Möglichkeiten zur Beschleunigung baulicher Vorhaben [1 ed.] 9783428485536, 9783428085538

147 121 19MB

German Pages 229 Year 1996

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Möglichkeiten zur Beschleunigung baulicher Vorhaben [1 ed.]
 9783428485536, 9783428085538

Citation preview

Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht

Band 33

Möglichkeiten zur Beschleunigung baulicher Vorhaben Von

Dr. Stephan Schulte

Duncker & Humblot · Berlin

STEPHAN SCHULTE

Möglichkeiten zur Beschleunigung baulicher Vorhaben

Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht Herausgegeben von Wolfgang Graf Vitzthum in Gemeinschaft mit Martin Heckei, Ferdinand Kirchhof Hans von Mangoldt, Thomas Oppermann Günter Püttner, Michael Ronellenfitsch sämtlich in Tübingen

Band 33

Möglichkeiten zur Beschleunigung baulicher Vorhaben

Von Dr. Stephan Schulte

DUßcker & Humblot · Berliß

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Schulte, Stephan: Möglichkeiten zur Beschleunigung baulicher Vorhaben / von Stephan Schulte. - Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht ; Bd. 33) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 1994/95 ISBN 3-428-08553-1 NE:GT

D21 Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: W. März, Tübingen Druck: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-6061 ISBN 3-428-08553-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 i§

Meinen Eltern in Liebe und Dankbarkeit

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1994/95 von der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Die Untersuchung wurde im Dezember 1994 abgeschlossen. Ihr lagen insbesondere der Entwurf zur Neuerung der Landesbauordnung Baden-Württemberg vom 14. März 1994 zugrunde, daneben zahlreiche Untersuchungen, Kommissionsberichte, Gutachten und Gesetzesvorlagen zur Beschleunigung von Genehmigungs- und Planungs verfahren für das Baurecht auf Bundessowie auf Landesebene (vornehmlich aus Baden-Württemberg, aber auch aus Nordrhein-Westfalen und Bayern). Für die Drucklegung wurde die Rechtsprechung und Literatur bis Anfang Juni 1995 eingearbeitet. Für die Anregung und Betreuung der Arbeit in Tübingen sowie in Speyer, einschließlich der Erstattung des Erstgutachtens, bin ich Herrn Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch ganz besonders dankbar. Mein Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Günter Püttner für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens, des weiteren Herrn Prof. Dr. Wolfgang Graf Vitzthum sowie dem Verlag Duncker & Humblot (Herrn Prof. Simon) für die Aufnahme der Arbeit in die "Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht". Ferner gilt mein Dank Frau Cremer vom Lehrstuhl Prof. Dr. Ronellenfitsch für die freundliche Unterstützung. Stuttgart, im Juli 1995

Stephan Schulte

Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel

Einführung A. Problemstellung

19

....................................

19

I. Thematische Begrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

11. Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

B. Kritik an der Verfahrensdauer

...........................

21

I. Stand der Beschleunigungsdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

1. Untersuchungen zur Verfahrensbeschleunigung . . . . . . . . . . . . . . .

22

2. Aktueller Stand der Beschleunigungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . .

23

a) In Kraft getretene Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

b) Gesetzgebungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

...........................

25

11. Befund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

c. Gründe für zu lange Genehmigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

I. Schwachstellenanalyse / Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

11. Befund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

I. Im Verantwortungsbereich des Antragstellers . . . . . . . . . . . . . . . .

27

2. Im Verantwortungsbereich der Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

c) Verwaltungsvorschriften

3. Prüfungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

4. Im Verantwortungsbereich der Gerichte / Widerstand . . . . . . . . . . . .

29

III. Schlußfolgerung . . . . . . . . . . . ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

D. Erforderlichkeit der Verfahrensbeschleunigung . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

I. Möglichkeit der Selbstregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

10

Inhaltsverzeichnis

11. Zeitliche Grenze der Verfahrensdauer

32

111. Raum für mögliche Beschleunigung .

32

I. Erforderlichkeit bei Großprojekten: Standort BRD / Standort BadenWürttemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

2. Erforderlichkeit bei "Nicht-Großprojekten": Wohnungsbau .

33

IV. Befund . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

E.

34

Beschleunigungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ...

35

11. Beschleunigungsanspruch im Verwaltungsverfahren

36

I. Allgemeiner Beschleunigungsanspruch

I. § 10 Satz 2 VwVfG

36

2. § 75 VwGO . . . . . .

37

3. Faktische Bausperre .. .

37

4. Fazit

38

........... .

111. Beschleunigungsanspruch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren

39

IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

2. Kapitel

Ansatzpunkte für Beschleunigungsmöglichkeiten des Genehmigungsverfahrens im organisatorischen Bereich

43

A. Gliederung in einzelne Bereiche ..

43

B. Organisation der Verwaltung ...

43

I. Personalbereich . . . . . . . . . . . .

44

I. Gesetzliche Festlegung des Zeitfaktors . . . . . . . . . . . .

45

2. Zeitfaktor im Bewußtsein verstärken

45

11. Behördenbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

111. Sachausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

IV. Anpassung an moderne Wirtschaftsunternehmen

47 47 47

I. Personalmanagement 2. Controlling

...... .

........ .... .

Inhaltsverzeichnis

11

V. Mehr Transparenz

48

1. Statistiken ...

48

2. Kosten / Effizienz .

49

3. Verfahrenstagebuch

50

C. Akzeptanz . . . . .

50

I. Allgemeines . . ..

50

11. Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren I. Genehmigungsverfahren 2. Planfeststellungsverfahren

53 53 54

...

III. Maßnahmen zur Akzeptanzsteigerung

54

IV. Ausgestaltung des Erörterungstermins

56

V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

3. Kapitel

Ansatzpunkte für Beschleunigungsmöglichkeiten innerhalb des Genehmigungsverfahrens für bauliche Anlagen

59

A. Gliederung in einzelne Bereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

B. Beschleunigungsmöglichkeiten im ersten Abschnitt (Vorantragsphase)

59

I. Generelle Genehmigungspflicht? - Baufreistellung

59

................

60

I. Genehmigungspflicht

...... .

60

3. Bedenken gegen das Baufreistellungssystem .. .

2. Inhalt des Baufreistellungsverfahrens

61

4. Ausnutzung der derzeitigen Möglichkeiten in der Praxis

64

5. Effektivität der Baufreistellungsverordnung

64

6. Erweiterungen der Baufreistellungsverordnung

64

11. Vorverfahren - Vorantragsberatung - Antragsberatung

65

1. Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

2. Rechtliche Grundlage und Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

67

a) Allgemeine Rechtsgrundlage § 25 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . .

67

b) Grundlage nach § 2 Abs. 2 9. BImSchV . . . . . . . . . . . . . . . ..

69

12

Inhaltsverzeichnis aa) Bedeutung für Baugenehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . . ..

70

bb) Beratungsanspruch

71

........................... .

cc) Inhalt der Beratung

71

dd) Grenzen der Beratung ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

ee) Kritik an der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

...................... .

73

3. Antragsberatung - Antragskonferenz (§ 25 VwVfG) . . . . . . . . . . . .

73

4. Anspruch auf Antragsberatung - Antragskonferenz (§ 25 VwVfG)

73

5. Inhalt der Beratung und Ausgestaltung (§ 25 VwVfG) . . . . . . . . . .

74

a) Im Behördenbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) Beratungsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74 74

bb) Antragsunterlagen brauchbar - Prüfungsunterlagen festlegen

..

75

cc) Umfang und Tiefe der Darlegungslast . . . . . . . . . . . . . . . .

76

dd) Zeitrahmen festlegen (Netzplan) . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .

76

b) Im privaten Bereich (Wirtschaftsverbände, Planungsbüros etc.) .. .

77

c) Verwaltungsvorschrift Umwelt

6. Fazit

........................................ .

77

III. Vorprüfung durch Sachverständige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

I. Gutachten und deren Beibringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

2. Allgemeine Anforderungen

......................... . .

80

a) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

b) Verfasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

c) Interessenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

d) Stand von Wissenschaft und Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

e) Bewertung

81

3. Anerkennung

81

4. Verbindlichkeit der Gutachten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

82

5. Kostenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

82

.........................................

83

6. Fazit

C. Beschleunigungsmöglichkeiten im zweiten Abschnitt (Antragsphase)

83

I. Genehmigungskategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

I. Einordnung des Genehmigungsverfahrens nach Dringlichkeitsstufen des Vorhabens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

Inhaltsverzeichnis

13

2. Kriterien im einfachen Genehmigungsverfahren

84

3. Kriterien im Planungsverfahren ...

85

4. Fazit

............ .

85

11. Koordinierungskonferenz ...

85

III. Vereinfachte Genehmigungen I Planungs verfahren .

86

1. Allgemeine Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

2. Inhalt der Plangenehmigung . . . . . . . . . . . ..

87

3. Kritik an der Verwendung der Plangenehmigung

88

a) Konzentrationswirkung . . . . .

89

b) Umweltverträglichkeitsprüfung

90

c) Beteiligung der Verbände

90

...

4. Beschleunigungseffekt der Plangenehmigung D. Beschleunigungsmöglichkeiten im dritten Abschnitt (Phase Antrag - Entscheidung) . . . . .

90

91

I. ProjektIeitung ...

91

I. Problemstellung

91

a) Koordinierungsprobleme

..

92

b) Lösungsansätze . . . . . . .

93

2. Frage nach Weisungsbefugnis

93

a) Fehlende Weisungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

b) ,Ausstattung mit Weisungsbefugnis

94

3. Verantwortlichkeit konzentrieren ...

94

a) Behördliches Management ...

95

...

96

c) Träger des Vorhabens

98

d) Neutrale Verfahrensmittler .

99

b) Privater Bereich

4. Mobile I Externe Unterstützung .. .

99

5. Fazit

99

................. .

11. Konfliktmittlung .

100

1. Einleitung ...

100

2. Problemstellung

100

3. Herkunft der "mediation"

102

.

Inhaltsverzeichnis

14 4. Ausgestaltung

103

a) Aktiver I passiver Konfliktmittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

103

b) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

103

c) Verfahren

104

....................................

5. Würdigung

105

6. Fazit

............ . ............................

107

III. Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

108

1. Ausgangslage . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

108

a) Einleitung mit dem Beispiel des Genehmigungsverfahrens im Staat New York . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

108

b) Mögliche Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

110

c) Katalog bestehender Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

111

2. Arten von Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

112

a) Fristen ohne Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . .... . . . . . . . . .

112

b) Fristen mit Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

113

aa) Bei Überschreitung Rechtfertigungspflicht . . . . . . . . . . . . ..

113

bb) Fiktion

...................................

114

3. Diskussion einzelner Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

115

a) Frist zur Überprüfung der Vollständigkeit der Unterlagen

......

115

aa) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

115

bb) Bedenken gegen den Ausschluß der Nachforderung von Unterlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

116

cc) Begründungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

117

dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

118

b) Frist zur Abgabe von Stellungnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . ..

119

aa) Beteiligung von Fachbehörden und Stellungnahmen von Kommunen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

120

(1) Problemstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

120

(2) Beispiel § 55 LBO (bw) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

124

(3) Sternverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

124

(4) Fazit

..................................

126

.....................

127

bb) Gemeindliches Einvernehmen

........................

129

(2) Spannungs verhältnis zwischen § 36 BauGB und § 5 BauGB-MaßnahmenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

(1 ) Verzichtserklärungen

130

..................................

132

(3) Fazit

Inhaltsverzeichnis

15

c) Frist zur Erhebung Einwendungen Betroffener

132

aa) Materielle I formelle Präklusionswirkung . .

133

bb) Präklusion im Planfeststellungsverfahren nach § 73 Abs. 4 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

134

cc) Präklusion im Bauplanungsverfahren nach §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

136

dd) Präklusion im Baugenehmigungsverfahren nach § 56 LBO (bw)

137

ee) Fazit . . . . . . . . . . .

138

d) Frist für Erörterungstermin

139

e) Entscheidungsfrist

140

IV. Mehrgliedrige Verfahren

142

1. Gestufte Verfahren. . . . .

142

. .... . . .

2. Ansatzpunkte zur Beschleunigung . . . . . .

145

a) Vermehrt verbindliche Vorbescheide .. .

146 .

150

................ .

151

b) Ausbau verbindlicher Teilbaugenehmigungen c) Typengenehmigung

4. Kapitel

Beschleunigungsmöglichkeiten im normativen Bereich A. Verstärkte Beteiligung des Gesetzgebers . . . . . . I. Einführung

...................... . .

11. Parlamentarisches Verfahren und Genehmigungsentscheidung

153 153 153 154

III. Parlamentarische Entscheidung in Gesetzform

157

1. Formen gesetzlicher Entscheidungen . . . .

157

2. Erforderlichkeit einer gesetzlichen Handlungspflicht . . . .

159

IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

161

B. Unbestimmte Rechtsbegriffe I Technische Regelwerke

161

C. Bauordnungsrecht

163

I. Nachbarschutz

..

163

1. Derzeitige Situation . . . . . . . . . .

163

2. Problemlage ..

165

3. Lösungsansatz

167

Inhaltsverzeichnis

16 11. Standsicherheitsnachweis

168

I. Einleitung

168

2. Verfahren

169

3. Lösungsansatz

............. . .................... .

171

III. Rohbauabnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

173

IV. Stellplatzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

174

D. Bauplanungsrecht

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .... .

178

I. Einleitung ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

178

11. Inhalt des BauGB-MaßnahmenG zur Bauleitplanung

............ .

179

111. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

180

5. Kapitel Beschleunigungsmöglichkeiten im gerichtlichen Bereich

184

A. Einleitung - Aktueller Befund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

184

B. Erforderlichkeit von Maßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

186

I. Gerichtliche Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

186

1. Vorverfahren

....................................

186

a) Verzögerung des Vorverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

187

aa) Zureichender Grund

...........................

189

bb) Angemessene Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

190

b) Vorverfahren im Instanzenzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

191

c) Fazit

193

............... :.......................

2. Erstinstanzliche Zuständigkeit der OVG bei Großprojekten . . . . . . ..

193

3. Berufungszulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

196

4. Aufschiebende Wirkung bei Rechtsbehelfen . . . . . . . . . . . . . . . ..

197

a) Wohnbau-Genehmigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

199

b) Planungs verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

200

.......................................

202

5. Planungsspielraum - Kontrolldichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

203

11. Organisatorischer Bereich (Personelle Ausstattung) . . . . . . . . . . . . . ..

205

c) Fazit

Inhaltsverzeichnis

17

6. Kapitel

A. Problemstellung

Schlußteil

206

. . . . . . . . . . . . . . . ..

206

B. Zusammenfassung der Beschleunigungsmöglichkeiten I. Organisatorischer Bereich . . . . . . . . . . ..

11. Genehmigungsverfahren - Planungsverfahren

207 207 208

III. Normativer Bereich .

210

IV. Gerichtlicher Bereich

211

C. Ausblick . . . . . . . .

212 Literaturverzeichnis

213

Die verwendeten Abkürzungen richten sich nach: Hildebert Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Auf!. Berlin I New York 1993.

2 Schulte

I. Kapitel

Einführung A. Problemstellung Zulassungsverfahren für investive Vorhaben stehen im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Neben dem Zulassungsverfahren für großtechnische Anlagen trifft die Kritik an der Verfahrensdauer vor allem auch das Baugenehmigungsverfahren. Dabei wird die wirtschaftliche Verfassung der Bundesrepublik Deutschland in den kommenden Jahrzehnten besonders davon abhängen, ob und inwieweit es gelingt, die Lücken im Bereich der Infrastruktur' und der sonstigen baulichen Anlagen, insbesondere auch im Wohnungsbau 2, zu schließen. Das Maß der Kritik an der Dauer der Genehmigungsverfahren ist umgekehrt proportional zu der wirtschaftlichen Entwicklung, denn nach wie vor kommt dem Bauen in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten eine Schlüsselfunktion zu 3• Aufgrund der besonderen Anforderungen, die aus der deutschen Wiedervereinigung und der europäischen Einigung an das Wirtschaftssystem erwachsen, befindet sich die Bundesrepublik Deutschland in einer der wohl größten Rezessionen der Nachkriegszeit4 • Zu lange Genehmigungsverfahren sind wegen des verschwenderischen Verzichts auf Wachstum das Gift jeder Investitionsplanung5 • Hier ist deshalb schon jetzt die Grenze erreicht, an der anhaltendes wirtschaftliches Wachstum dringend nötig ist, um den Standort Deutschland6 zu sichern und vorausschauend vor Schaden zu bewahren. Dies I Vgl. Bauindustrie aktuell, hrsg. vom Hauptverband der deutschen Bauindustrie e.V., Ausgabe 1-2/1991, hrsg. am 26.02.1991, S. 5. 2 Hierzu auch BT-Drucks. 11/5972, S. 9. J Vgl. hierzu auch Arbeitsgemeinschaft der für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Minister der Länder (Hrsg.), Arbeitskreis Bauordnung der Zukunft, Vorschläge zur Reform des Bauaufsichtssystems in der Bundesrepublik Deutschland (Schlußbericht), S. 2. 4 Ronellenfitsch, Beschleunigung und Vereinfachung der Anlagenzulassungsverfahren, 1994,S. 17. 5 Industrie und Handelskammer Hannover-Hildesheim: "Schnellere und kalkulierbare Genehmigungsverfahren", Hannover 1988, Vorwort. 6 Schwarzwälder Bote vom 0 1.1 0.1993 anläßlich der Vorstellung des Gutachtens, das vom Staatsministerium "bei dem Experten für Planungsrecht, Professor Michael Ronellenfitsch" in Auftrag gegeben war: Gutachter beklagt "Wachstumshenunnis ersten Ranges",

2'

20

1. Kap.: Einführung

gilt in gleichem Umfang allgemein und speziell auch für den Standort BadenWürttemberg.

I. Thematische Begrenzung Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit den Möglichkeiten zur Beschleunigung baulicher Vorhaben. Dabei ist es primär das Anliegen, ohne die Schaffung von neuen Gesetzen, diejenigen Ansatzpunkte und Möglichkeiten zu nutzen und auszuschöpfen, die sich aufgrund der bestehenden gesetzlichen Lage ergeben. Inhaltlich werden sowohl Genehmigungs-, als auch Planungsverfahren hinsichtlich ihrer baurechtlichen Aspekte zu thematisieren sein. Soweit die Planungs- und Anlagenzulassungsverfahren in ihrer Gesamtheit und Problematik über die baurechtlichen Aspekte hinausgehen, können sie hier nicht Inhalt sein. Zum Wesen des Baurechts im allgemeinen gehört es, daß wesentliche Schwerpunkte des Genehmigungsverfahrens durch landesrechtliche Bestimmungen ihren eigentlichen Charakter erfahren. Soweit sich der Inhalt der Arbeit mit landesrechtlichen Regelungen befaßt, sind die des Landes BadenWürttemberg maßgeblich.

11. Gang der Darstellung Um eine mehr oder weniger zufallige Aneinanderreihung von potentiellen Verzögerungsmomenten und Problemkreisen baulicher Verfahren zu vermeiden, orientiert sich der Gang der Darstellung im wesentlichen am zeitlichen Ablauf von Genehmigungs- und Planungs verfahren. Die Reihenfolge der hierdurch auftretenden Verzögerungen ist Grundlage für die Abfolge der Behandlung in den einzelnen Abschnitten. Im Folgenden ist einleitend eine Bestandsaufnahme der aktuellen Diskussion um Verfahrensbeschleunigung, eine Analyse der Schwachstellen, sowie die Darstellung der Erforderlichkeit von Maßnahmen zur Beschleunigung baulicher Vorhaben geboten. Zu prüfen ist weiter, ob ein Anspruch auf Beschleunigung baulicher Vorhaben besteht. Im weiteren Verlauf werden dann Ansatzpunkte für Beschleunigungsmöglichkeiten im organisatorischen Bereich (Kapitel 2), innerhalb des Genehmigungsverfahrens (Kapitel 3), im normativen Bereich (Kapitel 4) und im gerichtlichen Bereich (Kapitel 5) aufzuzeigen sein. indem die Bedeutung der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für den Industriestandort Deutschland unterstrichen wird.

B. Kritik an der Verfahrensdauer

21

B. Kritik an der Verfahrensdauer Die Realisierung baulicher Vorhaben ist zeitaufwendig und teuer. Mitverantwortlich hierfür ist das Genehmigungsverfahren, d.h. aufwendige und komplexe Planungs- und Zulassungsverfahren. Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelstages 7 sind beinahe 75% der, aufgrund einer durchgeführten Untersuchung befragten Unternehmen, mit der Dauer von Genehmigungsverfahren nicht zufrieden. Eine vom Bundesminister für Wirtschaft in Auftrag gegebene Studie zur "Dauer von Genehmigungsverfahren"s stellt fest, daß von 72% der befragten mittelständischen Unternehmen die Länge der Genehmigungsverfahren beklagt wird. Demzufolge werden Genehmigungsverfahren für bauliche Vorhaben unberechenbar9 und für viele Wirtschaftsunternehmen zunehmend entscheidend für die Frage nach neuen Investitionsmaßnahmen lo in der Bundesrepublik Deutschland oder deren Verlagerung ins Ausland 11. Im Bereich des Wohnungsbaus ist ebenfalls Kritik an der langen Dauer der Genehmigungsverfahren angebracht. Durch die strukturelle Umwandlung der Gesellschaft, die immer kleinere Einheiten bei der Wohnform hervorbringt und durch die Bevölkerungsentwicklung im Gesamten, ist zunehmend mehr Wohnraum erforderlich.

I. Stand der Beschleunigungsdiskussion Die Diskussion um die Beschleunigung von Zulassungs- und Genehmigungsverfahren ist nicht neu l2 , und dennoch sind entsprechende Maßnahmen weiterhin dringend geboten 13 • Die Thematik um die Beschleunigung baulicher 7 DIHT, Dauer von Genehmigungsverfahren, 1988, S. 2. s Infratest Industria, München, November 1990, hierzu auch: Minister fiir Wirtschaft, Mittelstand und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Generelle Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland, 1992, S. 4. 9 IHK Hannover-Hildesheim, Schnellere und kalkulierbare Genehmigungsverfahren, 1989, S. 1. 10 Zur Bewertung der Genehmigungsverfahren als Standortfaktor Steinberg I Allertl Grams I Schariot, Zur Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens fiir Industrieanlagen, 1991, S. 34. " Bundesverband der Deutschen Industrie (Hrsg.), Beschleunigung von Planfeststellungen und Genehmigungsverfahren, 1989, S. I. t2 Vgl. Ronellenfitsch, Beschleunigung von Verkehrsprojekten, 1991, S. 1I (12); ders., Beschleunigungsgesetz - Investitionsmaßnahmegesetz - Die Beschleunigung von Verkehrsprojekten, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegeplanung in Deutschland, 1993, S. 107 f., der in diesem Zusammenhang zwar von einem "Modethema" spricht, aber es dieser Thematik gleichwohl nicht an Aktualität mangeln läßt. 13 Brohm, Beschleunigung der Verwaltungsverfahren Straffung oder konsensuales Verwaltungshandeln?, NVwZ 1991, S. 1025.

22

I. Kap.: Einführung

Vorhaben hat bereits viel Aufmerksamkeit erlangt. Die verschiedenen Beiträge zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren zielen inhaltlich in sehr verschiedene Richtungen. Zu erwarten, daß es umfassende Patentrezepte für jedes individuelle Genehmigungsverfahren gibt, wäre freilich wenig realistisch, zumal keines der Beschleunigungsmodelle für sich in Anspruch nehmen kann, das einzig richtige, rechtmäßige und praktikable Instrument zur Beschleunigung der Planung oder Genehmigung baulicher Vorhaben zu sein. 1. Untersuchungen zur Verfahrensbeschleunigung

Auf Bundes- und Landesebene wurden bisweilen einige Kommissionen 14 und Arbeitsgruppen 15 eingesetzt, die sich mit dem Thema der Beschleunigung 14 Mit Beschluß vom 13.07.1983 erklärte die Bundesregierung Maßnahmen zu Entbürokratisierung, Rechts- und Verwaltungsvereinfachung zu einem ihrer politischen Schwerpunkte. Begleitend wurde eine unabhängige Kommission für Rechts- und Verwaltungsvereinfachung eingesetzt, die sog. WaJJenschmidt-Kommission. Die Ergebnisse liegen jetzt vor: Bundesministerium des Innern (Hrsg.) Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Anlagen. Empfehlungen der unabhängigen Kommission für Rechts- und Verwaltungsvereinfachung auf der Grundlage einer Befragung von Beteiligten und Betroffenen, 1990; Erleichterung von Gewerbeansiedlungen in den neuen Bundesländern, 1992; Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Bund/ Länder-Arbeitsgruppe Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1988. - Auf Länderebene ist darauf hinzuweisen, daß mit Beschluß vom 29.10. 1992 von den Chefs der Staats- und Senatskanzleien eine Arbeitsgruppe "Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren" eingesetzt wurde. Für Baden Württemberg sind zu erwähnen das Reformvorhaben "Verwaltung 2000" , 2 Bde., 1990, sowie die oben dargestellten Tätigkeiten insbesondere der Regierungskommission Verwaltungsreform, die ihren ersten Bericht vorgelegt hat: Verwaltungsreform in Baden-Württemberg, Stungart 1993, hsrg. vom Staatsministerium Baden-Württemberg. In Bayern gab es bis 1983 die Kommission für den Abbau von Staatsaufgaben und für Verwaltungsvereinfachung. Die Bayerische Staatsregierung hat am 09.10.1990 den Bericht des Normprüfungsausschusses gebilligt und als Dokumentation "Beschleunigung für Genehmigungsverfahren für Anlagen" herausgegeben; vgl. BayStAnz. Nr. 41 vom 12.10.1990. Die frühere Landesregierung Niedersachsens hane eine Arbeitsgruppe eingesetzt, weIche "Empfehlungen zur Beschleunigung bestimmter Verfahren im Umweltbereich" ausarbeitete; vgl. Presse- und InformationssteIle der niedersächsischen Landesregierung (Hrsg.), "Schnellere und kalkulierbare Genehmigungsverfahren". Bericht einer Arbeitsgruppe, 1989. Das Presse- und Informationsamt der Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat 1989 den Bericht einer Arbeitsgruppe herausgegeben, in der die Landesregierung informiert über die "Überprüfung von Genehmigungsverfahren" . 15 Arbeitsgruppe: Generelle Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland der Konferenz der Wirtschaftsminister der Länder unter Beteiligung des Bundesministers für Wirtschaft und des Bundesministers des Innern. Abschlußbericht der Unterarbeitsgruppe III: "Effiziente Verwaltungsverfahren" 1991; Zusammenfassender Bericht über die Empfehlungen der Fachministerkonferenzen zur Umsetzung der im Bericht der Länderarbeitsgruppe "Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren" vom 06.05.1993 enthaltenen Vorschläge, 1994; Ergebnisprotokoll der Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder am 17.03.1994 in Bonn, Beschleunigung

B. Kritik an der Verfahrensdauer

23

von Planungs- und Genehmigungsverfahren befaßt haben. Ebenso stieß der Aspekt der Beschleunigung im Bereich der Verwaltungsverfahren in Wissenschaft l6 und Praxis l ? auf reges Interesse. 2. Aktueller Stand der Beschleunigungsmaßnahmen a) In Kraft getretene Gesetze

Ausgelöst durch die Beschleunigungsdiskussion, wurde eine Vielzahl von Vorschlägen gemacht, um die bestehende Situation bei der Genehmigung von baulichen Vorhaben zu verbessern. Zum Teil wurden diese Vorschläge auch insoweit umgesetzt, als sie in bestehende Gesetze einflossen, bzw. zu neuen Gesetzen geführt haben. Von den Beschleunigungsmaßnahmen, die bereits von Planungs- und Genehmigungsverfahren, Wirtschaftsministerkonferenz am 07. /08.10. 1993 in Potsdam, Beschluß zu Punkt 3 der Tagesordnung. 16 Vgl. dazu Broß, Beschleunigung von Planungsverfahren, DVBI. 1991,177 ff.; Bullinger, Beschleunigte Genehmigungsverfahren für eilbedürftige Vorhaben, in: Verwaltung 2000, 1991; ders. Aktuelle Probleme des deutschen Verwaltungsverfahrensrechts. Das Beschleunigungsgebot und seine Vereinbarkeit mit rechtsstaatlichen und demokratischen Verfahrensprinzipien, DVBI. 1992, S. 1463 ff.; ders. Verwaltung im Rhythmus von Wirtschaft und Gesellschaft, JZ 1991, S. 53 ff.; Ebling, Beschleunigungsmöglichkeiten bei der Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen, 1993; Steinberg I AI/ert I Grams I Schariot, Zur Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens für Industrieanlagen, 1991; Kipp, Gerichtsinterne Möglichkeiten zur Verkürzung der Verfahrensdauer im Verwaltungsprozeß, in: FS für Berge, 1990, S. 187 ff.; Schmidt-Räntsch, Grundbuchvorfahrt bei Investitionsvorhaben in den neuen Bundesländern. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Grundbuchverfahrensbeschleunigung, DtZ 1991, S. 65 ff.; Ronellenfitsch, Beschleunigung und Vereinfachung der Anlagenzulassungsverfahren, 1994; ders., Beschleunigungsgesetz - Investitionsmaßnahmengesetz - Die Beschleunigung von Verkehrsprojekten, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegeplanung in Deutschland, 1993, S. 107 ff.; Dose / Holznagel! Weber, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Vorschläge zur Verbesserung des Industriestandortes Deutschland, 1994. 17 Bundesverband der deutschen Industrie, Stellungnahme vom 17.04.1989 zur Beschleunigung von Planfeststellungen und Genehmigungsverfahren (ms.); Industrie und Handelskammer Hannover-Hildesheim: "Schnellere und kalkulierbare Genehmigungsverfahren", Hannover 1989; Stellungnahme des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 30.10. 1989: Verkürzung von Verwaltungsverfahren bei genehmigungspflichtigen Vorhaben, LTDrucks. 10/2415, sowie vom 21.6.1991: Effiziente Gestaltung komplexer Verwaltungsund Planungsverfahren, LT-Drucks. 10/5450; Forschungsvorhaben des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und des Umweltbundesamts: "Verbesserung von Zulassungsverfahren für Abfallentsorgungsanlagen". Teil A, I. Zwischenbericht: Grundlagen der Abfallentsorgungsplanung in der Bundesrepublik Deutschland, 1989; Teil B, 2. Zwischenbericht: Analyse der Ursachen für Verzögerungen im Zulassungsverfahren. Erste Verbesserungsvorschläge, 1989; Der Minister für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, Stand 1990; Bayerische Staatskanzlei (Hrsg.), Leitsätze für die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Anlagen, in: Bayerischer Staatsanzeiger Nummer 41 /45, Bek. vom 09.10.1990.

24

1. Kap.: Einführung

auf gesetzgeberischer Ebene durchgesetzt sind, sind besonders das Wohnbauerleichterungsgesetz l8 , das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz l9 , das Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch20 , das Investitionserleichterungsund Wohnbaulandgesetz 21, sowie das Planungsvereinfachungsgesetz22 zu nennen. Einen Vorstoß auf Landesebene bildet weiterhin die Baufreistellungsverordnung23 in Baden-Württemberg. b) Gesetzgebungsverfahren

In Baden-Württemberg24 (sowie z.B. auch in Nordrhein-Westfalen 25 ) sind Bestrebungen im Gange, die Landesbauordnungen in Hinblick auf mögliche Vereinfachungen zu überarbeiten. Die bayerische Staatsregierung hat einen Gesetzentwurf26 vorgelegt, der die Vereinfachung bau- und wasserrechtlicher Verfahren vorsieht. In diesem Zusammenhang hat Günther Beckstein, anläßlich der Vorstellung 27 des Gesetzentwurfes, von "dem größten Systemschnitt im Bauordnungsrecht zumindest seit Jahrzehnten" gesprochen. Der Gesetzentwurf hat nunmehr Einzug in die BayBO gefunden 28 • Gerade das Bauordnungsrecht war schon früh Gegenstand der öffentlichen Diskussion über Rechts- und Verwaltungsvereinfachung. So entsprach es auch der Zielsetzung der letzten Novellierung der Landesbauordnung in Baden-Württemberg im Jahre 1983, die bauordnungsrechtlichen Vorschriften effizienter zu machen, sowie das Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Im Jahre 1991 faßte die Ministerkonferenz der Arbeitsgemeinschaft der für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Minister der Länder (ARGEBAU) den Beschluß über eine FortschreiWohnbauerleichterungsgesetz vom 17.05.1990, BGB\. I S. 926. Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz vom 16.12.1991, BGB\. I S. 2174. 20 Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch vom 17.05.1990 (BGB\. I S.926), i.d.F. d. Bek. vom 28.04.1993 (BGB\. I S. 622). 21 Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz vom 22.4.1993, BGB\. I S. 466. 22 Planungsvereinfachungsgesetz vom 17.12.1993, BGB\. I S. 2123. 2l Baufreistellungsverordnung des Landes Baden-Württemberg vom 26.04.1990, GB\. S.44. 24 Entwurf der Landesbauordnung, Az: VI-2600.0 /10, Stand 14.03.1994 (ms.). 25 Landtag Nordrhein-Westfalen, LT-Drucks. 11/7153, Gesetzentwurf des Landesregierung, Landesbauordnung (BauONW). 26 Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung vom 18.11.1993 zur Vereinfachung und Beschleunigung bau- und wasserrechtlicher Verfahren, LT-Drucks. 12/ 13482. 27 Bayerisches Staatsministerium des Innem, Pressesprecher (Hrsg.), Statement des Günther Beckstein anläßlich der Pressekonferenz zur Novellierung der Bayerischen Bauordnung am 06.08.1993. 28 BayBO i.d.F. d. Bek. vom 18.04.1994, GVB\. S. 251. 18 19

B. Kritik an der Verfahrensdauer

25

bung der Musterbauordnung 29 , mit der die Umsetzung der Bauproduktenrichtlinie 30 ermöglicht werden sollte. Die daraufhin verabschiedete Fortschreibung der Musterbauordnung vom April 1992, geändert und ergänzt im Dezember 1992, soll die Entwicklung fortsetzen, indem sie neben der Transformation des EG-Rechts auch die Notwendigkeit der Vereinfachung und Beschleunigung der baulichen Verfahren berücksichtigel. Am 10.12.1993 hat die Ministerkonferenz der ARGEBAU die Musterbauordnung in der Fassung Dezember 1993 beschlossen, nicht ohne selbst die kritische Frage zu stellen, für wie lange die gültige Fassung nunmehr Bestand haben so1l32. c) Verwaltungsvorschriften

Im Bereich der Administrative liegen bereits Verwaltungsvorschriften vor, die sich mit der Beschleunigung einzelner Vorhaben befassen 33 , wie etwa die Verwaltungsvorschriften VwV-Beschleunigung im Verkehrswegebau 34 und VwV-Verfahrensbeschleunigung Umwelt 35 , sowie in Bayern die Leitsätze der Staatskanzlei für die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Anlagen 36 .

29 BäckenjOrde/Temme/Krebs, Musterbauordnung fiir die Länder der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 1994, Einfiihrung. 30 Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21.12.1988 zu Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Bauprodukte (89/ 106/EWG). 31 VgL die Begründung zum Entwurf der Landesbauordnung in Baden-Württemberg, Allgemeiner Teil, Zielsetzung, Stand: 14.03.1994; sowie auch Bockenfärde / Temme / Krebs, Musterbauordnung, 4. Aufl. 1994, Einfiihrung, S. X. 32 Bäckenforde / Temme / Krebs, a.a.O., Einfiihrung, S. XVI!. 33 Für Baden-Wümemberg z.B.: Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums, des Ministeriums fiir Wissenschaft und Kunst, des Ministeriums fiir Kultus und Sport, des lustizministeriums, des Finanzministeriums, des Ministeriums fiir Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr, des Ministeriums fiir Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Forsten und des Ministeriums fiir Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung zur Beschleunigung von Baurechtsverfahren vom 18.10.1982, GABL S. 924. - Für Bayern: Bayerische Staatsregierung (Hrsg.), Leitsätze fiir die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren fiir Anlagen, Bekanntmachung vom 09.10.1990, Nr. III B 3-1552-83 (AIIMBL S. 747); Bayerisches Staatsministerium des Innem (Hrsg.), Beschleunigung des Baugenehmigungsverfahrens, Bekanntmachung vom 07.08.1982, Nr. I! B-4116. 1. 4 (MABL). 34 Vom 22.07.1993, Az.: 31-391/6. 35 Vom 01.12.1992, Az.: 1-0144.5/12, GABL vom 29.01.1993, S. 15. 36 Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 09.10.1990 Nr, B III 3-155283, BayStAnz Nr. 41/1990.

26

I. Kap.: Einflihrung

11. Befund Entscheidende Verbesserungen im zeitlichen Ablauf der Genehmigungsverfahren für bauliche Vorhaben sind bislang kaum feststellbar, so daß von einer Entspannung der Lage kaum die Rede sein kann. Im Bereich der Auswirkungen der Verwaltungsvorschriften und der neueren Gesetze, wie des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes, des Planungsvereinfachungsgesetzes und Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes, wäre eine Aussage über die Auswirkungen und Folgen, bezüglich der Dauer der Genehmigungsverfahren und damit auch der Genehmigungspraxis noch verfIiiht 37 • Dies wirft im Zusammenhang zugleich die Frage nach weiteren Beschleunigungsmaßnahmen auf, d.h. nach der Notwendigkeit von Beschleunigungsmaßnahmen im Allgemeinen. Hierbei wird zu plÜfen sein, inwieweit auch dem hoch gesteckten Ziel der alsbaldigen Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für bauliche Vorhaben Grenzen gesetzt sind, bzw. inwieweit de lege lata Beschleunigungsmaßnahmen ergriffen werden können 38 .

c. Gründe für zu lange Genehmigungsverfahren I. Schwachstellenanalyse / Daten Empirische und genau verläßliche Daten über die Gesamtdauer von Genehmigungsverfahren baulicher Vorhaben gibt es weder bei baulichen Großprojekten, noch bei anderen Vorhaben, insbesondere auch nicht im Wohnungsbau. Im Bereich des Verkehrswegebaus gibt es jedoch Erfahrungswerte über entsprechende Zeitphasen. So dauern die Planungsverfahren für die Errichtung dringend benötigter Infrastrukturmaßnahmen im Verkehrsbereich, beispielsweise in Baden-Württemberg39 , teilweise über 15 Jahre. Auch in anderen Bundesländern lassen Untersuchungen erkennen, daß die Verfahrensdauer für Maßnahmen an Autobahnen und Bundesstraßen durchaus eine Länge von 20 Jahren und mehr erreichen können4o • Hierbei wurden ohne die Einbeziehung und BelÜcksichtigung der UmweltverträglichkeitsplÜfung (UVP) Durchschnittswerte ermittelt, wobei auf die Raumordnung und Linienbestim)7 VgL Ronel/enjitsch, Beschleunigung und Vereinfachung der Anlagenzulassungsverfahren, 1993, S. 25. )8 Hierzu: Ministerium fur Wirtschaft, Mittelstand und Technologie Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Generelle Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland, 1993, S. 3. )9 Staatsministerium Baden-Württemberg, Erster Bericht der Regierungskommission Verwaltungsreform, Verwaltungsreform in Baden-Württemberg 1993, S. 43. 40 ZiJlenbiller, Straßenplanung im Konfliktfeld öffentlicher Interessen, in: 27. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 247 ff.

C. Gründe für zu lange Genehmigungsverfahren

27

mung 5 - 7 Jahre, auf die Planfeststellung bis zur Rechtskraft 5 - 10 Jahre, auf die Entwurfsplanung 2-3 Jahre und letztendlich auf den Bau 3-4 Jahre entfallen41 • Dabei ist die Regeldauer "normaler" Verfahren durchaus schon mit zirka 7 - 8 Jahren in Ansatz zu bringen. Jedoch lassen sich diese Zeiten bei kontroversen Vorhaben selten einhalten, und die Tendenz ist eindeutig dahingehend zu beobachten, daß die Häufigkeit deIjenigen Fälle, die sich als kontrovers darstellen, zunimmt und nichtstreitige Vorhaben praktisch kaum noch existent sind. Im Bereich wohnbaulich relevanter Vorhaben gibt es noch viel weniger Statistiken zur Verfahrensdauer, die den Anspruch der Genauigkeit erheben könnten. Dies gilt besonders für Baden-Württemberg. Hier ergeben sich aufgrund der Vielzahl von Genehmigungsbehörden in der Praxis krasse Unterschiede hinsichtlich der Dauer der Genehmigungsverfahren. Diese oft regional bedingten Unterschiede sind m.W. bisher nicht in einer Statistik zusammengefaßt worden. Dennoch werden auch hier zunehmend Stimmen laut, die die überlangen Verfahren in vielen Regionen kritisieren. Dies impliziert, daß streitige Großprojekte, und als solche müssen derzeit nahezu alle Großprojekte angesehen werden, sowie wohnungsbauliche Vorhaben länger dauern, als dies geboten und erforderlich wäre.

11. Befund Die mannigfaltigen Ursachen für diese überlange Verfahrensdauer lassen sich in mehrerlei Hinsicht ausmachen und einzelnen, bestimmten Verantwortungsbereichen zuordnen. Hierzu zählt der Bereich des Antragstellers, deIjeni ge der Behörde, der Ptüfungsumfang und der Bereich des Widerstandes gegen bauliche Vorhaben und deren gerichtliche Überptüfung. 1. Im Verantwortungsbereich des Antragstellers

Im Bereich des Antragstellers sind die ersten Ursachen der Verzögerung der Verfahrensdauer festzustellen. Dies beginnt mit mangelhaften Anträgen und fehlerhaften bzw. unvollständigen Antragsunterlagen, führt über unzureichende Terminplanung und mangelnden Sachverstand bis hin zu falschen oder überzogenen Erwartungen an die Dauer der behördlichen Entscheidungen nach dem Abschluß der eigenen, internen Planungen und mündet schließlich des öfteren in nachlässige Bauausführung. 41 Ronellenfitsch, Der Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung der Planungen tur Verkehrswege in den neuen Ländern sowie im Land Berlin, DVBI. 1991, S. 920 (921).

28

I. Kap.: Einflihrung

2. Im Verantwortungsbereich der Behörden Im Bereich der behördlichen Verantwortung ist als maßgeblicher Faktor die Anzahl der zu beteiligenden Behörden verzögernd anzuführen. Zu viele Institutionen im administrativen und auch im politischen Bereich versuchen Einfluß auf den Entscheidungs- und Genehmigungsprozeß zu nehmen. Unnötige Doppelprüfungen sind so weit verbreitet. Als weitere Ursache wirken sich Organisations- und Personalmängel, sowie die durch die Prinzipien der Verwaltungslehre begründete, allzu häufig fehlende Berücksichtigung des Zeitfaktors im Genehmigungsprozeß aus.

3. Prüfungsumfang Die lange Dauer der baulichen Genehmigungsverfahren ist durch die Komplexität der zu beachtenden und anzuwendenden Vorschriften geprägt. Bei der Prüfung von baulichen Genehmigungen muß eine immer unüberschaubarer werdende Vielzahl von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften etc. beachtet werden 42 • Die Wurzeln der Bürokratie von Genehmigungsverfahren sind dem Grunde nach zum großen Teil im materiellen Recht43 auszumachen. Die quantitativen und qualitativen Anforderungen an die Genehmigungsbehörden werden immer höher geschraubt. Die zunehmende "Gesetzesflut"44, gerade auch im Baurecht und den für das Baurecht relevanten Gesetzen und Vorschriften, erleichtert die Aufgabe nicht, Genehmigungsverfahren in angemessener Zeit abzuschließen, sondern erschwert diese zusehends und macht den Prüfungsaufwand ständig unüberschaubarer. Ausgehend von der immer weiter fortschreitenden Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe45 durch die Exekutive und die Rechtsprechung, hat der Gesetzgeber solche Ausgestaltungen bis hinein in die Gesetzestexte übernommen. Im Baurecht liest sich daher z.B. die Auflistung des Abwägungsmaterials in § lAbs. 5 BauGB wie das "Inhaltsverzeichnis der Entscheidungssammlung des Bundesverwaltungsgerichts"46. Dennoch ist der Gesetzgeber häufig gar nicht in der Lage, gesellschaftliche Probleme anders zu

42 Zur Regelungsdichte auch: Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung im Ordnungs- und Umweltrecht, 1995, S. 45. 43 Minister für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, 1990, S. 28. 44 lsensee, Mehr Recht durch weniger Gesetze?, ZRP 1985, S. 139. 4S Arbeitskreis für Rechtsprechung der Gesellschaft zur Förderung der Entbürokratisierung e.V., Gefahren für die Effektivität des Rechts, DRiZ 1990, S. 168. 46 Ronellenfitsch, Beschleunigung und Vereinfachung der Anlagenzulassungsverfahren, 1994, S. 28; ders., Beschleunigung von Verkehrsprojekten, 1991, S.42.

c.

Gründe für zu lange Genehmigungsverfahren

29

lösen, als durch die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen mit einem weiten Anwendungsbereich, in dem nur rahmenhaft und in Umrissen das Ziel für die Lösung des Einzelfalls vorgegeben wird. Gerade im Bau- und Umweltrecht, in dem die technische Entwicklung für die Festlegung der Anforderungen an die Genehmigungen und die sonstigen Verwaltungsentscheidungen eine wesentliche Rolle spielt, ist dies oft die einzige Möglichkeit. überhaupt rechtliche Maßstäbe zu setzen, die einer sachgerechten Fortentwicklung zugänglich bleiben. Das Recht wird insoweit "disfunktional"·-, indem es durch seine Masse, Unübersichtlichkeit, Überspezialisierung und Realitätsferne48 Entwicklungen hemmt und letztendlich nur unangemessenen Aufwand verursacht. Dabei ist sehr fraglich, ob eine zunehmende. ständig wachsende Anzahl zu beachtender Vorschriften im Hinblick auf die Qualität einer Genehmigungsentscheidung zwingend von Vorteil ist. Hier ist ein Prüfungsaufwand erreicht, der sich kaum mehr rechtfertigen läßt. Der Umfang der Genehmigungsverfahren für bauliche Vorhaben bietet durchaus Ansatzpunkte zur Verfahrensbeschleunigung durch Entflechtung und Reduzierung der Regelungsdichte.

4. Im Verantwortungsbereich der Gerichte / Widerstand Die Realisierung baulicher Vorhaben zieht immer häufiger gerichtliche Verfahren nach sich. Hierbei spielt die Größe des Vorhabens keine Rolle. Auch im Wohnungsbau erfreut sich der Nachbarstreit zunehmend wachsender Beliebtheit. Die Möglichkeiten des Widerstandes gegen Projekte sind vielfältig. Sie reichen von der Ausschöpfung aller legalen Mittel bis hin zu strafbaren Handlungen. Gerade in den Bereichen, in denen der Boden des legalen Widerstandes verlassen wird, richtet sich der Widerstand häufig nicht ausschließlich gegen das Vorhaben selbst, sondern gegen die Staats- und Gesellschaftsordnung schlechthin49 • Aber auch im Bereich des legalen Widerstandes, durch die Ausschöpfung des Instanzenzuges, kann sich die Realisierung eines Vorhabens dergestalt verzögern, daß sich ein bauliches Vorhaben quasi von selbst erledigt, indem es unwirtschaftlich geworden ist. Die Entscheidung in der Sache an sich durch die Gerichte hat dann häufig nur sekundäre Bedeutung, wenn durch die lange gerichtliche Überprüfungsphase der Widerstand sein Bestreben und sei47 Bullinger spricht in diesem Zusammenhang (Beschleunigte Genehmigungsverfahren für eil bedürftige Vorhaben, 1991, S. 19) von einer auftretenden "Rhythmusstörung" .

.. Arbeitskreis für Rechtsprechung der Gesellschaft zur Förderung der Entbürokratisierung e.V., Gefahren für die Effektivität des Rechts, DRiZ 1990, S. 168. (169). 49 Hierzu auch Ronellenfitsch, Die Durchsetzung staatlicher Entscheidungen als Verfassungsproblem, in: Börner (Hrsg.), Umwelt, Verfassung, Verwaltung. 1982. S. 13 (21 ff.).

30

I. Kap.: Einführung

ne Wirkung gleichsam in sich selbst trägt. Gerade im Bereich von baulichen Großvorhaben laufen die Verwaltungsentscheidungen Gefahr zum bloßen Vorprogramm zu verkommen, wenn sich beinahe zwangsläufig an jede Entscheidung der Behörde ein gerichtliches Verfahren anschließt, und bereits im Entscheidungsprozeß der Administrative ein nicht unwesentliches Augenmerk darauf gerichtet wird, die Entscheidung "gerichtsfest"SO zu machen. Hier wird unnötige Arbeitskraft in Bereiche investiert, die primär nicht in den administrativen Bereich gehören und auch nicht gehören sollten. Zudem steigt die Belastung der Gerichte, die sich einer Vielzahl von Verfahren ausgesetzt sehen, in dem Bewußtsein, daß die Qualität der gerichtlichen Entscheidungen dennoch nicht durch die Vielzahl der zu bearbeitenden Fälle Schaden nehmen sollte.

III. Schlußfolgerung Die Möglichkeiten, die Dauer von baulichen Genehmigungs- und Planungsverfahren zu verkürzen, sind umfassend. So bieten alle Bereiche, in denen soeben Schwachstellen aufgezeigt worden sind Ansatzpunkte, die der Beschleunigung baulicher Verfahren zuträglich sind. Die Aufgabe ist es, solche Maßnahmen umgehend zu ergreifen, bzw. die Voraussetzungen zu schaffen, damit die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet werden können. Dabei sollte der Ruf nach dem Gesetzgeber immer zuerst auch mit der Frage einhergehen, wie de lege lata Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung ergriffen und genutzt werden können.

D. Erforderlichkeit der Verfahrens beschleunigung Bei der Feststellung der Notwendigkeit von Maßnahmen zur Beschleunigung von Genehmigungs und Planungsverfahren ist an erster Stelle von der Frage auszugehen, inwieweit überhaupt Raum besteht, Verfahren zu beschleunigen. Bei dieser Überlegung ist grundsätzlich zu bedenken, daß die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren zwar durchaus unter vielen Aspekten wünschenswert ist, sie jedoch nicht nur zum eigenen SelbstzweckSl verkommen darf. Insoweit ist, wenn in den durch die Beschleunigungsmöglichkeiten tangierten Bereichen geschützte Güter und Rechtspositionen bestehen, die sich generell einem reinen Verfahrensgrundsatz nicht unterordnen lassen, die Frage nach der Berechtigung einer durchzusetzenden Verfahrensbeschleunigung durchaus angebracht. Aufgrund dessen darf die Diskussion lO Ronellenjitsch, Beschleunigung und Vereinfachung der Anlagenzulassungsverfahren, 1994, S. 30. 51 So auch Ronellenjitsch, Neues Verkehrswegeplanungsrecht, DVBI. 1994, S. 441 ff.

D. Erforderlichkeit der Verfahrensbeschleunigung

31

um Verfahrensbeschleunigung andere Rechtspositionen nicht außer acht lassen. Es ist deshalb wichtig zu betonen, daß die Prämisse der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren nur ein Grundsatz unter vielen anderen Grundsätzen ist 52 • Die Verhältnismäßigkeit ist deshalb bei allen Vorschlägen zur Verfahrensbeschleunigung stets im Auge zu behalten, wenn sich eine Kollision mit verfassungsrechtlich begründeten Vorgaben anbahnt 53. Deshalb genügt Z.B. auch alleine das Argument, Verfahren nur deshalb zu beschleunigen, weil lange Baugenehmigungsverfahren Baukosten erhöhen 5\ nicht. Maßnahmen zur Beschleunigung müssen stets den Anforderungen gerecht werden, daß solche Änderungen, unter Wahrung der Rechtseinheit, und Beibehaltung der Umweltstandards, bei Gewährleistung der generellen Beteiligungsrechte der Bürger und des ausgewogenen Rechtsschutzes, durchführbar sind". Die Beschleunigung ist kein programmatisches Staatsziel, sondern nur ein Mittel zur Gewährleistung von Rechtspositionen.

I. Möglichkeit der Selbstregulierung Im Bereich der Zulassung baulicher Vorhaben stehen sich der Antragsteller bzw. Investor und die Genehmigungsbehörde gegenüber. Hierbei ist die Genehmigungsbehörde an marktwirtschaftliche Mechanismen nicht gebunden, die sie dazu bringen würde, in einen Wettbewerb um die Entgegennahme einer Genehmigung einzutreten. Beschleunigungen bringen für die Genehmigungsbehörden keine unmittelbaren finanziellen oder sonstigen Vorteile. Solange sie am Erfolg des Genehmigungsverfahrens nicht partizipieren, in Form von z.B. Prämien oder Beförderungen 56 , ist es nötig von außen Maßnahmen zu ergreifen, die die Genehmigungsverfahren abkürzen. Auf eine Selbstregulierung 57 zu hoffen, wäre mithin die schlechteste, weil am wenigsten realistische Lös4ng, um Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.

52 Vgl. Bullinger, Verwaltung im Rhythmus von Wirtschaft und Gesellschaft, JZ 199 L S. 53 (60), der in diesem Zusammenhang zwischen allgemeinem und gesteigertem Beschleunigungsbedarf unterscheidet. 53 Umwelt Nr. 86 vom 24.11.1981, S. 70 ff. 54 Arbeitsgemeinschaft der fur das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Minister der Länder (Hrsg.), Vorschläge zur Reform des Bauaufsichssystems in der Bundesrepublik Deutschland. Schlußbericht, S. 23. 55 Ronellenfitsch, Beschleunigung von Verkehrsprojekten, 1991, S. 165. 56 Bullinger, Beschleunigte Genehmigungsverfahren fur eil bedürftige Vorhaben, 1991, S.21. 57 Zur Abgrenzung von Selbstregulierung, Selbstverantwortung, Selbstnormierung und Deregulierung: Ronellenfitsch, Selbstverantwortung und Deregulierung im Ordnungs- und Umweltrecht, 1995, S. 43 f.

32

I. Kap.: Einführung

11. Zeitliche Grenze der Verfahrensdauer Die zeitliche Grenze für die Abwicklung eines Genehmigungsverfahrens ist generell da zu setzen, wo die zu erteilende Genehmigung bereits den Anspruch der inhaltlichen Richtigkeit erheben kann. Dies bedeutet, daß das Genehmigungsverfahren immer dann zu lange dauert, wenn sich der durch das Genehmigungsverfahren vorgegebene jeweilige Zweck schneller erreichen ließe. Selbst unter Berücksichtigung der Komplexität vieler Fälle, ist eine Genehmigungsentscheidung später als nötig erfolgt, wenn das, was zu klären ist, ohne zureichenden Grund, schneller hätte geklärt werden können 58 • Die allgemeine Verfahrensdauer ergibt sich deshalb aus der normativen Vorgabe dessen was sinnvollerweise geklärt und überprüft werden muß. Was über das normativ Erforderliche hinausgeht, verzögert das Verfahren. In diesem Überschußbereich müssen die Maßnahmen zur Beschleunigung primär ansetzen.

IH. Raum für mögliche Beschleunigung Wieweit Raum für das Ansetzen von Beschleunigungsmaßnahmen besteht, ist oben aufgezeigt worden. Im Einzelnen soll dargelegt werden, wie sich dies im Bereich von baulichen Projekten zeitlich darstellt.

1. Erforderlichkeit bei Großprojekten: Standort BRD / Standort Baden-Württemberg Die wirtschaftlichen Zyklen bei der Einführung neuer Produkte auf dem Markt werden immer kürzer. So bedeutet die wirtschaftliche Verwertung einer Innovation im Vergleich zu anderen Anbietern, die mit ähnlichen Produkten erst später auf den Markt drängen, einen wesentlichen Wettbewerbsvorsprung. In einem exportabhängigen Land wie der Bundesrepublik Deutschland ist es nicht zuletzt auch eine Frage der Standortqualität, möglichst schnell auf wirtschaftliche Veränderungen reagieren zu können. Führt die verspätete Produktneueinführung aufgrund der verzögerten Genehmigungsentscheidung der Verwaltung zu Verlusten an Umsatz und Marktanteilen und überholen überraschende Gesetzesänderungen und -neuerungen die betriebliche Planung der Wirtschaftssubjekte, wird die Amortisation aufgewandten Kapitals zunichtegemacht und Investitionen werden ausbleiben. Wenn Änderungen der staatlichen Planung Chancen des Wirtschaftssubjekts am Markt in Frage stellen, so erweisen sich die temporalen Strukturen, in denen sich Recht als solches bewegt, - neben dem eigentlichen Aufkommen der Zeit ,. Ronellenfitsch, Beschleunigung von Verkehrsprojekten, 1991, S.40 f.; Redekerlvon Oertzen, VwGO, § 75 Rz. 4.

D. Erforderlichkeit der Verfahrensbeschleunigung

33

innerhalb des Rechts - als ein maßgeblicher Faktor9 für die wirtschaftliche Betätigung der Wirtschaftssubjekte60 • In der Bundesrepublik Deutschland wird der Druck des Wettbewerbs vor allem mit den anderen EG-Staaten größer61 und gewinnt mit der einhergehenden wirtschaftlichen Stagnation an Schärfe. Dabei gilt die Zusage an ansässige und ansiedlungswillige Unternehmen, daß die Genehmigungsverfahren zügig und kalkulierbar abgewickelt werden, als besonderes W erbeargument62 • In einer Zeit, der sich so schnell wie nie zuvor wandelnden Lebens- und Arbeitsverhältnisse 63, macht es der Zeitbedarf für die Planung und Genehmigung von Investitionen zunehmend schwerer, Wirtschaftsunternehmen und Arbeitsplätze zu erhalten64 • Die Wettbewerbsfähigkeit und die Anpassung an neue Wirtschaftsrhythmen werden über die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland und somit letztendlich auch über die Lebensqualität in diesem Raum entscheiden.

2. Erforderlichkeit bei "Nicht-Großprojekten": Wohnungsbau In dem Bereich, in dem es um die Schaffung von Wohnraum geht, wird die Dauer der baurechtlichen Genehmigungsverfahren zunehmend mehr kritisiert und als Investitionshemmnis beklagt. Zur Verdeutlichung der sich zuspitzenden Wohnraumsituation soll folgendes Beispiel dienen. 1970 gab es in den alten Bundesländern 5,5 Millionen Einzelpersonenhaushalte; 1991 waren es bei weitgehend konstanter Einwohnerzahl 10 Millionen 65 • Rechnet man die neuen Länder hinzu, sind es zirka 12 Millionen Einzelpersonenhaushalte. Jede dritte (in vielen Großstädten jede zweite) Wohnung ist ein Single-Haushalt. Der Trend zu immer kleineren "Wohnungseinheiten" hält an. Auf dem Wohnungsmarkt besteht ein großes Defizit an Wohnraum. Angesichts der angespannten Wohnraumsituation liegt ein wesentlicher Schwerpunkt bei der Frage nach Beschleunigungsmöglichkeiten für bauliche Vorhaben darin, spürbare Erleichterungen und Vereinfachungen für den Wohnungsbau zu erreichen. 59 Vgl. hierzu auch Ronellenjitsch, Die Bewältigung der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung durch das Verwaltungsrecht, DVBI. 1989, S. 851 ff.

Dertel, Der Zeitfaktor im öffentlichen Wirtschaftsrecht, 1991, S. I. 61 Broß, Beschleunigung von Planungsverfahren, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrslärmschutz - Verfahrensbeschleunigung, 1991, S. 70 f. 60

62

S.4. 63

IHK Hannover-Hildesheim, Schnellere und kalkulierbare Genehmigungsverfahren, Vgl. hierzu Röken, Gesetzesgehorsam statt Gesetzesakzeptanz, DÖV 1989, S. 54 (57).

64 Bullinger, Beschleunigung von Investitionen durch Parallelprüfung und Verfahrensmanagement, 1Z 1993, S. 492 (493).

65 Angaben aus: FOCUS Nr. 49 (06. Dez. 1993), S. 152/153, aus Quellen des Statistischen Bundesamtes.

3 Schulte

34

1. Kap.: Einführung

IV. Befund Überall, wo in den aufgezeigten Bereichen Schwachstellen in zeitlicher Hinsicht des Verfahrensablaufs zu erkennen sind, müssen Möglichkeiten ergriffen werden, bauliche Maßnahmen zu beschleunigen. Dringend notwendige Wohnbauvorhaben, wirtschaftliche Vorhaben und Infrastrukturmaßnahmen sind, wie aufgezeigt, derzeit nicht in akzeptabler Zeit zu realisieren. Schritte zur Beschleunigung baulicher Vorhaben sind deshalb dringend erforderlich.

E. Beschleunigungsanspruch Im Bereich der Realisierung baulicher Objekte hat der Vorhabenträger ein Interesse daran, so bald wie möglich die erforderliche Genehmigung in Händen zu halten, um mit der Fertigstellung des Projekts beginnen zu können. Deshalb ist es fraglich, inwieweit es zulässig ist, die Baufreiheit, die sich direkt aus Art. 14 GG direkt ergibt66 , durch allzu lange Verfahren einzuschränken. Vom Vorhabenträger wird im Genehmigungsverfahren in bezug auf Fristen, Auflagen und Anforderungen deren strikte Einhaltung gefordert. Aufgrund dieser starken Reglementierung und Bindung der Antragstellerseite stellt sich die Frage, ob diesen Anforderungen auf Seiten des Staates, und besonders durch die ihn repräsentierenden Behörden, eine Pflicht zur Beschleunigung der Abwicklung der gesamten Verfahren entgegensteht. Diese Problematik ist, insbesondere auch für die verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in denen das Bauvorhaben von den verschiedensten Seiten her angegriffen wird, bedeutsam, zumal die Dauer von Baugenehmigungsverfahren immer weniger isoliert von Gerichtsverfahren gesehen werden kann. Es ist heute gang und gäbe, daß bauliche Vorhaben, und dies ist keineswegs nur auf Großprojekte zu beziehen, sich einer "gerichtlichen Kontrolle" unterziehen müssen. Wegen des vorläufigen Rechtsschutzes, der im Baurecht stark ausgeprägt ist, um die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, ist im Gegenzug dazu zu prüfen, inwieweit ein Anspruch auf Beschleunigung der verwaltungsgerichtlichen Verfahren besteht. So bedeutet für den Bürger gerade im Bereich der Gerichtsbarkeiten, späte Gerechtigkeit auch immer ein Stück Unrecht67 •

66 Schulte, Das Dogma Baufreiheit, DVBI. 1979, S. 133; Ernst/Hoppe, Das Öffentliche Bau- und Bodenrecht, Raumplanungsecht, 1978, Rz. 165. 67 Kopp, Individuelles und öffentliches Interesse an der Verwaltungsgerichtsbarkeit, BayVBI 1980, S. 263 (268).

E. Beschleunigungsanspruch

35

I. Allgemeiner Beschleunigungsanspruch Einen allgemeinen, gesetzlich nonnierten Anspruch auf Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gibt es nicht68 . Dies gilt auch für Dauer der Bearbeitung des Antrags auf Erteilung einer Baugenehmigung durch die Genehmigungsbehörde 69, denn das Landesbaurecht sieht regelmäßig 70 keine Frist hierfür vor. Jedoch findet das Interesse des rechtsschutzsuchenden Bürgers, wie auch das Interesse an einem zweckmäßigen, kostensparenden und raschen Verfahren, seine absolute Obergrenze in der schuldhaften Verzögerung des Verwaltungsverfahrens durch die Auslösung von Amtshaftungsansprüchen 71 • Dies ist jedoch in der Tat nur ein sehr schwacher Trost, zumal in dem Stadium der Verfahrensverzögerung, in dem Schadensersatzansprüche wegen schuldhafter Amtspflichtverletzung gewährt werden, quasi das Kind schon längst in den Brunnen gefallen ist. Ihren Ursprung finden diese Verzögerungen darin, daß die Amtspflicht im rechtlichen Ansatz, eine dem beteiligten Amtsträger innerdienstlich auferlegte Verpflichtung72 ist, die gemäß Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB nach außen, dem betroffenen Bürger oder Unternehmen gegenüber73 , in Gestalt einer Verpflichtung zum Schadensersatz in Geld nur mittelbar Wirksamkeit erlange4 • Die Rechtsprechung der Zivilgerichte ~ur Amtshaftung wegen schuldhafter Verzögerung richtet sich ausschließlich gegen solche Verzögerungen, die schlechterdings gänzlich unerträglich 75 sind. Die Fälle der "normalen" Verzögerungen werden danach überhaupt nicht erfaßt. Aufgrund dieser Verkennung des Beschleunigungserfordernisses, das in der Regel nur mit68 Anders ist dies vor allem im Strafrecht; BGH, Beschluß vom 22.09.1975, BGHSt 26, 228 (232): Hier dient das Beschleunigungsgebot in erster Hinsicht dem Beschuldigten, aber auch dem öffentlichen Interesse; Kleinknecht / Meyer-Goßner, StPO, Einl. R. 160. Im Zivilprozeß gibt es ein Beschleunigungsgebot nach § 272 ZPO; vgl. dazu die Kommentierung bei Thomas / Putzo, ZPO, 18. Aufl. 69 Bönker, Planungsrechtliche Zulässigkeitsfiktion für Wohnbauvorhaben, DVBI. 1993, S. 134 (135). 70 Eine Ausnahme bildet das Hamburgische Gesetz zur Erleichterung des Wohnungsbaus vom 04.12.1990 (GBI. S. 233). Es hat für bestimmte Wohnbauvorhaben eine Bearbeitungsfrist eingeführt, nach deren fruchtlosem Ablauf die Genehmigung fingiert wird. 71 BayObLG, Urteil vom 18.01.1991, BayVBI. 1991, S. 292 ff.; NVwZ-RR 1992, S. 534 ff.; Clausen, in: Knack, VwVfG, § 10 Rz. 4.1; Bönker, Planungsrechtliche Zulässigkeitsfiktion für Wohnbauvorhaben, DVBI. 1993, S. 134 (135); BGHZ, Urteil vom 06.06.1991, DVBI.1991,S.1l40ff. 72 Vgl. 0110 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. I, S. 186, der davon ausgeht, daß die Dienstpflicht nur dem Dienstherrn gegenüber besteht, "und [diese] geht ordentlicherweise den Dritten nichts an". 73 Vgl. hierzu auch BGHZ, Urteil vom 25.11.1982, BauR 1983, S. 231 f. 74 Bullinger, Beschleunigte Genehmigungsverfahren für eil bedürftige Vorhaben, S. 32. 7S BVerfG, Urteil vom 08.07.1982, E 61, 82 (116).

3*

36

1. Kap.: Einführung

telbare Folgen hat, muß sich ein Anspruch auf Beschleunigung direkt aus den Normen über das Verwaltungsverfahren und das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergeben.

11. Beschleunigungsanspruch im Verwaltungsverfahren Für den Anspruch auf Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens ist auf dessen allgemeine Grundsätze zurückzugreifen, wobei das Verwaltungs verfahrensgesetz besondere Verfahren mit eigenständigen ergänzenden Verfahrensgrundsätzen, wie § 63 Abs. 2 VwVfG für das förmliche Verfahren und § 72 Abs. I VwVfG für das Planfeststellungsverfahren, enthält. Nach § 63 Abs. 2, 72 Abs. I VwVfG gilt jedoch insbesondere der Grundsatz der Zweckmäßigkeit und Einfachheit des Verfahrens nach § 10 Satz 2 VwVfG 76 auch für diese Verfahren. 1. § 10 Satz 2 VwVfG

Aus § 10 Satz 2 VwVfG ergibt sich, daß Verwaltungsverfahren einfach und zweckmäßig durchzuführen sind. Die Begriffe der Einfachheit und Zweckmäßigkeit sind, gerade auf das Gebot der Beschleunigung hin, nicht einheitlich zu erfassen. Dabei ist der Zweck, den die Verwaltung zu erfüllen hat, entweder konkret oder durch allgemeine Zielvorgaben gesetzlich vorgeschrieben 77 • Eine allgemeingültige Mittel-Zweck-Relation läßt sich hier in Beziehung auf Begriffe wie Beschleunigung, Wirtschaftlichkeit 78, Effektivität und Vereinfachung nicht bilden. So kann z.B. eine umfassende Bürgerbeteiligung, die zu größerer Akzeptanz führt, wirkungsvoll sein, selbst wenn dadurch der Beschleunigung nicht genüge getan wird. Ebenso kann eine Beschleunigung, die die mangelhafte Sachverhaltsaufklärung in das Gerichtsverfahren verschleppt, nicht effektiv sein. Dennoch ist die Verwaltung grundsätzlich verpflichtet, über Anträge, insbesondere auch im Baugenehmigungsverfahren, in allen Fällen so rasch zu entscheiden, wie es ihr ohne Nachteil für die gebotene Gründlichkeit möglich ise9 • Dies ergibt sich daraus, daß die Beamten nicht nur Diener des Staates sind, sondern auch Helfer des Staatsbürgers80 zu sein haben. Danach ist das Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 63 Rz. 35, § 72 Rz. 35. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 9 Rz. 46. 7M Vgl. von Arnim zum wirtschaftlichen Aspekt des Effizienzgebots: Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip, 1988, S. 48 f. 79 Kopp, VwGO, § 75 Rz. 8. 80 BGHZ, Urteil vom 29.11.1954, BGHZ 15,305 (312); BVerfG, Urteil vom 21.12.1984, NJW 1985, S. 2020. 76 77

E. Beschleunigungsanspruch

37

Prinzip der Beschleunigung letztlich doch ein Ausfluß des Effektivitätsgebots 81 und des Grundsatzes der Leistungsfähigkeit und Wirksamkeit der Verwaltung, bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes 82 . Nach § lO Satz 2 VwVfG ist der Beschleunigungsgrundsatz ein Verfahrensgrundsatz, denn zur Zweckmäßigkeit gehört auch die Schnelligkeit des Verfahrens 83 . Auch wenn die Vorschrift wegen des weiten Verfahrensermessens bei der Gestaltung des Verwaltungsverfahrens 84 bislang praktisch gering ist, ist der Vorschrift mehr als nur ein verwaltungs interner Programrnsatz zu entnehmen85 .

2. § 75 VwGO Des weiteren ergibt sich aus § 75 VwGO ein zusätzlicher Anhaltspunkt für die Annahme der Beschleunigungsnotwendigkeit als eine der Verfahrensmaximen. Durch § 75 VwGO soll vor allem im Widerspruchsverfahren erreicht werden, daß die Verwaltung durch Untätigbleiben dem Betroffenen gegenüber, die ihm nach Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Klagemöglichkeit nicht nehmen, oder doch unangemessen verzögern kann 86 . Auch nach § 75 VwGO hat die Behörde in angemessener Frist zu entscheiden 87 , insoweit ein zureichender Grund für die Verzögerung nicht besteht. Als zureichende Gründe kommen z.B. der besondere Umfang und die besondere Schwierigkeit der Aufklärung in Betracht88 .

3. Faktische Bausperre Ein weiterer, wenn auch schwacher Ansatzpunkt dafür, daß Anträge auf Baugenehmigungen zügig zu bearbeiten und zu bescheiden sind, ergibt sich aus der Rechtsprechung 89 zur "faktischen Bausperre"9o. Die faktische Bau81 Finkeinburg, Das Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: Festgabe fur das BundesvelWaltungsgerichts, 1978, S. 174, mit VelWeis auf BVerfG, Beschluß vom 18.07.1973, E 35, 382 (405). 82 Kopp, VwVfG, § 10 Rz. 9. R3 Wolff, VelWaltungsrecht III, 1973, S. 283. R4 C/aussen, in: Knack, VwVfG, § 10 Rz. 94. RS Ronellenjitsch, Neues Verkehrswegeplanungsrecht, DVBI. 1994, S. 441 (448). 86 Weides / Bertrams, Die nachträgliche VelWaltungsentscheidung im Verfahren der Untätigkeitsklage, NVwZ 1988, S. 673; Ule, Verfassungsrecht und VelWaltungsprozeßrecht, DVBI. 1959, S. 537, (539); Bettermann, Das erfolglose Vorverfahren als Prozeßvoraussetzung des velWaltungsgerichtlichen Verfahrens, DVBI. 1959, S. 308 (309). R7 Kopp, VelWaltungsgerichtsordnung, § 75 Rz. 8. RR Kopp, VelWaltungsgerichtsordnung, § 75 Rz. 13. R9 Exemplarisch BGHZ, Urteil vom 14.12.1978, BauR 1979, S. 127 = NJW 1979, S. 653; BGH, Urteil vom 17.12.1981, BauR 1982, S.247 = DVBI. 1982, S. 535; OVG Berlin, Beschluß vom 03.01.1991, BauR 1991, S. 188.

38

I. Kap.: Einführung

sperre ist im Zusammenhang mit der Aufstellung von Veränderungssperren entwickelt worden 91 • Sie liegt dann vor, wenn eine Bebauung, die nach den für das Grundstück geltenden allgemeinen baurechtlichen Vorschriften zulässig ist, tatsächlich aber unmöglich gemacht wird92 • Hierzu ist es weder erforderlich, daß der Bauherr einen Bauantrag gestellt hat, noch die Baugenehmigungsbehörde von den Bauabsichten Kenntnis hat93 • Der vom BVerwG im Urteil vom 11.11.197094 entwickelte Grundsatz bei Entschädigungsansprüchen im Zusammenhang mit Veränderungssperren, daß auch die Zeiten, in denen ein Genehmigungsantrag nicht hinreichend zügig bearbeitet wird, oder sonstwie verzögert oder abgelehnt wird besonderer Betrachtung bedürfen, enthält zumindest ein allgemeines Beschleunigungspostulat, auch wenn die Grundsätze der faktischen Bausperre keinen unmittelbaren Beschleunigungsanspruch gewähren. Selbst wenn für die praktische Durchsetzbarkeit der Beschleunigung, für eine nur auf faktischem Verhalten beruhende Sperre oder Bauverhinderung kaum noch Raum besteht95 , läßt sich der Zielrichtung der Rechtsprechung entnehmen, daß der Bauherr nicht jede Verzögerung hinzunehmen hat. Zeitlich greifbar ist diese Kategorie freilich auch mit der faktischen Bausperre nicht.

4. Fazit Aus § 10 Satz 2 VwVfG, § 75 VwGO und dem Grundsatz der Rechtsprechung zur faktischen Bausperre läßt sich zumindest ein allgemeines Beschleunigungsgeboe6 entnehmen. Dessen praktische Bedeutung ist jedoch denkbar gering, zumal es an der rechtlichen Durchsetzbarkeit eines solchen Anspruches bis hin zur schuldhaften Amtspflichtverletzung fehlt. Inwieweit sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ein Beschleunigungsgebot im Verwaltungsgerichtsverfahren ergibt, soll im Folgenden aufgezeigt werden.

90

GelzerlBirk, Bauplanungsrecht, 1991, Rzn. 539, 1550, 1594.

Hierzu GelzerlBirk, Bauplanungsrecht, 1991, Rz. 1595. Bielenberg, in: Ernst I Zinkhahn I Bie/enberg, BauGB, § 18 Rz. 24. 9) BGH, Urteil vom 14.12.1978, BauR 1979, S. 127 (134); BGH, Urteil vom 17.12.1981, BauR 1982, S. 247 (249). 94 DVBI. 1971, S. 468. 91

92

95 So Bielenberg, in: Ernst I Zinkhahn I Bielenberg, BauGB, § 18 Rz. 26, der auf die Rechtslage nach dem "Naßauskiesungs"-Beschluß hinweist. 96 Ronellenfitsch, Beschleunigung und Vereinfachung der Anlagenzulassungsverfahren, 1993, S. 109; Weides, Verwaltungsverfahren und Widerspruchsverfahren, 1981, S. 63.

E. Beschleunigungsanspruch

39

III. Beschleunigungsanspruch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Redeker97 betont zu Recht, daß die Klage über die Verfahrensdauer gerade in den öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten ebenso alt wie berechtigt ist, und die Dauer immer mehr den Unmut98 der Betroffenen erregt. Dabei soll nach Jhering99 das substantielle Recht im materiellen Sinne den Kern des Rechts darstellen, der vom Rechtsschutz als "schützende Schale des Rechts"IOO um faßt wird. Der unerträgliche Zustand bei der Länge der verwaltungsgerichtlichen Verfahren kann nach Ule bereits der teilweisen Verweigerung des Rechtsschutzes gleichkommen 101. Gerade im Bereich baulicher Vorhaben formiert sich immer häufiger reger Widerstand gegen geplante Projekte. Der von Vorhabengegnern ersuchte Rechtsschutz im Gerichtsverfahren, der sich beinahe obligatorisch den ohnehin lang dauernden Verwaltungsverfahren anschließt, läßt für viele Investoren ein bauliches Vorhaben wirtschaftlich völlig uninteressant werden. Der Ausgang des Gerichtsverfahrens ist hier häufig nur von untergeordneter Bedeutung für die Vorhabengegner, die versuchen mit allem "legalen Widerstand" das Vorhaben zu verhindern lO2 , da die Länge der Gerichtsverfahren für investive Bauvorhaben bereits häufig schon das Aus bedeutet. So wird zunehmend mehr als durch eine unzureichend entwickelte Rechtsdogmatik l03 die Wirksamkeit des Gerichtsschutzes durch die Dauer der Verfahren bedroht, obwohl sich aus Art. 19 Abs. 4 GG bzw. aus dem Rechtsstaatsprinzip ein Verfassungsgebot lO4 zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes l05 ableiten läßt. Darüber hinaus wird dieses Gebot auch dem Inhalt 97 Redeker, Koordinierung, Beschleunigung und Entlastung in den öffentlich-rechtlichen Gerichtszweigen, DVBI. 1977, S. 132 (133). 9. Hili, Rechtsschutz des Bürgers und Überlastung der Gerichte, JZ 1981, S. 805 (806). 99 Jhering, Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Zweiter Abschnitt: Begriff des Rechts, 1906. 100 Jhering, Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Zweiter Abschnitt, § 60, S. 339, [906. 101 Ule, Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 383 (408). 102 Vgl. Ronellenjitsch, zum Thema: Strategie und Taktik des Widerstands, Die Durchsetzung staatlicher Entscheidungen als Verfassungsproblem, in: Börner (Hrsg.), Umwelt, Verfassung, Verwaltung, [982, S. 13 (22). 103 Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4, Rz. 262. 104 Laubinger, Grundrechtsschutz durch Gesta[tung des Verwa[tungsverfahrens, VerwArch [982, S. 60 (82), wonach der Bürger einen substantiellen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle hat.; BFH, Urteil vom 21.02.1991, NVwZ-RR [993, S. 5 f. mit Hinweis auf Art. 6 Abs. I EMRK m.w.N. 105 BVerfG, Beschluß vom 25.03.1991, E 57, 9 (22); zur Rechtsschutzgarantie als Be-

40

I. Kap.: Einflihrung

einzelner Grundrechte für ihren jeweiligen materiellen Schutzbereich zugeordnet I06. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits mehrfach auf die Notwendigkeit einer rechtzeitigen gerichtlichen Entscheidung hingewiesen. Diese sei, so das Bundesverfassungsgericht, als Element der Justizgewährung zu begreifen ,07 , denn daß eine sachliche Entscheidung durch die Gerichte noch zur rechten Zeit erlangt werden kann, ist eine wesentliche Bedingung für die Wirksamkeit des durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Rechtsschutzes 108. Über diesen Ansatz besteht weitgehend Übereinstimmung ,09 • Das Erfordernis der Durchführung von Gerichtsverfahren innerhalb angemessener Zeit 'lO gilt sowohl für die Einleitung des Gerichtsverfahrens "', das nicht unzumutbar durch Vorverfahren hinausgeschoben werden darr 12, als auch für die Dauer des Prozesses selbst. Wie sich die angemessene Verfahrensdauer jedoch konkret bestimmen läßt, bleibt zahlenmäßig nicht erfaßbar. standteil des Rechtsstaatsprinzips etwa BVerfG, Beschluß vom 18.07.1973, E 35, 382 (401); Beschluß vom 02.04.1974, E 37, 67 (77 f.); Beschluß vom 02.03.1977, E 44, 105 (120); Beschluß vom 11.10.1978, E 49, 304 (315); Beschluß vom 16.10.1980, E 53,115 (127). 106 Vgl. BVerfG, Beschluß vom 16.10.1980, E 53,115 (127); allgemein BVerfG, Beschluß vom 24.04.1979, E 51, 150 (156); Beschluß vom 10.10.1978. E 49, 252 (256 f.); Beschluß vom 27.09.1978, E 49,220 (225); Beschluß vom 07.12.1977, E 46,325 (334 f.); Beschluß vom 10.05.1977, E 45, 297 (322, 333); Beschluß vom 23.04.1974, E 37, 132 (148); Beschluß vom 03.07.1973, E 35, 348 (368); auch schon BVerfG, Urteil vom 18.12.1968, E 24,367 (401 f.) zu Art. 14 GG; BVerfG, Beschluß vom 08.11.1978, E 50, 16 (30); Beschluß vom 06.07.1977, E 45, 422 (430 ff.); Beschluß vom 02.03.1977, E 44, 105 (119 ff.); Beschluß vom 09.04.1975, E 39, 276 (294); Beschluß vom 02.04.1974, E 37,67 (81) zu Art. 12 GG; Beschluß vom 14.11.1979, E 52, 391 (408) zu Art. 16 GG. 107 BVerfG, Beschluß vom 18.07.1973, E 35, 382 (405); BVerfG, Beschluß vom 28.10.1975, E 40, 237 (257); BVerfG, Beschluß vom 16.12.1980, E 55, 349 (369); BVerfG, Beschluß vom 12.01.1982, E 63, 45 (68 f.). lOH BVerfGE, Beschluß vom 28.10.1975, E 40, 237 (257). 109 Redeker, Beschleunigung und Entlastung in den öffentlich-rechtlichen Gerichtszweigen, DVBI. 1977, S.132 (133); Finkeinburg, Das Gebot der Effektivität in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, in: Festgabe für das Bundesverwaltungsgericht, 1978, S. 169 (174 ff.); Peukert, Die überlange Verfahrensdauer (Art. 6 Abs. I EMRK) in der Rechtsprechung der Straßburger Instanzen, EuGRZ 1979, S. 261 ff.; Kopp, Individuelles Interesse und öffentliches Interesse in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, BayVBI 1980, S.263 (267 ff.); Hili, Rechtsschutz des Bürgers und Überlastung der Gerichte, JZ 1981, S. 805 (806); Sendler, Zum Instanzenzug in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVBI. 1982, S. 157 (163 ff.); ders., Guter Rechtsschutz und Verfahrensbeschleunigung, DVBI. 1982, S. 812 (813); Sachs, Effektive Rechtsschutzgewährleistung in einer einheitlichen Verwaltungsprozeßordnung, ZRP 1982, S. 227 (228 ff.); Grawert, Grenzen und Alternativen des gerichtlichen Rechtsschutzes in Verwaltungsstreitsachen, DVBI. 1983, S. 973 (979 ff.). 110 Vgl. Beschluß des BVerfG (Dreier-Ausschuß) vom 29.04.1981, EuGRZ 1982, S. 75. 111 Im Bereich des Strafrechts: BVerfG, Beschluß vom 26.02.1985, E 69, 161 ff.; weiterhin BVerfG, Beschluß vom 09.02.1982, E 60, 16 ff. 112 BVerfG, Beschluß vom 28.10.1975, E 40, 237 (369).

E. Beschleunigungsanspruch

41

Ob die Verfahrensdauer noch angemessen ist, muß nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Umfang und Schwierigkeit sind danach der Ausgangspunkt einer Berechnung, die zugleich den anderen Aspekten des effektiven Rechtsschutzes gerecht werden muß, namentlich den Anforderungen eines fairen, rechtsstaatlichen l13 Verfahrens mit dem Ziel einer möglichst zügigen Entscheidung l14 • Dies findet zusätzlich eine starke Stütze in Art. 6 Abs. I der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat 1978 im Fall König l15 die Bundesrepublik Deutschland eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. I EMRK für schuldig befunden l16 , wegen der unangemessenen Dauer zweier, vom Beschwerdeführer angestrengter Verwaltungsgerichtsverfahren. Die Effektivität des Rechtsschutzes impliziert auch hier einen Rechtsschutz, der rasch zu verwirklichen ist ll7 . Verzögerungen, die sich nicht aus der bestehenden Notwendigkeit ergeben, können somit die Unangemessenheit der Prozeßdauer begründen. Unberücksichtigt bleibt hier jedoch die Überlastung der Gerichte, die sich aus sächlichen oder personellen Defiziten ergibt. Dieser unbefriedigende Zustand kann aber nicht zulasten des Betroffenen gehen, sondern es ist die rechtsstaatliche Pflicht des Staates, dieses zu vermeiden 118. Dabei weist Finkelnburg l19 zu Recht darauf hin, daß die lange Verfahrensdauer nicht den einzelnen Richtern anzulasten sei, die "ihr möglichstes tun", sondern ihren Ursprung in der ständig steigenden Zahl von Streitverfahren hat. Trotz der eher strukturellen Ursachen der langen Dauer der verwaltungsgerichtlichen Verfahren, läßt sich dem Art. 19 Abs. 4 GG für den Einzelfall aber immerhin auch eine an die Gerichte adressierte Forderung, ein aus dem Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes herzuleitendes Beschleunigungsgebot, entnehmen. 120 BVerfG vom 19.03.1992, NJW 1992, S. 2472. Sachs, Effektive Rechtsschutzgewährleistung in einer einheitlichen Verwaltungsprozeßordnung, ZRP 1982, S. 227 (231). 115 Zum Fall König: Urteil des EGMR vom 28.06.1978, EuGRZ 1978, S. 406; dazu auch Peukert, EuGRZ 1979, S. 261. 116 EUGMR, Urteil vom 28.06.1978, EuGRZ 1978, S.406; s.a. EuGMR, NJW 1979, S. 477; des weiteren EuGMR, EuGRZ 1983, S. 371. 117 Hierzu Frowein, Übernationale Menschenrechtsgewährleistungen und nationale Staatsgewalt, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts VII, S. 731 (734) m.w.N. 118 BVerfG, Beschluß vom 12.12.1973, E 36, 264 (275). 119 Finkeinburg, Das Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, in: Festgabe für das Bundesverwaltungsgericht, 1978, S. 174. 120 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4 Rz.263 m.w.N.; BVerfG, Beschluß vom 19.03.1992, NJW 1992, S. 2472 f. 113

114

42

I. Kap.: Einfiihrung

IV. Fazit So ist der vom Gesetzgeber scheinbar offengelassene Raum bezüglich einer Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens und des Verwaltungsgerichtsverfahrens alles andere als ein rechtsfreier Raum l21 • Das öffentliche Interesse und besonders das Interesse des Bürgers an einem raschen Verfahren wird, außer durch die Stützen, die es in § 10 Satz 2 VwVfG, 75 VwGO und Art. 19 Abs. 4 sowie Art. 6 EMRK findet, vor allem auch durch die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und der optimalen Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit des Staates, und auch die aus den jeweils in Frage stehenden materiellen Rechten und Befugnissen, abzuleitenden allgemeinen Rechtsgrundsätzen geschützt. Demzufolge hat das Bundesverfassungsgericht betont, daß ein Gebot zur Abwehr untragbarer Verzögerungen l22 besteht. Dies bedeutet wiederum, daß weiterhin ein weites Verfahrensermessen besteht, welches nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zu einklagbaren Erfüllungsansprüchen erstarkt I23 , auch wenn zur fehlerfreien Ermessensausübung, wie das Bundesverfassungsgeriche 24 feststellt, deren Rechtzeitigkeit gehört I25 . Nachdem aber für den administrativen und verwaltungsgerichtlichen Bereich Beschleunigungsgebote bestehen, stellt sich zugleich die Frage, warum dieser anerkannte Verfahrens grundsatz nicht stärker in den Bereich der bestehenden Verfahrensgrundsätze eingearbeitet wird. Die Angst vor einer Überlastung durch überflüssiges RegelwerK"- ist deshalb nicht begründet, weil die Forderungen nach Beschleunigung im Bereich baulicher Vorhaben immer wieder, und wie die Rechtsprechung hierzu zeige 26 , auch zu Recht, erhoben wird, eine Regelung die zumindest Appellfunktion l27 hat jedoch weiterhin fehlt. Trotz des bestehenden Beschleunigungsanspruchs, dem aber im Bereich der "normalen" Verfahrensverzögerungen in der Masse der Fälle kaum Durchsetzbarkeit zuteil wird, ist die Erforderlichkeit von Maßnahmen zur Beschleunigung der Verfahren bei baulichen Vorhaben besonders evident. 121 Kopp, Individuelles Interesse und öffentliches Interesse in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, BayVBI. 1980, S. 263 (268). 122 BVerfG, Beschluß vorn 08.07.1982, E 61,82 (116). 123 Ronellenfitsch, Beschleunigung und Vereinfachung der Anlagenzulassungsverfahren, 1993, S. 112. 124 BVerfG, Beschluß vorn 09.02.1982, E 60, 16 (41 f.). 125 Vgl. hierzu auch Bullinger, Beschleunigte Genehmigungsverfahren fiir eilbedürftige Vorhaben, 1991, S. 32. 126 S.o. I. Kapitel, E.I1I . 127 Ronellenfitsch, Beschleunigung und Vereinfachung der Anlagenzulassungsverfahren, 1993, S. 112.

2. Kapitel

Ansatzpunkte für Beschleunigungsmöglichkeiten des Genehmigungsverfahrens im organisatorischen Bereich A. Gliederung in einzelne Bereiche Im organisatorischen Bereich liegen Schwächen, die zu erheblichen Verzögerungen bei baurechtlichen Verfahren führen I. Diese können zumeist ohne Einbußen an Qualität der Genehmigungsentscheidungen beseitigt werden. Hierin liegt für die Beschleunigung solcher Verfahren ein wesentlicher Vorteil. Ansatzpunkte sind hier in der Verwaltungsorganisation und im Bemühen zur Steigerung der Akzeptanz zu finden.

B. Organisation der Verwaltung Eine wirkungsvolle Reform des Verwaltungsverfahrens im baurechtlichen Bereich ist ohne eine Reform im Behördenbereich nicht denkbar. Die immer komplexer und anspruchsvoller werdende Bewältigung des rasanten Wandels in Wirtschaft, Gesellschaft und Technik zwingt dazu, die beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen der Verwaltung, sowie die Notwendigkeit, das Bewußtsein und Verhalten, den sich ändernden Bedingungen anzupassen. Insoweit die Administrative ihre eigene Verwaltungskultur als Summe ihrer Werte 3 versteht, sind die dazu gehörenden Parameter, wie Verantwortungsbewußtsein, Leistungs- und Werteorientierung, stärker einzubeziehen. Die Verwaltungsleistung muß so als "Produkt"4 verstanden werden, das sich in seinem Reformanliegen daran zu messen hat, die Abläufe in der öffentlichen Verwaltung allgemein so zu beschleunigen, daß sie dem "Rhythmus der In1 So auch: Bayerisches Staatsministerium rur Wirtschaft und Verkehr (Hrsg.), Abschlußbericht der UnterarbeitsgruppeTIf: .. Effiziente Verwaltungsverfahren", 1991, S. 5. 2 Hierzu: Staatsministerium Baden-Württemberg (Hrsg.), Verwaltungsreform in BadenWürttemberg, S. 87; Schlichter, InvestitionsfOrderung durch flexible Genehrnigungsverfahren, DVBI. 1995, S. 173 (179). J Staatsministerium Baden-Württemberg (Hrsg.), Verwaltungsreform in Baden-Württemberg, S. 91. 4 Staatsministerium Baden-Württemberg (Hrsg.), Verwaltungsreform in Baden-Württemberg, S. 98.

44

2. Kap.: Beschleunigung im organisatorischen Bereich

fonnationsgesellschaft"s im Regelfall gerecht wird, ohne daß hierdurch die Qualität ihrer Leistung, aufgrund der größeren Eile, zu verschlechtern droht. Diesbezüglich ist anzumerken, daß die stärkere Orientierung der Verwaltungsleistung an betriebswirtschaftlichen Organisationsstrukturen6 nicht nur ein von außen an die Verwaltung herangetragenes Anliegen ist, sondern durchaus auch in den eigenen Reihen der Verwaltung 7 Zustimmung findet und Befürworter hat. Dabei gilt es, innerhalb der Verwaltung deren Effizienz, soweit möglich ohne Erhöhung des personellen Mittelbedarfes, zu steigern. Eine Verbesserung und Beschleunigung der baurechtlichen Verfahren sollte demzufolge möglichst mit dem zur Verfügung stehenden Personal zu bewältigen sein 8 . Hierbei ist jedoch dringend erforderlich, den Blick für eine den Bedürfnissen der Wirtschaft 9 Rechnung tragende Verwaltungspraxis zu schaffen.

I. Personalbereich Der Faktor Zeit spielt im Verwaltungsverfahren neben der Sachautklärung keine nennenswerte Rolle. Demzufolge ist eine Verschanzung hinter der Begründung einer ausgiebigen Sachautklärung allzu oft die Praxis und führt so zur Unzufriedenheit der Antragsteller. Daß die ausgiebige Sachautklärung ihre Grenze im Willkürverbot findet ist kein Trost, zumal die Bandbreite zwischen der Erreichung der Grenze des Willkürverbots und einer sachgerechten Behandlung eines Antrages im baurechtlichen Bereich sehr groß ist. Durch die immer schnellere Entwicklung in Wissenschaft und Technik sinkt die Halbwertszeit lO eines einmal erworbenen Wissens ständig weiter ab. Will man in der öffentlichen Verwaltung den Level eines bestimmten technischen, ökonomischen und ökologischen Sachverstandes zumindest halten, wird Fortbildung zur Daueraufgabe. ; Bullinger, Verwaltung im Rhythmus von Wirtschaft und Gesellschaft, JZ 1991, S. 53 (60). 6 Göb, Neue Möglichkeiten und Grenzen der Stadtentwicklungsplanung, OÖV 1990, S. 592 (598). 7 So z.B. Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, S. 4; Staatsministerium Baden-Württemberg (Hrsg.), Verwaltungsreform in Baden-Württemberg, S. 87 ff. 8 Ronellenfitsch, Beschleunigung und Vereinfachung der Anlagenzulassungsverfahren, S.70. 9 Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes NordrheinWestfalen (Hrsg.), Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, S. 4. 10 Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr (Hrsg.), Abschlußbericht der Unterarbeitsgruppe III: "Effiziente Verwaltungsverfahren", S. 12.

B. Organisation der Verwaltung

45

Nachdem der Zeitfaktor im wirtschaftlichen und privaten Bereich immer mehr an Bedeutung gewinnt, kommt die Verwaltung nicht umhin, sich an dieser Entwicklung zu beteiligen, um nicht zu einem antiquierten Instrument staatlicher Partizipation bzw. einer Investitions- und Entwicklungsbremse ersten Ranges zu werden.

1. Gesetzliche Festlegung des Zeitfaktors In diesem Zusammenhang ist zu befürworten, daß das Prinzip der zügigen Bearbeitung von Anträgen in das Verwaltungsverfahrensgesetz aufgenommen wird. Eine Möglichkeit hierfür bietet sich im Rahmen des § 10 VwVfG 11 •

2. Zeitfaktor im Bewußtsein verstärken Wesentlich für die Forderung nach Beschleunigung im organisatorischen Bereich ist, mehr noch als die gesetzliche Fixierung, die Möglichkeit den Faktor Zeit bei einer Verwaltungstätigkeit im Bewußtsein l2 des Personals zu verankern bzw. zu verfestigen. Hier muß ein Umdenkprozeß stattfinden, zugunsten leistungsorientierten Arbeitens. Um einen Abbau des Bürokratieverdrusses zu erreichen, muß eine stärkere Serviceorientierung l3 der Verwaltung anvisiert werden. Das kann dadurch geschehen, daß finanzielle Anreize innerhalb der Verwaltung geschaffen werden, bzw. für das Weiterkommen innerhalb der Behördenhierarchie berücksichtigt wird, inwieweit beim Einzelnen die Bereitschaft vorhanden ist, im Hinblick auf den Faktor Zeit, Verantwortung und Entscheidungswilligkeit zu übernehmen. Dies im einzelnen weiter auszuführen und zu vertiefen soll jedoch hier nicht Gegenstand sein. Es muß bei der grundsätzlichen Feststellung der Notwendigkeit bleiben, den Faktor Zeit stärker in die Verwaltungspraxis einzubinden.

11 Ronellenjitsch, Beschleunigung und Vereinfachung der Anlagenzulassungsverfahren. 1994, S. 140; Bullinger, Beschleunigung von Investitionen durch Parallelprüfung und Verfahrensmanagement, 1Z 1993, S. 492. 12 Bullinger, Aktuelle Probleme des deutschen Verwaltungsverfahrensrechts, DVBI. 1992, S. 1463 (1467); DIHT, Dauer von Genehmigungsverfahren, S. 9; Arbeitsgemeinschaft der tur das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Minister der Länder (Hrsg.), Vorschläge zur Reform des Bauaufsichtssystems in der Bundesrepublik Deutschland, S. 40; Staatsministerium Baden-Württemberg (Hrsg.), Verwaltungsreform in BadenWürttemberg, S. 3 f. 13 Staatsministerium Baden-Württemberg (Hrsg.), Verwaltungsreform in Baden-Württemberg, S. 4.

46

2. Kap.: Beschleunigung im organisatorischen Bereich

11. Behördenbereich Mangelnde Koordination '4 zwischen den Behörden und Behördenspitzen führt oft zu unverhältnismäßigen Verzögerungen. Der Deutsche Industrieund Handelstag '5 hat in diesem Zusammenhang festgestellt, daß einige Unternehmen, um einer unnötigen Verzögerung entgegenzutreten, höchstpersönlich dafür gesorgt haben, daß Akten von einem Behördentisch zum anderen gelangen. Hier lassen sich nach Auskunft der betroffenen Unternehmen etliche Wochen Verfahrensdauer einsparen. Besonders zu betonen, daß der Aktentransport l6 nicht Aufgabe des Antragstellers ist, elÜbrigt sich. Zudem landen Akten oft routinemäßig in bestimmen (Fach-)Behörden, die nicht beteiligt sind, bzw. auf deren Sachkunde es im speziellen Fall überhaupt nicht ankommt, was wiederum zu erheblichen Verzögerungen führen kann und regelmäßig auch führt. Um diese Mißstände zu beseitigen, ist es notwendig, behördenübergreifende Koordinationspläne zu entwerfen, damit Verzögerungen auf dem "Behördenweg" ausgeschlossen werden können.

111. Sachausstattung In Zeiten, in denen der Austausch von Daten kein Problem darstellt, sollte auch die Verwaltung ganzheitlich von diesem Vorteil Gebrauch machen, um mittels Informations- und Kommunikationstechniken 17 behördenübergreifend Zugriff auf gewonnene Erkenntnisse zu haben '8 . So kann das Wissen einer Fachbehörde auch anderen Behörden zugänglich und nutzbar gemacht werden. Entsprechend eingerichtete Datenbänke tragen dazu bei. Die lange Dauer bei der Beschaffung gleicher Informationen für mehrere Behörden, auch in verschiedenen Verfahren, kann so ausgeschlossen werden.

14 Arbeitsgemeinschaft der fiir das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Minister der Länder (Hrsg.), Vorschläge zur Reform des Bauaufsichtssystems in der Bundesrepublik Deutschland, S. 24. 15 DIHT, Dauer von Genehmigungsverfahren, S. 12. 16 Zur zügigen Weiterleitung auch: !HK Hannover-Hildesheim, Schnellere und kalkulierbare Genehmigungsverfahren, S. 25; Landesregierung Niedersachsen (Hrsg.), Schnellere und kalkulierbare Genehmigungsverfahren, S. 22. 17 So schon: Bayerische Staatsregierung (Hrsg.), Leitsätze fiir die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren fiir Anlagen, Bekanntmachung vom 9.10.1990, Nr. B III-3 155283 (All MB!. S. 747). 18 Staatsministerium Baden-Württemberg (Hrsg.), Verwaltungsreform in Baden-Württemberg, S. 45.

B. Organisation der Verwaltung

47

IV. Anpassung an moderne Wirtschaftsunternehmen Wie auch im Bewußtsein des Einzelnen in der Verwaltung eine Anpassung an wirtschaftliche Unternehmen stattfinden muß, muß sich die Verwaltung im Ganzen, will sie der Forderung nach beschleunigten Verfahren nachkommen. ebenfalls einer Annäherung an Wirtschaftsunternehmen unterziehen. Hierzu gehören die Bereiche Personalmanagement und Controlling.

1. Personalmanagement Durch Hospitation' 9 in der freien Wirtschaft kann das Bewußtsein für betriebswirtschaftliche Abläufe 20 und die Erwartungen von Unternehmen an die Verwaltung gestärkt werden. Zudem sollte ein ganz wesentliches Augenmerk darauf gelegt werden, die starke Fluktuation in der Verwaltung~' aufzufangen. Hier treten häufig Verzögerungen der Verfahren auf, weil sachkundige Bearbeiter den entsprechenden Arbeitsplatz verlassen, und der Nachfolger nur allzu oft unzureichend eingearbeitet ist22 • Hinzu kommt. daß sich neue Mitarbeiter bei fortgeschrittenem Verfahrens stand neu in den Sachstand einarbeiten müssen. Vor einem Stellenwechsel sollten deshalb Verfahren abgeschlossen sein, oder ein Nachfolger eingearbeitet sein 23 . 2. Controlling Im Rahmen des Einsatzes betriebswirtschaftlicher Instrumente 24 in der Verwaltung ist "Controlling" ein wichtiges Steuerungsinstrument. Anders als beim deutschen Begriff "Kontrolle" wird mit den englischen Begriffen "to control" und "Controlling" neben dem Bedeutungsinhalt des "Kontrollierens", insbesondere derjenige des "Steuerns" angesprochen. Damit wird dieser Begriffsinhalt sehr weit gefaßt25 . Das System basiert darauf, daß in einem koordinierten Verfahren ein Gesamtplan erstellt wird, der die Einzel- und Detail19 Bayerische Staatsregierung (Hrsg.), Beschleunigung von Genehrnigungsverfahren für Anlagen, S. 6. 20 Macharzina, Untemehrnensführung, 1993, S. 406 ff. Personal- und Verhandlungsführung. 21 DIHT, Dauer von Genehrnigungsverfahren, S. 12. 22 Landesregierung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Überprüfung von Genehrnigungsverfahren, S. 14. 23 Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes NordrheinWestfalen (Hrsg.), Beschleunigung von Genehrnigungsverfahren, S. 7. 24 Macharzina, Untemehrnensführung, 1993, S. 313 ff. 25 Dazu: Macharzina, Untemehrnensführung, 1993, S. 313, Controlling.

48

2. Kap.: Beschleunigung im organisatorischen Bereich

pläne zusammenfuhrt und koordiniert. Durch die Erkenntnis von Fehlsteuerungen kann gerade im Genehmigungsbereich eine Optimierung bezüglich Inhalt und zeitlicher Abwicklung von Verfahren erzielt werden. Je früher Fehlentwicklungen erkennbar sind, desto eher kann im Sinne einer erforderlichen Beschleunigung baulicher Vorhaben entgegengesteuert werden.

v.

Mehr Transparenz

Vorurteile und Restriktionen gegenüber der Verwaltung, ob sie zu Recht oder zu Unrecht bestehen, basieren zum wesentlichen Teil auf der Undurchsichtigkeit der Strukturen innerhalb der Verwaltung und der nach außen hin oft nicht nachvollziehbaren Wege innerhalb des Verwaltungsapparates. Diese Abschottung der Verwaltung gegenüber dem Bürger muß im beiderseitigen Interesse soweit wie möglich abgebaut werden. Um mehr Transparenz zu erreichen, um den Beteiligten, insbesondere auch im baurechtlichen Bereich, aufzuzeigen und ersichtlich zu machen, wo und was mit entsprechenden Anträgen und Verfahren geschieht, sind Fixierungen von Daten in allgemein zugänglichen Statistiken geeignet und dringend nötig. 1. Statistiken

Um brauchbare Statistiken über Verfahren und Effektivität der Verwaltungstätigkeit erstellen zu können, müssen zu allererst Zielvorgaben26 gesetzt werden. Diese sollen im ersten Schritt den Betroffenen im baulichen Genehmigungsverfahren aufzeigen, wie der Standard bei Verfahren zu beurteilen ist und mit was der Antragsteller zu rechnen hat. Nur wenn Zielvorgaben fur die Verwaltung gegeben sind, kann beurteilt werden, ob diese eingehalten werden. Hieran sollte sich die Verwaltung messen lassen. Fehlentwicklungen27 sind ohne aussagekräftige statistische Unterlagen weder quantitativ, noch qualitativ ausreichend erkennbar und faßbar. Dies bedeutet, daß die durch die Erstellung von Statistiken gebundene Arbeitskraft dadurch kompensiert wird, daß Fehlentwicklungen rechtzeitig entgegengesteuert werden kann, um somit die vorhandene Arbeitskapazität im Ganzen effektiver einzusetzen.

26 Staatsministerium Baden-Württemberg (Hrsg.), Verwaltungsreform in Baden-Württemberg, S. 98. 27 Bayerische Staatsregierung (Hrsg.), Beschleunigung von Genehmigungsverfahren fur Anlagen, S. 11.

B. Organisation der Verwaltung

49

Inhalt der zu erstellenden Statistiken können folgende Faktoren darstellen: Zahl und Art der eingegangenen Anträge und Ausgänge 28 Widersprüche, abgeschlossene Verfahren, Verfahren mit unvollständigen Unterlagen, Dauer von Verfahren im Ganzen und in einzelnen Teilbereichen, Dauer der Beteiligung Dritter und Fachbehörden, eventuelle Überschreitung von Fristen, Problembereiche, Verzögerungsfaktoren29 • Hieraus ist ein Vergleich mit der jeweiligen Zielvorgabe erforderlich, um eine Soll-Ist-Analyse30 zu erstellen. Diese hieraus erstellten Dateien müssen alle wichtigen Einzelheiten eines Genehmigungsverfahrens enthalten, die zur jederzeitigen schnellen Abfrage zur Verfügung stehen. So können solche Statistiken zudem wertvolle Hinweise für Haushaltsentscheidungen enthalten und erkennbar machen, inwieweit personelle und sächliche Mittel zuzuweisen sind. Sie tragen deshalb zu einer effektiven Leitung und Lenkung 3' der entsprechenden beteiligten Behörden bei. 2. Kosten / Effizienz

Aus den mittels der Statistiken gewonnenen Erkenntnissen läßt sich ebenso eine Gegenüberstellung von Kosten und Effizienz des Verwaltungshandelns ermöglichen. Gerade für die öffentliche Verwaltung wird es in Zeiten angespannter Haushaltslagen immer wichtiger zu wissen, was eine Leistung im einzelnen kostet. Nur durch Kostenkenntnis können Kosten gesteuert werden. Aus Bereichen, die keine Effizienz aufweisen, können dann Potentiale in andere dringend benötigte Behördenbereiche umstrukturiert werden. So kann gewährleistet werden, daß durch Ausnutzung des bestehenden Arbeitspotentials eine Steigerung der Leistungserbringung erzielt wird, ohne enorme Anstrengungen durch personelle Verstärkung zu erbringen.

28 Landesregierung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Überprüfung von Genehmigungsverfahren, S. 15. 29 Bayerische Staatskanzlei, Leitsätze für die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Anlagen, StAnz 41/1990, Nr. 1.8. 30 Staatsministerium Baden-Württemberg (Hrsg.), Verwaltungsreform in Baden-Württemberg, S. 98. 31 Landesregierung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Überprüfung von Genehmigungsverfahren, S. 20.

4 Schulte

50

2. Kap.: Beschleunigung im organisatorischen Bereich

3. Verfahrenstagebuch Eine besonders große Chance zur Beschleunigung von Verfahren im baulichen Bereich kann die Einführung von Verfahrenstagebüchem eröffnen. Sinn und Inhalt eines solchen Verfahrenstagebuches ist es, insbesondere dem Antragsteller zu ennöglichen, Einblick zu gewähren, in welchem Stadium sich das Verfahren gerade befindet. Dieses Tagebuch ist mit der AntragsteIlung bei der federführenden Genehmigungsbehörde, die den Ausgangsbescheid erläßt, mit den Daten des Verfahrens zu versehen und zu führen. Jeder Schritt des Verfahrens ist hierin in Eingangs-, Bearbeitungs- und Ausgangszeit festzuhalten. So kann zu jedem Zeitpunkt eingesehen werden, welche Fachbehörde sich derzeit mit dem Verfahren beschäftigt. Die Fachbehörden, die die Akten zur Begutachtung erhalten, sollen deIjenigen Stelle, die das Tagebuch führt, Anzeige darüber machen, zu welchem Zeitpunkt die Akten eingegangen sind und mit welcher Bearbeitungszeit gerechnet werden kann und muß. Dadurch können die Behörden, die an sich selbst den Anspruch stellen, moderne "Dienstleister"32 zu sein, selbst einen Beitrag dazu leisten, diesem Anspruch auch gerecht zu werden. Hierin liegt eine wesentliche Chance, bestehende Vorbehalte gegenüber der öffentlichen Verwaltung als undurchsichtigem Geflecht abzubauen.

C. Akzeptanz I. Allgemeines Verwaltungsentscheidungen über bauliche Vorhaben, die eine lokal unerwünschte Nutzung von Land betreffen, lassen sich gegen den Widerstand einer mehr oder weniger breiten Öffentlichkeit nur schwer durchsetzen 33 . Der sich gegen das Vorhaben richtende Widerstand reicht von der Ausnutzung legaler Mittel bis hin zu Gewaltaktionen 34 .

J2 Staatsministerium Baden-Württemberg (Hrsg.), Verwaltungsreform in Baden-Württemberg, S. 87, wonach sich die Landesverwaltung Baden-Württemberg als moderner Dienstleister sieht. 33 Ronellenjitsch, Die Durchsetzung staatlicher Entscheidungen als Verfassungsproblem, in: Hörner (Hrsg.), Umwelt, Verfassung, Verwaltung, 1982, S. 13 (18). 34 Ronellenjitsch, Die Durchsetzung staatlicher Entscheidungen als Verfassungsproblem, in: Hörner (Hrsg.), Umwelt, Verfassung, Verwaltung, 1982, S. 13 (22 f.).

C. Akzeptanz

51

Die Identifikation des Einzeinen J5 mit dem Staat und dessen Entscheidungen nimmt fortwährend ab. Der Bürgerprotest gegen Verwaltungsentscheidungen entspringt, wie Württemberger 6 feststellt, einem modemen Gefährdungsbewußtsein und mahnt die Verantwortung der Verwaltung für die Gesundheit der Bürger und ein ökologisches Gleichgewicht an. Doch ganz so altruistisch stellt sich der Protest gegen unliebsame bauliche Projekte wohl nicht immer dar. So besteht in der Bevölkerung sicher ein breiter Konsens darüber, daß z.B. Müllverwertungsanlagen sinnvoll sind und benötigt werden. Dieser Konsens besteht aber nur insoweit, als ein solches Vorhaben nicht vor der "eigenen Haustüre" realisiert wird. Dem Sinn und Zweck nach werden viele bauliche Projekte nicht angezweifelt, solange keine eigene Betroffenheit besteht. Protestanfällige Verwaltungsentscheidungen sind vornehmlich Planfeststellungsentscheidungen und Unternehmergenehmigungen J7 • Zu diesem Prozeß hat die schonungslose Öffnung staatlicher Entscheidungen zur Kritik beigetragen J8 • Dabei stellt Röken J9 fest, daß eine Entscheidung und Regelung verlangt, daß sie in concreto befolgt wird, wie dem Betroffenen auch dabei zumute sein mag. Wie es "drinnen aussieht, geht die Rechtsordnung de lege lata nichts an"40. Doch durch diese Sichtweise ist bei steigender Anzweiflung staatlicher Entscheidungen nicht viel gewonnen. Dies gilt besonders im Bereich der Planfeststellungsverfahren, deren Wesensmerkmal die planerische Gestaltungsfreiheit ist41 . Die Genehmigungsentscheidung im Planfeststellungsverfahren ist Ausdruck und Ergebnis eines planerischen Gestaltungsprozesses und ist in diesem Sinne final orientiert. Hierdurch wächst der Verwaltung die Aufgabe zu, bei der Planung eigenständig Zielvorstellungen zu verwirklichen und aus der Vielfalt rechtlicher Möglichkeiten auszuwählen und zwischen gegenläufigen Interessen und Zielsetzungen Kompromisse zu finden 42 . Bei Broß, Beschleunigung von Planungsverfahren, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrslärmschutz Verfahrensbeschleunigung, 1991, S. 69 (81). 36 Württemberger, Akzeptanz durch Verwaltungsverfahren, N1W 1991, S. 257 (258). 37 Württemberger, Akzeptanz durch Verwaltungsverfahren, N1W 1991, S. 257 (258). 38 Röken, Gesetzesgehorsam statt Gesetzesakzeptanz, OÖV 1989, S. 54 ff., der den Gesetzesgehorsam wieder stärker in den Vordergrund stellen will; Broß, Beschleunigung von Planungsverfahren, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrslärmschutz - Verfahrensbeschleunigung, 1991, S. 67 (82). 39 Röken, Gesetzesgehorsam statt Gesetzesakzeptanz, OÖV 1989, S. 54 (56). 40 Röken, Gesetzesgehorsam statt Gesetzesakzeptanz, OÖV 1989, S. 54 (56). 41 Ronellenfitsch, Einführung in das Planungsrecht, 1986, S. \09; ders., Die PIanfeststellung, VerwArch 1989, S. 92; ders., Konfliktmittlung aus Anlaß von Genehmigungsund Planfeststellungsverfahren, in: HofJmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. Ir, 1990, S. 185 (\ 95). 42 Schmitt Glaeser, in Lerche / Schmitt-Glaeser / Schmidt-Aßmann, Verfahren als staats-

-

35

52

2. Kap.: Beschleunigung im organisatorischen Bereich

mehreren Lösungsmöglichkeiten wird schließlich immer jede einzelne Variante für sich angezweifelt werden können. Akzeptanz ist, rechtspsychologisch erfaßt, eine Wertungs frage, die sich nicht an meßbaren Kategorien festmachen läßt. Akzeptanz bedeutet die Bereitschaft, rechtmäßige Entscheidungen hinzunehmen, die man an sich nicht billigt4J . Akzeptanz endet dort44 , wo der Gesetzesgehorsam, aus irgendwelcher Motivation heraus, prinzipiell in Frage gestellt wird. Zudem findet eine ablehnende Haltung in der Öffentlichkeit gegenüber einem Vorhaben ihren Ausdruck in einer entsprechenden Beeinflussung der von der politischen Meinungsbildung abhängigen Gremien, sowie indirekt auf den Verfahrensablauf einwirkende und ihn verzögernden Einspruchsverfahren 45 . Sind Grundsatzfragen im Bereich von Planungen "ideologisch überfrachtet"46, so kann dies bereits jenseits von Akzeptanzfragen liegen, da hier häufig rationale Argumente und Lösungsvorschläge im Wind verhallen. Selbst wenn man zu dem Ergebnis kommt, Verwaltungsentscheidungen ohne Rücksicht auf öffentliche Bedenken, Ängste und sonstige Qualifikationen von Einwendungen durchzusetzen, ist in jedem Fall davon auszugehen, daß Einwendungen gegen ein Vorhaben dieses in seiner Realisierung erheblich verzögern können. Die Gefahr einer steigenden Staatsverdrossenheit ist offensichtlich gegeben. Die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen dient deshalb auch der Verfahrensökonomie und damit der Beschleunigung von Verfahren47 . Somit muß in der Möglichkeit, eine Steigerung der Anerkennung und Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen eine Chance für die Beschleunigung48 von baulichen Verfahren gesehen werden.

und velWaltungsrechtliche Kategorie, 1984, S. 38 ff.; Württemberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, 1979, S. 68 ff.; Wilke, Entzauberung des Staates, 1983, S. 57 ff. 43 Ronellenfitsch, Beschleunigung und Vereinfachung der Anlagenzulassungsverfahren, 1993, S. 83. 44 Ronellenfitsch, Konfliktmittlung aus Anlaß von Genehrnigungs- und PIanfeststellungsverfahren, in: Hoffmann-RiemISchmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, 1990, S. 185 (186). 45 Bundesminister fiir Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), Verbesserung von Zulassungsverfahren fiir Abfallentsorgungsanlagen. Teil B, 2. Zwischenbericht: Analyse der Ursachen fiir Verzögerungen im Zulassungsverfahren, 1989, S. 17. 46 Ronellenfitsch, Konfliktmittlung aus Anlaß von Genehrnigungs- und Plan feststellungsverfahren, in: HojJmann-RiemISchmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, 1990, S. 185 (197) . ., Württemberger, Akzeptanz durch VelWaltungsverfahren, NJW 1991, S. 257 (261). 48 Broß, Überlegungen zur Straffung des velWaltungsgerichtlichen Verfahrens mit Bemerkungen zum Sozial- und Finanzgerichtsverfahrens. RiA 1985, S. 241 (244).

C. Akzeptanz

53

11. Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren Im Gesamtkontext ist zu klären, inwieweit Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren akzeptanzsteigemden Maßnahmen offenstehen, zumal Genehmigungs- und Planfeststellungsentscheidungen in ihrer rechtlichen Beurteilung erheblich voneinander abweichen. Als Mittel der Gefahrenabwehr ist die Unternehmergenehmigung ein Instrument des Polizeirechts49 • Gefahrenabwehr erfolgt danach zum einem im Rahmen repressiver Maßnahmen und zum anderen präventiv, bei von vornherein gefährlichen Einrichtungen5o . Im Bereich der präventiven Gefahrenabwehr ist im baurechtlichen Verfahren das präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt oder die Kontrollerlaubnis maßgebend. Die gesetzliche Ausprägung bei präventiven Verboten ist eindeutig. Die Genehmigungsvoraussetzungen stehen auf der Tatbestandsseite, wohingegen die Rechtsfolge eine gebundene Entscheidung darstellt. Zwar bündelt der Planfeststellungsbeschluß auch Genehmigungen, die Genehmigung ist hier aber ein Ergebnis des Planungsprozesses. Als solcher ist dieser final ausgestaltet und folgt nicht dem "wenn / dann-Schema"51. Kennzeichnend ist im Planfeststellungsverfahren das Planungsermessen, das die planerische Gestaltungsfreiheit zum wesentlichen Inhalt hat. Danach müssen Genehmigungs- und Planungsverfahren hinsichtlich akzeptanzsteigemder Maßnahmen eine unterschiedliche Bewertungen erfahren. 1. Genehmigungsverfahren

Da es sich bei den Entscheidungen im Rahmen der Genehmigungsverfahren um gebundene Entscheidungen handelt, ist bei der Bewertung akzeptanzsteigernder Maßnahmen in diesem Bereich äußerste Zurückhaltung geboten. In formeller Hinsicht stellt die Kontrollerlaubnis einen begünstigenden Verwaltungsakt dar, weil das bestehende Verbot für den konkreten Fall aufgehoben wird. Materiellrechtlich erhält der Bürger nur, was ihm sowieso grundrechtlieh schon zusteht. Im Baugenehmigungsverfahren, wo die Kontrollerlaubnis lediglich den verfassungsrechtlichen Anspruch des Vorhabenträgers bestätigt und diesem die Unbedenklichkeit52 seines Vorhabens bescheinigt,

49 Zur historischen Entwicklung: Ronellenfitsch, Einführung in das Baurecht (ms.), 1994, Rz.6. 50 Ronellenfitsch, Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, S. 194.

51

52

Ronellenfitsch, Die Planfeststellung, VerwArch 1989, S. 92 ff. Erbguth / Schink, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, 1992, Ein!., Rz. 61.

54

2. Kap.: Beschleunigung im organisatorischen Bereich

handelt es sich um eine gebundene Entscheidung53 • Die Erteilung oder Versagung einer Genehmigung ist hier keine Frage von Interessenausgleichen und der Akzeptanz Betroffener, sondern eine Frage der Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen. Es ist nicht Aufgabe der Genehmigungsbehörde Varianten vorzuschlagen, derer sich ein breiterer Konsens sicher ist. Hier eine Optimierungsaufgabe seitens der Verwaltung zu sehen, würde den Grundsätzen des präventiven Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt zuwider laufen. Akzeptanzmaßnahmen im Bereich der Genehmigungsverfahren sind somit abzulehnen. 2. Planfeststellungsverfahren Anders stellt sich die Lage in Planfeststellungsverfahren54 dar, in denen eine Ziel vorgabe planerisch umgesetzt werden soll. Hier besteht ein Planungsermessen, das im Regelfall mehrere Lösungsvarianten zuläßt. Bei planfeststellungsbedürftigen Vorhaben geht es materiell um eine Genehmigung, auf die kein völlig gebundener Anspruch besteht wie bei der Kontrollerlaubnis, sondern über die, ähnlich einer Ermessensentscheidung 55 , Abwägung aller relevanten Belange in einem hierdurch gekennzeichneten Verfahren. Hier handelt es sich nicht um gebundene Entscheidungen, weshalb Planungsentscheidungen auch sehr störanf