw Urenkelunternehmen oder mit Hilfe einer anderen von ihr abhängigen Zwischengesellschaft, die an den Enkeln selbst aber nicht beteiligt ist. 98 Im Zusammenhang mit den früheren §§ 330 AktG und 28 Abs 2 40 EGAktG hatte sich die Mehrheit der Autoren auf den Standpunkt gestellt, in diesem Fall komme es auf die Kapitalverflechtung, nicht aber auf die Leitungsstruktur an. 99 Davon ist grundsätzlich auch hinsichtlich der Mitbestimmung im Teilkonzern auszugehen. 100 § 5 Abs 3 beruht auf dem Gedanken, daß die Tochtergesellschaft Konzernherrschaft über die Enkelin ausüben könnte, sofern sie nicht selbst von der Mutter beherrscht wäre, und daher auch imstande ist, die konzern-

97 98

99

100

Rdn 70 f; GcmKomm.MitbestG/Scftnei'der § 5 Rdn 112,114; Lutter, Mitbestimmung im Konzern 13 f; Hölters RdA 1979,339; LoritzZiA 1985,497,528. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann § 5 Rdn 60. Vgl die Fälle bei Lutter Mitbestimmung im Konzern 12f und Hanau/Wacketibarth FS Lutter 425, 426; ferner den Tatbestand zu OLG Stuttgart aaO; vgl auch BayObLG ZIP 2002,1034. Vgl GroßKomm.AktG/Barz 3. Aufl § 3 3 0 Anm 8; 1. KölnKomm.AktG/Knwstein 1. Aufl $ 330 Rdn 8 je mwN. LutterZGK 1977,213; Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 5 Rdn 74.

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$5

Konzern 1. Teil. Geltungsbereich

leitenden Dispositionen der Mutter an die Enkelin weiterzugeben; ferner, daß die Leitungsmacht der Mutter auch gegenüber der Enkelin auf ihrer Herrschaft über die Tochter basiert. Rechtlich setzt diese Konstellation eine doppelte Abhängigkeit iS des § 17 Abs 1 AktG der Enkelin von der Tochter und der Tochter von der Mutter voraus. Gemäß § 17 Abs 2 AktG ist die doppelte Abhängigkeit zu vermuten, sofern die Mutter mit Mehrheit an der Tochter und diese mehrheitlich an der Enkelin beteiligt ist. Daraus folgt, daß in diesem Fall auch eine von der Mutter unmittelbar gegenüber der Enkelin ausgeübte Konzernleitung iS des § 5 Abs 3 durch die Tochter vermittelt wird, es sei denn, die Vermutung gemäß § 1 7 Abs 2 AktG wird in einem der beiden Abhängigkeitsverhältnisse widerlegt. Kann in einem solchen Fall die Konzernmitbestimmung gemäß Abs 1 nicht stattfinden, weil die Mutter die Voraussetzungen des § 1 nicht erfüllt, so ist sie statt dessen gemäß Abs 3 in der Tochter einzurichten. 41

Auf die Art und Weise, wie die Mutter die Leitungsmacht ausübt, namentlich, ob sie sich dazu der Tochter bedient oder nicht, kommt es in diesem Fall nicht an. Es kann also nicht verlangt werden, daß die Tochter wenigstens noch gewisse Mindestfunktionen der Konzernleitung, zB die Weiterleitung der von der Mutter erteilten Weisungen an die Enkelin oder die Weitergabe von Berichten der Enkelin an die Mutter, erfüllt. Es genügt, wenn die Tochter lediglich als Zwischenholding dient, während die Konzernleitung in einer anderen, von der Muttergesellschaft beherrschten, aber nicht mitbestimmungspflichtigen Gesellschaft konzentriert ist. 101

42

Auf der anderen Seite setzt die Vorschrift nicht notwendig eine auf Mehrheitsbeteiligung beruhende Abhängigkeit zwischen Mutter und Tochter sowie zwischen Tochter und Enkelin voraus. Besteht keine auf Kapitalverflechtung beruhende doppelte Abhängigkeit, so m u ß es für die Anwendung des Abs 3 auf die F ü h r u n g s s t r u k t u r des Konzerns ankommen. Dies gilt namentlich in dem von FittingfWlotzke/Wißmann102 angeführten Beispiel: Hält die Konzernmutter die Anteilsmehrheit an zwei Töchtern, T 1 und T 2, die untereinander nicht verflochten sind, und überläßt sie T 1 die Konzernherrschaft auch über T 2, so liegt ein mitbestimmungspflichtiger Teilkonzern gemäß Abs 3 mit T 1 an der Spitze auch dann vor, wenn T 2 nicht mitbestimmungspflichtig sein kann. Da die Vermutungen der § $ 1 7 und 18 AktG nicht greifen, m u ß

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Ebenso OLG Stuttgart aaO; Kol nKo m m. AktG/Mertens Anh $ 117 B $ 5 MitbestG Rdn 46; GemKomm.MitbestG/Scfindder § 5 Rdn 107 ff; GroßKomm. AktG/Oerfeer $ 5 MitbestG Rdn 4 6 f; aA Fitting/Wlotzke/Wißmann § 5 Rdn 62; Romeikat aaO 162ff; Hanau/Ulmer % 5 Rdn 68; OLG Celle BB 1993, 9 5 7 ; LG Stuttgart AG 1 9 9 3 , 4 7 3 . AaO.

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Konzern $ 5 V. M i t b e s t i m m u n g im Teilkonzern (Abs 3)

der Nachweis der Abhängigkeit und der Ausübung von Leitungsmacht aus den konkreten Umständen des Einzelfalls geführt werden.103 Der Abschluß eines Beherrschungsvertrags zwischen Mutter und Enkelin schließt die Anwendung des Abs 3 nicht schlechthin aus; es kommt auf die tatsächlichen Umstände an.104 Sonderprobleme treten auf, wenn die Konzernherrschaft der Mutter- 4 3 gesellschaft über mehrere Zwischengesellschaften vermittelt wird. Besitzt die Mutter eine Mehrheit sowohl am Unternehmen A wie am Unternehmen B und steht das Unternehmen C im gemeinschaftlichen Besitz von A und B, so fragt sich, ob die Mitbestimmung nach Abs 3 in A, B oder in beiden Unternehmen einzurichten ist, wenn die Konzernspitze selbst mitbestimmungsfrei bleibt. Obwohl das Gesetz davon spricht, daß die Konzernherrschaft über mehrere Unternehmen vermittelt wird, löst es den Fall nicht. Die angemessene Lösung folgt aus den Regeln über die Mitbestimmung im Mehrmütterkonzern,105 die hier entsprechend gelten. Sind A und B gleichmäßig an C beteiligt und erfüllen beide die Rechtsformvoraussetzungen des § 1, während die Konzernmutter mitbestimmungsfrei bleibt, so sind beide als herrschende Unternehmen eines Teilkonzerns nach Abs 3 anzusehen, so daß die in C beschäftigten Arbeitnehmer sowohl in A als auch in B ein Mitbestimmungsrecht haben. Wie die Konzernmutter die Leitungsmacht ausübt, spielt auch in diesem Fall keine Rolle. Teilen sich Mutter und Tochter die Anteile der Enkelin, so ist Abs 3 auf die Tochter anzuwenden, wenn die Mutter mitbestimmungsfrei ist. Nach den gleichen Grundsätzen sind noch komplexere Unternehmensverbindungen zu würdigen.106 4. Sind die Voraussetzungen des Abs 3 erfüllt, so ist die Konzern- 4 4 mitbestimmung in dem Unternehmen einzurichten, das der Konzernleitung am nächsten steht. Mitbestimmungsberechtigt sind die Arbeitnehmer in allen Unternehmen, die zu dem von der Zwischengesellschaft geführten wirklichen oder fiktiven Teilkonzern gehören, ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform.107 Erreicht die Zwischengesellschaft erst infolge der Zurechnung der in den unter ihr stehenden Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer mehr als 2000 Arbeitnehmern, wird sie verpflichtet, einen nach dem Gesetz zusammengesetz103

104

105 106 107

Ähnlich Duden ZHR 141 (1977) 157; Säcker, Wahlordnungen Rdn 169; Hanau/Ulmer % 5 Rdn 70. Lutter ZGR 1977, 2 1 3 ; Hanau/Ulmer § 5 Rdn 71; aA Säcker, Wahlordnungen Rdn 169; GemKomm.MitbestG/Scftneider $ 5 Rdn 110; Hoffmann/Lehmann/ Weinmann § 5 Rdn 76 f. Siehe oben Rdn 25. Ebenso GemKomm.MitbestG/Stfme!'der$ 5 Rdn 111; Hanau/Ulmer § 5 Rdn 71. Siehe oben Rdn 7.

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$ 5 Konzern 1. Teil. Geltungsbereich

ten Aufsichtsrat einzurichten. Nicht einzubeziehen sind dagegen die Arbeitnehmer des herrschenden und aller anderen, im Aufbau des Konzerns über der mitbestimmungspflichtigen Zwischengesellschaft stehenden Unternehmen. Auch die Arbeitnehmer anderer, zum Gesamtkonzern, nicht aber zum Teilkonzern gehörender Unternehmen können nicht berücksichtigt werden. Daraus folgt, daß § 5 Abs 3 nicht die Mitbestimmung aller zu dem Konzern gehörenden Arbeitnehmer garantiert. 45 Innerhalb des Teilkonzerns findet die Konzernmitbestimmung, ebenso wie im Normalfall des 5 5 Abs 1 und 2 nur einmal statt, dh die Arbeitnehmer der weiter unten stehenden Unternehmen werden nur dem an der Spitze des Teilkonzerns stehenden Unternehmen zugerechnet, nicht aber solchen Unternehmen, die dazwischen stehen. Dagegen bleiben die Unternehmen nach den für sie selbst geltenden Vorschriften mitbestimmungspflichtig. 46 Die Regelung des Abs 3 führt dazu, daß Konzerne, deren Spitze nicht der Konzernmitbestimmung unterliegt, mitbestimmungsrechtlich uU in eine Mehrzahl von (uU fiktiven) Teilkonzernen aufgespalten werden, in denen verschiedene Mitbestimmungsformen gelten können. Es ist zB möglich, daß im Teilkonzern A die Konzernmitbestimmung in einem Unternehmen einzurichten ist, das unmittelbar unter der Konzernspitze steht, während im Teilkonzern B erst viel weiter unten und im Teilkonzern C gar kein konzernmitbestimmungspflichtiges Unternehmen mehr auftritt. Es kann kein Zweifel herrschen, daß diese unübersichtliche Lösung wenig zweckmäßig ist. Auch diskriminiert sie Arbeitnehmer, welche in Konzernunternehmen beschäftigt werden, die außerhalb der mitbestimmungsrechtlichen Hierarchie stehen. In manchen Fällen wird sich daher die Frage aufdrängen, ob die gesetzliche Regelung nicht durch eine zweckmäßigere ersetzt werden kann. Nach geltendem Recht ist dies grundsätzlich nicht möglich, da § 5 zwingendes Recht ist. Die hL gestattet nur die Einrichtung einer zusätzlichen Mitbestimmung an der Konzernspitze, sofern diese nicht unter die zwingenden Vorschriften des Gesetzes fällt. 108 Eine Öffnung des Gesetzes in diesem Punkt wäre wünschenswert. VI. Andere Unternehmensverbindungen 47

1. Für Unternehmensverbindungen im Sinn der §§ 15-19, 291, 292 AktG, die nicht den Tatbestand des Unterordnungskonzerns erfüllen, enthält das Gesetz keine Sondervorschriften. Es bleibt daher bei den

108

Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 5 Rdn 58; GemKomm.MitbestG/Stfme/der § 5 Rdn 119 ff; Hanau/Ulmer § 5 Rdn 76; Hanau/Wackenbarth FS Lutter 425 ff. Zum Problem der Mitbestimmungsvereinbarungen vgl $ 1 Rdn 4 9 ff.

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Konzern VI. Andere U n t e r n e h m e n s v e r b i n d u n g e n

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allgemeinen Regeln, wonach die Mitbestimmung nur in den einzelnen Unternehmen nach den für diese jeweils geltenden Vorschriften des MitbestG, der Montanmitbestimmungsgesetze oder des BetrVG 1952 stattfindet. Der Einfluß, den ein verbundenes Unternehmen auf das andere ausüben kann, wird mitbestimmungsrechtlich nicht relevant. Das gilt namentlich für den Gleichordnungskonzern. 1 0 9 Werden zwei oder mehrere nicht von einander abhängige Unternehmen unter einheitlicher, von einem gemeinsamen Ausschuß oder einer zu diesem Zweck gegründeten Verwaltungsgesellschaft ausgeübter Leitung zusammengefaßt, so erreicht die Mitbestimmung die Konzernleitung nicht (hA). Gleiches gilt beim Abschluß von Unternehmenspachtoder -Überlassungsverträgen, sofern sie nicht einen Unterordnungskonzern begründen. 2. Zweifelhaft ist die Behandlung der Mischformen zwischen Gleich- 4 8 und Unterordnungskonzern. Faßt eines der zu einem Gleichordnungskonzern gehörenden Unternehmen seinerseits von ihm abhängige Unternehmen unter sich zusammen, so fragt sich, ob in diesem eine Konzernmitbestimmung stattzufinden hat. § 5 Abs 1 und 2 sind auf den Fall nicht anzuwenden, da das Unternehmen keine eigene Leitungsmacht ausübt, es sei denn, die besonderen Voraussetzungen des Konzerns im Konzern sind erfüllt. Aber auch der den Fall sinngemäß am ehesten treffende Abs 3 ist nicht erfüllt, weil er nach seinem Wortlaut einen Unterordnungskonzern voraussetzt. Im Zusammenhang mit einer Reihe von nicht mitbestimmungsrechtlichen Rechtsfragen, bei denen der kombinierte Konzern ähnliche Probleme aufwirft, wird im Schrifttum zum AktG eine analoge Anwendung gewisser konzernrechtlicher Vorschriften empfohlen, weil „eine andere Auslegung zu unvernünftigen Ergebnissen führen" würde. 110 Aus gleichartigen methodischen und sachlichen Erwägungen rechtfertigt sich ein solches Verfahren angesichts der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise auch in bezug auf die Konzernmitbestimmung. Demgemäß sollte die Notlösung des Abs 3 analog auch auf die der Konzernleitung am nächsten stehenden mitbestimmungspflichtigen Unternehmen eines gemischten Gleich- und Unterordnungskonzerns angewandt werden. Nach den gleichen Grundsätzen sind die von Lutter111 dargestellten komplizierten Konzernstrukturen mitbestimmungsrechtlich zu erfassen. 112

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111 112

S 18 Abs 2 AktG, vgl dazu Schneider FS Großfeld 1 0 4 5 , 1 0 5 0 . So KölnKomm.AktG/Koppenifemer § 18 AktG Rdn 10; vgl auch Geßler in Geßler/Hefermehl AktG § 18 Rdn 4 0 , 7 9 ; Raiser KapGesR § 56 Rdn 4 ff. Lutter, Mitbestimmung im Konzern 66. Ebenso v. Hoyningen-Huene ZGR 1978, 5 3 8 f; Hoffmann/Lehtnann/Weinmann § 5 Rdn 4 7 ; Hanau/Ulmer § 5 Rdn 75.

143

SS Konzern

1. Teil. Geltungsbereich

VII. Streitigkeiten 49

Die Klärung der schwierigen, durch § 5 aufgeworfenen Fragen, gehört im Regelfall zu den Feststellungen über die Bildung, Größe und Zusammensetzung des Aufsichtsrats. Sie sind daher im Verfahren nach SS 97 ff AktG iVm 6 Abs 2 zu klären. 113 Steht die Zusammensetzung des Aufsichtsrats im herrschenden Unternehmen dagegen fest und ist nur streitig, ob bestimmte Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen oder ob mittelbare oder unmittelbare Wahl stattzufinden hat, 114 so betrifft die Frage das Wahlrecht und ist daher gemäß S 2 a Abs 1 Nr 3 ArbGG vor die Arbeitsgerichte zu bringen. 115 Dies gilt auch, wenn das Wahlrecht deshalb umstritten ist, weil die Konzernzugehörigkeit eines Unternehmens nicht feststeht. 116

113 114 115 116

Vgl § 6 Rdn 8 ff. § 9 Abs 1 und 2. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 5 Rdn 72. Str; vgl § 6 Rdn 60.

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ZWEITERTEIL Aufsichtsrat ERSTER ABSCHNITT Bildung und Zusammensetzung $ 6 Grundsatz (1) Bei den in $ 1 Abs 1 bezeichneten Unternehmen ist ein Aufsichtsrat zu bilden, soweit sich dies nicht schon aus anderen gesetzlichen Vorschriften ergibt. (2) Die Bildung und die Zusammensetzung des Aufsichtsrats sowie die Bestellung und die Abberufung seiner Mitglieder bestimmen sich nach den SS 7 bis 24 dieses Gesetzes und, soweit sich dies nicht schon aus anderen gesetzlichen Vorschriften ergibt, nach $ 96 Abs 2, den SS 97 bis 101 Abs 1 und 3 und den $$ 102 bis 106 des Aktiengesetzes mit der Maßgabe, daß die Wählbarkeit eines Prokuristen als Aufsichtsratsmitglied der Arbeitnehmer nur ausgeschlossen ist, wenn dieser dem zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organ unmittelbar unterstellt und zur Ausübung der Prokura für den gesamten Geschäftsbereich des Organs ermächtigt ist. Andere gesetzliche Vorschriften und Bestimmungen der Satzung (des Gesellschaftsvertrags, des Statuts) über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats sowie über die Bestellung und die Abberufung seiner Mitglieder bleiben unberührt, soweit Vorschriften dieses Gesetzes dem nicht entgegenstehen. (3) Auf Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sind die SS 100,101 Abs 1 und 3 und die §$ 103 und 106 des Aktiengesetzes nicht anzuwenden. Auf die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ist §9 Abs 2 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nicht anzuwenden. SS 96 bis 106 Aktiengesetz lauten: $ 96 AktG Zusammensetzung des Aufsichtsrats (1) Der Aufsichtsrat setzt sich zusammen bei Gesellschaften, für die das Mitbestimmungsgesetz gilt, aus Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre und der Arbeitnehmer,

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Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

bei Gesellschaften, für die das Montan-Mitbestimmungsgesetz gilt, aus Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre und der Arbeitnehmer und aus weiteren Mitgliedern, bei Gesellschaften, für die die SS 5 bis 13 des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes gelten, aus Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre und der Arbeitnehmer und aus einem weiteren Mitglied, bei Gesellschaften, für die $ 76 Abs 1 des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 gilt, aus Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre und der Arbeitnehmer, bei den übrigen Gesellschaften nur aus Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre. (2) Nach anderen als den zuletzt angewandten gesetzlichen Vorschriften kann der Aufsichtsrat nur zusammengesetzt werden, wenn nach S 97 oder nach § 98 die in der Bekanntmachung des Vorstands oder in der gerichtlichen Entscheidung angegebenen gesetzlichen Vorschriften anzuwenden sind. $ 97 AktG Bekanntmachung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats (1) Ist der Vorstand der Ansicht, daß der Aufsichtsrat nicht nach den für ihn maßgebenden gesetzlichen Vorschriften zusammengesetzt ist, so hat er dies unverzüglich in den Gesellschaftsblättern und gleichzeitig durch Aushang in sämtlichen Betrieben der Gesellschaft und ihrer Konzernunternehmen bekanntzumachen. In der Bekanntmachung sind die nach Ansicht des Vorstands maßgebenden gesetzlichen Vorschriften anzugeben. Es ist darauf hinzuweisen, daß der Aufsichtsrat nach diesen Vorschriften zusammengesetzt wird, wenn nicht Antragsberechtigte nach S 98 Abs 2 innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger das nach S 98 Abs 1 zuständige Gericht anrufen. (2) Wird das nach $ 98 Abs 1 zuständige Gericht nicht innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger angerufen, so ist der neue Aufsichtsrat nach den in der Bekanntmachung des Vorstands angegebenen gesetzlichen Vorschriften zusammenzusetzen. Die Bestimmungen der Satzung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, über die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder sowie über die Wahl, Abberufung und Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern treten mit der Beendigung der ersten Hauptversammlung, die nach Ablauf der Anrufungsfrist einberufen wird, spätestens sechs Monate nach Ablauf dieser Frist insoweit außer Kraft, als sie den nunmehr anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften widersprechen. Mit demselben Zeitpunkt erlischt das Amt der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder. Eine Hauptversammlung, die innerhalb der Frist von sechs Monaten stattfindet, kann an Stelle der außer Kraft tretenden Satzungsbestimmungen mit einfacher Stimmenmehrheit neue Satzungsbestimmungen beschließen. (3) Solange ein gerichtliches Verfahren nach SS 98,99 anhängig ist, kann eine Bekanntmachung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nicht erfolgen.

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Grundsatz $ 6

S 98 AktG Gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats (1) Ist streitig oder ungewiß, nach welchen gesetzlichen Vorschriften der Aufsichtsrat zusammenzusetzen ist, so entscheidet darüber auf Antrag ausschließlich das Landgericht (Zivilkammer), in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Die Landesregierung kann die Entscheidung durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem der Landgerichte übertragen, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. (2) Antragsberechtigt sind 1. der Vorstand, 2. jedes Aufsichtsratsmitglied, 3. jeder Aktionär, 4. der Gesamtbetriebsrat der Gesellschaft oder, wenn in der Gesellschaft nur ein Betriebsrat besteht, der Betriebsrat, 5. der Gesamt- oder Unternehmenssprecherausschuss der Gesellschaft oder, wenn in der Gesellschaft nur ein Sprecherausschuss besteht, der Sprecherausschuss; 6. der Gesamtbetriebsrat eines anderen Unternehmens, dessen Arbeitnehmer nach den gesetzlichen Vorschriften, deren Anwendung streitig oder ungewiß ist, selbst oder durch Delegierte an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Gesellschaft teilnehmen, oder, wenn in dem anderen Unternehmen nur ein Betriebsrat besteht, der Betriebsrat, 7. der Gesamt- oder Unternehmenssprecherausschuss eines anderen Unternehmens, dessen Arbeitnehmer nach den gesetzlichen Vorschriften, deren Anwendung streitig oder ungewiss ist, selbst oder durch Delegierte an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Gesellschaft teilnehmen, oder, wenn in dem anderen Unternehmen nur ein Sprecherausschuss besteht, der Sprecherausschuss; 8. mindestens ein Zehntel oder einhundert der Arbeitnehmer, die nach den gesetzlichen Vorschriften, deren Anwendung streitig oder ungewiß ist, selbst oder durch Delegierte an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Gesellschaft teilnehmen, 9. Spitzenorganisationen der Gewerkschaften, die nach den gesetzlichen Vorschriften, deren Anwendung streitig oder ungewiß ist, ein Vorschlagsrecht hätten, 10. Gewerkschaften, die nach den gesetzlichen Vorschriften, deren Anwendung streitig oder ungewiß ist, ein Vorschlagsrecht hätten. Ist die Anwendung des Mitbestimmungsgesetzes oder die Anwendung von Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes streitig oder ungewiss, so sind außer den nach Satz 1 Antragsberechtigten auch je ein Zehntel der wahlberechtigten in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Mitbestimmungsgesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der wahlberechtigten leitenden Angestellten im Sinne des Mitbestimmungsgesetzes antragsberechtigt. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäß, wenn streitig ist, ob der Abschlußprüfer das nach § 3 des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes maßgebliche Umsatzverhältnis richtig ermittelt hat. 147

S 6 Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

(4) Entspricht die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nicht der gerichtlichen Entscheidung, so ist der neue Aufsichtsrat nach den in der Entscheidung angegebenen gesetzlichen Vorschriften zusammenzusetzen. $97 Abs 2 gilt sinngemäß mit der Maßgabe, daß die Frist von sechs Monaten mit dem Eintritt der Rechtskraft beginnt. $ 99 AktG Verfahren (1) Auf das Verfahren ist das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 bis 5 nichts anderes bestimmt ist. (2) Das Landgericht hat den Antrag in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Der Vorstand und jedes Aufsichtsratsmitglied sowie die nach $98 Abs 2 antragsberechtigten Betriebsräte, Sprecherausschüsse, Spitzenorganisationen und Gewerkschaften sind zu hören. (3) Das Landgericht entscheidet durch einen mit Gründen versehenen Beschluß. Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Sie kann nur auf eine Verletzung des Gesetzes gestützt werden; die $$ 550, 551, 561, 563 der Zivilprozeßordnung gelten sinngemäß. Die Beschwerde kann nur durch Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift eingelegt werden. Über sie entscheidet das Oberlandesgericht. $28 Abs 2 und 3 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt entsprechend. Die weitere Beschwerde ist ausgeschlossen. Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung die Entscheidung über die Bechwerde für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht übertragen, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. (4) Das Gericht hat seine Entscheidung dem Antragsteller und der Gesellschaft zuzustellen. Es hat sie ferner ohne Gründe in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Die Beschwerde steht jedem nach $ 98 Abs 2 Antragsberechtigten zu. Die Beschwerdefrist beginnt mit der Bekanntmachung der Entscheidung im Bundesanzeiger, für den Antragsteller und die Gesellschaft jedoch nicht vor der Zustellung der Entscheidung. (5) Die Entscheidung wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Sie wirkt für und gegen alle. Der Vorstand hat die rechtskräftige Entscheidung unverzüglich zum Handelsregister einzureichen. (6) Für die Kosten des Verfahrens gilt die Kostenordnung. Für das Verfahren des ersten Rechtszugs wird das Vierfache der vollen Gebühr erhoben. Für den zweiten Rechtszug wird die gleiche Gebühr erhoben; dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde Erfolg hat. Wird der Antrag oder die Beschwerde zurückgenommen, bevor es zu einer Entscheidung kommt, so ermäßigt sich die Gebühr auf die Hälfte. Der Geschäftswert ist von Amts wegen festzusetzen. Er bestimmt sich nach $ 30 Abs 2 der Kostenordnung mit der Maßgabe, daß der Wert regelmäßig auf 50000 Euro anzunehmen ist. Schuldner der Kosten ist die Gesellschaft. Die Kosten können jedoch ganz oder zum Teil dem Antragsteller auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet. 148

Grundsatz 5 6

§ lOOAktG Persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder (1) Mitglied des Aufsichtsrats kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Ein Betreuter, der bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einen Einwilligungsvorbehalt (J 1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) unterliegt, kann nicht Mitglied des Aufsichtsrats sein. (2) Mitglied des Aufsichtsrats kann nicht sein, wer 1. bereits in zehn Handelsgesellschaften, die gesetzlich einen Aufsichtsrat zu bilden haben, Aufsichtsratsmitglied ist, 2. gesetzlicher Vertreter eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens ist, oder 3. gesetzlicher Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft ist, deren Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft angehört. Auf die Höchstzahl nach Satz 1 Nr 1 sind bis zu fünf Aufsichtsratssitze nicht anzurechnen, die ein gesetzlicher Vertreter (beim Einzelkaufmann der Inhaber) des herrschenden Unternehmens eines Konzerns in zum Konzern gehörenden Handelsgesellschaften, die gesetzlich einen Aufsichtsrat zu bilden haben, innehat. Auf die Höchstzahl nach Satz 1 Nr 1 sind Aufsichtsratsämter im Sinn der Nummer 1 doppelt anzurechnen, für die das Mitglied zum Vorsitzenden gewählt worden ist. (3) Die anderen persönlichen Voraussetzungen der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer sowie der weiteren Mitglieder bestimmen sich nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem Montan-Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz und dem Betriebsverfassungsgesetz 1952. (4) Die Satzung kann persönliche Voraussetzungen nur für Aufsichtsratsmitglieder fordern, die von der Hauptversammlung ohne Bindung an Wahlvorschläge gewählt oder auf Grund der Satzung in den Aufsichtsrat entsandt werden. $ 101 AktG Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder (1) Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden von der Hauptversammlung gewählt, soweit sie nicht in den Aufsichtsrat zu entsenden oder als Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz oder dem Betriebsverfassungsgesetz 1952 zu wählen sind. An Wahlvorschläge ist die Hauptversammlung nur gemäß SS 6 und 8 des Montan-Mitbestimmungsgesetzes gebunden. (2) Ein Recht, Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden, kann nur durch die Satzung und nur für bestimmte Aktionäre oder für die jeweiligen Inhaber bestimmter Aktien begründet werden. Inhabern bestimmter Aktien kann das Entsendungsrecht nur eingeräumt werden, wenn die Aktien auf Namen lauten und ihre Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden ist. Die Aktien der Entsendungsberechtigten gelten nicht als eine besondere Gattung. Die Entsendungsrechte können insgesamt höchstens für ein Drittel der sich aus dem Gesetz oder der Satzung ergebenden Zahl der Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre eingeräumt werden. S 4 Abs 1 des Gesetzes über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagen149

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Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

werk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand vom 21. Juli 1960 (Bundesgesetzbl. I S. 585), zuletzt geändert durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand vom 31. Juli 1970 (Bundesgesetzbl. IS. 1149), bleibt unberührt. (3) Stellvertreter von Aufsichtsratsmitgliedern können nicht bestellt werden. Jedoch kann für jedes Aufsichtsratsmitglied mit Ausnahme des weiteren Mitglieds, das nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz auf Vorschlag der übrigen Aufsichtsratsmitglieder gewählt wird, ein Ersatzmitglied bestellt werden, das Mitglied des Aufsichtsrats wird, wenn das Aufsichtsratsmitglied vor Ablauf seiner Amtszeit wegfällt. Das Ersatzmitglied kann nur gleichzeitig mit dem Aufsichtsratsmitglied bestellt werden. Auf seine Bestellung sowie die Nichtigkeit und Anfechtung seiner Bestellung sind die für das Aufsichtsratsmitglied geltenden Vorschriften anzuwenden. $ 102 AktG Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder (1) Aufsichtsratsmitglieder können nicht für längere Zeit als bis zur Beendigung der Hauptversammlung bestellt werden, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, wird nicht mitgerechnet. (2) Das Amt des Ersatzmitglieds erlischt spätestens mit Ablauf der Amtszeit des weggefallenen Aufsichtsratsmitglieds. $ 103 AktG Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder (1) Aufsichtsratsmitglieder, die von der Hauptversammlung ohne Bindung an einen Wahlvorschlag gewählt worden sind, können von ihr vor Ablauf der Amtszeit abberufen werden. Der Beschluß bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt. Die Satzung kann eine andere Mehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. (2) Ein Aufsichtsratsmitglied, das auf Grund der Satzung in den Aufsichtsrat entsandt ist, kann von dem Entsendungsberechtigten jederzeit abberufen und durch ein anderes ersetzt werden. Sind die in der Satzung bestimmten Voraussetzungen des Entsendungsrechts weggefallen, so kann die Hauptversammlung das entsandte Mitglied mit einfacher Stimmenmehrheit abberufen. (3) Das Gericht hat auf Antrag des Aufsichtsrats ein Aufsichtsratsmitglied abzuberufen, wenn in dessen Person ein wichtiger Grund vorliegt. Der Aufsichtsrat beschließt über die Antragstellung mit einfacher Mehrheit. Ist das Aufsichtsratsmitglied auf Grund der Satzung in den Aufsichtsrat entsandt worden, so können auch Aktionäre, deren Anteil zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von einer Million Euro erreichen, den Antrag stellen. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. 150

Grundsatz 86

(4) Für die Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder, die weder von der Hauptversammlung ohne Bindung an einen Wahlvorschlag gewählt worden sind noch auf Grund der Satzung in den Aufsichtsrat entsandt sind, gelten außer Absatz 3 das Mitbestimmungsgesetz, das Montan-Mitbestimmungsgesetz, das Mitbestimmungsergänzungsgesetz und das Betriebsverfassungsgesetz 1952. (5) Für die Abberufung eines Ersatzmitglieds gelten die Vorschriften über die Abberufung des Aufsichtsratsmitglieds, für das es bestellt ist. $ 104 AktG Bestellung durch das Gericht (1) Gehört dem Aufsichtsrat die zur Beschlußfähigkeit nötige Zahl von Mitgliedern nicht an, so hat ihn das Gericht auf Antrag des Vorstands, eines Aufsichtsratsmitglieds oder eines Aktionärs auf diese Zahl zu ergänzen. Der Vorstand ist verpflichtet, den Antrag unverzüglich zu stellen, es sei denn, daß die rechtzeitige Ergänzung vor der nächsten Aufsichtsratssitzung zu erwarten ist. Hat der Aufsichtsrat auch aus Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer zu bestehen, so können auch den Antrag stellen 1. der Gesamtbetriebsrat der Gesellschaft oder, wenn in der Gesellschaft nur ein Betriebsrat besteht, der Betriebsrat sowie, wenn die Gesellschaft herrschendes Unternehmen eines Konzerns ist, der Konzernbetriebsrat, 2. der Gesamt- oder Unternehmenssprecherausschuss der Gesellschaft oder, wenn in der Gesellschaft nur ein Sprecherausschuss besteht, der Sprecherausschuss sowie, wenn die Gesellschaft herrschendes Unternehmen eines Konzerns ist, der Konzernsprecherausschuss; 3. der Gesamtbetriebsrat eines anderen Unternehmens, dessen Arbeitnehmer selbst oder durch Delegierte an der Wahl teilnehmen, oder, wenn in dem anderen Unternehmen nur ein Betriebsrat besteht, der Betriebsrat, 4. der Gesamt- oder Unternehmenssprecherausschuss eines anderen Unternehmens, dessen Arbeitnehmer selbst oder durch Delegierte an der Wahl teilnehmen, oder, wenn in dem anderen Unternehmen nur ein Sprecherausschuss besteht, der Sprecherausschuss, 5. mindestens ein Zehntel oder einhundert der Arbeitnehmer, die selbst oder durch Delegierte an der Wahl teilnehmen, 6. Spitzenorganisationen der Gewerkschaften, die das Recht haben, Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer vorzuschlagen, 7. Gewerkschaften, die das Recht haben, Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer vorzuschlagen. Hat der Aufsichtsrat nach dem Mitbestimmungsgesetz auch aus Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer zu bestehen, so sind außer den nach Satz 3 Antragsberechtigten auch je ein Zehntel der wahlberechtigten in § 3 Abs 1 Nr 1 des Mitbestimmungsgesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der wahlberechtigten leitenden Angestellten im Sinne des Mitbestimmungsgesetzes antragsberechtigt. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. (2) Gehören dem Aufsichtsrat länger als drei Monate weniger Mitglieder als die durch Gesetz oder Satzung festgesetzte Zahl an, so hat ihn das Gericht auf Antrag auf diese Zahl zu ergänzen. In dringenden Fällen hat 151

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Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

das Gericht auf Antrag den Aufsichtsrat auch vor Ablauf der Frist zu ergänzen. Das Antragsrecht bestimmt sich nach Absatz 1. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. (3) Absatz 2 ist auf einen Aufsichtsrat, in dem die Arbeitnehmer ein Mitbestimmungsrecht nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem MontanMitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz haben, mit der Maßgabe anzuwenden, 1. daß das Gericht den Aufsichtsrat hinsichtlich des weiteren Mitglieds, das nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz auf Vorschlag der übrigen Aufsichtsratsmitglieder gewählt wird, nicht ergänzen kann, 2. daß es stets ein dringender Fall ist, wenn dem Aufsichtsrat, abgesehen von dem in Nummer 1 genannten weiteren Mitglied, nicht alle Mitglieder angehören, aus denen er nach Gesetz oder Satzung zu bestehen hat. (4) Hat der Aufsichtsrat auch aus Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer zu bestehen, so hat das Gericht ihn so zu ergänzen, daß das für seine Zusammensetzung maßgebende zahlenmäßige Verhältnis hergestellt wird. Wenn der Aufsichtsrat zur Herstellung seiner Beschlußfähigkeit ergänzt wird, gilt dies nur, soweit die zur Beschlußfähigkeit nötige Zahl der Aufsichtsratsmitglieder die Wahrung dieses Verhältnisses möglich macht. Ist ein Aufsichtsratsmitglied zu ersetzen, das nach Gesetz oder Satzung in persönlicher Hinsicht besonderen Voraussetzungen entsprechen muß, so m u ß auch das vom Gericht bestellte Aufsichtsratsmitglied diesen Voraussetzungen entsprechen. Ist ein Aufsichtsratsmitglied zu ersetzen, bei dessen Wahl eine Spitzenorganisation der Gewerkschaften, eine Gewerkschaft oder die Betriebsräte ein Vorschlagsrecht hätten, so soll das Gericht Vorschläge dieser Stellen berücksichtigen, soweit nicht überwiegende Belange der Gesellschaft oder Allgemeinheit der Bestellung des Vorgeschlagenen entgegenstehen; das gleiche gilt, wenn das Aufsichtsratsmitglied durch Delegierte zu wählen wäre, für gemeinsame Vorschläge der Betriebsräte der Unternehmen, in denen Delegierte zu wählen sind. (5) Das Amt des gerichtlich bestellten Aufsichtsratsmitglieds erlischt in jedem Fall, sobald der Mangel behoben ist. (6) Das gerichtlich bestellte Aufsichtsratsmitglied hat Anspruch auf Ersatz angemessener barer Auslagen und, wenn den Aufsichtsratsmitgliedern der Gesellschaft eine Vergütung gewährt wird, auf Vergütung für seine Tätigkeit. Auf Antrag des Aufsichtsratsmitglieds setzt das Gericht die Auslagen und die Vergütung fest. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. Die weitere Beschwerde ist ausgeschlossen. Aus der rechtskräftigen Entscheidung findet die Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozeßordnung statt. $ 105 AktG Unvereinbarkeit der Zugehörigkeit zum Vorstand und zum Aufsichtsrat (1) Ein Aufsichtsratsmitglied kann nicht zugleich Vorstandsmitglied, dauernd Stellvertreter von Vorstandsmitgliedern, Prokurist oder zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter Handlungsbevollmächtigter der Gesellschaft sein. 152

Grundsatz

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(2) Nur für einen im voraus begrenzten Zeitraum, höchstens für ein Jahr, kann der Aufsichtsrat einzelne seiner Mitglieder zu Stellvertretern von fehlenden oder behinderten Vorstandsmitgliedern bestellen. Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit ist zulässig, wenn dadurch die Amtszeit insgesamt ein Jahr nicht übersteigt. Während ihrer Amtszeit als Stellvertreter von Vorstandsmitgliedern können die Aufsichtsratsmitglieder keine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied ausüben. Das Wettbewerbsverbot des $ 88 gilt für sie nicht. $ 106 AktG Bekanntmachung der Änderungen im Aufsichtsrat Der Vorstand hat jeden Wechsel der Aufsichtsratsmitglieder unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen und die Bekanntmachung zum Handelsregister einzureichen. § 9 Genossenschaftsgesetz lautet: § 9 GenG Organe der Genossenschaft (1) Die Genossenschaft muß einen Vorstand und einen Aufsichtsrat haben. (2) Die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats müssen Genossen sein. Gehören der Genossenschaft einzelne eingetragene Genossenschaften als Mitglieder an, oder besteht die Genossenschaft ausschließlich aus solchen, so können Mitglieder der letzteren in den Vorstand und den Aufsichtsrat berufen werden.

Schrifttum Blomeyer, Die Genossenschaft als mitbestimmtes Unternehmen - hat der Genossenschaftsgedanke noch eine Chance? ZfgG Bd 26 (1976), 33; Bommert, Probleme bei der Gestaltung der Rechtsstellung von Ersatzmitgliedern der Aktionärsvertreter im Aufsichtsrat, AG 1986,315; Brox, Leitende Angestellte als Aufsichtsratsmitglieder des Unternehmens, FS Ficker 1967,95; ders, Erteilung, Widerruf und Niederlegung von Prokura und Handlungsvollmacht im neuen Aktienrecht, NJW 1967, 801; v. Caemmerer, Aufsichtsrat und Auslandsverbindungen, FS Geßler 1971, 81; Däubler, Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse bei der GmbH im Lichte des neuen Aktienrechts, GmbHRdsch 1968, 4; ders, Das Arbeitsrecht im neuen Umwandlungsgesetz, RdA 1995,136; Damm, Ersatzmitglieder für Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat nach § 101 Abs 3 AktG und § 17 MitbestG, AG 1977, 44; Decker, Personelle Verflechtungen im Aktienkonzern, 1990; Eckardt, Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern durch das Gericht (§ 103 Abs 3 AktG), NJW 1967,1010; v. Falkenhausen, Das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Aktienrecht, AG 1967,309; Göz, Statusverfahren bei Änderungen in der Zusammensetzung des Aufsichtsrats, ZIP 1998, 1523; Grüter, Prokura der GmbH & Co KG und Aufsichtsrat der KomplementärGmbH, BB 1979, 243-246; Hoffmann/Kirchhoff, Zur Abberufung von Aufsichts153

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Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

ratsmitgliedern durch das Gericht nach § 103 Abs 3 Satzl AktG, FS Beusch, 1993, 377; Hoffmann/Neumann, Aktuelle Fragen des Mitbestimmungsgesetzes für GmbH und GmbH & Co KG, GmbHRdsch 1978, 56; Hofmann, Der wichtige Grund für die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern, BB 1973, 1081; ders, Zur Auflösung einer GmbH, GmbHRdsch 1975, 217; Kallmeyer, Das neue Umwandlungsgesetz, ZIP 1994, 1746; Kiem/Uhrig, Der umwandlungsbedingte Wechsel des Mitbestimmungsstatuts, NZG 2001, 680; Lehmann, Zur Wahl von Ersatzmitgliedern zum Aufsichtsrat, DB 1983, 485; Lutter, Die Unwirksamkeit von Mehrfachmandaten in den Aufsichtsräten von Konkurrenzunternehmen, FS Beusch 1993, 509; Martens, Das aktienrechtliche Statusverfahren und der Grundsatz der Amtskontinuität, DB 1978, 1065; ders, Vertretungsorgan und Arbeitnehmerstatus in konzernabhängigen Gesellschaften, FS Hilger und Stumpf 1983, 437; Matthießen, Stimmrecht und Interessenkollision im Aufsichtsrat 1989; Natzel, Die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder, DB 1965, 1388,1429; Niewiarra/Servatius, Die gerichtliche Ersatzbestellung im Aufsichtsrat, FS Semler 1993, 217; Oetker, Der Anwendungsbereich des Statusverfahrens nach SS 97 ff AktG, ZHR 149 (1985), 575; Peltzer, Der Regierungsentwurf zum Mitbestimmungsgesetz und die Verfassung der deutschen Kapitalgesellschaft, BB 1974, 443; Raiser, Besprechung der Entscheidung BGH NJW 1975, 1657, ZGR 1976,105; Reichert/Schlitt, Konkurrenzverbote für Aufsichtsratsmitglieder, AG 1995, 241; Rellermeyer, Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats, ZGR 1987, 563; Rewolle, Die Abberufung von Arbeitnehmeraufsichtsratsmitgliedern durch Gerichtsbeschluß, BUV 1971,25; Rittner, S§ 96 bis 99 AktG 1965 und das Bundesverfassungsgericht, DB 1969, 2165; Rosendahl, Unternehmenseingliederungen und ihre Auswirkungen auf die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat, AG 1985, 325; Roussos, Ziele und Grenzen bei der Bestellung von Ersatzmitgliedern des Aufsichtsrats, AG 1987,239; Säcker, Die Wahlordnungen nach dem MitbestG, 1978; ders, Behördenvertreter im Aufsichtsrat, FS Rebmann 1989, 781; Singhof, Die Amtsniederlegung durch das Aufsichtsratsmitglied einer Aktiengesellschaft, AG 1998, 318; Schröder, Mängel und Heilung der Wählbarkeit bei Aufsichtsratsund Betriebsratswahlen, 1979; Seiffert, Der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft nach dem RegEntw für ein MitbestG, AG 1974,129; Stein, Der gesetzliche Vertreter eines abhängigen Unternehmens als leitender Angestellter im Aufsichtsrat der herrschenden Gesellschaft, AG 1983, 49; Wardenbach, Niederlegung des Aufsichtsratsmandats bei Interessenkollisionen, AG 1999, 74; Wlotzke, Die Mitbestimmungskonzeption der Bundesregierung, AuR 1974, 225; ders, Arbeitsrechtliche Aspekte des neuen Umwandlungsrechts, DB 1995,40.

Übersicht

Rdn I. Vorbemerkungen II. Obligatorische Bildung des Aufsichtsrats (Abs 1) . . III. Änderung der Zusammensetzung des Aufsichtsrats 154

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Rdn 1. Materielles Recht . . 2. Außergerichtliches Verfahren . . . . 3. Gerichtliches Verfahren. . . 4. Sonderfälle

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16 19

Grundsatz $ 6 I. Vorbemerkungen

Rdn IV. Persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder (§ 100 AktG) 1. Allgemeines 2. Gesetzliche Voraussetzungen 3. Satzungsbestimmungen 4. Rechtsfolgen V. Bestellung und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder 1. Wahl 2. Stellvertreter 3. Ersatzmitglieder . . . . 4. Amtsperiode 5. Vorzeitige Beendigung. 6. Abberufung 7. Gerichtliche Ergänzung des Aufsichtsrats . . . . 8. Bekanntmachung . . . VI. Unvereinbarkeit der Zugehörigkeit zum Ver-

21 22 25 26

27 28 29 31 34 35 42 49

Rdn tretungsorgan und zum Aufsichtsrat (§ 105 AktG) 1. Allgemeines 2. Mitgliedschaft im Vertretungsorgan 3. Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte . 4. $ 1 0 5 Abs 2 AktG . . . . VII. Abweichende gesetzliche und statutarische Bestimmungen (Abs 2 Satz 2). . . VIII. Sondervorschriften für die Genossenschaften (Abs 3) 1. Nichtanwendung aktienrechtlicher Vorschriften 2. Nichtanwendung des § 9 Abs 2 GenG IX. Streitigkeiten

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56

57 58 59

I. Vorbemerkungen Abs 1 schreibt vor, in allen unter das Gesetz fallenden Unternehmen 1 einen Aufsichtsrat zu bilden, und schließt damit die Lücke, die sonst bei einer GmbH auftreten würde, die nicht schon nach dem GmbHG aufsichtsratspflichtig ist. 1 Abs 2 statuiert zunächst den Vorrang der Regeln des MitbestG über die Bildung und Zusammensetzung des Aufsichtsrats sowie über die Bestellung und Abberufung seiner Mitglieder vor den Regeln des Gesellschaftsrechts. Sodann ordnet er die Anwendung der diesbezüglichen Vorschriften des AktG - mit Ausnahme des § 101 Abs 2 AktG 2 - auf alle unter das Gesetz fallenden Unternehmen an und schafft auf diese Weise im Interesse der Einheitlichkeit der Mitbestimmung auch insoweit gleiches Recht. Weiter beschränkt die Vorschrift die nach § 105 Abs 1 AktG für Prokuristen geltende Inkompatibilität zwischen Zuordnung zur Unternehmensleitung und Mitgliedschaft im Aufsichtsrat. Die Vorschrift erklärt sich aus der Befürchtung, daß andernfalls die Zahl der in den Aufsichtsrat

1 2

Vgl Begründung zum RegE, BTDrucks 7/2172,20. Vgl § 8 Rdn 5.

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$ 6 Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

wählbaren leitenden Angestellten zu klein werden könnte. 3 Schließlich sichert Abs 2 Satz 2 die subsidiäre Fortgeltung anderer gesetzlicher Vorschriften sowie privatautonomer Regelungen in der Satzung und gewährleistet damit eine, wenn auch eng begrenzte, rechtsformspezifische Differenzierung. Abs 3 bringt Ausnahmen für die Genossenschaften, die sich aus der Rechtsnatur dieser Unternehmensform erklären. 2 Sämtliche Vorschriften des § 6 waren kaum Gegenstand der politischen Auseinandersetzungen und wurden auch während der Ausschußberatungen nur noch unwesentlich verändert. II. Obligatorische Bildung des Aufsichtsrats (Abs 1) 3

Von den unter das Gesetz fallenden Unternehmensformen sind die AG (SS 95 ff AktG), die KGaA (§ 278 Abs 3 AktG iVm SS 95 ff AktG) und die Genossenschaft (§ 9 Abs 1 GenG) schon nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften verpflichtet, einen Aufsichtsrat zu bilden, während die GmbH eine solche Pflicht bisher nur nach § 77 BetrVG 1952 bzw nach den Montanmitbestimmungsgesetzen traf. Nur für die unter das Gesetz fallenden Unternehmen in einer dieser beiden Rechtsformen wirkt Abs 1 daher konstitutiv. Mehr besagt die Vorschrift nicht. III. Änderung der Zusammensetzung des Aufsichtsrats 4

4

1. Entspricht die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nicht dem materiellen Recht, so wäre nach allgemeinen Vorschriften fraglich, ob er beschlußfähig ist bzw ob seine Beschlüsse wirksam sind. Eine schwer erträgliche Unsicherheit darüber kann ferner auch entstehen, wenn seine richtige Zusammensetzung zweifelhaft oder streitig ist. Für diese Fälle ordnen S§ 97 ff AktG iVm § 6 Abs 2 ein förmliches Statusverfahren zur Änderung oder Klarstellung seiner Zusammensetzung an. Nach § 96 Abs 2 AktG iVm S 6 Abs 2 kann der Aufsichtsrat nach anderen als den zuletzt angewandten gesetzlichen Vorschriften nur zusammengesetzt werden, wenn dieses Verfahren durchgeführt wurde. Die Vorschriften dienen der Rechtssicherheit und der Arbeitsfähigkeit der Unternehmensorgane. Sie verbieten nicht nur die Anwendung eines anderen Verfahrens zur Änderung der Zusammensetzung, sondern besagen auch, daß die Beschlüsse des - wenn auch unrichtig besetzten - Aufsichtsrats uneingeschränkt wirksam sind,

3

Vgl B e g r ü n d u n g z u m R e g E a a O .

4

§ § 9 6 A b s 2 bis 9 9 A k t G .

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Grundsatz $ 6 III. Änderung der Zusammensetzung des Aufsichtsrats

solange das Verfahren nicht durchgeführt wurde (Kontinuitätsprinzip). 5 Die Beschlüsse treten auch nicht mit der Konstituierung des neuen, gesetzmäßig zusammengesetzten Aufsichtsrats außer Kraft.6 Unter § 96 Abs 2 AktG fällt zunächst die falsche Zusammensetzung 5 des Aufsichtsrats infolge von Rechtsunkenntnis oder bewußten Gesetzesverstoßes. Ferner ist die Vorschrift anzuwenden, wenn sich die für die Besetzung des Aufsichtsrats maßgeblichen Tatsachen geändert haben, zB die Zahl der in dem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer auf in der Regel mehr als 2000 angestiegen oder umgekehrt unter diese Ziffer herabgesunken ist, so daß ein Wechsel zwischen der Anwendung der §§ 76ff BetrVG 1952 und des MitbestG ansteht. Zweifelhaft ist ihre Geltung dagegen, wenn nicht der Wechsel zwischen den in § 96 Abs 1 AktG genannten Aufsichtsratsmodellen in Frage kommt, sondern eine Veränderung der Zusammensetzung innerhalb desselben Modells. Für das MitbestG kommt hier namentlich die Veränderung der Größe des Aufsichtsrats gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 in Betracht. Während der Wortlaut des § 96 Abs 2 AktG auch diese Fälle deckt, sprechen seine Entstehungsgeschichte7 und seine Stellung im Gesetz eher dagegen. Entscheidend für seine Anwendung sind aber praktische Gesichtspunkte. Auch der Übergang zu einer anderen Zusammensetzung des Aufsichtsrats innerhalb desselben Modells hängt von Tatsachen, nämlich vom Wechsel der Arbeitnehmerzahl ab, der schwierig festzustellen ist und über den leicht Streit entstehen kann. Die Rechtssicherheit und die Arbeitsfähigkeit der Unternehmensorgane fordern auch hier, in einem förmlichen Verfahren Klarheit zu schaffen, das allen Beteiligten Gelegenheit gibt, ihre Sicht der Rechtslage zur Geltung zu bringen. Da das Verfahren der §§97 ff AktG gerade für diesen Zweck ausgebildet wurde, ist es geboten, es auch in den genannten Fällen anzuwenden.8 Für den Geltungsbereich des MitbestG ergibt sich seine Anwendbarkeit auch aus § 98 Abs 2 Satz 2 AktG, der Antragsrechte im gerichtlichen Klarstellungsverfahren nicht nur gewährt, wenn die Anwendung des MitbestG als solches, sondern auch dann, wenn die Anwendung einzelner seiner Vorschriften streitig ist. Dagegen findet

s

6

7 8

Vgl B e g r ü n d u n g z u m RegE des AktG 1 9 6 5 , Kropff 1 2 6 ; OLG Frankfurt DB 1986,214. HA; vgl Geßler in Geßler/Hefermehl AktG § 9 6 Rdn 5 1 ; Rittner DB 1 9 6 9 , 2 1 6 7 ; KölnKomm.AktG/Merfens $ 9 6 Rdn 2 2 ; Hüffer AktG $ 9 6 Rdn 13. Vgl B e g r ü n d u n g z u m RegE bei Kropff 1 2 6 . HL; vgl Geßler aaO Rdn 5 2 ; Fitting/WlotzkefWißtnann § 6 Rdn 13; Hoffmann/ Lehmann/Weinmann § 3 7 Rdn 5; Hanau/Ulmer § 6 Rdn 14; Oetker Z H R 1 4 9 (1985), 5 7 5 ; Hüffer AktG § 9 7 Rdn 3; KölnKomm.AktG/Meitens § 9 6 Rdn 2 3 ; aA Rosendahl AG 1 9 8 5 , 3 2 6 ; Göz ZIP 1 9 9 8 , 1 5 2 3 , 1 5 2 5 ; OLG Düsseldorf DB 1978,1358.

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Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

das Überleitungsverfahren nicht statt, wenn die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 7 Abs 1 Satz 2 durch die Satzung geändert wurde.9 Auch ein Wechsel des Gruppenproporzes zwischen Arbeitern und Angestellten war vor der Preisgabe der Differenzierung zwischen beiden Gruppen in der Reform von 2001 nach überwiegender Meinung erst bei der nächsten Wahl zu berücksichtigen. 10 Nach der neuen Rechtslage ist deshalb gleichfalls davon auszugehen, daß die gemäß den alten Vorschriften gewählten Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Wahlperiode im Amt bleiben. §§ 9 7 - 9 9 AktG sind ferner nicht anzuwenden, wenn zweifelhaft ist, ob bestimmte Arbeitnehmer nach §§4, 5 an der Wahl teilnehmen, die Zusammensetzung des Aufsichtsrats davon aber nicht berührt wird.11 6 Bei der erstmaligen Anwendung des Gesetzes wird die neue Zusammensetzung des Aufsichtsrats gemäß § 96 Abs 2 AktG ab dem sich aus § 3 7 Abs 1 und 2 ergebenden Zeitpunkt wirksam.12 Zur Zusammensetzung des Aufsichtsrats bei Gesellschaftsneugründungen vgl § 1 Rdn 21 f. 7 Im Aktienrecht führt ein Verstoß gegen §§ 96 Abs 2 , 9 7 Abs 2 Satz 1 und 98 Abs 4 AktG gemäß $ 250 Abs 1 Nr 1 AktG dazu, daß die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner nichtig ist. Da es sich hierbei um eine gesetzliche Ausprägung des allgemeinen Rechtsprinzips handelt, wonach Wahlen bei besonders krassen und offenkundigen Mängeln nicht nur anfechtbar, sondern nichtig sind, ist die Vorschrift auch auf die anderen unter das Gesetz fallenden Unternehmensformen entsprechend anzuwenden. 13 Aus denselben Gründen ist § 250 Abs 1 Nr 1 AktG auch auf die Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat entsprechend anzuwenden.14 Die Notwendigkeit der Analogie folgt hier schon aus praktischen Erwägungen, weil es schwer erträglich wäre, wenn wegen desselben Gesetzesverstoßes die Wahl der Auf-

9 10 11 12 13

14

Vgl $ 7 Rdn 5. Martens DB 1 9 7 8 , 1 0 6 9 ; Hanau/Ulmer $6 Rdn 15; Häffer AktG § 9 7 Rdn 3. Vgl S 5 Rdn 4 9 . Vgl § 3 7 Rdn 3. Vgl zur GmbH Baumbach/Hueck/ZöZfoer GmbHG Anhang nach § 4 7 Rdn 28; Hachenburg/Rawer GmbHG Anhang nach § 4 7 Rdn 6 2 ff; zur Genossenschaft Lang/Weidmüller/Meiz/Scftfljfjiflnii GenG § 51 Rdn 7. HA vgl KölnKomm.AktG/Mertefw § 9 7 - 9 9 Rdn 54; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften § 16 Rdn 129; Hoffmanti/Lehmann/Weinmann § 6 Rdn 16; Fitting/ Wlotzke/Wißmann § 2 2 Rdn 10; GemKomm.MitbestG/Naercdr«i> § 2 2 Rdn 7; Hanau/Ulmer § 6 Rdn 80; aA Godin/Wilhelmi AktG § 9 6 Anm 8; KölnKomm.AktG/Zö'Hner § 2 5 0 Rdn 3; GroßKomm.AktG/K. Schmidt § 2 5 0 Rdn 6; J. Schröder, Mängel und Heilung der Wählbarkeit bei Aufsichtsrats- und Betriebsrats wählen 2 2 ff.

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Grundsatz $ 6 III. Änderung der Zusammensetzung des Aufsichtsrats

sichtsratsmitglieder der Anteilseigner nichtig, die der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat aber nur anfechtbar wäre.15 2. § 97 AktG regelt das außergerichtliche Verfahren zur Änderung 8 der Zusammensetzung des Aufsichtsrats. Da für die Anwendung des MitbestG keine wesentlichen Besonderheiten auftreten, kann hier für die Einzelheiten auf die Literatur zum AktG verwiesen werden. Für die Anpassung der Unternehmen an das MitbestG enthalten § 37 Abs 1 und 2 Übergangsregeln, welche § 97 AktG teilweise, namentlich hinsichtlich der Fristen, modifizieren. 16 Hier ist nur auf folgendes hinzuweisen: a) Verantwortlich für die Einleitung des Verfahrens sind gemäß 9 § 97 Abs 1 AktG iVm § 6 Abs 2 MitbestG bei der AG und der Genossenschaft der Vorstand, bei der KGaA die Komplementäre (vgl § 278 Abs 3 AktG), bei der GmbH die Geschäftsführer. Obwohl es sich um eine Maßnahme der Geschäftsführung handelt, kann die Gesellschafterversammlung die Angelegenheit nicht an sich ziehen, da die ordnungsmäßige Zusammensetzung des Aufsichtsrats gemäß den zwingenden Vorschriften des Gesetzes eine dem Vertretungsorgan auch im öffentlichen Interesse und im Interesse der Arbeitnehmer übertragene Aufgabe darstellt. Die Verlagerung der Zuständigkeit auf die Anteilseignerversammlung würde daher dem MitbestG widersprechen. Aus denselben Gründen ist das Vertretungsorgan dabei auch an Weisungen des Aufsichtsrats oder der Anteilseignerversammlung nicht gebunden.17 Die Entscheidung ist nach den für Beschlüsse des Vertretungsorgans geltenden Regeln zu fällen. Besteht Unklarheit über die Richtigkeit der Zusammensetzung des 10 Aufsichtsrats oder sind Streitigkeiten zu erwarten, so kann das Vertretungsorgan, anstatt nach § 97 AktG vorzugehen, sogleich das gerichtliche Verfahren gemäß § 98 AktG einleiten.18 b) Die Bekanntmachung ist unverzüglich nach dem Entstehen der 11 Mitbestimmungspflicht vorzunehmen, dh ohne schuldhaftes Zögern.19 Bei unklarer Sach- und Rechtslage handelt das Vertretungsorgan aber

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19

Vgl § 22 Rdn 8. Vgl $37 Rdn 3. H M ; vgl KölnKomm. AktG/Mertens § 97-99 Rdn 3 ff; Hanau/Ulmer § 6 Rdn 17; MünchHdb.AG/Hoffmann-Becking$ 28 Rdn 55. H M ; vgl Begründung zum RegE bei Kropff 127; v. Falkenhausen A G 1967,312; KölnKomm.AktG/Merfefw § 97-99 Rdn 5. Zur zeitlichen Einbettung des Statusverfahrens in den Ablauf des Verschmelzungsverfahrens für den Fall, daß die aufnehmende Gesellschaft durch die Verschmelzung erstmals mitbestimmungspflichtig wird, vgl Kiem/Uhrig N Z G

2001,680. 159

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Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

nicht schuldhaft, wenn es die Situation vorher in angemessenem Umfang prüft. Die Bekanntmachung erfolgt durch Publikation in den Gesellschaftsblättern, dh bei der AG und KGaA im Bundesanzeiger sowie in den in der Satzung genannten Blättern (§ 25 AktG). Für die anderen unter das Gesetz fallenden Unternehmen sind bestimmte Publikationsorgane nicht vorgeschrieben. Sofern die Satzung nichts darüber sagt, kommt in analoger Anwendung der §§ 30 Abs 2,58 Nr 1 GmbHG, 156 GenG, 10 HGB gleichfalls der Bundesanzeiger sowie mindestens ein anderes Blatt in Frage, zumal gemäß § 19 die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats ohnehin im Bundesanzeiger bekanntzumachen sind.20 12 Außerdem ist die Bekanntmachung nach dem Wortlaut des Gesetzes in sämtlichen Betrieben der Gesellschaft und ihrer Konzernunternehmen auszuhängen. Da auf diesem Weg die Belegschaften und die Betriebsräte unterrichtet werden sollen, sind Zweifel, wo der Aushang im einzelnen zu erfolgen hat, unter dem Gesichtspunkt zu entscheiden, daß er allen wahlberechtigten Arbeitnehmern zugänglich sein muß.21 Wenn nur die in abhängigen Unternehmen tätigen Arbeitnehmer von der Veränderung betroffen sind, ist die Bekanntmachung im herrschenden Unternehmen eines Unterordnungs- und im Parallelunternehmen eines Gleichordnungskonzerns nicht erforderlich.22 13 Die Bekanntmachung muß feststellen, daß der Vorstand die gegenwärtige Zusammensetzung des Aufsichtsrats für gesetzwidrig hält. Sie muß ferner die nach Ansicht des Vorstands für die rechtmäßige Zusammensetzung maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften nennen und darauf hinweisen, daß der Aufsichtsrat nach diesen Vorschriften gebildet wird, sofern nicht ein nach $ 98 Abs 2 AktG dazu Berechtigter innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger das nach § 98 Abs 1 AktG zuständige, genau zu bezeichnende Gericht anruft. Hat das Unternehmen ein Wahlrecht nach § 7 Abs 1 Satz 2, 3 ausgeübt, so ist auch darauf hinzuweisen.23 Nicht erforderlich ist hingegen die Angabe der Zurechnungsnormen der §§ 4,5 und der einzelnen in die Mitbestimmung nach § 5 einzubeziehenden Unternehmen. 24 Zweifel über die Zuordnung sind im Wahlverfahren zu klären. Erfüllt

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Vgl Hanau/Ulmer § 6 Rdn 19; aA Fitting/Wlotzke/Wißmann § 6 Rdn 16; GK-MitbestG/Naendrup 5 6 Rdn 20, die $ 25 AktG zwingend analog anwenden wollen. Einzelheiten bei Geßler in Geßler/Hefermehl AktG § 9 7 Rdn 15; GroßKomm.AktG/Meyer-Landrut§97 Anm 2; Hüffer AktG 397 Rdn 4. Meyer-Landrut aaO. Hanau/Ulmer § 6 Rdn 21; aA Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 37 Rdn 10; Oetker ZHR149 (1985), 592. AA Säcker, Wahlordnungen Rdn 65.

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Grundsatz $ 6 III. Änderung der Zusammensetzung des Aufsichtsrats

die Bekanntmachung diese Anforderungen nicht, ist sie unwirksam und muß daher wiederholt werden. 25 Für den Beginn der Frist kommt es allein auf die Bekanntmachung im Bundesanzeiger bzw in dem für die Publikationen des Unternehmens bestimmten Blatt an, nicht jedoch auf den Zeitpunkt des Aushangs (§ 97 Abs 2 Satz 1 AktG). Innerhalb der Frist kann der Vorstand die Bekanntmachung auch widerrufen oder durch neuen Aushang korrigieren. 26 c) Ruft infolge der Bekanntmachung ein nach §98 Abs 2 AktG 14 Antragsberechtigter das Gericht an, so bestimmt sich die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nach dem Beschluß des Gerichts (5 98 Abs 4 Satz 1 AktG). Gemäß S 96 Abs 2 AktG amtiert der alte Aufsichtsrat bis dahin weiter.27 Wird das Gericht dagegen nicht angerufen, muß das Unternehmen den Aufsichtsrat so zusammensetzen, wie es bekannt gemacht hat, und zwar bis zum Schluß der ersten Anteilseignerversammlung, die nach dem Ablauf der Anrufungsfrist einberufen wird, längstens binnen einer Frist von sechs Monaten (§ 97 Abs 2 Satz 2). Das Amt der Aufsichtsratsmitglieder erlischt mit diesem Zeitpunkt. Zugleich treten die Bestimmungen der Satzung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, über die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder sowie über die Wahl, Abberufung und Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern außer Kraft. Es ist ein neuer Aufsichtsrat nach den nunmehr geltenden Vorschriften zu wählen. Zur Anpassung der Satzung kann die Anteilseignerversammlung innerhalb der Sechsmonatsfrist neue Satzungsbestimmungen mit einfacher Stimmen-(nicht KapitaleMehrheit beschließen (§ 97 Abs 2 Satz 4 AktG). Während der Übergangsfrist muß alsbald auch das Verfahren zur Neuwahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer eingeleitet werden. 28 Ist das MitbestG erstmals anzuwenden, muß die Wahlbekanntmachung sogar schon unverzüglich nach der Bekanntmachung gemäß § 97 Abs 1 Satz 1 AktG erfolgen. 29 Kann die Wahl der Arbeitnehmervertreter gleichwohl nicht bis zum Zusammentreten des neuen Aufsichtsrats durchgeführt werden, kommt gerichtliche Ersatzbestellung nach § 104 AktG in Betracht.30 d) Ist bereits ein Verfahren nach SS 98, 99 AktG anhängig, so muß 15 der Vorrang der gerichtlichen Entscheidung sichergestellt werden. § 97

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KölnKomm. AktG/Mertens §97 Rdn 11; Oetker ZHR 149 (1985) 594f; einschränkend bzgl fehlender Angaben über die Größe des Aufsichtsrats Geßler aaO Rdn 20. Hanau/Ulmer $ 6 Rdn 23. Vgl Rdn 4. Vgl § 2 1.-3. WahlO. §§92 1. WO, 114 2. und 3. WO. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 6 Rdn 19; vgl unten Rdn 42.

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S 6 Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

Abs 3 AktG ordnet daher an, daß solange eine Bekanntmachung gemäß $ 97 Abs 1 AktG nicht erfolgen kann. Sie wäre rechtlich wirkungslos. 16 3. a) Das gerichtliche Verfahren gemäß §§ 98,99 AktG setzt materiell Streit oder Ungewißheit darüber voraus, nach welchen gesetzlichen Vorschriften der Aufsichtsrat zu bilden ist. Zuständig ist das Landgericht, in dessen Bezirk das Unternehmen seinen Sitz hat, und zwar kraft ausdrücklicher Vorschrift 31 die Zivilkammer, da Handelsrichter an der Entscheidung nicht mitwirken sollen. 32 Gemäß der Ermächtigung in § 98 Abs 1 Satz 2 AktG hat Baden-Württemberg die Zuständigkeit auf die Landgerichte Stuttgart und Mannheim, 33 Bayern auf die Landgerichte München 1 und Nürnberg, 34 Niedersachsen auf das Landgericht Hannover 35 und Nordrhein-Westfalen auf die Landgerichte Dortmund, Düsseldorf und Köln 36 übertragen. Taucht die Frage, ob der Aufsichtsrat ordnungsgemäß zusammengesetzt ist, in einem anderen Verfahren als Vorfrage auf, hat das Gericht nach § 96 Abs 2 AktG von der bestehenden Lage auszugehen. 37 17 b) Antragsberechtigt sind nach Abs 2 - das gesetzliche Vertretungsorgan. Da es sich um einen Geschäftsführungsakt handelt, sind die für Beschlüsse des Vertretungsorgans geltenden Vorschriften anzuwenden. Der Antrag an das Gericht ist von der zur Vertretung des Unternehmens befugten Zahl von Mitgliedern des Vertretungsorgans zu stellen (Nr 1); - jedes Aufsichtsratsmitglied, denn durch eine veränderte Zusammensetzung des Aufsichtsrats werden deren Interessen in jedem Fall berührt (Nr 2); - jeder einzelne Anteilseigner, dh Aktionär, Gesellschafter, oder Genosse (Nr 3); - der Gesamtbetriebsrat der Gesellschaft oder, wenn die Gesellschaft nur einen Betriebsrat hat, der Betriebsrat (Nr 4); - der Gesamt- oder Unternehmenssprecherausschuss oder, wenn in der Gesellschaft nur ein Sprecherausschuss besteht, dieser (Nr 5); - in den Fällen der §§ 4 und 5 der Gesamtbetriebsrat oder der Betriebsrat sowie die entsprechenden Vertretungsorgane der leitenden Angestellten der Unternehmen, deren Arbeitnehmer nach den Vorschriften, deren Anwendung streitig oder ungewiß ist, an der Wahl zum Aufsichtsrat der Gesellschaft teilnehmen (Nr 6 und 7); 31 32 33 34 35 36 37

§ 98 Abs 1 Satz 1 AktG. Vgl Anlage zur BTDrucks IV/2396,130. VOv. 10.10.1967, GVB1 218. VO v. 9 . 3 . 1 9 6 6 , GVBl 118. VO v. 2 9 . 3 . 1 9 6 7 , GVBl 102. VOv. 15.2.1966,GVBl65. Siehe unten Rdn 59.

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Grundsatz III. Änderung der Z u s a m m e n s e t z u n g des Aufsichtsrats

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- mindestens ein Zehntel oder einhundert der Arbeitnehmer, die nach den gesetzlichen Vorschriften, deren Anwendung streitig oder ungewiß ist, selbst oder durch Delegierte an der Wahl teilnehmen (Nr 8); - Spitzenorganisationen der Gewerkschaften, die nach den gesetzlichen Vorschriften, deren Anwendung streitig oder ungewiß ist, ein Vorschlagsrecht hätten (Nr 9). Die Vorschrift kommt für das MitbestG nicht in Betracht, da es Vorschlagsrechte der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften nicht kennt; - Gewerkschaften, die nach den gesetzlichen Vorschriften, deren Anwendung streitig oder ungewiß ist, ein Vorschlagsrecht hätten (Nr 10), dh die nach 5 7 Abs 4 in dem Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. 38 - Ist die Anwendung des MitbestG oder die Anwendung von Vorschriften des MitbestG streitig oder ungewiß, so sind ferner auch je ein Zehntel der wahlberechtigten Arbeitnehmer antragsberechtigt. 39 c) Für das Verfahren gilt gemäß § 99 AktG das FGG mit den in der 1 8 Vorschrift selbst aufgeführten Modifikationen. Nach dem Wortlaut des $ 9 9 Abs 2 Satz 2 sind auch die im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften anzuhören, denn sie sind als Antragsberechtigte am Verfahren beteiligt. Da sich im übrigen für den Geltungsbereich des MitbestG keine Besonderheiten ergeben, ist auf die Literatur zum AktG zu verweisen.40 Nach Rechtskraft der Entscheidung ist der neue Aufsichtsrat binnen der Sechsmonatsfrist nach § 9 7 Abs 2 AktG zu bilden (§ 98 Abs 4 AktG). 4. §S 9 7 - 9 9 AktG gelten grundsätzlich auch für die Umwandlung 1 9 einer unter das MitbestG fallenden Gesellschaft Doch sind einige Besonderheiten zu beachten. Beim Formwechsel gilt gemäß §203 UmwG prinzipiell der Grundsatz der Amtskontinuität. Sofern der Formwechsel nicht zum Wegfall der Mitbestimmung oder zu einer Änderung des anzuwendenden Mitbestimmungsstatuts führt, wird die Amtsperiode des bisherigen Aufsichtsrats ohne Einschnitt zu Ende geführt. Die bisherigen Aufsichtsratsmitglieder bleiben im Amt. 41 Nach dem Ablauf der Amtszeit wird neu gewählt, ohne daß ein Verfah-

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Vgl $ 7 R d n 18. § 98 Abs 2 Satz 2 AktG. Vgl neben den Kommentaren v. Falkenhausen AG 1 9 6 7 , 3 0 9 . Allerdings können die Anteilseigner im Umwandlungsbeschluß für ihre Aufsichtsratsmitglieder - nicht aber für die Vertreter der Arbeitnehmer bestimmen, daß ihr Amt endet (§ 203 Satz 2 UmwG); Einzelheiten s oben 5 1 Rdn 24.

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S6

Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

ren nach § § 9 7 - 9 9 AktG erforderlich wäre. Entfällt die Mitbestimmungspflicht infolge des Formwechsels - zB beim Wechsel von einer GmbH in eine OHG oder KG mit Ausnahme der Fälle des § 4 - so wird der Aufsichtsrat mit dem Wirksamwerden des Formwechsels aufgelöst. Die Amtszeit der Mitglieder endet. Ist umgekehrt infolge des Formwechsels erstmals ein Aufsichtsrat zu bilden, muß dessen Größe und Zusammensetzung in Verfahren nach §§ 97 ff festgestellt werden. 42 20 Bei der Verschmelzung und der Aufspaltung erlischt der übertragende Rechtsträger (§§20, 131 UmwG). Demgemäß erlischt auch das Amt der Mitglieder seines Aufsichtsrats. Sofern der aufnehmende Rechtsträger infolge der Verschmelzung oder Aufspaltung erstmals mitbestimmungspflichtig wird oder in den Geltungsbereich eines anderen Mitbestimmungsstatus hineinwächst, ist das Statusverfahren durchzuführen. Umwandlungsrechtliche Sondervorschriften existieren nicht mehr. Bei der Verschmelzung oder Spaltung durch Neugründung gelten die Gründungsvorschriften ( § § 3 6 Abs 2, 135 Abs 2 UmwG). 43 Ein Sonderrecht gilt bei der Abspaltung und bei der Ausgliederung, weil der Gesetzgeber in diesen Fällen die wenigstens vorübergehende Beibehaltung des bisherigen Mitbestimmungsstatus vorschreibt. 44 Entfällt infolge der Abspaltung oder Ausgliederung bei einem übertragenden Rechtsträger die Mitbestimmungspflicht, so finden nach § 325 Abs 1 UmwG die vor der Spaltung geltenden Vorschriften noch für einen Zeitraum von fünf Jahren Anwendung, es sei denn, die Zahl der Arbeitnehmer sinkt unter ein Viertel der für das bisherige Mitbestimmungsstatut maßgeblichen Richtzahl herab. Ein Unternehmen, das vor der Abspaltung oder Ausgliederung mehr als 2 0 0 0 Arbeitnehmer beschäftigte, bleibt also solange im Geltungsbereich des MitbestG, es sei denn, es behält nur noch weniger als 500 Arbeitnehmer. Ein Übergang zur Drittelmitbestimmung nach § 7 6 ff BetrVG 1952 findet nicht statt, auch wenn das Unternehmen nunmehr zwischen 500 und 2 0 0 0 Arbeitnehmer beschäftigt und daher deren Voraussetzungen erfüllt. 45 Endet während der Frist die Amtsperiode des Aufsichtsrats, sind Neuwahlen nach den bisherigen Vorschriften durchzuführen. Ein Statusverfahren wird erst nach dem Ablauf der Frist erforderlich. Für den aufnehmenden Rechtsträger gilt dasselbe wie bei der Verschmelzung oder Aufspaltung. § 325 UmwG ist zwin-

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Vgl § 1 R d n 2 6 .

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Vgl § 1 R d n 2 6 f.

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Vgl d a z u Däubler RdA 1 9 9 5 , 1 3 6 ; Kallmeyer ZIP 1 9 9 4 , 1 7 4 6 ; Wlotzke DB 1 9 9 5 , 4 0 ; Lutter/Jwii U m w G $ 3 2 5 .

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E b e n s o Joost aaO Rdn 1 8 .

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Grundsatz IV. Persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder ($ 1 0 0 AktG)

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gendes Recht. Abweichende Vereinbarungen sind nicht zulässig. Bei der Auflösung der Gesellschaft bleibt der Aufsichtsrat bis zur Vollbeendigung nach der Liquidation im Amt. 46 IV. Persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder (S 100 AktG) 1. § 100 AktG stellt persönliche Voraussetzungen für die Mitglieder 2 1 des Aufsichtsrats auf. Die Vorschrift gilt für alle Aufsichtsratsmitglieder gleichermaßen. Bei den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat müssen darüber hinaus auch die Voraussetzungen des § 7 Abs 3 und 4 erfüllt sein. 47 Nach § 6 Abs 3 Satz 1 ist auf die unter das Gesetz fallenden Genossenschaften § 100 AktG nicht anzuwenden, vielmehr bleibt es bei SS 36 ff GenG. 48 Im übrigen wirft die Vorschrift keine Spezialprobleme für den Anwendungsbereich des MitbestG auf, so daß weitgehend auf das Schrifttum zum AktG verwiesen werden kann. 2. Mitglied des Aufsichtsrats kann gemäß § 100 Abs 1 AktG nur 2 2 eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Die Volljährigkeit tritt seit der Änderung des S 2 BGB vom 3 1 . 7 . 1 9 7 4 mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein. Wer aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann und deshalb einen Betreuer erhalten hat (§ 1896 BGB), kann nicht Aufsichtsratsmitglied sein, wenn er bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise der Einwilligung des Betreuers nach S1903 BGB bedarf. Bei den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer kommt hinzu, daß sie entweder ein Jahr dem Unternehmen angehören und die weiteren Wählbarkeitsvoraussetzungen des § 8 BetrVG erfüllen oder von Gewerkschaften vorgeschlagen sein müssen, die in dem Unternehmen vertreten sind (S 7 Abs 3 und 4.). Zu den besonderen Voraussetzungen bei Genossenschaften siehe Rdn 57 f. Weiter kann nicht Aufsichtsratsmitglied werden, wer bereits in 2 3 zehn Handelsgesellschaften, die kraft Gesetzes einen Aufsichtsrat zu bilden haben, Aufsichtsratsmitglied ist ($ 100 Abs 2 Nr 1 AktG). Das Mandat des Aufsichtsratsvorsitzenden wird dabei doppelt gezählt. Aufsichtsratsmandate in Genossenschaften, Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit, Stiftungen, Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts werden nicht mitgezählt, da diese Unternehmen keine Handelsgesellschaften sind. Nicht zu berücksichtigen ist ferner die

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SS 2 6 4 , 2 6 8 Abs 2 , 2 7 3 Abs 1 AktG, 8 9 GenG, 6 9 GmbHG. § 100 Abs 3 AktG; vgl § 7 Rdn 8 ff. Vgl Rdn 5 7 f.

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$ 6 Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

Mitgliedschaft im Aufsichtsrat einer GmbH, die weniger als 500 Arbeitnehmer beschäftigt, weil sie gesetzlich nicht verpflichtet ist, einen Aufsichtsrat zu bilden. 49 Auch die Mitgliedschaft in Beiräten aller Art kommt nicht in Betracht. Nach hM sind schließlich Aufsichtsratsmandate in ausländischen Unternehmen nicht mitzuzählen. 50 Gemäß § 100 Abs 2 Satz 2 AktG sind auf die Höchstzahl bis zu fünf Aufsichtsratssitze nicht anzurechnen, die ein gesetzlicher Vertreter, beim Einzelkaufmann der Inhaber des herrschenden Unternehmens eines Konzerns in zum Konzern gehörenden Handelsgesellschaften innehat, auch wenn diese kraft Gesetzes einen Aufsichtsrat bilden müssen. 24 Nicht wählbar sind ferner die Mitglieder des gesetzlichen Vertretungsorgans - nicht aber des Aufsichtsrats - eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens ($ 100 Abs 2 Nr 2 AktG). Eine solche Mitgliedschaft würde „dem natürlichen Organisationsgefälle im Konzern" widersprechen.51 Da dieser Grund auch bei gesetzlichen Vertretern ausländischer abhängiger Unternehmen zutrifft, gilt die Vorschrift auch für diese. 52 Dagegen sind die leitenden Angestellten des abhängigen Unternehmens nicht ausgeschlossen, und zwar auch dann nicht, wenn sie nach § 105 Abs 1 AktG bzw § 6 Abs 2 2. Halbsatz MitbestG in den Aufsichtsrat ihres eigenen Unternehmens nicht gewählt werden könnten. Denn obwohl die für den Ausschluß der Vorstandsmitglieder des abhängigen Unternehmens maßgebenden Gründe wenigstens für die in § 6 Abs 2 genannten Prokuristen gleichfalls gelten, findet eine solche Inkompatibilität angesichts des Gesetzeswortlauts keine hinreichende Stütze. 53 Zweifelhaft ist die Wählbarkeit der Vertretungsorgane eines nur mittelbar abhängigen Unternehmens, zumal wenn sie zugleich Angestellte des herrschenden Unternehmens sind. 54 § 100 Abs 2 Nr 3 AktG verbietet ferner die sog Überkreuzverflechtung, durch die verhindert werden soll, daß Vorstand und Aufsichtsrat sich gegenseitig überwachen. Die Vorschrift bezieht sich, enger als Nr 1, nur auf Kapitalgesellschaften, erfaßt aber

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Vgl § 7 7 BetrVG 1952, $ 52 GmbHG. Vgl statt aller Geßler in Geßler/Hefermehl AktG § 100 Rdn 15; v. CaemmererFS Geßler, 81; KölnKomm.AktG/Merfem $ 100 Rdn 17; Hüffer AktG 5 1 0 0 Rdn 3; MünchHdb. AG/Hoffmann-Becking § 3 0 Rdn 6. Ausschußbericht, Kropff 136. HL; vgl statt aller Geßler in Geßler/Hefermehl AktG § 100 Rdn 21; v. Caemmerer aaO 87ff; Stein AG 1983, 5 0 f ; KölnKomm.AktG/Mertenj $ 100 Rdn 19; aA GroßKomm.AktG/Meyer-Landrut § 100 Anm 5. KölnKomm. AktG/Mertens § 1 0 0 Rdn 19; Stein aaO; Martens FS Hilger/ Stumpff 4 3 7 , 4 6 4 ; MünchHdb. AG IHoffmann-Becking % 3 0 Rdn 10. Ausführlich dazu Martens FS Hilger/Stumpf 4 6 4 ff.

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Grundsatz $ 6 IV. Persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder (5 1 0 0 AktG)

auch die Mitgliedschaft in einem freiwillig gebildeten Aufsichtsrat.55 Nach hL erstreckt sie sich nicht auf gesetzliche Vertreter ausländischer Unternehmen. 56 3. Für die Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner kann die Satzung 2 5 weitere persönliche Voraussetzungen aufstellen, sofern nicht ein Entsendungsrecht begründet ist. Da eine solche Vorschrift die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer nicht berührt, steht ihr § 6 Abs 2 nicht entgegen. Zulässig sind daher zB Satzungsbestimmungen, die eine Person ausschließen, die bereits in einem Konkurrenzunternehmen Aufsichtsratsmitglied ist. 57 Der Satzungsautonomie nicht zugänglich sind dagegen die persönlichen Voraussetzungen der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, die das Gesetz in § 7 abschließend regelt (§ 100 Abs 4 AktG). Aus dem gleichen Grund kann auch die Wahlausschreibung keine zusätzlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen aufstellen. 4. Die Wahl einer Person in den Aufsichtsrat, welche die Voraus- 2 6 Setzungen des § 100 Abs 1 und 2 AktG nicht erfüllt, ist, sofern der Mangel beim Beginn der Amtszeit noch fortdauert, bei der AG und der KGaA gemäß §§ 250 Abs 1 Nr 4, 278 Abs 3 AktG nichtig, und zwar ohne Unterschied, ob es sich um ein Aufsichtsratsmitglied der Anteilseigner oder der Arbeitnehmer handelt. 58 Wegen der Allgemeingültigkeit der Nichtigkeitsregeln, die im AktG nur eine besondere gesetzliche Ausprägung erfahren haben, tritt aber auch bei den anderen unter das Gesetz fallenden Gesellschaftsformen dieselbe Rechtsfolge ein. 59 Das Fehlen satzungsmäßiger Wählbarkeitsvoraussetzungen begründet nach § 2 5 1 AktG die Anfechtbarkeit. Fehlen die mitbestimmungsrechtlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen für die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, ist dagegen gleichfalls Nichtigkeit anzunehmen. 60 Fallen die Voraussetzungen des 5 1 0 0 Abs 1 und 2 nachträglich weg, erlischt das Aufsichtsratsmandat. 61 Für die Auf-

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Streitig; wie hier KölnKomm.AktG/Merfeni § 100 Rdn 22; Geßler in Geßler/ Hefermehl AktG § 100 Rdn 26; MünchHdb. AG/Hoffmann-Becking $ 30 Rdn 11; Hachenburg/Rflwer GmbHG § 5 2 Rdn 169; aA GroßKomm.AktG/Mejer-Landrut§ 100 Anm 6; Hü ff er AktG $ 100 Rdn 7. Vgl v. Caemmerer aaO 8 9 ff; differenzierend Mertens aaO Rdn 23. Reichert/SchlittAG 1 9 9 5 , 2 4 1 . Vgl $ 2 2 Rdn 8. Zur GmbH vgl Baumbach/Hueck/ZöHner GmbHG Anhang zu § 4 7 Rdn 1; Scholz/K. Schmidt GmbHG § 4 5 Rdn 4 2 ff; Hachenburg/Rawer GmbHG Anh nach § 4 7 Rdn 66; zur Genossenschaft RGZ 170, 83; Lang/Weidmüller/ Metz/Schaffland GenG § 51 Rdn 7 ff. Vgl § 2 2 Rdn 8. Einzelheiten bei Geßler in Geßler/Hefermehl AktG § 1 0 0 Rdn 4 9 ff; KölnKomm.AktG/Merfe?w § 100 Rdn 3 2 ff.

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Grundsatz Z.Teil. Aufsichtsrat

sichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, die nach § 7 Abs 2 Belegschaftsmitglied des Unternehmens sein müssen, ist dies in § 24 Abs 1 ausdrücklich gesagt. V. Bestellung und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder 27

1. Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ist in § § 9 - 1 8 abschließend geregelt. Vorschriften des Gesellschaftsrechts kommen daneben nicht in Betracht (vgl § 101 Abs 1 AktG). Dagegen verweist § 8 für die Wahl der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat auf die gesellschaftsrechtlichen Organisationsgesetze sowie auf die Satzungen. Außerdem gilt nach der Verweisung in § 6 Abs 2 aber für alle unter das Gesetz fallenden Unternehmen auch § 101 Abs 1 AktG. Das Zusammenwirken dieser Vorschrift mit den rechtsformspezifischen Regelungen ist bei § 8 Rdn 1 ff erörtert. Zum Entsendungsrecht nach § 101 Abs 2 AktG vgl § 8 Rdn 5 ff. 28 2. Nach § 101 Abs 3 Satz 1 AktG können Stellvertreter von Aufsichtsratsmitgliedern nicht bestellt werden. Die Vorschrift gilt nach der Verweisung in § 6 Abs 2 auch für die unter das Gesetz fallenden Gesellschaften mbH, wegen § 6 Abs 3, nicht jedoch für Genossenschaften, für die sich auch im GenG keine entsprechende Vorschrift findet. 62 Die Regelung ist zwingend. Sie gilt gleichermaßen für die Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner und der Arbeitnehmer. Statt dessen kommen die sog Stimmboten in Betracht. 63 29 3. Dagegen kann gemäß §§ 101 Abs 3 Satz 2 AktG iVm 6 Abs 2 für jedes Aufsichtsratsmitglied ein Ersatzmitglied bestellt werden. 64 Nach hL ist es auch möglich, für mehrere Aufsichtsratsmitglieder einer Gruppe nur ein Ersatzmitglied zu bestimmen. 65 In diesem Fall lebt die Ersatzmitgliedschaft für das zweite Aufsichtsratsmitglied wieder auf, wenn das Ersatzmitglied zunächst für das erste Mitglied in den Aufsichtsrat nachgerückt, später aber wieder ausgeschieden war. Zulässig ist es weiter, eine Liste von Ersatzmitgliedern aufzustellen, die nach einer bestimmten Reihenfolge nachrücken, wann immer ein Aufsichts-

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Vgl Lang/Weidmüller/Meiz/Scftflj07iWii GenG § 36 Rdn 3. § 108 Abs 3 AktG; vgl dazu $ 25 Rdn 23. Zur Zulässigkeit bei Genossenschaften, für die die Verweisung nicht gilt (§ 6 Abs 3) vgl La.ag/Weidmü\\er/Metz/Schaffland aaO Rdn 4. BGHZ 99, 2 1 1 ; BGH ZIP 1988, 4 3 2 ; NJW 1989, 9 0 4 ; Geßler in Geßler/Hefermehl AktG § 101 Rdn 114; Hanau/Ulmer $ 6 Rdn 75; Damm AG 1 9 7 7 , 4 7 ; Lehmann DB 1983, 4 8 5 ; Bommert AG 1986, 315 ff; Rellermeyer ZGR 1987, 563, 571 ff; Roussos AG 1987, 239, 245; Hüffer AktG § 1 0 1 Rdn 14.

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Grundsatz 5 6 V. Bestellung u n d A b b e r u f u n g der Aufsichtsratsmitglieder

ratsmitglied wegfällt. 66 Allerdings m u ß auf Seiten der Arbeitnehmer die Liste auf eine Gruppe beschränkt bleiben. Schließlich können für ein Aufsichtsratsmitglied auch mehrere Ersatzmitglieder bestellt werden, sofern die Reihenfolge des Nachrückens von vornherein festgelegt wird. 67 Die Wahl und die Abberufung von Ersatzmitgliedern auf der Arbeit- 3 0 nehmerseite sind in §§ 17, 22 Abs 1 und 23 Abs 4 besonders geregelt. Das Ersatzmitglied vertritt das Aufsichtsratsmitglied nicht, solange dieses sein Amt noch selbst versieht, sondern rückt nach, wenn es vorzeitig ausscheidet. 68 Es wird gleichzeitig und in demselben Verfahren wie das Mitglied gewählt oder gemäß § 101 Abs 2 AktG entsandt. 69 Wird ein ordentliches Aufsichtsratsmitglied neu bestellt, so scheidet das Ersatzmitglied wieder aus. Doch kann bei der Bestellung des Ersatzmitglieds vorgesehen werden, daß es in diesem Fall in den Status der Ersatzmitgliedschaft zurücktritt. 70 4. Gemäß § 102 AktG iVm $ 6 Abs 2 , 3 dauert die Amtsperiode der 3 1 Aufsichtsratsmitglieder höchstens bis zum Ende der Anteilseignerversammlung, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt, das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit begonnen hat, nicht mitgerechnet. Ob die Entlastung tatsächlich erfolgt, ist unerheblich, wenn nur ein Beschluß gefaßt wird. 71 Spätestens zu demselben Zeitpunkt endet auch das Amt der Ersatzmitglieder (§ 102 Abs 2 AktG). Die Vorschrift gilt gleichermaßen für die Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner und der Arbeitnehmer (§15 Abs 1). Bei der AG und der KGaA hat die Hauptversammlung gemäß § 120 Abs 1 AktG in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahrs über die Entlastung zu beschließen. Daraus folgt, daß die Amtsperiode bei den in dieser Rechtsform geführten Unternehmen regelmäßig etwa fünf Jahre oder wenig länger dauert. Ungeklärt ist jedoch die Frage, ob bzw wann das Amt endet, wenn innerhalb der achtmonatigen Frist überhaupt kein Beschluß über die Entlastung herbeigeführt wird, zB weil der Vorstand den Punkt unter Verstoß gegen § 120 AktG nicht auf die Tagesordnung gesetzt hat oder die Hauptversammlung die Entscheidung vertagt. Die Frage gewinnt bei den nach § 1 Abs 1 mitbestimmungspflichtigen Gesellschaften mbH

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BGHZ aaO 214; KölnKomm.AktG/Merfens § 101 Rdn 87; Hoffmann/Lehmann/ Weinmann $ 6 Rdn 31; Hanau/Ulmer % 6 Rdn 75; Rellermeyer aaO 565. HM; zAHojfmann/LehmannfWeinmann § 6 Rdn 31. Vgl § 1 7 Rdn 6. $$ 101 Abs 3 Satz 3 AktG, 17 Abs 2 MitbestG; vgl $ 17 Rdn 4. BGHZ 99,211. HL; vgl statt aller Geßler aaO § 102 Rdn 8.

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Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

und Genossenschaften besonderes Gewicht, weil die für sie maßgebenden Gesetze keine Frist für den Entlastungsbeschluß vorsehen. Nach hL zu § 102 AktG dauert die Amtszeit in diesem Fall grundsätzlich fort, bis ein Beschluß über die Entlastung tatsächlich gefaßt wird. 72 Das kann jedoch nicht ad infinitum gelten, da § 102 AktG das Amt des Aufsichtsrats offenkundig zeitlich begrenzen wollte. Es liegt eine Gesetzeslücke vor, die sich nur auf dem Wege richterlicher Rechtsfortbildung schließen läßt. Orientiert man sich dabei am Sinn des Gesetzes, so bietet sich an, als Endzeitpunkt in einem solchen Fall das Ende des fünften Geschäftsjahrs nach dem Beginn der Amtszeit anzusehen, das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit begann, selbst nicht mitgerechnet. 73 Statt dessen nehmen andere eine Höchstdauer von acht Monaten nach dem Ende des 4. Geschäftsjahres an. 74 32 Die Satzung kann eine kürzere Amtsdauer festlegen, und zwar auch für die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer. Doch darf die für diese geltende Frist nicht kürzer sein als für die Anteilseignervertreter (515 Abs 1). Enthält die Satzung nichts, kann auch die Anteilseignerversammlung eine kürzere Amtsdauer festlegen oder die Frist nachträglich abkürzen, allerdings nur für die Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner. 75 Zu § 76 BetrVG 1952 ist umstritten, ob die Satzung auch das turnusmäßige Ausscheiden vorsehen kann. Da die Amtszeiten einzelner Aufsichtsratsmitglieder voneinander unabhängig sind, bestehen dagegen keine gesellschaftsrechtlichen Bedenken. Auf Seiten der Arbeitnehmervertreter wäre es aber nicht nur unzweckmäßig und kostspielig, Wahlen für einzelne Aufsichtsratsmandate in einem kürzeren als dem vom Gesetz vorgeschriebenen Abstand durchzuführen, sondern würde die Verteilung der einer Gruppe zukommenden Sitze auf die eingereichten Wahlvorschläge nach dem Prinzip der Verhältniswahl (§ 15 Abs 1) unmöglich machen. Ein turnusmäßiger Wechsel ist daher hier nicht zuzulassen. 76

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AG Essen MDR 1970, 336; Geßler aaO Rdn 9; MünchHdb. AG / HoffmannBecking § 3 0 Rdn 3 7 ; Hüffer AktG $ 102 Rdn 3. Ebenso Hachenburg/Schilling GmbHG 7. Aufl § 52 Rdn 88. GemKomm. MitbestG/Naendrup § 6 Rdn 85; Hanau/Ulmer § 6 Rdn 67. Nach KölnKomm.AktG/MerfefW $ 102 Rdn 5 soll das Ende der Hauptversammlung maßgebend sein, die normalerweise über die Entlastung beschließt. KölnKomm.AktG/Merieni § 102 Rdn 6 f ; Godin/Wilhelmi AktG § 102 Anm 2; Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 15 Rdn 105; MünchHdbAG/Hoffmann-Becking § 30 Rdn 42; Hüffer AktG $ 1 0 2 Rdn 5; aA GemKomm. MitbestG/Naendrup § 6 Rdn 82; Hanau/Ulmer % 6 Rdn 64. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 15 Rdn 102; hL; aA Hoffmann/Lehmann/ Weinmann $ 15 Rdn 2 0 6 ; Mertens aaO Rdn 6.

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Grundsatz V. Bestellung u n d A b b e r u f u n g der Aufsichtsratsmitglieder

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Die Wiederwahl zum Aufsichtsratsmitglied nach Ablauf der Amts- 33 zeit ist uneingeschränkt möglich. Bei den Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner ist streitig, ob sie schon vor der Anteilseignerversammlung erfolgen kann, in der die Amtszeit endet.77 Die Wiederwahl von Arbeitnehmervertretern muß schon aus organisatorischen Gründen vor der Anteilseignerversammlung durchgeführt werden, mit der ihre Amtszeit abläuft. 5. Die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat endet vorzeitig, wenn die 34 persönlichen Voraussetzungen für die Übernahme des Amtes wegfallen (vgl oben Rdn 22), wenn ein Mitglied gemäß § 103 AktG oder § 23 MitbestG abberufen wird (dazu sogleich Rdn 35.) sowie, wenn ein Unternehmen infolge Verschmelzung, Spaltung oder Rechtsformwechsels untergeht (vgl oben Rdn 19 f). Darüber hinaus hat jedes Aufsichtsratsmitglied das Recht, sein Amt niederzulegen. Die Satzung kann darüber nähere Bestimmungen treffen, die Amtsniederlegung aber nicht völlig ausschließen.78 Nach heute herrschender Ansicht kann das Amt beim Fehlen einer Satzungsbestimmung jederzeit und ohne Begründung niedergelegt werden, nicht nur, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.79 Eine Differenzierung danach, ob das Amt entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt wird, wie sie die ältere Lehre vornahm, wird dem Charakter des Aufsichtsratsmandats nicht gerecht. In der Tat muß man die Niederlegung des Amtes jederzeit, nur nicht zur Unzeit, gestatten, da niemand an der mit dem Amt verknüpften Verantwortung festgehalten werden kann, wenn er sie nicht mehr tragen will.80 6. Gemäß § 103 Abs 1,2,5 AktG, der nach den Verweisungen in § 6 35 Abs 2 und 3 auch auf die unter das Gesetz fallenden Gesellschaften mbH, nicht jedoch auf die Genossenschaften anzuwenden ist, können die von der Anteilseignerversammlung gewählten oder aufgrund der Satzung in den Aufsichtsrat entsandten Aufsichtsratsmitglieder und Ersatzmitglieder der Anteilseigner unter den im Gesetz ausgeführten Voraussetzungen vor Ablauf der Amtszeit abberufen werden. Da das MitbestG diese Fälle nicht berührt, ist hierzu auf das aktienrechtliche Schrifttum zu verweisen.81 Für die Aufsichtsratsmitglieder und Ersatz77

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Vgl GroßKomm.AktG/Meyer-Lattiin/f § 102 Anm 3 auf der einen und Geßler in Geßler/Hefermehl AktG § 102 Rdn 21 auf der anderen Seite. Hüffer AktG $ 103 Rdn 17; Mertens aaO $ 103 Rdn 55. So Geßler aaO Rdn 30; GroßKomm.AktG¡Meyer-Landrut § 102 Anm 6b; KölnKomm.AktG/Merterci § 103 Rdn 56; Hüffer aaO Rdn 17; Hanau/Ulmer $ 6 Rdn 72; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, § 15 Rdn 214. So neben den bereits Genannten Natzel DB 1965,1430; BraxNJW 1967,803 f, Singhof AG 1998, 318, 321 f; Wardenbach AG 1999, 74, 75 f; aA Baumbach/ Hueck/ZöWnerGmbHG § 52 Rdn 34 (wichtiger Grund erforderlich). Vgl statt aller KölnKomm. AktG/Mertens § 103 Rdn 7ff, 19 ff.

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$ 6 Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

mitglieder der Arbeitnehmer gilt § 103 AktG nicht, sondern § 23 MitbestG. 82 36 Alle Aufsichtsratsmitglieder, auch die Arbeitnehmervertreter, sind dagegen dem gerichtlichen Abberufungsverfahren nach §103 Abs 3 AktG iVm § 6 Abs 2 ausgesetzt. Auf Genossenschaften ist die Vorschrift allerdings nicht anzuwenden (§ 6 Abs 3). Die Einleitung des Abberufungsverfahrens setzt einen Beschluß des Aufsichtsrats voraus, der kraft zwingender gesetzlicher Vorschrift (Abs 3 Satz 2) mit einfacher Mehrheit gefaßt wird. Im Fall der Stimmengleichheit ist § 29 Abs 2 anzuwenden. 83 Das betroffene Mitglied ist gemäß $34 BGB selbst nicht stimmberechtigt. 84 Für den Fall, daß mehrere Aufsichtsratsmitglieder aus dem gleichen Grund abberufen werden sollen, ist streitig, ob das Stimmverbot sich auf alle Betroffenen erstreckt. 85 Da es auf eine individuelle Prüfung ankommt, ist hinsichtlich jedes Aufsichtsratsmitglieds ein gesonderter Beschluß nötig, an dem die anderen jeweils teilnehmen können. 86 Obgleich $103 Abs 3 AktG in § 107 Abs 3 Satz 2 AktG nicht genannt ist, kann der Beschluß nach dem Sinn der Vorschrift nicht an einen Aufsichtsratsausschuß delegiert werden. 87 37 Materiell verlangt $ 103 Abs 3 AktG einen wichtigen G r u n d für die Abberufung. Damit macht sich das Gesetz die im Privatrecht allgemein geltende Regel zu eigen, wonach Dauerrechtsverhältnisse, speziell auch die Mitwirkung in Entscheidungsgremien von Unternehmen 8 8 aus wichtigem Grund beendet werden können. Gleichwohl läßt sich die allgemeine Rechtsprechung zum Begriff des wichtigen Grundes auf den Fall nicht unbesehen übertragen, vielmehr ist speziell im Hinblick auf die Aufgaben des Aufsichtsrats als Unternehmensorgan und auf die Bedingungen seiner Arbeitsfähigkeit zu prüfen, ob ein Aufsichtsratsmitglied abberufen werden muß. Dabei fallen auch die vom Gesetz gewollte pluralistische Zusammensetzung des Aufsichtsrats, die darin institutionalisierten Interessengegensätze zwischen den Gruppen und die infolgedessen stets prekäre Aufgabe einer Integration zwischen

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Vgl S 103 Abs 4 AktG. AA Hoffmann/Neumann GmbHRdsch 1976,151. Str; wie hier Mertens aaO § 103 Rdn 29; Hüffer AktG $ 103 Rdn 12; Hanau/ Ulmer $ 6 Rdn 70; aA Geßler aaO $ 103 Rdn 34; Matthießen, Stimmrecht und Interessenkollision im Aufsichtsrat 267; GroßKomm.AktG/ Meyer-Landrut $ 103 Anm 7; Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 6 Rdn 45; MiinchHdb.AG/Hc/fmann-Becking§ 30 Rdn 55. Nachweise bei KölnKomm. AktG/Mertens $ 103 AktG Rdn 29. Ebenso Mertens aaO. Mertens aaO Rdn 28. Vgl SS 117,127 HGB, 84 Abs 3 AktG, 38 Abs 2 GmbHG.

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Grundsatz V. Bestellung und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder

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ihnen ins Gewicht.89 Da jede Gruppe das Recht besitzt, „ihre" Aufsichtsratsmitglieder unter den gesetzlichen Voraussetzungen selbst abzuberufen (vgl Rdn 35), kann eine Abweichung von der in der Gruppe mehrheitlich vertretenen Ansicht oder der Verlust des Wählervertrauens für sich allein keinen wichtigen Grund für die Abberufung durch das Gericht bilden. Aus dem gleichen Grund ist die laxe Wahrnehmung der Pflichten eines Aufsichtsratsmitglieds, namentlich das Fehlen in den Sitzungen, kein wichtiger Grund.90 Dagegen muß § 103 Abs 3 AktG als Ventil für die Fälle gelten, in 38 denen ein Mitglied einer Gruppe infolge seines Verhaltens gerade für die andere Gruppe unzumutbar geworden ist, denn für diesen Fall kennt das Gesetz keinen anderen Rechtsbehelf, die Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats zu sichern.91 Auf der anderen Seite geht es aber auch nicht an, das Abberufungsverfahren zum Instrument der Auseinandersetzungen zwischen den Gruppen im Aufsichtsrat werden zu lassen. Denn das Gesetz verlangt, wie es bei pluralistisch zusammengesetzten Entscheidungsgremien auch sonst üblich ist, die Interessengegensätze im Aufsichtsrat selbst durch einen internen Ausgleich und ein wechselseitiges Entgegenkommen aufzulösen.92 Ein wichtiger Grund für die gerichtliche Abberufung liegt daher erst dann vor, wenn die Kooperationsbasis mit dem betreffenden Aufsichtsratsmitglied so schwer und nachhaltig gestört ist, daß eine sachliche Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr erwartet werden kann und aus einer Fortdauer des bestehenden Zustands Schaden für das Unternehmen erwachsen würde. So verstanden trifft auch die von Eckardt93 im Anschluß an BGHZ 39, 123 empfohlene Formel das Richtige, wonach für eine gerichtliche Abberufung nur Sachverhalte ausreichen, „die in einem krassen und gesellschaftswidrigen Verhalten des Aufsichtsratsmitglieds bestehen oder dieses Mitglied für schlechthin untragbar erscheinen lassen".94 Die meisten Fälle werden, unter diesen Gesichtspunkten beurteilt, 3 9 keine besonderen Schwierigkeiten aufwerfen. Grobe Pflichtverletzung und Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Pflichten

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Zur Abwägung der Interessen vgl Eckardt NJW 1 9 6 7 , 1 0 1 1 ; Hofmann BB 1973, 1081. Ebenso KölnKomm.AktG/Merfm aaO $ 103 Rdn 32. Zum Problem Kaiser, Grundgesetz und paritätische Mitbestimmung 76; ferner Hofmann BB 1 9 7 3 , 1 0 8 1 . Mertens aaO. NJW 1 9 6 7 , 1 0 1 0 . Weniger streng dagegen LG Frankfurt NJW 1987, 5 0 5 ; Godin/Wilhelmi AktG $ 103 Anm 8; wohl auch MünchlldbAGlHoffmann-Becking % 3 0 Rdn 56; Hoffmann/KirchhoffFS Beusch 3 7 7 , 3 8 1 f; Hüffer% 103 Rdn 10.

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§6

Grundsatz 2. T e i l . Aufsichtsrat

eines Aufsichtsratsmitglieds sind schon nach allgemeinen Regeln wichtige Gründe für die Abberufung.95 Daher hat das LG Frankfurt mit Recht einen wichtigen Grund darin gesehen, daß sich Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem heimlichen Schreiben an das Bundeskartellamt gegen ein angemeldetes Fusionsvorhaben aussprachen.96 Geschäftliche, verwandtschaftliche oder freundschaftliche Beziehungen zu außerhalb des Unternehmens stehenden Personen, namentlich Konkurrenzunternehmen, reichen für sich allein nicht aus, da das Gesetz das Fehlen solcher Beziehungen nicht zur persönlichen Voraussetzung für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat macht.97 Ebensowenig genügt die fristlose Entlassung eines im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmervertreters98 Kein wichtiger Grund ist ferner die volle Ausnutzung der den Aufsichtsratsmitgliedern gewährten Informations- und Kontrollrechte. In all diesen Fällen kann sich der Tatbestand aber zum wichtigen Grund zuspitzen, wenn die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschritten oder die Rechte mißbräuchlich bzw schikanös ausgeübt werden.99 Öffentliche Äußerungen oder die politische Einstellung kommen erst in Betracht, wenn daraus dem Unternehmen unmittelbar Schaden erwächst oder wenn die marktwirtschaftliche Ordnung als Voraussetzung für das Bestehen privater Großunternehmen als solche abgelehnt wird.100 Problematisch sind die Fälle des unverträglichen oder kränkenden Verhaltens eines Aufsichtsratsmitglieds, denn bei ihnen ist die Grenze zu ziehen zwischen dem, was in einem pluralistisch zusammengesetzten und, so gesehen, politischen Gremium noch hingenommen und „verarbeitet" werden muß, und dem, was die Voraussetzungen einer sachlichen Kooperation endgültig zerstört.

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Vgl SS 117,127HGB, 84 Abs 3 AktG, 38 Abs 2 GmbHG. LG Frankfurt NJW 1987,505. BGHZ39,116,123. BGHZ 39,120; vgl zu diesem Fall aber auch S 24 Abs 1 und dort Rdn 2. Daher kann das Einholen von Informationen hinter dem Rücken des Vorstands ein wichtiger Grund sein, OLG Zweibrücken AG 1991, 70 = EWiR S 103 AktG 3, 90 mit Anm Altmeppen; vgl auch Lutter FS Beusch 509ff, 521; Reichert/Schlitt AG 1995,241,244; AG München W M 1986,974. Eckardt NJW 1967, 1011. Ein wichtiger Grund für die Abberufung eines Energieministers auf dem Aufsichtsrat eines Energieversorgungsunternehmens liegt daher vor, wenn der Minister aktiv den Ausstieg aus der Atomenergie betreibt und dafür hohe Verluste des Unternehmens in Kauf nimmt, OLG Hamburg AG 1990, 218 = ZIP 1990, 311 und die Vorinstanz LG Hamburg ZIP 1990, 102 mit Bespr Deckner 277; ferner dazu Dreher JZ 1990, 896; Säcker FS Rebmann 1989.

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Grundsatz V. Bestellung und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder

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Der wichtige Grund muß in der Person des betroffenen Aufsichtsratsmitglieds liegen. Dagegen kommt es für die Beurteilung auf die Bedeutung für das Unternehmen an, als dessen Organ der Aufsichtsrat fungiert. Verschulden ist nicht erforderlich, kann aber für die Beurteilung eine Rolle spielen. 101 Der Antrag ist an das für das Unternehmen zuständige 102 Amtsgericht zu stellen, das nach § 145 FGG im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit entscheidet. 103 7. § 104 AktG iVm § 6 Abs 2 , 3 MitbestG ermöglicht eine Ergänzung des Aufsichtsrats durch Gerichtsbeschluß in zwei Fällen, nämlich wenn die zur Beschlußfähigkeit notwendige Anzahl von Aufsichtsratsmitgliedern nicht mehr vorhanden ist (Abs 1) oder wenn nicht alle Aufsichtsratssitze besetzt sind (Abs 2 und 3). a) Im Fall des § 104 Abs 1 AktG kann der Aufsichtsrat ergänzt werden, wenn er nicht m e h r die zur Beschlußfähigkeit erforderliche, dh die Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl (S 28) hat. Je nach Größe des Aufsichtsrats ist der Fall gegeben, wenn nicht mehr als fünf, sieben oder neun Sitze besetzt sind (S 7 Abs 1). Nach hL reicht es aus, wenn ein Mitglied für längere Zeit gehindert ist, sein Mandat wahrzunehmen oder seine Stimme gemäß S 108 Abs 3 AktG wenigstens schriftlich auszuüben. 104 Ergänzt wird nur die zur Herstellung der Beschlußfähigkeit erforderliche Anzahl von Aufsichtsratsmitgliedern. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, ist das Vertretungsorgan verpflichtet, unverzüglich die Ergänzung des Aufsichtsrats zu beantragen, es sei denn, eine Nachwahl ist vor der nächsten Aufsichtsratssitzung zu erwarten. Bei der AG und der KGaA ist die Einhaltung der Pflicht durch Zwangsgelder gesichert (SS 4 0 7 Abs 1, 4 0 8 AktG). Außerdem sind bei Unternehmen, die unter das MitbestG fallen, berechtigt, aber nicht verpflichtet, den Antrag zu stellen (Abs 1 Satz 1 und 3): 1. Jedes Aufsichtsratsmitglied; 2. jeder Anteilseigner, 3. der Gesamtbetriebsrat oder, wenn das Unternehmen nur einen Betriebsrat hat, dieser sowie im herrschenden Unternehmen eines Konzerns der Konzernbetriebsrat, 4. in den Fällen der SS 4 und 5 der Gesamtbetriebsrat oder der Betriebsrat eines Unternehmens, dessen Arbeitnehmer an der Wahl zum Aufsichtsrat unmittelbar oder mittelbar teilnehmen, 5. die entsprechenden Vertretungsorgane der leitenden Angestellten, 6. mindestens ein Zehntel oder einhundert der Arbeitnehmer, die selbst oder durch Delegierte an der Wahl teilnehmen, 7. jede der in einem der

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Eckardt NJW 1 9 6 7 , 1 0 1 1 ; KölnKomm.AktG/Merferw § 103 Rdn 35. Vgl $ 14 AktG. Einzelheiten bei KolnKomm.AktG/Mertens aaO § 103 37ff; Hüffer AktG § 103 Rdn 13; vgl auch OLG Köln ZIP 1 9 8 9 , 5 7 2 . Vgl GroßKomm.AktG/Meyer-Landrui $ 1 0 4 Anm l a E .

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Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

beteiligten Unternehmen vertretenen Gewerkschaften (Nr 5 iVm § 7 Abs 4), 8. je ein Zehntel der wahlberechtigten regulären Arbeitnehmer oder leitenden Angestellten ($ 104 Abs 1 Satz 4 AktG nF). 44 b) Im zweiten Fall ist die gerichtliche Ergänzung des Aufsichtsrats nach § 104 Abs 2 und 3 AktG möglich, wenn er nicht mehr die durch Gesetz oder Satzung festgesetzte Mitgliederzahl hat. Der Antrag kann bei den unter das MitbestG fallenden Unternehmen sofort nach dem Ausscheiden eines Mitglieds gestellt werden, denn nach Abs 3 Nr 2 liegt stets ein dringender Fall vor, für den die in Abs 2 genannte Dreimonatsfrist nicht gilt. Die Ergänzung kommt auch dann in Betracht, wenn der Aufsichtsrat von Anfang an unvollständig ist, zB weil die Wahl nichtig ist.105 Ergänzt werden können sämtliche fehlenden Aufsichtsratsmitglieder. Antragsberechtigt sind dieselben Personen und Personengruppen wie nach Abs 1, nur daß auch der Vorstand nicht verpflichtet ist, den Antrag zu stellen. 45 c) Das Gericht hat das fehlende Aufsichtsratsmitglied nach pflichtgemäßem Ermessen auszusuchen. Es ist dabei jedoch nicht völlig frei, sondern hat Abs 4 zu beachten, der darauf abzielt, den Gruppenproporz im Aufsichtsrat soweit wie möglich zu erhalten. Bei den unter das MitbestG fallenden Unternehmen hat es daher die paritätische Besetzung herbeizuführen. Fehlt ein Arbeitnehmervertreter, so ist ein solcher zu berufen und umgekehrt. Wird der Aufsichtsrat zur Herstellung seiner Beschlußfähigkeit ergänzt und ist die Zusammensetzung gemäß dem vom Gesetz vorgeschriebenen Gruppenproporz nicht möglich, so hat das Gericht darauf zu achten, daß die Verteilung der Mandate durch die Ergänzung der vom Gesetz vorgeschriebenen Relation zwischen den Gruppen näherkommt.106 Sind zB von insgesamt zwölf Mitgliedern des Aufsichtsrats nur noch fünf von den Anteilseignern gewählte übrig, so ist ein Vertreter der Arbeitnehmer zu bestellen. Auch innerhalb der Gruppen sollen die Proporz- und Minderheitsrechte gewahrt bleiben, weshalb sich das Gericht auch an die für den vakanten Sitz nach dem Gesetz oder der Satzung geltenden persönlichen Voraussetzungen halten muß. Ist daher ein Sitz frei, der nach §15 Abs 1 einem Vertreter der in dem Unternehmen beschäftigten leitenden Angestellten zusteht, so ist ein leitender Angestellter zu bestellen. Bei einem Mandat, für das die in dem Unternehmen vertretenen Gewerkschaften ein Vorschlagsrecht haben, soll das Gericht Vorschläge der beteiligten Gewerkschaften berücksichtigen, allerdings nur, soweit nicht überwiegende Belange der Gesellschaft oder der Allgemeinheit

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Vgl LG Hof AG 1 9 9 3 , 4 3 4 . HL zu § 76 BetrVG 1952; vgl GroßKomm. AktG ¡May er-Landrut $ 104 Anm 6; KölnKomm. AktG/Mertens $ 1 0 4 Rdn 15; Niewiarra/Servatius FS Semler 2 1 7 .

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Grundsatz $ 6 V. Bestellung und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder

der Berufung des Vorgeschlagenen entgegenstehen. Liegen konkurrierende Vorschläge mehrerer Gewerkschaften vor, so muß das Gericht im Rahmen seiner Ermessensentscheidung grundsätzlich die Person bestellen, die voraussichtlich gewählt worden wäre, auch wenn sie nicht die Gewerkschaft vertritt, die in dem Unternehmen die größte Mitgliederzahl besitzt. 107 Wird durch Delegierte gewählt, sollen unter den gleichen Voraussetzungen gemeinsame Vorschläge der Betriebsräte der Unternehmen berücksichtigt werden, in denen Delegierte zu bestellen sind. Dagegen fordert das Gesetz nicht, darüber hinaus auch noch Vorschläge der nach § 15 Abs 2 vorschlagsberechtigten Gruppen von regulären Arbeitnehmern und leitenden Angestellten zu beachten, da das Verfahren andernfalls für die nur auf begrenzte Dauer erfolgende Notbestellung zu aufwändig würde. d) Zuständig ist das für den Sitz des Unternehmens zuständige Amtsgericht, das im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach S 1 4 5 Abs 1 FGG entscheidet. Gegen dessen Entscheidung findet, wie das Gesetz in § 104 Abs 1 Satz 4 und Abs 2 Satz 4 AktG ausdrücklich hervorhebt, die sofortige Beschwerde statt. e) Das Amt des nach § 104 AktG bestellten Aufsichtsratsmitglieds erlischt gemäß Abs 5, sobald der Mangel behoben ist, dh sobald das fehlende Mitglied nach §$ 8 oder 9 ff gewählt wurde und die Wahl angenommen hat. 108 f) Das gerichtlich bestellte Aufsichtsratsmitglied hat dieselben Rechte und Pflichten wie alle anderen Aufsichtsratsmitglieder. Nach § 104 Abs 6 AktG hat es Anspruch auf Ersatz angemessener barer Auslagen und - wenn den Aufsichtsratsmitgliedern des Unternehmens eine Vergütung gewährt wird - auf eine solche. Notfalls hat das Gericht auf Antrag des Betroffenen Auslagen und Vergütung festzusetzen. Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde, nicht jedoch die weitere Beschwerde statt. Der rechtskräftige Beschluß ist Vollstreckungstitel gegen die Gesellschaft (Abs 6 Satz 5). 8. Nach § 106 AktG iVm $ 6 Abs 2 hat das Vertretungsorgan jeden Wechsel der Aufsichtsratsmitglieder unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen und die Bekanntmachung zum Handelsregister einzureichen. Das gilt auch für das Nachrücken von Ersatzmitgliedern. 109 Die Vorschrift wird von § 19 ergänzt und zum Teil überlagert, weshalb auf die Erläuterungen hierzu verwiesen wird.

LG Wuppertal BB 1 9 7 8 , 1 3 8 0 ; zT aA BayObLG ZIP 1 9 9 7 , 1 8 8 3 . los wegen der Möglichkeit einer vorzeitigen Abberufung durch das Gericht oder die Anteilseignerversammlung vgl GroGKomm.AktGIMeyer-Landrut § 1 0 4 Anm 11; Geßler aaO § 1 0 4 Rdn 50. 109 Hanau/Ulmer § 6 Rdn 76. 107

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Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

VI. Unvereinbarkeit der Zugehörigkeit zum Vertretungsorgan und zum Aufsichtsrat (§ 105 AktG) 50

1. §§ 105 AktG iVm 6 Abs 2 und 3 MitbestG bestimmen die Inkompatibilität zwischen der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat und der Zugehörigkeit bzw Zuordnung zum Vertretungsorgan. Das MitbestG schränkt die Vorschrift hinsichtlich der Prokuristen wesentlich ein. Denn während nach § 105 Abs 1 AktG Prokuristen generell nicht in den Aufsichtsrat gewählt werden können, ist die Wählbarkeit nach § 6 Abs 2 Satz 1 2. Halbsatz nur ausgeschlossen, wenn der Prokurist dem zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organ unmittelbar unterstellt und zur Ausübung der Prokura für den gesamten Geschäftsbereich des Organs ermächtigt ist. Die Sonderregelung gilt ausdrücklich nur für die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, weshalb es für die Anteilseignervertreter bei den Grenzen des § 105 Abs 1 AktG verbleibt. Die Begründung zum RegE rechtfertigt die Beschränkung mit dem Satz, auf diese Weise würden „gleichermaßen gesellschaftsrechtliche wie auch mitbestimmungsrechtliche Gesichtspunkte angemessen" berücksichtigt.110 Die Gesetzes Verfasser waren demnach bestrebt, den Kreis der für die Wahl in den Aufsichtsrat in Betracht kommenden leitenden Angestellten, zu denen die Prokuristen regelmäßig - wenn auch nicht immer - gehören, größer zu halten, als es nach § 105 Abs 1 AktG der Fall gewesen wäre. Es sollte nur ein sehr kleiner Kreis von Personen ausgeschlossen sein, die dem Typ des Generalbevollmächtigten angenährt sind und deren Nähe zum Vertretungsorgan evident ist.111 In der Sache kann die Differenzierung schwerlich überzeugen, denn der Gedanke, daß Personen, die dem Vertretungsorgan zuzuordnen sind, nicht als Mitglieder des Aufsichtsrats ihre eigene Tätigkeit überwachen können, der dem § 105 AktG zugrunde liegt, erlaubt keinen Unterschied zwischen Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer.

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2. Unvereinbar sind gemäß § 105 Abs 1 AktG zunächst die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat und im Vertretungsorgan, und zwar auch als stellvertretendes Mitglied oder als Abwickler.112 Ein Mitglied des Aufsichtsrats, das in das Vertretungsorgan gewählt wird, muß daher sein Mandat niederlegen, bevor es wirksam in das Vertretungsorgan berufen werden kann, und umgekehrt.113 Die Vorschrift ist in

110 111 1,2 113

BTDrucks 7/2172,20. Vgl Wlotzke AuR 1974,229; Seiffert AG 1974,130; Peltzer BB 1974,443. Vgl § 268 Abs 2 AktG iVm $ 25 Abs 1 Nr 2. Einzelheiten bei KolnKomm. AktG/Merfercs § 105 Rdn 5 ff; Geßler in Geßler/ Hefermehl AktG § 105 Rdn 5 ff.

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Grundsatz S S VI. Inkompatibilität

den Fällen des § 4 sinngemäß auf weitere Komplementäre der KG anzuwenden. 3. Ausgeschlossen sind ferner Prokuristen und zum gesamten 5 2 Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte. Prokurist ist jeder, dem gemäß $ 48 Abs 1 HGB Prokura erteilt wurde, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Einzel- oder Gesamtprokura, 114 um eine auf das ganze Unternehmen bezogene oder auf eine Niederlassung beschränkte Prokura 115 handelt oder ob im Innenverhältnis mit der Prokura gewisse Beschänkungen verknüpft sind. 116 Dagegen ist im aktienrechtlichen Schrifttum umstritten, ob als zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigt jeder Handlungsbevollmächtigte zu verstehen ist, dessen Vollmacht sich im Sinn von § 54 Abs 1 HGB auf den Betrieb eines Handelsgewerbes im Unterschied zur Art- oder Einzelhandlungsvollmacht bezieht, 117 oder ob das Gesetz einen engeren Begriff des Generalbevollmächtigten voraussetzt, der nur Personen umfaßt, die der Unternehmensleitung besonders nahestehen. 118 Da die Inkompatibilität wegen der Unvereinbarkeit von Amtsführung und Kontrolle und wegen der Gefahr von Interessenkonflikten weit gezogen werden sollte, ist die erste Version vorzuziehen. Die Inkompatibilität erstreckt sich nicht auf Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte eines abhängigen Unternehmens betreffend den Aufsichtsrat der herrschenden Gesellschaft oder eines herrschenden Unternehmens für den Aufsichtsrat des abhängigen. Dagegen sollte die Kapitalgesellschaft & Co in den Fällen des § 4 in dieser Frage als Einheit betrachtet werden. 119 Für die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer gilt nach § 6 5 3 Abs 2 ein engerer Begriff. Prokuristen sind in diesem Fall nur dann nicht wählbar, wenn sie zwei weitere, sich auf ihre Stellung im Unternehmen beziehende Voraussetzungen erfüllen. Zum einen müssen sie dem zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organ unmittelbar unterstellt sein, das heißt in der vertikalen Gliederung des Unternehmens auf der zweitobersten Ebene stehen. Zum anderen kommt es darauf an, ob sie im Innenverhältnis nach ihrer Tätigkeitsbeschreibung ermächtigt sind, für den gesamten Geschäftsbereich des Vertretungsorgans, also für das gesamte Unternehmen, zu handeln. 120

114 115 116 117

118 119 120

§ 4 8 Abs 2 HGB. § 5 0 Abs 2 HGB. HL; vgl statt aller Brox FS Ficker 108 ff. So Brox aaO 108 ff; KölnKomm.AktG/Merfeni aaO Rdn 11; GeßkraaO Rdn 14; Hüffer AktG § 105 Rdn 4. SoGroßKomm.AktG/Mejer-X.£Wdr«f§ 1 0 5 A n m 3 . AA Grüterm 1 9 7 9 , 2 4 3 ff. Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 6 Rdn 41; Hoffmann/Lehmann/Weinmann §6 Rdn 61; G e m K o m m . MitbestG/Naendrup § 6 Rdn 66; Hanau/Himer § 6 Rdn 52.

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S 6 Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

Wählbar bleiben demnach Prokuristen, deren Zuständigkeit räumlich auf einzelne Niederlassungen, Betriebe oder auch auf die nicht das ganze Unternehmen umfassende Hauptverwaltung beschränkt ist. Auch Prokuristen, die nur einem einzelnen Mitglied des Vertretungsorgans zugeordnet sind, sind nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht ausgeschlossen. Bei divisionaler Gliederung des Unternehmens sind auch die auf einen Geschäftsbereich beschränkten Prokuristen wählbar. Gleiches gilt bei funktionaler Gliederung für Prokuristen, deren Tätigkeitsbereich sich auf eine Abteilung (zB Rechtsabteilung oder Forschungsabteilung) beschränkt. 54 Hinsichtlich der Generalhandlungsbevollmächtigten enthält das Gesetz keine entsprechende Einschränkung des §105 AktG. Der Verzicht hierauf ist nur verständlich, wenn man voraussetzt, daß der Gesetzgeber von einem Begriff des Handlungsbevollmächtigten ausgeht, der nichts weiter ist als der in $ 6 Abs 2 verwendete eines Prokuristen, welcher dem Vertretungsorgan unmittelbar unterstellt und zur Vertretung des gesamten Unternehmens ermächtigt ist. Denn anderenfalls wäre der Kreis der auf der Arbeitnehmerseite nicht in den Aufsichtsrat wählbaren Prokuristen zwar enger gezogen als nach § 105 AktG, der eher größere Kreis der Handlungsbevollmächtigten dagegen nicht. Im Sinn des 5 6 Abs 2 MitbestG sind daher als zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte nur die im Sprachgebrauch des Wirtschaftslebens sog Generalbevollmächtigten zu zählen, die nach ihrer Funktion im Unternehmen zur Unternehmensleitung im engeren Sinn zu zählen sind und die Voraussetzungen erfüllen, welche das Gesetz für die NichtWählbarkeit bei den Prokuristen aufstellt. 121 55

4. Eine Ausnahme von der Inkompatibilität der Ämter macht § 105 Abs 2 AktG iVm § 6 Abs 2 und 3 für den Fall, daß einzelne Aufsichtsratsmitglieder vorübergehend zu Stellvertretern von fehlenden oder behinderten Mitgliedern des Vertretungsorgans bestellt werden. Dabei darf es sich jedoch nur um Notmaßnahmen handeln, die insgesamt ein Jahr nicht übersteigen. VII. Abweichende gesetzliche und statutarische Bestimmungen (Abs 2 Satz 2)

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Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats ist in § 7, die Wahl und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in §§ 9 bis 18, 23 abschließend geregelt. Für die Verweisung des § 6 Abs 2 Satz 2

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Ebenso Peteer BB 1974, 4 4 3 ; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 6 Rdn 4 1 ; Hübner Z H R 1 4 3 (1979), 3 ff; Hanau/Ulmer § 6 Rdn 4 6 .

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Grundsatz $ 6 VIII. Sondervorschriften für die Genossenschaften (Abs 3)

auf andere gesetzliche Vorschriften bleiben daher nur die rechtsformspezifischen Regeln über die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner, auf die auch § 8 Bezug nimmt. Die Vorschrift läßt daneben keine eigene Regelungssubstanz erkennen, sondern erweist sich als überflüssig. Nichts anderes ergibt sich auch für die Verweisung auf die Satzungsautonomie, die gleichfalls nur in den von § 8 erfaßten Fällen in Betracht kommt. VIII. Sondervorschriften für die Genossenschaften (Abs 3) 1. Nach § 6 Abs 3 sind auf die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossen- 57 Schäften die §§ 100,101 Abs 1 und 3,103 und 106 AktG nicht anzuwenden. Der RegE begründete die Sonderregelung mit dem Satz, andernfalls würde das Wesen dieser Rechtsform verändert.122 Statt dessen gelten die einschlägigen Vorschriften des GenG.123 Tiefgreifende Abweichungen von den für die anderen Unternehmensformen geltenden Regeln folgen daraus allerdings nicht. Trotz der Nichtanwendbarkeit des §100 AktG können auch in Genossenschaften nur natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Personen Mitglied des Aufsichtsrats sein.124 Nicht gelten dagegen die aktienrechtlichen Verbote der Häufung von Aufsichtsratsmandaten und der Überkreuzverflechtung. Die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner erfolgt nach § 36 Abs 1 GenG anstelle von § 101 Abs 1 AktG. Da § 101 Abs 3 AktG nicht anzuwenden ist, können auch stellvertretende Aufsichtsratsmitglieder bestellt werden,125 und zwar folgerichtig auch auf der Arbeitnehmerseite. Die Regelung über die Ersatzmitgliedschaft erübrigt sich daher. Die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseignerseite erfolgt nicht nach §103 AktG, sondern § 36 Abs 3 GenG, bedarf jedoch gleichfalls einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Da die Aufsichtsratsmitglieder generell nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen werden, entfällt ferner die Eintragungsund Publikationspflicht nach § 106 AktG. 2. Gemäß § 6 Abs 3 Satz 2 ist ferner auf die Aufsichtsratsmitglieder 58 der Arbeitnehmer in den unter das Gesetz fallenden Genossenschaften § 9 Abs 2 GenG nicht anzuwenden, wonach die Mitglieder des Aufsichtsrats Genossen sein müssen. Die Regelung ist eine notwendige Folge aus dem Grundgedanken der Mitbestimmung und galt daher auch schon für die Mitbestimmung nach § 77 Abs 3 BetrVG 1952.126 122

BTDrucks 7/2172,20. iz3 V gi w BlomeyerZfgG 1976,33. 124 Vgl Müller GenG $ 36 Rdn 22. 125 Vgl Lang/Weidmüller/Mefö/Scftajfjtod GenG $ 36 GenG Rdn 11. 126 $ 85 Abs 1 BetrVG 1952.

181

$ 6 Grundsatz 2. Teil. Aufsichtsrat

IX. Streitigkeiten 59

Ist das anzuwendende Mitbestimmungsstatut streitig, so entscheiden ausschließlich die ordentlichen Gerichte im Statusverfahren nach § 98 AktG. Alle anderen Gerichte haben gemäß § 96 Abs 2 AktG davon auszugehen, daß der bestehende Aufsichtsrat richtig gebildet ist, es sei denn, es steht nach §§ 97 Abs 2 Satz 2 , 9 8 Abs 4 AktG bereits rechtswirksam fest, daß er anders zusammengesetzt werden muß. Allerdings empfiehlt es sich, während des Ablaufs eines unstreitigen oder streitigen Statusverfahrens einen anderen Rechtsstreit auszusetzen, in dem es auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats ankommt (vgl § 148 ZPO). Die ordentlichen Gerichte sind ferner ausschließlich zuständig für die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern aus wichtigem Grund und für die gerichtliche Notbestellung. 127 60 In allen übrigen Fällen besteht keine ausschließliche Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Namentlich können gesellschaftsrechtliche und konzernrechtliche Fragen auch in Verfahren auftreten, welche die Wahl oder die Nichtigkeit bzw Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer betreffen und deshalb in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fallen.128 Sie sind dann von den Arbeitsgerichten als Vorfragen mitzuentscheiden. Als Beispiele hierfür sind ua zu nennen: Streitigkeiten über die Mitbestimmungspflicht einer GmbH & Co KG nach §4; über die Konzernzugehörigkeit eines Unternehmens und die Zurechnung bestimmter Arbeitnehmer zur Konzernobergesellschaft im Sinn des $ 5, 129 über die mitbestimmungsrechtliche Behandlung von Gemeinschaftsunternehmen; 130 über das Vorliegen der Wählbarkeitsvoraussetzungen nach §§ 100, 105 AktG usw. Im Wahlnichtigkeitsverfahren kann das Arbeitsgericht die Nichtigkeit darauf stützen, daß der gegenwärtige Aufsichtsrat nicht gemäß §§ 96 Abs 2, 97 Abs 2 Satz 1 und 98 Abs 4 AktG zusammengesetzt ist, nicht aber, daß er nach diesen Vorschriften anders zusammengesetzt werden muß als bisher.131 Die nach dem Erlaß des MitbestG von einigen Gerichten und Autoren vertretene Gegenmeinung ist mit der Gesetzeslage nicht vereinbar.132

127 128 129 130 131 132

§§ 103 Abs 3 , 1 0 4 AktG, siehe oben Rdn 3 6 , 4 2 . § 2 a ArbGG; vgl § 2 2 Rdn 9 , 1 3 ff. Vgl LAG Düsseldorf DB 1 9 7 8 , 9 8 7 . Vgl LAG H a m m DB 1 9 7 7 , 2 0 5 2 . § 2 5 0 Abs 1 Nr 1 AktG, vgl § 22 Rdn 21. Wie hier schon zu § 7 6 BetrVerfG 1952 BAGE 19, 78; 22, 3 9 0 ; ferner Fitting/Wlotzke/Wißmann § 5 Rdn 7 0 ff; Säcker Wahlordnungen Rdn 63 ff; GewKomm.Mitbest/Föftr § 5 Rdn 32; Hanau/Ulmer § 6 Rdn 82; LG Düsseldorf DB 1978, 9 8 8 ; aA OLG Düsseldorf DB 1978, 1358 f; LAG Düsseldorf DB 1978, 9 8 7 ; ArbG Düsseldorf DB 1978, 7 9 5 ; Hoffmann/Lehmann/Weinmann % 5 Rdn 26; zT auch Martens DB 1 9 7 8 , 1 0 7 0 .

182

Z u s a m m e n s e t z u n g des Aufsichtsrats $ 7

5 7 Zusammensetzung des Aufsichtsrats (1) Der Aufsichtsrat eines Unternehmens 1. mit in der Regel nicht mehr als 10000 Arbeitnehmern setzt sich zusammen aus je sechs Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer; 2. mit in der Regel mehr als 10000, jedoch nicht mehr als 20000 Arbeitnehmern setzt sich zusammen aus je acht Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer; 3. mit in der Regel mehr als 20000 Arbeitnehmern setzt sich zusammen aus je zehn Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer. Bei den in Satz 1 Nr 1 bezeichneten Unternehmen kann die Satzung (der Gesellschaftsvertrag, das Statut) bestimmen, daß Satz 1 Nr 2 oder 3 anzuwenden ist. Bei den in Satz 1 Nr 2 bezeichneten Unternehmen kann die Satzung (der Gesellschaftsvertrag, das Statut) bestimmen, daß Satz 1 Nr 3 anzuwenden ist. (2) Unter den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer müssen sich befinden 1. in einem Aufsichtsrat, dem sechs Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer angehören, vier Arbeitnehmer des Unternehmens und zwei Vertreter von Gewerkschaften; 2. in einem Aufsichtsrat, dem acht Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer angehören, sechs Arbeitnehmer des Unternehmens und zwei Vertreter von Gewerkschaften; 3. in einem Aufsichtsrat, dem zehn Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer angehören, sieben Arbeitnehmer des Unternehmens und drei Vertreter von Gewerkschaften. (3) Die in Absatz 2 bezeichneten Arbeitnehmer des Unternehmens müssen das 18. Lebensjahr vollendet haben und ein Jahr dem Unternehmen angehören. Auf die einjährige Unternehmensangehörigkeit werden Zeiten der Angehörigkeit zu einem anderen Unternehmen, dessen Arbeitnehmer nach diesem Gesetz an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern teilnehmen, angerechnet. Diese Zeiten müssen unmittelbar vor dem Zeitpunkt liegen, ab dem die Arbeitnehmer zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern des Unternehmens berechtigt sind. Die weiteren Wählbarkeitsvoraussetzungen des S 8 Abs 1 des Betriebsverfassungsgesetzes müssen erfüllt sein. (4) Die in Absatz 2 bezeichneten Gewerkschaften müssen in dem Unternehmen selbst oder in einem anderen Unternehmen vertreten sein, dessen Arbeitnehmer nach diesem Gesetz an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern des Unternehmens teilnehmen.

183

S 7 Z u s a m m e n s e t z u n g des Aufsichtsrats 2. Teil. Aufsichtsrat

§ 8 Betriebsverfassungsgesetz lautet: S 8 BetrVG Wählbarkeit (1) Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die sechs Monate dem Betrieb angehören oder als in Heimarbeit Beschäftigte in der Hauptsache für den Betrieb gearbeitet haben. Auf diese sechsmonatige Betriebszugehörigkeit werden Zeiten angerechnet, in denen der Arbeitnehmer unmittelbar vorher einem anderen Betrieb desselben Unternehmens oder Konzerns ($ 18 Abs 1 des Aktiengesetzes) angehört hat. Nicht wählbar ist, wer infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, nicht besitzt. (2) Besteht der Betrieb weniger als sechs Monate, so sind abweichend von der Vorschrift in Absatz 1 über die sechsmonatige Betriebszugehörigkeit diejenigen Arbeitnehmer wählbar, die bei der Einleitung der Betriebsratswahlen im Betrieb beschäftigt sind und die übrigen Voraussetzungen für die Wählbarkeit erfüllen.

Schrifttum Buchner, Die Rechtsprechung des BAG zum Gewerkschaftsbegriff, FS Bundesarbeitsgericht, 1979, 55; Göz, Statusverfahren bei Änderungen in der Zusammensetzung des Aufsichtsrats, ZIP 1998,1523; Grunsky, Der Nachweis des Vertretenseins einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft, AuR 1990, 105; Hagemeier; Überlegungen zur Tariffähigkeit von Vereinigungen von Führungskräften, DB 1984, 718; Martens, Das aktienrechtliche Statusverfahren und der Grundsatz der Amtskontinuität, DB 1978, 1069; Oetker, Der Anwendungsbereich des Statusverfahrens nach den SS 97 ff AktG, ZHR 149 (1985), 575; Prütting/Weth, Die Vertretung einer Gewerkschaft im Betrieb, Geheimverfahren zum Nachweis der Voraussetzungen, DB 1989, 2273; Romeikat, Konzernmitbestimmung auf nachgeordneten Konzernstufen, Diss. München 1989; Rosendahl, Unternehmensumgliederungen und ihre Auswirkungen auf die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, AG 1985, 325; Säcker, Die Wahlordnungen zum MitbestG, 1978; Vetter, Das neue Mitbestimmungsgesetz: Probleme und Aufgaben für die Gewerkschaften, AuR 1976,259. Übersicht Rdn I. Vorbemerkungen 1. Allgemeines 2. Zwingendes Recht. . . . II. Größe und Zusammensetzung des Aufsichtsrats (Abs 1) 1. Grundregel 2. Nachträgliche Änderungen

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1 2

3 5

Rdn 3. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen Abs 1 . . . III. Wählbarkeit der dem Unternehmen angehörenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer (Abs 2 und 3) 1. Allgemeines 2. Zugehörigkeit zum Unternehmen

6

8 9

Zusammensetzung des Aufsichtsrats S 7 I. Vorbemerkungen

Rdn

Rdn 3. Sonstige Wählbarkeitsvoraussetzungen . . . . IV. Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat (Abs 2 und 4) 1. Gewerkschaftsbegriff. .

12

2. Im Unternehmen vertreten 3. Keine weiteren Voraussetzungen V. Streitigkeiten

19 21 22

15

I. Vorbemerkungen 1. § 7 regelt die Größe und Z u s a m m e n s e t z u n g des Aufsichtsrats 1 und legt damit das Paritätsprinzip im Gesetz fest. Die Vorschrift tritt für die unter das Gesetz fallenden Unternehmen an die Stelle der SS 95, 96 Abs 1 AktG, die durch S35 Abs 1 Nr 2 und 3 der neuen Rechtslage angepaßt wurden. Gemäß Abs 1 setzt sich der Aufsichtsrat, abgestuft nach der Größe des Unternehmens, aus 12,16 oder 20 Mitgliedern zusammen, die je zur Hälfte von den Anteilseignern und den Arbeitnehmern gestellt werden. Die hohe Zahl der Mandate, die viele Unternehmen zu einer Vergrößerung des Aufsichtsrats zwingt, erklärt sich aus der (infolge der Reform von 2001 überholten) Absicht des Gesetzgebers, die Gruppen der Arbeitnehmer in einem ausgewogenen Verhältnis zu beteiligen. 1 Von den der Arbeitnehmerseite zustehenden Mandaten sind nach Abs 2 und 4 bei 12 oder 16 Aufsichtsratsmitgliedern zwei, bei 20 Mitgliedern drei Sitze mit Gewerkschaftsvertretern zu besetzen. Doch haben die Gewerkschaften, wie sich aus S 16 ergibt, kein Entsendungs-, sondern nur ein Vorschlagsrecht, während die Wahl auch in diesem Fall den Arbeitnehmern des Unternehmens selbst oder den Delegierten zusteht. Schon die Mitbestimmungskommission hatte eine derartige Lösung empfohlen. 2 Dagegen hatten während der Vorbereitung des Gesetzes namentlich die Gewerkschaften das Recht gefordert, diese Sitze selbst zu besetzen, während die Vertreter der Industrie und der leitenden Angestellten für eine noch stärkere Reduktion des Gewerkschaftseinflusses plädierten.3 Der noch im Bundestagsplenum gestellte Antrag der CDU/CSU-Fraktion, die Gewerkschaftsbeteiligung am Aufsichtsrat von einer Muß- in eine Kannvorschrift umzuwandeln, fand keine Mehrheit. 4 Abs 3 stellt besondere Wählbarkeitsvoraussetzungen für die dem Unternehmen angehörenden Auf-

1 2 3

4

Vgl Begr zum RegE BTDrucks 7/2172,21. BTDrucks VI/334,112. Vgl die Äußerungen auf dem Hearing des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung am 7 . 1 1 . 1 9 7 4 , Prot. Nr 5 5 , 3 1 ff. BTDrucks 7/4887,1 f, Stenograf. Berichte des 7. Dt. Bundestags, 160 18 ff.

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S 7 Zusammensetzung des Aufsichtsrats 2. Teil. Aufsichtsrat

sichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer auf, die neben §100 AktG treten.5 Die Sätze 2 und 3 wurden durch das VereinfachungsG 2002 eingefügt. 2. § 7 ist nach allgemeiner Ansicht zwingendes Recht, soweit das 2 Gesetz in Abs 1 Satz 2 und 3 nicht selbst eine Vergrößerung des Aufsichtsrats kraft Satzung erlaubt. Namentlich ist eine Verkleinerung des Aufsichtsrats nicht zulässig. Alle Bestrebungen, um der Arbeitsfähigkeit und Effektivität des Gremiums willen eine Verkleinerung im Gesetz selbst zu regeln oder doch wenigstens zuzulassen, sind bisher am Widerstand der Gewerkschaften gescheitert.6 Auch Abs 2 bis 4 gestatten, wie schon aus dem mehrfachen Gebrauch des Wortes „müssen" hervorgeht, keinerlei Abweichungen vom Gesetz.7 II. Größe und Zusammensetzung des Aufsichtsrats (Abs 1) 3

1. In Unternehmen mit in der Regel nicht mehr als 10000 Arbeitnehmern setzt sich der Aufsichtsrat nach Abs 1 Nr 1 aus zwölf Mitgliedern, und zwar je sechs der Anteilseigner und der Arbeitnehmer, zusammen. Im Gegensatz zu § 95 AktG, aber im Einklang mit dem in § 1 Abs 1 gewählten Merkmal der Größendifferenzierung, ist nicht die Höhe des Grundkapitals, sondern die Belegschaftszahl maßgeblich. In den Fällen der §§ 4 und 5 sind die Arbeitnehmer der KG bzw der Konzernunternehmen mitzuzählen. Abweichend vom Gesetz kann die Satzung eine Vergrößerung des Aufsichtsrats auf 16 oder 20 Mandate vorsehen. Ein gewöhnlicher Beschluß der Anteilseignerversammlung genügt dafür nach dem unmißverständlichen Wortlaut des Gesetzes nicht, ebenso wenig ein Beschluß des Aufsichtsrats selbst. Auch läßt die Vorschrift keinerlei andere Abweichungen von den festgelegten Zahlen zu. 4 in Unternehmen mit in der Regel mehr als 10000, jedoch nicht mehr als 20000 Arbeitnehmern setzt sich der Aufsichtsrat aus 16 Mitgliedern, je acht der Anteilseigner und der Arbeitnehmer, zusammen. Er kann durch die Satzung auf 20 Mitglieder erweitert werden. Andere Modifikationen, namentlich eine Verkleinerung, sind auch hier nicht zulässig. Für Unternehmen mit in der Regel mehr als 20000 Arbeitnehmern muß der Aufsichtsrat ohne Möglichkeit der Abweichung stets 20 Mitglieder, je 10 Anteilseigner- und Arbeitnehmervertreter haben. 5 2. Hat sich die für die Größe und Zusammensetzung des Aufsichtsrats maßgebliche Zahl der Arbeitnehmer geändert, ist das Verfahren

5

Vgl % 6 R d n 2 1 ff.

6

Vgl E i n l e i t u n g R d n 6 8 .

7

$ 1 R d n 4 9 ff.

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Zusammensetzung des Aufsichtsrats § 7 II. Größe und Zusammensetzung des Aufsichtsrats (Abs 1)

nach §§ 97 ff AktG durchzuführen. 8 Der Aufsichtsrat bleibt gemäß 5 96 Abs 2 AktG iVm 5 6 MitbestG im Amt, bis das Änderungsverfahren durchgeführt ist.9 Dagegen sind nach überwiegender, aber umstrittener Ansicht bei einer auf Satzungsänderung beruhenden Vergrößerung oder Verkleinerung des Aufsichtsrats §S 96 Abs 2 , 9 7 ff AktG nicht anzuwenden. 10 Soll die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder durch Satzungsänderung nach § 7 Abs 1 Satz 2 um vier oder acht erweitert werden, so bietet sich an, die neu hinzugekommenen Mandate durch Nachwahl nach Maßgabe der für beide Seiten geltenden Wahlvorschriften zu besetzen. In der Regel dürften dabei, nachdem der Gruppenproporz zwischen Arbeitern und Angestellten weggefallen ist,11 keine Schwierigkeiten auftreten. 12 Dagegen ist im gesellschafts- und arbeitsrechtlichen Schrifttum stark umstritten, wie ein satzungsändernder Beschluß der Anteilseignerversammlung durchzuführen ist, durch den die Sitze im Aufsichtsrat vermindert, das heißt im Rahmen des MitbestG auf die gesetzliche Anzahl zurückgeführt werden. Einzelne Mitglieder des Aufsichtsrats zum vorzeitigen Ausscheiden zu zwingen,13 dürfte namentlich auf der Arbeitnehmerseite zu unlösbaren rechtlichen Problemen führen, zumal die Reihenfolge der Gewählten eingehalten werden muß. Daher ist eine Neuwahl des gesamten Aufsichtsrats erforderlich. Nach herrschender Ansicht kann diese erst zum Ende der Amtsperiode des amtierenden Aufsichtsrats durchgeführt werden, weil anders die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder gefährdet wurde. 14

8 9 10

11 12

13

14

Vgl die Erläuterungen bei $ 6 Rdn 5 ff. Vgl $ 6 Rdn 4. Hanau/Ulmer $7 Rdn 15; Martens DB 1978, 1069; KölnKomm.AktG/Mirfer« $ 9 5 Rdn 26; Hüffer AktG § 9 7 Rdn 3; MünchHdb. AG/Hoffmann-Becking $ 28 Rdn 54; OLG Hamburg DB 1 9 8 8 , 1 9 4 1 ; Göz Z1V 1 9 9 8 , 1 5 2 3 , 1 5 2 6 ; wohl auch GK-MitbestG/Naendrwp § 7 Rdn 22; aA Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 7 Rdn 12; Oetker ZHR 149 (1985), 585 f; MünchArbR/Wi/Snwnn $ 3 7 8 Rdn 3; BAG DB 1990,1142. Vgl $ 3 Rdn 1. Vgl zur früheren Rechtslage Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 7 Rdn 50; Hanau/Ulmer $ 7 Rdn 16; Göz aaO 1527; dagegen halten Fitting/Wlotzke/ Wißmann ( § 1 5 Rdn 105 ff) die Neuwahl des gesamten Aufsichtsrats für erforderlich. So Dietz/Richardi BetrVG 6. Aufl $ 7 6 BetrVG 1 9 5 2 Rdn 125; Nikisch, Arbeitsrecht Bd 3 , 6 1 2 . KölnKomm.AktG/Merfm $ 95 Rdn 26; Hanau/Ulmer $ 7 Rdn 16; Hüffer AktG $ 9 7 Rdn 3, Romeikat AG 1985, 3 2 5 ; MünchHdbAG/Hoffmann-Becking $ 28 Rdn 58; Göz aaO 1527; OLG Hamburg DB 1988, 1941; OLG Dresden ZIP 1997, 589, 591, wohl auch BAG DB 1990, 1142, das die Frage letztlich aber offen läßt; Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 15 Rdn 105; aA Oetker aaO 584.

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§ 7 Zusammensetzung des Aufsichtsrats 2. Teil. Aufsichtsrat

6

3. Wird durch die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds die sich aus § 7 Abs 1 ergebende gesetzliche Höchstzahl überschritten, so ist die Wahl gemäß § 250 Abs 1 Ziff 3 AktG insoweit nichtig. Die Vorschrift ist auch auf die anderen, unter das Gesetz fallenden Unternehmensformen und auf die überzähligen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer anzuwenden. 15 Die Wahl m u ß aber auch dann nichtig sein, wenn nur die in der Satzung festgelegte Zahl der Aufsichtsratsmitglieder überschritten wird. Denn würde man in diesem Fall annehmen, daß die Wahl nur nach §§243 Abs 1 AktG, 22 MitbestG anfechtbar ist, würde es in der Hand der Beteiligten liegen, ob die Wahl angefochten wird, was die in $ 7 vorgeschriebene paritätische Besetzung des Aufsichtsrats in Frage stellen müßte. 7 Dagegen bleibt die Wahl einer geringeren Zahl von Aufsichtsratsmitgliedern, als nach Gesetz oder Satzung vorgeschrieben, zunächst ohne Rechtsfolgen, es sei denn, es wird nicht einmal die zur Beschlußfähigkeit erforderliche Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl erreicht. 16 Folgt die Unterbesetzung aus einer Verletzung des Gesetzes oder der Satzung, so kann die Wahl gemäß §§251 Abs 1 AktG, 22 MitbestG anfechtbar sein. Unter den Voraussetzungen des $ 104 AktG kommt auch die gerichtliche Bestellung des fehlenden Aufsichtsratsmitglieds in Betracht. 17

III. Wählbarkeit der d e m U n t e r n e h m e n angehörenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer (Abs 2 u n d 3) 8

1. Unter den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer müssen sich nach § 7 Abs 2 je nach Größe des Aufsichtsrats vier, sechs oder sieben Arbeitnehmer des Unternehmens und zwei bzw drei Vertreter von Gewerkschaften befinden. Dabei handelt es sich um persönliche Wählbarkeitsvoraussetzungen, die neben die Vorschriften des § 100 AktG iVm $ 6 Abs 2 MitbestG treten. 18 Wer Arbeitnehmer des Unternehmens ist, richtet sich nach § 3 iVm § 5 BetrVG. Demgemäß sind auch Teilzeitbeschäftigte, in Telearbeit oder Heimarbeit Beschäftigte sowie vorübergehend, etwa zur Ausbildung im Unternehmen Beschäftigte wählbar. Wer zwei Unternehmen angehört, kann grundsätzlich in beiden gewählt werden. In den Fällen der §§ 4 und 5 genügt die Zugehörigkeit zur KG bzw zu einem Konzernunternehmen, da deren

15 16 17 18

Vgl § 2 2 R d n 21. Vgl § 28 Rdn 1. Vgl dazu § 6 Rdn 42 ff. Vgl S 6 Rdn 21.

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Zusammensetzung des Aufsichtsrats S 7 III. Wählbarkeit

Arbeitnehmer als Arbeitnehmer der Komplementärgesellschaft bzw des herrschenden Unternehmens gelten.19 2. Der Arbeitnehmer muß nach Abs 3 dem Unternehmen minde- 9 stens ein Jahr angehört haben. Daraus folgt zunächst, daß er zur Zeit der Wahl dort beschäftigt sein muß. Maßgeblich ist die tatsächliche Zugehörigkeit zum Unternehmen, nicht der Abschluß des Arbeitsvertrags. Scheidet der Arbeitnehmer aus dem Unternehmen aus, endet die Wählbarkeit und damit auch die Mitgliedschaft eines Gewählten im Aufsichtsrat (§ 24). Das gilt nach der Rechtsprechung des BAG auch mit dem Beginn der Freistellungsphase einer Altersteilzeit im sog Blockmodell, weil der Arbeitnehmer ab dieser Zeit nicht mehr im Unternehmen tätig ist und auch keine gesicherte Chance der Rückkehr mehr hat.20 Ist das Arbeitsverhältnis gekündigt, hat der Arbeitnehmer aber Kündigungsschutzklage gemäß §4 KSchG oder Feststellungsklage gemäß § 13 Abs 1 Satz 2 KSchG erhoben, endet die Wählbarkeit nicht vor der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts.21 Gibt das Gericht der Klage statt, bleibt die in der Zwischenzeit erfolgte Wahl gültig. Dasselbe gilt, wenn das Arbeitsverhältnis nach §$ 9 oder 13 Abs 1 Satz 3 KSchG für die Zukunft aufgehoben wird. Doch erlischt das Mandat in diesen Fällen gemäß $ 24 Abs 1 zu dem Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis endet. Weist das Gericht die Kündigungsschutzklage dagegen ab, so steht nachträglich fest, daß der Bewerber zur Zeit der Wahl dem Unternehmen nicht angehörte und daher die Wählbarkeitsvoraussetzungen nicht erfüllte. Die gleichwohl erfolgte Wahl ist unwirksam. 22 Bis zur Klärung ist der Gewählte nach herrschender Ansicht zu § 8 BetrVG an der Ausübung des Amtes gehindert, sofern er nicht tatsächlich weiterbeschäftigt wird.23 Für die Berechnung der Jahresfrist kommt es, anders als nach § 8 10 BetrVG, auf den Beginn der Amtszeit an.24 Nicht erforderlich ist eine ununterbrochene Tätigkeit. Kürzere Unterbrechungen infolge von Krankheit, Urlaub, Arbeitskampf usw werden vielmehr nicht berücksichtigt, sofern das Arbeitsverhältnis fortdauert (hA). Bei längeren Unterbrechungen nimmt man an, daß der Ablauf der Frist zwar gehemmt,

19 20 21

22 23

24

Einzelheiten siehe §§ 1 Rdn 16,3 Rdn 5. BAG Beschluß vom 2 5 . 1 0 . 2 0 0 0 , SAE 2 0 0 1 , 2 0 7 mit Anm Windbichler. HL zu $ 8 BetrVG; vgl statt aller BAG AP Nr 6 zu $ 8 BetrVG 1972; Fitting/ Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 8 Rdn 8 ff; ebenso z u m MitbestG Fitting/ Wlotzke/Wißmann $ 10 Rdn 23,29; Hanau/Ulmer § 7 Rdn 21. HL zu $ 8 BetrVG, vgl Fitting/Kaiser/Heither/Engels aaO. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann § 2 4 Rdn 9; Hoffmann/Lehmann/Weinmann 5 24 Rdn 4; Hanau/Ulmer § 7 Rdn 22. Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 7 Rdn 28.

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$ 7 Z u s a m m e n s e t z u n g des Aufsichtsrats 2. Teil. Aufsichtsrat

nicht aber unterbrochen wird.25 Dagegen beginnt die Frist von neuem zu laufen, wenn das Arbeitsverhältnis in der Zwischenzeit aufgelöst war.26 Auf die Jahresfrist sind nach dem im Zug des VereinfachungsG von 2002 neu eingefügten Abs 3 Satz 2 Zeiten anzurechnen, in denen der Arbeitnehmer unmittelbar vorher einem anderen Unternehmen angehört hat, dessen Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen. Die Vorschrift wird zunächst in den Fällen der SS 4 und 5 beim Wechsel zwischen der KG und der Komplementärgesellschaft oder zwischen den beteiligten Konzernunternehmen relevant.27 Bei der Übernahme von Betrieben oder Betriebsteilen ist die Zeit anzurechnen, in welcher der Arbeitnehmer in dem übernommenen Betrieb oder Betriebsteil beschäftigt war.28 Dasselbe gilt seit der Ergänzung des Abs 3 durch das Vereinfachungsgesetz 2002 ferner für Arbeitnehmer eines Unternehmens, das während der Jahresfrist auf das mitbestimmungspflichtige Unternehmen zum Beispiel durch Verschmelzung (§S 2 ff UmwG), Spaltung (SS 123 ff UmwG), Vermögensübertragung (SS 174 ff UmwG) oder Eingliederung übergegangen ist oder in dessen Konzernverbund neu aufgenommen wurde.29 Diese Arbeitnehmer haben das aktive Wahlrecht von dem Zeitpunkt an, seit dem sie dem neuen Unternehmen oder Konzern angehören. Das passive Wahlrecht würde dagegen gemäß der Grundregel des S 7 Abs 3 erst nach einem Jahr entstehen. Um diese unangemessene Konsequenz zu beseitigen, mußte das Gesetz in diesem Punkt ergänzt werden. Die Beschäftigungszeiten in dem bisherigen und in dem neuen Unternehmen müssen unmittelbar aneinander anschließen. 11

Wird ein nicht zu dem Unternehmen gehörender Arbeitnehmer gewählt, ist die Wahl nichtig. 30 Nach allgemeinen Regeln entfällt die Nichtigkeit, wenn der Mangel rechtzeitig vor Amtsantritt geheilt wird. Scheidet ein in den Aufsichtsrat gewählter Arbeitnehmer nachträglich aus dem Unternehmen aus, so erlischt gemäß S 24 Abs 1 sein Amt.

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Vgl statt aller Fitting/Kaiser/Heither/Engels aaO Rdn 17; Hanau/Ulmer § 7 Rdn 25; enger wohl Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 7 Rdn 28. Hanau/Ulmer $ 7 Rdn 25; GK-MitbestG/Nöendrap § 7 Rdn 36. Dies galt nach hM schon bisher, vgl Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 7 Rdn 22; GemKomm.MitbestG/Naendrap § 7 Rdn 3 7 ; anders Fitting/Wlotzke/Wißmann § 7 Rdn 29; Hanau/Ulmer $ 7 Rdn 23; ArbG Hamburg, DB 1978, 1180: Anrechnung nur bei Tätigkeit in Unternehmen, deren Arbeitnehmer nach § 4 oder § 5 zuzurechnen sind. Hanau/Ulmer aaO; zu § 2 BetrVG auch Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 8 Rdn 16. Vgl die Begründung zum RegEntw des VereinfachungsG, BR-Drucks 1069/01,14. Vgl § 22 Rdn 21.

190

Zusammensetzung des Aufsichtsrats $ 7 III. Wählbarkeit

3. Die Wählbarkeit eines dem Unternehmen angehörenden Arbeit- 1 2 nehmers setzt nach Abs 3 ferner voraus, daß er das 18. Lebensjahr vollendet hat. Die Altersgrenze entspricht nunmehr dem allgemeinen Volljährigkeitsalter (§ 2 BGB) und weicht daher auch von der allgemeinen Vorschrift des § 100 Abs 1 AktG inhaltlich nicht mehr ab.31 Maßgeblich ist, im Gegensatz zu § 8 BetrVG, der Beginn der Amtszeit. 32 Wird ein jüngerer Arbeitnehmer gewählt, ist die Wahl nach § 22 anfechtbar, es sei denn, der Mangel entfällt, weil der Gewählte das 18. Lebensjahr vollendet hat, bevor die Anfechtung erfolgt ist. 33 Schließlich verweist $ 7 Abs 3 auf die weiteren Wählbarkeits- 13 Voraussetzungen nach § 8 Abs 1 BetrVG. Gemeint ist der Fall, daß jemand infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit nicht besitzt, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen. 34 Gemäß § 4 5 StGB ist dies stets der Fall bei Verurteilung wegen eines Verbrechens zu einer Mindeststrafe von 1 Jahr, jedoch begrenzt auf eine Zeit von 5 Jahren nach der Rechtskraft des Urteils. Zu den anderen, auch für die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat 1 4 geltenden, Wählbarkeitsvoraussetzungen gemäß § 100 Abs 1 und 2 AktG ist auf die Erläuterungen hierzu unter § 6 Rdn 21 ff zu verweisen. Zusätzlich erfordert § 15 Abs 1 die Zugehörigkeit der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder zu den Gruppen der (regulären) Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten. 35 Weitere materielle Wählbarkeitsvoraussetzungen kennt das Gesetz nicht, namentlich verlangt es keine bestimmte Verteilung der Aufsichtsratssitze im herrschenden Unternehmen eines Konzerns. 36 Auch ein Arbeitnehmer, der die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzt, kann in den Aufsichtsrat gewählt werden. Formell setzt die Wählbarkeit die Eintragung in die Wählerliste sowie einen ordnungsgemäßen Wahl Vorschlag (§15 Abs 2) voraus. Umstritten ist, ob eine Inkompatibilität zwischen der Kandidatur und der Mitgliedschaft im Wahlvorstand besteht. 37 Da die Aufgaben

31 32 33

34 35 36 37

Vgl § 6 Rdn 22. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 7 Rdn 24. Vgl zum analogen Fall des § 2 4 Abs 1 Nr 6 BetrVG BAG AP Nr 1 zu § 24 BetrVG. $ 8 Abs 1 Satz 3 BetrVG. Vgl $ 1 5 Rdn 9. Vgl § 1 5 Rdn 10. Bejahend Säcker Wahlordnungen Rdn 33 ff; KölnKomm.AktG/Merfenj Anh § 117 B § 7 MitbestG Rdn 13; verneinend Fitting/Wlotzke/Wißmann § 15 Rdn 20; Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 1 5 Rdn 50; Hanau/Ulmer § 7 Rdn 27; zum BetrVG BAG BB 1 9 7 7 , 2 4 3 ; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 16 Rdn 14, je mwN; für das Personalvertretungsgesetz BVerwGE 13, 2 9 6 = AP Nr 10 zu § 10 PersVG.

191

$ 7 Z u s a m m e n s e t z u n g des Aufsichtsrats 2. Teil. Aufsichtsrat

des Wahlvorstands organisatorischer und verwaltender Natur sind und die Chance einer Manipulation der Wahl kaum besteht, gibt es ungeachtet einer gewissen Stilwidrigkeit für das MitbestG keinen Anlaß, eine formelle Inkompatibilität anzunehmen.

IV. Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat (Abs 2 und 4) 15

1. Das Gesetz sieht ferner die Mitgliedschaft von zwei oder bei einem 20köpfigen Aufsichtsrat drei Vertretern von Gewerkschaften vor. Gemäß § 16 ist die Vorschrift dahin zu verstehen, daß den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften Vorschlagsrechte zustehen, währen die Wahl selbst wie auch sonst von den Delegierten oder der Belegschaft unmittelbar vorgenommen wird. Das Gesetz verwendet den Begriff der Gewerkschaft, ohne ihn näher zu kennzeichnen, und verweist demnach auf den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gewerkschaftsbegriff, wie er namentlich im Tarifvertrags- und Betriebsverfassungsrecht gilt. 38 Danach muß es sich um privatrechtliche Vereinigungen in der Form des rechtsfähigen oder nichtrechtsfähigen Vereins handeln, die auf der Basis des freiwilligen Zusammenschlusses von Arbeitnehmern organisiert sind. Auch Unterverbände können selbständige Gewerkschaften sein, wenn sie eine eigene korporative Verfassung und eigenes Vermögen haben sowie im Bereich des kollektiven Arbeitsrechts selbständig handeln.

16

Der Begriff setzt weiter voraus, daß es sich um Verbände handelt, deren Aufgabe es ist, die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern kollektiv zu gestalten, und daß sie mächtig genug sind, zu diesem Zweck auf die Gegenseite „einen fühlbaren Druck" auszuüben. 39 Dieses Merkmal einer ausreichenden Verbandsmacht und Durchsetzungsfähigkeit gegenüber dem sozialen Gegenspieler hat das BVerfG in seinem Beschluß vom 2 0 . 1 0 . 1 9 8 1 4 0 bestätigt. Ferner müssen die Verbände gegnerfrei sein, das heißt, sie dürfen keine Mitglieder aufnehmen, die der Arbeitgeberseite zuzurechnen sind. Auch im übrigen gehört die Unabhängigkeit von der Gegenseite zum Gewerkschaftsbegriff. Diese Unabhängigkeit setzt regelmäßig voraus, daß sich ihre Tätigkeit und ihr Mitgliederkreis nicht nur auf ein Unternehmen beschränken, dh daß sie überbetrieblich organisiert sind. In der älteren Lehre wurde schließlich überwiegend auch die Bereitschaft zum Arbeitskampf als wesentliches Begriffs-

38 39 40

HM; vgl Hanau/Ulmer % 7 Rdn 38; MünchArbR/VW/?mann § 3 7 8 Rdn 6. So das BAG in stRspr; vgl BAG BB 1 9 9 0 , 2 8 1 . BVerfGE 5 8 , 2 3 3 .

192

Zusammensetzung des Aufsichtsrats $ 7 IV. Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat (Abs 2 und 4)

merkmal angesehen. Jedoch hat das BVerfG41 auch einen Verband als tariffähige Koalition anerkannt, bei dem der Kampfwille fehlte. Zu den Einzelheiten wird auf das arbeitsrechtliche Schrifttum verwiesen. 42 Alle genannten begrifflichen Voraussetzungen werden durch das MitbestG nicht in Frage gestellt oder in ein neues Licht gerückt. Das Gesetz bietet keine Handhabe, einen eigenen, nur für seinen Geltungsbereich maßgebenden Gewerkschaftsbegriff zu formulieren. 43 Ob einem Verband danach Gewerkschaftseigenschaft zukommt, hat 17 ihm Rahmen des MitbestG zunächst der Wahlvorstand zu entscheiden. Dem Verband steht dagegen die Anrufung des Arbeitsgerichts offen, das im Beschlußverfahren nach 5 2a Abs 1 Nr 3 ArbGG entscheidet. Entscheidet das Arbeitsgericht aus anderem Anlaß, ist seine Entscheidung entsprechend § 9 TVG auch für das MitbestG verbindlich. 44 Nach dem Gesetz steht aus den genannten Gründen namentlich den 18 Verbänden der leitenden Angestellten das Vorschlagsrecht gemäß §§7, 16 Abs 2 nur zu, soweit sie als Gewerkschaften anzusehen sind. Ob das der Fall ist, m u ß für jeden einzelnen Verband gesondert geprüft werden. 45 Das BAG hat den Verband oberer Angestellter der Eisen- und Stahlindustrie eV 1982 als Gewerkschaft anerkannt. 46 Im Schrifttum wird ferner der Verband angestellter Akademiker und leitender Angestellter der chemischen Industrie eV als Gewerkschaft angesehen. 47 Da nur ein Teil der ihr angehörenden Verbände Gewerkschaftseigenschaft trägt, kann dagegen die Union der leitenden Angestellten als Spitzenverband vorerst nicht die Rechte einer Gewerkschaft für sich in Anspruch nehmen. 2. Weiter verlangt das Gesetz, daß die Gewerkschaft in dem Unter- 19 nehmen vertreten ist. Die schon in § 6 Abs 3 MontanmitbestG und $ 2 Abs 2 BetrVG gewählte Wendung ist nicht im technischen Sinn einer Stellvertretung gemäß § 164 BGB zu verstehen. Vielmehr ist in dem Unternehmen vertreten jede Gewerkschaft, zu deren Mitgliedern wenigstens ein Arbeitnehmer des Unternehmens gehört. 48 Der Nach41 42

43

44 45

46 47

48

BVerfGE 1 8 , 3 0 ff. Übersichten bei Buchner, 25 Jahre Bundesarbeitsgericht 55; MünchArbR/ Löwisch/Rieble § 255 Rdn 1 ff; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG $ 2 Rdn 16 ff. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 7 Rdn 37; GcmKomm.MitbestG/Naeizdrwp § 7 Rdn 47; Hanau/Ulmer § 7 Rdn 38,40. Hanau/Ulmer % 7 Rdn 43. BAG AP Nr 24 zu Art 9 GG; AP Nr 30 zu § 2 TVG; DB 1982, 2518; BVerfGE 58,233. BAG DB 1983,1151. Hoffknecht, Die leitenden Angestellten im Koalitions- und Arbeitskampfrecht, 1975,57ff; Hromadka, Sprecherausschußgesetz § 2 Rdn 62. Vgl BAGE 1 0 , 1 5 4 = AP Nr 2 zu § 16 BetrVG 1952; BAGE 7 0 , 8 5 = NJW 1993, 612 mit Anm Prutting 576; Grunsky AuR 1990, 105; zu § 7 MitbestG

193

$ 7 Z u s a m m e n s e t z u n g des Aufsichtsrats 2. Teil. Aufsichtsrat

weis des Vertretenseins kann die Gewerkschaft auch durch mittelbare Beweismittel führen, zB durch eine notarielle Erklärung, ohne den Namen ihres in dem Unternehmen beschäftigten Mitglieds zu nennen.49 Auf die Wahlberechtigung des Arbeitnehmers kommt es nicht an. Der DGB ist als solcher in den Unternehmen nicht vertreten und daher nicht vorschlagsberechtigt.50 20 In den Fällen der §§ 4 und 5 genügt es, daß die Gewerkschaft in der KG bzw in einem der Konzernunternehmen vertreten ist.51 21 3. Weitere Voraussetzungen stellt das Gesetz für die Vertreter der Gewerkschaften im Aufsichtsrat nicht auf. Namentlich ist es nicht erforderlich, daß der Bewerber Mitglied der Gewerkschaft oder deren Funktionär ist. Umgekehrt schließt die Zugehörigkeit zum Vorstand der Gewerkschaft oder zu einer Tarifkommission die Wählbarkeit nicht aus.52 Ebensowenig kann verlangt werden, daß er dem Unternehmen angehört oder umgekehrt nicht angehört. Auch § 7 Abs 3 ist nicht anzuwenden. Dagegen gelten die allgemeinen Wählbarkeitsvoraussetzungen des § 100 Abs 1 und 2 AktG auch für die Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat.53 Daraus folgt, daß auch die Gewerkschaften nur natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Personen vorschlagen können, die nicht bereits in zehn anderen Unternehmen Aufsichtsratsmandate wahrnehmen und die nicht gesetzlicher Vertreter eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens bzw eines Unternehmens sind, dessen Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft angehört. V. Streitigkeiten 22

Streitigkeiten über die Größe und Zusammensetzung des Aufsichtsrats sind im Verfahren nach § 98 f AktG vor den ordentlichen Gerichten zu klären.54 Dagegen sind für Streitigkeiten über die Wählbarkeit der Arbeitnehmer und über die Frage, ob eine Gewerkschaft im Unternehmen vertreten ist, gemäß $ 2 a ArbGG die Arbeitsgerichte zuständig.

49 50 51 52 53 54

Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 7 Rdn 41; Hanau/Ulmer § 7 Rdn 45; MünchArbR/ Wißmann § 378 Rdn 7; hA. BAG aaO, bestätigt durch BVerfG N Z A 1 9 9 4 , 8 9 1 . Vgl Vetter AuR 1976,259. §$ 7 Abs 4 , 1 6 Abs 2. Hanau ZGR1979,537; Hanau/Ulmer § 7 Rdn 50. Vgl § 6 Rdn 21 ff. Vgl § 6 Rdn 16 ff.

194

S8 I. Wahl der Aufsichtsratmitglieder der Anteilseigner (Abs 1)

ZWEITER ABSCHNITT Aufsichtsrat: Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder ERSTER UNTERABSCHNITT Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner $8 (1) Die Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner werden durch das nach Gesetz, Satzung, Gesellschaftsvertrag oder Statut zur Wahl von Mitgliedern des Aufsichtsrats befugte Organ (Wahlorgan) und, soweit gesetzliche Vorschriften dem nicht entgegenstehen, nach Maßgabe der Satzung, des Gesellschaftsvertrages oder des Statuts bestellt. (2) 5 101 Abs 2 des Aktiengesetzes bleibt unberührt.

Rdn

Rdn I. Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner (Abs 1) 1. Wahlorgan 2. Wahlfreiheit 3. Wahlverfahren . . . .

1 2 3

II. Entsendungsrechte (Abs 2) 1. Allgemeines 2. AG und KGaA 3. Andere Rechtsformen. .

5 6 7

I. Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner (Abs 1) 1. § 8 Abs 1 besagt zunächst, daß das MitbestG für die Wahl der 1 Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner das geltende Recht nicht ändert. Die Vorschrift entspricht § 5 Abs 1 Satz 1 MontanMitbestG. Wahlorgan ist bei der AG und KGaA die Hauptversammlung, 1 bei der GmbH die Gesellschafterversammlung 2 und bei der Genossenschaft die Generalversammlung oder die Vertreterversammlung. 3 Bei der AG, der KGaA und der Genossenschaft enthalten die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften zwingendes Recht, weshalb die Satzung außer im

1 2 3

$$ 101 Abs 1,285 Abs 1 AktG. $ 6 Abs 2 S 1 iVm § 101 Abs 1 AktG. 36,43a GenG; $ 101 Abs 1 AktG gilt nach § 6 Abs 3 nicht.

195

$8 2. Teil. Aufsichtsrat

Rahmen des § 4 3 a GenG kein anderes Wahlorgan bestimmen kann. Dagegen herrscht bei der GmbH insoweit Vertragsfreiheit. Die Wahl kann zB einem Beirat übertragen werden.4 2 2. Die Anteilseignerversammlung ist in der Auswahl der von ihr zu bestellenden Aufsichtsratsmitglieder frei. Sie kann auch Arbeitnehmer wählen, die damit die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat über die Parität hinaus verstärken, da es für die gesetzliche Einteilung nur auf das formale Merkmal ankommt, ob ein Aufsichtsratsmitglied von der Anteilseigner- oder von der Arbeitnehmerseite gewählt wurde.5 An Wahlvorschläge kann sie nicht gebunden werden.6 Daraus folgt auch die Unzulässigkeit von Satzungsbestimmungen, die vorschreiben, daß nur bestimmte Personen gewählt werden dürfen. Zulässig sind dagegen in den durch § 405 Abs 3 Nr 6 und 7 AktG gezogenen Grenzen Wahlabreden und Stimmbindungsverträge. 7 3 3. Das Wahlverfahren ist bei den einzelnen unter das Gesetz fallenden Unternehmensformen verschieden geregelt. Da § 6 Abs 2 insoweit nicht auf die Vorschriften des AktG verweist, ist auch durch das MitbestG keine Vereinheitlichung eingetreten. Bei der Aktiengesellschaft gelten §§ 1 2 4 , 1 2 7 , 1 3 3 - 1 3 7 AktG. Danach hat der Aufsichtsrat Vorschläge für die Wahl neuer Aufsichtsratsmitglieder zu machen, die jedoch nicht bindend sind. An dem Beschluß wirken nur die Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat mit. 8 Die Vorschläge sind mit der Tagesordnung für die Hauptversammlung bekannt zu geben. Die Wahl erfolgt mit einfacher Stimmenmehrheit, wobei das Stimmrecht nach Aktiennennbeträgen ausgeübt wird. Doch kann die Satzung eine höhere Mehrheit vorschreiben. 9 Im übrigen nennen die genannten Vorschriften auch ausdrücklich und abschließend 10 die Fälle, in denen die Satzung von den gesetzlichen Regeln abweichen oder sie ergänzen kann. 11 4

Bei der GmbH richtet sich das Wahlverfahren in erster Linie nach dem Gesellschaftsvertrag, lz dessen Anwendung auch § 8 MitbestG aus-

4 5

6

7

8 9 10 11

12

Vgl Hachenburg/Rawer GmbHG § 52 Rdn 4 0 , 2 7 0 ; vgl § 25 Rdn 147. BGH NJW 1975, 1 6 5 7 = AG 1975, 2 4 2 mit Anm Mertens; Kaiser ZGR 1976, 105. 5 101 Abs 1 Satz 2 AktG iVm % 6 Abs 2 Satz 1; zur analogen Rechtslage bei der Genossenschaft vgl Müller GenG § 36 Rdn 10. Zu den Einzelheiten vgl KölnKomm.AktC/Mertens § 1 0 1 Rdn 17ff; Müller GenG $ 3 6 Rdn 11 ff. § 1 2 4 Abs 3 Satz 4 AktG. B G H Z 7 6 , 1 9 1 = NJW 1 9 8 0 , 1 4 6 5 . § 23 Abs 5 AktG. Einzelheiten in der Literatur zum AktG, vgl zB KölnKomm.AktG/Zö'Hrcer § 133 Rdn 91 ff, § 1 3 4 Rdn 66 f; Hüffer AktG § 133 Rdn 32. § 4 5 Abs 2 GmbHG.

196

$8 II. Entsendungsrechte (Abs 2)

drücklich gestattet. Hilfsweise sind §§47-51 GmbHG heranzuziehen. Bei den Genossenschaften ist die Materie in §§ 36 Abs 1,43-47 GenG geregelt. Die Vorschriften bestimmen auch, wann das Statut vom Gesetz abweichen kann. Aus dem MitbestG ergeben sich keine Besonderheiten. II. Entsendungsrechte (Abs 2) 1. Nach Abs 2 bleibt § 101 Abs 2 AktG, dh die aktienrechtliche 5 Spezialregelung für Entsendungsrechte 13 u n b e r ü h r t . Dagegen erstreckt die Vorschrift deren Geltungsbereich nach ihrem Wortlaut nicht auf die anderen unter das MitbestG fallenden Rechtsformen. Auch bei den Verweisungen auf das Aktienrecht in § 6 Abs 2 Satz 1 wurde § 101 Abs 2 AktG ausgespart Daraus folgt, daß das Gesetz die Rechtslage in diesem Punkt nicht vereinheitlicht, sondern es bei den rechtsformspezifischen Unterschieden beläßt. 2. Bei der AG und KGaA ist § 101 Abs 2 AktG anzuwenden. Die 6 Satzung kann demnach einem bestimmten Aktionär oder dem Inhaber bestimmter Aktien, wenn sie auf den Namen lauten und vinkuliert sind, das Recht einräumen, eine oder mehrere Personen in den Aufsichtsrat zu entsenden. Dritten kann das Entsendungsrecht nicht gewährt werden. Auch genügt ein gewöhnlicher Beschluß der Hauptversammlung nicht. Alle Entsendungsrechte zusammen dürfen höchstens ein Drittel der den Aktionären zustehenden Aufsichtsratsmandate erreichen, dh bei einem 12- oder 16köpfigen Aufsichtsrat 14 können höchstens zwei Mitglieder entsandt werden, bei einem 20köpfigen Aufsichtsrat höchstens drei. Da das Gesetz die Rechtslage im übrigen nicht ändert, ist wegen der Einzelheiten auf die aktienrechtliche Literatur zu verweisen. 3. Bei der G m b H ist die Rechtslage schwieriger. Ist die Gesellschaft 7 nicht aufsichtsratspflichtig, herrscht in der Frage völlige Satzungsfreiheit. § 52 Abs 1 GmbHG führt § 101 Abs 2 AktG nicht einmal unter den aktienrechtlichen Vorschriften auf, die hilfsweise gelten, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. Nach der überwiegenden Ansicht im Schrifttum sind die aktienrechtlichen Schranken des Entsendungsrechts daher generell unanwendbar; jedem Gesellschafter oder Dritten kann ein Entsendungsrecht gewährt werden, die Zahl der Entsandten über das im Aktienrecht bestimmte Drittel der Aufsichtsratsmandate hinausgehen. 15 Demgegenüber ist die Rechtslage nach den Montanmitbestimmungsgesetzen und nach §77 BetrVG 1952

13 14 15

Abgedruckt bei $ 6. Vgl $7. Hachenburg/Rawer GmbHG § 52 Rdn 42; Scholz/ScfriZfliferGmbHG § 52 Rdn 134.

197

$8 2. Teil. Aufsichtsrat

unübersichtlich. Gemäß §§ 5 MontanMitbestG und 5 MitbestEG darf die Zahl der entsandten Aufsichtsratsmitglieder in mitbestimmungspflichtigen Montanunternehmen ein Drittel der den Anteilseignern zustehenden Sitze nicht übersteigen. Überdies verlangt § 3 Abs 2 MontanMitbestG, die aktienrechtlichen Vorschriften generell auch auf die unter das Gesetz fallenden Gesellschaften mbH sinngemäß anzuwenden. § 7 7 BetrVG 1952 verweist erst seit der Neufassung durch 540 EGAktG 1965 auf $ 101 Abs 2 AktG, während zuvor die Parallelvorschrift des § 88 AktG 1937 nicht anzuwenden war. Die in der Literatur aus diesem Befund gezogenen Schlüsse reichen von der mehr oder weniger uneingeschränkten Anwendung des § 101 Abs 2 AktG bis zum nahezu völligen Ausschluß. 16 8 Für das MitbestG sind diese Äußerungen nur insofern relevant, als sie Anlaß geben zu fragen, ob das Mitbestimmungsrecht auch ohne ausdrückliche Vorschrift die Anwendung des $101 Abs 2 AktG auf alle mitbestimmungspflichtigen Unternehmen fordert. 17 Das ist jedoch nicht der Fall. Die aktienrechtlichen Schranken des Entsendungsrechts wurzeln im Schutzbedürfnis der Aktionäre, namentlich, soweit sie Aktien auf dem Kapitalmarkt erwerben und über die internen Verhältnisse der Gesellschaft wenig im Bild sind, nicht aber im Schutzbedürfnis der mitbestimmungsberechtigten Arbeitnehmer. Diese haben vielmehr auch im Rahmen des MitbestG kein legitimes Interesse daran, die Autonomie der Gesellschafter zu beschneiden, ihre Vertretung im Aufsichtsrat selbst zu regeln. 18 Im Gegensatz dazu entnimmt die hL bei den Genossenschaften aus 9 dem Wortlaut des § 36 Abs 1 GenG ein generelles Verbot, im Statut Entsendungsrechte zu begründen. 19 Eine Anwendung des § 101 Abs 2 AktG kommt daher nicht mehr in Frage.

16

17 18

19

Vgl Kotier $ 5 MontanMitbestG A n m 4; Boldt $ 3 MontanMitbestG A n m 3 b; Hachenburg/Rawer G m b H G $ 5 2 Rdn 175; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG $ 7 7 BetrVG 1 9 5 2 Rdn 15. Vgl $ 6 Abs 2 Satz 3. HL; vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 8 Rdn 4; GemKomm.MitbestG/Naendrup $ 8 Rdn 7; Hanau/Ulmer $ 8 Rdn 6; Hachenburg/Kaiser GmbHG $ 5 2 Rdn 270; Scholz/Schneider G m b H G § 5 2 Rdn 149; Baumbach/Hueck/Zö/faer G m b H G $ 5 2 Rdn 174. RGZ 152, 275; Lang/Weidmüller/Mete GenG $ 3 6 Rdn 20ff; Beuthien GenG $ 3 6 Rdn 2.

198

Aufgaben der Wahl vorstände V o r $ 9 I. Die W a h l o r d n u n g e n

ZWEITER UNTERABSCHNITT Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, Grundsatz Vorbemerkungen vor § 9 Die W a h l o r d n u n g e n u n d die Aufgaben der Wahlvorstände Schrifttum Fuchs/Köstler, Handbuch zur Aufsichtsratswahl, 2. Aufl 2002-Jacobs, Die Wahlvorstände für die Wahlen des Betriebsrats, des Sprecherausschusses und des Aufsichtsrats, 1994; Lux, Die Einleitung der Arbeitnehmervertreterwahl nach dem MitbestG, BB 1977,905; Matthes, Fragen zur Aufstellung der Wählerlisten nach den Wahlordnungen zum MitbestG, DB 1978,1127; Paland, Berichtigung von Fehlern während laufender Wahlen nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976, DB 1988, 1494; Säcker, Die Wahlordnungen zum MitbestG, 1978; Thau, Mängel der Aufsichtsratswahlen nach dem Mitbestimmungsgesetz, 1983; Westerath, Wahl und Wahlverfahren nach dem MitbestG, BlStSozArbR 1976, 189; Wienke, Die Wahlordnungen zum Mitbestimmungsgesetz, 4. Aufl 1992; Wlotzke, Zusammensetzung und Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, ZGR 1977,355.

Übersicht

Rdn I. Die W a h l o r d n u n g e n . . . . II. Die Wahlbekanntmachung III. Die Wahlvorstände 1. Zusammensetzung . . . 2. Bestellung 3. Amtszeit 4. Rechtsstellung 5. Verfahren IV. Die Wählerlisten 1. Eintragung in die Wählerliste 2. Das Änderungs verlangen

1 3 6 9 13 14 15

Rdn V. Überblick über das weitere Wahlverfahren 1. Vorabstimmung über die Art der Wahl 2. Wahlvorschläge 3. Urwahl 4. Mittelbare Wahl 5. Abberufung 6. Sondervorschriften für Unternehmen mit Seebetrieben

23 24 25 28 30

31

17 20

I. D i e W a h l o r d n u n g e n 1. Das MitbestG regelt in § § 9 - 1 8 , 3 4 die Wahl u n d in § 2 3 die 1 A b b e r u f u n g der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer. Es enthält aber n u r d i e G r u n d z ü g e d e s W a h l v e r f a h r e n s , während es, wie s c h o n die M o n t a n m i t b e s t i m m u n g s g e s e t z e u n d das BetrVG, die B e s t i m m u n 199

V o r $ 9 Aufgaben der Wahlvorstände 2. Teil. Aufsichtsrat

gen über die technische Durchführung der Wahlen Rechtsverordnungen (Wahlordnungen) überläßt, die von der Bundesregierung erlassen wurden und für die § 39 eine gesetzliche Grundlage schafft. Bereits im April 1976 hatte das federführende Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung die Entwürfe für drei Wahlordnungen vorgelegt. Da es vor allem wegen der Zuordnung der Angestellten zu den leitenden oder den nicht leitenden Angestellten und wegen der Beteiligung der leitenden Angestellten an den Wahlvorständen erneut zu Differenzen zwischen den Koalitionsparteien kam, konnten die Wahlordnungen jedoch erst am 18. Mai 1977 verabschiedet und am 23. Juni 19771 verkündet werden. Sie sind am 24. Juni 1977 in Kraft getreten. Kleinere Änderungen erfuhren sie durch eine Verordnung vom 9. November 1990.2 Infolge der Reformen des Gesetzes von 2001 und 2002 wurde dann eine vollständige Überarbeitung erforderlich. Diese berücksichtigt die Preisgabe der Trennung der Arbeitnehmer in die beiden Gruppen der Arbeiter und der Angestellten, die Verkleinerung der Delegiertenversammlung, die Vereinfachung der Wahl des Vertreters der leitenden Angestellten im Aufsichtsrat, die Einbeziehung der Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten in das Wahlverfahren und die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnik bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl. Ferner konnten weitere Regelungen zur Vereinfachung der Wahl, Verkürzung der Verfahrensdauer und Vermeidung von unnötigen Kosten eingefügt werden. Sämtliche Änderungen gehen auf Vorschläge einer Expertengruppe zurück und wurden daher im Einverständnis mit den Sozialpartnern erlassen. Die Neufassungen sind am 27. Mai 2002 verkündet 3 worden und am 28. Mai in Kraft getreten. Die Übergangsvorschriften finden sich in §40 des Gesetzes und SS 95 der 1. sowie 117 der 2. und 3. WO. 2

Die erste Wahlordnung ist für Unternehmen mit nur einem Betrieb bestimmt, die zweite für Unternehmen mit mehreren Betrieben, die dritte für die Fälle der SS 4 und 5. Die Aufteilung soll der Schwierigkeit Rechnung tragen, daß das Wahlverfahren, ungeachtet der identischen Gesamtkonzeption, wegen der verschiedenen Struktur dieser Unternehmen bei zahlreichen Einzelheiten differenzieren muß. Eine Vereinigung aller Vorschriften in einer Wahlordnung wäre daher unübersichtlich geworden.4 Die Wahlordnungen sind zwingendes Recht (hA).

1 2 3 4

BGBl 1 , 8 6 1 . BGBl 1 , 2 4 8 7 . BGBl 1 , 1 6 8 2 / 0 2 . Fitting/Wlotzke/Wißmann

200

Vor § 9 Rdn 7 f.

Aufgaben der Wahlvorstände Vor $ 9 II. Die Wahlbekanntmachung

II. Die Wahlbekanntmachung Das Verfahren zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer 3 beginnt mit der Bekanntmachung des Unternehmens, dh seines Vertretungsorgans, daß Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen sind. Diese Bekanntmachung ist nicht mit der Bekanntmachung nach § 97 AktG zu verwechseln, die nur erfolgt, wenn der Aufsichtsrat anders als bisher zusammengesetzt werden muß.5 Sie kann durch Aushang an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen in den Betrieben des Unternehmens sowie durch Einsatz der im Unternehmen vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik veröffentlicht werden, letzteres allerdings nur, sofern der Adressatenkreis dadurch von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen kann und Vorkehrungen getrofffen sind, damit nur das Unternehmen Änderungen vornehmen kann. Kopien sind den Betriebsräten, den Sprecherausschüssen sowie den in dem Unternehmen vertretenen Gewerkschaften zu übersenden.6 In Konzernen ist die Bekanntmachung in jedem an der Wahl beteiligten Unternehmen erforderlich. Steht in den Fällen der §§ 4 und 5 die Wahl nur in einem der beteiligten Unternehmen an, sind gleichwohl auch der Konzernbetriebsrat und der Konzernsprecherausschuß sowie die Gesamtbetriebsräte und die Gesamtsprecherausschüsse der anderen Konzernunternehmen zu informieren.7 Die Wahlordnungen geben Fristen an, binnen deren die Bekannt- 4 machung zu erfolgen hat, und die sich nach der Dauer des Wahlverfahrens richten. Hat das Unternehmen nur einen Betrieb, so ist die Mitteilung spätestens 19 Wochen vor dem voraussichtlichen Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder zu machen.8 In Unternehmen mit mehreren Betrieben beträgt die Frist mindestens 23 Wochen, 9 in den Fällen der § § 4 und 5 mindestens 25 Wochen. 10 Die Fristen verlängern sich auf 46 bzw 50 Wochen, wenn zu dem Unternehmen bzw zu dem Konzern ein Seebetrieb (§34 Abs 1) gehört.11 Bei der erstmaligen Anwendung des Gesetzes hat die Bekanntmachung abweichend von diesen Fristen unverzüglich nach der Bekanntmachung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats

5 6 7 8 9 10 11

Vgl § 6 Rdn 11 ff. Einzelheiten in S§ 2 1., 2. und 3. WO. § 2 Abs 3. WO. § 2 Abs 1 l . W O . § 2 Abs 1 2. WO. J2Abs 1 3. WO. SS 98 Abs 12. und 3. WO.

201

Vor § 9 Aufgaben der Wahlvorstände 2. Teil. Aufsichtsrat

gemäß § 9 7 AktG zu erfolgen. 1 2 In den Schreiben ist ua die Zahl der z u w ä h l e n d e n Aufsichtsratsmitglieder der A r b e i t n e h m e r sowie die Zahl der in d e m U n t e r n e h m e n in der Regel beschäftigten Arbeitn e h m e r i n n e n und A r b e i t n e h m e r a n z u g e b e n . 1 3 Damit erhält die Unternehmensleitung die Vorhand bei der Feststellung der für die Mitbestimmungspflicht ($ 1 Abs 1), für die Größe des Aufsichtsrats (S 7 Abs 1) sowie für die Art der Wahl (§ 9) maßgeblichen Arbeitnehmerzahl. 5 Die Bekanntmachung hat nur deklatorische W i r k u n g , ist also nicht Voraussetzung für die Einleitung des Wahlverfahrens. Wird sie versäumt, kann die Wahl auf Initiative anderer Beteiligter, namentlich der Betriebsräte, eingeleitet werden. 1 4 III. Die Wahlvorstände 6

1. Unverzüglich nach der Bekanntmachung sind die Wahlvorstände zu bilden, denen die rechtzeitige Einleitung der Wahl, ihre Durchführung sowie die Feststellung der Wahlergebnisse obliegt. In Unternehmen mit nur einem Betrieb ist nur ein Betriebswahlvorstand zu bestellen ( $ 3 1. WO). Hat das Unternehmen mehrere Betriebe, so tritt neben die Betriebswahlvorstände ein U n t e r n e h m e n s w a h l v o r s t a n d (S 3 2. WO). In den Fällen der §§ 4 und 5 sind für den Gesamtbereich ein H a u p t w a h l v o r s t a n d und für die einzelnen Betriebe Betriebswahlvorstände zu bilden. Unternehmenswahlvorstände sind nicht erforderlich (§ 3 3. WO). In Seebetrieben wird kein Betriebswahlvorstand gebildet (S 9 8 Abs 3 2. WO und 3. WO).

7

Sämtliche Wahlvorstände setzen sich g r u n d s ä t z l i c h aus drei wahlb e r e c h t i g t e n A r b e i t n e h m e r n zusammen. Doch kann der zuständige Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat die Zahl der Mitglieder erhöhen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. 1 5 Dies wird häufig der Fall sein, schon deshalb, weil bei jeder Abstimmung mindestens zwei Mitglieder des Wahlvorstandes oder ein Mitglied und ein Wahlhelfer zugegen sein müssen. 1 6 Die Zahl kann auch nachträglich erweitert werden, wenn dies erforderlich wird. Vorgeschrieben ist stets eine ungerade Mit-

12 13 14

15 16

$$ 92 Abs 11. WO, 114 Abs 1 2. und 3. WO. $ 2 Abs 1 1., 2. und 3. WO. LAG Hamm DB 1977, 1269; hA; vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann Vor § 9 Rdn 17; Fuchs/Köstler Rdn 254ff; MünchArbR/Wißmann § 378 Rdn 14. §5 5 Abs 11., 2. und 3. WO. S$ 161. WO, 17 2. und 3. WO.

202

Aufgaben der Wahlvorstände Vor S 9 III. Die Wahlvorstände

gliederzahl.17 Für jedes Mitglied kann ein Ersatzmitglied bestellt werden.18 Mitglieder des Betriebswahlvorstandes können nur wahlberechtigte 8 Arbeitnehmer des Betriebes, Mitglieder des Unternehmenswahlvorstandes nur wahlberechtigte Arbeitnehmer des Unternehmens sein. Zum Hauptwahlvorstand sind alle wahlberechtigten Arbeitnehmer der an der Wahl teilnehmenden Unternehmen wählbar.19 Die Geschlechter sollen in ihnen entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein.20 Außerdem sollen reguläre Arbeitnehmer und leitende Angestellte angemessen vertreten sein. Befinden sich im Kreis der an der Wahl teilnehmenden Arbeitnehmer mindestens fünf wahlberechtigte leitende Angestellte, so muß dem Wahlvorstand mindestens ein leitender Angestellter angehören.21 Ob dies der Fall ist, hat die zur Bestellung des Wahlvorstandes zuständige Stelle zu entscheiden, dh regelmäßig der Betriebsrat. Im Zweifel empfiehlt es sich, alle Gruppen zu beteiligen. Hat ein Betrieb weniger als fünf leitende Angestellte, so schadet es nicht, wenn die Gruppe gleichwohl einen Sitz im Wahlvorstand erhält.22 2. Die Vertreter der regulären Arbeitnehmer bestellt der zu- 9 ständige Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat. 23 Eine Einwilligung des Arbeitgebers ist nicht erforderlich, doch empfiehlt sich seine Anhörung.24 Findet eine Gruppe keinen Vertreter, fällt der Platz im Wahlvorstand einer anderen Gruppe zu.2S Läßt sich der Wahlvorstand nicht mit drei Personen besetzen, kann der Betrieb an der Wahl nicht teilnehmen.26 Besteht kein Betriebsrat, werden die Vertreter der regulären Arbeitnehmer in einer Betriebsversammlung gewählt.27 Sonderregeln enthalten §§ 5 Abs 6 2. WO und 3. WO für den Fall, 1 0 daß in einem Betrieb mit nicht mehr als 45 wahlberechtigten Arbeit-

17 18

19 20 21 22 23 24 25 26 27

§§ 5 Abs 1 1 . WO, 4 Abs 1 , 5 Abs 1 2. WO, 4—5, je Abs 1 3. WO. $ 5 Abs 3 1. WO usw; Einzelheiten dazu bei Fitting/Wlotzke/Wißmann Vor $ 9 Rdn 55 ff. $ 5 Abs 1 Satz 3 1. WO usw. $ $ 4 1 . WO, 3 Abs 3 2. und 3. WO. $$ 5 Abs 2 1. WO, 4 Abs 2 , 5 Abs 2 2. und 3. WO. HA; aA Säcker, Wahlordnungen Rdn 29. $$ 5 Abs 4 1. WO, 4Abs 4 und 5 Abs 4 2. und 3. WO. Hanau/Ulmer Vor § 9 Rdn 9; vgl $ 2 Abs 1 BetrVG. HA; aA Krämer NJW 1 9 7 7 , 2 1 4 3 . Hanau/UlmerVor$9Rdn9. $ $ 5 Abs 4 Satz 2 2. und 3. WO; Einzelheiten hierzu bei Fitting/Wlotzke/ Wißmann Vor § 9 Rdn 35ff; GemKomm.MitbestG/Mattftes § 9 Rdn 5 8 f ; Hanau/UlmerVor § 9 Rdn 10; Jacobs, Wahlvorstände 85 ff.

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Vor $ 9 Aufgaben der Wahlvorstände 2. Teil. Aufsichtsrat

nehmern kein Betriebswahlvorstand gebildet wurde. In diesen Fällen kann der Unternehmens- bzw der Hauptwahlvorstand den Wahlvorstand eines anderen Betriebs mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Betriebswahlvorstands beauftragen. Dieser kann für den betroffenen Betrieb schriftliche Abstimmung anordnen. Die praktisch wichtige Vorschrift erlaubt eine Vereinfachung des Wahlverfahrens durch „Einsparung" von Wahlvorständen in kleinen Betrieben. Auf Betriebe mit mehr als 45 Arbeitnehmern kann die Vorschrift nicht entsprechend angewandt werden. Wird in solchen Betrieben kein Wahlvorstand gebildet, nehmen sie an der Wahl nicht teil. 28 11 Die Vertreter der leitenden Angestellten im Betriebswahlvorstand werden von dem zuständigen Sprecherausschuß bestellt. Besteht kein Sprecherausschuß, werden sie statt dessen in einer Versammlung der leitenden Angestellten gewählt. 29 Für die Wahl zum Unternehmenswahlvorstand ist der Gesamtsprecherausschuß, hilfsweise der Sprecherausschuß des nach der Zahl der leitenden Angestellten größten Betriebs zuständig, für die Wahl zum Hauptwahlvorstand der Konzernsprecherausschuß und hilfsweise der Gesamtsprecherausschuß des nach der Zahl der leitenden Angestellten größten beteiligten Unternehmens. Nur wenn sich kein Sprecherausschuß findet, welcher die Aufgabe nach diesen Vorschriften übernehmen kann, findet eine Wahl in einer Versammlung der leitenden Angestellten statt. 30 12 3. Die Amtszeit der Mitglieder des Wahlvorstandes beginnt mit der Annahme der Wahl. Sie endet mit dem Abschluß der Aufsichtsratswahl. 31 Bei Nachwahlen müssen daher neue Wahlvorstände gebildet werden. Eine vorzeitige Abberufung ist nicht vorgesehen. Scheidet der Bestellte aus dem Betrieb oder Unternehmen aus, so endet jedoch seine Mitgliedschaft im Wahlvorstand.32 13 4. Die Mitglieder des Wahlvorstandes sind ehrenamtlich tätig. Notwendige Versäumnis von Arbeitszeit berechtigt nicht dazu, Lohn oder Gehalt zu mindern. 33 Ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeit zwecks Teilnahme an Schulungskursen ist nur unter besonderen Umständen anzuerkennen, zB wenn noch kein Mitglied des Wahlvorstandes über die notwendige Erfahrung verfügt. 34 Der besondere

28 29 30 31 32

33 34

HA; aA Säcker, Wahlordnungen Rdn 8 2 f. §§ 5 Abs 5 1., 2. und 3. WO. Einzelheiten in §§ 4 Abs 5 2. und 3. WO. LAG H a m b u r g DB 1 9 7 9 , 9 0 0 ; BAG DB 1 9 8 2 , 5 4 6 ; DB 8 4 , 2 3 5 8 . Einzelheiten str; vgl FittingfWlotzkefWißmann Vor § 9 Rdn 7 8 ff; Hanau/Ulmer Vor $ 9 Rdn 2 3 ; Münch ArbR/Wi/?mann § 3 7 8 Rdn 17; Jacobs, Wahlvorstände 1 9 4 ff. § 2 0 Abs 3; vgl $ 2 0 Rdn 17. Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann

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§ 2 0 Rdn 3 1 ; Hoffmann/Lehmann/Weinmann

§20

Aufgaben der Wahlvorstände Vor $ 9 III. Die Wahlvorstände

Kündigungsschutz nach § 15 KSchG gilt für die Mitglieder eines Wahlvorstandes nach dem MitbestG nicht. 35 Sie genießen aber den Wahlschutz gemäß § 20. Die Wahlvorstände haben ihre Bestellung, die Namen ihrer Mit- 14 glieder sowie ihre Anschrift unverzüglich den beteiligten Unternehmen, den in ihnen vertretenen Gewerkschaften sowie den anderen beteiligten Wahlvorständen mitzuteilen. 36 5. Die Wahlvorstände haben aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und 15 mindestens einen Stellvertreter zu wählen. 37 Sie können sich eine schriftliche Geschäftsordnung geben, sind dazu aber nicht verpflichtet. Zur Unterstützung können sie wahlberechtigte Arbeitnehmer als Wahlhelfer heranziehen. 38 Ihre Sitzungen sind nicht öffentlich. 39 Ihre Beschlüsse bedürfen der einfachen Mehrheit der Mitglieder. 40 Über die Sitzungen sind Niederschriften mit dem in §§7 Abs 3 Satz 2 ff 1. und 2. WO, 8 Abs 3 Satz 2 ff 3. WO angegebenen Inhalt aufzunehmen. Bekanntmachungen, Ausschreiben und Niederschriften sind vom Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied zu unterschreiben. 41 Die Unternehmen haben die Wahlvorstände zu unterstützten, ihnen namentlich den erforderlichen Geschäftsbedarf zur Verfügung zu stellen. 42 Die Wahlvorstände haben für die ordnungsgemäße Durchführung 16 des Wahlverfahrens zu sorgen. 43 Dazu gehört auch die Berichtigung von Verfahrensfehlern. 44 Grundsätzlich entscheidet jeder Wahlvorstand in seinem Zuständigkeitsbereich selbständig. Doch können Unternehmens- und Hauptwahlvorstand den nachgeordneten Wahlvorständen Richtlinien vorschreiben. 45 Ferner haben diese wahltechnische Fragen zu regeln, die sich auf mehrere Betriebe bzw Unternehmen beziehen. 46

35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46

Rdn 67; GemKomm. MitbcstG/Mattto $ 2 0 Rdn 42; Hanau/Ulmer Vor § 9 Rdn 25 mit im einzelnen differierenden Abgrenzungen; vgl auch § 20 Rdn 15. Fitting/Wlotzke/Wißmann Vor $ 9 Rdn 84-Jacobs aaO 374. §S 6 1 . , 2. und 3. WO. S§ 7 Abs 11., 2. und 3. WO. SS 7 Abs 2 1 . , und 3. WO. HM entsprechend $ 30 BetrVG. $S 7Abs 3 Satz 11., 2. und 3. WO. $S 7 Abs 3 Satz 4 1 . , 2. und 3. WO. $S 7 Abs 4 1 . , und 3. WO. Vgl LAG Stuttgart BB 1988,1344. LAG Stuttgart BB 1 9 9 0 , 1 4 ; B A G E 6 7 , 2 5 4 = BB 1991,2446. $S 3 Abs 2 2. und 3. WO; vgl dazu BAGE 6 7 , 2 5 4 = BB 1991,2446. Einzelheiten bei Fitting/Wlotzke/Wißmann Vor § 9 Rdn 87 ff; Säcker, Wahlordnungen Rdn 40f; MünchArbR/VWßmann §378 Rdn 17; Jacobs, Wahlvorstände 293 ff; ferner BAGE 67, 254 = BB 1991, 2446 zu Richtlinien des Hauptwahlvorstands über die Durchführung von Briefwahlen bei Außendienstmitarbeitern.

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Vor $ 9 Aufgaben der Wahlvorstände 2. Teil. Aufsichtsrat

IV. D i e W ä h l e r l i s t e n 17

1. Die erste A m t s h a n d l u n g d e r Wahl vorstände besteht darin, die W ä h l e r l i s t e n aufzustellen, u n d z w a r g e t r e n n t nach den G r u p p e n der regulären A r b e i t n e h m e r u n d der leitenden Angestellten. Die Wahlberechtigten sollen - nicht aber m ü s s e n - in alphabetischer Reihenfolge m i t F a m i l i e n n a m e , V o r n a m e u n d G e b u r t s d a t u m aufgeführt w e r d e n . Z u s t ä n d i g sind die Betriebswahlvorstände. 4 7 Die Aufstellung kann durch Einsatz der in d e m U n t e r n e h m e n vorhandenen Informationsund Kommunikationstechnik erfolgen, sofern Vorkehrungen getroffen sind, d a ß n u r der Betriebswahlvorstand Ä n d e r u n g e n v o r n e h m e n kann. 4 8 Die U n t e r n e h m e n haben die notwendigen Auskünfte z u erteilen, die erforderlichen U n t e r l a g e n z u r Verfügung z u stellen u n d bei der Z u o r d n u n g der A r b e i t n e h m e r z u den G r u p p e n Hilfe z u leisten. 4 9 W ä h r e n d des Wahlverfahrens sind die Wählerlisten ständig fortzuschreiben. 5 0 Die F o r t s c h r e i b u n g gilt jeweils für die Z u k u n f t .

18

Die E i n t r a g u n g in die Wählerliste l e g t fest, w e l c h e A r b e i t n e h m e r d a s W a h l r e c h t a u s ü b e n k ö n n e n u n d i n w e l c h e r G r u p p e . G e h ö r t ein A r b e i t n e h m e r z u zwei Betrieben, ist er in d e m Betrieb in die W ä h l e r liste a u f z u n e h m e n , in d e m der S c h w e r p u n k t seiner Tätigkeit liegt. N u r die in die Wählerliste e i n g e t r a g e n e n A r b e i t n e h m e r k ö n n e n an den W a h l e n u n d an d e n weiteren A b s t i m m u n g e n i m Z u g e des Wahlverfahrens t e i l n e h m e n . 5 1 A u c h für die Befugnis z u r Vorlage von Wahl- u n d A b s t i m m u n g s v o r s c h l ä g e n sowie für die E r m i t t l u n g d e r Zahl d e r wahlb e r e c h t i g t e n A r b e i t n e h m e r eines Betriebs o d e r U n t e r n e h m e n s ist die E i n t r a g u n g maßgeblich. 5 2 Allerdings k a n n die E i n t r a g u n g die materielle Rechtslage nicht ändern. Wer wahlberechtigt ist, sein Wahlrecht mangels E i n t r a g u n g aber nicht a u s ü b e n k a n n , k a n n die W a h l d a h e r g g f anfechten. 5 3 A u c h für die E r m i t t l u n g d e r nach § § 1, 7 des Gesetzes m a ß g e b lichen Z a h l von A r b e i t n e h m e r n k o m m t es aus d e m s e l b e n G r u n d n i c h t a u f die E i n t r a g u n g in die Wählerliste a n . 5 4

19

Die Einzelheiten des E i n t r a g u n g s v e r f a h r e n s , in d e m nach d e m Gesagten vor allem über die Z u o r d n u n g z u den leitenden Angestellten entschieden wird, sind das E r g e b n i s eines lange u m k ä m p f t e n politischen Kompromisses zwischen den Koalitionsparteien von 1 9 7 6 . Zunächst sollen die Mitglieder des Wahlvorstandes u m eine e i n s t i m m i g e 47 48 49

50 51

52 53 54

$5 8 Abs 1 1., 2. und 3. Wo. §§ 8 Abs 1 Satz 3 1., 2., und 3. WO. §5 8 Abs 3 1., 2. und 3. WO. $§ 8 Abs 4 1 . , 2. und 3. WO. §5 8 Abs 5 1., 2. und 3. WO. HL; vgl statt aller Fitting/Wlotzke/Wißmann Vor § 9 Rdn 102 ff. Vgl GemKomm.MitbestG/Matfft«§ 1 0 R d n 9 3 . AA Fitting/Wlotzke/Wißmann Vor $ 9 Rdn 105.

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Aufgaben der Wahlvorstände Vor $ 9 IV. Die Wählerlisten

Entscheidung bemüht sein, welche die Einteilung „in zutreffender Weise", dh gemäß der bestehenden Rechtslage, insbesondere der Judikatur des BAG55 vornimmt. 56 Kommen nur einstimmige Beschlüsse zustande, so kann jeder Betroffene sowie jeder sonst Anfechtungsberechtigte 57 wie bei jeder anderen Entscheidung des Wahlvorstandes binnen einer Woche schriftlich Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste einlegen, über den unverzüglich zu entscheiden ist.58 Ist der Einspruch begründet, so wird die Wählerliste berichtigt. Die Betriebswahlvorstände entscheiden mit einfacher Mehrheit. 59 Nur für die Zuordnung zu den Gruppen verlangen einige Autoren mit Recht Einstimmigkeit, weil andernfalls der Minderheitenschutz des Änderungsverlangens unterlaufen würde. 60 Weist der Wahlvorstand den Einspruch zurück, so kann der Betroffene dagegen das Arbeitsgericht anrufen. 61 2. Eine andere Regelung sehen die Wahlordnungen vor, wenn der 20 Wahlvorstand nicht in allen Fällen einstimmig entschieden hat. In diesem Fall kann jeder Arbeitnehmer binnen einer Woche schriftlich verlangen, daß seine Zuordnung zur Gruppe der regulären Arbeitnehmer oder leitenden Angestellten geändert wird (Änderungsverlangen). Verlangt ein Arbeitnehmer die Änderung, so ist er entsprechend seinem Verlangen einzutragen, sofern wenigstens ein Mitglied des Wahlvorstands binnen einer Woche schriftlich zustimmt. Ein formeller Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste oder eine Anrufung des Arbeitsgerichts ist nicht erforderlich. Jedes Mitglied des Wahlvorstands, das der Änderung nicht zugestimmt hat, kann nunmehr aber seinerseits dagegen das Arbeitsgericht anrufen. 62 Der neuartige Rechtsbehelf des Änderungsverfahrens beruht auf 21 dem Gedanken, daß die Selbsteinschätzung der Betroffenen zum Zuge kommen soll, sofern der Wahlvorstand nicht generell einstimmig entschieden hat. Die Regelung soll vor allem die leitenden Angestellten gegen Mehrheitsbeschlüsse der Vertreter der sonstigen Arbeitnehmer

55 56 57 58 59 60

61 62

Vgl $ 3 Rdn 24 ff. $$ 8 Abs 2 1 2 . und 3. WO. Vgl $ 2 2 Rdn 15 ff. $$11 iVm 8 Abs 2 Satz 3 1. WO, 12 iVm 8 Abs 2 Satz 3 2. und 3. WO. HA; vgl statt aller Hanau/Ulmer Vor $ 9 Rdn 38. Fitting/Wlotzke/Wißmann Vor $ 9 Rdn 127; Hojfmann/Lehmann/Weinmann $3 Rdn 90; MünchArbR/Wißmarm $ 378 Rdn 24; Thau, Mängel der Aufsichtsratswahlen 14 f; differenzierend Hanau/Ulmer aaO; aA GemKomm.MitbestG/ Matthes% 10 Rdn 103;Säcker, Wahlordnungen Rdn 117; Fuchs/KöstlerKdn 283. Vgl $$ 3 Rdn 47 f, 22 Rdn 24. $$10 1., 2. und 3. WO; vgl BAG DB 1982, 546; Einzelheiten dazu bei Thau aaO 20 ff.

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Vor $9 Aufgaben der Wahlvorstände 2. Teil. Aufsichtsrat

im Wahlvorstand schützen. Sie ist verfassungsgemäß.63 Allerdings sollte einem Arbeitnehmer, dessen Eingruppierung einstimmig beschlossen wurde, sinngemäß lediglich der Einspruch als einziger Rechtsbehelf zugestanden werden.64 22 Die Fristen für den Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste wie für das Änderungsverlangen werden durch eine Bekanntmachung des Wahlvorstands mit dem in § 9 der Wahlordnungen angegebenen Inhalt in Gang gesetzt. Ändern sich die Eintragungsvoraussetzungen nachträglich, so hat der Wahlvorstand die Wählerliste auch ohne Antrag unverzüglich zu berichtigen oder zu ergänzen.65 Die aufgestellten Wählerlisten sind an den Unternehmenswahlvorstand bzw den Hauptwahlvorstand zu übersenden.66 V. Überblick über das weitere Wahlverfahren 23

1. Unverzüglich nach der Feststellung bzw Übersendung der Wählerlisten hat der jeweils oberste Wahlvorstand eine Bekanntmachung über die Art der Wahl mit dem in §§ 12 1. und 13 2. und 3. WO vorgeschriebenen Inhalt zu erlassen, welche die Wahlberechtigten über die Alternative unmittelbare oder mittelbare Wahl (§9) sowie über die Antrags- und Beschlußvoraussetzungen informiert. Geht binnen zwei Wochen ein gültiger Antrag auf Abstimmung ein, so hat ein Abstimmungsausschreiben zu erfolgen, dessen Inhalt die Wahlordnungen wiederum genau festlegen. Die Abstimmung soll binnen zwei Wochen seit dem Erlaß des Ausschreibens stattfinden.67 Weiter haben die Wahlvorstände für die technische Durchführung der Abstimmung zu sorgen. Die Wahlordnungen enthalten hierzu ins Einzelne gehende Vorschriften über die Ausgestaltung der Stimmzettel und Wahlumschläge, den Wahlraum, die Wahlurnen und den Wahlvorgang, welche die Klarheit der Entscheidung und vor allem das Abstimmungsgeheimnis sichern sollen.68 Ferner regeln sie die Voraussetzungen und das Verfahren des Einsatzes von Wahlgeräten und der

63

64

65 66 67 68

AA Säcker, Wahlordnungen Rdn 122-124; Köstler/Kittner/Zachert, Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat Rdn 1043, weil sie durch die Ermächtigung des $ 39 nicht gedeckt werde; wie hier hL. So zutreffend Hanau/Ulmer Vor $9 Rdn 43; wohl auch GemKomm.MitbestG/Matthes § 10 Rdn 96; aA Fitting/Wlotzke/Wißmann Vor § 9 Rdn 130; Krämer NJW 1977,2143; Lux BB 1977, 908; Säcker, Wahlordnungen Rdn 118; MünchArbR¡Wißmann § 378 Rdn 25; in BAG DB 1982,546 offen gelassen. §§8 Abs 41., 2. und 3. WO. §§11 2. und 3. WO. §§ 13f 1., 14f2. und3.WO. §J 15f 1., 16f2.und3.WO.

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Aufgaben der Wahlvorstände Vor $ 9 V. Überblick Uber das weitere Wahlverfahren

schriftlichen Stimmabgabe. 69 Unverzüglich nach Abschluß des Abstimmungsvorgangs haben die Betriebswahlvorstände die Stimmen öffentlich auszuzählen und eine Abstimmungsniederschrift anzufertigen.70 Der jeweils oberste Wahlvorstand ermittelt anhand der Niederschriften das Abstimmungsergebnis und sorgt dafür, daß es in den Betrieben bekannt gemacht wird.71 2. Zu den weiteren Aufgaben des jeweils obersten Wahlvorstandes 24 gehört es, die Verteilung der Sitze der dem Unternehmen angehörenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer auf die regulären Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten gemäß § 15 Abs 2 festzustellen.72 Gleichzeitig mit der Bekanntmachung über die Art der Wahl sind ferner zwei weitere Bekanntmachungen zu erlassen, und zwar über die Einreichung von Wahlvorschlägen und über die Abstimmung für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten nach § 15 Abs 2 Nr 2.73 Beide Bekanntmachungen dienen wiederum dem Zweck, die Wahlberechtigten vollständig über ihre Rechte und über das Verfahren aufzuklären, und müssen daher den in den Wahlordnungen im einzelnen aufgeführten Inhalt haben. Sie setzen die Fristen für die Einreichung der Wahl- bzw Abstimmungsvorschläge in Gang.74 Die von den leitenden Angestellten für die Vorwahl eingereichten Abstimmungsvorschläge sind zu prüfen und die Vorwahl durchzuführen.75 Die eingegangenen Wahlvorschläge sind zu bezeichnen und zu prüfen. Dem Vorschlagsvertreter ist der Zeitpunkt der Einreichung schriftlich zu bestätigen. Bei mehreren gültigen Wahlvorschlägen ist deren Reihenfolge durch das Los zu ermitteln. Schließlich sind die gültigen Wahlvorschläge nach Wahlgängen, dh Gruppen, getrennt bekanntzugeben.76 Ist ein Wahlvorschlag ungültig oder fehlerhaft, 77 so hat der zuständige Wahlvorstand den Vorschlagsvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten.78 Wurde für einen Wahlgang überhaupt kein gültiger Wahlvorschlag vorgelegt, so muß er das in §§34 l.WO, 36 2. und 3. WO geregelte Nachverfahren durchführen. Erbringt auch dieses keinen

69 70 71 72 73 74 75 76 77 78

$$ 17ffl., 18ff 2. und 3. WO. §§ 20f 1., 21 f2. und 3. WO. $$ 22 f 2. WO, 23 f 3. WO; vgl zum Ganzen auch § 9 Rdn 7 ff. $$ 23 1. WO, 25 2. und 3. WO; vgl § 15 Rdn 7ff. $$24,28 l.WO,26,302.und3.WO. Vgl $ 15 Rdn 24. $$ 29 bis 31 l.WO, 31-33 2. und 3. WO; vgl § 15 Rdn 25 ff. $$ 32-35 l.WO, 34—37 2. und 3. WO. §$33 l.WO,35 2.und3.WO. $$ 32 Abs 2 1. WO, 34 Abs 2 2. und 3. WO. 209

Vor S 9 Aufgaben der Wahlvorstände 2. Teil. Aufsichtsrat

gültigen Wahlvorschlag, so ist bekanntzugeben, daß der Wahlgang nicht stattfindet.79 25 3. Im folgenden trennen die Wahlordnungen zwischen unmittelbarer und mittelbarer Wahl. Steht fest, daß Urwahl stattfindet, hat der oberste Wahlvorstand das eigentliche Wahlausschreiben mit dem in SS 37 1. WO, 39 2. und 3. WO vorgeschriebenen Inhalt herauszugeben. Die Wahlen selbst finden in den Betrieben unter Leitung der Betriebswahlvorstände statt. Die Vertreter der regulären Arbeitnehmer, der leitenden Angestellten und der im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften sind in gesonderten Wahlgängen zu wählen, für die nach der Farbe verschiedene Wahlzettel und Wahlumschläge zu verwenden sind. Die für denselben Wahlgang bestimmten Wahlzettel und Wahlumschläge müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben.80 26 Die Gestaltung der Wahlzettel ist verschieden je nach dem, ob in einem Wahlgang mehrere Aufsichtsratsmitglieder aufgrund mehrerer Wahlvorschläge,81 mehrere Aufsichtsratsmitglieder aufgrund nur eines Wahl Vorschlags82 oder nur ein Aufsichtsratsmitglied83 zu wählen sind. Die Stimmabgabe ist in der Wählerliste für jeden Wahlgang gesondert zu vermerken. Für die Einrichtung des Wahlraums und der Wahlurnen, für den Einsatz von Wahlgeräten sowie für den Abstimmungsvorgang sind die Vorschriften der S§ 16 und 17 1. WO, 17 und 18 2. und 3. WO entsprechend anzuwenden.84 Briefwahl lassen die Wahlordnungen zu, wenn ein Arbeitnehmer wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert ist, seine Stimme persönlich abzugeben. Wahlberechtigte, die im Zeitpunkt der Wahl infolge der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden, wie namentlich im Außendienst, in Telearbeit oder in Heimarbeit Beschäftigte, erhalten die Briefwahlunterlagen, ohne daß sie dies gesondert verlangen müssen85. Für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt liegen, kann der Betriebswahlvorstand generell die Briefwahl beschließen, desgleichen für einen Betrieb, in dem die Mehrheit der Stimmberechtigten aus den genannten Gründen zur schriftlichen Stimmabgabe berechtigt ist und die verbleibende Minderheit nicht mehr als ins-

79 80

81 82 83 84 85

5$ 34 Abs 2 1. WO, 36 Abs 2 2. und 3. WO. §S 38 Abs 1 und 2 iVm 25 Abs 4 1. WO, 40 Abs 1 und 2. iVm 27 Abs 4 2. und 3. WO. S§ 38 Abs 21. WO, 40 Abs 2 2. und 3. WO. §§ 41 Abs 2 1. WO, 44Abs 2 2. und 3.WO. $$ 44 Abs 2 1. WO, 48 Abs 2 2. und 3. WO. §§ 38 Abs 3 usw 1. WO, 40 Abs 4 usw 2. und 3. WO; vgl Rdn 23. S§ 45 Abs 2 1. WO, 49 Abs 2 2. und 3. WO.

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Aufgaben der Wahlvorstände Vor S 9 IV. Die Wählerlisten

gesamt 25 Wahlberechtigte ausmacht.86 Die Arbeitnehmer von Seebetrieben stimmen immer in Briefwahl ab.87 Alle diese Vorschriften dienen der Vereinfachung und Verbilligung der Wahl. Das Verfahren der Briefwahl und die Aufgaben der Wahlvorstände im Zusammenhang damit sind im übrigen in §§ 46 1. WO, 50 2. und 3. WO geregelt. Unverzüglich nach Abschluß der Stimmabgabe haben die Betriebs- 27 wahlvorstände die Stimmen öffentlich auszuzählen, die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen und eine Wahlniederschrift anzufertigen.88 Ungültig sind Stimmzettel, in denen mehr als ein Wahlvorschlag bzw mehr Bewerber angekreuzt sind als gewählt werden müssen, aus denen sich der Wille des Wählers nicht eindeutig ergibt, die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, die andere als die vorgeschriebenen Angaben, Zusätze oder Änderungen aufweisen oder die einem anderen, sich in demselben Wahlumschlag befindlichen Stimmzettel widersprechen.89 In Unternehmen mit nur einem Betrieb gehört auch die Ermittlung der Gewählten, die Bekanntgabe des Wahlergebnisses und die Benachrichtigung der Gewählten, des Unternehmens und der im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften zu den Aufgaben des Betriebswahlvorstands.90 In Unternehmen mit mehreren Betrieben ist dafür der Unternehmenswahlvorstand, in Konzernen der Hauptwahlvorstand zuständig.91 Die Wahlakten sind dem Unternehmen zu übergeben, das sie für mindestens fünf Jahre aufzubewahren hat.92 4. Die mittelbare Wahl läuft nach demselben Muster ab wie die 28 unmittelbare Wahl, nur sind zwei Abschnitte hintereinandergeschaltet, die Wahl der Delegierten durch die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch die Delegiertenversammlung. In Konzernen können die Betriebs- bzw Unternehmenswahlvorstände der abhängigen Unternehmen unter den Voraussetzungen der §§51 1. WO, 55 2. und 3. WO beschließen, die Delegierten mit Mehrfachmandat auszustatten.93 Vor dem Erlaß der Wahlausschreiben94 ist die Anzahl der auf jeden Betrieb entfallenden Delegierten und ihre Verteilung auf die Gruppen zu errech-

SS 45 Abs 3 1. WO, 49 Abs 3 2. und 3. WO SS 123 Abs 1 2. WO, 124 Abs 1 3. WO. 88 §S 39,42,47 1. WO,41,45,512. und 3 3.WO. 89 SS 38 Abs 4, 39 Abs 3,41 Abs 4 usw 1. WO, 40 Abs 5,41 Abs 3, 44 Abs 4 usw 2. und 3. WO. 90 SS 40,43,48 1. WO usw. 91 SS 43,47,51 2. und 3. WO. 92 SS 49 1. WO, 53 2. und 3. WO. 93 Vgl S 10 Rdn 16. 94 SS 53 1. WO, 59 2. und 3. WO. 86

87

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Vor S 9 Aufgaben der Wahlvorstände 2. Teil. Aufsichtsrat

nen.95 Die Vorschriften über die Einreichung von Wahlvorschlägen 96 und über die Durchführung der Wahl 97 stimmen, abgesehen von den notwendigen technischen Modifikationen, mit den für die unmittelbare Wahl geltenden Vorschriften überein.98 29 Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer findet in einer vom obersten Wahlvorstand zu leitenden Delegiertenversammlung statt, die spätestens vier Wochen nach der Wahl der Delegierten bzw der Mitteilung des Wahlergebnisses stattfinden soll.99 Zur Vorbereitung ist eine Delegiertenliste, getrennt nach Delegierten der regulären Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten, aufzustellen und auszulegen. Hinter dem Namen jedes Delegierten ist zu vermerken, wieviel Stimmen er hat.100 Die Delegierten sind durch eine Mitteilung mit vorgeschriebenem Inhalt schriftlich gegen Empfangsbekenntnis oder durch eingeschriebenen Brief zu laden.101 Stellt der Wahlvorstand fest, daß die Amtszeit eines Delegierten vorzeitig beendet oder daß er verhindert ist (§ 14 Abs 1 und 2), so ist in gleicher Weise der Ersatzdelegierte zu verständigen.102 Die Regeln über die Durchführung der Wahl entsprechen wiederum den Bestimmungen über die unmittelbare Wahl, allerdings mit dem Unterschied, daß sie Briefwahl nicht gestatten.103 30

5. Das im zweiten Teil der Wahlordnungen 104 geregelte Abberufungsverfahren entspricht in der Grundkonzeption wie in der Durchführung spiegelbildlich den Wahlverfahren. Die Vorschriften differenzieren im Anschluß an das Gesetz auch hier zwischen den Fällen, in denen die Abberufung von sämtlichen wahlberechtigten Arbeitnehmern des Unternehmens oder von der Delegiertenversammlung zu beschließen ist. Zu den Einzelheiten des seltenen Verfahrens kann hier auf die Erläuterungen zu $ 23105 verwiesen werden. 31 6. Die im dritten Teil der 2. und der 3. Wahlordnung enthaltenen Sondervorschriften für Unternehmen mit Seebetrieben enthalten zunächst eine Vielzahl von Abweichungen bei technischen Einzelheiten, die durch die Eigenart der Seebetriebe bedingt sind. Hervorzuheben sind drei Hauptpunkte: Zunächst wiederholen die Wahlordnungen

SS 52 1. WO, 56-58 2. und 3. WO; vgl $ 11 Rdn 4 ff. §S 54-58 1. WO, 60-64 2. und 3. WO; vgl § 12 Rdn 3 ff. 9 7 S S 59-67 1. WO, 65-73 2. und 3. WO; vgl $ 10 Rdn 18. 98 Vgl Rdn 25 ff. 99 SS 68 1. WO, 74 2. und 3. WO. 100 SS 69 Abs 2 1. WO, 75 Abs 2 2. und 3. WO. 101 $S 71 1. WO, 77 2. und 3. WO. 102 S§ 71 Abs 3 1. WO, 77 Abs 3 2. und 3. WO. 103 $S 72-811. WO, 78-87 2. und 3. WO; vgl § 15 Rdn 29. 1 0 4 S S 82-911. WO, 88-97 2. und 3. WO. 105 Vgl § 23 Rdn 4. 95

96

212

S9 die bereits im Gesetz (§ 34) enthaltenen Sonderregeln, wonach die Seebetriebe an der Vorabstimmung nach § 9 Abs 2 und 3 nicht teilnehmen 106 und wonach sie stets unmittelbar wählen, auch wenn in dem Unternehmen im übrigen mittelbare Wahl stattfindet.107 Zum zweiten verlängern die Wahlordnungen wegen der Länge der Übermittlungswege die für den Ablauf der Wahl geltenden Fristen. Die gesamte Wahldauer wird in Unternehmen mit mehreren Betrieben auf 46 Wochen, in Konzernen und in den Fällen des § 4 auf 50 Wochen ausgedehnt.108 Entsprechend strecken sich die übrigen Fristen. Drittens ist in Seebetrieben kein Betriebswahlvorstand zu bestellen, vielmehr nimmt der Unternehmenswahlvorstand die Aufgaben des Betriebswahlvorstands wahr.109 Die Regelung erklärt sich aus der Erwägung, daß ein Betriebswahlvorstand an Land errichtet werden müßte, da sich ein Seebetrieb nach § 34 Abs 1 aus der Gesamtheit der Seeschiffe eines Unternehmens zusammensetzt. Ein solcher Betriebswahlvorstand hätte aber keinen besseren Kontakt zu den sich auf den Schiffen befindlichen Wählern als der gleichfalls an Land gebildete Unternehmenswahlvorstand und wäre deshalb funktionslos.110

$9 (1) Die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer (§ 7 Abs 2) eines Unternehmens mit in der Regel mehr als 8000 Arbeitnehmern werden durch Delegierte gewählt, sofern nicht die wahlberechtigten Arbeitnehmer die unmittelbare Wahl beschließen. (2) Die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ($ 7 Abs 2) eines Unternehmens mit in der Regel nicht mehr als 8000 Arbeitnehmern werden in unmittelbarer Wahl gewählt, sofern nicht die wahlberechtigten Arbeitnehmer die Wahl durch Delegierte beschließen. (3) Zur Abstimmung darüber, ob die Wahl durch Delegierte oder unmittelbar erfolgen soll, bedarf es eines Antrages, der von einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer des Unternehmens unterzeichnet sein muß. Die Abstimmung ist geheim. Ein Beschluß nach Absatz 1 oder 2 kann nur unter Beteiligung von mindestens der Hälfte der wahlberechtigten Arbeitnehmer und nur mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt werden.

106 107 108 109 1,0

Vgl § 34 Rdn 7. § 34 Abs 5; vgl § 34 Rdn 8. §§ 98 Abs 1 2. und 3. WO. §§ 98 Abs 3 2. und 3. WO. Fitting/Wlotzke/Wißmann Vor § 9 Rdn 70.

213

S9 2. Teil. Aufsichtsrat

Schrifttum Philipp, Wahlmännerverfahren oder Urwahl, DB 1976, 2303; Rittner, Die Ermittlung der Arbeitnehmerzahl nach $ 9 MitbestG für schrumpfende Unternehmen, AG 1983,99; Wlotzke, Zusammensetzung und Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, ZGR1977,355. Übersicht

Rdn

Rdn I. Vorbemerkungen 1. Gesetzesinhalt 2. Entstehungsgeschichte. II. Gesetzliches Wahlverfahren (Abs 1-2)

1 2

III. Beschluß über die Art der Wahl (Abs 3) IV. Streitigkeiten

7 10

5

I. Vorbemerkungen 1. Die Grundsatzvorschrift des § 9 enthält zwei für den Charakter und die Tragweite der von dem Gesetz gewährten Mitbestimmung bedeutsame Entscheidungen. Zum einen besagt sie, daß alle Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, auch die Vertreter von Gewerkschaften (S 7 Abs 2), von den Arbeitnehmern des Unternehmens gewählt werden, den Gewerkschaften also, anders als nach S 7 MitbestEG, kein Entsendungs-, sondern nur ein unverbindliches Vorschlagsrecht (§ 16) zukommt. Zum anderen bietet sie zwei Wahlverfahren an, die unmittelbare (Ur-)Wahl und die mittelbare Wahl durch Delegierte. Urwahl ist vorgesehen bei Unternehmen mit in der Regel nicht mehr als 8000 Arbeitnehmern. Bei einer höheren Zahl ist grundsätzlich das Delegiertenverfahren anzuwenden. Das Gesetz erlaubt aber davon abzuweichen, das heißt bei Unternehmen mit bis zu 8000 Arbeitnehmern das Delegiertenverfahren oder bei Unternehmen mit mehr als 8000 Arbeitnehmern die Urwahl einzuführen, wenn die Arbeitnehmer des Unternehmens dies beschließen. Abs 3 regelt die Grundzüge der dazu erforderlichen Vorentscheidung der Arbeitnehmer. Die Verfahrensbestimmungen dazu finden sich in SS 12-22 1. WO, 13-24 2. WO und 13-24 3. WO. 2 2. Beide in der Vorschrift enthaltenen Regelungen beruhen auf der politischen Entscheidung zwischen kontroversen Ansprüchen der beteiligten Verbände. Die Gewerkschaften verlangten von Anfang an, die unternehmensexternen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nicht nur vorschlagen, sondern entsenden zu können, und führten dafür die Erfahrungen mit S 7 MitbestEG, namentlich aber ihren rechtlichen Auftrag ins Treffen. Demgegenüber hatte aber schon die Mitbestimmungskommission empfohlen, ihnen nur ein Nominationsrecht 1

214

I. Vorbemerkungen

$9

zu gewähren, weil der Mitbestimmungsgedanke eine Legitimation aller Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer von seiten der Belegschaft des Unternehmens selbst verlange.1 § 9 RegE schloß sich dem mit derselben Begründung an,2 und auch während der Ausschußberatungen gelang es den Gewerkschaften nicht mehr, ihre Wünsche durchzusetzen.3 Auch die im Gesetz vorgesehene Alternative zwischen Urwahl und 3 mittelbarer Wahl geht auf die Empfehlungen der Mitbestimmungskommission zurück, welche die Wahl im letzteren Fall allerdings einer aus allen Betriebsratsmitgliedern des Unternehmens gebildeten Wahlversammlung und nicht eigens dafür gewählten Delegierten anvertrauen wollte.4 Im Gegensatz dazu sah § 9 RegE allein die mittelbare Wahl vor mit der Begründung, die Urwahlen nach dem BetrVG 1952 hätten gezeigt, daß in größeren Unternehmen die Willensbildung in der Belegschaft außerordentlich erschwert sei. Die Bewerber für ein Aufsichtsratsamt seien oft den meisten Arbeitnehmern unbekannt geblieben, weshalb auch die Wahlbeteiligung gering gewesen und es zu Zufallsergebnissen gekommen sei. Indessen geriet diese Lösung während der Ausschußberatungen unter heftigen Beschuß. Es wurde eingewandt, nur die Urwahl genüge den demokratischen Prinzipien der Mitbestimmung. Das im Entwurf vorgesehene Delegiertenverfahren begünstige auf Kosten von Minderheiten einseitig die größten Arbeitnehmergruppen im Unternehmen, das heißt die im DGB zusammengefaßten Gewerkschaften.5 Aus diesen Gründen wurden auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Entwurf erhoben.5 Ähnliche Einwände richteten sich auch gegen die vom DGB favorisierte Wahl in einer Versammlung sämtlicher Betriebsratsmitglieder.7 Unter dem Eindruck dieser Kritik entschloß sich der BT-Ausschuß 4 für Arbeit und Sozialordnung dann zu der in das Gesetz eingegangenen Lösung. Einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion, in allen Unternehmen unabhängig von der Arbeitnehmerzahl die unmittelbare Wahl zur Regelwahl zu machen, lehnte die Ausschußmehrheit ab, weil in Groß-

1 2 3 4 5

6

7

BTDrucks VI/334, V. 3. und V. 24. BTDrucks 7 / 2 1 7 2 , 2 2 . Vgl Ausschußbericht BTDrucks 7 / 4 8 4 5 , 6 . BTDrucks VI/334 aaO. Vgl Hesse, Kern, Schleyer, Rodenstock auf dem Hearing des BTAusschusses für Arbeit und Sozialordnung am 7 . 1 1 . 1 9 7 4 , Prot Nr 55, 33 ff; vgl auch Philipp DB 1 9 7 6 , 2 3 0 4 f . Scholz, Paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz 117; ders auf der Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung am 1 9 . 1 2 . 1 9 7 4 , Prot Nr 6 2 , 7 3 . Vgl Prot Nr 5 5 , 3 2 .

215

59

2. Teil. Aufsichtsrat

unternehmen die Wahl durch Delegierte transparenter sei und auch den in kleineren und mittleren Betrieben beschäftigten Arbeitnehmern einen wirksamen Einfluß gewähre.8 Auch im Bundestagsplenum konnte die Fraktion der CDU/CSU mit ihrem erneut gestellten Antrag 9 nicht durchdringen. 10 II. Gesetzliches Wahlverfahren (Abs 1 und 2) 5

Das vom Gesetz vorgesehene Verfahren zur Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat ist nach Abs 1 und 2 verschieden je nachdem, ob das Unternehmen in der Regel mehr als 8000 Arbeitnehmer beschäftigt oder nicht. Im ersten Fall findet die Wahl durch Delegierte nach §§ 10-17 statt, im zweiten Fall die unmittelbare Wahl nach § 18. Wer zu den Arbeitnehmern des Unternehmens gehört, richtet sich nach der Legaldefinition des §3. 11 Ob die Zahl von mehr als 8000 Arbeitnehmern in der Regel erreicht wird, bestimmt sich nach den gleichen Grundsätzen wie bei § l. 12 Auf die Wahlberechtigung kommt es nicht an. In den Fällen der §5 4 und 5 sind auch die Arbeitnehmer der KG bzw der abhängigen Unternehmen mitzuzählen. Als Stichtag ist in Anlehnung an § 9 BetrVG der Tag anzusehen, an dem der Wahlvorstand die Bekanntmachung über die für das Unternehmen geltende gesetzliche Wahlart und über die Abstimmung nach §§ 12 Abs 1 und 2. 1. WO, 13 Abs 1 und 2 und 3. WO erläßt. Eine Vermehrung oder Verminderung der Arbeitnehmerzahl in der Zeit zwischen der Bekanntmachung und der Wahl selbst verändert daher das laufende Wahlverfahren nicht mehr, unbeschadet des Rechts der neu hinzugekommenen Arbeitnehmer, an der Wahl selbst teilzunehmen. 13 6 $9 enthält zwingendes Recht. Eine Abweichung von dem nach Absl oder 2 vorgeschriebenen Wahl verfahren ist daher nur zulässig, wenn die Arbeitnehmer des Unternehmens es im Verfahren nach Abs 3 beschließen. Ein Beschluß des Aufsichtsrats, des Vertretungsorgans oder der Betriebsräte genügt nicht. Vollends kann die Art der Wahl nicht in der Satzung festgelegt werden.

8 9 10 11 12

13

BTDrucks 7 / 4 8 4 5 , 6 . BTDrucks 7 / 4 8 8 7 , 2 . Stenograf. Bericht des 7. Dt. Bundestag, 1 6 0 2 1 ff. Vgl dort Rdn 5 ff; ferner $ 7 Rdn 9 ff. Vgl § 1 Rdn 16f; kritisch d a z u Rittner AG 1 9 8 3 , 1 0 4 f, der $ 9 insoweit aus sich heraus auslegen will u n d für die B e s t i m m u n g der m a ß g e b l i c h e n Arbeitnehmerzahl auf die U n t e r n e h m e n s p l a n u n g für V2 bis 2 Jahre abstellt. Dieser Zeitraum erscheint indessen als z u lang. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 9 Rdn 16.

216

$9 III. Beschluß über die Art der Wahl (Abs 3)

III. Beschluß über die Art der Wahl (Abs 3) Abs 3 regelt die Grundzüge des Abstimmungsverfahrens über die 7 Art der Wahl. Die Vorabstimmung ist nur dann einzuleiten, wenn ein Antrag gestellt wird, der von einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer des Unternehmens unterzeichnet ist. Im Gegensatz zu Abs 1 und 2 kommt es hier auf die Wahlberechtigung an. 14 In den Fällen der §5 4 und 5 sind auch die wahlberechtigten Arbeitnehmer der KG bzw der abhängigen Unternehmen mitzuzählen. Dagegen bleiben die in Seebetrieben beschäftigten Arbeitnehmer außer Betracht, da sie auch an der Abstimmung selbst nicht teilnehmen. 15 Der Antrag ist binnen einer Frist von zwei Wochen seit der Bekanntmachung des Wahlvorstands gemäß SS 12 1. WO, 13 2. und 3. WO schriftlich beim zuständigen Wahlvorstand einzureichen. 16 Im Fall des Abs 1 kann der Antrag auch während der Amtsperiode bereits gewählter Delegierter gestellt werden. Hat er in diesem Fall Erfolg, so endet deren Amt vorzeitig. 17 Ist der Antrag gültig, so hat der Wahlvorstand nach näherer Maß- 8 gäbe der SS 1 4 1 . WO, 15 2. und 3. WO ein Abstimmungsausschreiben zu erlassen und in den Betrieben des Unternehmens auszuhängen. Die Abstimmung soll innerhalb von zwei Wochen nach dem Erlaß des Ausschreibens stattfinden. 18 Sie ist geheim. 19 Ihre Durchführung ist in SS 15 ff 1. WO, 16ff 2. und 3. WO im einzelnen geregelt. Ein Beschluß kann nur gefaßt werden, wenn sich mindestens die Hälfte der wahlberechtigten Arbeitnehmer an der Abstimmung beteiligt. 2 0 Beteiligung bedeutet Abgabe eines Stimmzettels oder Gebrauch der vorgesehenen Wahlgeräte, so daß auch Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen mitzählen. 21 Unter den Voraussetzungen der SS 18 1. WO, 19 2. und 3. WO ist schriftliche Stimmabgabe zulässig. Die Arbeitnehmer eines Seebetriebs scheiden auch hier aus.22 Ein Beschluß bedarf nach Abs 3 Satz 3 der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Ungültige Stimmen 23 gelten als nicht abgegeben. 24

14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Vgl§ l O R d n 11 f. § 3 4 Abs 4. §§ 1 3 A b s 3 l . W O , 1 4 A b s 3 2 . u n d 3 . W O . § 13 Abs 2 Nr 1; vgl $ 13 Rdn 7. §§ 1 4 Abs 1 Satz 2 1. WO, 15 Abs 1 Satz 2 2. und 3. WO. § 9 Abs 3 Satz 2; über die Erfordernisse der geheimen Wahl vgl § 1 0 Rdn 6. § 9 Abs 3 Satz 3. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 9 Rdn 3 6 ; Hanau/Ulmer § 9 Rdn 9. § 3 4 Abs 4. Vgl §§ 15 Abs 2 1. WO, 16 Abs 3 2. und 3. WO. Vgl §5 2 1 1. WO, 2 2 2. und 3. WO; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 9 Rdn37, hM; aA GemKomm.MitbestG/Wejieraffc § 9 Rdn 2 5 .

217

S 1 0 Wahl der Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

9

Die Entscheidung über die Art der Wahl kann nur einheitlich getroffen werden, auch wenn an der Wahl die Arbeitnehmer mehrerer Betriebe eines Unternehmens oder in den Fällen der SS 4 und 5 mehrerer Unternehmen teilnehmen. Das Gesetz läßt nicht zu, daß die Arbeitnehmer eines Betriebes in unmittelbarer, die eines anderen Betriebes desselben Unternehmens in mittelbarer Wahl wählen.25 Eine Ausnahme machen lediglich die Seebetriebe, die immer unmittelbar wählen.26 Daher sind auch die Quoten nach Abs 3 Satz 3 auf sämtliche Arbeitnehmer eines Unternehmens, nicht nur eines Betriebes, in den Fällen der SS 4 und 5 auf die Arbeitnehmer sämtlicher beteiligten Unternehmen zu beziehen.27 Dagegen ist es zulässig, daß die Arbeitnehmer eines Unternehmens, das gemäß S 5 an der Konzernmitbestimmung teilnimmt, den Aufsichtsrat der Konzernmutter in mittelbarer und den Aufsichtsrat ihres eigenen Unternehmens in unmittelbarer Wahl bestellen oder umgekehrt. IV. Streitigkeiten

10

Streitigkeiten, die mit der Anwendung des S 9 zusammenhängen, betreffen die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat und sind daher gemäß S 2 a Abs 1 Nr 3 ArbGG vor den Arbeitsgerichten im Beschlußverfahren anhängig zu machen. Sie können auch unabhängig von einer Anfechtung der Wahl geltend gemacht werden.28

DRITTER UNTERABSCHNITT Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte S 10 Wahl der Delegierten (1) In jedem Betrieb des Unternehmens wählen die Arbeitnehmer in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl Delegierte. (2) Wahlberechtigt für die Wahl von Delegierten sind die Arbeitnehmer des Unternehmens, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. S 7 Satz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes gilt entsprechend.

25

26 27 28

Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 9 Rdn 46.

$34Abs 5.

$$ 22 f 2. und 3. WO. Vgl S 2 2 Rdn 24; vgl BAG DB 1 9 8 2 , 5 4 6 .

218

Wahl der Delegierten $ 10

(3) Zu Delegierten wählbar sind die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Arbeitnehmer, die die weiteren Wählbarkeitsvoraussetzungen des $ 8 des Betriebsverfassungsgesetzes erfüllen. (4) Wird für einen Wahlgang nur ein Wahlvorschlag gemacht, so gelten die darin aufgeführten Arbeitnehmer in der angegebenen Reihenfolge als gewählt. $ 11 Abs 2 ist anzuwenden. SS 7 Satz 2 und 8 des Betriebsverfassungsgesetzes in der Fassung von 2001 lauten: $ 7 Satz 2 BetrVG Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt sind. $ 8 BetrVG Wählbarkeit (1) Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die sechs Monate dem Betrieb angehören oder als in Heimarbeit Beschäftigte in der Hauptsache für den Betrieb gearbeitet haben. Auf diese sechsmonatige Betriebszugehörigkeit werden Zeiten angerechnet, in denen der Arbeitnehmer unmittelbar vorher einem anderen Betrieb desselben Unternehmens oder Konzerns (S18 Abs 1 des Aktiengesetzes) angehört hat. Nicht wählbar ist, wer infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, nicht besitzt. (2) Besteht ein Betrieb weniger als sechs Monate, so sind abweichend von der Vorschrift in Absatz 1 über die sechsmonatige Betriebszugehörigkeit diejenigen Arbeitnehmer wählbar, die bei der Einleitung der Betriebsratswahlen im Betrieb beschäftigt sind und die übrigen Voraussetzungen für die Wählbarkeit erfüllen. Schrifttum Hoechel, Das Wahlmännermodell im Mitbestimmungsgesetz 1976,1983, ferner das Schrifttum zu $$ 7 und 8 BetrVerfG. Übersicht

Rdn I. Vorbemerkungen 1. Gesetzesinhalt 2. Entstehungsgeschichte . 3. Zwingendes Recht . . . II. Wahlgrundsätze (Abs 1) 1. Wahl getrennt nach Betrieben . . . 2. Geheime Wahl

1 2

3 4 6

Rdn 3. Verhältniswahl 4. Wahlfreiheit und Wahlgleichheit 5. Delegierte mit Mehrfachmandat III. Aktives und passives Wahlrecht (Abs 2 und 3) 1. Abs 2 Satz 2 und 3. . . .

7 9 10

10 219

s 1 0 Wahl der Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

Rdn 2. Abs 3 3. Abs 4 4. Zuständiger Wahlvorstand

13 14

Rdn IV. Wechsel der Gruppenzugehörigkeit V. Streitigkeiten

16 17

15

I. Vorbemerkungen 1. § 10 regelt die Grundsätze für die Wahl der Delegierten. Nach Abs 1 ist getrennt nach Betrieben zu wählen. Weiter besagt Abs 1, daß die Wahl geheim und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolgt. Abs 2 und 3 regeln das aktive und passive Wahlrecht in Parallele zu §§ 7, 8 BetrVG. Abs 4 enthält eine § 6 Abs 2 Satz 3 MitbestEG nachgebildete Sondervorschrift für den Fall, daß für einen Wahlgang nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird. Da sich in diesem Fall eine Wahl erübrigt, gelten vorbehaltlich des §11 Abs 2 die in dem Wahlvorschlag aufgeführten Arbeitnehmer in der angegebenen Reihenfolge als gewählt. S10 wurde durch das Änderungsgesetz von 2001 wesentlich umgestaltet; namentlich ist die Gruppenwahl getrennt nach Delegierten der Angestellten und der Arbeiter weggefallen. Einzelheiten über die Durchführung der Wahl sind SS 50-67 1. WO, 54-73 2. und 3. WO zu entnehmen. 2 2. In ihrer ursprünglichen Fassung entsprach die Vorschrift mit Ausnahme der Bestimmungen über die Gruppenwahl und redaktionellen Änderungen dem Regierungsentwurf. § 10 RegE hatte generell und zwingend die gemeinsame Wahl der Delegierten in den Betrieben vorgeschrieben. Während der Ausschußberatungen war dagegen eingewandt worden, die Regelung bevorzuge die jeweils stärkste Gruppe im Betrieb auf Kosten der Minderheiten und sei deshalb mit dem demokratischen Anspruch des MitbestG nicht vereinbar.1 Unter dem Eindruck dieser Kritik hatte der Ausschuß einstimmig beschlossen, die Gruppenwahl als das vom Gesetz vorgesehene Regelverfahren einzuführen. Das Änderungsgesetz von 2001 ist demgegenüber nach der Preisgabe der Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten wieder zu der ursprünglich geplanten Form der gemeinsamen Wahl zurückgekehrt. 3 3. S 10 enthält zwingendes Recht. Das Wahlverfahren kann daher weder durch die Satzung des Unternehmens noch durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung abweichend vom Gesetz und von den Wahlordnungen ausgestaltet werden. 1

1

Vgl die Äußerungen von Hesse, Kern, Paulsen, Schleyer und Rodenstock auf der Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung am 7 . 1 1 . 1 9 7 4 , ProtNr 55,32ff.

220

Wahl der Delegierten $ 10 II. Wahlgrundsätze (Abs 1)

II. Wahlgrundsätze (Abs 1) 1. Nach Abs 1 sind in jedem Betrieb des Unternehmens, in dem 4 mindestens 45 Arbeitnehmer beschäftigt sind, 2 gesondert Delegierte zu bestellen. Daraus folgt auch, daß in jedem Betrieb eigene Kandidaten aufzustellen sind, deren Zahl sich nach § 11 Abs 1 berechnet. Innerhalb der einzelnen Betriebe ist gemäß § 11 Abs 2 und 3 der Proporz zwischen regulären Arbeitnehmern und leitenden Angestellten zu beachten. Erreicht eine Gruppe nicht die nach § 11 Abs 2 und 3 erforderliche Stärke, so ist sie der Hauptniederlassung des Unternehmens zuzurechnen. 3 Nur die Arbeitnehmer des Betriebs sind ferner berechtigt, Wahlvorschläge einzureichen (§ 12). Die Aufgliederung des Wahlkörpers nach den Betrieben gilt auch für die Fälle der §§ 4 und 5, in denen die Delegierten daher ebenfalls getrennt nach Betrieben und nicht nach den beteiligten Unternehmen gewählt werden. Die Anknüpfung der Delegiertenwahl an die Betriebe fällt auf, weil die Mitbestimmung im Aufsichtsrat das Unternehmen betrifft und das MitbestG sich daher regelmäßig auf dieses bezieht. Auch bei der unmittelbaren Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer gemäß § 18 spielt die Aufgliederung des Unternehmens in Betriebe nur eine verfahrenstechnische Rolle. Demgegenüber verlangt aber gerade der Zweck der mittelbaren Wahl, den Arbeitnehmern in Großunternehmen Gelegenheit zu verschaffen, ihnen bekannte und in ihrem engeren Arbeitsbereich verwurzelte Personen zu Delegierten zu berufen, die Bindung an die Betriebe. Der Begriff des Betriebs ist im MitbestG nicht näher definiert, so 5 wenig wie im BetrVG. Aus der Verweisung auf das BetriebsverfassungsG im 2001 neu eingefügten § 3 Abs 2 ergibt sich jedoch, daß der Gesetzgeber den gleichen Begriff zugrunde gelegt hat wie dort. Es sind auch keine Gründe zu erkennen, die dazu veranlassen könnten, für das MitbestG einen anders gefaßten Begriff einzuführen. In der Praxis heißt dies, daß dieselben Abgrenzungen zugrunde zu legen sind wie bei den Wahlen nach dem BetrVG.4 Zu den Einzelheiten vgl die Kommentierung unter § 3 Rdn 41 ff. 2. Das Gesetz verlangt ferner, daß die Wahl geheim ist. Aus- 6 geschlossen sind daher die öffentliche Abstimmung durch Handaufheben oder Zuruf in einer Betriebsversammlung. Die Wahl m u ß schriftlich durch Abgabe von Stimmzetteln in dafür bestimmten Umschlägen durchgeführt werden. Diese dürfen nicht, etwa durch verschiedene Farben, äußerlich unterscheidbar sein. Auch ist dafür zu 2 3 4

Vgl S i l Rdn 14. $ 1 1 Abs 3; vgl unten § 1 1 Rdn 13. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 10 Rdn 6.

221

S 1 0 Wahl der Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

sorgen, daß für das Ankreuzen der Wahlzettel unbeobachtete Schreibgelegenheiten vorhanden sind. Mit dem Auszählen der Stimmen darf erst begonnen werden, wenn die Wahlzeit abgelaufen ist. Schließlich ist jeder nachträgliche Versuch, die Wahlentscheidung auszuforschen, unzulässig, und zwar auch im Zuge einer gerichtlichen Nachprüfung der Wahl. 5 Da die Rechtslage insoweit mit der für die Wahlen zum Betriebsrat geltenden übereinstimmt, kann für die weiteren Einzelheiten auf die Erläuterungen zu § 14 BetrVG verwiesen werden. 6 Zahlreiche Vorschriften der Wahlordnungen dienen der Sicherung des Wahlgeheimnisses. 7 7 3. Anzuwenden sind ferner die Grundsätze der Verhältniswahl. Eine Mehrheitswahl sieht das Gesetz bei der Bestellung der Delegierten nicht vor. Wird nur ein Wahlvorschlag eingereicht, gilt vielmehr die Sonderregelung des Abs 4 (vgl Rdn 17). Verhältniswahl bedeutet nach allgemeinen Grundsätzen, daß die Wahlvorschläge in Form von Vorschlagslisten eingereicht werden (Listenwahl). 8 Nach § 12 Abs 2 sollen diese mindestens doppelt so viele Bewerber enthalten, wie in dem Wahlgang Delegierte zu wählen sind. Die Wähler haben die Listen als solche zu wählen, sind also an die darin angegebenen Kandidaten und deren Reihenfolge gebunden, ohne die Liste ändern, zB einen Namen herausstreichen oder ergänzen oder ihre Stimmen kumulieren zu können. 9 Das Wahlergebnis wird nach dem d'Hondt'schen Höchstzahlverfahren ermittelt, welches bewirkt, daß sich die Gesamtzahl der zu vergebenden Sitze auf die mit Wahlvorschlägen hervorgetretenen Gruppen nach ihrem Anteil an der Gesamtheit der abgegebenen Stimmen berechnet. Die auf die einzelnen Vorschlagslisten entfallenen Stimmen werden der Reihe nach durch eins, zwei, drei, vier usw geteilt. Unter den gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und nach der Höhe geordnet, wie Delegierte zu bestellen sind. Jede Vorschlagsliste enthält so viele Delegierte, wie Höchstzahlen auf sie entfallen. Wird die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl von zwei Vorschlagslisten zugleich erreicht, so entscheidet das Los, auf welche Liste der Sitz entfällt. Enthält eine Vorschlagsliste weniger Bewerber als Höchstzahlen auf sie entfallen, so gehen die überzähligen Sitze auf die folgenden Höchstzahlen der anderen Wahllisten über.10

5 6

7 8 9 10

BAGE 3 , 8 0 = AP Nr 4 zu § 2 7 BetrVG 1952. Vgl statt aller Fitting/Kaiser/Heither/Engels aaO § 1 4 Rdn 6 ff; ferner Fitting/ WlotzkefWißmann § 9 Rdn 25 ff. ZB §§ 16,59 Abs 1 Satz 2 , 6 4 Abs 1 1. WO. Vgl §§ 54Abs 2 1. WO, 60 Abs 2 2. und 3. WO. § § 5 9 1. WO, 65 2. WO und 3. WO. §§ 61 Abs 2 1. WO, 67 Abs 2 2. WO und 3. WO.

222

Wahl der Delegierten $ 10 II. Wahlgrundsätze (Abs 1)

Beispiel: Zu einem Betrieb gehören 900 Arbeitnehmer, die gemäß 8 §11 Abs 1 zehn Delegierte zu stellen haben. Wenn drei Listen an der Wahl teilgenommen haben, auf die 360, 300 und 240 Stimmen entfallen, so errechnet sich die Verteilung der Sitze wie folgt: A

B

C

360:1 = 360 360:2=180 360:3 = 120 360:4= 90 360:5= 72

300:1= 300 300:2 = 150 300:3 = 100 300:4= 75

240:1=240 240:2=120 240:3= 80 240:4= 60

Gewählt sind von Liste A die vier ersten und von Liste B und C jeweils die ersten drei Bewerber. Waren auf Liste A nur 3 Kandidaten genannt, fällt der dadurch freigewordene Sitz auf den 4. Bewerber der Liste B, der die nächste Höchstzahl hat. 4. Weitere Wahlgrundsätze nennt § 10 nicht. Doch ergibt sich die 9 Garantie der Wahlfreiheit aus §20 Abs 1 und 2 (vgl dort Rdn 2 ff). Nach allgemeinen Wahlregeln gilt - ohne daß es in § 10 erwähnt wäre ferner das Prinzip der Wahlgleichheit, welches verlangt, daß jedem Arbeitnehmer die gleiche Stimme zukommt. 11 5. Nicht das Gesetz, aber die Wahlordnungen 12 bestimmen, daß 10 dieselben Delegierten zugleich für die Aufsichtsratswahlen in mehreren Unternehmen bestellt werden können (Delegierte mit Mehrfachmandat). Das Bedürfnis hierzu tritt im Zusammenhang mit der Konzernmitbestimmung nach § 5 auf, wenn Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer sowohl im herrschenden als auch in einem abhängigen Unternehmen zu berufen sind und in beiden Unternehmen mittelbare Wahl stattfindet. Läßt man den Konzern im Konzern 13 oder Mitbestimmung in mehreren Müttern 14 zu, so kann unter denselben Voraussetzungen die Teilnahme der Delegierten an der Aufsichtsratswahl sogar in drei oder mehr Unternehmen in Betracht kommen. 15 In solchen Fällen wäre es ein unrationeller und sachlich nicht gerechtfertigter Formalismus, für alle genannten Wahlen gesonderte Delegierte aufzustellen. Die Koppelung der Mandate ist allerdings nur zulässig, wenn die Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder in einem zeitlichen Abstand von höchstens ursprünglich sechs, seit 11 11 13 14 15

Vgl dazu Richardi/ThüsingBetrVG § 14 Rdn 18. §§50ff l.WO,54ff2.und3.WO. Vgl § 5 Rdn 22. Vgl § 5 Rdn 25 f. Vgl § 5 5 Abs 2 3. WO.

223

$ 1 0 Wahl der Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

dem VereinfachungsG von 2002 zwölf Monaten beginnt. 16 Denn bei längerer Distanz wäre es nicht mehr vertretbar, die in der Zwischenzeit eintretenden Veränderungen in der Belegschaft außer acht zu lassen. 17 Verfahrenstechnisch ist ein Beschluß des Betriebs- bzw Unternehmenswahlvorstandes des abhängigen Unternehmens erforderlich, der nur vor Erlaß des Wahlausschreibens für die Wahl der Delegierten gefaßt werden kann. 18 Er ist im Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten anzugeben. 19 Die der zeitlichen Reihenfolge nach zweite Wahl von Delegierten findet in einem solchen Fall nicht mehr statt. 20 III. Aktives und passives Wahlrecht (Abs 2 und 3) 11

1. Nach Abs 2 sind für die Wahl von Delegierten alle Arbeitnehmer des Unternehmens wahlberechtigt, welche das 18. Lebensjahr vollendet haben. Wer Arbeitnehmer ist, richtet sich nach § 3. Dem Unternehmen gehören alle Arbeitnehmer an, die in ihm zum Zeitpunkt der Wahl beschäftigt sind.21 Leiharbeitnehmer sind wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate in dem Betrieb beschäftigt sind (Abs 2 Satz 2 iVm $ 7 Abs 1 Satz 2 BetrVerfG). In den Fällen der §§ 4 und 5 sind auch die in der KG bzw in den Konzernunternehmen beschäftigten Arbeitnehmer wahlberechtigt. Weitere, im Gesetz nicht ausdrücklich genannte Voraussetzung ist die Zugehörigkeit zu dem Betrieb, in dem die Wahl stattfindet, denn ohne eine solche Zuordnung kann der Arbeitnehmer in dem Betrieb nicht wählen. Zu dem Betrieb gehören die Arbeitnehmer, die ihre Arbeit im Rahmen der betrieblichen Organisation leisten, und zwar auch, wenn sie wie Handelsreisende, im Außendienst tätige Monteure oder Kraftfahrer, in Telearbeit oder Heimarbeit Beschäftigte, ihre Aufgabe in räumlicher Distanz erfüllen (Fälle der sog Betriebsausstrahlung). 22 Wegen des Prinzips der Wahlgleichheit (s Rdn 9) kommt ein mehrfaches Wahlrecht auch dann nicht in Frage, wenn ein Arbeitnehmer mehreren Betrieben zugehört. Daraus folgt, daß für die Durchführung der Wahl alle wahlberechtigten Arbeitnehmer des Unternehmens einem bestimmten Betrieb zuzuordnen

16 17 18 19 20 21 22

§ § 5 1 Satz 1 1 . WO, 55 Satz 1 2. und 3. WO. Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 10 Rdn 59. § § 5 1 1 . WO, 55 2. und 3. WO. §§ 53 Abs 1 Nr 3 1. WO, 5 9 Abs 1 Nr 3 2. und 3. WO. § § 5 0 1 . WO, 5 4 2. und 3. WO. Einzelheiten bei § 7 Rdn 9 ff. Vgl § 1 8 Abs 2 1. WO, 19 Abs 2 2. und 3. WO; zu Einzelheiten vgl die Kommentaren zu § 7 BetrVG; zuletzt Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 7 Rdn 8 ff; Richardi/Thüsing § 7 Rdn 5 ff.

224

Wahl der Delegierten S 1 0 III. Aktives u n d passives Wahlrecht (Abs 2 u n d 3)

sind, in dem sie ihr Wahlrecht ausüben können. 23 Auch ein gekündigter Arbeitnehmer ist wahlberechtigt, solange die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen ist oder der Arbeitnehmer aus anderen Gründen tatsächlich weiterbeschäftigt wird. 24 Das Wahlrecht ist ferner nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Arbeitnehmer zugleich Mitglied des Vertretungsorgans in einem abhängigen Unternehmen ist.25 Das Wahlalter beginnt mit Vollendung des 18. Lebensjahres. Das 1 2 entspricht § 7 BetrVG, stimmt aber auch mit dem Eintritt der allgemeinen Volljährigkeit ($2 BGB) überein. Maßgeblich ist der Wahltag, bei mehreren Tagen der letzte Wahltag. 26 Im Gesetz nicht geregelt ist der Fall der Betreuung gemäß § 1896 BGB. Man wird annehmen müssen, daß das Wahlrecht ausgeschlossen ist, wenn die Betreuung die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses umfaßt. 2 7 Weitere Voraussetzungen des Wahlrechts stellt das Gesetz nicht auf, weshalb es namentlich weder auf die Dauer der Zugehörigkeit zum Unternehmen oder zum Betrieb noch auf die deutsche Staatsangehörigkeit ankommt. 2 8 Formell setzt das Wahlrecht die Eintragung in die Wählerliste voraus. 29 2. Die Wählbarkeit steht nach Abs 3 allen wahlberechtigten Arbeit- 1 3 nehmern des Unternehmens zu, welche die weiteren Voraussetzungen des § 8 BetrVG erfüllen. Wer Arbeitnehmer ist, richtet sich nach $ 3. Es kommt darauf an, daß ein Arbeitnehmer sechs Monate dem Betrieb angehört oder als in Heimarbeit Beschäftigter in der Hauptsache für den Betrieb gearbeitet hat. Auf die Frist werden Zeiten angerechnet, in denen er unmittelbar vorher einem anderen Betrieb desselben Unternehmens oder Konzerns oder einem Betrieb oder Unternehmen angehört hat. Dagegen übernimmt § 10 Abs 3 die im VereinfachungsG von 2002 für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer eingefügte Vorschrift des § 7 Abs 3 Satz 2 nicht, wonach auf die Frist auch Zeiten der Zugehörigkeit zu einem anderen Unternehmen ange-

23

24

25

26 27

28 29

Vgl oben Vor § 9 Rdn 18; ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann § 1 0 Rdn 20; Hoffmann/Lehtnann/Weinmann § 10 Rdn 107; Hanau/Ulmer§ 10 Rdn 21. HA; vgl Hanau/Ulmer $ 10 Rdn 22; Einzelheiten bei Fitting/Kaiser/Heither/ Engels aaO $ 7 Rdn 15 f. Martens, Vertretungsorgan und Arbeitnehmerstatus in konzernabhängigen Gesellschaften, FS Hilger/Stumpf, 1983,454 f. HL zu $ 7 BetrVG; ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann § 10 Rdn 18. Nach der Neufassung des § 1896 BGB dürfte es ausgeschlossen sein, das Wahlrecht in allen Fällen einer Betreuung wegfallen zu lassen. Die hM zu § 7 BetrVG wendet $ 13 Nr. 2 BundeswahlG entsprechend an, der aber nur sagt, daß das Wahlrecht ausgeschlossen ist, wenn die Betreuung alle Angelegenheiten umfaßt; vgl Richardi/ThüsingBetrVG § 7 Rdn 17. MünchArbR/Wißmann § 378 Rdn 21. §§ 8 Abs 5 1., 2. und 3. WO; vgl Vor § 9 Rdn 18 ff.

225

$ 1 0 Wahl der Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

rechnet werden, das inzwischen zB infolge Verschmelzung auf das Unternehmen übergegangen ist, in dem gewählt wird. 30 Folgerichtig ist jedoch, die Vorschrift auch bei der Delegiertenwahl analog anzuwenden. Nicht wählbar ist, wer infolge Richterspruchs die Wählbarkeit oder die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, nicht besitzt. Besteht ein Betrieb weniger als sechs Monate, so sind abweichend vom Gesagten die Arbeitnehmer wählbar, welche bei der Einleitung der Wahl im Betrieb beschäftigt sind. 31 14 Nach den genannten Vorschriften ist es zunächst erforderlich, daß der Bewerber zur Zeit der Wahl in dem Betrieb beschäftigt ist, in dem er kandidiert. Die Richtigkeit dieser von der hL zu § 8 BetrVG vertretenen Auffassung ergibt sich für das MitbestG auch aus § 14 Abs 1 Nr 2, wonach die Amtszeit eines Delegierten vorzeitig erlischt, wenn seine Beschäftigung in dem Betrieb, dessen Delegierter er ist, endet. Gehört er zwei oder mehreren Betrieben an, kann er anders als bei der Wahl zum Betriebsrat gemäß §8 BetrVG gleichwohl nur in einem Betrieb kandidieren, da bei der Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrats jedem Delegierten - außer im Fall des § 11 Abs 1 Satz 2 — nur eine Stimme zukommt, er daher auch nur einen Betrieb repräsentieren kann. Es kommt auf die tatsächliche Zugehörigkeit z u m Betrieb, nicht auf den Abschluß des Arbeitsvertrages an. Ist das Arbeitsverhältnis gekündigt, hat der Arbeitnehmer aber Kündigungsschutzklage gemäß § 4 KSchG oder Feststellungsklage nach § 13 Abs 1 Satz 2 KSchG erhoben, endet die Wählbarkeit nicht vor der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts. 32 Gibt das Gericht der Klage statt, bleibt die in der Zwischenzeit erfolgte Wahl zum Delegierten gültig. Dies gilt auch, wenn das Arbeitsverhältnis nach § 9 bzw § 13 Abs 1 Satz 3 KSchG für die Zukunft aufgehoben wird. In diesem Fall endet das Amt gemäß § 14 Abs 2 Nr 3 allerdings zu dem Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis erlischt. Weist das Gericht die Kündigungsschutzklage ab, steht nachträglich fest, daß der Bewerber zur Zeit der Wahl nicht dem Betrieb angehörte und daher die Wählbarkeitsvoraussetzungen nicht erfüllte. Die gleichwohl erfolgte Wahl ist unwirksam. 33 15

Die nach § 8 BetrVG maßgebliche Frist von sechs Monaten beginnt mit der Aufnahme der Arbeit und der Zugehörigkeit zum Betrieb.

30 31 32

33

Vgl $ 7 Rdn 10. $ 8 Abs 1 und 2 BetrVG. HL zu § 8 BetrVG; vgl statt aller Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 8 Rdn 8 ff; ebenso zum MitbestG Hanau/Ulmer $ 10 Rdn 26; Hoffmann/Lehmann/ Weinmann $ 1 0 Rdn 116; GemKomm.MitbestG/Mattfc« $ 1 0 Rdn 83; aA Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 10 Rdn 29. HL zu §8 BetrVG; für das MitbestG ebenso GemKomm.MitbestG/Mattft« $ 10 Rdn 83; Hanau/Ulmer% 10 Rdn 26.

226

Wahl der Delegierten III. Aktives und passives Wahlrecht (Abs 2 und 3)

$10

Nicht erforderlich ist eine ununterbrochene Tätigkeit. Kürzere Unterbrechungen infolge von Krankheit, Urlaub, Arbeitskampf usw werden vielmehr nicht berücksichtigt, sofern das Arbeitsverhältnis fortdauert. Bei längeren Unterbrechungen wird angenommen, daß der Ablauf der Frist zwar gehemmt, nicht aber unterbrochen ist. 34 Dagegen beginnt die Frist von neuem zu laufen, wenn auch das Arbeitsverhältnis in der Zwischenzeit aufgelöst war. Auf die Sechsmonatsfrist sind nach ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes Zeiten anzurechnen, welche der Arbeitnehmer unmittelbar vor der Aufnahme in den Betrieb, in dem gewählt wird, in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens oder Konzerns beschäftigt war. Da § 8 BetrVG hierbei nur auf § 18 Abs 1, nicht jedoch Abs 2 AktG verweist, kommt nur die Tätigkeit in einem anderen Unternehmen eines Unterordnungskonzerns in Betracht, nicht jedoch eines Gleichordnungskonzerns. Durch die Vorschrift ist ein Wechsel zwischen Unternehmen, deren Arbeitnehmer nach § 5 bei der Wahl zum Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens mitwirken, gedeckt. In den Fällen des § 4 ist sinngemäß anzunehmen, daß auch die Tätigkeit in der KG die für die Wählbarkeit in der Komplementärgesellschaft erforderliche Frist wahrt und umgekehrt. 35 Besteht der Betrieb weniger als sechs Monate, so entfällt nach $ 8 Abs 2 BetrVG die Sechsmonatsfrist. Wählbar sind in diesem Falle alle Arbeitnehmer, die bei der Einleitung der Wahl im Betrieb beschäftigt sind und die übrigen Wählbarkeitsvoraussetzungen erfüllen. Nicht wählbar ist ferner, wer infolge strafgerichtlicher Verurteilung 1 6 die Fähigkeit verloren hat, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen.36 Gemäß § 45 Abs 1 StGB ist dies stets der Fall bei Verurteilung wegen eines Verbrechens zu einer Mindeststrafe von 1 Jahr, allerdings begrenzt auf eine Frist von 5 Jahren nach Rechtskraft des Urteils. Eine weitere Wählbarkeitsvoraussetzung folgt aus dem gesetzlichen Minderheitenschutz, denn zum Delegierten der regulären Arbeitnehmer kann nach $ 11 Abs 2 nur ein regulärer Arbeitnehmer und zum Delegierten der leitenden Angestellten nur ein leitender Angestellter berufen werden. Andere Schranken bestehen nicht, namentlich sind auch ausländische Arbeitnehmer wählbar, ebenso die Mitglieder des Wahlvorstands. 37 Kein Hinderungsgrund ist es ferner, wenn eine Person in den Fällen des § 5 die Funktion des Delegierten sowohl im herrschen-

34 35 36 37

Vgl statt aller Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 8 Rdn 14f. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 10 Rdn 27. Abs 3 iVm § 8 Abs 1 Satz 3 BetrVG. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 1 0 Rdn 31; GemKomm.MitbestG/Mflttftej Rdn 87; GewKomm.MitbestG/Iicftfenifem § 1 0 Rdn 25; Hanau/Ulmer Rdn 24; aA Säcker, Wahlordnungen Rdn 33 ff.

$10 §10

227

$ 10 Wahl der Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

den wie im abhängigen Unternehmen wahrnimmt oder für beide Ämter kandidiert, vielmehr lassen die Wahlordnungen derartige Mehrfachmandate ausdrücklich zu.38 Formell setzt die Wählbarkeit die Eintragung in die Wählerliste voraus.39 IV. Wegfall der Wahl (Abs 4) 17

Nach der Sondervorschrift des Abs 4 wird eine Wahl nicht durchgeführt, wenn für einen Wahlgang nur ein Wahlvorschlag gemacht wurde. Statt dessen gelten die in dem Wahlgang aufgeführten Arbeitnehmer in der angegebenen Reihenfolge als gewählt (sog Friedenswahl). Die Vorschrift, die § 6 Abs 2 Satz 3 MitbestEG nachgebildet ist, will angesichts des Umstands, daß bei der Durchführung der Wahl regelmäßig kein anderes Ergebnis zu erwarten wäre, den damit verbundenen Aufwand vermeiden.40 Sie ist angesichts der gemeinsamen Wahl nur anzuwenden, wenn weder von den regulären Arbeitnehmern noch bei den leitenden Angestellten mehr als ein Wahlvorschlag gemacht wird. Auch darf der Verzicht auf die Wahl nicht dazu führen, daß der durch § 11 Abs 2 sichergestellte Gruppenproporz verändert wird. Deshalb können gemäß Abs 5 Satz 2 nur so viele auf der Liste benannte Personen zu Delegierten einer Gruppe bestellt werden, wie bei Durchführung der Wahl zu wählen gewesen wären. V. Wahlvorgang

18

Der technische Ablauf der Delegiertenwahl ist in §§ 52-67 1. WO, 56-73 2. und 3. WO im einzelnen geregelt. Zunächst ist die Zahl der Delegierten für jeden Betrieb zu berechnen und das Ergebnis den Betriebswahlvorständen mitzuteilen. 41 Diese haben Wahlausschreiben mit dem in §§ 53 1. WO, 59 2. und 3. WO vorgeschriebenen Inhalt herauszugeben, sie in den Betrieben bis zum Abschluß der Wahl bekannt zu machen und sie dem Unternehmen sowie den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften zu übersenden.42 Binnen zwei Wochen sind die Wahlvorschläge einzureichen.43 Die Wahl der Delegierten erfolgt in getrennten Wahlgängen für die Delegierten der 38 39 40

41 42

43

Vgl Rdn 10. §§ 8 Abs 5 1., 2. und 3. WO; vgl Vor § 9 Rdn 18. Grundsätzliche und verfassungsrechtliche Einwände dagegen bei Philipp DB 1976,2305 f sowie BB 1977,549 ff. § § 5 2 1. WO, 5 6 - 5 8 2. und 3. WO; vgl $ 11. $ 53 Abs 1 iVm $$ 24 Abs 3 und 4 1. WO, 59 Abs 1 iVm §§ 26 Abs 4 und 5 2. und 3. WO. §§ 54 Abs 11. WO, 60 Abs 1 2. und 3. WO; vgl § 12 Rdn 4 ff.

228

Wahl der Delegierten VI. Streitigkeiten

$10

regulären Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten.44 Eine räumliche oder zeitliche Abtrennung ist nicht erforderlich. Es genügt die verschiedene Kennzeichnung der Wahlzettel und Wahlumschläge.45 Zulässig ist auch der Einsatz von Wahlgeräten. 46 Briefwahl ist zulässig, sofern ein Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert ist, seine Stimme persönlich abzugeben.47 Für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, kann der Betriebswahlvorstand die Briefwahl generell beschließen, desgleichen für einen Betrieb, in dem die Mehrheit der Wahlberechtigten infolge von Außendienst, Telearbeit, Heimarbeit uä nicht im Betrieb anwesend und daher zur schriftlichen Stimmabgabe berechtigt ist, sofern die verbleibende Minderheit nicht mehr als insgesamt 25 Wahlberechtigte ausmacht.48 Unverzüglich nach Abschluß der Stimmabgabe hat der Betriebswahlvorstand die Stimmen öffentlich auszuzählen und die Gewählten zu ermitteln. 49 Ferner ist eine Wahlniederschrift mit dem in §§ 65 1. WO, 71 2. und 3. WO vorgeschriebenen Inhalt anzufertigen und in Unternehmen mit mehreren Betrieben dem Unternehmenswahlvorstand, in den Fällen der §§4 und 5 dem Hauptwahlvorstand zu übermitteln. Das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten sind im Betrieb für die Dauer von zwei Wochen bekanntzugeben; die Gewählten sind schriftlich zu benachrichtigen.50 VI. Streitigkeiten Streitigkeiten im Zusammenhang mit $ 10 betreffen die Wahl der 1 9 Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat und sind daher gemäß SS 2 a Abs 1 Nr 3 , 8 0 Abs 1 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren anhängig zu machen.51 In dringenden Fällen kommt eine einstweilige Verfügung nach § 85 Abs 2 ArbGG in Betracht. Darüber hinaus können Verstöße gegen § 10 die Anfechtbarkeit der Wahl der Delegierten oder der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer begründen.52

44 45 46 47 48 49 50 51 52

$$ 53 Abs 2,59Abs 11. WO, 59 Abs 2 , 6 5 Abs 1 2. und 3. WO. Fitttng/Wlotzke/Wißmann $ 10 Rdn 45. SS 59 Abs 3 iVm 17 1. WO, 65 Abs 3 iVm 18 2. und 3. WO. SS 63 1. WO, 69 2. und 3. WO. $ $ 6 3 Abs 3 iVm Abs 2 1. WO, 69 Abs 3 iVm Abs 2 2. und 3. WO. $$ 6 0 f 1.WO, 6 6 f 2. und 3.WO. $S 6 6 1 . WO, 72 2. und 3. WO. Vgl $ 2 2 Rdn 24. Vgl die Erläuterungen zu $$ 21 und 22.

229

SU

Errechnung der Zahl der Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

$11 Errechnung der Zahl der Delegierten (1) In jedem Betrieb entfällt auf je 90 wahlberechtigte Arbeitnehmer ein Delegierter. Ergibt die Errechnung nach Satz 1 in einem Betrieb mehr als 1. 25 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten auf die Hälfte; diese Delegierten erhalten je zwei Stimmen; 2. 50 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten auf ein Drittel; diese Delegierten erhalten je drei Stimmen; 3. 75 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten auf ein Viertel; diese Delegierten erhalten je vier Stimmen. 4.100 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten auf ein Fünftel; diese Delegierten erhalten je fünf Stimmen; 5.125 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten auf ein Sechstel; diese Delegierten erhalten je sechs Stimmen; 6.150 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten auf ein Siebtel; diese Delegierten erhalten je sieben Stimmen. Bei der Errechnung der Zahl der Delegierten werden Teilzahlen voll gezählt, wenn sie mindestens die Hälfte der vollen Zahl betragen. (2) Unter den Delegierten müssen in jedem Betrieb die in $ 3 Abs 1 Nr. 1 bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein. Sind in einem Betrieb mindestens neun Delegierte zu wählen, so entfällt auf die in $ 3 Abs 1 Nr. 1 bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten mindestens je ein Delegierter; dies gilt nicht, soweit in dem Betrieb nicht mehr als fünf in $ 3 Abs 1 Nr 1 bezeichnete Arbeitnehmer oder leitende Angestellte wahlberechtigt sind. Soweit auf die in $ 3 Abs 1 Nr 1 bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten lediglich nach Satz zwei Delegierte entfallen, vermehrt sich die nach Absatz 1 errechnete Zahl der Delegierten des Betriebs entsprechend. (3) Soweit nach Absatz 2 auf die in $ 3 Abs 1 Nr 1 bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten eines Betriebs nicht mindestens je ein Delegierter entfällt, gelten diese für die Wahl der Delegierten als Arbeitnehmer des Betriebs der Hauptniederlassung des Unternehmens. Soweit nach Absatz 2 und nach Satz 1 auf die in $ 3 Abs 1 Nr 1 bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Ange230

Errechnung der Zahl der Delegierten I. Vorbemerkungen

SU

stellten des Betriebs der Hauptniederlassung nicht mindestens je ein Delegierter entfällt, gelten diese für die Wahl der Delegierten als Arbeitnehmer des nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer größten Betriebs des Unternehmens. (4) Entfällt auf einen Betrieb oder auf ein Unternehmen, dessen Arbeitnehmer nach diesem Gesetz an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern des Unternehmens teilnehmen, kein Delegierter, so ist Absatz 3 entsprechend anzuwenden. (5) Die Eigenschaft eines Delegierten als Delegierter der Arbeitnehmer nach $ 3 Abs 1 Nr. 1 oder $ 3 Abs 1 Nr. 2 bleibt bei einem Wechsel der Eigenschaft als Arbeitnehmer nach § 3 Abs 3 Nr 1 oder $ 3 Abs 1 Nr. 2 erhalten.

Übersicht

Rdn

Rdn I. Vorbemerkungen 1. Gesetzesinhalt 2. Entstehungsgeschichte. 3. Zwingendes Recht . . . II. Zahl der Delegierten und Gruppenproporz (Abs 1 und 2) 1. Grundregel 2. Gruppenproporz . . . . 3. Reduktionsverfahren . . 4. Zuständiger Wahlvorstand

1 2 3

4 6 7

III. Minderheitenschutz (Abs 2 Satz 2 und 2, Abs 3,4) 1. Abs 2 Satz 2 und 3. . . . 2. Abs 3 3. Abs 4 4. Zuständiger Wahlvorstand IV. Wechsel der Gruppenzugehörigkeit V. Streitigkeiten

10 13 14 15 16 17

8

I. Vorbemerkungen 1. Die Vorschrift behandelt vier sachlich verschiedene Punkte, 1 die im Zusammenhang mit der Wahl der Delegierten stehen. Abs 1 gibt an, wie deren Zahl zu berechnen ist. Grundsätzlich entfällt ursprünglich auf je 60, seit dem VereinfachungsG von 2002 auf je 90 wahlberechtigte Arbeitnehmer eines Betriebs ein Delegierter. In großen Betrieben, auf die bei dieser Berechnungsweise mehr als 25 (bisher 30) Delegierte entfallen würden, vermindert sich die Wahl stufenweise nach dem in Abs 1 Satz 2 geregelten Reduktionsverfahren. Das Gesetz will mit der Vorschrift verhindern, daß allzu große und aufwendige Delegiertenversammlungen zu bilden sind. Ist ein Betrieb so klein, daß auf ihn überhaupt kein Delegierter entfällt, sind seine Arbeitnehmer nach Abs 4 iVm Abs 3 dem Betrieb der Hauptniederlassung, hilfsweise dem größten 231

$ 1 1 E r r e c h n u n g der Zahl der Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

Betrieb des Unternehmens zuzurechnen. Abs 2 regelt sodann die Verteilung der Delegierten zwischen den Gruppen der regulären Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten. Grundsätzlich hat jede Gruppe Anspruch auf eine ihrem Anteil an der Gesamtzahl der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer entsprechenden Zahl von Sitzen. Würde eine Gruppe nach diesem Maßstab keinen Delegierten zu stellen haben, gewährt das Gesetz ihr in Abs 2 Satz 3 und 4 sowie Abs 3 einen mehrschichtigen und im einzelnen kompliziert ausgestalteten Minderheitenschutz, der darauf hinausläuft, daß sie entweder einen zusätzlichen Sitz in der Delegiertenversammlung erhält oder ihr Stimmengewicht bei der Wahl der Delegierten im Betrieb der Hauptniederlassung, hilfsweise des größten Betriebs des Unternehmens zur Geltung bringen kann. Abs 5 bestimmt schließlich, daß ein Wechsel der Gruppenzugehörigkeit das Amt des Delegierten nicht beendet. Die Ausführungsvorschriften zu § 11 finden sich in §§ 52 1. WO, 56ff 2. und 3. WO. 2

2. Die ursprüngliche Fassung des § 11 enthielt neben den anderen Schlüsselzahlen für das Reduktionsverfahren die für die Aufteilung der Delegierten auf die Gruppen der Arbeiter und der Angestellten erforderlichen Vorschriften. Sie entsprach im Ansatz $ 6 Abs 4 und 5 MitbestEG, war gegenüber diesem Vorbild jedoch schon im RegE in wesentlichen Einzelheiten umgestaltet worden. Weitere Änderungen hatte der BT-Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung vorgenommen. 1 Die gegenwärtige Fassung geht, soweit sie die Abschaffung der getrennten Wahl von Delegierten der Arbeiter und der Angestellten betrifft, auf das ÄnderungsG von 2001 zurück, bezüglich der Änderung der Schlüsselzahlen des Reduktionsverfahrens auf das VereinfachungsG von 2002.

3

3. § 11 ist zwingendes Recht und kann daher weder durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen noch durch Beschlüsse der Unternehmensorgane abbedungen oder geändert werden.2 II. Zahl der Delegierten und Gruppenproporz (Abs 1 und 2)

4

1. Nach der Grundregel des Abs 1 entfällt in jedem Betrieb auf je 90 wahlberechtigte Arbeitnehmer ein Delegierter. Es kommt auf die Zahl der in die Wählerliste eingetragenen tatsächlich Beschäftigten an, nicht auf die in der Regel in dem Betrieb Beschäftigten. Sind nach Abs 3 oder 4 dem Betrieb für die Wahl auch Arbeitnehmer anderer Betriebe des Unternehmens zuzurechnen (vgl Rdn 13), so zählen diese auch bei

1 2

Ausschußbericht BTDrucks 7 / 4 8 4 5 , 7 , 1 2 . HL, vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 11 Rdn 3; Hanau/Ulmer § 11 Rdn 12.

232

Errechnung der Zahl der Delegierten S 1 1 II. Zahl der Delegierten und Gruppenproporz (Abs 1 und 2)

der Berechnung der Zahl der Delegierten mit. In diesem Fall muß eine bereits festgestellte Delegiertenzahl uU nachträglich korrigiert werden.3 Teilzahlen sind nach Satz 3 zu berücksichtigen, wenn sie sich auf mindestens die Hälfte der vollen Zahl belaufen, das heißt ab 45 zusätzlichen Arbeitnehmern. Andernfalls fallen sie bei der Berechnung der Delegiertenzahl unter den Tisch. Beträgt die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer eines Betriebes demnach zwischen 1800 und 1829, so sind 20 Delegierte zu berufen. Ab 1830 wahlberechtigten Arbeitnehmern beträgt die Zahl 21 Delegierte. Hat ein Betrieb weniger als 45 Arbeitnehmer, so stellt er keine eigenen Delegierten auf, vielmehr werden seine Arbeitnehmer gemäß Abs 4 iVm Abs 3 (vgl Rdn 16) der Hauptniederlassung, hilfsweise dem größten Betrieb des Unternehmens zugeschlagen. In Betrieben mit zwischen 45 und 90 Arbeitnehmern ist ein Delegierter zu bestellen (vgl Rdn 14). Auf die Zahl und das Verhältnis von Arbeitern und Angestellten 5 kommt es bei der Berechnung nicht mehr an, ebenso wenig auf die Zahl und den Anteil der leitenden Angestellten. Jedoch kann sich die nach Abs 1 berechnete Zahl der Delegierten infolge des Minderheitenschutzes nach Abs 2 um einen vermehren (vgl Rdn 10 ff). Die Größe der Delegiertenversammlung legt das Gesetz nicht fest, vielmehr umfaßt diese vorbehaltlich der Reduzierung nach Abs 1 Satz 2 so viele Personen, wie sich aus der Berechnung nach diesem Schlüssel ergeben. 2. Um zu verhindern, daß die Zahl der Delegierten in Großunter- 6 nehmen zu hoch wird, schreibt das Gesetz in Abs 1 Satz 2 für große Betriebe vor, die Zahl der Delegierten zu reduzieren. Die Reduktion wird nicht durch eine Erhöhung der Schlüsselzahl erreicht, sondern dadurch, daß die Zahl der nach dem gesetzlichen Schlüssel errechneten Delegierten sich je nach Größe halbiert, in drei, vier usw bis zu sieben Teile teilt. Zum Ausgleich erhalten die restlichen Delegierten je zwei, drei usw bis zu sieben Stimmen. 3. Ist die Zahl der den Arbeitnehmern eines Betriebes zukommen- 7 den Delegierten errechnet, so sind weiter die Delegierten zwischen den regulären Arbeitnehmern und den leitenden Angestellten nach ihrem Anteil an der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aufzuteilen (Abs 2 Satz 1). Entsprechend Abs 1 ist auch hier von der Gesamtzahl der in dem Betrieb tatsächlich beschäftigten wahlberechtigten Arbeitnehmer auszugehen.4 Der Gruppenproporz ist nach dem d'Hondt'sche Höchst-

3 4

SS 5 7 Abs 2 Satz 3 2. und 3. WO. HM; aA nur Fitting/Wlo tzke/Wißm ann S U Rdn 10 ff; Hoffmann/Lehmann/Weirtmann% 11 Rdn 14.

233

$ 1 1 E r r e c h n u n g der Zahl der Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

zahlverfahren zu berechnen,5 das bei § 10 Rdn 7 dargestellt ist. Entfällt danach auf die leitenden Angestellten kein Sitz, so kommt der Minderheitenschutz in Betracht (vgl Rdn 9 ff). 8 4. Die Berechnung der Zahl der Delegierten und ihrer Verteilung zwischen den Gruppen ist in Unternehmen mit nur einem Betrieb Aufgabe des Betriebswahlvorstands,6 in Unternehmen mit mehreren Betrieben des Unternehmesvorstands und in Konzernen des Hauptwahlvorstandes, jeweils im Zusammenwirken mit den Betriebswahlvorständen.7 III. Minderheitenschutz (Abs 2 Satz 2 und 3, Abs 3,4) 9

Die Zuteilung der Delegierten ausschließlich nach dem Gruppenproporz gemäß Abs 2 Satz 1 würde dazu führen, daß auf die leitenden Angestellten häufig kein Delegierter entfällt. Dieses Ergebnis sucht das Gesetz durch den Minderheitenschutz nach Abs 2 Satz 2 und 3, Abs 3 auszugleichen. Dabei sind mehrere Fälle zu unterscheiden: 10 1. In Betrieben, in denen insgesamt mindestens 9 Delegierte zu bestellen sind, das heißt ab 765 wahlberechtigten Arbeitnehmern, steht nach Abs 2 Satz 2 ungeachtet der berechneten Verhältniszahl den leitenden Angestellten mindestens ein Delegierter zu. Ergibt sich dieses Ergebnis aus der Verteilungsrechnung ohnehin, so ist keine Sondervorschrift nötig. Hat die Gruppe nach dem Gruppenproporz kein Anrecht auf einen Sitz, soll dieses Ergebnis erzielt werden, ohne daß sich die Zahl der den regulären Arbeitnehmern zukommenden Sitze vermindert. Daher bestimmt Abs 2 Satz 3, daß sich in diesem Fall die Gesamtzahl der von dem Betrieb zu bestellenden Delegierten über die nach Abs 1 errechnete Summe hinaus um den erforderlichen zusätzlichen Sitz vermehrt. Das Gesetz formuliert die Regel generell. Praktisch kann sie nach der Preisgabe der Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten aber nur noch zugunsten der leitenden Angestellten relevant werden. Sie gilt nicht, wenn deren Gruppe nicht mehr als fünf wahlberechtigte Mitglieder umfaßt (Abs 2 Satz 2 zweiter Halbsatz). 11

Der Minderheitenschutz bleibt aufrecht erhalten, auch wenn sich infolge des Reduktionsverfahrens gemäß Abs 1 Satz 2 die Zahl der Delegierten verringert. In diesem Fall ist streitig, ob der zusätzliche Delegierte gleichfalls die erhöhte Stimmenzahl besitzt.8

5 6 7 8

Vgl $$ 52 Abs 3 1. WO, 56 Abs 3 2. und 3. WO. Siehe § 52 1. WO. $$ 56 Abs 1,58 2. und 3. WO. Bejahend Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 1 1 Rdn 2 6 - 2 8 ; Hoffmann/Lehmannl Weinmann $ 1 1 Rdn 25; Lux MitbestG 123; Krämer NJW 1977, 2144; ver-

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E r r e c h n u n g der Zahl der Delegierten III. Minderheitenschutz (Abs 2 Satz 2 und 3 , Abs 3 , 4 )

$11

Beispiel: In einem Betrieb mit 9000 Arbeitnehmern sind regulär 12 100, aufgrund des Reduktionsverfahrens aber nur 20 Delegierte zu wählen, die je fünf Stimmen haben. Befinden sich unter ihnen 180 leitende Angestellte, so steht ihnen nach der d'Hondt'schen Höchstzahlenrechnung und der Reduktion kein Sitz zu. Doch haben sie Anspruch auf einen zusätzlichen Sitz gemäß Abs 2 Satz 2. Soll der zusätzliche Delegierte nunmehr auch fünf Stimmen haben wie die anderen Delegierten? Die gerechteste Lösung geht dahin, die Stimmenzahl des zusätzlichen Delegierten von der Zahl der Sitze abhängig zu machen, welche die leitenden Angestellten beanspruchen könnten, wenn das Reduktionsverfahren nicht anzuwenden wäre. In diesem Fall würden von den insgesamt 100 Delegierten nach dem Gruppenproporz auf die leitenden Angestellten zwei Delegierte entfallen. Dem zusätzlichen Delegierten sollten daher zwei Stimmen zugesprochen werden. Demgegenüber soll nach Matthes9 und Hanau/Ulmer10 der zusätzliche Delegierte stets nur eine Stimme haben. 2. Entfällt auch nach der Regelung des Abs 2 auf die leitenden 13 Angestellten kein Delegierter, weil in dem Betrieb weniger als neun Delegierte zu bestellen sind oder weil der Betrieb nicht mehr als fünf leitende Angestellte hat, so bleibt deren Stimme nach dem in Abs 3 auf die Spitze getriebenen Minderheitenschutz gleichwohl nicht unbeachtet. Vielmehr sind sie nunmehr für die Wahl der Delegierten dem Betrieb der Hauptniederlassung des Unternehmens zuzurechnen. Sie sind also bei der Bestimmung der Zahl der Delegierten und des Gruppenproporzes, bei der Ausübung von Vorschlagsrechten und des Wahlrechts selbst sowie bei allen übrigen im Zusammenhang mit der Wahl bestehenden Rechten und Befugnissen wie die Arbeitnehmer dieses Betriebes zu behandeln.11 Würde trotz der Zurechnung dieser Arbeitnehmer zum Betrieb der Hauptniederlassung ihre Gruppe auch dort nicht mindestens einen Delegierten zu stellen haben, tritt an die Stelle dieses Betriebs hilfsweise der größte Betrieb des Unternehmens (Abs 3 Satz 2). Die Zuordnung ist zwingend, das heißt die betroffenen leitenden Angestellten haben nicht die Freiheit, darauf zu verzichten oder den Betrieb zu wählen, dem sie zugeordnet werden wollen.12 Bei der Konzernmitbestimmung nach § 5 kommt in entsprechender Anwendung

9 10 11 12

neinend GemKomm.MitbcstG/MflHft« § 1 1 Rdn 3 2 f ; Hanau/Ulmer Rdn 4 3 . AaO. AaO. Einzelheiten bei Fitting/Wlotzke/Wißmann § 11 Rdn 30 ff. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 11 Rdn 32.

§11

235

Sil

Errechnung der Zahl der Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

des Abs 3 auch eine Zuordnung zum herrschenden Unternehmen des Konzerns in Betracht, wenn die leitenden Angestellten trotz der Zuordnungsregeln in dem Unternehmen, dem sie unmittelbar angehören, nicht zum Zuge kommen. 1 3 14 3. Der Minderheitenschutz des Abs 3 gilt gemäß Abs 4 ferner für den wichtigeren Fall, daß ein Betrieb oder, im Fall des § 5 , ein abhängiges Konzernunternehmen insgesamt nicht die Größe erreicht, die erforderlich ist, wenigstens einen Delegierten zu stellen. Das Gesetz läßt offen, ob die dafür notwendige Mindestzahl gemäß Abs 1 Satz 1 erst bei 90 oder nach Abs 1 Satz 3 schon ab 45 wahlberechtigten Arbeitnehmern erreicht ist. Die besseren Gründe sprechen für die kleinere Zahl, da sie auch sonst für die Zahl der Delegierten den Ausschlag gibt. 14 Abs 4 ist daher auf Betriebe bzw Konzernunternehmen mit bis zu 4 4 Arbeitnehmern anzuwenden. Hat im Fall des § 5 ein abhängiges Unternehmen nicht mehr als 4 4 Arbeitnehmer, so wählen diese also im Betrieb der Hauptniederlassung des herrschenden Unternehmens, hilfsweise im größten Betrieb des herrschenden Unternehmens mit. 1 5 15

4. Die Durchführung und Sicherung des Minderheitenschutzes gemäß Abs 2 bis 4 obliegt in Unternehmen mit nur einem Betrieb dem Betriebswahlvorstand, 16 in Unternehmen mit mehreren Betrieben dem Unternehmenswahlvorstand und in Konzernen dem Hauptwahlvorstand im Zusammenwirken mit den Betriebswahlvorständen der beteiligten Betriebe. 17

IV. Wechsel der Gruppenzugehörigkeit (Abs 5) 16

Nach Abs 5 verliert der einmal zum Delegierten Gewählte nicht sein Amt, wenn er nachträglich die Gruppe wechselt, also namentlich vom Angestellten zum leitenden Angestellten befördert wird. Die Vorschrift, der § 2 4 Abs 2 für die gewählten Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer entspricht, beruht auf dem Gedanken, daß der von einer Gruppe Gewählte seine Legitimation als deren Delegierter nicht dadurch verliert, daß er während seiner Amtszeit in eine andere Gruppe überwechselt. 18 Sie findet ihr Vorbild in § 2 4 Abs 2 BetrVG.

13

14 15 16 17 18

FittingfWlotzke/Wißmann $ 1 1 Rdn 48; Hanau/Ulmer § 1 1 Rdn 6 6 f; hM; aA GemKomm.MitbestG/Mßrtft« $ 11 Rdn 4 4 . Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 11 Rdn 30; Hanau/Ulmer $ 11 R d n 5 8 . Wlotzke Z G R 1 9 7 7 , 3 7 8 . $ 5 2 A b s 1 l.WO. $ $ 5 6 Abs 1 2 . und 3. WO. Vgl Begründung zum RegE, BTDrucks 7 / 2 1 7 2 , 2 3 .

236

Wahlvorschläge für Delegierte

S12

Dagegen verliert ein Delegierter, der aus dem Betrieb oder Unternehmen ausscheidet, sein Mandat.19 V. Streitigkeiten Streitigkeiten über die in § 11 geregelten Punkte betreffen die Wahl 1 7 der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer und sind daher nach SS 2 a Abs 1 Nr 3,80 Abs 1 ArbGG im Beschlußverfahren vor den Arbeitsgerichten auszutragen. Beruht die Wahl von Delegierten oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer auf einem Verstoß gegen S U , so kommt daneben nach Maßgabe der §S 21, 22 auch die Anfechtung der Wahl in Betracht.

$ 1 2 Wahlvorschläge für Delegierte (1) Zur Wahl der Delegierten können die wahlberechtigten Arbeitnehmer des Betriebs Wahlvorschläge machen. Jeder Wahlvorschlag muß von einem Zehntel oder 100 der jeweils wahlberechtigten in S 3 Abs 1 Nr. 1 bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten des Betriebes unterzeichnet sein. (2) Jeder Wahlvorschlag soll mindestens doppelt so viele Bewerber enthalten, wie in dem Wahlgang Delegierte zu wählen sind. Schrifttum Hanau, Die Verfassungsmäßigkeit der Quoren für Wahlvorschläge im Mitbestimmungsgesetz 1 9 7 6 , FS Friauf 1 9 9 6 , 6 2 1 ; Löwisch, Verfassungswidrigkeit der Quoren für die Wahlen nach dem Mitbestimmungsgesestz 1 9 7 6 , FS Zöllner Bd 2 , 1 9 9 8 , 4 8 7 ; Oetker, Das Recht der Unternehmensmitbestimmung im Spiegel der neueren Rechtsprechung, ZGR 2 0 0 0 , 1 9 , 4 3 ff; Spindler, Sind die Quoren für Wahlvorschläge im MitbestG verfassungswidrig, AG 1 9 9 3 , 2 5 .

Übersicht Rdn I. Vorbemerkungen II. Wahlvorschläge 1. Vorschlagsberechtigte. . 2. Verfahren

19

1

Rdn III. Streitigkeiten

7

3 4

J 14Abs 1 Nr 2 und 3.

237

$ 1 2 Wahlvorschläge für Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

1

Die Vorschrift regelt das Zustandekommen der Wahlvorschläge für die Bestellung der Delegierten. Sie besagt in Abs 1 zunächst, daß das Vorschlagsrecht nur den wahlberechtigten Arbeitnehmern des Betriebs zusteht, schließt also namentlich Gewerkschaften aus. In der ursprünglichen Fassung war weiter vorgesehen, daß die Wahlvorschläge getrennt nach den Gruppen der Arbeiter, Angestellten und leitenden Angestellten aufzustellen sind. Im ÄnderungsG von 2001 wurde hiervon die Differenzierung nach Arbeitern und Angestellten aufgegeben und nur die zwischen (regulären) Arbeitnehmern und leitenden Angestellten beibehalten. Schließlich legt sie das Quorum der vorschlagsberechtigten Mitglieder jeder Gruppe mit einem Zehntel der Gesamtzahl oder 100 Personen fest. Die Regelungen des Abs 1 sind zwingendes Recht. Nach der Sollvorschrift des Abs 2 soll jeder Wahlvorschlag doppelt soviele Namen enthalten als in dem Wahlgang Delegierte zu wählen sind. Ausführungsregeln finden sich in § § 5 4 - 5 8 1. WO, 6 0 - 6 4 2. und 3. WO.

2

Die Regelung über das Quorum für die Wahlvorschläge stimmt mit dem RegE überein. Ein von der Fraktion der CDU/CSU gestellter Antrag, das Quorum auf ein Zwanzigstel oder 50 der wahlberechtigten Arbeiter, nicht leitenden oder leitenden Angestellten herabzusetzen, fand zunächst im beratenden Ausschuß 1 und sodann auch im BT-Plenum keine Mehrheit. 2 Auch die verfassungsrechtlichen Bedenken, die der Abgeordnete Erhard (CDU/CSU) in diesem Zusammenhang gegen die Höhe des Quorums geäußert hatte 3 fanden keine Resonanz. 4 Sie erhielten allerdings 1993 nach den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zum Personalvertretungsrecht 5 neuen Auftrieb. 6 Doch greifen die Bedenken im Ergebnis nicht durch. Die Wahlen nach dem MitbestG sind nicht mit dem für parlamentarische Wahlen geltenden Maßstab der formalen Gleichheit aller Wähler zu messen, sondern am allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG, der sachgemäße Differenzierungen zuläßt. Angesichts der wenigen Aufsichtsratssitze, die von den Arbeitnehmern des Unternehmens zu besetzen sind, hätten Delegierte, die nur eine Minderheit von 50 Wahlberech-

1 2 3

4

5 6

Ausschußbericht BTDrucks 7 / 4 8 4 5 , 7 . Protokoll der 230. Sitzung vom 1 8 . 3 . 1 9 7 6 , 1 6 0 2 4 ff. Protokoll der 2 3 0 . Sitzung aaO; im Worlaut abgedruckt auch bei Hanau FS Friauf 6 3 0 . Vgl die Entgegnung des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) Protokoll der 230. Sitzung aaO; Hanau aaO 6 3 2 . BVerfGE 6 0 , 1 6 2 ; 6 7 , 3 6 9 . Mertens KölnKomm.AG $ 13 MitbestG Rdn 4; Spindler AG 1 9 9 3 , 2 5 ; Löwisch FS Zöllner 8 4 7 , 8 5 6 ff.

238

Wahlvorschläge für Delegierte $ 12 II. Wahlvorschläge

tigten vertreten, von vornherein keine Chance, bei der Aufsichtsratswahl in der Delegiertenversammlung einen eigenen Kandidaten durchzubringen. Das niedrige Quorum würde daher nur zu einer sachlich nicht gerechtfertigten, sondern eher schädlichen Stimmenzersplitterung führen. 7

II. Wahlvorschläge 1. Die Wahl Vorschläge können nach Abs 1 nur von den wähl- 3 berechtigten Arbeitnehmern des Betriebs einschließlich den auf dem Wahlvorschlag Genannten gemacht werden. In den Zurechnungsfällen des $ 1 1 Abs 3 und 4 sind auch die betreffenden Arbeitnehmer in dem Betrieb vorschlagsberechtigt, in dem sie wählen, nicht in dem, zu dem sie gehören. Im übrigen steht den Arbeitnehmern anderer Betriebe des Unternehmens kein Vorschlagsrecht zu, ebensowenig den Gewerkschaften, Betriebsräten und Unternehmensorganen. Dagegen sind die Mitglieder des Wahlvorstandes nach hA nicht ausgeschlossen. 8 Weiter sind die Wahlvorschläge getrennt nach regulären Arbeitnehmern und leitenden Angestellten einzureichen, und zwar können die Wahlvorschläge für reguläre Arbeitnehmer nur von solchen und für leitende Angestellten nur von leitenden Angestellten gemacht werden. Das Quorum beträgt, wie schon nach $§ 76 Abs 3 Satz 2 BetrVG 1952, 10 Abs 1 MitbestEG in beiden Gruppen 10% der Wahlberechtigten 9 oder 100 Arbeitnehmer einer Gruppe. Letztere Zahl wird relevant, wenn die Gruppe mehr als 1 0 0 0 Arbeitnehmer umfaßt. Eine Mindestzahl nennt das Gesetz im Gegensatz zu § 14 Abs 4 BetrVG nicht. Gehören zu einem Betrieb nicht mehr als 10 leitende Angestellte, so genügt daher für einen gültigen Vorschlag ein Mitglied der Gruppe. Bei einer Zahl von zwischen 11 und 20 ist er von zwei wahlberechtigten Gruppenmitgliedern zu unterzeichnen usw. 10 2. Die Vorschläge sind schriftlich und von der erforderlichen Mindest- 4 zahl von Antragsberechtigten unterschrieben beim Betriebswahlvorstand einzureichen. Die Antragsfrist beträgt zwei Wochen seit dem

7

8

9 10

BAG AP Nr. 1 z u § 1 2 MitbestG = E W i R 1 9 9 9 , 1 7 9 ; Vorinstanz LAG Berlin, Beschluß vom 1 . 1 1 . 1 9 9 6 (Az 2 TaBV 2 / 9 6 ) ; ausführlich z u m Problem Hanau aaO 6 3 4 ff; Oetker ZGR 2 0 0 0 , 1 9 , 4 3 f. Fitting/WlotzkefWißmann $ 1 2 Rdn 4 ; G e m K o m m . M i t b e s t G / M a t t h e s $ 1 2 Rdn 10; entsprechend z u $ 1 4 BetrVG BAG DB 1 9 7 8 , 4 4 9 . Vgl $ 1 0 R d n 11 f. HL; Hojfmann/Lehmann/Weinmann $ 1 2 R d n 12; G e m K o m m . M i t b e s t G / M a f t f t « $ 12 Rdn 12; Hanau/Ulmer% 1 2 R d n 2 1 ; Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 1 2 Rdn 1 0 .

239

$ 12 Wahlvorschläge für Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

Erlaß des Wahlausschreibens. 11 Stellvertretung ist unzulässig, denn sie verstößt gegen den Grundsatz der Wahlunmittelbarkeit. 12 Die Bewerber sind in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung aufzuführen. 13 Außerdem ist die schriftliche Z u s t i m m u n g der Bewerber zur Aufnahme in den Wahlvorschlag und ihre schriftliche Versicherung, daß sie im Fall ihrer Wahl die Wahl annehmen werden, einzuholen und beizufügen. 14 Jeder Wahlberechtigte kann nur einen Wahlvorschlag wirksam 5 unterzeichnen. Hat er mehrere Vorschlagslisten unterschrieben, so hat er sich auf Aufforderung des Wahlvorstands binnen längstens drei Arbeitstagen zu erklären, welche Unterschrift gelten soll, widrigenfalls sein Name auf dem zuerst eingereichten Vorschlag gezählt wird. 15 Wahlvorschläge, die den genannten Formalitäten nicht genügen, sind nach Maßgabe der SS 56 1. WO, 62 2. und 3. WO ungültig. Wird kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, hat der Wahlvorstand dies wie das Wahlausschreiben bekannt zu machen und eine Nachfrist von einer Woche zu setzen. Wird auch dann noch kein gültiger Vorschlag eingereicht, findet der Wahlgang nicht statt. 1 6 Die betreffende Gruppe oder Untergruppe verliert die ihr zustehenden Sitze, ohne daß diese auf eine andere Gruppe oder Untergruppe übergehen. 17 Die gültigen Wahlvorschläge sind in dem Betrieb in gleicher Weise wie das Wahlausschreiben bekannt zu machen. 1 8 6

Vorgeschlagen werden können nur Bewerber, welche die Wählbarkeitsvoraussetzungen 19 in der betreffenden Gruppe oder Untergruppe erfüllen. Jeder Kandidat kann n u r auf einer Wahlliste kandidieren. Findet sich sein Name mit seiner schriftlichen Zustimmung auf mehreren

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19

s§ 5 4 Abs 1 1 . WO, 6 0 Abs 1 2 . und 3. WO. Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 12 Rdn 20; Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 12 Rdn 15; Hanau/Ulmer § 12 Rdn 36; aA GemKomm.MitbestG/Maifft« § 12 Rdn 29. $S 54 Abs 2 Satz 1 1 . WO, 6 0 Abs 2 Satz 1 2. und 3. WO. SS 54 Abs 2 Satz 2 1. WO, 6 0 Abs 2 Satz 2 2. und 3. WO. $5 5 4 Abs 4 1 . WO, 6 0 Abs 4 2. und 3. WO. S§ 5 7 1 . WO, 63 2. und 3. WO. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann § 12 Rdn 37; aA Hanau/Ulmer % 12 Rdn 17 für den Fall, daß die leitenden Angestellten keinen eigenen Wahlvorschlag eingereicht haben. In diesem Fall sollen die Sitze an die Angestellten - nach neuem Recht entsprechend an die regulären Arbeitnehmer - gehen. Dies entspricht aber kaum dem bei den Wahlvorschlägen nach § 12 strikt eingehaltenen Gruppenprinzip. §$ 70 1. WO, 7 7 2. WO, 78 3. WO; zu weiteren Einzelheiten vgl SS 6 6 - 7 0 1. WO, 7 3 - 7 7 2. WO, 7 4 - 7 8 3. WO. Vgl S 10 Rdn 20.

240

Amtszeit der Delegierten $ 13

Wahlvorschlägen, so hat er sich binnen drei Arbeitstagen gegenüber dem Wahlvorstand zu erklären, welche Kandidatur er wahrnehmen will. Versäumt er die Erklärungsfrist, ist sein Name von allen Wahlvorschlägen zu streichen. 20 Gemäß Abs 2 soll jeder Wahlvorschlag mindestens doppelt so viele Bewerber enthalten als Delegierte zu bestellen sind. Die Vorschrift soll bewirken, daß im Falle des Ausscheidens von Delegierten genügend Ersatzdelegierte vorhanden sind. 21 Es handelt sich aber um eine Soll-Vorschrift, deren Verletzung den Vorschlag nicht ungültig macht. 22 III. Streitigkeiten Streitigkeiten über die Zulässigkeit und Wirksamkeit von Wahlvor- 7 Schlägen nach § 12 betreffen die Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Gemäß § 2 a Abs 1 Nr 3 ArbGG sind daher die Arbeitsgerichte zuständig, die nach § 80 Abs 1 ArbGG im Beschlußverfahren entscheiden. Findet eine Wahl ohne gültigen Wahlvorschlag statt, ist sie nach hL nicht nur anfechtbar, sondern nichtig. 23 Andere Verstöße gegen § 12 und die dazugehörenden Vorschriften der Wahlordnungen können, soweit nicht nur gegen die Sollvorschrift des Abs 2 oder Ordnungsvorschriften verstoßen wurde, die Anfechtbarkeit der Wahl begründen. 24

5 13 Amtszeit der Delegierten (1) Die Delegierten werden für eine Zeit gewählt, die der Amtszeit der von ihnen zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder entspricht. Sie nehmen die ihnen nach den Vorschriften dieses Gesetzes zustehenden Aufgaben und Befugnisse bis zur Einleitung der Neuwahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer wahr. (2) In den Fällen des § 9 Abs 1 endet die Amtszeit der Delegierten, wenn 1. die wahlberechtigten Arbeitnehmer nach $ 9 Abs 1 die unmittelbare Wahl beschließen;

20 21 22 23 24

$$ 54 Abs 5 1. WO, 60 Abs 5 2. und 3. WO. Vgl $ 1 4 Abs 2. EbensoFittingfWlotzkefWißmann $ 12 Rdn 13. Vgl § 21 Rdn 13. Vgl S 21 Rdn 3.

241

$ 1 3 Amtszeit der Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

2. das Unternehmen nicht mehr die Voraussetzungen für die Anwendung des $ 9 Abs 1 erfüllt, es sei denn, die wahlberechtigten Arbeitnehmer beschließen, daß die Amtszeit bis zu dem in Absatz 1 genannten Zeitpunkt fortdauern soll; $ 9 Abs 3 ist entsprechend anzuwenden. (3) In den Fällen des § 9 Abs 2 endet die Amtszeit der Delegierten, wenn die wahlberechtigten Arbeitnehmer die unmittelbare Wahl beschließen; $ 9 Abs 3 ist anzuwenden. (4) Abweichend von Absatz 1 endet die Amtszeit der Delegierten eines Betriebs, wenn nach Eintreten aller Ersatzdelegierten des Wahlvorschlags, dem die zu ersetzenden Delegierten angehören, die Gesamtahl der Delegierten des Betriebs unter die im Zeitpunkt ihrer Wahl vorgeschriebene Zahl der auf den Betrieb entfallenden Delegierten gesunken ist. Schrifttum Hoechel, Das Wahlmännermodell im Mitbestimmungsgesetz 1976, 1983; Kallmeyer, Nachwahlen von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer nach dem MitbestG 1976, BB 1 9 7 8 , 1 5 2 4 .

Übersicht Rdn

Rdn I. Vorbemerkungen II. Regelmäßige Amtszeit der Delegierten (Abs 1) 1. Regelmäßige Amtsperiode 2. Beginn der Amtszeit . . III. Vorzeitige Beendigung der Amtszeit sämtlicher Delegierten (Abs 2 und 3) 1. A b s 2 N r l

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3 4

7

2. Abs 2 Nr 2 3. Abs 3 4. Sonstige Beendigungsgründe 5. Erhöhung der Arbeitnehmerzahl über 8 0 0 0 . IV. Vorzeitige Beendigung der Amtszeit der Delegierten eines Betriebs (Abs 4). . . . V. Streitigkeiten

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12 15

I. Vorbemerkungen 1

$ 1 3 betrifft die Wahlperiode der Delegierten und besagt zunächst, daß diese für alle Delegierten eines Unternehmens, in den Fällen des § 4 auch der KG, in den Fällen des $ 5 sämtlicher an der Konzernmitbestimmung teilnehmenden Unternehmen grundsätzlich gleich lang ist. Sie orientiert sich an der Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder, deckt sich aber nicht mit ihr. Die Regelung hat den Sinn, daß die Dele-

242

Amtszeit der Delegierten 5 1 3 II. Regelmäßige Amtszeit der Delegierten (Abs 1)

gierten auch nach der Bestellung des Aufsichtsrats für etwa erforderlich werdende Nachwahlen oder Abberufungen ($ 23) noch zur Verfügung stehen, zur turnusgemäßen Neuwahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer aber eine neue Delegierten Versammlung zu wählen ist.1 Die Delegiertenversammlung wird dadurch zu einem eigenen, dauerhaften Organ der Unternehmensverfassung. 2 Abs 2 bis 4 bringen die Gründe einer vorzeitigen Beendigung der Amtsperiode, und zwar Abs 2 und 3 der gesamten Delegiertenversammlung, Abs 4 der Delegierten eines Betriebes. Die Vorschriften werden ergänzt durch die in § 14 geregelten Gründe für die vorzeitige Beendigung des Amts eines einzelnen Delegierten. Die Vorschrift geht auf den RegE zurück, der die Amtsperiode der 2 Delegierten allerdings mit der der Amtsperiode des Betriebsrats koppeln wollte. Da sich dieser Gedanke nach der Einführung der unmittelbaren Wahl in den Fällen des § 9 Abs 1 und 2 nicht mehr durchführen ließ, ging der Koalitionskompromiß vom Dezember 1975 statt dessen zur Anlehnung an die Amtsperiode des Aufsichtsrats über.3 Die Vorschrift wurde seit 1976 nicht geädert. Sie enthält zwingendes Recht. II. Regelmäßige Amtszeit der Delegierten (Abs 1) 1. Nach Abs 1 Satz 1 werden die Delegierten für eine Zeit gewählt, 3 die der Amtszeit der von ihnen zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder entspricht. Deren Amtsperiode beläuft sich gemäß §102 AktG iVm § 6 Abs 2 regelmäßig auf fünf Jahre, sofern die Satzung keine kürzere Frist festlegt.4 Da die Delegierten die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer wählen sollen, kann ihre Amtszeit sich nicht genau mit deren Amtsperiode decken. Sie braucht auch nicht genau gleich lang zu sein, weil die Fristen für die Neuwahl in beiden Fällen nicht starr sind, sondern je nach den Umständen schwanken.5 2. Die Amtsperiode der Delegierten beginnt nicht schon mit ihrer 4 Wahl, sondern mit der Einleitung der Aufsichtsratswahl, das heißt mit der Einberufung der Delegiertenversammlung, in der die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer gewählt werden sollen.6 Sie endet

1 2 3 4 5 6

Fitting/Wlotzke/Wißmann% 13 Rdn 1. GemKomm.MitbestG/Maifhes § 13 Rdn 6; Hoechel aaO 160ff, 170. Vgl Ausschußbericht BTDrucks 7 / 4 8 4 5 , 1 2 f. Vgl $ 6 Rdn 31 ff. Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 13 Rdn 9. Arg. aus Abs 1 Satz 2; ebenso FittingfWlotzke/Wißmann $ 13 Rdn6; Hanau/ Ulmer % 13 Rdn 12; aA GemKomm.MitbestG/Maiite § 13 Rdn 16; Hoffmann/ Lehmann/Weinmann $ 13 Rdn 32; Hoechel aaO 158.

243

S 13 Amtszeit der Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

gemäß Abs 1 Satz 2 dementsprechend m i t der Einleitung der Neuwahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, dh mit der Einberufung der für die Neuwahl ihrerseits neu gewählten Delegierten zur Delegiertenversammlung oder, wenn nunmehr Urwahl stattzufinden hat, mit der Bekanntgabe des Wahlausschreibens. Unerheblich ist der Beginn der Neuwahl der Delegierten, denn die alte Delegiertenversammlung m u ß auch noch zur Verfügung stehen, wenn während der längere Zeit dauernden Neuwahl die Nachwahl oder Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer erforderlich wird. 7 5 Wurden die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer gemäß § 9 Abs 1 oder 2 zunächst in Urwahl gewählt, sind während der Amtsperiode aber die Voraussetzungen f ü r mittelbare Wahl eingetreten, so sind, wenn nunmehr die Nachwahl oder die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer erforderlich wird, zunächst die Delegierten neu zu wählen. Da die Nachwahl jedoch nur für den Rest der Amtszeit des weggefallenen Aufsichtsratsmitglieds erfolgt, ist auch die Wahlperiode der dafür gewählten Delegierten entsprechend befristet. 8 6 sind im Fall des § 5 Delegierte mit Mehrfachmandat im herrschenden und im abhängigen Unternehmen bestellt worden, so verschmelzen beide Mandate trotz der Verbindung in einer Person nicht und können daher zu verschiedenen Zeiten enden, zB wenn die Amtsperiode der Aufsichtsräte verschieden lang ist oder wenn einer der Gründe für die vorzeitige Beendigung nach Abs 2 bis 4 oder § 14 nur hinsichtlich eines Mandats eintritt. 9 III. Vorzeitige Beendigung der Amtszeit sämtlicher Delegierter (Abs 2 u n d 3) Vor Ablauf der regulären Wahlperiode endet die Amtszeit des Delegiertenkollegiums in drei Fällen: 7 1. In Unternehmen mit mehr als 8000 Arbeitnehmern, in denen zuvor gemäß der gesetzlichen Vorschrift mittelbare Wahl stattgefunden hatte, wenn die wahlberechtigten Arbeitnehmer während der Wahlperiode gemäß § 9 Abs 1 die unmittelbare Wahl beschließen. 1 0 Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Bekanntgabe des Wahlergebnisses. 11 Der 7

8

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Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann § 13 Rdn 7; Hanau/Ulmer § 13 Rdn 13; aA GemKomm.MitbestG/Mflttftei $ 13 Rdn 18. Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 13 Rdn 11; Matthes aaO $ 13 Rdnl2; Hanau/Ulmer § 13 Rdn 17. Einzelheiten bei Fitting/Wlotzke/Wißmann § 13 Rdn 12ff. $ 13 Abs 2 Nr 1. HM; vgl Hanau/Ulmer § 13 Rdn 32.

244

Amtszeit der Delegierten S 1 3 III. Vorzeitige Beendigung der Amtszeit sämtlicher Delegierter {Abs 2 und 3)

Beschluß kann aber nur dann gefaßt werden, wenn eine Nachwahl zum Aufsichtsrat ansteht. 12 Er verlangt einen Antrag, der den Erfordernissen des § 9 Abs 3 genügt; die Verweisung auf diese Vorschrift in Abs 2 Nr 2 und Abs 3 ist sinngemäß auch auf Abs 2 Nr 1 anzuwenden. 13 2. Wenn die Belegschaft nach der Wahl der Delegierten auf in der 8 Regel weniger als 8 0 0 0 Arbeitnehmer herabsinkt und das Unternehmen daher nunmehr zu den Unternehmen gehört, in denen kraft Gesetzes 14 die unmittelbare Wahl stattfindet. In diesen Fällen können die Arbeitnehmer allerdings beschließen, daß die Amtszeit der Delegierten bis zum Ende der regulären Wahlperiode gemäß Abs 1 fortdauern soll, dh keine vorgezogenen Neuwahlen stattfinden. 15 Maßgeblicher Zeitpunkt ist jedoch erst die erste danach notwendig werdende Nachwahl eines Aufsichtsratsmitglieds. 16 Der Beschluß ist im Verfahren nach § 9 Abs 3 zu treffen. Er bedarf demnach eines von wenigstens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer des Unternehmens unterzeichneten Antrags. Die Abstimmung ist geheim. Die Beschlußfähigkeit setzt eine Beteiligung von wenigstens der Hälfte der wahlberechtigten Arbeitnehmer voraus. Erforderlich ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. 17 3. In Unternehmen mit weniger als 8 000 Arbeitnehmern, wenn die 9 Arbeitnehmer sich bisher für mittelbare Wahl entschieden hatten, nunmehr aber in einem entgegengesetzten Beschluß die Rückkehr zur unmittelbaren Wahl beschließen. Auch dieser Beschluß ist im Verfahren nach § 9 Abs 3 herbeizuführen. 18 4. Die Amtszeit der Delegierten endet ferner, ohne daß dies in § 13 1 0 erwähnt wäre, wenn das Unternehmen den Anwendungsbereich des Gesetzes verläßt, sein Aufsichtsrat also künftig nach anderen Vorschriften zusammenzusetzen und zu wählen ist. In diesen Fällen ist allerdings das Überleitungsverfahren gemäß §§ 97 ff AktG iVm § 6 Abs 2 durchzuführen. Der neue Aufsichtsrat darf erst nach dem Ende dieses Verfahrens gebildet werden. 19 Folgerichtig kann auch die Amtszeit der Delegierten erst zu diesem Zeitpunkt enden. Weitere Fälle ergeben sich aus den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften. In Betracht kommen die Auflösung des Unternehmens, 20 die Verschmelzung mit einem

12 13 14 15 16 17 18 19 20

HA; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 13 Rdn 21. Hanau/Ulmer§ 13 Rdn 31. § 9 Abs 1. § 13 Abs 2 Nr 2. AA GemKomm.MitbestG/Mattftes $ 13 Rdn 24. Einzelheiten bei § 9 Rdn 7ff. § 1 3 Abs 3. § 96 Abs 2 AktG iVm $ 6 Abs 2; vgl § 6 Rdn 8 ff. Vgl § $ 2 6 2 ff AktG.

245

$ 1 3 Amtszeit der Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

anderen Unternehmen durch Aufnahme oder Neubildung sowie die Umwandlung in eine nicht mitbestimmungspflichtige Rechtsform nach dem UmwG. Schließlich führt auch die erfolgreiche Wahlanfecht u n g dazu, daß die Delegierten ihr Amt nicht mehr ausüben können. 21 11 5. Erhöht sich die Zahl der Arbeitnehmer auf über 8 000, so müssen nach § 9 Abs 1 auch während der Amtsperiode des Aufsichtsrats Delegierte gewählt werden, es sei denn, es waren schon vorher Delegierte bestellt oder die Arbeitnehmer beschließen, bei der Urwahl zu bleiben. 22 IV. Vorzeitige Beendigung der Amtszeit der Delegierten eines Betriebs (Abs 4) 12

Im Sonderfall des Abs 4 endet die Amtszeit der Delegierten eines Betriebs, wenn ein aus dem Kollegium ausscheidender Delegierter nicht m e h r ersetzt werden kann, weil nach dem Eintreten aller Ersatzdelegierten die Liste erschöpft ist, zu der er gehörte, und die auf den Betrieb entfallenden Delegierten deshalb nicht mehr die nach § 11 vorgeschriebene Zahl erreichen. Im Gegensatz zu § 2 5 Abs 2 Satz 2 BetrVG können nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes Ersatzdelegierte von anderen Listen nicht nachrücken. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Sollstärke der Delegiertenversammlung ist der Zeitpunkt der Wahl; eine inzwischen eingetretene Verkleinerung oder Vergrößerung des Betriebs wird nicht berücksichtigt. 23

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§ 13 Abs 4, der § 13 Abs 2 Nr 2 BetrVG nachgebildet ist, erklärt sich aus den vom Gesetzgeber bei der Zusammensetzung des Delegiertenkollegiums besonders ernst genommenen Prinzipien der Verhältniswahl und des Minderheitenschutzes. Er führt aber zu der unbefriedigenden und wohl auch unbedachten Konsequenz, daß die Delegierten und Ersatzdelegierten einer Liste, dh auch eine Minderheit der Delegierten eines Betriebs, durch gemeinsame Amtsniederlegung gemäß § 14 Abs 1 Nr 1 die vorzeitige Beendigung der Tätigkeit sämtlicher Delegierter des Betriebs erzwingen können. 2 4 Eine Nachwahl sieht das Gesetz nicht vor, doch entspricht sie dem Willen des Gesetzgebers, wie sich aus der Fassung des § 1 3 Abs 2 RegE 2 5 ergibt. 26 Mit Fitting/Wlotzke/

21 22 23 24

25 26

Vgl $ 21 Rdn 10. Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 13 Rdn 20; Hanau/Ulmer § 13 Rdn 42. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 13 Rdn 31. Meilicke/Meilicke $13 Rdn 7. Daher wollen Fuchs/Köstler Rdn 3 8 0 den vorzeitigen Rücktritt nur als Nichtbeteiligung an der Wahlhandlung behandeln, was mit dem Gesetzeswortlaut aber kaum vereinbar ist. BTDrucks 7 / 2 1 7 2 , 6 . Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 13 Rdn 33; aA Meilicke/Meilicke aaO.

246

Vorzeitige Beendigung der Amtszeit oder Verhinderung von Delegierten $ 14

Wißmann27 wird man aber erwägen können, die Nachwahl erst durchzuführen, wenn die Nachwahl oder die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer ansteht.28 Das Amt der Delegierten eines Betriebs endet ferner, wenn der 1 4 Betrieb aufgelöst, stillgelegt oder an ein Unternehmen veräußert wird, dessen Arbeitnehmer an der Wahl zum Aufsichtsrat nicht teilnehmen, ferner, wenn zwei Betriebe zusammengelegt werden.29 Auch die Wahlanfechtung kann zur Beendigung der Amtszeit führen.30 V. Streitigkeiten Streitigkeiten über die Amtszeit der Delegierten und über die in 15 $13 genannten Abstimmungen betreffen das Wahl verfahren und gehören daher nach § 2 a Abs 1 Nr 3 ArbGG vor die Arbeitsgerichte, die gemäß $ 80 ArbGG im Beschlußverfahren entscheiden. In dringenden Fällen kommt auch eine einstweilige Verfügung in Betracht.31 Antragsberechtigt sind die betroffenen Delegierten und die nach §S 2 1 , 2 2 Anfechtungsberechtigten, nicht jedoch das Delegiertenkollegium selbst, weil ihm die dazu erforderliche Eigenständigkeit fehlt.32 Ferner können Verstöße gegen S13, zB die Teilnahme von Delegierten, deren Amtszeit vorzeitig beendet wurde, an der Aufsichtsratswahl deren Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit begründen.33

S 14 Vorzeitige Beendigung der Amtszeit oder Verhinderung von Delegierten (1) Die Amtszeit eines Delegierten endet vor dem in $13 bezeichneten Zeitpunkt 1. durch Niederlegung des Amtes, 2. durch Beendigung der Beschäftigung des Delegierten in dem Betrieb, dessen Delegierter er ist, 3. durch Verlust der Wählbarkeit.

27 28

29 30 31 32

33

AaO § 13 R d n 3 1 . $ 1 3 Rdn 90; GemKomm.MitbestG/ Ebenso Hoffmann/Lehmann/Weinmann Matthes S 13 Rdn 37; Hanau/Ulmer % 13 Rdn 56. Einzelheiten bei HanaußJlmer% 13 Rdn 6 2 . S 21 Rdn 10. § 8 5 Abs 2 ArbGG. IIoffmannfLehmann/Weinmanti $ 13 Rdn 106; Matthes aaO § 13 Rdn 4 0 ; Hanau/ Ulmer § 13 Rdn 6 7 . Vgl § 2 2 Rdn 6 ff, 20.

247

5 14 Vorzeitige Beendigung der Amtszeit oder Verhinderung von Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

(2) Endet die Amtszeit eines Delegierten vorzeitig oder ist er verhindert, so tritt an seine Stelle ein Ersatzdelegierter. Die Ersatzdelegierten werden der Reihe nach aus den nicht gewählten Arbeitnehmern derjenigen Wahlvorschläge entnommen, denen die zu ersetzenden Delegierten angehören. Übersicht

Rdn I. Vorbemerkungen II. Beendigung der Amtszeit (Abs 1) 1. Amtsniederlegung . . . 2. Ende der Beschäftigung im Betrieb 3. Verlust der Wählbarkeit.

Rdn III. Eintreten von Ersatzdelegierten (Abs 2) 1. Verhinderung. . . 2. Ersatzdelegierter . IV. Streitigkeiten . . . .

I. Vorbemerkungen 1

$14 regelt im Gegensatz zu § 13, der die Amtszeit sämtlicher Delegierter betrifft, das vorzeitige Ausscheiden und die vorübergehende Verhinderung eines einzelnen Delegierten. Abs 1 nennt drei Gründe für die Beendigung des Amtes. Abs 2 regelt die Nachfolge und im Fall der Verhinderung die Vertretung durch den auf der Wahlliste, welcher der Ausscheidende oder der Verhinderte zugehörte, nächstfolgenden Ersatzdelegierten. Die Vorschrift ist SS 6 Abs 3 Satz 2 und 3 MitbestEG und 24 Abs 1,25 BetrVG nachgeformt und entspricht bis auf redaktionelle Änderungen dem RegE. Sie wurde seit 1976 nicht geändert und enthält wie die Mehrzahl der das Wahlverfahren betreffenden Vorschriften zwingendes Recht. II. Beendigung der Amtszeit (Abs 1)

2

1. Die Amtszeit eines Delegierten endet nach Abs 1 Nr 1 zunächst durch Amtsniederlegung. 1 Diese ist jederzeit möglich, da niemand gezwungen werden kann, ein Amt gegen seinen Willen weiterzuführen. Sie erfolgt durch formlose, aber eindeutige und unbedingte Erklärung gegenüber dem Wahlvorstand und wird mit ihrem Zugang wirksam, wenn sie nicht für einen späteren Zeitpunkt ausgesprochen wird. Die Erklärung gegenüber der Betriebs- oder Unternehmensleitung genügt

1

Vgl dazu Nafze/RdA 1960,256.

248

Vorzeitige Beendigung der Amtszeit oder Verhinderung von Delegierten $ 14 II. Beendigung der Amtszeit (Abs 1)

nicht, 2 doch können diese die Erklärung als Boten weitergeben. 3 Die Erklärung kann nicht zurückgenommen oder widerrufen werden.4 2. Ferner endet das Amt gemäß Abs 1 Nr 2 durch Beendigung der 3 Beschäftigung des Delegierten in dem Betrieb, dessen Delegierter er ist. In Betracht kommen zunächst die Fälle, in denen der Delegierte durch Tod, Fristablauf, Kündigung, Versetzung in den Ruhestand uä endgültig aus dem Arbeitsverhältnis zum Unternehmen ausscheidet. Hat er Kündigungsschutzklage erhoben und stellt das Gericht fest, daß die Kündigung unwirksam war, so ist die Beschäftigung in dem Betrieb nicht beendet, sondern allenfalls unterbrochen. Während des Prozesses ist der Delegierte an der Ausübung des Mandats gehindert, es sei denn, er wird weiter beschäftigt oder die Kündigung ist offensichtlich unwirksam.5 Einen besonderen, über den allgemeinen Wahlschutz gemäß § 2 0 Abs 1 hinausgehenden Kündigungsschutz genießen die Delegierten nicht.6 Da das Amt des Delegierten betriebsbezogen ist, fällt unter Nr 2 weiter die Auflösung oder Stillegung des Betriebs, in dem er gewählt wurde, ebenso sein Ausscheiden aus dem Betrieb, zB durch Versetzung in einen anderen Betrieb des Unternehmens, es sei denn, die Versetzung verstößt gegen § 2 0 Abs 17 Eine kurze Unterbrechung, zB durch Abordnung in einen anderen Betrieb, genügt dagegen nicht. Ebenso ist der Wechsel der Gruppenzugehörigkeit in demselben Betrieb unschädlich. 8 Die Einziehung zum Wehrdienst oder zum zivilen Ersatzdienst führt zum Ruhen und nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses9 und hat daher nicht das Ausscheiden des Betroffenen aus dem Amt, sondern seine vorübergehende Verhinderung (Abs 2) zur Folge. 10 Da beim Ausscheiden aus dem Betrieb auch die Wählbarkeit entfällt, 11 überschneidet sich Nr 2 insoweit mit Nr 3. Wurde ein Arbeitnehmer für die Wahl gemäß § 11 Abs 3 und 4 einem 4 anderen Betrieb des Unternehmens zugeordnet 1 2 und dort zum Delegierten gewählt, so wäre es sinnwidrig, wenn sein Ausscheiden aus

2 3

4 5 6

7 8 9 10 11 12

Meilicke/Meilicke $ 14 Rdn 2. Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 14 Rdn 6; Hanau/Ulmer $ 14 Rdn 8; zum Teil aA GemKomm.MitbestG/Mafrft« $ 14 Rdn 8. Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 14 Rdn 7. Hanau/Ulmer § 14 Rdn 13. Vgl $ 20 Rdn 3 ff; ferner zur vergleichbaren Lage bei den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer $ 26 Rdn 5 ff. Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 14 Rdn 9. Vgl $ 1 1 Abs 5. $ 1 ArbplSchG; $ 78 Abs 1 Nr 1 Zivildienste. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 1 4 Rdn 10. Vgl $ 1 0 Rdn 13. Vgl $ 11 Rdn 13 ff.

249

$ 14 Vorzeitige Beendigung der Amtszeit oder Verhinderung von Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

dem Betrieb, in dem er beschäftigt ist, auch zur Beendigung des Amtes führen würde. Denn die durch Abs 1 Nr 2 geschützte Beziehung zu dem Betrieb, den er als Delegierter vertritt, besteht hier nicht. Daher dauert das Amt entgegen dem Wortlaut der Vorschrift in diesem Fall fort, solange der Delegierte in dem Unternehmen beschäftigt bleibt, auch wenn er in einen anderen Betrieb versetzt wird.13 5 3. Als dritten Beendigungsgrund nennt Abs 1 Nr 3 weiter den Verlust der Wählbarkeit. Neben den schon unter Nr 2 genannten Fällen des Ausscheidens aus dem Unternehmen oder aus dem Betrieb gehören hierher die Veräußerung des Betriebs an ein anderes Unternehmen, im Fall des § 5 an ein außerhalb des Konzerns oder der Konzernmitbestimmung stehendes Unternehmen, 14 die Beförderung zum Mitglied des Vertretungsorgans, 15 die Bestellung eines Betreuers gemäß 5 1896 BGB sowie der richterliche Entzug der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden. 1 6 III. Eintreten von Ersatzdelegierten (Abs 2) 6

1. Endet die Amtszeit eines Delegierten gemäß Abs 1 vorzeitig oder ist er verhindert, so tritt nach Abs 2 ein Ersatzdelegierter an seine Stelle. Eine Verhinderung liegt vor, wenn der Delegierte aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen vorübergehend nicht in der Lage ist, sein Amt auszuüben. Hauptfälle sind Erholungsurlaub, Krankheit, Geschäftsreise oder sonstige dienstliche Abwesenheit, Einberufung zum Wehrdienst oder zivilen Ersatzdienst (vgl Rdn 3) uä. Auch solange ein Kündigungsschutzprozeß zwischen dem Delegierten und dem Unternehmen schwebt, ist er verhindert. 17 Die Kandidatur zum Aufsichtsrat ist kein Hinderungsgrund, wohl aber die Entscheidung über seine Abberufung (hA). Die Entscheidung obliegt dem Wahlvorstand. Im Zusammenhang mit § 25 BetrVG ist umstritten, ob eine zur Vertretung durch einen Ersatzdelegierten berechtigende Verhinderung schon vorliegt, wenn der Delegierte an einer einzelnen Sitzung nicht teilnehmen kann. 18 Für das MitbestG wird man die Frage bejahen

13

14 15 16 17 18

Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann § 14 Rdn 11; zum Teil aA Hoffmann/Lehmann/ Weinmann § 1 4 Rdn 23 f; GemKomm. MitbestG/Martte § 1 4 Rdn 13; Hanau/ Ulmer § 14 Rdn 22: nur bei Versetzung in den Betrieb, in dem der Delegierte wählt. Vgl § 6 1 3 a BGB; Einzelheiten bei Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 14 Rdn 15 ff. $ 3 Abs 1 Satz 2 iVm $ 5 Abs 2 BetrVG. Vgl $ 1 0 Rdn 16. Vgl $ 1 0 Rdn 14. Vgl statt aller BAG BB 1 9 7 9 , 8 8 8 ; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG $ 25 Rdn 16; Richardi/Thüsing BetrVG § 25 Rdn 6.

250

Vorzeitige B e e n d i g u n g der Amtszeit oder Verhinderung von Delegierten S 1 4 IV. Streitigkeiten

müssen, denn die Aufgabe eines Delegierten beschränkt sich im Gegensatz zur Tätigkeit als Betriebsratsmitglied auf nur wenige, im Laufe seiner Amtszeit anfallende Akte, im wesentlichen auf die einmalige Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer. Gerade wenn diese Amtspflichten wahrzunehmen sind, kommt es aber wegen des Gruppenproporzes und Minderheitenschutzes nach 5 11 entscheidend darauf an, daß jede Stimme in der Delegiertenversammlung ausgeübt wird. Im Sinne des MitbestG liegt eine Verhinderung deshalb auch dann vor, wenn ein Delegierter nur im Einzelfall kurzfristig sein Amt nicht ausüben kann (hA). 2. Ersatzdelegierter ist nach Satz 2, wer auf der Wahlliste, zu der 7 der ausgeschiedene Delegierte gehört, diesem an nächster Stelle folgt und bei der Auszählung nicht mehr berücksichtigt werden konnte. Ist dieser Ersatzdelegierte selbst verhindert, kommt der danach folgende in Betracht. Wenn die Liste erschöpft ist und daher aus ihr kein Ersatzdelegierter mehr bestellt werden kann, ist es, anders als nach § 25 Abs 2 BetrVG, gleichwohl nicht möglich, auf eine andere Liste überzugreifen. Vielmehr endet gemäß § 13 Abs 4 die Amtszeit des ganzen in dem Betrieb gewählten Delegiertengremiums, und es ist eine vorzeitige Neuwahl durchzuführen. 19 Im Fall des Ausscheidens eines Delegierten tritt der Ersatzdelegierte 8 kraft Gesetzes ohne weiteres an dessen Stelle. Ist der Delegierte verhindert, nimmt er dessen Amt solange wahr, als die Verhinderung dauert, tritt also solange in alle seine Funktionen ein. Der Delegierte selbst ist nicht berechtigt, Teile seiner Befugnisse selbst auszuüben oder an den Sitzungen der Delegiertenversammlung teilzunehmen. Der Ersatzdelegierte ist nicht Stellvertreter im Sinn des BGB und daher nicht den Weisungen des Delegierten unterworfen. 20 IV. Streitigkeiten Zweifel darüber, ob ein Delegierter ausgeschieden oder ein Ersatz- 9 delegierter nachgerückt ist, beziehen sich auf die Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat und sind daher gemäß §§ 2 a Abs 1 Nr 3 Abs 2, 80 Abs 1 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren zu klären. Der betroffene Ersatzdelegierte ist am Verfahren zu beteiligen. 21 Gegebenenfalls kommt auch die Anfechtung der Aufsichtsratswahl gemäß § 22 in Betracht.

19 20 21

Vgl § 13 Rdn 11. Ebenso Hanau/Ulmer $ 14 Rdn 33. GemKomm.MitbestG/Mflffft«S 14 Rdn 30.

251

5 15 Wahl der u n t e r n e h m e n s a n g e h ö r i g e n Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

$15 Wahl der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer (1) Die Delegierten wählen die Aufsichtsratsmitglieder, die nach § 7 Abs 2 Arbeitnehmer des Unternehmens sein müssen, geheim und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl für die Zeit, die im Gesetz oder in der Satzung (im Gesellschaftsvertrag, im Statut) für die durch das Wahlorgan der Anteilseigner zu wählenden Mitglieder des Aufsichtsrats bestimmt ist. Dem Aufsichtsrat muß ein leitender Angestellter angehören. (2) Die Wahl erfolgt auf Grund von Wahlvorschlägen. Jeder Wahlvorschlag für 1. Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach $3 Abs Nr 1 muß von einem Fünftel oder 100 der wahlberechtigten Arbeitnehmer des Unternehmens unterzeichnet sein; 2. das Aufsichtsratsmitglieder leitenden Angestellten wird auf Grund von Abstimmungsvorschlägen durch Beschluß der wahlberechtigten leitenden Angestellten aufgestellt. Jeder Abstimmungsvorschlag muß von einem Zwanzigstel oder 50 der wahlberechtigten leitenden Angestellten unterzeichnet sein. Der Beschluß wird in geheimer Abstimmung gefaßt. Jeder leitende Angestellte hat so viele Stimmen, wie für den Wahlvorschlag nach Absatz 3 Satz 2 Bewerber zu benennen sind. In den Wahlvorschlag ist die nach Absatz 3 Satz 2 vorgeschriebene Anzahl von Bewerbern in der Reihenfolge der auf sie entfallenden Stimmenzahlen aufzunehmen. (3) Abweichend von Absatz 1 findet Mehrheitswahl statt, soweit nur ein Wahlvorschlag gemacht wird. In diesem Fall muß der Wahlvorschlag doppelt so viele Bewerber enthalten, wie Aufsichtsratsmitglieder auf die Arbeitnehmer nach § 3 Abs 1 Nr 1 und auf die leitenden Angestellten entfallen.

Schrifttum Duden, Zur Mitbestimmung in Konzernverhältnissen nach dem Mitbestimmungsgesetz, ZHR141 (1977), 145; Hanau, Die Verfassungsmäßigkeit der Quoren für Wahlvorschläge im Mitbestimmungsgesetz 1976, FS Friauf 1996, 621; Hoechel, Das Wahlmännermodell im Mitbestimmungsgesetz 1976,1983; Kimpfler, Zur begrenzten Aufnahme der Bewerber in den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten, DB 1986, 1071; Löwisch, Verfassungswidrigkeit der Quoren für die Wahlen nach dem Mitbestimmungsgesetz, FS Zöllner, 1998, 847; Matthes, Die Wahlordnungen zum Mitbestimmungsgesetz 1977; Oetker, Das Recht der Unternehmensmitbestimmung im Spiegel der neueren Rechtsprechung, ZGR 2000, 19; Säcker, Die Wahlordnungen zum Mitbestimmungsgesetz, 1978; Spindler, Sind

252

Wahl der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer S I S I. Vorbemerkungen

die Quoren für Wahlvorschläge im MitbestG verfassungswidrig, AG 1993, 25; Westerath, Wahl und Wahlverfahren nach dem Mitbestimmungsgesetz, BlStSozArbR 1976, 189; Wlotzke, Zusammensetzung und Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, Z G R 1 9 7 7 , 3 5 5 . Übersicht Rdn

Rdn I. Vorbemerkungen 1. Übersicht 2. Entstehungsgeschichte . 3. Zwingendes Recht . . . II. Verteilung der Sitze im Aufsichtsrat (Abs 2) 1. Gruppenproporz . . . . 2. Minderheitenschutz . . 3. Keine weiteren Verteilungsregeln III. Verfahrensgrundsätze (Abs 1,3) 1. Geheime Wahl

1 2 6

7 8

IV.

10

11

V. VI. VII.

2. Gemeinsame Wahl . . . 3. Verhältnis-und Mehrheitswahl 4. Wahlfreiheit und Wahlgleichheit Wahlvorschläge (Abs 2) 1. Vorschläge der regulären Angestellten. . . . 2. Vorwahl der leitenden Angestellten Wahlvorgang Amtsdauer (Abs 1) Streitigkeiten

12 13 17

18 25 29 31 33

I. Vorbemerkungen 1. § 15 regelt die Wahl der unternehmensangehörigen Aufsichts- 1 ratsmitglieder der Arbeitnehmer durch die Delegiertenversammlung. Für die Wahl der Gewerkschaftsvertreter gilt § 16. Beide Vorschriften sind abgesehen vom anderen Wahlkörper aber auch auf die unmittelbare Wahl anzuwenden (§ 18). Abs 1 bindet die Amtsperiode der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer an die Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner. Außerdem schreibt er geheime Wahl und für den Regelfall Verhältniswahl vor. Abweichend hiervon findet nach Abs 3 Mehrheitswahl statt, wenn, sei es für die Vertreter der regulären Arbeitnehmer, sei es für die leitenden Angestellten, nur ein Wahlvorschlag gemacht wurde. Im diesem Fall muß der Wahlvorschlag nach Abs 3 Satz 2 doppelt so viele Namen enthalten als Bewerber zu wählen sind. Schließlich verlangt der durch das ÄnderungsG von 2001 eingefügte Abs 1 Satz 2, daß dem Aufsichtsrat ein leitender Angestellter angehören muß. Die Vorschrift ist an die Stelle der früheren Absätze 2 und 3 getreten, welche den Gruppenproporz und den Minderheitenschutz enthielten, die aber nach dem Wegfall der Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten insoweit überflüssig geworden sind. Da nach dem Prinzip der Verhältniswahl auf die leitenden Angestellten selten ein Sitz entfallen würde, bleibt es zur deren Gunsten bei dem Minderheitsschutz. Der neue Abs 2, der dem 253

S I S Wahl der u n t e r n e h m e n s a n g e h ö r i g e n Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Z.Teil. Aufsichtsrat

bisherigen Abs 4 entspricht, diesen aber wesentlich umgestaltet, enthält unter Nr 1 das Quorum für die Wahlvorschläge der regulären Arbeitnehmer und ordnet unter Nr 2 für die Vorschläge der leitenden Angestellten ein besonderes Verfahren (Vorwahl) an. Die Wahlordnungen enthalten Ausführungsvorschriften über die Wahlvorschläge und deren Prüfung, die Vorwahl der leitenden Angestellten, die Einberufung der Delegiertenversammlung sowie die Einzelheiten des Wahlvorgangs.1 2 2. Die ursprüngliche Konzeption des Wahl verfahrens ging auf den Bericht der Mitbestimmungskommission2 zurück, der bereits eine Gruppenrepräsentation, das Vorschlagsrecht einer Mindestzahl von Gruppenmitgliedern sowie die Alternative zwischen Verhältnis- und Mehrheitswahl erwogen hatte. Allerdings wichen die Einzelheiten sehr erheblich von den Empfehlungen der Kommission ab. § 15 RegE enthielt zwar bereits den Gruppenproporz und den Minderheitenschutz, sah im übrigen aber die gemeinsame Wahl nach dem Mehrheitsprinzip vor und kannte auch die Vorwahl der leitenden Angestellten noch nicht. Er begründete seine Lösung damit, daß alle Aufsichtsratsmitglieder Arbeitnehmer vom Vertrauen der von der Delegiertenversammlung repräsentierten Gesamtbelegschaft getragen sein sollten.3 3 Während der Ausschußberatungen wurde dagegen, wie schon gegen die Konzeption der Delegiertenwahl,4 eingewandt, die Mehrheitswahl bevorzuge die stärkste Gruppe im Unternehmen, namentlich die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer, und sei deshalb undemokratisch.5 Beeindruckt von dieser auch in der Öffentlichkeit vorgetragenen Kritik ging der Ausschuß auf die Verhältniswahl und auf die Trennung zwischen den Gruppen der Arbeiter und Angestellten über. Eine wesentliche Rolle spielte dabei auch, daß auf Wunsch der FDPFraktion der Schutz der leitenden Angestellten verbessert werden sollte. Die gesetzliche Regelung, welche dieser Gruppe das Vorschlagsrecht für regelmäßig einen Sitz im Aufsichtsrat gewährte und dafür sorgte, daß die Wahlvorschläge von der Mehrheit der leitenden Angestellten im Unternehmen getragen werden, die Wahl jedoch den Delegierten sämtlicher Angestellten überließ, bewirkte eine doppelte

1 2 3 4 5

2 3 - 3 6 , 6 8 - 8 1 1. WO, 2 5 - 3 8 , 7 4 - 8 7 2. und 3. WO. BTDrucks VI/334, V, 9 7 , 1 1 1 ff. BTDrucks 7 / 2 1 7 2 , 2 4 . Vgl $ 10 Rdn 2. Vgl Hesse, Kern, Paulsen, Schleyer und Rodenstock auf dem vom Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung veranstalteten Hearing am 7 . 1 1 . 1 9 7 4 , Prot Nr 55, 3 2 ff.

254

Wahl der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer $ IS I. Vorbemerkungen

Legitimation dieser Aufsichtsratsmitglieder sowohl von Seiten aller Angestellten wie von der Untergruppe der leitenden Angestellten.6 Sowohl während der Ausschußberatungen 7 als auch im Bundestags- 4 plenum 8 versuchte die Fraktion der CDU/CSU, den Minderheitenschutz weiter zu verstärken, indem sie verlangte, das Quorum für die Wahlvorschläge auf ein Zwanzigstel oder 50 der Gruppenmitglieder herabzusetzen. Sie konnte sich gegenüber dem Einwand der Regierungsfraktionen, dies führe zu einer unerwünschten Stimmenzersplitterung, aber nicht durchsetzen. 9 Aus den gleichen Gründen wurden Anträge der CDU/CSU-Fraktion abgelehnt, die Absicherung der von den leitenden Angestellten vorgeschlagenen Kandidaten in ihrer Untergruppe dadurch weiter zu verstärken, daß der Wahlvorschlag auch bei der zweiten Abstimmung der absoluten Mehrheit bedarf. Die im Anschluß an die Rechtsprechung des BVerfG zum Personalvertretungsrecht 10 aufgekommenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe des gesetzlichen Quorums 11 hat das BAG12 mit Recht zurückgewiesen. Ein auf ein Zwanzigstel oder 50 der Gruppenmitglieder herabgesetztes Quorum würde angesichts der wenigen zu besetzenden Aufsichtsratsmandate einer so kleinen Minderheit keine realistische Chance bieten, einen eigenen Kandidaten durchzubringen. 13 Das ÄnderungsG 2001 ersetzte die Differenzierung zwischen Arbeitern 5 und Angestellten und die getrennte Wahl beider Gruppen durch die gemeinsame Wahl. Entsprechend konnten auch die dazu gehörenden Minderheitsrechte entfallen. Festgehalten hat das Gesetz dagegen an der Sonderrepräsentation der leitenden Angestellten durch (mindestens) ein Aufsichtsratsmitglied. Im VereinfachungsG von 2002 wurde dann weiter das Verfahren zur Errichtung des Wahlvorschlags der leitenden Angestellten vereinfacht. Anstelle des bisher vorgesehenen zweistufigen Abstimmungsverfahrens ist nur noch eine Abstimmung vorgesehen, in der jeder leitende Angestellte so viele Stimmen hat, wie für den Wahlvorschlag nach Abs 3 Satz 2 Bewerber zu benennen sind, also gemäß Abs 1 Satz 2, Abs 2 Nr 2 in der Regel zwei. In den Wahlvorschlag

6 7 8 9 10 11 12

13

Vgl A u s s c h u ß b e r i c h t B T D r u c k s 7 / 4 8 4 5 , 6 . Vgl A u s s c h u ß b e r i c h t aaO 7. B T D r u c k s 7 / 4 8 8 7 , 2 f. A u s s c h u ß b e r i c h t aaO; BTProt der 3 2 . S i t z u n g v o m 18. M ä r z 1 9 7 6 , 1 6 0 2 6 ff. BVerfGE 6 0 , 1 6 2 ; 6 7 , 3 6 9 . Spindler AG 1 9 9 3 , 2 5 ; Löwisch FS Z ö l l n e r 8 4 7 , 8 5 9 f f . BAG AP N r 1 z u $ 1 2 M i t b e s t G s o w i e d i e Vorinstanz LAG Berlin B e s c h l u ß v o m 1 . 1 1 . 1 9 9 6 (Az 2 TaBV 2/96). Hanau FS Friauf 6 3 4 ff; Oetker ZGR 2 0 0 0 , 1 9 , 4 3 f; vgl a u c h s c h o n % 1 2 R d n 2 z u r Parallelfrage d e s Q u o r u m s bei d e n W a h l v o r s c h l ä g e n f ü r die D e l e g i e r t e n wahlen.

255

S IS Wahl der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

aufgenommen werden die - regelmäßig zwei - Bewerber, welche in dieser Abstimmung die meisten Stimmen erhalten haben.14 6 3. Die Vorschriften des 515 sind zwingendes Recht und können daher weder durch unternehmensinterne Regelungen noch durch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen modifiziert werden. II. Verteilung der Sitze im Aufsichtsrat (Abs 2) 7

1. Gemäß §7 Abs 2 entfallen auf die dem Unternehmen angehörenden Arbeitnehmervertreter je nach Größe des Aufsichtsrats vier, sechs oder sieben Sitze. § 15 Abs 1 regelt die Verteilung dieser Sitze auf die Gruppen der regulären Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten, und zwar nach einem doppelten Schlüssel. Grundsätzlich gilt Verhältniswahl, das heißt der Gruppenproporz: jede Gruppe hat Anrecht auf so viele Sitze wie ihrem Anteil an der gesamten Belegschaft des Unternehmens entspricht. Es kommt auf den Anteil sämtlicher, nicht nur der wahlberechtigten Arbeitnehmer an. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Bekanntmachung über die Einreichung der Wahlvorschläge gemäß SS 24 Abs 1, 28 Abs 1 1. WO, 26 Abs 1, 30 Abs 1 2. und 3. WO.15 In den Fällen der SS 4 und 5 sind die Arbeitnehmer der KG bzw der Konzernunternehmen mitzurechnen. Der Anteil ist nach dem d'Hondt'schen Verfahren zu ermitteln. 16 8 2. Der Berechnungsmodus nach dem Gruppenproporz wird nun aber gemäß Abs 1 Satz 2 durch einen besonderen Minderheitenschutz modifiziert, wonach den leitenden Angestellten mindestens ein Sitz zukommen muß. Die Vorschrift wirkt sich aus, wenn, wie fast immer, nach dem Anteil der leitenden Angestellten an der Gesamtbelegschaft kein Sitz auf sie entfallen würde. Da der Minderheitsschutz, anders als bei der Bestellung der Delegierten gemäß S U Abs 2 Satz 3, nicht zu einer Vermehrung der Aufsichtsratssitze führt, vermindern sich die auf die regulären Arbeitnehmer entfallenden Sitze um einen. Auf sie entfallen daher je nach Unternehmensgröße, gemessen nach S 7 Abs 1 an der Gesamtzahl der Arbeitnehmer, drei, fünf oder sechs Sitze. 9 Die jeder Gruppe zustehenden Aufsichtsratssitze können nach bisher herrschender Meinung 17 nur mit Mitgliedern der betreffenden Gruppe besetzt werden. Für den Sitz der leitenden Angestellten gilt dies, wie

14 15 16 17

Vgl Begr z u m R e g E B T D r u c k s 1 0 6 9 / 0 1 , l O f , 16. Fitting/WlotzkefWißmann $ 15 R d n 6. S$ 2 2 1. WO, 2 5 2. u n d 3. WO; E i n z e l h e i t e n bei $ 10 R d n 1 2 f . Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 15 R d n 8, Hanau/Ulmer $ 13 R d n 36; Voraufl R d n 9.

256

Wahl der u n t e r n e h m e n s a n g e h ö r i g e n Aufsichtsratsmitglieder der A r b e i t n e h m e r $ 15 II. Verteilung der Sitze im Aufsichtsrat (Abs 2)

sich aus Abs 1 Satz 2 ergibt, auch nach der Gesetzesänderung. Dagegen geht aus dem Gesetzeswortlaut nicht hervor, daß es ausgeschlossen sein soll, auch auf einen den regulären Arbeitnehmern zustehenden Sitz einen leitenden Angestellten zu wählen, der dann zu dem (offiziellen) Vertreter der leitenden Angestellten hinzukommt. Dafür kann ein legitimes Interesse sprechen, wenn sich unter den leitenden Angestellten eine geeignete Person findet, welche das Vertrauen der Belegschaft genießt. Die Vorschrift über die Wahlvorschläge nach Abs 2 schließt die Benennung nicht aus, und es sind keine übergeordneten mitbestimmungsrechtlichen Gesichtspunkte erkennbar, welche dagegen sprechen, wenn ein entsprechender Wahlvorschlag gemacht wird und die notwendige Zahl der Stimmen erhält. Auch wenn eine Gruppe einen ihr zustehenden Sitz nicht besetzt, fällt dieser der anderen Gruppe zu (vgl Rdn 25). Für Bewerber auf den nach Abs 1 Satz 2 den leitenden Angestellten zustehenden Aufsichtsratssitz handelt es sich dagegen um eine zusätzliche Voraussetzung der Wählbarkeit, 18 deren Einhaltung grundsätzlich durch das Vorverfahren nach Abs 2 Nr 2 gesichert wird. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Beginn der Amtszeit. Doch wird der Wahlvorstand einen Bewerber kaum zur Wahl zulassen können, wenn nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, zB durch die feste Zusage einer Beförderung, feststeht, daß er beim Amtsantritt zu den leitenden Angestellten gehören wird, für die er kandidiert. 19 Dasselbe gilt, wenn man entgegen der hier vertretenen Ansicht davon ausgeht, daß auch die regulären Arbeitnehmer nur von solchen im Aufsichtsrat vertreten werden können. Wird ein Aufsichtsratssitz mit einem Mitglied der falschen Gruppe besetzt, ist die Wahl anfechtbar. 20 Ein nachträglicher Wechsel der Gruppe berührt das Mandat dagegen nicht (§ 24 Abs 2). 3. Eine weitere Aufteilung der Aufsichtsratssitze der Arbeitnehmer 1 0 sieht das MitbestG nicht vor. Namentlich kennt es keine 5 76 Abs 2 Satz 4 BetrVG 1952 entsprechende Vorschrift, wonach mindestens ein Arbeitnehmervertreter eine Frau sein soll, wenn das Unternehmen mehr als zur Hälfte Frauen beschäftigt. Auch der von der Rechtsprechung 21 entwickelte, im Urteil des BAG vom 2 4 . 1 1 . 1 9 8 1 2 2 aber wieder aufgegebene Grundsatz, daß in Konzernmüttern der erste Sitz einem Arbeitnehmer des herrschenden, der zweite einem Arbeitnehmer eines

18 19

20 21 22

Vgl § 7 Rdn 14. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 15 Rdn 13; aA nur Lux, Mitbestimmungsgesetz 105: Zeitpunkt der Wahl. Vgl § 2 2 Rdn 8. BAG AP Nr 2 , 3 , 1 0 , 1 3 , 1 5 , 2 2 , 2 3 zu % 76 BetrVG 1952. BB 1982, 245.

257

$ 1 5 Wahl der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

abhängigen Unternehmens zusteht, gilt für das MitbestG nicht. 23 Der Gesetzgeber hat ihn trotz Kenntnis der Rechtslage nicht in das Gesetz übernommen. Auch systematisch paßt er nicht in den Zusammenhang des Gesetzes, da nach § 5 die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen nicht nur bei dem herrschenden Unternehmen mitwählen, sondern als dessen Arbeitnehmer gelten, das Gesetz den Konzern also insoweit als eine Einheit versteht. Aus denselben Gründen haben auch die Arbeitnehmer der KG in den Fällen des § 4 kein rechtlich gesichertes Anrecht, im Aufsichtsrat der Komplementärgesellschaft vertreten zu sein. 24

III. Verfahrensgrundsätze (Abs 1,3) 11

1. Nach Abs 1 wählt die Delegiertenversammlung die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in geheimer Wahl. Die dazu erforderlichen Vorkehrungen sind bei § 10 Rdn 11 dargestellt. Sie sind zum Teil durch die Vorschriften der Wahlordnungen gesichert. 25 12 2. Im Gegensatz zum bis 2002 geltenden Recht findet kraft Gesetzes immer gemeinsame Wahl statt. Alle unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer werden daher von allen Delegierten im gleichen Wahlgang gewählt. Auch die Vertreter der Gewerkschaften im Aufsichtsrat werden nach § 16 Abs 1 stets in gemeinsamer Wahl gewählt. 13 3. Die Wahl ist gemäß Abs 1 als Verhältniswahl durchzuführen. Danach sind die für die Wahl vorgeschlagenen Bewerber in Listen zusammenzufassen. 26 Die Delegierten sind an diese Liste gebunden und können weder die Reihenfolge ändern noch einzelne Namen hinzufügen oder herausstreichen. 27 Hat ein Delegierter mehrere Stimmen, 28 so erhält er ebenso viele Stimmzettel und gibt die Stimmen getrennt ab. 29 Das Wahlergebnis wird nach dem d'Hondt'schen Höchstzahlverfahren ermittelt. 30 Entfällt die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl zugleich auf mehrere Vorschlagslisten, so entscheidet das Los. Enthält ein Wahlvorschlag weniger Bewerber als Höchstzahlen auf ihn entfallen, so gehen die überzähligen Sitze auf die folgenden Höchstzahlen

23

24 25 26 27 28 29 30

HA; vgl Fttting/WlotzkefWißmann § 7 Rdn 34ff; Hanau/Ulmer § 1 5 Rdn 35; Wlotzke Z G R 1 9 7 7 , 374; Duden ZHR 141 (1977), 151. Zum ganzen vgl auch Wlotzke ZGR 1 9 7 7 , 3 7 3 ff; Duden aaO 151 f. §§ 7 2 Abs 3 iVm 16 1. WO, 78 Abs 3 iVm 17 2. und 3. WO. 5$ 25 Abs 5 1. WO, 2 7 Abs 5 2. und 3. WO. 7 2 Abs 2 und 3 1. WO, 78 Abs 2 und 3 2 und 3. WO. § 11 Abs 1 Satz 2. §§ 7 2 Abs 1 Satz 3 1. WO, 78 Abs 1 Satz 3 2. und 3. WO. §§ 7 4 1. WO, 80 2. und 3. WO; vgl $ 10 Rdn 12 ff.

258

Wahl der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer $ 15 III. Verfahrensgrundsätze (Abs 1,3)

der anderen Wahlvorschläge desselben Wahlgangs, das heißt derselben Gruppe über. 31 Beispiel: In einem Unternehmen wurden in der Gruppe der regulären 14 Arbeitnehmer 20 Delegierte mit je 4 Stimmen, 10 Delegierte mit je 2 Stimmen und 40 Delegierte mit je 1 Stimme gewählt. Insgesamt haben die Delegierten 140 Stimmen. Auf die regulären Arbeitnehmer entfallen 5 Aufsichtsratssitze. Es wurden drei Vorschlagslisten A, B und C eingereicht. Bei der Auszählung entfallen von den insgesamt 140 Stimmen auf Liste A 80 Stimmen, auf Liste B 20 Stimmen und auf Liste C 40 Stimmen. Die Berechnung sieht wie folgt aus: A 80:1 80:2 80:3 80:4

= 80 = 40 = 26 2/s = 20

B

C

2 0 : 1 = 20 20:2=10

40:1=40 4 0 : 2 = 20

Gewählt sind die drei ersten auf Liste A und der erste auf Liste C genannten Bewerber. Zwischen dem vierten Bewerber auf Liste A, dem ersten Bewerber auf Liste B und dem zweiten Bewerber auf Liste C m u ß das Los geworfen werden. Anstelle der Verhältniswahl findet gemäß Abs 3 Mehrheitswahl 15 (Personenwahl) statt, wenn n u r ein Wahlvorschlag eingereicht wurde. Das ist nach Abs 2 Nr 2 bei den leitenden Angestellten immer der Fall, wenn sie nur einen Aufsichtsratssitz zu besetzen haben. In diesem Fall wäre eine Verhältniswahl nicht mehr sinnvoll, weil eine Verteilung der Sitze zwischen mehreren Listen nicht in Betracht kommt, wenn nur ein Sitz zu besetzen ist und sich das Interesse daher mit Notwendigkeit auf die Person des zu Wählenden konzentriert. Ist in der Gruppe der regulären Arbeitnehmer nur eine Liste eingereicht worden, ermöglicht nur der Übergang zum Mehrheitsprinzip überhaupt eine Wahl, da bei einem Festhalten an der Liste für die Delegierten keine Alternative mehr bestehen würde. Um sicherzustellen, daß die Auswahlmöglichkeit nicht durch die Gestaltung der Liste beseitigt werden kann, schreibt Abs 3 Satz 2 zwingend vor, daß die Liste in diesem Fall doppelt so viele Namen aufweisen m u ß als Sitze der Gruppe zu besetzen sind. Ist der Vorschrift nicht genügt, hat der Wahlvorstand die Liste als ungültig zurückzuweisen. 32 Eine gleichwohl durchgeführte Wahl ist anfechtbar. Dagegen kann die Liste auch

31 32

SS 74 Abs 2 1 . WO, 80 Abs 2 2. und 3. WO. SS 33 Abs 1 Nr 3 1. WO, 35 1 Nr 3 2. und 3. WO.

259

$ 1 5 Wahl der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

mehr Namen enthalten. Nur der in der Vorwahl zustande gekommene Wahlvorschlag der leitenden Angestellten muß stets zwei Namen aufweisen.33 Die Mehrheitswahl findet nur in der Gruppe statt, für die nur ein Wahlvorschlag gemacht wurde. 16 Bei der Mehrheitswahl haben die Wähler unter den vorgeschlagenen Bewerbern zu wählen, ohne an die Reihenfolge der in dem Vorschlag aufgeführten Personen gebunden zu sein. Alle Kandidaten sind auf den Stimmzetteln aufzuführen, und zwar bei den regulären Arbeitnehmern in der Reihenfolge des Wahlvorschlags, bei den leitenden Angestellten gemäß Abs 2 Nr 2 Satz 5 in der Reihenfolge der für sie in der Vorwahl abgegebenen Stimmen. 34 Jedem Delegierten stehen, vorbehaltlich der Mehrfachstimmrechte nach § 11 Abs 1 Satz 2, so viele Stimmen zu, wie Sitze zu vergeben sind, das heißt zur Wahl des Vertreters der leitenden Angestellten eine, zur Wahl der sonstigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer je nach Unternehmensgröße mehrere. 35 Diese müssen auf verschiedene Personen verteilt werden. Gewählt ist, wer die meisten Stimmen auf sich vereinigt. Bei mehreren Sitzen bestimmt sich die Reihenfolge nach der auf die Kandidaten entfallenden Zahl der Stimmen. Absolute Mehrheit ist nicht erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.36 17

4. Das Gesetz erwähnt die weiteren Grundsätze der Wahlfreiheit, der Allgemeinheit der Wahl und der Wahlgleichheit nicht. Doch ergibt sich die Wahlfreiheit aus § 20 Abs 1 und 2, wonach auch die Delegierten bei der Ausübung ihres Stimmrechts nicht behindert, beschränkt oder sonst beeinflußt werden dürfen. 37 Die Allgemeinheit der Wahl, das heißt das unentziehbare Recht aller Delegierten, an der Wahl teilzunehmen, folgt aus dem Zusammenhang des Gesetzes. Dasselbe gilt für die Wahlgleichheit, die allerdings durch das Reduzierungsverfahren nach § 11 Abs 1 Satz 2 modifiziert ist, das einem Delegierten bis zu sieben Stimmen gewährt. Doch ist gerade auch diese Häufung der Stimmen Ausdruck des Gleichheitsprinzips, da die durch sie bevorzugten Delegierten eine entsprechend höhere Anzahl von Arbeitnehmern vertreten.

33

34 35 36 37

So zum alten Recht Fitting/Wlotzke/Wißmann % 15 Rdn 17ff; GemKomm.MitbestG/Westerath § 15 Rdn 64, 71; Säcker, Wahlordnungen Rdn 2 2 2 f ; Hanau/ Ulmer § 15 Rdn 68, 86. Zum neuen Recht folgt es aus Abs 2 Nr 2 Satz 4 iVm Abs 3. § § 7 5 Abs 2 , 7 8 Abs 2 1. WO, 81 Abs 2 , 8 4 Abs 2 2. und 3. WO. §§ 75 Abs 3 , 7 8 Abs 3 1. WO, 81 Abs 3 , 8 4 Abs 3 2. und 3. WO. §§ 7 7 1 . WO, 83 2. und 3. WO. Vgl $ 2 0 Rdn 2.

260

Wahl der u n t e r n e h m e n s a n g e h ö r i g e n Aufsichtsratsmitglieder der A r b e i t n e h m e r $ I S IV. Wahlvorschläge (Abs 2)

IV. Wahlvorschläge (Abs 2) 1. Die Wahl vorschlage für die dem Unternehmen angehörenden 18 Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer sind nach Abs 2 an die Gruppen der regulären Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten gebunden. Wahlvorschläge für die den regulären Arbeitnehmern zustehenden Aufsichtsratssitze können nur die wahlberechtigten 38 regulären Arbeitnehmer des Unternehmens, Abstimmungsvorschläge für die leitenden Angestellten nur die wahlberechtigten Mitglieder dieser Gruppe machen. Die Kandidatur zum Aufsichtsrat schließt das Vorschlagsrecht des Kandidaten nicht aus. Andere Personen sind ausgeschlossen, desgleichen die Unternehmensorgane, Betriebsräte und Gewerkschaften. Auch dem Wahlvorstand und der Delegiertenversammlung steht kein Vorschlagsrecht zu, doch können deren Mitglieder sich in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer an Wahlvorschlägen beteiligen. 39 Dagegen ist das Vorschlagsrecht hier im Gegensatz zu 5 12 nicht an die Zugehörigkeit zu einem Betrieb gebunden, vielmehr können sich Arbeitnehmer einer Gruppe zusammentun, die verschiedenen Betrieben des Unternehmens bzw in den Fällen der §§4, 5 verschiedenen beteiligten Unternehmen angehören. Ein wirksamer Wahlvorschlag setzt bei den regulären Arbeitnehmern die Unterschrift von einem Fünftel oder mindestens Hundert der wahlberechtigten Gruppenangehörigen voraus (Abs 2 Nr 1). Bei den leitenden Angestellten kommt er in der besonders geregelten Vorwahl nach Abs 2 Nr 2 zustande.40 Die danach notwendige Zahl von Unterschriften wird vom obersten Wahlvorstand errechnet und in der Bekanntmachung über Wahlvorschläge angegeben.41 Ergeben sich bei der Berechnung des Quorums Bruchzahlen, muß die nächst höhere volle Zahl von Unterschriften erreicht sein. Die Zahl der auf einem Wahlvorschlag aufzuführenden Bewerber ist 1 9 grundsätzlich weder nach unten noch nach oben begrenzt. Enthält ein Vorschlag weniger Namen als Mandate auf die Liste entfallen, kann der Wahlerfolg nicht ausgeschöpft werden, das zusätzliche Mandat fällt der Liste mit der nächsten Höchstzahl zu. 42 Nur in den beiden Fällen, in denen nach Abs 2 Nr 2 Satz 5 und Abs 3 Mehrheitswahl stattfindet, das heißt wenn die leitenden Angestellten nur einen Sitz

38 39

40 41 42

Vgl§ lORdn 11 f. Allgemeine Ansicht; vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 15 Rdn 23; Hanau/Ulmer $ 15 Rdn 4 7 f; aA betr Mitglieder des Wahlvorstandes Säcker, Wahlordnungen Rdn 35. Vgl Rdn 25 ff. $ $ 2 4 1 . WO, 26 2. und 3. WO. Vgl Rdn 14.

261

5 1 5 Wahl der u n t e m e h m e n s a n g e h ö r i g e n Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

zu besetzen haben oder wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wurde, muß der Vorschlag mindestens doppelt so viele Bewerber aufführen als Mandate zu vergeben sind. 43 20 Vorgeschlagen werden kann nur, wer wählbar ist.44 Auch Delegierte können kandidieren. 45 Dagegen brauchen die Vorgeschlagenen, im Gegensatz zur Wahl der Delegierten 46 nicht demselben Betrieb des Unternehmens angehören. Die Vorschläge sind nur gültig, wenn ihnen die schriftliche Z u s t i m m u n g der Bewerber zur Aufnahme in den Wahlvorschlag und ihre schriftliche Versicherung beigefügt sind, daß sie im Fall ihrer Wahl das Mandat annehmen werden. 47 Jeder Bewerber kann nur auf einer Liste vorgeschlagen werden. Ist sein Name mit seiner Zustimmung auf mehreren Listen genannt, so hat er nach Aufforderung des Wahlvorstands in Unternehmen mit einem Betrieb vor Ablauf von drei Arbeitstagen, in den anderen Fällen binnen einer Woche zu erklären, welche Bewerbung er aufrechterhält. Andernfalls ist sein Name von sämtlichen Wahlvorschlägen zu streichen. 48 21 Die Wahlvorschläge sind schriftlich, das heißt mit der erforderlichen Anzahl von Unterschriften, beim Betriebswahlvorstand, in Unternehmen mit mehreren Betrieben beim Unternehmenswahlvorstand, in Konzernen beim Hauptwahlvorstand einzureichen. 49 Die Bewerber sind in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung aufzuführen. Der Vorschlag kann mit einem Kennwort, zum Beispiel dem Namen der hinter ihm stehenden Gewerkschaft, versehen werden. Für jeden Vorschlag soll einer der Unterzeichneten als Vorschlagsvertreter bezeichnet werden, der berechtigt und verpflichtet ist, dem Wahlvorstand die zur Beseitigung von Beanstandungen erforderlichen Erklärungen abzugeben sowie Erklärungen und Entscheidungen des Wahlvorstands entgegenzunehmen. Ist niemand als Vorschlagsvertreter benannt, so wird der an erster Stelle Unterzeichnete als solcher angesehen. 50 Jeder Wahlberechtigte darf nur einen Wahlvorschlag unterzeichnen. Hat er mehrere Vorschläge unterschrieben, wird nach §§ 25 Abs 7 1. WO, 27 Abs 7 2. und 3. WO ermittelt, welche Unterschrift gilt. In jedem Wahlvorschlag kann

43

Vgl Rdn 15. § 7 Abs 3; vgl $$ 7 Rdn 8 ff, 15 Rdn 9. 45 Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann § 15 Rdn 20. 46 Vgl $ 1 0 Abs 3. 47 §§ 25 Abs 5 , 3 3 Abs 2 Nr 2 1. WO, 2 7 A b s 5 , 3 5 Abs 2 Nr 2 2. u n d 3. WO. 48 §§ 25 Abs 8 1. WO, 27 Abs 8 2. u n d 3. WO. 49 §S 25 Abs 2 1. WO, 2 7 Abs 2 2. u n d 3. WO; zur äußeren Gestaltung vgl LAG Frankfurt N Z A 1 9 8 7 , 5 7 2 . 50 SS 25 Abs 6 1. WO, 2 7 Abs 6 2. u n d 3. WO. 44

262

Wahl der u n t e m e h m e n s a n g e h ö r i g e n Aufsichtsratstnitglieder der Arbeitnehmer $ I S IV. Wahlvorschläge (Abs 2)

zusammen mit jedem Bewerber ein Ersatzmitglied vorgeschlagen werden.51 Zur Frage der Stellvertretung vgl § 12 Rdn 4. Die Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge beträgt seit der 22 Neuregelung im Jahr 2002 in allen Fällen sechs Wochen, berechnet von der Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen.52 Bei Unternehmen mit Seebetrieben verlängert sie sich auf 11 bzw 13 Wochen.53 Am letzten Tag kann der Fristablauf nicht früher als der Dienstschluß des überwiegenden Teils der Belegschaft festgesetzt werden.54 Die eingegangenen Wahlvorschläge sind vom zuständigen Wahlvorstand zu prüfen. 55 Wahlvorschläge, die nicht fristgerecht eingereicht wurden, in denen die Bewerber nicht in erkennbarer Reihenfolge aufgeführt sind, die nicht die erforderliche Mindestzahl von Antragstellern und, in den Fällen der 15 Abs 3, 16 Abs 2 Satz 3, Bewerbern aufweisen, sind ungültig (unheilbare Mängel).56 Die Aufzählung ist nicht abschließend. Ungültig ist ein Wahlvorschlag vielmehr auch dann, wenn er ohne Einverständnis der Unterzeichner verändert wurde57 oder wenn kein genannter Kandidat wählbar ist.58 Liegt einer der in $§ 33 Abs 2 1. WO, 35 Abs 2 2. und 3. WO genannten Mängel vor, so ist der Wahlvorschlag ungültig, sofern der zuständige Wahlvorstand ihn beanstandet hat und der Mangel nicht innerhalb von drei Arbeitstagen seit der Beanstandung beseitigt wird (heilbare Mängel). Nicht wählbare Kandidaten werden gestrichen, ohne daß dies die Gültigkeit des Wahlvorschlags berührt. Dasselbe gilt, wenn ein Kandidat nachträglich die Wählbarkeit verliert, sofern genügend andere Bewerber übrig bleiben.59 Die eingegangenen Wahlvorschläge sind vom Wahlvorstand nach Maßgabe der §$35 1. WO, 37 2. und 3. WO bekanntzumachen. Ist nach Fristablauf kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so hat 23 der zuständige Wahlvorstand eine Nachfrist von einer Woche zu setzen. Wird auch dann kein Wahlvorschlag eingereicht, findet der Wahlgang nicht statt.60 Statt dessen ist zu versuchen, den vakanten Aufsichtsratssitz durch gerichtliche Ersatzbestellung gemäß §§ 104

51 52 53 54 55 56 57 58

59 60

Vgl $ 1 7 Rdn 2f. $$ 25 Abs 2 1. WO, 2 7 Abs 2 2. und 3. WO. §$ 100 Abs 2 2. und 3. WO. LAG Frankfurt N Z A 1 9 9 2 , 7 8 ; vgl auch BAG AP Nr 11 zu § 18 BetrVG 1952. $ $ 3 2 1. WO, 3 4 2. und 3. WO. $$ 3 3 Abs 1 1. WO, 35 Abs 1 2. und 3. WO. Vgl BAG AP Nr 1 zu $ 14 BetrVG 1972. Einzelheiten bei Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 1 5 Rdn 47ff; Hanau/Ulmer $ 1 2 Rdn 57. Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 15 Rdn 52; Hanau/Ulmer $ 15 Rdn 77. $ $ 3 4 1 . WO, 36 2. und 3. WO.

263

$ IS Wahl der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

24 25

26

27

AktG iVm 6 Abs 2 61 mit einem Vertreter der betreffenden Gruppe zu besetzen. 62 Nur wenn auch dies nicht gelingt, zB weil sich kein Mitglied der Gruppe bereit findet, das Amt zu übernehmen, kann daran gedacht werden, den vakanten Sitz nunmehr der anderen Gruppen zuzuweisen. Die Zulässigkeit einer solchen Lösung kann allerdings zweifelhaft sein. Sie hängt davon ab, ob man in einem derartigen Fall der Zuweisung der Aufsichtsratssitze an die Gruppen oder dem Bedürfnis nach möglichst vollständiger Besetzung des Aufsichtsrats den Vorrang einräumt. Angesichts des Paritätsprinzips und des damit verbundenen Interesses der Arbeitnehmer, nicht durch den Boykott einer Gruppe daran gehindert zu werden, die Parität zu erreichen, wird man letzteres anzunehmen haben. Die Änderung oder Rücknahme eines Wahlvorschlags ist nur bis zur Einreichung möglich. Bis zu diesem Zeitpunkt kann auch jeder einzelne Unterzeichner seine Unterschrift zurückziehen. 63 2. Eine Sonderregelung gilt gemäß Abs 2 Nr 2 für die Wahlvorschläge der leitenden Angestellten. Hier genügt es nicht, daß eine bestimmte Mindestanzahl einen Wahlvorschlag schriftlich einreicht. Vielmehr muß in einer Vorwahl über jeden Vorschlag von sämtlichen leitenden Angestellten abgestimmt werden. Die Vorschrift, die durch das VereinfachungsG von 2002 wesentlich umgestaltet wurde, verfolgt die Absicht, den Aufsichtsratsmitgliedern der leitenden Angestellten, die gemäß Abs 1 in der Delegiertenversammlung von allen Delegierten gewählt werden, eine Legitimation auch von seiten der Mehrheit der leitenden Angestellten zu gewähren. Nach der Neufassung führt die Vorwahl, wenn die leitenden Angestellten nur einen Sitz im Aufsichtsrat zu besetzen haben, stets zu nur einem aus zwei Namen bestehenden Wahlvorschlag. Das Verfahren wird vom obersten Wahlvorstand durchgeführt. Es dauert länger als die Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge.64 Es beginnt mit der Aufforderung des Wahlvorstands, Abstimmungsvorschläge einzureichen, die gleichzeitig mit der Bekanntmachung zur Abstimmung über die Art der Wahl ergeht. 65 Sodann sind, wie bei den regulären Arbeitnehmern, Vorschläge einzureichen, die aber, anders als bei diesen, gemäß Abs 2 Nr 2 Satz 2 nur von einem Zwanzigstel oder 50 der wahlberechtigten leitenden

61 62 63 64

65

Vgl § 6 Rdn 42. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 15 Rdn 54. Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 1 2 Rdn 38 ff; Hanau/Ulmer § 12 Rdn 64 ff. $ 30 Abs 1 1. WO: 7 Wochen; $ 32 Abs 1 2. WO: 8 Wochen; § 32 Abs 1 3.WO: 9 Wochen. §§ 28 Abs 11. WO, 30 Abs 1 2. und 3. WO.

264

Wahl der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer S I S V. Wahlvorgang

Angestellten unterzeichnet sein müssen. 66 Vorschlagsberechtigt ist auch, wer nach § 6 Abs 2 iVm §§ 100,105 AktG nicht wählbar ist. 67 Wer in mehreren Betrieben oder Unternehmen zugleich leitender Angestellter ist, hat nur eine Stimme. 68 Vorgeschlagen werden können nur leitende Angestellte, die nicht nach § 6 Abs 2 iVm §§ 100, 105 AktG ausgeschlossen sind. 69 Ob Mehrfachunterzeichnungen und Mehrfachkandidaten auf verschiedenen Listen zulässig sind, ist streitig. 70 Da Mehrheitswahl stattfindet, steht jedoch kein zwingender Gesichtspunkt entgegen. Die Vorschläge können beliebig viele Bewerber nennen. 71 Über die eingereichten Vorschläge findet sodann eine Abstimmung 2 8 statt. Sie muß geheim sein. 72 . Zu Urnenwahl, Briefwahl und dem Einsatz von Wahlgeräten gelten die gleichen Vorschriften wie sonst. 73 Es gilt das Mehrheitsprinzip, doch ist nicht mehr die absolute Mehrheit erforderlich, vielmehr werden die beiden Kandidaten gewählt, welche die meisten Stimmen auf sich vereinigen (Abs 2 Nr 2 Satz 5). Jeder wahlberechtigte leitende Angestellte hat so viele Stimmen, wie Bewerber zu benennen sind (Abs 2 Nr 2 Satz 4), das heißt im Regelfall zwei. Diese sind auf verschiedene Personen aufzuteilen. V. Wahlvorgang In ihren einzelnen Schritten ist die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder 2 9 der Arbeitnehmer in den Wahlordnungen geregelt. Sie findet in einer Delegiertenversammlung statt, die vom Betriebswahlvorstand, in Unternehmen mit mehreren Betrieben vom Unternehmenswahlvorstand und in Konzernen vom Hauptwahlvorstand geleitet wird. 74 Sie soll spätestens vier Wochen nach der Wahl der Delegierten stattfinden, in Unternehmen mit mehreren Betrieben und in Konzernen spätestens vier Wochen nach dem Zeitpunkt, in welchem dem Unternehmensbzw dem Hauptwahlvorstand die Ergebnisse der Delegiertenwahlen

66 67 68 69 70

71 72 73 74

Einzelheiten vgl SS 2 9 1. WO, 31 2. und 3. WO. HanaufUlmer % 15 Rdn 88. Hoffmann/Lehtnann/Weitimann $ 15 Rdn 88 f. Vgl § 6 Rdn 52 ff. Bejahend Matthes, Wahlordnungen 64; Hanau/Ulmer § 15 Rdn 91; verneinend FittingfWlotzke/Wißmann $ 15 Rdn 65; Hojfmann/Lehmann/Weinmann S 15 Rdn 92. HA; vgl statt aller Hanau/Ulmer Rdn 99. Vgl S 10 Rdn 6. SS 3 0 Abs 5 1. WO, 3 2 Abs 5 2. und 3. WO. SS 68 Abs 1 1 . WO, 7 4 Abs 1 2. und 3. WO.

265

$ 1 5 Wahl der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

mitzuteilen waren.75 Der zuständige Wahlvorstand hat ferner eine nach Delegierten der regulären Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten getrennte Delegiertenliste aufzustellen, gegen deren Richtigkeit bis zum Beginn der Stimmabgabe Einspruch eingelegt werden kann.76 Die Wahl selbst wird durch eine Mitteilung des Wahlvorstands an alle Delegierten eingeleitet, die schriftlich gegen Empfangsbekenntnis oder durch eingeschriebenen Brief erfolgt. Sie muß spätestens drei Wochen vor dem Tag der Delegiertenversammlung verschickt werden und den in §§ 71 Abs 11. WO, 77 Abs 12. und 3. WO aufgeführten Inhalt haben. Die Delegiertenversammlung ist, mit Ausnahme der Stimmenauszählung, nicht öffentlich. Sie wird vom obersten Wahlvorstand geleitet, der auch eine Geschäftsordnung erlassen kann. Dieser entscheidet auch, ob bzw in welcher Form die Kandidaten Gelegenheit bekommen, sich vorzustellen.77 30 Der Vorgang der Wahl selbst richtet sich danach, ob Verhältniswahl stattfindet oder nicht.78 Briefwahl ist unzulässig. Ist ein Delegierter an der Teilnahme verhindert, so nimmt der Ersatzdelegierte statt seiner an der Abstimmung teil.79 Die Wahl ist geheim. Unverzüglich nach Abschluß der Stimmabgabe hat der Wahlvorstand die Stimmen öffentlich auszuzählen, die Gewählten zu ermitteln und das Wahlergebnis in der Delegiertenversammlung bekanntzugeben, ferner für die Bekanntgabe in den Betrieben des Unternehmens zu sorgen.80 Außerdem sind eine Wahlniederschrift mit dem in SS 97 1. WO, 104 2. WO, 105 3. WO vorgeschriebenen Inhalt anzufertigen und die Gewählten, das Unternehmen und die Gewerkschaften, die gültige Wahl vorschlage eingereicht haben, zu unterrichten.81 Die Wahlakten sind dem Unternehmen zu übergeben und von diesem mindestens fünf Jahre aufzubewahren.82 VI. Amtsdauer (Abs 1) 31

Die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer werden nach Abs 1 für die gleiche Amtszeit gewählt wie die Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner. Die Amtsperiode endet daher gemäß § 102 Abs 1 AktG iVm §6 Abs 2 spätestens mit Beendigung der Anteilseigner75 76 77 78 79 80 81 82

§ 68 Abs 2 1. WO, 74 Abs 2 2. und 3. WO. § § 6 9 f 1. WO, 75 f 2. und 3. WO. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 15 Rdn 80; Hanau/Ulmer§ 15 Rdn 145. §§ 7 2 , 7 5 , 7 8 1. WO, 7 8 , 8 1 , 8 4 2. und 3. WO; vgl Rdn 13 ff. § 1 4 Abs 2. §§ 73 f, 76 f 1. WO, 79 f, 82 f 2. und 3. WO. § § 8 0 1 . WO, 86 2. und 3. WO. § § 8 1 1 . WO, 87 2. und 3. WO.

266

Wahl der u n t e r n e h m e n s a n g e h ö r i g e n Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer $ 1 5 VII. Streitigkeiten

Versammlung, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt, das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, nicht mitgerechnet. Sie dauert also im Regelfall höchstens fünf Jahre, kann aber durch die Satzung oder die Anteilseignerversammlung auf eine kürzere Frist reduziert werden. 83 Die Satzung kann aber nicht für die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer eine andere Amtsperiode festlegen als für die Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner. Die Koppelung der Amtsdauer an die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften besagt nicht, daß die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat zu demselben Zeitpunkt oder in demselben Jahr bestellt werden müßten wie die Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner. Ist dies nicht der Fall, endet die Amtsperiode nach Ablauf der Fristen auch zu verschiedenen Zeiten. 84 Das gilt namentlich dann, wenn die Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner verschieden lang ist oder im Turnus wechselt. Trotz der Bindung der Amtsdauer an die Satzung kann für die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer weder eine unterschiedliche Amtszeit noch das t u r n u s gemäße Ausscheiden vorgeschrieben werden, da dies dem Wahlverfahren, namentlich dem Prinzip der Verhältniswahl widersprechen würde. 85 Für die vorzeitige Beendigung der Amtszeit gelten § 23 sowie die 3 2 aktienrechtlichen Vorschriften. 86 VII. Streitigkeiten Streitigkeiten, die sich aus der Anwendung der das Wahlverfahren 3 3 betreffenden Vorschriften des § 15 ergeben, fallen gemäß § 2a Abs 1 Nr 3, Abs 2 ArbGG in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte, die im Beschlußverfahren gern §80 Abs 1 ArbGG entscheiden. Dagegen unterliegen Streitigkeiten über die Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder der ordentlichen Gerichtsbarkeit. 87

83 84 85 86 87

Vgl § 6 Rdn 32. Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 15 Rdn 103. Vgl § 6 Rdn 32. 5 102 f AktG iVm $ 6 Abs 2; vgl § 6 Rdn 34 ff. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 15 Rdn 112; zu $ 76 BetrVG 1952 BGH AP Nr 12 zu 5 76 BetrVG 1952.

267

S 1 6 Wahl der Vertreter der Gewerkschaften in den Aufsichtsrat 2. Teil. Aufsichtsrat

§ 16 Wahl der Vertreter der Gewerkschaften in den Aufsichtsrat (1) Die Delegierten wählen die Aufsichtsratsmitglieder, die nach $ 7 Abs 2 Vertreter von Gewerkschaften sind, in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl für die in § 15 Abs 1 bestimmte Zeit. (2) Die Wahl erfolgt auf Grund von Wahlvorschlägen der Gewerkschaften, die in dem Unternehmen selbst oder in einem anderen Unternehmen vertreten sind, dessen Arbeitnehmer nach diesem Gesetz an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern des Unternehmens teilnehmen. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so findet abweichend von Satz 1 Mehrheitswahl statt. In diesem Falle muß der Wahlvorschlag mindestens doppelt so viele Bewerber enthalten, wie Vertreter von Gewerkschaften in den Aufsichtsrat zu wählen sind. Schrifttum Hanau, Das Verhältnis des Mitbestimmungsgesetzes zum kollektiven Arbeitsrecht, ZGR 1977, 3 9 7 ; Höpp, Vorschlagsmonopol und Außenseiter, DB 1978, 2 3 1 8 ; Vollmer, Die Rechts- und Pflichtenstellung der „Vertreter der Gewerkschaften", BB 1 9 7 7 , 8 1 8 .

Übersicht Rdn I. Vorbemerkungen II. Wahlverfahren 1. Wahlgrundsätze 2. Vorschlagsrecht

1 . . . .

Rdn III. Amtsdauer IV. Streitigkeiten

5 6

2 3

I. Vorbemerkungen 1

§ 16 regelt die Wahl der Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat in den Fällen, in denen das Delegiertenverfahren stattfindet. Bei unmittelbarer Wahl gilt er nach der Verweisung des § 18 Satz 2 entsprechend. Die Vorschrift weicht sachlich nur in zwei Punkten von § 15 ab: Abs 1 bestimmt, daß die Gewerkschaftsvertreter stets in gemeinsamer Wahl von sämtlichen Delegierten, also nicht nach Gruppen getrennt, bestellt werden. Das entspricht der Sachlage, da sie nicht Repräsentanten einzelner Gruppen, sondern vom Vertrauen der ganzen Belegschaft getragen sein sollen. Abs 2 gewährt den in dem Unternehmen, in den Fällen des §§ 4 und 5 auch den in der KG bzw in den Konzernunternehmen vertretenen Gewerkschaften das Vorschlagsmonopol. Die

268

Wahl der Vertreter der Gewerkschaften in den Aufsichtsrat $ 16 II. Wahlverfahren

Vorschrift wiederholt inhaltlich zugleich die schon in § 9 zum Ausdruck gekommene Entscheidung des Gesetzgebers, den Gewerkschaften nur Vorschlags- und keine Entsendungsrechte, zu gewähren.1 Sie stimmt, abgesehen vom Übergang zur Verhältniswahl, der infolge der Änderung des §15 während der Ausschußberatungen erforderlich wurde,2 inhaltlich mit dem RegE überein. Die Versuche des DGB, das Entsendungsrecht der Gewerkschaften auch während der Ausschußberatungen noch zu retten,3 blieben ohne Erfolg. Auf der anderen Seite konnte auch der Antrag der CDU/CSU-Fraktion, neben den Gewerkschaften auch den Betriebsräten oder jeweils 50 Arbeitnehmern des Unternehmens Vorschlagsrechte für die unternehmensexternen Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einzuräumen und die Gewerkschaften auf diese Weise weiter zu schwächen,4 sich weder im Ausschuß5 noch im Plenum6 durchzusetzen. Ausführungsvorschriften sind in §§ 26, 68 ff 1. WO, 28,74 ff 2. und 3. WO enthalten.

II. Wahlverfahren 1. Gemäß Abs 1 wählen die Delegierten die von den Gewerkschaften 2 vorgeschlagenen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer grundsätzlich nach denselben Prinzipien wie die dem Unternehmen angehörenden Arbeitnehmervertreter. Zum Erfordernis der geheimen Wahl kann daher auf SS 15 Rdn 11 und 10 Rdn 11 verwiesen werden. Da die Gewerkschaftsvertreter stets 2 oder 3 Sitze zu besetzen haben (S 7 Abs 2), findet Mehrheitswahl nur statt, wenn nur eine Vorschlagsliste eingereicht wurde (Abs 2 Satz 2). In diesem Fall muß der Wahlvorschlag wie bei S15 Abs 5 Satz 3 mindestens doppelt soviele Bewerber benennen als Gewerkschaftsvertreter zu wählen sind, damit die Delegierten eine echte Auswahl haben.7 Es können auch mehr benannt werden. Eine Abweichung vom Verfahren nach § 15 besteht nur insofern, als die Gewerkschaftsvertreter stets in gemeinsamer Wahl gewählt werden, ohne daß dazu eine Vorabstimmung erforderlich wäre.8 Technisch wird die Wahl in einem gesonderten Wahlgang durchgeführt.9

3

Vgl § 9 Rdn 2. Vgl § 15 Rdn 3. Vgl Vitt auf dem Anhörungsverfahren am 7.11.1974, Prot N r 55,31 f.

4

Vgl BTDrucks 7/4887,3 f.

5

Vgl Ausschußbericht BTDrucks 7/4845,7. Prot der 230. Sitzung vom 18.3.1976,16030. Vgl § 15 Rdn 17. Vgl §15 Rdn 13.

1 2

6 7 8 9

$$ 72 Abs 1 Satz 4 iVm 25 Abs 4 1. W O , 78 Abs 1 Satz 4 iVm 27 Abs 4 2. und 3. W O .

269

$ 16 Wahl der Vertreter der Gewerkschaften in den Aufsichtsrat 2. Teil. Aufsichtsrat

3

2. Vorschlagsberechtigt sind nach Abs 2 die in dem Unternehmen, in den Fällen der §§ 4 und 5 auch die in der KG bzw in einem abhängigen Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. Im Gegensatz zu §§ 6 Abs 3 Satz 2 MontanMitbestG, 7 Satz 2 MitbestEG sind die Gewerkschaften nicht berechtigt, die Sitze nach dem Verhältnis ihrer Vertretung in dem Unternehmen unter sich zu verteilen. Ob eine Vereinigung von Arbeitnehmern als Gewerkschaft anzusehen ist, bestimmt sich nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Regeln.10 In dem Unternehmen vertreten ist jede Gewerkschaft, zu deren Mitgliedern wenigstens ein Arbeitnehmer des Unternehmens gehört, ohne daß es darüber hinaus darauf ankäme, ob sie in der Lage ist, einen konkreten Einfluß im Unternehmen auszuüben. 11 Die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften, namentlich der DGB, sind als solche nicht vorschlagsberechtigt.12 Weitere Voraussetzungen stellt das Gesetz für die Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat nicht auf, insbesondere verlangt es nicht, daß der Vorgeschlagene selbst Mitglied oder Funktionär der Gewerkschaft sei oder daß er dem Unternehmen angehört bzw umgekehrt nicht angehört.13 4 Für die Form der Wahlvorschläge, die Frist, in der sie einzureichen sind, und andere Modalitäten gelten die auch für die übrigen Vorschläge erlassenen Vorschriften der Wahlordnungen. 14 Jeder Wahl Vorschlag muß von einem hierzu bevollmächtigten Beauftragten der Gewerkschaft unterzeichnet sein, der als Vorschlagsvertreter gilt.15 Wie der Vorschlag zustande kommt, richtet sich nach den internen Vorschriften der Gewerkschaft über ihre Willensbildung. Keine Gewerkschaft kann mehrere miteinander konkurrierende Vorschläge einreichen.16 Dagegen wird man es als zulässig ansehen können, daß mehrere Gewerkschaften mit einer gemeinsamen Liste auftreten. 17 Die Liste muß dann von einem Vertreter jeder beteiligten Gewerkschaft unterzeichnet werden. Zur Wahlwerbung vgl § 20 Rdn 5.

10 11 12 13 14

15 15

17

Vgl § 7 Rdn 15 f. Vgl § 7 Rdn 18. Einzelheiten bei § 7 Rdn 17f. Vgl § 7 Rdn 19. §§ 26 Abs 2 u n d 3 iVm 25 1. WO, 28 Abs 2 u n d 3 iVm 2 7 2. u n d 3. WO; vgl § 15 Rdn 2 0 ff. §§ 26 Abs 2 , 3 1. WO, 28 Abs 2 , 3 2. u n d 3. WO. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 16 Rdn 5; Hoffmann/Lehmann/Weinmann % 16 Rdn 26; Hanau/Ulmer § 16 Rdn 4. Ebenso Hanau/Ulmer § 16 Rdn 5; GroßKomm. AktG/Oetker§ 16 MitbestG Rdn 3.

270

Ersatzmitglieder $ 17

III. Amtsdauer Die reguläre Amtszeit der Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat 5 stimmt mit der Amtszeit der übrigen Aufsichtsratsmitglieder überein. 18 Auch die Gründe, die zum vorzeitigen Ausscheiden führen können, sind im wesentlichen dieselben. 19 Allerdings führt weder das Ausscheiden aus dem Unternehmen noch der Austritt aus der vorschlagenden Gewerkschaft kraft Gesetzes zum vorzeitigen Verlust des Amtes, da beides nicht Wählbarkeitsvoraussetzung ist (Rdn 3). IV. Streitigkeiten Streitigkeiten im Rahmen des § 16, zB über die Frage, ob eine Ver- 6 einigung von Arbeitnehmern als Gewerkschaft anzusehen ist oder ob eine Gewerkschaft im Unternehmen vertreten ist, stehen im Zusammenhang mit der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer und sind daher gemäß § § 2 a Abs 1 Nr 3, 80 Abs 1 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren zu klären. 20 Verstöße gegen die in der Vorschrift genannten Wahlgrundsätze können ferner die Anfechtung der Wahl gemäß § 22 begründen. 21

§ 1 7 Ersatzmitglieder (1) In jedem Wahlvorschlag kann zusammen mit jedem Bewerber für diesen ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden. Für einen Bewerber, der Arbeiter ist, kann nur ein Arbeiter, für einen in $ 3 Abs 3 Nr 1 bezeichneten Angestellten nur ein in § 3 Abs 3 Nr 1 bezeichneter Angestellter und für einen leitenden Angestellten nur ein leitender Angestellter als Ersatzmitglied vorgeschlagen werden. Ein Bewerber kann nicht zugleich als Ersatzmitglied vorgeschlagen werden. (2) Wird ein Bewerber als Aufsichtsratsmitglied gewählt, so ist auch das zusammen mit ihm vorgeschlagene Ersatzmitglied gewählt.

18 19 20 21

§ 16 Abs 1 iVm $ 15 Abs 1; vgl § 15 Rdn 31 f, § 6 Rdn 32ff. SS 15 Rdn 3 2 , 6 Rdn 3 4 ff. Vgl S 2 2 Rdn 2 4 ff. Vgl S 2 2 Rdn 10.

271

S 17 Ersatzmitglieder 2. Teil. Aufsichtsrat

Schrifttum Damm, Ersatzmitglieder für Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat nach § 101 Abs 3 AktG und § 17 MitbestG, AG 1977, 44; Kallmeyer, Nachwahlen von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer nach dem MitbestG, BB 1978, 1524; Werner, Rechte und Pflichten des mitbestimmten Aufsichtsrats und seiner Mitglieder, Z G R 1 9 7 7 , 2 1 9 , 2 4 3 f.

Übersicht Rdn I. Vorbemerkungen II. Bestellung von Ersatzmitgliedern (Abs 1 und 2) 1. Wahlvorschläge 2. Bestellung

1

Rdn III. Rechtsstellung IV. Streitigkeiten

6 7

2 4

I. Vorbemerkungen 1

Die erst während der Ausschußberatungen eingefügte Vorschrift des § 17 regelt die schon nach § 101 Abs 3 AktG iVm $ 6 Abs 2 zulässige Bestellung von Ersatzmitgliedern für die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer und präzisiert die aktienrechtlichen Vorschriften. Sie soll verhindern, daß beim vorzeitigen Ausscheiden eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer die aufwendige Nachwahl durchgeführt oder ein Ersatzdelegierter gemäß § 104 Abs 2, 4 AktG iVm § 6 Abs 2 ohne direkte Legitimation von Seiten der Arbeitnehmerschaft durch das Gericht bestellt werden muß. 1 Nach Abs 1 kann in jedem Wahlvorschlag für jeden Bewerber ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats benannt werden, das derselben Gruppe bzw Untergruppe angehören muß. Im Gegensatz zum Fall des § 14 Abs 2 gibt es daher kein Nachrücken der auf einer Wahlliste folgenden Bewerber, denn eine solche Lösung würde, vor allem bei Mehrheitswahl, oft den Wählerwillen verfälschen.2 Das Gesetz schreibt die Benennung nicht vor, sondern ermöglicht sie nur und überläßt die Entscheidung den vorschlagsberechtigten Arbeitnehmergruppen und Gewerkschaften. Eine gesonderte Wahl der Ersatzmitglieder findet nach Abs 2 nicht statt, vielmehr erstreckt sich die Wahl des Hauptmitglieds kraft Gesetzes auch auf das Ersatzmitglied. § 17 enthält, wie alle das Wahl verfahren betreffenden

1 2

Vgl Ausschußbericht, BTDrucks 7 / 4 8 4 5 , 1 3 . Fittins/Wlotzke/Wißmann § 17 Rdn 1.

272

Ersatzmitglieder $ 17 II. Bestellung von Ersatzmitgliedern (Abs 1 u n d 2)

Vorschriften des Gesetzes zwingendes Recht. Die Satzung oder der Wahlvorstand können daher die Bestellung von Ersatzmitgliedern weder zwingend vorschreiben noch zwingend ausschließen.3 II. Bestellung von Ersatzmitgliedern (Abs 1 und 2) 1. Nach Abs 1 Satz 1 sind Ersatzmitglieder in den Wahlvorschlägen 2 zu benennen, und zwar kann für jeden Bewerber ein Ersatzmitglied vorgeschlagen werden. Einen anderen Weg, Ersatzmitglieder zu bestellen, sieht das Gesetz nicht vor. Die Ersatzmitglieder müssen derselben Gruppe bzw Untergruppe angehören wie der Bewerber selbst (Abs 1 Satz 2). Auch im übrigen gelten für sie dieselben Wählbarkeitsvoraussetzungen wie für die Hauptmitglieder. 4 Sie müssen erfüllt sein, wenn das Hauptmitglied sein Amt antritt, 5 nicht erst, wenn das Ersatzmitglied nachrückt.6 Ein Bewerber kann nicht zugleich als Ersatzmitglied vorgeschlagen werden (Abs 1 Satz 3). Die Vorschrift soll verhindern, daß nicht gewählte Bewerber nachträglich in den Aufsichtsrat gelangen können und das Wahlergebnis dadurch verfälscht wird.7 Das Gesetz schreibt die Wahl von Ersatzmitgliedern nicht zwingend 3 vor, sondern überläßt die Entscheidung den Vorschlagsberechtigten, die die einzelnen Wahlvorschläge einreichen.8 Es ist daher auch möglich, daß im gleichen Wahlgang eine Vorschlagsliste mit Ersatzmitgliedern versehen ist, eine andere nicht oder daß auf derselben Liste für einen Kandidaten ein Ersatzmitglied genannt ist, für einen anderen nicht. Bei den leitenden Angestellten müssen Ersatzmitglieder bereits in die Vorschläge für die Vorwahl gemäß $ 15 Abs 4 Nr 3 aufgenommen und zusammen mit den Hauptbewerbern in der Vorwahl bestätigt werden.9 Aus der Fassung des Gesetzes ist zu folgern, daß für jedes Aufsichtsratsmitglied nur ein Ersatzmitglied bestellt werden kann.10 Dagegen schließt § 17 nicht aus, ein Ersatzmitglied für mehrere

3 4 5 6

7 8 9 10

So schon § 101 Abs 3 AktG; vgl KölnKomm. AktG/Merfens § 101 Rdn 71. $ 101 Abs 3 Satz 4 AktG iVm $ 6 Abs 2. Vgl S 6 Rdn 24. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 17 Rdn 9; Hanau/Ulmer $ 7 Rdn 14; aA Hoffmann/ Lehmann/Weinmatin § 17 Rdn 14; Werner ZGR1977,244. Fitting/Wlotzke/Wißmann % 17 Rdn 5. Damm AG 1977,45. §§ 29 Abs 2 1. WO, 31 Abs 2 2. und 3. WO. Ebenso Damm aaO 47; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 17 Rdn 4; GemKomm.MitbestG/Westerath § 17 Rdn 13; Hanau/Ulmer § 17 Rdn 8; KölnKomm.AktG/ Mertens Anh § 1 1 7 5 1 7 MitbestG Rdn 3; vgl auch §§ 27 Abs 1 Satz 3 1. WO, 29 Abs 1 Satz 3 2. und 3. WO; zu § 101 Abs 3 AktG str.

273

S 17 Ersatzmitglieder 2. Teil. Aufsichtsrat

Bewerber zu benennen, sofern die Zuordnung im übrigen eindeutig ist. Dabei sind allerdings Einschränkungen erforderlich, um Wahlmanipulationen auszuschließen. Die Kandidaten als Ersatzdelegierte auf mehreren konkurrierenden Wahllisten vorzuschlagen, ist unzulässig.11 Ist nur ein Aufsichtsratsmitglied zu wählen, so ist es gleichfalls ausgeschlossen, für mehrere Bewerber nur einen Ersatzdelegierten aufzustellen, denn andernfalls wären Absprachen möglich, unabhängig vom Ausgang der Wahl durch Rücktritt eine nicht gewählte Person in den Aufsichtsrat gelangen zu lassen.12 4 2. Für die Wahl der Ersatzmitglieder findet kein gesonderter Wahlakt statt, vielmehr sind sie nach Abs 2 kraft Gesetzes mit dem Bewerber gewählt, für den sie vorgeschlagen wurden.13 Mit der Entscheidung zugunsten eines einheitlichen Wahlverfahrens hat das Gesetz für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach dem MitbestG also die hierzu bei § 101 Abs 3 Satz 3 AktG bestehenden Auslegungsschwierigkeiten beseitigt. Daher ist es nicht zulässig, bei der Wahl zwischen Hauptmitglied und Ersatzmitglied zu differenzieren und letzteres etwa von der Liste zu streichen. Ein so veränderter Stimmzettel ist ungültig.14 Dagegen kann die Wahl gemäß §22 Abs 1 gesondert angefochten werden. Auch die gesonderte Abberufung läßt das Gesetz in § 23 Abs 4 ausdrücklich zu. 5

Bei Mehrheitswahl erscheint der Ersatzbewerber neben dem Hauptkandidaten auf dem Stimmzettel.15 Findet Listenwahl statt, nennt der Stimmzettel nur die beiden Listenführer. Die Ersatzbewerber lassen sich nur den Wahlaushängen entnehmen.16 Für das Vorauswahlverfahren der leitenden Angestellten gelten §§ 29 1. WO, 312. und 3. WO. III. Rechtsstellung

6

Zur Rechtsstellung der Ersatzmitglieder besagt §17 nichts, so daß auf § 101 Abs 3 AktG iVm § 6 Abs 2 zurückzugreifen ist.17 Danach vertritt das Ersatzmitglied das Hauptmitglied nicht, sondern tritt erst an dessen Stelle, wenn es vor Ablauf der Amtszeit endgültig ausscheidet. Darin unterscheidet sich seine Position von der Rechtsstellung der für vorzeitig ausscheidende, aber auch für verhinderte

11

12 13

14 15 16 17

$§27 Abs 1 Satz 5 iVm 25 Abs 8 1. WO, 29 Abs 1 Satz 5 iVm 27 Abs 1 Satz 8 2. und 3. WO. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 17 Rdn 7; Hanau/Ulmer $ 17 Rdn 10. $S 40 Abs 4,74 Abs 4 1. WO, 43 Abs 5,80 Abs 4 2. und 3. WO. SS 75 Abs 4 Nr 4 1. WO, 81 Abs 4 Nr 4 2. und 3. WO. §§ 75 Abs 2 Satz 2 1. WO, 81 Abs 2 Satz 2 2. und 3. WO. $S 72 1. WO, 78 2. und 3. WO. Vgl S 6 Rdn 29.

274

Unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer

S18

Delegierte auftretenden Ersatzdelegierte gemäß § 14 Abs 2. 18 Rückt das Ersatzmitglied in den Aufsichtsrat ein, übernimmt es in vollem Umfang die Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder. Der Ausgeschiedene ist nicht mehr befugt, Einfluß auf seine Amtsführung zu nehmen oder ihm gar Weisungen zu erteilen. Vor dem Eintritt in den Aufsichtsrat erschöpft sich die Position dagegen in einer Wartestellung ohne aktuelle Funktionen. Die Amtszeit des Ersatzmitglieds erlischt spätestens mit Ablauf der Amtsperiode, für die das weggefallene Aufsichtsratsmitglied bestellt war.19 Für die vorzeitige Abberufung gelten die allgemeinen Vorschriften. 20 IV. Streitigkeiten Streitigkeiten über die Wahl von Ersatzmitgliedern der Arbeitnehmer 7 sind gemäß §§ 2 a Abs 1 Nr 3 , 8 0 Abs 2 ArbGG von den Arbeitsgerichten zu entscheiden. Dagegen gehören Streitigkeiten über die Amtszeit und die Rechtsstellung der Ersatzmitglieder vor die ordentlichen Gerichte.

VIERTER UNTERABSCHNITT Unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer $ 18 Unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Sind nach § 9 die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl zu wählen, so sind die Arbeitnehmer des Unternehmens, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, wahlberechtigt. Für die Wahl sind die SS 15 bis 17 mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Delegierten die wahlberechtigten Arbeitnehmer des Unternehmens treten. § 7 Satz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes in der Fassung von 2001 lautet: Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb beschäftigt sind.

18 19 20

Vgl § 14 Rdn 8. $ 102Abs2AktG. Vgl § 6 Rdn 35 ff.

275

$ 18 Unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

Übersicht Rdn I. Vorbemerkungen II. Urwahl 1. Wahlgrundsätze

1 . . . .

Rdn 2. Wahlberechtigung . . . 3. Ablauf des Verfahrens. .

3 4

2

I. Vorbemerkungen 1

§ 18 regelt im Anschluß an § 9 die unmittelbare Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat durch die Belegschaft des Unternehmens. Inhaltlich beschränkt sich die Vorschrift darauf, die Wahlberechtigung festzulegen, verweist im übrigen aber auf §§ 15-17. Da der RegE die unmittelbare Wahl noch nicht vorsah,1 wurde sie erst während der Ausschußberatungen eingefügt. Die Ausführungsbestimmungen finden sich in §537-49 1. WO, 39-53 2. und 3. WO, die das Wahlverfahren, im Gegensatz zum Gesetz, vollständig erfassen. Die Vorschriften sind zwingendes Recht.2 II. Urwahl

2

1. Die Verweisung auf SS 15-17 besagt, daß die Wahl nach denselben Grundsätzen und Regeln durchzuführen ist wie die Wahl durch Delegierte mit dem einzigen Unterschied, daß die wahlberechtigten Arbeitnehmer des Unternehmens selbst die sie vertretenden Aufsichtsratsmitglieder wählen, ohne daß eine Delegiertenversammlung dazwischengeschaltet würde. Die den Arbeitnehmern zustehenden Aufsichtsratsmandate sind nach § 15 Abs 1 unter die regulären Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten gemäß ihrem Anteil an der Gesamtzahl der Arbeitnehmer des Unternehmens zu verteilen, wobei für die leitenden Angestellten der Minderheitenschutz gemäß $ 15 Abs 1 Satz 2 zu berücksichtigen ist.3 Für die Wahlvorschläge gelten ohne jede Modifikation S S 15 Abs 2 und 16 Abs 2.4 In jedem Wahlvorschlag kann gemäß S17 für jeden Bewerber auch ein Ersatzmitglied benannt werden, das zu derselben Gruppe gehören muß. Die Wahl wird grundsätzlich als Verhältniswahl durchgeführt.5 Statt dessen findet

1 2

3 4 5

Vgl § 9 Rdn 3. Fitting/Wlotzke/Wißmann $18 Rdn 2; GemKomm.MitbestG/Wederath Rdn 3; Hanau/Ulmer§ 18 Rdn 4. Vgl § 15 Rdn 8 f. Vgl S§ 15 Rdn 18 ff, 16 Rdn 3 f sowie $§ 24 ff 1. WO, 26 ff 2. und 3. WO. §§ 15 Abs 1,16 Abs 1; vgl § 15 Rdn 13 f.

276

§18

Unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer S 1 8 II. Urwahl

gemäß SS 15 Abs 3, 16 Abs 2 Mehrheitswahl statt, wenn eine Gruppe nur ein Aufsichtsratsmandat zu besetzen hat oder wenn in einer Gruppe bzw für die Wahl der Gewerkschaftsvertreter nur ein Wahlvorschlag eingereicht wurde.6 Seit der Neuregelung von 2001 ist die Trennung der Wahl zwischen Arbeitern und Angestellten weggefallen, so daß stets gemeinsam gewählt wird. 2. Wahlberechtigt sind sämtliche Arbeitnehmer des Unternehmens, 3 die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Die Vorschrift entspricht der Wahlberechtigung bei der Bestellung der Delegierten gemäß S10 Abs 2, so daß auf die Erläuterungen hierzu verwiesen werden kann.7 Sie übernimmt wie schon S 10 Abs 2 nunmehr auch den neuen S 7 Abs 2 BetrVG, wonach sog Leiharbeitnehmer wahlberechtigt sind, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb beschäftigt sind.8 In den Fällen der S S 4 und 5 nehmen auch die Arbeitnehmer der KG bzw der abhängigen Unternehmen an der Wahl teil. Formell setzt die Wahlberechtigung die Eintragung in die Wählerliste voraus.9 3. Auch der in den Wahlordnungen geregelte formelle Ablauf der 4 Wahl entspricht im Grundsatz wie in allen übertragbaren Einzelheiten dem Vorgang der mittelbaren Wahl. Das Verfahren wird eingeleitet durch ein vom Wahlvorstand zu erlassendes Wahlausschreiben, das nach Maßgabe der S S 37 1. WO, 39 2. und 3. WO die für die Wähler notwendigen Informationen enthalten muß. Das Wahlausschreiben ist bis zum Abschluß der Wahl in den Betrieben des Unternehmens an geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen bekannt zu machen, ferner dem Unternehmen und den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften unverzüglich zu übersenden.10 Für die Wahlvorschläge gelten SS 24ff 1. WO, 26 ff 2. und 3. WO.11 Die Wahl erfolgt mittels Stimmzetteln, auf denen die Wahlvorschläge aufzuführen sind.12 Briefwahl ist in denselben Fällen vorgesehen wie bei der Wahl von Delegierten.13 Bei Verhältniswahl kann jeder Wähler seine Stimme nur für eine 5 Liste abgeben.14 Findet dagegen Mehrheitswahl statt, weil in einem

6

Vgl§ 15 Rdn 15 f.

7

S 10 Rdn 10 ff; ferner $ 7 Abs 3 und Rdn 8 ff zum passiven Wahlrecht. Vgl § 3 Rdn 11.

8 9 10

11 12 13 14

$$ 8 Abs 5 1., 2. und 3. W O . $$ 37 Abs 1 Satz 2 iVm 24 Abs 3 und 4 1. WO, 39 Abs 2 Satz 2 iVm 26 Abs 4 und 5 2. und 3. W O ; vgl Vor $ 9 Rdn 23 ff. Vgl $ 15 Rdn 18 ff. Einzelheiten in §§ 38,41,44 1. W O , 40,44,48 2. und 3. WO. SS 45 f 1. WO, 49f 2. und 3. WO. §§ 38 Abs 1 1. W O , 40 Abs 1 2. und 3. WO.

277

S 19 Bekanntmachung der Mitglieder des Aufsichtsrats 2. Teil. Aufsichtsrat

Wahlgang nur ein Platz zu besetzen ist oder nur ein Wahlvorschlag eingereicht wurde, wird die Stimme für einen bestimmten Kandidaten abgegeben.15 Jeder Wähler darf höchstens so viele Stimmen abgeben, wie Aufsichtsratsmandate in dem Wahlgang zu vergeben sind.16 Unverzüglich nach Abschluß der Stimmabgabe hat der Wahlvorstand die Stimmen öffentlich auszuzählen und die Gewählten zu ermitteln. 17 In Unternehmen mit mehreren Betrieben und in Konzernen besorgen die Betriebswahlvorstände zwar das Auszählen der Stimmen, die Gewählten sind dagegen vom Unternehmens- bzw vom Hauptwahlvorstand zu ermitteln.18 Das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten sind unverzüglich bekanntzugeben. Die Bekanntmachung ist auch den beteiligten Unternehmen und den in ihnen vertretenen Gewerkschaften schriftlich zu übermitteln. Die Gewählten sind schriftlich zu benachrichtigen.19 Ferner sind Wahlniederschriften anzufertigen.20 Die Wahlakten hat das Unternehmen mindestens 5 Jahre aufzubewahren.21

FÜNFTER UNTERABSCHNITT Weitere Vorschriften über das Wahlverfahren sowie über die Bestellung und Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern $ 19 Bekanntmachung der Mitglieder des Aufsichtsrats Das zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugte Organ hat die Namen der Mitglieder und der Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats unverzüglich nach ihrer Bestellung in den Betrieben des Unternehmens bekanntzumachen und im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Nehmen an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder des Unternehmens auch die Arbeitnehmer eines anderen Unternehmens teil, so ist daneben das zur gesetzlichen Vertretung des

15 16 17 18 19 20 21

§§41 Abs 1,44Abs 1 1.WO,44Abs 1,48Abs 1 2.und3.WO. §§ 41 Abs 3,44 Abs 3 1. WO, 44 Abs 3,48 Abs 3 2. und 3. WO. §§ 39 f, 42 ff 1. WO. §§41 ff 2. und 3. WO. §§48 1. WO, 52 2. und 3. WO. §§471. WO, 512. und 3. WO. §§49 1. WO, 53 2. und 3. WO.

278

Bekanntmachung der Mitglieder des Aufsichtsrats 5 1 9

anderen Unternehmens befugte Organ zur Bekanntmachung in seinen Betrieben verpflichtet. 1. $19 überlagert und ergänzt den gemäß § 6 Abs 2 und 3 auf alle 1 unter das Gesetz fallenden Unternehmen mit Ausnahme der Genossenschaften anzuwendenden § 106 AktG, ohne ihn ganz zu ersetzen. Beide Vorschriften zusammengenommen verlangen, die Bestellung der Mitglieder und Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats auf dreifache Weise bekanntzumachen. Zunächst ist die Veröffentlichung der Namen im Bundesanzeiger erforderlich (§ 19), daneben nach $ 106 AktG auch in anderen, in der Satzung bestimmten Gesellschaftsblättern. 1 Zweitens ist die Bekanntmachung gemäß $ 106 AktG zum Handelsregister einzureichen. Dabei handelt es sich nicht um eine formelle Anmeldung, vielmehr genügt es, die in den Gesellschaftsblättern veröffentlichte Bekanntmachung formlos einzureichen.2 Drittens verlangt § 19 die Bekanntmachung in allen Betrieben des Unternehmens sowie allen anderen Unternehmen, deren Arbeitnehmer gemäß §§ 4 und 5 an der Wahl teilgenommen haben. In der ursprünglichen Fassung fügte das Gesetz hinzu, daß die Bekanntmachung durch einen zweiwöchigen Aushang zu erfolgen hat. Diese Präzisierung wurde im VereinfachungsG von 2002 dann aber aufgegeben, um auch andere Formen der Bekanntmachung, namentlich mittels der in dem Unternehmen modernen Informations- und Kommunikationstechnik zu ermöglichen.3 Im Einzelnen kann dafür die für die Bekanntmachungen der Wahlvorstände geltende Vorschrift des § 7 Abs 4 1.-3. WO entsprechend angewandt werden. Die Bekanntmachung ist in allen Fällen der Bestellung erforderlich, auch bei einer Nachwahl, einer gerichtlichen Ersatzbestellung uä.4 Bei Ersatzmitgliedern ist nicht nur die Wahl, sondern auch der Eintritt in den Aufsichtsrat anstelle des Hauptmitglieds bekanntzumachen, da auch darin ein Akt der Bestellung liegt und die Arbeitnehmer nach dem Sinn des § 19 wissen sollen, wer sie jeweils im Aufsichtsrat vertritt. Anzugeben sind nach dem Wortlaut der Vorschrift nur die Namen der Gewählten, nicht hingegen Beruf, Gruppenzugehörigkeit oder sonstige Angaben zur Person.5 Die Mitteilungen nach § 19 sind nicht zu verwechseln mit den Bekanntmachungen des Wahlergebnisses durch den Wahlvorstand gemäß §§ 48,80 1. WO; 52,86 2. und 3. WO.

1 2 3 4 5

Zu diesem Begriff vgl § 6 Rdn 11. KölnKomm.AktG/Mertens § 106 Rdn 8. Vgl die Begründung zum RegEntw, BR-Drucks 1069/01,17. Ebenso Hanau/Ulmer % 19 Rdn 5. Hoffinanti/Lehmanti/Weinmann § 19 Rdn 2; Hanau/Ulmer $ 19 Rdn 7.

279

s 2 0 Wahlschutz und Wahlkosten 2. Teil. Aufsichtsrat

2

Adressat der gesetzlichen Vorschriften ist das Vertretungsorgan, im Fall der §§ 4 und 5 auch das Vertretungsorgan der Unternehmen, deren Arbeitnehmer an der Wahl teilgenommen haben. Die Bekanntmachungen sind unverzüglich vorzunehmen. Sie haben keinen konstitutiven Charakter, so daß die Verletzung der Bekanntmachungspflicht die Wirksamkeit der Bestellung zum Aufsichtsratsmitglied nicht berührt. 6 Das Registergericht kann die Mitteilung und damit mittelbar auch die Bekanntmachung im Bundesanzeiger 7 nach § 14 HGB erzwingen. Im übrigen machen sich die Mitglieder des Vertretungsorgans nach den allgemeinen Vorschriften schadensersatzpflichtig, wenn sie ihre Pflichten versäumen.

3

2. Beim Ausscheiden eines Aufsichtsratsmitglieds ist nur S 106 AktG iVm § 6 Abs 2, nicht dagegen § 19 anzuwenden.8 Das Ausscheiden ist daher nur in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen und die Bekanntmachung dem Handelsregister mitzuteilen. Die Bekanntmachung in den Betrieben des Unternehmens ist dagegen nicht erforderlich. Bei Genossenschaften ist eine Bekanntmachung überhaupt nicht vorgeschrieben. 4 3. Streitigkeiten über die Pflichten nach § 19 betreffen nicht die Wahl und fallen daher in jedem Fall in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Doch setzt die Veröffentlichung im Bundesanzeiger die Frist für die Wahlanfechtung in Gang. 9

$ 20 Wahlschutz und Wahlkosten (1) Niemand darf die Wahlen nach den SS 1 0 , 1 5 , 1 6 und 18 behindern. Insbesondere darf niemand in der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts beschränkt werden. (2) Niemand darf die Wahlen durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflussen. (3) Die Kosten der Wahlen trägt das Unternehmen. Versäumnis von Arbeitszeit, die zur Ausübung des Wahlrechts oder der Betäti-

6 7 8

9

Für die Einreichung zum Handelsregister ausdrücklich BGHZ 4 7 , 3 4 8 . Mertens aaORdn 10. Hoffinann/Lehmann/Weinmann § 19 Rdn 5; Hanau/Ulmer $ 19 Rdn 5; aA Fitting/ WlotzkefWißmann § 19 Rdn 3; GemKomm.MitbestG/Westerath § 9 Rdn 15. § 2 2 Abs 2.

280

Wahlschutz und Wahlkosten $ 2 0 I. Vorbemerkungen

gung im Wahlvorstand erforderlich ist, berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Minderung des Arbeitsentgelts. Schrifttum Buchner, Behinderung oder Beeinflussung der Betriebsrats wahl durch Arbeitgeber?, DB 1972, 824; Däubler, Schulung und Fortbildung von Betriebsratsmitgliedern und Jugendvertretern nach § 37 Abs 2 BetrVG, 1973; Dütz/Säcker, Zum Umfang der Kostenerstattungs- und Kostenvorschußpflicht des Arbeitgebers gemäß § 4 0 BetrVG, DB 1972, Beil Nr 17, 4; Hanau, Das Verhältnis des Mitbestimmungsgesetzes zum kollektiven Arbeitsrecht, ZGR 1977, 397; Thau, Mängel der Aufsichtsratswahlen nach dem MitbestG, 1983; Vogt, Behinderung und Beeinflussung von Betriebsratswahlen, BB 1987, 189; Wiese, Schulung der Mitglieder von Betriebsvertretungen, BIStSozArbR 1974, 353; Zöllner, Zur Frage des Gewerkschaftsausschlusses wegen gewerkschafts chädigender Kandidatur bei Betriebsratswahlen, 1983.

Übersicht Rdn I. Vorbemerkungen II. Wahlschutz 1. Allgemeines 2. Wahlbehinderung . . . 3. Wahlbeeinflussung . . . 4. Rechtsfolgen

1 2 3 7 11

Rdn III. Wahlkosten 1. Wahlkosten 2. Versäumnis von Arbeitszeit 3. Streitigkeiten

12 17 19

I. Vorbemerkungen Die Vorschrift enthält zwei sachlich nicht unmittelbar zusammen- 1 hängende Regelungen, nämlich den Schutz der nach dem Gesetz notwendigen Wahlen vor Behinderung, Beschränkung des Wahlrechts und anderer unerwünschter Einflußnahme (Abs 1 und 2) und die Pflicht des Unternehmens, die Kosten der Wahlen zu tragen (Abs 3). Sie stimmt mit dem RegE überein mit der einzigen Ausnahme, daß der BT-Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ihren Geltungsbereich auch auf die von ihm eingeführte unmittelbare Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat (§ 18) erstreckte. Inhaltlich deckt sie sich mit § 2 0 BetrVG, so daß die Rechtsprechung und Literatur hierzu uneingeschränkt heranzuziehen sind.

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s 20 Wahlschutz und Wahlkosten 2. Teil. Aufsichtsrat

II. Wahlschutz 2

1. Nach § 20 Abs 1 und 2 darf niemand die nach dem Gesetz durchzuführenden Wahlen behindern oder unerwünscht beeinflussen. Das gesetzliche Verbot richtet sich gegen j e d e r m a n n , das heißt nicht nur gegen die U n t e r n e h m e n s o r g a n e , sondern zum Beispiel auch gegen einzelne Anteilseigner (Großaktionäre) auf der einen und Arbeitn e h m e r bzw Gewerkschaften und Betriebsräte auf der anderen Seite. 1 Es erstreckt sich auf den gesamten Vorgang der Wahl einschließlich der vorbereitenden Akte wie der Bestellung des Wahlvorstands, dessen Tätigkeit, der Aufstellung der Wahlvorschläge usw. Auch die V o r a b s t i m m u n g e n gemäß §§ 9 , 1 3 Abs 2 und 3und 15 Abs 2 Nr 2 sind in den Schutz einzubeziehen. 2 Die dagegen von Meilicke/ Meilicke3 vorgetragenen Einwände sind nicht stichhaltig. Zwar handelt es sich nicht um Wahlen im strengen Wortsinn, doch legen sie das Wahlverfahren im Einklang mit dem Gesetz fest und stehen daher mit den Wahlen selbst in einem unlöslichen Sachzusammenhang. Deshalb läßt sich auch aus der unvollständigen Verweisung in § 20 Abs 1, in der SS 9 und 13 fehlen, kein Gegenschluß ziehen, zumal sich in den Gesetzesmaterialien keinerlei Anhaltspunkt dafür findet, daß die Autoren damit eine Differenzierung zwischen mehreren in Betracht kommenden Vorabstimmungen bezweckten. Im Einklang mit der hL zum BetrVG umfaßt der Wahlschutz des S 2 0 ferner auch die Anfechtung der Wahlen nach SS 21 und 22. Sinngemäß wird man ihn auch auf das Abberufungsverfahren nach S 23 auszudehnen haben. 4

3

2. Nach S 20 Abs 1 ist es zunächst verboten, die Wahlen zu behindern. Unter den Begriff fallen alle Maßnahmen, welche den ungestörten Ablauf der Wahlvorbereitungen und Wahlen beeinträchtigen würden. In Betracht kommt jede Behinderung von Wählern, Delegierten, Bewerbern oder Mitgliedern des Wahlvorstandes an der Ausübung ihrer Rechte, ein Verschleppen der Wahlvorbereitungen durch den Wahlvorstand, die Weigerung des Vertretungsorgans, die für die Wählerlisten erforderlichen Angaben zu machen oder die notwendigen Wahllokale, Urnen und Zettel bereitzustellen. Die Delegierten und Mitglieder des Wahlvorstandes sind für ihre Aufgaben von der Arbeit freizustellen, es sei denn, zwingende betriebliche Erfordernisse machen dies für das Unternehmen unzumutbar. Auch die Zusage bestimmter Vorteile oder

1 2

3 4

Vgl BAGE 1 0 , 2 2 6 = AP Nr 2 zu $ 19 BetrVG. HL; vgl FittingfWlotzkefWißmann $ 2 0 Rdn 6; Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 2 0 Rdn 7; GemKomm.MitbestG/Maiifcej § 2 0 Rdn 7f; Hanau/Ulmer § 2 0 Rdn 1; zu § 2 0 BetrVG BayObLG BB 1 9 8 0 , 1 6 3 8 ; Vogt BB 1 9 8 7 , 1 8 9 . § 2 0 Rdn 2. HL; aA nur Meilicke/Meilicke aaO.

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Wahlschutz und Wahlkosten $ 20 II. Wahlschutz

die Drohung mit nachteiligen Folgen kann eine unzulässige Wahlbeeinträchtigung sein, wenn sie zu dem Zweck erfolgt, den Adressaten zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen.5 Hauptfall der Wahlbehinderung ist die in § 20 Abs 1 Satz 2 genannte 4 Beschränkung des Wahlrechts. Es ist unzulässig, einen Arbeitnehmer durch einen gezielten Reiseauftrag oder eine Versetzung daran zu hindern, an der Wahl teilzunehmen, oder ihm zu diesem Zweck zu kündigen. Der absolute Kündigungsschutz des $ 15 KSchG gilt im Bereich des MitbestG allerdings nicht. 6 § 20 Abs 1 bewirkt daher einen relativen Kündigungsschutz, der dann eingreift, wenn keine anderen überwiegenden Gründe die Kündigung rechtfertigen.7 Da die Vorschrift nach hL zu $ 20 BetrVG ein gesetzliches Verbot enthält, sind derartige Maßnahmen gemäß $ 134 BGB nichtig. Statthaft ist die Werbung für bestimmte Kandidaten, und zwar 5 auch von Seiten der Gewerkschaften oder der Verbände der leitenden Angestellten, sofern damit kein Druck oder Androhen von Nachteilen verknüpft ist. Zum zulässigen Ausmaß der Wahlwerbung wird auf die umfangreiche Judikatur zu $ 20 BetrVG verwiesen.8 Auch nicht im Betrieb beschäftigten Gewerkschaftsvertretern ist der Zugang zum Zweck der Werbung für einen Wahlvorschlag der Gewerkschaft nach $ 16 oder für eine von der Gewerkschaft unterstützte Liste zu gestatten.9 Auch die wahrheitswidrige, diffamierende Propaganda erfüllt nicht den Tatbestand der Wahlbehinderung, da unter den Begriff nur Einschränkungen der Handlungsfreiheit, nicht aber der Meinungsbildung fallen. 10 Doch steht es dem Verletzten frei, die Unterlassungsund Schadensersatzansprüche gemäß 55 823 ff, 1004 BGB geltend zu machen. Hat der Wahlvorstand einen Arbeitnehmer bei der Aufstellung der 6 Wahllisten einer bestimmten Gruppe zugerechnet, so liegt noch keine Wahlbehinderung vor, wenn das zuständige Unternehmensorgan seine davon abweichende Rechtsansicht kundgibt. Unzulässig ist

s 6

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BAGE 5 3 , 3 8 6 = DB 1 9 8 7 , 2 3 2 . HA; vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 2 0 Rdn 3; GemKomm. MitbestG/Maffft« § 20 Rdn 2; Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 2 0 Rdn 3; GewKomm. MitbestG/ Keitmann $ 20 Rdn 7; Hanau/Ulmer $ 2 0 Rdn 7. Zur Abgrenzung vgl BAG AuR 1 9 7 7 , 3 7 6 ; BB 1 9 7 8 , 6 6 0 . Vgl auch die Nachweise bei Hanau/Ulmer§ 2 0 Rdn 11. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 2 0 Rdn 22; GemKomm. MitbestG/Mafffr« $ 2 0 Rdn 25; Hanau/Ulmer $ 2 0 Rdn 12; aA Hoffmann fl.ehmann/Wtinmann $ 2 0 Rdn 34; vgl zum Ganzen auch BGHZ 8 4 , 3 5 2 . Str; wie im Text Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 2 0 Rdn 12; GemKomm.MitbestG/Matthes $ 2 0 Rdn 26; LAG Köln NZA 1994, 4 3 1 ; Fitting/Kaiser/ Heither/Engels BetrVG $ 2 0 Rdn 8; differenzierend Hanau/Ulmer $ 2 0 Rdn 26.

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s 20 Wahlschutz u n d Wahlkosten 2. Teil. Aufsichtsrat

dagegen eine Äußerung, die mit dem Anspruch auftritt, rechtsverbindlich zu sein.11 Die Unternehmensorgane dürfen auch nicht in Ausübung der Arbeitgeberbefugnisse Weisungen oder Empfehlungen zur Wahl erteilen. Dagegen wird man ihnen bei der Bedeutung der Aufsichtsratswahl für das Unternehmen nicht versagen können, zugunsten oder zuungunsten einzelner Kandidaten Stellung zu nehmen, zumal der Aufsichtsrat auf der Seite der Anteilseigner nach § 124 Abs 3 AktG das Vorschlagsrecht ausübt.12 7 3. Verboten ist weiter nach Abs 2 die Beeinflussung der Wahl durch Androhen oder Zufügen von Nachteilen oder durch Gewähren bzw Versprechen von Vorteilen. Als Nachteil ist zB die Versetzung, Umgruppierung, Nichtbeförderung oder der Entzug besonderer Zuwendungen anzusehen. 13 Umgekehrt kommen als Vorteile Begünstigungen aller Art, zB die Beförderung, Lohn- oder Gehaltserhöhungen sowie sonstige Zuwendungen in Betracht.14 8 Schwierigkeiten bereitet die Frage nach den Grenzen, bis zu denen die Gewerkschaften auf die Wahl Einfluß nehmen dürfen. Nach allgemeiner Ansicht sind sie an der üblichen Wahlpropaganda zugunsten der von ihnen vorgeschlagenen oder ihnen nahestehenden Bewerber nicht gehindert. Da das Gesetz ihnen Vorschlagsrechte gewährt, gehört es zur ordnungsgemäßen, auch nach Art 9 Abs 3 GG geschützten Betätigung des Koalitionsrechts, für die von ihnen Vorgeschlagenen zu werben.15 9 Im übrigen ist zwischen der Aufstellung eigener und der Bekämpfung konkurrierender Wahlvorschläge zu unterscheiden. a) Für die Vertreter der Gewerkschaften im Aufsichtsrat stellen die im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften selbst die Wahlvorschläge auf.16 Wie der Wahlvorschlag zustande kommt, richtet sich nach den Regeln innergewerkschaftlicher Willensbildung und Demokratie, die hier nicht auszuführen sind.17 Die übrigen Wahlvorschläge werden von unternehmensangehörigen Arbeitnehmern eingereicht.18 Es ist jedoch zulässig, daß auch solche Wahlvorschläge und -listen unter

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13 14

15 16 17 18

Hanau/Ulmer § 20 Rdn 16 mit Judikaturnachweisen. Str; wie hier GemKomm.MitbestG/Maffto $ 20 Rdn 24; zum Teil auch Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 20 Rdn 38; aA Fitting/Wlotzke/Wißmann § 20 Rdn 23; GewKomm.MitbestG/Keftrmarm § 20 Rdn II; Hanau/Ulmer§20 Rdn 15. LAG Hamm AuR 1989,59. Vgl BAGE 53, 386 = DB 1987, 232 (Übernahme der Wahlkosten für einen Kandidaten). Vgl BVerfG AP Nr 7 zu Art 9 GG. § 1 6 Abs 2. Vgl dazu BGHZ 4 5 , 3 1 4 . Vgl § § 1 2 , 1 5 Abs 2.

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Wahlschutz und Wahlkosten $ 20 II. Wahlschutz

dem Namen einer Gewerkschaft eingeführt werden, sofern diese sie autorisiert hat. Denn es gehört zum Kernbereich der nach Art 9 Abs 3 GG geschützten Koalitionsfreiheit, daß die Gewerkschaften auch insoweit bei den Wahlen nach dem MitbestG - wie nach dem BetrVG als solche in Erscheinung treten.19 Den Gewerkschaften steht demgemäß auch das Recht zu, dafür zu sorgen, daß keine Nichtmitglieder in den Vorschlag aufgenommen werden. Im übrigen ist es aber mit dem MitbestG, das Vorschlags- und Wahlrecht gerade den Arbeitnehmern des Unternehmens zuspricht, unvereinbar, daß die Gewerkschaften die Kandidaten, ihre Reihenfolge uä bestimmen. Ebensowenig darf die Gewerkschaft Druck auf ihre Mitglieder ausüben, die Gewerkschaftsliste zu wählen, oder ihnen andernfalls den Ausschluß androhen.20 b) Kann eine Gewerkschaft im Rahmen des soeben Gesagten an der 1 0 Wahl teilnehmen, muß es ihr auch gestattet sein, mit organisatorischen und propagandistischen Mitteln konkurrierende Wahlvorschläge zu bekämpfen. Dieses Recht muß jedoch gegen die durch § 20 garantierte Wahlfreiheit abgewogen werden. In diesem Licht erscheinen die vom BGH 2 1 vorgenommenen Differenzierungen zum Wahlschutz bei Betriebsratswahlen auch für das Mitbestimmungsrecht sachgemäß: Gewerkschaftsmitglieder, die eine mit der Gewerkschaftsliste konkurrierende Liste aufstellen oder auf einer solchen Liste kandidieren, können nicht aus der Gewerkschaft ausgeschlossen oder mit dem Ausschluß bedroht werden, sofern sie sich auf den notwendigen Wettbewerb um Stimmen beschränken und nicht darüber hinaus gegen die Gewerkschaft kämpfen oder allgemein gewerkschaftsfeindlich äußern. Das gilt vor allem, aber nicht nur dann, wenn die Gewerkschaft den betroffenen Mitgliedern die Möglichkeit vorenthalten hat, ihre Wahlinteressen auf den von der Gewerkschaft gebildeten oder unterstützten Listen angemessen wahrzunehmen. Ein Ausschluß kommt nur dann in Betracht, wenn zusätzliche, den Schutz der Wahlfreiheit überwiegende Gründe vorliegen. Ein solcher Grund kann gegeben sein, wenn das Mitglied auf der Liste einer anderen Gewerkschaft kandidiert, weil darin die offene Kritik an der Gewerkschaft als solcher und nicht nur an ihrer im Unternehmen verfolgten Politik liegt. In Betracht kommt ferner der Einsatz unlauterer Mittel im Wahlkampf gegen die Gewerkschaft oder ähnliche Begleitumstände, nament-

19 20

21

Vgl BAG AP Nr 9 zu § 19 BetrVG 1952; BGHZ 71,126. Im wesentlichen ebenso Hanau/Ulmer § 20 Rdn 20 ff; vgl auch BGHZ 71,126; BGH BB 1991,1565. BGHZ 45, 314; 71, 126; 87, 337; 102, 265; BGH AP Nr 3 zu $ 25 BGB; BGH BB 1991,1565. 285

$ 20 Wahlschutz und Wahlkosten 2. Teil. Aufsichtsrat

lieh unrichtige Angaben und Täuschung der Wähler zum Nachteil der Gewerkschaft.22Allerdings hat das BVerfG neuerdings den Ausschluß von Mitgliedern generell zugelassen, die auf einer gewerkschaftsfremden Liste kandidieren. 23 11 4. Die Verletzung der Schutzbestimmungen des $ 20 bedeutet regelmäßig einen Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, der die Anfechtung der Wahl gemäß §§ 21 oder 22 rechtfertigt. In besonders schwerwiegenden Fällen kommt darüber hinaus die Nichtigkeit der Wahl in Betracht, wenn auch vom Anschein einer ordnungsmäßigen Wahl nicht mehr gesprochen werden kann. 24 Über vorgeschaltete Kontrollverfahren und einstweiligen Rechtsschutz vgl unten § 22 Rdn 24 ff. Die Vorschriften des § 20 Abs 1 und 2 enthalten ferner ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB, so daß rechtsgeschäftliche Maßnahmen gegenüber den Arbeitnehmern, welche die Wahl behindern oder beeinflussen, namentlich eine unzulässige Kündigung, nichtig sind (hA). Unwirksam ist auch ein nach § 20 unzulässiger Gewerkschaftsausschluß. Die Klage dagegen ist vor den ordentlichen Gerichten anhängig zu machen, da es sich um vereinsrechtliche Streitigkeiten handelt. § 20 Abs 1 und 2 sind ferner Schutzgesetze, die Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs 2 BGB begründen können. 25 Dagegen gelten die Strafvorschriften des § 119 BetrVG für das MitbestG nicht. III. Wahlkosten 12

1. Die Kosten der Wahl trägt nach Abs 3 das Unternehmen. Dazu gehören auch die Kosten der Wahlvorbereitung, zB der Geschäftsführung des Wahlvorstands und der Beschaffung der notwendigen Stimmzettel, Wahlurnen und sonstigen Unterlagen. Muß der Wahlvorstand zur Vorbereitung der Wahl Reisen unternehmen, so sind die dafür notwendigen Aufwendungen zu ersetzen. 26 In Judikatur und Schrifttum zu § 20 BetrVG noch nicht endgültig geklärt ist die Frage, inwieweit die Mitglieder des Wahlvorstands beanspruchen können, auf Kosten des Unternehmens an Schulungskursen teilzunehmen,

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Ähnlich Hanau/Ulmer % 2 0 Rdn 2 4 f; wohl auch FittingJWlotzkefWißmann § 2 0 Rdn 19; Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 20 Rdn 2 6 ff; vgl auch BAG BB 1978, 6 6 0 ; ferner das Schrifttum zu § 2 0 BetrVG. VerfGE 100, 2 1 4 = NZA 1999, 7 1 3 mit Anm. Sachse ArbuR1999, 3 8 7 ; ferner Zöllner, Gewerkschaftsausschluß 17 ff; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 2 0 Rdn 19 ff. Vgl BAGE 4, 53 = AP Nr 1 zu § 19 BetrVG; vgl § 21 Rdn 13 ff, § 22 Rdn 20 ff. LAG H a m m DB 1 9 8 0 , 1 2 2 3 ; LAG Berlin AuR 1 9 8 9 , 2 8 . BAGE 4 2 , 7 1 = NJW 1 9 8 4 , 1 9 8 .

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Wahlschutz und Wahlkosten $ 20 III. Wahlkosten

auf denen sie mit dem Wahlverfahren vertraut gemacht werden.27 Angesichts der Kompliziertheit des Wahlverfahrens nach dem MitbestG wird man das Recht, derartige Schulungskurse auf Kosten des Unternehmens aufzusuchen, in angemessenem Umfang bejahen müssen. Zu den Wahlkosten gehören auch die Kosten der vorbereitenden 13 Abstimmungen darüber, ob mittelbare oder unmittelbare Wahl stattfindet,28 ob in den Fällen des § 13 Abs 2 Nr 2 die Amtszeit der Delegierten fortdauern soll, sowie über die Vorwahl der leitenden Angestellten gemäß § 15 Abs 2 Nr 2. Obwohl es sich dabei begrifflich nicht um Wahlen handelt und $ 20 Abs 1 wenigstens §§ 9 Abs 2 und 13 Abs 2 Nr 2 nicht erwähnt, regeln diese Abstimmungen doch das Wahlverfahren und sind deshalb nach dem Sinn der Vorschrift nicht davon zu trennen.29 Dagegen fallen die reinen Vorbereitungskosten zB für die Aufstellung der Vorschlagslisten oder für die Anträge gemäß §§ 9 Abs 3 dem Unternehmen nicht zur Last. Auch die Aufwendungen für Wahlpropaganda einer Gruppe oder der Gewerkschaften sind nicht zu erstatten (hA). Im Einklang mit der hL zu § 20 BetrVG hat das Unternehmen auch 1 4 die Kosten einer (nicht mutwilligen) Wahlanfechtung nach §§21 und 22 zu tragen, und zwar selbst dann, wenn sie von einer Gewerkschaft betrieben wird.30 Dagegen ist § 20 Abs 3 auf das Verfahren zur Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach § 23 nur analog anwendbar, da dieses Verfahren mit den Wahlen nichts mehr zu tun hat. Die Analogie ist jedoch aus zwei Gründen gerechtfertigt: Zum einen handeln die Arbeitnehmer und ihre im Abberufungsverfahren antrags- und entscheidungsbefugten Gruppierungen wie auch bei der Wahl als Mitglieder oder Organe des Unternehmens. Zum anderen hat das Unternehmen auch die Kosten einer Abberufung der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat gemäß § 103 Abs 1 AktG iVm § 6 Abs 2 MitbestG zu tragen. Wegen der Parallelität der Fälle ist es geboten, sie gleich zu behandeln (hL). In Übereinstimmung mit der hL zu § 2 0 BetrVG hat das Unter- 15 nehmen nur die Kosten zu übernehmen, welche zur sachgemäßen

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28 29 30

Vgl BAG BB 1973, 8 4 7 ; BB 1973, 1354; BB 1974, 1071; BB 1985, 3 9 7 ; ferner Dütz/Säcker DB 1972, Beil. Nr 17, 4; Däubler, Schulung und Fortbildung von Betriebsratsmitgliedern und Jugendvertretern nach $ 37 Abs 2 BetrVG 74; vgl ferner die Schrifttumsnachweise bei Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 2 0 Rdn 32. $ 9 Abs 3. AA Meilicke/Meilicke § 2 0 Rdn 8. Hanau/Ulmer § 20 Rdn 28; teilw aA GemKomm.MitbestG/Maftftej $ 20 Rdn 37; Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 2 0 Rdn 51; zu $ 2 0 BetrVG LAG Düsseldorf NZB 1 9 9 5 , 4 4 4 .

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s 20 Wahlschutz und Wahlkosten 2. Teil. Aufsichtsrat

Durchführung der Wahlen erforderlich sind.31 Es kommt darauf an, ob der Betreffende die Aufwendungen bei pflichtmäßiger Beurteilung der Sachlage für notwendig halten durfte.32 Dabei ist ihm ein gewisser Beurteilungsspielraum einzuräumen.33 Werden in einem Betrieb Delegierte bestellt, obwohl bereits feststeht, daß die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in Urwahl zu wählen sind, so braucht das Unternehmen die hierdurch entstehenden Kosten nicht zu tragen. Namentlich bei der Teilnahme an einer von der Gewerkschaft für Mitglieder des Wahlvorstands veranstalteten Schulung (vgl Rdn 10) ist zu prüfen, ob ein konkreter Anlaß dazu bestand.34 Auch ob es erforderlich ist, im Prozeß einen Rechtsanwalt zu beauftragen, hängt von den Umständen ab.35 16

Die Wahlkosten sind vom Unternehmen zu tragen. Im Fall des § 4 ist dies die Komplementärgesellschaft, im Fall des § 5 das herrschende Unternehmen des Konzerns. 17 2. Nach Abs 3 Satz 2 berechtigt die Versäumnis von Arbeitszeit, die zur Ausübung des Wahlrechts oder zur Betätigung im Wahlvorstand erforderlich ist, den Arbeitgeber nicht zur Minderung des Arbeitsentgelts. Die genannten Aufgaben werden ehrenamtlich und unentgeltlich wahrgenommen.36 Auf der anderen Seite soll nach dem Willen des Gesetzes den Beteiligten daraus kein materieller Nachteil erwachsen. Obwohl das Gesetz dies nicht ausdrücklich sagt, folgt aus der Vorschrift, daß die Wahlen und die Tätigkeit des Wahlvorstands während der Arbeitszeit stattfinden.37 Der Arbeitgeber hat seine Arbeitnehmer zu diesem Zweck von der Arbeit freizustellen. 38 Zu den Wahlen gehören sämtliche im Gesetz vorgesehene Vorbereitungsakte, namentlich die bei Rdn 13 genannten Vorabstimmungen, die Tätigkeit der Delegierten sowie die notwendigen Wahlversammlungen39 und Werbemaßnahmen der Wahlbewerber. Neben den Mitgliedern des Wahlvorstandes sind sinngemäß auch sonstige Wahlhelfer freizustellen. Regelmäßig ist nur eine vorübergehende Arbeitsbefreiung erforderlich, doch kann im Einzelfall, zB bei den Mitgliedern des Wahlvorstands und den Wahlbewerbern, für begrenzte Zeit auch eine

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32 33 34 35 36 37 38 39

BAGE 57, 106 = DB 1988, 862; zu Einzelheiten vgl statt aller Fitting/ Kaiser/Heither[Engels BetrVG $ 20 Rdn 34. Vgl BAGE 19,318 = A P N r 7 z u $ 3 9 BetrVG. Vgl BAG AP Nr 5 zu § 37 BetrVG 1972 mit Anm Kittner. BAG AP Nr 1 und 3 zu § 20 BetrVG 1972; BAG BB 1985,397. BAGE 70,126; Einzelheiten bei Hanau/Ulmer % 20 Rdn 29 f. Vgl $ 37 Abs 1 BetrVG. HL; ebenso zu § 20 BetrVG. BAG AP Nr 2,4 und 5 zu $ 20 BetrVG 1972. Vgl $ 17 BetrVG.

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Anfechtung der Wahl von Delegierten $ 2 1

völlige Freistellung notwendig sein. Welcher Einsatz erforderlich ist, richtet sich nach der Aufgabe sowie nach Art und Größe des Betriebs, in dem sie zu erfüllen ist. 40 Die im Zusammenhang mit der Wahl freigestellten Arbeitnehmer 1 8 haben Anspruch auf ungemindertes Arbeitsentgelt. Es ist ihnen daher der volle Lohn einschließlich aller Zuschläge weiterzuzahlen. Ist eine notwendige Tätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen, kommt auch ein Anspruch auf Ausgleich durch nachträgliche Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts analog § 37 Abs 3 BetrVG in Betracht. 41 Anspruchsgegner und daher Kostenträger ist im Gegensatz zu Abs 3 Satz 1 der Arbeitgeber. In den Fällen des $ 5 sind dies auch bei der Wahl zum Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens die einzelnen Konzernunternehmen, denen die Arbeitnehmer unmittelbar angehören, und nicht das herrschende Unternehmen selbst. 3. Über Streitigkeiten im Zusammenhang mit Abs 3, namentlich 1 9 über die Erforderlichkeit von Wahlkosten und die Erstattungspflicht des Unternehmens entscheidet gemäß SS 2 a Abs 1 Nr 3, 80 Abs 1 ArbGG das Arbeitsgericht im Beschlußverfahren. Dagegen sind Lohnklagen wegen unberechtigter Minderung des Arbeitsentgelts gemäß Abs 3 Satz 2 nach der Judikatur des BAG zu §§ 20 und 37 BetrVG im Urteilsverfahren anhängig zu machen. 42

$ 2 1 Anfechtung der Wahl von Delegierten (1) Die Wahl der Delegierten eines Betriebs kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, daß durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflußt werden konnte. (2) Zur Anfechtung berechtigt sind 1. mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs, 2. der Betriebsrat, 3. der Sprecherausschuß,

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41 42

Vgl $ 37 Abs 2 BetrVG und die Rechtsprechung und Literatur dazu, die entsprechend angewandt werden kann. Vgl Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG $ 20 Rdn 36 ff. BAG AP Nr 2 , 4 und 5 zu $ 20 BetrVG 1972.

289

$ 2 1 Anfechtung der Wahl von Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

4. das zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugte Organ. Die Anfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig. Schrifttum siehe bei § 22 Übersicht

Rdn I. Vorbemerkungen II. Anfechtung der Wahl 1. Gegenstand der Anfechtung 2. Tatbestände 3. Anfechtung im Betrieb . 4. Anfechtungsberechtigte 5. Verfahren

1

3 4 6 8 9

Rdn III. Wirkungen der Anfechtung 1. Nach Rechtskraft der Entscheidung 2. Während der Anhängigkeit des Verfahrens . . . IV. Nichtigkeit der Wahl 1. Voraussetzungen . . . . 2. Rechtsfolgen

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I. Vorbemerkungen 1

$ 21 regelt die Anfechtung der Wahl von Delegierten. Die selbständige Anfechtbarkeit dieser Wahl soll nach der Begründung zum Regierungsentwurf 1 verhindern, daß Fehler bei dieser Wahl die Anfechtbarkeit der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder selbst nach sich ziehen und deren Wiederholung notwendig machen. Daraus ist zu folgern, daß jedenfalls die nach §21 Anfechtungsberechtigten Anfechtungsgründe, die im Verfahren zur Wahl der Delegierten wurzeln, bei einer Anfechtung der Aufsichtsratswahl nicht mehr geltend machen können, wenn nicht zuvor die Wahl der Delegierten in der Frist des § 21 Abs 2 angefochten wurde. 2 2 Die Vorschrift wurde unverändert aus dem RegE übernommen. Inhaltlich stimmt sie im wesentlichen mit $ 22 überein, weicht aber insoweit davon ab, als sie nach ihrem Wortlaut nur die Wahl der Delegierten eines Betriebes, nicht aber einzelner Delegierter zuläßt (vgl Rdn 6f) und als sie den Kreis der Anfechtungsberechtigten anders bestimmt. Wie $ 22 ist sie §§ 8 Abs 2 MitbestEG und 19 BetrVG nachgebildet, weshalb auf die Judikatur und das Schrifttum hierzu zurückgegriffen werden kann. Das Anfechtungsrecht des Sprecherausschusses 1 2

BTDrucks 7/2172,25 f zu § 19. Vgl $ 2 2 Rdn 3.

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A n f e c h t u n g der Wahl von Delegierten II. A n f e c h t u n g der Wahl

S21

wurde durch das VereinfachungsG 2002 eingefügt. Die Vorschrift ist zwingenden Rechts und kann daher weder in der Satzung noch in das Wahlverfahren betreffenden Vereinbarungen modifiziert werden. In besonders schweren Fällen kommt statt der Anfechtung die Nichtigkeit der Wahl in Betracht. Zulässig ist ferner die vorgezogene Kontrolle einzelner Entscheidungen des Wahlvorstands in einem besonderen Beschlußverfahren.3 II. Anfechtung der Wahl 1. Die Anfechtung der Wahl von Delegierten ist unter den gleichen 3 Voraussetzungen zulässig wie die Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer.4 Gegenstand der Anfechtung können aber nur Fehler sein, die sich auf die Wahl der Delegierten beziehen. Diese beginnt mit der Feststellung der Zahl der auf jeden Betrieb entfallenden Delegierten gemäß §§ 52 1. WO; 56 2. und 3.WO und endet mit der Bekanntgabe des Ergebnisses der Delegiertenwahl nach SS 66 1. WO; 72 2. und 3. WO. Die Bestellung der Wahl vorstände und die Aufstellung der Wählerlisten betreffen sowohl die Wahl der Delegierten als auch der Aufsichtsratsmitglieder und können daher im Verfahren nach S 21 und nach § 22 angefochten werden.5 2. Ein Verstoß gegen das Wahlrecht liegt vor, wenn die Voraus- 4 Setzungen des S 10 Abs 2 nicht erfüllt sind. Gegen die Vorschriften über die Wählbarkeit ist verstoßen, wenn ein Delegierter die Voraussetzungen des §10 Abs 3 nicht erfüllt oder umgekehrt ein Bewerber, in dessen Person die Voraussetzungen vorliegen, nicht zugelassen wurde. Im ersten Fall ist allerdings in Analogie zu S 250 Abs 1 Satz 4 AktG Nichtigkeit der Wahl anzunehmen. 6 Ferner liegt ein zur Anfechtung berechtigender Verstoß gegen die Wählbarkeitsvoraussetzungen vor, wenn bei der Bestellung der Delegierten die von S U Abs 2 und 3 vorgeschriebene Verteilung der Delegierten auf die regulären Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten nicht eingehalten wurde. Als Verstöße gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens kommen die bei S 22 Rdn 10 genannten in Betracht, ferner Verstöße gegen die die Wahl der Delegierten betreffenden Vorschriften der Wahlordnungen. 7

3 4 5 6

7

Vgl $ 2 2 Rdn 24. Vgl § 2 2 Rdn 6 ff. GemKomm.MitbestG/Maithes§ 21 Rdn 17 f. Vgl § 22 Rdn 8; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 2 1 Rdn 3; aA Hanau/Ulmer Rdn 22; GemKomm.MitbestG/Mattftes§ 21 Rdn 45 f. § § 5 1 - 6 7 1 . WO; 5 5 - 7 3 2. und 3. WO.

§21

291

s Z I Anfechtung der Wahl von Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

5

Die Anfechtung ist nur zulässig, sofern nicht eine Berichtigung erfolgt oder noch möglich ist,8 ferner wenn der Fehler das Wahlergebnis geändert oder beeinflußt haben kann. 9 6 3. Nach dem Wortlaut des Gesetzes bezieht sich die Anfechtung, in auffallendem Gegensatz zur Formulierung des § 2 2 , auf die Wahl sämtlicher Delegierten eines Betriebes. Meilicke/Meilicke10 ziehen daraus den Schluß, daß die Anfechtung tatsächlich nicht auf die Wahl eines Delegierten beschränkt werden kann, sondern stets sämtliche Delegierten eines Betriebs erfaßt. Aus den gleichen Gründen müßten dann auch die Beschränkung auf eine Gruppe von Delegierten innerhalb eines Betriebs oder aber die Ausdehnung auf sämtliche Delegierten des ganzen Unternehmens für unzulässig erklärt werden. 7 Eine solche Interpretation wäre höchst unzweckmäßig, weil sie in vielen Fällen dazu nötigen würde, größere Teile der Wahl zu wiederholen, als notwendig ist, die Auswirkungen des Gesetzesverstoßes zu beseitigen. Sie ist durch das Gesetz aber auch nicht geboten. Die AnfechtungsVorschriften der SS 21 und 22 haben bei der Vorbereitung des Gesetzes weniger im Schnittpunkt des öffentlichen und politischen Interesses gestanden als die anderen Regeln des Gesetzes. Sie wurden daher, wie sich auch aus den sehr knappen und formelhaften Ausführungen dazu in der Begründung zum Regierungsentwurf 11 ergibt, nicht so sorgfältig ausgearbeitet, daß aus der Divergenz des Wortlauts zwischen SS 21 und 22 endgültige Schlüsse gezogen werden müßten. In dieser Situation fällt die Rechtslage bei der Anfechtung von Betriebsratswahlen nach § 19 BetrVG entscheidend ins Gewicht. Obwohl sich S 1 9 BetrVG nach seinem Wortlaut nur auf die Wahl des Betriebsrats im Ganzen bezieht, ist in Judikatur und Schrifttum anerkannt, daß die Anfechtung auch auf die Wahl eines einzelnen Betriebsratsmitglieds oder einer Gruppe von Betriebsratsmitgliedern beschränkt werden kann. 12 Es besteht kein Grund, diese der Natur der Sache entsprechende Interpretation nicht auch auf S 21 zu übertragen. Anzufechten ist demnach je nach der Art des Verstoßes die Wahl eines einzelnen Delegierten, einer Gruppe von Delegierten oder sämtlicher Delegierten eines Betriebes. 13 Erfaßt der Gesetzesverstoß sämtliche Wahlen in allen Betrieben des Unternehmens, muß sich

8 9 10 11 12 13

Vgl § 2 2 R d n 12. Vgl § 2 2 Rdn 13. § § 2 1 , 22 Rdn 2. BTDrucks 7 / 2 1 7 2 , 2 5 f. BAG AP Nr 11 zu $ 18 BetrVG; AP Nr 1 zu § 5 BetrVG; hA. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann § 2 1 Rdn 9; Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 2 1 Rdn 6 ff; Hanau/Ulmer § 21 Rdn 2; GemKomm.MitbestG/Mafffc« § 2 1 Rdn 2 4 ff.

292

Anfechtung der Wahl von Delegierten $ 2 1 II. Anfechtung der Wahl

auch die Wahlanfechtung auf sämtliche Delegierten des Unternehmens erstrecken, denn es wäre wenig sinnvoll, in einem solchen Fall die Wahl in einem Betrieb für unwirksam zu erklären, im anderen aber nicht, nur weil sie nicht in allen Betrieben angefochten wurde. Es kommt auf den Einzelfall an. Die Anfechtung ist jeweils soweit auszudehnen, daß die tatsächlichen oder möglichen Folgen des Verstoßes vollständig beseitigt werden können. 1 4 4. Anfechtungsberechtigt sind nach der abschließenden Aufzählung 8 des Abs 2 mindestens drei der nach $ 10 Abs 3 wahlberechtigten Arbeitnehmer des Betriebes, der Betriebsrat, der Sprecherausschuß sowie das gesetzliche Vertretungsorgan des Unternehmens. Andere Personen oder Vereinigungen sind ausgeschlossen. Die nach § 22 Anfechtungsberechtigten können aber die Anfechtung der Aufsichtsratswahl auch auf Gründe stützen, die zur Anfechtung der Delegiertenwahl berechtigten würden, sofern sie sich auch auf die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ausgewirkt haben können. 15 Sie können ferner einzelne Fehler im vorgezogenen Kontrollverfahren angreifen. 16 Die zweiwöchige Anfechtungsfrist gemäß Abs 2 Satz 2 läuft vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an. Für ihre Berechnung gelten die Ausführungen bei § 2 2 Rdn 16. Es handelt sich um eine Ausschlußfrist mit materiellrechtlicher Wirkung, nach deren ungenutztem Ablauf die Gültigkeit der Wahl mit rechtlichen Mitteln nicht mehr angezweifelt werden kann, selbst wenn sie mit Gesetzesverstößen behaftet ist. 5. Die Anfechtung wird durch Anrufung des Arbeitsgerichts im 9 Beschlußverfahren gemäß § 2 a Abs 1 Nr 3, 80 ArbGG geltend gemacht. Wer Anfechtungsgegner ist, sagt das Gesetz nicht, doch ist in Analogie zu $ 19 BetrVG anzunehmen, daß sie sich je nach Gegenstand gegen den einzelnen fehlerhaft bestellten Delegierten, gegen die Delegierten eines Betriebs, die Gruppe von Delegierten der regulären Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten oder gegen sämtliche Delegierte des Unternehmens richtet. 17 Am Verfahren beteiligt ist ferner das gesetzliche Vertretungsorgan des Unternehmens, gegebenenfalls auch der Aufsichtsrat, wenn er ein rechtliches Interesse hat. 1 8 Der Antrag zielt darauf ab, die Unwirksamkeit der Wahl auszusprechen,

14

15 16 17 18

Im Ergebnis ebenso Hoffmanti/Lehmann/Weinmann § 2 1 Rdn 8; aA Fitting/ Wlotzke/Wißmann $ 2 1 Rdn 10; GemKomm.MitbcstG/Mattte $ 2 1 Rdn 21 ff (Beschränkung auf Delegierte eines Betriebes). Vgl § 2 2 Rdn 3. § 2 2 Rdn 24. Vgl zu $ 19 BetrVG Fitting/Kaiser/Heither/Engels § 19 BetrVG Rdn 2 6 ff mwN. Vgl § 2 2 Rdn 15.

293

$ 2 1 Anfechtung der Wahl von Delegierten 2. Teil. Aufsichtsrat

wenn das Verfahren als solches angegriffen wird. Wird lediglich die Feststellung des Wahlergebnisses angezweifelt oder die Wahl einzelner Delegierter angefochten, k o m m t statt dessen auch die Korrektur des Wahlergebnisses in Betracht, die das Gericht dann in der Entscheidung vorzunehmen hat. 1 9 III. W i r k u n g e n der A n f e c h t u n g 10

1. Die W i r k u n g e n der erfolgreichen Anfechtung sind verschieden je nachdem, ob sich diese auf das Delegiertenkollegium als Ganzes, eine Gruppe von Delegierten oder auf einen einzelnen Delegierten bezieht. Greift die Anfechtung in einem Betrieb oder im ganzen Unternehmen durch, so steht mit der Rechtskraft der Entscheidung die

Ungültigkeit der Wahl endgültig und mit Wirkung für und gegen

alle Beteiligten fest. Die Wahl m u ß wiederholt werden. Vorentscheidungen gemäß §§ 9 Abs 3 werden von der Ungültigkeit allerdings nur betroffen, wenn sich der Fehler auch auf sie ausgewirkt haben kann. Wirken die fehlerhaft bestellten Delegierten nach Rechtskraft der Entscheidung an einer Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer mit, so ist auch diese Wahl anfechtbar, sofern sich die Teilnahme auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben kann. Ist die Wahl der Mehrheit der Delegierten erfolgreich angefochten, ist die unter deren Beteiligung durchgeführte Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nichtig. 2 0 11

2. Zweifelhaft ist die Rechtslage w ä h r e n d d e r A n h ä n g i g k e i t des Verfahrens. Die hL zu § 19 BetrVG, ebenso aber auch zu den entsprechenden Vorschriften des Gesellschaftsrechts 2 1 n i m m t an, daß die Ungültigkeit der Wahl nicht mit rückwirkender Kraft, sondern nur für die Zukunft festgestellt wird. Danach könnten auch die Delegierten ungeachtet der Anfechtung ihr Amt bis zur Rechtskraft der Entscheidung ausüben, namentlich die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer rechtswirksam wählen. 2 2 Wenn Meilicke/Meilicke13 dagegen einwenden, die Regel passe nicht für die Bestellung der Delegierten, so ist zuzugeben, daß die die Anfechtung betreibenden Arbeitnehmer dadurch praktisch rechtlos gestellt werden, weil sich die Aufgabe der Delegierten darin erschöpft, die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeit-

19 20 21 22

23

Vgl BAGE 1,166 = AP Nr 2 zu $ 7 6 BetrVG 1952. Vgl $ 22 Rdn 22. Vgl $ 2 2 Rdn 19. Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann $21 Rdn 19; Hoffmann/Lehmann/Weinmann $21 Rdn 36 ff. $ $ 2 1 , 2 2 Rdn 21.

294

Anfechtung der Wahl von Delegierten IV. Nichtigkeit der Wahl

$21

nehmer zu wählen. Ihr Vorschlag, in diesem Fall die Aufsichtsratswahl bis zum rechtskräftigen Abschluß des Anfechtungsverfahrens zurückzustellen, entspricht dieser Rechtslage am besten, dürfte jedoch angesichts der unter Umständen langen Dauer eines sich über mehrere Instanzen hinziehenden Anfechtungsprozesses regelmäßig nicht durchführbar sein. In besonders schweren Fällen ist statt dessen daran zu denken, die 12 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung gemäß § 85 Abs 2 ArbGG vorläufig zu hindern, wobei allerdings das Interesse der Arbeitnehmer, im Aufsichtsrat vertreten zu sein, gegen das Interesse der Anfechtungsberechtigten abzuwägen ist, daß nicht gesetzwidrig gewählte Vertreter der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat einrücken. Im übrigen ist nach der hier vertretenen Konzeption24 davon auszugehen, daß während der Anhängigkeit des Verfahrens nach § 21 auch die Aufsichtsratswahl nach $ 22 in der dort angegebenen Frist angefochten werden muß. Ist dies geschehen, kann auch die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder für unwirksam erklärt werden, wenn die Unwirksamkeit der Wahl der Delegierten feststeht und auf die Aufsichtsratswahl Einfluß gehabt haben kann. Bis zur Klärung hat das Gericht das Verfahren auszusetzen. Sind beide Prozesse bei demselben Gericht anhängig, kann es sie auch verbinden. Bis zur Rechtskraft der die Aufsichtsratswahl betreffenden Entscheidung können die so gewählten Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt rechtswirksam ausüben.25 Verstreicht die Frist zur Anfechtung der Delegiertenwahl dagegen ungenutzt, können die nach §21 Anfechtungsberechtigten die Aufsichtsratswahl nicht mehr mit der Begründung anfechten, die Wahl der Delegierten sei anfechtbar gewesen. IV. Nichtigkeit der Wahl 1. Neben der Anfechtung kommt nach allgemeinen gesellschafts- 13 und arbeitsrechtlichen Vorschriften die Nichtigkeit der Wahl der Delegierten in Betracht, wenn so grob und offensichtlich gegen grundlegende Wahlregeln verstoßen wurde, daß auch der Anschein einer Wahl nicht mehr vorliegt.26 Im Fall des § 21 kommt neben den bei § 22 Rdn 21 f genannten Fällen auch die Abhaltung einer Delegiertenwahl in Betracht, obwohl die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat gemäß § 9 in unmittelbarer Wahl zu bestellen sind.27 Nichtigkeit der

24 25 26 27

Vgl $ 2 2 Rdn 3. Vgl § 2 5 Rdn 4 0 f. Vgl § 2 2 Rdn 20. AAGemKomm.MitbestG/MaftftwS21 R d n 7 .

295

$ 2 2 Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

Wahl ist ferner anzunehmen, wenn ein Delegierter die Wählbarkeitsvoraussetzungen des $ 10 Abs 3 nicht erfüllt, denn zum einen erfordert die Parallelität der Rechtslage mit der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder,28 auch in diesem Fall die Nichtigkeit anzunehmen. Zum anderen ergibt sich aus § 14 Abs 1 Nr 3, wonach der Verlust der Wählbarkeit kraft Gesetzes dazu führt, daß die Amtszeit eines Delegierten endet, daß nach dem Willen des Gesetzes ein Delegierter, der die Wählbarkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt, sein Amt nicht, auch nicht vorübergehende Zeit, ausüben kann. 29 14 2. Die Nichtigkeit der Wahl kann von jedermann in jedem Verfahren ohne zeitliche Beschränkung geltend gemacht werden. Sie wirkt ex tunc. Ein Feststellungsantrag ist gemäß § 2 a Abs 1 Nr 3 ArbGG an das Arbeitsgericht zu richten, das im Beschlußverfahren 30 entscheidet. Die Teilnahme von Delegierten, die in nichtiger Wahl bestellt wurden, an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ist ohne weiteres ein Anfechtungsgrund gemäß § 22, sofern sie sich auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben kann. Ergreift die Nichtigkeit die Mehrheit der Delegierten, so ist auch die Aufsichtsratswahl nichtig. 31

$ 22 Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer (1) Die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds oder eines Ersatzmitglieds der Arbeitnehmer kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, daß durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflußt werden konnte. (2) Zur Anfechtung berechtigt sind 1. mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Unternehmens,

28 29

30 31

Vgl § 2 2 R d n 21. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 2 1 Rdn 3; aA Matthes § 21 Rdn 4 5 f; Hanau/Ulmer $ 21 Rdn 22. § 8 0 Abs 1 ArbGG. Str; vgl J 2 2 Rdn 22.

296

GemKomm.MitbestG/

Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer S 2 2

2. der Gesamtbetriebsrat des Unternehmens oder, wenn in dem Unternehmen nur ein Betriebsrat besteht, der Betriebsrat sowie, wenn das Unternehmen herrschendes Unternehmen eines Konzerns ist, der Konzernbetriebsrat, soweit ein solcher besteht, 3. der Gesamt- oder Unternehmenssprecherausschuß des Unternehmens oder, wenn in dem Unternehmen nur ein Sprecherausschuß besteht, der Sprecherausschuß sowie, wenn das Unternehmen herrschendes Unternehmen eines Konzerns ist, der Konzernsprechensausschuß, soweit ein solcher besteht. 4. der Gesamtbetriebsrat eines anderen Unternehmens, dessen Arbeitnehmer nach diesem Gesetz an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder teilnehmen, oder, wenn in dem anderen Unternehmen nur ein Betriebsrat besteht, der Betriebsrat, 5. der Gesamt- oder Unternehmenssprecherausschuß eines anderen Unternehmens, dessen Arbeitnehmer nach diesem Gesetz an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder des Unternehmens teilnehmen, oder, wenn in dem anderen Unternehmen nur ein Sprecherausschuß besteht, der Sprecherausschuß, 6. jede nach § 16 Abs 2 vorschlagsberechtigte Gewerkschaft, 7. das zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugte Organ. Die Anfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Veröffentlichung im Bundesanzeiger an gerechnet, zulässig.

Schrifttum Conze, Zur Anfechtung von Maßnahmen des Wahlvorstandes während des Wahlverfahrens für die Aufsichtsratswahl nach dem MitbestimmungsG 1976, DB 1981, 2 2 2 7 ff; Haake, Das Verhältnis von Änderungsverlangen und Einspruchsverfahren zur Anfechtungsklage nach § 2 2 Mitbestimmungsgesetz, BB 1983, 8 4 1 ; Held, Nichtigkeit der Wahlen der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat, Diss. Tübingen 1983; Matthes, Das Verhältnis der Anfechtung der Wahl der Wahlmänner zur Anfechtung der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder, DB 1 9 7 8 , 6 3 5 ; ders, Fragen zur Aufstellung der Wählerlisten nach den Wahlordnungen zum Mitbestimmungsgesetz, DB 1978, 1127; Meik, Der Konzern im Arbeitsrecht und die Wahl des Konzernbetriebsrats im Schnittbereich zur Wahl des Aufsichtsrats, BB 1991, 2 4 4 1 ; Müller, Zur Anfechtung der Betriebsratswahl, FS Schnorr v. Carolsfeld, 1972, 367; Paland, Berichtigung von Fehlern während laufender Wahlen nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976, DB 1988, 1494; Säcker, Die Wahlordnungen zum Mitbestimmungsgesetz, 1978; Schröder, Mängel und Heilung der Wählbarkeit bei Aufsichtsrats- und Betriebsratswahlen, 1979; Thau, Mängel der Aufsichtsratswahlen nach dem MitbestG, 1983; Wlotzke, Zusammensetzung und Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, Z G R 1 9 7 7 , 3 5 6 ; ferner das Schrifttum zu § 19 BetrVG.

297

$ 2 2 Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der A r b e i t n e h m e r Z.Teil. Aufsichtsrat

Übersicht Rdn I. Vorbemerkungen 1. Allgemeines 2. Verhältnis zu $ 2 1 . . . . 3. Zwingendes Recht . . . II. Voraussetzung der Anfechtung 1. Gegenstand der Anfechtung 2. Verstoß gegen wesentliche V o r s c h r i f t e n . . . . 3. Verstoß gegen das Wahlrecht 4 . Verstoß gegen die Wählbarkeit 5. Wahlverfahren 6. Berichtigung 7. Beeinflussung des Wahlergebnisses III. Anfechtungsverfahren

1 3 4

5 6 7 8 10 12 13

Rdn 1. Reichweite der Anfechtung 2. Anfechtungsberechtigte 3. Frist 4. Zuständigkeit IV. Wirkungen der Anfechtung V. Nichtigkeit der Wahl 1. Voraussetzungen . . . . 2. Rechtsfolgen VI. Anfechtung einzelner M a ß n a h m e n während des Wahlverfahrens 1. Vorgezogenes gerichtliches Kontrollverfahren 2. Gegenstand des Verfahrens 3. Rechtsschutzinteresse . 4. Antragsberechtigte . . . 5. Beteiligte

14 15 16 17 18 20 23

24 26 27 28 31

I. Vorbemerkungen 1

1. $ 22 betrifft die Anfechtung der Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds oder Ersatzmitglieds der Arbeitnehmer. Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner kann bei der AG und der KGaA gemäß §§ 243, 251 AktG und bei der Genossenschaft gemäß § 5 1 GenG angefochten werden, bei den anderen unter das Gesetz fallenden Unternehmen nach den in Anlehnung hieran entwickelten allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Anfechtungsregeln. 1 Materiell knüpft § 22 die Anfechtbarkeit an dieselben Voraussetzungen wie § 21, bestimmt aber den Kreis der Anfechtungsberechtigten anders. Beide Vorschriften sind §§ 8 Abs 2 MitbestEG und 19 BetrVG nachgebildet, so daß die Judikatur und das Schrifttum hierzu zur Auslegung herangezogen werden können. Vom Regierungsentwurf (§20) weicht § 2 2 nur insofern ab, als die Wahl der Ersatzmitglieder einbezogen und der Konzernbetriebsrat in den Kreis der Anfechtungsberechtigten aufgenommen wurde. Die Anfechtungsbefugnis der Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten wurde durch das VereinfachungsG von 2002 eingefügt.

1

Vgl Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften $ 1 6 I X , 3 4 VII.

298

Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer $ 22 I. Vorbemerkungen

§ 22 läßt offen, ob die Anfechtung unter den im Gesetz genannten 2 Voraussetzungen als der einzige Rechtsbehelf gegen fehlerhafte Wahlen zur Verfügung steht oder nicht. Doch ist sowohl im Gesellschaftsrecht als auch für die Wahlen zum Betriebsrat nach § 19 BetrVG und zum Aufsichtsrat nach §§ 76, 77 BetrVG 1952 anerkannt, daß besonders schwere Mängel auch ohne gesetzliche Grundlage ausnahmsweise nicht nur die Anfechtbarkeit, sondern die Nichtigkeit der Wahl nach sich ziehen. Es besteht kein Anlaß, diese Grundsätze nicht auch auf die Wahlen nach dem MitbestG zu übertragen, zumal anderenfalls für die Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner und der Arbeitnehmer verschiedenes Recht gelten würde.2 Die Voraussetzungen der Nichtigkeit sind im einzelnen unten (Rdn 20 ff) erörtert. Daneben hat die Judikatur zu § 19 BetrVG auch die Möglichkeit eröffnet, einzelne Maßnahmen des Wahlvorstands schon vor Abschluß des Wahlverfahrens gerichtlich anzugreifen, um eine rechtzeitige Korrektur fehlerhafter Entscheidungen zu ermöglichen, die ein späteres Anfechtungsverfahren überflüssig macht. Auch dieses Verfahren, dessen Zweckmäßigkeit offenkundig ist, kann unbedenklich für den Geltungsbereich des MitbestG übernommen werden (unten Rdn 24). Schließlich spielen einstweilige Verfügungen (§ 85 Abs 2 ArbGG) im Zusammenhang mit den Aufsichtsratswahlen eine in der Praxis wichtige Rolle (unten Rdn 25). 2. Ungeklärt und problematisch ist das Verhältnis von $§ 21 und 3 22, wenn ein Fehler bei der Wahl der Delegierten vorliegt, der sich auch auf die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer auswirken kann. Im Ansatz bieten sich zwei Lösungen an. Entweder geht man davon aus, daß Fehler bei der Wahl der Delegierten, die zur Anfechtbarkeit führen, nur im Verfahren nach § 21 angefochten werden können und eine Anfechtung der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach § 2 2 nur rechtfertigen, wenn die Anfechtung gemäß § 21 erfolgreich durchgeführt wurde.3 Die Lösung entspricht dem Text des Gesetzes und der Untergliederung des Wahlverfahrens in zwei Stufen, die in der Trennung von $$ 21 und 22 zum Ausdruck kommt, am besten. Sie wahrt ferner die Frist des §21, denn nach Ablauf der Frist wäre, sofern keine Anfechtung erfolgt ist, mit materiellrechtlicher Wirkung (vgl Rdn 16) klargestellt, daß die bei der Wahl der Delegierten vorgefallenen Fehler im Anfechtungsprozeß nach § 2 2

2 3

Vgl § 2 5 0 AktG. So GemKomm.MitbestG/Mattft« § 2 2 Rdn 27ff; ders DB 1978, 6 3 5 ; HanaulUlmer § 22 Rdn 2; Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 22 Rdn 6; KölnKomm. AktG/ Mertens Anh § 117 B $ 2 1 MitbestG Rdn 1; Thau, Mängel der Aufsichtsratwahlen 3 4 6 ff; Großkomm. AktG/Oetker% 2 2 MitbestG Rdn 6.

299

$ 2 2 Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der A r b e i t n e h m e r 2. Teil. Aufsichtsrat

nicht mehr geltend gemacht werden können. Auf der anderen Seite würde sie zum Ausschluß von Anfechtungsgründen aus dem Anfechtungsprozeß nach § 2 2 führen, die bei unmittelbarer Wahl dort zu prüfen sind, ferner zwei hintereinander geschaltete Anfechtungsprozesse erforderlich machen, wenn die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer aus Gründen angefochten werden soll, die schon im Verfahren zur Wahl der Delegierten liegen. Vor allem aber würde sie die nur im Verfahren nach § 22, nicht jedoch nach § 21 Anfechtungsberechtigten hindern, derartige Anfechtungsgründe geltend zu machen. Läßt man beim zweiten Lösungsansatz auf der anderen Seite zu, daß Anfechtungsgründe, die bereits durch die Anfechtung der Wahl der Delegierten geltend gemacht werden konnten, auch noch bei einer Anfechtung der Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat vorgebracht werden, 4 so wird das gesonderte Verfahren nach $ 21, vor allem die dort genannte Ausschlußfrist von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses, praktisch gegenstandslos gemacht. Die Lösung ist daher abzulehnen. Allerdings bedarf auch die zuerst genannte Trennungstheorie einer Modifikation insofern, als nur die im Fall des § 2 1 Anfechtungsberechtigten bei der Anfechtung nach § 2 2 darauf verwiesen werden können, sie hätten die in der Wahl der Delegierten wurzelnden Anfechtungsgründe bereits im Verfahren nach § 21 vorbringen müssen. Den weiteren nur nach § 22 Anfechtungsberechtigten kann dagegen nicht verwehrt werden, auch die Anfechtungsgründe, die nach § 21 wegen Ablaufs der Zweiwochenfrist bereits ausgeschlossen wären, noch bei der Anfechtung der Aufsichtsratswahl nach § 22 vorzubringen. 5 Werden beide Wahlen angefochten, so kommt eine Aussetzung des Verfahrens über die Anfechtung der Aufsichtsratswahl bis zur Entscheidung im Verfahren nach § 21 jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn in beiden Verfahren die Gültigkeit der zugrunde liegenden Gesetzesvorschriften zu klären ist. 6 4 3. Die Vorschrift ist zwingenden Rechts und kann daher durch Vereinbarungen zwischen den Trägern der Mitbestimmung oder durch die Satzung des Unternehmens nicht geändert werden. Namentlich ist es ausgeschlossen, den Kreis der Antragsberechtigten zu verkleinern oder zu vergrößern.

4

5 6

So anscheinend Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 2 2 Rdn 21; GewKomm.MitbestG/ Ke/irmimn $ 21 Rdn 11. AA Matthes aaO; Thau aaO; Oetker aaO. LAG Berlin 1 . 1 1 . 1 9 9 6 (Az 2 TaBV 2/96).

300

A n f e c h t u n g der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer $ 22 II. Voraussetzungen der A n f e c h t u n g

II. Voraussetzungen der Anfechtung 1. Gegenstand der Anfechtung ist nach dem Wortlaut des Gesetzes 5 die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds oder Ersatzmitglieds, selbstverständlich ggf auch beider zusammen. Bei Urwahl kann die Anfechtung auf sämtliche Anfechtungsgründe gestützt werden. Bei Delegiertenwahl sind im Rahmen des in Rdn 3 Gesagten hingegen die Anfechtungsgründe ausgeschlossen, die sich auf die Wahl der Delegierten beziehen.7 Gegenstand der Anfechtung nach § 22 sind daher alle Wahlakte bis zur Feststellung der Zahl der auf jeden Betrieb entfallenden Delegierten8 und nach der Bekanntgabe des Ergebnisses der Delegiertenwahl.9 Dazu gehören namentlich die Bestellung der Wahlvorstände, die Aufstellung der Wählerlisten, die Abstimmung über die Art der Wahl nach § 9 Abs 3, die Aufstellung der Wahlvorschläge und die Vorabstimmung nach §15 Abs 2 Nr 2 sowie die eigentliche Wahl der Aufsichtsratsmitglieder.10 2. Die Wahlanfechtung setzt nach Abs 1 materiell voraus, daß 6 gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde. Zu den wesentlichen Vorschriften gehören die einschlägigen Paragraphen des Gesetzes (§§9-18), ferner auch der Wahlordnungen. Wesentlich sind nach hL alle zwingenden Vorschriften. 11 Dagegen rechtfertigt der Verstoß gegen reine Sollvorschriften12 oder gegen Ordnungsvorschriften 13 die Anfechtung regelmäßig nicht. Sie ist in derartigen Fällen nur unter besonders erschwerenden Umständen begründet, zB wenn in demselben Verfahren gegen so zahlreiche Ordnungsvorschriften verstoßen wurde, daß die Wahl im Ganzen nicht mehr als ordnungsgemäß angesehen werden kann.14 In der Judikatur ist eine Tendenz zu beobachten, den Begriff der wesentlichen Vorschriften weit auszulegen.15 3. Ein Verstoß gegen das (aktive) Wahlrecht liegt vor, wenn die 7 Voraussetzungen der §§ 10 Abs 2 oder 18 Satz 1 nicht eingehalten sind, das heißt wenn wahlberechtigte Personen von der Wahl ausgeschlossen

7 8 9 10 11 12 13

14 15

Vgl § 2 1 Rdn 3. $ $ 5 2 1. WO; 56 2. und 3. WO. SS 66 1. WO; 72 2. und 3. WO. GemKomm.MitbestG/Matfftes$ 22 Rdn 19; Thau aaO 359 ff. Vgl BAGE 12,252 = AP Nr 10 zu S 13 BetrVG; BAGE 5 9 , 3 2 8 = BB 1989,496. ZB S 12 Abs 2. ZB die Vorschrift in der Wahlordnung, in den Wählerlisten Vornamen und Geburtsdatum mit anzugeben. Vgl BAGE 17,223 = AP Nr 11 zu § 13 BetrVG mit Anm Küchenhoff. Vgl die Kasuistik bei Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG $ 19 Rdn 10 ff; ferner Thau aaO 360 ff.

301

S 22 Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

oder nicht wahlberechtigte (zB Jugendliche unter 18 Jahren oder nicht dem Unternehmen angehörende Arbeitnehmer) zu ihr zugelassen wurden. 16 Der Tatbestand ist ferner erfüllt, wenn ein Arbeitnehmer der falschen Gruppe zugeordnet wurde.17 Bei mittelbarer Wahl verstößt ferner auch die Teilnahme eines Delegierten gegen das Wahlrecht, dessen Wahl nichtig ist oder auf Anfechtung für nichtig erklärt wurde oder dem zu Unrecht mehrere Stimmen zuerkannt wurden. 18 Die Anfechtung wegen falscher Eintragung oder Nichteintragung in die Wählerliste setzt allerdings voraus, daß zuvor erfolglos die Änderung verlangt oder Einspruch dagegen gemäß $$ 10 Abs 1, 1. bis 3. WO eingelegt wurde. 19 8 4. Ein Verstoß gegen die Vorschriften über die Wählbarkeit liegt zunächst vor, wenn die aktienrechtlichen Voraussetzungen gemäß §§ 100, 105 AktG iVm 6 Abs 2 Satz 1 MitbestG nicht erfüllt sind oder umgekehrt ein Kandidat von der Wahl ausgeschlossen wurde, der die Voraussetzungen erfüllt. 20 Gemäß § 250 Abs 1 Nr 4 AktG ist die Wahl in diesen Fällen jedoch nichtig. 21 Mit der überwiegenden Ansicht im Schrifttum ist anzunehmen, daß auch das Fehlen der spezifischen mitbestimmungsrechtlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen des § 7 Abs 2 und 3 die Nichtigkeit der Wahl zur Folge hat. 22 Demgemäß ist zB nichtig die Wahl eines dem Unternehmen angehörenden Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer, welches das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder noch nicht ein Jahr zum Unternehmen gehört. Für diese Ansicht spricht vor allem die Parallele zu § 2 4 Abs 1, wonach bei nachträglichem Wegfall dieser Voraussetzungen das Aufsichtsratsmandat erlischt.23 Für die Anwendung des § 22 bleibt dann im wesentlichen

16

17 18 19

20 21 22

23

Vgl BAGE 16, 7 = AP Nr 3 zu $ 4 BetrVG; BAGE 26, 107 = BB 1978, 8 3 7 ; BAG BB 1 9 9 2 , 3 5 3 , 1 4 8 6 . Vgl $ 18 Satz 2; BAG BB 1 9 7 4 , 8 3 7 zu § 19 BetrVG. Vgl $ 11 Abs 1; Thau aaO 3 8 7 . HM; vgl GemKomm. MitbestG/Mattto $ 21 Rdn 36; Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 22 Rdn 29; Säcker, Wahlordnungen Rdn 117; Hanau/Ulmer § 2 1 Rdn 6; Thau aaO 126ff; zu § 19 BetrVG LAG Frankfurt BB 1 9 7 6 , 1 2 7 1 ; aA Haake DB 1 9 8 3 , 8 4 1 . Vgl $ 6 Rdn 21 ff, 50 ff. HA; vgl Rdn 21. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 2 2 Rdn 7 ff; GemKomm. MitbestG/Maffft« $ 2 2 Rdn 7ff; GewKomm.MitbestG/Keftrma«« $ 2 2 Rdn 8; Hoffmann/Lehmann/ Weinmann § 2 2 Rdn 15, 4 9 f; Säcker, Wahlordnungen Rdn 259; Wlotzke ZGR 1 9 7 7 , 3 8 2 f f ; Fuchs/KöstlerKdn 234. AA GemKomm. MitbestG/Maftft« § 6 Rdn 72, $ 7 Rdn 4 1 ; Hanau/Ulmer §22 Rdn 12; J. Schröder, Mängel und Heilung der Wählbarkeit bei Aufsichtsratsund Betriebsratswahlen, 1979, 2 2 f, der die entsprechende Anwendung von $ 2 4 Abs 1 Nr 6 BetrVG befürwortet, die zur Nichtigkeit mit Wirkung ex

302

Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer $ 22 II. Voraussetzungen der Anfechtung

der Fall, daß der nach § 15 Abs 2 vorgeschriebene Proporz zwischen den Gruppen nicht eingehalten, zB ein nicht leitender Angestellter zum Aufsichtsratsmitglied der leitenden Angestellten gewählt wurde.24 Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Amtsantritts. Jedoch sind Anfech- 9 tungsgründe auch dann nicht mehr zu beachten, wenn sie zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz weggefallen sind, weil wegen der Wirkung der Anfechtung ex nunc dann kein Rechtsschutzinteresse mehr besteht.25 Dagegen sollte die Anfechtbarkeit hier nicht davon abhängig gemacht werden, daß zuvor die Rechtsbehelfe der Wahlordnungen (vgl Rdn 7) ergriffen wurden, da dies der Bedeutung des Aufsichtsratsamts nicht gerecht würde.26 5. Den wichtigsten und häufigsten Fall bilden Verstöße gegen 10 wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren. In Betracht kommen in erster Linie Verstöße gegen die Verfahrensvorschriften des Gesetzes selbst, zB Verletzung des Wahlgeheimnisses27 oder der anderen allgemeinen Wahlgrundsätze;28 Mehrheitswahl anstelle Verhältniswahl (§ 15 Abs 1) oder falsche Anwendung der Regeln über die Verhältniswahl; Fehler bei der Zulassung von Wahlvorschlägen gemäß § 15 Abs 2, zB Zulassung trotz Fehlens der erforderlichen Zahl von Unterschriften;29 Fehler bei den Abstimmungen nach §§ 9 Abs 3,13 Abs 2 Nr 2 und Abs 3, 15 Abs 2 Nr 2. Auch die nach § 20 unzulässige Behinderung oder Beeinflussung der Wahl kommt als Anfechtungsgrund in Betracht.30 Rechtsverstöße bei der Wahl von Delegierten begründen die Anfechtung der Aufsichtsrats wahl nach dem bei Rdn 3 Gesagten nur, wenn die Anfechtung von Personen oder Gruppen beantragt wurde, die nicht schon nach §21 antragsberechtigt waren, oder wenn die Wahl der Delegierten im Verfahren nach § 21 für ungültig erklärt wurde. Zur Anfechtung berechtigen weiter Verstöße gegen wesentliche 11 Vorschriften der Wahlordnungen, zB über die Bestellung und Zusammensetzung des Wahl Vorstands,31 über Form, Inhalt und

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nunc führt; ferner Thau aaO 375 ff; Stein AG 1993, 51 ff; KölnKomm.AktG/ Mertens Anh § 117 B $ 2 2 MitbestG Rdn 4; Oetker aaO Rdn 5. WlotzkeZGR 1 9 7 7 , 3 8 4 . Schröder aaO; Hanau/Ulmer § 22 Rdn 13. Ebenso GemKomm.MitbestG/MaffÄ« § 22 Rdn 42; aA Hanau/Ulmer $ 22 Rdn 13. $ 15 Abs 1; vgl LAG Berlin DB 1 9 8 8 , 5 0 4 . Vgl § 1 5 Rdn 11 ff. Vgl BAGE 1 0 , 1 4 8 = AP Nr 3 zu $ 13 BetrVG mit Anm Küchenhoff. BAGE 4, 63 = AP Nr 1 zu § 1 9 BetrVG mit Anm Küchenhoff; BAGE 53, 3 8 6 = DB 1 9 8 7 , 2 3 2 . BAGE 59, 3 2 8 = BB 1989, 4 9 6 ; LAG Nürnberg Beschl vom 1 4 . 2 . 1 9 9 6 (4(3) TaBV 15/95).

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S 22 Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

Bekanntmachung des Wahlausschreibens und der Wählerlisten, über die bei der Wahlvorbereitung einzuhaltenden Fristen, die Ausgestaltung der Stimmzettel, Feststellung des Wahlergebnisses usw. So liegt ein zur Anfechtung berechtigender Verfahrensverstoß vor, wenn es im Wahlausschreiben heißt, daß wählbar nur alle Wahlberechtigten sind, die mindestens ein Jahr dem Unternehmen angehört haben, obwohl auch Gewerkschaftsvertreter zu wählen sind. 32 Zur Beurteilung der zahllosen in Betracht kommenden Einzelfälle ist die umfangreiche Judikatur zu § 19 BetrVG und zu den dazu ergangenen Wahlordnungen heranzuziehen. 12 6. Die Anfechtung gemäß $ 22 setzt weiter voraus, daß eine Berichtigung des Verstoßes nicht erfolgt oder nicht möglich ist. 33 Eine Berichtigung kommt in Betracht bei Fehlern, die ohne weiteres behoben werden können, zB wenn sich bei der Ermittlung des Wahlergebnisses ein Rechenfehler eingeschlichen hat. 34 Läßt sich der Fehler nicht ohne Rückwirkung auf das Wahlergebnis beseitigen, ist die Berichtigung ausgeschlossen. Sind die regulären Arbeitnehmer und leitenden Angestellten unter den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer nicht nach dem von $ 15 Abs 2 vorgeschriebenen Gruppenproporz vertreten, kann auf eine Wahlanfechtung die Wahl nur für ungültig erklärt werden. Eine Korrektur des Wahlergebnisses dahin, daß in der zu Unrecht berücksichtigten Gruppe der Bewerber mit der geringsten Stimmenzahl ausscheidet und in der zu berücksichtigenden Gruppe der Bewerber mit der nächst höheren Stimmenzahl nachrückt, ist dagegen ausgeschlossen.35 Die Berichtigung obliegt zunächst dem Wahlvorstand. Berichtigt der Wahlvorstand den Fehler, so entfällt die Anfechtbarkeit. 36 Stellt sich der Fehler erst im Anfechtungsprozeß heraus, kann auch das Gericht ihn selbst in seinem Beschluß berichtigen. 37 Eine Anfechtung ist auch mit dem Ziel möglich, daß das Gericht lediglich das richtige Wahlergebnis feststellt. 38 13

7. Trotz des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen ist die Anfechtung nicht zulässig, wenn durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht

BAG DB 1 9 8 2 , 2 0 8 7 . 33 ygi Fitting/Wlotzke/Wißmann S 2 2 Rdn 23; Hanau/Ulmer S 21 Rdn 25; Thau aaO 2 5 0 ff, 3 9 1 ; Paland DB 1 9 8 8 , 1 4 9 4 ; BAGE 5 0 , 1 = DB 1 9 8 6 , 8 6 4 . 3 4 Vgl statt aller Richardi/Thüsing BetrVG S 19 Rdn 34; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 19 Rdn 18; LAG Stuttgart BB 1988; BAGE 6 7 , 2 5 4 = BB 1 9 9 1 , 2 4 4 6 . 3 5 Vgl LAG Hamm DB 1 9 7 6 , 2 0 2 0 f; GemKomm. MitbestG/MattÄ« $ 2 2 Rdn 4 7 ; Hanau/Ulmer §21 Rdn 25; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 2 2 Rdn 24. 3 6 BAGE 6 7 , 2 5 4 = BB 1 9 9 1 , 2 4 4 6 . 3 7 Vgl BAG AP Nr 2 , 1 0 zu $ 76 BetrVG; zum MitbestG Fitting/Wlotzke/Wißmann § 2 2 Rdn 23. 3 8 BAGE 2 1 , 2 1 0 = AP Nr 18 zu § 76 BetrVG 1952. 32

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Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer S III. Anfechtungsverfahren

beeinflußt werden konnte (Abs 1 am Ende). Nach der Formulierung des Gesetzes ist der Fall als Ausnahme anzusehen, der eines besonderen, vom Anfechtungsgegner zu führenden Nachweises bedarf.39 Es kommt nicht darauf an, ob das Wahlergebnis tatsächlich beeinflußt worden ist, vielmehr reicht die objektive Möglichkeit dazu aus.40 Auch wenn das Gericht den Sachverhalt nicht zweifelsfrei aufklären kann, bleibt die Anfechtbarkeit gegeben.41 Bei der Verletzung der Vorschriften über die Wahlberechtigung kommt es darauf an, ob die Sitzverteilung sich ändern könnte, wenn die zu Unrecht Ausgeschlossenen mitgewählt oder die zu Unrecht zur Wahl Zugelassenen nicht mitgewählt hätten. 42 Dasselbe gilt bei mittelbarer Wahl, wenn Delegierte an der Wahl teilgenommen haben, deren Wahl nichtig oder anfechtbar war, im letzteren Fall jedoch nur, wenn die Anfechtungsfrist nach § 21 noch nicht abgelaufen ist oder die Anfechtung der Aufsichtsratswahl von einem nur nach § 22 Anfechtungsberechtigten beantragt wurde (vgl oben Rdn 3). Nach den gleichen Kriterien ist die Anfechtung schließlich zu prüfen, wenn Arbeitnehmer in der falschen Gruppe, zB als leitende Angestellte statt als reguläre Arbeitnehmer gewählt haben. Wurde dagegen ein Wahlbewerber zu Unrecht zurückgewiesen, so läßt sich nie ausschließen, daß die Wahl anders ausgefallen wäre, wenn er aufgestellt worden wäre, weshalb sie auf jeden Fall für ungültig zu erklären ist.43 Wegen des Wahlgeheimnisses ist es in allen Fällen unzulässig, Beweis darüber zu erheben, wie jemand abgestimmt hat oder abgestimmt hätte. 44 III. Anfechtungsverfahren 1. Obwohl § 22 Abs 1 nur von der Anfechtung der Wahl einzelner 14 Aufsichtsratsmitglieder oder Ersatzmitglieder der Arbeitnehmer spricht, ist anzunehmen, daß sie sich auch auf die Wahl sämtlicher Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat oder sämtlicher Vertreter einer Gruppe beziehen kann, denn viele Anfechtungsgründe erfassen 39

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HA; vgl BAGE 1, 322 = AP Nr 1 zu $ 18 BetrVG mit Anm Diete; Muller FS Schnorr v. Carolsfeld 387 ff; Thau aaO 268 ff. BAGE 1, 321 = AP Nr 1 zu § 18 BetrVG 1952; BAGE 4, 68 = AP Nr 1 zu $ 19 BetrVG; BAGE 12, 252 = AP Nr 10 zu § 13 BetrVG mit Anm NeumannDuesberg; zum MitbestG Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 22 Rdn 25 ff; BAGE 59, 328 = BB 1989,496. Löwisch BetrVG § 19 Rdn 7; LAG Berlin DB 1988,504. BAGE 16,16 f = AP Nr 4 zu § 4 BetrVG mit Anm Hueck. BAGE 16,21 = AP Nr 4 zu § 4 BetrVG mit Anm Hueck. BAGE 3, 80 = AP Nr 4 zu S 27 BetrVG mit Anm Küchenhoff; zu weiteren Einzelfällen vgl die Nachweise bei Richardi/Thüsing BetrVG § 1 9 Rdn 48 ff sowie Fitting/Kaiser/Heither/EngelsBettVG § 19 Rdn 16ff.

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$ 11 Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

nach ihrer Natur oder nach den Umständen nicht nur die Wahl eines einzelnen Aufsichtsratsmitglieds, weshalb es nicht sachgemäß wäre, die Wahl darauf zu beschränken.45 Anzufechten ist demnach je nach der Art des Verstoßes die Wahl eines einzelnen Aufsichtsratsmitglieds oder Ersatzmitglieds der Arbeitnehmer, eines Mitglieds und des für ihn benannten Ersatzmitglieds, einer Gruppe von Aufsichtsratsmitgliedern mit oder ohne Ersatzmitgliedern oder schließlich sämtlicher Aufsichtsratsmitglieder und Ersatzmitglieder der Arbeitnehmer. Es kommt auf den Einzelfall an. Die Anfechtung ist jeweils so weit auszudehnen, daß die tatsächlichen oder möglichen Folgen des Verstoßes vollständig beseitigt werden.46 Dagegen kann die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner nicht nach § 22, sondern nur nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften47 angefochten werden. 15

2. Anfechtungsberechtigt sind nach der abschließenden Aufzählung des $22 Abs 2 zunächst mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer, der Betriebsrat, der Sprecherausschuß sowie das gesetzliche Vertretungsorgan des Unternehmens (Abs 2 Nr 1, 2, 3 und 7). Da es sich anders als im Fall des § 21 nicht um einen betriebs-, sondern um einen unternehmensbezogenen Vorgang handelt, müssen die drei Arbeitnehmer nicht demselben Betrieb angehören. Auch tritt, wenn das Unternehmen mehrere Betriebe hat, an die Stelle des Betriebsrats der Gesamtbetriebsrat und an die Stelle des Sprecherausschusses der Gesamtsprecherausschuß, und wenn es herrschendes Unternehmen eines Konzerns ist, der Konzernbetriebsrat bzw Konzernsprecherausschuß (Abs 2 Nr 2 und 3).48 In den Fällen der § § 4 und 5 kommen die in der KG bzw in den Konzernunternehmen gebildeten Betriebsräte, Gesamtbetriebsräte, Sprecherausschüsse oder Gesamtsprecheraussschüsse hinzu (Abs 2 Nr 4 und 5). Schließlich erstreckt Abs 2 Nr 6 das Anfechtungsrecht auf die in dem Unternehmen vertretenen Gewerkschaften, nicht hingegen auf die Spitzenverbände der Gewerkschaften. In den Fällen der §§ 4 und 5 gehören dazu auch die in der KG und in den Konzernunternehmen vertretenen Gewerkschaften.49 Einzelne Arbeitnehmer oder von dem Mangel der Wahl betroffene Kandidaten sind nach dem Willen des Gesetzgebers nicht anfech-

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HA; vgl FittingfWlotzke/Wißmann §22 Rdn 17; vgl auch BAGE 68, 74 = BB 1992,136. Vgl LAG Nürnberg Beschl vom 14.02.1996 (Az 4 TaBV 15/95): Anfechtung der Wahl einzelner Aufsichtsratsmitglieder, wenn der Hauptwahlvorstand auch Funktionen des Unternehmens- oder Betriebswahlvorstands ausgeübt hat, zB bei zentraler Auszählung der Stimmen. Vgl § 251 AktG. Vgl BAG DB 1982, 546, 549. Vgl § 16 Rdn 3.

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Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer $ 2 2 IV. Wirkungen der Anfechtung

tungsberechtigt.50 Antragsgegner sind die Aufsichtsratsmitglieder, deren Wahl angefochten wird (hA). Am Verfahren beteiligt sind neben den anderen Anfechtungsberechtigten auch der Aufsichtsrat selbst,51 ferner die im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften.52 3. Die Anfechtung kann gemäß Abs 2 Satz 2 nur binnen einer Frist 16 von zwei Wochen geltend gemacht werden. Der Antrag muß in dieser Frist beim Arbeitsgericht eingehen,53 bloße Aufgabe zur Post reicht nicht aus. Auch muß der Antrag insoweit begründet sein, als der Antragsteller innerhalb der Frist einen Tatbestand vorträgt, der möglicherweise die Anfechtung rechtfertigt.54 Die Frist beginnt an dem Tag, an dem das Wahlergebnis im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so endet die Frist nach S 193 BGB erst am nächsten darauffolgenden Werktag. Es handelt sich um eine Ausschlußfrist mit materiellrechtlichen Wirkungen, deren ungenutzter Ablauf dazu führt, daß die Wahl außer im Fall der Nichtigkeit55 gültig bleibt und mit rechtlichen Mitteln nicht mehr angezweifelt werden kann, auch wenn sie mit Gesetzesverstößen behaftet ist.56 4. Die Anfechtung wird durch Anrufung des Arbeitsgerichts im 17 Beschlußverfahren gemäß §§ 2 a Nr 3, 80 Abs 1 ArbGG geltend gemacht. Zuständig ist das Arbeitsgericht, in dessen Bezirk das Unternehmen, dessen Aufsichtsratswahl angefochten wird, seinen Sitz hat.57 IV. Wirkungen der Anfechtung Bestätigt das Gericht die Anfechtung, so steht mit der Rechtskraft 18 des Beschlusses die Ungültigkeit der Wahl endgültig und mit Wirkung für und gegen alle Beteiligten fest. Vorentscheidungen gemäß SS 9 Abs 3, 15 Abs 2 Nr 2 werden von der Ungültigkeit aller-

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HM; vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann % 2 2 Rdn 28; Thau aaO 3 3 3 ; ebenso zu 5 1 9 BetrVG; vgl auch BAGE 4 8 , 9 6 = BB 1 9 8 5 , 1 3 3 0 . Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 22 Rdn 35; GemKomm.MitbestG/Möttfcei § 22 Rdn 72; Hanau/Himer % 22 Rdn 8. BAG DB 1 9 8 2 , 2 0 8 7 . BAG AP Nr 10 zu § 76 BetrVG 1 9 5 2 mit Anm Kuchenhoff. BAGE 17, 165 = AP Nr 14 zu § 18 BetrVG mit Anm Neumann-Duesberg; vgl auch BAGE 2 2 , 3 8 = AP Nr 17 zu $ 18 BetrVG mit Anm Galperin. Vgl Rdn 2 0 ff. HA zu § 19 BetrVG; vgl statt aller BAGE 16, 8 = AP Nr 3 zu § 4 BetrVG mit Anm D ietz; BAGE 4 4 , 5 7 = DB 1 9 8 3 , 2 1 4 2 ; BAGE 4 8 , 9 6 = BB 1 9 8 5 , 1 3 3 0 ; Müller FS Schnorr v. Carolsfeld 3 7 5 ; zum MitbestG Fitting/Wlotzke/Wißmann §22 Rdn 33. § 8 2 Satz 2 ArbGG.

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$ 22 Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

dings nur betroffen, sofern sich der Fehler auch auf sie ausgewirkt haben kann. Ist für den Gewählten ein Ersatzmitglied gemäß § 17 bestellt, so tritt dieses an seine Stelle, sofern sich die Anfechtung nicht auch auf seine Wahl erstreckt.58 Ist kein Ersatzmitglied bestellt oder ist auch dessen Wahl ungültig, muß eine Nachwahl 59 oder eine Notbestellung durch das Gericht gemäß § 104 Abs 2 AktG 60 stattfinden. 19 Nach hL hat die Nichtigerklärung des Gerichts aber keine rückwirkende Kraft.61 Trotz der gravierenden grundsätzlichen Bedenken gegen diese Lehre62 wird man aus praktischen Gründen an ihr festhalten müssen, weil die rückwirkende Beseitigung der Beschlüsse eines fehlerhaft besetzten Aufsichtsrats nicht ohne weiteres möglich ist oder doch dem Unternehmen Schaden zufügen würde. Dies gilt namentlich für die Wahl von Mitgliedern des Vertretungsorgans, die der Aufsichtsrat in der Zwischenzeit vorgenommen hat, und die ihrerseits Anspruch auf einen Vertrauensschutz hinsichtlich der Handlungen haben, die sie im Vertrauen auf die Rechtsgültigkeit der Wahl kraft ihres Amtes in der Zwischenzeit vorgenommen haben.63 Doch ist anzunehmen, daß ein Mitglied des Vertretungsorgans, das von einem Aufsichtsrat gewählt wurde, dessen Wahl erfolgreich angefochten wurde, gemäß S 31 Abs 5 vorzeitig abberufen werden kann. V. Nichtigkeit der Wahl 20

1. Nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Grundsätzen, die in §250 AktG auch einen gesetzlichen Ausdruck gefunden haben, ist die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder und Ersatzmitglieder der Arbeitnehmer über § 22 hinaus bei besonders krassen und offensichtlichen Verstößen gegen die Wahlvoraussetzungen und das Wahlverfahren nichtig (vgl Rdn 2). Nach der in der Judikatur des

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Vgl $ 1 7 Rdn 4 f .

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Vgl dazu Kallmeyer BB 1978,1524. Vgl § 6 Rdn 42 ff. So zu §19 BetrVG BAGE 67, 316 = BB 1991,2452; Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG § 19 Rdn 36; Richardi/Thüsing BetrVG BetrVG § 19 Rdn 62; z u m MitbestG Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 22 Rdn 37; GemKomm.MitbestG/Maffftes § 2 2 Rdn 86; GewKomm.MitbestG/Keftrmönrc $ 2 2 Rdn 20; Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 2 2 Rdn 39; Hanau/Ulmer $ 2 2 Rdn 18; Thau aaO 394 ff; G r o ß K o m m . AktG/Oetfcer $ 22 MitbestG Rdn 12; ebenso hL zu $ 251 AktG, vgl KölnKomm.AktG/Mertens $ 101 Rdn 92, Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften $ 15 Rdn 79.

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Vgl KölnKomm.AktG/ZöZ/ner $ 2 5 2 AktG Rdn 8; Säcker, Wahlordnungen Rdn 268.

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Vgl $25 Rdn 40 ff.

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Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer S 22 V. Nichtigkeit der Wahl

BAG zu § 19 BetrVG verwendeten Formel ist Nichtigkeit gegeben, wenn so grob und offensichtlich gegen grundlegende Wahlregeln verstoßen wurde, daß auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliegt.64 Es besteht kein Anlaß, diese Grundsätze nicht auch auf die Wahlen nach dem MitbestG zu übertragen. Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ist nament- 21 lieh in den Fällen als nichtig anzusehen, in denen nach § 250 Abs 1 AktG auch die Wahl der Anteilseignervertreter von seiten der Anteilseignerversammlung nichtig wäre. Die Übernahme der Nichtigkeitsgründe aus dem AktG in das MitbestG ergibt sich aus der Parallelität der rechtlichen Lage, die § 250 AktG als eine paradigmatische Konkretisierung des allgemeinen Rechtsprinzips erscheinen läßt, wonach Wahlen bei besonders krassen und offenkundigen Mängeln nichtig sind. Sie ist aber auch aus praktischen Gründen geboten, weil es zu einer schwer erträglichen Diskrepanz führen würde, wenn wegen desselben Gesetzesverstoßes die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner nichtig, die der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer aber nur anfechtbar wäre. Schließlich läßt § 250 Abs 2 AktG selbst den engen Zusammenhang zwischen den Fällen erkennen, wenn er den Organen der Arbeitnehmer sogar dann die Klagebefugnis gewährt, wenn die Nichtigkeit der Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds der Anteilseigner festgestellt werden soll.65 Auch die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ist demnach nichtig, wenn der Aufsichtsrat nicht richtig zusammengesetzt ist;66 wenn bei der Wahl die gesetzliche Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder überschritten wurde;67 ferner wenn die gewählte Person die Wählbarkeitsvoraussetzungen nach § 100 Abs 1 und 2 AktG iVm §§ 6 Abs 2,7 Abs 2 und 3 MitbestG nicht erfüllt.68 Als Nichtigkeitsgründe kommen weiter in Betracht:69 die Abhal- 22 tung von Wahlen nach §§9 ff, obwohl das Unternehmen nicht unter

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Vgl BAGE 1,317 = AP Nr 1 zu $18 BetrVG mit Anm Dietz; BAGE 15,235 = AP Nr 6 zu § 3 BetrVG mit Anm Küchenhoff; BAGE 16, 6 = AP Nr 3 zu § 4 BetrVG mit Anm Dietz; BAG RdA 1976,338 = AP Nr 4 zu §19 BetrVG 1972; BAGE 29, 392 = BB 1978,1011; BAG BB 1978,1467; BAGE 44,57 = DB 1983,2142. Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 22 Rdn 8 ff; Thau aaO 437 ff. $250 Abs 1 Nr 1 iVm $$96 Abs 2, 97 f AktG und 6 Abs 2 MitbestG; vgl $ 6 Rdn 7, 26. $ 250 Abs 1 Nr 3 AktG iVm § 7; vgl $ 7 Rdn 6. Vgl $ 6 Rdn 26, $ 7 Rdn 11; Wlotzke ZGR 1977, 383; vgl auch Stein AG 1983, 49 ff. Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 22 Rdn 6, ferner die Kasuistik in den Kommentaren zu $ 19 BetrVG, zB Richardi/Thüsing BetrVG $ 19 Rdn 73 ff.

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$ 22 A n f e c h t u n g der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

das MitbestG fällt, die Durchführung der Wahl ohne Wahl vorstand 70 oder durch formlose Akklamation, 71 ferner offenkundiger Terror gegen die Belegschaft während des Wahl Vorgangs 72 oder eine Häufung von für sich allein nur zur Anfechtung berechtigenden Verfahrensfehlern. 73 Im Einklang mit Fitting/Wlotzke/Wißmann74 ist die Wahl auch dann als nichtig anzusehen, wenn die Wahl der Mehrheit der Delegierten nichtig war. 23 2. Die Nichtigkeit der Wahl kann von j e d e r m a n n in j e d e m Verfahren geltend gemacht werden, und zwar auch ohne zeitliche Beschränkung. Wird sie in einer gerichtlichen Entscheidung festgestellt, hat diese nur deklaratorische Bedeutung. Eine auf Feststellung der Nichtigkeit gerichtete Klage analog § 250 AktG betrifft die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer im Sinn des § 2 a Abs 1 Nr 3 ArbGG und ist daher vor dem Arbeitsgericht anhängig zu machen. Antragsberechtigt ist jeder, der ein rechtliches Interesse hat (hL). Dazu gehören auch einzelne Arbeitnehmer des Unternehmens, nicht jedoch die Aktionäre. 75 Die Nichtigkeit wirkt von Anfang an. Die aufgrund einer nichtigen Wahl bestellten Aufsichtsratsmitglieder haben nicht die Rechtsstellung ordnungsgemäß gewählter Mitglieder und sind daher rechtlich außerstande, wirksam an Beschlüssen des Aufsichtsrats teilzunehmen. Ein unter Mitwirkung eines in nichtiger Wahl bestellten Aufsichtsratsmitglieds gefaßter Aufsichtsratsbeschluß ist unwirksam, sofern dessen Stimme den Ausschlag gegeben haben kann [vgl $ 25 Rdn 41]. Ist ein Ersatzmitglied vorhanden, dessen Wahl von der Nichtigkeit nicht erfaßt wird, tritt dieses in den Aufsichtsrat ein. Notfalls ist eine Nachwahl oder eine gerichtliche Ersatzbestellung vorzunehmen. VI. Anfechtung einzelner M a ß n a h m e n während des Wahlverfahrens 24

1. Ungeachtet der gesetzlichen Anfechtungsvorschriften hat die Judikatur zum BetrVG ein besonderes Verfahren zugelassen, in dem vor Abschluß der Wahl einzelne Entscheidungen und Maßnahmen angefochten werden können. 76 Judikatur und Schrifttum haben dieses vorgezogene gerichtliche Kontrollverfahren, dessen Zweckmäßigkeit 70 71 71 73 74 75 76

FittingJKaiser/Heither/ Engels BetrVG § 19 Rdn 4. BAGE 11,318 = DB 1962,35. BAGE 4 , 6 3 = AP Nr 1 zu § 19 BetrVG mit Anm Küchenhoff. BAG NJW 1976,2229. S 21 Rdn 7. Säcker, Wahlordnungen Rdn 61; Hanau/Ulmer § 21 Rdn 37. BAGE 2 4 , 4 8 0 = AP Nr 1 zu $ 14 BetrVG; stRspr.

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Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer $ 2 2 VI. Anfechtung einzelner M a ß n a h m e n während des Wahlverfahrens

offenkundig ist, weil es spätere Anfechtungsprozesse verhüten kann, für den Anwendungsbereich des MitbestG ohne weiteres übernommen.77 Zuständig sind die Arbeitsgerichte nach § 2a Abs 1 Nr 3, Abs 2 ArbGG. Es wird auf Antrag gemäß 5 81 ArbGG eingeleitet. Zulässig und wegen der Eilbedürftigkeit der Entscheidungen während 25 des Wahlverfahrens häufig geboten sind auch einstweilige Verfügungen nach § 85 Abs 2 ArbGG. Dabei können falsche Entscheidungen, namentlich des Wahlvorstands, entweder unterbunden oder korrigiert werden.78 Die Unterbrechung des Wahlverfahrens ist dagegen nur notfalls anzuordnen, wenn das Verfahren andernfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit an einem Mangel leidet, der es nichtig macht oder der zur Anfechtung berechtigt.79 Der einstweiligen Verfügung steht nicht entgegen, daß sie für das Wahlverfahren endgültige Tatsachen schafft, denn die Alternative wäre eine Verzögerung des Rechtsschutzes bis zur Rechtskraft des Anfechtungsprozesses.80 Die Dringlichkeit muß in der Regel nicht gesondert glaubhaft gemacht werden, da sie sich aus dem Zeitdruck des Wahlverfahrens ergibt.81 2. Gegenstand des Verfahrens können vor allem Entscheidungen 26 des Wahlvorstandes sein, zB über die Eintragungen in die Wählerlisten,82 über die Zulassung der Vorabstimmungen nach § 9 Abs 3 oder 15 Abs 2 Nr 2 und die Feststellung des Ergebnisses der Vorabstimmungen, über die Zulassung von Wahlvorschlägen oder die Einordnung bestimmter Arbeitnehmer unter die Gruppen der regulären Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten. Im letzteren Fall ist allerdings zuvor das besondere Änderungsverfahren nach §§10 1. bis 3. WO durchzuführen.83 Daneben kommen auch andere Entscheidungen in Betracht, die das Wahlverfahren maßgeblich beeinflussen, zB die Bestellung des Wahlvorstands durch die Betriebsräte84 oder

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Vgl LAG Düsseldorf BB 1978, 553 mit Anm Philipp; LAG Hamburg DB 1979, 899; BAG DB 1982, 546; LAG Stuttgart BB 1988, 1344; Fitting/ Wlotzke/ Wißmann $ 2 2 Rdn 39 ff; Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 2 2 Rdn 4 4 ff; GemKomm. MitbestG/Matthes $ 10 Rdn 1 1 0 ff; Hanau/Ulmer Vor $ 9 Rdn 4 6 ff; Conze DB 1 9 8 1 , 2 2 2 7 ; Thau aaO 4 7 9 ff. Vgl LAG Köln DB 1990, 539; LAG Frankfurt DB 1990, 239; Paland DB 1988, 1494; Thau aaO 5 6 4 ff. HA; vgl BAG 37, 31 = DB 1982, 546; Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 2 2 Rdn 45; GemKomm. MitbestG/Maffft« $ 10 Rdn 115; Hanau/Ulmer Vor § 9 Rdn 61. LAG Düsseldorf DB 1978, 255; ArbG Hamburg DB 1 9 7 8 , 1 1 8 0 ; ArbG Herne DB 1 9 7 8 , 5 4 9 . LAG Düsseldorf aaO; ArbG Hamburg aaO; LAG Hamm DB 1 9 7 7 , 1 2 6 9 . Vgl $$ 10 Abs 3 1., 2. und 3. WO. Vgl Vor $ 9 Rdn 20; ferner Rdn 7. LAG Düsseldorf DB 1 9 7 8 , 5 5 3 ; vgl Vor $ 9 Rdn ff.

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$ ZI Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer 2. Teil. Aufsichtsrat

Maßnahmen der Behinderung oder Beeinflussung der Wahl im Sinn des $ 20 von Seiten der Unternehmensleitung. 85 Der Antrag kann auf ein Tun oder ein Unterlassen gerichtet sein. 27 3. Der Antrag setzt ein Rechtsschutzinteresse voraus. Dieses fehlt, wenn die gerügte Maßnahme keinen Einfluß auf den Ausgang der Wahl haben kann. Mit dem Abschluß der Wahl fällt das Rechtsschutzinteresse regelmäßig weg, weil nunmehr die Anfechtung vorgeht. 86 Der ursprüngliche Antrag kann jedoch in einen Anfechtungsantrag nach $§21, 22 umgeändert werden, da diese Änderung sachdienlich ist.87 Wird über Umstände gestritten, die auch für künftige Wahlen bedeutsam sind, dauert das Rechtsschutzinteresse auch nach Abschluß der Wahl an. 88 28 4. Antragsteller kann jeder sein, der nach $ 10 ArbGG beteiligungsfähig ist. Ein wirksamer Antrag setzt darüber hinaus eine Antragsbefugnis voraus, die Sachurteilsvoraussetzung ist. 89 Antragsberechtigt sind die nach §§21 Abs 2 , 2 2 Abs 2 Anfechtungsberechtigten, denn das vorgezogene Kontrollverfahren dient gleichen Zwecken wie die Wahlanfechtung (hA). Danach sind antragsberechtigt im Zusammenhang mit der Wahl der Delegierten drei Arbeitnehmer des Betriebes, sonst drei Arbeitnehmer des Unternehmens oder Konzerns.90 Darüber hinaus ist ein einzelner Arbeitnehmer antragsberechtigt, wenn sein aktives oder passives Wahlrecht betroffen ist.91 Die Antragsbefugnis von Betriebsräten, Gesamt- und Konzernbetriebsräten sowie der entsprechenden Vertretungen der leitenden Angestellten stuft sich entsprechend §$21 Abs 2 Nr 2 und 3 , 2 2 Abs 2 Nr 2 bis 5 ab.92 Hinsichtlich der Bestellung der Wahl vorstände ist daher das jeweils zuständige Organ der Betriebsverfassung antragsbefugt. 93 Werden die Aufsichtsratsmitglieder in Urwahl gewählt, ist hingegen ein einzelner Betriebsrat in einem Verfahren über die zutreffende Eintragung eines Arbeitnehmers in die Wählerliste nicht antragsberechtigt. Das Antragsrecht steht vielmehr gemäß § 22 Abs 2 Nr 2 und 3 dem Gesamt- oder Konzernbetriebsrat

85 86

LAG Hamm DB 1 9 7 7 , 1 2 6 9 ; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 2 2 Rdn 4 0 . HA; vgl BAGE 37, 31 = DB 1982, 546; LAG Hamburg DB 1979, 899; Fitting/ WlotzkefWißmann § 2 2 Rdn 4 3 ; Gern Komm. M itbcstG/Maffft« § 10 Rdn 114; Hanau/UlmerVor

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92 93

§ 9 Rdn 51.

$ 81 Abs 3 Satz 1 ArbGG. LAG Hamburg aaO; ArbG Herne DB 1 9 7 8 , 5 9 5 ; BAG DB 1 9 8 2 , 5 4 6 . BAG DB 1 9 8 2 , 5 4 6 . s§ 21 Abs 2 Nr 1 , 2 2 Abs 2 Nr 1. HA im Anschluß an BAG NJW 1 9 7 3 , 1 0 1 6 zu § 14 BetrVG; vgl Conze DB 1981, 2 2 2 8 und zuletzt MünchArbR/VW/?mB 1977, 1996 ff; Peltzer DB 1978, 9 8 4 ; Mertens AG 1979, 3 3 4 ff; aA LG Bad Kreuznach AG 1 9 7 9 , 3 4 6 ; AG Bremen AG 1 9 7 9 , 2 0 7 ; Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 3 7 Rdn 18; GewKomm. MitbestG/K/aer § 3 3 Rdn 100; Kittner/Köstler/Zachert Rdn 562.

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Arbeitsdirektor III. Aufgaben

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5. In Kommanditgesellschaften auf Aktien braucht nach Abs 1 1 4 Satz 2 ein Arbeitsdirektor nicht bestellt zu werden. Die Ausnahme folgt mit notwendiger Konsequenz aus der Entscheidung des Gesetzgebers, die Rechtsnatur der KGaA zu erhalten und daher die Vorschriften des Gesetzes über die Wahl der Vorstandsmitglieder generell nicht auf sie zu erstrecken. 41 Für Genossenschaften schließt Abs 3 die Anwendung des § 9 Abs 2 GenG auf den Arbeitsdirektor aus. Im Gegensatz zu den anderen Vorstandsmitgliedern der Genossenschaft braucht der Arbeitsdirektor daher nicht Genosse zu sein. Die Vorschrift entspricht § 6 Abs 3 Satz 2 42 und ist Ausdruck des Gedankens, daß neben den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer auch der Arbeitsdirektor ein Mitbestimmungsorgan ist. 6. Für die Abberufung des Arbeitsdirektors und seine Amtsnieder- 15 legung gelten die allgemeinen Vorschriften. Eine Störung des Vertrauens der Arbeitnehmer ist nicht ohne weiteres ein Abberufungsgrund, kann aber dazu werden, wenn sich der Konflikt nicht anders beilegen läßt. 43 Das Abberufungsverfahren ist auch dann durchzuführen, wenn der Arbeitsdirektor lediglich mit einer anderen Funktion im Vertretungsorgan betraut werden soll; doch bedarf es in diesem Fall keines wichtigen Grundes. 44 III. Aufgaben 1. Die dem Arbeitsdirektor obliegenden Aufgaben nennt das Ge- 1 6 setz nicht, namentlich hat es die Formulierung des § 30 RegE nicht übernommen, wonach ein Mitglied des Vertretungsorgans „vorwiegend für Personal- und Sozialangelegenheiten zuständig" sein muß. Doch ergibt sich aus seinem Amt und aus den vom Gesetzgeber damit verfolgten Intentionen, daß er die Belange der Arbeitnehmerschaft besonders im Auge zu behalten und in die Planungen und Entscheidungen des Gesamtorgans einzubringen hat. 45 Er hat die Aufgabe eines Mittlers zwischen Vertretungsorgan und Belegschaft bzw Betriebsräten. 46 Im Rahmen der Aufgabenteilung zwischen den Mitgliedern des Vertretungsorgans ist der Begriff im übrigen nach ein-

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45 46

Vgl $ 31 Abs 1 Satz 2 und die Erläuterungen hierzu Rdn 4 3 . Siehe § 6 Rdn 57. Siehe $ 3 1 Rdn 39. Hanau/Ulmer % 33 Rdn 33; KölnKomm.AktG/Merfeiw Anh $ 1 1 7 B § 3 3 MitbestG Rdn 10; Schwark, Der Arbeitsdirektor 2.5.; Westhoff DB 1 9 8 0 , 2 5 2 0 f , der eine solche Umbesetzung für unzulässig hält. Vgl VefferAuR 1 9 7 6 , 2 5 8 . Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 3 3 Rdn 12; vgl auch GewKomm. MitbestG/fOeier $ 3 3 Rdn 12f.

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Arbeitsdirektor 3. Teil. Gesetzliches Vertretungsorgan

helliger Ansicht im Schrifttum wie in der Unternehmenspraxis der Montanindustrie durch seine Zuständigkeit für die personellen und sozialen Angelegenheiten der Belegschaft definiert. Nach der häufigen, auch im Ausschußbericht 47 gebrauchten Formulierung steht ihm ein Kernbereich der Personal- und Sozialfragen des Unternehmens zu. 48 Dabei handelt es sich um ein gesetzliches Mindestressort, 49 das ihm nicht entzogen werden darf. Welche Aufgaben und Funktionen im einzelnen dazu gehören, liegt nicht starr fest, sondern richtet sich auch nach der Lage und den Bedürfnissen des Unternehmens, dem insoweit ein gewisser Spielraum verbleibt. 50 Doch werden sie in der Regel mindestens die Bereiche Personalplanung und -entwicklung, Personalverwaltung, Löhne und Gehälter, Soziales, Gesundheitsvorsorge, Arbeitsschutz, Unfallverhütung, Altersfürsorge und Pensionswesen sowie die berufliche Aus- und Weiterbildung umfassen. 51 Welche Angelegenheiten das Gesetz zum Sozial- und Personalbereich zählt, ergeben vor allem auch die einschlägigen Vorschriften der §§ 80, 8 7 , 8 8 , 9 0 - 1 0 5 , 1 1 1 BetrVG. 52 Die Rechtsstellung des Arbeitsdirektors darf nicht dadurch ausgehöhlt werden, daß ihm die Verantwortung für diese Angelegenheiten in größerem Ausmaß oder für wichtige Unternehmensteile entzogen wird.53 Auf der anderen Seite kann er auch nicht die Alleinzuständigkeit beanspruchen, sofern eine Frage auch andere Ressorts berührt, wie zB die Personalplanung, die nur im Zusammenhang mit der Produkt- und Investitionsplanung möglich ist. 54 17 Bei divisionaler Unternehmensorganisation verlangt $ 33, daß der Kernbereich der personellen und sozialen Angelegenheiten beim Zentralvorstand und dort beim Arbeitsdirektor verbleibt. 55 Dessen

BTDrucks VII/4845,9. Ebenso BVerfGE 5 0 , 2 9 0 , 3 7 8 ; BGHZ 8 9 , 4 8 , 5 9 ; LG Frankfurt AG 1 9 8 4 , 2 7 6 ; OLG Frankfurt AG 1 9 8 6 , 2 6 2 , 2 6 3 . 49 Spieker BB 1 9 6 8 , 1 0 9 0 ; Wlotzke/Wißmann DB 1 9 7 6 , 9 6 7 ; Martens AG 1 9 7 6 , 1 1 6 ; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 33 Rdn 3 2 mwN; hM. 5 0 Vgl Ausschußbericht aaO 10; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 33 Rdn 33. 51 Vgl die Kataloge in LG Frankfurt aaO 2 7 7 und ferner bei Spieker aaO; Spie/pisker, Der Geschäftsbereich des Arbeitsdirektors 76 ff; Spie, Der Personalmanager 101 ff; Hammacher RdA 1993, 164f; Köstler/Kittner/Zachert Rdn 5 1 8 ; ferner ausführlich Hoffmann BB 1977, 18 f; GewKomm.MitbestG/Kiejer § 3 3 Rdn 2 5 - 9 7 ; GroßKomm.AktG/OeifcerMitbestG § 3 3 Rdn 19 ff. 52 Hanau/Ulmer § 33 Rdn 4 4 ff; Sekwark aaO 3.2.1. " Fitting/Wlotzke/Wißmann § 33 Rdn 34. 5 4 Vgl Schwark aaO. 55 Die Einzelheiten sind noch nicht abschließend geklärt und zum Teil umstritten. Vgl LG Frankfurt AG 1 9 8 4 , 2 7 6 ; OLG Frankfurt AG 8 6 , 2 6 2 ; Martens, Der Arbeitsdirektor; Hoffmann BB 1 9 7 7 , 1 7 ; Säcker DB 1 9 7 9 , 1 9 2 5 ; WendelingSchröder, Divisionalisierung 39ff; Schiessl Z G R 1 9 9 2 , 6 4 , 72; Hanau ZGR 1983; 47 48

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Arbeitsdirektor III. Aufgaben

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Kompetenzen dürfen in der Geschäftsordnung nicht so weit ausgedünnt werden, daß er keinen maßgeblichen Einfluß auf die Personalund Sozialpolitik in den einzelnen Sparten mehr hat oder daß er gegenüber anderen dem Zentralvorstand zugeordneten Vorstandsmitgliedern diskriminiert wird. 56 Er muß die dem Vorstand obliegende Gesamtverantwortung für die Unternehmensleitung 5 7 für seinen Zuständigkeitsbereich weiterhin wahrnehmen können. Deshalb sind ihm auch die dafür erforderlichen Informations- und Interventionsrechte gegenüber den Spartenleitern einzuräumen. Die laufenden Geschäfte des Personal- und Sozialwesens können soweit an nachgeordnetes, in die Sparten eingegliedertes Personal delegiert werden, als sie auch in einem ungegliederten Unternehmen nicht auf der Ebene des Vorstands wahrgenommen würden. Die Zuständigkeit des Arbeitsdirektors schließt auf der anderen Seite die Mitwirkung des Spartenleiters bei den seine Sparte betreffenden Entscheidungen nicht aus, denn § 33 verlangt das Einvernehmen mit dem Gesamtvorstand, was bei divisionaler Organisation das Einvernehmen mit dem Spartenleiter umfaßt. Können sich Arbeitsdirektor und Spartenleiter nicht einigen, muß in einem solchen Fall der Gesamtvorstand entscheiden. Im einzelnen gestattet § 33 in diesem Rahmen flexible Lösungen. Unzulässig wäre es jedoch, allen Spartenleitern die Funktionen des Arbeitsdirektors jeweils für ihren Bereich zuzuweisen. 58 Im herrschenden Unternehmen eines Konzerns ist ein Arbeits- 1 8 direktor zu bestellen, auch wenn dieses nur nach § 5 mitbestimmungspflichtig ist, selbst aber nur wenige oder als reine Finanzholding gar keine Arbeitnehmer hat. 5 9 Er ist zuständig zunächst für die Personalund Sozialangelegenheiten dieses Unternehmens. Wieweit er auf die abhängigen Unternehmen einwirken kann oder muß, hängt von der Konzernorganisation ab. 60 Besteht ein Beherrschungsvertrag, kann das herrschende Unternehmen dem Vorstand des abhängigen gemäß § 3 0 8 AktG Weisungen erteilen. Das Weisungsrecht kann in seinem Kompetenzbereich dem Arbeitsdirektor übertragen werden, aber auch beim

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359; Windbichler, Arbeitsrecht im Konzern 573; Schwark aaO 3.3.2.; Fitting/ Wlotzke/Wißmann $ 3 3 Rdn 2 4 ff. Zur Diskriminierung vgl unten Rdn 24. Vgl § 25 Rdn 71; ferner unten Rdn 25. Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 3 3 Rdn 24; aA Hoffmann/Lehtnann/Weintnann § 3 3 Rdn 18. HM; vgl Hanau/Ulmer $ 33 Rdn 56; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 33 Rdn 50; Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 33 Rdn; Hoffmann-Becking FS Werner 301 f. Vgl Duden ZHR 141 (1977), 145, 165ff; Martens, Der Arbeitsdirektor 8 7 f ; Säcker DB 1977, 1995; Leicht, Arbeitsdirektor 120ff; Hoffmann-Becking aaO 3 0 3 ff; Windbichler, Arbeitsrecht im Konzern 576.

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$ 3 3 Arbeitsdirektor 3. Teil. Gesetzliches Vertretungsorgan

Gesamtvorstand verbleiben. Eine Pflicht, das Weisungsrecht zum Zweck einer Vereinheitlichung der Personalpolitik oder der Sozialleistungen im Konzern auszuüben, besteht nicht. 61 Im faktischen Konzern kann der Vorstand und an seiner Stelle der Arbeitsdirektor insoweit auf die Regelung der personellen und sozialen Fragen in den Konzernunternehmen einwirken, als das herrschende Unternehmen generell Einfluß auszuüben vermag. 19 In den abhängigen U n t e r n e h m e n ist ein Arbeitsdirektor zu bestellen, sofern sie selbst mitbestimmungspflichtig sind. Dieser bleibt jedoch den Weisungen des herrschenden Unternehmens oder dem Einfluß, den dieses in der Anteilseignerversammlung ausübt, unterworfen, denn § 33 schützt ihn nur vor Beschränkungen seiner Kompetenzen als Mitglied des Vertretungsorgans. 62 20 Nicht zum gesetzlichen Mindestressort, das dem Arbeitsdirektor zugewiesen werden muß, gehören die Personal- und Sozialangelegenheiten der leitenden und außertariflichen Angestellten. Denn nach traditionellem, namentlich auch von den Gewerkschaften getragenem Verständnis soll der Arbeitsdirektor die Belange gerade der abhängigen, den Weisungen ihrer Vorgesetzten unterworfenen Arbeitnehmer in der Unternehmensleitung zur Geltung bringen. Funktional sind die leitenden Angestellten der Unternehmensleitung zugeordnet. 63 Auch wurden in der Montanindustrie, deren Verhältnisse dem Gesetzgeber bei der Schaffung des $ 33 zum Vorbild dienten, die Angelegenheiten der außertariflichen Angestellten nicht immer vom Arbeitsdirektor betreut, 64 ohne daß sich eine Überzeugung herausgebildet hätte, diese Praxis verstoße gegen die Montanmitbestimmungsgesetze. Im Rahmen des § 33 sind die Unternehmen daher gleichfalls frei, die Zuständigkeit des Arbeitsdirektors in diesem Punkt nach ihren Bedürfnissen zu regeln. 65

61 62 63 64 65

Ausführlich Hoffmann-Becking aaO. Windbichler aaO 578 f; siehe unten Rdn 28. Hoffmann DB 1976,1234. Spieker BB 1968,1090; Spie/pisker aaO (Fußn 56) 137. Sehr str; wie hier Wlotzke/Wißmann DB 1976, 967; Hoffmann DB 1976, 1234; ders BB 1977, 19; Leicht Der Arbeitsdirektor 79ff; Hanau ZGR 1983, 347ff; Spie/Pisker aaO 96, 105, 127; Hanau/Ulmer % 33 Rdn 42; Martens Der Arbeitsdirektor 69; Haake BB 1983, 1490; MünchHdb.AktG/Wiesner § 24 Rdn 16; Lutter/Krieger Rdn 181; KölnKomm. AktG /Mertens Anh § 117 B § 3 3 MitbestG Rdn 14; Schwark aaO 3.2.1.; GroßKomm.AktG/Oetfcer MitbestG § 33 Rdn 21; aA Reich/Lewerenz AuR 1976, 367; Säcker DB 1977, 1994 f; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 33 Rdn 34; GewKomm.MitbestG/K/wer$ 33 Rdn 21; GemKomm.MitbestG/Rumpff § 33 Rdn 65; Hammacher RdA 1993, 163, 165, differenzierend Ballerstedt ZGR 1977,149.

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Arbeitsdirektor $ 3 3 III. Aufgaben

Die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers nach dem BetrVG sind 21 nicht schon aus begrifflichen Gründen oder kraft Gesetzes vom Arbeitsdirektor wahrzunehmen, sondern fallen in die Zuständigkeit des gesamten Vertretungsorgans oder des in der Geschäftsordnung damit beauftragten Mitglieds.66 Soweit sie allerdings die Personal- und Sozialangelegenheiten betreffen, können sie der Federführung des Arbeitsdirektors nicht entzogen werden. 67 Gleiches gilt für Tarifangelegenheiten und für Verhandlungen mit den Gewerkschaften. 68 Die Vertretung des Unternehmens in Arbeitgeberverbänden und Wirtschaftsvereinigungen wird dem Arbeitsdirektor nicht selten allein oder zusammen mit einem anderen Mitglied des Vertretungsorgans übertragen. Doch gehört auch diese Funktion nicht zu seinen unentziehbaren Aufgaben, denn die dort behandelten Gegenstände berühren regelmäßig nicht oder jedenfalls nicht ausschließlich die personellen und sozialen, sondern auch die wirtschaftlichen und finanziellen Angelegenheiten des Unternehmens. 69 Dagegen wird man annehmen müssen, daß die Repräsentation des Unternehmens in den Sozialversicherungskörperschaften zum Kernbereich der gesetzlichen Aufgaben des Arbeitsdirektors gehört. 70 Auf der anderen Seite verlangt das Gesetz nicht, daß der Arbeits- 22 direktor ausschließlich oder auch nur vorwiegend mit Personal- und Sozialangelegenheiten befaßt wird. Die darauf abzielende Formulierung des § 30 RegE ist nicht Gesetz geworden. Die für das Montanmitbestimmungsrecht vertretene Ansicht, außerhalb seines eigentlichen Aufgabenkreises dürfe der Arbeitsdirektor nicht oder allenfalls vorübergehend und vertretungsweise tätig werden, 71 beruht auf der einseitigen Legitimation des Arbeitsdirektors, der gemäß §13 Abs 1 Satz 2 MontanMitbestG nicht gegen die Stimmen der Mehrheit der Arbeit-

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70 71

Vgl Zöllner DB 1976,1768. Ebenso Hanau/Himer § 33 Rdn 43; GemKomm.MitbestG/RampjffS 33 Rdn 41; aA Fitting/WlotzkefWißmann § 3 3 Rdn 13, 29, die dem Arbeitsdirektor eine unentziehbare Zuständigkeit zu Verhandlungen mit der Arbeitnehmerseite zusprechen, auch soweit es nicht um Angelegenheiten seines Geschäftsbereichs geht; anders aber dort Rdn 46. Spie/Pisker aaO 96,127. Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann § 33 Rdn 30; Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 33 Rdn 13; Hanau/Ulmer % 33 Rdn 43; GemKomm. MitbestG/R«mpif§ 33 Rdn 41; Leicht aaO 83; Spieker aaO; Spiefpisker aaO 72; gravierende Einwände dagegen, dem Arbeitsdirektor die Vertretung des Unternehmens in Tarifangelegenheiten und in Arbeitgeberverbänden zu übertragen, erhebt Zöllner DB 1976, 1767 ff. Spieker aaO 1091 f; Spie/Pisker aaO 73. Müller/Lehmann MontanMitbestG § 13 Anm. 7.

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$ 33 Arbeitsdirektor 3. Teil. Gesetzliches Vertretungsorgan

nehmervertreter im Aufsichtsrat bestellt werden kann. Für das MitbestG, das diese Vorschrift nicht übernommen hat, entbehrt sie der rechtlichen Grundlage. 72 Es ist daher zulässig, den Arbeitsdirektor auch noch mit anderen Funktionen der Unternehmensführung, gleich welcher Art, zu betrauen oder umgekehrt einem bereits für andere Bereiche zuständigen Mitglied des Vertretungsorgans die Aufgaben des Arbeitsdirektors mit zu übertragen. Auch der Vorsitzende oder Sprecher des Vertretungsorgans kann zugleich die Position des Arbeitsdirektors bekleiden. Eine derartige Zusammenfassung der Ressorts kommt vor allem für Unternehmen in Betracht, die nur wenige Vorstandsmitglieder bzw Geschäftsführer brauchen. Allerdings darf sie nicht soweit gehen, daß der Arbeitsdirektor gehindert oder eingeschränkt wird, seine Kernaufgaben vollständig und effektiv zu erledigen, sondern zB einen wesentlichen Teil an unter ihm stehende leitende Angestellte delegieren muß. 73 23 2. Nach Abs 2 Satz 2 bestimmt das Nähere die Geschäftsordnung für das Vertretungsorgan. Sie kann neben den Verfahrensregeln für die Zusammenarbeit im Vertretungsorgan vor allem die Zuständigkeit des Arbeitsdirektors gegenüber den anderen Ressorts im Rahmen des Gesetzes näher festlegen und abgrenzen. 74 Diese Abgrenzung der Zuständigkeit ist demnach nicht ein Teil des Bestellungsaktes oder des Anstellungsvertrags.75 Bei der AG wird die Geschäftsordnung nach Maßgabe des § 77 Abs 2 AktG vom Aufsichtsrat oder vom Vorstand erlassen. Die Satzung kann nur wenige Punkte bindend regeln. Beschlüsse des Vorstands über die Geschäftsordnung müssen einstimmig gefaßt werden. 76 Für die anderen unter das Gesetz fallenden Unternehmensformen gilt § 77 AktG dagegen nicht, da das Gesetz nirgends auf die Vorschrift verweist. Gemäß § 30 verbleibt es daher bei den rechtsformspezifischen Regeln. Bei der GmbH ist dafür in erster Linie die Gesellschafterversammlung zuständig, wenn nicht bereits

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74 75 76

Martens AG 1976, 1 1 6 f ; Fitting/Wlotzke/Wißmann § 3 3 Rdn 35; GewKomm. MitbestG/Ki'eser $ 33 Rdn 23; Hanau/Ulmer $ 33 Rdn 40; LG Frankfurt AG 1984, 276, 2 7 7 ; OLG Frankfurt AG 1985, 220, 2 2 1 ; hM; aA Reich/Lewerenz AuR 1 9 7 6 , 3 6 8 . Ebenso Wlotzke/Wißmann DB 1976, 9 6 7 ; Hoffmann/Neumann GmbHRdsch 1 9 7 6 , 1 8 6 ; Geitner AG 1976, 213; Thüsing Arbeitgeber 1 9 7 6 , 6 0 0 ; GemKomm. MitbestG/Rumpjff $ 3 3 Rdn 21; GewKomm. MitbestG/K/eser $ 3 3 Rdn 23; HammachermO 167; hA. Säcker DB 1 9 7 7 , 1 9 9 4 . Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 31 Rdn 44; Hanau/Ulmer % 33 Rdn 38. Einzelheiten bei Hefermehl in Geßler/Hefermehl AktG $ 77 Rdn 23 ff; KölnKomm.AktG/Merfercs § 7 7 Rdn 4 0 .

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Arbeitsdirektor $ 3 3 IV. Rechtsstellung

die Satzung einschlägige Bestimmungen enthält. 77 Der Aufsichtsrat ist kraft Gesetzes dazu nicht berufen, doch steht nichts im Wege, seine Zuständigkeit in der Satzung oder durch Beschluß der Anteilseignerversammlung zu begründen. Sofern kein anderes Organ eine Geschäftsordnung erläßt, kann sie auch von den Geschäftsführern selbst beschlossen werden. Bei der Genossenschaft ist die Generalversammlung dagegen außerhalb des Statuts nicht befugt, eine Geschäftsordnung für den Vorstand zu erlassen. Grundsätzlich liegt die Kompetenz dazu in den Händen des Vorstands selbst, doch kann die Satzung den Aufsichtsrat dazu ermächtigen. 78 IV. Rechtsstellung 1. Die Rechtsstellung des Arbeitsdirektors ist dadurch gekenn- 2 4 zeichnet, daß er als gleichberechtigtes Mitglied des Vertretungsorgans auftritt, dessen Position sich nur durch seine gesetzliche Zuständigkeit, nicht dagegen durch persönliche Voraussetzungen, einen besonderen Wahlmodus oder spezielle Rechte und Pflichten von der Stellung der übrigen Mitglieder unterscheidet. Seine Gleichberechtigung betont das Gesetz durch die Formulierung des § 3 3 Abs 1 Satz 1 sehr stark. Sie verlangt nicht eine schematische Gleichbehandlung, die angesichts der vom Gesetz gewollten Aufgabenteilung in der Unternehmensleitung kaum denkbar wäre und jedenfalls die notwendige Flexibilität beseitigen würde. Daher sind sachlich bedingte Differenzierungen nicht ausgeschlossen. Wie andere Gleichberechtigungsvorschriften, namentlich Art 3 GG, will § 33 nur die nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigte, sondern willkürliche Differenzierung zum Nachteil des Arbeitsdirektors ausschließen. Die Vorschrift ist also im Sinn eines Diskriminierungsverbots zu verstehen. Welche Differenzierungen sachlich berechtigt sind, welche nicht, muß im konkreten Fall nach Maßgabe der Aufgaben und der Funktionsfähigkeit des Vertretungsorgans, aber auch gemäß der vom Gesetz gewollten Position des Arbeitsdirektors als eines voll integrierten Organmitglieds beurteilt werden. 79 Das Diskriminierungsverbot wirkt sich auf alle rechtlichen Be- 2 5 reiche aus, mit denen der Arbeitsdirektor in Ausübung seiner Tätig77 78

79

Vgl Hachenburg/Mertens GmbHG $ 3 7 Rdn 5 , 1 4 ff. Vgl Lang/Weidmüller/Metz/ScftfljffZimd GenG § 2 7 Rdn 12; Müller GenG § 2 7 Rdn 8; Beuthien GenG $ 27 Rdn 17 f. AllgM; vgl BGHZ 89, 48, 5 9 f; Hoffmann BB 1977, 2 1 f ; Hoffmann/Lehmann/ Weinmann $ 33 Rdn 23; Lutter/Krieger Rdn 185; Mertens aaO Rdn 20; Schwark aaO 3.4; Rdn 5 2 9 ; GroßKomm.AktG/Oeffcer aaO Rdn 13; Hammacher RdA 1993,163.

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Arbeitsdirektor 3. Teil. Gesetzliches Vertretungsorgan

keit in Berührung kommt, das heißt nicht nur auf den Umfang seiner Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, sondern zB auch auf die Anstellungsbedingungen oder den Rang, den er bei der Repräsentation des Unternehmens gegenüber der Öffentlichkeit oder den staatlichen Instanzen beanspruchen kann. Namentlich bestimmt es ferner die Grenzen, in denen die Satzung oder die Geschäftsordnung die Arbeitsweise und das Verfahren des Vertretungsorgans näher regeln kann. Dabei ist stets zu berücksichtigen, daß Geschäftsführung und Vertretung nach den Regeln des Gesellschaftsrechts grundsätzlich dem Gesamtorgan zustehen, dem dafür auch eine Gesamtverantwortung auferlegt ist. 80 Die Integration des Arbeitsdirektors in das Gesamtorgan wird von 5 33 Abs 2 aufgegriffen und ausdrücklich bestätigt. Die Aufgabe der einschlägigen unternehmensinternen Regelungen, ein praktikables und mit dem geltenden Recht vereinbares Gleichgewicht zwischen der Gesamtverantwortung des Organs und der Ressortzuständigkeit seiner Mitglieder zu finden, wird durch das Gesetz nicht zurückgedrängt, sondern aktualisiert. Daher gilt es auch bei der Auslegung des § 33 im Auge zu behalten, daß das Diskriminierungsverbot die notwendige Flexibilität bei der Organisation der Unternehmensspitze nicht beseitigt. 26

2. Als Mitglied des Vertretungsorgans nimmt der Arbeitsdirektor an der Erledigung aller Aufgaben teil, die das Organ als solches treffen. Für die Erfüllung von Rechtspflichten, die das Gesetz dem Vorstand bzw den Geschäftsführern als solchen auferlegt 81 ist auch er verantwortlich. Über die Angelegenheiten des Unternehmens ist er in gleichem Umfang zu informieren wie alle anderen Mitglieder des Vertretungsorgans. Er nimmt an dessen Sitzungen teil und stimmt über alle dort behandelten Gegenstände mit ab. Besteht Gesamtgeschäftsführung, 82 kann eine Maßnahme ohne seine Zustimmung nicht durchgeführt werden. Auch wo die Geschäfte verteilt sind, befreit ihn die Sonderzuständigkeit für Personal- und Sozialangelegenheiten nicht von der Verantwortung für das Ganze und von der daraus fließenden Pflicht, die Vorgänge in anderen Ressorts zu beobachten und im Unternehmensinteresse mit zu prüfen. Auch er unterliegt der allgemeinen, alle Mitglieder des Vertretungsorgans wechselseitig treffenden Aufsichtspflicht. 83 Gegebenenfalls ist er berechtigt und verpflichtet, Gegenstände, die nach der Geschäftsverteilung außerhalb seiner

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82 83

Vgl SS 77 Abs 1,78 Abs 2 Satz 1 AktG. ZB die Berichtspflichten nach $S 90 AktG iVm 25 Abs 2 oder die Pflicht, die erforderlichen Handelsbücher zu führen, SS 91 AktG; 41 GmbHG; 33 GenG. Vgl $S 77 Abs 1 Satz 1 AktG; 35 Abs 1 GmbHG, 25 Abs 1 GenG. Vgl Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften $ 14 Rdn 2 7 , 7 2 f.

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Arbeitsdirektor IV. Rechtsstellung

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Zuständigkeit liegen, vor das Gesamtorgan zu bringen, sofern er dies für erforderlich hält. 8 4 Die gesetzliche Sonderzuständigkeit für Personal- und Sozialangele- 2 7 genheiten entbindet den Arbeitsdirektor umgekehrt nicht davon, seine Tätigkeit m i t dem Gesamtorgan abzustimmen. Er hat bei seiner Geschäftsführung die allgemeine Geschäftspolitik des Unternehmens und die dazu ergangenen Richtlinien und Vorstandsbeschlüsse zu beachten. Taucht in seinem Ressort eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung für das Unternehmen auf, hat er sie nach Maßgabe der Geschäftsordnung dem Gesamtorgan zur Entscheidung vorzulegen. An dessen Beschlüsse ist er gebunden, und zwar auch dann, wenn sie nicht einstimmig und gegen sein Votum zustande gekommen sind. Ein Vetorecht gegen sie steht ihm von Gesetzes wegen nicht zu, auch nicht in Personal- und Sozialangelegenheiten. Doch kann ihm die Satzung oder die Geschäftsordnung ein Vetorecht gewähren. 85 Entsprechendes gilt, wenn eine Angelegenheit in die Kompetenz mehrerer Vorstandsmitglieder fällt. Der Arbeitsdirektor hat in diesem Fall die zuständigen Kollegen an der Entscheidung zu beteiligen und bei Meinungsverschiedenheiten einen Beschluß des Gesamtorgans einzuholen. Umgekehrt hat er Anspruch, beteiligt zu werden, sofern eine in einem anderen Ressort aufgetauchte Frage auch seinen Kompetenzbereich berührt. 3. Die Institution des Arbeitsdirektors setzt ferner auch die Rang- 2 8 und Zuständigkeitsordnung zwischen den Organen des Unternehmens nicht außer Kraft. Bedarf eine Maßnahme, die in seine Zuständigkeit fällt, gemäß 5 111 Abs 4 AktG iVm 5 25 der Z u s t i m m u n g des Aufsichtsrats, hat auch er - über das Gesamtorgan - dessen Zustimmung einzuholen. Desgleichen ist er den Beschlüssen und Direktiven der Anteilseignerversammlung unterworfen, namentlich auch dann, wenn dieser, wie bei allen unter das Gesetz fallenden Unternehmensformen mit Ausnahme der AG, das Recht zusteht, Geschäftsführungsmaßnahmen an sich zu ziehen und dem Vertretungsorgan dazu Weisungen zu erteilen. 86 Auch in solchen Fällen besitzt er kein Vetorecht, denn § 33 gilt nur im Rahmen der dem Vertretungsorgan als solchem nach Gesellschafts- und Mitbestimmungsrecht zustehenden Kompetenzen. Besteht ein Beherrschungsvertrag, ist der Arbeitsdirektor auch den Weisungen des herrschenden Unternehmens gemäß § 308 AktG unterworfen. 87

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HA; vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 3 3 Rdn 39; Hoffmann/LehmannfWeinmann § 33 Rdn 24; Hanau/Ulmer § 33 Rdn 4 1 , 5 2 . BGHZ 8 9 , 4 8 , 6 0 . Vgl § 2 5 Rdn 8 4 ff. Vgl Duden ZHR 141 (1977), 165 ff; Hoffmann-Becking FS Werner 3 0 1 , 3 0 4 ; Windbichler, Arbeitsrecht im Konzern 578; hM; siehe oben Rdn 18 f.

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$ 3 3 Arbeitsdirektor 3. Teil. Gesetzliches Vertretungsorgan

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4. Die Stellung des Arbeitsdirektors schließt es nicht aus, daß gemäß § 31 Abs 1 iVm § 84 Abs 2 AktG ein Mitglied des Vertretungsorgans zum Vorsitzenden ernannt wird, denn dabei handelt es sich um eine vielfach übliche und bewährte Maßnahme, die keine Diskriminierung der übrigen Vorstandsmitglieder enthält. 88 Das Gleichberechtigungsgebot hindert auch nicht, in solchen Fällen dem Vorsitzenden den Stichentscheid einzuräumen, wenn eine Abstimmung Stimmengleichheit ergab.89 Nur bei einem zweigliedrigen Vertretungsorgan hält das aktienrechtliche Schrifttum den Stichentscheid des Vorsitzenden für unzulässig, weil er auf dessen Alleinentscheidungsrecht hinauslaufen würde, was mit § 77 Abs 1 Satz 2 AktG unvereinbar ist. 90 Bei mitbestimmungspflichtigen Unternehmen wäre in diesem Fall auch die von § 33 verlangte Gleichberechtigung des Arbeitsdirektors mit dem (einzigen) anderen Mitglied des Vertretungsorgans nicht mehr gewahrt.91 Unzulässig ist es weiter, dem Vorsitzenden ein allgemeines Vetorecht einzuräumen, mit dem sogar Mehrheitsentscheidungen überspielt werden können, weil dadurch eine wenngleich negative - Mitkompetenz des Vorsitzenden im Zuständigkeitsbereich des Arbeitsdirektors geschaffen und dessen Recht auf eigenständige Wahrnehmung seiner Kompetenz ausgehöhlt würde.92

30

Mit $ 33 unvereinbar ist ferner eine Vorschrift, die einem Geschäftsführer einer GmbH das Recht zuweist, bei Meinungsverschiedenheiten im Geschäftsführungskollegium auch gegen die Mehrheit der anderen Geschäftsführer bindend zu entscheiden. Bei der AG schließt schon § 77 Abs 1 Satz 2 AktG eine solche Regelung aus. Sie würde aber auch bei den anderen unter das MitbestG fallenden Unternehmen dem Begünstigten einen Vorrang vor dem Arbeitsdirektor einräumen, der mit $ 33 nicht mehr in Einklang zu bringen ist.93 Auch sonst ist dem Arbeitsdirektor dasselbe Maß von Selbständigkeit zu gewähren, das die anderen Mitglieder des Vertretungsorgans genießen. Sind diese einzeln zur Geschäftsführung befugt, hat auch der Arbeitsdirektor Anspruch hierauf. 94 Beschränkungen seiner Geschäfts-

88

89 90 91

92 93

94

Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann $33 Rdn 42; GemKomm.MitbestG/R«mpJr $33 Rdn 42; Mertens aaO Rdn 20; hM. BGHZ 89,48, 59; hM. Vgl KölnKomm. AktG/Mert«w § 77 Rdn 48; Hiiffer AktG § 77 Rdn 11. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 33 Rdn 43; Säcker DB 1977,1999; Hanau/ Ulmer § 33 Rdn 52. BGHZ 8 9 , 4 8 , 5 9 ; hM; aA Hoffmann/Lehmann/Weinmann 5 33 Rdn 24. BGH aaO, Fitting/Wlotzke/Wißmann § 33 Rdn 42; Säcker DB 1977, 1999 Fn 52; GemKomm.MitbestG/KumpjfFS 33 Rdn 43; Hanau/Ulmer § 33 Rdn 52. GemKomm.MitbestG/RMmpjff § 33 Rdn 39; Mertens aaO Anh § 1 1 7 B § 3 3 MitbestG Rdn 23.

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Arbeitsdirektor $ 3 3 IV. Rechtsstellung

führungsbefugnis, welche im Unternehmen nicht üblich sind und auch nicht den Bedürfnissen einer sachgerechten Unternehmensleitung entspringen, sondern diskriminierenden Charakter haben, sind unzulässig. Namentlich dürfen die Gesellschafter einer GmbH bei der Ausübung ihrer Geschäftsführungsbefugnisse und ihres Weisungsrechts den Arbeitsdirektor nicht enger begrenzen als andere Geschäftsführer. 95 5. Hinsichtlich der Vertretungsbefugnis ist zu unterscheiden: 3 1 Besteht gemeinschaftliche Vertretung aller Mitglieder des Vertretungsorgans, 96 so hängt die rechtswirksame Vertretung des Unternehmens auch von der Mitwirkung des Arbeitsdirektors ab. Sieht die Satzung bzw die Geschäftsordnung Einzelvertretung oder (echte oder unechte) Gesamtvertretung vor, darf der Arbeitsdirektor nicht schlechter gestellt werden als die übrigen Organmitglieder. 97 Schwierigkeiten bereiten nur die Fälle, in denen die Vertretungsbefugnis der übrigen Mitglieder des Vertretungsorgans verschieden geregelt ist. Hier wird man sich daran zu orientieren haben, welche Regelung in dem Unternehmen als der Normalfall angesehen wird, denn § 33 verlangt die reguläre, weder eine schlechtere noch eine bessere Behandlung des Arbeitsdirektors. Bei einem mehrgliedrigen Vertretungsorgan kann es daher mit § 33 vereinbar sein, wenn dem Vorsitzenden Einzelvertretungsmacht gewährt wird, anderen Mitgliedern dagegen nicht. 98 Dagegen kann bei einem zweigliedrigen Vertretungsorgan nicht dem anderen Mitglied Einzelvertretungsbefugnis, dem Arbeitsdirektor dagegen nur Gesamtvertretungsmacht gewährt werden.99 6. Das Diskriminierungsverbot des § 33 gilt schließlich auch für 3 2 den Anstellungsvertrag. Es verlangt, daß dem Arbeitsdirektor grundsätzlich die gleichen Bedingungen, namentlich gleiches Gehalt und gleiche sonstige Leistungen gewährt werden, wie sie das Unternehmen den anderen Mitgliedern des Vertretungsorgans zukommen läßt. Dies schließt Unterschiede nicht aus, die auf sachlichen, nicht mit der Institution des Arbeitsdirektors als solcher verknüpften Gründen basieren und daher auch im Verhältnis zwischen anderen Vorstandsmitgliedern vorkommen könnten. Das Diskriminierungsverbot setzt

95 96 97 98

99

Fitting/WlotzkefWißmann $ 3 3 Rdn 4 7 ; Leicht aaO 9 9 ff. Vgl §$ 78 Abs 2AktG, 35 Abs 2 Satz 2 GmbHG, 2 5 Abs 1 Satz 2 GenG. HL; vgl statt aller Meyer-Landrut DB 1 9 7 6 , 3 8 8 ; Hanau/Ulmer § 33 Rdn 55. Ebenso Meyer-Landrut aaO; Hoffmann BB 1977, 21; Fitting/WlotzkefWißmann $ 3 3 Rdn 44; Mertens aaO Rdn 24. Meyer-Landrut aaO; Mertens aaO; Fitting/WlotzkefWißmann § 3 3 Rdn 4 4 f ; aA Meilicke/Meilicke § 33 Rdn 6.

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$ 3 3 Arbeitsdirektor 3. Teil. Gesetzliches Vertretungsorgan

einen Vergleich mit den unter gleichartigen Umständen gewährten Leistungen voraus, der schwierig ist, wenn die Anstellungsbedingungen individuell ausgehandelt werden. § 33 nötigt in solchen Fällen nicht dazu, die bisher geübte Praxis aufzugeben und einheitliche Verträge auszuarbeiten. Als Richtschnur kommen im Zweifel die Bezüge in Betracht, die durchschnittlich an die Mitglieder des Vertretungsorgans gezahlt werden.100 Auch eigenes Sekretariat, Büroausstattung, Dienstwagen, Reisevergünstigungen uä sind dem Arbeitsdirektor bereitzustellen, wenn sie anderen Mitgliedern des Vertretungsorgans gewährt werden. 33 7. Der von § 33 garantierten Gleichberechtigung des Arbeitsdirektors mit den anderen Mitgliedern des Vertretungsorgans entspricht, daß ihn auch dieselben Pflichten treffen. Er ist kein Delegierter der Arbeitnehmerschaft oder Exponent der Gewerkschaften, welcher deren Interessen zu vertreten hätte, sondern ein unabhängiges Mitglied der Unternehmensleitung. Als solches hat er sein Amt in eigener Verantwortung zu führen und haftet gemäß §§ 93 AktG, 43 GmbHG und 34 GenG für die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes bzw Unternehmensleiters.101 Im Rahmen der Sorge für das Unternehmen hat er auch wie jedes andere Vorstandsmitglied die Interessen der Arbeitnehmer und der Anteilseigner zu berücksichtigen, wobei ihm kraft seiner Aufgabe die Arbeitnehmerschaft besonders nahesteht.102 Doch ist er keinerlei Weisungen von seiten der Belegschaft oder der Gewerkschaften unterworfen, sondern verhält sich pflichtwidrig und macht sich schadensersatzpflichtig, sofern er derartige Weisungen befolgt. Im Konflikt zwischen Gruppeninteresse und Unternehmensinteresse hat er, wie alle anderen Mitglieder des Vertretungsorgans, dem Unternehmensinteresse den Vorzug zu geben.103 V. Streitigkeiten 34

Vorschriften der Satzung und Geschäftsordnungsbeschlüsse der Anteilseignerversammlung, die gegen § 33 verstoßen, namentlich den Zuständigkeitsbereich des Arbeitsdirektors zu eng begrenzen oder das Diskriminierungsverbot mißachten, treten gemäß § 37 zu dem

100 Vgl Fitting/Wlotzke/Wißmann % 33 Rdn 48; Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 33 Rdn 26; Leicht aaO 96; Hammacher RdA 1993, 164; Schwark, Der Arbeitsdirektor 3.4.1. 101

Vgl $ 3 0 Rdn 9 f. 102 vgl Vetter AuR 1976,258. 103 Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 33 Rdn 49; MünchHdb.AktG/Wi'ewr § 24 Rdn 21; Mertens aaO Rdn 22; vgl $ 25 Rdn 106 ff.

512

Arbeitsdirektor $ 33 V. Streitigkeiten

dort genannten Zeitpunkt außer Kraft. Dagegen ist zweifelhaft, welche Rechtsfolge eintritt, wenn die Anteilseignerversammlung oder ein anderes Organ nachträglich Satzungs- oder Geschäftsordnungsvorschriften beschließt, die § 33 verletzen. Ist die Anteilseignerversammlung nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften nicht zuständig, Geschäftsführungsregeln für das Vertretungsorgan zu erlassen, so ist der Beschluß schon nach den allgemeinen Vorschriften nichtig. 104 Doch ist auch ein im Rahmen der gesetzlichen Zuständigkeit gefaßter Beschluß nichtig, der § 33 verletzt, denn die Vorschriften des MitbestG sind im öffentlichen Interesse gegeben. 105 Geschäftsordnungsbeschlüsse des Aufsichtsrats und des Vertretungsorgans, die § 33 widersprechen, sind gleichfalls schon nach den allgemeinen Regeln nichtig. 106 Auf die Nichtigkeit kann sich jedermann, namentlich auch der Arbeitsdirektor selbst, berufen. Dasselbe gilt für alle anderen Beschlüsse des Aufsichtsrats und des Vertretungsorgans, die § 33 verletzen. Beachtet der Arbeitsdirektor derartige Beschlüsse nicht, liegt keine Pflichtverletzung vor, die ihn gemäß §§ 93 AktG, 43 GmbHG, 34 GenG schadensersatzpflichtig machen könnte. Eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit ist, da das Gesetz eine 3 5 Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nicht begründet, vor den ordentlichen Gerichten zu erheben. Die Klagebefugnis setzt nach § 256 ZPO ein rechtliches Interesse voraus. Ob ein solches vorliegt, hängt von den Umständen ab, doch wird es sowohl beim Arbeitsdirektor wie bei den übrigen Mitgliedern des Vertretungsorgans regelmäßig zu bejahen sein. Gegebenenfalls wird man auch das rechtliche Interesse des Aufsichtsrats, der in ihm vertretenen Gruppen, einzelner Aufsichtsratsmitglieder oder anderer am Unternehmen beteiligten Personen oder Gruppen bejahen müssen. Wird bei der Festsetzung der Anstellungsbedingungen des Arbeitsdirektors das Diskriminierungsverbot des $ 33 nicht beachtet, m u ß ihm auch eine Klage auf Leistung nicht diskriminierender Bedingungen zugebilligt werden. Im übrigen ist die Klage auf Feststellung gegeben, ob dem Arbeitsdirektor die gesetzlichen Kompetenzen eingeräumt wurden. Als antragsberechtigt ist jedes Mitglied des Vertretungsorgans 107 sowie des Aufsichtsrats anzusehen. 108

104 v g l § 2 4 1 Abs 1 Nr 3 AktG u n d d a z u Kaiser, Recht der Kapitalgesellschaften § 16 Rdn 133. 105 § 2 4 1 Abs 1 Nr 3 AktG; BGHZ 8 3 , 1 0 6 ; 8 9 , 4 8 stRspr. 106 v g l $ 2 5 Rdn 4 0 ff. 107 AA Wiesner DB 1 9 7 7 , 1 7 4 8 . los w e i t e r g e h e n d Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 33 Rdn 58; Hanau/Ulmer § 33 Rdn 59.

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VIERTER TEIL Seeschiffahrt §34 (1) Die Gesamtheit der Schiffe eines Unternehmens gilt für die Anwendung dieses Gesetzes als ein Betrieb. (2) Schiffe im Sinne dieses Gesetzes sind Kauffahrteischiffe, die nach dem Flaggenrechtsgesetz die Bundesflagge führen. Schiffe, die in der Regel binnen 48 Stunden nach dem Auslaufen an den Sitz eines Landbetriebs zurückkehren, gelten als Teil dieses Landbetriebs. (3) Leitende Angestellte im Sinne des § 3 Abs 1 Nr 2 dieses Gesetzes sind in einem in Absatz 1 bezeichneten Betrieb nur die Kapitäne. (4) Die Arbeitnehmer eines in Absatz 1 bezeichneten Betriebs nehmen an einer Abstimmung nach $ 9 nicht teil und bleiben für die Errechnung der für die Antragstellung und für die Beschlußfassung erorderlichen Zahl von Arbeitnehmern außer Betracht. (5) Werden die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte gewählt, so werden abweichend von § 10 in einem in Absatz 1 bezeichneten Betrieb keine Delegierten gewählt. Abweichend von § 15 Abs 1 nehmen die Arbeitnehmer dieses Betriebs unmittelbar an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer teil mit der Maßgabe, daß die Stimme eines dieser Arbeitnehmer als ein Sechzigstel der Stimme eines Delegierten zu zählen ist; § 11 Abs 1 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden.

Übersicht Rdn

Rdn I. Vorbemerkungen II. Sonderregeln für Seeleute (Abs 1 - 6 ) 1. Seebetrieb (Abs 1 und 2) . 2. Arbeitnehmer 3. Leitende Angestellte (Abs 3)

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1 4

4. Vorabstimmung g e m ä ß § 9 Abs 3 (Abs 4) . 5. Mittelbare Wahl (Abs 5) . III. Ablauf der Wahl

5

IV. Streitigkeiten. ,

6

7 8 9

10

II. Sonderregeln für Seeleute (Abs 1 - 5 )

$34

Schrifttum Lindemann, Das neue Mitbestimmungsgesetz und die Seeschiffahrt, Hansa 1 9 7 7 , 2 8 3 ; ders, Wahlen der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat von Seeschiffahrtsunternehmen, Hansa 1 9 7 7 , 1 5 0 6 , 1 5 8 2 .

I. Vorbemerkungen 5 34 enthält eine Anzahl von Sondervorschriften, welche das Wahl- 1 verfahren für den besonders komplizierten Fall praktikabel machen sollen, daß an der Wahl Seeleute teilnehmen. Abs 1 - 3 enthalten Klarstellungen und Definitionen, die im wesentlichen § 114 Abs 3 , 4 und 6 Satz 2 BetrVG entsprechen. Nach Abs 4 nehmen Seeleute an der Abstimmung gemäß § 9 darüber, ob mittelbare oder unmittelbare Wahl stattfinden soll, nicht teil. Das Gesetz will diese als nicht ganz so zentral erachtete Abstimmung von der langwierigen und aufwendigen Einbeziehung der Seeleute entlasten. Aus dem gleichen Grund wählen die Seeleute nach Abs 5 auch im Fall mittelbarer Wahl keine Delegierten, sondern können mit entsprechend vermindertem Stimmengewicht an der Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat selbst partizipieren. Der ursprüngliche Abs 6 ist infolge der Preisgabe des Gruppenprinzips im Gesetz vom 23. Juli 2001 weggefallen. Die Vorschrift, die als Grundlage für besondere Wahlregeln im 2 Bereich der Seeschiffahrt gedacht ist, wurde erst während der Ausschußberatungen eingeführt. 1 Die Ausführungsbestimmungen finden sich in §§ 98-113 2. und 3. WO. § 34 gilt, wie aus der Überschrift zum 4. Teil hervorgeht, nur für die 3 Seeschiffahrt. Auf Binnenschiffahrtsunternehmen sind die Vorschriften des Gesetzes uneingeschränkt anzuwenden. Zur Binnenschiffahrt gehören alle Fahrzeuge, die nach ihrer Bestimmung auf Wasserstraßen verkehren, die nicht unter die Seewasserordnung fallen, einschließlich der Schiffe, die ausschließlich im Hafen verwendet werden.2 II. Sonderregeln für Seeleute (Abs 1-5) 1. Die Sonderregeln des $ 34 sind nach Abs 1 und 2 anzuwenden in 4 Unternehmen, die Kauffahrteischiffe, dh unmittelbar oder mittelbar dem wirtschaftlichen Erwerb durch Seefahrt dienende Schiffe (§ 484 Abs 1HGB) unter deutscher Flagge 3 betreiben. Bohrinseln sind keine

1 2 3

Vgl Ausschußbericht BTDrucks VII/4845,15. Vgl Richardi/Thüsing BetrVG § 114 Rdn 8. Vgl §§ 1 f, 11 Flaggenrechtsgesetz vom 8 . 2 . 1 9 5 1 .

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$34

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4. Teil. Seeschiffahrt

Schiffe. 4 Die Gesamtheit dieser Schiffe gilt nach Abs 1 für die Anwendung des Gesetzes als ein Betrieb (Seebetrieb), und zwar unabhängig davon, ob ein Schiff nach den allgemeinen Regeln für sich allein einen Betrieb bildet. Auszunehmen sind nach Abs 2 Satz 2 allerdings die Schiffe, die in der Regel binnen 48 Stunden nach dem Auslaufen an den Sitz eines Landbetriebes, nicht notwendig des Landbetriebs, aus dem sie ausgelaufen sind, zurückkehren. Bei diesen Schiffen ist nach der Konzeption des Gesetzes die Verbundenheit mit dem Landbetrieb noch so groß, daß sie, ebenso wie die Schiffe der Binnenschiffahrt, als dessen Teil betrachtet werden können. Der Landbetrieb muß nicht der Heimathafen oder der Sitz des Unternehmens sein. 5 2. Arbeitnehmer des Seebetriebs sind alle für die Fahrt angestellten Arbeitnehmer und Auszubildenden, auch wenn sie nicht zur Besatzung im Sinn des § 3 SeemG gehören. Ein vorübergehender Aufenthalt an Land, zB wegen Krankheit, Urlaub oder Wehrdienst, schadet nicht, solange die Betriebszugehörigkeit fortdauert. 6 3. Abs 3 enthält eine präzisierende und definierende Sondervorschrift zu § 3 Abs 3 Nr 2. Danach sind auf den unter Abs 1 und 2 fallenden Schiffen nur die Kapitäne leitende Angestellte. Kapitän ist der in der Regel vom Reeder, ausnahmsweise von einem verhinderten Kapitän bestellte Führer eines Schiffes.7 Die Vorschrift entspricht der Abgrenzung nach 5 114 Abs 6 Satz 2 BetrVG. Schiffsoffiziere, aber auch ein nach § 2 Abs 3 SeemG berufener Kapitänsvertreter kommen nie als leitende Angestellte in Betracht. 4. Die zu einem Betrieb im Sinn des Abs 1 gehörenden, im Unternehmen beschäftigten Seeleute nehmen gemäß Abs 4 an der Abstimmung gemäß § 9 über die Frage, ob unmittelbare oder mittelbare Wahl stattfinden soll, nicht teil. Sie haben auch kein Antragsrecht nach $ 9 Abs 3. Folgerichtig können sie, wie das Gesetz ausdrücklich betont, auch bei der Berechnung der für einen Antrag oder für das Zustandekommen des Beschlusses erforderlichen Stimmenzahl nicht berücksichtigt werden. Bei der Ermittlung der für die Anwendung der §§ 1 Abs 1, 5 und 9 Abs 1 und 2 maßgebenden Arbeitnehmerzahl sind sie dagegen ohne Einschränkung mitzuzählen. 8 5. Auch wenn in dem Unternehmen mittelbare Wahl stattfindet, nehmen die zu einem Betrieb nach Abs 1 zusammengefaßten Seeleute 4 5

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7 8

Fitting/Wlotzke/Wißmann § 3 4 Rdn 9; Hanau/Ulmer § 3 4 Rdn 4. Einzelheiten zum Ganzen bei Fitting/Wlotzke/Wißmann § 3 4 Rdn 8 ff; GemKomm.MitbestG/Fabri«'H5 § 3 4 Rdn 13 ff; Hanau/Ulmer § 3 4 Rdn 4. Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 3 4 Rdn 17; Hanau/Ulmer § 3 4 Rdn 5; zum Teil anders GemKomm. MitbestG ¡Fabricius $ 3 4 Rdn 60 ff. 5$ 5 1 1 , 5 1 6 Abs 2 HGB, § 2 Abs 1 SeemG. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 3 4 Rdn 22; hA.

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III. Ablauf der Wahl

834

des Unternehmens gemäß Abs 5 stets in unmittelbarer Wahl teil. Delegierte werden in Seebetrieben abweichend von § 10 Abs 1 also nie bestellt. In Parallele zu § 11 Abs 1 zählt die Stimme jedes wahlberechtigten Seemanns nur ein Sechzigstel der Stimme eines Delegierten. Teilzahlen werden als volle Stimme gerechnet, wenn sie mindestens die Hälfte der vollen Zahl betragen, dh wenn über die letzte durch 60 teilbare Zahl hinaus mehr als 30 Seeleute ihre Stimme abgeben. 9 Die Vorschrift verstößt nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz. 10 III. Ablauf der Wahl Der Ablauf der Wahl, der durch die unter II. erläuterten Sonder- 9 regeln vereinfacht wird, ist in Unternehmen mit Seebetrieben vor allem wegen der Länge der Übermittlungswege erschwert. Die Wahlordnungen tragen diesen Schwierigkeiten Rechnung, indem sie das Wahlverfahren in Seebetrieben in einem gesonderten dritten Teil selbständig regeln. 11 Zunächst verlängern sich die gesetzlichen Fristen. Die Wahl ist bereits 46, in Konzernen 50 Wochen vor dem voraussichtlichen Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder einzuleiten. 12 Entsprechend längere Fristen nennen die Verordnungen für die anderen Abschnitte des Wahlverfahrens. Da die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nur einheitlich gewählt werden können, verlängert sich die Dauer der Wahl für das ganze Unternehmen bzw für den ganzen Konzern auf diese Zeit. Ein Betriebswahlvorstand wird für den Seebetrieb nicht bestellt. Statt dessen nimmt der Unternehmenswahlvorstand bzw der Hauptwahlvorstand alle dem Betriebswahlvorstand obliegenden Aufgaben wahr. 13 Die Teilnahme an der Wahl selbst erfolgt durch Briefwahl. 1 4 Auch für das Abberufungsverfahren enthalten die Wahlordnungen entsprechende Sonderregeln. 15

9 10

11 12 13 14 15

Abs 5 Nr 1 iVm § 11 Abs 1 Satz 3. HL; vgl zuletzt GroßKomm.AktG/Oetfeer MitbestG § 3 4 Rdn 9; aA Säcker, Wahlordnungen Rdn 2 4 7 ff; GewKomm. MitbestG/Benze § 3 4 Rdn 26. § § 9 8 - 1 1 3 2. und 3. WO. § § 9 8 Abs 1 2 . und 3.WO. §§ 98 Abs 3 2. und 3. WO. §§ 103 Abs 1 , 1 0 6 , 1 1 0 2. und 3. WO. §§ 1 0 8 - 1 1 3 2. und 3. WO.

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$34

4. Teil. Seeschiffahrt

IV. Streitigkeiten 10

Streitigkeiten im Zusammenhang mit § 34 betreffen die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer und sind daher gemäß §§ 2 a Abs 1 Nr 3 ArbGG von den Arbeitsgerichten im Beschlußverfahren zu entscheiden.

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FÜNFTERTEIL Übergangs- und Schlußvorschriften $ 35 Änderung von Gesetzen Die in der Vorschrift aufgelisteten Änderungen des Aktiengesetzes, des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 und des Arbeitsgerichtsgesetzes wurde in diese Gesetze eingearbeitet. Die Vorschrift konnte daher durch Gesetz vom 23. Juli 2001 (BGBl 11852) aufgehoben werden.

$36 Verweisungen (1) Soweit in anderen Vorschriften auf Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 über die Vertretung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten von Unternehmen verwiesen wird, gelten diese Verweisungen für die in § 1 Abs 1 dieses Gesetzes bezeichneten Unternehmen als Verweisungen auf dieses Gesetz. (2) Soweit in anderen Vorschriften für das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 21. Mai 1951 (Bundesgesetzbl. I Satz 347) die Bezeichnung „Mitbestimmungsgesetz" verwendet wird, tritt an ihre Stelle die Bezeichnung „Montanmitbestimmungsgesetz". 1. Abs 1 ist erforderlich, weil ein Teil der bisher nach $5 76 ff BetrVG 1 1952 mitbestimmungspflichtigen Unternehmen nunmehr unter das MitbestG fällt. Die Vorschrift bestimmt, daß Verweisungen auf SS 76 ff BetrVG 1952 für diese Unternehmen nunmehr als Verweisungen auf das MitbestG zu lesen sind. 2. Abs 2 erstreckt die in §S 1,35 eingeführte terminologische Ände- 2 rung auf andere Gesetze. Danach ist das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 21. Mai 1951 zur Unterscheidung vom MitbestG künftig generell als MontanMitbestG zu bezeichnen.

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$ 3 7 Erstmalige Anwendung des Gesetzes a u f ein U n t e r n e h m e n 5. Teil. Übergangs- und Schlußvorschriften

S 37 Erstmalige Anwendung des Gesetzes auf ein Unternehmen (1) Andere als die in $ 97 Abs 2 Satz 2 des Aktiengesetzes bezeichneten Bestimmungen der Satzung (des Gesellschaftsvertrags, des Statuts), die mit den Vorschriften dieses Gesetzes nicht vereinbar sind, treten mit dem in S 97 Abs 2 Satz 2 des Aktiengesetzes bezeichneten Zeitpunkt oder, im Falle einer gerichtlichen Entscheidung, mit dem in § 98 Abs 4 Satz 2 des Aktiengesetzes bezeichneten Zeitpunkt außer Kraft. Eine Hauptversammlung (Gesellschafterversammlung, Generalversammlung), die bis zu diesem Zeitpunkt stattfindet, kann an Stelle der außer Kraft tretenden Satzungsbestimmungen mit einfacher Mehrheit neue Satzungsbestimmungen beschließen. (2) Die SS 25 bis 29, 31 bis 33 sind erstmalig anzuwenden, wenn der Aufsichtsrat nach den Vorschriften dieses Gesetzes zusammengesetzt ist. (3) Die Bestellung eines vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bestellten Mitglieds des zur gesetzlichen Vertretung befugten Organs eines Unternehmens, auf das dieses Gesetz bereits bei seinem Inkrafttreten anzuwenden ist, kann, sofern die Amtszeit dieses Mitglieds nicht aus anderen Gründen früher endet, nach Ablauf von fünf Jahren seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes von dem nach diesem Gesetz gebildeten Aufsichtsrat jederzeit widerrufen werden. Für den Widerruf bedarf es der Mehrheit der abgegebenen Stimmen der Aufsichtsratsmitglieder, aller Stimmen der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner oder aller Stimmen der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer. Für die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag gelten die allgemeinen Vorschriften. Bis zum Widerruf bleiben für diese Mitglieder Satzungsbestimmungen über die Amtszeit abweichend von Absatz 1 Satz 1 in Kraft. Diese Vorschriften sind entsprechend anzuwenden, wenn dieses Gesetz auf ein Unternehmen erst nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes erstmalig anzuwenden ist. (4) Absatz 3 gilt nicht für persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien.

Schrifttum Ballerstedt, Das Mitbestimmungsgesetz zwischen Gesellschafts-, Arbeits- und Unternehmensrecht, ZGR 1977, 133; Ceitner, Offene Fragen im Mitbestimmungsgesetz, AG 1976, 2 1 0 ; Hoffmann, Dauer der Übergangszeit gemäß $ 3 8 Abs 1 Satz 1 MitbestG, DB 1 9 7 6 , 1 1 0 8 ; ders, Schriftlicher Gesellschafterbeschluß als Gesellschafterversammlung iS von $ 3 8 Abs 1 MitbestG, DB 1976, 2 0 6 3 ; Hoffmann/Neumann, Die Mitbestimmung bei GmbH und GmbH & Co. KG nach

520

Erstmalige Anwendung des Gesetzes a u f ein U n t e r n e h m e n I. Vorbemerkungen

$37

dem Mitbestimmungsgesetz 1 9 7 6 (Teil I + II), GmbHRdsch 1 9 7 6 , 1 4 9 , 1 8 3 ; Lux, Die erstmalige Anwendung des Mitbestimmungsgesetzes, BB 1 9 7 6 , 5 2 1 ; Martens, Die Auswirkungen der erweiterten Mitbestimmung auf die KonzernPraxis, in: Der GmbH-Konzern, 1 9 7 6 , 1 0 6 ; Meilicke-Meilicke, Umverteilung gesellschaftsrechtlicher Herrschaftsrechte, FS Luther, 1 9 7 6 , 9 9 ; Mertens, Zulässigkeit der Bestellung eines Arbeitsdirektors nach § 8 5 AktG trotz vorhandenem Personalvorstand, AG 1 9 7 9 , 3 3 4 ; Mestmäcker, Z u r gesellschaftsrechtlich organisierten Berufsfreiheit, in: FS Harry Westermann 1 9 7 4 , 4 1 1 ; Müller, Gedanken z u m E n t w u r f des Mitbestimmungsgesetzes (MitbestG) Teil II, DB 1 9 7 5 , 2 5 3 ; Wienke, Mitbestimmungsgesetz, Wichtig: Übergangsregelungen, Der Arbeitgeber 1 9 7 6 , 3 8 0 ; Wlotzke/Wißmann, Das neue Mitbestimmungsgesetz, DB 1 9 7 6 , 9 5 9 ; Zöllner, G m b H & Co. KG in der Mitbestimmung, Z G R 1 9 7 7 , 3 1 9 . Übersicht Rdn

Rdn I. Vorbemerkungen II. Erstmalige Anwendung des Gesetzes (Abs 1 und 2) 1. Abs 1 2. Abs 2 III. Gesetzliches Vertretungsorgan (Abs 3 und 4)

1

3 6

1. Allgemeines 2. Außerordentliches Widerrufsrecht 3. Verfahren 4. Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag . . .

10 12 15 19

I. Vorbemerkungen $ 3 7 bestimmt, wann die Vorschriften des Gesetzes auf ein Unter- 1 nehmen, das in seinen Geltungsbereich hineinwächst, erstmals anzuwenden sind, und ergänzt damit die nach § 6 Abs 2 auf alle unter das Gesetz fallenden Unternehmen anzuwendenden §§ 97 und 98 AktG. Die wenig übersichtliche Regelung besagt im Kern folgendes: Hat das Unternehmen nach Ansicht des Vertretungsorgans seinen Aufsichtsrat gemäß den Vorschriften des MitbestG zusammenzusetzen, ist das Verfahren gemäß $S 97 oder 98 AktG durchzuführen. Nach dessen Beendigung ist der Aufsichtsrat binnen der in §§ 97 Abs 2 , 9 8 Abs 4 Satz 2 AktG genannten Fristen umzubilden. Mit dem Ablauf dieser Fristen erlischt kraft Gesetzes das Amt der Aufsichtsratsmitglieder. Satzungsvorschriften über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder und über die Wahl, Abberufung und Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern treten außer Kraft.1 S 37 Abs 1 erstreckt diese Regel auch auf andere Satzungsbestimmungen, die mit dem MitbestG nicht vereinbar sind. In beiden Fällen kann die Anteils-

1

$ 9 7 Abs 2 Satz 2 und 3 AktG.

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$ 37 Erstmalige Anwendung des Gesetzes auf ein Unternehmen 5. Teil. Übergangs- und Schlußvorschriften

eignerversammlung neue Satzungsvorschriften mit einfacher Mehrheit, das heißt in einem erleichterten Verfahren, erlassen. 2 Nach Abs 2 sind die Vorschriften des Gesetzes über die innere Ordnung des Aufsichtsrats und die Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder (§§25-29) sowie über das gesetzliche Vertretungsorgan (§§31-33) erstmals anzuwenden, wenn der Aufsichtsrat neu zusammengesetzt ist. Die Amtsdauer der bereits vorher bestellten Mitglieder des Vertretungsorgans ändert sich grundsätzlich nicht, jedoch kann der Aufsichtsrat die Bestellung gemäß § 37 Abs 3 nach Ablauf von fünf Jahren in einem vereinfachten Verfahren widerrufen, wenn sie für längere Frist oder auf Lebenszeit erfolgt ist. 2 Die Vorschrift entspricht unverändert §33 RegE. Schon im Gesetzgebungsverfahren wurde die Frage aufgeworfen, ob die vorzeitige Abberufung eines für mehr als fünf Jahre bestellten Mitglieds des Vertretungsorgans nach Abs 3 mit Art 12 u n d 14 GG vereinbar sei.3 Sie ist namentlich für Geschäftsführer einer GmbH, denen die Geschäftsführungsbefugnis als Sonderrecht im Gesellschaftsvertrag eingeräumt wurde, weiterhin aktuell. 4 Das BVerfG hat die Frage nicht geprüft. 5 Die verfassungsgerichtliche Klärung steht daher noch aus. II. Erstmalige A n w e n d u n g des Gesetzes (Abs 1 u n d 2) 3

1. Ist im Verfahren nach §§ 97 oder 98 AktG iVm 6 Abs 2 6 festgestellt, daß der Aufsichtsrat nach den Vorschriften des MitbestG zusammenzusetzen ist, muß die Änderung binnen der in §§ 97 Abs 2 Satz 2 bzw 98 Abs 4 genannten Fristen durchgeführt werden. Nach Ablauf der Fristen treten die Bestimmungen der Satzung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, über die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder sowie über die Wahl, Abberufung und Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern außer Kraft. 7 § 37 Abs 1 erstreckt diese Vorschrift auf alle anderen Satzungsbestimmmungen, die §§25-29, 3 1 - 3 3 widersprechen, zB über das Verfahren des Aufsichtsrats, die Bildung von

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4

5 6 7

s§ 97 Abs 2 Satz 4 AktG, 37 Abs 1 Satz 2 MitbestG. Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt GmbHRdsch 1974, 277; Kaiser BB 1976, 146; Meilicke/Meilicke FS Luther 111. Vgl Martens in: Der GmbH-Konzern 129; Zöllner ZGR 1977, 320 f; Ballerstedt ZGR 1977, 157; Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 37 Rdn 62; Hanau/Ulmer $ 37 Rdn 36 f; für verfassungsrechtlich unbedenklich halten die Vorschrift Fitting/ Wlotzke/Wißmann §37 Rdn 35 GemKommMitbestG/Fflfcn'ous $37 Rdn 69ff; GewKomm. MitbestG/Föhr § 37 Rdn 8. BVerfGE 50,290. Vgl § 6 Rdn 4 ff. $ 97 Abs 2 Satz 2; vgl § 6 Rdn 14.

522

Erstmalige Anwendung des Gesetzes auf ein Unternehmen $ 37 II. Erstmalige Anwendung des Gesetzes (Abs 1 und 2)

Aufsichtsratsausschüssen oder die Willensbildung des Vertretungsorgans. Welche Vorschriften davon betroffen sind, ist im Einzelfall zu prüfen und wird jeweils im Zusammenhang mit den einschlägigen Gesetzesvorschriften erörtert. Gemäß § 97 Abs 2 Satz 4 iVm § 6 Abs 2 und §37 Abs 1 Satz 2 können alle außer Kraft tretenden Satzungsbestimmungen in einem vereinfachten Verfahren ersetzt werden. Sofern die Anteilseignerversammlung vor dem Ende der Frist zusammentritt, genügt es, abweichend vom Gesellschaftsrecht, wenn sie darüber mit einfacher Mehrheit beschließt. Geschäftsordnungsregeln des Aufsichtsrats, die dem MitbestG 4 widersprechen, treten nach §25 Abs 2 iVm §37 Abs 2 außer Kraft. Geschäftsordnungsvorschriften des Vorstands, die mit den zwingenden Regeln der §§31-33 nicht vereinbar sind, verstoßen nunmehr gegen § 134 BGB und werden daher nichtig. Dasselbe ist von schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen den Anteilseignern namentlich einer GmbH - anzunehmen, die gegen das MitbestG verstoßen. 8 Gegebenenfalls sind sie nach den Regeln über die Änderung der Geschäftsgrundlage anzupassen. Auf den Gesellschaftsvertrag einer KG, die unter §4 fällt, ist § 37 5 Abs 1 nicht anzuwenden. Vertragsbestimmungen, die dem MitbestG, namentlich §4 Abs 2 widersprechen, sind gemäß § 134 BGB nichtig bzw treten außer Kraft, sobald die Mitbestimmungsorgane gebildet sind.9 Der Gesellschaftsvertrag kann nur einstimmig bzw mit der im Vertrag selbst vorgeschriebenen Mehrheit angepaßt werden. Kommen neue Vereinbarungen nicht zustande, sind die Lücken nach den Regeln der ergänzenden Vertragsauslegung zu füllen. 10 2. Nach Abs 2 sind die Vorschriften des Gesetzes über die innere 6 Ordnung des Aufsichtsrats, die Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder (§§25-29) sowie über das Vertretungsorgan (§§31-33) erstmals anzuwenden, wenn der Aufsichtsrat nach Ablauf der Umstellungsfrist gemäß §§ 97 Abs 2, 98 Abs 4 AktG iVm 6 Abs 2 oder 38 Abs 1 und 2 nach den Vorschriften des Gesetzes zusammengesetzt ist. Ist die Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen, so sind die fehlenden Mitglieder gerichtlich zu bestellen.11 Erst zu diesem Zeitpunkt sind daher ein

8

9

10 11

Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 37 Rdn 50; aA Hanau/Ulmer $ 37 Rdn 13, die einen Fall der Unmöglichkeit ($ 275 BGB) annehmen. HM; Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 37 Rdn 11; Hoffmannfaehmann/Weinmann $37 Rdn 48; Hanau/Ulmer $37 Rdn 12; GroßKomm.AktG/Oeffcer MibestG $37 Rdn 7. Hanau/Ulmer aaO; aA Schneider ZGR1977,350. Fitting/Wlotzke/Wißmann $ 37Rdn 12; Hanau/Ulmer% 37 Rdn 16; vgl $6 Rdn 42.

523

S 3 7 Erstmalige Anwendung des Gesetzes a u f ein U n t e r n e h m e n 5. Teil. Übergangs- und Schlußvorschriften

Aufsichtsratsvorsitzender und ein Stellvertreter im Verfahren nach § 27 Abs 1 und 2 zu wählen und der Vermittlungsausschuß gemäß $ 27 Abs 3 zu bilden. Erst der neu gewählte Aufsichtsratsvorsitzende hat die zweite Stimme nach §§ 29 Abs 2, 31 Abs 3. Ebenso richtet sich die Wahl und die Abberufung der Mitglieder des Vertretungsorgans erst dann nach § 31. Auf die Amtsdauer der zuvor bestellten Mitglieder des Vertretungsorgans hat die Neubildung des Aufsichtsrats, wie aus Abs 3 hervorgeht, dagegen keinen Einfluß. Hinsichtlich der Ausübung von Beteiligungsrechten gemäß § 32 kommt es auf die Umbildung des Aufsichtsrats in der Obergesellschaft, nicht in der Untergesellschaft an. 12 7 Für die Bestellung des Arbeitsdirektors ist zu unterscheiden: Hatte das Unternehmen bereits einen Arbeitsdirektor bzw ein für Personal- und Sozialangelegenheiten zuständiges Vorstandsmitglied, so gilt Abs 3. Eine Neuwahl ist erst erforderlich, wenn dessen Amtszeit ausläuft. 13 Die Gegenansicht 14 widerspricht Abs 3 und ist auch nicht durch $ 3 3 gerechtfertigt, da die Vorschrift lediglich bezweckt, die Personal- und Sozialangelegenheiten im Vorstand zu repräsentieren. 15 Nur wenn noch kein Arbeitsdirektor bestellt war, ist dieser alsbald nach der Neubildung des Aufsichtsrats zu wählen. Statt dessen kann der Aufsichtsrat auch ein bereits amtierendes Vorstandsmitglied zum Arbeitsdirektor bestellen. 16 Kommt der Aufsichtsrat seiner Verpflichtung nicht nach, kann ein Arbeitsdirektor nach § 85 AktG iVm § 31 Abs 1 vom Amtsgericht bestellt werden. 17 8 Bis zur Neubildung des Aufsichtsrats sind die bisher geltenden Vorschriften des Gesellschaftsrechts und der § § 7 6 f f BetrVG 1952 anzuwenden. 9 Die vorgenannten Regeln werden durch die Übergangsvorschriften der Wahlordnungen ergänzt. 18 Danach hat das Unternehmen bei der erstmaligen Anwendung des Gesetzes unverzüglich nach der Bekanntmachung gemäß § 97 AktG die Wahlbekanntmachung herauszugeben und in den Betrieben des Unternehmens auszuhängen. Ferner sind die

12 13

14

15 16 17 18

Vgl § 3 2 Rdn 28. HM; vgl Ballerstedt ZGR 1 9 7 7 , 1 4 7 ; Immenga ZGR 1 9 7 7 , 2 5 8 f; Säcker DB 1977, 1 9 9 6 f ; Peltzer DB 1978, 9 8 4 ; Mertens AG 1979, 337ff; Hoffmann/Lehmann/ Weimann § 3 7 Rdn 59; Hanau/Ulmer % 3 7 Rdn 21; Oetker aaO Rdn 11. AG Bremen AG 1979, 2 0 7 ; LG Bad Kreuznach BB 1979, 1680; Fitting/ Wlotzke/Wißmann $ 3 3 Rdn 12; GemKomm.MitbestG/RumßfF § 3 3 Rdn 18; GewKomm.MitbestG/Föftr§ 33 Rdn 7. Siehe § 3 3 Rdn 15 ff. Vgl § 3 3 Rdn 8. Vgl oben J 31 Rdn 31. § § 9 2 1 . WO, 114 2 . 3 . WO.

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Erstmalige Anwendung des Gesetzes a u f ein U n t e r n e h m e n S 3 7 III. Gesetzliches Vertretungsorgan (Abs 3 und 4)

Wahlvorstände zu bilden und die Wählerlisten aufzustellen. §§ 92 Abs 3 1. WO, 114 Abs 3 2. und 3. WO ändern weiter die Fristen für die Bekanntmachung über die Art der Wahl und die Einreichung von Wahlvorschlägen. III. Gesetzliches Vertretungsorgan (Abs 3 und 4) 1. Der vom Gesetz beabsichtigte Einfluß des paritätischen Auf- 10 sichtsrats auf die Besetzung des Vertretungsorgans kann sich erst durchsetzen, wenn die Mitglieder des Vertretungsorgans neu gewählt werden. Bei der AG ist dies spätestens nach fünf Jahren der Fall, weil gemäß § 84 Abs 1 AktG die Amtsperiode in keinem Fall länger dauert. Dagegen läßt es das Gesellschaftsrecht bei allen anderen Unternehmensformen zu, die Mitglieder des Vertretungsorgans für längere Frist oder auf Lebenszeit zu berufen, bei den Genossenschaften unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs.19 Für diese Fälle hatte der Gesetzgeber zu entscheiden, ob er die langfristige Bestellung auf Kosten der Mitbestimmung hinnehmen will oder nicht. Der in § 37 Abs 3 dazu gefundene Kompromiß orientiert sich an der für die AG geltenden Frist. Für eine Dauer von fünf Jahren bleiben die Mitglieder des Vertretungsorgans im Amt, es sei denn, ihre Amtszeit endet aus anderen Gründen früher. Auch danach scheiden sie nicht ohne weiteres aus. Doch läßt das Gesetz in § 37 Abs 3 Satz 1 ein vereinfachtes Widerrufsverfahren zu, das den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer die Möglichkeit verschafft, ihren Einfluß nunmehr geltend zu machen. Die Lösung kann als ein im Grundsatz angemessener Ausgleich zwischen dem Ziel des Gesetzes, eine effektive Mitbestimmung einzuführen, und den Interessen der Unternehmen bezeichnet werden. Ob sie den grundgesetzlich garantierten Rechten der betroffenen Mitglieder des Vertretungsorgans in allen Fällen gerecht wird, ist zweifelhaft. 20 Die Vorschrift gilt für alle unter das Gesetz fallenden Unternehmen 11 mit Ausnahme der Kommanditgesellschaften auf Aktien, deren Komplementäre nicht vom mitbestimmten Aufsichtsrat bestellt und abberufen werden.21 2. Abs 3 bezieht sich nach dem Text der Sätze 1 bis 4 zunächst auf 12 Unternehmen, auf die das Gesetz mit seinem Inkrafttreten anwendbar wurde. Insoweit ist die Vorschrift infolge Zeitablaufs gegenstandslos geworden, und zwar auch in den neuen Bundesländern, in denen das

19 20 21

§ 2 4 Abs 3 GenG. Vgl Rdn 2. §§ 3 7 Abs 4 , 3 1 Abs 1 Satz 2; vgl § 31 Rdn 4 3 ff.

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$ 3 7 Erstmalige Anwendung des Gesetzes a u f ein U n t e r n e h m e n 5. Teil. Übergangs- und Schlußvorschriften

Gesetz seit 3. Okt. 1990 gilt. Nach Abs 3 Satz 5 ist sie jedoch entsprechend anzuwenden, wenn ein Unternehmen erst später in den Anwendungsbereich des Gesetzes hineinwächst. Der Abschluß des Überleitungsverfahrens nach $5 97 ff AktG und die Bestellung des neuen Aufsichtsrats berühren die Rechtsstellung der Mitglieder des Vertretungsorgans auch in diesen Fällen zunächst nicht. Ihr Amt läuft bis zum regulären Ende der Amtsperiode weiter. Bis zur Bildung des neuen Aufsichtsrats können sie nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften, danach gemäß $§31 Abs 1 und 5 iVm 84 Abs 3 AktG abberufen werden. Erst wenn die Amtszeit beendet oder ein Widerruf erfolgt ist, hat der neue Aufsichtsrat das künftige Mitglied des Vertretungsorgans nunmehr im Verfahren nach § 3 1 zu bestellen. Die Sondervorschrift des Abs 3 modifiziert diese Regel nur für den namentlich bei der GmbH - häufigen Fall, daß das Amt nach den anzuwendenden gesellschaftsrechtlichen Vorschriften oder Satzungsbestimmungen über die Fünfjahresfrist hinaus dauert. Die Frist berechnet sich bei Unternehmen, die nachträglich in den Geltungsbereich des Gesetzes hineinwachsen, von dem Zeitpunkt an, an dem die gesetzlichen Voraussetzungen der § § 1 - 5 eintreten. 22 Unerheblich ist der Zeitpunkt, zu dem das Vertretungsorgan die Änderung der Rechtslage und die neue Zusammensetzung des Aufsichtsrats gemäß § 9 7 AktG bekannt macht. 13

Nach seinem Wortlaut bezieht sich Abs 3 nur auf die Mitglieder des Vertretungsorgans, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes bzw vor dem Zeitpunkt, zu dem es auf das Unternehmen anwendbar wurde, bestellt wurden. Über die Zeit zwischen seinem Inkrafttreten bzw seiner Anwendbarkeit und der Bildung des neuen Aufsichtsrats sagt das Gesetz dagegen nichts. In einem Teil der Literatur wurde aus dieser offenkundigen Lücke der Schluß gezogen, in der Zwischenzeit könnten die Mitglieder des Vertretungsorgans wie bisher für längere Dauer und gegebenenfalls sogar auf Lebenszeit berufen werden, ohne daß der außerordentliche Widerruf gemäß Abs 3 möglich wäre.23 Eine solche Interpretation würde jedoch dem eindeutigen und unmißverständlichen Sinn des Abs 3 und der darin zum Ausdruck gelangten

22

23

Abs 3 Satz 5; str; wie hier Fitting/Wlotzke/Wißmann § 3 7 Rdn 27; Hoffmann/ Lehmann/Weinmann % 3 7 Rdn 68; GewKomm.MitbestG/Föftr § 3 7 Rdn 12; aA GemKomm.MitbestG/Ffl&rioui § 3 7 Rdn 6 7 f; Hachenburg/Merfm GmbHG § 3 5 Rdn 27, die wegen der Schwierigkeit, den Zeitpunkt festzustellen, auf das Außerkrafttreten der alten Satzungsbestimmungen abstellen; Hanau/ Ulmer stellen in § 3 7 Rdn 29 aus demselben Grund auf den Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit der Bekanntmachung nach § 9 7 Abs 1 AktG oder der Entscheidung nach § 98 Abs 1 AktG ab. Vgl Meilicke/Meilicke§§ 3 7 , 3 8 Rdn 4 7 .

526

Erstmalige Anwendung des Gesetzes a u f ein U n t e r n e h m e n $ 3 7 III. Gesetzliches Vertretungsorgan (Abs 3 und 4)

Absicht des Gesetzgebers widersprechen, nach einer angemessenen Frist die Neuwahl des Vertretungsorgans durch den paritätisch besetzten Aufsichtsrat zu ermöglichen. Da in allen unter das Gesetz fallenden Unternehmen mit Ausnahme der AG die Mitglieder des Vertretungsorgans in der Zwischenzeit neu und auf beliebige Zeit bestellt werden könnten, würde sie die Erfüllung des Gesetzes weitgehend vereiteln. Eine derartige Inkonsequenz liegt außerhalb einer vernünftigen Interpretation. Vielmehr ist ein Redaktionsfehler anzunehmen, der durch eine extensive Auslegung des Abs 3, welcher auch die Fälle der Bestellung zwischen der Geltung des Gesetzes für das Unternehmen und der Neubildung des Aufsichtsrats einbezieht, korrigiert werden muß. 2 4 Die Fünfjahresfrist beginnt in diesem Fall mit der Bestellung, da das Gesetz, wie aus Abs 3 Satz 1 folgt, die Amtszeit nicht stärker verkürzen wollte. 25 Auch nach Ablauf der fünfjährigen Frist endet das Amt der Mit- 1 4 glieder des Vertretungsorgans nicht von selbst, sondern nur, wenn der Aufsichtsrat von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht. Bis dahin gelten nach Abs 3 Satz 4 auch Satzungsbestimmungen weiter, welche die Amtszeit abweichend vom Gesetz, das heißt für eine längere als die höchstens fünfjährige Dauer gemäß § 5 3 1 Abs 1 iVm 84 Abs 1 AktG festlegen. Die Vorschrift ist die notwendige Folgerung aus der Konzeption des Abs 3, denn solange die bisherigen Mitglieder des Vertretungsorgans amtieren, ohne daß das Gesetz seine Wirksamkeit entfaltet, können die für ihre Amtszeit maßgeblichen unternehmensinternen Vorschriften nicht außer Kraft gesetzt werden. 3. Nach dem Ablauf der Frist kann der Aufsichtsrat die Bestellung 1 5 jederzeit widerrufen. Im Gegensatz zum Widerruf nach § 3 1 Abs 5 iVm § 8 4 Abs 3 AktG verlangt das Gesetz keinen wichtigen Grund für die Abberufung, sondern sieht die Anpassung an die neue Rechtslage selbst zwingend als wichtigen Grund an. 26 Ein Ausschluß des Widerrufsrechts wegen Rechtsmißbrauchs oder Verstoßes gegen das Unternehmensinteresse 27 ist nur in Extremfällen denkbar. 28 Das allgemeine Recht zum vorzeitigen Widerruf aus wichtigem Grund 2 9 wird durch § 37 Abs 3 nicht berührt. Der Widerruf ist an keine Frist gebunden und braucht daher nicht 1 6 sogleich erklärt zu werden, sondern ist auch noch nach längerer Zeit

24 25

26 27 28 29

Ebenso Fitting/Wlotzke/Wißmann § 37 Rdn 24; hM. Fitting/Wlotzke/Wißmann § 37 Rdn 28; Hanau/Ulmer $ 37 Rdn 25, 30; aA GewKomm.MitbestG/Föftr§ 37 Rdn 13. Vgl HanaufUlmer§ 37 Rdn 26. So Hoffmann/Lehmann/Weinmann $ 3 7 Rdn 68. Hanau/Ulmer % 37 Rdn 27. Siehe $ 3 1 Rdn 3 2 ff.

527

5 3 7 Erstmalige Anwendung des Gesetzes auf ein U n t e r n e h m e n 5. Teil. Übergangs- und Schlußvorschriften

möglich. Es fragt sich, wie der infolgedessen eintretende, für die Beteiligten wie für das Unternehmen unerfreuliche Schwebezustand beendigt werden kann. Ein einfacher Aufsichtsratsbeschluß, der das Mitglied des Vertretungsorgans in seinem Amt bestätigt, kann nicht genügen, denn er würde die in § 37 Abs 3 den Gruppen im Aufsichtsrat gewährten Sonderrechte mißachten. Aus demselben Grund kommt eine Verwirkung des Widerrufsrechts durch Zeitablauf oder durch ein Verhalten des Aufsichtsrats nicht in Betracht, aus dem ein stillschweigendes Einverständnis mit der Fortführung des Amtes abgeleitet werden könnte. Dagegen steht nichts im Wege, das Mitglied des Vertretungsorgans durch einen Aufsichtsratsbeschluß, der dem Verfahren und den Mehrheitserfordernissen des § 3 1 genügt, in seinem Amt zu bestätigen, und zwar auch ohne daß die Bestellung zuvor gemäß § 37 Abs 3 förmlich widerrufen wurde. 30 Denn auch im Fall des Widerrufs könnte es in diesem Verfahren rechtswirksam wieder bestellt werden. Es besteht kein Anlaß, den Widerruf - oder auch einen Rücktritt des Betroffenen - nur pro forma zu erzwingen, wenn in Wirklichkeit seine Bestätigung im Amt gewollt ist. Allerdings kann die Bestätigung gemäß §§31 Abs 1 iVm 84 Abs 1 AktG nunmehr jeweils nur für fünf Jahre erfolgen. Wegen der schweren Belastung, welche der Schwebezustand für das Unternehmen, namentlich aber für den Betroffenen, mit sich bringt, ist diesem ein Anspruch zu gewähren, das Widerrufsoder Bestätigungsverfahren durchzuführen, wenn er es wünscht oder im Interesse des Unternehmens für notwendig hält. 31 17

Hat ein Widerrufsverfahren stattgefunden, ohne daß die erforderlichen Mehrheiten zustande gekommen wären, aber auch ohne daß das Mitglied des Vertretungsorgans in seinem Amt bestätigt worden wäre, so kann der Widerruf nach dem Sinn des Gesetzes jederzeit erneut eingeleitet werden. 18 Zuständig für den Widerrufsbeschluß ist nach Abs 3 Satz 1 der Aufsichtsrat. Daraus folgt, daß die Angelegenheit im Gesamtorgan auf einer Sitzung zu beraten ist, zu der alle Aufsichtsratsmitglieder geladen werden. 32 Das Gesetz ändert nur die Voraussetzungen für das Zustandekommen eines wirksamen Beschlusses. Abweichend von § 31 Abs 5 erfordert der Beschluß die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Aufsichtsratsvorsitzenden den Ausschlag (§ 29 Abs 2). Daneben genügt es aber auch, wenn sämtliche Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner oder der

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32

Ebenso Hanau/Ulmer § 3 7 Rdn 28; Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 3 7 Rdn 69. AA FittingfWlotzke/Wißmann % 3 7 Rdn 29, Bedenken auch bei Hanau/Ulmer aaO. Hanau/Ulmer§ 3 7 Rdn 31.

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Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen $ 39

Arbeitnehmer für den Widerruf stimmen. Dabei ist auf die Zahl sämtlicher vorhandenen Vertreter der Anteilseigner oder der Arbeitnehmer (Ist-Stärke), nicht auf die Anwesenden, aber auch nicht auf die gemäß § 7 Abs 2 erforderliche Zahl abzustellen. 4. Der Widerruf beendet das Amt als Mitglied des Vertretungs- 1 9 organs, berührt nach ausdrücklicher Anordnung des Abs 3 Satz 3 die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag jedoch nicht unmittelbar. Die Vorschrift dient dem weiteren Schutz des Betroffenen. Ob eine Beendigung des Anstellungsvertrags, zB durch Kündigung, in Betracht kommt, ist deshalb nach den allgemeinen Vorschriften über das Anstellungsverhältnis und nach dem Anstellungsvertrag zu prüfen. 33 Der Widerruf nach § 37 Abs 3 ist für sich allein kein wichtiger Grund zur Kündigung nach § 626 BGB. Liegen die Voraussetzungen für die Beendigung des Vertrags nicht vor, behält das ehemalige Mitglied des Vertretungsorgans alle vertraglichen Ansprüche bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Vertrag auch ohne den Widerruf beendet worden wäre. Es muß sich jedoch nach § 6 1 5 Satz 2 BGB den Wert desjenigen anrechnen lassen, was es infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt. 34

§ 38 Übergangsvorschrift Infolge Zeitablaufs gegenstandslos und daher durch Gesetz vom 23. Juli 2001 (BGBl 1,1852) aufgehoben.

§ 39 Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften über das Verfahren für die Wahl und die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer zu erlassen, insbesondere über 1. die Vorbereitung der Wahl oder Abstimmung, die Bestellung der Wahlvorstände und Abstimmungsvorstände sowie die Aufstellung der Wählerlisten,

33 34

Vgl $ 31 Rdn 40. BGH NJW 1 9 7 8 , 1 4 3 5 ; vgl Hachenburg/Merten* GmbHG § 38 Rdn 32.

529

S 40 Übergangsregelung 5. Teil. Übergangs- und Schlußvorschriften

2. die Abstimmungen darüber, ob die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder in unmittelbarer Wahl oder durch Delegierte erfolgen soll, 3. die Frist für die Einsichtnahme in die Wählerlisten und die Erhebung von Einsprüchen, 4. die Errechnung der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer sowie ihre Verteilung auf die in $ 3 Abs 1 Nr 1 bezeichneten Arbeitnehmer, die leitenden Angestellten und die Gewerkschaftsvertreter, 5. die Errechnung der Zahl der Delegierten, 6. die Wahlvorschläge und die Frist für ihre Einreichung, 7. die Ausschreibung der Wahl oder der Abstimmung und die Fristen für die Bekanntmachung des Ausschreibens, 8. die Teilnahme von Arbeitnehmern eines in $ 34 Abs 1 bezeichneten Betriebs an Wahlen und Abstimmungen, 9. die Stimmabgabe, 10. die Feststellung des Ergebnisses der Wahl oder der Abstimmung und die Fristen für seine Bekanntmachung, 11. die Aufbewahrung der Wahlakten und der Abstimmungsakten. Die in $ 39 vorgesehenen Rechtsverordnungen der Bundesregierung für die Wahl und für das Abberufungsverfahren (1., 2. und 3.Wahlordnung) wurden am 2 3 . 6 . 1 9 7 7 1 verkündet und sind am Tag danach in Kraft getreten. Nach dem Erlaß des ÄnderungsG von 2001 und des VereinfachungsG von 2002 wurden sie in zahlreichen Einzelheiten geändert. Gegenwärtig gilt daher die Fassung vom 27. Mai 2002. 2 ) Die Änderungen sind in die Erläuterungen zu §§ 9 - 1 8 , 2 3 und 34 einbezogen.

§ 40 Übergangsregelung (1) Auf Wahlen oder Abberufungen von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer, die nach dem 28. Juli 2001 bis zum 26. März 2002 eingeleitet wurden, ist das Mitbestimmungsgesetz vom 4. Mai 1976 (BGBl. I S. 1153) in der durch Artikel 12 des Betriebsverfassungs-Reformgesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geänderten Fassung anzuwenden. Abweichend von Satz 1 findet $ 11 des Mitbestimmungsgesetzes vom 4. Mai 1976 (BGBl. I. S. 1153) in der durch Artikel 1 des Gesetzes zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat vom 23. März 2002

1 2

BGBl 1,861 ff. BGBl 1 , 1 6 8 2 . Siehe Abdruck S. 543 ff.

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Übergangsregelung $ 4 0

(BGBl. I S. 1130) geänderten Fassung Anwendung, wenn fest steht, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen sind und bis zum 26. März 2002 die Errechnung der Zahl der Delegierten noch nicht erfolgt ist. (2) Auf Wahlen oder Abberufungen der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, die nach den 28. Juli 2001 eingeleitet wurden, finden die Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz vom 23. Juni 1977 (BGBl. I S. 861), geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 9. November 1990 (BGBl. IS. 2487), die Zweite Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz vom 23. Juni 1977 (BGBl. I S. 893), geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 9. November 1990 (BGBl. IS. 2487) und die Dritte Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz vom 23. Juni 1977 (BGBl. I S. 934), geändert durch Artikel 3 der Verordnung von 9. November 1990 (BGBl. I S. 2487) bis zu deren Änderung entsprechende Anwendung. Für die entsprechende Anwendung ist für Wahlen oder Abberufungen von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer die in dem Zeitraum nach dem 28. Juli 2001 bis zum 26. März 2002 eingeleitet wurden, das Mitbestimmungsgesetz vom 4. Mai 1976 (BGBl. IS. 1153) in der nach Absatz 1 anzuwendenden Fassung maßgeblich; für Wahlen oder Abberufungen von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer, die nach dem 26. März 2002 eingeleitet werden, ist das Mitbestimmungsgesetz vom 4. Mai 1976 (BGBl. I S. 1153) in der durch Artikel 1 des Gesetzes zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat vom 23. März 2002 (BGBl. I S. 1130) geänderten Fassung maßgeblich. Das Vorschrift enthielt ursprünglich die Berlinklausel, die gegenstandslos geworden ist. Seit der Neufassung durch das Gesetz zur Vereinfachung der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat vom 23. März 2 0 0 2 (BGBl. I S. 1130) regelt sie die zeitliche Anwendbarkeit der Wahlvorschriften des Gesetzes und der dazu erlassenen Wahlordnungen. Dabei mußte wegen der zweimal kurz hintereinander erfolgten Änderung des Gesetzes differenziert werden. Seit dem Inkrafttreten der neu gefaßten Wahlordnungen am 28. Mai 2 0 0 2 sind nur noch das Gesetz in der Fassung vom 23. März 2 0 0 2 und die Wahlordnungen in der Neufassung anzuwenden. Für Wahlen oder ein Abberufungsverfahren kommt es dafür auf den Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens an.

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$ 4 1 Inkrafttreten 5. Teil. Übergangs- und Schlußvorschriften

§41 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 1976 in Kraft. Das Gesetz ist am l.Juli 1976 in Kraft getreten. In den neuen Bundesländern gilt es gemäß Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet A Abschnitt III Nr 10 Einigungsvertrag seit dem 3. Oktober 1990. Seit dem 26. März 2002 gilt es in der Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat vom 23. März 2002 und wurde in dieser Fassung im vollen Wortlaut neu verkündet (BGBl. IS. 1130).

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Sachverzeichnis Fett gedruckte Zahlen beziehen sich auf die Paragraphen, normale auf die Randnummern.

Abberufung - Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner, 6 35 ff, 59 - Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, 6 36 ff, 59; 23 - Aufsichtsratsvorsitzender, 2 7 1 7 - Ersatzmitglieder, 6 29; 17 5; 23 7 - Gerichtliche, 6 36 ff; 23 1 - Mitglieder des Vertretungsorgans, 31 32 ff; 37 12 ff Abhängiges Unternehmen (s. a. Konzern) - Anstalt des öffentlichen Rechts, 5 9 - Ausländisches, 5 29 ff - Begriff, 5 10 ff - GmbH (AG) & Co. KG als, 5 7 - Körperschaft des öffentlichen Rechts, 5 9 - Mit mehreren herrschenden Unternehmen (Gemeinschaftsunternehmen), 5 25 ff - Zurechnung der Arbeitnehmer zum herrschenden Unternehmen, 5 32 - Zurechnung der Arbeitnehmer zur Komplementärgesellschaft, 4 1 7 ; 5 33 - Zurechnung von Arbeitnehmer im Konzern, 5 32 f, 4 4 f Abstimmung - Aufsichtsrat, 25 21 ff - Geheime, Vor 9 23; 9 8; 10 6; 23 5; 25 21 - Stellvertretung, 25 24 ff - Stimmbote, 25 2 3 , 2 5 f; 2 9 13 - Stimmverbot, 25 37; 3 1 1 3 - Über Abberufungsantrag, 23 5

- Über Fortdauer der Amtszeit von Delegierten, 13 8 - Über unmittelbare oder mittelbare Wahl, Vor 9 23; 9 7 ff; 3 4 7 f Abstimmungsvorschläge der leitenden Angestellten Vor 9 11; 15 25 ff Aktiengesellschaft - Als abhängiges Unternehmen, 5 7 - Als fiktive Konzernspitze, 5 4 4 , 4 6 - Als Gesellschafterin einer OHG, 4 5 - Als herrschendes Unternehmen, 5 4 - Als Komplementärin einer KG, 4 5 ff; 5 5 , 2 0 f - Vom MitbestG erfaßte, 1 1 0 - Struktur, 6 21 ff, 27 ff, 50 ff; 25 18 ff, 4 9 ff, 6 8 ff, 107 ff; 30 5 ff Amtsniederlegung - Aufsichtsratsmitglieder, 6 34 - Delegierte, 14 2 Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder - Abberufung, 6 35 ff - Dauer, 6 27 ff; 15 1 , 3 1 f - Ersatzmitglieder, 17 6 - Bei gerichtlicher Bestellung, 6 4 7 - Gewerkschaftsvertreter, 16 5 - Höchstdauer, 6 31; 15 35 - Regelmäßige Beendigung, 6 27 ff - Vorzeitige Beendigung wegen Neubildung des Aufsichtsrats, 6 14 Amtszeit von Mitgliedern des Vertretungsorgans 31 21 f Amtszeit - Delegierte, 13 3 ff - Wahl vorstand, Vor 9 12

533

Sachverzeichnis

Änderungsverfahren bzgl. der Gruppenzuordnung Vor 9 20; 22 26 Anfechtung - Beschlüsse des Aufsichtsrats, 25 40 ff - Maßnahmen des Wahlvorstands, 22 10,24 ff - Relevanztheorie, 25 41 - Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, 6 26; 20 11; 22 - Wahl der Ersatzmitglieder, 221 ff - Wahl der Delegierten, 21 Angestellte - Aufsichtsratsmitglieder der, 15 8 ff - Delegierte der, 117,10 ff - Eingruppierung,Vor9 17 ff - Leitende Angestellte (s. dort) - Wegfall der Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten, Einl 9; 18,21; 3 1 Anstalt des öffentlichen Rechts (s. abhängiges Unternehmen) Anteilseigner 2; 8 Anteilseignerversammlung - Anpassung der Satzung an MitbestG,37 3 - Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner, 8 1 ff - Einberufung, 25 70 - Ersetzung der Zustimmung des Aufsichtsrats, 25 80 ff - GmbH, 30 12 ff - Kompetenz, 25 88 ff, 111,114 - Leitung, 27 30 - Organisationsautonomie, 25 16 f Anwendung, erstmalige - Des Gesetzes, 37 Arbeitnehmer - Ausländische, 119f; 5 29 ff - Begriff, 3 5 ff; 34 2 - Delegierte der, 11 7,11 - Differenzierung zwischen regulären Arbeitnehmern und leitenden Ange534

-

stellten Einl 68; 148; 3 1,3,12; 5 9; 6 43,45; 7 14; Vor 9 8 f, 17,20,24 f, 29; 10 4,16 ff; 11 1 5 7 10 12; 12 1 ff; 15 1,7,8,14 ff, 18,29; 214,9; 22 12, 13,26; 23 4; 24 1,3 Eingruppierung, Vor 9 17 ff Im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer, 119 Regelmäßig Beschäftigte, 116; 7 3 f; 95 Zurechnung zu anderen Unternehm e n ^ 17; 5 32 ff, 39 f; 11 13; 206

Arbeitnehmerzahl - Des Betriebs, 13 7 - Des Unternehmens, 1 26; 6 5; 7 5; 9 1 ff Arbeitsdirektor - Abberufung, 33 15 - Aufgabenbereich, 33 16 ff - Bestellung, 33 7 ff, 13; 37 7 - Nach den Montanmitbestimmungsgesetzen, Einl 12,21,36; 33 2 ff - Rechtsstellung, 33 24 ff - Zuständigkeit in der GmbH & Co. KG, 4 21 Arbeitsrecht und MitbestG Einl 55 ff Auflösung der Gesellschaft 6 20 Aufsichtsrat - Abberufung von Mitgliedern des Vertretungsorgans, 3131 ff; 3712 - Abstimmung, 25 21 ff - Aufgaben, 4 20; 25 68 ff; 31 6 ff - Ausschüsse, 25 17,49 ff; 26 5; 31 6, 32; 32 - Bekanntmachung der Zusammensetzung, 6 11; 19 - Beschlußfähigkeit, 6 43; 28 - Beschlußfassung, 25 20 ff, 40 ff; 27 23; 29 - Bestellung von Mitgliedern des Vertretungsorgans, 31 6 ff, 13 ff - Einberufung, 25 36 - Fehlerhafte Zusammensetzung, 64 f - Gerichtliche Ergänzung, 6 42 ff; 15 25; 23 6

Sachverzeichnis

- Geschäftsordnung, 25 3 9 f, 4 6 , 4 9 , 66 - Gleichberechtigung der Mitglieder, 25 1 1 , 1 5 , 51 ff, 119 f; 2 7 7 - Informationsrecht einzelner Mitglieder, 25 97 - Klagebefugnis, 25 96 - Klagebefugnis einzelner Mitglieder, 25 97 - Notbestellung (s. dort) - Sitzungsgeld, 25 101 - Stellvertretung, 25 24 ff - Zusammensetzung, 7 3 ff; 15 7 ff Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner - Abberufung, 6 35 ff, 59 - Bestellung, 6 27 ff - Persönliche Voraussetzungen, 6 21 ff - Rechte und Pflichten, 25 9 9 ff, 107 ff Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer - Abberufung, 6 3 5 , 5 9 ; Vor 9 30; 23 - Anfechtung der Wahl, 6 26; 22 6 ff, 14 ff - Anstellungsvertrag, 25 100 ff; 26 6 - Arbeitsbefreiung, 26 6 - Arbeitskampf, 25 141 ff; 32 16 - Diskriminierungsverbot, 25 51 ff, 1 0 4 , 1 1 9 f; 26 - Ersatzmitglieder, 6 29; 17; 23 7 - Freistellung, 26 6 , 1 3 - Gehaltsfortzahlung, 26 6 f, 13 - Gewerkschaftsvertreter, 7 15 ff; 16; 23 4 - Haftung, 25 117 - Inkompatibilität, 6 50 f; 7 14 - Nichtigkeit der Wahl, 22 8 , 2 0 ff - Persönliche Voraussetzungen, 6 21 ff; 7 8 ff - Rechte und Pflichten, 25 9 9 ff, 107 ff - Sitzverteilung, 15 7 ff - Streik, 25 141 ff - Tarifverhandlungen, 25 140 - Vergütung, 25 101 ff - Verhinderung, 6 29; 17 6; 25 23 ff - Verschwiegenheitspflicht, 25 123 ff - Wahl, Vor 9; 9 5 ff; 15 9 ff; 16

- Wählbarkeit, 7 8 ff; Vor 9 17 ff; 15 20; 24 2 Aufsichtsratsvorsitzender - Abberufung, 27 17 ff - Amtsdauer, 2 7 1 6 f - Behinderung, 27 32 - Kompetenzen, 29 10 - Nachwahl, 27 21 ff - Rechtsstellung, 27 27 ff - Stellvertreter des, 2 7 1 , 5 ff, 31 ff; 2913 - Wahl, 27 5 ff, 38 - Widerruf der Bestellung, 27 17 ff - Zweitstimme, 29 8 ff; 31 18 f Ausländische Arbeitnehmer (s. Arbeitnehmer) Ausländisches Unternehmen Einl 67; 1 13 ff; 5 3 f, 28 ff, 38 Auslegung des MitbestG Einl 54; 4 24 f; 25 8 ff, 94; 33 4 Ausschüsse des Aufsichtsrats (s. Aufsichtsrat) Beginn der Mitbestimmungspflicht 1 19 ff; 6 7; 37 3 ff Begünstigungsverbot 26 13 Beirat 25 147 f Bekanntmachung - Der Zusammensetzung des Aufsichtsrats, (s. Aufsich ts rat) - Wahlbekanntmachung (s. Wahl) Beteiligungsrechte Einl 67; 32 Betrieb -

Begriff, 3 41 ff Betriebsteil, 3 45 f Delegierte im, 10 7 ff; 1 1 4 ff Zugehörigkeit zum, 10 14

Betriebsrat Einl 18; 6 17; Vor 9 9 , 2 7 ; 2 1 8 ; 22 15; 23 2; 25 132 Betriebsteile 3 45 Betriebsübernahme 7 10 Betriebsverfassungsgesetz 1952 Einl 18 f; 1 3 6 ; 35 2; 36 1

535

Sachverzeichnis

Betriebsverfassungsgesetz 1972 Einl 56 ff Betriebswahl vorstand Vor 9 6 ff Briefwahl Vor 9 26,29; 10 18; 15 30; 34 9 Delegierte - Amtszeit, 13; 14 2 ff - Delegiertenversammlung, Vor 9 29; 13 1,4,12 f; 15 29 - Errechnung der Zahl, 114 ff - Ersatzdelegierte, 14 6 ff - Gruppenproporz, 11 6,16 - Mehrfachmandat, Vor 9 28; 10 10; 13 6 - Minderheitenschutz, 11 7,9 ff - Reduzierung der Zahl, 116 ff - Verhinderung, 14 6 - Wahlanfechtung, 21 - Wählbarkeit, 10 13 ff; 214 - Wahlrecht, aktives, 10 11 f - Wahlvorgang, 10 18 - Wahlvorschläge, 12 3 - Zuordnung bei Errechnung der Delegiertenzahl, 1113 Deutsch-Schweizerische Grenzkraftwerke 1 35 Diskriminierungsverbot - Arbeitsdirektor, 33 24 ff - Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer,25 51 ff, 104,119 f; 26 - Ersatzmitglieder, 26 11 - Wahlschutz, 20 7 f Doppelmandat von Delegierten Vor 9 28; 10 10; 13 6 Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) Einl 45; 27 7; 37 2 Ende der Mitbestimmungspflicht 1 25 f Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern Einl 15,21; 8 5 ff Ersatzdelegierte (s. Delegierte) Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats - Abberufung, 23 7 536

-

Anfechtung der Wahl, 22 Ausscheiden, 6 29 f Bestellung, 6 29 f; 17 2 ff Diskriminierungsverbot, 26 11 Genossenschaft, 6 57 Rechtsstellung, 17 6 Wählbarkeitsvoraussetzungen, 17 2; 24 3 - Wahlvorschlag, 17 2 Erweiterung der Mitbestimmung durch Vereinbarung Einl 55; 1 47 ff; 5 46 Fortentwicklung des MitbestG Einl 73 ff Freistellung von - Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer, 26 6,13 - Delegierten, 20 3 - Mitgliedern des Wahlvorstands, Vor 9 13 Fusion 121 Geltungsbereich des MitbestG Einl 62 ff; 11 ff; 4 5 ff; 5 4 ff Gemeinsame Wahl - der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, 15 16,29 f - der Delegierten, 10 2 ff - der Gewerkschaftsvertreter, 16 2 - Wahlvorschläge, 12 3 Gemeinschaftsunternehmen Einl 67; 5 25 ff Generalbevollmächtigte - Inkompatibilität mit Aufsichtsratsmandat, 6 54 - Leitende Angestellte, 3 25 Genossenschaft 6 57 f; 25 2,48,67,95, 105; 30 15; 33 14 Geprägetheorie 144; 5 19 Geschäftsführung - Aktiengesellschaft, 30 5 ff - Genossenschaft, 30 15 - GmbH, 25 87 ff; 30 12 ff - KGaA, 30 11

Sachverzeichnis

- Komplementärgesellschaft einer KG, 4 18 ff - Überwachung durch Aufsichtsrat, 25 68 ff Geschäftsordnung - Arbeitsdirektor, 33 23 - Aufsichtsrat, 25 4 , 3 9 f, 46 f, 49,66; 27 14,20,30; 29 7 f, 14 ff; 37 4 - Vertretungsorgan, 30 6,13; 37 4 Geschichtliche Entwicklung der Mitbestimmung Einl 1 ff Gesellschaft mit beschränkter Haftung 8 4,7; 25 2,87 ff; 30 12 Gesellschafter (s. Anteilseigner) Gesellschafterversammlung (s. Anteilseignerversammlung) Gesellschaftsgründung 1 2 1 ff Gesellschaftsrecht und MitbestG Einl 62 ff; 25 1 , 6 , 8 ff Gesellschaftsvertrag 1 50 f; 4 22 ff; 6 56; 7 3 ff; 8 1; 37 3 Gewerkschaft Einl 3 ff, 32; 7 15 ff; 16; 20 5; 2 2 1 5 , 2 8 ; 23 4 Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat (s. Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer) GmbH & Co. KG 1 10; 4; 5 5,20 f; 32 6 GmbH & Co. OHG 4 5 Gruppenproporz 6 5,45; 7 5; Vor 9 8, 24; 10 4; 1 1 4 f f ; 15 l , 7 f f Gruppenwahl Einl 36; 10 1 f Gruppenwechsel 1116; 14 3; 2 4 1 , 3 Gruppenzugehörigkeit Vor 9 1 7 f; 1116; 12 3; 15 18; 1 7 1 Haftung - Aufsichtsratsmitglieder, 25 88 ff - Bei Ausübung von Beteiligungsrechten, 32 22 ff - Mitglieder des Vertretungsorgans, 30 9,14 ff

Handlungsbevollmächtigter 6 52 Hauptniederlassung 3 46; 10 4; 111, 4,13 f Hauptversammlung (s. Anteilseignerversammlung) Hauptwahlvorstand Vor 9 6 ff Heimarbeiter 3 5; 7 8; 10 13 Herrschendes Unternehmen - Ausländisches, Einl 67; 5 4 , 3 8 - Ausübung von Beteiligungsrechten, 32 - Begriff, 5 10 ff - Fingiertes, 5 39ff - Nicht mitbestimmungspflichtiges, Einl 67; 5 37 ff - Zurechnung von Arbeitnehmern anderer Konzernunternehmen, 5 32 ff - Zusammensetzung des Aufsichtsrats, 15 10 Höchstzahlverfahren nach D'Hondt 10 7 f; 11 7; 15 7 Informationsrecht (s. Aufsich ts rat) Inkrafttreten des Gesetzes 41 Inländischer Verwaltungssitz ausländischer Unternehmen 114; 4 5 Internationale Fusion 1 23 Jahresabschluß 4 20; 25 7 3 , 8 3 , 8 7 Kapitalgesellschaft & Co. KG 110; 4; 5 7; 32 6 Karitative Einrichtungen 1 8 , 3 7 ff; 5 15 ff Klage - gegen die Gesellschaft, 25 43 f, 98 - gegen ein Aufsichtsratsmitglied, 25 43 f - gegen ein Mitglied des Vertretungsorgans, 25 43 f Klagebefugnis (s. Aufsichtsrat) Koalitionsfreiheit Einl 48; 7 15 f; 20 9

537

Sachverzeichnis

Kommanditgesellschaft (s. Kapitalgesellschaft & Co. KG, s. auch GmbH & Co. KG) Kommanditgesellschaft auf Aktien 8 6; 25 85 f; 30 11; 31 43 ff; 33 14 Kontinuitätsprinzip 6 4 Konzern - Abhängiges Unternehmen (s. dort) - Begriff, 5 13 f - Einheitliche Leitung, 5 10,13 - Faktischer Konzern, 5 14,32 - Gemeinschaftsunternehme (s. dort) - Gleichordnungskonzern, Einl 67; 5 47 f - Herrschendes Unternehmen (s. dort) - Internationaler Konzern, 5 29 ff - Konzern im Konzern, 5 22 f - Mehrstufiger Konzern, 5 22 ff, 40 ff - Teilkonzern, 5 35 ff - Tendenzkonzern, 5 19 - Unterordnungskonzern, 5 10 - Vertragskonzern, 5 10,14,32 Konzernbetriebsrat 5 22; Vor 9 9; 22 15;23 4 Kosten - der Wahlen, 20 12 ff - der Wahrnehmung des Aufsichtsratsmandats, 25 100 ff Kündigung - Arbeitnehmervertreter, 24 2; 26 8 ff, 12 - Delegierte, 14 3 - Vertretungsorgan, 3 1 4 0 ; 37 19 - Wählbarkeit nach, 10 13; 20 4 - Wahlrecht nach Kündigung, 1011; 20 4 - Wahlvorstand, Vor 9 13 Lehrlinge 3 5; 7 8 Leiharbeitnehmer 3 11 Leitende Angestellte - Abgrenzung von anderen Gruppen, 3 20 ff

538

- Begriff, 3 20 ff - Eintragung in Wählerlisten, Vor 9 17,19 ff - Errechnung der Delegiertenzahl, 117 - Kapitäne, 34 6 - Minderheitenschutz, 1 1 1 1 ff - Vertretung im Aufsichtsrat, Einl 32 - Vertretung im Wahlvorstand, Vor 9 6,9 f - Vorwahl, Einl 68; 9 24; 15 1 f, 15 f, 18,25 ff; 17 3; 20 13 - Wahlvorschläge der, 15 25 ff Lex Mannesmann Einl 22; 135 Liquidation 6 20 Listenwahl Vor 9 25 f; 10 7 f; 15 13 f; 16 2; 17 5 Lüdenscheider Abkommen Einl 22; 152 Mehrheit - Abberufung von Arbeitnehmervertretern, 23 5 - Aufsichtsratsbeschlüsse, 25 20 ff, 46; 27 11 ff; 28 5 ff; 3 1 1 4 ff, 34; 37 18 - Beschlüsse der Wahlvorstände, Vor 9 15 - Beteiligungsausschuß, 32 20 - Kapitalgesellschaft & Co. KG, 4 9 ff - Satzungsänderung, 25 46; 37 3 - Vermittlungsausschuß, 27 36; 3 1 1 5 - Wahlvorschläge der leitenden Angestellten, 15 25 ff Mehrheitswahl 15 1,15; 16 2; 17 5; 18 2 Mehrmütterkonzern 5 25 f Minderheitenschutz - Bei Wahl der Delegierten, 1 1 9 ff - Sitzverteilung im Aufsichtsrat, 15 8 Mitbestimmungskommission Einl 29 Mitbestimmungsmodelle Einl 31 f; 1 4 ff; 33 1 Mitbestimmungsurteil Einl 40 ff; 25 1 3 ; 3 3 4

Sachverzeichnis

Mitbestimmungsvereinbarungen 1 4 9 ff; 3 40; 5 29,46 Mittelbare Wahl (s. Delegierte) Montanmitbestimmung - Mitbestimmungsergänzungsgesetz, Einl 20 ff; 1 34 - Mitbestimmungsfortgeltungsgesetz, Einl 22 - Montanmitbestimmungsgesetz, Einl 9 ff; 1 29; 36 2 Nachgründung 123 Nachwahl - Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, 13 5,7; 23 6 - Aufsichtsratsvorsitzender, 27 21 ff, 35 - Delegierte, 13 13 - Ersatzmitglied, 171; 23 6 Nichtigkeit - Aufsichtsratsbeschlüsse, 25 40 f - Delegiertenwahl, 2 1 1 3 f; 22 7 - Diskriminierende Maßnahmen, 20 11; 25 55 ff; 26 14 - Wahl der Anteilseignervertreter, 6 24 - Wahl der Arbeitnehmervertreter, 6 24,26; 7 6,11; 22 8,20 ff - Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden, 2738 Notbestellung 6 42,59; 15 23; 19 1; 27 35; 33 9; 37 7 Öffentliche Unternehmen 1 1 1 f Paritätsprinzip 7 1; 25 31; 27 7,15; 31 13 Pattsituation Einl 14; 15 16; 25 12,66; 27 27; 29 8 ff; 3 1 1 7 f; 33 6,29 Personal- und Sozialangelegenheiten (s. Arbeitsdirektor) Prokurist - Inkompatibilität mit Aufsichtsratsmandat, 6 52 ff - Leitender Angestellter, 3 25

Recht auf Mitbestimmung 1 4 6 ff Reduzierung der Delegiertenzahl (s. Delegierte) Religionsgemeinschaften 1 8 , 3 4 ff Rücktritt (s. Amtsniederlegung) Saisonbetriebe 118; 3 44 Satzung - Anpassung an das MitbestG, 37 3 ff - Außerkrafttreten von Bestimmungen der, 6 14; 37 3 - Autonomie, 1 49 ff; 4 22 ff; 6 54,82 ff; 10 3; 17 1; 22 4; 23 3; 25 4 , 6 , 1 4 , 46 f, 136; 27 20,35 f; 28 3 ff; 30 4,6; 31 6 f, 19 ff - Ersatzmitglieder, 17 1 - Gestaltungsfreiheit, 25 8 ff - Persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder, 6 26,45; 8 2 - Persönliche Voraussetzungen für Mitglieder des Vertretungsorgans, 30 7; 31 8 ff - Regelung von Geschäftsführungsfragen, 25 88 ff, 95; 30 12 ff - Regelung der Größe des Aufsichtsrats, 7 5 f - Stellung der Komplementäre der GmbH & Co. KG, 4 22 ff - Stellung der Komplementäre der KGaA, 25 85 f; 30 11; 31 43 ff - Zustimmungspflichtige Geschäfte, 25 76 ff Schulungsveranstaltungen Vor 9 1 3 ; 26 7 Seebetrieb - Begriff, 34 4 - Wahlverfahren, Vor 9 4 ff, 31; 9 7; 34 7 ff Spartenorganisation 5 13 Sprecherausschuß Einl 68; 3 2,6 17; Vor 9 1,3,11; 21 2,8; 22 1,15,28 Ständiger Ausschuß des Aufsichtsrats (s. Vermittlungsausschuß)

539

Sachverzeichnis

Statusverfahren 1 23; 6 4 f, 19,59 f; 75

- Verschmelzung, 123,26; 6 20; 13 10; 32 4,13

Statut (s. Satzung)

Unmittelbare Wahl der Arbeitnehmervertreter Vor 9 25 ff; 9 3; 18; 23 5; 34 7 ff

Stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats 27 5 ff, 31 f; 29 13

Stichentscheid (s. Zweitstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden)

Unternehmen - Abhängiges (s. dort) - Ausländisches, Einl 67; 113 f; 5 3 f, 29 ff, 38 - Begriff, 19 ff; 5 5 - Herrschende (s. dort) - Öffentliche (s.dort)

Stimmabgabe Vor 9 25 ff; 10 18; 15 30; 25 21 ff; 34 9

Unternehmensinteresse 25 109 ff, 128,140,142 f; 30 10; 33 33

Stellvertretung - Aufsichtsratsmitglieder, 6 28,57; 17 6; 25 23 f - Delegierte, 14 8

Stimmbote (s. Abstimmung) Stimmengleichheit (s. Pattsituation) Stimmenpool 5 27 Stimmenthaltung (s. Mehrheit) Streik (s. Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer) Suspendierung des Arbeitsverhältnisses 3 6; 24 2 Tarifvertrag Einl 55; 3 4,46; 10 3; 11 3; 15 5; 23 3; 25 140; 32 16

Unternehmensrecht Einl 37 ff Unternehmensrechtsreform Einl 64; 14 Unternehmensverträge - Konzernrechtliche, 5 10,13 f, 32; 25 81; 32 14 - Mitbestimmungsrechtliche, Einl 55; 149 Unternehmenswahlvorstand Vor 9 6 ff

Teilkonzern (s. Konzern)

Unvereinbarkeit der Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat und Vertretungsorgan 6 50 ff

Teilzeitbeschäftigte 3 7; 7 8

Urwahl (s. Unmittelbare Wahl)

Tendenzkonzern (s. Konzern)

Vereinigungsfreiheit Einl 46

Tendenzunternehmen 1 8,37 ff; 4 5;

Verfassungsmäßigkeit des MitbestG Einl 40 ff; 1 11 f; 12 2; 32; 29 2 f; 33 4; 34 8; 37 2

5 4,15 ff, 38 Überkreuzverflechtung 6 24 Überparität Einl 48,59 Überleitungsverfahren 123; 6 4 ff; 37 3 ff Umwandlung - Abspaltung, 1 26; 6 20; 32 13 - Aufspaltung, 1 26; 6 20; 32 13 - Ausgliederung, 126; 6 20; 3213 - Formwechsel, 1 24,26; 6 19; 13 10; 32 13 540

Vergütung - Aufsichtsratsmitglieder, 25 100 ff - Mitglieder des Vertretungsorgans, 31 22; 37 19 Verhältniswahl Einl 36; 10 7 f; 11 5; 15 1,13 ff; 18 5 Verlegung des Sitzes ins Ausland 151 Vermittlungsausschuß - Aufgaben, 27 37

Sachverzeichnis

- Beschlußfassung, 27 34 ff - Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Vertretungsorgans, 3115 f, 34 - Bildung, 27 34 f - Zusammensetzung, 25 54; 27 34 f Verschwiegenheitspflicht 25 123 ff; 30 9 Vertragskonzern (s. Konzern) Vertretungsorgan - Amtsdauer, 3121 f - Anfechtungsbefugnis,218;2215 - Anstellungsvertrag, 31 23 ff, 40 ff - Arbeitsdirektor (s. dort) - Aufgaben, 6 9 ff; 25 114; 26 5; 30 8 ff, 14 f - Bestellung, 30 7,11; 311 ff, 6 ff, 13 ff - Beteiligungsrechte (s. dort) - Inkompatibilität, 6 50 f - Notbestellung, (s. dort) - Persönliche Voraussetzungen, 30 13; 31 9 ff - Überwachung durch Aufsichtsrat, 25 68 ff - Vorsitz, 31 29 - Widerruf der Bestellung, 30 12; 31 3,33 ff - Zahl, 30 6,13,15 - Zustimmungsbedürftige Geschäfte, 25 76 ff; 32 27 Verwaltungsrat 25 147 f Verwaltungssitz 1 14; 4 5 Vorabstimmung - über unmittelbare oder mittelbare Wahl, Vor 9 25,31; 9 7 ff; 34 7 - über Kandidat der leitenden Angestellten, Vor 9 24; 15 25 ff - Kosten, 20 11 - Wahlschutz, 20 2 Vorgezogenes Kontrollverfahren 22 24 ff Vorsitzender (s. Aufsichtsratsvorsitzender, Vertretungsorgan)

Wahl - Anfechtung, (s. dort) - Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner, (s. dort) - Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, (s. dort) - Aufsichtsratsvorsitzender (s. dort) - Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats (s. dort) - Gemeinsame Wahl (s. dort) - Mehrfache Kandidatur, 15 27 - Mehrheitswahl (s. dort) - Mittelbare Wahl (s. Delegierte) - Stimmverbot, 3113 - Unmittelbare Wahl, (s. dort) - Verhältniswahl, (s. dort) - Wahlanfechtung, (s. Anfechtung) - Wahlbeeinflussung, 20 7 f - Wahlbekanntmachung, Vor 9 3 f - Wahlkosten, 2012 ff - Wahlorgan, 8 1; 9; 15 11; 16 2; 18 2; 316 - Wahlpropaganda, 20 5 - Wahlrecht, aktives, 10 11 f; 18 3; 214; 22 7 - Wahlrecht, passives, 7 8 ff; 10 11 f; 214; 22 8 f - Wahlschutz, 20 2 ff - Wahlvorschläge, Vor 9 9,18; 12; 15 1,18 ff; 18 4; 20 2,9 f; 22 5; 3113 - Wahlwerbung, 20 5 - Weisungen durch Unternehmensorgane, 20 6 Wählerliste 7 14; Vor 9 17 ff; 10 7 f; 12 6; 15 13 f; 16 2; 21 3; 22 5 ff, 26 Wahlordnungen Vor 9; 9 1,5 ff; 10 1, 7,12,16; 111,5,8,15; 12 1,4 ff; 15 1,7,11 ff; 16,1 ff; 18 1,4 ff; 22 11; 23 3 ff; 37 9; 39 Wahlvorstand 7 14; Vor 9 1,6 ff, 31; 10 16; 11 8,15; 12 3 f; 15 18,21 ff, 29; 21 5,26,29; 34 9 Walz werkklausel 132 Widerruf der Bestellung (s. Abberufung)

541

Sachverzeichnis

Wirtschaftsausschuß Einl 57 Zahl der Arbeitnehmer (s. Arbeitnehmerzahl) Zusammensetzung des Aufsichtsrats 7 3 ff; 15 7 ff Zustimmungspflichtige Geschäfte 4 20,25; 25 76 ff; 32 27 Zutrittsrecht von Gewerkschaftsvertretern 20 5

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Zweitstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden - Abgabe, 25 23 ff; 29 13 - Allgemeines, 25 12; 29 8 ff - Im Ausschuß, 25 66 - Bestellung des gesetzlichen Vertretungsorgans, 31 17 f - Pattsituation, (s. dort) - Stellvertretender Vorsitzender, 27 31 - Zwingendes Recht, 27 30

Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz (1. WOMitbestG) Vom 27. Mai 2002 Auf Grund des $ 39 des Mitbestimmungsgesetzes vom 4. Mai 1976 (BGBl. I S. 1153) verordnet die Bundesregierung: Inhaltsübersicht § 1 Geltungsbereich Teil 1 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der A r b e i t n e h m e r Kapitel 1 Einleitung der Wahl, Abstimmung über die Art der Wahl, Wahlvorschläge Abschnitt 1 E i n l e i t u n g der Wahl $ 2 Bekanntmachung des Unternehmens § 3 Betriebswahlvorstand § 4 Bildung des Betriebswahlvorstands 5 5 Zusammensetzung des Betriebswahlvorstands $ 6 Mitteilungspflicht § 7 Geschäftsführung des Betriebswahlvorstands § 8 Wählerliste § 9 Bekanntmachung über die Bildung des Betriebswahlvorstands und die Wählerliste $ 10 Änderungsverlangen $ 11 Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste Abschnitt 2 A b s t i m m u n g ü b e r die Art der Wahl $ 1 2 Bekanntmachung $ 1 3 Antrag auf Abstimmung $ 14 Abstimmungsausschreiben

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§15 § 16 §17 §18 §19 § 20 §21 § 22

Stimmabgabe Abstimmungsvorgang Einsatz von Wahlgeräten Voraussetzungen der schriftlichen Stimmabgabe Verfahren bei der schriftlichen Stimmabgabe Öffentliche Stimmauszählung Abstimmungsniederschrift Bekanntmachung des Abstimmungsergebnisses

Abschnitt 3 Verteilung der Sitze, Wahlvorschläge Unterabschnitt 1 Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer §23 Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Unterabschnitt 2 Wahlvorschläge § 24 Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen § 25 Wahlvorschläge der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer § 26 Wahlvorschläge der Gewerkschaften § 27 Wahlvorschläge für Ersatzmitglieder Unterabschnitt 3 Zusätzliche Vorschriften für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten § 28 Bekanntmachung über die Abstimmung für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten § 29 Abstimmungsvorschläge der leitenden Angestellten § 30 Abstimmung der leitenden Angestellten §31 Abstimmungsniederschrift

§32 §33 § 34 § 35

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Unterabschnitt 4 Prüfung und Bekanntmachung der Wahlvorschläge Prüfung der Wahlvorschläge Ungültige Wahlvorschläge Nachfrist für Wahlvorschläge Bekanntmachung der Wahl Vorschläge

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Abschnitt 4 Anzuwendende Vorschriften $ 36 Anzuwendende Vorschriften Kapitel 2 Unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 1 Wahlausschreiben § 3 7 Wahlausschreiben Abschnitt 2 D u r c h f ü h r u n g der Wahl Unterabschnitt 1 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge 5 38 Stimmabgabe, Wahlvorgang $ 39 Öffentliche Stimmauszählung § 40 Ermittlung der Gewählten Unterabschnitt 2 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund nur eines Wahlvorschlags § 4 1 Stimmabgabe, Wahlvorgang § 42 Öffentliche Stimmauszählung § 43 Ermittlung der Gewählten Unterabschnitt 3 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang § 44 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang Unterabschnitt 4 Schriftliche Stimmabgabe § 4 5 Voraussetzungen § 46 Verfahren bei der Stimmabgabe Unterabschnitt 5 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen § 4 7 Wahlniederschrift § 48 Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten § 49 Aufbewahrung der Wahlakten

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Kapitel 3 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte Abschnitt 1 Wahl der D e l e g i e r t e n Unterabschnitt 1 Delegierte mit Mehrfachmandat $ 50 Keine Wahl von Delegierten nach diesem Unterabschnitt, wenn in dem Unternehmen für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern anderer Unternehmen Delegierte mit Mehrfachmandat gewählt werden § 5 1 Delegierte, die zugleich für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern anderer Unternehmen gewählt werden Unterabschnitt 2 Einleitung der Wahl § 52 Errechnung der Zahl der Delegierten $ 5 3 Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten Unterabschnitt 3 Wahl vorschläge für Delegierte § 54 Einreichung von Wahlvorschlägen § 55 Prüfung der Wahl vorschläge § 5 6 Ungültige Wahlvorschläge § 57 Nachfrist für Wahlvorschläge § 58 Bekanntmachung der Wahlvorschläge Unterabschnitt 4 Wahl von Delegierten in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge § 5 9 Stimmabgabe, Wahlvorgang § 60 Öffentliche Stimmauszählung § 61 Ermittlung der Gewählten Unterabschnitt 5 Ermittlung von Delegierten bei Vorliegen nur eines Wahlvorschlags für einen Wahlgang § 62 Ermittlung von Delegierten bei Vorliegen nur eines Wahlvorschlags für einen Wahlgang Unterabschnitt 6 Schriftliche Stimmabgabe §63 Voraussetzungen § 64 Verfahren bei der Stimmabgabe

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Unterabschnitt 7 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen $ 6 5 Wahlniederschrift § 66 Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten Unterabschnitt 8 Ausnahme § 67 Ausnahme Abschnitt 2 Wahl d e r A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r d u r c h die D e l e g i e r t e n Unterabschnitt 1 Delegiertenversammlung, Delegiertenliste § 68 Delegiertenversammlung § 69 Delegiertenliste $ 70 Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste Unterabschnitt 2 Mitteilung an die Delegierten § 7 1 Mitteilung an die Delegierten Unterabschnitt 3 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge $ 72 Stimmabgabe, Wahlvorgang $ 73 Öffentliche Stimmauszählung § 74 Ermittlung der Gewählten Unterabschnitt 4 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund nur eines Wahlvorschlags § 75 Stimmabgabe, Wahlvorgang 5 76 Öffentliche Stimmauszählung $ 77 Ermittlung der Gewählten Unterabschnitt 5 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang $ 78 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang

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Unterabschnitt 6 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen § 7 9 Wahlniederschrift § 80 Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten $ 81 Aufbewahrung der Wahlakten Teil 2 A b b e r u f u n g von A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r n der A r b e i t n e h m e r Kapitel 1 Gemeinsame Vorschriften § 82 Einleitung des Abberufungsverfahrens § 83 Liste der antragsberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer § 84 Prüfung des Antrags auf Abberufung § 85 Anzuwendende Vorschriften Kapitel 2 Abstimmung über die Abberufung eines in unmittelbarer Wahl gewählten Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer § 86 Abberufungsausschreiben, Wählerliste 5 87 Abstimmung, Abstimmungsergebnis, Akten Kapitel 3 Abstimmung über die Abberufung eines durch Delegierte gewählten Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer S 88 Delegiertenliste § 89 Delegiertenversammlung, Mitteilung des Betriebswahlvorstands an die Delegierten § 90 Abstimmung, Abstimmungsergebnis, Akten Kapitel 4 Ersatzmitglieder § 9 1 Ersatzmitglieder Teil 3 Übergangs- und Schlussvorschriften § 92 Erstmalige Anwendung des Gesetzes auf ein Unternehmen § 93 Berechnung von Fristen § 9 4 Übergangsregelung § 95 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

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§1 Geltungsbereich (1) Besteht ein Unternehmen, in dem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes ein Mitbestimmungsrecht haben, aus einem Betrieb, so bestimmen sich die Wahl und die Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer dieses Unternehmens nach den Vorschriften dieser Verordnung. Nehmen an der Wahl oder an der Abberufung nach § 4 oder $ 5 des Gesetzes auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anderer Unternehmen teil, so bestimmt sie sich nach den Vorschriften der Dritten Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz. (2) Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer bestimmt sich nach den Vorschriften des Teils 1. (3) Die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer bestimmt sich nach den Vorschriften des Teils 2.

Teil 1 Wahl der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r Kapitel 1 Einleitung der Wahl, Abstimmung über die Art der Wahl, Wahlvorschläge Abschnitt 1 Einleitung der Wahl

§2

Bekanntmachung des Unternehmens (1) Das Unternehmen macht spätestens 19 Wochen vor dem voraussichtlichen Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer bekannt, dass Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen sind. In der Bekanntmachung ist ferner anzugeben: 1. der voraussichtliche Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer; 2. die Zahl der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer; 3. die Zahl der in dem Unternehmen in der Regel beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Nehmen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Unternehmens auch an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern anderer Unternehmen teil (§$ 50, 51) und beginnt die Amtszeit dieser Aufsichtsratsmitglieder nicht mehr als zwölf Monate vor oder nach dem Beginn der Amtszeit der nach dieser Verordnung zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder, so ist auch dies in der Bekanntmachung anzugeben. (2) Die Bekanntmachung kann durch Aushang an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen im Betrieb und durch

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Einsatz der im Unternehmen vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik erfolgen. Der Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik ist nur zulässig, wenn der Adressatenkreis dieser Bekanntmachungsform von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen kann und Vorkehrungen getroffen sind, damit nur das Unternehmen Änderungen der Bekanntmachung vornehmen kann. (3) Gleichzeitig mit der Bekanntmachung übersendet das Unternehmen eine Kopie der Bekanntmachung 1. dem Betriebsrat und dem Sprecherausschuss, 2. den in dem Unternehmen vertretenen Gewerkschaften, 3. den nach § 117 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes durch Tarifvertrag errichteten Vertretungen für im Flugbetrieb beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Unternehmens. $3 Betriebswahlvorstand Die rechtzeitige Einleitung und die Durchführung der Wahl sowie die Feststellung des Wahlergebnisses obliegen dem Betriebswahlvorstand. $4 Bildung des Betriebswahlvorstands Der Betriebswahlvorstand wird unverzüglich nach der in § 2 bezeichneten Bekanntmachung gebildet. Die Geschlechter sollen entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein. §5 Zusammensetzung des Betriebswahlvorstands (1) Der Betriebswahlvorstand besteht aus drei Mitgliedern. Der Betriebsrat kann die Zahl der Mitglieder erhöhen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Der Betriebswahlvorstand muss aus einer ungeraden Zahl von Mitgliedern bestehen. Mitglieder des Betriebswahlvorstands können nur Wahlberechtigte des Betriebs sein. (2) Im Betriebswahlvorstand sollen die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten angemessen vertreten sein. Dem Betriebswahlvorstand muss, wenn in dem Betrieb mindestens fünf wahlberechtigte leitende Angestellte beschäftigt sind, mindestens ein leitender Angestellter angehören. (3) Für jedes Mitglied des Betriebswahlvorstands kann für den Fall seiner Verhinderung ein Ersatzmitglied bestellt werden. (4) Der Betriebsrat bestellt die Mitglieder des Betriebswahlvorstands, die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichnete Arbeitnehmer sind. Besteht kein Betriebsrat, so werden die in Satz 1 bezeichneten Mitglieder des Betriebswahlvorstands in einer Betriebsversammlung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt. 550

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(5) Die auf die leitenden Angestellten entfallenden Mitglieder werden von dem für den Betrieb zuständigen Sprecherausschuss bestellt. Besteht kein Sprecherausschuss, so werden die in Satz 1 bezeichneten Mitglieder des Betriebswahlvorstands in einer Versammlung der leitenden Angestellten des Betriebs mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt. $6

Mitteilungspflicht Der Betriebswahlvorstand teilt unverzüglich nach seiner Bildung dem Unternehmen und den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften schriftlich die Namen seiner Mitglieder und seine Anschrift mit. §7

Geschäftsführung des Betriebswahlvorstands (1) Der Betriebswahlvorstand wählt aus seiner Mitte eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden und mindestens eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter. (2) Der Betriebswahlvorstand kann sich eine schriftliche Geschäftsordnung geben. Er kann Wahlberechtigte als Wahlhelferinnen und Wahlhelfer zu seiner Unterstützung heranziehen. (3) Der Betriebswahlvorstand fasst seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit seiner Mitglieder. Über jede Sitzung des Betriebswahlvorstands ist eine Niederschrift aufzunehmen, die mindestens den Wortlaut der Beschlüsse enthält; bei Beschlüssen über die Eintragung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in die Wählerliste als in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichnete Arbeitnehmer oder als leitende Angestellte ist in der Niederschrift auch zu vermerken, ob sie ohne Gegenstimme gefasst worden sind. Mitglieder des Betriebswahlvorstands, gegen deren Stimmen ein Beschluss gefasst worden ist, können verlangen, dass in der Niederschrift ihre abweichende Meinung vermerkt wird. Die Niederschrift ist von der oder dem Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied des Betriebswahlvorstands zu unterzeichnen; dies gilt auch für Bekanntmachungen, Ausschreiben und weitere Niederschriften des Betriebswahlvorstands. (4) Bekanntmachungen des Betriebswahlvorstands können durch Aushang und durch den Einsatz der im Unternehmen vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik erfolgen. Der Aushang erfolgt an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen im Betrieb. Er ist in gut lesbarem Zustand zu erhalten. Der Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik ist nur zulässig, wenn der Adressatenkreis dieser Bekanntmachungsform von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen kann und Vorkehrungen getroffen sind, damit nur der Betriebswahlvorstand Änderungen der Bekanntmachung vornehmen kann. (5) Das Unternehmen hat den Betriebswahlvorstand bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen und ihm den erforderlichen Geschäftsbedarf zur Verfügung zu stellen. (6) Der Betriebswahlvorstand soll dafür sorgen, dass ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig

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sind, rechtzeitig über den Anlass der Wahl, das Wahlverfahren, die Abstimmungen, die Aufstellung der Wählerliste und der Wahlvorschläge, den Wahlvorgang und die Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden. §8 Wählerliste (1) Der Betriebswahlvorstand stellt unverzüglich nach seiner Bildung eine Liste der Wahlberechtigten des Betriebs (Wählerliste) auf, getrennt nach den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmern und den leitenden Angestellten. Die Wahlberechtigten sollen in alphabetischer Reihenfolge mit Familienname, Vorname und Geburtsdatum aufgeführt werden. Das Aufstellen der Wählerliste kann durch Einsatz der im Unternehmen vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik erfolgen, wenn Vorkehrungen getroffen sind, damit nur der Betriebswahlvorstand Änderungen in der Wählerliste vornehmen kann. (2) Jedes Mitglied des Betriebswahlvorstands ist verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Wahlberechtigten in der Wählerliste in zutreffender Weise in Arbeitnehmer nach $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes und leitende Angestellte eingeteilt werden. Die Mitglieder des Betriebswahlvorstands sollen hierüber um eine Beschlussfassung ohne Gegenstimme bemüht sein. Hat der Betriebswahlvorstand hierüber ausschließlich Beschlüsse ohne Gegenstimme gefasst, so ist $ 10 nicht anzuwenden. (3) Das Unternehmen hat dem Betriebswahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Es hat den Betriebswahlvorstand insbesondere bei der Einteilung in Arbeitnehmer nach 5 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes und leitende Angestellte zu unterstützen. (4) Der Betriebswahlvorstand berichtigt oder ergänzt die Wählerliste unverzüglich, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer 1. in den Betrieb eintritt oder aus ihm ausscheidet, 2. das 18. Lebensjahr vollendet oder 3. die Eigenschaft als in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer oder leitender Angestellter wechselt, oder wenn sich in sonstiger Weise die Voraussetzungen, auf denen eine Eintragung in der Wählerliste beruht, ändern. (5) An Wahlen und Abstimmungen können nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen, die in der Wählerliste eingetragen sind. §9 Bekanntmachung über die Bildung des Betriebswahlvorstands und die Wählerliste (1) Die Einsichtnahme in die Wählerliste, das Gesetz und diese Verordnung ist unverzüglich bis zum Abschluss der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu ermöglichen. Die zur Einsichtnahme bestimmte Wählerliste soll die Geburtsdaten der Wahlberechtigten nicht enthalten. Die Einsicht-

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nähme kann durch Auslegung an geeigneter Stelle im Betrieb und durch den Einsatz der im Unternehmen vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik ermöglicht werden. (2) Der Betriebswahlvorstand macht gleichzeitig mit der Ermöglichung der Einsichtnahme in die Wählerliste die Namen seiner Mitglieder und seine Anschrift bekannt. Die Bekanntmachung erfolgt vom Tag ihres Erlasses bis zum Abschluss der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer. Der Betriebswahlvorstand vermerkt auf der Bekanntmachung den ersten und den letzten Tag dieses Zeitraums. In der Bekanntmachung ist ferner anzugeben: 1. das Datum ihres Erlasses; 2. wo und wie die Wahlberechtigten in die Wählerliste, das Gesetz und diese Verordnung Einsicht nehmen können; 3. dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste nur innerhalb von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingelegt werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 4. dass Einsprüche gegen Berichtigungen und Ergänzungen der Wählerliste nur innerhalb von einer Woche seit der Berichtigung oder der Ergänzung eingelegt werden können; 5. dass an Wahlen und Abstimmungen nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind. (3) Hat der Betriebswahlvorstand bei der Aufstellung der Wählerliste nach § 8 Abs. 1 über die Eintragung der Wahlberechtigten als in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichnete Arbeitnehmer oder leitende Angestellte nicht ausschließlich Beschlüsse ohne Gegenstimme gefasst, so muss die Bekanntmachung nach Absatz 2 auch die folgenden Angaben enthalten: 1. dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer innerhalb von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung schriftlich vom Betriebswahlvorstand die Änderung der eigenen Eintragung als in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer oder leitender Angestellter in der Wählerliste verlangen kann; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 2. dass dem Änderungsverlangen nach Nummer 1 zu entsprechen ist, wenn ein Mitglied des Betriebswahlvorstands dem Verlangen zustimmt; 3. dass gegen die Richtigkeit der Wählerliste nur Einspruch eingelegt werden kann, soweit nicht nach Nummer 1 eine Änderung der Wählerliste verlangt werden kann. $10 Änderungsverlangen (1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer kann innerhalb von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung nach $ 9 Abs. 2 und 3 schriftlich vom Betriebswahlvorstand verlangen, dass die eigene Eintragung in der Wählerliste als in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer oder leitender Angesteller geändert wird. (2) Dem Änderungsverlangen nach Absatz 1 ist zu entsprechen, wenn ein Mitglied des Betriebswahlvorstands dem Verlangen zustimmt. Eine Zustimmung nach Satz 1 kann nur innerhalb einer Woche nach Ablauf der in Absatz 1

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bestimmten Frist erteilt werden; sie ist schriftlich gegenüber dem Betriebswahlvorstand zu erklären. (3) Gegen die Änderung der Eintragung nach Absatz 2 kann das Arbeitsgericht von einem Mitglied des Betriebswahlvorstands, das dem Änderungsverlangen nicht zugestimmt hat, angerufen werden. $11 Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste (1) Gegen die Richtigkeit der Wählerliste kann Einspruch eingelegt werden, soweit nicht nach $ 10 Abs. 1 eine Änderung der Eintragung als in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer oder leitender Angestellter in der Wählerliste verlangt werden kann. Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste können nur innerhalb von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung nach § 9 Abs. 2 und 3 schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingelegt werden. Einsprüche gegen Berichtigungen und Ergänzungen der Wählerliste können nur innerhalb von einer Woche seit der Berichtigung oder der Ergänzung eingelegt werden. (2) Über Einsprüche nach Absatz 1 ist unverzüglich zu entscheiden. Ist ein Einspruch begründet, so wird die Wählerliste berichtigt. Der Betriebswahlvorstand teilt die Entscheidung der Person, die den Einspruch eingelegt hat, unverzüglich schriftlich mit.

Abschnitt 2 A b s t i m m u n g ü b e r d i e Art d e r W a h l §12 Bekanntmachung (1) In einem Unternehmen mit in der Regel insgesamt nicht mehr als 8000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erlässt der Betriebswahlvorstand unverzüglich nach Ablauf der in § 10 Abs. 1 bestimmten Frist eine Bekanntmachung. Ist nach § 10 Abs. 1 die Änderung der Wählerliste verlangt worden, so wird die Bekanntmachung unverzüglich nach Ablauf der in § 10 Abs. 2 Satz 2 bestimmten Frist erlassen. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum ihres Erlasses; 2. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl gewählt werden, wenn nicht die Wahlberechtigten die Wahl durch Delegierte beschließen; 3. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, von denen ein Antrag auf Abstimmung darüber, dass die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte erfolgen soll, unterzeichnet sein muss; 4. dass ein Antrag nur innerhalb von zwei Wochen seit Erlass der Bekanntmachung schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingereicht werden kann; der letzte Tag der Frist ist anzugeben;

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5. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, deren Beteiligung an der Abstimmung erforderlich ist; 6. dass ein Beschluss über die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte nur mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden kann; 7. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. Sind nach den Vorschriften dieser Verordnung Delegierte bereits gewählt, deren Amtszeit bei Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer noch nicht beendet ist, so muss die Bekanntmachung die in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Angaben enthalten. (2) In einem Unternehmen mit in der Regel insgesamt mehr als 8 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erlässt der Betriebswahlvorstand zu dem in Absatz 1 Satz 1 und 2 bestimmten Zeitpunkt eine Bekanntmachung. Sie muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum ihres Erlasses; 2. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte gewählt werden, wenn nicht die Wahlberechtigten die unmittelbare Wahl beschließen; 3. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, von denen ein Antrag auf Abstimmung darüber, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl gewählt werden sollen, unterzeichnet sein muss; 4. dass ein Antrag nur innerhalb von zwei Wochen seit Erlass der Bekanntmachung schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingereicht werden kann; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 5. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, deren Beteiligung an der Abstimmung erforderlich ist; 6. dass ein Beschluss über die unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nur mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden kann; 7. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. Die Sätze 1 und 2 sind auch anzuwenden, wenn nach den Vorschriften dieser Verordnung Delegierte bereits gewählt sind, deren Amtszeit bei Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer noch nicht beendet ist. (3) Die Bekanntmachung durch den Betriebswahlvorstand erfolgt bis zum Erlass des Wahlausschreibens nach § 37 oder $ 53. Der Betriebswahlvorstand vermerkt auf der Bekanntmachung den ersten und den letzten Tag dieses Zeitraums. (4) Der Betriebswahlvorstand übersendet die Bekanntmachung unverzüglich nach ihrem Erlass dem Unternehmen und den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften.

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§13 Antrag auf Abstimmung (1) In einem Unternehmen mit in der Regel insgesamt nicht mehr als 8000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kann ein Antrag auf Abstimmung darüber, dass die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte erfolgen soll, gestellt werden. Wenn die in S 12 Abs. 1 Satz 4 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen, ist Absatz 2 anzuwenden. (2) In einem Unternehmen mit in der Regel insgesamt mehr als 8 0 0 0 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kann ein Antrag auf Abstimmung darüber, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl gewählt werden sollen, gestellt werden; dies gilt auch, wenn die in § 12 Abs. 2 Satz 3 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. (3) Ein Antrag auf Abstimmung ist innerhalb von zwei Wochen seit Erlass der Bekanntmachung nach § 12 schriftlich beim Betriebswahl vorstand einzureichen. Der Betriebswahlvorstand prüft unverzüglich nach Eingang eines Antrags dessen Gültigkeit. (4) Ein Antrag auf Abstimmung ist gültig, wenn er von mindestens einem Zwanzigstel der Wahlberechtigten unterzeichnet und fristgerecht eingereicht worden ist. (5) Ist ein Antrag ungültig, so teilt der Betriebswahlvorstand dies dem Antragsvertreter oder, wenn ein solcher nicht benannt ist, der oder dem an erster Stelle Unterzeichnenden schriftlich mit.

$14 Abstimmungsausschreiben (1) Liegt ein gültiger Antrag nach 5 13 vor, so erlässt der Betriebswahlvorstand unverzüglich ein Abstimmungsausschreiben. Die Abstimmung soll innerhalb von zwei Wochen seit Erlass des Abstimmungsausschreibens stattfinden. (2) Das Abstimmungsausschreiben muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum seines Erlasses; 2. den Inhalt des Antrags; 3. dass an der Abstimmung nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind; 4. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, deren Beteiligung an der Abstimmung erforderlich ist; 5. dass der Beschluss nur mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden kann; 6. Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe und der öffentlichen Stimmauszählung; 7. den Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe sowie die Betriebsteile und Kleinstbetriebe, für die schriftliche Stimmabgabe nach § 18 Abs. 3 Nr. 1 beschlossen ist und ob die schriftliche Stimmabgabe nach § 18 Abs. 3 Nr. 2 beschlossen worden ist;

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8. dass Einsprüche und sonstige Erklärungen gegenüber dem Betriebswahlvorstand abzugeben sind; 9. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. (3) Der Betriebswahlvorstand macht das Abstimmungsausschreiben am Tag seines Erlasses bis zum Abschluss der Stimmabgabe bekannt und vermerkt auf dem Abstimmungsausschreiben den ersten und den letzten Tag der Bekanntmachung. § 12 Abs. 4 ist entsprechend anzuwenden.

§15

Stimmabgabe (1) Die Stimmzettel für die Abstimmung dürfen nur den Antrag und die Frage an die Abstimmungsberechtigten enthalten, ob sie für oder gegen den Antrag stimmen. Soll die Stimme für den Antrag abgegeben werden, so ist das vorgedruckte „Ja", andernfalls das vorgedruckte „ N e i n " anzukreuzen. Die Stimmzettel für die Abstimmung müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. (2) Stimmzettel, die mit einem besonderen Merkmal versehen sind oder aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt oder die andere als die in Absatz 1 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten, sind ungültig. $16

Abstimmungsvorgang (1) Der Betriebswahlvorstand hat geeignete Vorkehrungen für die unbeobachtete Kennzeichnung der Stimmzettel im Wahlraum zu treffen und für die Bereitstellung einer Wahlurne oder mehrerer Wahlurnen zu sorgen. Die Wahlurne muss vom Betriebswahlvorstand verschlossen und so eingerichtet sein, dass die eingeworfenen Wahlumschläge nicht herausgenommen werden können, ohne dass die Urne geöffnet wird. (2) Während der Abstimmung müssen mindestens zwei Mitglieder des Betriebswahlvorstands im Wahlraum anwesend sein; sind Wahlhelferinnen und Wahlhelfer bestellt, so genügt die Anwesenheit eines Mitglieds des Betriebswahlvorstands und einer Wahlhelferin oder eines Wahlhelfers. (3) Die abstimmende Person gibt ihren Namen an und wirft den Wahlumschlag, in den der Stimmzettel eingelegt ist, in die Wahlurne, nachdem die Stimmabgabe in der Wählerliste vermerkt worden ist. (4) Wer infolge seiner Behinderung bei der Stimmabgabe beeinträchtigt ist, kann eine Person seines Vertrauens bestimmen, die ihm bei der Stimmabgabe behilflich sein soll, und teilt dies dem Betriebswahlvorstand mit. Personen, die sich bei der Wahl bewerben, Mitglieder des Betriebswahlvorstands sowie Wahlhelferinnen und Wahlhelfer dürfen nicht zur Hilfeleistung herangezogen werden. Die Hilfeleistung beschränkt sich auf die Erfüllung der Wünsche der Wählerin oder des Wählers zur Stimmabgabe; die Person des Vertrauens darf gemeinsam mit der Wählerin oder dem Wähler die Wahlzelle aufsuchen. Sie ist zur Geheimhaltung der Kenntnisse verpflichtet, die sie bei der Hilfeleistung

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zur Stimmabgabe erlangt hat. Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend für des Lesens unkundige Wählerinnen und Wähler. (5) Wird die Stimmabgabe unterbrochen oder wird das Abstimmungsergebnis nicht unmittelbar nach Abschluss der Stimmabgabe festgestellt, so hat der Betriebswahlvorstand für die Zwischenzeit die Wahlurne so zu verschließen und aufzubewahren, dass der Einwurf oder die Entnahme von Stimmzetteln ohne Beschädigung des Verschlusses unmöglich ist. Bei Wiedereröffnung der Abstimmung oder bei Entnahme der Stimmzettel zur Stimmauszählung hat sich der Betriebswahlvorstand davon zu überzeugen, dass der Verschluss unversehrt ist. $17

Einsatz von Wahlgeräten (1) Für die Abgabe und Zählung der Stimmen können an Stelle von Stimmzetteln, Wahlumschlägen und Wahlurnen Wahlgeräte eingesetzt werden. § 16 gilt entsprechend. Die Wahlgeräte müssen auf Grund einer Prüfung nach $ 2 Abs. 2 und 3 der Bundeswahlgeräteverordnung für die Abstimmungen und Wahlen geeignet sein, für die sie eingesetzt werden, und den Richtlinien für die Bauart von Wahlgeräten entsprechen, soweit diese nicht besondere Regelungen für Bundeswahlen enthalten. Jedem Wahlgerät muss eine Bedienungsanleitung und eine Baugleichheitserklärung entsprechend $ 2 Abs. 6 der Bundeswahlgeräteverordnung beigefügt sein. (2) Der Einsatz von Wahlgeräten ist nur zulässig, wenn hierüber Einvernehmen zwischen dem Betriebswahlvorstand und der Unternehmensleitung erzielt worden ist. $18

Voraussetzungen der schriftlichen Stimmabgabe (1) Abstimmungsberechtigten, die im Zeitpunkt der Abstimmung wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert sind, ihre Stimme persönlich abzugeben, hat der Betriebswahlvorstand auf ihr Verlangen 1. das Abstimmungsausschreiben, 2. den Stimmzettel und den Wahlumschlag, 3. eine vorgedruckte, von der abstimmenden Person abzugebende Erklärung, in der gegenüber dem Betriebswahlvorstand zu versichern ist, dass der Stimmzettel persönlich gekennzeichnet worden ist, sowie 4. einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Betriebswahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift des Abstimmungsberechtigten sowie den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe" trägt, auszuhändigen oder zu übersenden. Der Betriebswahlvorstand soll den stimmungsberechtigten ferner ein Merkblatt über die Art und Weise schriftlichen Stimmabgabe ($ 19 Abs. 1) aushändigen oder übersenden. Betriebswahlvorstand vermerkt die Aushändigung oder die Übersendung Unterlagen in der Wählerliste.

Abder Der der

(2) Abstimmungsberechtigte, von denen dem Betriebswahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Abstimmung nach der Eigenart ihres

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Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden (insbesondere im Außendienst, mit Telearbeit und in Heimarbeit Beschäftigte), erhalten die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen, ohne dass es eines Verlangens der Abstimmungsberechtigten bedarf. (3) Der Betriebswahlvorstand kann die schriftliche Stimmabgabe beschließen 1. für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, 2. für den Betrieb, wenn die Mehrheit der Abstimmungsberechtigten zur schriftlichen Stimmabgabe nach Absatz 2 berechtigt ist und die verbleibende Minderheit nicht mehr als insgesamt 25 Abstimmungsberechtigte ausmacht. Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

$19 Verfahren bei der schriftlichen Stimmabgabe (1) Die Stimmabgabe erfolgt in der Weise, dass die abstimmende Person 1. den Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnet und in dem zugehörigen Wahlumschlag verschließt, 2. die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Orts und des Datums unterschreibt und 3. den Wahlumschlag und die unterschriebene vorgedruckte Erklärung in dem Freiumschlag verschließt und diesen Wahlbrief so rechtzeitig an den Betriebswahlvorstand absendet oder übergibt, dass er vor Abschluss der Stimmabgabe vorliegt. (2) Unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe öffnet der Betriebswahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Wahlbriefe und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt, so vermerkt der Betriebswahlvorstand die Stimmabgabe in der Wählerliste und legt die Wahlumschläge ungeöffnet in die Wahlurne. (3) Verspätet eingehende Wahlbriefe nimmt der Betriebswahlvorstand mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen. Die Wahlbriefe sind einen Monat nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten worden ist.

$20 Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Betriebswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und stellt fest, wie viele Stimmen für und wie viele Stimmen gegen den Antrag abgegeben worden sind.

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Erste W a h l o r d n u n g z u m M i t b e s t i m m u n g s g e s e t z

(3) Bei der Auszählung ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. (4) Beim Einsatz von Wahlgeräten stellt der Betriebswahlvorstand durch Ablesen der Zählwerke die Zahl der für den Antrag und die Zahl der gegen den Antrag abgegebenen Stimmen sowie die Zahl der ungültigen Stimmen fest. §21 Abstimmungsniederschrift Nachdem das Abstimmungsergebnis ermittelt ist, stellt der Betriebswahlvorstand in einer Niederschrift fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. die Zahl der für den Antrag abgegebenen Stimmen; 7. die Zahl der gegen den Antrag abgegebenen Stimmen; 8. das Abstimmungsergebnis; 9. besondere während der Abstimmung eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. $22 Bekanntmachung des Abstimmungsergebnisses Der Betriebswahlvorstand macht das Abstimmungsergebnis für die Dauer von zwei Wochen in gleicher Weise wie das Abstimmungsausschreiben bekannt. Abschnitt 3 Verteilung der Sitze, Wahlvorschläge Unterabschnitt 1 Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer $23 Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer (1) Der Betriebswahlvorstand stellt die Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer auf die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten fest.

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(2) Die Errechnung der auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten entfallenden Aufsichtsratsmitglieder erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Hierzu werden die Zahlen der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten des Unternehmens in einer Reihe nebeneinander gestellt und beide durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie unternehmensangehörige Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen sind. Die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten erhalten jeweils so viele Aufsichtsratssitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf sie entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten zugleich entfällt, entscheidet das Los darüber, wem der Sitz zufällt. (3) Würde nach Absatz 2 auf die leitenden Angestellten nicht mindestens ein Sitz entfallen, so erhalten sie einen Sitz; die Zahl der Sitze der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer vermindert sich entsprechend. Unterabschnitt 2 Wahlvorschläge $24 Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen (1) Der Betriebswahlvorstand erlässt gleichzeitig mit der Bekanntmachung nach § 12 eine Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum ihres Erlasses; 2. wo und wie die Wahlberechtigten in die Wählerliste, das Gesetz und diese Verordnung Einsicht nehmen können; 3. die Zahl der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, getrennt nach Aufsichtsratsmitgliedern der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, Aufsichtsratsmitgliedern der leitenden Angestellten und Aufsichtsratsmitgliedern, die Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften sind; 4. dass Wahlvorschläge für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer beim Betriebswahlvorstand innerhalb von sechs Wochen seit Erlass dieser Bekanntmachung schriftlich eingereicht werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 5. die Mindestzahl der wahlberechtigten in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, von denen ein Wahlvorschlag für Aufsichtsratsmitglieder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer unterzeichnet sein muss;

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6. dass der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten auf Grund von Abstimmungsvorschlägen durch Beschluss der wahlberechtigten leitenden Angestellten in geheimer Abstimmung aufgestellt wird und dass hierüber eine gesonderte Bekanntmachung erlassen wird; 7. dass ein Wahlvorschlag für Aufsichtsratsmitglieder, die Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften sind, nur von einer im Unternehmen vertretenen Gewerkschaft eingereicht werden kann; 8. dass, soweit für die Aufsichtsratsmitglieder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder die Aufsichtsratsmitglieder der leitenden Angestellten nur ein Wahlvorschlag gemacht wird, die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber in diesem Wahlvorschlag doppelt so hoch sein muss wie die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder, die auf die in S 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder die leitenden Angestellten entfällt; 9. dass, soweit für die Aufsichtsratsmitglieder, die Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften sind, nur ein Wahlvorschlag gemacht wird, die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber in diesem Wahlvorschlag mindestens doppelt so hoch sein muss wie die Zahl der zu wählenden Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften; 10. dass in jedem Wahlvorschlag für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber jeweils ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden kann und dass für eine Bewerberin oder einen Bewerber, die oder der ein in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer ist, nur ein in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer und für einen leitenden Angestellten nur ein leitender Angestellter als Ersatzmitglied vorgeschlagen werden kann; 11. dass bei Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds auch das zusammen mit ihm vorgeschlagene Ersatzmitglied gewählt ist; 12. wo und wie die Wahlberechtigten von den Wahlvorschlägen Kenntnis erlangen können; 13. dass Einsprüche und sonstige Erklärungen gegenüber dem Betriebs wahlvorstand abzugeben sind; 14. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. (2) Der Betriebswahlvorstand kann die Bekanntmachungen nach Absatz 1 und § 12 in einer Bekanntmachung zusammenfassen. (3) Der Betriebswahlvorstand macht die Bekanntmachung am Tag ihres Erlasses bis zum Abschluss der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder bekannt. Der Betriebswahlvorstand vermerkt auf der Bekanntmachung den ersten und den letzten Tag der Bekanntmachung. (4) Der Betriebswahlvorstand übersendet die Bekanntmachung unverzüglich nach ihrem Erlass dem Unternehmen und den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften.

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$25

Wahlvorschläge der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer (1) Zur Wahl derAufsichtsratsmitglieder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer können die wahlberechtigten in J 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer Wahlvorschläge machen. Jeder Wahlvorschlag muss von einem Fünftel oder 100 der wahlberechtigten in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer unterzeichnet sein. (2) Die Wahlvorschläge sind innerhalb von sechs Wochen seit Erlass der Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen beim Betriebswahlvorstand schriftlich einzureichen. (3) Wird für einen Wahlgang nur ein Wahlvorschlag eingereicht, so muss die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber in diesem Wahlvorschlag doppelt so hoch sein wie die Zahl der in diesem Wahlgang zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder. (4) Wahlgang im Sinne dieses Kapitels ist 1. die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, 2. die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der leitenden Angestellten, 3. die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder, die Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften sind. (5) In jedem Wahlvorschlag sind die Bewerberinnen und Bewerber in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung aufzuführen. Die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen und Bewerber zur Aufnahme in den Wahlvorschlag und ihre schriftliche Versicherung, dass sie im Fall ihrer Wahl die Wahl annehmen werden, sind beizufügen. (6) Für jeden Wahlvorschlag soll eine oder einer der Unterzeichnenden als Vorschlagsvertreter bestimmt werden. Dieser ist berechtigt und verpflichtet, dem Betriebswahlvorstand die zur Beseitigung von Beanstandungen erforderlichen Erklärungen abzugeben sowie Erklärungen und Entscheidungen des Betriebswahlvorstands entgegenzunehmen. Ist kein Vorschlagsvertreter ausdrücklich bestimmt worden, so wird die oder der an erster Stelle Unterzeichnende als Vorschlagsvertreter angesehen. (7) Die Unterschrift eines Wahlberechtigten zählt nur auf einem Wahlvorschlag. Hat ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet, so hat er auf Aufforderung des Betriebswahlvorstands innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens jedoch innerhalb von drei Arbeitstagen, zu erklären, welche Unterschrift er aufrechterhält. Unterbleibt die fristgerechte Erklärung, so wird sein Name auf dem zuerst eingereichten Wahlvorschlag gezählt und auf den übrigen Wahlvorschlägen gestrichen; sind mehrere Wahlvorschläge, die von demselben Wahlberechtigten unterzeichnet sind, gleichzeitig eingereicht worden, so entscheidet das Los darüber, auf welchem Wahlvorschlag die Unterschrift gilt. (8) Eine Bewerberin oder ein Bewerber kann nur auf einem Wahlvorschlag vorgeschlagen werden. Ist der Name dieser Person mit ihrer schriftlichen

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Zustimmung (Absatz 5 Satz 2) auf mehreren Wahlvorschlägen aufgeführt, so hat sie auf Aufforderung des Betriebswahl vorstands innerhalb von drei Arbeitstagen zu erklären, welche Bewerbung sie aufrechterhält. Unterbleibt die fristgerechte Erklärung, so ist die Bewerberin oder der Bewerber auf sämtlichen Wahlvorschlägen zu streichen.

§26 Wahlvorschläge der Gewerkschaften (1) Zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern, die Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften sind, können die in dem Unternehmen vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen. (2) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von einer hierzu bevollmächtigten beauftragten Person dieser Gewerkschaft unterzeichnet sein. § 25 Abs. 2, 4, 5 und 8 ist entsprechend anzuwenden. Wird nur ein Wahlvorschlag eingereicht, so muss die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber mindestens doppelt so hoch sein wie die Zahl der zu wählenden Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften. (3) $ 25 Abs. 6 ist entsprechend anzuwenden. Die in Absatz 2 Satz 1 bezeichnete beauftragte Person gilt als Vorschlagsvertreter. Die Gewerkschaft kann eine andere als die in Absatz 2 Satz 1 bezeichnete Person als Vorschlagsvertreter benennen. §27 Wahlvorschläge für Ersatzmitglieder (1) In jedem Wahlvorschlag kann für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber jeweils ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden. Für eine Bewerberin oder einen Bewerber, die oder der ein in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer ist, kann nur ein in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer und für einen leitenden Angestellten nur ein leitender Angestellter als Ersatzmitglied vorgeschlagen werden. Für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber kann jeweils nur ein Ersatzmitglied vorgeschlagen werden. Eine Bewerberin oder ein Bewerber kann nicht sowohl als Mitglied als auch als Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden. § 25 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden. (2) Jedes vorgeschlagene Ersatzmitglied ist in dem Wahlvorschlag unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen, für die oder für den es als Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen wird. In dem Wahlvorschlag ist kenntlich zu machen, wer als Mitglied und wer als Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen wird. § 25 Abs. 5 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

Unterabschnitt 3 Zusätzliche Vorschriften für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten

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§28

Bekanntmachung über die Abstimmung für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten (1) Der Betriebswahl vorstand erlässt gleichzeitig mit der Bekanntmachung nach § 12 eine Bekanntmachung über die Abstimmung für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum ihres Erlasses; 2. die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber, die der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten enthalten muss; 3. dass der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten auf Grund von Abstimmungsvorschlägen durch Beschluss der wahlberechtigten leitenden Angestellten in geheimer Abstimmung aufgestellt wird; 4. dass in jedem Abstimmungsvorschlag für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber jeweils ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden kann; 5. die Mindestzahl der wahlberechtigten leitenden Angestellten, von denen ein Abstimmungsvorschlag für die Abstimmung der leitenden Angestellten unterzeichnet sein muss; 6. die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber, die jeder leitende Angestellte in der Abstimmung ankreuzen kann; 7. dass als Bewerberinnen und Bewerber nach der Reihenfolge der auf sie entfallenden Stimmenzahlen nur so viele leitende Angestellte in den Wahlvorschlag aufgenommen werden, wie er insgesamt Bewerberinnen und Bewerber enthalten muss, und dass bei Stimmengleichheit das Los entscheidet; 8. dass die in den Abstimmungsvorschlägen zusammen mit den Gewählten aufgeführten Ersatzmitglieder in den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten als Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats aufgenommen werden; 9. den Zeitpunkt, bis zu dem Abstimmungsvorschläge für die Abstimmung der leitenden Angestellten beim Betriebswahlvorstand eingereicht werden können; 10. die Anschrift des Betriebswahlvorstands; 11. wo und wie die Abstimmungsberechtigten von den Abstimmungsvorschlägen Kenntnis erlangen können; 12. Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe und der öffentlichen Stimmauszählung; 13. den Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe sowie die Betriebsteile und Kleinstbetriebe, für die schriftliche Stimmabgabe nach $ 45 Abs. 3 Nr. 1 beschlossen ist und ob die schriftliche Stimmabgabe nach $ 45 Abs. 3 Nr. 2 beschlossen worden ist. (2) Der Betriebswahlvorstand kann die Bekanntmachungen nach Absatz 1, § 12 und $ 24 in einer Bekanntmachung zusammenfassen. (3) § 24 Abs. 3 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

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§29 Abstimmungsvorschläge der leitenden Angestellten (1) Für den Beschluss über den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten können die wahlberechtigten leitenden Angestellten Abstimmungsvorschläge machen. Jeder Abstimmungsvorschlag muss von einem Zwanzigstel oder 50 der wahlberechtigten leitenden Angestellten unterzeichnet sein. Abstimmungsvorschläge sind innerhalb einer vom Betriebswahlvorstand zu bestimmenden Frist beim Betriebswahlvorstand schriftlich einzureichen. Die Frist soll zwei Wochen betragen. Sie beginnt mit dem Erlass der Bekanntmachung nach $ 28. (2) In jedem Abstimmungsvorschlag kann für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber jeweils ein leitender Angestellter als Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden. $ 27 Abs. 1 Satz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. (3) In jedem Abstimmungsvorschlag sind die Bewerberinnen und Bewerber in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung aufzuführen. Die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen und Bewerber zur Aufnahme in den Abstimmungsvorschlag sowie die schriftliche Versicherung, dass sie im Fall ihrer Wahl die Wahl annehmen werden, sind beizufügen. Ein Ersatzmitglied ist in dem Abstimmungsvorschlag neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen, für die oder für den es als Ersatzmitglied vorgeschlagen wird. In dem Abstimmungsvorschlag ist kenntlich zu machen, wer als Bewerberin oder Bewerber und wer als Ersatzmitglied vorgeschlagen wird. Auf Ersatzmitglieder sind die Sätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden. (4) Der Betriebswahlvorstand prüft die Abstimmungsvorschläge und macht die gültigen Abstimmungsvorschläge bis zu dem Tag bekannt, an dem der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten vorliegt; § 24 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden. (5) Ist nach Ablauf der nach Absatz 1 vom Betriebswahlvorstand bestimmten Frist kein gültiger Abstimmungsvorschlag eingereicht, so macht der Betriebswahlvorstand dies unverzüglich in gleicher Weise bekannt wie Abstimmungsvorschläge und fordert unter Hinweis auf den bevorstehenden Ablauf der zur Einreichung von Wahlvorschlägen bestimmten Frist erneut dazu auf, Abstimmungsvorschläge einzureichen.

$30 Abstimmung der leitenden Angestellten (1) Der Betriebswahl vorstand setzt den Tag der Abstimmung der leitenden Angestellten so fest, dass der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten spätestens sieben Wochen seit Erlass der Bekanntmachung nach § 24 vorliegt. (2) Jeder Abstimmungsberechtigte kann insgesamt so viele Bewerberinnen und Bewerber ankreuzen, wie der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten insgesamt Bewerberinnen und Bewerber enthalten muss. Eine gesonderte Stimmabgabe für ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats ist nicht zulässig. Die

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Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). (3) Der Betriebswahlvorstand hat die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname und Art der Beschäftigung untereinander in alphabetischer Reihenfolge aufzuführen. Das für eine Bewerberin oder für einen Bewerber vorgeschlagene Ersatzmitglied ist auf den Stimmzetteln neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen; Satz 1 ist entsprechend anzuwenden. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, wie viele Bewerberinnen und Bewerber jeder Abstimmungsberechtigte insgesamt ankreuzen kann. Die Stimmzettel müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. (4) Die abstimmende Person kennzeichnet die von ihr Gewählten durch Ankreuzen an den im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stellen. Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr Bewerberinnen und Bewerber angekreuzt sind, als die abstimmende Person Stimmen hat, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 3 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. (5) Die Abstimmung der leitenden Angestellten wird vom Betriebswahlvorstand durchgeführt. Auf den Abstimmungsvorgang und die schriftliche Stimmabgabe sind die $$ 16 bis 19 anzuwenden. Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt er die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt die auf jede Bewerberin und jeden Bewerber entfallenden Stimmen zusammen. Dabei ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. Ist auf einem Stimmzettel eine Bewerberin oder ein Bewerber mehrfach angekreuzt, so zählt dies als eine Stimme. Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt § 20 Abs. 4 entsprechend. (6) Als Bewerberinnen und Bewerber sind nach der Reihenfolge der auf sie entfallenden Stimmenzahlen nur so viele leitende Angestellte in den Wahlvorschlag aufgenommen, wie er insgesamt Bewerberinnen und Bewerber enthalten muss. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. (7) Ist eine Bewerberin oder ein Bewerber in den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten aufgenommen, so ist das in dem Abstimmungsvorschlag neben dieser Bewerberin oder diesem Bewerber aufgeführte Ersatzmitglied als deren oder als dessen Ersatzmitglied in den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten aufgenommen. (8) Nach Abschluss der Stimmauszählung macht der Betriebswahlvorstand das Abstimmungsergebnis und die Namen der in den Wahlvorschlag Aufgenommenen für die Dauer von zwei Wochen bekannt; § 24 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.

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§31 Abstimmungsniederschrift Nach Abschluss der Abstimmung stellt der Betriebswahlvorstand in einer Niederschrift fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen; 7. die Namen der in den Wahlvorschlag aufgenommenen Bewerberinnen und Bewerber und Ersatzmitglieder; 8. besondere während der Abstimmung eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse.

Unterabschnitt 4 Prüfung und Bekanntmachung der Wahlvorschläge $ 32 Prüfung der Wahlvorschläge (1) Der Betriebswahlvorstand bestätigt dem Vorschlagsvertreter schriftlich den Zeitpunkt der Einreichung des Wahlvorschlags. (2) Der Betriebswahlvorstand bezeichnet den Wahlvorschlag, wenn er nicht mit einem Kennwort versehen ist, mit Familienname und Vorname der an erster Stelle benannten Bewerberin oder des an erster Stelle benannten Bewerbers. Er hat unverzüglich den Wahlvorschlag zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung den Vorschlagsvertreter schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. $33 Ungültige Wahlvorschläge (1) Ungültig sind Wahlvorschläge, 1. die nicht fristgerecht eingereicht worden sind, 2. auf denen die Bewerberinnen und Bewerber nicht in erkennbarer Reihenfolge aufgeführt sind, 3. die nicht die in $ 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 und 9 bezeichnete Zahl von Bewerberinnen und Bewerbern enthalten, 4. der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, wenn sie bei der Einreichung nicht die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweisen, 5. der Gewerkschaften, wenn sie nicht von einer hierzu bevollmächtigten beauftragten Person unterzeichnet sind.

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(2) Wahlvorschläge, 1. in denen die Bewerberinnen und Bewerber nicht in der in § 25 Abs. 5 Satz 1 bestimmten Weise bezeichnet sind, 2. denen die schriftliche Zustimmung und Versicherung der Bewerberinnen und Bewerber nach § 25 Abs. 5 Satz 2 nicht beigefügt sind, 3. die infolge von Streichungen gemäß § 25 Abs. 7 nicht mehr die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweisen, sind ungültig, wenn der Betriebswahlvorstand sie beanstandet hat und die Mängel nicht innerhalb von drei Arbeitstagen seit der Beanstandung beseitigt worden sind. §34

Nachfrist für Wahlvorschläge (1) Ist nach Ablauf der für die Einreichung von Wahl Vorschlägen bestimmten Frist für einen in $ 25 Abs. 4 Nr. 1 und 3 bezeichneten Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so erlässt der Betriebswahlvorstand unverzüglich eine Bekanntmachung und setzt eine Nachfrist von einer Woche für die Einreichung von Wahlvorschlägen fest. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum ihres Erlasses; 2. dass für den Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht worden ist; 3. dass Wahlvorschläge innerhalb einer Nachfrist von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung schriftlich eingereicht werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 4 . dass der Wahlgang nur stattfinden kann, wenn mindestens ein gültiger Wahlvorschlag eingereicht wird; 5. dass, soweit kein gültiger Wahl Vorschlag eingereicht wird, die fehlenden Aufsichtsratsmitglieder durch das Gericht bestellt werden können. (2) Wird bis zum Ablauf der Nachfrist für einen Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so macht der Betriebswahlvorstand unverzüglich bekannt, dass der Wahlgang nicht stattfindet. (3) Für Bekanntmachungen nach den Absätzen 1 und 2 ist $ 2 4 Abs. 3 und 4 anzuwenden. $35

Bekanntmachung der Wahlvorschläge (1) Sind für einen Wahlgang, in dem mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen sind, mehrere Wahlvorschläge eingereicht, so ermittelt der Betriebswahlvorstand durch das Los nach Ablauf der in § 25 Abs. 2, $ 33 Abs. 2 und § 3 4 Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Fristen die Reihenfolge der Ordnungsnummern, die den eingereichten Wahlvorschlägen zugeteilt werden (Wahlvorschlag 1 , 2 usw.). (2) Spätestens zwei Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe macht der Betriebswahlvorstand die gültigen Wahlvorschläge, nach Wahlgängen getrennt, bekannt; § 2 4 Abs. 3 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

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Abschnitt 4 Anzuwendende Vorschriften $36 Anzuwendende Vorschriften (1) Sind die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl zu wählen, so richtet sich das weitere Wahlverfahren nach den Vorschriften des Kapitels 2. (2) Sind die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen, so richtet sich das weitere Wahlverfahren nach den Vorschriften des Kapitels 3. Kapitel 2 Unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 1 Wahlausschreiben §37 Wahlausschreiben Steht fest, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl zu wählen sind, so erlässt der Betriebswahlvorstand ein Wahlausschreiben. Es muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum seines Erlasses; 2. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer von allen Wahlberechtigten in unmittelbarer Wahl zu wählen sind; 3. dass an der Wahl und an Abstimmungen nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind; 4. den Zeitpunkt, bis zu dem Wahlvorschläge eingereicht werden können; 5. dass die Stimmabgabe an Wahlvorschläge gebunden ist und dass nur solche Wahlvorschläge berücksichtigt werden dürfen, die fristgerecht eingereicht sind; 6. wo und wie die Wahlberechtigten von den Wahlvorschlägen Kenntnis erlangen können; 7. Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer und der öffentlichen Stimmauszählung; 8. den Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe sowie die Betriebsteile und Kleinstbetriebe, für die schriftliche Stimmabgabe nach § 45 Abs. 3 Nr. 1 beschlossen ist und ob die schriftliche Stimmabgabe nach $ 45 Abs. 3 Nr. 2 beschlossen worden ist; 9. dass Einsprüche, Anträge, Wahlvorschläge und sonstige Erklärungen gegenüber dem Betriebswahlvorstand abzugeben sind; 10. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. Für die Bekanntmachung ist § 24 Abs. 3 und 4 entsprechend anzuwenden.

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Abschnitt 2 D u r c h f ü h r u n g der Wahl Unterabschnitt 1 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge $38

Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Sind in einem Wahlgang mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen und liegen für diesen Wahlgang mehrere gültige Wahlvorschläge vor, so kann die Wählerin ihre und der Wähler seine Stimme nur für einen dieser Wahlvorschläge abgeben. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). Der Begriff des Wahlgangs im Sinne dieses Kapitels bestimmt sich nach § 25 Abs. 4. (2) Der Betriebswahlvorstand hat die Wahlvorschläge auf den Stimmzetteln nach der Reihenfolge der Ordnungsnummern sowie unter Angabe der an erster und zweiter Stelle benannten Bewerberinnen und Bewerber mit Familienname, Vorname und Art der Beschäftigung untereinander aufzuführen; bei Wahlvorschlägen, die mit einem Kennwort versehen sind, ist auch das Kennwort anzugeben. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, dass nur ein Wahlvorschlag angekreuzt werden kann. Die Stimmzettel, die für denselben Wahlgang Verwendung finden, müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. Die Stimmzettel und Wahlumschläge, die für einen Wahlgang Verwendung finden, müssen sich von den für die anderen Wahlgänge vorgesehenen Stimmzetteln und Wahlumschlägen in der Farbe unterscheiden. (3) Die Wählerin kennzeichnet den von ihr und der Wähler den von ihm gewählten Wahlvorschlag durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Für den Wahlvorgang sind die §§16 und 17 entsprechend anzuwenden; die Stimmabgabe ist in der Wählerliste für jeden Wahlgang gesondert zu vermerken. (4) Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr als ein Wahlvorschlag angekreuzt ist, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. §39

Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus.

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(2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Betriebswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die auf jeden Wahlvorschlag entfallenden Stimmen zusammen. (3) Bei der Auszählung ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. (4) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt $ 20 Abs. 4 entsprechend. §40

Ermittlung der Gewählten (1) Die in dem Wahlgang den einzelnen Wahlvorschlägen zugefallenen Stimmenzahlen werden in einer Reihe nebeneinander gestellt und sämtlich durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind. Jeder Wahlvorschlag erhält so viele Sitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf ihn entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf mehrere Wahlvorschläge zugleich entfällt, so entscheidet das Los darüber, welchem Wahlvorschlag dieser Sitz zufällt. (2) Wenn ein Wahlvorschlag insgesamt weniger Bewerberinnen und Bewerber enthält, als Höchstzahlen auf ihn entfallen, so gehen die überschüssigen Sitze auf die folgenden Höchstzahlen der anderen Wahlvorschläge desselben Wahlgangs über. (3) Die Reihenfolge der Bewerberinnen und Bewerber innerhalb der einzelnen Wahlvorschläge bestimmt sich nach der Reihenfolge ihrer Benennung. (4) Mit der Wahl einer Bewerberin oder eines Bewerbers ist das in dem Wahlvorschlag neben der gewählten Bewerberin oder dem gewählten Bewerber aufgeführte Ersatzmitglied des Aufsichtsrats gewählt.

Unterabschnitt 2 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund nur eines Wahlvorschlags §41

Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Sind in einem Wahlgang mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen und liegt für diesen Wahlgang nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so kann die Wählerin ihre und der Wähler seine Stimme nur für die in dem Wahlvorschlag aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber abgeben. Eine gesonderte Stimmabgabe für ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats ist nicht zulässig. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen).

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(2) Der Betriebswahlvorstand hat die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname und Art der Beschäftigung untereinander in der Reihenfolge aufzuführen, in der sie in dem Wahlvorschlag benannt sind. Das für eine Bewerberin oder für einen Bewerber vorgeschlagene Ersatzmitglied ist auf den Stimmzetteln neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen; Satz 1 ist entsprechend anzuwenden. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, wie viele Bewerberinnen und Bewerber die Wählerin oder der Wähler insgesamt ankreuzen kann. § 38 Abs. 2 Satz 3 und 4 ist anzuwenden. (3) Die Wählerin kennzeichnet die von ihr und der Wähler die von ihm Gewählten durch Ankreuzen an den im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stellen. Es dürfen nicht mehr Bewerberinnen und Bewerber angekreuzt werden, als in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind. § 38 Abs. 3 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. (4) Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr Bewerberinnen und Bewerber angekreuzt sind, als in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. §42 Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Betriebswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die auf jede Bewerberin oder jeden Bewerber entfallenden Stimmen zusammen. § 39 Abs. 3 ist anzuwenden. Ist auf einem Stimmzettel eine Bewerberin oder ein Bewerber mehrfach angekreuzt, so zählt dies als eine Stimme. (3) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt § 20 Abs. 4 entsprechend. §43 Ermittlung der Gewählten Gewählt sind insgesamt so viele Bewerberinnen und Bewerber, wie in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind, nach der Reihenfolge der auf sie entfallenden Stimmenzahlen. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. § 40 Abs. 4 ist anzuwenden.

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Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Unterabschnitt 3 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang §44 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang (1) Ist in einem Wahlgang nur ein Aufsichtsratsmitglied der Arbeitnehmer zu wählen, so kann die Wählerin ihre und der Wähler seine Stimme nur für eine der vorgeschlagenen Bewerberinnen oder einen der vorgeschlagenen Bewerber abgeben. § 41 Abs. 1 Satz 2 und 3 ist anzuwenden. (2) Liegt nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so hat der Betriebswahlvorstand die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname und Art der Beschäftigung untereinander in der Reihenfolge aufzuführen, in der sie in dem Wahlvorschlag benannt sind. Liegen mehrere gültige Wahlvorschläge vor, so hat der Betriebswahlvorstand die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung und Kennwort des Wahlvorschlags untereinander in alphabetischer Reihenfolge aufzuführen. $ 41 Abs. 2 Satz 2 bis 4 ist anzuwenden. (3) Die Wählerin kennzeichnet die von ihr und der Wähler die von ihm gewählte Person durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Es darf nicht mehr als eine Bewerberin oder ein Bewerber angekreuzt werden. § 38 Abs. 3 Satz 2, § 41 Abs. 4 und die §§ 42 und 43 sind anzuwenden. Unterabschnitt 4 Schriftliche Stimmabgabe § 45 Voraussetzungen (1) Einem Wahlberechtigten, der im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert ist, seine Stimme persönlich abzugeben, hat der Betriebswahlvorstand auf sein Verlangen 1. das Wahlausschreiben, 2. für jeden Wahlgang, an dem er teilzunehmen berechtigt ist, gesondert a) die Wahl vorschläge b) den Stimmzettel und den Wahlumschlag, 3. eine vorgedruckte, von der Wählerin oder dem Wähler abzugebende Erklärung, in der gegenüber dem Betriebswahlvorstand zu versichern ist, dass der Stimmzettel persönlich gekennzeichnet worden ist, sowie 4. einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Betriebswahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift des Wahlberechtigten sowie den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe" trägt, auszuhändigen oder zu übersenden. Der Betriebswahlvorstand soll dem Wahlberechtigten ferner ein Merkblatt über die Art und Weise der schriftlichen

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Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Stimmabgabe (§ 46 Abs. 1) aushändigen oder übersenden. Der Betriebswahlvorstand vermerkt die Aushändigung oder die Übersendung der Unterlagen für jeden Wahlgang gesondert in der Wählerliste. (2) Wahlberechtigte, von denen dem Betriebswahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden (insbesondere im Außendienst, mit Telearbeit und in Heimarbeit Beschäftigte), erhalten die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen, ohne dass es eines Verlangens der Wahlberechtigten bedarf. (3) Der Betriebswahlvorstand kann die schriftliche Stimmabgabe beschließen 1. für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, 2. für den Betrieb, wenn die Mehrheit der Wahlberechtigten zur schriftlichen Stimmabgabe nach Absatz 2 berechtigt ist und die verbleibende Minderheit nicht mehr als insgesamt 25 Wahlberechtigte ausmacht. Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden. §46

Verfahren bei der Stimmabgabe (1) Die Stimmabgabe erfolgt in der Weise, dass die Wählerin oder der Wähler 1. die Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnet und in den zugehörigen Wahlumschlägen verschließt, 2. die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Orts und des Datums unterschreibt und 3. die Wahlumschläge und die unterschriebene vorgedruckte Erklärung in dem Freiumschlag verschließt und diesen Wahlbrief so rechtzeitig an den Betriebswahlvorstand absendet oder übergibt, dass er vor Abschluss der Stimmabgabe vorliegt. (2) Unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe öffnet der Betriebswahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Wahlbriefe und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt, so vermerkt der Betriebswahlvorstand die Stimmabgabe für jeden Wahlgang gesondert in der Wählerliste und legt die Wahlumschläge ungeöffnet in die Wahlurne. (3) Verspätet eingehende Wahlbriefe nimmt der Betriebswahlvorstand mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen. Die Wahlbriefe sind einen Monat nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten worden ist.

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Unterabschnitt 5 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen §47

Wahlniederschrift Nachdem ermittelt ist, wer gewählt ist, stellt der Betriebswahlvorstand in einer Niederschrift für jeden Wahlgang gesondert fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. bei Verhältniswahl die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen, die berechneten Höchstzahlen und ihre Verteilung auf die Wahl vorschläge; 7. bei Mehrheitswahl die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber enffallenden Stimmen; 8. die Namen der gewählten Aufsichtsratsmitglieder; 9. die Namen der für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder gewählten Ersatzmitglieder; 10. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. $48

Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten (1) Der Betriebswahlvorstand macht das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten unverzüglich für die Dauer von zwei Wochen bekannt. (2) Gleichzeitig benachrichtigt der Betriebswahlvorstand die Gewählten schriftlich von ihrer Wahl und übermittelt die Bekanntmachung nach Absatz 1 dem Unternehmen und den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. §49

Aufbewahrung der Wahlakten Der Betriebswahlvorstand übergibt die Wahlakten dem Unternehmen. Das Unternehmen bewahrt die Wahlakten mindestens für die Dauer von fünf Jahren auf.

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Kapitel 3 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte

Abschnitt 1 Wahl der D e l e g i e r t e n Unterabschnitt 1 Delegierte m i t M e h r f a c h m a n d a t §50

Keine Wahl von Delegierten nach diesem Unterabschnitt, wenn in dem Unternehmen für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern anderer Unternehmen Delegierte mit Mehrfachmandat gewählt werden (1) Sind die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer des U n t e r n e h m e n s durch Delegierte zu wählen u n d n e h m e n die Arbeitnehmerinnen u n d Arbeitnehmer auch an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer anderer U n t e r n e h m e n durch Delegierte teil u n d hat der Betriebswahlvorstand nach § 55 der Dritten W a h l o r d n u n g z u m Mitbestimmungsgesetz beschlossen, dass die in dem Unternehmen f ü r die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder eines anderen U n t e r n e h m e n s zu wählenden Delegierten auch die nach den Vorschriften dieses Abschnitts zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer wählen, so findet eine Wahl von Delegierten nach den Vorschriften dieses Abschnitts nicht statt. (2) Der Betriebswahlvorstand erlässt hierüber eine Bekanntmachung. § 24 Abs. 3 u n d 4 ist a n z u w e n d e n . $51

Delegierte, die zugleich für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern anderer Unternehmen gewählt werden N e h m e n die Arbeitnehmerinnen u n d Arbeitnehmer des U n t e r n e h m e n s auch an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer anderer Untern e h m e n teil u n d b e g i n n t die Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder der anderen U n t e r n e h m e n nicht später als zwölf Monate nach d e m Beginn der Amtszeit der nach den Vorschriften dieses Kapitels zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder, so k a n n der Betriebswahlvorstand beschließen, dass die z u wählenden Delegierten auch an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer der anderen U n t e r n e h m e n teilnehmen, sofern auch diese durch Delegierte gewählt werden. Der Beschluss k a n n n u r vor Erlass des Wahlausschreibens f ü r die Wahl der Delegierten gefasst werden.

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Unterabschnitt 2 Einleitung der Wahl

§52 Errechnung der Zahl der Delegierten (1) Der Betriebswahlvorstand errechnet die Zahl der zu wählenden Delegierten sowie ihre Verteilung auf die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten. (2) Zur Errechnung der Zahl der Delegierten wird die Zahl der Wahlberechtigten durch 90 geteilt. Teilzahlen werden voll gezählt, wenn sie mindestens die Hälfte der vollen Zahl betragen. (3) Die Errechnung der auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und leitenden Angestellten entfallenden Delegierten erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Hierzu werden die Zahlen der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten in einer Reihe nebeneinander gestellt und beide durch 1,2, 3,4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie Delegierte zu wählen sind. Die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten erhalten jeweils so viele Delegierte zugeteilt, wie Höchstzahlen auf sie entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten zugleich entfällt, entscheidet das Los darüber, wem der Delegierte zufällt. (4) Ergibt die Errechnung nach Absatz 3 für die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder die leitenden Angestellten mehr als 1. 25 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf die Hälfte; diese Delegierten erhalten je zwei Stimmen; 2. 50 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf ein Drittel; diese Delegierten enthalten je drei Stimmen; 3. 75 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf ein Viertel; diese Delegierten erhalten je vier Stimmen; 4. 100 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf ein Fünftel; diese Delegierten erhalten je fünf Stimmen; 5. 125 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der

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leitenden Angestellten auf ein Sechstel; diese Delegierten erhalten je sechs Stimmen; 6. 150 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf ein Siebtel; diese Delegierten erhalten je sieben Stimmen. Teilzahlen werden voll gezählt, wenn sie mindestens die Hälfte der vollen Zahl betragen. (5) Auf die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten entfällt mindestens je ein Delegierter; dies gilt nicht, soweit nicht mehr als fünf in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichnete Arbeitnehmer oder leitende Angestellte wahlberechtigt sind. Soweit auf die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten lediglich nach Satz 1 Delegierte entfallen, vermehrt sich die Zahl der Delegierten entsprechend.

$53 Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten (1) Steht fest, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen sind, so erlässt der Betriebswahlvorstand ein Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten. Es muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum seines Erlasses; 2. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen sind; 3. ob der Betriebswahlvorstand nach $ 51 beschlossen hat, dass die zu wählenden Delegierten auch an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer anderer Unternehmen teilnehmen sollen; die anderen Unternehmen sind anzugeben; 4. dass an der Wahl und an Abstimmungen nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind; 5. dass die Delegierten von allen Wahlberechtigten gewählt werden; 6. die Zahl der zu wählenden Delegierten, getrennt nach Deiegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und Delegierten der leitenden Angestellten; 7. dass Wahlvorschläge für die Wahl der Delegierten innerhalb von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingereicht werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 8. die Mindestzahl der wahlberechtigten in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, von denen ein Wahlvorschlag für Delegierte der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer unterzeichnet sein muss; 9. die Mindestzahl der wahlberechtigten leitenden Angestellten, von denen ein Wahlvorschlag für Delegierte der leitenden Angestellten unterzeichnet sein muss; 579

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10. dass die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber in jedem Wahlvorschlag mindestens doppelt so hoch sein soll wie die Zahl der in dem Wahlgang zu wählenden Delegierten; 11. dass die Stimmabgabe an Wahlvorschläge gebunden ist und dass nur solche Wahlvorschläge berücksichtigt werden dürfen, die fristgerecht beim Betriebswahlvorstand eingereicht sind; 12. dass, wenn für einen Wahlgang nur ein gültiger Wahlvorschlag eingereicht wird, so viele der darin aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber in der angegebenen Reihenfolge als gewählt gelten, wie in dem Wahlgang Delegierte zu wählen sind; 13. wo und wie die Wahlberechtigten von den Wahlvorschlägen Kenntnis erlangen können; 14. Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe für die Wahl der Delegierten; 15. den Ort und die Zeit der öffentlichen Stimmauszählung; 16. den Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe sowie die Betriebsteile und Kleinstbetriebe, für die schriftliche Stimmabgabe nach § 63 Abs. 3 Nr. 1 beschlossen ist und ob die schriftliche Stimmabgabe nach § 63 Abs. 3 Nr. 2 beschlossen worden ist; 17. dass Einsprüche, Anträge, Wahlvorschläge für die Wahl der Delegierten und sonstige Erklärungen gegenüber dem Betriebswahlvorstand abzugeben sind; 18. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. Für die Bekanntmachung des Wahlausschreibens ist $ 24 Abs. 3 und 4 entsprechend anzuwenden. (2) Wahlgang im Sinne dieses Abschnitts ist 1. die Wahl der Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, 2. die Wahl der Delegierten der leitenden Angestellten. Unterabschnitt 3 Wahl vorschläge für Delegierte §54 Einreichung von Wahlvorschlägen (1) Zur Wahl der Delegierten können die Wahlberechtigten Wahlvorschläge machen. Jeder Wahlvorschlag für Delegierte 1. der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer muss von einem Zehntel oder 100 der wahlberechtigten in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, 2. der leitenden Angestellten muss von einem Zehntel oder 100 der wahlberechtigten leitenden Angestellten unterzeichnet sein. Die Wahlvorschläge sind innerhalb von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens für die Wahl der Delegierten beim Betriebswahlvorstand schriftlich einzureichen. Die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber

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Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

in jedem Wahlvorschlag soll mindestens doppelt so hoch sein wie die Zahl der in dem Wahlgang zu wählenden Delegierten. (2) In jedem Wahlvorschlag sind die Bewerberinnen und Bewerber in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung aufzuführen. Die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen und Bewerber zur Aufnahme in den Wahlvorschlag und ihre schriftliche Versicherung, dass sie im Fall ihrer Wahl die Wahl annehmen werden, sind beizufügen. (3) Für jeden Wahlvorschlag soll eine oder einer der Unterzeichnenden als Vorschlagsvertreter bezeichnet werden. Dieser ist berechtigt und verpflichtet, dem Betriebswahlvorstand die zur Beseitigung von Beanstandungen erforderlichen Erklärungen abzugeben sowie Erklärungen und Entscheidungen des Betriebswahlvorstands entgegenzunehmen. Ist kein Vorschlagsvertreter ausdrücklich bestimmt worden, so wird die oder der an erster Stelle Unterzeichnende als Vorschlagsvertreter angesehen. (4) Die Unterschrift eines Wahlberechtigten zählt nur auf einem Wahlvorschlag. Hat ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet, so hat er auf Aufforderung des Betriebswahlvorstands innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens jedoch innerhalb von drei Arbeitstagen, zu erklären, welche Unterschrift er aufrechterhält. Unterbleibt die fristgerechte Erklärung, so wird sein Name auf dem zuerst eingereichten Wahlvorschlag gezählt und auf den übrigen Wahlvorschlägen gestrichen; sind mehrere Wahlvorschläge, die von demselben Wahlberechtigten unterzeichnet sind, gleichzeitig eingereicht worden, so entscheidet das Los darüber, auf welchem Wahlvorschlag die Unterschrift gilt. (5) Eine Bewerberin oder ein Bewerber kann nur auf einem Wahlvorschlag vorgeschlagen werden. Ist der Name dieser Person mit ihrer schriftlichen Zustimmung (Absatz 2 Satz 2) auf mehreren Wahlvorschlägen aufgeführt, so hat sie auf Aufforderung des Betriebswahlvorstands innernalb von drei Arbeitstagen zu erklären, welche Bewerbung sie aufrechterhält. Unterbleibt die fristgerechte Erklärung, so ist die Bewerberin oder der Bewerber auf sämtlichen Wahlvorschlägen zu streichen. §55 Prüfung der Wahlvorschläge (1) Der Betriebswahl vorstand bestätigt dem Vorschlags Vertreter schriftlich den Zeitpunkt der Einreichung des Wahlvorschlags. (2) Der Betriebswahlvorstand bezeichnet den Wahlvorschlag, wenn er nicht mit einem Kennwort versehen ist, mit Familienname und Vorname der an erster Stelle benannten Bewerberin oder des an erster Stelle benannten Bewerbers. Er hat unverzüglich den Wahlvorschlag zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung den Vorschlagsvertreter schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten.

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Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

§ 56 Ungültige Wahlvorschläge (1) Ungültig sind Wahlvorschläge, 1. die nicht fristgerecht eingereicht worden sind, 2. auf denen die Bewerberinnen und Bewerber nicht in erkennbarer Reihenfolge aufgeführt sind, 3. die bei der Einreichung nicht die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweisen. (2) Wahlvorschläge, 1. in denen die Bewerberinnen und Bewerber nicht in der in § 54 Abs. 2 Satz 1 bestimmten Weise bezeichnet sind, 2. denen die schriftliche Zustimmung und Versicherung der Bewerberinnen und Bewerber nach § 54 Abs. 2 Satz 2 nicht beigefügt sind, 3. die infolge von Streichungen gemäß $ 54 Abs. 4 nicht mehr die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweisen, sind ungültig, wenn der Betriebswahlvorstand sie beanstandet hat und die Mängel nicht innerhalb von drei Arbeitstagen seit der Beanstandung beseitigt worden sind. §57 Nachfrist für Wahlvorschläge (1) Ist nach Ablauf der für die Einreichung von Wahlvorschlägen bestimmten Frist für einen Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so erlässt der Betriebswahlvorstand unverzüglich eine Bekanntmachung und setzt eine Nachfrist von einer Woche für die Einreichung von Wahlvorschlägen fest. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum ihres Erlasses; 2. dass für den Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht worden ist; 3. dass Wahlvorschläge innerhalb einer Nachfrist von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingereicht werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben. (2) Wird bis zum Ablauf der Nachfrist für einen Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so macht der Betriebswahlvorstand unverzüglich bekannt, dass der Wahlgang nicht stattfindet. (3) Für Bekanntmachungen nach den Absätzen 1 und 2 ist § 24 Abs. 3 und 4 anzuwenden. §58 Bekanntmachung der Wahlvorschläge (1) Sind für einen Wahlgang mehrere Wahlvorschläge eingereicht, so ermittelt der Betriebswahlvorstand durch das Los nach Ablauf der in § 54 Abs. 1 Satz 3, § 56 Abs. 2 und § 57 Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Fristen die Reihenfolge der Ordnungsnummern, die den eingereichten Wahlvorschlägen zugeteilt werden (Wahlvorschlag 1 , 2 usw.). Die Vorschlagsvertreter sind zu der Losentscheidung rechtzeitig einzuladen.

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Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

(2) Spätestens zwei Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe macht der Betriebswahlvorstand die gültigen Wahlvorschläge, nach Wahlgängen getrennt, in gleicher Weise bekannt wie das Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten. Liegt für einen Wahlgang nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so weist der Betriebswahlvorstand in der Bekanntmachung darauf hin, dass so viele der darin aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber in der angegebenen Reihenfolge als gewählt gelten, wie in dem Wahlgang Delegierte zu wählen sind.

Unterabschnitt 4 Wahl von Delegierten in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge §59

Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Liegen für einen Wahlgang mehrere gültige Wahlvorschläge vor, so kann die Wählerin ihre und der Wähler seine Stimme nur für einen dieser Wahlvorschläge abgeben. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). (2) Der Betriebswahlvorstand hat die Wahlvorschläge auf den Stimmzetteln nach der Reihenfolge der Ordnungsnummern sowie unter Angabe der an erster und zweiter Stelle benannten Bewerberinnen und Bewerber mit Familienname; Vorname und Art der Beschäftigung untereinander aufzuführen; bei Wahlvorschlägen, die mit einem Kennwort versehen sind, ist auch das Kennwort anzugeben. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, dass nur ein Wahlvorschlag angekreuzt werden kann. Die Stimmzettel, die für denselben Wahlgang Verwendung finden, müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. Die Stimmzettel und Wahlumschläge, die für einen Wahlgang Verwendung finden, müssen sich von den für die anderen Wahlgänge vorgesehenen Stimmzetteln und Wahlumschlägen in der Farbe unterscheiden. (3) Die Wählerin kennzeichnet die von ihr und der Wähler den von ihm gewählten Wahlvorschlag durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Für den Wahlvorgang sind die §§ 16 und 17 entsprechend anzuwenden; die Stimmabgabe ist in der Wählerliste für jeden Wahlgang gesondert zu vermerken. (4) Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr als ein Wahlvorschlag angekreuzt ist, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten.

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Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

$60 Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Betriebswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die auf jeden Wahlvorschlag entfallenden Stimmen zusammen. (3) Bei der Auszählung ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. (4) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt § 20 Abs. 4 entsprechend. §61 Ermittlung der Gewählten (1) Die in dem Wahlgang den einzelnen Wahlvorschlägen zugefallenen Stimmenzahlen werden in einer Reihe nebeneinander gestellt und sämtlich durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie in dem Wahlgang Delegierte zu wählen sind. Jeder Wahlvorschlag erhält so viele Sitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf ihn entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf mehrere Wahlvorschläge zugleich entfällt, so entscheidet das Los darüber, welchem Wahlvorschlag dieser Sitz zufällt. (2) Wenn ein Wahlvorschlag insgesamt weniger Bewerberinnen und Bewerber enthält, als Höchstzahlen auf ihn entfallen, so gehen die überschüssigen Sitze auf die folgenden Höchstzahlen der anderen Wahlvorschläge desselben Wahlgangs über. (3) Die Reihenfolge der Bewerberinnen und Bewerber innerhalb der einzelnen Wahlvorschläge bestimmt sich nach der Reihenfolge ihrer Benennung. Unterabschnitt 5 Ermittlung von Delegierten bei Vorliegen nur eines Wahlvorschlags für einen Wahlgang §62 Ermittlung von Delegierten bei Vorliegen nur eines Wahlvorschlags für einen Wahlgang (1) Liegt für einen Wahlgang nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so gelten so viele der darin aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber in der im Wahlvorschlag angegebenen Reihenfolge als gewählt, wie Delegierte in dem Wahlgang zu wählen sind. (2) Der Betriebswahlvorstand stellt unverzüglich nach Abschluss der Wahl der Delegierten fest, welche Delegierte nach Absatz 1 als gewählt gelten.

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Erste Wahlordnung z u m M i t b e s t i m m u n g s g e s e t z

Unterabschnitt 6 Schriftliche Stimmabgabe $63

Voraussetzungen (1) Einem Wahlberechtigten, der im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert ist, seine Stimme persönlich abzugeben, hat der Betriebswahlvorstand auf sein Verlangen 1. das Wahlausschreiben, 2. für jedem Wahlgang, an dem er teilzunehmen berechtigt ist, gesondert a) die Wahlvorschläge, b) den Stimmzettel und den Wahlumschlag, 3. eine vorgedruckte, von der Wählerin oder dem Wähler abzugebende Erklärung, in der gegenüber dem Betriebswahlvorstand zu versichern ist, dass der Stimmzettel persönlich gekennzeichnet worden ist, sowie 4 . einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Betriebswahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift des Wahlberechtigten sowie den Vermerk „schriftliche Stimmabgabe" trägt, auszuhändigen oder zu übersenden. Der Betriebswahlvorstand soll dem Wahlberechtigten ferner ein Merkblatt über die Art und Weise der schriftlichen Stimmabgabe (§ 6 4 Abs. 1) aushändigen oder übersenden. Der Betriebswahlvorstand vermerkt die Aushändigung oder die Übersendung der Unterlagen für jeden Wahlgang gesondert in der Wählerliste. (2) Wahlberechtigte, von denen dem Betriebswahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden (insbesondere im Außendienst, mit Telearbeit und in Heimarbeit Beschäftigte), erhalten die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen, ohne dass es eines Verlangens des Wahlberechtigten bedarf. (3) Der schließen

Betriebswahlvorstand

kann

die

schriftliche

Stimmabgabe

be-

1. für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, 2. für den Betrieb, wenn die Mehrheit der Wahlberechtigten zur schriftlichen Stimmabgabe nach Absatz 2 berechtigt ist und die verbleibende Minderheit nicht mehr als insgesamt 25 Wahlberechtigte ausmacht. Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

§64

Verfahren bei der Stimmabgabe (1) Die Stimmabgabe erfolgt in der Weise, dass die Wählerin oder der Wähler 1. die Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnet und in den zugehörigen Wahlumschlägen verschließt,

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Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

2. die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Orts und des Datums unterschreibt und 3. die Wahlumschläge und die unterschriebene vorgedruckte Erklärung in dem Freiumschlag verschließt und diesen Wahlbrief so rechtzeitig an den Betriebswahlvorstand absendet oder übergibt, dass er vor Abschluss der Stimmabgabe vorliegt. (2) Unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe öffnet der Betriebswahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Wahlbriefe und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt, so vermerkt der Betriebswahlvorstand die Stimmabgabe für jeden Wahlgang gesondert in der Wählerliste und legt die Wahlumschläge ungeöffnet in die Wahlurne. (3) Verspätet eingehende Wahlbriefe nimmt der Betriebswahlvorstand mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen. Die Wahlbriefe sind einen Monat nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten worden ist.

Unterabschnitt 7 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen $65

Wahlniederschrift Nachdem ermittelt ist, wer als Delegierter gewählt ist, stellt der Betriebswahlvorstand in einer Niederschrift für jeden Wahlgang gesondert fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen, die berechneten Höchstzahlen und ihre Verteilung auf die Wahl vorschläge; 7. den Wahlvorschlag, dessen Bewerberinnen und Bewerber als gewählt gelten ($62); 8. für jeden Wahlvorschlag gesondert die Namen und Anschriften a) der gewählten Delegierten, b) der Ersatzdelegierten in der Reihenfolge ihrer Benennung; 9. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse.

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Erste Wahlordnung z u m M i t b e s t i m m u n g s g e s e t z

§66 Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten (1) Der Betriebswahlvorstand macht das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten unverzüglich für die Dauer von zwei Wochen bekannt. (2) Gleichzeitig benachrichtigt der Betriebswahlvorstand die Gewählten schriftlich von ihrer Wahl. Haben die Delegierten nach $ 51 ein Mehrfachmandat, so ist dies in der Benachrichtigung anzugeben. Unterabschnitt 8 Ausnahme $67 Ausnahme Die Vorschriften der Unterabschnitte 1 bis 7 sind nicht anzuwenden, wenn nach den Vorschriften dieser Verordnung oder, unter den in $ 50 Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen, nach den Vorschriften der Dritten Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz Delegierte bereits gewählt sind, deren Amtszeit bei Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer noch nicht beendet ist (§13 des Gesetzes).

Abschnitt 2 Wahl der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r d u r c h die D e l e g i e r t e n Unterabschnitt 1 Delegiertenversammlung, Delegiertenliste $68 Delegiertenversammlung (1) Die Delegierten wählen die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einer Versammlung (Delegiertenversammlung). Sie wird vom Betriebswahlvorstand geleitet. (2) Der Betriebswahlvorstand bestimmt den Tag der Delegiertenversammlung. Sie soll spätestens vier Wochen nach der Wahl der Delegierten stattfinden. Sind in dem Unternehmen keine Delegierte zu wählen ($ 50), so soll die Delegiertenversammlung spätestens vier Wochen vor dem Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer stattfinden.

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Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

$69 Delegiertenliste (1) Der Betriebswahlvorstand stellt eine Liste der Delegierten (Delegiertenliste), getrennt nach Delegierten der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten auf. § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 ist entsprechend anzuwenden. (2) Hinter dem Namen jedes Delegierten ist zu vermerken, wie viele Stimmen er hat. (3) Die Einsichtnahme in die Delegiertenliste, das Gesetz und diese Verordnung ist in der Delegiertenversammlung bis zum Abschluss der Stimmabgabe zu ermöglichen. Die zur Einsichtnahme bestimmte Delegiertenliste soll die Geburtsdaten der Delegierten nicht enthalten. Die Einsichtnahme kann durch Auslegung und durch Einsatz der im Unternehmen vorhandenen Informationsund Kommunikationstechnik ermöglicht werden. §70 Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste (1) Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste können vor Beginn der Stimmabgabe beim Betriebswahlvorstand eingelegt werden. (2) Über Einsprüche nach Absatz 1 entscheidet der Betriebswahlvorstand unverzüglich. Ist ein Einspruch begründet, so berichtigt der Betriebswahlvorstand die Delegiertenliste. Der Betriebswahlvorstand teilt seine Entscheidung der Person, die den Einspruch eingelegt hat, unverzüglich mit. (3) Vor Beginn der Stimmabgabe soll der Betriebswahlvorstand die Delegiertenliste auf ihre Richtigkeit hin überprüfen. Im Übrigen kann die Delegiertenliste nur bei Schreibfehlern, offenbaren Unrichtigkeiten oder in Erledigung rechtzeitig eingelegter Einsprüche bis vor Beginn der Stimmabgabe berichtigt oder ergänzt werden. Unterabschnitt 2 Mitteilung an die Delegierten $71 Mitteilung an die Delegierten (1) Der Betriebswahlvorstand teilt jedem Delegierten spätestens zwei Wochen vor dem Tag der Delegiertenversammlung mit: 1. dass an der Wahl und an Abstimmungen nur Delegierte teilnehmen können, die in der Delegiertenliste eingetragen sind; 2. dass die Einsichtnahme in die Delegiertenliste, das Gesetz und diese Verordnung in der Delegiertenversammlung ermöglicht wird; 3. dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste vor Beginn der Stimmabgabe beim Betriebswahlvorstand eingelegt werden können; 4. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer von allen Delegierten gewählt werden;

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Erste Wahlordnung zum M i t b e s t i m m u n g s g e s e t z

5. wie viele Stimmen dem Delegierten zustehen; 6. dass die Stimmabgabe an Wahlvorschläge gebunden ist; 7. Ort, Tag und Zeit der Delegiertenversammlung und der öffentlichen Stimmauszählung; 8. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. Die Mitteilung erfolgt schriftlich gegen Empfangsbekenntnis oder durch eingeschriebenen Brief. (2) Der Betriebswahlvorstand übersendet Kopien der Mitteilung nach Absatz 1 dem Unternehmen und den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. (3) Stellt der Betriebswahlvorstand fest, dass die Amtszeit eines Delegierten 1. durch Niederlegung des Amtes, 2. durch Beendigung der Beschäftigung des Delegierten in dem Betrieb, 3. durch Verlust der Wählbarkeit vorzeitig beendet (§ 14 Abs. 1 des Gesetzes) oder dass er verhindert {% 14 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes) ist, so verständigt er den Ersatzdelegierten (§ 14 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes) in gleicher Weise wie die Delegierten. (4) Stellt ein Delegierter fest, dass er verhindert ist, so teilt er dies dem Betriebswahlvorstand mit. Unterabschnitt 3 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge $72

Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Sind in einem Wahlgang mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen und liegen für diesen Wahlgang mehrere gültige Wahlvorschläge vor, so kann der Delegierte seine Stimme nur für einen dieser Wahlvorschläge abgeben. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). Hat ein Delegierter mehrere Stimmen, so gibt er für jede Stimme einen Stimmzettel in einem Wahlumschlag ab. Der Begriff des Wahlgangs im Sinne dieses Abschnitts bestimmt sich nach § 25 Abs. 4. (2) Der Betriebswahlvorstand hat die Wahlvorschläge auf den Stimmzetteln nach der Reihenfolge der Ordnungsnummern sowie unter Angabe der an erster und zweiter Stelle benannten Bewerberinnen und Bewerber mit Familienname, Vorname und Art der Beschäftigung untereinander aufzuführen; bei Wahlvorschlägen, die mit einem Kennwort versehen sind, ist auch das Kennwort anzugeben. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, dass der Delegierte nur einen Wahlvorschlag ankreuzen kann. Die Stimmzettel, die für denselben Wahlgang Verwendung finden, müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. Die Stimmzettel und Wahlumschläge, die für einen Wahlgang Verwendung finden, müssen sich von den für die anderen Wahlgänge vorgesehenen Stimmzetteln und Wahlumschlägen in der Farbe unterscheiden.

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Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

(3) Der Delegierte kennzeichnet den von ihm gewählten Wahlvorschlag durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Für den Wahlvorgang sind die §§ 16 und 17 entsprechend anzuwenden; die Stimmabgabe ist in der Delegiertenliste für jeden Wahlgang und für jede Stimme gesondert zu vermerken. (4) Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr als ein Wahlvorschlag angekreuzt ist, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. §73 Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Betriebswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die auf jeden Wahlvorschlag entfallenden Stimmen zusammen. (3) Bei der Auszählung ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. (4) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt $ 20 Abs. 4 entsprechend. §74 Ermittlung der Gewählten (1) Die in dem Wahlgang den einzelnen Wahlvorschlägen zugefallenen Stimmenzahlen werden in einer Reihe nebeneinander gestellt und sämtlich durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind. Jeder Wahlvorschlag erhält so viele Sitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf ihn entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf mehrere Wahlvorschläge zugleich entfällt, so entscheidet das Los darüber, welchem Wahlvorschlag dieser Sitz zufällt. (2) Wenn ein Wahlvorschlag insgesamt weniger Bewerberinnen und Bewerber enthält, als Höchstzahlen auf ihn entfallen, so gehen die überschüssigen Sitze auf die folgenden Höchstzahlen der anderen Wahlvorschläge desselben Wahlgangs über. (3) Die Reihenfolge der Bewerberinnen und Bewerber innerhalb der einzelnen Wahlvorschläge bestimmt sich nach der Reihenfolge ihrer Benennung.

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Erste Wahlordnung z u m Mitbestimmungsgesetz

(4) Mit der Wahl einer Bewerberin oder eines Bewerbers ist das in dem Wahlvorschlag neben der gewählten Bewerberin oder dem gewählten Bewerber aufgeführte Ersatzmitglied des Aufsichtsrats gewählt.

Unterabschnitt 4 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund nur eines Wahl vorschlags §75

Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Sind in einem Wahlgang mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen und liegt für diesen Wahlgang nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so kann der Delegierte seine Stimme nur für die in dem Wahlvorschlag aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber abgeben. Eine gesonderte Stimmabgabe für ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats ist nicht zulässig. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). Hat ein Delegierter mehrere Stimmen, so gibt er für jede Stimme einen Stimmzettel in einem Wahlumschlag ab. (2) Der Betriebswahlvorstand hat die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname und Art der Beschäftigung untereinander in der Reihenfolge aufzuführen, in der sie in dem Wahlvorschlag benannt sind. Das für eine Bewerberin oder für einen Bewerber vorgeschlagene Ersatzmitglied ist auf dem Stimmzettel neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen; Satz 1 ist entsprechend anzuwenden. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, wie viele Bewerberinnen und Bewerber der Delegierte ankreuzen kann. § 7 2 Abs. 2 Satz 3 und 4 ist anzuwenden. (3) Der Delegierte kennzeichnet die von ihm Gewählten durch Ankreuzen an den im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stellen. Er darf nicht mehr Bewerberinnen und Bewerber ankreuzen, als Aufsichtsratsmitglieder in dem Wahlgang zu wählen sind. § 7 2 Abs. 3 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. (4) Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr Bewerberinnen und Bewerber angekreuzt sind, als in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4 . die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. 5 76

Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Betriebswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die

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Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

auf jede Bewerberin oder jeden Bewerber entfallenden Stimmen zusammen. $ 73 Abs. 3 ist anzuwenden. Ist auf einem Stimmzettel ein Bewerber mehrfach angekreuzt, so zählt dies als eine Stimme. (3) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt $ 20 Abs. 4 entsprechend.

§77 Ermittlung der Gewählten Gewählt sind so viele Bewerberinnen und Bewerber, wie in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind, nach der Reihenfolge der auf sie entfallenden Stimmenzahlen. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. § 74 Abs. 4 ist anzuwenden.

Unterabschnitt 5 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang §78 W a h l n u r eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem W a h l g a n g (1) Ist in einem Wahlgang nur ein Aufsichtsratsmitglied der Arbeitnehmer zu wählen, so kann der Delegierte seine Stimme nur für eine der vorgeschlagenen Bewerberinnen oder einen der vorgeschlagenen Bewerber abgeben. § 75 Abs. 1 Satz 2 bis 4 ist anzuwenden. (2) Liegt nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so hat der Betriebswahlvorstand die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname und Art der Beschäftigung untereinander in der Reihenfolge aufzuführen, in der sie in dem Wahlvorschlag benannt sind. Liegen mehrere gültige Wahlvorschläge vor, so hat der Betriebswahlvorstand die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung und Kennwort des Wahlvorschlags untereinander in alphabetischer Reihenfolge aufzuführen. § 75 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist anzuwenden. (3) Der Delegierte kennzeichnet die von ihm gewählte Bewerberin oder den von ihm gewählten Bewerber durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Er darf nicht mehr als eine Bewerberin oder einen Bewerber ankreuzen. $ 71 Abs. 3 Satz 2, § 75 Abs. 4 und die §§ 76 und 77 sind anzuwenden.

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Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Unterabschnitt 6 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen $79

Wahlniederschrift Nachdem ermittelt ist, wer gewählt ist, stellt der Betriebswahlvorstand in einer Niederschrift für jeden Wahlgang gesondert fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. bei Verhältniswahl die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen, die berechneten Höchstzahlen und ihre Verteilung auf die Wahlvorschläge; 7. bei Mehrheitswahl die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen; 8. die Namen der gewählten Aufsichtsratsmitglieder; 9. die Namen der für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder gewählten Ersatzmitglieder; 10. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. §80

Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten (1) Der Betriebswahlvorstand gibt das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten in der Delegiertenversammlung bekannt. Er macht das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten unverzüglich für die Dauer von zwei Wochen im Betrieb bekannt. (2) Gleichzeitig benachrichtigt der Betriebswahlvorstand die Gewählten schriftlich von ihrer Wahl und übermittelt die Bekanntmachung nach Absatz 1 dem Unternehmen und den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. $81

Aufbewahrung der Wahlakten Der Betriebswahlvorstand übergibt die Wahlakten dem Unternehmen. Das Unternehmen bewahrt die Wahlakten mindestens für die Dauer von fünf Jahren auf.

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Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Teil 2 A b b e r u f u n g von A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r n der A r b e i t n e h m e r Kapitel 1 Gemeinsame Vorschriften §82

Einleitung des Abberufungsverfahrens (1) Ein Antrag auf Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer nach § 23 Abs. 1 des Gesetzes ist schriftlich beim Betriebsrat einzureichen. (2) Unverzüglich nach Eingang eines Antrags auf Abberufung wird der Betriebswahlvorstand gebildet, es sei denn, der Antrag entspricht offensichtlich nicht den in § 23 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes bezeichneten Erfordernissen. (3) Für die Aufgaben, die Bildung, die Zusammensetzung und die Geschäftsführung des Betriebswahlvorstands sind die §§ 3 bis 7 entsprechend anzuwenden; die Mitteilung nach $ 6 muss auch den Inhalt des Antrags auf Abberufung enthalten. Das Unternehmen hat dem Betriebswahlvorstand die bei der Wahl des Aufsichtsratsmitglieds, dessen Abberufung beantragt wird, entstandenen Wahlakten zu übergeben. §83

Liste der antragsberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Wird die Abberufung eines unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer beantragt, so wird unverzüglich nach der Bildung des Betriebswahlvorstands eine Liste der Wahlberechtigten aufgestellt, die nach § 23 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes für die Abberufung dieses Aufsichtsratsmitglieds antragsberechtigt sind. Die §§ 8 bis 11 sind entsprechend anzuwenden; die Bekanntmachung nach § 9 Abs. 2 und 3 muss auch den Inhalt des Antrags auf Abberufung enthalten. §84

Prüfung des Antrags auf Abberufung (1) Der Betriebswahlvorstand prüft unverzüglich nach Ablauf der in § 83 Satz 2, § 10 Abs. 1 bestimmten Frist die Gültigkeit des Antrags auf Abberufung. Ist nach § 83 Satz 2, § 10 Abs. 1 die Änderung der Liste der antragsberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verlangt worden, so prüft der Betriebswahlvorstand die Gültigkeit des Antrags unverzüglich nach Ablauf der in § 83 Satz 2, § 10 Abs. 2 Satz 2 bestimmten Frist. (2) Ist ein Antrag ungültig, so teilt der Betriebswahlvorstand dies dem Antragsvertreter oder, wenn ein solcher nicht benannt ist, der oder dem an erster Stelle Unterzeichnenden schriftlich mit. Der Betriebswahlvorstand macht die Mitteilung für die Dauer von zwei Wochen bekannt.

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§85 Anzuwendende Vorschriften (1) Liegt ein gültiger Antrag vor, so stellt der Betriebswahlvorstand fest, ob das Aufsichtsratsmitglied, dessen Abberufung beantragt ist, in unmittelbarer Wahl oder durch Delegierte gewählt worden ist. (2) Ist das Aufsichtsratsmitglied, dessen Abberufung beantragt ist, in unmittelbarer Wahl gewählt worden, so richtet sich das weitere Abberufungsverfahren nach den Vorschriften des Kapitels 2. (3) Ist das Aufsichtsratsmitglied, dessen Abberufung beantragt ist, durch Delegierte gewählt worden, so richtet sich das weitere Abberufungsverfahren nach den Vorschriften des Kapitels 3.

Kapitel 2 Abstimmung über die Abberufung eines in unmittelbarer Wahl gewählten Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer $86 Abberufungsausschreiben, Wählerliste (1) Der Betriebswahlvorstand erlässt unverzüglich ein Abberufungsausschreiben. Die Abstimmung soll innerhalb von vier Wochen seit Erlass des Abberufungsausschreibens stattfinden. (2) Das Abberufungsausschreiben muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum seines Erlasses; 2. den Inhalt des Antrags; 3. die Bezeichnung der antragstellenden Person; 4. die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die den Antrag unterzeichnet haben; 5. dass an der Abstimmung nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind; 6. dass der Beschluss über die Abberufung einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen bedarf; 7. Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe und der öffentlichen Stimmauszählung; 8. den Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe sowie die Betriebsteile und Kleinstbetriebe für die schriftliche Stimmabgabe nach § 87 Abs. 1 in Verbindung mit 5 18 Abs. 3 Nr. 1 beschlossen ist und ob die schriftliche Stimmabgabe nach $ 87 Abs. 1 in Verbindung mit $ 18 Abs. 3 Nr. 2 beschlossen worden ist; 9. wo und wie die Abstimmungsberechtigten von der Wählerliste, dem Gesetz und dieser Verordnung Einsicht nehmen können; 10. dass Einsprüche und sonstige Erklärungen gegenüber dem Betriebswahlvorstand abzugeben sind; 11. die Anschrift des Betriebs wähl Vorstands.

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Für die Bekanntmachung des Abberufungsausschreibens ist $ 24 Abs. 3 und 4 entsprechend anzuwenden. (3) Für die Abberufung wird unverzüglich eine Liste der Abstimmungsberechtigten des Betriebs (Wählerliste) aufgestellt. Die SS 8, 9 und 11 sind entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass abweichend von S 8 Abs. 1 Satz 1 eine Trennung der Wählerliste nicht erforderlich ist. $87 Abstimmung, Abstimmungsergebnis, Akten (1) Für die Abstimmung sind die $S 16 bis 21 anzuwenden. (2) Der Betriebswahlvorstand übermittelt das Abstimmungsergebnis schriftlich 1. dem Aufsichtsratsmitglied, über dessen Abberufung abgestimmt worden ist, 2. der Gewerkschaft, die einen Antrag auf Abberufung gestellt hat ($ 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Gesetzes), 3. dem Unternehmen und macht es für die Dauer von zwei Wochen in gleicher Weise wie das Abberufungsausschreiben bekannt. (3) Auf die im Zusammenhang mit einem Antrag auf Abberufung entstandenen Akten ist S 49 entsprechend anzuwenden.

Kapitel 3 Abstimmung über die Abberufung eines durch Delegierte gewählten Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer S 88 Delegiertenlisten Der Betriebswahlvorstand stellt für die Abberufung unverzüglich eine Liste der Delegierten (Delegiertenliste) auf. § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 3 und 5, $ 69 Abs. 2 und 3 und S 70 sind entsprechend anzuwenden. $89 Delegiertenversammlung, Mitteilung des Betriebswahlvorstands an die Delegierten (1) Die Delegierten stimmen über den Antrag auf Abberufung in einer Versammlung (Delegiertenversammlung) ab. Die Delegiertenversammlung soll innerhalb von sechs Wochen nach der Feststellung, dass ein gültiger Antrag auf Abberufung eines durch Delegierte gewählten Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer vorliegt, stattfinden. (2) Der Betriebswahlvorstand beruft die Delegierten schriftlich gegen Empfangsbekenntnis oder durch eingeschriebenen Brief zur Delegiertenversammlung

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Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

ein; § 71 Abs. 2 bis 4 ist entsprechend anzuwenden. Die Mitteilung nach Satz 1 soll den Delegierten spätestens zwei Wochen vor der Delegiertenversammlung übersandt werden. (3) Die Mitteilung muss folgende Angaben enthalten: 1. den Inhalt des Antrags; 2. die Bezeichnung der antragstellenden Person; 3. die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die den Antrag auf Abberufung unterzeichnet haben; 4. dass an der Abstimmung nur Delegierte teilnehmen können, die in der Delegiertenliste eingetragen sind; 5. dass die Einsichtnahme in die Delegiertenliste, das Gesetz und diese Verordnung in der Delegiertenversammlung ermöglicht wird; 6. dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste vor Beginn der Stimmabgabe beim Betriebswahlvorstand eingelegt werden können; 7. dass der Beschluss über die Abberufung einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen bedarf; 8. wie viele Stimmen dem Delegierten zustehen; 9. Ort, Tag und Zeit der Delegiertenversammlung und der öffentlichen Stimmauszählung; 10. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. $90 Abstimmung, Abstimmungsergebnis, Akten Für die Abstimmung, das Abstimmungsergebnis und die Aufbewahrung der Akten sind die $$ 1 5 , 1 6 , 1 7 , 20, 21 und 72 Abs. 1 Satz 3 und 4 sowie die $$ 73, 80 und 87 Abs. 2 und 3 entsprechend anzuwenden. Kapitel 4 Ersatzmitglieder $91 Ersatzmitglieder Für die Abberufung von Ersatzmitgliedern ($ 23 Abs. 4 des Gesetzes) sind die Vorschriften der Kapitel 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

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Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Teil 3 Übergangs- und

Schlussvorschriften §92

Erstmalige Anwendung des Gesetzes auf ein Unternehmen (1) Bei der erstmaligen Anwendung des Gesetzes auf ein Unternehmen hat das Unternehmen die in § 2 bezeichnete Bekanntmachung unverzüglich nach der in $ 97 Abs. 1 des Aktiengesetzes bezeichneten Bekanntmachung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats zu erlassen. (2) Der Betriebswahlvorstand wird unverzüglich nach der in § 2 bezeichneten Bekanntmachung gebildet. Unverzüglich nach der Bildung des Betriebswahlvorstands ist die Wählerliste aufzustellen; die §§ 8 bis 11 sind anzuwenden. (3) Abweichend von § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 soll der Betriebswahlvorstand die in den $$ 12, 24 und 28 bezeichneten Bekanntmachungen 15 Wochen vor dem voraussichtlichen Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer erlassen. §93 Berechnung von Fristen Für die Berechnung der in dieser Verordnung bestimmten Fristen sind die §§ 186 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Arbeitstage im Sinne dieser Verordnung sind die Wochentage Montag bis Freitag mit Ausnahme der gesetzlichen Feiertage. §94 Übergangsregelung Auf Wahlen oder Abberufungen, die vor dem 1. Juni 2002 eingeleitet worden sind, sind die Vorschriften der Ersten Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz vom 23. Juni 1977 (BGBl. I S. 861), geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 9. November 1990 (BGBl. I S. 2487), auch nach ihrem Außerkrafttreten nach Maßgabe des § 40 Abs. 2 des Mitbestimmungsgesetzes vom 4. Mai 1976 (BGBl. I S. 1153), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. März 2002 (BGBl. I S.l 130) geändert worden ist, anzuwenden. §95 Inkrafttreten, Außerkrafttreten Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Erste Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz vom 23. Juni 1977 (BGBl. I S. 861), geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 9. November 1990 (BGBl. IS. 2487), außer Kraft. Berlin, den 27. Mai 2002 Der B u n d e s k a n z l e r Gerhard Schröder Der B u n d e s m i n i s t e r für A r b e i t und S o z i a l e s Walter Riester

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Zweite Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz (2. WOMitbestG) Vom 27. Mai 2002 Auf Grund des § 39 des Mitbestimmungsgesetzes vom 4. Mai 1976 (BGBl. I S. 1153) verordnet die Bundesregierung: Inhaltsübersicht § 1 Geltungsbereich Teil 1 Wahl der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r Kapitel 1 Einleitung der Wahl, Abstimmung über die Art der Wahl, Wahlvorschläge Abschnitt 1 E i n l e i t u n g der Wahl $ 2 Bekanntmachung des Unternehmens $ 3 Wahlvorstände § 4 Zusammensetzung des Unternehmenswahlvorstands $ 5 Zusammensetzung des Betriebswahlvorstands § 6 Mitteilungspflicht § 7 Geschäftsführung der Wahlvorstände § 8 Wählerliste § 9 Bekanntmachung über die Bildung der Wahlvorstände und die Wählerliste § 10 Änderungsverlangen $ 11 Übersendung der Wählerliste § 12 Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste

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Zweite Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Abschnitt 2 A b s t i m m u n g ü b e r die Art der W a h l § 1 3 Bekanntmachung § 14 Antrag auf Abstimmung § 1 5 Abstimmungsausschreiben § 1 6 Stimmabgabe § 17 Abstimmungsvorgang § 18 Einsatz von Wahlgeräten § 19 Voraussetzungen der schriftlichen Stimmabgabe § 20 Verfahren bei der schriftlichen Stimmabgabe § 21 Öffentliche Stimmauszählung § 22 Abstimmungsniederschrift des Betriebswahlvorstands § 23 Feststellung des Abstimmungsergebnisses, Abstimmungsniederschrift des Unternehmenswahlvorstands § 24 Bekanntmachung des Abstimmungsergebnisses

Abschnitt 3 V e r t e i l u n g der S i t z e , W a h l v o r s c h l ä g e Unterabschnitt 1 Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer § 25 Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Unterabschnitt 2 Wahlvorschläge § 26 Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen § 27 Wahlvorschläge der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer § 28 Wahlvorschläge der Gewerkschaften § 29 Wahlvorschläge für Ersatzmitglieder Unterabschnitt 3 Zusätzliche Vorschriften für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten § 3 0 Bekanntmachung über die Abstimmung für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten § 31 Abstimmungsvorschläge der leitenden Angestellten § 32 Abstimmung der leitenden Angestellten § 33 Abstimmungsniederschrift

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Zweite Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Unterabschnitt 4 Prüfung und Bekanntmachung der Wahlvorschläge $ 34 $ 35 $36 $ 37

Prüfung der Wahlvorschläge Ungültige Wahlvorschläge Nachfrist für Wahlvorschläge Bekanntmachung der Wahlvorschläge Abschnitt 4 Anzuwendende Vorschriften

$ 38 Anzuwendende Vorschriften

Kapitel 2 Unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 1 Wahlausschreiben $ 39 Wahlausschreiben Abschnitt 2 D u r c h f ü h r u n g der Wahl Unterabschnitt 1 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge $ 40 § 41 $ 42 $43

Stimmabgabe, Wahlvorgang Öffentliche Stimmauszählung Wahlniederschrift des Betriebswahlvorstands Ermittlung der Gewählten Unterabschnitt 2 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund nur eines Wahl vorschlags

$ 44 $ 45 $ 46 $ 47

Stimmabgabe, Wahlvorgang Öffentliche Stimmauszählung Wahlniederschrift des Betriebswahlvorstands Ermittlung der Gewählten

Unterabschnitt 3 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang $ 48 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang

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Zweite Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Unterabschnitt 4 Schriftliche Stimmabgabe $ 49 Voraussetzungen $ 50 Verfahren bei der Stimmabgabe Unterabschnitt 5 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen $ 51 Wahlniederschrift $ 52 Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten $ 5 3 Aufbewahrung der Wahlakten Kapitel 3 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte Abschnitt 1 Wahl der D e l e g i e r t e n Unterabschnitt 1 Delegierte mit Mehrfachmandat 5 54 Keine Wahl von Delegierten nach diesem Unterabschnitt, wenn in dem Unternehmen für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern anderer Unternehmen Delegierte mit Mehrfachmandat gewählt werden $ 5 5 Delegierte, die zugleich für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern anderer Unternehmen gewählt werden Unterabschnitt 2 Einleitung der Wahl $ 56 Errechnung der Zahl der Delegierten § 57 Zuordnung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu anderen Betrieben $ 58 Mitteilungen des Unternehmenswahlvorstands $ 59 Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten Unterabschnitt 3 Wahlvorschläge für Delegierte $ 60 Einreichung von Wahlvorschlägen $ 61 Prüfung der Wahlvorschläge $ 62 Ungültige Wahlvorschläge $ 63 Nachfrist für Wahlvorschläge $ 64 Bekanntmachung der Wahl vorschläge

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Unterabschnitt 4 Wahl von Delegierten in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahl vorschläge § 65 Stimmabgabe, Wahlvorgang § 66 Öffentliche Stimmauszählung § 67 Ermittlung der Gewählten Unterabschnitt 5 Ermittlung von Delegierten bei Vorliegen nur eines Wahlvorschlags für einen Wahlgang § 68 Ermittlung von Delegierten bei Vorliegen nur eines Wahlvorschlags für einen Wahlgang Unterabschnitt 6 Schriftliche Stimmabgabe § 6 9 Voraussetzungen § 70 Verfahren bei der Stimmabgabe Unterabschnitt 7 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen § 7 1 Wahlniederschrift § 72 Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten Unterabschnitt 8 Ausnahme § 73 Ausnahme Abschnitt 2 Wahl der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r d u r c h die D e l e g i e r t e n Unterabschnitt 1 Delegiertenversammlung, Delegiertenliste § 74 Delegiertenversammlung § 75 Delegiertenliste § 76 Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste Unterabschnitt 2 Mitteilung an die Delegierten § 77 Mitteilung an die Delegierten

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Zweite Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Unterabschnitt 3 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge §78 Stimmabgabe, Wahlvorgang § 79 Öffentliche Stimmauszählung S 80 Ermittlung der Gewählten Unterabschnitt 4 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund nur eines Wahlvorschlags § 8 1 Stimmabgabe, Wahlvorgang § 82 Öffentliche Stimmauszählung $ 83 Ermittlung der Gewählten Unterabschnitt 5 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang § 84 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang Unterabschnitt 6 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen §85 Wahlniederschrift $ 86 Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten § 87 Aufbewahrung der Wahlakten Teil 2 Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern der A r b e i t n e h m e r Kapitel 1 Gemeinsame Vorschriften § § § §

88 89 90 91

Einleitung des Abberufungsverfahrens Liste der antragsberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Prüfung des Antrags auf Abberufung Anzuwendende Vorschriften Kapitel 2 Abstimmung über die Abberufung eines in unmittelbarer Wahl gewählten Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer

§ 92 Abberufungsausschreiben, Wählerliste 5 93 Abstimmung, Abstimmungsergebnis, Akten 604

Zweite Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Kapitel 3 Abstimmung über die Abberufung eines durch Delegierte gewählten Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer $ 9 4 Delegiertenliste § 95 Delegiertenversammlung, Mitteilung des Unternehmenswahlvorstands an die Delegierten § 96 Abstimmung, Abstimmungsergebnis, Akten Kapitel 4 Ersatzmitglieder $ 97 Ersatzmitglieder

Teil 3 B e s o n d e r e V o r s c h r i f t e n für die Wahl u n d die A b b e r u f u n g der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r bei T e i l n a h m e von A r b e i t n e h m e r i n n e n und A r b e i t n e h m e r n eines Seebetriebs Kapitel 1 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 1 E i n l e i t u n g d e r W a h l , A b s t i m m u n g ü b e r die Art der W a h l , Wahlvorschläge § 98 Einleitung der Wahl § 99 Abstimmung über die Art der Wahl § 100 Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen S 101 Zusätzliche Vorschriften für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten Abschnitt 2 U n m i t t e l b a r e Wahl der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r § 102 Wahlausschreiben im Seebetrieb § 103 Stimmabgabe bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 3 W a h l der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r durch Delegierte § § § $

104 105 106 107

Wahl der Delegierten Wahlausschreiben im Seebetrieb Stimmabgabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs Wahlniederschrift

605

Zweite Wahlordnung z u m M i t b e s t i m m u n g s g e s e t z

Kapitel 2 Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 1 Gemeinsame Vorschrift § 108 Gemeinsame Vorschrift Abschnitt 2 A b s t i m m u n g ü b e r die A b b e r u f u n g e i n e s in u n m i t t e l b a r e r Wahl g e w ä h l t e n A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d s der A r b e i t n e h m e r § 109 Abberufungsausschreiben für den Seebetrieb, Wählerliste § 1 1 0 Stimmabgabe Abschnitt 3 A b s t i m m u n g ü b e r die A b b e r u f u n g e i n e s d u r c h D e l e g i e r t e g e w ä h l t e n A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d s der A r b e i t n e h m e r $ 111 Unmittelbare Abstimmung, Wählerliste, Mitteilung an die Delegierten $ 1 1 2 Abberufungsausschreiben im Seebetrieb $ 1 1 3 Abstimmung, Mitteilung des Abstimmungsergebnisses Teil 4 Übergangs- und Schlussvorschriften § 114 §115 §116 §117

Erstmalige Anwendung des Gesetzes auf ein Unternehmen Berechnung von Fristen Übergangsregelung, Inkrafttreten, Außerkrafttreten

$1 Geltungsbereich (1) Besteht ein Unternehmen, in dem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach $ 1 Abs. 1 des Gesetzes ein Mitbestimmungsrecht haben, aus mehreren Betrieben, so bestimmen sich die Wahl und die Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer dieses Unternehmens nach den Vorschriften dieser Verordnung. Nehmen an der Wahl oder an der Abberufung nach § 4 oder § 5 des Gesetzes auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anderer Unternehmen teil, so bestimmt sie sich nach den Vorschriften der Dritten Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz. (2) Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer bestimmt sich nach den Vorschriften des Teils 1. (3) Die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer bestimmt sich nach den Vorschriften des Teils 2.

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(4) Nehmen an der Wahl oder an der Abberufung auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines in § 34 Abs. 1 des Gesetzes bezeichneten Betriebs (Seebetrieb) teil, so sind außerdem die Vorschriften des Teils 3 anzuwenden.

Teil 1 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der A r b e i t n e h m e r Kapitel 1 Einleitung der Wahl, Abstimmung über die Art der Wahl, Wahlvorschläge Abschnitt 1 E i n l e i t u n g der Wahl S2 Bekanntmachung des Unternehmens (1) Das Unternehmen macht spätestens 23 Wochen vor dem voraussichtlichen Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer bekannt, dass Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen sind. In der Bekanntmachung ist ferner anzugeben: 1. der voraussichtliche Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer; 2. die Zahl der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer; 3. die Anschriften der Betriebe des Unternehmens. Die Angabe der Anschriften der Betriebe des Unternehmens kann entfallen, soweit die Anschriften im Fall des Absatzes 1 Satz 3 bereits bekannt gemacht worden sind; 4. die Zahl der in dem Unternehmen in der Regel beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Nehmen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Unternehmens auch an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern anderer Unternehmen teil (§§ 54, 55) und beginnt die Amtszeit dieser Aufsichtsratsmitglieder nicht mehr als zwölf Monate vor oder nach dem Beginn der Amtszeit der nach dieser Verordnung zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder, so ist auch dies in der Bekanntmachung anzugeben. (2) Die Bekanntmachung kann durch Aushang an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen in den Betrieben des Unternehmens und durch Einsatz der im Unternehmen vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik erfolgen. Der Einsatz der Informationsund Kommunikationstechnik ist nur zulässig, wenn der Adressatenkreis dieser Bekanntmachungsform von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen kann und Vorkehrungen getroffen sind, damit nur das Unternehmen Änderungen der Bekanntmachung vornehmen kann. (3) Gleichzeitig mit der Bekanntmachung in den Betrieben übersendet das Unternehmen eine Kopie der Bekanntmachung

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1. dem Gesamtbetriebsrat und dem Gesamtsprecherausschuss (Unternehmenssprecherausschuss), 2. den Betriebsräten und Sprecherausschüssen, 3. den in dem Unternehmen vertretenen Gewerkschaften, 4. den nach $ 1 1 7 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes durch Tarifvertrag errichteten Vertretungen für im Flugbetrieb beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Unternehmens. $3 Wahlvorstände (1) Die rechtzeitige Einleitung und die Durchführung der Wahl sowie die Feststellung des Wahlergebnisses obliegen dem Unternehmenswahlvorstand. (2) In den einzelnen Betrieben wird die Wahl im Auftrag und nach den Richtlinien des Unternehmenswahlvorstands durch Betriebswahlvorstände durchgeführt. (3) Die Wahlvorstände werden unverzüglich nach der in $ 2 bezeichneten Bekanntmachung gebildet. Die Geschlechter sollen entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein. §4 Zusammensetzung des Unternehmenswahlvorstands (1) Der Unternehmenswahlvorstand besteht aus drei Mitgliedern. Der Gesamtbetriebsrat kann die Zahl der Mitglieder erhöhen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Der Unternehmenswahlvorstand muss aus einer ungeraden Zahl von Mitgliedern bestehen. Mitglieder des Unternehmenswahlvorstands können nur Wahlberechtigte des Unternehmens sein. (2) Im Unternehmenswahlvorstand sollen die in $ 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten angemessen vertreten sein. Dem Unternehmenswahlvorstand muss, wenn in dem Unternehmen mindestens fünf wahlberechtigte leitende Angestellte beschäftigt sind, mindestens ein leitender Angestellter angehören. (3) Für jedes Mitglied des Unternehmenswahlvorstands kann für den Fall seiner Verhinderung ein Ersatzmitglied bestellt werden. (4) Der Gesamtbetriebsrat bestellt die Mitglieder des Unternehmenswahlvorstands, die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichnete Arbeitnehmer sind. Besteht kein Gesamtbetriebsrat, so werden diese Mitglieder des Unternehmenswahlvorstands 1. vom Betriebsrat des nach der Zahl der Wahlberechtigten größten Betriebs, in dem ein Betriebsrat besteht, bestellt oder, 2. falls in keinem Betrieb ein Betriebsrat besteht, in einer Versammlung der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer des nach der Zahl der Wahlberechtigten größten Betriebs mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt.

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Besteht auch eine nach § 117 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes durch Tarifvertrag errichtete Vertretung für im Flugbetrieb beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, so erfolgt die Bestellung gemeinsam mit dieser Vertretung. (5) Der Gesamtsprecherausschuss (Unternehmenssprecherausschuss) bestellt die auf die leitenden Angestellten entfallenden Mitglieder des Unternehmenswahlvorstands. Besteht kein Gesamtsprecherausschuss (Unternehmenssprecherausschuss), so werden diese Mitglieder des Unternehmenswahlvorstands 1. vom Sprecherausschuss des nach der Zahl der wahlberechtigten leitenden Angestellten größten Betriebs, in dem ein Sprecherausschuss besteht, bestellt oder, 2. falls in keinem Betrieb ein Sprecherausschuss besteht, in einer Versammlung der leitenden Angestellten des nach der Zahl der wahlberechtigten leitenden Angestellten größten Betriebs mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt. $5 Zusammensetzung des Betriebswahlvorstands (1) Der Betriebswahl vorstand besteht aus drei Mitgliedern. Der Betriebsrat kann die Zahl der Mitglieder erhöhen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Der Betriebswahlvorstand muss aus einer ungeraden Zahl von Mitgliedern bestehen. Mitglieder des Betriebswahlvorstands können nur Wahlberechtigte des Betriebs sein. (2) Im Betriebswahlvorstand sollen die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten angemessen vertreten sein. Dem Betriebswahlvorstand muss, wenn in dem Betrieb mindestens fünf wahlberechtigte leitende Angestellte beschäftigt sind, mindestens ein leitender Angestellter angehören. (3) Für jedes Mitglied des Betriebswahlvorstands kann für den Fall seiner Verhinderung ein Ersatzmitglied bestellt werden. (4) Der Betriebsrat bestellt die Mitglieder des Betriebswahlvorstands, die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichnete Arbeitnehmer sind. Besteht kein Betriebsrat, so werden die in Satz 1 bezeichneten Mitglieder des Betriebswahlvorstands in einer Betriebsversammlung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt. (5) Die auf die leitenden Angestellten entfallenden Mitglieder werden von dem für den Betrieb zuständigen Sprecherausschuss bestellt. Besteht kein Sprecherausschuss, so werden die in Satz 1 bezeichneten Mitglieder des Betriebswahlvorstands in einer Versammlung der leitenden Angestellten des Betriebs mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt. (6) Ist für einen Betrieb mit nicht mehr als 45 Wahlberechtigten innerhalb von zwei Wochen nach der in § 2 bezeichneten Bekanntmachung kein Betriebswahlvorstand gebildet, so beauftragt der Unternehmenswahlvorstand für diesen Betrieb den Betriebswahlvorstand eines anderen Betriebs des Unternehmens mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Betriebswahlvorstands. Der beauftragte Betriebswahlvorstand kann beschließen, dass in dem Betrieb, für

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den kein Betriebswahlvorstand gebildet worden ist, die Stimmabgabe bei den in Kapitel 1 und Kapitel 2 bezeichneten Abstimmungen und Wahlen schriftlich erfolgt. Im Fall des Satzes 2 erhalten die Wahlberechtigten dieses Betriebs die in $ 19 Abs. 1 bezeichneten Unterlagen für die schriftliche Stimmabgabe, ohne dass es eines Verlangens bedarf; die in den $$ 15 und 39 bezeichneten Ausschreiben sind um folgende Angaben zu ergänzen: 1. dass für den Betrieb die schriftliche Stimmabgabe beschlossen ist; 2. den Zeitpunkt, bis zu dem die Wahlbriefe beim Betriebswahlvorstand eingegangen sein müssen. $6 Mitteilungspflicht (1) Der Unternehmenswahlvorstand teilt unverzüglich nach seiner Bildung dem Unternehmen, den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften und den Betriebswahlvorständen schriftlich die Namen seiner Mitglieder und seine Anschrift mit. (2) Jeder Betriebswahlvorstand teilt unverzüglich nach seiner Bildung dem Unternehmenswahlvorstand schriftlich die Namen seiner Mitglieder und seine Anschrift mit. $7 Geschäftsführung der Wahlvorstände (1) Jeder Wahlvorstand wählt aus seiner Mitte eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden und mindestens eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter. (2) Der Wahlvorstand kann sich eine schriftliche Geschäftsordnung geben. Der Unternehmenswahlvorstand kann Wahlberechtigte des Unternehmens, der Betriebswahlvorstand kann Wahlberechtigte des Betriebs als Wahlhelferinnen und Wahlhelfer zu seiner Unterstützung heranziehen. (3) Der Wahlvorstand fasst seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit seiner Mitglieder. Über jede Sitzung des Wahlvorstands ist eine Niederschrift aufzunehmen, die mindestens den Wortlaut der Beschlüsse enthält; bei Beschlüssen des Betriebswahlvorstands über die Eintragung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in die Wählerliste als in S 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichnete Arbeitnehmer oder als leitende Angestellte ist in der Niederschrift auch zu vermerken, ob sie ohne Gegenstimme gefasst worden sind. Mitglieder des Wahlvorstands, gegen deren Stimmen ein Beschluss gefasst worden ist, können verlangen, dass in der Niederschrift ihre abweichende Meinung vermerkt wird. Die Niederschrift ist von der oder dem Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied des Wahlvorstands zu unterzeichnen; dies gilt auch für Bekanntmachungen, Ausschreiben und weitere Niederschriften des Wahlvorstands. (4) Bekanntmachungen des Wahlvorstands können durch Aushang und durch den Einsatz der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik erfolgen. Der Aushang erfolgt an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen im Betrieb. Er ist in gut

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lesbarem Zustand zu erhalten. Der Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik ist nur zulässig, wenn der Adressatenkreis dieser Bekanntmachungsform von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen kann und Vorkehrungen getroffen sind, damit nur der Wahlvorstand Änderungen der Bekanntmachung vornehmen kann. (5) Das Unternehmen hat die Wahlvorstände bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen und ihnen den erforderlichen Geschäftsbedarf zur Verfügung zu stellen. (6) Die Wahlvorstände sollen dafür sorgen, dass ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, rechtzeitig über den Anlass der Wahl, das Wahlverfahren, die Abstimmungen, die Aufstellung der Wählerliste und der Wahlvorschläge, den Wahlvorgang und die Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden. $8

Wählerliste (1) Der Betriebswahlvorstand stellt unverzüglich nach seiner Bildung eine Liste der Wahlberechtigten des Betriebs (Wählerliste) auf, getrennt nach den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmern und den leitenden Angestellten. Die Wahlberechtigten sollen in alphabetischer Reihenfolge mit Familienname, Vorname und Geburtsdatum aufgeführt werden. Das Aufstellen der Wählerliste kann durch Einsatz der im Betrieb vorhandenen Informationsund Kommunikationstechnik erfolgen, wenn Vorkehrungen getroffen sind, damit nur der Wahlvorstand Änderungen in der Wählerliste vornehmen kann. (2) Jedes Mitglied des Betriebswahlvorstands ist verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Wahlberechtigten in der Wählerliste in zutreffender Weise in Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes und leitende Angestellte eingeteilt werden. Die Mitglieder des Betriebswahlvorstands sollen hierüber um eine Beschlussfassung ohne Gegenstimme bemüht sein. Hat der Betriebswahlvorstand hierüber ausschließlich Beschlüsse ohne Gegenstimme gefasst, so ist $ 10 nicht anzuwenden. (3) Das Unternehmen hat den Betriebswahlvorständen alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Es hat die Betriebswahlvorstände insbesondere bei der Einteilung in Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes und leitende Angestellte zu unterstützen. (4) Der Betriebswahlvorstand berichtigt oder ergänzt die Wählerliste unverzüglich, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer 1. in den Betrieb eintritt oder aus ihm ausscheidet, 2. das 18. Lebensjahr vollendet oder 3. die Eigenschaft als in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer oder leitender Angestellter wechselt, oder wenn sich in sonstiger Weise die Voraussetzungen, auf denen eine Eintragung in der Wählerliste beruht, ändern. (5) An Wahlen und Abstimmungen können nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen, die in der Wählerliste eingetragen sind.

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§9

Bekanntmachung über die Bildung der Wahlvorstände und die Wählerliste (1) Die Einsichtnahme in die Wählerliste, das Gesetz und diese Verordnung ist unverzüglich bis zum Abschluss der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu ermöglichen. Die zur Einsichtnahme bestimmte Wählerliste soll die Geburtsdaten der Wahlberechtigten nicht enthalten. Die Einsichtnahme kann durch Auslegung an geeigneter Stelle im Betrieb und durch den Einsatz der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik ermöglicht werden. (2) Der Betriebswahlvorstand macht gleichzeitig mit der Ermöglichung der Einsichtnahme in die Wählerliste die Namen seiner Mitglieder und seine Anschrift sowie die Anschrift des Unternehmenswahlvorstands bekannt. Die Bekanntmachung erfolgt vom Tag ihres Erlasses bis zum Abschluss der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer. Der Betriebswahlvorstand vermerkt auf der Bekanntmachung den ersten und den letzten Tag dieses Zeitraums. In der Bekanntmachung ist ferner anzugeben: 1. das Datum ihres Erlasses; 2. wo und wie die Wahlberechtigten in die Wählerliste, das Gesetz und diese Verordnung Einsicht nehmen können; 3. dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste nur innerhalb von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingelegt werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 4. dass Einsprüche gegen Berichtigungen und Ergänzungen der Wählerliste nur innerhalb von einer Woche seit der Berichtigung oder der Ergänzung eingelegt werden können; 5. dass an Wahlen und Abstimmungen nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind. (3) Hat der Betriebswahlvorstand bei der Aufstellung der Wählerliste nach $ 8 Abs. 1 über die Eintragung der Wahlberechtigten als in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichnete Arbeitnehmer oder leitende Angestellte nicht ausschließlich Beschlüsse ohne Gegenstimme gefasst, so muss die Bekanntmachung nach Absatz 2 auch die folgenden Angaben enthalten: 1. dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer innerhalb von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung schriftlich vom Betriebswahlvorstand die Änderung der eigenen Eintragung als in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer oder leitender Angestellter in der Wählerliste verlangen kann; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 2. dass dem Änderungsverlangen nach Nummer 1 zu entsprechen ist, wenn ein Mitglied des Betriebswahlvorstands dem Verlangen zustimmt; 3. dass gegen die Richtigkeit der Wählerliste nur Einspruch eingelegt werden kann, soweit nicht nach Nummer 1 eine Änderung der Wählerliste verlangt werden kann.

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$10 Änderungsverlangen (1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer kann innerhalb von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung nach § 9 Abs. 2 und 3 schriftlich vom Betriebswahlvorstand verlangen, dass die eigene Eintragung in der Wählerliste als in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer oder leitender Angestellter geändert wird. (2) Dem Änderungsverlangen nach Absatz 1 ist zu entsprechen, wenn ein Mitglied des Betriebswahlvorstands dem Verlangen zustimmt. Eine Zustimmung nach Satz 1 kann nur innerhalb einer Woche nach Ablauf der in Absatz 1 bestimmten Frist erteilt werden; sie ist schriftlich gegenüber dem Betriebswahlvorstand zu erklären. (3) Gegen die Änderung der Eintragung nach Absatz 2 kann das Arbeitsgericht von einem Mitglied des Betriebswahlvorstands, das dem Änderungsverlangen nicht zugestimmt hat, angerufen werden. §11 Übersendung der Wählerliste (1) Der Betriebswahlvorstand übersendet dem Unternehmenswahlvorstand unverzüglich nach Ablauf der in § 10 Abs. 1 bestimmten Frist eine Kopie der Wählerliste und teilt ihm die Zahlen der in der Regel im Betrieb beschäftigten in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und leitenden Angestellten mit. Ist nach § 10 Abs. 1 die Änderung der Wählerliste verlangt worden, so erfolgt die Übersendung unverzüglich nach Ablauf der in $ 10 Abs. 2 Satz 2 bestimmten Frist. (2) Der Betriebswahlvorstand teilt Berichtigungen und Ergänzungen der Wählerliste dem Unternehmenswahlvorstand unverzüglich mit. §12 Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste (1) Gegen die Richtigkeit der Wählerliste kann Einspruch eingelegt werden, soweit nicht nach $ 10 Abs. 1 eine Änderung der Eintragung als in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer oder leitender Angestellter in der Wählerliste verlangt werden kann. Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste können nur innerhalb von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung nach $ 9 Abs. 2 und 3 schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingelegt werden. Einsprüche gegen Berichtigungen und Ergänzungen der Wählerliste können nur innerhalb von einer Woche seit der Berichtigung oder der Ergänzung eingelegt werden. (2) Über Einsprüche nach Absatz 1 ist unverzüglich zu entscheiden. Ist ein Einspruch begründet, so wird die Wählerliste berichtigt. Der Betriebswahlvorstand teilt die Entscheidung der Person, die den Einspruch eingelegt hat, unverzüglich schriftlich mit.

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Abschnitt 2 A b s t i m m u n g über die Art der Wahl §13

Bekanntmachung (1) In einem Unternehmen mit in der Regel insgesamt nicht mehr als 8000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erlässt der Unternehmenswahlvorstand unverzüglich nach Übersendung der Wählerlisten eine Bekanntmachung. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl gewählt werden, wenn nicht die Wahlberechtigten die Wahl durch Delegierte beschließen; 3. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, von denen ein Antrag auf Abstimmung darüber, dass die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte erfolgen soll, unterzeichnet sein muss; 4. dass ein Antrag nur innerhalb von zwei Wochen seit dem für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt schriftlich beim Unternehmenswahlvorstand eingereicht werden kann; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 5. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, deren Beteiligung an der Abstimmung erforderlich ist; 6. dass ein Beschluss über die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte nur mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden kann; 7. die Anschrift des Unternehmenswahlvorstands. Sind nach den Vorschriften dieser Verordnung Delegierte bereits gewählt, deren Amtszeit bei Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer noch nicht beendet ist, so muss die Bekanntmachung die in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Angaben enthalten. (2) In einem Unternehmen mit in der Regel insgesamt mehr als 8000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erlässt der Unternehmenswahlvorstand zu dem in Absatz 1 Satz 1 bestimmten Zeitpunkt eine Bekanntmachung. Sie muss folgende Angaben enthalten: 1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte gewählt werden, wenn nicht die Wahlberechtigten die unmittelbare Wahl beschließen; 3. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, von denen ein Antrag auf Abstimmung darüber, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl gewählt werden sollen, unterzeichnet sein muss; 4. dass ein Antrag nur innerhalb von zwei Wochen seit dem für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt schriftlich beim Unternehmenswahlvorstand eingereicht werden kann; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 5. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, deren Beteiligung an der Abstimmung erforderlich ist;

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6. dass ein Beschluss über die unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nur mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden kann; 7. die Anschrift des Unternehmenswahlvorstands. Die Sätze 1 und 2 sind auch anzuwenden, wenn nach den Vorschriften dieser Verordnung Delegierte bereits gewählt sind, deren Amtszeit bei Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer noch nicht beendet ist. (3) Der Unternehmenswahlvorstand übersendet die Bekanntmachung den Betriebswahlvorständen und teilt ihnen schriftlich den Zeitpunkt mit, von dem ab die Bekanntmachung in den Betrieben zu erfolgen hat. Die Bekanntmachung durch den Betriebswahlvorstand erfolgt bis zu der Bekanntmachung des Wahlausschreibens nach $ 39 oder § 59. Der Betriebswahlvorstand vermerkt auf der Bekanntmachung den ersten und den letzten Tag dieses Zeitraums. (4) Der Unternehmenswahlvorstand übersendet die Bekanntmachung unverzüglich nach ihrem Erlass dem Unternehmen und den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. $14 Antrag auf Abstimmung (1) In einem Unternehmen mit in der Regel insgesamt nicht mehr als 8000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kann ein Antrag auf Abstimmung darüber, dass die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte erfolgen soll, gestellt werden. Wenn die in § 13 Abs. 1 Satz 3 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen, ist Absatz 2 anzuwenden. (2) In einem Unternehmen mit in der Regel insgesamt mehr als 8 0 0 0 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kann ein Antrag auf Abstimmung darüber, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl gewählt werden sollen, gestellt werden; dies gilt auch, wenn die in § 13 Abs. 2 Satz 3 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. (3) Ein Antrag auf Abstimmung ist innerhalb von zwei Wochen seit dem für die Bekanntmachung nach § 13 bestimmten Zeitpunkt schriftlich beim Unternehmenswahlvorstand einzureichen. Der Unternehmenswahlvorstand prüft unverzüglich nach Eingang eines Antrags dessen Gültigkeit. (4) Ein Antrag auf Abstimmung ist gültig, wenn er von mindestens einem Zwanzigstel der Wahlberechtigten unterzeichnet und fristgerecht eingereicht worden ist. (5) Ist ein Antrag ungültig, so teilt der Unternehmenswahlvorstand dies dem Antragsvertreter oder, wenn ein solcher nicht benannt ist, der oder dem an erster Stelle Unterzeichnenden schriftlich mit. $15 Abstimmungsauschreiben (1) Liegt ein gültiger Antrag nach $ 14 vor, so erlässt der Unternehmenswahlvorstand unverzüglich ein Abstimmungsausschreiben. Die Abstimmung soll innerhalb von zwei Wochen seit dem für die Bekanntmachung des Abstimmungsausschreibens bestimmten Zeitpunkt stattfinden.

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(2) Das Abstimmungsausschreiben muss folgende Angaben enthalten: 1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. den Inhalt des Antrags; 3. dass an der Abstimmung nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind; 4. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, deren Beteiligung an der Abstimmung erforderlich ist; 5. dass der Beschluss nur mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden kann; 6. der Tag oder die Tage der Stimmabgabe. (3) Der Unternehmenswahlvorstand übersendet das Abstimmungsausschreiben den Betriebswahlvorständen und teilt ihnen schriftlich den Zeitpunkt mit, von dem ab das Abstimmungsausschreiben in den Betrieben bekannt zu machen ist. Jeder Betriebswahlvorstand ergänzt das Abstimmungsausschreiben um die folgenden Angaben: 1. Ort und Zeit der Stimmabgabe und der öffentlichen Stimmauszählung; 2. den Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe sowie die Betriebsteile, Kleinstbetriebe und Betriebe, für die schriftliche Stimmabgabe nach § 19 Abs. 3 beschlossen ist; 3. dass Einsprüche und sonstige Erklärungen gegenüber dem Betriebswahlvorstand abzugeben sind; 4. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. (4) Der Betriebswahlvorstand macht das Abstimmungsausschreiben bis zum Abschluss der Stimmabgabe bekannt und vermerkt auf dem Abstimmungsausschreiben den ersten und den letzten Tag der Bekanntmachung. § 13 Abs. 4 ist entsprechend anzuwenden. $16

Stimmabgabe (1) Die Stimmzettel für die Abstimmung dürfen nur den Antrag und die Frage an die Abstimmungsberechtigten enthalten, ob sie für oder gegen den Antrag stimmen. Soll die Stimme für den Antrag abgegeben werden, so ist das vorgedruckte „Ja", andernfalls das vorgedruckte „Nein" anzukreuzen. Die Stimmzettel für die Abstimmung müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. (2) Der Unternehmenswahlvorstand übersendet die Stimmzettel und die Wahlumschläge rechtzeitig den Betriebswahlvorständen. (3) Stimmzettel, die mit einem besonderen Merkmal versehen sind oder aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt oder die andere als die in Absatz 1 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten, sind ungültig.

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§17 Abstimmungsvorgang (1) Der Betriebswahlvorstand hat geeignete Vorkehrungen für die unbeobachtete Kennzeichnung der Stimmzettel im Wahlraum zu treffen und für die Bereitstellung einer Wahlurne oder mehrerer Wahlurnen zu sorgen. Die Wahlurne muss vom Betriebswahlvorstand verschlossen und so eingerichtet sein, dass die eingeworfenen Wahlumschläge nicht herausgenommen werden können, ohne dass die Urne geöffnet wird. (2) Während der Abstimmung müssen mindestens zwei Mitglieder des Betriebswahlvorstands im Wahlraum anwesend sein; sind Wahlhelferinnen und Wahlhelfer bestellt, so genügt die Anwesenheit eines Mitglieds des Betriebswahlvorstands und einer Wahlhelferin oder eines Wahlhelfers. (3) Die abstimmende Person gibt ihren Namen an und wirft den Wahlumschlag, in den der Stimmzettel eingelegt ist, in die Wahlurne, nachdem die Stimmabgabe in der Wählerliste vermerkt worden ist. (4) Wer infolge seiner Behinderung bei der Stimmabgabe beeinträchtigt ist, kann eine Person seines Vertrauens bestimmen, die ihm bei der Stimmabgabe behilflich sein soll, und teilt dies dem Wahlvorstand mit. Personen, die sich bei der Wahl bewerben, Mitglieder des Wahlvorstands sowie Wahlhelferinnen und Wahlhelfer dürfen nicht zur Hilfeleistung herangezogen werden. Die Hilfeleistung beschränkt sich auf die Erfüllung der Wünsche der Wählerin oder des Wählers zur Stimmabgabe; die Person des Vertrauens darf gemeinsam mit der Wählerin oder dem Wähler die Wahlzelle aufsuchen. Sie ist zur Geheimhaltung der Kenntnisse verpflichtet, die sie bei der Hilfeleistung zur Stimmabgabe erlangt hat. Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend für des Lesens unkundige Wählerinnen und Wähler. (5) Wird die Stimmabgabe unterbrochen oder erfolgt die Stimmauszählung nicht unmittelbar nach Abschluss der Stimmabgabe, so hat der Betriebswahlvorstand für die Zwischenzeit die Wahlurne so zu verschließen und aufzubewahren, dass der Einwurf oder die Entnahme von Stimmzetteln ohne Beschädigung des Verschlusses unmöglich ist. Bei Wiedereröffnung der Abstimmung oder bei Entnahme der Stimmzettel zur Stimmauszählung hat sich der Betriebswahlvorstand davon zu überzeugen, dass der Verschluss unversehrt ist. §18 Einsatz von Wahlgeräten (1) Für die Abgabe und Zählung der Stimmen können an Stelle von Stimmzetteln, Wahlumschlägen und Wahlurnen Wahlgeräte eingesetzt werden. § 17 gilt entsprechend. Die Wahlgeräte müssen auf Grund einer Prüfung nach § 2 Abs. 2 und 3 der Bundeswahlgeräteverordnung für die Abstimmungen und Wahlen geeignet sein, für die sie eingesetzt werden und den Richtlinien für die Bauart von Wahlgeräten entsprechen, soweit diese nicht besondere Regelungen für Bundeswahlen enthalten. Jedem Wahlgerät muss eine Bedienungsanleitung und eine Baugleichheitserklärung entsprechend § 2 Abs. 6 der Bundeswahlgeräteverordnung beigefügt sein.

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(2) Der Einsatz von Wahlgeräten ist nur zulässig, wenn hierüber Einvernehmen zwischen dem Unternehmenswahlvorstand und der Unternehmensleitung erzielt worden ist. §19

Voraussetzungen der schriftlichen Stimmabgabe (1) Abstimmungsberechtigten, die im Zeitpunkt der Abstimmung wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert sind, ihre Stimme persönlich abzugeben, hat der Betriebswahlvorstand auf ihr Verlangen 1. das Abstimmungsausschreiben, 2. den Stimmzettel und den Wahlumschlag, 3. eine vorgedruckte, von der abstimmenden Person abzugebende Erklärung, in der gegenüber dem Betriebswahlvorstand zu versichern ist, dass der Stimmzettel persönlich gekennzeichnet worden ist, sowie 4. einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Betriebswahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift des Abstimmungsberechtigten sowie den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe" trägt, auszuhändigen oder zu übersenden. Der Betriebswahlvorstand soll den Abstimmungsberechtigten ferner ein Merkblatt über die Art und Weise der schriftlichen Stimmabgabe (§ 19 Abs. 1) aushändigen oder übersenden. Der Betriebswahlvorstand vermerkt die Aushändigung oder die Übersendung der Unterlagen in der Wählerliste. (2) Abstimmungsberechtigte, von denen dem Betriebswahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Abstimmung nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden (insbesondere im Außendienst, mit Telearbeit und in Heimarbeit Beschäftigte), erhalten die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen, ohne dass es eines Verlangens der Abstimmungsberechtigten bedarf. (3) Der Betriebswahlvorstand kann die schriftliche Stimmabgabe beschließen 1. für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, 2. für Betriebe, in denen die Mehrheit der Abstimmungsberechtigten zur schriftlichen Stimmabgabe nach Absatz 2 berechtigt ist und in denen die verbleibende Minderheit nicht mehr als insgesamt 25 Abstimmungsberechtigte ausmacht. Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden. (4) Der Unternehmenswahlvorstand übersendet den Betriebswahlvorständen auf Anforderung die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen für die schriftliche Stimmabgabe. $20

Verfahren bei der schriftlichen Stimmabgabe (1) Die Stimmabgabe erfolgt in der Weise, dass die abstimmende Person 1. den Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnet und in dem zugehörigen Wahlumschlag verschließt,

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2. die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Orts und des Datums unterschreibt und 3. den Wahlumschlag und die unterschriebene vorgedruckte Erklärung in dem Freiumschlag verschließt und diesen Wahlbrief so rechtzeitig an den Betriebswahlvorstand absendet oder übergibt, dass er vor Abschluss der Stimmabgabe vorliegt. (2) Unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe öffnet der Betriebswahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Wahlbriefe und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt, so vermerkt der Betriebswahlvorstand die Stimmabgabe in der Wählerliste und legt die Wahlumschläge ungeöffnet in die Wahlurne. (3) Verspätet eingehende Wahlbriefe nimmt der Betriebswahlvorstand mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen. Die Wahlbriefe sind einen Monat nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten worden ist. $21 Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Betriebswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und stellt fest, wie viele Stimmen für und wie viele Stimmen gegen den Antrag abgegeben worden sind. (3) Bei der Auszählung ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. (4) Beim Einsatz von Wahlgeräten stellt der Betriebswahlvorstand durch Ablesen der Zählwerke die Zahl der für den Antrag und die Zahl der gegen den Antrag abgegebenen Stimmen sowie die Zahl der ungültigen Stimmen fest. §22 Abstimmungsniederschrift des Betriebswahlvorstands (1) Nach der Stimmauszählung stellt der Betriebswahlvorstand in einer Niederschrift fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. die Zahl der für den Antrag abgegebenen Stimmen; 7. die Zahl der gegen den Antrag abgegebenen Stimmen;

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8. besondere während der Abstimmung eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. (2) Der Betriebswahlvorstand übermittelt unverzüglich dem Unternehmenswahlvorstand eingeschrieben, fernschriftlich oder durch Botin oder Boten die Abstimmungsniederschrift. $23 Feststellung des Abstimmungsergebnisses, Abstimmungsniederschrift des Unternehmenswahlvorstands Der Unternehmenswahlvorstand ermittelt anhand der Abstimmungsniederschriften der Betriebswahlvorstände das Abstimmungsergebnis und stellt in einer Niederschrift fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. die Zahl der für den Antrag abgegebenen Stimmen, 7. die Zahl der gegen den Antrag abgegebenen Stimmen; 8. das Abstimmungsergebnis; 9. besondere während der Abstimmung eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. §24 Bekanntmachung des Abstimmungsergebnisses Der Unternehmenswahlvorstand übermittelt das Abstimmungsergebnis den Betriebswahlvorständen. Jeder Betriebswahlvorstand macht das Abstimmungsergebnis für die Dauer von zwei Wochen in gleicher Weise wie das Abstimmungsausschreiben bekannt. Abschnitt 3 V e r t e i l u n g d e r Sitze, W a h l v o r s c h l ä g e Unterabschnitt 1 Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer $25 Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer (1) Der Unternehmenswahlvorstand stellt die Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer auf die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten fest.

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(2) Die Errechnung der auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten entfallenden Aufsichtsratsmitglieder erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Hierzu werden die Zahlen der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten des Unternehmens in einer Reihe nebeneinander gestellt und beide durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie unternehmensangehörige Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen sind. Die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten erhalten jeweils so viele Aufsichtsratssitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf sie entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten zugleich entfällt, entscheidet das Los darüber, wem der Sitz zufällt: (3) Würde nach Absatz 2 auf die leitenden Angestellten nicht mindestens ein Sitz entfallen, so erhalten sie einen Sitz; die Zahl der Sitze der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer vermindert sich entsprechend.

Unterabschnitt 2 Wahlvorschläge

§26 Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen (1) Der Unternehmenswahlvorstand erlässt gleichzeitig mit der Bekanntmachung nach $ 13 eine Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. die Zahl der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, getrennt nach Aufsichtsratsmitgliedern der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, Aufsichtsratsmitgliedern der leitenden Angestellten und Aufsichtsratsmitgliedern, die Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften sind; 3. dass Wahlvorschläge für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer beim Unternehmenswahlvorstand innerhalb von sechs Wochen seit dem für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt schriftlich eingereicht werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 4. die Mindestzahl der wahlberechtigten in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, von denen ein Wahlvorschlag für Aufsichtsratsmitglieder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer unterzeichnet sein muss;

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5. dass der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten auf Grund von Abstimmungsvorschlägen durch Beschluss der wahlberechtigten leitenden Angestellten in geheimer Abstimmung aufgestellt wird, und dass hierüber eine gesonderte Bekanntmachung erlassen wird; 6. dass ein Wahlvorschlag für Aufsichtsratsmitglieder, die Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften sind, nur von einer im Unternehmen vertretenen Gewerkschaft eingereicht werden kann; 7. dass, soweit für die Aufsichtsratsmitglieder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder die Aufsichtsratsmitglieder der leitenden Angestellten nur ein Wahlvorschlag gemacht wird, die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber in diesem Wahlvorschlag doppelt so hoch sein muss wie die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder, die auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder die leitenden Angestellten entfällt; 8. dass, soweit für die Aufsichtsratsmitglieder, die Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften sind, nur ein Wahlvorschlag gemacht wird, die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber in diesem Wahlvorschlag mindestens doppelt so hoch sein muss wie die Zahl der zu wählenden Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften; 9. dass in jedem Wahlvorschlag für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber jeweils ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden kann und dass für eine Bewerberin oder einen Bewerber, die oder der ein in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer ist, nur ein in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer und für einen leitenden Angestellten nur ein leitender Angestellter als Ersatzmitglied vorgeschlagen werden kann; 10. dass bei Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds auch das zusammen mit ihm vorgeschlagene Ersatzmitglied gewählt ist; 11. die Anschrift des Unternehmens wähl Vorstands. (2) Der Unternehmenswahlvorstand kann die Bekanntmachungen nach Absatz 1 und $ 13 in einer Bekanntmachung zusammenfassen. (3) Der Unternehmenswahlvorstand übersendet die Bekanntmachung den Betriebswahlvorständen und teilt ihnen schriftlich den Zeitpunkt mit, von dem ab sie in den Betrieben bekannt zu machen ist. Jeder Betriebswahlvorstand ergänzt die Bekanntmachung um die folgenden Angaben: 1. wo und wie die Wahlberechtigten in die Wählerliste, das Gesetz und diese Verordnung Einsicht nehmen können; 2. wo und wie die Wahlberechtigten von den Wahlvorschlägen Kenntnis erlangen können; 3. dass Einsprüche und sonstige Erklärungen gegenüber dem Betriebswahlvorstand abzugeben sind; 4. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. (4) Der Betriebswahlvorstand macht die Bekanntmachung bis zum Abschluss der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder bekannt. Der Betriebswahlvorstand vermerkt auf der Bekanntmachung den ersten und den letzten Tag der Bekanntmachung.

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(5) Der Unternehmenswahlvorstand übersendet die Bekanntmachung unverzüglich nach ihrem Erlass dem Unternehmen und den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften.

§27

Wahlvorschläge der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer (1) Zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer können die wahlberechtigten in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer Wahlvorschläge machen. Jeder Wahlvorschlag muss von einem Fünftel oder 100 der wahlberechtigten in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer unterzeichnet sein. (2) Die Wahlvorschläge sind innerhalb von sechs Wochen seit dem für die Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen bestimmten Zeitpunkt beim Unternehmenswahlvorstand schriftlich einzureichen. (3) Wird für einen Wahlgang nur ein Wahlvorschlag eingereicht, so muss die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber in diesem Wahlvorschlag doppelt so hoch sein wie die Zahl der in diesem Wahlgang zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder. (4) Wahlgang im Sinne dieses Kapitels ist 1. die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, 2. die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der leitenden Angestellten, 3. die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder, die Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften sind. (5) In jedem Wahlvorschlag sind die Bewerberinnen und Bewerber in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Art der Beschäftigung und Betrieb aufzuführen. Die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen und Bewerber zur Aufnahme in den Wahlvorschlag und ihre schriftliche Versicherung, dass sie im Fall ihrer Wahl die Wahl annehmen werden, sind beizufügen. (6) Für jeden Wahlvorschlag soll eine oder einer der Unterzeichnenden als Vorschlagsvertreter bestimmt werden. Dieser ist berechtigt und verpflichtet, dem Unternehmenswahlvorstand die zur Beseitigung von Beanstandungen erforderlichen Erklärungen abzugeben sowie Erklärungen und Entscheidungen des Unternehmenswahlvorstands entgegenzunehmen. Ist kein Vorschlagsvertreter ausdrücklich bestimmt worden, so wird die oder der an erster Stelle Unterzeichnende als Vorschlagsvertreter angesehen. (7) Die Unterschrift eines Wahlberechtigten zählt nur auf einem Wahlvorschlag. Hat ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet, so hat er auf Aufforderung des Unternehmenswahlvorstands innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens jedoch innerhalb einer Woche zu erklären, welche Unterschrift er aufrechterhält. Unterbleibt die fristgerechte Erklärung, so wird sein Name auf dem zuerst eingereichten Wahlvorschlag gezählt und auf den übrigen Wahlvorschlägen gestrichen; sind mehrere Wahlvorschläge, die von

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demselben Wahlberechtigten unterzeichnet sind, gleichzeitig eingereicht worden, so entscheidet das Los darüber, auf welchem Wahlvorschlag die Unterschrift gilt. (8) Eine Bewerberin oder ein Bewerber kann nur auf einem Wahlvorschlag vorgeschlagen werden. Ist der Name dieser Person mit ihrer schriftlichen Zustimmung (Absatz 5 Satz 2) auf mehreren Wahlvorschlägen aufgeführt, so hat sie auf Aufforderung des Unternehmenswahlvorstands innerhalb einer Woche zu erklären, welche Bewerbung sie aufrechterhält. Unterbleibt die fristgerechte Erklärung, so ist die Bewerberin oder der Bewerber auf sämtlichen Wahlvorschlägen zu streichen. §28

Wahlvorschläge der Gewerkschaften (1) Zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern, die Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften sind, können die in dem Unternehmen vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen. (2) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von einer hierzu bevollmächtigten beauftragten Person dieser Gewerkschaft unterzeichnet sein. § 27 Abs. 2, 4, 5 und 8 ist entsprechend anzuwenden. Wird nur ein Wahlvorschlag eingereicht, so muss die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber mindestens doppelt so hoch sein wie die Zahl der zu wählenden Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften. (3) § 27 Abs. 6 ist entsprechend anzuwenden. Die in Absatz 2 Satz 1 bezeichnete beauftragte Person gilt als Vorschlagsvertreter. Die Gewerkschaft kann eine andere als die in Absatz 2 Satz 1 bezeichnete Person als Vorschlagsvertreter benennen. §29

Wahlvorschläge für Ersatzmitglieder (1) In jedem Wahlvorschlag kann für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber jeweils ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden. Für eine Bewerberin oder einen Bewerber, die oder der ein in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer ist, kann nur ein in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer und für einen leitenden Angestellten nur ein leitender Angestellter als Ersatzmitglied vorgeschlagen werden. Für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber kann jeweils nur ein Ersatzmitglied vorgeschlagen werden. Eine Bewerberin oder ein Bewerber kann nicht sowohl als Mitglied als auch als Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden. § 27 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden. (2) Jedes vorgeschlagene Ersatzmitglied ist in dem Wahlvorschlag unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Art der Beschäftigung und Betrieb neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen, für die oder für den es als Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen wird. In dem Wahlvorschlag ist kenntlich zu machen, wer als Mitglied und wer als Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen wird. § 27 Abs. 5 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

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Unterabschnitt 3 Zusätzliche Vorschriften für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten $30 Bekanntmachung über die Abstimmung für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten (1) Der Unternehmenswahlvorstand erlässt gleichzeitig mit der Bekanntmachung nach $ 13 eine Bekanntmachung über die Abstimmung für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber, die der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten enthalten muss; 3. dass der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten auf Grund von Abstimmungsvorschlägen durch Beschluss der wahlberechtigten leitenden Angestellten in geheimer Abstimmung aufgestellt wird; 4. dass in jedem Abstimmungsvorschlag für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber jeweils ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden kann; 5. die Mindestzahl der wahlberechtigten leitenden Angestellten, von denen ein Abstimmungsvorschlag für die Abstimmung der leitenden Angestellten unterzeichnet sein muss; 6. die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber, die jeder leitende Angestellte in der Abstimmung ankreuzen kann; 7. dass als Bewerberinnen und Bewerber nach der Reihenfolge der auf sie entfallenden Stimmenzahlen nur so viele leitende Angestellte in den Wahlvorschlag aufgenommen werden, wie er insgesamt Bewerberinnen und Bewerber enthalten muss und dass bei Stimmengleichheit das Los entscheidet; 8. dass die in den Abstimmungsvorschlägen zusammen mit den Gewählten aufgeführten Ersatzmitglieder in den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten als Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats aufgenommen werden; 9. den Zeitpunkt, bis zu dem Abstimmungsvorschläge für die Abstimmung der leitenden Angestellten beim Unternehmenswahlvorstand eingereicht werden können; 10. die Anschrift des Unternehmenswahlvorstands; 11. dass die leitenden Angestellten in Briefwahl abstimmen; 12. den Zeitpunkt, bis zu dem die Wahlbriefe beim Unternehmens wähl vorstand eingehen müssen. (2) Der Unternehmenswahlvorstand kann die Bekanntmachungen nach Absatz 1, $ 13 und $ 26 in einer Bekanntmachung zusammenfassen. (3) Der Unternehmenswahlvorstand übersendet die Bekanntmachung den Betriebswahlvorständen und teilt ihnen schriftlich den Zeitpunkt mit, von dem ab sie in den Betrieben bekannt zu machen ist. Jeder Betriebswahlvorstand

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ergänzt die Bekanntmachung um die Angabe, wo oder wie die Abstimmungsberechtigten von den Abstimmungsvorschlägen Kenntnis erlangen können. (4) § 26 Abs. 4 und 5 ist entsprechend anzuwenden. $31 Abstimmungsvorschläge der leitenden Angestellten (1) Für den Beschluss über den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten können die wahlberechtigten leitenden Angestellten Abstimmungsvorschläge machen. Jeder Abstimmungsvorschlag muss von einem Zwanzigstel oder 50 der wahlberechtigten leitenden Angestellten unterzeichnet sein. Abstimmungsvorschläge sind innerhalb einer vom Unternehmenswahlvorstand zu bestimmenden Frist beim Unternehmenswahlvorstand schriftlich einzureichen. Die Frist soll zwei Wochen betragen. Sie beginnt mit dem für die Bekanntmachung nach § 30 bestimmten Zeitpunkt. (2) In jedem Abstimmungsvorschlag kann für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber jeweils ein leitender Angestellter als Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden. $ 29 Abs. 1 Satz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. (3) In jedem Abstimmungsvorschlag sind die Bewerberinnen und Bewerber in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Art der Beschäftigung und Betrieb aufzuführen. Die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen und Bewerber zur Aufnahme in den Abstimmungsvorschlag sowie die schriftliche Versicherung, dass sie im Fall ihrer Wahl die Wahl annehmen werden, sind beizufügen. Ein Ersatzmitglied ist in dem Abstimmungsvorschlag neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen, für die oder für den es als Ersatzmitglied vorgeschlagen wird. In dem Abstimmungsvorschlag ist kenntlich zu machen, wer als Bewerberin oder Bewerber und wer als Ersatzmitglied vorgeschlagen wird. Auf Ersatzmitglieder sind die Sätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden. (4) Der Unternehmenswahlvorstand prüft die Abstimmungsvorschläge. Er übersendet die gültigen Abstimmungsvorschläge unverzüglich den Betriebswahlvorständen. Jeder Betriebswahlvorstand macht sie bis zu dem Tag bekannt, von dem ab das Abstimmungsergebnis nach § 32 Abs. 9 Satz 2 in dem Betrieb bekannt gemacht wird; § 26 Abs. 4 ist entsprechend anzuwenden. (5) Ist nach Ablauf der in Absatz 1 bezeichneten Frist kein gültiger Abstimmungsvorschlag eingereicht, so teilt dies der Unternehmenswahlvorstand unverzüglich den Betriebswahlvorständen mit. Jeder Betriebswahlvorstand macht diese Mitteilung in gleicher Weise bekannt wie Abstimmungsvorschläge und fordert unter Hinweis auf den bevorstehenden Ablauf der zur Einreichung von Wahlvorschlägen bestimmten Frist erneut dazu auf, Abstimmungsvorschläge einzureichen.

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§32

Abstimmung der leitenden Angestellten (1) Der Unternehmenswahlvorstand setzt den Tag der Abstimmung der leitenden Angestellten so fest, dass der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten spätestens acht Wochen seit dem für die Bekanntmachung nach § 26 bestimmten Zeitpunkt vorliegt. (2) Jeder Abstimmungsberechtigte kann insgesamt so viele Bewerberinnen und Bewerber ankreuzen, wie der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten insgesamt Bewerberinnen und Bewerber enthalten muss. Eine gesonderte Stimmabgabe für ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats ist nicht zulässig. (3) Der Unternehmenswahlvorstand hat die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung und Betrieb untereinander in alphabetischer Reihenfolge aufzuführen. Das für eine Bewerberin oder für einen Bewerber vorgeschlagene Ersatzmitglied ist auf den Stimmzetteln neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen; Satz 1 ist entsprechend anzuwenden. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, wie viele Bewerberinnen und Bewerber jeder Abstimmungsberechtigte insgesamt ankreuzen kann. Die Stimmzettel müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. (4) Die abstimmende Person kennzeichnet die von ihr Gewählten durch Ankreuzen an den im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stellen. Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr Bewerberinnen und Bewerber angekreuzt sind, als die abstimmende Person Stimmen hat, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 3 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. (5) Die Abstimmung der leitenden Angestellten wird vom Unternehmenswahlvorstand durchgeführt. Über die Abstimmungsvorschläge stimmen die leitenden Angestellten in Briefwahl ab. Auf die schriftliche Stimmabgabe sind die §§17 bis 20 entsprechend anzuwenden. (6) Unmittelbar nach dem Zeitpunkt, bis zu dem die Wahlbriefe beim Unternehmenswahlvorstand eingehen müssen, zählt der Unternehmenswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt er die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt die auf jede Bewerberin und jeden Bewerber entfallenden Stimmen zusammen. Dabei ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. Ist auf einem Stimmzettel eine Bewerberin oder ein Bewerber mehrfach angekreuzt, so zählt dies als eine Stimme. (7) Als Bewerberinnen und Bewerber sind nach der Reihenfolge der auf sie entfallenden Stimmenzahlen nur so viele leitende Angestellte in den Wahl-

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Vorschlag aufgenommen, wie er insgesamt Bewerberinnen und Bewerber enthalten muss. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. (8) Ist eine Bewerberin oder ein Bewerber in den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten aufgenommen, so ist das in dem Abstimmungsvorschlag neben dieser Bewerberin oder diesem Bewerber aufgeführte Ersatzmitglied als deren oder als dessen Ersatzmitglied in den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten aufgenommen. (9) Der Unternehmenswahlvorstand übermittelt das Abstimmungsergebnis und die Namen der in den Wahlvorschlag Aufgenommenen den Betriebswahlvorständen. Jeder Betriebswahlvorstand macht das Abstimmungsergebnis und die Namen der in den Wahlvorschlag Aufgenommenen für die Dauer von zwei Wochen bekannt; § 26 Abs. 4 ist entsprechend anzuwenden. $33 Abstimmungsniederschrift Nach Abschluss der Abstimmung stellt der Unternehmenswahlvorstand in einer Niederschrift fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der gültigen Stimmen; 3. die Zahl der ungültigen Stimmen; 4. die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen; 5. die Namen der in den Wahlvorschlag aufgenommenen Bewerberinnen und Bewerber und Ersatzmitglieder; 6. besondere während der Abstimmung eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. Unterabschnitt 4 Prüfung und Bekanntmachung der Wahlvorschläge §34 Prüfung der Wahlvorschläge (1) Der Unternehmenswahlvorstand bestätigt dem Vorschlagsvertreter schriftlich den Zeitpunkt der Einreichung des Wahlvorschlags. (2) Der Unternehmenswahlvorstand bezeichnet den Wahlvorschlag, wenn er nicht mit einem Kennwort versehen ist, mit Familienname und Vorname der an erster Stelle benannten Bewerberin oder des an erster Stelle benannten Bewerbers. Er hat unverzüglich den Wahlvorschlag zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung den Vorschlagsvertreter schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten.

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$35 Ungültige Wahlvorschläge (1) Ungültig sind Wahlvorschläge, 1. die nicht fristgerecht eingereicht worden sind, 2. auf denen die Bewerberinnen und Bewerber nicht in erkennbarer Reihenfolge aufgeführt sind, 3. die nicht die in $ 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 und 8 bezeichnete Zahl von Bewerberinnen und Bewerbern enthalten, 4. der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, wenn sie bei der Einreichung nicht die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweisen, 5. der Gewerkschaften, wenn sie nicht von einer hierzu bevollmächtigten beauftragten Person unterzeichnet sind. (2) Wahlvorschläge, 1. in denen die Bewerberinnen und Bewerber nicht in der in $ 27 Abs. 5 Satz 1 bestimmten Weise bezeichnet sind, 2. denen die schriftliche Zustimmung und Versicherung der Bewerberinnen und Bewerber nach $ 27 Abs. 5 Satz 2 nicht beigefügt sind, 3. die infolge von Streichungen gemäß $ 27 Abs. 7 nicht mehr die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweisen, sind ungültig, wenn der Unternehmenswahlvorstand sie beanstandet hat und die Mängel nicht innerhalb einer Woche seit der Beanstandung beseitigt worden sind. §36 Nachfrist für Wahlvorschläge (1) Ist nach Ablauf der für die Einreichung von Wahlvorschlägen bestimmten Frist für einen in $ 27 Abs. 4 Nr. 1 und 3 bezeichneten Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so erlässt der Unternehmenswahlvorstand unverzüglich eine Bekanntmachung und setzt eine Nachfrist von einer Woche für die Einreichung von Wahlvorschlägen fest. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. dass für den Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht worden ist; 3. dass Wahl Vorschläge innerhalb einer Nachfrist von einer Woche seit dem für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt schriftlich beim Unternehmenswahlvorstand eingereicht werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 4. dass der Wahlgang nur stattfinden kann, wenn mindestens ein gültiger Wahlvorschlag eingereicht wird; 5. dass, soweit kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht wird, die fehlenden Aufsichtsratsmitglieder durch das Gericht bestellt werden können. (2) Wird bis zum Ablauf der Nachfrist für einen Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so macht der Unternehmenswahlvorstand unverzüglich bekannt, dass der Wahlgang nicht stattfindet.

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(3) Für Bekanntmachungen nach den Absätzen 1 und 2 ist § 26 Abs. 3 bis 5 entsprechend anzuwenden. $37 Bekanntmachung der Wahl vorschläge (1) Sind für einen Wahlgang, in dem mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen sind, mehrere Wahlvorschläge eingereicht, so ermittelt der Unternehmenswahlvorstand durch das Los nach Ablauf der in $ 27 Abs. 2, § 35 Abs. 2 und $ 36 Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Fristen die Reihenfolge der Ordnungsnummern, die den eingereichten Wahlvorschlägen zugeteilt werden (Wahlvorschlag 1,2 usw.). (2) Spätestens zwei Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe sind die gültigen Wahlvorschläge in den Betrieben bekannt zu machen. Der Unternehmenswahlvorstand übersendet die gültigen Wahlvorschläge den Betriebswahlvorständen und teilt ihnen schriftlich den Zeitpunkt mit, von dem ab die Wahlvorschläge in den Betrieben bekannt zu machen sind. Jeder Betriebswahlvorstand macht die Wahlvorschläge, nach Wahlgängen getrennt, bekannt; $ 26 Abs. 4 und 5 ist entsprechend anzuwenden.

Abschnitt 4 Anzuwendende Vorschriften §38 Anzuwendende Vorschriften (1) Sind die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl zu wählen, so richtet sich das weitere Wahlverfahren nach den Vorschriften des Kapitels 2. (2) Sind die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen, so richtet sich das weitere Wahlverfahren nach den Vorschriften des Kapitels 3. Kapitel 2 Unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 1 Wahlausschreiben $39 Wahlausschreiben (1) Steht fest, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl zu wählen sind, so erlässt der Unternehmenswahlvorstand ein Wahlausschreiben. Es muss folgende Angaben enthalten:

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1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer von allen Wahlberechtigten in unmittelbarer Wahl zu wählen sind; 3. dass an der Wahl und an Abstimmungen nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind; 4. den Zeitpunkt, bis zu dem Wahlvorschläge eingereicht werden können; 5. dass die Stimmabgabe an Wahlvorschläge gebunden ist und dass nur solche Wahlvorschläge berücksichtigt werden dürfen, die fristgerecht eingereicht sind; 6. den Tag oder die Tage der Stimmabgabe für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer; 7. die Anschrift des Unternehmenswahlvorstands. (2) Der Unternehmenswahlvorstand übersendet das Wahlausschreiben den Betriebswahlvorständen und teilt ihnen schriftlich den Zeitpunkt mit, von dem ab es in den Betrieben bekannt zu machen ist. Jeder Betriebswahlvorstand ergänzt das Wahlausschreiben um die folgenden Angaben: 1. wo und wie die Wahlberechtigten von den Wahl Vorschlägen Kenntnis erlangen können; 2. Ort und Zeit der Stimmabgabe und der öffentlichen Stimmauszählung; 3. den Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe sowie die Betriebsteile, Kleinstbetriebe und Betriebe, für die schriftliche Stimmabgabe nach § 49 Abs. 3 beschlossen ist; 4. dass Einsprüche und sonstige Erklärungen gegenüber dem Betriebswahlvorstand abzugeben sind; 5. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. Für die Bekanntmachung des Wahlausschreibens ist $ 26 Abs. 4 und 5 entsprechend anzuwenden. Abschnitt 2 D u r c h f ü h r u n g der Wahl Unterabschnitt 1 Wahl mehrererAufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge $40 Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Sind in einem Wahlgang mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen und liegen für diesen Wahlgang mehrere gültige Wahlvorschläge vor, so kann die Wählerin ihre und der Wähler seine Stimme nur für einen dieser Wahlvorschläge abgeben. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). Der Begriff des Wahlgangs im Sinne dieses Kapitels bestimmt sich nach § 27 Abs. 4.

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(2) Der Unternehmenswahlvorstand hat die Wahlvorschläge auf den Stimmzetteln nach der Reihenfolge der Ordnungsnummern sowie unter Angabe der an erster und zweiter Stelle benannten Bewerberinnen und Bewerber mit Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung und Betrieb untereinander aufzuführen; bei Wahlvorschlägen, die mit einem Kennwort versehen sind, ist auch das Kennwort anzugeben. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, dass nur ein Wahlvorschlag angekreuzt werden kann. Die Stimmzettel, die für denselben Wahlgang Verwendung finden, müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. Die Stimmzettel und Wahlumschläge, die für einen Wahlgang Verwendung finden, müssen sich von den für die anderen Wahlgänge vorgesehenen Stimmzetteln und Wahlumschlägen in der Farbe unterscheiden. (3) Der Unternehmenswahlvorstand übersendet die Stimmzettel und die Wahlumschläge rechtzeitig den Betriebswahlvorständen. (4) Die Wählerin kennzeichnet den von ihr und der Wähler den von ihm gewählten Wahlvorschlag durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Für den Wahlvorgang sind die §§ 17 und 18 entsprechend anzuwenden; die Stimmabgabe ist in der Wählerliste für jeden Wahlgang gesondert zu vermerken. (5) Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr als ein Wahlvorschlag angekreuzt ist, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. §41 Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Betriebswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die auf jeden Wahlvorschlag entfallenden Stimmen zusammen. (3) Bei der Auszählung ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. (4) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt §21 Abs. 4 entsprechend. §42 Wahlniederschrift des Betriebswahlvorstands (1) Nachdem die Stimmen ausgezählt sind, stellt der Betriebswahlvorstand in einer Niederschrift für jeden Wahlgang gesondert fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen;

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3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen; 7. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. (2) Der Betriebswahlvorstand übermittelt unverzüglich nach der Stimmauszählung dem Unternehmenswahlvorstand eingeschrieben, fernschriftlich oder durch Botin oder Boten die Wahlniederschrift. (3) Der Betriebswahlvorstand macht das Ergebnis der Stimmauszählung bekannt. $43 Ermittlung der Gewählten (1) Der Unternehmenswahlvorstand ermittelt anhand der Wahlniederschriften der Betriebswahlvorstände das Wahlergebnis. (2) Die in dem Wahlgang den einzelnen Wahlvorschlägen zugefallenen Stimmenzahlen werden in einer Reihe nebeneinander gestellt und sämtlich durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind. Jeder Wahlvorschlag erhält so viele Sitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf ihn entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf mehrere Wahlvorschläge zugleich entfällt, so entscheidet das Los darüber, welchem Wahlvorschlag dieser Sitz zufällt. (3) Wenn ein Wahlvorschlag insgesamt weniger Bewerberinnen und Bewerber enthält, als Höchstzahlen auf ihn entfallen, so gehen die überschüssigen Sitze auf die folgenden Höchstzahlen der anderen Wahlvorschläge desselben Wahlgangs über. (4) Die Reihenfolge der Bewerberinnen und Bewerber innerhalb der einzelnen Wahlvorschläge bestimmt sich nach der Reihenfolge ihrer Benennung. (5) Mit der Wahl einer Bewerberin oder eines Bewerbers ist das in dem Wahlvorschlag neben der gewählten Bewerberin oder dem gewählten Bewerber aufgeführte Ersatzmitglied des Aufsichtsrats gewählt. Unterabschnitt 2 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund nur eines Wahlvorschlags $44 Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Sind in einem Wahlgang mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen und liegt für diesen Wahlgang nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so kann die Wählerin ihre und der Wähler seine Stimme nur für

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die in dem Wahlvorschlag aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber abgeben. Eine gesonderte Stimmabgabe für ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats ist nicht zulässig. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). (2) Der Unternehmenswahlvorstand hat die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung und Betrieb untereinander in der Reihenfolge aufzuführen, in der sie in dem Wahlvorschlag benannt sind. Das für eine Bewerberin oder für einen Bewerber vorgeschlagene Ersatzmitglied ist auf den Stimmzetteln neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen; Satz 1 ist entsprechend anzuwenden. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, wie viele Bewerberinnen und Bewerber die Wählerin oder der Wähler insgesamt ankreuzen kann. § 40 Abs. 2 Satz 3 und 4 und Abs. 3 ist anzuwenden. (3) Die Wählerin kennzeichnet die von ihr und der Wähler die von ihm Gewählten durch Ankreuzen an den im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stellen. Es dürfen nicht mehr Bewerberinnen und Bewerber angekreuzt werden, als in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind. § 40 Abs. 4 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. (4) Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr Bewerberinnen und Bewerber angekreuzt sind, als in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. §45 Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Betriebswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die auf jede Bewerberin oder jeden Bewerber entfallenden Stimmen zusammen. § 41 Abs. 3 ist anzuwenden. Ist auf einem Stimmzettel eine Bewerberin oder ein Bewerber mehrfach angekreuzt, so zählt dies als eine Stimme. (3) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt 5 21 Abs. 4 entsprechend. S 46 Wahlniederschrift des Betriebswahlvorstands Nachdem die Stimmen ausgezählt sind, stellt der Betriebswahlvorstand in einer Niederschrift für jeden Wahlgang gesondert fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen;

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4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen und Bewerber entfallenden Stimmen; 7. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. § 42 Abs. 2 und 3 ist anzuwenden. $47 Ermittlung der Gewählten Der Unternehmenswahlvorstand ermittelt anhand der Wahlniederschriften der Betriebswahlvorstände die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen. Gewählt sind insgesamt so viele Bewerberinnen und Bewerber, wie in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind, nach der Reihenfolge der auf sie entfallenden Stimmenzahlen. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. § 43 Abs. 5 ist anzuwenden. Unterabschnitt 3 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang §48 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang (1) Ist in einem Wahlgang nur ein Aufsichtsratsmitglied der Arbeitnehmer zu wählen, so kann die Wählerin ihre und der Wähler seine Stimme nur für eine der vorgeschlagenen Bewerberinnen oder einen der vorgeschlagenen Bewerber abgeben. § 44 Abs. 1 Satz 2 und 3 ist anzuwenden. (2) Liegt nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so hat der Unternehmenswahlvorstand die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung und Betrieb untereinander in der Reihenfolge aufzuführen, in der sie in dem Wahl vorschlag benannt sind. Liegen mehrere gültige Wahlvorschläge vor, so hat der Unternehmenswahlvorstand die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung, Betrieb und Kennwort des Wahlvorschlags untereinander in alphabetischer Reihenfolge aufzuführen. § 44 Abs. 2 Satz 2 bis 4 ist anzuwenden. (3) Die Wählerin kennzeichnet die von ihr und der Wähler die von ihm gewählte Person durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Es darf nicht mehr als eine Bewerberin oder ein Bewerber angekreuzt werden. § 40 Abs. 4 Satz 2, § 44 Abs. 4 und die $$ 45 bis 47 sind anzuwenden.

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Unterabschnitt 4 Schriftliche Stimmabgabe §49

Voraussetzungen (1) Einem Wahlberechtigten, der im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert ist, seine Stimme persönlich abzugeben, hat der Betriebs wahlvorstand auf sein Verlangen 1. das Wahlausschreiben, 2. für jeden Wahlgang, an dem er teilzunehmen berechtigt ist, gesondert a) die Wahlvorschläge, b) den Stimmzettel und den Wahlumschlag, 3. eine vorgedruckte, von der Wählerin oder dem Wähler abzugebende Erklärung, in der gegenüber dem Betriebswahlvorstand zu versichern ist, dass der Stimmzettel persönlich gekennzeichnet worden ist, sowie 4. einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Betriebswahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift des Wahlberechtigten sowie den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe" trägt, auszuhändigen oder zu übersenden. Der Betriebswahlvorstand soll dem Wahlberechtigten ferner ein Merkblatt über die Art und Weise der schriftlichen Stimmabgabe ($ 50 Abs. 1) aushändigen oder übersenden. Der Betriebswahlvorstand vermerkt die Aushändigung oder die Übersendung der Unterlagen für jeden Wahlgang gesondert in der Wählerliste. (2) Wahlberechtigte, von denen dem Betriebswahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden (insbesondere im Außendienst, mit Telearbeit und in Heimarbeit Beschäftigte), erhalten die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen, ohne dass es eines Verlangens der Wahlberechtigten bedarf. (3) Der Betriebswahlvorstand kann die schriftliche Stimmabgabe beschließen 1. für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, 2. für Betriebe, in denen die Mehrheit der Wahlberechtigten zur schriftlichen Stimmabgabe nach Absatz 2 berechtigt ist und in denen die verbleibende Minderheit nicht mehr als insgesamt 25 Wahlberechtigte ausmacht. Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden. (4) Der Unternehmenswahlvorstand übersendet den Betriebswahlvorständen auf Anforderung die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen für die schriftliche Stimmabgabe.

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§50 Verfahren bei der Stimmabgabe (1) Die Stimmabgabe erfolgt in der Weise, dass die Wählerin oder der Wähler 1. die Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnet und in den zugehörigen Wahlumschlägen verschließt, 2. die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Orts und des Datums unterschreibt und 3. die Wahlumschläge und die unterschriebene vorgedruckte Erklärung in dem Freiumschlag verschließt und diesen Wahlbrief so rechtzeitig an den Betriebswahlvorstand absendet oder übergibt, dass er vor Abschluss der Stimmabgabe vorliegt. (2) Unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe öffnet der Betriebswahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Wahlbriefe und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt, so vermerkt der Betriebswahlvorstand die Stimmabgabe für jeden Wahlgang gesondert in der Wählerliste und legt die Wahlumschläge ungeöffnet in die Wahlurne. (3) Verspätet eingehende Wahlbriefe nimmt der Betriebswahlvorstand mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen. Die Wahlbriefe sind einen Monat nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten worden ist.

Unterabschnitt 5 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen $ 51 Wahlniederschrift Nachdem ermittelt ist, wer gewählt ist, stellt der Unternehmenswahlvorstand in einer Niederschrift für jeden Wahlgang gesondert fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. bei Verhältniswahl die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen, die berechneten Höchstzahlen und ihre Verteilung auf die Wahl vorschläge; 7. bei Mehrheitswahl die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen; 8. die Namen der gewählten Aufsichtsratsmitglieder;

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9. die Namen der für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder gewählten Ersatzmitglieder; 10. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. §52 Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten (1) Der Unternehmenswahlvorstand übermittelt das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten den Betriebswahlvorständen. Jeder Betriebswahlvorstand macht das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten unverzüglich für die Dauer von zwei Wochen bekannt. (2) Gleichzeitig benachrichtigt der Unternehmenswahlvorstand die Gewählten schriftlich von ihrer Wahl und übermittelt das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten dem Unternehmen und den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. §53 Aufbewahrung der Wahlakten Der Unternehmenswahlvorstand und jeder Betriebswahlvorstand übergeben die Wahlakten dem Unternehmen. Das Unternehmen bewahrt die Wahlakten mindestens für die Dauer von fünf Jahren auf.

Kapitel 3 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte Abschnitt 1 Wahl der Delegierten Unterabschnitt 1 Delegierte mit Mehrfachmandat §54 Keine Wahl von Delegierten nach diesem Unterabschnitt, wenn in dem Unternehmen für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern anderer Unternehmen Delegierte mit Mehrfachmandat gewählt werden (1) Sind die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer des Unternehmens durch Delegierte zu wählen und nehmen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer anderer Unternehmen durch Delegierte teil und hat der Unternehmenswahlvorstand nach § 55 der Dritten Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz beschlossen, dass die in dem Unternehmen für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder eines anderen Unternehmens zu wählenden Delegierten auch die nach den Vorschriften dieses Abschnitts zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer

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wählen, so findet eine Wahl von Delegierten nach den Vorschriften dieses Abschnitts nicht statt. (2) Der Unternehmenswahlvorstand erlässt hierüber eine Bekanntmachung und übersendet sie den Betriebswahlvorständen. $ 26 Abs. 4 und 5 ist anzuwenden. $55

Delegierte, die zugleich für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern anderer Unternehmen gewählt werden Nehmen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Unternehmens auch an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer anderer Unternehmen teil und beginnt die Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder der anderen Unternehmen nicht später als zwölf Monate nach dem Beginn der Amtszeit der nach den Vorschriften dieses Kapitels zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder, so kann der Unternehmenswahlvorstand beschließen, dass die zu wählenden Delegierten auch an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer der anderen Unternehmen teilnehmen, sofern auch diese durch Delegierte gewählt werden. Der Beschluss kann nur vor Erlass des Wahlausschreibens für die Wahl der Delegierten gefasst werden. Unterabschnitt 2 Einleitung der Wahl §56

Errechnung der Zahl der Delegierten (1) Steht fest, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen sind, so errechnet der Unternehmenswahlvorstand anhand der ihm von den Betriebswahlvorständen zugesandten Wählerlisten für jeden Betrieb gesondert die Zahl der in dem Betrieb zu wählenden Delegierten sowie ihre Verteilung auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten. (2) Zur Errechnung der Zahl der in einem Betrieb zu wählenden Delegierten wird die Zahl der Wahlberechtigten des Betriebs durch 90 geteilt. Teilzahlen werden voll gezählt, wenn sie mindestens die Hälfte der vollen Zahl betragen. (3) Die Errechnung der auf die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten entfallenden Delegierten erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Hierzu werden die Zahlen der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten des Betriebs in einer Reihe nebeneinander gestellt und beide durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie Delegierte zu wählen sind. Die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten erhalten jeweils so viele Delegierte zugeteilt, wie Höchstzahlen

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auf sie entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten zugleich entfällt, entscheidet das Los darüber, wem der Delegierte zufällt. (4) Ergibt die Errechnung nach Absatz 3 in einem Betrieb für die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder die leitenden Angestellten mehr als 1. 25 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf die Hälfte; diese Delegierten erhalten je zwei Stimmen; 2. 50 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf ein Drittel; diese Delegierten erhalten je drei Stimmen; 3. 75 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf ein Viertel; diese Delegierten erhalten je vier Stimmen; 4. 100 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf ein Fünftel; diese Delegierten erhalten je fünf Stimmen; 5. 125 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf ein Sechstel; diese Delegierten erhalten je sechs Stimmen; 6. 150 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf ein Siebtel; diese Delegierten erhalten je sieben Stimmen. Teilzahlen werden voll gezählt, wenn sie mindestens die Hälfte der vollen Zahl betragen. (5) Sind in einem Betrieb mindestens neun Delegierte zu wählen, so entfällt auf die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten mindestens je ein Delegierter; dies gilt nicht, soweit in dem Betrieb nicht mehr als fünf in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichnete Arbeitnehmer oder leitende Angestellte wahlberechtigt sind. Soweit auf die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten lediglich nach Satz 1 Delegierte entfallen, vermehrt sich die Zahl der Delegierten des Betriebs entsprechend. $57 Zuordnung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu anderen Betrieben (1) Entfällt nach § 56 auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder die leitenden Angestellten eines Betriebs kein Delegierter, so streicht der Unternehmenswahlvorstand diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der ihm vorliegenden Kopie der Wählerliste des Betriebs.

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(2) Der Unternehmenswahlvorstand stellt fest, ob die nach Absatz 1 aus der Wählerliste eines Betriebs zu streichenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die Wahl der Delegierten nach § 11 Abs. 3 und 4 des Gesetzes als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Betriebs der Hauptniederlassung des Unternehmens oder als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des nach der Zahl der Wahlberechtigten größten Betriebs des Unternehmens gelten. Der Unternehmenswahlvorstand nimmt diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die ihm vorliegende Kopie der Wählerliste des Betriebs auf, als dessen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sie für die Wahl der Delegierten gelten. Nach der Zuordnung ist die Zahl der Delegierten der betroffenen Betriebe und ihre Verteilung auf die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten neu zu errechnen (§ 56). $58

Mitteilungen des Unternehmenswahlvorstands (1) Der Unternehmenswahlvorstand teilt jedem Betriebswahlvorstand unverzüglich nach der Errechnung der Zahl der Delegierten (§ 56) oder, falls eine Zuordnung (§ 57 Abs. 2) zu einem anderen Betrieb erfolgt ist, unverzüglich nach der Feststellung über diese Zuordnung mit: 1. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen sind; 2. einen Beschluss darüber, dass die zu wählenden Delegierten auch an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer anderer Unternehmen teilnehmen sollen; die anderen Unternehmen sind anzugeben; 3. die Zahl der zu wählenden Delegierten, getrennt nach Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten; 4. die Familiennamen und Vornamen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nach § 57 Abs. 1 aus der Wählerliste des Betriebs zu streichen sind, sowie den Betrieb, dem sie zugeordnet sind; 5. die Familiennamen, Vornamen und Geburtsdatum der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nach § 57 Abs. 2 Satz 1 und 2 in die Wählerliste des Betriebs aufzunehmen sind, getrennt nach in % 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmern und leitenden Angestellten, sowie den Betrieb, aus dessen Wählerliste sie gestrichen worden sind; 6. den Zeitpunkt, bis zu dem jeder Betriebswahlvorstand dem Unternehmenswahlvorstand das Ergebnis der Wahl der Delegierten mitzuteilen hat. (2) Der Unternehmenswahlvorstand übersendet dem Betriebswahlvorstand eines Betriebs, aus dessen Wählerliste Wahlberechtigte zu streichen sind, unverzüglich eine Kopie seiner Mitteilung (Absatz 1 Nr. 5) an den Betriebswahlvorstand des Betriebs, dem diese Wahlberechtigten zugeordnet sind. Der Betriebswahlvorstand des Betriebs, aus dessen Wählerliste Wahlberechtigte zu streichen sind, und der Betriebswahlvorstand des Betriebs, dem diese Wahlberechtigten zugeordnet sind, machen die in Absatz 1 Nr. 5 bezeichnete Mitteilung in gleicher Weise bekannt wie das Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten (§ 59). 641

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$59

Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten (1) Unverzüglich nach Eingang der in $ 58 bezeichneten Mitteilung erlässt der Betriebswahlvorstand ein Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten. Es muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum seines Erlasses; 2. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen sind; 3. ob der Unternehmenswahlvorstand nach § 55 beschlossen hat, dass die zu wählenden Delegierten auch an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer anderer Unternehmen teilnehmen sollen; die anderen Unternehmen sind anzugeben; 4. dass an der Wahl und an Abstimmungen nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind; 5. dass die Delegierten von allen Wahlberechtigten gewählt werden; 6. die Zahl der zu wählenden Delegierten, getrennt nach Delegierten der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und Delegierten der leitenden Angestellten; 7. dass Wahlvorschläge für die Wahl der Delegierten innerhalb von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingereicht werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 8. die Mindestzahl der wahlberechtigten in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, von denen ein Wahlvorschlag für Delegierte der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer unterzeichnet sein muss; 9. die Mindestzahl der wahlberechtigten leitenden Angestellten, von denen ein Wahlvorschlag für Delegierte der leitenden Angestellten unterzeichnet sein muss; 10. dass die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber in jedem Wahlvorschlag mindestens doppelt so hoch sein soll wie die Zahl der in dem Wahlgang zu wählenden Delegierten; 11. dass die Stimmabgabe an Wahlvorschläge gebunden ist und dass nur solche Wahlvorschläge berücksichtigt werden dürfen, die fristgerecht beim Betriebswahlvorstand eingereicht sind; 12. dass, wenn für einen Wahlgang nur ein gültiger Wahlvorschlag eingereicht wird, so viele der darin aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber in der angegebenen Reihenfolge als gewählt gelten, wie in dem Wahlgang Delegierte zu wählen sind; 13. wo und wie die Wahlberechtigten von den Wahlvorschlägen Kenntnis erlangen können; 14. Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe für die Wahl der Delegierten; 15. den Ort und die Zeit der öffentlichen Stimmauszählung;

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16. den Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe sowie die Betriebsteile, Kleinstbetriebe und Betriebe, für die schriftliche Stimmabgabe nach $ 69 Abs. 3 beschlossen ist; 17. dass Einsprüche, Anträge, Wahlvorschläge für die Wahl der Delegierten und sonstige Erklärungen gegenüber dem Betriebswahlvorstand abzugeben sind; 18. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. Für die Bekanntmachung des Wahlausschreibens ist $ 26 Abs. 4 und 5 entsprechend anzuwenden. (2) Wahlgang im Sinne dieses Abschnitts ist 1. die Wahl der Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, 2. die Wahl der Delegierten der leitenden Angestellten.

Unterabschnitt 3 Wahlvorschläge für Delegierte §60 Einreichung von Wahlvorschlägen (1) Zur Wahl der Delegierten können die Wahlberechtigten des Betriebs Wahlvorschläge machen. Jeder Wahlvorschlag für Delegierte 1. der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer muss von einem Zehntel oder 100 der wahlberechtigten in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, 2. der leitenden Angestellten muss von einem Zehntel oder 100 der wahlberechtigten leitenden Angestellten des Betriebs unterzeichnet sein. Die Wahlvorschläge sind innerhalb von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens für die Wahl der Delegierten beim Betriebswahlvorstand schriftlich einzureichen. Die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber in jedem Wahlvorschlag soll mindestens doppelt so hoch sein wie die Zahl der in dem Wahlgang zu wählenden Delegierten. (2) In jedem Wahlvorschlag sind die Bewerberinnen und Bewerber in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung aufzuführen. Die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen und Bewerber zur Aufnahme in den Wahlvorschlag und ihre schriftliche Versicherung, dass sie im Fall ihrer Wahl die Wahl annehmen werden, sind beizufügen. (3) Für jeden Wahlvorschlag soll eine oder einer der Unterzeichnenden als Vorschlagsvertreter bezeichnet werden. Dieser ist berechtigt und verpflichtet, dem Betriebswahlvorstand die zur Beseitigung von Beanstandungen erforderlichen Erklärungen abzugeben sowie Erklärungen und Entscheidungen des Betriebswahlvorstands entgegenzunehmen. Ist kein Vorschlagsvertreter ausdrücklich bestimmt worden, so wird die oder der an erster Stelle Unterzeichnende als Vorschlagsvertreter angesehen.

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(4) Die Unterschrift eines Wahlberechtigten zählt nur auf einem Wahlvorschlag. Hat ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet, so hat er auf Aufforderung des Betriebswahlvorstands innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens jedoch innerhalb von drei Arbeitstagen, zu erklären, welche Unterschrift er aufrechterhält. Unterbleibt die fristgerechte Erklärung, so wird sein Name auf dem zuerst eingereichten Wahlvorschlag gezählt und auf den übrigen Wahlvorschlägen gestrichen; sind mehrere Wahlvorschläge, die von demselben Wahlberechtigten unterzeichnet sind, gleichzeitig eingereicht worden, so entscheidet das Los darüber, auf welchem Wahlvorschlag die Unterschrift gilt. (5) Eine Bewerberin oder ein Bewerber kann nur auf einem Wahlvorschlag vorgeschlagen werden. Ist der Name dieser Person mit ihrer schriftlichen Zustimmung (Absatz 2 Satz 2) auf mehreren Wahlvorschlägen aufgeführt, so hat sie auf Aufforderung des Betriebswahlvorstands innerhalb von drei Arbeitstagen zu erklären, welche Bewerbung sie aufrechterhält. Unterbleibt die fristgerechte Erklärung, so ist die Bewerberin oder der Bewerber auf sämtlichen Wahl vorschlägen zu streichen. $61 Prüfung der Wahlvorschläge (1) Der Betriebswahlvorstand bestätigt dem Vorschlagsvertreter schriftlich den Zeitpunkt der Einreichung des Wahlvorschlags. (2) Der Betriebswahlvorstand bezeichnet den Wahlvorschlag, wenn er nicht mit einem Kennwort versehen ist, mit Familienname und Vorname der an erster Stelle benannten Bewerberin oder des an erster Stelle benannten Bewerbers. Er hat unverzüglich den Wahlvorschlag zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung den Vorschlagsvertreter schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. §62 Ungültige Wahlvorschläge (1) Ungültig sind Wahlvorschläge, 1. die nicht fristgerecht eingereicht worden sind, 2. auf denen die Bewerberinnen und Bewerber nicht in erkennbarer Reihenfolge aufgeführt sind, 3. die bei der Einreichung nicht die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweisen. (2) Wahlvorschläge, 1. in denen die Bewerberinnen und Bewerber nicht in der in § 60 Abs. 2 Satz 1 bestimmten Weise bezeichnet sind, 2. denen die schriftliche Zustimmung und Versicherung der Bewerberinnen und Bewerber nach $ 60 Abs. 2 Satz 2 nicht beigefügt sind, 3. die infolge von Streichungen gemäß § 60 Abs. 4 nicht mehr die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweisen,

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sind ungültig, wenn der Betriebswahlvorstand sie beanstandet hat und die Mängel nicht innerhalb von drei Arbeitstagen seit der Beanstandung beseitigt worden sind. $63

Nachfrist für Wahlvorschläge (1) Ist nach Ablauf der für die Einreichung von Wahlvorschlägen bestimmten Frist für einen Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so erlässt der Betriebswahlvorstand unverzüglich eine Bekanntmachung und setzt eine Nachfrist von einer Woche für die Einreichung von Wahlvorschlägen fest. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum ihres Erlasses; 2. dass für den Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht worden ist; 3. dass Wahlvorschläge innerhalb einer Nachfrist von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingereicht werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben. (2) Wird bis zum Ablauf der Nachfrist für einen Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so macht der Betriebswahlvorstand unverzüglich bekannt, dass der Wahlgang nicht stattfindet. (3) Für Bekanntmachungen nach den Absätzen 1 und 2 ist § 26 Abs. 4 und 5 entsprechend anzuwenden. §64

Bekanntmachung der Wahlvorschläge (1) Sind für einen Wahlgang mehrere Wahl vorschlage eingereicht, so ermittelt der Betriebswahlvorstand durch das Los nach Ablauf der in § 60 Abs. 1 Satz 3, $ 6 2 Abs. 2 und $ 6 3 Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Fristen die Reihenfolge der Ordnungsnummern, die den eingereichten Wahlvorschlägen zugeteilt werden (WahlVorschlag 1, 2 usw.). Die Vorschlagsvertreter sind zu der Losentscheidung rechtzeitig einzuladen. (2) Spätestens zwei Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe macht der Betriebswahlvorstand die gültigen Wahlvorschläge, nach Wahlgängen getrennt, in gleicher Weise bekannt wie das Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten. Liegt für einen Wahlgang nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so weist der Betriebswahlvorstand in der Bekanntmachung darauf hin, dass so viele der darin aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber in der angegebenen Reihenfolge als gewählt gelten, wie in dem Wahlgang Delegierte zu wählen sind.

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Unterabschnitt 4 Wahl von Delegierten in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahl vorschläge $65 Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Liegen für einen Wahlgang mehrere gültige Wahlvorschläge vor, so kann die Wählerin ihre und der Wähler seine Stimme nur für einen dieser Wahlvorschläge abgeben. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). (2) Der Betriebswahlvorstand hat die Wahlvorschläge auf den Stimmzetteln nach der Reihenfolge der Ordnungsnummern sowie unter Angabe der an erster und zweiter Stelle benannten Bewerberinnen und Bewerber mit Familienname, Vorname und Art der Beschäftigung untereinander aufzuführen; bei Wahlvorschlägen, die mit einem Kennwort versehen sind, ist auch das Kennwort anzugeben. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, dass nur ein Wahlvorschlag angekreuzt werden kann. Die Stimmzettel, die für denselben Wahlgang Verwendung finden, müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. Die Stimmzettel und Wahlumschläge, die für einen Wahlgang Verwendung finden, müssen sich von den für die anderen Wahlgänge vorgesehenen Stimmzetteln und Wahlumschlägen in der Farbe unterscheiden. (3) Die Wählerin kennzeichnet den von ihr und der Wähler den von ihm gewählten Wahlvorschlag durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Für den Wahlvorgang sind die $ § 1 7 und 18 entsprechend anzuwenden; die Stimmabgabe ist in der Wählerliste für jeden Wahlgang gesondert zu vermerken. (4) Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr als ein Wahlvorschlag angekreuzt ist, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. §66 Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Betriebswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die auf jeden Wahlvorschlag entfallenden Stimmen zusammen. (3) Bei der Auszählung ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. (4) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt § 21 Abs. 4 entsprechend.

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Zweite W a h l o r d n u n g z u m Mitbestimmungsgesetz

$67 Ermittlung der Gewählten (1) Die in dem Wahlgang den einzelnen Wahlvorschlägen zugefallenen Stimmenzahlen werden in einer Reihe nebeneinander gestellt und sämtlich durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie in dem Wahlgang Delegierte zu wählen sind. Jeder Wahlvorschlag erhält so viele Sitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf ihn entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf mehrere Wahlvorschläge zugleich entfällt, so entscheidet das Los darüber, welchem Wahl vorschlag dieser Sitz zufällt. (2) Wenn ein Wahlvorschlag insgesamt weniger Bewerberinnen und Bewerber enthält, als Höchstzahlen auf ihn entfallen, so gehen die überschüssigen Sitze auf die folgenden Höchstzahlen der anderen Wahlvorschläge desselben Wahlgangs über. (3) Die Reihenfolge der Bewerberinnen und Bewerber innerhalb der einzelnen Wahlvorschläge bestimmt sich nach der Reihenfolge ihrer Benennung. Unterabschnitt 5 Ermittlung von Delegierten bei Vorliegen nur eines Wahlvorschlags für einen Wahlgang §68 Ermittlung von Delegierten bei Vorliegen nur eines Wahlvorschlags für einen Wahlgang (1) Liegt für einen Wahlgang nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so gelten so viele der darin aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber in der im Wahlvorschlag angegebenen Reihenfolge als gewählt, wie Delegierte in dem Wahlgang zu wählen sind. (2) Der Betriebswahlvorstand stellt unverzüglich nach Abschluss der Wahl der Delegierten fest, welche Delegierten nach Absatz 1 als gewählt gelten. Unterabschnitt 6 Schriftliche Stimmabgabe 569 Voraussetzungen (1) Einem Wahlberechtigten, der im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert ist, seine Stimme persönlich abzugeben, hat der Betriebswahlvorstand auf sein Verlangen 1. das Wahlausschreiben,

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Zweite Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

2. für jeden Wahlgang, an dem er teilzunehmen berechtigt ist, gesondert a) die Wahlvorschläge, b) den Stimmzettel und den Wahlumschlag, 3. eine vorgedruckte, von der Wählerin oder dem Wähler abzugebende Erklärung, in der gegenüber dem Betriebswahlvorstand zu versichern ist, dass der Stimmzettel persönlich gekennzeichnet worden ist, sowie 4. einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Betriebswahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift des Wahlberechtigten sowie den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe" trägt, auszuhändigen oder zu übersenden. Der Betriebswahlvorstand soll dem Wahlberechtigten ferner ein Merkblatt über die Art und Weise der schriftlichen Stimmabgabe (§ 70 Abs. 1) aushändigen oder übersenden. Der Betriebswahlvorstand vermerkt die Aushändigung oder die Übersendung der Unterlagen für jeden Wahlgang gesondert in der Wählerliste. (2) Wahlberechtigte, von denen dem Betriebswahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden (insbesondere im Außendienst, mit Telearbeit und in Heimarbeit Beschäftigte), sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die dem Betrieb nach § 57 Abs. 2 zugeordnet sind, erhalten die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen, ohne dass es eines Verlangens des Wahlberechtigten bedarf. (3) Der Betriebswahlvorstand kann die schriftliche Stimmabgabe beschließen 1. für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, 2. für Betriebe, in denen die Mehrheit der Wahlberechtigten zur schriftlichen Stimmabgabe nach Absatz 2 berechtigt ist und in denen die verbleibende Minderheit nicht mehr als insgesamt 25 Wahlberechtigte ausmacht. Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden. §70 Verfahren bei der Stimmabgabe (1) Die Stimmabgabe erfolgt in der Weise, dass die Wählerin oder der Wähler 1. die Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnet und in den zugehörigen Wahlumschlägen verschließt, 2. die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Orts und des Datums unterschreibt und 3. die Wahlumschläge und die unterschriebene vorgedruckte Erklärung in dem Freiumschlag verschließt und diesen Wahlbrief so rechtzeitig an den Betriebswahlvorstand absendet oder übergibt, dass er vor Abschluss der Stimmabgabe vorliegt. (2) Unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe öffnet der Betriebswahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Wahlbriefe und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt, so

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vermerkt der Betriebswahlvorstand die S t i m m a b g a b e für j e d e n W a h l g a n g gesondert in der Wählerliste u n d legt die Wahlumschläge u n g e ö f f n e t in die Wahlurne. (3) Verspätet eingehende Wahlbriefe n i m m t der Betriebswahlvorstand m i t e i n e m Vermerk über den Z e i t p u n k t des Eingangs u n g e ö f f n e t zu den Wahlunterlagen. Die Wahlbriefe sind einen M o n a t nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der A r b e i t n e h m e r u n g e ö f f n e t z u vernichten, w e n n die Wahl n i c h t angefochten worden ist.

Unterabschnitt 7 Wahlniederschrift, B e n a c h r i c h t i g u n g e n §71

Wahlniederschrift (1) Nachdem e r m i t t e l t ist, wer als Delegierter gewählt ist, stellt der Betriebswahlvorstand in einer Niederschrift für j e d e n W a h l g a n g gesondert fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen S t i m m e n ; 3 . die Zahl der insgesamt abgegebenen S t i m m e n ; 4 . die Zahl der gültigen S t i m m e n ; 5. die Zahl der ungültigen S t i m m e n ; 6. die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden S t i m m e n , die berechneten H ö c h s t z a h l e n u n d ihre Verteilung a u f die Wahlvorschläge; 7. den Wahlvorschlag, dessen Bewerberinnen und Bewerber als gewählt gelten ($68); 8. für j e d e n Wahl vorschlag gesondert die N a m e n u n d Anschriften a) der gewählten Delegierten, b) der Ersatzdelegierten in der Reihenfolge ihrer B e n e n n u n g ; 9. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. (2) Der Betriebswahlvorstand ü b e r m i t t e l t die Wahlniederschrift unverzüglich dem U n t e r n e h m e n s w a h l v o r s t a n d eingeschrieben, fernschriftlich oder durch B o t i n oder B o t e n . §72

Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten (1) D e r Betriebswahlvorstand m a c h t das Wahlergebnis und die N a m e n der Gewählten unverzüglich für die Dauer von zwei Wochen b e k a n n t . (2) Gleichzeitig benachrichtigt der Betriebswahlvorstand die Gewählten schriftlich von ihrer Wahl. Haben die Delegierten nach $ 55 ein Mehrfachmandat, so ist dies in der B e n a c h r i c h t i g u n g a n z u g e b e n .

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Unterabschnitt 8 Ausnahme §73 Ausnahme Die Vorschriften der Unterabschnitte 1 bis 7 sind nicht anzuwenden auf Betriebe, in denen nach den Vorschriften dieser Verordnung oder, unter den in $ 54 Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen, nach den Vorschriften der Dritten Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz Delegierte bereits gewählt sind, deren Amtszeit bei Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer noch nicht beendet ist ($13 des Gesetzes).

Abschnitt 2 Wahl der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r d u r c h die D e l e g i e r t e n Unterabschnitt 1 Delegiertenversammlung, Delegiertenliste $74 Delegiertenversammlung (1) Die Delegierten wählen die Aufsichtsratmitglieder der Arbeitnehmer in einer Versammlung (Delegiertenversammlung). Sie wird vom Unternehmenswahlvorstand geleitet. (2) Der Unternehmenswahlvorstand bestimmt den Tag der Delegiertenversammlung. Sie soll spätestens vier Wochen nach dem Zeitpunkt stattfinden, bis zu dem die Betriebswahlvorstände dem Unternehmenswahlvorstand nach $ 58 Abs. 1 Nr. 6 die Ergebnisse der Wahl der Delegierten mitzuteilen hatten. Sind in dem Unternehmen keine Delegierten zu wählen ($ 54), so soll die Delegiertenversammlung spätestens vier Wochen vor dem Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer stattfinden. $75 Delegiertenliste (1) Der Unternehmenswahlvorstand stellt eine Liste der Delegierten (Delegiertenliste), getrennt nach Delegierten der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten auf. $ 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 ist entsprechend anzuwenden. (2) Hinter dem Namen jedes Delegierten ist zu vermerken, wie viele Stimmen er hat. (3) Die Einsichtnahme in die Delegiertenliste, das Gesetz und diese Verordnung ist in der Delegiertenversammlung bis zum Abschluss der Stimmabgabe zu ermöglichen. Die zur Einsichtnahme bestimmte Delegiertenliste soll die

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Geburtsdaten der Delegierten nicht enthalten. Die Einsichtnahme kann durch Auslegung und durch Einsatz der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik ermöglicht werden. §76 Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste (1) Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste können vor Beginn der Stimmabgabe beim Unternehmenswahlvorstand eingelegt werden. (2) Über Einsprüche nach Absatz 1 entscheidet der Unternehmenswahlvorstand unverzüglich. Ist ein Einspruch begründet, so berichtigt der Unternehmenswahlvorstand die Delegiertenliste. Der Unternehmenswahlvorstand teilt seine Entscheidung der Person, die den Einspruch eingelegt hat, unverzüglich mit. (3) Vor Beginn der Stimmabgabe soll der Unternehmenswahlvorstand die Delegiertenliste auf ihre Richtigkeit hin überprüfen. Im Übrigen kann die Delegiertenliste nur bei Schreibfehlern, offenbaren Unrichtigkeiten oder in Erledigung rechtzeitig eingelegter Einsprüche bis vor Beginn der Stimmabgabe berichtigt oder ergänzt werden. Unterabschnitt 2 Mitteilung an die Delegierten $77 Mitteilung an die Delegierten (1) Der Unternehmens wahlvorstand teilt jedem Delegierten spätestens zwei Wochen vor dem Tag der Delegiertenversammlung mit: 1. dass an der Wahl und an Abstimmungen nur Delegierte teilnehmen können, die in der Delegiertenliste eingetragen sind; 2. dass die Einsichtnahme in die Delegiertenliste, das Gesetz und diese Verordnung in der Delegiertenversammlung ermöglicht wird; 3. dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste vor Beginn der Stimmabgabe beim Unternehmenswahlvorstand eingelegt werden können; 4. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer von allen Delegierten gewählt werden; 5. wie viele Stimmen dem Delegierten zustehen; 6. dass die Stimmabgabe an Wahlvorschläge gebunden ist; 7. Ort, Tag und Zeit der Delegiertenversammlung und der öffentlichen Stimmauszählung; 8. die Anschrift des Unternehmenswahlvorstands. Die Mitteilung erfolgt schriftlich gegen Empfangsbekenntnis oder durch eingeschriebenen Brief. (2) Der Unternehmenswahlvorstand übersendet Kopien der Mitteilung nach Absatz 1 den Betriebswahlvorständen, dem Unternehmen und den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften.

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Zweite Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

(3) Stellt der Unternehmenswahlvorstand fest, dass die Amtszeit eines Delegierten 1. durch Niederlegung des Amtes, 2. durch Beendigung der Beschäftigung des Delegierten in dem Betrieb, dessen Delegierter er ist, 3. durch Verlust der Wählbarkeit vorzeitig beendet ($ 14 Abs. 1 des Gesetzes) oder dass er verhindert ($ 14 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes) ist, so verständigt er den Ersatzdelegierten (§ 14 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes) in gleicher Weise wie die Delegierten. (4) Stellt ein Delegierter fest, dass er verhindert ist, so teilt er dies dem Betriebswahlvorstand mit. Stellt ein Betriebswahlvorstand fest, dass die Amtszeit eines Delegierten vorzeitig beendet oder dass er verhindert ist, so teilt er dies dem Unternehmenswahlvorstand mit. Unterabschnitt 3 Wahl mehrererAufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge §78 Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Sind in einem Wahlgang mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen und liegen für diesen Wahlgang mehrere gültige Wahlvorschläge vor, so kann der Delegierte seine Stimme nur für einen dieser Wahlvorschläge abgeben. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). Hat ein Delegierter mehrere Stimmen, so gibt er für jede Stimme einen Stimmzettel in einem Wahlumschlag ab. Der Begriff des Wahlgangs im Sinne dieses Abschnitts bestimmt sich nach § 27 Abs. 4. (2) Der Unternehmenswahlvorstand hat die Wahlvorschläge auf den Stimmzetteln nach der Reihenfolge der Ordnungsnummern sowie unter Angabe der an erster und zweiter Stelle benannten Bewerberinnen und Bewerber mit Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung und Betrieb untereinander aufzuführen; bei Wahlvorschlägen, die mit einem Kennwort versehen sind, ist auch das Kennwort anzugeben. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, dass der Delegierte nur einen Wahlvorschlag ankreuzen kann. Die Stimmzettel, die für denselben Wahlgang Verwendung finden, müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. Die Stimmzettel und Wahlumschläge, die für einen Wahlgang Verwendung finden, müssen sich von den für die anderen Wahlgänge vorgesehenen Stimmzetteln und Wahlumschlägen in der Farbe unterscheiden. (3) Der Delegierte kennzeichnet den von ihm gewählten Wahlvorschlag durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Für den Wahl Vorgang sind die $ $ 1 7 und 18 entsprechend anzuwenden; die Stimmabgabe ist in der Delegiertenliste für jeden Wahlgang und für jede Stimme gesondert zu vermerken. (4) Ungültig sind Stimmzettel,

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1. in denen mehr als ein Wahlvorschlag angekreuzt ist, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. $79 Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Unternehmenswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Unternehmenswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die auf jeden Wahlvorschlag entfallenden Stimmen zusammen. (3) Bei der Auszählung ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. (4) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt § 21 Abs. 4 entsprechend. §80 Ermittlung der Gewählten (1) Die in dem Wahlgang den einzelnen Wahlvorschlägen zugefallenen Stimmenzahlen werden in einer Reihe nebeneinander gestellt und sämtlich durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind. Jeder Wahlvorschlag erhält so viele Sitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf ihn entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf mehrere Wahlvorschläge zugleich entfällt, so entscheidet das Los darüber, welchem Wahlvorschlag dieser Sitz zufällt. (2) Wenn ein Wahlvorschlag insgesamt weniger Bewerberinnen und Bewerber enthält, als Höchstzahlen auf ihn entfallen, so gehen die überschüssigen Sitze auf die folgenden Höchstzahlen der anderen Wahlvorschläge desselben Wahlgangs über. (3) Die Reihenfolge der Bewerberinnen und Bewerber innerhalb der einzelnen Wahlvorschläge bestimmt sich nach der Reihenfolge ihrer Benennung. (4) Mit der Wahl einer Bewerberin oder eines Bewerbers ist das in dem Wahlvorschlag neben der gewählten Bewerberin oder dem gewählten Bewerber aufgeführte Ersatzmitglied des Aufsichtsrats gewählt.

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Unterabschnitt 4 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund nur eines Wahlvorschlags §81 Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Sind in einem Wahlgang mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen und liegt für diesen Wahlgang nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so kann der Delegierte seine Stimme nur für die in den Wahlvorschlag aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber abgeben. Eine gesonderte Stimmabgabe für ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats ist nicht zulässig. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). Hat ein Delegierter mehrere Stimmen, so gibt er für jede Stimme einen Stimmzettel in einem Wahlumschlag ab. (2) Der Unternehmenswahlvorstand hat die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung und Betrieb untereinander in der Reihenfolge aufzuführen, in der sie in dem Wahlvorschlag benannt sind. Das für eine Bewerberin oder für einen Bewerber vorgeschlagene Eratzmitglied ist auf dem Stimmzettel neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen; Satz 1 ist entsprechend anzuwenden. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, wie viele Bewerberinnen und Bewerber der Delegierte ankreuzen kann. $ 78 Abs. 2 Satz 3 und 4 ist anzuwenden. (3) Der Delegierte kennzeichnet die von ihm Gewählten durch Ankreuzen an den im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stellen. Er darf nicht mehr Bewerberinnen und Bewerber ankreuzen, als Aufsichtsratsmitglieder in dem Wahlgang zu wählen sind. § 78 Abs. 3 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. (4) Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr Bewerberinnen und Bewerber angekreuzt sind, als in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. $82 Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Unternehmenswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Unternehmenswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die auf jede Bewerberin oder jeden Bewerber entfallenden Stimmen zusammen. $ 79 Abs. 3 ist anzuwenden. Ist auf einem Stimmzettel eine Bewerberin oder ein Bewerber mehrfach angekreuzt, so zählt dies als eine Stimme. (3) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt § 21 Abs. 4 entsprechend.

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$83 Ermittlung der Gewählten Gewählt sind so viele Bewerberinnen und Bewerber, wie in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind, nach der Reihenfolge der auf sie entfallenden Stimmenzahlen. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. § 80 Abs. 4 ist anzuwenden. Unterabschnitt 5 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang §84 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang (1) Ist in einem Wahlgang nur ein Aufsichtsratsmitglied der Arbeitnehmer zu wählen, so kann der Delegierte seine Stimme nur für eine der vorgeschlagenen Bewerberinnen oder einen der vorgeschlagenen Bewerber abgeben. § 81 Abs. 1 Satz 2 bis 4 ist anzuwenden. (2) Liegt nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so hat der Unternehmenswahlvorstand die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung und Betrieb untereinander in der Reihenfolge aufzuführen, in der sie in dem Wahlvorschlag benannt sind. Liegen mehrere gültige Wahlvorschläge vor, so hat der Unternehmenswahlvorstand die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung, Betrieb und Kennwort des Wahlvorschlags untereinander in alphabetischer Reihenfolge aufzuführen. § 81 Abs. 2 Satz 2 bis 4 ist anzuwenden. (3) Der Delegierte kennzeichnet die von ihm gewählte Bewerberin oder den von ihm gewählten Bewerber durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Er darf nicht mehr als eine Bewerberin oder einen Bewerber ankreuzen. § 78 Abs. 3 Satz 2, § 81 Abs. 4 und die §§ 82 und 83 sind anzuwenden.

Unterabschnitt 6 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen S 85 Wahlniederschrift Nachdem ermittelt ist, wer gewählt ist, stellt der Unternehmenswahlvorstand in einer Niederschrift für jeden Wahlgang gesondert fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen;

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4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. bei Verhältniswahl die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen, die berechneten Höchstzahlen und ihre Verteilung auf die Wahlvorschläge; 7. bei Mehrheitswahl die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen; 8. die Namen der gewählten Aufsichtsratsmitglieder; 9. die Namen der für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder gewählten Ersatzmitglieder; 10. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. $86

Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten (1) Der Unternehmenswahlvorstand gibt das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten in der Delegiertenversammlung bekannt. (2) Der Unternehmenswahlvorstand übermittelt das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten den Betriebswahlvorständen. Jeder Betriebswahlvorstand macht das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten unverzüglich für die Dauer von zwei Wochen bekannt. (3) Gleichzeitig benachrichtigt der Unternehmenswahlvorstand die Gewählten schriftlich von ihrer Wahl und übermittelt das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten dem Unternehmen und den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. $87

Aufbewahrung der Wahlakten Der Unternehmenswahlvorstand und jeder Betriebswahlvorstand übergeben die Wahlakten dem Unternehmen. Das Unternehmen bewahrt die Wahlakten mindestens für die Dauer von fünf Jahren auf.

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Teil 2 Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern der A r b e i t n e h m e r Kapitel 1 Gemeinsame Vorschriften §88

Einleitung des Abberufungsverfahrens (1) Ein Antrag auf Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer nach $ 23 Abs. 1 des Gesetzes ist schriftlich beim Gesamtbetriebsrat einzureichen. (2) Unverzüglich nach Eingang eines Antrags auf Abberufung wird der Unternehmenswahlvorstand gebildet, es sei denn, der Antrag entspricht offensichtlich nicht den in § 23 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes bezeichneten Erfordernissen. (3) Für die Aufgaben, die Bildung, die Zusammensetzung und die Geschäftsführung der Wahlvorstände sind die $$ 3 bis 7 entsprechend anzuwenden; die Mitteilung des Untemehmenswahlvorstands nach $ 6 muss auch den Inhalt des Antrags auf Abberufung enthalten. Das Unternehmen hat dem Unternehmenswahlvorstand die bei der Wahl des Aufsichtsratsmitglieds, dessen Abberufung beantragt wird, entstandenen Wahlakten zu übergeben. $89

Liste der antragsberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Wird die Abberufung eines untemehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer beantragt, so wird in jedem Betrieb unverzüglich nach der Bildung des Betriebswahlvorstands eine Liste der Wahlberechtigten aufgestellt, die nach S 23 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes für die Abberufung dieses Aufsichtsratsmitglieds antragsberechtigt sind. Die SS 8 bis 12 sind entsprechend anzuwenden; die Bekanntmachung nach S 9 Abs. 2 und 3 muss auch den Inhalt des Antrags auf Abberufung enthalten. S 90

Prüfung des Antrags auf Abberufung (1) Der Unternehmenswahlvorstand prüft unverzüglich nach Übersendung der Listen der antragsberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Gültigkeit des Antrags auf Abberufung. (2) Ist ein Antrag ungültig, so teilt der Unternehmenswahlvorstand dies dem Antragsvertreter oder, wenn ein solcher nicht benannt ist, der oder dem an erster Stelle Unterzeichnenden und den Betriebswahlvorständen schriftlich mit. Jeder Betriebswahlvorstand macht die Mitteilung für die Dauer von zwei Wochen bekannt. 657

Zweite Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

$91 Anzuwendende Vorschriften (1) Liegt ein gültiger Antrag vor, so stellt der Unternehmenswahlvorstand fest, ob das Aufsichtsratsmitglied, dessen Abberufung beantragt ist, in unmittelbarer Wahl oder durch Delegierte gewählt worden ist. (2) Ist das Aufsichtsratsmitglied, dessen Abberufung beantragt ist, in unmittelbarer Wahl gewählt worden, so richtet sich das weitere Abberufungsverfahren nach den Vorschriften des Kapitels 2. (3) Ist das Aufsichtsratsmitglied, dessen Abberufung beantragt ist, durch Delegierte gewählt worden, so richtet sich das weitere Abberufungsverfahren nach den Vorschriften des Kapitels 3. Kapitel 2 Abstimmung über die Abberufung eines in unmittelbarer Wahl gewählten Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer §92 Abberufungsausschreiben, Wählerliste (1) Der Unternehmenswahlvorstand erlässt unverzüglich ein Abberufungsausschreiben. Die Abstimmung soll innerhalb von vier Wochen seit dem für die Bekanntmachung des Abberufungsausschreibens bestimmten Zeitpunkt stattfinden. (2) Das Abberufungsausschreiben muss folgende Angaben enthalten: 1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. den Inhalt des Antrags; 3. die Bezeichnung der antragstellenden Person; 4. die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die den Antrag unterzeichnet haben; 5. dass an der Abstimmung nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind; 6. dass der Beschluss über die Abberufung einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen bedarf; 7. den Tag oder die Tage der Stimmabgabe. Für die Bekanntmachung des Abberufungsausschreibens sind § 15 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 sowie § 26 Abs. 4 und 5 entsprechend anzuwenden. (3) In jedem Betrieb wird für die Abberufung unverzüglich eine Liste der Abstimmungsberechtigten des Betriebs (Wählerliste) aufgestellt. Die §§ 8 , 9 , 1 1 und 12 sind entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass abweichend von § 8 Abs. 1 Satz 1 eine Trennung der Wählerliste nicht erforderlich ist.

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593 Abstimmung, Abstimmungsergebnis, Akten (1) Für die Abstimmung sind die S§16 bis 23 anzuwenden. (2) Der Unternehmenswahlvorstand übermittelt das Abstimmungsergebnis schriftlich 1. den Betriebswahl vorständen, 2. dem Aufsichtsratsmitglied, über dessen Abberufung abgestimmt worden ist, 3. der Gewerkschaft, die einen Antrag auf Abberufung gestellt hat (§ 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Gesetzes), 4. dem Unternehmen. $ 90 Abs. 2 Satz 2 ist anzuwenden. (3) Auf die im Zusammenhang mit einem Antrag auf Abberufung entstandenen Akten ist § 53 entsprechend anzuwenden.

Kapitel 3 Abstimmung über die Abberufung eines durch Delegierte gewählten Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer $94 Delegiertenliste Der Unternehmenswahlvorstand stellt für die Abberufung unverzüglich eine Liste der Delegierten (Delegiertenliste) auf. § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 3 und 5, § 75 Abs. 2 und 3 und § 76 sind entsprechend anzuwenden. §95 Delegiertenversammlung, Mitteilung des Unternehmenswahlvorstands an die Delegierten (1) Die Delegierten stimmen über den Antrag auf Abberufung in einer Versammlung (Delegiertenversammlung) ab. Die Delegiertenversammlung soll innerhalb von sechs Wochen nach der Feststellung, dass ein gültiger Antrag auf Abberufung eines durch Delegierte gewählten Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer vorliegt, stattfinden. (2) Der Unternehmenswahlvorstand beruft die Delegierten schriftlich gegen Empfangsbekenntnis oder durch eingeschriebenen Brief zur Delegiertenversammlung ein; $ 77 Abs. 2 bis 4 ist entsprechend anzuwenden. Die Mitteilung nach Satz 1 soll den Delegierten spätestens zwei Wochen vor der Delegiertenversammlung übersandt werden. (3) Die Mitteilung muss folgende Angaben enthalten: 1. den Inhalt des Antrags; 2. die Bezeichnung der antragstellenden Person; 3. die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die den Antrag unterzeichnet haben;

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4. dass an der Abstimmung nur Delegierte teilnehmen können, die in der Delegiertenliste eingetragen sind; 5. dass die Einsichtnahme in die Delegiertenliste, das Gesetz und diese Verordnung in der Delegiertenversammlung ermöglicht wird; 6. dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste vor Beginn der Stimmabgabe beim Unternehmenswahlvorstand eingelegt werden können; 7. dass der Beschluss über die Abberufung einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen bedarf; 8. wie viele Stimmen dem Delegierten zustehen; 9. Ort, Tag und Zeit der Delegiertenversammlung und der öffentlichen Stimmauszählung; 10. die Anschrift des Unternehmenswahlvorstands. $96 Abstimmung, Abstimmungsergebnis, Akten Für die Abstimmung, das Abstimmungsergebnis und die Aufbewahrung der Akten sind $ 16 Abs. 1 und 3, die $$ 17, 18, 21, 23 und 78 Abs. 1 Satz 3 und 4 sowie die §§ 79,86 und 93 Abs. 2 und 3 entsprechend anzuwenden.

Kapitel 4 Ersatzmitglieder $97 Ersatzmitglieder Für die Abberufung von Ersatzmitgliedern ($ 23 Abs. 4 des Gesetzes) sind die Vorschriften der Kapitel 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

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Zweite Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Teil 3 B e s o n d e r e V o r s c h r i f t e n für die Wahl und die A b b e r u f u n g der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r bei T e i l n a h m e von A r b e i t n e h m e r i n n e n und A r b e i t n e h m e r n eines S e e b e t r i e b s

Kapitel 1 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 1 Einleitung der Wahl, A b s t i m m u n g über die Art der Wahl, W a h l v o r s c h l ä g e $98 Einleitung der Wahl (1) Die in $ 2 Abs. 1 Satz 1 bezeichnete Frist wird auf 46 Wochen verlängert. (2) In der in § 2 bezeichneten Bekanntmachung ist gesondert die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anzugeben, die im Seebetrieb (§ 34 Abs. 1 des Gesetzes) beschäftigt sind. (3) Für den Seebetrieb wird ein Betriebswahlvorstand nicht gebildet. Der Unternehmenswahlvorstand nimmt im Seebetrieb die sich aus dieser Verordnung ergebenden Aufgaben des Betriebswahlvorstands wahr. Für die Anwendung von § 4 Abs. 5 bleibt der Seebetrieb außer Betracht. (4) Mitteilungen, die im Seebetrieb bekannt zu machen sind, übersendet der Unternehmenswahlvorstand jedem zum Seebetrieb gehörigen Schiff und teilt dabei den Zeitpunkt mit, von dem ab sie auf dem Schiff bekannt zu machen sind. Mitteilungen sind von der Bordvertretung oder, wenn eine solche nicht besteht, vom Kapitän bekannt zu machen. Der erste und der letzte Tag der Bekanntmachung sind auf der Mitteilung zu vermerken. (5) Der Unternehmenswahlvorstand übersendet jedem zum Seebetrieb gehörigen Schiff eine Kopie der Wählerliste des Seebetriebs, das Gesetz und diese Verordnung. Ihre Einsichtnahme ist von der Bordvertretung oder, wenn eine solche nicht besteht, vom Kapitän zu ermöglichen. Die Einsichtnahme kann durch Auslegung an geeigneter, den Wahlberechtigten zugänglicher Stelle an Bord und durch Einsatz der im Betrieb vorhandenen Informationsund Kommunikationsmittel ermöglicht werden. Außerdem übersendet der Unternehmenswahlvorstand die Wählerliste des Seebetriebs dem Betriebswahlvorstand des Landbetriebs, der für die Heuerverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs zuständig ist. Dieser Betriebswahlvorstand ermöglicht die Einsichtnahme in die Wählerliste des Seebetriebs in gleicher Weise wie in die in § 8 bezeichnete Wählerliste. (6) Im Seebetrieb ist § 9 Abs. 2 und 3 nicht anzuwenden. Der Unternehmenswahlvorstand versendet im Seebetrieb gleichzeitig mit der Wählerliste eine Bekanntmachung. Sie muss folgende Angaben enthalten: 661

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1. das Datum ihrer Versendung; 2. die Namen der Mitglieder des Unternehmenswahlvorstands und seine Anschrift; 3. dass die Einsichtnahme in die Wählerliste des Seebetriebs, das Gesetz und diese Verordnung an Bord ermöglicht wird; 4. dass die Einsichtnahme in die Wählerliste des Seebetriebs auch in dem Landbetrieb, der für die Heuerverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs zuständig ist, ermöglicht wird; 5. dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste nur innerhalb von vier Wochen seit ihrer Versendung schriftlich beim Unternehmenswahlvorstand eingelegt werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 6. dass Einsprüche gegen Berichtigungen und Ergänzungen der Wählerliste nur innerhalb von vier Wochen seit der Berichtigung oder der Ergänzung eingelegt werden können; 7. dass an der Wahl und an Abstimmungen nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind. (7) Im Seebetrieb ist $ 10 nicht anzuwenden. Abweichend von § 12 Abs. 1 kann im Seebetrieb 1. ein Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste innerhalb von vier Wochen seit ihrer Versendung an die Schiffe eingelegt werden; 2. ein Einspruch gegen eine Berichtigung oder Ergänzung der Wählerliste innerhalb von vier Wochen seit der Berichtigung oder der Ergänzung eingelegt werden. $99 Abstimmung über die Art der Wahl Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs nehmen an einer Abstimmung darüber, ob die Wahl durch Delegierte oder unmittelbar erfolgen soll, nicht teil und bleiben für die Errechnung der für die Antragstellung und für die Beschlussfassung erforderlichen Zahlen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern außer Betracht ($ 34 Abs. 4 des Gesetzes); in der Bekanntmachung nach § 13 und in dem Abstimmungsausschreiben nach § 15 ist hierauf hinzuweisen. Die SS 13 bis 24 sind auf den Seebetrieb nicht anzuwenden. $100 Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen (1) Die Bekanntmachung nach S 26 Abs. 1 muss im Seebetrieb auch folgende Angaben enthalten: 1. dass die Einsichtnahme in die Wählerliste des Seebetriebs, das Gesetz und diese Verordnung auf jedem Schiff des Seebetriebs durch die Bordvertretung oder, wenn eine solche nicht besteht, vom Kapitän ermöglicht wird; 2. dass die Einsichtnahme in die Wählerliste des Seebetriebs auch in dem Landbetrieb, der für die Heuerverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs zuständig ist, ermöglicht wird;

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3. dass die Wahlvorschläge auf jedem Schiff des Seebetriebs von der Bordvertretung oder, wenn eine solche nicht besteht, vom Kapitän bekannt gemacht werden. (2) Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und in § 27 Abs. 2 bezeichnete Frist für die Einreichung von Wahl vorschlägen wird auf elf Wochen verlängert. (3) S 26 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 ist im Seebetrieb nicht anzuwenden; $ 26 Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend; § 98 Abs. 4 ist anzuwenden. (4) Die in J 37 Abs. 2 Satz 1 bezeichnete Mindestfrist für die Bekanntmachung der Wahlvorschläge wird auf drei Wochen verlängert. Ist zu besorgen, dass die in Satz 1 bezeichnete Mindestfrist zwischen dem für die Bekanntmachung der Wahlvorschläge an Bord bestimmten Zeitpunkt und dem Beginn der Stimmabgabe in den Landbetrieben für eine fristgerechte Stimmabgabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs nicht ausreicht, so kann der Unternehmenswahlvorstand diese Mindestfrist auf höchstens fünf Wochen verlängern. Für die Bekanntmachung der Wahlvorschläge im Seebetrieb gilt § 26 Abs. 3 Satz 1 entsprechend und § 98 Abs. 4 ist anzuwenden. $101 Zusätzliche Vorschriften für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten (1) Die in § 31 Abs. 1 Satz 4 bezeichnete Frist für die Einreichung von Abstimmungsvorschlägen wird auf fünf Wochen verlängert. Der Unternehmenswahlvorstand übersendet jedem Kapitän des Seebetriebs eine Kopie der Bekanntmachung. $ 30 Abs. 4 und § 31 Abs. 4 Satz 2 und 3 und Abs. 5 sind im Seebetrieb nicht anzuwenden; § 26 Abs. 5 ist anzuwenden. (2) Abweichend von § 32 Abs. 1 setzt der Unternehmenswahlvorstand den Tag der Abstimmung der leitenden Angestellten so fest, dass der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten innerhalb von 28 Wochen seit dem für die Bekanntmachung nach § 30 bestimmten Zeitpunkt aufgestellt sein kann. Abschnitt 2 U n m i t t e l b a r e Wahl der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r § 102 Wahlausschreiben im Seebetrieb (1) Das Wahlausschreiben nach § 39 Abs. 1 muss im Seebetrieb auch folgende Angaben enthalten: 1. dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs in Briefwahl wählen; 2. den Zeitpunkt, bis zu dem die Wahlbriefe beim Unternehmenswahlvorstand eingehen müssen. (2) Für die Bekanntmachung des Wahlausschreibens im Seebetrieb ist § 39 Abs. 2 Satz 2 und 3 nicht anzuwenden; § 26 Abs. 5 und § 98 Abs. 4 sind anzuwenden. 663

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$103 Stimmabgabe bei der Wahl der Aufsichtratsmitglieder der Arbeitnehmer (1) Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs stimmen bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in Briefwahl ab. (2) Gleichzeitig mit der Versendung der Wahlvorschläge an die Betriebswahlvorstände ($37 Abs. 2 Satz 2) übersendet der Unternehmenswahlvorstand a) jedem Schiff die zur Stimmabgabe erforderlichen Unterlagen in einer Anzahl, die die Zahl der Regelbesatzung des Schiffes um mindestens 10 vom Hundert übersteigt, b) allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Seebetriebs, von denen ihm bekannt ist, dass sie sich nicht an Bord eines Schiffes befinden, die zur Stimmabgabe erforderlichen Unterlagen sowie eine Kopie des Wahlausschreibens. Die Bordvertretung oder, wenn eine solche nicht besteht, der Kapitän hat jedem Besatzungsmitglied die zur Stimmabgabe erforderlichen Unterlagen auszuhändigen. Die Wahlbriefe der Besatzungsmitglieder eines Schiffes sollen möglichst gleichzeitig an den Hauptwahlvorstand abgesandt werden. Abschnitt 3 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der A r b e i t n e h m e r durch Delegierte $104 Wahl der Delegierten (1) Im Seebetrieb werden Delegierte nicht gewählt. Die $§ 54 bis 73 sind auf den Seebetrieb nicht anzuwenden. (2) Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs nehmen an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer unmittelbar teil. $105 Wahlausschreiben im Seebetrieb (1) Steht fest, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen sind, so erlässt der Unternehmenswahlvorstand ein Wahlausschreiben für den Seebetrieb. Es muss folgende Angaben enthalten: 1. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte gewählt werden; 2. dass im Seebetrieb keine Delegierten gewählt werden; 3. dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer unmittelbar teilnehmen; 4. dass an der Wahl nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste des Seebetriebs eingetragen sind; 5. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer von allen Wahlberechtigten des Seebetriebs gewählt werden;

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6. dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs in Briefwahl wählen; 7. dass jeder Wahlberechtigte des Seebetriebs Wahlunterlagen für sämtliche Wahlgänge erhält und dass er seine Stimme für sämtliche Wahlgänge abgeben kann; 8. dass die Stimmabgabe an Wahlvorschläge gebunden ist; 9. dass die Stimme einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers des Seebetriebs als ein Neunzigstel der Stimme eines Delegierten gezählt wird; 10. den Zeitpunkt, bis zu dem die Wahlbriefe beim Unternehmenswahlvorstand vorliegen müssen; 11. die Anschrift des Unternehmenswahlvorstands. (2) § 26 Abs. 5, § 39 Abs. 2 Satz 1 und § 98 Abs. 4 sind entsprechend anzuwenden. $106 Stimmabgabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs (1) Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs stimmen bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in Briefwahl ab. Die 49 und 50 sind entsprechend anzuwenden. (2) Gleichzeitig mit der Versendung der Wahlvorschläge an die Betriebswahlvorstände (S 37 Abs. 2 Satz 2) übersendet der Unternehmenswahlvorstand jedem Schiff die für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer erforderlichen Unterlagen; S 103 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Die Wahlbriefe müssen bis zum Ablauf des Tages vor der Delegiertenversammlung dem Unternehmenswahlvorstand vorliegen. (3) Abweichend von § 74 Abs. 2 Satz 2 soll die Delegiertenversammlung sechs Wochen nach der Versendung der zur Stimmabgabe erforderlichen Unterlagen stattfinden. Ist zu besorgen, dass diese Zeit für eine ordnungsgemäße Stimmabgabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs nicht ausreicht, so kann der Unternehmenswahlvorstand sie auf höchstens neun Wochen verlängern. (4) Die Vorschriften über die Stimmabgabe und den Wahlvorgang (SS 78,81 und 84) sind auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs mit folgender Maßgabe entsprechend anzuwenden: 1. An die Stelle der Delegierten treten die Wahlberechtigten des Seebetriebs. 2. Die Wahlumschläge der Wählerinnen und Wähler des Seebetriebs werden in eine gesonderte Wahlurne gelegt. (5) Die Vorschriften über die Auszählung der Stimmen (SS 79 und 82) sind auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs mit folgender Maßgabe entsprechend anzuwenden: 1. Die Stimmen der Wählerinnen und Wähler des Seebetriebs werden gesondert ausgezählt. 2. Je 90 dieser Stimmen werden als eine Stimme eines Delegierten gezählt. Werden 90 Stimmen nicht erreicht, so werden mindestens 45 Stimmen als

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eine Stimme eines Delegierten gezählt. Bei mehr als 90 Stimmen wird ein Rest von mindestens 45 Stimmen als eine Stimme eines Delegierten gezählt. Die so errechneten Stimmenzahlen werden jeweils der Stimmenzahl der von den Delegierten in dem Wahlgang für den Wahlvorschlag abgegebenen Stimmen hinzugezählt. S 107 Wahlniederschrift Für die Wahlniederschrift ist § 85 nicht anzuwenden. Nachdem ermittelt ist, wer gewählt ist, stellt der Unternehmenswahlvorstand in einer Niederschrift für jeden Wahlgang gesondert fest: 1. die Zahl der a) von den Delegierten abgegebenen Wahlumschläge, b) von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Seebetriebs abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der a) von den Delegierten abgegebenen gültigen Stimmen, b) von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Seebetriebs abgegebenen gültigen Stimmen; 3. die Zahl der a) von den Delegierten abgegebenen ungültigen Stimmen, b) von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Seebetriebs abgegebenen ungültigen Stimmen; 4. bei Verhältniswahl a) die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen der Delegierten, b) die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs und die Umrechnung dieser Stimmen auf Stimmen von Delegierten nach § 106 Abs. 5 Nr. 2, c) die Summen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen der Delegierten und der umgerechneten Stimmen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs, d) die berechneten Höchstzahlen und ihre Verteilung auf die Wahlvorschläge; 5. bei Mehrheitswahl a) die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen der Delegierten, b) die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs und die Umrechnung dieser Stimmen auf Stimmen von Delegierten nach § 106 Abs. 5 Nr. 2, c) die Summen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen der Delegierten und der umgerechneten Stimmen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs;

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6. die Namen der gewählten Aufsichtsratsmitglieder; 7. die Namen der für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder gewählten Ersatzmitglieder; 8. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. Kapitel 2 Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 1 Gemeinsame Vorschrift §108 Gemeinsame Vorschrift (1) Für den Seebetrieb wird ein Betriebswahlvorstand nicht gebildet. Der Unternehmenswahlvorstand nimmt im Seebetrieb die sich aus dieser Verordnung ergebenden Aufgaben des Betriebswahlvorstands wahr. Abweichend von § 88 Abs. 3 Satz 1 sind auf den Seebetrieb die §§ 5 und 6 Abs. 2 nicht anzuwenden; für die Anwendung von $ 4 Abs. 5 bleibt der Seebetrieb außer Betracht. Im Seebetrieb ist § 98 Abs. 6 Satz 1 entsprechend anzuwenden. § 10 ist nicht anzuwenden. (2) Für Mitteilungen, die im Seebetrieb bekannt zu machen sind, ist § 98 Abs. 4 anzuwenden. Abschnitt 2 A b s t i m m u n g über die Abberufung eines in unmittelbarer Wahl g e w ä h l t e n A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d s der A r b e i t n e h m e r $109 Abberufungsausschreiben für den Seebetrieb, Wählerliste (1) Die in § 92 Abs. 1 Satz 2 bezeichnete Frist wird auf sechs Wochen verlängert. (2) Das Abberufungsausschreiben nach § 92 muss im Seebetrieb auch die in § 102 Abs. 1 bezeichneten Angaben enthalten. (3) $ 98 Abs. 5 und 7 ist entsprechend anzuwenden. §110 Stimmabgabe Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs stimmen in Briefwahl ab. § 103 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden.

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Abschnitt 3 A b s t i m m u n g über die A b b e r u f u n g eines d u r c h D e l e g i e r t e gewählten Aufsichtsratsmitglieds der A r b e i t n e h m e r $111 Unmittelbare Abstimmung, Wählerliste, Mitteilung an die Delegierten (1) Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs nehmen an der Abstimmung über einen Antrag auf Abberufung unmittelbar teil. (2) Gleichzeitig mit der in § 94 bezeichneten Delegiertenliste wird eine Liste der Abstimmungsberechtigten des Seebetriebs aufgestellt; $ 92 Abs. 3 und § 98 Abs. 5 bis 7 sind entsprechend anzuwenden. (3) Die in § 95 Abs. 1 Satz 2 bezeichnete Frist wird auf elf Wochen verlängert. § 106 Abs. 3 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass der Unternehmenswahlvorstand die Frist auf höchstens 14 Wochen verlängern kann. §112 Abberufungsausschreiben im Seebetrieb Spätestens acht Wochen vor der Delegiertenversammlung erlässt der Unternehmenswahlvorstand ein Abberufungsausschreiben für den Seebetrieb. § 92 Abs. 2 Satz 1, § 105 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 6 und 9 bis 11 und Abs. 2 sind entsprechend anzuwenden. §113 Abstimmung, Mitteilung des Abstimmungsergebnisses Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs stimmen in Briefwahl ab. § 103 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Die §§ 19, 20 und 96 sind auf die Arbeitnehmer des Seebetriebs mit folgender Maßgabe entsprechend anzuwenden: 1. An die Stelle der Delegierten treten die Wahlberechtigten des Seebetriebs. 2. Die Wahlumschläge dieser Abstimmenden werden in eine gesonderte Urne gelegt. 3. Die Stimmen dieser Abstimmenden werden gesondert ausgezählt. 4. Je 90 dieser Stimmen werden als eine Stimme eines Delegierten gezählt. Werden 90 Stimmen nicht erreicht, so werden mindestens 45 Stimmen als eine Stimme eines Delegierten gezählt. Bei mehr als 90 Stimmen wird ein Rest von mindestens 45 Stimmen als eine Stimme eines Delegierten gezählt. 5. Für die Abstimmungsniederschrift ist § 107 Satz 2 Nr. 1 bis 3 , 5 , 6 und 8 entsprechend anzuwenden.

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Teil 4 Übergangs- und

Schlussvorschriften §114

Erstmalige Anwendung des Gesetzes auf ein Unternehmen (1) Bei der erstmaligen Anwendung des Gesetzes auf ein Unternehmen hat das Unternehmen die in $ 2 bezeichnete Bekanntmachung unverzüglich nach der in $ 97 Abs. 1 des Aktiengesetzes bezeichneten Bekanntmachung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats zu erlassen. (2) Die Wahlvorstände werden unverzüglich nach der in § 2 bezeichneten Bekanntmachung gebildet. In jedem Betrieb wird unverzüglich nach der Bildung des Betriebswahlvorstands die Wählerliste aufgestellt; die §§ 8 bis 12 sind anzuwenden. (3) Abweichend von $ 13 Abs. 1 Satz 1 soll der Unternehmenswahlvorstand die in den §§ 13, 26 und 30 bezeichneten Bekanntmachungen 19 Wochen vor dem voraussichtlichen Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer erlassen. Nehmen an der Wahl auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines in $ 34 Abs. 1 des Gesetzes bezeichneten Betriebs (Seebetrieb) teil, so verlängert sich die in Satz 1 bezeichnete Frist auf 42 Wochen. §115 Berechnung von Fristen Für die Berechnung der in dieser Verordnung bestimmten Fristen sind die S§ 186 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Arbeitstage im Sinne dieser Verordnung sind die Wochentage Montag bis Freitag mit Ausnahme der gesetzlichen Feiertage. §116 Übergangsregelung Auf Wahlen oder Abberufungen, die vor dem 1. Juni 2002 eingeleitet worden sind, sind die Vorschriften der Zweiten Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz vom 23. Juni 1977 (BGBl. I S. 893), geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 9. November 1990 (BGBl. I S. 2487), auch nach ihrem Außerkrafttreten nach Maßgabe des § 40 Abs. 2 des Mitbestimmungsgesetzes vom 4. Mai 1976 (BGBl. I S. 1153), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. März 2002 (BGBl. IS. 1130) geändert worden ist, anzuwenden.

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Zweite Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

§117

Inkrafttreten, Außerkrafttreten Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Zweite Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz vom 23. Juni 1977 (BGBl. I S. 893), geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 9. November 1990 (BGBl. IS. 2487), außer Kraft.

Berlin, den 27. Mai 2002 Der B u n d e s k a n z l e r Gerhard Schröder Der B u n d e s m i n i s t e r für Arbeit und S o z i a l o r d n u n g Walter Riester

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Dritte Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz (3. WOMitbestG) Vom 27. Mai 2002 Auf Grund des § 39 des Mitbestimmungsgesetzes vom 4. Mai 1976 (BGBl. I S. 1153) verordnet die Bundesregierung: Inhaltsübersicht § 1 Geltungsbereich Teil 1 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der A r b e i t n e h m e r Kapitel 1 Einleitung der Wahl, Abstimmung über die Art der Wahl, Wahlvorschläge Abschnitt 1 E i n l e i t u n g der Wahl § 2 Bekanntmachung der Unternehmen § 3 Wahlvorstände § § § § §

4 5 6 7 8

§ § $ $

9 10 11 12

Zusammensetzung des Hauptwahlvorstands Zusammensetzung des Betriebswahlvorstands Mitteilungspflicht Geschäftsführung der Wahlvorstände Wählerliste Bekanntmachung über die Bildung der Wahlvorstände und die Wählerliste Änderungsverlangen Übersendung der Wählerliste Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste Abschnitt 2 A b s t i m m u n g ü b e r die Art der Wahl

$ 1 3 Bekanntmachung $ 14 Antrag auf Abstimmung 5 15 Abstimmungsausschreiben 671

Dritte Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

§16 $17 §18 § 19 § 20 §21 § 22 § 23

Stimmabgabe Abstimmungsvorgang Einsatz von Wahlgeräten Voraussetzungen der schriftlichen Stimmabgabe Verfahren bei der schriftlichen Stimmabgabe Öffentliche Stimmauszählung Abstimmungsniederschrift des Betriebswahlvorstands Feststellung des Abstimmungsergebnisses, Abstimmungsniederschrift des Hauptwahlvorstands § 24 Bekanntmachung des Abstimmungsergebnisses Abschnitt 3 Verteilung der Sitze, Wahlvorschläge Unterabschnitt 1 Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer § 25 Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Unterabschnitt 2 Wahlvorschläge

§ 26 Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen § 27 Wahlvorschläge der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer § 28 Wahlvorschläge der Gewerkschaften § 29 Wahlvorschläge für Ersatzmitglieder Unterabschnitt 3 Zusätzliche Vorschriften für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten § 30 Bekanntmachung über die Abstimmung für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten § 31 Abstimmungsvorschläge der leitenden Angestellten § 32 Abstimmung der leitenden Angestellten § 33 Abstimmungsniederschrift

§ § § §

34 35 36 37

672

Unterabschnitt 4 Prüfung und Bekanntmachung der Wahl vorschläge Prüfung der Wahlvorschläge Ungültige Wahlvorschläge Nachfrist für Wahlvorschläge Bekanntmachung der Wahlvorschläge

Dritte Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Abschnitt 4 Anzuwendende Vorschriften § 38 Anzuwendende Vorschriften

Kapitel 2 Unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 1 Wahlausschreiben §39 Wahlausschreiben Abschnitt 2 D u r c h f ü h r u n g der W a h l Unterabschnitt 1 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge $ 40 Stimmabgabe, Wahlvorgang § 41 Öffentliche Stimmauszählung § 42 Wahlniederschrift des Betriebswahlvorstands §43 Ermittlung der Gewählten Unterabschnitt 2 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund nur eines Wahl vorschlags § 44 Stimmabgabe, Wahlvorgang § 45 Öffentliche Stimmauszählung $ 46 Wahlniederschrift des Betriebswahlvorstands $ 47 Ermittlung der Gewählten Unterabschnitt 3 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang $ 48 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang Unterabschnitt 4 Schriftliche Stimmabgabe §49 Voraussetzungen § 50 Verfahren bei der Stimmabgabe

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Dritte Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Unterabschnitt 5 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen $ 5 1 Wahlniederschrift § 52 Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten § 5 3 Aufbewahrung der Wahlakten Kapitel 3 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte Abschnitt 1 Wahl der D e l e g i e r t e n Unterabschnitt 1 Delegierte mit Mehrfachmandat § 54 Keine Wahl von Delegierten, soweit im Rahmen eines anderen Wahlverfahrens bereits Delegierte mit Mehrfachmandat gewählt werden §55 Delegierte, die für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern mehrerer Unternehmen gewählt werden Unterabschnitt 2 Einleitung der Wahl 5 56 Errechnung der Zahl der Delegierten $ 57 Zuordnung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu anderen Betrieben § 58 Mitteilungen des Hauptwahlvorstands § 59 Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten Unterabschnitt 3 Wahl vorschläge für Delegierte § 60 Einreichung von Wahlvorschlägen § 61 Prüfung der Wahl vorschlage § 62 Ungültige Wahl vorschläge $ 63 Nachfrist für Wahlvorschläge § 64 Bekanntmachung der Wahl vorschlage Unterabschnitt 4 Wahl von Delegierten in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahl vorschläge $ 65 Stimmabgabe, Wahlvorgang § 66 Öffentliche Stimmauszählung § 67 Ermittlung der Gewählten

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Dritte Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Unterabschnitt 5 Ermittlung von Delegierten bei Vorliegen nur eines Wahlvorschlags für einen Wahlgang $ 68 Ermittlung von Delegierten bei Vorliegen nur eines Wahlvorschlags für einen Wahlgang Unterabschnitt 6 Schriftliche Stimmabgabe $ 6 9 Voraussetzungen $ 70 Verfahren bei der Stimmabgabe Unterabschnitt 7 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen § 7 1 Wahlniederschrift $ 72 Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten Unterabschnitt 8 Ausnahme $ 73 Ausnahme Abschnitt 2 Wahl der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r d u r c h die D e l e g i e r t e n Unterabschnitt 1 Delegiertenversammlung, Delegiertenliste § 74 Delegiertenversammlung $ 75 Delegiertenliste $ 76 Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste Unterabschnitt 2 Mitteilung an die Delegierten § 77 Mitteilung an die Delegierten Unterabschnitt 3 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge $ 78 Stimmabgabe, Wahlvorgang § 79 Öffentliche Stimmauszählung § 80 Ermittlung der Gewählten

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Dritte Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

Unterabschnitt 4 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund nur eines Wahl vorschlags § 8 1 Stimmabgabe, Wahlvorgang § 82 Öffentliche Stimmauszählung § 83 Ermittlung der Gewählten Unterabschnitt 5 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang § 84 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang Unterabschnitt 6 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen $ 8 5 Wahlniederschrift § 86 Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten $ 87 Aufbewahrung der Wahlakten Teil 2 Abberufung von A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r n der A r b e i t n e h m e r Kapitel 1 Gemeinsame Vorschriften $ 88 Einleitung des Abberufungsverfahrens $ 89 Liste der antragsberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer $ 90 Prüfung des Antrags auf Abberufung $ 9 1 Anzuwendende Vorschriften Kapitel 2 Abstimmung über die Abberufung eines in unmittelbarer Wahl gewählten Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer § 92 Abberufungsausschreiben, Wählerliste $ 93 Abstimmung, Abstimmungsergebnis, Akten Kapitel 3 Abstimmung über die Abberufung eines durch Delegierte gewählten Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer $ 94 Delegiertenliste $ 9 5 Delegiertenversammlung, Mitteilung des Hauptwahlvorstands an die Delegierten $ 96 Abstimmung, Abstimmungsergebnis, Akten

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Kapitel 4 Ersatzmitglieder $ 97 Ersatzmitglieder

Teil 3 B e s o n d e r e V o r s c h r i f t e n f ü r d i e Wahl u n d d i e A b b e r u f u n g der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r bei Teiln a h m e von A r b e i t n e h m e r i n n e n und Arbeitnehmern von Seebetrieben Kapitel 1 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 1 E i n l e i t u n g d e r W a h l , A b s t i m m u n g ü b e r die Art d e r W a h l , Wahlvorschläge $ 98 $ 99 $ 100 $101

Einleitung der Wahl Abstimmung über die Art der Wahl Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen Zusätzliche Vorschriften für den Wahl Vorschlag der leitenden Angestellten Abschnitt 2 U n m i t t e l b a r e Wahl d e r A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r

§ 102 Wahlausschreiben im Seebetrieb $ 103 Stimmabgabe bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 3 Wahl d e r A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r d e r A r b e i t n e h m e r durch Delegierte $ 104 Wahl der Delegierten § 105 Wahlausschreiben in Seebetrieben § 106 Stimmabgabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Seebetrieben $107 Wahlniederschrift

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Kapitel 2 Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder der A r b e i t n e h m e r Abschnitt 1 Gemeinsame Vorschrift § 108 Gemeinsame Vorschrift Abschnitt 2 A b s t i m m u n g ü b e r die A b b e r u f u n g e i n e s in u n m i t t e l b a r e r Wahl g e w ä h l t e n A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d s der A r b e i t n e h m e r $ 109 Abberufungsausschreiben für Seebetriebe, Wählerliste § 1 1 0 Stimmabgabe Abschnitt 3 A b s t i m m u n g ü b e r die A b b e r u f u n g e i n e s d u r c h D e l e g i e r t e g e w ä h l t e n A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d s der A r b e i t n e h m e r $ 111 Unmittelbare Abstimmung, Wählerliste, Mitteilung an die Delegierten § 112 Abberufungsausschreiben in Seebetrieben 5 113 Abstimmung, Mitteilung des Abstimmungsergebnisses

Teil 4 Übergangs- und Schlussvorschriften $ 114 Erstmalige Anwendung des Gesetzes auf ein Unternehmen 5 115 Berechnung von Fristen § 1 1 6 Übergangsregelung § 1 1 7 Inkrafttreten, Außerkrafttreten §1 Geltungsbereich (1) Die Wahl und die Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer eines Unternehmens bestimmen sich nach den Vorschriften dieser Verordnung, wenn an der Wahl oder an der Abberufung nach § 4 oder § 5 des Gesetzes auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anderer Unternehmen teilnehmen, insbesondere weil 1. das Unternehmen persönlich haftender Gesellschafter einer in § 4 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes bezeichneten Kommanditgesellschaft ist, 2. das Unternehmen herrschendes Konzernunternehmen ist oder nach § 5 Abs. 3 des Gesetzes als herrschendes Konzernunternehmen gilt. (2) Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer bestimmt sich nach den Vorschriften des Teils 1. (3) Die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer bestimmt sich nach den Vorschriften des Teils 2.

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(4) Nehmen an der Wahl oder an der Abberufung auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines in § 34 Abs. 1 des Gesetzes bezeichneten Betriebs (Seebetrieb) teil, so sind außerdem die Vorschriften des Teils 3 anzuwenden.

Teil 1 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der A r b e i t n e h m e r Kapitel 1 Einleitung der Wahl, Abstimmung über die Art der Wahl, Wahlvorschläge Abschnitt 1 Einleitung der Wahl $2 Bekanntmachung der Unternehmen (1) Das Unternehmen, in dessen Aufsichtsrat Mitglieder der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu wählen sind, teilt spätestens 25 Wochen vor dem voraussichtlichen Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer den anderen Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach $ 4 oder § 5 des Gesetzes an der Wahl teilnehmen, schriftlich mit, dass Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen sind. In der Mitteilung ist ferner anzugeben: 1. der voraussichtliche Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer; 2. die Zahl der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer; 3. die Firmen und die Anschriften der Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen und deren Betriebe, sowie die Zahlen der in diesen Unternehmen und Betrieben in der Regel beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (2) Jedes Unternehmen macht die in Absatz 1 bezeichnete Mitteilung unverzüglich bekannt. Die Bekanntmachung kann durch Aushang an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen in den Betrieben des Unternehmens und durch Einsatz der im Unternehmen vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik erfolgen. Der Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik ist nur zulässig, wenn der Adressatenkreis dieser Bekanntmachungsform von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen kann und Vorkehrungen getroffen sind, damit nur das jeweilige Unternehmen Änderungen der Bekanntmachung vornehmen kann. (3) Das Unternehmen, in dessen Aufsichtsrat Mitglieder der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu wählen sind, übersendet die Mitteilung nach Absatz 1 unverzüglich 1. dem Konzernbetriebsrat und dem Konzernsprecherausschuss,

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2. den Gesamtbetriebsräten und den Gesamtsprecherausschüssen (Unternehmenssprecherausschüssen), 3. den in den Unternehmen bestehenden Betriebsräten und Sprecherausschüssen, 4. den in den Unternehmen vertretenen Gewerkschaften, 5. den nach $ 117 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes durch Tarifvertrag errichteten Vertretungen für im Flugbetrieb beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sind in einem Unternehmen, dessen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder nach dieser Verordnung teilnehmen, auch nach der Ersten oder Zweiten Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen, ist das Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten noch nicht erlassen und beginnt die Amtszeit dieser Aufsichtsratsmitglieder nicht mehr als zwölf Monate vor oder nach dem Beginn der Amtszeit der nach dieser Verordnung zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder, so teilt dieses Unternehmen dies unverzüglich nach der Bekanntmachung nach Absatz 2 den in Satz 1 Nr. 2,3 und 5 bezeichneten Arbeitnehmervertretungen mit. Satz 2 ist entsprechend anzuwenden, wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines Unternehmens nach dieser Verordnung an der Wahl von Mitgliedern der Aufsichtsräte mehrerer Unternehmen teilnehmen. §3 Wahlvorstände (1) Die rechtzeitige Einleitung und die Durchführung der Wahl sowie die Feststellung des Wahlergebnisses obliegen dem Hauptwahlvorstand. (2) In den einzelnen Betrieben jedes Unternehmens wird die Wahl im Auftrag und nach den Richtlinien des Hauptwahlvorstands durch Betriebswahlvorstände durchgeführt. (3) Die Wahlvorstände werden unverzüglich nach der in $ 2 bezeichneten Bekanntmachung gebildet. Die Geschlechter sollen entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein. §4 Zusammensetzung des Hauptwahlvorstands (1) Der Hauptwahlvorstand besteht aus drei Mitgliedern. Die Arbeitnehmervertretungen, die nach Absatz 4 Mitglieder des Hauptwahlvorstands bestellen, können die Zahl der Mitglieder erhöhen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Der Hauptwahlvorstand muss aus einer ungeraden Zahl von Mitgliedern bestehen. Mitglieder des Hauptwahlvorstands können nur Wahlberechtigte von Unternehmen sein, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen. (2) Im Hauptwahlvorstand sollen die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten angemessen vertreten sein. Dem Hauptwahlvorstand muss, wenn in den Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, insgesamt mindestens fünf wahlberechtigte leitende Angestellte beschäftigt sind, mindestens ein leitender Angestellter angehören.

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(3) Für jedes Mitglied des Hauptwahlvorstands kann für den Fall seiner Verhinderung ein Ersatzmitglied bestellt werden. (4) Der Konzernbetriebsrat bestellt die Mitglieder des Hauptwahlvorstands, die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichnete Arbeitnehmer sind. Besteht kein Konzernbetriebsrat, so werden diese Mitglieder des Hauptwahlvorstands 1. vom Gesamtbetriebsrat des nach der Zahl der Wahlberechtigten größten Unternehmens; dessen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen und in dem ein Betriebsrat besteht, oder, wenn in dem Unternehmen nur ein Betriebsrat besteht, vom Betriebsrat bestellt oder, 2. falls in keinem Unternehmen ein Betriebsrat besteht, in einer Versammlung der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer des nach der Zahl der Wahlberechtigten größten Betriebs der Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt. Besteht auch eine nach § 117 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes durch Tarifvertrag errichtete Vertretung für im Flugbetrieb beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, so erfolgt die Bestellung gemeinsam mit dieser Vertretung. (5) Der Konzernsprecherausschuss bestellt die auf die leitenden Angestellten entfallenden Mitglieder des Hauptwahlvorstands. Besteht kein Konzernsprecherausschuss, so werden diese Mitglieder des Hauptwahlvorstands 1. vom Gesamtsprecherausschuss (Unternehmenssprecherausschuss) des nach der Zahl der wahlberechtigten leitenden Angestellten größten Unternehmens, dessen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen und in dem ein Sprecherausschuss besteht, oder, wenn in dem Unternehmen nur ein Sprecherausschuss besteht, vom Sprecherausschuss bestellt oder, 2. falls in keinem Unternehmen ein Sprecherausschuss besteht, in einer Versammlung der leitenden Angestellten des nach der Zahl der wahlberechtigten leitenden Angestellten größten Betriebs der Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt.

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Zusammensetzung des Betriebswahlvorstands (1) Der Betriebswahlvorstand besteht aus drei Mitgliedern. Der Betriebsrat kann die Zahl der Mitglieder erhöhen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Der Betriebswahlvorstand muss aus einer ungeraden Zahl von Mitgliedern bestehen. Mitglieder des Betriebswahlvorstands können nur Wahlberechtigte des Betriebs sein. (2) Im Betriebswahlvorstand sollen die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten angemessen vertreten sein. Dem Betriebswahlvorstand muss, wenn in dem Betrieb mindestens fünf wahlberechtigte leitende Angestellte beschäftigt sind, mindestens ein leitender Angestellter angehören.

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(3) Für jedes Mitglied des Betriebswahlvorstands kann für den Fall seiner Verhinderung ein Ersatzmitglied bestellt werden. (4) Der Betriebsrat bestellt die Mitglieder des Betriebswahlvorstands, die in S 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichnete Arbeitnehmer sind. Besteht kein Betriebsrat, so werden die in Satz 1 bezeichneten Mitglieder des Betriebswahlvorstands in einer Betriebsversammlung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt. (5) Die auf die leitenden Angestellten entfallenden Mitglieder werden von dem für den Betrieb zuständigen Sprecherausschuss bestellt. Besteht kein Sprecherausschuss, so werden die in Satz 1 bezeichneten Mitglieder des Betriebswahlvorstands in einer Versammlung der leitenden Angestellten des Betriebs mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt. (6) Ist für einen Betrieb mit nicht mehr als 45 Wahlberechtigten innerhalb von zwei Wochen nach der in $ 2 bezeichneten Bekanntmachung kein Betriebswahlvorstand gebildet, so beauftragt der Hauptwahlvorstand für diesen Betrieb den Betriebswahlvorstand eines anderen Betriebs des Unternehmens mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Betriebswahlvorstands. Der beauftragte Betriebswahlvorstand kann beschließen, dass in dem Betrieb, für den kein Betriebswahlvorstand gebildet worden ist, die Stimmabgabe bei den in Kapitel 1 und Kapitel 2 bezeichneten Abstimmungen und Wahlen schriftlich erfolgt. Im Fall des Satzes 2 erhalten die Wahlberechtigten dieses Betriebs die in $ 19 Abs. 1 bezeichneten Unterlagen für die schriftliche Stimmabgabe, ohne dass es eines Verlangens bedarf; die in den $§15 und 39 bezeichneten Ausschreiben sind um folgende Angaben zu ergänzen: 1. dass für den Betrieb die schriftliche Stimmabgabe beschlossen ist; 2. den Zeitpunkt, bis zu dem die Wahlbriefe beim Betriebswahlvorstand eingegangen sein müssen. §6 Mitteilungspflicht (1) Der Hauptwahlvorstand teilt unverzüglich nach seiner Bildung den Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, den Betriebswahlvorständen und den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften schriftlich die Namen seiner Mitglieder und seine Anschrift mit. Gleichzeitig teilt er den Betriebswahlvorständen mit, welche Gewerkschaften die Mitteilung erhalten haben. (2) Jeder Betriebswahlvorstand teilt unverzüglich nach seiner Bildung dem Hauptwahlvorstand schriftlich die Namen seiner Mitglieder und seine Anschrift mit. Gleichzeitig teilt er dem Hauptwahlvorstand mit, ob im Betrieb Gewerkschaften vertreten sind, die die Mitteilung nach Absatz 1 nicht erhalten haben.

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§7

Geschäftsführung der Wahlvorstände (1) Jeder Wahlvorstand wählt aus seiner Mitte eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden und mindestens eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter. (2) Der Wahlvorstand kann sich eine schriftliche Geschäftsordnung geben. Der Hauptwahlvorstand kann Wahlberechtigte von Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, und der Betriebswahlvorstand kann Wahlberechtigte des Betriebs als Wahlhelferinnen und Wahlhelfer zu seiner Unterstützung heranziehen. (3) Der Wahlvorstand fasst seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit seiner Mitglieder. Über jede Sitzung des Wahlvorstands ist eine Niederschrift aufzunehmen, die mindestens den Wortlaut der Beschlüsse enthält; bei Beschlüssen des Betriebswahlvorstands über die Eintragung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in die Wählerliste als in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichnete Arbeitnehmer oder als leitende Angestellte ist in der Niederschrift auch zu vermerken, ob sie ohne Gegenstimme gefasst worden sind. Mitglieder des Wahlvorstands, gegen deren Stimmen ein Beschluss gefasst worden ist, können verlangen, dass in der Niederschrift ihre abweichende Meinung vermerkt wird. Die Niederschrift ist von der oder dem Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied des Wahlvorstands zu unterzeichnen; dies gilt auch für Bekanntmachungen, Ausschreiben und weitere Niederschriften des Wahlvorstands. (4) Bekanntmachungen des Wahlvorstands können durch Aushang und durch Einsatz der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik erfolgen. Der Aushang erfolgt an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen im Betrieb. Er ist in gut lesbarem Zustand zu erhalten. Der Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik ist nur zulässig, wenn der Adressatenkreis dieser Bekanntmachungsform von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen kann und Vorkehrungen getroffen sind, damit nur der Wahlvorstand Änderungen der Bekanntmachung vornehmen kann. (5) Die Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, haben die Wahlvorstände bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen und ihnen den erforderlichen Geschäftsbedarf zur Verfügung zu stellen. (6) Die Wahlvorstände sollen dafür sorgen, dass ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, rechtzeitig über den Anlass der Wahl, das Wahlverfahren, die Abstimmungen, die Aufstellung der Wählerliste und der Wahlvorschläge, den Wahlvorgang und die Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden. $8

Wählerliste (1) Der Betriebswahlvorstand stellt unverzüglich nach seiner Bildung eine Liste der Wahlberechtigten des Betriebs (Wählerliste) auf, getrennt nach den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmern und den leitenden

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Angestellten. Die Wahlberechtigten sollen in alphabetischer Reihenfolge mit Familienname, Vorname und Geburtsdatum aufgeführt werden. Das Aufstellen der Wählerliste kann durch Einsatz der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik erfolgen, wenn Vorkehrungen getroffen sind, damit nur der Wahlvorstand Änderungen in der Wählerliste vornehmen kann. (2) Jedes Mitglied des Betriebswahlvorstands ist verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Wahlberechtigten in der Wählerliste in zutreffender Weise in Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes und leitende Angestellte eingeteilt werden. Die Mitglieder des Betriebswahlvorstands sollen hierüber um eine Beschlussfassung ohne Gegenstimme bemüht sein. Hat der Betriebswahlvorstand hierüber ausschließlich Beschlüsse ohne Gegenstimme gefasst, so ist $ 10 nicht anzuwenden. (3) Das Unternehmen hat den Betriebswahlvorständen alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Es hat die Betriebswahlvorstände insbesondere bei der Einteilung in Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes und leitende Angestellte zu unterstützen. (4) Der Betriebswahlvorstand berichtigt oder ergänzt die Wählerliste unverzüglich, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer 1. in den Betrieb eintritt oder aus ihm ausscheidet, 2. das 18. Lebensjahr vollendet oder 3. die Eigenschaft als in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer oder leitender Angestellter wechselt, oder wenn sich in sonstiger Weise die Voraussetzungen, auf denen eine Eintragung in der Wählerliste beruht, ändern. (5) An Wahlen und Abstimmungen können nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen, die in der Wählerliste eingetragen sind. §9 Bekanntmachung über die Bildung der Wahlvorstände und die Wählerliste (1) Die Einsichtnahme in die Wählerliste, das Gesetz und diese Verordnung ist unverzüglich bis zum Abschluss der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu ermöglichen. Die zur Einsichtnahme bestimmte Wählerliste soll die Geburtsdaten der Wahlberechtigten nicht enthalten. Die Einsichtnahme kann durch Auslegung an geeigneter Stelle im Betrieb und durch Einsatz der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik ermöglicht werden. (2) Der Betriebswahlvorstand macht gleichzeitig mit der Ermöglichung der Einsichtnahme in die Wählerliste die Namen seiner Mitglieder und seine Anschrift sowie die Anschrift des Hauptwahlvorstands bekannt. Die Bekanntmachung erfolgt vom Tag ihres Erlasses bis zum Abschluss der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer. Der Betriebswahlvorstand vermerkt auf der Bekanntmachung den ersten und den letzten Tag dieses Zeitraums. In der Bekanntmachung ist ferner anzugeben:

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1. das Datum ihres Erlasses; 2. wo und wie die Wahlberechtigten in die Wählerliste, das Gesetz und diese Verordnung Einsicht nehmen können; 3. dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste nur innerhalb von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingelegt werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 4. dass Einsprüche gegen Berichtigungen und Ergänzungen der Wählerliste nur innerhalb von einer Woche seit der Berichtigung oder der Ergänzung eingelegt werden können; 5. dass an Wahlen und Abstimmungen nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind. (3) Hat der Betriebswahlvorstand bei der Aufstellung der Wählerliste nach § 8 Abs. 1 über die Eintragung der Wahlberechtigten als in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichnete Arbeitnehmer oder leitende Angestellte nicht ausschließlich Beschlüsse ohne Gegenstimme gefasst, so muss die Bekanntmachung nach Absatz 2 auch die folgenden Angaben enthalten: 1. dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer innerhalb von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung schriftlich vom Betriebswahlvorstand die Änderung der eigenen Eintragung als in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer oder leitender Angestellter in der Wählerliste verlangen kann; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 2. dass dem Änderungsverlangen nach Nummer 1 zu entsprechen ist, wenn ein Mitglied des Betriebswahlvorstands dem Verlangen zustimmt; 3. dass gegen die Richtigkeit der Wählerliste nur Einspruch eingelegt werden kann, soweit nicht nach Nummer 1 eine Änderung der Wählerliste verlangt werden kann. §10 Änderungsverlangen (1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer kann innerhalb von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung nach § 9 Abs. 2 und 3 schriftlich vom Betriebswahlvorstand verlangen, dass die eigene Eintragung in der Wählerliste als in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer oder leitender Angestellter geändert wird. (2) Dem Änderungsverlangen nach Absatz 1 ist zu entsprechen, wenn ein Mitglied des Betriebswahlvorstands dem Verlangen zustimmt. Eine Zustimmung nach Satz 1 kann nur innerhalb einer Woche nach Ablauf der in Absatz 1 bestimmten Frist erteilt werden; sie ist schriftlich gegenüber dem Betriebswahlvorstand zu erklären. (3) Gegen die Änderung der Eintragung nach Absatz 2 kann das Arbeitsgericht von einem Mitglied des Betriebswahlvorstands, das dem Änderungsverlangen nicht zugestimmt hat, angerufen werden.

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§11 Übersendung der Wählerliste (1) Der Betriebswahlvorstand übersendet dem Hauptwahlvorstand unverzüglich nach Ablauf der in $ 10 Abs. 1 bestimmten Frist mindestens eine Kopie der Wählerliste und teilt ihm die Zahlen der in der Regel im Betrieb beschäftigten in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und leitenden Angestellten mit. Ist nach § 10 Abs. 1 die Änderung der Wählerliste verlangt worden, so erfolgt die Übersendung unverzüglich nach Ablauf der in $ 10 Abs. 2 Satz 2 bestimmten Frist. (2) Der Betriebswahlvorstand teilt Berichtigungen und Ergänzungen der Wählerliste dem Hauptwahlvorstand unverzüglich mit. $12 Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste (1) Gegen die Richtigkeit der Wählerliste kann Einspruch eingelegt werden, soweit nicht nach $ 10 Abs. 1 eine Änderung der Eintragung als in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer oder leitender Angestellter in der Wählerliste verlangt werden kann. Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste können nur innerhalb von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung nach $ 9 Abs. 2 und 3 schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingelegt werden. Einsprüche gegen Berichtigungen und Ergänzungen der Wählerliste können nur innerhalb von einer Woche seit der Berichtigung oder der Ergänzung eingelegt werden. (2) Über Einsprüche nach Absatz 1 ist unverzüglich zu entscheiden. Ist ein Einspruch begründet, so wird die Wählerliste berichtigt. Der Betriebswahlvorstand teilt die Entscheidung der Person, die den Einspruch eingelegt hat, unverzüglich schriftlich mit.

Abschnitt 2 A b s t i m m u n g ü b e r die Art d e r Wahl $13 Bekanntmachung (1) Sind in den Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, in der Regel insgesamt nicht mehr als 8 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt, so erlässt der Hauptwahlvorstand unverzüglich nach Übersendung der Wählerlisten eine Bekanntmachung. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl gewählt werden, wenn nicht die Wahlberechtigten die Wahl durch Delegierte beschließen;

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3. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, von denen ein Antrag auf Abstimmung darüber, dass die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte erfolgen soll, unterzeichnet sein muss; 4. dass ein Antrag nur innerhalb von zwei Wochen seit dem für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt schriftlich beim Hauptwahlvorstand eingereicht werden kann; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 5. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, deren Beteiligung an der Abstimmung erforderlich ist; 6. dass ein Beschluss über die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte nur mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden kann; 7. die Anschrift des Hauptwahlvorstands. Sind nach den Vorschriften dieser Verordnung Delegierte bereits gewählt, deren Amtszeit bei Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer noch nicht beendet ist, so muss die Bekanntmachung die in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Angaben enthalten. (2) Sind in den Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, in der Regel insgesamt mehr als 8000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt, so erlässt der Hauptwahlvorstand zu dem in Absatz 1 Satz 1 bestimmten Zeitpunkt eine Bekanntmachung. Sie muss folgende Angaben enthalten: 1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte gewählt werden, wenn nicht die Wahlberechtigten die unmittelbare Wahl beschließen; 3. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, von denen ein Antrag auf Abstimmung darüber, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl gewählt werden sollen, unterzeichnet sein muss; 4. dass ein Antrag nur innerhalb von zwei Wochen seit dem für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt schriftlich beim Hauptwahlvorstand eingereicht werden kann; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 5. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, deren Beteiligung an der Abstimmung erforderlich ist; 6. dass ein Beschluss über die unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nur mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden kann; 7. die Anschrift des Hauptwahlvorstands. Die Sätze 1 und 2 sind auch anzuwenden, wenn nach den Vorschriften dieser Verordnung Delegierte bereits gewählt sind, deren Amtszeit bei Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer noch nicht beendet ist. (3) Der Hauptwahlvorstand übersendet die Bekanntmachung den Betriebswahlvorständen und teilt ihnen schriftlich den Zeitpunkt mit, von dem ab die Bekanntmachung in den Betrieben zu erfolgen hat. Die Bekanntmachung durch den Betriebswahlvorstand erfolgt bis zu der Bekanntmachung des Wahl-

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ausschreibens nach $ 39 oder $ 59. Der Betriebswahlvorstand vermerkt auf der Bekanntmachung den ersten und den letzten Tag dieses Zeitraums. (4) Der Hauptwahlvorstand übersendet die Bekanntmachung unverzüglich nach ihrem Erlass den Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, und den in diesen Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. $14 Antrag auf Abstimmung (1) Sind in den Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, in der Regel insgesamt nicht mehr als 8 0 0 0 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt, so kann ein Antrag auf Abstimmung darüber, dass die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte erfolgen soll, gestellt werden. Wenn die in $ 13 Abs. 1 Satz 3 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen, ist Absatz 2 anzuwenden. (2) Sind in den Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, in der Regel insgesamt mehr als 8000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt, so kann ein Antrag auf Abstimmung darüber, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl gewählt werden sollen, gestellt werden; dies gilt auch, wenn die in § 13 Abs. 2 Satz 3 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. (3) Ein Antrag auf Abstimmung ist innerhalb von zwei Wochen seit dem für die Bekanntmachung nach § 13 bestimmten Zeitpunkt schriftlich beim Hauptwahlvorstand einzureichen. Der Hauptwahlvorstand prüft unverzüglich nach Eingang eines Antrags dessen Gültigkeit. (4) Ein Antrag auf Abstimmung ist gültig, wenn er von mindestens einem Zwanzigstel der Wahlberechtigten unterzeichnet und fristgerecht eingereicht worden ist. (5) Ist ein Antrag ungültig, so teilt der Hauptwahlvorstand dies dem Antragsvertreter oder, wenn ein solcher nicht benannt ist, der oder dem an erster Stelle Unterzeichnenden schriftlich mit. $15 Abstimmungsausschreiben (1) Liegt ein gültiger Antrag nach § 14 vor, so erlässt der Hauptwahlvorstand unverzüglich ein Abstimmungsausschreiben. Die Abstimmung soll innerhalb von zwei Wochen seit dem für die Bekanntmachung des Abstimmungsschreibens bestimmten Zeitpunkt stattfinden. (2) Das Abstimmungsausschreiben muss folgende Angaben enthalten: 1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. den Inhalt des Antrags; 3. dass an der Abstimmung nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind; 4. die Mindestzahl der Wahlberechtigten, deren Beteiligung an der Abstimmung erforderlich ist;

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5. dass der Beschluss nur mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden kann; 6. den Tag oder die Tage der Stimmabgabe. (3) Der Hauptwahlvorstand übersendet das Abstimmungsausschreiben den Betriebswahlvorständen und teilt ihnen schriftlich den Zeitpunkt mit, von dem ab das Abstimmungsausschreiben in den Betrieben bekannt zu machen ist. Jeder Betriebswahlvorstand ergänzt das Abstimmungsausschreiben um die folgenden Angaben: 1. Ort und Zeit der Stimmabgabe und der öffentlichen Stimmauszählung; 2. den Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe sowie die Betriebsteile, Kleinstbetriebe und Betriebe, für die schriftliche Stimmabgabe nach § 19 Abs. 3 beschlossen ist; 3. dass Einsprüche und sonstige Erklärungen gegenüber dem Betriebswahlvorstand abzugeben sind; 4. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. (4) Der Betriebswahlvorstand macht das Abstimmungsausschreiben bis zum Abschluss der Stimmabgabe bekannt und vermerkt auf dem Abstimmungsausschreiben den ersten und den letzten Tag der Bekanntmachung. $ 13 Abs. 4 ist entsprechend anzuwenden.

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Stimmabgabe (1) Die Stimmzettel für die Abstimmung dürfen nur den Antrag und die Frage an die Abstimmungsberechtigten enthalten, ob sie für oder gegen den Antrag stimmen. Soll die Stimme für den Antrag abgegeben werden, so ist das vorgedruckte „Ja", andernfalls das vorgedruckte „Nein" anzukreuzen. Die Stimmzettel für die Abstimmung müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. (2) Der Hauptwahlvorstand übersendet die Stimmzettel und die Wahlumschläge rechtzeitig den Betriebswahlvorständen. (3) Stimmzettel, die mit einem besonderen Merkmal versehen sind oder aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt oder die andere als die in Absatz 1 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten, sind ungültig. $17

Abstimmungsvorgang (1) Der Betriebswahlvorstand hat geeignete Vorkehrungen für die unbeobachtete Kennzeichnung der Stimmzettel im Wahlraum zu treffen und für die Bereitstellung einer Wahlurne oder mehrerer Wahlurnen zu sorgen. Die Wahlurne muss vom Betriebswahlvorstand verschlossen und so eingerichtet sein, dass die eingeworfenen Wahlumschläge nicht herausgenommen werden können, ohne dass die Urne geöffnet wird.

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(2) Während der Abstimmung müssen mindestens zwei Mitglieder des Betriebswahlvorstands im Wahlraum anwesend sein; sind Wahlhelferinnen und Wahlhelfer bestellt, so genügt die Anwesenheit eines Mitglieds des Betriebswahlvorstands und einer Wahlhelferin oder eines Wahlhelfers. (3) Die abstimmende Person gibt ihren Namen an und wirft den Wahlumschlag, in den der Stimmzettel eingelegt ist, in die Wahlurne, nachdem die Stimmabgabe in der Wählerliste vermerkt worden ist. (4) Wer infolge seiner Behinderung bei der Stimmabgabe beeinträchtigt ist, kann eine Person seines Vertrauens bestimmen, die ihm bei der Stimmabgabe behilflich sein soll, und teilt dies dem Wahlvorstand mit. Personen, die sich bei der Wahl bewerben, Mitglieder des Wahlvorstands sowie Wahlhelferinnen und Wahlhelfer dürfen nicht zur Hilfeleistung herangezogen werden. Die Hilfeleistung beschränkt sich auf die Erfüllung der Wünsche der Wählerin oder des Wählers zur Stimmabgabe; die Person des Vertrauens darf gemeinsam mit der Wählerin oder dem Wähler die Wahlzelle aufsuchen. Sie ist zur Geheimhaltung der Kenntnisse verpflichtet, die sie bei der Hilfeleistung zur Stimmabgabe erlangt hat. Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend für des Lesens unkundige Wählerinnen und Wähler. (5) Wird die Stimmabgabe unterbrochen oder erfolgt die Stimmauszählung nicht unmittelbar nach Abschluss der Stimmabgabe, so hat der Betriebswahlvorstand für die Zwischenzeit die Wahlurne so zu verschließen und aufzubewahren, dass der Einwurf oder die Entnahme von Stimmzetteln ohne Beschädigung des Verschlusses unmöglich ist. Bei Wiedereröffnung der Abstimmung oder bei Entnahme der Stimmzettel zur Stimmauszählung hat sich der Betriebswahlvorstand davon zu überzeugen, dass der Verschluss unversehrt ist. §18 Einsatz von Wahlgeräten (1) Für die Abgabe und Zählung der Stimmen können an Stelle von Stimmzetteln, Wahlumschlägen und Wahlurnen Wahlgeräte eingesetzt werden. $ 17 gilt entsprechend. Die Wahlgeräte müssen auf Grund einer Prüfung nach 5 2 Abs. 2 und 3 der Bundeswahlgeräteverordnung für die Abstimmungen und Wahlen geeignet sein, für die sie eingesetzt werden und den Richtlinien für die Bauart von Wahlgeräten entsprechen, soweit diese nicht besondere Regelungen für Bundeswahlen enthalten. Jedem Wahlgerät muss eine Bedienungsanleitung und eine Baugleichheitserklärung entsprechend § 2 Abs. 6 der Bundeswahlgeräteverordnung beigefügt sein. (2) Der Einsatz von Wahlgeräten ist nur zulässig, wenn hierüber Einvernehmen zwischen dem Hauptwahlvorstand und der Unternehmensleitung erzielt worden ist. §19 Voraussetzungen der schriftlichen Stimmabgabe (1) Abstimmungsberechtigten, die im Zeitpunkt der Abstimmung wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert sind, ihre Stimme persönlich abzugeben, hat der Betriebswahlvorstand auf ihr Verlangen

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1. das Abstimmungsausschreiben, 2. den Stimmzettel und den Wahlumschlag, 3. eine vorgedruckte, von der abstimmenden Person abzugebende Erklärung, in der gegenüber dem Betriebswahlvorstand zu versichern ist, dass der Stimmzettel persönlich gekennzeichnet worden ist, sowie 4. einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Betriebswahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift des Abstimmungsberechtigten sowie den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe" trägt, auszuhändigen oder zu übersenden. Der Betriebswahlvorstand soll den stimmungsberechtigten ferner ein Merkblatt über die Art und Weise schriftlichen Stimmabgabe (§ 20 Abs. 1) aushändigen oder übersenden. Betriebswahlvorstand vermerkt die Aushändigung oder die Übersendung Unterlagen in der Wählerliste.

Abder Der der

(2) Abstimmungsberechtigte, von denen dem Betriebswahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Abstimmung nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden (insbesondere im Außendienst, mit Telearbeit und in Heimarbeit Beschäftigte), erhalten die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen, ohne dass es eines Verlangens der Abstimmungsberechtigten bedarf. (3) Der Betriebswahlvorstand kann die schriftliche Stimmabgabe beschließen 1. für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, 2. für Betriebe, in denen die Mehrheit der Abstimmungsberechtigten zur schriftlichen Stimmabgabe nach Absatz 2 berechtigt ist und in denen die verbleibende Minderheit nicht mehr als insgesamt 25 Abstimmungsberechtigte ausmacht. Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden. (4) Der Hauptwahlvorstand übersendet den Betriebswahlvorständen auf Anforderung die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen für die schriftliche Stimmabgabe. §20 Verfahren bei der schriftlichen Stimmabgabe (1) Die Stimmabgabe erfolgt in der Weise, dass die abstimmende Person 1. den Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnet und in dem zugehörigen Wahlumschlag verschließt, 2. die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Orts und des Datums unterschreibt und 3. den Wahlumschlag und die unterschriebene vorgedruckte Erklärung in dem Freiumschlag verschließt und diesen Wahlbrief so rechtzeitig an den Betriebswahlvorstand absendet oder übergibt, dass er vor Abschluss der Stimmabgabe vorliegt. (2) Unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe öffnet der Betriebswahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen

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Wahlbriefe und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt, so vermerkt der Betriebswahlvorstand die Stimmabgabe in der Wählerliste und legt die Wahlumschläge ungeöffnet in die Wahlurne. (3) Verspätet eingehende Wahlbriefe nimmt der Betriebswahlvorstand mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen. Die Wahlbriefe sind einen Monat nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten worden ist. $21 Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Betriebswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und stellt fest, wie viele Stimmen für und wie viele Stimmen gegen den Antrag abgegeben worden sind. (3) Bei der Auszählung ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. (4) Beim Einsatz von Wahlgeräten stellt der Betriebswahlvorstand durch Ablesen der Zählwerke die Zahl der für den Antrag und die Zahl der gegen den Antrag abgegebenen Stimmen sowie die Zahl der ungültigen Stimmen fest. $22 Abstimmungsniederschrift des Betriebswahlvorstands (1) Nach der Stimmauszählung stellt der Betriebswahlvorstand in einer Niederschrift fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. die Zahl der für den Antrag abgegebenen Stimmen; 7. die Zahl der gegen den Antrag abgegebenen Stimmen; 8. besondere während der Abstimmung eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. (2) Der Betriebswahlvorstand übermittelt unverzüglich dem Hauptwahlvorstand eingeschrieben, fernschriftlich oder durch Botin oder Boten die Abstimmungsniederschrift.

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§23

Feststellung des Abstimmungsergebnisses, Abstimmungsniederschrift des Hauptwahlvorstands Der Hauptwahlvorstand ermittelt anhand der Abstimmungsniederschriften der Betriebswahlvorstände das Abstimmungsergebnis und stellt in einer Niederschrift fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. die Zahl der für den Antrag abgegebenen Stimmen; 7. die Zahl der gegen den Antrag abgegebenen Stimmen; 8. das Abstimmungsergebnis; 9. besondere während der Abstimmung eingetretene Zwischenfälle sonstige Ereignisse.

oder

§24

Bekanntmachung des Abstimmungsergebnisses Der Hauptwahlvorstand übermittelt das Abstimmungsergebnis den Betriebswahlvorständen. Jeder Betriebswahlvorstand macht das Abstimmungsergebnis für die Dauer von zwei Wochen in gleicher Weise wie das Abstimmungsausschreiben bekannt.

Abschnitt 3 V e r t e i l u n g der S i t z e , W a h l v o r s c h l ä g e Unterabschnitt 1 Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer §25

Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer (1) Der Hauptwahlvorstand stellt die Verteilung der Sitze der unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten fest. (2) Die Errechnung der auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten entfallenden Aufsichtsratsmitglieder erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Hierzu werden die Zahl der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die Zahl der leitenden Angestellten der Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, in einer Reihe nebeneinander gestellt und beide durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind

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nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie unternehmensangehörige Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen sind. Die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten erhalten jeweils so viele Aufsichtsratssitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf sie entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten zugleich entfällt, entscheidet das Los darüber, wem der Sitz zufällt. (3) Würde nach Absatz 2 auf die leitenden Angestellten nicht mindestens ein Sitz entfallen, so erhalten sie einen Sitz; die Zahl der Sitze der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer vermindert sich entsprechend.

Unterabschnitt 2 Wahlvorschläge § 26

Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen (1) Der Hauptwahlvorstand erlässt gleichzeitig mit der Bekanntmachung nach § 13 eine Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. die Zahl der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer, getrennt nach Aufsichtsratsmitgliedern der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, Aufsichtsratsmitgliedern der leitenden Angestellten und Aufsichtsratsmitgliedern, die Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften sind; 3. dass Wahlvorschläge für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer beim Hauptwahlvorstand innerhalb von sechs Wochen seit dem für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt schriftlich eingereicht werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 4. die Mindestzahl der wahlberechtigten in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, von denen ein Wahlvorschlag für Aufsichtsratsmitglieder der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer unterzeichnet sein muss; 5. dass der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten auf Grund von Abstimmungsvorschlägen durch Beschluss der wahlberechtigten leitenden Angestellten in geheimer Abstimmung aufgestellt wird und dass hierüber eine gesonderte Bekanntmachung erlassen wird; 6. dass ein Wahlvorschlag für Aufsichtsratsmitglieder, die Vertreterinnen

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oder Vertreter von Gewerkschaften sind, nur von einer Gewerkschaft eingereicht werden kann, die in einem Unternehmen vertreten ist, dessen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen; 7. dass, soweit für die Aufsichtsratsmitglieder der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder die Aufsichtsratsmitglieder der leitenden Angestellten nur ein Wahlvorschlag gemacht wird, die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber in diesem Wahlvorschlag doppelt so hoch sein muss wie die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder, die auf die in % 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder die leitenden Angestellten entfällt; 8. dass, soweit für die Aufsichtsratsmitglieder, die Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften sind, nur ein Wahlvorschlag gemacht wird, die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber in diesem Wahlvorschlag mindestens doppelt so hoch sein muss wie die Zahl der zu wählenden Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften; 9. dass in jedem Wahlvorschlag für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber jeweils ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden kann und dass für eine Bewerberin oder einen Bewerber, die oder der ein in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer ist, nur ein in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer und für einen leitenden Angestellten nur ein leitender Angestellter als Ersatzmitglied vorgeschlagen werden kann; 10. dass bei Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds auch das zusammen mit ihm vorgeschlagene Ersatzmitglied gewählt ist; 11. die Anschrift des Hauptwahlvorstands. (2) Der Hauptwahlvorstand kann die Bekanntmachungen nach Absatz 1 und $13 in einer Bekanntmachung zusammenfassen. (3) Der Hauptwahlvorstand übersendet die Bekanntmachung den Betriebswahlvorständen und teilt ihnen schriftlich den Zeitpunkt mit, von dem ab sie in den Betrieben bekannt zu machen ist. Jeder Betriebswahlvorstand ergänzt die Bekanntmachung um die folgenden Angaben: 1. wo und wie die Wahlberechtigten in die Wählerliste, das Gesetz und diese Verordnung Einsicht nehmen können; 2. wo und wie die Wahlberechtigten von den Wahlvorschlägen Kenntnis erlangen können; 3. dass Einsprüche und sonstige Erklärungen gegenüber dem Betriebswahlvorstand abzugeben sind; 4. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. (4) Der Betriebswahlvorstand macht die Bekanntmachung bis zum Abschluss der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder bekannt. Der Betriebswahlvorstand vermerkt auf der Bekanntmachung den ersten und den letzten Tag der Bekanntmachung. (5) Der Hauptwahlvorstand übersendet die Bekanntmachung unverzüglich nach ihrem Erlass den Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, und den in diesen Unternehmen vertretenen Gewerkschaften.

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$27 Wahlvorschläge der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer (1) Zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer können die wahlberechtigten in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer Wahlvorschläge machen. Jeder Wahlvorschlag muss von einem Fünftel oder 100 der wahlberechtigten in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer unterzeichnet sein. (2) Die Wahlvorschläge sind innerhalb von sechs Wochen seit dem für die Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen bestimmten Zeitpunkt beim Hauptwahlvorstand schriftlich einzureichen. (3) Wird für einen Wahlgang nur ein Wahlvorschlag eingereicht, so muss die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber in diesem Wahlvorschlag doppelt so hoch sein wie die Zahl der in dem Wahlgang zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder. (4) Wahlgang im Sinne dieses Kapitels ist 1. die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, 2. die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der leitenden Angestellten, 3. die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder, die Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften sind. (5) In jedem Wahlvorschlag sind die Bewerberinnen und Bewerber in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Art der Beschäftigung, Unternehmen und Betrieb aufzuführen. Die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen und Bewerber zur Aufnahme in den Wahlvorschlag und ihre schriftliche Versicherung, dass sie im Fall ihrer Wahl die Wahl annehmen werden, sind beizufügen. (6) Für jeden Wahlvorschlag soll eine oder einer der Unterzeichnenden als Vorschlagsvertreter bestimmt werden. Dieser ist berechtigt und verpflichtet, dem Hauptwahlvorstand die zur Beseitigung von Beanstandungen erforderlichen Erklärungen abzugeben sowie Erklärungen und Entscheidungen des Hauptwahlvorstands entgegenzunehmen. Ist kein Vorschlagsvertreter ausdrücklich bestimmt worden, so wird die oder der an erster Stelle Unterzeichnende als Vorschlagsvertreter angesehen. (7) Die Unterschrift eines Wahlberechtigten zählt nur auf einem Wahlvorschlag. Hat ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet, so hat er auf Aufforderung des Hauptwahlvorstands innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens jedoch innerhalb einer Woche zu erklären, welche Unterschrift er aufrechterhält. Unterbleibt die fristgerechte Erklärung, so wird sein Name auf dem zuerst eingereichten Wahlvorschlag gezählt und auf den übrigen Wahlvorschlägen gestrichen; sind mehrere Wahlvorschläge, die von demselben Wahlberechtigten unterzeichnet sind, gleichzeitig eingereicht worden, so entscheidet das Los darüber, auf welchem Wahlvorschlag die Unterschrift gilt. (8) Eine Bewerberin oder ein Bewerber kann nur auf einem Wahlvorschlag vorgeschlagen werden. Ist der Name dieser Person mit ihrer schriftlichen

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Zustimmung (Absatz 5 Satz 2) auf mehreren Wahlvorschlägen aufgeführt, so hat sie auf Aufforderung des Hauptwahlvorstands innerhalb einer Woche zu erklären, welche Bewerbung sie aufrechterhält. Unterbleibt die fristgerechte Erklärung, so ist die Bewerberin oder der Bewerber auf sämtlichen Wahlvorschlägen zu streichen. §28 Wahlvorschläge der Gewerkschaften (1) Zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern, die Vertreterinnen oder Vertreter von Gewerkschaften sind, können die Gewerkschaften Wahlvorschläge machen, die in Unternehmen vertreten sind, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen. (2) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von einer hierzu bevollmächtigten beauftragten Person dieser Gewerkschaft unterzeichnet sein. § 27 Abs. 2, 4, 5 und 8 ist entsprechend anzuwenden. Wird nur ein Wahlvorschlag eingereicht, so muss die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber mindestens doppelt so hoch sein wie die Zahl der zu wählenden Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften. (3) § 27 Abs. 6 ist entsprechend anzuwenden. Die in Absatz 2 Satz 1 bezeichnete beauftragte Person gilt als Vorschlagsvertreter. Die Gewerkschaft kann eine andere als die in Absatz 2 Satz 1 bezeichnete Person als Vorschlagsvertreter benennen. §29 Wahlvorschläge für Ersatzmitglieder (1) In jedem Wahlvorschlag kann für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber jeweils ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden. Für eine Bewerberin oder einen Bewerber, die oder der ein in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer ist, kann nur ein in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneter Arbeitnehmer und für einen leitenden Angestellten nur ein leitender Angestellter als Ersatzmitglied vorgeschlagen werden. Für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber kann jeweils nur ein Ersatzmitglied vorgeschlagen werden. Eine Bewerberin oder ein Bewerber kann nicht sowohl als Mitglied als auch als Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden. § 27 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden. (2) Jedes vorgeschlagene Ersatzmitglied ist in dem Wahlvorschlag unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Art der Beschäftigung, Unternehmen und Betrieb neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen, für die oder für den es als Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen wird. In dem Wahlvorschlag ist kenntlich zu machen, wer als Mitglied und wer als Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen wird. § 27 Abs. 5 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

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Unterabschnitt 3 Zusätzliche Vorschriften für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten

$30

Bekanntmachung über die Abstimmung für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten (1) Der Hauptwahlvorstand erlässt gleichzeitig mit der Bekanntmachung nach § 13 eine Bekanntmachung über die Abstimmung für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber, die der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten enthalten muss; 3. dass der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten auf Grund von Abstimmungsvorschlägen durch Beschluss der wahlberechtigten leitenden Angestellten in geheimer Abstimmung aufgestellt wird; 4. dass in jedem Abstimmungsvorschlag für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber jeweils ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden kann; 5. die Mindestzahl der wahlberechtigten leitenden Angestellten, von denen ein Abstimmungsvorschlag für die Abstimmung der leitenden Angestellten unterzeichnet sein muss; 6. die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber, die jeder leitende Angestellte in der Abstimmung ankreuzen kann; 7. dass als Bewerberinnen und Bewerber nach der Reihenfolge der auf sie entfallenden Stimmenzahlen nur so viele leitende Angestellte in den Wahlvorschlag aufgenommen werden, wie er insgesamt Bewerberinnen und Bewerber enthalten muss und dass bei Stimmengleichheit das Los entscheidet; 8. dass die in den Abstimmungsvorschlägen zusammen mit den Gewählten aufgeführten Ersatzmitglieder in den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten als Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats aufgenommen werden; 9. den Zeitpunkt, bis zu dem Abstimmungsvorschläge für die Abstimmung der leitenden Angestellten beim Hauptwahlvorstand eingereicht werden können; 10. die Anschrift des Hauptwahlvorstands; 11. dass die leitenden Angestellten in Briefwahl abstimmen; 12. den Zeitpunkt, bis zu dem die Wahlbriefe beim Hauptwahlvorstand eingehen müssen. (2) Der Hauptwahlvorstand kann die Bekanntmachungen nach Absatz 1, $ 13 und § 26 in einer Bekanntmachung zusammenfassen. (3) Der Hauptwahlvorstand übersendet die Bekanntmachung den Betriebswahlvorständen und teilt ihnen schriftlich den Zeitpunkt mit, von dem ab sie in den Betrieben bekannt zu machen ist. Jeder Betriebswahlvorstand ergänzt

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die Bekanntmachung um die Angabe, wo oder wie die Abstimmungsberechtigten von den Abstimmungsvorschlägen Kenntnis erlangen können. (4) § 26 Abs. 4 und 5 ist entsprechend anzuwenden. §31

Abstimmungsvorschläge der leitenden Angestellten (1) Für den Beschluss über den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten können die wahlberechtigten leitenden Angestellten Abstimmungsvorschläge machen. Jeder Abstimmungsvorschlag muss von einem Zwanzigstel oder 50 der wahlberechtigten leitenden Angestellten unterzeichnet sein. Abstimmungsvorschläge sind innerhalb einer vom Hauptwahlvorstand zu bestimmenden Frist beim Hauptwahlvorstand schriftlich einzureichen. Die Frist soll zwei Wochen betragen. Sie beginnt mit dem für die Bekanntmachung nach $ 30 bestimmten Zeitpunkt. (2) In jedem Abstimmungsvorschlag kann für jede Bewerberin oder für jeden Bewerber jeweils ein leitender Angestellter als Ersatzmitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen werden. $ 29 Abs. 1 Satz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. (3) In jedem Abstimmungsvorschlag sind die Bewerberinnen und Bewerber in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Art der Beschäftigung Unternehmen und Betrieb aufzuführen. Die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen und Bewerber zur Aufnahme in den Abstimmungsvorschlag sowie die schriftliche Versicherung, dass sie im Fall ihrer Wahl die Wahl annehmen werden, sind beizufügen. Ein Ersatzmitglied ist in dem Abstimmungsvorschlag neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen, für die oder für den es als Ersatzmitglied vorgeschlagen wird. In dem Abstimmungsvorschlag ist kenntlich zu machen, wer als Bewerberin oder Bewerber und wer als Ersatzmitglied vorgeschlagen wird. Auf Ersatzmitglieder sind die Sätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden. (4) Der Hauptwahlvorstand prüft die Abstimmungsvorschläge. Er übersendet die gültigen Abstimmungsvorschläge unverzüglich den Betriebswahlvorständen. Jeder Betriebswahlvorstand macht sie bis zu dem Tag bekannt, von dem ab das Abstimmungsergebnis nach § 32 Abs. 9 Satz 2 in dem Betrieb bekannt gemacht wird; $ 26 Abs. 4 ist entsprechend anzuwenden. (5) Ist nach Ablauf der in Absatz 1 bezeichneten Frist kein gültiger Abstimmungsvorschlag eingereicht, so teilt dies der Hauptwahlvorstand unverzüglich den Betriebswahlvorständen mit. Jeder Betriebswahlvorstand macht die Mitteilung in gleicher Weise bekannt wie Abstimmungsvorschläge und fordert unter Hinweis auf den bevorstehenden Ablauf der zur Einreichung von Wahlvorschlägen bestimmten Frist erneut dazu auf, Abstimmungsvorschläge einzureichen.

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$32 Abstimmung der leitenden Angestellten (1) Der Hauptwahlvorstand setzt den Tag der Abstimmung der leitenden Angestellten so fest, dass der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten spätestens neun Wochen seit dem für die Bekanntmachung nach § 26 bestimmten Zeitpunkt vorliegt. (2) Jeder Abstimmungsberechtigte kann insgesamt so viele Bewerberinnen und Bewerber ankreuzen, wie der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten insgesamt Bewerberinnen und Bewerber enthalten muss. Eine gesonderte Stimmabgabe für ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats ist nicht zulässig. (3) Der Hauptwahlvorstand hat die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung, Unternehmen und Betrieb untereinander in alphabetischer Reihenfolge aufzuführen. Das für eine Bewerberin oder für einen Bewerber vorgeschlagene Ersatzmitglied ist auf den Stimmzetteln neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen; Satz 1 ist entsprechend anzuwenden. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, wie viele Bewerberinnen und Bewerber jeder Abstimmungsberechtigte insgesamt ankreuzen kann. Die Stimmzettel müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. (4) Die abstimmende Person kennzeichnet die von ihr Gewählten durch Ankreuzen an den im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stellen. Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr Bewerberinnen und Bewerber angekreuzt sind, als die abstimmende Person Stimmen hat, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 3 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. (5) Die Abstimmung der leitenden Angestellten wird vom Hauptwahlvorstand durchgeführt. Über die Abstimmungsvorschläge stimmen die leitenden Angestellten in Briefwahl ab. Auf die schriftliche Stimmabgabe sind die §§ 17 bis 20 entsprechend anzuwenden. (6) Unmittelbar nach dem Zeitpunkt, bis zu dem die Wahlbriefe beim Hauptwahlvorstand eingehen müssen, zählt der Hauptwahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt er die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt die auf jede Bewerberin und jeden Bewerber entfallenden Stimmen zusammen. Dabei ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. Ist auf einem Stimmzettel eine Bewerberin oder ein Bewerber mehrfach angekreuzt, so zählt dies als eine Stimme. (7) Als Bewerberinnen und Bewerber sind nach der Reihenfolge der auf sie entfallenden Stimmenzahlen nur so viele leitende Angestellte in den Wahlvorschlag aufgenommen, wie er insgesamt Bewerberinnen und Bewerber enthalten muss. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

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(8) Ist eine Bewerberin oder ein Bewerber in den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten aufgenommen, so ist das in dem Abstimmungsvorschlag neben dieser Bewerberin oder diesem Bewerber aufgeführte Ersatzmitglied als deren oder als dessen Ersatzmitglied in den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten aufgenommen. (9) Der Hauptwahlvorstand übermittelt das Abstimmungsergebnis und die Namen der in den Wahlvorschlag Aufgenommenen den Betriebswahlvorständen. Jeder Betriebswahlvorstand macht das Abstimmungsergebnis und die Namen der in den Wahlvorschlag Aufgenommenen für die Dauer von zwei Wochen bekannt; § 26 Abs. 4 ist entsprechend anzuwenden. §33 Abstimmungsniederschrift Nach Abschluss der Abstimmung stellt der Hauptwahlvorstand in einer Niederschrift fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der gültigen Stimmen; 3. die Zahl der ungültigen Stimmen; 4. die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen; 5. die Namen der in den Wahlvorschlag aufgenommenen Bewerberinnen und Bewerber und Ersatzmitglieder; 6. besondere während der Abstimmung eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. Unterabschnitt 4 Prüfung und Bekanntmachung der Wahlvorschläge $34 Prüfung der Wahlvorschläge (1) Der Hauptwahlvorstand bestätigt dem Vorschlagsvertreter schriftlich den Zeitpunkt der Einreichung des Wahlvorschlags. (2) Der Hauptwahlvorstand bezeichnet den Wahlvorschlag, wenn er nicht mit einem Kennwort versehen ist, mit Familienname und Vorname der an erster Stelle benannten Bewerberin oder des an erster Stelle benannten Bewerbers. Er hat unverzüglich den Wahlvorschlag zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung den Vorschlagsvertreter schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten.

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$ 35 Ungültige Wahlvorschläge (1) Ungültig sind Wahlvorschläge, 1. die nicht fristgerecht eingereicht worden sind, 2. auf denen die Bewerberinnen und Bewerber nicht in erkennbarer Reihenfolge aufgeführt sind, 3. die nicht die in § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 und 8 bezeichnete Zahl von Bewerberinnen und Bewerbern enthalten, 4. der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, wenn sie bei der Einreichung nicht die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweisen, 5. der Gewerkschaften, wenn sie nicht von einer hierzu bevollmächtigten beauftragten Person unterzeichnet sind. (2) Wahlvorschläge, 1. in denen die Bewerberinnen und Bewerber nicht in der in § 27 Abs. 5 Satz 1 bestimmten Weise bezeichnet sind, 2. denen die schriftliche Zustimmung und Versicherung der Bewerberinnen und Bewerber nach S 27 Abs. 5 Satz 2 nicht beigefügt sind, 3. die infolge von Streichungen gemäß % 27 Abs. 7 nicht mehr die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweisen, sind ungültig, wenn der Hauptwahlvorstand sie beanstandet hat und die Mängel nicht innerhalb einer Woche seit der Beanstandung beseitigt worden sind.

$36 Nachfrist für Wahlvorschläge (1) Ist nach Ablauf der für die Einreichung von Wahlvorschlägen bestimmten Frist für einen in $ 27 Abs. 4 Nr. 1 und 3 bezeichneten Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so erlässt der Hauptwahlvorstand unverzüglich eine Bekanntmachung und setzt eine Nachfrist von einer Woche für die Einreichung von Wahlvorschlägen fest. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. dass für den Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht worden ist; 3. dass Wahlvorschläge innerhalb einer Nachfrist von einer Woche seit dem für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt schriftlich beim Hauptwahlvorstand eingereicht werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 4. dass der Wahlgang nur stattfinden kann, wenn mindestens ein gültiger Wahlvorschlag eingereicht wird; 5. dass, soweit kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht wird, die fehlenden Aufsichtsratsmitglieder durch das Gericht bestellt werden können. (2) Wird bis zum Ablauf der Nachfrist für einen Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so macht der Hauptwahlvorstand unverzüglich bekannt, dass der Wahlgang nicht stattfindet.

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(3) Für Bekanntmachungen nach den Absätzen 1 und 2 ist § 26 Abs. 3 bis 5 entsprechend anzuwenden. §37 Bekanntmachung der Wahlvorschläge (1) Sind für einen Wahlgang, in dem mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen sind, mehrere Wahlvorschläge eingereicht, so ermittelt der Hauptwahlvorstand durch das Los nach Ablauf der in § 27 Abs. 2, § 35 Abs. 2 und § 36 Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Fristen die Reihenfolge der Ordnungsnummern, die den eingereichten Wahlvorschlägen zugeteilt werden (Wahlvorschlag 1,2 usw.). (2) Spätestens zwei Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe sind die gültigen Wahlvorschläge in den Betrieben bekannt zu machen. Der Hauptwahlvorstand übersendet die gültigen Wahlvorschläge den Betriebswahlvorständen und teilt ihnen schriftlich den Zeitpunkt mit, von dem ab die Wahlvorschläge in den Betrieben bekannt zu machen sind. Jeder Betriebswahlvorstand macht die Wahlvorschläge, nach Wahlgängen getrennt, bekannt; $ 26 Abs. 4 und 5 ist entsprechend anzuwenden.

Abschnitt 4 Anzuwendende Vorschriften §38 Anzuwendende Vorschriften (1) Sind die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl zu wählen so richtet sich das weitere Wahlverfahren nach den Vorschriften des Kapitels 2. (2) Sind die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen, so richtet sich das weitere Wahlverfahren nach den Vorschriften des Kapitels 3. Kapitel 2 Unmittelbare Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 1 Wahlausschreiben §39 Wahlausschreiben (1) Steht fest, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in unmittelbarer Wahl zu wählen sind, so erlässt der Hauptwahlvorstand ein Wahlausschreiben. Es muss folgende Angaben enthalten:

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1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer von allen Wahlberechtigten in unmittelbarer Wahl zu wählen sind; 3. dass an der Wahl und an Abstimmungen nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind; 4. den Zeitpunkt, bis zu dem Wahlvorschläge eingereicht werden können; 5. dass die Stimmabgabe an Wahlvorschläge gebunden ist und dass nur solche Wahlvorschläge berücksichtigt werden dürfen, die fristgerecht eingereicht sind; 6. den Tag oder die Tage der Stimmabgabe für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer; 7. die Anschrift des Hauptwahlvorstands. (2) Der Hauptwahlvorstand übersendet das Wahlausschreiben den Betriebswahlvorständen und teilt ihnen schriftlich den Zeitpunkt mit, von dem ab es in den Betrieben bekannt zu machen ist. Jeder Betriebswahlvorstand ergänzt das Wahlausschreiben um die folgenden Angaben: 1. wo und wie die Wahlberechtigten von den Wahlvorschlägen Kenntnis erlangen können; 2. Ort und Zeit der Stimmabgabe und der öffentlichen Stimmauszählung; 3. den Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe sowie die Betriebsteile, Kleinstbetriebe und Betriebe, für die schriftliche Stimmabgabe nach § 49 Abs. 3 beschlossen ist; 4. dass Einsprüche und sonstige Erklärungen gegenüber dem Betriebswahlvorstand abzugeben sind; 5. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. Für die Bekanntmachung des Wahlausschreibens ist $ 26 Abs. 4 und 5 entsprechend anzuwenden. Abschnitt 2 D u r c h f ü h r u n g der Wahl Unterabschnitt 1 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge §40 Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Sind in einem Wahlgang mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen und liegen für diesen Wahlgang mehrere gültige Wahlvorschläge vor, so kann die Wählerin ihre und der Wähler seine Stimme nur für einen dieser Wahlvorschläge abgeben. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). Der Begriff des Wahlgangs im Sinne dieses Kapitels bestimmt sich nach $ 27 Abs. 4.

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(2) Der Hauptwahlvorstand hat die Wahlvorschläge auf den Stimmzetteln nach der Reihenfolge der Ordnungsnummern sowie unter Angabe der an erster und zweiter Stelle benannten Bewerberinnen und Bewerber mit Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung, Unternehmen und Betrieb untereinander aufzuführen; bei Wahlvorschlägen, die mit einem Kennwort versehen sind, ist auch das Kennwort anzugeben. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, dass nur ein Wahlvorschlag angekreuzt werden kann. Die Stimmzettel, die für denselben Wahlgang Verwendung finden, müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. Die Stimmzettel und Wahlumschläge, die für einen Wahlgang Verwendung finden, müssen sich von den für die anderen Wahlgänge vorgesehenen Stimmzetteln und Wahlumschlägen in der Farbe unterscheiden. (3) Der Hauptwahlvorstand übersendet die Stimmzettel und die Wahlumschläge rechtzeitig den Betriebswahlvorständen. (4) Die Wählerin kennzeichnet den von ihr und der Wähler den von ihm gewählten Wahlvorschlag durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Für den Wahlvorgang sind die § § 1 7 und 18 entsprechend anzuwenden; die Stimmabgabe ist in der Wählerliste für jeden Wahlgang gesondert zu vermerken. (5) Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr als ein Wahlvorschlag angekreuzt ist, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. §41 Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Betriebswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die auf jeden Wahlvorschlag entfallenden Stimmen zusammen. (3) Bei der Auszählung ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. (4) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt § 21 Abs. 4 entsprechend.

§42 Wahlniederschrift des Betriebswahlvorstands (1) Nachdem die Stimmen ausgezählt sind, stellt der Betriebswahlvorstand in einer Niederschrift für jeden Wahlgang gesondert fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge;

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2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen; 7. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. (2) Der Betriebswahlvorstand übermittelt unverzüglich nach der Stimmauszählung dem Hauptwahlvorstand eingeschrieben, fernschriftlich oder durch Botin oder Boten die Wahlniederschrift. (3) Der Betriebswahlvorstand macht das Ergebnis der Stimmauszählung bekannt. $43 Ermittlung der Gewählten (1) Der Hauptwahlvorstand ermittelt anhand der Wahlniederschriften der Betriebswahlvorstände das Wahlergebnis. (2) Die in dem Wahlgang den einzelnen Wahlvorschlägen zugefallenen Stimmenzahlen werden in einer Reihe nebeneinander gestellt und sämtlich durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind. Jeder Wahlvorschlag erhält so viele Sitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf ihn entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf mehrere Wahlvorschläge zugleich entfällt, so entscheidet das Los darüber, welchem Wahlvorschlag dieser Sitz zufällt. (3) Wenn ein Wahlvorschlag insgesamt weniger Bewerberinnen und Bewerber enthält, als Höchstzahlen auf ihn entfallen, so gehen die überschüssigen Sitze auf die folgenden Höchstzahlen der anderen Wahlvorschläge desselben Wahlgangs über. (4) Die Reihenfolge der Bewerberinnen und Bewerber innerhalb der einzelnen Wahlvorschläge bestimmt sich nach der Reihenfolge ihrer Benennung. (5) Mit der Wahl einer Bewerberin oder eines Bewerbers ist das in dem Wahlvorschlag neben der gewählten Bewerberin oder dem gewählten Bewerber aufgeführte Ersatzmitglied des Aufsichtsrats gewählt.

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Unterabschnitt 2 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund nur eines Wahlvorschlags §44

Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Sind in einem Wahlgang mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen und liegt für diesen Wahlgang nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so kann die Wählerin ihre und der Wähler seine Stimme nur für die in dem Wahlvorschlag aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber abgeben. Eine gesonderte Stimmabgabe für ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats ist nicht zulässig. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). (2) Der Hauptwahlvorstand hat die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung, Unternehmen und Betrieb untereinander in der Reihenfolge aufzuführen, in der sie in dem Wahlvorschlag benannt sind. Das für eine Bewerberin oder für einen Bewerber vorgeschlagene Ersatzmitglied ist auf den Stimmzetteln neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen; Satz 1 ist entsprechend anzuwenden. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, wie viele Bewerberinnen und Bewerber die Wählerin oder der Wähler insgesamt ankreuzen kann. $ 40 Abs. 2 Satz 3 und 4 und Abs. 3 ist anzuwenden. (3) Die Wählerin kennzeichnet die von ihr und der Wähler die von ihm Gewählten durch Ankreuzen an den im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stellen. Es dürfen nicht mehr Bewerberinnen und Bewerber angekreuzt werden, als in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind. § 40 Abs. 4 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. (4) Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr Bewerberinnen und Bewerber angekreuzt sind, als in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. $45

Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Betriebswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die auf jede Bewerberin oder jeden Bewerber entfallenden Stimmen zusammen. $ 41 Abs. 3 ist anzuwenden. Ist auf einem Stimmzettel eine Bewerberin oder ein Bewerber mehrfach angekreuzt, so zählt dies als eine Stimme. (3) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt 5 21 Abs. 4 entsprechend.

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§46 Wahlniederschrift des Betriebswahlvorstands Nachdem die Stimmen ausgezählt sind, stellt der Betriebswahlvorstand in einer Niederschrift für jeden Wahlgang gesondert fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen; 7. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. § 42 Abs. 2 und 3 ist anzuwenden. $47 Ermittlung der Gewählten Der Hauptwahlvorstand ermittelt anhand der Wahlniederschriften der Betriebswahlvorstände die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen. Gewählt sind insgesamt so viele Bewerberinnen und Bewerber, wie in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind, nach der Reihenfolge der auf sie entfallenden Stimmenzahlen. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. § 43 Abs. 5 ist anzuwenden. Unterabschnitt 3 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang §48 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang (1) Ist in einem Wahlgang nur ein Aufsichtsratsmitglied der Arbeitnehmer zu wählen, so kann die Wählerin ihre und der Wähler seine Stimme nur für eine der vorgeschlagenen Bewerberinnen oder einen der vorgeschlagenen Bewerber abgeben. $ 44 Abs. 1 Satz 2 und 3 ist anzuwenden. (2) Liegt nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so hat der Hauptwahlvorstand die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung, Unternehmen und Betrieb untereinander in der Reihenfolge aufzuführen, in der sie in dem Wahlvorschlag benannt sind. Liegen mehrere gültige Wahl Vorschläge vor, so hat der Hauptwahlvorstand die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung, Unternehmen, Betrieb und Kennwort des Wahlvorschlags untereinander in alphabetischer Reihenfolge aufzuführen. § 44 Abs. 2 Satz 2 bis 4 ist anzuwenden.

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Dritte Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

(3) Die Wählerin kennzeichnet die von ihr und der Wähler die von ihm gewählte Person durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Es darf nicht mehr als eine Bewerberin oder ein Bewerber angekreuzt werden. § 40 Abs. 4 Satz 2, § 44 Abs. 4 und die §§ 45 bis 47 sind anzuwenden.

Unterabschnitt 4 Schriftliche Stimmabgabe $49 Voraussetzungen (1) Einem Wahlberechtigten, der im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert ist, seine Stimme persönlich abzugeben, hat der Betriebswahlvorstand auf sein Verlangen 1. das Wahlausschreiben, 2. für jeden Wahlgang, an dem er teilzunehmen berechtigt ist, gesondert a) die Wahl vorschläge, b) den Stimmzettel und den Wahlumschlag, 3. eine vorgedruckte, von der Wählerin oder dem Wähler abzugebende Erklärung, in der gegenüber dem Betriebswahlvorstand zu versichern ist, dass der Stimmzettel persönlich gekennzeichnet worden ist, sowie 4. einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Betriebswahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift des Wahlberechtigten sowie den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe" trägt, auszuhändigen oder zu übersenden. Der Betriebswahlvorstand soll dem Wahlberechtigten ferner ein Merkblatt über die Art und Weise der schriftlichen Stimmabgabe (§ 50 Abs. 1) aushändigen oder übersenden. Der Betriebswahlvorstand vermerkt die Aushändigung oder die Übersendung der Unterlagen für jeden Wahlgang gesondert in der Wählerliste. (2) Wahlberechtigte, von denen dem Betriebswahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden (insbesondere im Außendienst, mit Telearbeit und in Heimarbeit Beschäftigte), erhalten die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen, ohne dass es eines Verlangens der Wahlberechtigten bedarf. (3) Der Betriebswahlvorstand kann die schriftliche Stimmabgabe beschließen 1. für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, 2. für Betriebe, in denen die Mehrheit der Wahlberechtigten zur schriftlichen Stimmabgabe nach Absatz 2 berechtigt ist und in denen die verbleibende Minderheit nicht mehr als insgesamt 25 Wahlberechtigte ausmacht. Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

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Dritte Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz

(4) Der Hauptwahlvorstand übersendet den Betriebswahlvorständen auf Anforderung die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen für die schriftliche Stimmabgabe. $50 Verfahren bei der Stimmabgabe (1) Die Stimmabgabe erfolgt in der Weise, dass die Wählerin oder der Wähler 1. die Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnet und in den zugehörigen Wahlumschlägen verschließt, 2. die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Orts und des Datums unterschreibt und 3. die Wahlumschläge und die unterschriebene vorgedruckte Erklärung in dem Freiumschlag verschließt und diesen Wahlbrief so rechtzeitig an den Betriebswahlvorstand absendet oder übergibt, dass er vor Abschluss der Stimmabgabe vorliegt. (2) Unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe öffnet der Betriebswahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Wahlbriefe und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt, so vermerkt der Betriebswahlvorstand die Stimmabgabe für jeden Wahlgang gesondert in der Wählerliste und legt die Wahlumschläge ungeöffnet in die Wahlurne. (3) Verspätet eingehende Wahlbriefe nimmt der Betriebswahlvorstand mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen. Die Wahlbriefe sind einen Monat nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten worden ist. Unterabschnitt 5 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen §51 Wahlniederschrift Nachdem ermittelt ist, wer gewählt ist, stellt der Hauptwahlvorstand in einer Niederschrift für jeden Wahlgang gesondert fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. bei Verhältniswahl die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen, die berechneten Höchstzahlen und ihre Verteilung auf die Wahlvorschläge;

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7. bei Mehrheitswahl die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen; 8. die Namen der gewählten Aufsichtsratsmitglieder; 9. die Namen der für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder gewählten Ersatzmitglieder; 10. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. $52 Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten (1) Der Hauptwahlvorstand übermittelt das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten den Betriebswahlvorständen. Jeder Betriebswahlvorstand macht das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten unverzüglich für die Dauer von zwei Wochen bekannt. (2) Gleichzeitig benachrichtigt der Hauptwahlvorstand die Gewählten schriftlich von ihrer Wahl und übermittelt das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten den Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilgenommen haben, und den in diesen Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. §53 Aufbewahrung der Wahlakten Der Hauptwahlvorstand und jeder Betriebswahlvorstand übergeben die Wahlakten dem Unternehmen, in dessen Aufsichtsrat die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer gewählt worden sind. Dieses Unternehmen bewahrt die Wahlakten mindestens für die Dauer von fünf Jahren auf.

Kapitel 3 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte Abschnitt 1 Wahl der D e l e g i e r t e n Unterabschnitt 1 Delegierte mit Mehrfachmandat §54 Keine Wahl von Delegierten, soweit im Rahmen eines anderen Wahlverfahrens bereits Delegierte mit Mehrfachmandat gewählt werden (1) Sind die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen, so findet eine Wahl von Delegierten nach den Vorschriften dieses Abschnitts nicht statt, soweit

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1. in einem Unternehmen, dessen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern nach dieser Verordnung teilnehmen, Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach den Vorschriften der Ersten oder der Zweiten Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz durch Delegierte gewählt werden und 2. der Betriebswahlvorstand (Unternehmenswahlvorstand) des in Nummer 1 bezeichneten Unternehmens nach § 51 der Ersten Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz (S 55 der Zweiten Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz) beschlossen hat, dass die für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder dieses Unternehmens zu wählenden Delegierten auch an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach den Vorschriften dieses Kapitels teilnehmen. Satz 1 ist entsprechend anzuwenden, wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines Unternehmens nach dieser Verordnung durch Delegierte an der Wahl von Mitgliedern der Aufsichtsräte mehrerer Unternehmen teilnehmen. (2) Der Betriebswahlvorstand des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bezeichneten Unternehmens erlässt hierüber eine Bekanntmachung; besteht das Unternehmen aus mehreren Betrieben, so erlässt der Unternehmenswahlvorstand die Bekanntmachung und übersendet sie den Betriebswahlvorständen. % 26 Abs. 4 und 5 ist anzuwenden. §55 Delegierte, die für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern mehrerer Unternehmen gewählt werden (1) Sind in einem Unternehmen, dessen Arbeitnehmer an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder nach dieser Verordnung teilnehmen, Aufsichtsratsmitglieder nach den Vorschriften der Ersten oder der Zweiten Wahlordnung zu wählen, und beginnt die Amtszeit dieser Aufsichtsratsmitglieder nicht später als zwölf Monate nach dem Beginn der Amtszeit der nach den Vorschriften dieses Kapitels zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder, so kann der Betriebswahlvorstand (Unternehmenswahlvorstand) dieses Unternehmens beschließen, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer dieses Unternehmens, sofern ihre Wahl durch Delegierte erfolgt, von den nach den Vorschriften dieses Abschnitts zu wählenden Delegierten gewählt werden. Der Beschluss kann nur vor Erlass des Wahlausschreibens für die Wahl der Delegierten gefasst werden. (2) Absatz 1 ist entsprechend anzuwenden, wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines Unternehmens nach dieser Verordnung durch Delegierte an der Wahl von Mitgliedern der Aufsichtsräte mehrerer Unternehmen teilnehmen.

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Unterabschnitt 2 Einleitung der Wahl $56 Errechnung der Zahl der Delegierten (1) Steht fest, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen sind, so teilt der Hauptwahlvorstand dies den Betriebswahlvorständen mit. In der Mitteilung bestimmt der Hauptwahlvorstand den Zeitpunkt, bis zu dem ihm jeder Betriebswahlvorstand das Ergebnis der Wahl der Delegierten mitzuteilen hat. (2) Jeder Hauptwahlvorstand errechnet anhand der ihm von den Betriebswahlvorständen zugesandten Wählerlisten für jeden Betrieb gesondert die Zahl der in dem Betrieb zu wählenden Delegierten sowie ihre Verteilung auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten. (3) Zur Errechnung der Zahl der in einem Betrieb zu wählenden Delegierten wird die Zahl der Wahlberechtigten des Betriebs durch 90 geteilt. Teilzahlen werden voll gezählt, wenn sie mindestens die Hälfte der vollen Zahl betragen. (4) Die Errechnung der auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten entfallenden Delegierten erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Hierzu werden die Zahlen der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten des Betriebs in einer Reihe nebeneinander gestellt und beide durch 1,2, 3, 4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie Delegierte zu wählen sind. Die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten erhalten jeweils so viele Delegierte zugeteilt, wie Höchstzahlen auf sie entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf die in S 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten zugleich entfällt, entscheidet das Los darüber, wem der Delegierte zufällt. (5) Ergibt die Errechnung nach Absatz 4 in einem Betrieb für die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder die leitenden Angestellten mehr als 1. 25 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf die Hälfte; diese Delegierten erhalten je zwei Stimmen; 2. 50 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf ein Drittel; diese Delegierten erhalten je drei Stimmen; 3. 75 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf ein Viertel; diese Delegierten erhalten je vier Stimmen;

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4. 100 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf ein Fünftel; diese Delegierten erhalten je fünf Stimmen; 5. 125 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in S 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf ein Sechstel; diese Delegierten erhalten je sechs Stimmen; 6. 150 Delegierte, so vermindert sich die Zahl der zu wählenden Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder der leitenden Angestellten auf ein Siebtel; diese Delegierten erhalten je sieben Stimmen. Teilzahlen werden voll gezählt, wenn sie mindestens die Hälfte der vollen Zahl betragen. (6) Sind in einem Betrieb mindestens neun Delegierte zu wählen, so entfällt auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten mindestens je ein Delegierter; dies gilt nicht, soweit in dem Betrieb nicht mehr als fünf in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichnete Arbeitnehmer oder leitende Angestellte wahlberechtigt sind. Soweit auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten lediglich nach Satz 1 Delegierte entfallen, vermehrt sich die Zahl der Delegierten des Betriebs entsprechend. §57 Zuordnung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu anderen Betrieben (1) Entfällt nach 5 56 auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer oder die leitenden Angestellten eines Betriebs kein Delegierter, so streicht der Hauptwahlvorstand diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der ihm vorliegenden Kopie der Wählerliste des Betriebs. (2) Der Hauptwahlvorstand stellt fest, ob die nach Absatz 1 aus der Wählerliste eines Betriebs zu streichenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die Wahl der Delegierten nach § 1 1 Abs. 3 und 4 des Gesetzes als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Betriebs der Hauptniederlassung des Unternehmens oder als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des nach der Zahl der Wahlberechtigten größten Betriebs des Unternehmens gelten. Der Hauptwahlvorstand nimmt diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die ihm vorliegende Kopie der Wählerliste des Betriebs auf, als dessen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sie für die Wahl der Delegierten gelten. Nach der Zuordnung ist die Zahl der Delegierten der betroffenen Betriebe und ihre Verteilung auf die in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und die leitenden Angestellten neu zu errechnen (§ 56).

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S 58

Mitteilungen des Hauptwahlvorstands (1) Der Hauptwahlvorstand teilt jedem Betriebswahlvorstand unverzüglich nach der Errechnung der Zahl der Delegierten (§ 56) oder, falls eine Zuordnung (§ 57 Abs. 2) zu einem anderen Betrieb erfolgt ist, unverzüglich nach der Feststellung über diese Zuordnung mit: 1. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen sind; 2. einen Beschluss darüber, dass die zu wählenden Delegierten auch an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer anderer Unternehmen teilnehmen sollen; die anderen Unternehmen sind anzugeben; 3. die Zahl der zu wählenden Delegierten, getrennt nach Delegierten der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten; 4. die Familiennamen und Vornamen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nach $ 57 Abs. 1 aus der Wählerliste des Betriebs zu streichen sind, sowie den Betrieb, dem sie zugeordnet worden sind; 5. die Familiennamen, Vornamen und Geburtsdaten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nach § 57 Abs. 2 Satz 1 und 2 in die Wählerliste des Betriebs aufzunehmen sind, getrennt nach in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmern und leitenden Angestellten, sowie den Betrieb, aus dessen Wählerliste sie gestrichen worden sind; 6. den Zeitpunkt, bis zu dem jeder Betriebswahlvorstand dem Hauptwahlvorstand das Ergebnis der Wahl der Delegierten mitzuteilen hat. (2) Der Hauptwahlvorstand übersendet dem Betriebswahlvorstand eines Betriebs, aus dessen Wählerliste Wahlberechtigte zu streichen sind, unverzüglich eine Kopie seiner Mitteilung (Absatz 1 Nr. 5) an den Betriebswahlvorstand des Betriebs, dem diese Wahlberechtigten zugeordnet sind. Der Betriebswahlvorstand des Betriebs, aus dessen Wählerliste Wahlberechtigte zu streichen sind, und der Betriebswahlvorstand des Betriebs, dem diese Wahlberechtigten zugeordnet sind, machen die in Absatz 1 Nr. 5 bezeichnete Mitteilung in gleicher Weise bekannt wie das Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten (§ 59). §59

Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten (1) Unverzüglich nach Eingang der in $ 58 bezeichneten Mitteilung erlässt der Betriebswahlvorstand ein Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten. Es muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum seines Erlasses; 2. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen sind; 3. ob der Unternehmenswahlvorstand nach $ 55 beschlossen hat, dass die zu wählenden Delegierten auch an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer anderer Unternehmen teilnehmen sollen; die anderen Unternehmen sind anzugeben;

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4. dass an der Wahl und an Abstimmungen nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind; 5. dass die Delegierten von allen Wahlberechtigten gewählt werden; 6. die Zahl der zu wählenden Delegierten, getrennt nach Delegierten der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und Delegierten der leitenden Angestellten; 7. dass Wahlvorschläge für die Wahl der Delegierten innerhalb von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingereicht werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 8. die Mindestzahl der wahlberechtigten in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, von denen ein Wahlvorschlag für Delegierte der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer unterzeichnet sein muss; 9. die Mindestzahl der wahlberechtigten leitenden Angestellten, von denen ein Wahlvorschlag für Delegierte der leitenden Angestellten unterzeichnet sein muss; 10. dass die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber in jedem Wahlvorschlag mindestens doppelt so hoch sein soll wie die Zahl der in dem Wahlgang zu wählenden Delegierten; 11. dass die Stimmabgabe an Wahlvorschläge gebunden ist und dass nur solche Wahlvorschläge berücksichtigt werden dürfen, die fristgerecht beim Betriebswahlvorstand eingereicht sind; 12. dass, wenn für einen Wahlgang nur ein gültiger Wahl Vorschlag eingereicht wird, so viele der darin aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber in der angegebenen Reihenfolge als gewählt gelten, wie Delegierte in dem Wahlgang zu wählen sind; 13. wo und wie die Wahlberechtigten von den Wahlvorschlägen Kenntnis erlangen können; 14. Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe für die Wahl der Delegierten; 15. den Ort und die Zeit der öffentlichen Stimmauszählung; 16. den Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe sowie die Betriebsteile, Kleinstbetriebe und Betriebe, für die schriftliche Stimmabgabe nach § 69 Abs. 3 beschlossen ist; 17. dass Einsprüche, Anträge, Wahlvorschläge für die Wahl der Delegierten und sonstige Erklärungen gegenüber dem Betriebswahlvorstand abzugeben sind; 18. die Anschrift des Betriebswahlvorstands. Für die Bekanntmachung des Wahlausschreibens ist § 26 Abs. 4 und 5 entsprechend anzuwenden. (2) Wahlgang im Sinne dieses Abschnitts ist 1. die Wahl der Delegierten der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer; 2. die Wahl der Delegierten der leitenden Angestellten.

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Unterabschnitt 3 Wahlvorschläge für Delegierte §60

Einreichung von Wahlvorschlägen (1) Zur Wahl der Delegierten können die Wahlberechtigten des Betriebs Wahlvorschläge machen. Jeder Wahlvorschlag für Delegierte 1. der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer muss von einem Zehntel oder 100 der wahlberechtigten in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer, 2. der leitenden Angestellten muss von einem Zehntel oder 100 der wahlberechtigten leitenden Angestellten des Betriebs unterzeichnet sein. Die Wahlvorschläge sind innerhalb von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens für die Wahl der Delegierten beim Betriebswahlvorstand schriftlich einzureichen. Die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber in jedem Wahlvorschlag soll mindestens doppelt so hoch sein wie die Zahl der in dem Wahlgang zu wählenden Delegierten. (2) In jedem Wahlvorschlag sind die Bewerberinnen und Bewerber in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung aufzuführen. Die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen und Bewerber zur Aufnahme in den Wahlvorschlag und ihre schriftliche Versicherung, dass sie im Fall ihrer Wahl die Wahl annehmen werden, sind beizufügen. (3) Für jeden Wahlvorschlag soll eine oder einer der Unterzeichnenden als Vorschlagsvertreter bezeichnet werden. Dieser ist berechtigt und verpflichtet, dem Betriebswahlvorstand die zur Beseitigung von Beanstandungen erforderlichen Erklärungen abzugeben sowie Erklärungen und Entscheidungen des Betriebswahlvorstands entgegenzunehmen. Ist kein Vorschlagsvertreter ausdrücklich bestimmt worden, so wird die oder der an erster Stelle Unterzeichnende als Vorschlagsvertreter angesehen. (4) Die Unterschrift eines Wahlberechtigten zählt nur auf einem Wahlvorschlag. Hat ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet, so hat er auf Aufforderung des Betriebswahlvorstands innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens jedoch innerhalb von drei Arbeitstagen, zu erklären, welche Unterschrift er aufrechterhält. Unterbleibt die fristgerechte Erklärung, so wird sein Name auf dem zuerst eingereichten Wahlvorschlag gezählt und auf den übrigen Wahlvorschlägen gestrichen; sind mehrere Wahlvorschläge, die von demselben Wahlberechtigten unterzeichnet sind, gleichzeitig eingereicht worden, so entscheidet das Los darüber, auf welchem Wahlvorschlag die Unterschrift gilt. (5) Eine Bewerberin oder ein Bewerber kann nur auf einem Wahlvorschlag vorgeschlagen werden. Ist der Name dieser Person mit ihrer schriftlichen Zustimmung (Absatz 2 Satz 2) auf mehreren Wahlvorschlägen aufgeführt, so hat sie auf Aufforderung des Betriebswahlvorstands innerhalb von drei Arbeitstagen zu erklären, welche Bewerbung sie aufrechterhält. Unterbleibt die fristgerechte Erklärung, so ist die Bewerberin oder der Bewerber auf sämtlichen Wahlvorschlägen zu streichen.

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$61 Prüfung der Wahlvorschläge (1) Der Betriebswahlvorstand bestätigt dem Vorschlagsvertreter schriftlich den Zeitpunkt der Einreichung des Wahlvorschlags. (2) Der Betriebswahlvorstand bezeichnet den Wahlvorschlag, wenn er nicht mit einem Kennwort versehen ist, mit Familienname und Vorname der an erster Stelle benannten Bewerberin oder des an erster Stelle benannten Bewerbers. Er hat unverzüglich den Wahlvorschlag zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung den Vorschlagsvertreter schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten.

S 62 Ungültige Wahlvorschläge (1) Ungültig sind Wahlvorschläge, 1. die nicht fristgerecht eingereicht worden sind, 2. auf denen die Bewerberinnen und Bewerber nicht in erkennbarer Reihenfolge aufgeführt sind, 3. die bei der Einreichung nicht die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweisen. (2) Wahlvorschläge, 1. in denen die Bewerberinnen und Bewerber nicht in der in $ 60 Abs. 2 Satz 1 bestimmten Weise bezeichnet sind, 2. denen die schriftliche Zustimmung und Versicherung der Bewerberinnen und Bewerber nach § 60 Abs. 2 Satz 2 nicht beigefügt sind, 3. die infolge von Streichungen gemäß $ 60 Abs. 4 nicht mehr die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweisen, sind ungültig, wenn der Betriebswahlvorstand sie beanstandet hat und die Mängel nicht innerhalb von drei Arbeitstagen seit der Beanstandung beseitigt worden sind.

§63 Nachfrist für Wahlvorschläge (1) Ist nach Ablauf der für die Einreichung von Wahlvorschlägen bestimmten Frist für einen Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so erlässt der Betriebswahlvorstand unverzüglich eine Bekanntmachung und setzt eine Nachfrist von einer Woche für die Einreichung von Wahlvorschlägen fest. Die Bekanntmachung muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum ihres Erlasses; 2. dass für den Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht worden ist; 3. dass Wahlvorschläge innerhalb einer Nachfrist von einer Woche seit Erlass der Bekanntmachung schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingereicht werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben.

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(2) Wird bis zum Ablauf der Nachfrist für einen Wahlgang kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht, so macht der Betriebswahlvorstand unverzüglich bekannt, dass der Wahlgang nicht stattfindet. (3) Für Bekanntmachungen nach den Absätzen 1 und 2 ist § 26 Abs. 4 und 5 entsprechend anzuwenden. $64

Bekanntmachung der Wahlvorschläge (1) Sind für einen Wahlgang mehrere Wahl Vorschläge eingereicht, so ermittelt der Betriebswahlvorstand durch das Los nach Ablauf der in § 60 Abs. 1 Satz 3, $ 62 Abs. 2 und § 63 Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Fristen die Reihenfolge der Ordnungsnummern, die den eingereichten Wahlvorschlägen zugeteilt werden (Wahlvorschlag 1, 2 usw.). Die Vorschlagsvertreter sind zu der Losentscheidung rechtzeitig einzuladen. (2) Spätestens zwei Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe macht der Betriebswahlvorstand die gültigen Wahlvorschläge, nach Wahlgängen getrennt, in gleicher Weise bekannt wie das Wahlausschreiben für die Wahl der Delegierten. Liegt für einen Wahlgang nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so weist der Betriebswahlvorstand in der Bekanntmachung darauf hin, dass so viele der darin aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber in der angegebenen Reihenfolge als gewählt gelten, wie in dem Wahlgang Delegierte zu wählen sind.

Unterabschnitt 4 Wahl von Delegierten in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge $65

Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Liegen für einen Wahlgang mehrere gültige Wahlvorschläge vor, so kann die Wählerin ihre und der Wähler seine Stimme nur für einen dieser Wahlvorschläge abgeben. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). (2) Der Betriebswahlvorstand hat die Wahlvorschläge auf den Stimmzetteln nach der Reihenfolge der Ordnungsnummern sowie unter Angabe der an erster und zweiter Stelle benannten Bewerberinnen und Bewerber mit Familienname, Vorname und Art der Beschäftigung untereinander aufzuführen; bei Wahlvorschlägen, die mit einem Kennwort versehen sind, ist auch das Kennwort anzugeben. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, dass nur ein Wahlvorschlag angekreuzt werden kann. Die Stimmzettel, die für denselben Wahlgang Verwendung finden, müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. Die Stimmzettel und Wahlumschläge, die für einen Wahlgang Verwendung finden, müssen sich von den für die anderen Wahlgänge vorgesehenen Stimmzetteln und Wahlumschlägen in der Farbe unterscheiden.

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(3) Die Wählerin kennzeichnet den von ihr und der Wähler den von ihm gewählten Wahlvorschlag durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Für den Wahlvorgang sind die §§ 17 und 18 entsprechend anzuwenden; die Stimmabgabe ist in der Wählerliste für jeden Wahlgang gesondert zu vermerken. (4) Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr als ein Wahlvorschlag angekreuzt ist, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. $66 Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Betriebswahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Betriebswahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die auf jeden Wahlvorschlag entfallenden Stimmen zusammen. (3) Bei der Auszählung ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. (4) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt $ 21 Abs. 4 entsprechend. §67 Ermittlung der Gewählten (1) Die in dem Wahlgang den einzelnen Wahlvorschlägen zugefallenen Stimmenzahlen werden in einer Reihe nebeneinander gestellt und sämtlich durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie in dem Wahlgang Delegierte zu wählen sind. Jeder Wahlvorschlag erhält so viele Sitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf ihn entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf mehrere Wahlvorschläge zugleich entfällt, so entscheidet das Los darüber, welchem Wahlvorschlag dieser Sitz zufällt. (2) Wenn ein Wahlvorschlag insgesamt weniger Bewerberinnen und Bewerber enthält, als Höchstzahlen auf ihn entfallen, so gehen die überschüssigen Sitze auf die folgenden Höchstzahlen der anderen Wahlvorschläge desselben Wahlgangs über. (3) Die Reihenfolge der Bewerberinnen und Bewerber innerhalb der einzelnen Wahlvorschläge bestimmt sich nach der Reihenfolge ihrer Benennung.

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Unterabschnitt 5 Ermittlung von Delegierten bei Vorliegen nur eines Wahlvorschlags für einen Wahlgang §68 Ermittlung von Delegierten bei Vorliegen nur eines Wahlvorschlags für einen Wahlgang (1) Liegt für einen Wahlgang nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so gelten so viele der darin aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber in der im Wahlvorschlag angegebenen Reihenfolge als gewählt, wie Delegierte in dem Wahlgang zu wählen sind. (2) Der Betriebswahlvorstand stellt unverzüglich nach Abschluss der Wahl der Delegierten fest, welche Delegierten nach Absatz 1 als gewählt gelten. Unterabschnitt 6 Schriftliche Stimmabgabe §69 Voraussetzungen (1) Einem Wahlberechtigten, der im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert ist, seine Stimme persönlich abzugeben, hat der Betriebswahlvorstand auf sein Verlangen 1. das Wahlausschreiben, 2. für jeden Wahlgang, an dem er teilzunehmen berechtigt ist, gesondert a) die Wahlvorschläge, b) den Stimmzettel und den Wahlumschlag, 3. eine vorgedruckte, von der Wählerin oder dem Wähler abzugebende Erklärung, in der gegenüber dem Betriebswahlvorstand zu versichern ist, dass der Stimmzettel persönlich gekennzeichnet worden ist, sowie 4. einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Betriebswahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift des Wahlberechtigten sowie den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe" trägt, auszuhändigen oder zu übersenden. Der Betriebswahlvorstand soll dem Wahlberechtigten ferner ein Merkblatt über die Art und Weise der schriftlichen Stimmabgabe (§ 70 Abs. 1) aushändigen oder übersenden. Der Betriebswahlvorstand vermerkt die Aushändigung oder die Übersendung der Unterlagen für jeden Wahlgang gesondert in der Wählerliste. (2) Wahlberechtigte, von denen dem Betriebswahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden (insbesondere im Außendienst, mit Telearbeit und in Heimarbeit Beschäftigte), sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die dem Betrieb nach § 57 Abs. 2 zugeordnet sind, erhalten die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen, ohne dass es eines Verlangens des Wahlberechtigten bedarf.

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(3) Der Betriebswahlvorstand kann die schriftliche Stimmabgabe beschließen 1. für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, 2. für Betriebe, in denen die Mehrheit der Wahlberechtigten zur schriftlichen Stimmabgabe nach Absatz 2 berechtigt ist und in denen die verbleibende Minderheit nicht mehr als insgesamt 25 Wahlberechtigte ausmacht. Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden. §70

Verfahren bei der Stimmabgabe (1) Die Stimmabgabe erfolgt in der Weise, dass die Wählerin oder der Wähler 1. die Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnet und in den zugehörigen Wahlumschlägen verschließt, 2. die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Orts und des Datums unterschreibt und 3. die Wahlumschläge und die unterschriebene vorgedruckte Erklärung in dem Freiumschlag verschließt und diesen Wahlbrief so rechtzeitig an den Betriebswahlvorstand absendet oder übergibt, dass er vor Abschluss der Stimmabgabe vorliegt. (2) Unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe öffnet der Betriebswahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Wahlbriefe und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt, so vermerkt der Betriebswahlvorstand die Stimmabgabe für jeden Wahlgang gesondert in der Wählerliste und legt die Wahlumschläge ungeöffnet in die Wahlurne. (3) Verspätet eingehende Wahlbriefe nimmt der Betriebswahlvorstand mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen. Die Wahlbriefe sind einen Monat nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten worden ist.

Unterabschnitt 7 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen $ 71

Wahlniederschrift (1) Nachdem ermittelt ist, wer als Delegierter gewählt ist, stellt der Betriebswahlvorstand in einer Niederschrift für jeden Wahlgang gesondert fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen;

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4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen, die berechneten Höchstzahlen und ihre Verteilung auf die Wahlvorschläge; 7. den Wahlvorschlag, dessen Bewerberinnen und Bewerber als gewählt gelten (S 68); 8. für jeden Wahlvorschlag gesondert die Namen und Anschriften a) der gewählten Delegierten, b) der Ersatzdelegierten in der Reihenfolge ihrer Benennung; 9. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. (2) Der Betriebswahlvorstand übermittelt die Wahlniederschrift unverzüglich dem Hauptwahlvorstand eingeschrieben, fernschriftlich oder durch Botin oder Boten. §72

Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten (1) Der Betriebswahlvorstand macht das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten unverzüglich für die Dauer von zwei Wochen bekannt. (2) Gleichzeitig benachrichtigt der Betriebswahlvorstand die Gewählten schriftlich von ihrer Wahl. Haben die Delegierten nach $ 55 ein Mehrfachmandat, so ist dies in der Benachrichtigung anzugeben.

Unterabschnitt 8 Ausnahme $73

Ausnahme Die Vorschriften der Unterabschnitte 1 bis 7 sind nicht anzuwenden auf Betriebe, in denen nach den Vorschriften dieser Verordnung oder, unter den in $ 54 Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen, nach den Vorschriften der Ersten oder der Zweiten Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz Delegierte bereits gewählt sind, deren Amtszeit bei Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer noch nicht beendet ist ($ 13 des Gesetzes).

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Abschnitt 2 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der A r b e i t n e h m e r d u r c h die D e l e g i e r t e n Unterabschnitt 1 Delegiertenversammlung, Delegiertenliste $74 Delegiertenversammlung (1) Die Delegierten wählen die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einer Versammlung (Delegiertenversammlung). Sie wird vom Hauptwahlvorstand geleitet. (2) Der Hauptwahlvorstand bestimmt den Tag der Delegiertenversammlung. Sie soll spätestens vier Wochen nach dem Zeitpunkt stattfinden, bis zu dem die Betriebswahlvorstände dem Hauptwahlvorstand nach § 58 Abs. 1 Nr. 6 die Ergebnisse der Wahl der Delegierten mitzuteilen hatten. Sind in den Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, im Rahmen eines anderen Wahlverfahrens bereits Delegierte mit Mehrfachmandat gewählt worden (§ 54 Abs. 1), so soll die Delegiertenversammlung spätestens vier Wochen vor dem Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer stattfinden. §75 Delegiertenliste (1) Der Hauptwahlvorstand stellt eine Liste der Delegierten (Delegiertenliste), getrennt nach Delegierten der in $ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes bezeichneten Arbeitnehmer und der leitenden Angestellten auf. $ 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 ist entsprechend anzuwenden. (2) Hinter dem Namen jedes Delegierten ist zu vermerken; wie viele Stimmen er hat. (3) Die Einsichtnahme in die Delegiertenliste, das Gesetz und diese Verordnung ist in der Delegiertenversammlung bis zum Abschluss der Stimmabgabe zu ermöglichen. Die zur Einsichtnahme bestimmte Delegiertenliste soll die Geburtsdaten der Delegierten nicht enthalten. Die Einsichtnahme kann durch Auslegung und durch Einsatz der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik ermöglicht werden. $76 Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste (1) Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste können vor Beginn der Stimmabgabe beim Hauptwahlvorstand eingelegt werden. (2) Über Einsprüche nach Absatz 1 entscheidet der Hauptwahlvorstand unverzüglich. Ist ein Einspruch begründet, so berichtigt der Hauptwahlvor-

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stand die Delegiertenliste. Der Hauptwahlvorstand teilt seine Entscheidung der Person, die den Einspruch eingelegt hat, unverzüglich mit. (3) Vor Beginn der Stimmabgabe soll der Hauptwahlvorstand die Delegiertenliste auf ihre Richtigkeit hin überprüfen. Im Übrigen kann die Delegiertenliste nur bei Schreibfehlem, offenbaren Unrichtigkeiten oder in Erledigung rechtzeitig eingelegter Einsprüche bis vor Beginn der Stimmabgabe berichtigt oder ergänzt werden.

Unterabschnitt 2 Mitteilung an die Delegierten §77

Mitteilung an die Delegierten (1) Der Hauptwahlvorstand teilt jedem Delegierten spätestens zwei Wochen vor dem Tag der Delegiertenversammlung mit: 1. dass an der Wahl und an Abstimmungen nur Delegierte teilnehmen können, die in der Delegiertenliste eingetragen sind; 2. dass die Einsichtnahme in die Delegiertenliste, das Gesetz und diese Verordnung in der Delegiertenversammlung ermöglicht wird; 3. dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste vor Beginn der Stimmabgabe beim Hauptwahlvorstand eingelegt werden können; 4. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer von allen Delegierten gewählt werden; 5. wie viele Stimmen dem Delegierten zustehen; 6. dass die Stimmabgabe an Wahlvorschläge gebunden ist; 7. Ort, Tag und Zeit der Delegiertenversammlung und der öffentlichen Stimmauszählung; 8. die Anschrift des Hauptwahlvorstands. Die Mitteilung erfolgt schriftlich gegen Empfangsbekenntnis oder durch eingeschriebenen Brief. (2) Der Hauptwahlvorstand übersendet Kopien der Mitteilung nach Absatz 1 den Betriebswahlvorständen, den Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilnehmen, und den in diesen Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. (3) Stellt der Hauptwahlvorstand fest, dass die Amtszeit eines Delegierten 1. durch Niederlegung des Amtes, 2. durch Beendigung der Beschäftigung des Delegierten in dem Betrieb, dessen Delegierter er ist, 3. durch Verlust der Wählbarkeit vorzeitig beendet ($ 14 Abs. 1 des Gesetzes) oder dass er verhindert (§ 14 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes) ist, so verständigt er den Ersatzdelegierten (§ 14 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes) in gleicher Weise wie die Delegierten.

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(4) Stellt ein Delegierter fest, dass er verhindert ist, so teilt er dies dem Betriebswahlvorstand mit. Stellt ein Betriebswahlvorstand fest, dass die Amtszeit eines Delegierten vorzeitig beendet oder dass er verhindert ist, so teilt er dies dem Hauptwahlvorstand mit. Unterabschnitt 3 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund mehrerer Wahlvorschläge

§78 Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Sind in einem Wahlgang mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen und liegen für diesen Wahlgang mehrere gültige Wahlvorschläge vor, so kann der Delegierte seine Stimme nur für einen dieser Wahlvorschläge abgeben. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). Hat ein Delegierter mehrere Stimmen, so gibt er für jede Stimme einen Stimmzettel in einem Wahlumschlag ab. Der Begriff des Wahlgangs im Sinne dieses Abschnitts bestimmt sich nach $ 27 Abs. 4. (2) Der Hauptwahlvorstand hat die Wahlvorschläge auf den Stimmzetteln nach der Reihenfolge der Ordnungsnummern sowie unter Angabe der an erster und zweiter Stelle benannten Bewerberinnen und Bewerber mit Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung, Unternehmen und Betrieb untereinander aufzuführen; bei Wahlvorschlägen, die mit einem Kennwort versehen sind, ist auch das Kennwort anzugeben. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, dass der Delegierte nur einen Wahlvorschlag ankreuzen kann. Die Stimmzettel, die für denselben Wahlgang Verwendung finden, müssen sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit und Beschriftung haben; das Gleiche gilt für die Wahlumschläge. Die Stimmzettel und Wahlumschläge, die für einen Wahlgang Verwendung finden, müssen sich von den für die anderen Wahlgänge vorgesehenen Stimmzetteln und Wahlumschlägen in der Farbe unterscheiden. (3) Der Delegierte kennzeichnet den von ihm gewählten Wahlvorschlag durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Für den Wahl Vorgang sind die SS 17 und 18 entsprechend anzuwenden; die Stimmabgabe ist in der Delegiertenliste für jeden Wahlgang und für jede Stimme gesondert zu vermerken. (4) Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr als ein Wahlvorschlag angekreuzt ist, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten.

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Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Hauptwahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Hauptwahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die auf jeden Wahlvorschlag entfallenden Stimmen zusammen. (3) Bei der Auszählung ist die Gültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Befinden sich in einem Wahlumschlag mehrere gekennzeichnete Stimmzettel, so werden sie, wenn sie vollständig übereinstimmen, nur einfach gezählt, andernfalls sind sie ungültig. (4) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt § 21 Abs. 4 entsprechend. §80

Ermittlung der Gewählten (1) Die in dem Wahlgang den einzelnen Wahlvorschlägen zugefallenen Stimmenzahlen werden in einer Reihe nebeneinander gestellt und sämtlich durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen sind nacheinander reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe aufzuführen, bis höhere Teilzahlen, als aus früheren Reihen für die Zuweisung von Sitzen in Betracht kommen, nicht mehr entstehen. Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen ausgesondert und der Größe nach geordnet, wie in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind. Jeder Wahlvorschlag erhält so viele Sitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf ihn entfallen. Wenn die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf mehrere Wahlvorschläge zugleich entfällt, so entscheidet das Los darüber, welchem Wahlvorschlag dieser Sitz zufällt. (2) Wenn ein Wahlvorschlag insgesamt weniger Bewerberinnen und Bewerber enthält, als Höchstzahlen auf ihn entfallen, so gehen die überschüssigen Sitze auf die folgenden Höchstzahlen der anderen Wahlvorschläge desselben Wahlgangs über. (3) Die Reihenfolge der Bewerberinnen und Bewerber innerhalb der einzelnen Wahlvorschläge bestimmt sich nach der Reihenfolge ihrer Benennung. (4) Mit der Wahl einer Bewerberin oder eines Bewerbers ist das in dem Wahlvorschlag neben der gewählten Bewerberin oder dem gewählten Bewerber aufgeführte Ersatzmitglied des Aufsichtsrats gewählt. Unterabschnitt 4 Wahl mehrerer Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in einem Wahlgang auf Grund nur eines Wahlvorschlags $81

Stimmabgabe, Wahlvorgang (1) Sind in einem Wahlgang mehrere Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen und liegt für diesen Wahlgang nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so kann der Delegierte seine Stimme nur für die in dem Wahlvor-

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schlag aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber abgeben. Eine gesonderte Stimmabgabe für ein Ersatzmitglied des Aufsichtsrats ist nicht zulässig. Die Stimmabgabe erfolgt durch Abgabe von Stimmzetteln in den hierfür bestimmten Umschlägen (Wahlumschlägen). Hat ein Delegierter mehrere Stimmen, so gibt er für jede Stimme einen Stimmzettel in einem Wahlumschlag ab. (2) Der Hauptwahlvorstand hat die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung, Unternehmen und Betrieb untereinander in der Reihenfolge aufzuführen, in der sie in dem Wahlvorschlag benannt sind. Das für eine Bewerberin oder für einen Bewerber vorgeschlagene Ersatzmitglied ist auf dem Stimmzettel neben der Bewerberin oder dem Bewerber aufzuführen; Satz 1 ist entsprechend anzuwenden. Die Stimmzettel sollen die Angabe enthalten, wie viele Bewerberinnen und Bewerber der Delegierte ankreuzen kann. $ 78 Abs. 2 Satz 3 ist anzuwenden. (3) Der Delegierte kennzeichnet die von ihm Gewählten durch Ankreuzen an den im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stellen. Er darf nicht mehr Bewerberinnen und Bewerber ankreuzen, als Aufsichtsratsmitglieder in dem Wahlgang zu wählen sind. $ 78 Abs. 3 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. (4) Ungültig sind Stimmzettel, 1. in denen mehr Bewerberinnen und Bewerber angekreuzt sind, als in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind, 2. aus denen sich ein eindeutiger Wille nicht ergibt, 3. die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, 4. die andere als die in Absatz 2 bezeichneten Angaben, einen Zusatz oder sonstige Änderungen enthalten. §82 Öffentliche Stimmauszählung (1) Unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe zählt der Hauptwahlvorstand öffentlich die Stimmen aus. (2) Nach Öffnung der Wahlurne entnimmt der Hauptwahlvorstand die Stimmzettel den Wahlumschlägen und zählt für jeden Wahlgang gesondert die auf jede Bewerberin oder jeden Bewerber entfallenden Stimmen zusammen. § 79 Abs. 3 ist anzuwenden. Ist auf einem Stimmzettel eine Bewerberin oder ein Bewerber mehrfach angekreuzt, so zählt dies als eine Stimme. (3) Beim Einsatz von Wahlgeräten gilt $ 21 Abs. 4 entsprechend. $83 Ermittlung der Gewählten Gewählt sind so viele Bewerberinnen und Bewerber, wie in dem Wahlgang Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind, nach der Reihenfolge der auf sie entfallenden Stimmenzahlen. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. § 80 Abs. 4 ist anzuwenden.

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Unterabschnitt 5 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang §84 Wahl nur eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer in einem Wahlgang (1) Ist in einem Wahlgang nur ein Aufsichtsratsmitglied der Arbeitnehmer zu wählen, so kann der Delegierte seine Stimme nur für eine der vorgeschlagenen Bewerberinnen oder einen der vorgeschlagenen Bewerber abgeben: § 81 Abs. 1 Satz 2 bis 4 ist anzuwenden. (2) Liegt nur ein gültiger Wahlvorschlag vor, so hat der Hauptwahlvorstand die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung, Unternehmen und Betrieb untereinander in der Reihenfolge aufzuführen, in der sie in dem Wahlvorschlag benannt sind. Liegen mehrere gültige Wahlvorschläge vor, so hat der Hauptwahlvorstand die Bewerberinnen und Bewerber auf den Stimmzetteln unter Angabe von Familienname, Vorname, Art der Beschäftigung, Unternehmen, Betrieb und Kennwort des Wahlvorschlags untereinander in alphabetischer Reihenfolge aufzuführen. § 81 Abs. 2 Satz 2 bis 4 ist anzuwenden. (3) Der Delegierte kennzeichnet die von ihm gewählte Bewerberin oder den von ihm gewählten Bewerber durch Ankreuzen an der im Stimmzettel hierfür vorgesehenen Stelle. Er darf nicht mehr als eine Bewerberin oder einen Bewerber ankreuzen. $ 78 Abs. 3 Satz 2, $ 81 Abs. 4 und die §§ 82 und 83 sind anzuwenden. Unterabschnitt 6 Wahlniederschrift, Benachrichtigungen S 85 Wahlniederschrift Nachdem ermittelt ist, wer gewählt ist, stellt der Hauptwahlvorstand in einer Niederschrift für jeden Wahlgang gesondert fest: 1. die Zahl der abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der an Wahlgeräten abgegebenen Stimmen; 3. die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen; 4. die Zahl der gültigen Stimmen; 5. die Zahl der ungültigen Stimmen; 6. bei Verhältniswahl die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen, die berechneten Höchstzahlen und ihre Verteilung auf die Wahlvorschläge; 7. bei Mehrheitswahl die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen; 8. die Namen der gewählten Aufsichtsratsmitglieder;

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9. die Namen der für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder gewählten Ersatzmitglieder; 10. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse. §86 Bekanntmachung des Wahlergebnisses, Benachrichtigung der Gewählten (1) Der Hauptwahlvorstand gibt das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten in der Delegiertenversammlung bekannt. (2) Der Hauptwahlvorstand übermittelt das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten den Betriebswahlvorständen. Jeder Betriebswahlvorstand macht das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten unverzüglich für die Dauer von zwei Wochen bekannt. (3) Gleichzeitig benachrichtigt der Hauptwahlvorstand die Gewählten schriftlich von ihrer Wahl und übermittelt das Wahlergebnis und die Namen der Gewählten den Unternehmen, deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Wahl teilgenommen haben, und den in diesen Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. $87 Aufbewahrung der Wahlakten Der Hauptwahlvorstand und jeder Betriebswahlvorstand übergeben die Wahlakten dem Unternehmen, in dessen Aufsichtsrat die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer gewählt worden sind. Dieses Unternehmen bewahrt die Wahlakten mindestens für die Dauer von fünf Jahren auf.

Teil 2 A b b e r u f u n g von A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r n der Arbeitnehmer Kapitel 1 Gemeinsame Vorschriften §88 Einleitung des Abberufungsverfahrens (1) Ein Antrag auf Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer nach § 23 Abs. 1 des Gesetzes ist schriftlich beim Konzernbetriebsrat einzureichen. Besteht kein Konzernbetriebsrat, so ist der Antrag beim Gesamtbetriebsrat oder, wenn ein solcher nicht besteht, beim Betriebsrat des Unternehmens einzureichen, dessen Aufsichtsrat das abzuberufende Mitglied an-

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gehört. Besteht in diesem Unternehmen kein Betriebsrat, so ist der Antrag beim Gesamtbetriebsrat des nach der Zahl der Wahlberechtigten größten anderen Unternehmens einzureichen, in dem ein Betriebsrat besteht und dessen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 4 oder $ 5 des Gesetzes an der Abberufung teilnehmen oder, wenn in dem anderen Unternehmen nur ein Betriebsrat besteht, beim Betriebsrat. (2) Unverzüglich nach Eingang eines Antrags auf Abberufung wird der Hauptwahlvorstand gebildet, es sei denn, der Antrag entspricht offensichtlich nicht den in $ 23 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes bezeichneten Erfordernissen. (3) Für die Aufgaben, die Bildung, die Zusammensetzung und die Geschäftsführung der Wahlvorstände sind die $$ 3 bis 7 entsprechend anzuwenden; die Mitteilung des Hauptwahlvorstands nach $ 6 muss auch den Inhalt des Antrags auf Abberufung enthalten. Dem Hauptwahlvorstand sind die bei der Wahl des Aufsichtsratsmitglieds, dessen Abberufung beantragt wird, entstandenen Wahlakten zu übergeben. $89 Liste der antragsberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Wird die Abberufung eines unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer beantragt, so wird in jedem Betrieb unverzüglich nach der Bildung des Betriebswahlvorstands eine Liste der Wahlberechtigten aufgestellt, die nach § 23 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes für die Abberufung dieses Aufsichtsratsmitglieds antragsberechtigt sind. Die §§ 8 bis 12 sind entsprechend anzuwenden; die Bekanntmachung nach $ 9 Abs. 2 und 3 muss auch den Inhalt des Antrags auf Abberufung enthalten. $90 Prüfung des Antrags auf Abberufung (1) Der Hauptwahlvorstand prüft unverzüglich nach Übersendung der Listen der antragsberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Gültigkeit des Antrags auf Abberufung. (2) Ist ein Antrag ungültig, so teilt der Hauptwahlvorstand dies dem Antragsvertreter oder, wenn ein solcher nicht benannt ist, der oder dem an erster Stelle Unterzeichnenden und den Betriebswahl vorständen schriftlich mit. Jeder Betriebswahlvorstand macht die Mitteilung für die Dauer von zwei Wochen bekannt. $91 Anzuwendende Vorschriften (1) Liegt ein gültiger Antrag vor, so stellt der Hauptwahlvorstand fest, ob das Aufsichtsratsmitglied, dessen Abberufung beantragt ist, in unmittelbarer Wahl oder durch Delegierte gewählt worden ist. (2) Ist das Aufsichtsratsmitglied, dessen Abberufung beantragt ist, in unmittelbarer Wahl gewählt worden, so richtet sich das weitere Abberufungsverfahren nach den Vorschriften des Kapitels 2.

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(3) Ist das Aufsichtsratsmitglied, dessen Abberufung beantragt ist, durch Delegierte gewählt worden, so richtet sich das weitere Abberufungsverfahren nach den Vorschriften des Kapitels 3.

Kapitel 2 Abstimmung über die Abberufung eines in unmittelbarer Wahl gewählten Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer $92 Abberufungsausschreiben, Wählerliste (1) Der Hauptwahlvorstand erlässt unverzüglich ein Abberufungsausschreiben. Die Abstimmung soll innerhalb von vier Wochen seit dem für die Bekanntmachung des Abberufungsausschreibens bestimmten Zeitpunkt stattfinden. (2) Das Abberufungsausschreiben muss folgende Angaben enthalten: 1. den für die Bekanntmachung bestimmten Zeitpunkt; 2. den Inhalt des Antrags; 3. die Bezeichnung der antragstellenden Person; 4. die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die den Antrag unterzeichnet haben; 5. dass an der Abstimmung nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind; 6. dass der Beschluss über die Abberufung einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen bedarf; 7. den Tag oder die Tage der Stimmabgabe. Für die Bekanntmachung des Abberufungsausschreibens sind $ 15 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 sowie $ 26 Abs. 4 und 5 entsprechend anzuwenden. (3) In jedem Betrieb wird für die Abberufung unverzüglich eine Liste der Abstimmungsberechtigten des Betriebs (Wählerliste) aufgestellt. Die SS 8 , 9 , 1 1 und 12 sind entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass abweichend von $ 8 Abs. 1 Satz 1 eine Trennung der Wählerliste nicht erforderlich ist. $93 Abstimmung, Abstimmungsergebnis, Akten (1) Für die Abstimmung sind die §§16 bis 23 anzuwenden. (2) Der Hauptwahlvorstand übermittelt das Abstimmungsergebnis schriftlich 1. den Betriebswahlvorständen, 2. dem Aufsichtsratsmitglied, über dessen Abberufung abgestimmt worden ist, 3. der Gewerkschaft, die einen Antrag auf Abberufung gestellt hat ($ 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Gesetzes),

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4. dem Unternehmen. § 90 Abs. 2 Satz 2 ist anzuwenden. (3) Auf die im Zusammenhang mit einem Antrag auf Abberufung entstandenen Akten ist S 53 entsprechend anzuwenden.

Kapitel 3 A b s t i m m u n g ü b e r die A b b e r u f u n g eines durch Delegierte gewählten A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d s der A r b e i t n e h m e r $94 Delegiertenliste Der Hauptwahlvorstand stellt für die Abberufung unverzüglich eine Liste der Delegierten (Delegiertenliste) auf. § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 3 und 5, § 75 Abs. 2 und 3 und $ 76 sind entsprechend anzuwenden. $95 Delegiertenversammlung, Mitteilung des Hauptwahlvorstands an die Delegierten (1) Die Delegierten stimmen über den Antrag auf Abberufung in einer Versammlung (Delegiertenversammlung) ab. Die Delegiertenversammlung soll innerhalb von sechs Wochen nach der Feststellung, dass ein gültiger Antrag auf Abberufung eines durch Delegierte gewählten Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer vorliegt, stattfinden. (2) Der Hauptwahlvorstand beruft die Delegierten schriftlich gegen Empfangsbekenntnis oder durch eingeschriebenen Brief zur Delegiertenversammlung ein, $ 77 Abs. 2 bis 4 ist entsprechend anzuwenden. Die Mitteilung nach Satz 1 soll den Delegierten spätestens zwei Wochen vor der Delegiertenversammlung übersandt werden. (3) Die Mitteilung muss folgende Angaben enthalten: 1. den Inhalt des Antrags; 2. die Bezeichnung der antragstellenden Person; 3. die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die den Antrag unterzeichnet haben; 4. dass an der Abstimmung nur Delegierte teilnehmen können, die in der Delegiertenliste eingetragen sind; 5. dass die Einsichtnahme in die Delegiertenliste, das Gesetz und diese Verordnung in der Delegiertenversammlung ermöglicht wird; 6. dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Delegiertenliste vor Beginn der Stimmabgabe beim Hauptwahlvorstand eingelegt werden können; 7. dass der Beschluss über die Abberufung einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen bedarf;

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8. wie viele Stimmen den Delegierten zustehen; 9. Ort, Tag und Zeit der Delegiertenversammlung und der öffentlichen Stimmauszählung; 10. die Anschrift des Hauptwahlvorstands. §96 Abstimmung, Abstimmungserlebnis, Akten Für die Abstimmung, das Abstimmungsergebnis und die Aufbewahrung der Akten sind § 16 Abs. 1 und 3, die $§ 17, 18, 21, 23 und 78 Abs. 1 Satz 3 und 4 sowie die §§ 79,86 und 93 Abs. 2 und 3 entsprechend anzuwenden. Kapitel 4 Ersatzmitglieder § 97 Ersatzmitglieder Für die Abberufung von Ersatzmitgliedern (§ 23 Abs. 4 des Gesetzes) sind die Vorschriften der Kapitel 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

Teil 3 B e s o n d e r e Vorschriften für die Wahl und die A b b e r u f u n g der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r bei T e i l n a h m e von A r b e i t n e h m e r i n n e n u n d A r b e i t n e h m e r n von Seebetrieben Kapitel 1 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 1 Einleitung der Wahl, A b s t i m m u n g über die Art der Wahl, W a h l v o r s c h l ä g e §98 Einleitung der Wahl (1) Die in § 2 Abs. 1 Satz 1 bezeichnete Frist wird auf 50 Wochen verlängert. (2) In der in § 2 bezeichneten Bekanntmachung ist gesondert die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anzugeben, die in Seebetrieben (§ 34 Abs. 1 des Gesetzes) beschäftigt sind. (3) Für einen Seebetrieb wird ein Betriebswahlvorstand nicht bestellt. Der Hauptwahlvorstand nimmt im Seebetrieb die sich aus dieser Verordnung er-

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gebenden Aufgaben des Betriebswahlvorstands wahr. Für die Anwendung von § 4 Abs. 5 bleiben Seebetriebe außer Betracht. (4) Mitteilungen, die im Seebetrieb bekannt zu machen sind, übersendet der Hauptwahlvorstand jedem zum Seebetrieb gehörigen Schiff und teilt dabei den Zeitpunkt mit, von dem ab sie auf dem Schiff bekannt zu machen sind. Mitteilungen sind von der Bordvertretung oder, wenn eine solche nicht besteht, vom Kapitän bekannt zu machen. Der erste und der letzte Tag der Bekanntmachung sind auf der Mitteilung zu vermerken. (5) Der Hauptwahlvorstand übersendet jedem zum Seebetrieb gehörigen Schiff eine Kopie der Wählerliste des Seebetriebs, das Gesetz und diese Verordnung. Ihre Einsichtnahme ist von der Bordvertretung oder, wenn eine solche nicht besteht, vom Kapitän zu ermöglichen. Die Einsichtnahme kann durch Auslegung an geeigneter, den Wahlberechtigten zugänglicher Stelle an Bord und durch Einsatz der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationsmittel ermöglicht werden. Außerdem übersendet der Hauptwahlvorstand die Wählerliste des Seebetriebs dem Betriebswahlvorstand des Landbetriebs, der für die Heuerverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs zuständig ist. Dieser Betriebswahlvorstand ermöglicht die Einsichtnahme in die Wählerliste des Seebetriebs in gleicher Weise wie in die in § 8 bezeichnete Wählerliste. (6) In Seebetrieben ist § 9 Abs. 2 und 3 nicht anzuwenden. Der Hauptwahlvorstand versendet im Seebetrieb gleichzeitig mit der Wählerliste eine Bekanntmachung. Sie muss folgende Angaben enthalten: 1. das Datum ihrer Versendung; 2. die Namen der Mitglieder des Hauptwahlvorstands und seine Anschrift; 3. dass die Einsichtnahme in die Wählerliste des Seebetriebs, das Gesetz und diese Verordnung an Bord ermöglicht wird; 4. dass die Einsichtnahme in die Wählerliste des Seebetriebs auch in dem Landbetrieb, der für die Heuerverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs zuständig ist, ermöglicht wird; 5. dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste nur innerhalb von vier Wochen seit ihrer Versendung schriftlich beim Hauptwahlvorstand eingelegt werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben; 6. dass Einsprüche gegen Berichtigungen und Ergänzungen der Wählerliste nur innerhalb von vier Wochen seit der Berichtigung oder der Ergänzung eingelegt werden können; 7. dass an der Wahl und an Abstimmungen nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste eingetragen sind. (7) In Seebetrieben ist $ 10 nicht anzuwenden. Abweichend von $ 12 Abs. 1 kann im Seebetrieb 1. ein Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste innerhalb von vier Wochen seit ihrer Versendung an die Schiffe eingelegt werden; 2. ein Einspruch gegen eine Berichtigung oder Ergänzung der Wählerliste innerhalb von vier Wochen seit der Berichtigung oder der Ergänzung eingelegt werden.

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§99 Abstimmung über die Art der Wahl Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Seebetriebe nehmen an einer Abstimmung darüber, ob die Wahl durch Delegierte oder unmittelbar erfolgen soll, nicht teil und bleiben für die Errechnung der für die Antragstellung und für die Beschlussfassung erforderlichen Zahlen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern außer Betracht ($ 34 Abs. 4 des Gesetzes); in der Bekanntmachung nach $ 13 und in dem Abstimmungsausschreiben nach $ 15 ist hierauf hinzuweisen. Die $$ 13 bis 24 sind auf Seebetriebe nicht anzuwenden. $100 Bekanntmachung über die Einreichung von Wahlvorschlägen (1) Die Bekanntmachung nach § 26 Abs. 1 muss in Seebetrieben auch folgende Angaben enthalten: 1. dass die Einsichtnahme in die Wählerliste des Seebetriebs, das Gesetz und diese Verordnung auf jedem Schiff des Seebetriebs durch die Bordvertretung oder, wenn eine solche nicht besteht, vom Kapitän ermöglicht wird; 2. dass die Einsichtnahme in die Wählerliste des Seebetriebs auch in dem Landbetrieb, der für die Heuerverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs zuständig ist, ermöglicht wird; 3. dass die Wahlvorschläge auf jedem Schiff des Seebetriebs von der Bordvertretung oder, wenn eine solche nicht besteht, vom Kapitän bekannt gemacht werden. (2) Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und in $ 27 Abs. 2 bezeichnete Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen wird auf 13 Wochen verlängert. (3) § 26 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 ist in Seebetrieben nicht anzuwenden; $ 26 Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend; § 98 Abs. 4 ist anzuwenden. (4) Die in § 37 Abs. 2 Satz 1 bezeichnete Mindestfrist für die Bekanntmachung der Wahl Vorschläge wird auf drei Wochen verlängert. Ist zu besorgen, dass die in Satz 1 bezeichnete Mindestfrist zwischen dem für die Bekanntmachung der Wahlvorschläge an Bord bestimmten Zeitpunkt und dem Beginn der Stimmabgabe in den Landbetrieben für eine fristgerechte Stimmabgabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Seebetriebe nicht ausreicht, so kann der Hauptwahlvorstand diese Mindestfrist auf höchstens fünf Wochen verlängern. Für die Bekanntmachung der Wahlvorschläge in Seebetrieben gilt $ 26 Abs. 3 Satz 1 entsprechend und § 98 Abs. 4 ist anzuwenden. $101 Zusätzliche Vorschriften für den Wahlvorschlag der leitenden Angestellten (1) Die in § 31 Abs. 1 Satz 4 bezeichnete Frist für die Einreichung von Abstimmungsvorschlägen wird auf fünf Wochen verlängert. Der Hauptwahlvorstand übersendet jedem Kapitän des Seebetriebs eine Kopie der Bekanntmachung. $ 30 Abs. 4 und $ 31 Abs. 4 Satz 2 und 3 und Abs. 5 Satz 2 sind in Seebetrieben nicht anzuwenden; § 26 Abs. 5 ist anzuwenden.

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(2) Abweichend von $ 32 Abs. 1 setzt der Hauptwahlvorstand den Tag der Abstimmung der leitenden Angestellten so fest, dass der Wahlvorschlag der leitenden Angestellten innerhalb von 30 Wochen seit dem für die Bekanntmachung nach § 30 bestimmten Zeitpunkt aufgestellt sein kann; § 26 Abs. 5 ist anzuwenden.

Abschnitt 2 Unmittelbare Wahl der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der Arbeitnehmer §102

Wahlausschreiben im Seebetrieb (1) Das Wahlausschreiben nach § 39 Abs. 1 muss in Seebetrieben auch folgende Angaben enthalten: 1. dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Seebetriebs in Briefwahl wählen; 2. den Zeitpunkt, bis zu dem die Wahlbriefe beim Hauptwahlvorstand eingehen müssen. (2) Für die Bekanntmachung des Wahlausschreibens in Seebetrieben ist § 39 Abs. 2 Satz 2 und 3 nicht anzuwenden; 5 26 Abs. 5 und § 98 Abs. 4 sind anzuwenden. $103

Stimmabgabe bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer (1) Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Seebetrieben stimmen bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in Briefwahl ab. (2) Gleichzeitig mit der Versendung der Wahlvorschläge an die Betriebswahlvorstände (§ 37 Abs. 2 Satz 2) übersendet der Hauptwahlvorstand a) jedem Schiff die zur Stimmabgabe erforderlichen Unterlagen in einer Anzahl, die die Zahl der Regelbesatzung des Schiffes um mindestens 10 vom Hundert übersteigt, b) allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Seebetriebs, von denen ihm bekannt ist, dass sie sich nicht an Bord eines Schiffes befinden, die zur Stimmabgabe erforderlichen Unterlagen sowie eine Kopie des Wahlausschreibens. Die Bordvertretung oder, wenn eine solche nicht besteht, der Kapitän hat jedem Besatzungsmitglied die zur Stimmabgabe erforderlichen Unterlagen auszuhändigen. Die Wahlbriefe der Besatzungsmitglieder eines Schiffes sollen möglichst gleichzeitig an den Hauptwahlvorstand abgesandt werden.

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Abschnitt 3 Wahl der A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r der A r b e i t n e h m e r d u r c h Delegierte $104 Wahl der Delegierten (1) In Seebetrieben werden Delegierte nicht gewählt. Die SS 54 bis 73 sind auf Seebetriebe nicht anzuwenden. (2) Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Seebetrieben nehmen an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer unmittelbar teil. S 105 Wahlausschreiben in Seebetrieben (1) Steht fest, dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte zu wählen sind, so erlässt der Hauptwahlvorstand ein Wahlausschreiben für Seebetriebe. Es muss folgende Angaben enthalten: 1. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer durch Delegierte gewählt werden; 2. dass in Seebetrieben keine Delegierten gewählt werden; 3. dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Seebetriebe an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer unmittelbar teilnehmen; 4. dass an der Wahl nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnehmen können, die in der Wählerliste des Seebetriebs eingetragen sind; 5. dass die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer von allen Wahlberechtigten des Seebetriebs gewählt werden; 6. dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Seebetriebe in Briefwahl wählen; 7. dass jeder Wahlberechtigte eines Seebetriebs Wahlunterlagen für sämtliche Wahlgänge erhält und dass er seine Stimme für sämtliche Wahlgänge abgeben kann; 8. dass die Stimmabgabe an Wahlvorschläge gebunden ist; 9. dass die Stimme einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers eines Seebetriebs als ein Neunzigstel der Stimme eines Delegierten gezählt wird; 10. den Zeitpunkt, bis zu dem die Wahlbriefe beim Hauptwahlvorstand vorliegen müssen; 11. die Anschrift des Hauptwahlvorstands. (2) $ 26 Abs. 5, S 39 Abs. 2 Satz 1 und $ 98 Abs. 4 sind entsprechend anzuwenden.

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§106 Stimmabgabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Seebetrieben (1) Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Seebetrieben stimmen bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer in Briefwahl ab. Die §§ 49 und 50 sind entsprechend anzuwenden; abweichend von § 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 muss der Freiumschlag die Anschrift des Hauptwahlvorstands tragen. (2) Gleichzeitig mit der Versendung der Wahlvorschläge an die Betriebswahlvorstände ($ 37 Abs. 2 Satz 2) übersendet der Hauptwahlvorstand jedem Schiff die für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer erforderlichen Unterlagen; § 103 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Die Wahlbriefe müssen bis zum Ablauf des Tages vor der Delegiertenversammlung dem Hauptwahlvorstand vorliegen. (3) Abweichend von $ 74 Abs. 2 Satz 2 soll die Delegiertenversammlung sechs Wochen nach der Versendung der zur Stimmabgabe erforderlichen Unterlagen stattfinden. Ist zu besorgen, dass diese Zeit für eine ordnungsgemäße Stimmabgabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Seebetriebe nicht ausreicht, so kann der Hauptwahlvorstand sie auf höchstens zehn Wochen verlängern. (4) Die Vorschriften über die Stimmabgabe und den Wahlvorgang (§§ 78,81 und 84) sind auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Seebetrieben mit folgender Maßgabe entsprechend anzuwenden: 1. An die Stelle der Delegierten treten die Wahlberechtigten des Seebetriebs. 2. Die Wahlumschläge der Wählerinnen und Wähler der Seebetriebe werden in eine gesonderte Wahlurne gelegt. (5) Die Vorschriften über die Auszählung der Stimmen (J$ 79 und 82) sind auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Seebetriebe mit folgender Maßgabe entsprechend anzuwenden: 1. Die Stimmen der Wählerinnen und Wähler der Seebetriebe werden gesondert ausgezählt. 2. Je 90 dieser Stimmen werden als eine Stimme eines Delegierten gezählt. Werden 90 Stimmen nicht erreicht, so werden mindestens 45 Stimmen als eine Stimme eines Delegierten gezählt. Bei mehr als 90 Stimmen wird ein Rest von mindestens 45 Stimmen als eine Stimme eines Delegierten gezählt. Die so errechneten Stimmenzahlen werden jeweils der Stimmenzahl der von den Delegierten in dem Wahlgang für den Wahlvorschlag abgegebenen Stimmen hinzugezählt. $107 Wahlniederschrift Für die Wahlniederschrift ist § 85 nicht anzuwenden. Nachdem ermittelt ist, wer gewählt ist, stellt der Hauptwahlvorstand in einer Niederschrift für jeden Wahlgang gesondert fest: 1. die Zahl der a) von den Delegierten abgegebenen Wahlumschläge,

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b) von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von Seebetrieben abgegebenen Wahlumschläge; 2. die Zahl der a) von den Delegierten abgegebenen gültigen Stimmen, b) von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von Seebetrieben abgegebenen gültigen Stimmen; 3. die Zahl der a) von den Delegierten abgegebenen ungültigen Stimmen, b) von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von Seebetrieben abgegebenen ungültigen Stimmen; 4. bei Verhältniswahl a) die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen der Delegierten, b) die Zahlen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Seebetrieben und die Umrechnung dieser Stimmen auf Stimmen von Delegierten nach § 106 Abs. 5 Nr. 2, c) die Summen der auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenden Stimmen der Delegierten und der umgerechneten Stimmen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Seebetrieben, d) die berechneten Höchstzahlen und ihre Verteilung auf die Wahlvorschläge; 5. bei Mehrheitswahl a) die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen der Delegierten, b) die Zahlen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Seebetrieben und die Umrechnung dieser Stimmen auf Stimmen von Delegierten nach § 106 Abs. 5 Nr. 2, c) die Summen der auf die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber entfallenden Stimmen der Delegierten und der umgerechneten Stimmen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Seebetrieben; 6. die Namen der gewählten Aufsichtsratsmitglieder; 7. die Namen der für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder gewählten Ersatzmitglieder; 8. besondere während der Wahl eingetretene Zwischenfälle oder sonstige Ereignisse.

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Kapitel 2 Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer Abschnitt 1 Gemeinsame Vorschrift S 108

Gemeinsame Vorschrift (1) Für einen Seebetrieb wird ein Betriebswahlvorstand nicht gebildet. Der Hauptwahlvorstand nimmt im Seebetrieb die sich aus dieser Verordnung ergebenden Aufgaben des Betriebswahlvorstands wahr. Abweichend von § 88 Abs. 3 Satz 1 sind auf Seebetriebe die $§ 5 und 6 Abs. 2 nicht anzuwenden; für die Anwendung von § 4 Abs. 5 bleiben Seebetriebe außer Betracht. In einem Seebetrieb ist § 98 Abs. 6 Satz 1 entsprechend anzuwenden; § 10 ist nicht anzuwenden. (2) Für Mitteilungen, die in den Seebetrieben bekannt zu machen sind, ist 5 98 Abs. 4 anzuwenden. Abschnitt 2 A b s t i m m u n g über die A b b e r u f u n g e i n e s in u n m i t t e l b a r e r W a h l g e w ä h l t e n Aufsichtsratsmitglieds der A r b e i t n e h m e r §109 Abberufungsausschreiben für Seebetriebe, Wählerliste (1) Die in § 92 Abs. 1 Satz 2 bezeichnete Frist wird auf sechs Wochen verlängert. (2) Das Abberufungsausschreiben nach § 92 muss in Seebetrieben auch die in § 102 Abs. 1 bezeichneten Angaben enthalten. (3) $ 98 Abs. 5 und 7 ist entsprechend anzuwenden. $110 Stimmabgabe Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Seebetrieben stimmen in Briefwahl ab. § 103 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden.

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Abschnitt 3 A b s t i m m u n g über die Abberufung eines durch Delegierte g e w ä h l t e n Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer $111 Unmittelbare Abstimmung, Wählerliste, Mitteilung an die Delegierten (1) Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Seebetrieben nehmen an der Abstimmung über einen Antrag auf Abberufung unmittelbar teil. (2) Gleichzeitig mit der in 5 94 bezeichneten Delegiertenliste wird eine Liste der Abstimmungsberechtigten der Seebetriebe aufgestellt; § 92 Abs. 3 und $ 98 Abs. 5 bis 7 sind entsprechend anzuwenden. (3) Die in § 95 Abs. 1 Satz 2 bezeichnete Frist wird auf elf Wochen verlängert. $ 106 Abs. 3 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass der Hauptwahl vorstand die Frist auf höchstens 14 Wochen verlängern kann. $112 Abberufungsausschreiben in Seebetrieben Spätestens zehn Wochen vor der Delegiertenversammlung erlässt der Hauptwahlvorstand ein Abberufungsausschreiben für Seebetriebe. § 92 Abs. 2 Satz 1, § 105 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 6 und 9 bis 11 und Abs. 2 sind entsprechend anzuwenden. $113 Abstimmung, Mitteilung des Abstimmungsergebnisses Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Seebetrieben stimmen in Briefwahl ab. $ 103 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. $ 16 Abs. 2 und die $$ 19, 20 und 96 sind auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Seebetrieben mit folgender Maßgabe entsprechend anzuwenden: 1. An die Stelle der Delegierten treten die Wahlberechtigten des Seebetriebs. 2. Die Wahlumschläge dieser Abstimmenden werden in eine gesonderte Wahlurne gelegt. 3. Die Stimmen dieser Abstimmenden werden gesondert ausgezählt. 4. Je 90 dieser Stimmen werden als eine Stimme eines Delegierten gezählt. Werden 90 Stimmen nicht erreicht, so werden mindestens 45 Stimmen als eine Stimme eines Delegierten gezählt. Bei mehr als 90 Stimmen wird ein Rest von mindestens 45 Stimmen als eine Stimme eines Delegierten gezählt. 5. Für die Abstimmungsniederschrift ist $ 107 Satz 2 Nr. 1 bis 3, 5, 6 und 8 entsprechend anzuwenden.

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Teil 4 Übergangs- und

Schlussvorschriften $114

Erstmalige Anwendung des Gesetzes auf ein Unternehmen (1) Bei der erstmaligen Anwendung des Gesetzes auf ein Unternehmen hat das Unternehmen die in $ 2 bezeichnete Bekanntmachung unverzüglich nach der in $ 97 Abs. 1 des Aktiengesetzes bezeichneten Bekanntmachung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats zu erlassen. (2) Die Wahlvorstände werden unverzüglich nach der in $ 2 bezeichneten Bekanntmachung gebildet. In jedem Betrieb wird unverzüglich nach der Bildung des Betriebswahlvorstands die Wählerliste aufgestellt; die SS 8 bis 12 sind anzuwenden. (3) Abweichend von § 13 Abs. 1 Satz 1 soll der Hauptwahlvorstand die in den SS 13,26 und 30 bezeichneten Bekanntmachungen 22 Wochen vor dem voraussichtlichen Beginn der Amtszeit der zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer erlassen. Nehmen an der Wahl auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines in $ 34 Abs. 1 des Gesetzes bezeichneten Betriebs (Seebetrieb) teil, so verlängert sich die in Satz 1 bezeichnete Frist auf 46 Wochen. $115

Berechnung von Fristen Für die Berechnung der in dieser Verordnung bestimmten Fristen sind die SS 186 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Arbeitstage im Sinne dieser Verordnung sind die Wochentage Montag bis Freitag mit Ausnahme der gesetzlichen Feiertage. $116

Übergangsregelung Auf Wahlen oder Abberufungen, die vor dem 1. Juni 2002 eingeleitet worden sind, sind die Vorschriften der Dritten Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz vom 23. Juni 1977 (BGBl. I S. 934), geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 9. November 1990 (BGBl. I S. 2487), auch nach ihrem Außerkrafttreten nach Maßgabe des S 40 Abs. 2 des Mitbestimmungsgesetzes vom 4. Mai 1976 (BGBl. I S. 1153), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. März 2002 (BGBl. IS. 1130) geändert worden ist, anzuwenden.

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§117

Inkrafttreten, Außerkrafttreten Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Dritte Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz vom 23. Juni 1977 (BGBl. I S. 934), geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 9. November 1990 (BGBl. IS. 2487), außer Kraft.

Berlin, den 27. Mai 2002 Der B u n d e s k a n z l e r Gerhard Schröder Der B u n d e s m i n i s t e r für Arbeit und S o z i a l o r d n u n g Walter Riester

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