Medienbildung in Schule und Unterricht. Grundlage und Beispiele. [2 ed.] 978-3-8252-5029-4

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Medienbildung in Schule und Unterricht. Grundlage und Beispiele. [2 ed.]
 978-3-8252-5029-4

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Gerhard Tulodziecki Bardo Herzig | Silke Grafe

Medienbildung in Schule und Unterricht

2. Auflage

utb 3414

Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Wilhelm Fink · Paderborn Narr Francke Attempto Verlag · Tübingen Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Ernst Reinhardt Verlag · München Ferdinand Schöningh · Paderborn Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlag · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld

Gerhard Tulodziecki Dr. phil., ist emeritierter Universitätsprofessor für Allgemeine Didaktik, Schul- und Medienpädagogik an der Fakultät für Kulturwissenschaften der Universität Paderborn. Vor seiner Tätigkeit an der Universität Paderborn war er Direktor des FEoLL-Instituts für Medienverbund/Mediendidaktik. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Allgemeine Didaktik und Medienbildung sowie Lehrerbildung. Er war Mitglied mehrerer Arbeitsgruppen zur Entwicklung von Konzepten für die Medienpädagogik und Lehrerbildung auf Landes- und Bundesebene.

Bardo Herzig Dr. phil., ist Universitätsprofessor für Schulpädagogik und Allgemeine Didaktik unter besonderer Berücksichtigung der Medienpädagogik in der Fakultät für Kulturwissenschaften der Universität Paderborn und Direktor des Zentrums für Bildungsforschung und Lehrerbildung – PLAZ Professional School. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Medienbildung, informatische Bildung und Lehrerbildung. Er ist immer wieder in verschiedenen Sachverständigen- und Expertengruppen zur Medienbildung und Lehrerbildung auf Landes- und Bundesebene tätig.

Silke Grafe Dr. phil., ist Universitätsprofessorin für Schulpädagogik an der Fakultät für Humanwissenschaften der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Sie leitet das Media Education and Educational Technology Lab MEET@JMU. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Medienbildung und Lehrerbildung in internationaler und interdisziplinärer Perspektive. Sie bringt ihre Expertise immer wieder in nationale und internationale Kommissionen und Fachgruppen zur Medienbildung ein.

Gerhard Tulodziecki Bardo Herzig Silke Grafe

Medienbildung in Schule und Unterricht Grundlagen und Beispiele 2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage

Verlag Julius Klinkhardt Bad Heilbrunn • 2019

Online-Angebote oder elektronische Ausgaben zu diesem Buch sind erhältlich unter www.utb-shop.de

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 2019.Kl. © by Julius Klinkhardt. Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Abbildung Umschlagseite 1: © Julien Eichinger/fotolia. Bearbeitung: Bardo Herzig, Tilman-Mathies Klar. Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart. Druck und Bindung: Friedrich Pustet, Regensburg. Printed in Germany 2019. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem alterungsbeständigem Papier. utb-Band-Nr.: 3414 ISBN 978-3-8252-5029-4

Inhalt

Einführung ..................................................................................................... 11 1 Medien als Herausforderung für Erziehung und Bildung ........................ 15 1.1 Bedeutung von Medien für Erziehung und Bildung .............................. 16 1.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ................................. 16 1.1.2 Entwicklungen im Medienbereich .............................................. 18 1.1.3 Medien und Erfahrungsmöglichkeiten ....................................... 22 1.1.4 Allgemeine Chancen und Risiken der Mediennutzung für Erziehung und Bildung .............................................................. 24 1.2 Medienbegrif und Medienmerkmale .................................................... 29 1.2.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ................................. 29 1.2.2 Medienbegrif ............................................................................ 29 1.2.3 Medienmerkmale ....................................................................... 34 1.3 Medienpädagogik als Wissenschaft und Lehre ....................................... 39 1.3.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ................................. 39 1.3.2 Situationen und pädagogisch relevante Prozesse im Medienbereich ...................................................................... 40 1.3.3 Zur Rolle der Medienpädagogik bei der Auseinandersetzung mit pädagogisch relevanten Medienfragen .................................. 43 1.3.4 Dimensionen und Teilgebiete der Medienpädagogik .................. 47 2 Bedingungen des Handelns in Medienzusammenhängen und Zielperspektiven für die Medienbildung ................................................... 51 2.1 Mediennutzung als bedürfnis- und situationsbezogene Handlung ......... 54 2.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ................................. 54 2.1.2 Bedürfnisse und Mediennutzung ................................................ 56 2.1.3 Bedürfnislage und Lebenssituation ............................................. 60 2.1.4 Konsequenzen für medienpädagogisches Handeln ...................... 63 2.2 Mediennutzung als erfahrungs- und entwicklungsbezogene Handlung .... 64 2.2.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ................................. 64 2.2.2 Erfahrungs- bzw. Wissensstand und Mediennutzung .................. 65 2.2.3 Intellektuelle Entwicklung und Mediennutzung ......................... 67 2.2.4 Sozial-moralische Entwicklung und Mediennutzung .................. 70 2.2.5 Konsequenzen für medienpädagogisches Handeln ...................... 74

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Inhalt 2.3 Zielperspektiven für Schule und Unterricht in einer von Medien mitgestalteten Welt ............................................................................... 77 2.3.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ................................. 77 2.3.2 Zielperspektiven für Erziehung und Bildung angesichts von Mediatisierung und Digitalisierung ............................................ 79 2.3.3 Die Zielperspektiven vor dem Hintergrund von Medienentwicklung und Bildungsdiskussion .............................. 80

3 Lernen und Lehren mit Medien – die mediendidaktische Perspektive ........ 85 3.1 Medienangebote im Unterricht ............................................................. 87 3.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ................................. 87 3.1.2 Formen lernrelevanter Medienangebote ..................................... 89 3.1.3 Medienunterstützte Lehr-Lern-Arrangements ............................ 92 3.2 Lerntheoretische Grundlagen und Konsequenzen für mediales Lehren .... 97 3.2.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ................................. 97 3.2.2 Die behavioristische Grundposition und das Modelllernen ........ 99 3.2.3 Die kognitionstheoretische Grundposition ............................... 101 3.2.4 Die konstruktivistische Grundposition und das situierte Lernen .................................................................. 105 3.2.5 Maschinelles Lernen ..................................................................107 3.3 Planung und Gestaltung von medienunterstützen Lehr-Lern-Situationen ........................................................................ 110 3.3.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 110 3.3.2 Didaktische Anforderungen an die Gestaltung von medienunterstützten Lehr-Lern-Situationen ............................. 114 3.3.3 Möglichkeiten medialer Anregung und Unterstützung in verschiedenen Phasen von Lehr-Lern-Prozessen ........................ 117 3.3.4 Planung und Gestaltung von medienunterstützten Lehr-Lern-Situationen .............................................................. 122 3.4 Empirische Forschungsansätze und Forschungsergebnisse ................... 132 3.4.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 132 3.4.2 Untersuchungen zu allgemeinen Medienefekten ..................... 133 3.4.3 Untersuchungen zu speziellen Medienmerkmalen .................... 137 3.4.4 Erhebungen zu mediendidaktisch relevanten Aspekten ............. 140 3.4.5 Evaluationen zum Lernen mit Medien ..................................... 145 3.4.6 Entwicklungs- und gestaltungsorientierte Forschung ................ 148 4 Lernen über Medien – die Perspektive von Erziehungs- und Bildungsaufgaben ..................................................................................... 151 4.1 Medientheorie und Medienforschung als Grundlagen ......................... 152 4.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 152 4.1.2 Von der Wirkungsforschung zum Systemdenken ...................... 154

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4.1.3 Vom Systemdenken zur Gesellschaftskritik ............................... 156 4.1.4 Von der Medienorientierung zur Rezeptionsforschung ............. 157 4.1.5 Von der Rezeptionsforschung zu integrativ orientierten Ansätzen ............................................................... 160 4.2 Konzeptionelle Sichtweisen und Ansätze zu medienbezogenen Erziehungs- und Bildungsaufgaben ..................................................... 162 4.2.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 162 4.2.2 Die behütend-plegende Sichtweise .......................................... 165 4.2.3 Die ästhetisch-kulturorientierte Sichtweise ............................... 167 4.2.4 Die funktional-systemorientierte Sichtweise ............................. 169 4.2.5 Die kritisch-materialistische Sichtweise .................................... 172 4.2.6 Die handlungs- und kompetenzorientierte Sichtweise .............. 174 4.2.7 Ansätze zu einer Informationstechnischen Grundbildung ........ 177 4.3 Der medienpädagogische Diskurs zu Medienkompetenz und Medienbildung ................................................................................... 180 4.3.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 180 4.3.2 Zum Begrif der Medienkompetenz ......................................... 181 4.3.3 Modelle zur Ausdiferenzierung von Medienkompetenz ........... 186 4.3.4 Zum Begrif der Medienbildung .............................................. 188 4.3.5 Zum Verhältnis von Medienkompetenz und Medienbildung ... 192 4.3.6 Zum Verhältnis von Medienbildung und informatischer Bildung ............................................................. 193 4.4 Konzeptioneller Rahmen und Aufgabenfelder für die Medienbildung .... 197 4.4.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 197 4.4.2 Konzeptioneller Rahmen für die Medienbildung ...................... 198 4.4.3 Aufgabenfelder der Medienbildung .......................................... 207 5 Nutzungsbezogene Aufgabenfelder und ihre Umsetzung ........................ 215 5.1 Relektierte Nutzung von medialen Angeboten für Information und Lernen ......................................................................................... 217 5.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 217 5.1.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen ........................................................... 221 5.1.3 hematische Akzentsetzungen .................................................. 222 5.1.4 Geeignete Vorgehensweisen ...................................................... 224 5.2 Relektierter Umgang mit medialen Möglichkeiten für Analyse und Simulation ................................................................................... 226 5.2.1 Einleitende Hinweise und Fragstellungen ................................. 226 5.2.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen ........................................................... 228 5.2.3 hematische Akzentsetzungen .................................................. 230 5.2.4 Geeignete Vorgehensweisen ...................................................... 234

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Inhalt 5.3 Relektierte Nutzung von medialen Angeboten für Unterhaltung und Spiel ............................................................................................. 236 5.3.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 236 5.3.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen ........................................................... 240 5.3.3 hematische Akzentsetzungen .................................................. 241 5.3.4 Geeignete Vorgehensweisen ...................................................... 242 5.4 Relektierte Nutzung von medialen Möglichkeiten für Austausch und Kooperation ................................................................................. 244 5.4.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 244 5.4.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen ........................................................... 246 5.4.3 hematische Akzentsetzungen .................................................. 247 5.4.4 Geeignete Vorgehensweisen ...................................................... 248 5.5 Relektierte Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte ..................................................................................... 251 5.5.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 251 5.5.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen ........................................................... 254 5.5.3 hematische Akzentsetzungen .................................................. 256 5.5.4 Geeignete Vorgehensweisen ...................................................... 258 5.6 Relektierte Nutzung von mediengestützten Dienstleistungen und kritischer Umgang mit medialer Steuerung ......................................... 259 5.6.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 259 5.6.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen ........................................................... 261 5.6.3 hematische Akzentsetzungen .................................................. 262 5.6.4 Geeignete Vorgehensweisen ...................................................... 263

6 Inhaltsbezogene Aufgabenfelder und ihre Umsetzung ............................ 267 6.1 Verstehen und Bewerten der Medienlandschaft und ihrer digitalen Infrastruktur ....................................................................................... 267 6.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 267 6.1.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen ........................................................... 272 6.1.3 hematische Akzentsetzungen .................................................. 273 6.1.4 Geeignete Vorgehensweisen ...................................................... 277 6.2 Analysieren und Einschätzen von Gestaltungsmerkmalen und Prozessen der Erzeugung medialer Botschaften ............................ 280 6.2.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 280 6.2.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen ........................................................... 283

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6.2.3 hematische Akzentsetzungen .................................................. 284 6.2.4 Geeignete Vorgehensweisen ...................................................... 288 6.3 Erkennen und Aufarbeiten von Medieneinlüssen auf Individuum und Gesellschaft .................................................................................. 290 6.3.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 290 6.3.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen ........................................................... 292 6.3.3 hematische Akzentsetzungen .................................................. 293 6.3.4 Geeignete Vorgehensweisen ...................................................... 300 6.4 Durchschauen und Beurteilen von Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung ........................................ 302 6.4.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 302 6.4.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen ........................................................... 306 6.4.3 hematische Akzentsetzungen .................................................. 307 6.4.4 Geeignete Vorgehensweisen ...................................................... 311 7 Entwicklungsförderung als übergreifende Aufgabe ................................. 315 7.1 Förderung der intellektuellen Entwicklung ......................................... 315 7.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 315 7.1.2 Grundlegende Aspekte der Förderung ...................................... 318 7.1.3 Varianten des Vorgehens ........................................................... 320 7.1.4 Mögliche Schwierigkeiten und Maßnahmen ............................ 323 7.2 Förderung der sozial-moralischen Entwicklung ................................... 324 7.2.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 324 7.2.2 Grundlegende Aspekte der Förderung ...................................... 326 7.2.3 Varianten des Vorgehens ........................................................... 328 7.2.4 Mögliche Schwierigkeiten und Maßnahmen ............................ 333 8 Medienbildung in Schule und Lehrerbildung ......................................... 339 8.1 Medienbildung in unterschiedlichen Jahrgangs- und Schulstufen ........ 339 8.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 339 8.1.2 Medienbildung in der Kindertagesstätte ................................... 342 8.1.3 Kompetenzerwartungen für die Medienbildung in der Grundschule .................................................................. 345 8.1.4 Kompetenzerwartungen für die Medienbildung in der Sekundarstufe I ........................................................................ 345 8.2 Entwicklung schulspeziischer Konzepte zur Medienbildung ............... 349 8.2.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 349 8.2.2 Medienbildung in bestehenden Lernbereichen und Unterrichtsfächern ................................................................... 353

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Inhalt 8.2.3 Weitere Formen der Medienbildung in der Schule ................... 355 8.2.4 Koordination von Aktivitäten zur Medienbildung .................... 356 8.3 Notwendige Kompetenzen von Lehrpersonen ..................................... 359 8.3.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen ............................... 359 8.3.2 Eigene Medienkompetenz von Lehrpersonen ........................... 360 8.3.3 Aufgabenfelder für die Lehreraus- und Lehrerfortbildung ......... 361 8.3.4 Kompetenzentwicklung in unterschiedlichen Phasen der Lehrerbildung .......................................................................... 362

Verzeichnisse ................................................................................................. 367 Literaturverzeichnis .................................................................................... 367 Sachwortverzeichnis ................................................................................... 389 Autorenverzeichnis ..................................................................................... 394 Darstellungsverzeichnis .............................................................................. 399

Einführung

Die Medienlandschaft und ihre digitale Infrastruktur bieten in einem bisher nie da gewesenen Ausmaß Möglichkeiten der Information und des Lernens, der Analyse und der Simulation, der Unterhaltung und des Spiels, des Austausches und der Kooperation, der Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge sowie der Inanspruchnahme mediengestützter Dienstleistungen und der medialen Steuerung und Kontrolle. Dabei kommt den Medien für Individuum und Gesellschaft eine wichtige Rolle zu – von Print- und Hörmedien über Film und Fernsehen bis zu digitalen Medien mit ihrer weitreichenden Vernetzung. Die Art der „Weltaneignung“ durch Kinder und Jugendliche, ihre Realitätsvorstellungen, Emotionen, Verhaltens- und Wertorientierungen werden in beträchtlicher Weise durch Medien beeinlusst. Für Freizeit und Beruf, für Erziehung und Sozialisation, für Schule und Bildung, für Kunst und Kultur, für Wirtschaft und Politik haben sie mittlerweile eine mitgestaltende Bedeutung erhalten. Zugleich verstärken sich Probleme der Ablenkung und Manipulation sowie der unerlaubten Propaganda und Werbung. Hinzu kommen Gefahren des Datenmissbrauchs, der Verletzung von Urheber- und Persönlichkeitsrechten sowie des Betrugs und anderer strafbarer Aktivitäten. Die Bedeutung der Medien im gesellschaftlichen Kontext, ihre Chancen und Risiken haben zu neuen Kompetenzanforderungen für Kinder und Jugendliche geführt. Medienkompetenz und Medienbildung sind zu einer wichtigen Voraussetzung für die Teilhabe am berulichen und kulturellen bzw. gesellschaftlichen Leben geworden. Die Förderung von Medienkompetenz und Medienbildung stellt sich als gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar. Sie sollte bereits in der Familie beginnen, in vorschulischen Einrichtungen aufgenommen, in der Schule systematisch betrieben, in der Jugendarbeit unterstützt sowie in der Erwachsenen- und Weiterbildung fortgeführt werden. Demgemäß kommen der Schule im gesellschaftlichen Zusammenhang wichtige medienbezogene Aufgaben zu. Dabei geht es zum einen um eine sinnvolle Nutzung der medialen Möglichkeiten für Lernen und Lehren, zum anderen und zugleich stellen sich besondere Anforderungen an Erziehung und Bildung. Die damit verbundenen Aufgaben und ihre Umsetzung haben wir im Titel dieses Bandes unter dem Begrif der Medienbildung zusammengefasst. Nach unserer Aufassung erlaubt es dieser Begrif, verschiedene Ausprägungen medienpädagogisch bedeutsamen Handelns zusammenzuführen – von der unterrichtlichen Medienverwendung über medienerzieherische und medienkundliche Bemühungen sowie Bestrebungen

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Einführung

zu einer medienbezogenen informationstechnischen bzw. informatischen Grundbildung bis zu bildungsrelevanten Aktivitäten in medialen Räumen. Gleichzeitig signalisiert der Begrif, dass es uns ein besonderes Anliegen ist, die Nutzung von und die Auseinandersetzung mit Medien und ihren digitalen Grundlagen in den Rahmen allgemeiner Erziehungs- und Bildungsaufgaben von Schule zu stellen. Dabei verknüpfen wir die Medienbildung vor allem mit drei Orientierungen: mit der Handlungsorientierung, mit der Entwicklungsorientierung und mit der Kompetenzorientierung. Handlungsorientierung meint, dass Medienbildung auf Wissen und Können für gegenwärtiges und zukünftiges Handeln zielt und die Prozesse selbst im Sinne des Handelns gestaltet werden sollen; Entwicklungsorientierung besagt, dass Medienbildung unter Beachtung von Lebenssituation und Bedürfnislage entwicklungsgemäß erfolgen und auf die Weiterentwicklung des Wissens- und Erfahrungsstandes sowie des intellektuellen Niveaus und der Wertorientierungen gerichtet sein soll; Kompetenzorientierung verweist zum einen auf die Annahme, dass bei Kindern und Jugendlichen grundsätzlich das Vermögen und die Bereitschaft vorhanden sind, in Medienzusammenhängen verständig und angemessen zu handeln, und zum anderen auf die Zielperspektive, entsprechende Dispositionen zu fördern. Mit diesen Grundpositionen werden zugleich Überlegungen aufgenommen und weiterentwickelt, wie sie in dem Vorgängerband „Medien in Erziehung und Bildung: Grundlagen und Beispiele einer handlungs- und entwicklungsorientierten Medienpädagogik“ von Gerhard Tulodziecki (3. Aulage 1997) formuliert worden waren. Ebenso wird die Intention weitergeführt, theoretische und empirische Grundlagen sowie praktische Beispiele in Beziehung zueinander zu setzen. Als inhaltlichen Ausgangspunkt unserer Überlegungen skizzieren und diskutieren wir im ersten Kapitel die Bedeutung der Medienlandschaft und ihrer digitalen Infrastruktur für Erziehung und Bildung. Des Weiteren werden der Medienbegrif und Teilgebiete einer umfassenden Medienpädagogik als Wissenschaft und Lehre thematisiert. Das zweite Kapitel ist Bedingungen des Handelns in Medienzusammenhängen und Zielperspektiven für die Medienbildung gewidmet. Mediennutzung wird dabei als bedürfnis-, situations-, erfahrungs- und entwicklungsbezogene Handlung verstanden. Als Zielperspektiven gelten ein sachgerechtes, ein selbstbestimmtes, ein kreatives und ein sozial verantwortliches Handeln in einer von Medien mitgestalteten Welt. Auf dieser Basis werden im dritten Kapitel das Lernen und Lehren mit Medien und damit die mediendidaktische Perspektive in den Blick genommen. Dabei geht es um konzeptionelle, lerntheoretische und empirische Grundlagen der Mediendidaktik sowie um deren Umsetzung bei der Nutzung vorhandener Medienangebote und der Entwicklung eigener Medienbeiträge bzw. Lernumgebungen. Im vierten Kapitel thematisieren wir das Lernen über Medien unter der Perspektive von Erziehungs- und Bildungsaufgaben. Relevante theoretische und empirische An-

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sätze werden als wichtige Grundlagen für Konzepte der Medienbildung vorgestellt. Das Kapitel mündet in zusammenfassende Überlegungen zu Medienkompetenz und Medienbildung ein. Es entstehen ein konzeptioneller Rahmen für die Medienbildung sowie eine Übersicht über nutzungs- und inhaltsbezogene Aufgabenfelder. Vor diesem Hintergrund werden im fünften Kapitel die nutzungsbezogenen Aufgabenfelder anhand von Umsetzungsbeispielen weitergehend erläutert. Bei den nutzungsbezogenen Aufgabenfeldern geht es um die Verwendungszusammenhänge von Information und Lernen, von Analyse und Simulation, von Unterhaltung und Spiel, von Austausch und Kooperation, von Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge sowie von mediengestützter Dienstleistung und medialer Steuerung. Im Hinblick auf entsprechende Aufgaben der Medienbildung werden Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen sowie thematische Akzentsetzungen und geeignete Vorgehensweisen bedacht. Das sechste Kapitel bezieht sich auf die inhaltsbezogenen Aufgabenfelder. Als Inhaltsbereiche werden die Medienlandschaft und ihre digitale Infrastruktur, Gestaltungsmerkmale und Prozesse der Erzeugung medialer Botschaften, Medieneinlüsse auf Individuum und Gesellschaft sowie Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung zur Sprache gebracht. Bezüglich der Umsetzung geht es – wie bei den nutzungsbezogenen Aufgabenfeldern – um Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen sowie um thematische Akzentsetzungen und geeignete Vorgehensweisen. Es schließt das siebte Kapitel an, in dem die Entwicklungsförderung als übergreifende Aufgabe der Medienbildung anhand verschiedener Beispiele in vertiefender Weise behandelt wird. Dabei geht es sowohl um die intellektuelle als auch um die sozial-moralische Entwicklung im Sinne der Förderung von Wertorientierungen. Die Umsetzung der Medienbildung bzw. medienpädagogischer Anforderungen – insbesondere unter den institutionellen Bedingungen von Schule – ist das hema des achten Kapitels. Curriculare Fragen für verschiedene Altersgruppen werden ebenso angesprochen wie medienpädagogische Aufgaben einzelner Fächer und Lernbereiche. Zudem werden Verbindungen zur Schulentwicklung und Konsequenzen für die Lehrerbildung aufgezeigt. Das Buch kann sowohl als informierende Lektüre als auch als Lern- und Arbeitsbuch genutzt werden. In entsprechender Weise sind die Kapitel und die Hauptabschnitte gestaltet: Jedes Kapitel wird durch eine kurze Einführung in die zu behandelnden Fragen eingeleitet. Am Beginn der Hauptabschnitte stehen jeweils einleitende Hinweise und eine (fallbezogene) Aufgabenstellung. Wir empfehlen Leserinnen und Lesern, die das Buch vor allem als Lern- und Arbeitsbuch nutzen möchten, diese Aufgabenstellung soweit wie möglich – auf der Basis bereits vorhandener Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen – zu bearbeiten. Dadurch können eigene Vorkenntnisse aktiviert und eigene Zugänge zum jeweiligen hema bewusstgemacht werden. Die Lernwirksamkeit der dann folgenden Ausführungen,

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in denen wichtige Teilfragen in Unterabschnitten behandelt werden, lässt sich so deutlich erhöhen. Am Ende jedes Hauptabschnitts wird die Eingangsfragestellung noch einmal aufgenommen und kann nun umfassend bearbeitet werden. Da die Kapitel aufeinander aufbauen, empiehlt sich eine Bearbeitung im Sinne der angelegten Kapitelfolge. Dies schließt allerdings nicht aus, bei einzelnen Kapiteln „einzusteigen“ bzw. solche – je nach Interesse – einzeln zu bearbeiten. Allerdings sollten dann die Bezüge zu den vorhergehenden Kapiteln beachtet werden. Die Inhalte in diesem Buch haben wir mehrfach in Hochschulseminaren und Veranstaltungen zur Lehrerfortbildung behandelt und diskutiert. Die Rückmeldungen, die wir bei der Durchführung solcher Veranstaltungen erfahren haben, waren uns eine wichtige Hilfe und Anregung bei der Ausarbeitung dieses Bandes. Allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern entsprechender Veranstaltungen sagen wir dafür unseren Dank. Besonderer Dank gebührt Deborah Klein für die Unterstützung bei der Zusammenstellung des Literaturverzeichnisses und Annemarie Hauf-Tulodziecki für die Mithilfe bei der Erstellung des Autoren- und Sachwortverzeichnisses. Danken möchten wir auch Andreas Klinkhardt und homas Tilsner, die die Entwicklung des Bandes von Verlagsseite begleitet und in kooperativer Weise gefördert haben. Wir wünschen uns, dass das Buch allen Leserinnen und Lesern Anregungen für ihr Studium, für ihre Arbeit in der Schule oder in der Hochschule, für die Lehrerausbildung oder für die Lehrerfortbildung zur Medienbildung gibt. Für Rückmeldungen sind wir jederzeit dankbar. Gerhard Tulodziecki, Bardo Herzig, Silke Grafe Paderborn und Würzburg, Januar 2019

1 Medien als Herausforderung für Erziehung und Bildung

Medien sind ein selbstverständlicher Bestandteil der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Die Palette der Medien umfasst Bücher und andere Druck- sowie Schreibmedien, Hörfunk und Fernsehen, Ton- und Bildträger verschiedener Art, Telefon und Smartphone sowie weitere computer- und internetbasierte Medien. Dabei bieten Medien ein weit gefächertes Angebot – von dokumentarischen Darstellungen über iktionale Unterhaltungsangebote und Werbung bis zu Aktionsmöglichkeiten in virtuellen Welten, von Kinderprogrammen über Schul- und Bildungsangebote bis zu Beratungsoferten, von verschiedenen Formen der Massenkommunikation über unterschiedliche Möglichkeiten der Kommunikation in Gruppen bis zu vielfältigen Varianten der Individualkommunikation, von prosozialen Darstellungen über Gewaltpräsentationen bis zu Horrorszenarien. Medien schafen mannigfaltige Möglichkeiten der Kommunikation, wobei mit ihnen potenzielle Zeichen erzeugt, übertragen, gespeichert, verarbeitet und/oder wiedergegeben werden. Die Erweiterung herkömmlicher Medien durch digitale Medien hat dazu geführt, dass Inhalte nicht nur als verbaler Text und Bild zur Verfügung stehen, sondern in vielfältigen Formen kombiniert und interaktiv verarbeitet werden können: Sprache und nicht-sprachliche Symbole, ruhende und bewegte Bilder, visuelle und auditive Präsentationen lassen sich in unterschiedlicher Weise in multimedialen Produkten und virtuellen Umgebungen miteinander verbinden. Dabei erlaubt die Vernetzung erheblich erweiterte Verbreitungs- und Zugrifsmöglichkeiten auf große und über alle Kontinente verteilte Datenbestände bzw. eine weltweite Kommunikation und Kooperation im Kontext von Internationalisierung und Globalisierung. Mit diesen Möglichkeiten kommt den Informations- und Kommunikationstechnologien in der gegenwärtigen und zukünftigen Gesellschaft eine wichtige Rolle zu. Für Information und Austausch (z.B. Online-Nachrichten, Instant-MessagingDienste, E-Mail, Social Networks), für Alltagsverrichtungen (z.B. Online-Shopping und Homebanking), für Lernen und Bildung (z.B. E-Learning und Learning Communities), für beruliches Handeln (z.B. Verwaltungs- und Organisationssoftware sowie computerbasierte Konstruktionsmöglichkeiten), für Wissenschaft und Forschung (z.B. Projekte in Natur- und Sozialwissenschaft, in Medizin und Ingenieurwissenschaft), für Kunst und Kultur (z.B. digitale Gestaltung und Verbreitung

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Medien als Herausforderung für Erziehung und Bildung

kulturell bedeutsamer Werke) sowie für die Freizeit (z.B. computerbasierte Spielund Unterhaltungsangebote) steht ein komplexes Netz von medialen Möglichkeiten in einer bisher nicht gekannten Fülle und Vielgestaltigkeit zur Verfügung. Mit den zunehmenden Möglichkeiten sind allerdings auch Probleme verbunden. Sie zeigen sich u.a. in Propaganda und Manipulation, in Eskapismus und in der Missachtung von Datenschutz, Urheber- oder weiteren Persönlichkeitsrechten sowie in betrügerischen und anderen kriminellen Aktivitäten. Mit der Medienentwicklung haben sich die Kompetenzanforderungen an Kinder, Jugendliche und Erwachsene deutlich verändert: dem Lernen mit und über Medien kommt ein bedeutender Stellenwert zu. Das Verstehen der „Sprache“ der Medien und die eigene Ausdrucksfähigkeit in dieser „Zeichensprache“ erweitern die bisherigen Kulturtechniken des Lesens, Schreibens und Rechnens. Darüber hinaus wird es für die Teilhabe am berulichen, kulturellen und gesellschaftlichen Leben immer wichtiger, digitale Grundlagen von medialen Angeboten, Einlüsse von Medien sowie Bedingungen ihrer Produktion und Verbreitung zu durchschauen und kritisch einzuschätzen. Dies soll die Chance eröfnen, Möglichkeiten einer förderlichen Mediennutzung wahrzunehmen, Gefährdungen soweit wie möglich zu vermeiden und selbst Einluss auf die Medienlandschaft auszuüben. Für eine Bewältigung entsprechender Anforderungen erweisen sich pädagogische Maßnahmen – nicht zuletzt aufgrund umfangreicher Medienausstattungen und Mediennutzungen von Kindern und Jugendlichen – als notwendig und bedeutsam. Vor diesem Hintergrund sollen im ersten Kapitel drei Fragen bearbeitet werden: (A) Welche Bedeutung kommt den Medien für Erziehung und Bildung zu? (B) Welcher Medienbegrif soll der Medienpädagogik als Feld wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit Medien zugrunde gelegt werden? (C) Wie stellt sich die Medienpädagogik im Kontext der pädagogischen Auseinandersetzung mit Medienfragen dar? Die Bearbeitung dieser Fragen liefert wichtige Grundlagen für die weitere Auseinandersetzung mit Erziehungs- und Bildungsfragen in einer von Medien mitgestalteten Welt.

1.1 Bedeutung von Medien für Erziehung und Bildung 1.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Die erzieherische und bildungsbezogene Bedeutung des Medienangebots und der Mediennutzung ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass Medien in vielfältiger Weise in den Alltag von Kindern und Jugendlichen verwoben sind. So könnte beispielsweise der Tagesablauf eines Jugendlichen – wir nennen ihn hier Marvin – folgendermaßen aussehen:

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Um 6.30 Uhr wird der 14-jährige Marvin durch sein Smartphone geweckt. Er schaut gleich, welche neuen Mitteilungen oder Nachrichten vorliegen und schließt sich über einen Instant-Messaging-Dienst noch mit einem Freund kurz, ob gegebenenfalls in der Schule etwas Besonderes ansteht. Als er zum Frühstück erscheint, liegt die Tageszeitung, in der seine Mutter und sein Vater schon geblättert haben, noch auf dem Tisch. Marvin wirft einen kurzen Blick auf die Titelseite und den Sportteil. Im Hintergrund läuft das Radio-Morgenmagazin. Nach dem Frühstück macht sich Marvin auf den Weg zur Schule. Über Smartphone hört er die Songs seiner Lieblingsband. An der Bushaltestelle trift er seine Mitschülerinnen und Mitschüler. Diese unterhalten sich gerade darüber, welches Level sie in einem aktuellen Computerspiel bisher erreicht haben. Im Bus lesen einige Erwachsene auf dem Weg zur Arbeit in der Ausgabe einer weit verbreiteten Straßenverkaufszeitung. Marvin wendet sich derweil wieder seiner Lieblingsband zu. Die Schule beginnt mit einer Mathematikstunde. Die Lehrperson nutzt dabei eine Geometrie-Software. In der Pause schaut Marvin erneut auf sein Smartphone, ob und gegebenenfalls welche Mitteilungen neu gepostet wurden. Im späteren Geschichtsunterricht wird eine Internetrecherche zur Geschichte der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt. Zu Hause angekommen, macht Marvin nach dem Mittagessen die Schulaufgaben in seinem Zimmer. Bei auftauchenden Fragen nimmt er per Smartphone Kontakt mit einem Klassenkameraden auf. Dieser verweist ihn auf ein Erklärvideo in einem Videoportal und macht ihn zugleich auf ein neues lustiges Video aufmerksam. Dabei läuft im Hintergrund die Playlist des Musik-Streaming-Dienstes. Des Weiteren führt er im Rahmen der Hausaufgaben eine Internetrecherche zum hema „Regenerative Energiequellen“ durch. Nachdem er die Schularbeiten erledigt hat, verabredet er sich über einen Instant-Messaging-Dienst mit einigen Freunden zum Fußballspielen. Als er nach dem Spiel wieder zu Hause ist, blättert er in einer Illustrierten, um sich zu informieren, welche Spielilme am Abend im Fernsehen laufen. Danach begibt er sich wieder auf sein Zimmer, um ein neues Computerspiel auszuprobieren, das er zum Geburtstag geschenkt bekommen hat. Nach einiger Zeit schaut er noch einmal in einem Social Network nach, welche neuen Postings vorliegen. Anschließend prüft er kurz, ob sich jemand für seinen alten Schreibtischstuhl interessiert, den er zusammen mit seinem Vater über ein Internetportal zum Kauf angeboten hat. Danach geht er zurück ins Wohnzimmer, wo er sich eine Vorabendserie anschaut. Nach dem Abendessen erkundigt er sich, welches Fernsehprogramm die Eltern am Abend anschauen möchten. Da die Eltern sich für ein politisches Magazin entscheiden, zieht sich Marvin in sein Zimmer zurück. Dort verfügt er über einen eigenen Fernsehapparat. Er wählt einen Actionilm aus und schaut diesen an. Schließlich verschickt er über sein Smartphone noch einen Glückwunsch zum Geburtstag an seinen Freund mit einem Foto, das er mit der geräteeigenen Kamera aufgenommen hat. Mit  der Musik seiner Lieblings-CD schläft er schließlich ein.

An diesem Tagesablauf werden sowohl vielfältige Medienzugänge als auch eine beträchtliche Mediennutzung erkennbar. Man muss zwar davon ausgehen, dass es bezüglich Medienausstattung, Umfang und Art der genutzten medialen Möglichkeiten bei Kindern und Jugendlichen im Detail deutliche Unterschiede gibt, im Durchschnitt verweisen entsprechende Forschungsergebnisse jedoch auf erhebliche Ausstattungs- und Nutzungszahlen (vgl. mpfs 2017a; 2017b). Vor diesem Hin-

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tergrund stellt sich die Frage nach Chancen und Risiken, die für Erziehung und Bildung mit dem Medienangebot und seiner Nutzung verbunden sind. Bedenken Sie bitte – bevor Sie weiterlesen – mit Bezug auf das Beispiel des geschilderten Tagesablaufs von Marvin mögliche Vorzüge und Probleme seiner Mediennutzung. Machen Sie sich dazu bitte einige Notizen. Um sich weitergehend mit der erzieherischen und bildungsbezogenen Bedeutung des Medienangebots und der Mediennutzung auseinanderzusetzen, ist es sinnvoll, den folgenden drei Fragen nachzugehen: (1) Welche Entwicklungen kennzeichnen die Medienlandschaft? (2) Welche Bedeutung haben die Entwicklungen für die Erfahrungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen? (3) Welche allgemeinen Möglichkeiten und Problemlagen sind mit dem Medienangebot und seiner Nutzung verbunden? Die Bearbeitung dieser Fragen wird auf wichtige äußere Rahmenbedingungen für pädagogisches Handeln aufmerksam machen. 1.1.2 Entwicklungen im Medienbereich Die Medienlandschaft ist in einer ständigen Entwicklung begrifen. Die Entwicklung lässt sich u.a. in technischer, inhaltlicher, institutioneller und/oder ökonomischer Hinsicht in den Blick nehmen – wobei zwischen diesen Sichtweisen vielfältige Zusammenhänge bestehen. In technischer Hinsicht ist die Entwicklung zurzeit durch eine Mediatisierung auf digitaler Grundlage gekennzeichnet (vgl. Krotz 2016, S. 27). Im Vergleich zu früheren Mediatisierungsprozessen, die u.a. durch die Erindung und Verbreitung des Buchdrucks, des Films oder des Fernsehens eingeleitet wurden, hat die gegenwärtige Form der Mediatisierung ihren Ursprung in der Digitaltechnik. Diese beruht letztlich darauf, dass – im Begrifsverständnis der Informatik – die in einer Nachricht enthaltene Bedeutung bzw. ihre Information in maschinell verarbeitbare (kontextfreie) Daten umgewandelt wird. Umgekehrt lassen sich verarbeitete Daten so präsentieren, dass Menschen ihnen wieder eine Bedeutung zumessen und sie als Information interpretieren können (vgl. GI 2008, S. 23; Herzig 2012, S. 102f.; Knaus 2016, S. 101). Durch maschinelle Prozesse der Datenverarbeitung lässt sich nicht nur Vorgegebenes in anderer Form verbinden und präsentieren, es können auch neue zeichenfähige beziehungsweise interpretationsfähige Muster entstehen (vgl. Herzig 2012, S. 164f.). Wandlungsprozesse, die durch die Nutzung digitaler Informations- und Kommunikationstechniken bedingt sind, werden üblicherweise und allgemein mit dem Begrif der Digitalisierung bezeichnet. Damit hat der Begrif, der ursprünglich nur die Umwandlung analoger Größen in diskrete bzw. binäre Werte oder digitale Re-

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präsentationen meinte, eine deutliche Erweiterung im Begrifsverständnis erfahren (vgl. Knaus 2016, S. 101f.). Im Zusammenhang mit der Verwendung digitaler Techniken lassen sich die Vernetzung, die Sensorisierung, die Dataizierung und die Algorithmisierung als bedeutsame medientechnologische Dimensionen nennen (vgl. u.a. Gapski 2016, S. 22). Vernetzung verweist auf die weltweite Verknüpfung von Computern bzw. Informatiksystemen und schaft eine ständige Zugrifsmöglichkeit auf global verfügbare Daten sowie die Möglichkeit, eigene Gedanken zu verbreiten. Damit ist ein situativer Zugang zu jeweils benötigten bzw. vorhandenen Wissensbeständen oder erwünschten Unterhaltungsangeboten verbunden sowie die Möglichkeit, selbst zu entsprechenden Angeboten beizutragen. Sensorisierung bezieht sich auf die Tatsache, dass immer mehr elektronische Messgeräte über Sensoren große Mengen von Daten aufnehmen, z.B. am menschlichen Körper, im Haushalt oder im Verkehr, und diese zur Speicherung und zur Verarbeitung und Auswertung an onlinebasierte Speicher- und Serverdienste bzw. Rechnernetzwerke senden (vgl. u.a. Bader 2016, S. 10f.). Im so genannten „Internet der Dinge“ werden zunehmend Alltagsgegenstände mit Sensoren, Sendern und Microcontrollern ausgestattet, sodass sie als „smarte“ Objekte adressier- und identiizierbar sind und untereinander oder mit Menschen kommunizieren – d.h. Daten austauschen – können. Dataizierung meint in diesem Zusammenhang, dass in zunehmender Weise Lebenssituationen und Zustände verschiedener Art in quantitativer Form als Daten erfasst und der computerbasierten Verarbeitung zugeführt werden. Algorithmisierung benennt den Vorgang, dass Analyse- oder Problemlöseprozesse so strukturiert und in kleine Teilschritte zerlegt werden, dass sie in programmierter Form für die maschinelle Verarbeitung verfügbar sind (vgl. Gapski 2016, S. 22). Mit alldem ist verbunden, dass nicht nur Menschen mit Computern über eine Mensch-Computer-Schnittstelle interagieren, sondern auch computerbasierte Programme untereinander. Im Zusammenhang mit der Digitalisierung ergeben sich im Medienbereich weitere bedeutsame Entwicklungen, z.B. die maschinelle Erzeugung von Medieninhalten, eine Erweiterung des Medienangebots, eine fortschreitende Perfektionierung der Präsentationsmöglichkeiten, eine Miniaturisierung von Mediengeräten sowie ein „Zusammenwachsen“ verschiedener Medienarten: – Die maschinelle Erzeugung von Medieninhalten bedeutet, dass mediale Botschaften nicht nur auf der Grundlage einer direkten Steuerung durch den Menschen generiert, sondern auch algorithmisch durch Computer erzeugt werden können. Computer bzw. Informatiksysteme werden damit selbst zu „Akteuren“ bei der Generierung „zeichenfähiger Muster“, denen bei der Mensch-Computer-Interaktion dann eine inhaltliche Bedeutung zugeschrieben werden kann (vgl. Herzig 2012, S. 150f.; Schelhowe 2007, S. 46). – Die Erweiterung des Medienangebots ist zum einen dadurch bedingt, dass sich bisherigen und neuen „Produzenten“ von medialen Botschaften erweiterte Mög-

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lichkeiten zur Gestaltung bieten, und zum anderen dadurch, dass sich die technischen Möglichkeiten zur Verbreitung von medialen Beiträgen über Funk, Satellit und/oder Kabel vergrößert haben. Die Erweiterung besteht sowohl in einer Vergrößerung des Angebots als auch in der Bereitstellung neuer Angebotsformen. – Die fortschreitende Perfektionierung der Präsentationsmöglichkeiten zeigt sich z.B. beim hochaulösenden Fernsehen, bei der Computeranimation und dreidimensionalen Darstellungen im Sinne des Cyberspace bzw. virtueller Welten. Begleitet werden solche Entwicklungen durch die Bereitstellung großer Bildschirme bzw. Präsentationsformen, aber auch besonders kleiner Empfangs-, Wiedergabeund Speichergeräte für den mobilen Gebrauch. – Die damit angesprochene Miniaturisierung von Mediengräten führt u.a. dazu, dass Computertechnologie bzw. digitale Technik an nahezu jedem Ort und jederzeit zur Verfügung steht. Ein deutliches Beispiel für diese Entwicklung ist das Smartphone, das sich mit der Zeit vom mobilen Telefon zum Universalgerät entwickelt hat und zum ständigen Begleiter geworden ist. – Das „Zusammenwachsen“ verschiedener Medienarten hängt u.a. mit der Integration von Radio-, Fernseh- und Computertechnologien auf der Grundlage der Digitaltechnik zusammen. Dadurch wird es möglich, unterschiedliche Zeichensysteme, z.B. Sprache und Bilder, sowie verschiedene Modalitäten, z.B. optische und akustische Darbietungen, von einer Plattform aus als multimediale Präsentation zu bearbeiten und anzubieten. Zugleich können die Angebote verschiedener Medien, z.B. Fernsehangebote, Hörfunksendungen und computerbasierte multimediale Produktionen, über dasselbe Endgerät empfangen und genutzt werden. Ein solches „Zusammenwachsen“ verschiedener Medienarten wird auch als „Medienkonvergenz“ bezeichnet, wobei der Begrif zum Teil nicht auf technische Aspekte des „Zusammenwachsens“ beschränkt bleibt, sondern sich auch auf inhaltliche und wirtschaftliche Aspekte beziehen kann (vgl. Wagner 2005, S. 222f.). Im Hinblick auf die inhaltliche Angebotsstruktur von Medien stellen bei den herkömmlichen Massenmedien Information und Unterhaltung weiterhin die Schwerpunkte dar (vgl. z.B. Media Perspektiven 2017, S. 8f.). Im Bereich von Computer und Internet kommen mannigfaltige oder erweiterte Möglichkeiten des Spielens, des kommunikativen Austausches, der Simulation und des Lernens sowie der Abwicklung von Dienstleistungen und der medialen Steuerung oder Kontrolle hinzu. In diesem Zusammenhang spielen auch Kommunikationsplattformen eine zunehmende Rolle für die Verbreitung politisch relevanter und interessengeleiteter Mitteilungen. Dabei kommt es u.a. zu einer Vielfalt von Inszenierungen, sodass Ereignisse häuig nicht als Ereignisse an sich stattinden und dokumentiert werden, sondern von vornherein als Medienereignisse inszeniert werden. Dies reicht von der Inszenierung von Politikerauftritten durch Public Relations-Agenturen bis zur Inszenierung von Bedrohungsszenarien oder gar von Tötungen vor der Kamera,

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um Macht oder Grausamkeit zu demonstrieren und damit Angst oder Hass für politische Zwecke zu erzeugen. Darüber hinaus sind Bilder zum Teil nicht mehr fotograische Abbildungen von Situationen, sondern nur noch künstliche bzw. computererzeugte Erscheinungen. Besonders deutlich wird diese Entwicklung bei Computeranimationen in Spielilmen oder Computerspielen. Dabei können einzelne Akteure und Handlungsräume oder das ganze Produkt computeranimiert sein, wobei Computeranimationen teilweise kaum von herkömmlichen fotograischen Abbildungen zu unterscheiden sind. Grundsätzlich erlauben es die digitalen Techniken, „Bilderwelten“ oder „virtuelle Umgebungen“ zu schafen, die losgelöst von der natürlichen Umwelt existieren und demgemäß auch nicht mehr an „natürliche“ Gegebenheiten wie ursprüngliche Personen, Tiere, Planzen, Landschaften und Gegenstände sowie an die damit verbundenen Regel- und Gesetzmäßigkeiten gebunden sind (vgl. Herzig 2012, S. 273f.). Dies gilt zwar auch schon lange für die iktional gestaltete Kunst – allerdings mit geringeren technischen Möglichkeiten und einer klareren Erkennbarkeit als iktionale Darstellung. Hinzu kommen Versuche bewusster Irreführung durch Falschmeldungen (Fake News), die von Menschen eingegeben oder von Computern bzw. Robotern (Social Bots) erzeugt und über die Medien, z.B. Soziale Netzwerke (Social Networks), verbreitet werden. Damit ist der Trend verbunden, Mediennutzern Informationen zu präsentieren, von denen man annimmt, dass sie bei diesen auf besonderes Interesse stoßen (vgl. z.B. Helbing et al. 2015, S. 8f.). Die Informationen können dabei u.a. auf vermutete Kaufbereitschaften oder bevorzugte Aktivitäten sowie auf angenommene politische, kulturelle oder sportliche Interessen oder Vorlieben gerichtet sein. Mit einer entsprechenden Ausrichtung wird u.a. angestrebt, Mediennutzer so zu beeinlussen, dass sie z.B. ein bestimmtes Kauf-, Wahl-, Kultur-, Umwelt- oder Gesundheitsverhalten realisieren (Persuasive Computing oder Nudging). Bezogen auf Mediatisierungsprozesse, die auf digitaler Technik beruhen, geht Krotz (2016, S. 32-38) von einer Veränderung sozialer Situationen aus, die u.a. zu einem Wandel sozialer Beziehungen, einem Wandel durch Kontrolle, einem Wandel durch ein sich veränderndes Informationsverhalten und einem Wandel des Subjekts führt. Entsprechende Veränderungen hängen auch damit zusammen, dass Vernetzung, Sensorisierung, Dataizierung und Algorithmisierung u.U. mehr Informationen oder „Wissensbestände“ über den Einzelnen oder bestimmte Gruppen hervorbringen, als sie jeweiligen Familienmitgliedern oder Freunden, vielleicht sogar den Betrofenen selbst bewusst sind (vgl. Helbing et al. 2015, S. 8). Damit werden auch immer größere Annäherungen an den so genannten „gläsernen Bürger“ möglich – bis hin zu Punktvergaben für Bürgerinnen und Bürger (Citizen Scores), die verwendet werden können, um bestimmte Möglichkeiten zu eröfnen oder zu verwehren, z.B. Zulassung zu bestimmten Schulformen oder zum Studium, Vergabe von Krediten oder Zugang zu Berufen oder Ämtern oder anderen Privilegien (vgl. z.B.

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Ohlberg 2018). Vor einem solchen Hintergrund und mit besonderem Blick auf gesellschaftliche Fragen lassen sich u.a. Aufgaben folgender Art nennen: Klärung des Verhältnisses von Privatheit und Öfentlichkeit, Sicherung von informationeller Selbstbestimmung, Kontrolle von Datenerhebungs- und Datenauswertungspraktiken, Umgang mit „menschlicher Berechenbarkeit“ und humane Gestaltung von Mensch-Maschine-Verhältnissen (vgl. Aßmann et al. 2016, S. 132f.). In solchen Zusammenhängen ist auch zu bedenken, dass sich die Medienlandschaft nicht nur im Bereich ihrer technischen Voraussetzungen und inhaltlichen Angebote, sondern auch im Bereich ihrer institutionellen und ökonomischen Gegebenheiten verändert. Konzentrationsbewegungen werden bei Presse und Rundfunk schon seit langer Zeit thematisiert und sind auch im Computer- bzw. Internetbereich wirksam. Über die Konzentration hinaus wachsen mit der Entwicklung der Medienlandschaft auch die ökonomischen Verlechtungen aufgrund von Aktivitäten und Beteiligungen einzelner großer Medienkonzerne in mehreren Bereichen, z.B. in Presse, Rundfunk, Film und/oder computerbasierten Diensten bzw. Internet. Solche Konzentrations- und Verlechtungstendenzen gehen weit über den nationalen Raum hinaus und sind auch vor dem Hintergrund des internationalen Wettbewerbs in Europa und auf dem Weltmarkt zu sehen (vgl. Media Perspektiven 2017, S. 27f.). Zugleich wandelt sich aufgrund zunehmend „datenreicher Märkte“ der so genannte Finanzkapitalismus immer stärker zu einem Datenkapitalismus, wobei insbesondere die Fragen entstehen, wie Datenmonopolismus verhindert werden kann und wie der ökonomische Mehrwert so zu verteilen bzw. umzuverteilen ist, dass er in einer globalen Wirtschaft nicht nur Einzelnen, sondern allen zugutekommt (vgl. Mayer-Schönberger u. Ramge 2017). 1.1.3 Medien und Erfahrungsmöglichkeiten Die Entwicklung der Medienlandschaft bedeutet, dass sich die Erfahrungsgrundlagen bzw. die Erfahrungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche bzw. für den Menschen überhaupt in vielfältiger Weise verändert haben und weiterhin verändern. Solche Veränderungen lassen sich u.a. auf der Ebene der Vermittlungsformen, auf der Ebene der Gestaltungsformen und auf der Ebene der Nutzungsformen beschreiben. Im Hinblick auf die Vermittlungsformen für Inhalte zeigen sich die Veränderungen vor allem an einer Zunahme des Anteils medialer Erfahrungen und einer Abnahme des Anteils unmittelbarer Erfahrungen an den Gesamterfahrungen: Viele Inhalte, die unser Fühlen, unsere Vorstellungen, unser Denken und Handeln beeinlussen, sind nicht aus der direkten Erfahrung mit Personen, Tieren, Planzen, Gegenständen oder Ereignissen erwachsen, sondern durch Medien vermittelt. In diesem Sinne kann man von einer medialen Durchdringung des Alltags sprechen: Die alltägliche Erfahrung wird im Zusammenhang mit der Digitalisierung immer mehr von Medien mitgeprägt. Dabei sind immer mehr Menschen täglich „online“ – und das

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sowohl in der Freizeit als auch in berulichen Zusammenhängen. Für viele Jugendliche scheint sich bereits ein Zustand entwickelt zu haben, den man mit Vorderer und Klimmt als „permanently online, permanently connected“ (POPC) bezeichnen kann und von dem anzunehmen ist, dass er sowohl auf die Art, wie wir Probleme lösen und wie wir Beziehungen führen, als auch auf unsere Bedürfnislage und unser Selbstverständnis zurückwirkt (vgl. 2016, S. 33). Mit den verschiedenen Vermittlungsformen – ob sie nun online oder oline präsentiert werden – geht ein relativer Bedeutungsgewinn medialer Erfahrungen gegenüber direkten Erfahrungen einher. Dieser zeigt sich u.a. in der Tatsache, dass Medieninhalte sehr häuig die Gesprächsthemen im sozialen Raum bestimmen. Dies ist auch durch die zum Teil gegebene Erlebnisintensität bei der Mediennutzung bedingt, z.B. bei interaktiven Spielen in virtuellen Räumen, aber auch schon beim Anschauen eines spannenden Actionilmes mit schnell wechselnden visuellen und akustischen Reizen und dramaturgischen Efekten. Dabei werden die Nutzenden unter Provozierung von Emotionen in das Geschehen einbezogen und empinden u.U. einen deutlichen Kontrast zu der sonst vielleicht als langweilig empfundenen Lebenswelt. Man kann zum einen davon ausgehen, dass sich die Erlebnisintensität der Mediennutzung noch weiter steigern wird, z.B. durch spektakuläre Darstellungen von Skandalen, Erotik, Gewalt und/oder Action. Zum anderen tragen teil- oder vollimmersive virtuelle Umgebungen als Augmented Reality zu einer Veränderung der Erlebnisintensität bei, indem der Wahrnehmungssinn teilweise oder vollständig von der Realwelt als Referenzpunkt abgekoppelt und damit ein gegebenenfalls vollständiges Eintauchen in virtuelle Welten ermöglicht wird. Auf der Ebene der medialen Gestaltungsformen wird es aufgrund der oben angesprochenen vielfältigen Inszenierungen und der zahlreichen iktionalen Elemente und Bestandteile im Medienangebot sowie aufgrund der zunehmenden Vermischung unterschiedlicher Gestaltungsformen immer schwieriger zu unterscheiden zwischen Bereichen, in denen man den eigenen Sinnen trauen kann und in denen man ihnen misstrauen muss, zwischen Informationen und Unterhaltung, zwischen Ereignis und Inszenierung, zwischen Aufklärung und Propaganda, zwischen dem Bemühen um wirklichkeitsgerechte Darstellungen und bewussten Falschmeldungen, zwischen gut recherchierten Informationen und nachlässiger Berichterstattung, zwischen Verlautbarungen und von Journalisten selbst ermittelten Informationen. Im Hinblick auf die Nutzungsformen haben neben der rezeptiven Nutzung von Medien (z.B. bei Fernsehen oder Radio), die interaktiv-eingreifende Nutzung (z.B. beim Computerspiel), die produktive Nutzung (z.B. bei der Erstellung eines eigenen Videos), die interaktiv-austauschbezogene Nutzung (z.B. bei InstantMessaging-Diensten, Social Networks, Videoportalen, Online-Communities, Microblogging-Diensten oder E-Mail), die interaktiv-partizipative Nutzung (z.B. bei Wikis und Blogs) und die interaktiv-steuerungsorientierte Nutzung (z.B. bei Lifelogging oder Smart Home) an Bedeutung gewonnen. Insbesondere die inter-

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aktiv-austauschbezogene Nutzung hat dabei einen erheblichen Bedeutungszuwachs erhalten (vgl. mpfs 2017b, S. 33f.). Die Vielfalt an Vermittlungs-, Gestaltungs- und Nutzungsformen und ihre Überschneidungen sowie Vermischungen haben insgesamt zu mannigfaltigen Möglichkeiten der Erfahrung geführt. Dabei hat der besondere Stellenwert medialer Erfahrungsformen zur Folge, dass die Mediatisierung des Alltags in eine Mediatisierung der „Weltaneignung“ generell eingebunden ist. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der Rolle von Medien in der Beziehung des Menschen zu seiner sozialen Umwelt, zu seiner dinglichen Umwelt und zu sich selbst – sowohl in Bezug auf menschliche Kognitionen und Emotionen als auch auf menschliches Handeln. In diesem Zusammenhang spricht man in der medienphilosophischen Diskussion auch von einem „medial turn“ und meint damit die „Medienvermitteltheit aller Bemühungen um Erkenntnis, Wissen und Klärung von Selbst- und Weltverhältnissen“ (vgl. Hug 2007, S. 17). Wenn der dabei zugrunde liegende Medienbegrif auch weiterer Überlegungen bedarf (siehe Abschnitt 1.2.2), wird durch den „medial turn“ doch ein wichtiger Relexionsansatz aufgezeigt. 1.1.4 Allgemeine Chancen und Risiken der Mediennutzung für Erziehung und Bildung Die skizzierten Erfahrungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen stellen eine wichtige Bedingung für Erziehung und Bildung dar. Kinder und Jugendliche begegnen ihrer Umwelt bzw. den damit gegebenen Erfahrungsmöglichkeiten und -grenzen mit ihren Bedürfnissen nach Sinneserregung und Erkundung, nach Sicherheit und Orientierung, nach Zugehörigkeit und Liebe, nach Achtung und Autonomie, nach Verstehen und Kompetenz sowie nach Selbstverwirklichung und verarbeiten ihre Erfahrungen auf der Basis ihres Kenntnis- und Entwicklungsstandes. Aus der Wechselbeziehung von Erfahrungsmöglichkeiten einerseits und kindlichen bzw. jugendlichen Bedürfnissen sowie Verarbeitungsmöglichkeiten andererseits ergeben sich sowohl Chancen als auch Risiken. Dabei ist zu bedenken, dass die Frage, ob Chancen genutzt werden und Risiken zum Tragen kommen, nicht nur mit dem Medienangebot und seiner Nutzung sowie mit den Bedürfnissen und kognitiven Verarbeitungsmöglichkeiten verbunden ist, sondern auch mit dem sozialen Umfeld, in dem Kinder und Jugendliche jeweils leben (vgl. z.B. Paus-Hasebrink 2017). Darauf gehen wir an späterer Stelle noch diferenzierter ein (siehe Abschnitt 2.1.3). Hier soll es zunächst nur darum gehen, einige allgemeine Chancen und Risiken der Mediennutzung anzusprechen. Dabei richten wir den Blick auf Aspekte, die für Erziehung und Bildung bedeutsam sind, z.B. Wahrnehmung von Welt, Umgang mit Informationen, Regulierung von Emotionen, Gestaltung von sozialen Beziehungen, Lernmöglichkeiten, Entwicklung des Denkens, Erwerb von Verhaltens- und Wertorientierungen sowie Aufbau von Identität. Im Folgenden sprechen wir diese Aspekte in aller Kürze an (Vertiefungen ergeben sich in den folgenden Kapiteln).

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Wahrnehmung von Welt: In der Medienlandschaft begegnet die Welt dem Individuum in einer vielfältigen Zeichensprache, z.B. in ruhenden und bewegten Bildern, in Hörbeiträgen oder in schriftlichen Texten, im Rahmen akustischer Räume sowie in zweidimensionalen oder dreidimensionalen Darstellungen und Simulationen. Dabei ist die Medienlandschaft mit der Vielzahl ihrer Angebote durch Konkurrenz auf dem Medienmarkt und durch ein Ringen um Aufmerksamkeit gekennzeichnet. Mit dem Ringen um Aufmerksamkeit geht eine Verstärkung der Sinnesreizung in optischer und akustischer Hinsicht einher. So bietet die Medienlandschaft ein schillerndes, die Sinne anregendes Bild der Welt mit zahlreichen Möglichkeiten der Information und der Unterhaltung – sei es bei der Rezeption medialer Botschaften, sei es beim Agieren in virtuellen Welten. Dabei kann es zu einer Überreizung des Seh- und Hörsinns und zu der Situation kommen, dass nur noch starke Reize Aufmerksamkeit erregen. Die Aufmerksamkeitslenkung erfolgt dann u.U. vorwiegend oder gar nur noch durch Sinnesreizung und weniger durch bedeutsame Inhalte. Generell scheint die Präsentationsform gegenüber den Inhalten immer wichtiger zu werden – im Extremfall bis zum „Verschwinden der Inhalte“ hinter der Form. Umgang mit Informationen: Die Medien enthalten eine Fülle von Informationen über die physische und soziale Umwelt, über Natur und Kultur, über Technik und Ökonomie sowie über Ökologie und Politik. Sie ermöglichen Wissenserwerb über den sozialen Nahraum hinaus. Dabei kann der Einzelne sowohl als Rezipient als auch als Produzent von Informationen in Erscheinung treten. Allerdings kann die Fülle der Informationen auch zu kognitiven Überforderungen und zur Abwendung von wichtigen Fragen führen. Außerdem machen interessengeleitete Informationen und bewusste Falschmeldungen es in zahlreichen Fällen schwer, irreführende Vorstellungen über die Realität zu vermeiden und Fragestellungen sachgerecht zu bearbeiten. Zudem kann die ständige Verfügbarkeit von Informationen zu der Annahme verführen, Wissenszugang könne die Aneignung von Wissen ersetzen (vgl. Vorderer u. Klimmt 2016, S. 33). Dies hätte auf Dauer negative Folgen für die Motivation zum eigenen Wissenserwerb sowie für die Fähigkeit, das Informationspotenzial der Medien zu nutzen, weil letzteres eine solide Wissensbasis voraussetzt. Regulierung von Emotionen: Medien lassen sich, z.B. durch Musik- und Unterhaltungsangebote, für die Erzeugung von Gefühlen und zu einer sinnvollen Stimmungsregulierung verwenden. Sie können zugleich starke emotionale Eindrücke hervorrufen, z.B. Spaß, Vergnügen, Mitleid, Entsetzen, Furcht, Schrecken, Ekel, Sympathie, Zorn, Wut und Erleichterung. Solche Emotionen können sowohl bei der Rezeption von Medieninhalten als auch beim Interagieren in virtuellen Welten entstehen. Demgemäß lassen sich beide Nutzungsformen – gegebenenfalls auch bewusst – zur Sinneserregung und Beseitigung von Langeweile, zur Spannungserzeugung und Entspannung sowie zum Stress- und Aggressionsabbau nutzen; in

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der Folge können sie aber auch zu Ängsten oder Machtphantasien sowie zu Sensationslust und Voyeurismus führen. Darüber hinaus wird u.U. eine Gewöhnung an die Beobachterperspektive bei erschreckenden Ereignissen sowie eine „Flucht in Scheinwelten“ im Sinne von Eskapismus bewirkt. Gestaltung von sozialen Beziehungen: Soziale Netzwerke und Instant-MessagingDienste sowie E-Mail, Videochat und Telefonie bieten problemlose und schnelle Möglichkeiten, mit anderen in Kontakt zu treten oder in Verbindung zu bleiben. Dies kann im kommunikativen Austausch zwischen Einzelnen oder in unterschiedlichen Gruppen geschehen und sowohl familiäre, freundschaftliche, lernbezogene oder beruliche Beziehungen erhalten und fördern. Allerdings entsteht u.U. das Problem, dass zunehmend räumliche Nähe durch elektronische Erreichbarkeit, Vertrauen durch Überwachung, Zuverlässigkeit durch Unverbindlichkeit, Gespräche durch Konversationsfäden, Freundschaft durch Followers und Wertschätzung durch reaktive Aufmerksamkeit ersetzt werden (vgl. Vorderer u. Klimmt 2016, S. 33). Außerdem können die Möglichkeiten des Netzes zur Bloßstellung von Anderen bzw. zu Mobbing genutzt werden. Hinzu kommen u.U. überzogene Selbstdarstellungen oder Kontaktaufnahmen unter falscher „Identität“. Lernmöglichkeiten: Im Zusammenhang mit der Fülle von interessanten Inhalten in unterschiedlichen Medien eröfnen die Medien vielfältige Chancen für neue Formen des Lernens, z.B. für ein zeit- und ortsunabhängiges, für ein entdeckendes und kooperatives, für ein selbstgesteuertes und selbstverantwortetes Lernen. Lebenslanges Lernen wird erleichtert. Sinnvolle Abstimmungen zwischen individuellen und sozialen Lernphasen lassen sich organisieren. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Bedeutung der sozialen Einbettung von Lernprozessen insgesamt unterschätzt wird. Außerdem setzt die Wahrnehmung der vielfältigen Lernchancen die Motivation zum Lernen und die Fähigkeit voraus, sein Lernen selbst zu organisieren. Diese Voraussetzungen sind u.U. bei benachteiligten Gruppen nicht im notwendigen Maße gegeben, sodass sich die Kluft zwischen privilegierten und benachteiligten Bevölkerungssegmenten noch vergrößern kann. Entwicklung des Denkens: Medien präsentieren nicht nur vielfältige Informationen, sondern auch unterschiedliche Denkanstöße und Perspektiven zu wichtigen und gegebenenfalls strittigen Fragen von Wissenschaft und Beruf, von Kunst und Kultur sowie von Politik und Gesellschaft. Entsprechende Fragen lassen sich z.B. aus lokaler, regionaler oder globaler, aus ökologischer, ökonomischer oder sozialer Perspektive bearbeiten. Eigene Medienbeiträge können mit persönlichen Akzentuierungen eingebracht und verbreitet werden. Die Berücksichtigung unterschiedlicher Sichtweisen bei der Rezeption und eigenen Produktion von Medienbeiträgen kann ein mehrperspektivisches Denken sowie ein Klima von Ofenheit und Toleranz fördern und bei eigenen Problemlösungen, Entscheidungen, Beurteilungen oder Gestaltungen wirksam werden. Allerdings besteht auch

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die Gefahr, dass die Vielfalt von Sichtweisen eine so große Komplexität erzeugt, dass u.U. ein Rückzug auf einfache Denkmuster erfolgt. Entsprechende Vereinfachungen werden dann möglicherweise noch durch Propaganda und Manipulationen verstärkt und stabilisiert, wobei diese gegebenenfalls gezielt auf Personen oder Gruppen gerichtet werden, die dafür auf der Grundlage vorhergehender Datenanalysen besonders empfänglich erscheinen. Zudem kann durch algorithmische Verfahren die inhaltliche Vielfalt an Informationen für Mediennutzer gezielt begrenzt werden (ilter bubble), so dass für den Einzelnen die Auseinandersetzung mit mehrperspektivischen Sichtweisen u.U. erschwert wird. Zudem fürchten Vorderer und Klimmt, dass eine diferenzierte Meinungsbildung immer mehr durch bloße Zustimmung oder Ablehnung bzw. Missfallenskundgebung abgelöst wird (vgl. 2016, S. 33). Erwerb von Verhaltens- und Wertorientierungen: Für viele alltägliche Situationen zeigen sich in Medien zahlreiche unterschiedliche Verhaltensmuster und Wertorientierungen, z.B. für das Leben in Familie oder Freundesgruppe, für das Verhalten in Konliktfällen, für die Gestaltung der Freizeit, für das Vorgehen bei Problemlösungen, für das Verhalten in Partner- oder Liebesbeziehungen, für die Ausführung berulicher Aufgaben, für den Umgang mit Behinderungen oder Benachteiligungen sowie für das Gesundheits- und Umweltverhalten. Solche Verhaltensmuster und Wertorientierungen können z.B. durch Rücksichtnahme oder Egozentrismus, durch Respekt oder Missachtung, durch Achtsamkeit oder Ignoranz, durch Verständigungsorientierung oder Machtausübung, durch friedvolles Miteinander oder aggressives Vorgehen, durch Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit, durch verantwortungsbewusstes oder verantwortungsloses Handeln gekennzeichnet sein. Welche solcher Verhaltensorientierungen erprobt und gegebenenfalls übernommen werden, hängt mit den Dispositionen der Medienrezipienten, mit der Art der rezipierten Mediendarstellungen und der genutzten virtuellen Umgebungen sowie mit dem sozialen Umfeld zusammen. Dabei wird auch eine Unterscheidung zwischen dem Agieren in gegebenenfalls normfreien virtuellen Räumen und einem notwendigerweise normgeleiteten Handeln in der sozialen Realität immer wichtiger. Ausbildung von Identität: Die skizzierten Chancen und Risiken bei den angesprochenen erziehungs- und bildungsrelevanten Aspekten verweisen zugleich auf Möglichkeiten und Problemlagen bei der Ausbildung von Identität. Identitätsentwicklung wird insgesamt als Persönlichkeitsentwicklung und als ein Prozess verstanden, bei dem Jugendliche in der Auseinandersetzung mit Entwicklungsaufgaben zu einem Bewusstsein des eigenen Selbst gelangen sollen, das durch ein subjektives Empinden eigener Kontinuität und individueller Eigenart bzw. „Unverwechselbarkeit“ in sozialen Zusammenhängen mit der inneren Bejahung des eigenen Ichs gekennzeichnet ist (vgl. u.a. Erikson 1970). Entsprechende Entwick-

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lungsaufgaben für die Ausbildung einer individuellen Persönlichkeit umfassen z.B. das Vollbringen alltäglich notwendiger psychomotorischer Leistungen, ein angemessenes Verhalten in verschiedenen sozialen Zusammenhängen, den Aufbau eines Freundeskreises und die Ablösung vom Elternhaus bei gleichzeitigem Erhalt von Verbundenheit, die Ausgestaltung der eigenen Rolle im Geschlechterverhältnis, die Aneignung kulturell bedeutsamen Wissens und Könnens sowie die Entwicklung gesellschaftsförderlicher Wertvorstellungen. Für die Bewältigung solcher Aufgaben und die Auseinandersetzung mit entsprechenden handlungsleitenden hemen können Medien und damit verbundene virtuelle Räume Kindern und Jugendlichen vielfältige Anregungen sowie Alternativen zum unmittelbaren Erfahrungsraum und sanktionsfreie Erprobungsmöglichkeiten bieten. Mit der Wahrnehmung solcher Möglichkeiten ist allerdings auch die Gefahr verbunden, dass problematische Orientierungen entstehen. Zugleich ist zu bedenken, dass bei Aktivitäten im Netz gewollt oder ungewollt personenbezogene Informationen bzw. Daten hinterlassen werden, die sich u.U. zu einem datenbasierten Bild vom Einzelnen verdichten lassen. Mit Bezug darauf verstärkt sich möglicherweise der Trend, bei Selbstdarstellungen Authentizität immer mehr durch Performance zu ersetzen (vgl. Vorderer u. Klimmt 2016, S. 33). Zugleich dürfte für die Identitätsentwicklung eine Relexion von Widerspiegelungen hinterlassener Datenspuren sowie ein Nachdenken über das Selbst angesichts immer „intelligenterer“ Leistungen von Computertechnologie bedeutsamer werden. Diese Überlegungen machen zusammen mit den – bei den vorherigen Aspekten – angesprochenen Chancen und Risiken noch einmal darauf aufmerksam, dass aus der Mediennutzung bzw. dem Agieren in virtuellen Welten nicht nur neue Möglichkeiten erwachsen, sondern auch verschiedene Problemlagen, welche die Ausbildung von Identität erschweren oder gar verhindern können und dann u.U. Identitätsdifusion statt Identitätsbildung zur Folge haben. Insgesamt stellen die aufgezeigten Chancen und Risiken der Mediennutzung eine große Herausforderung für Erziehung und Bildung dar. Ein persönlichkeits- und gesellschaftsförderlicher Umgang mit Medien ergibt sich keineswegs von selbst, sondern bedarf der Anleitung, der Anregung und der Unterstützung durch Erziehung und Bildung. Wie diese aussehen können, wird immer wieder hema dieses Buches sein. Ehe Sie weiterlesen, empfehlen wir, dass Sie sich vor dem Hintergrund der Überlegungen in den Abschnitten 1.1.2 bis 1.1.4 noch einmal dem im Abschnitt 1.1.1 skizzierten Tagesablauf und Ihren (gegebenenfalls) dazu gemachten Notizen zuwenden. Bedenken Sie bitte ausgewählte mediale Aktivitäten aus dem Tagesablauf unter dem Gesichtspunkt, welche Vorzüge und Probleme damit für Marvin verbunden sein können.

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1.2 Medienbegrif und Medienmerkmale 1.2.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Um pädagogische Fragen der Auseinandersetzung mit Medien in nachvollziehbarer Weise bearbeiten zu können, bedarf es einer Klärung der dabei verwendeten Begriffe. Ein zentraler Begrif ist der Medienbegrif selbst. In der Umgangssprache sowie in der pädagogischen Diskussion und Literatur taucht der Medienbegrif in verschiedenen Zusammenhängen auf, wobei er in unterschiedlicher Weise verstanden wird. Dies zeigt sich z.B. an Aussagen folgender Art: (a) (b) (c) (d) (e) (f ) (g) (h)

Digitale Medien verursachen einen gesellschaftlichen Wandel. Die Zeitung und das Fernsehen sind auch im digitalen Zeitalter wichtige Medien. Die Wirtschaft ist ohne das Medium „Werbung“ nicht denkbar. Die Lehrperson bleibt in der Schule das wichtigste Medium für die Kinder. Musik ist ein Medium, das vor allem zur Stimmungskontrolle eingesetzt wird. Tafel und Kreide sind die am häuigsten verwendeten Medien im Unterricht. Das Experiment ist das bedeutendste Medium im Fach Physik. Die Sprache ist das grundlegendste aller Medien.

Im Hinblick auf solche oder ähnliche Formulierungen stellt sich die Frage, ob der in den einzelnen Äußerungen jeweils unterlegte Medienbegrif für wissenschaftliche Betrachtungen zweckmäßig ist. Nehmen Sie bitte eine erste Einschätzung zu dieser Frage vor. Für eine diferenzierte Einschätzung ist es wichtig, zwei Fragestellungen nachzugehen: (1) Welches Begrifsverständnis von Medien sollte der Medienpädagogik als einer wissenschaftlichen Disziplin unterlegt werden? (2) Durch welche Merkmale lassen sich Medien kennzeichnen? Die Überlegungen zu diesen Fragen werden bedeutsame begriliche Klärungen für die Bearbeitung von Erziehungs- und Bildungsanforderungen im Medienbereich aufzeigen. 1.2.2 Medienbegrif Der Begrif „Medium“ meint in der Umgangssprache in der Regel ein Mittel oder einen Mittler bzw. etwas „Vermittelndes“. So verwundert es nicht, wenn er – wie in den obigen Aussagen angezeigt – für sehr unterschiedliche Sachverhalte verwendet wird. Hinsichtlich der Frage, ob es aus wissenschaftlicher Sicht sinnvoll ist, all die obigen Sachverhalte mit dem Begrif „Medium“ zu belegen, ist zunächst wichtig, dass ein Sachverhalt oder Inhalt in unterschiedlicher Weise präsent sein kann, z.B. in der Form eines beobachtbaren Gegenstandes, eines Bildes oder einer Beschreibung. So erfahren auch Kinder und Jugendliche im Laufe ihrer Entwicklung zahlreiche Sachverhalte bzw. Inhalte in unterschiedlichen Formen. Dabei können die Sachverhalte bzw. Inhalte auf Wirklichkeitsbereiche bezogen sein, die sich mit den menschlichen

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Sinnen unmittelbar erfassen lassen, z.B. „Kaufhaus“ oder „Schif“; es kann sich aber auch um Sachverhalte oder Inhalte handeln, die keine mit den Sinnen unmittelbar erfassbare Entsprechung haben, z.B. „Fegefeuer“ oder „Hölle“. Im Folgenden legen wir den Akzent zunächst auf Sachverhalte oder Inhalte, die einen Wirklichkeitsbereich betrefen, der über Sinneswahrnehmungen direkt erfahrbar ist. Beispielsweise kann ein Kind den Sachverhalt „Zoo“ dadurch kennen lernen, dass es mit den Eltern einen Auslug in einen Zoo unternimmt und so die Tiere, Gehege, Käige und Geschehnisse in realer Form erlebt und beobachtet. Eine andere Möglichkeit, den Sachverhalt „Zoo“ kennen zu lernen, besteht darin, dass ein Kind in einem Spielwarenladen das Modell eines (Spiel-)Zoos entdeckt oder zu Hause mit verschiedenen Bauteilen und Tieriguren selbst einen „Zoo“ aufbaut. Eine dritte Form liegt vor, wenn eine Lehrperson im Unterricht Bilder oder einen Dokumentarilm mit Realaufnahmen oder schematischen Darstellungen aus einem Zoo präsentiert. Schließlich ist es auch möglich, mit dem Sachverhalt „Zoo“ aufgrund verbaler Darstellungen – ohne bildhafte Unterstützung – in Berührung zu kommen. In Anlehnung an dieses Beispiel lassen sich folgende Formen unterscheiden, in denen ein Sachverhalt bzw. Inhalt erfahren werden kann: – reale Form, diese ist z.B. beim Handeln oder bei Beobachtungen in der Wirklichkeit, bei der personalen Begegnung mit Menschen oder beim realen Umgang mit Tieren oder Sachen gegeben, – modellhafte Form, diese liegt z.B. beim Umgang mit Modellen oder beim simulierten Handeln im Rollenspiel und entsprechenden Beobachtungen vor, – abbildhafte Form, diese ergibt sich z.B. bei der Information mit Hilfe objektgetreuer oder schematischer bzw. typisierender Darstellungen, – symbolische Form, diese besteht z.B. in der Aufnahme von Informationen aus verbalen Darstellungen oder nicht-verbalen Zeichen. Die Erfahrungsformen, in denen Kindern und Jugendlichen verschiedene Inhalte bekannt werden, sind mitentscheidend für die Vorstellungen, die sie von den jeweiligen Sachverhalten bzw. von der Wirklichkeit überhaupt entwickeln. So wird ein Kind, das bei einem Auslug mit seinen Eltern selbst einen Zoo erlebt hat, mit dem Begrif andere Vorstellungen verbinden, als ein Kind, das den Begrif (nur) durch Erläuterungen einer Lehrperson kennen gelernt hat. Im Hinblick auf die Vorstellungsbildung ist zu bedenken, dass bereits die modellhafte Form eine Reduktion im Vergleich zur Wirklichkeit bedeutet. Gleiches gilt für abbildhafte und erst recht für rein verbale bzw. symbolische Darstellungen. Aus dieser Sicht ist es in der Regel wünschenswert, dass Vorstellungen über die Wirklichkeit aus der Beobachtung oder aus dem konkreten Handeln in der Realität erwachsen. Bei nur modellhaften, abbildhaften oder symbolischen Erfahrungsformen besteht immer die Möglichkeit, dass sich unangemessene oder irreführende Vorstellungen über die Wirklichkeit ausbilden. Beispielsweise können Kinder, die noch nie einen

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Elefanten in der Realität, sondern nur auf Bildern ohne Vergleichsgegenstände gesehen haben, keine angemessenen Vorstellungen über dessen Größe entwickeln. Diese Überlegungen besagen allerdings nicht, dass Lernvorgänge immer mit Beobachtungen oder konkretem Handeln in der Realität beginnen müssten. Dort, wo aufgrund des bisherigen Lebens- und Bildungsweges bereits unmittelbare Erfahrungen zu einem Sachverhalt bzw. Wirklichkeitsbereich vorliegen, kann auf diese zurückgegrifen und mit modellhaften, abbildhaften oder symbolischen Darstellungen angemessen gelernt werden. Wenn eine Grundschullehrerin im Sachunterricht beispielsweise das hema „Verhalten von Katzen“ behandeln will, kann sie davon ausgehen, dass alle Kinder bereits reale Erfahrungen mit Katzen gemacht haben. In diesem Falle genügt das Bild einer Katze, um entsprechende realitätsbezogene Vorstellungen zu aktivieren. Unter Umständen bietet es sich auch an, einen Wirklichkeitsbereich bzw. einen Inhalt wegen der besseren Überschaubarkeit und der Möglichkeit der Typisierung bzw. des Sichtbarmachens von Strukturen (zunächst) über schematische Skizzen bzw. abbildhafte Darstellungen zu erschließen. Beispielsweise kann es durchaus sinnvoll sein, Vorstellungen von einer Hochofenanlage in einem Stahlwerk zunächst dadurch zu vermitteln, dass der Vorgang der Roheisengewinnung schematisch dargestellt wird. In der Regel ist allerdings anzustreben, dass mit anschließenden Erkundungen der Bezug zur äußeren bzw. realen Erscheinungsform hergestellt wird. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass in vielen Wirklichkeitsbereichen unmittelbare Erfahrungen zwar prinzipiell möglich, aber aufgrund räumlicher bzw. ökonomischer, ethischer, gesundheitlicher oder anderer Bedingungen nicht realisierbar sind. Beispielsweise sind im Geographie-Unterricht nicht zu jedem hema Exkursionen durchführbar. Darüber hinaus können unmittelbare Erfahrungen aus zeitlichen Gründen unmöglich sein, z.B. bei historischen hemen. Schließlich gibt es Fälle, in denen Wirklichkeitsbereiche von vornherein nur mit Hilfe technischer Instrumente erschlossen werden können, z.B. mit Mikroskop oder Teleskop, weil die Sinnesmöglichkeiten nicht ausreichen. Dennoch hat der obige lerntheoretische Hinweis – auch angesichts des zunehmenden Anteils mittelbarer Erfahrungen – eine besondere Bedeutung: Inhaltliche Vorstellungen sollten – wenn dies realisierbar bzw. möglich ist – auf unmittelbare Erfahrungen bezogen werden. Allerdings verweisen die obigen Überlegungen auch darauf, dass jede Erfahrungsform ihre Vorzüge und Grenzen hat und dass keine Erfahrungsform den anderen generell überlegen oder unterlegen wäre. Die besondere Eignung einer Erfahrungsform für das Lernen ist immer von den jeweiligen Lernvoraussetzungen, Zielen und Inhalten abhängig. Weiterhin gilt, dass verschiedene Erfahrungsformen kombiniert auftreten können. So stellt z.B. eine Lehrperson, die den Begrif des Zoos mit Hilfe einer Bildreihe einführt und die Bildreihe dabei kommentiert, für die Schülerinnen und Schüler sowohl abbildhafte als auch verbale bzw. symbolische Erfahrungsmöglichkeiten bereit. Welche Erfahrungsform vorliegt, bestimmt sich allerdings erst durch den inhaltlichen Gegenstand, auf den sich das Interesse richtet. Wird der Sachverhalt „Zoo“ beispiels-

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weise von einer Lehrperson verbal beschrieben, so ergibt sich in Bezug auf diesen Gegenstand eine symbolische Form der Erfahrung für die Schülerinnen und Schüler. Wird eine entsprechende Unterrichtsstunde jedoch von Studierenden besucht, die Beobachtungen zur Lehrersprache durchführen wollen, so werden die verbalen Äußerungen zu einer realen Darstellung im Hinblick auf den Inhalt „Lehrersprache“. Bei der Unterscheidung verschiedener Erfahrungsformen wurde zunächst unterstellt, dass modellhafte, abbildhafte oder symbolische Darstellungen benutzt werden, um die Entwicklung von Vorstellungen zu einem bestimmten Wirklichkeitsbereich zu unterstützen. Modellhafte, abbildhafte oder symbolische Darstellungen lassen sich aber auch für iktionale Präsentationen nutzen – etwa wenn Phantasieiguren modellartig gestaltet oder Geschichten mit sprechenden oder singenden Tieren präsentiert werden. Des Weiteren kann versucht werden, Bereiche, die keine unmittelbar mit den Sinnen erfahrbare Entsprechung haben, in modellhafter, abbildhafter oder symbolischer Form darzustellen, z.B. in Kunstwerken zum Himmel oder zum Jüngsten Gericht. Auch mit solchen Kunstwerken kann die Bildung von Vorstellungen zu den jeweiligen Inhalten angeregt werden. Insgesamt verweisen die bisherigen Überlegungen auf die Bedeutung der Erfahrungsformen für die Entwicklung von Vorstellungen zu den betrefenden Inhalten. Zugleich lässt sich festhalten, dass jede Interaktion des Menschen mit der Umwelt eine formbezogene Komponente hat. Insofern stellen die Erfahrungsformen ein konstitutives Element der Interaktion des Menschen mit der Umwelt dar. Da sie in gewisser Weise einen vermittelnden Charakter haben, werden sie manchmal schon selbst als Medien bezeichnet. Aus pädagogischer Sicht ist es zunächst wichtig, bei der Betrachtung der Interaktion des Menschen mit seiner Umwelt alle Erfahrungsformen – von der realen bis zur symbolischen – im Blick zu behalten. Allerdings bedeutet dies keineswegs, dass der wissenschaftliche Medienbegrif alle Erfahrungsformen umfassen muss. Für die Medienpädagogik erscheint es zweckmäßiger, den Medienbegrif speziischer zu fassen und ihn auf seine Mittlerfunktion bei technisch vermittelten und technisch verfügbaren Formen der Erfahrung einzugrenzen. Dies bedeutet, dass mediale Erfahrungsmöglichkeiten auf technischer Unterstützung beruhen und grundsätzlich losgelöst vom Urheber oder ursprünglichen Sachverhalt zur Verfügung stehen und mit technischen Mitteln bearbeitbar sind. Eine solche Eingrenzung eröfnet in besonderer Weise die Möglichkeit, die Merkmale technisch vermittelter und verfügbarer Erfahrungsformen zu untersuchen und wissenschaftliche Aussagen dazu zu formulieren. Gleichzeitig können und sollen dabei andere Formen der Erfahrung – in Abgrenzung und im Vergleich zu medialen Erfahrungsformen – in die Betrachtung einbezogen werden, beispielsweise wenn es um die Frage geht, welche Erfahrungsform für die Behandlung eines bestimmten Unterrichtsinhalts besonders geeignet erscheint. Eine Eingrenzung des Medienbegrifs auf seine Mittlerfunktion bei technisch vermittelten und verfügbaren Erfahrungsformen bietet sich auch aus historischer Perspek-

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tive an: Der Medienbegrif und der Begrif der Medienpädagogik sind im Kontext der sich ausbreitenden technischen Vermittlungsmöglichkeiten von Inhalten durch Film, Radio und Fernsehen entstanden. Demnach waren oder sind als Medien Buch, Zeitung, Illustrierte und weitere Schreib- oder Druckerzeugnisse, Arbeits- und Diaprojektion, Film und Fernsehen, Radio und andere Tonmedien, Video und weitere Bildmedien sowie Computer und Internet im Fokus der Medienpädagogik. Dabei gilt allerdings, dass beispielsweise ein Buch als bloßer Gegenstand noch kein Medium ist; es wird erst dadurch zu einem Medium, dass es zum Zweck der Vermittlung von Inhalten gedruckt wurde oder gelesen wird. Anders gesagt: Ein Medium wird erst durch die kommunikationsbezogenen Absichten oder Nutzungen bzw. durch die kommunikativen Zusammenhänge, in denen es steht, zu einem Medium. Dies bedeutet zugleich, dass bei der Betrachtung eines Mediums sowohl die inhaltlichen Botschaften und ihre Gestaltung als auch seine Einlüsse auf Individuum und Gesellschaft sowie die Bedingungen seiner Produktion und Verbreitung beachtet werden müssen. Darüber hinaus gilt, dass der Medienbegrif sowohl die technischen Geräte bzw. die Einrichtungen zur Erzeugung, Übertragung, Speicherung, Wiedergabe oder Verarbeitung von potenziellen Zeichen als auch die dazugehörigen Materialien bzw. die Software sowie deren funktionales Zusammenwirken bei der Kommunikation umfasst. Dabei ist bewusst von potenziellen Zeichen die Rede, weil die durch Medien vermittelten (physikalischen) Signale erst dadurch zu Zeichen werden, dass ihnen von den an der Kommunikation beteiligten Personen Bedeutungen zugewiesen werden (vgl. Herzig 2012, S. 227; Tulodziecki 2015a, S. 199f.). Allerdings ist im alltäglichen Sprachgebrauch hin und wieder eine Gleichsetzung des technischen Gerätes mit dem Medienbegrif anzutrefen. Dies mag zwar in vielen Zusammenhängen der Alltagskommunikation unproblematisch sein, aus medienpädagogischer Perspektive läuft sie jedoch Gefahr, das Medium auf das wahrnehmbare Interface zu beschränken und daraus gegebenenfalls sogar abzuleiten, dass das Bedienen des Interface einen hinreichend kompetenten Umgang mit dem Medium bedeute. Insbesondere bei digitalen Medien würden damit sowohl die kommunikativen Zusammenhänge ausgeblendet als auch die komplexe technologische Architektur „hinter“ dem Interface, die erst die besonderen Interaktionsarten, Ausdrucksformen und Medienbeiträge sowie die mit der Vernetzung verbundenen Anwendungen ermöglicht. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen bietet es sich in medienpädagogischen Kontexten an, Medien als Mittler zu verstehen, durch die in kommunikativen Zusammenhängen potenzielle Zeichen mit technischer Unterstützung aufgenommen bzw. erzeugt und verarbeitet, übertragen, gespeichert oder wiedergegeben bzw. präsentiert werden und verfügbar sind – wobei davon ausgegangen wird, dass ihre Inhalte im Zusammenhang mit ihrer Form Einlüsse auf Individuum und Gesellschaft ausüben und im Kontext von technischen, rechtlichen, ökonomischen, personalen, institutionellen, politischen und weiteren gesellschaftlich-kulturellen Bedingungen ihrer Produktion und Verbreitung zu sehen sind.

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Dabei kann der Medienbegrif sowohl das jeweilige „Gesamtmedium“ bzw. bestimmte Medienarten oder Medienbereiche meinen, z.B. das Fernsehen oder den Computer, als auch bestimmte „Gestaltungsarten“, z.B. Fernsehmagazin oder Lernprogramm, sowie „Einzelmedien“, z.B. eine bestimmte Fernsehsendung oder eine bestimmte Webseite. Wenn der Blick im Folgenden nicht nur auf das „Gesamtmedium“ gerichtet werden soll, sondern vor allem auf „Gestaltungsarten“, verwenden wir diesen Begrif; soll er vor allem auf „Einzelmedien“ gerichtet sein, sprechen wir auch von „Medienbeiträgen“ oder „Medienangeboten“ bzw. von „medialen Produkten“, „medialen Beiträgen“ oder „medialen Angeboten“. Die Begrife „Medienangebot“ oder „mediales Angebot“ können sich allerdings in einzelnen Textzusammenhängen auch auf die Gesamtheit der angebotenen medialen Möglichkeiten beziehen. Mit diesen Begrifsüberlegungen soll nicht suggeriert werden, dass es in der Medienpädagogik einen einheitlichen bzw. einen allgemein akzeptierten Medienbegrif gäbe. Dies ist keineswegs der Fall (vgl. Hug 2007). Insbesondere wenn die Debatten um den – unter 1.1.3 bereits angesprochenen – medial turn und um Medialität bzw. die damit verbundenen Überlegungen, dass alle Erkenntnis und Bildung „medial“ vermittelt sei, auf die Medienpädagogik übertragen werden, entsteht der Eindruck, dass der Medienbegrif eine zu starke Fokussierung auf Zeichensysteme (von der Sprache über die Musik bis zu mathematischen und weiteren nicht-verbalen Zeichen) und die Werkzeugebene (Medien als Hilfsmittel von Erkenntnis) erfährt, und dass er dabei von technischen und weiteren wichtigen Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung losgelöst wird. Die Folge könnte ein unscharfer Medienbegrif sein, der nicht mehr zu einer speziischen Beschreibung und Bearbeitung medienpädagogischer Probleme taugt. Allerdings soll mit dieser Einschätzung nicht infrage gestellt werden, dass die Relexion über Medialität zum hemenbereich der Medienpädagogik gehört und dass Medialitätsbewusstsein eine wichtige Komponente medienpädagogischer Intentionen darstellt (vgl. Hug 2007, S. 23f.; Wagner 2013, S. 9). Insgesamt ergibt sich daraus die Folgerung, dass stets zu prüfen ist, welcher Medienbegrif den jeweiligen medienpädagogischen Aussagen zugrunde liegt (vgl. dazu auch Tulodziecki 2011, S. 28). 1.2.3 Medienmerkmale Die obigen Überlegungen verdeutlichen, dass die Erfahrungsformen nicht nur für die Vorstellungsbildung generell, sondern auch speziell für die Vorstellungsbildung aufgrund medialer Erfahrungen wichtig sind. Dabei werden abbildhafte sowie symbolische Erfahrungsformen auch Codierungsarten genannt, weil in Medien die gemeinten Inhalte nicht unmittelbar erscheinen, sondern durch Zeichen bzw. Codes repräsentiert bzw. „verschlüsselt“ werden. Die Entschlüsselung der Codes nehmen Mediennutzer vor, wenn sie die Zeichen als solche erkennen (z.B. Buchstaben oder Wörter bei einem schriftlichen Text oder Bilder bei einem Video) und ihnen Bedeutungen zuweisen.

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Bei den Codierungsarten kann man demgemäß zwischen einer abbildhaften und einer symbolischen Codierung diferenzieren. Bezogen auf Sachverhalte oder Inhalte, die auf Sinneswahrnehmungen bezogen sind, lässt sich die abbildhafte Codierung noch einmal in objektgetreue und schematische bzw. typisierende Darstellungen unterteilen. Objektgetreue Darstellungen sind dadurch gekennzeichnet, dass mindestens ein Aspekt eines „Abbildungsobjekts“ oder einer „abgebildeten“ Situation realitätsnah wiedergegeben wird, z.B. das Erscheinungsbild einer Person bei der Fotograie oder Originalgeräusche aus einer Schreinerwerkstatt bei einem Tondokument. Dabei kann es sich um nicht-inszenierte oder inszenierte „Objekte“ oder Situationen handeln. Typisierende Darstellungen abstrahieren dagegen vom realen Gegenstand oder Vorgang durch akzentuierende Darstellungen. Dies kann in Form von graischen Präsentationen geschehen, z.B. bei der Darstellung eines technischen Vorgangs im Zeichentrick, oder durch künstlich erzeugte Geräusche, z.B. bei der Simulation von Regengeprassel im Hörspiel. Bei den symbolischen Codierungen lassen sich verbale von nicht-verbalen Symbolen unterscheiden. Beispielsweise ist das Wort „Stein“ ein verbales Symbol für den gemeinten Gegenstand, während ein Dreieck, das in einer Wanderkarte für einen Aussichtspunkt steht, ein nichtverbales Symbol darstellt. Neben den Codierungsarten sind weitere Merkmale für die Medien relevant, und zwar die Sinnesmodalitäten, die Darstellungsformen, die Gestaltungstechniken, die Gestaltungsformen, die Ablauformen und die Gestaltungsarten. Hinsichtlich der Sinnesmodalitäten werden durch Medien in der Regel der Hörsinn oder der Sehsinn oder beide angesprochen. Medien, die nur den Hörsinn oder nur den Sehsinn ansprechen, bezeichnet man als auditive oder als visuelle Medien. Bei den visuellen Medien kann man noch die visuell-statischen von den visuelldynamischen Medien unterscheiden. Beide können als zwei- oder dreidimensionale Präsentationen auftreten. Werden sowohl der Hör- als auch der Sehsinn angesprochen, hat man es mit audiovisuellen Medien zu tun. Beispielsweise ist der Hörfunk ein auditives, die Fotograie ein visuell-statisches, der Stummilm ein visuell-dynamisches und das Fernsehen ein audiovisuelles Medium. Manchmal wird der Begrif der audiovisuellen Medien auch als Oberbegrif für alle vier Medienarten verwendet. Weiterhin gilt, dass bei computerbasierten Medien, z.B. bei Computerspielen, unter Umständen noch der Tastsinn sowie Bewegungs- und Koordinierungsfähigkeiten angesprochen werden. Darüber hinaus gibt es auch einzelne mediale Darstellungen, bei denen versucht wird, den Geruchssinn einzubeziehen. Durch die Verbindung von Codierungsarten mit Sinnesmodalitäten ergeben sich bestimmte Darstellungsformen. Eine Übersicht mit möglichen Ausprägungen der Verbindung von Codierungsarten mit der visuellen oder auditiven Sinnesmodalität zeigt Darstellung 1.1 (vgl. auch Weidenmann 2002, S. 45f.). Die Darstellungsformen können bei den verschiedenen Medienarten einzeln oder kombiniert auftreten.

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Darst. 1.1: Mögliche Darstellungsformen bei der Verbindung von Codierungsart und auditiver sowie visueller Sinnesmodalität

Für die verschiedenen Darstellungsformen und ihre Kombination in den Medien gibt es unterschiedliche Gestaltungstechniken. Beispielsweise kann man bei ilmischen Darstellungen u.a. die Einstellungsgröße, die Einstellungsperspektive, die Kamerabewegung, die Montage und die Tongestaltung nennen, bei auditiven Darstellungen sind es u.a. Regulierung der Lautstärke, Bass- und Höhenkontrolle, Tonmischung, Multi-Play, Trickefekte oder Blenden und Schnitt. Ein weiterer Gesichtspunkt zur Unterscheidung von medialen Beiträgen sind die gewählten Gestaltungsformen. Gestaltungsformen sind in der Regel mit bestimmten Funktionen verknüpft und können in unterschiedlichen Medienarten Verwendung inden. Beispiele sind Nachricht, Bericht, Kommentar, Aufgabenstellung, Lehrprogramm und Werbung. Sie können u.a. in Printmedien, digitalen Medien, Radio und Fernsehen auftauchen. Weitere Beispiele für Gestaltungsformen sind Moderation, Spielszene, Interview, Simulation und Reportage. Dabei haben beispielsweise Nachrichten eine informierende Funktion, während Kommentare einen bewertenden, Moderationen einen einführenden oder überleitenden und Spielszenen einen unterhaltenden Charakter haben. Des Weiteren lassen sich mediale Produkte hinsichtlich technischer Abläufe bei der Nutzung durch unterschiedliche Ablauformen kennzeichnen. So kann ein medialer Beitrag u.a. ruhend, z.B. als Bild, oder bewegt bzw. lüchtig, z.B. als Film, präsentiert werden. Außerdem lassen sich, z.B. lineare und nicht-lineare Abläufe unter-

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scheiden, wobei letztere responsiv oder adaptiv sein können. Eine lineare Form liegt vor, wenn Informationen oder Sequenzen in festgelegter Reihenfolge präsentiert werden, und eine responsive Form, wenn der Nutzer über geeignete Schnittstellen bzw. Befehle den Ablauf eines medialen Angebots bzw. eines Programms durch eigene Aktionen bestimmen kann. Letzteres ist in der Regel bei Internetrecherchen der Fall. Die Steuerung kann dabei unterschiedlich erfolgen: mechanisch (z.B. Tastatur oder Maus), durch sprachliche Eingaben (Sprachassistent), durch Berührung (z.B. Touchscreen) oder durch Gesten, die durch Sensoren oder Kameras erfasst werden (z.B. Lagesensoren im Smartphone oder 3D-Kamera bei Computerspielen). Eine Sonderform responsiver Abläufe ist bei transaktiven Formen gegeben. Von diesen spricht man, wenn Nutzende mit Hilfe von Medien bestimmte Aktionen in anderen Systemen auslösen können. Beispiele hierfür sind das Online-Banking oder das Teleshopping. Adaptive Formen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Darbietung, z.B. bei einem computerpräsentierten Lernprogramm, aufgrund bekannter Merkmale der Nutzenden bzw. gespeicherter Daten vom Medium gesteuert wird. Beispielsweise können bei einem entsprechenden Lernprogramm Anzahl und Art von Übungsaufgaben an den mit einem Test ermittelten Leistungsstand von Nutzenden angepasst werden. Eine weitere Möglichkeit, einen medialen Beitrag zu charakterisieren, ist die Gestaltungsart. Die Gestaltungsart ist durch die Verbindung verschiedener Gestaltungs- oder Darstellungsformen mit einer Medienart gekennzeichnet. Beispielsweise lässt sich die Gestaltungsart „Radionachrichten“ als Verbindung der Gestaltungsform „Nachricht“ mit der Medienart „Radio“ aufassen oder die Gestaltungsart „Fernsehilm“ als Verbindung der Darstellungsform „Film“ mit der Medienart „Fernsehen“. Weitere Beispiele für Gestaltungsarten sind Radiohörspiel, Computersimulation, Videoclip, Hörmagazin, Kriminalilm, Fernsehserie, Webseite oder Internetchat. Über die bisher genannten Gesichtspunkte hinaus, können sich die verschiedenen Medien- und Gestaltungsarten sowie die medialen Produkte durch ihre Produktions- und Verbreitungsbedingungen unterscheiden. So werden mediale Produkte beispielsweise in verschiedenen Institutionen unter jeweils speziischen Bedingungen produziert, z.B. in Verlagen, Rundfunkanstalten oder SoftwareFirmen. Auch die Verbreitungswege unterscheiden sich zum Teil erheblich, z.B. Buchhandel, Elektrohandel oder Computernetze. Gleiches gilt für Rezeptionsbedingungen, z.B. Kinosaal, Wohnzimmer, häuslicher Schreibtisch oder Klassenraum in der Schule. Die obigen Merkmale erlauben es, einzelne Medien- und Gestaltungsarten nach ihren Gestaltungsmöglichkeiten und mediale Produkte nach den jeweils gewählten Möglichkeiten zu charakterisieren.

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Als Beispiel wird im Folgenden das 2015 produzierte mediale Angebot „Vulkanismus“ kurz charakterisiert. Es handelt sich um eine DVD-ROM, die von der Gesellschaft für Information und Darstellung mbH (GIDA) herausgegeben und als multimediale Lernumgebung für die Sekundarstufe I (Klasse 7-9) gestaltet wurde (vgl. GIDA 2015). hematisch geht es um die Entstehung und die Arten des Vulkanismus. Hinsichtlich der oben eingeführten Medienmerkmale lässt sich die DVD-ROM folgendermaßen charakterisieren: – Codierungsarten: abbildhaft-objektgetreu und abbildhaft-schematisch bzw. typisierend sowie symbolisch-verbal und symbolisch-nicht-verbal, – Sinnesmodalitäten: visuell-statisch, visuell-dynamisch, audiovisuell, – Darstellungsformen: objektgetreue Bilder, ilmische Darstellungen, Skizzen, Graiken, Zeichentrick bzw. (3D-)Animationen, schriftliche Texte, nicht-sprachliche optische Symbole, aufgezeichnete Originaltöne, künstlich erzeugte akustische Nachbildungen, gesprochene Texte, – Gestaltungstechniken: vielfältige Gestaltungstechniken bei den jeweiligen Darstellungsformen, z.B. verschiedene Schriftgrößen bei schriftlichen Texten, farbige Hervorhebungen bei Graiken, ruhige Schnittfolgen bei Filmeinspielungen, Sketching sowie Modeling und Rendering bei Animationen, – Gestaltungsformen: informierende, kommentierende, lehrorientierte und werkzeugartige Bestandteile in verschiedenen Formen, z.B. Dokumentationen, Karten, Diagramme, Berichte, Lehrtexte, Aufgabenstellungen, Testaufgaben, Menüs, Hilfstexte, Glossar, Steuerleisten mit verschiedenen Schaltlächen (Buttons) sowie Fenster als Gestaltungsformen, – Ablauformen: ruhend und lüchtig, linear und responsiv, – Gestaltungsart: DVD-ROM in der Form eines multimedialen Lehrsystems. Hinsichtlich der Produktions- und Verbreitungsbedingungen ist zu ergänzen, dass die DVDROM sowohl für den Einsatz am PC als auch für die Nutzung am interaktiven Whiteboard konzipiert ist. Der Vertrieb erfolgt als Schullizenz oder als Lizenz für Medienzentren in Form einer DVD oder als Download.

Eine solche Kennzeichnung vermittelt eine Übersicht über formale Merkmale von medialen Produkten. Sie kann u.a. in Verbindung mit inhaltlichen Aspekten als Hilfe für unterrichtliche Verwendungsentscheidungen dienen. Außerdem können die Medienmerkmale genutzt werden, um Gestaltungsanforderungen für auszuwählende Medienangebote oder selbst zu erstellende Medienbeiträge zu beschreiben (siehe dazu Abschnitt 3.3). Wir empfehlen, dass Sie sich nun noch einmal die Aussagen zu Medien im Abschnitt 1.2.1 anschauen. Auf der Grundlage der Überlegungen in den Abschnitten 1.2.2 und 1.2.3 können Sie nun die in den Aussagen (a) bis (h) vorkommenden Verwendungen des Medienbegrifs hinsichtlich möglicher Unklarheiten analysieren. Bestimmen Sie bitte die Aussagen, in denen der Medienbegrif im Sinne des präzisierten Verständnisses gemäß Abschnitt 1.2.2 verwendet wird oder diesem wenigstens nicht widerspricht.

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1.3 Medienpädagogik als Wissenschaft und Lehre 1.3.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen In der erzieherischen und bildungsbezogenen Auseinandersetzung mit Medien spielen – neben dem im Abschnitt 1.1.2 erläuterten Medienbegrif – weitere Begrife eine wichtige Rolle, z.B. Medienpädagogik, Mediendidaktik, Medienerziehung, Mediensozialisation, Medienbildung und Medienwissenschaft. Auch bei diesen Begrifen tauchen – ähnlich wie beim Medienbegrif – unterschiedliche Begrifsverständnisse und einzelne Unklarheiten auf. So indet man in medienpädagogischen Diskussionen u.U. Formulierungen folgender Art: (a) Die Mediendidaktik solle geeignete Ziele für die Auseinandersetzung von Kindern und Jugendlichen mit ihrer Mediennutzung festlegen. (b) In der Medienerziehung gehe es um Anregungen, Unterstützungen und Anleitungen für einen sinnvollen Mediengebrauch. (c) Neben der Mediendidaktik sei die Medienpädagogik ein wichtiges Teilgebiet bei der Auseinandersetzung mit Medien. (d) Mediensozialisation ziele auf eine gesellschaftlich wünschenswerte Mediennutzung. (e) Die Medienerziehung habe die Aufgabe, Lehrpersonen Kriterien für eine lernförderliche Verwendung von Medien im Unterricht an die Hand zu geben. (f ) Es sei ein wichtiges Ziel der Medienbildung, Schülerinnen und Schüler kritikfähig gegenüber Medien zu machen. (g) Aufgabe der Medienwissenschaft sei es, ungeprüfte Annahmen der Medienpädagogik empirisch zu prüfen. (h) Angesichts des zunehmenden Medienkonsums in der Freizeit sei die Medienpädagogik ein wichtiges Praxisfeld der Schule. (i) Die Medienwissenschaft sei eine wichtige Bezugsdisziplin der Medienpädagogik. 

Es stellt sich die Frage, ob diese Begrifsverwendungen aus der Sicht einer transparenten Systematik angemessen bzw. zweckmäßig sind oder nicht. Überlegen Sie dazu bitte eine erste kurze Stellungnahme. Um zu nachvollziehbaren Einschätzungen zu kommen, ist die Behandlung dreier Fragen sinnvoll: (1) Wie lassen sich verschiedene Situationen und pädagogisch relevante Prozesse im Medienbereich unterscheiden? (2) Welche Rolle kommt der Medienpädagogik bei der Auseinandersetzung mit pädagogisch relevanten Fragen von Medien zu? (3) Durch welche Dimensionen und Teilgebiete lässt sich die Medienpädagogik charakterisieren? Entsprechende Überlegungen eröfnen die Möglichkeit, eine Übersicht über das komplexe Gebiet pädagogischer Ansätze im Medienbereich zu gewinnen. Zugleich

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ergibt sich die Chance, den Zusammenhang praktischer Fragestellungen und theoretischer Ansätze in der Medienpädagogik besser zu durchschauen. 1.3.2 Situationen und pädagogisch relevante Prozesse im Medienbereich In der pädagogisch-medienbezogenen Praxis können sich u.a. Situationen folgender Art ergeben: (a) Eine Lehrperson strebt an, dass ihre Schülerinnen und Schüler Konlikte gewaltfrei lösen. Dazu präsentiert sie verschiedene Filmszenen, in denen Kinder gezeigt werden, die in Konlikte geraten und dabei gewaltfreie Handlungsmöglichkeiten entwickeln. Nach der Präsentation bespricht sie die Filmszenen mit ihren Schülerinnen und Schülern und hebt die gewaltfreien Vorgehensweisen positiv hervor. (b) Eine Mutter möchte ihren Sohn schon früh auf einen angemessenen Umgang mit seinem Smartphone einstimmen. Unter dieser Perspektive handelt sie mit ihm aus, wann und wie lange sein Smartphone angestellt sein darf und welche Apps er nutzen kann. (c) Eine Lehrperson möchte, dass ihre Schülerinnen und Schüler Analyse- und Urteilsfähigkeit hinsichtlich der Beeinlussung durch fotograische Darstellungen entwickeln. Dazu regt sie die Jugendlichen an, Kenntnisse zu Gestaltungstechniken von Fotos, z.B. Einstellungsgrößen, Einstellungsperspektiven und Beleuchtung, zu erarbeiten und hinsichtlich potenzieller Wirkungen einzuschätzen, und unterstützt sie bei ihren Lernprozessen. Mit entsprechenden Grundlagen werden anschließend verschiedene Fotos geprüft und beurteilt, ehe die Jugendlichen selbst Fotos unter gezieltem Einsatz von Gestaltungstechniken herstellen und abschließend im Aspekt möglicher Einlüsse bedenken.

Betrachtet man diese drei Situationsbeschreibungen so lassen sich aus medienpädagogischer Sicht folgende Unterschiede und Gemeinsamkeiten feststellen: In der Situation (a) verfolgt die Lehrperson ein allgemeines Ziel (gewaltfreie Konliktlösung), das auch unabhängig von Medien pädagogisch wünschenswert ist. Um dieses Ziel zu erreichen, verwendet sie Medien (hier Filmszenen), von denen sie annimmt, dass sie zur Zielerreichung geeignet sind. Insofern geht es hier um ein Lernen und Lehren mit Medien, wobei das Ziel nicht speziell auf Medien bezogen sein muss. In der Situation (b) hat die Mutter ein Ziel, das im Unterschied zur Situation (a) im Medienkontext verortet ist (angemessener Umgang mit dem Smartphone). Um sich diesem Ziel zu nähern, handelt sie den Smartphone-Gebrauch mit ihrem Sohn aus (Zeiten und Arten der Nutzung). Dies ist als erzieherische Maßnahme zu deuten, weshalb hier von Medienerziehung gesprochen werden kann. In der Situation (c) strebt die Lehrperson ebenfalls ein Ziel an, das dem Medienkontext zuzuordnen ist. Allerdings geht es dabei nicht direkt um das Medienverhalten an sich, sondern um Analyse- und Urteilsfähigkeit (hier hinsichtlich medialer Einlüsse von Fotos). Mit Anregung und Unterstützung durch die Lehrperson erwerben die Schülerinnen und Schüler medienwissenschaftliche Kenntnisse und wenden diese bei der Untersuchung und Beurteilung vorhandener Produkte sowie bei der Gestaltung von eigenen Medienbeiträgen an. Ein solcher Prozess zielt auf

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bildende Wirkungen und geht über eine erzieherische Einwirkung hinaus. Demgemäß kann der Prozess als Medienbildung bezeichnet werden. Diese Analyse verweist in typisierender Weise auf drei Situationen und Prozesse pädagogischer Praxis mit Medienbezug: Lernen und Lehren mit Medien, Erziehung zu einem sinnvollen Umgang mit Medien (Medienerziehung), Erwerb von medienrelevanten Inhalten und von Fähigkeiten zur Medienanalyse, Medienbeurteilung und Mediengestaltung unter der Perspektive eines relektierten Handelns im Medienbereich (Medienbildung). Entsprechende Prozesse sind allerdings nicht als isolierte Vorgänge zu betrachten. Zwischen ihnen kann es Überschneidungen und Verbindungen geben: – Das Lernen und Lehren mit Medien lässt sich als Modell für eine sinnvolle Verwendung von Medien aufassen und hat insofern eine erzieherische Dimension. Des Weiteren können in entsprechenden Prozessen die Gestaltungsmerkmale der verwendeten Medien bedacht und ihre Bedeutung für den Lern-Lehr-Prozess relektiert werden, was auf die mögliche Bildungsdimension der Medienverwendung für Lernen und Lehren verweist. – Die Erziehung zu einem sinnvollen Umgang mit Medien sollte an eine angemessene Nutzung von Medien gebunden sein und demgemäß kann bei erzieherischen Maßnahmen auch mit Medien gelernt werden. Zugleich sollen medienerzieherische Maßnahmen nicht nur auf Verbot und Gewährung bzw. Strafe und Gehorsam beruhen, sondern Begründungen für das erzieherisch gewünschte Verhalten umfassen. Insofern ist davon auszugehen, dass auch bei der Medienerziehung medienbezogene Inhalte thematisiert und relektiert werden, sodass auch ein Lernen über Medien stattindet und sich Bildungsbezüge ergeben. – Medienbildung muss zwar nicht unbedingt mit Medienverwendung erfolgen, kann es jedoch, z.B. wenn ein Lehrilm zur Erläuterung der Gestaltungstechniken bei Fotos verwendet wird. Demgemäß kann auch die Medienbildung mit Prozessen des Lernens mit Medien verbunden sein. Des Weiteren baut die Medienbildung unter Umständen auf erzieherischen Maßnahmen und deren Begründungen auf und liefert selbst Begründungen für angemessene Verhaltensweisen in Medienzusammenhängen. Nimmt man diese Überschneidungen in den Blick und bedenkt, dass es pädagogisch wünschenswert ist, dass auch das Lernen und Lehren mit Medien und erzieherische Maßnahmen der Medienbildung im obigen Sinne dienen, kann der Begrif der Medienbildung auch als Oberbegrif verwendet werden (siehe dazu auch Abschnitt 4.3.3). Dies soll allerdings nicht ausschließen, dass sich bei praktischen Prozessen der Akzent auf erzieherische Intentionen oder auf das Lernen und Lehren mit Medien legen lässt. Bezüglich des Lernens mit Medien kann dabei noch zwischen Situationen unterschieden werden, in denen die Anregung für das Lernen von einer Lehrperson ausgeht [wie in der obigen Situation (a)] oder ein Lernender selbst aufgrund eines eigenen Lernwunsches zu einem Medium als Hilfsmittel greift. Hinsichtlich des Lehrens mit Medien kann die Anregung zum Lernen direkt

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erfolgen oder indirekt, indem z.B. eine mediale Lernumgebung mit der Intention bereitgestellt wird, dass Lernende sie zum Lernen nutzen. Bei einer Verwendung des Begrifs der Medienbildung als Oberbegrif, können des Weiteren Prozesse einbezogen werden, bei denen Kinder, Jugendliche oder Erwachsene im Medienbereich ohne Bildungsabsichten agieren und dabei dennoch bildungsrelevante Erfahrungen machen. Beispielsweise inden Jugendliche unter Umständen Gefallen an einem Computerspiel, in dem es um die Besiedlung einer noch unbewohnten Insel geht. Dabei können sie in spielerischer Weise erleben bzw. lernen, mit welchen Taktiken man die Gewinnchancen beim Spiel steigert und welche Strategien die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöhen. In einem solchen Fall nutzen Jugendliche das Computerspiel in einem informellen Kontext und erwerben kognitive Fähigkeiten, die sich nicht nur auf die inhaltlichen Aspekte des Spiels beziehen, sondern auch auf die Spiellogik und damit verbundene Strategien. Hier geht es dann nicht um eine intentionale, erzieherische oder didaktische Maßnahme mit Medienbezug, sondern um bildungsrelevantes informelles Lernen durch Mediennutzung. Auf der Grundlage obiger Überlegungen umfasst der Begrif der Medienbildung bildungsrelevante Prozesse, bei denen (a) eine Lehr- oder Erziehungsperson Medien zum Zwecke des Lernens verwendet, wobei der Medieneinsatz in der Interaktion mit den Lernenden direkt gesteuert oder im Sinne einer Lernumgebung gestaltet sowie durch relexive Prozesse begleitet wird, (b) ein Lernender aufgrund eigener Lernwünsche Medien in relexiver Weise zu Bildungszwecken nutzt, (c) im Rahmen einer Mediennutzung weder vonseiten einer Lehr- oder Erziehungsperson noch vonseiten eines Lernenden Bildungsabsichten vorliegen, es aber dennoch zu bildenden Wirkungen kommt, (d) bei denen medienbezogene Ziele und Inhalte mit oder ohne Medienverwendung verfolgt werden. Zugleich muss man davon ausgehen, dass das Leben in einer von Medien mitgestalteten Welt – unabhängig davon, ob Bildungsabsichten vorliegen oder nicht – neben wünschenswerten auch nicht erstrebenswerte Einlüsse auf das Wissen über Medien, das Medienverhalten und die Einstellungen zu Medien bzw. auf medienbezogene Fertigkeiten, Verhaltensweisen und Haltungen haben kann. Alle entsprechenden Prozesse lassen sich unter dem Begrif der Mediensozialisation zusammenfassen (vgl. dazu auch Schlömerkemper 2017, S. 36f.). Die damit verbundene, auf Sozialisation gerichtete Sichtweise ist für bildungsrelevantes Handeln von besonderer Bedeutung, weil durch sie Voraussetzungen und Rahmenbedingungen von Bildungsprozessen thematisiert und gegebenenfalls hemmende oder begünstigende Faktoren erkannt werden können (vgl. z.B. Paus-Hasebrink 2017). Mit besonderem Blick auf die Schule und ihre bildenden Aufgaben werden wir im weiteren Verlauf des Buches den Begrif der Medienbildung im oben skizzierten umfassenden Sinne verwenden und dabei auch mediensozialisatorische Prozesse

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beachten. Zunächst aber ist zu klären, wie pädagogisch-medienbezogenes Handeln wissenschaftlich fundiert werden kann. 1.3.3 Zur Rolle der Medienpädagogik bei der Auseinandersetzung mit pädagogisch relevanten Medienfragen Vor dem Hintergrund obiger Beispiele und Überlegungen stellt sich die Frage, wie sich sicherstellen lässt, dass pädagogisch-medienbezogenes Handeln nicht willkürlich oder beliebig vor sich geht, sondern begründet und möglichst auf wissenschaftlicher Grundlage geschieht. Dabei kommt der Medienpädagogik eine wichtige Rolle zur Absicherung und Gestaltung erziehungs- und/oder bildungsrelevanten Handelns mit Medienbezügen zu. Dies soll im Folgenden an einem Beispiel erläutert werden. Nehmen wir an, eine Lehrperson plant einen Unterricht zum hema Datenschutz. Für eine entsprechende Planung bringt sie ihre Vorstellungen zum hema Datenschutz und zu einem entsprechenden Unterricht ein. Solche Vorstellungen, die man auch als subjektive Deutungen oder subjektive heorien bezeichnen kann, lassen sich durch verschiedene Merkmale charakterisieren (vgl. z.B. König u. Volmer 2008, S. 141): – Subjektive Begrifsverständnisse: Entsprechende Verständnisse werden von Handelnden in die Diagnose und Erklärung einer Situation sowie in die Beschreibung und Erwägung von Zielen und Vorgehensweisen eingebracht. Beispielsweise mag eine Lehrperson, die einen Unterricht zum hema Datenschutz plant, unter anderem mit den Begrifen „unbekümmerter Umgang mit Daten“, „Auseinandersetzung mit Datenschutz-Bestimmungen“, „mangelndes Interesse“ oder „kritische Relexion“ operieren. – Subjektive Diagnosen: Diese zielen auf eine Erfassung von Zuständen und enthalten häuig auch wertende Elemente. Die Lehrperson könnte im obigen Beispiel bezüglich der Ausgangssituation unter anderem zu Einschätzungen folgender Art kommen: Die Lernenden gehen in unbekümmerter Weise mit eigenen Daten und Daten von anderen um./Die Lernenden zeigen kein Interesse, sich mit Datenschutz-Bestimmungen auseinanderzusetzen./ Die Lernenden haben ihren Umgang mit Daten bisher kaum relektiert. – Subjektive Ziele: Diese stellen Zielvorstellungen dar, die als wichtig empfunden werden. Beispielsweise mag die Lehrperson bezüglich des Datenschutzes anstreben, dass die Lernenden Interesse an Datenschutzfragen entwickeln und bereit sind, ihren eigenen Umgang mit Daten kritisch zu relektieren sowie Datenschutz-Bestimmungen zu beachten. Gegebenenfalls können solche Zielvorstellungen auch durch gesellschaftliche Anforderungen, wie sie z.B. in Lehrplänen formuliert sind, beeinlusst werden. – Subjektive Erklärungen oder Voraussagen: Mit Erklärungen oder Vorhersagen werden mindestens zwei Aspekte in einen vermuteten Zusammenhang gebracht. Für pädagogisches Handeln sind solche Zusammenhänge besonders bedeutsam, um mögliche Ursachen für vermutete Lernvoraussetzungen zu bestimmen (Erklärung), oder mögliche Vorgehensweisen mit angestrebten Zuständen zu verbinden (Voraussage). Ein Beispiel für eine Erklärung könnte beim hema Datenschutz lauten: Weil die Lernenden keine oder nur unzureichende Kenntnisse dazu haben, wie Daten, die sie z.B. bei der Internetnutzung hinterlassen, ausgewertet werden können, zeigen sie keine Bereitschaft, ihren Umgang mit Daten zu relektieren. Ein Beispiel für eine Voraussage wäre: Falls Jugendliche erfahren,

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zu welchen Zwecken Daten aus der Smartphone-Verwendung genutzt werden können, entwickeln sie Interesse an Fragen des Datenschutzes und fangen an, über den eigenen Umgang mit Daten nachzudenken. – Subjektive Strategien: Mit ihnen werden Annahmen darüber bezeichnet, welche Vorgehensweisen geeignet erscheinen, um bestimmte Ziele zu erreichen. Eine solche Annahme kann explizit oder implizit auf subjektiven Erklärungen oder Voraussagen beruhen. In unserem Beispiel könnte sie lauten: Um Jugendliche für Datenschutzfragen zu interessieren und zu einer Relexion ihres Umgangs mit Daten sowie zur Einhaltung von DatenschutzBestimmungen zu bewegen, sind die Vermittlung von Informationen zu Möglichkeiten der Auswertung von personenbezogenen Daten und die Erarbeitung von DatenschutzBestimmungen anhand von Arbeitsblättern in Kleingruppen sowie eine anschließende Diskussion in der Klasse geeignete Vorgehensweisen.

Damit solche Vorstellungen nicht subjektiv bleiben, sondern hinsichtlich ihrer Angemessenheit und Richtigkeit relektiert und gegebenenfalls für die weitere Planung des Unterrichts modiiziert werden können, bedarf es einer Medienpädagogik, die wissenschaftlich fundierte Aussagen oder Sätze enthält, mit denen sich subjektive Vorstellungen prüfen lassen. Demgemäß wäre es in dem oben skizzierten Beispiel wünschenswert, dass sich die Lehrperson ihre subjektiven Vorstellungen bewusst macht und zu entsprechenden hemen des medienpädagogischen Diskurses in Beziehung setzt, sodass sie gegebenenfalls ihre Vorstellungen über einen wirksamen Unterricht modiizieren und in die Planung einbringen könnte. Bezogen auf das hema Datenschutz wäre es so u.a. möglich, dass die Lehrperson darauf aufmerksam wird, dass die mangelnde Bereitschaft von Jugendlichen, den eigenen Umgang mit Daten zu relektieren, nicht vorrangig damit zusammenhängen muss, dass gegebenenfalls Kenntnisse zur Datenauswertung und zu Datenschutz-Bestimmungen fehlen, sondern möglicherweise eher damit, dass sie meinen, sie hätten nichts zu verbergen und Datenschutz-Bestimmungen seien eigentlich nicht so wichtig. Zugleich könnte die Lehrperson erkennen, dass für die Beachtung rechtlicher Bestimmungen nicht nur der Wissensstand, sondern auch das sozial-kognitive Urteilsniveau eine bedeutende Rolle spielt (siehe Abschnitt 2.2.4). Des Weiteren würde ihr unter Umständen bewusst werden, dass die Motivation zur Auseinandersetzung mit einem hema in der Regel weniger dadurch geweckt wird, dass Informationen und Kenntnisse vermittelt oder erarbeitet werden sollen, sondern eher dadurch, dass ein interessantes Problem oder ein bedeutsamer Entscheidungsfall oder eine für Jugendliche relevante Gestaltungs- oder Beurteilungsaufgabe als Ausgangspunkt für unterrichtliche Aktivitäten dient (siehe Abschnitt 3.3). Mit diesen Überlegungen wird zugleich deutlich, dass Medienpädagogik als Wissenschaft und Lehre bestimmten Anforderungen unterliegt, wenn sie dem Anspruch gerecht werden will, einer relexiven Absicherung und einer wissenschaftlich fundierten Gestaltung von medienpädagogischem Handeln zu dienen. Dazu müssen in der Medienpädagogik auf der Grundlage von Beobachtungen und Analysen in der Praxis sowie von medienpädagogisch relevanten Fragestellungen verschiedene Leistungen erbracht werden:

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Begrifsklärungen: Dabei kann es sich um speziische medienpädagogische Begrife handeln, z.B. Medien und Mediennutzung, aber auch um allgemeine Begrife, die dann mit Bezug auf medienpädagogische Fragestellungen zu bedenken sind, z.B. Relexion, oder auch um Begrife, die aus Bezugswissenschaften stammen, z.B. Motivation. Hierbei lassen sich Begrife, die direkt beobachtbare Entsprechungen haben, z.B. Entscheidungsfall oder Gestaltungsaufgabe, von Begrifen unterscheiden, die als theoretische Konstrukte nicht unmittelbar zu beobachten sind und sich nur über Indikatoren erschließen lassen, z.B. Interesse oder sozial-kognitives Urteilsniveau. In allen Fällen muss die Angemessenheit der Begrifsklärungen ausgewiesen werden. Beschreibung von medienpädagogisch relevanten Zuständen und deren Überprüfung: Im Unterschied zu subjektiven Diagnosen soll das Erfassen von Zuständen durch die Medienpädagogik in methodisch nachvollziehbarer Weise geschehen. So könnte z.B. durch eine Befragung, die wissenschaftlichen Gütekriterien entspricht, ermittelt werden, welche Einstellungen Jugendliche zum Datenschutz vertreten. Entsprechende Ergebnisse könnten dann zur Formulierung von Annahmen zu Lernvoraussetzungen für eine unterrichtliche Auseinandersetzung mit dem hema „Datenschutz“ genutzt werden. Formulierung und Begründung von Zielvorstellungen für pädagogisch-medienbezogene Aktivitäten: Medienpädagogik muss über eine Begründung von Zielen auf Plausibilitätsniveau hinausgehen und kriterienbezogene und intersubjektiv nachvollziehbare Argumente für Zielvorstellungen liefern. So könnte die Zielvorstellung, dass Lernende ihren Umgang mit Daten kritisch relektieren sollen, z.B. aus dem Kriterium der übergreifenden Leitidee eines selbstbestimmten und verantwortlichen Handelns in Medienzusammenhängen hergeleitet werden. Formulierung und Prüfung von Hypothesen, die Erklärungen oder Voraussagen zugrunde liegen oder zugrunde gelegt werden können: Erklärungen und Voraussagen beruhen in der Regel auf Hypothesen, die sich empirisch prüfen lassen. Beispielsweise basieren die im Datenschutzbeispiel angesprochenen Überlegungen u.a. auf folgender Hypothese: Wenn Jugendliche über ein (hinreichendes) Wissen zu Auswertungsmöglichkeiten von Daten verfügen, dann sind sie bereit, ihren eigenen Umgang mit Daten zu relektieren. Bei einer solchen Hypothese wäre es Aufgabe der Medienpädagogik festzustellen, ob die Hypothese sich schon in empirischen Untersuchungen bewährt hat oder ob sie sich aus einer bewährten heorie, die auch aus einer Bezugsdisziplin stammen kann, herleiten lässt. Wenn weder das eine noch das andere zutrift, müsste die Hypothese als (noch) nicht bewährt eingeordnet oder in einer eigenen Untersuchung einer empirischen Kontrolle unterzogen werden. Formulierung und Prüfung von Annahmen, durch die Voraussetzungen, Ziele und Vorgehensweisen verbunden werden: Durch solche Annahmen sollen Orientierungen oder Strategien für medienpädagogisches Handeln entstehen. Bezogen auf

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das Datenschutz-Beispiel könnte eine entsprechende Annahme lauten: Um bei Jugendlichen, die nur rudimentäre Kenntnisse zu Auswertungsmöglichkeiten von Daten und zu Datenschutz-Bestimmungen haben sowie kaum Interesse an Datenschutzfragen zeigen, zu erreichen, dass sie ihren eigenen Umgang mit Daten kritisch relektieren, ist folgendes Vorgehen geeignet: Die Jugendlichen werden mit einem Fall der Auswertung personenbezogener Daten konfrontiert, in dem es unter Missachtung von Datenschutz-Bestimmungen zu problematischen Folgen für die betrofenen Personen gekommen ist. Sie werden angeregt, sich mit dem Fall auseinanderzusetzen. Dabei sollen sie sich in die Lage der beteiligten Personen versetzen und deren Umgang mit Daten hinsichtlich damit verbundener Probleme und alternativer Handlungsmöglichkeiten in den Blick nehmen. Als Grundlage für eine diferenzierte Stellungnahme zu dem Fall erarbeiten die Lernenden Informationen zu Möglichkeiten der Aufnahme und Auswertung von Daten sowie Kenntnisse zu Datenschutz-Bestimmungen. Danach werden in Kleingruppen Stellungnahmen zu dem Eingangsfall ausgearbeitet und anschließend in der Klasse vorgestellt sowie diskutiert. Danach wenden die Lernenden gewonnene Einsichten auf einen weiteren problematischen Datenschutzfall an und diskutieren ihre Einschätzungen erneut in der Klasse. Auf der Basis einer abschließenden Relexion formulieren sie Empfehlungen zum Umgang mit Daten. Solche komplexen Vorgehensvorschläge sollten im Rahmen der Medienpädagogik mit Bezug auf empirische Ergebnisse (z.B. zum Zusammenhang von Wissen und Relexionsbereitschaft) und theoretische Ansätze (z.B. zur Frage der Bedeutung der intellektuellen und sozial-moralischen Entwicklung für die Auseinandersetzung mit rechtlichen Bestimmungen) entworfen und – wenn möglich – in einer empirischen Untersuchung evaluiert werden (vgl. Tulodziecki, Grafe u. Herzig 2013). Bei all diesen Überlegungen wird ein Verständnis von Medienpädagogik unterstellt, bei dem diese als Wissenschaft und Lehre von lern-, erziehungs- und bildungsrelevanten Prozessen mit Medienbezug gilt. Davon ist die Praxis zu unterscheiden, die in pädagogisch-medienbezogenen Diskussionen und in der Literatur manchmal ebenfalls mit dem Begrif der Medienpädagogik belegt wird. Wir werden im Folgenden den Begrif „Medienpädagogik“ im Sinne von „Wissenschaft und Lehre“ verstehen und so eine Unterscheidung zur (pädagogisch-medienbezogenen bzw. medienpädagogisch relevanten) Praxis vornehmen. Allerdings werden wir das Adjektiv „medienpädagogisch“ im Folgenden – aus Gründen der sprachlichen Einfachheit – auch für medienpädagogisch relevante Sachverhalte nutzen. Anders gesagt: das Adjektiv „medienpädagogisch“ ist jeweils im Sinne von „relevant aus der Sicht der Medienpädagogik als Wissenschaft und Lehre“ zu verstehen, z.B. in Formulierungen wie medienpädagogische Praxis, medienpädagogisches Handeln oder medienpädagogische Zielvorstellungen.

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1.3.4 Dimensionen und Teilgebiete der Medienpädagogik Mit der Aufassung von Medienpädagogik als „Wissenschaft und Lehre pädagogisch relevanter Prozesse mit Medienbezug“ ist verbunden, dass sie als handlungsorientierte Disziplin bzw. als Relexions- und Gestaltungswissenschaft zu kennzeichnen ist: als Wissenschaft und Lehre von der medienpädagogischen Praxis und für diese. Demgemäß hat Medienpädagogik sowohl potenzielles Relexions- als auch Gestaltungswissen bereitzustellen. Wenn ein solches Verständnis von Medienpädagogik auch nicht ganz unstrittig ist, dürfte es sich doch immer mehr durchsetzen (vgl. Tulodziecki 2011, S. 12f., sowie DGfE-Sektion Medienpädagogik 2017). Im Zusammenhang mit der auf die Praxis gerichteten Relexions- und Gestaltungsdimension hat die Medienpädagogik eine heorie- und Forschungsdimension. Diese zeigt sich z.B. in den oben beschriebenen Aufgaben, Begrife zu klären und deren Angemessenheit auszuweisen, Diagnosen zu erstellen und diese empirisch zu belegen, Ziele zu formulieren und diese zu begründen, Erklärungen und Voraussagen auf der Grundlage von Hypothesen zu liefern und diese einer empirischen Kritik zu unterziehen sowie Voraussetzungs-Ziel-Vorgehens-Annahmen auf der Basis von empirisch bewährten Hypothesen oder theoretischen Bezügen und normativen Erwägungen zu entwerfen und zu evaluieren. Sowohl bei der Relexions- und Gestaltungsdimension als auch bei der heorieund Forschungsdimension spielt die Dimension der Ofenheit gegenüber Bezugsdisziplinen für die Medienpädagogik eine wichtige Rolle. Beispielsweise kamen schon im Abschnitt 1.1 vielfältige Bezüge zu anderen Disziplinen in den Blick, z.B. bei den Hinweisen auf Mediatisierung und Digitalisierung, auf die Entwicklung des Denkens und die Regulierung von Emotionen, auf den Erwerb von Verhaltensund Wertorientierungen sowie auf die Gestaltung sozialer Beziehungen und auf die öfentliche Meinungsbildung. Dabei sind Bezüge zur Medien- oder Kommunikationswissenschaft, zur Informatik, zur Psychologie, zur Philosophie, zur Soziologie oder zur Politikwissenschaft ofensichtlich. Des Weiteren gab es bei den Überlegungen zum Medienbegrif im Abschnitt 1.2 Verbindungen zur Sprachund Literaturwissenschaft. Medienpädagogik ist aber nicht nur durch die genannten Dimensionen gekennzeichnet, sondern auch durch unterschiedliche Perspektiven auf Mediennutzung und medienpädagogisches Handeln. Dabei lassen sich insbesondere drei Perspektiven ausmachen: die Lern-, die Erziehungs- und die Bildungsperspektive. Anders gesagt: Die Mediennutzung, z.B. der Austausch von Gedanken in einem Sozialen Netzwerk, und medienpädagogisches Handeln, z.B. die Durchführung eines Projekts mit der Erstellung eines Videos, lassen sich grundsätzlich unter den drei genannten Aspekten betrachten. So kann man bei jeder Mediennutzung oder medienpädagogischen Aktivität fragen: Welche Bedeutung hat diese unter dem Aspekt des Lernens, der Erziehung oder der Bildung? Man kann aber auch Mediennut-

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zungen oder medienpädagogische Aktivitäten von vornherein unter der Lern-, der Erziehungs- oder der Bildungsperspektive planen und durchführen. Dabei ist dann auch die – unter 1.3.2 angesprochene – Sichtweise der (Medien-)Sozialisation zu berücksichtigen, durch die Voraussetzungen oder Rahmenbedingungen für (medienpädagogisch relevante) Vorgehensweisen des Lernens, der Erziehung und Bildung in den Blick gerückt werden. Historisch betrachtet, haben die unterschiedlichen Perspektiven zu zwei Akzentsetzungen innerhalb der Medienpädagogik geführt. Die erste ist mit der Lernperspektive verknüpft und geht von der Frage aus, wie Medien verwendet und gestaltet werden können und sollen, um Lernen anzuregen und zu unterstützen, die zweite ist mit der Erziehungs- und Bildungsperspektive verbunden und durch die Fragen gekennzeichnet, welche Erziehungs- und Bildungsaufgaben sich angesichts der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen ergeben und wie diese bewältigt werden können. Zu der ersten Akzentsetzung hat sich das Wissenschafts- und Lehrgebiet der Mediendidaktik herausgebildet (vgl. auch Petko 2014, S. 155f.). Bei der zweiten Akzentsetzung wird in der Regel keine Unterscheidung nach einem nur auf die Medienerziehung oder nur auf die Medienbildung bezogenen wissenschaftlichen Teilgebiet vorgenommen: erstens wegen der bereits angesprochenen praktischen Überschneidungen zwischen Medienerziehung und Medienbildung (siehe Abschnitt 1.3.2) und zweitens, weil der Medienerziehung – auf der Grundlage der Diskussion des Erziehungsbegrifs in Pädagogik und Erziehungswissenschaft – zunehmend ein Verständnis von Erziehung unterlegt wurde, bei dem Mündigkeit als Erziehungsziel sowie eine kritische Auseinandersetzung mit Medien und eine relexive Haltung gegenüber Medien als erstrebenswert galten (vgl. Tulodziecki 2011, S. 16). Damit war der Erziehungsbegrif so in die Nähe des Bildungsbegrifs gerückt, dass später viele Überlegungen zur Medienerziehung in Ansätze zur Medienbildung übernommen werden konnten (siehe dazu auch Abschnitt 4.2). Dementsprechend ist für die Erziehungs- und Bildungsperspektive kein jeweils eigenes Teilgebiet der Medienpädagogik entstanden, wie es für die Lernperspektive mit der Mediendidaktik der Fall ist. Vielmehr werden medienbezogene Erziehungs- und Bildungsaufgaben und ihre Umsetzung in der Regel als zusammengehörig betrachtet. Aufgrund solcher Entwicklungen kann man der Mediendidaktik als Wissenschaft und Lehre vom Lernen und Lehren mit Medien ein Teilgebiet nebenordnen, das sich als Wissenschaft und Lehre von medienbezogenen Erziehungs- und Bildungsaufgaben beschreiben lässt. Dies bedeutet zugleich, dass die Begrife Medienerziehung und Medienbildung (als Bezeichnungen für Aktivitäten in der medienpädagogischen Praxis) nicht auf der gleichen Ebene einzuordnen sind wie die Mediendidaktik (als Wissenschaft und Lehre). Schließlich ist für die Medienpädagogik noch kennzeichnend, dass es zu den verschiedenen Perspektiven nicht nur jeweils einen allgemein anerkannten Ansatz

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gibt, sondern – wie auch in anderen handlungsorientierten Disziplinen – unterschiedliche Ansätze. Im positiven Fall stehen diese in konstruktiver Konkurrenz zueinander, sodass gegebenenfalls Gedanken aus unterschiedlichen Ansätzen zur Bearbeitung einer medienpädagogischen Fragestellung herangezogen werden können (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Aßmann 2018). Demgemäß gehen wir in diesem Buch zwar von unserer Grundposition einer handlungs- und entwicklungsorientierten Medienpädagogik aus, beziehen bei der Bearbeitung einzelner Fragen aber auch andere Ansätze ein. Mit der Darstellung 1.2 fassen wir wesentliche Überlegungen zur Medienpädagogik und zu ihren Kontexten zusammen.

Darst. 1.2: Medienpädagogik als Wissenschaft und Lehre und ihre Zusammenhänge mit medienpädagogischer Praxis und mit Bezugsdisziplinen

Wir empfehlen, dass Sie sich auf der Grundlage der Ausführungen in den Abschnitten 1.3.2 bis 1.3.4 nun noch einmal die eingangs formulierten Sätze vornehmen. Analysieren und bedenken Sie diese bitte hinsichtlich ihrer Angemessenheit oder möglicher Unklarheiten bzw. Missverständnisse.

2 Bedingungen des Handelns in Medienzusammenhängen und Zielperspektiven für die Medienbildung

Bei der Mediennutzung stehen die Medien mit ihren Inhalten und Formen in einer Wechselbeziehung zu den Bedürfnissen und Verarbeitungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen. Bedürfnisse und Verarbeitungsmöglichkeiten stellen demnach wichtige Bedingungen für das Medienhandeln dar. Solche Bedingungen lassen sich u.a. erschließen, wenn man Kinder oder Jugendliche mit Konliktsituationen bei der Mediennutzung konfrontiert. So haben wir beispielsweise Schülerinnen und Schülern einer Hauptschule in Nordrhein-Westfalen und einer Regelschule in hüringen folgende Situation vorgestellt: horsten ist in seiner Schulklasse ein Außenseiter. Umso mehr freut er sich, als Sebastian – ein in seiner Klasse sehr beliebter Schüler – ihn fragt, ob er sich am Nachmittag mit ihm trefen wolle. Gern willigt horsten ein. Als horsten am Nachmittag seinen Eltern erzählt, dass ihn Sebastian eingeladen hat, runzeln diese die Stirn. Sie wissen, dass Sebastian u.a. dadurch bekannt ist, dass er durch seinen älteren Bruder Zugang zu Computerspielen hat, die von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien als menschenverachtend eingestuft wurden und deshalb für Jugendliche verboten sind. Die Eltern wollen horsten von dem Besuch abhalten, weil sie sich Sorgen machen, dass Sebastian ja doch nur solche Spiele mit horsten spielen wolle. Daraufhin versichert horsten, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchen. Er verspricht, mit Sebastian keine verbotenen Computerspiele zu spielen. Als horsten zu Sebastian kommt, hat dieser gerade ein neues verbotenes Spiel installiert und geht selbstverständlich davon aus, dass horsten mit ihm das Spiel ausprobiert. horsten zögert, Sebastian drängt darauf zu beginnen. Wie soll sich horsten verhalten?  Schülerinnen und Schüler der Klassen 7 bis 10 haben auf diese Situation unterschiedlich reagiert. Als Gründe für das Mitspielen wurden u.a. genannt: Sonst kann es ja passieren, wenn er nicht mitspielt, dass er verprügelt wird (7. Klasse). Weil nicht jugendfreie Spiele richtig Spaß machen (7. Klasse). Vielleicht will er einfach mal mitreden können, wenn seine Klasse darüber spricht (7. Klasse). Weil er sonst wie ein Trottel und Feigling dasteht (8. Klasse). Damit er nicht als Weichei betrachtet wird (10. Klasse). Allein dass das Spiel indiziert ist, gibt einen großen Reiz (10. Klasse). Er möchte kein Außenseiter mehr sein und spielt mit, um cooler zu wirken (10. Klasse). Spiele sind meiner Meinung nach nicht gefährlich. Lächerlich sie nicht zu spielen (10. Klasse). Als Gründe gegen das Mitspielen wurden u.a. angeführt: Weil seine Eltern es verboten haben; weil er Angst hat, dass es dann rauskommt (7. Klasse). Damit er nicht kriminell

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wird und weil er sich sonst strafbar macht (7. Klasse). Er hat es seinen Eltern versprochen (8. Klasse). Er würde das Vertrauen seiner Mutter zerstören; vielleicht würde er auch Stubenarrest kriegen (8. Klasse). Er würde seine Eltern enttäuschen; er könnte erwischt werden und die Eltern müssten dann Strafe zahlen (8. Klasse). Weil er sonst ein schlechtes Gewissen bekommt (10. Klasse). Da die Spiele illegal und jugendgefährdend sind; auch wenn er danach wieder alleine ist, kommt er wenigstens nicht mit dem Gesetz in Konlikt (10. Klasse).

Am Beispiel der Situationsschilderung und der Äußerungen lassen sich wichtige Bedingungen der Mediennutzung und des menschlichen Handelns generell aufzeigen: Erstens können die Äußerungen als Beleg für die eingangs formulierte Annahme gelten, dass bei der Mediennutzung verschiedene Bedürfnisse im Spiel sind, z.B. das Zu- gehörigkeitsbedürfnis, wenn ein Jugendlicher sagt, dass horsten einfach mitreden möchte, falls die Klasse darüber spricht, oder das Geltungsbedürfnis, wenn als Grund angeführt wird, dass er nicht als Feigling oder Weichei dastehen möchte. Insofern lässt sich Mediennutzung zunächst als eine bedürfnisbezogene Handlung deuten. Zweitens erweist sich das Handeln von horsten als situationsbedingt: Ohne die Einladung und das Drängen von Sebastian sowie seine Außenseiterrolle in der Schule hätte sich das Bedürfnis nach Zugehörigkeit oder Geltung nicht in dieser Weise gezeigt. Drittens ist für das Handeln bedeutsam, welche Erfahrungen bzw. welches Wissen horsten in die Situation einbringt. Wenn er beispielsweise indizierte Spiele kennt und sie schon einmal als sehr anregend und spannend erlebt hat und außerdem noch zu wissen glaubt, sie seien ungefährlich, wie es in einzelnen Äußerungen der Jugendlichen zum Ausdruck kommt, wird er sich vermutlich anders verhalten als wenn dies nicht der Fall ist. Viertens ist der Stand der sozial-kognitiven Entwicklung wichtig. Dieser kann sowohl aus intellektueller als auch aus sozial-moralischer Perspektive betrachtet werden. Intellektuell gesehen wird horsten durch die Situation vor die Handlungsalternative „Zustimmung oder Ablehnung“ gestellt. Er könnte allerdings auch noch andere Möglichkeiten bedenken, z.B. den Vorschlag machen, ein anderes spannendes Spiel auszuprobieren. Sozial-moralisch gesehen geht es für horsten – je nach seinem Entwicklungsstand – um eine Abwägung, ob er das Risiko einer Bestrafung eingeht oder den Eltern gehorcht, ob er den Erwartungen von Sebastian oder den Erwartungen seiner Eltern folgt, ob er sich für oder gegen den gesellschaftlich geforderten Jugendschutz entscheidet. Für zukünftiges Handeln sind über die genannten Bedingungen hinaus die Folgen des jeweiligen Handelns wichtig. Geht man beispielsweise davon aus, dass horsten mitspielt und die Einwilligung ihm die Anerkennung Sebastians bringt und die Eltern davon nichts erfahren, so wäre – falls horsten nicht von sich aus ein „schlech-

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tes Gewissen“ verspürt – ein Nachgeben in ähnlichen Fällen wahrscheinlicher. Würden die Eltern es jedoch erfahren und ergäbe sich daraus ein schwerer Konlikt, so wäre ein Nachgeben in späteren ähnlichen Situationen unwahrscheinlicher. Den obigen Überlegungen liegt eine Modellvorstellung vom menschlichen Handeln zu Grunde, die graisch in der Darstellung 2.1 zusammengefasst ist (vgl. Tulodziecki 1996, S. 53).

Darst. 2.1: Modellvorstellung zum Handeln

In der Darstellung 2.1 wird noch einmal der Zusammenhang von internen und externen Bedingungen des Medienhandelns deutlich: Aufgrund eines Spannungszustandes zwischen Bedürfnislage und Anforderungen in einer bestimmten Situation werden verschiedene Handlungsmöglichkeiten erwogen, von denen schließlich eine ausgewählt und realisiert wird. Für die Erwägung ist zum einen der Stand der Erfahrungen bzw. des Wissens zu der jeweiligen Situation bedeutsam. Zum anderen ist das sozial-kognitive Niveau wichtig: einerseits für die Zahl der in den Blick genommenen Handlungsmöglichkeiten und andererseits für ihre Bewertung. Des Weiteren haben die Folgen einer Handlung und ihre Verarbeitung Konsequenzen für zukünftiges Handeln. Es gibt zwar auch andere Ansätze und Möglichkeiten, menschliches Handeln zu modellieren (vgl. z.B. Aßmann 2013, S. 38f.), das vorgestellte Handlungsmodell kann aber auf jeden Fall für sich in Anspruch nehmen, wichtige Deutungen zur Mediennutzung und bedeutsame Schlussfolgerungen für medienpädagogische Aktivitäten zu ermöglichen. Dies soll im Folgenden mit Bezug auf drei Fragen geschehen:

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(A) Wie stellt sich das Medienhandeln im Aspekt von Bedürfnissen und Lebenssituation dar? (B) Welche Bedeutung haben der Erfahrungs- und Entwicklungsstand für das Medienhandeln? (C) Welche Zielperspektiven sollten für medienpädagogische Aktivitäten gelten? Bei der Bearbeitung dieser Fragen werden sich diferenzierte Einsichten zu bedeutsamen Bedingungen für medienpädagogisches Handeln ergeben.

2.1 Mediennutzung als bedürfnis- und situationsbezogene Handlung 2.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Nach der oben entwickelten Modellvorstellung stellt sich Medienhandeln als eine Aktivität dar, die u.a. bedürfnis- und situationsbedingt ist. So kann man davon ausgehen, dass Kinder und Jugendliche vor allem Medienangebote nutzen, die ihnen in ihrer Lebenssitation eine Befriedigung von Bedürfnissen ermöglichen. Insofern liegt in dem Blick auf Bedürfnisse und Lebenssituation ein Schlüssel, um z.B. die Beliebtheit bevorzugter Medienangebote zu erklären. Bedürfnis- und Situationsbezüge spiegeln sich auch in den folgenden Äußerungen von Jugendlichen zu ihrer Nutzung von Computerspielen wider (die Äußerungen sind einer Veröfentlichung entnommen, die von der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien in Kooperation mit dem Hessischen Kultusministerium herausgegeben wurde, vgl. LPR Hessen 2013): „Der Hauptgrund, warum ich World of Warcraft spiele, ist, dass ich gerne Onlinespiele spiele, weil ich dort mit anderen Spielern zusammen interagieren kann und eben nicht alleine nur vor meinem PC zu Hause sitze und vor mich hin in einer, ja, nur für mich gemachten Umgebung spiele, sondern eben in Teams, in Gruppen spielen kann, und zudem ist World of Warcraft eben ein Rollenspiel, was auf Charakterentwicklung basiert, was für mich persönlich als Rollenspieler auch sehr interessant ist und das sind so die zwei großen Faktoren, die mich daran reizen.“ „Weshalb ich [Sims] spiele? Also ich inde es sehr interessant, Charaktere selbst herzustellen und Häuser zu gestalten. […] Man kann immer selbst entscheiden, welchen Charakter und welche Karriere der Sims, also mein Charakter, dann anstrebt. […] Wenn man vor dem Laptop oder vor dem Computer sitzt, dann geht die Zeit ratz fatz um, man guckt gar nicht auf die Uhr und auf einmal sind drei Stunden vorbei. […] Dieses harmonische Miteinander, was man ja heutzutage gar nicht wirklich in der Gesellschaft sieht, und dass einfach eine Stadt bzw. ein Haus so entstehen kann, wie man sich das eigentlich selbst gerne vorstellt. Diese virtuelle Welt, dass man sie so gestalten kann, wie man es selbst möchte, was natürlich im realen Leben überhaupt nicht wirklich möglich ist, weil es immer irgendwelche Konlikte oder Sonstiges gibt. Die Jungs sind eher auf Ballerspiele und Actionreiches oder sowas aus und die Mädels eher auf das andere.“ „Ja, [FIFA] macht Spaß auf jeden Fall. Man hat das Gefühl wirklich selber ein bißchen mitzuspielen, dadurch, dass die Graiken ja wirklich mittlerweise sehr gut sind, hat man das

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Gefühl erstmal das irgendwie miterleben zu können. Dann selber noch irgendwie die Möglichkeit taktisch zu überlegen, wo spiele ich am besten, wie spiele ich den Gegner am besten aus, wie komme ich einfach mal zum Sieg. Ja, irgendwie ist das ein tolles Gefühl einfach mal zu spielen und einfach mal ein Teil des Spiels zu sein. […] Ja, das kann schon manchmal, wenn man viel Zeit hat oder man sich Zeit nimmt, schon mal eine ganze Nacht sein oder wenn man sich mal mit Kumpels trift, dass man so fünf bis acht Stunden mal am Computer sitzt und einfach mal ein bißchen Fußball spielt. Ja, wir spielen dann meistens zu zweit, entweder gegeneinander oder zu zweit in einem Team, meistens gegeneinander und machen dann so Competitions halt und wer am Ende gewinnt, der ist der Sieger. […] Ein bißchen ein Konkurrenzkampf ist schon da, aber am Ende lacht man gemeinsam.“ „Man muss sich [bei Quake] halt entsprechend gegen die Aliens verteidigen. Natürlich ist da auch eine gewisse Schusstechnik und Reaktionsfähigkeit vorausgesetzt. Besonders beim Einzelspielermodus ist es hauptsächlich halt so, dass einen plötzlich Aliens von der Ecke anfallen oder von oben runterspringen, usw. Es ist bei dem Spiel schon so, dass man sich ein wenig erschreckt. […] Als ich jünger war, hätte ich mir nicht zugetraut, das Spiel im Dunkeln zu spielen oder nachts. […] Für mich geht es darum, dass ich meine Wafe in irgendeiner Form bewege und die für einen Zweck einsetze. Aber nicht primär um jemanden zu töten oder irgendein Lebewesen zu vernichten in dem Sinne. Es geht eigentlich darum, die Maus zu benutzen, um Geschicklichkeit, Reaktionsfähigkeit. Wie schwierig ist es mit meinem Punkt, auf den ich schieße, exakt den anderen Punkt zu trefen, wo ich hin will und die Handlung in dem Sinne, also eher eigentlich die hematik, die Szenerie, in der man sich bewegt, Aliens zu töten, ist eigentlich sekundär für mich persönlich. Also in erster Linie ist es ein Unterhaltungsfaktor, wo ich mich täglich entspannen kann. Und natürlich bedingt durch das Internet, die Szene, die sich erweitert durch das Onlinespielen, Multiplayerspielen, indem man sich zusammen gemeinsam trift online. Da hat sich ja auch schon ein bißchen so eine Art Society gebildet; Freunde trefen sich, virtuelle Freunde in dem Sinne. Und man verabredet sich einfach zum Spielen. Einfach so als Tagesausgleich, als Unterhaltung. Mehr  oder weniger fast schon eine sportliche Aktivität.“

Mit Bezug auf solche Äußerungen stellt sich die Frage, welche Bedürfnisse im Detail für die Nutzung der angesprochenen Spiele bedeutsam sind – gegebenenfalls auch in Wechselwirkung mit Aspekten der Lebenssituation. Schauen Sie sich bitte unter diesem Gesichtspunkt die Äußerungen an und versuchen Sie, einzelne Bedürfnisse und Aspekte der Lebenssitution zu benennen. Für eine diferenzierte Einschätzung ist die Bearbeitung der folgenden generellen Fragen sinnvoll: (1) Welche Bedeutung kommt den Bedürfnissen für die Auswahl von medialen Produkten zu? (2) Wie stellen sich die Bedürfnisse in Wechselbeziehung zur Lebenssituation dar? Die Bearbeitung dieser Fragen soll wichtige Erkenntnisse zur Bedeutung der Mediennutzung für Kinder und Jugendliche liefern und auf wichtige Voraussetzungen für medienpädagogisches Handeln verweisen.

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2.1.2 Bedürfnisse und Mediennutzung Bevor Bedürfnisse und Mediennutzung in Beziehung gesetzt werden können, stellt sich die Frage, welche Bedürfnisse bzw. Motive dem menschlichen Handeln generell zugrunde liegen. Zu dieser Frage sind in der Psychologie verschiedene heorien entwickelt worden. Sie reichen von dem Versuch, menschliches Handeln im Wesentlichen auf ein Grundmotiv zurückzuführen, z.B. auf den Sexualtrieb oder das Geltungsstreben, bis zu weit ausdiferenzierten Motiv- oder Bedürfniskatalogen (vgl. zur Übersicht z.B. Seifke-Krenke u. Todt 1977; Rheinberg 2008). Es würde im Rahmen dieses Bandes zu weit führen, die verschiedenen Trieb-, Motiv- und Bedürfnistheorien im Detail zu diskutieren. Für unseren Zusammenhang scheint es angemessen, einen integrativ angelegten bedürfnistheoretischen Ansatz als Bezugspunkt auszuwählen: den Ansatz des amerikanischen Psychologen Maslow (1981). Sein allgemeiner – aus der humanistischen Psychologie stammender – Ansatz eröfnet unseres Erachtens eine umfassende Perspektive auf menschliche Bedürfnisse. Allerdings werden wir den Ansatz von Maslow an einzelnen Stellen – unter Berücksichtigung von Überlegungen zur Mediennutzung – modiizieren. Maslow (1981) geht davon aus, dass die bewusst wahrgenommenen Bedürfnisse des täglichen Lebens nicht selbst schon die eigentlichen Motive des Handelns sind, sondern Mittel zum Zweck der Befriedigung tiefer liegender Bedürfnisse, der so genannten Grundbedürfnisse: „Wir wollen Geld, um ein Auto zu besitzen. Wir wünschen uns ein Auto, weil die Nachbarn eines haben und wir ihnen nicht unterlegen sein wollen, damit wir die Selbstachtung behalten und von anderen geliebt und geachtet werden können“ (S. 48). Auf der Basis einer solchen Unterscheidung von Mittel und Zweck gehen wir im Folgenden in enger Anlehnung an Maslow (vgl. S. 62f.) von folgenden Bedürfnisgruppen aus: (1) Grundlegende physische und psychische Bedürfnisse: Maslow spricht auf dieser Ebene von physiologischen Bedürfnissen, z.B. Hunger, Durst, Sexualität, Bedürfnis nach Ruhe und Schlaf. heoretisch und empirisch schwierig ist die Frage, ob bestimmte psychische bzw. kognitive Potentiale des Menschen, z.B. Wahrnehmung und Verarbeitung von Sinnesreizen, Suche nach Sinneserregung und Neugier, nur als Eigenschaften zu verstehen sind, die ursprünglich zur Befriedigung von unmittelbaren Überlebensbedürfnissen funktional notwendig waren, oder ob sie – auch unabhängig von ihrem instrumentellen Wert für das Überleben – auf Triebkräften beruhen. In letzterem Falle hätten sie ebenfalls den Status von eigenständigen Bedürfnissen. Vieles scheint für diese Deutung zu sprechen, z.B. die Tatsache, dass die Bedürfnisse nach Sinneserregung und nach Erkundung der Umwelt auch ohne Bindung an physiologisch nachweisbare Überlebensbedürfnisse auftauchen und dass Kinder, denen Sinnesreize und Erkundungsmöglichkeiten vorenthalten werden, verkümmern. Aus diesem Grunde nimmt auch Maslow eigenständige kognitive Antriebe beim Menschen an (vgl. S. 76). Er ordnet sie allerdings nicht unmittelbar in seine Bedürfnishierarchie ein,

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sondern sieht sie eher „parallel“ zu den Grundbedürfnissen (vgl. S. 75f.). Wir fassen deshalb grundlegende psychische bzw. kognitive Antriebe, z.B. das Bedürfnis nach Sinneserregung sowie das Bedürfnis nach Erkundung der Umwelt, mit den grundlegenden physischen Bedürfnissen zur ersten Bedürfnisgruppe zusammen. Dass grundlegende psychische Bedürfnisse auch für die Mediennutzung bedeutsam sind, ergibt sich schon daraus, dass Medien u.a. zur Sinneserregung und Spannungserzeugung genutzt werden. (2) Orientierungs- und Sicherheitsbedürfnisse: Maslow spricht hier nur von Sicherheitsbedürfnissen (vgl. 1981, S. 66). Wir erweitern die Bezeichnung für diese Bedürfnisgruppe um den Begrif der Orientierung, um deutlich zu machen, dass es dabei nicht nur um physische Sicherheit, sondern auch um ein psychisch bzw. kognitiv motiviertes Bedürfnis nach gedanklicher Orientierung geht. Im Übrigen erwähnt auch Maslow das Streben nach solchen Orientierungen als Beispiel für Sicherheitsbedürfnisse. Im Einzelnen geht es um die Bedürfnisse nach Stabilität, Geborgenheit, Schutz, Angstfreiheit sowie um die Bedürfnisse nach Struktur, Ordnung, Gesetz, Grenzen u.Ä. Auch diese Bedürfnisgruppe kann für die Medienrezeption bedeutsam werden, z.B. wenn Kinder oder Jugendliche nach Orientierungen für ihr Verhalten in den Medien suchen oder wenn ein Jugendlicher sich u.a. deshalb intensiv mit Computern beschäftigt, weil ihn Berechenbarkeit und klare Strukturen faszinieren. Sicherheitsbedürfnisse sind außerdem im Spiel, wenn Kinder sich beispielsweise bei gruseligen Szenen während der Medienrezeption an Erwachsene „kuscheln“. (3) Zugehörigkeits- und Liebesbedürfnisse: Hierunter sind die Bedürfnisse nach Zugehörigkeit zu einer Gruppe, nach Kontakt, nach persönlichen Beziehungen, nach Zuneigung, Freundschaft und Liebe zu verstehen. Medienrelevant werden solche Bedürfnisse beispielsweise, wenn die Zugehörigkeit zu einer Gruppe unter anderem dadurch gekennzeichnet ist, dass man bestimmte Musikvideos oder Computerspiele kennt. Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung dieser Bedürfnisse liegt vor, wenn sich Jugendliche mit beliebten Helden einer Fernsehserie identiizieren und bei der Medienrezeption so Anteil an der Zuneigung oder Liebe haben, die diese erfahren. (4) Achtungs- und Geltungsbedürfnisse: Hierzu gehören die Bedürfnisse nach Stärke, Leistung, Kompetenz und Bewältigung von Anforderungen sowie die Bedürfnisse nach Status, Anerkennung, Ruhm, Dominanz und Wertschätzung. Auch diese Bedürfnisgruppe kann im Zusammenhang mit Medienfragen bedeutsam werden. Das ist zum einen der Fall, wenn Jugendliche sich durch besondere Kenntnisse zu den neuesten Hits, Videos oder Computerspielen in der Gruppe der Gleichaltrigen Achtung verschafen, oder wenn ein Jugendlicher besondere Fähigkeiten der Smartphone-Nutzung „ausspielt“, um den Eltern oder anderen älteren

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Bezugspersonen zu imponieren. Zum anderen werden diese Bedürfnisse wichtig, wenn man sich mit Film- oder Computerspielhelden identiiziert und bei der Mediennutzung die ihnen zuteil werdende Achtung und Hochschätzung „erfährt“. (5) Selbstverwirklichungsbedürfnisse: Darunter versteht Maslow das Verlangen, eigene Talente mit Blick auf größere Zusammenhänge zu aktualisieren und zur Geltung zu bringen. Dies kann z.B. im sozialen, im wissenschaftlichen oder im künstlerischen Bereich geschehen. Dabei ist das Streben nach Selbstverwirklichung dadurch gekennzeichnet, dass entsprechende Leistungen nicht erbracht werden, um Zustimmung und Zugehörigkeit zu erfahren oder Achtung und Anerkennung zu erlangen. Selbstverwirklichungsbedürfnisse tragen vielmehr ihren Zweck in sich bzw. in der Verantwortung, eigene Möglichkeiten beispielsweise in den Dienst von Mitmenschen, Wissenschaft oder Kunst zu stellen. Sie spielen in Medienzusammenhängen z.B. dann eine Rolle, wenn Medien im Bewusstsein ihrer Bedeutung für Gesellschaft und Kultur begrifen, gestaltet und verwendet werden. Damit ist allerdings – wenn überhaupt – erst im späteren Verlauf der Entwicklung zu rechnen. Mit einer solchen Strukturierung der Bedürfnisse sind bei Maslow verschiedene theoretische Annahmen verbunden (vgl. Maslow 1981, S. 46f.). Einige von ihnen, die auch für Medienzusammenhänge bedeutsam sind, greifen wir hier auf: (a) Die Grundbedürfnisse sind weitgehend hierarchisch organisiert. Das Auftauchen höherer Bedürfnisse setzt im Allgemeinen die Befriedigung der darunter liegenden Bedürfnisse voraus: „Wir hätten nie das Verlangen, Musik zu komponieren oder mathematische Systeme aufzustellen oder unser Heim zu dekorieren oder gut angezogen zu sein, wenn unsere Mägen die meiste Zeit leer wären oder wenn wir ständig vor Durst fast sterben oder wenn wir ständig von einer nahen Katastrophe bedroht wären oder wenn uns alle hassten“ (vgl. S. 52). (b) Im Zusammenhang mit der hierarchischen Organisation der Bedürfnisse nimmt Maslow an, dass sich ein neues Bedürfnis zeigt, sobald ein zunächst vorrangiges Bedürfnis befriedigt ist. Diese Annahme dürfte allerdings nur zum Teil zutrefen: Es scheint keineswegs sicher, dass sich das menschliche Streben im Anschluss an die Befriedigung der – in der Hierarchie – niedrigeren Bedürfnisse auf die Befriedigung höher liegender Bedürfnisse richtet, insbesondere auf Selbstverwirklichung in sozialer, wissenschaftlicher oder künstlerischer Hinsicht. Der Mensch kann durchaus den niedriger eingestuften Bedürfnissen verhaftet bleiben. Demgemäß sollte die obige Maslow’sche Annahme folgendermaßen ergänzt werden: Bedürfnisbefriedigung muss nicht unbedingt dazu führen, dass höher liegende Bedürfnisse in den Mittelpunkt treten, sie kann auch ein bloß gesteigertes Anspruchsniveau im Rahmen des bereits befriedigten Bedürfnisses bewirken. (c) Die Fähigkeit, die Nicht-Befriedigung eines Bedürfnisses zu tolerieren, ist von der bisherigen Bedürfnisbefriedigung abhängig. Menschen, bei denen ein be-

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stimmtes Bedürfnis in der Vergangenheit ständig befriedigt wurde, können eine aktuelle Frustration dieses Bedürfnisses leichter ertragen als Menschen, die mit einer dauernden Nicht-Befriedigung dieses Bedürfnisses leben mussten. Um es an einem Beispiel zu sagen: Wer immer Zuneigung und Liebe erfahren hat, ist eher in der Lage, auf diese zeitweilig zu verzichten, als jemand, der sich häuig vergeblich um Zuneigung und Liebe bemüht hat (vgl. Maslow 1981, S. 85). Gemäß dieser Annahme werden sich vor allem Menschen mit einer anderweitig nicht hinreichenden Bedürfnisbefriedigung den Medien zuwenden. (d) Eine bestimmte Handlung bzw. ein bestimmtes Verhalten kann durch mehrere Grundbedürfnisse bedingt sein. So kann sich ein Jugendlicher z.B. in besonders intensiver Weise mit Computersoftware beschäftigen, um sein Bedürfnis nach Struktur und Sicherheit zu befriedigen und gleichzeitig die Zustimmung der Eltern sowie die Wertschätzung der Gleichaltrigen zu erhalten. (e) Die in der Bedürfnishierarchie jeweils höheren Bedürfnisse haben sich stammesgeschichtlich später entwickelt als die grundlegenderen. Gleiches gilt für die Individualentwicklung. Beim Säugling dominieren zunächst die physiologischen Bedürfnisse. Danach werden die Sicherheitsbedürfnisse wichtig. Im weiteren Verlauf kommen die Zugehörigkeits- und die Achtungsbedürfnisse hinzu. Erst relativ spät können sich Selbstverwirklichungsbedürfnisse entwickeln. Die oben dargestellte Einteilung der Grundbedürfnisse und die damit verbundenen theoretischen Annahmen können zweifellos in einzelnen Punkten kritisiert werden (vgl. z.B. Seifge-Krenke u. Todt 1977, S. 197f.; Zimbardo u. Gerrig 2004, S. 541). Aus empirischer Sicht wirft besonders die Maslow’sche Annahme Probleme auf, dass die Grundbedürfnisse weitgehend unbewusst das konkrete Handeln steuern. Demgemäß lässt sich der theoretische Ansatz von Maslow nicht direkt in experimentellen Laborstudien überprüfen (vgl. auch Maslow selbst, 1981, S. 9f.). Die Rechtfertigung für seinen Ansatz ergibt sich für Maslow aus dem Anspruch, menschliches Handeln aufgrund umfangreicher Erfahrungen in der herapie angemessen zu verstehen und zu deuten, sowie aus verschiedenen Feldbeobachtungen (vgl. S. 10). Unterstützend kommt hinzu, dass auch in anderen Motivationstheorien, die stärker empirisch orientiert sind, Bedürfnisse zugrunde gelegt werden, die Ainitäten zu den Maslow’schen Grundbedürfnissen aufweisen. Beispielsweise nennen Deci und Ryan (1993, S. 229) bezüglich der Herkunft motivationaler Handlungsenergie zunächst physiologische Bedürfnisse (vergleichbar mit den physischen bzw. physiologischen Grundbedürfnissen bei Maslow), Emotionen (die für Maslow generell mit Bedürfnisbefriedigung oder Bedürfnisfrustration zusammenhängen) und psychologische Bedürfnisse. Sie widmen sich dann in ihrem Ansatz den psychologischen Bedürfnissen, die sie in die Bedürfnisse nach Kompetenz oder Wirksamkeit, nach Autonomie oder Selbstbestimmung und nach sozialer Eingebundenheit bzw. sozialer Zugehörigkeit unterteilen. Hier sind Ainitäten zu den

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Zugehörigkeits- und Liebesbedürfnissen, zu den Achtungs- und Geltungsbedürfnissen sowie zu den Selbstverwirklichungsbedürfnissen unverkennbar. Vor diesem Hintergrund erscheint uns der umfassende Ansatz von Maslow – trotz einzelner Kritikpunkte – mit den oben angeführten Ergänzungen geeignet, um Antworten auf wichtige Fragen zu inden, die mit dem Medienhandeln zusammenhängen. 2.1.3 Bedürfnislage und Lebenssituation Das Medienhandeln von Kindern und Jugendlichen ist u.a. damit verknüpft, dass bestimmte Bedürfnisse aufgrund der Lebenssituation an die Medien herangetragen werden. Demgemäß stellt sich die Frage nach der Lebenssituation. Diese lässt sich z.B. durch folgende Gesichtspunkte kennzeichnen (vgl. dazu auch Grafe 2008, S. 15f.; Albert, Hurrelmann u. Quenzel 2015, S. 37f.; Tulodziecki, Herzig u. Blömeke 2017, S. 85f.; World Vision Deutschland 2018, S. 13f.): (1) Statusunsicherheit: Die Kindheit und vor allem die Jugendzeit sind in unserer Gesellschaft strukturell durch Ablösungsprozesse von dem engeren familiären Rahmen gekennzeichnet. Kinder und Jugendliche treten in neue Sozialisationsumgebungen ein: Kindergarten, Schule, Kinder- und Jugendgruppen, Betrieb und/oder Hochschule. Damit ist jeweils die Notwendigkeit einer Neuorientierung verbunden, die mit unterschiedlichen Anforderungen sowie mit der Frage verbunden ist, ob die Anforderungen bewältigt werden können. Insofern sind Kindheit und Jugend im Ansatz durch Unsicherheit gekennzeichnet. Eine gelingende Bearbeitung damit verbundener Aufgaben führt zu einer positiven Identitätsentwicklung und hat Wohlbeinden und Lebenszufriedenheit zur Folge, während ein Misslingen zu einer negativ geprägten Identitätsentwicklung mit dem Risiko von physischen, psychischen und sozialen Problemen führen kann (vgl. Erikson 1979, S. 62f.; Albert, Hurrelmann u. Quenzel 2015, S. 39f.). Bei Prozessen der Identitätsentwicklung spielt die mediale Umwelt zum einen eine Rolle, weil sie vielfältige Muster der Selbsterprobung und Selbstwerdung bietet. Zum anderen kann sie aber auch aufgrund der Mannigfaltigkeit möglicher Selbstgestaltungen zur Verunsicherung beitragen (siehe auch Abschnitt 1.1.4 und vgl. Leven, Quenzel u. Hurrelmann 2015, S. 107f.). (2) Pluralismus der Werte als Orientierungsproblem: Neben die tradierten Werte sind in unserer Gesellschaft zum Teil alternative Grundhaltungen getreten. Die Verschiedenheit der Wertvorstellungen wird besonders spürbar, wenn man Grundhaltungen, die in Schule, Ausbildung und Arbeitswelt gefordert werden, mit den Grundhaltungen vergleicht, die u.a. Werbung und andere mediale Beiträge für die Freizeit suggerieren. Geht es in Schule, Ausbildung und Beruf z.B. um Selbstdisziplin, Leistungsbereitschaft, Rationalität und soziale Ver-

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antwortung, werden in der auf Unterhaltung zielenden Medienwelt – mindestens zum Teil – Genuss, Emotionalität, narzisstische Selbstdarstellung und die Durchsetzung eigener Bedürfnisse nahegelegt. Aufgrund konkurrierender Werte ergeben sich einerseits Spielräume für die eigene Lebensgestaltung, andererseits aber auch ein Verlust an Sicherheit und Eindeutigkeit. Insofern stellt die Entwicklung eigener Wertorientierungen eine besondere Herausforderung für Kinder und Jugendliche dar (vgl. Gensicke 2015, S. 237f.). (3) Wohlstand und Bedrohung durch Armut: Die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen in Deutschland lebt in materiellem Wohlstand. Für diese Kinder und Jugendlichen sind hinreichende Bedingungen zur Befriedigung grundlegender Bedürfnisse, z.B. nach Nahrung, Kleidung und Wohnung, als Grundvoraussetzung für die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben vorhanden. Allerdings können durch den Wohlstand auch Probleme entstehen, z.B. im Hinblick auf einen angemessenen Umgang mit dem Überangebot an Waren und damit verbundenen „Verführungen“. Zudem sind materielle Güter in unserer Gesellschaft in ungleicher Weise verteilt. Dies wird besonders an der Diskussion um das Armutsrisiko in Deutschland deutlich. Danach gelten Kinder oder Jugendliche bis zu 18 Jahren als armutsgefährdet, wenn die entsprechenden Haushalte weniger als 60% des Medianäquivalenzeinkommens für ihre Lebensführung zur Verfügung haben. Dies ist trotz relativem Wohlstand der Gesamtbevölkerung für einen beträchtlichen Teil der Kinder und Jugendlichen der Fall (vgl. Pupeter, Schneekloth u. Andresen 2018, S. 180f.; Asmus u. Pabst 2017, S. 22f.). Während so für Kinder und Jugendliche aus wohlhabenden Familien vielfältige Förderungsmöglichkeiten gegeben sind, erfahren Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigerem sozioökonomischen Status deutliche Einschränkungen, z.B. im Hinblick auf Urlaubsreisen, Kino- oder Freibadbesuche, kulturelle Aktivitäten, Vereinsmitgliedschaften, Geburtstagsfeiern, Schulsachen, Essen und Kleidung. Dies kann zu psychosozialen Belastungen führen, z.B. durch das Gefühl des Ausgeschlossenseins. Entsprechende Problemlagen werden u.U. dadurch verstärkt, dass in den Medien nicht selten ein relativ hoher Lebensstandard repräsentiert und die Werbung in intensiver Weise auf Konsumdenken und Konsumverhalten zielt. (4) Unsicherheit im Hinblick auf die familiale Situation und die private Lebensperspektive: Das Infragestellen tradierter Werte und die Vielfalt von Wertorientierungen zeigen sich auch in einer Pluralisierung der Lebensformen. Neben der Weiterexistenz ehelichen Zusammenlebens haben z.B. das nicht-eheliche Zusammenleben, das SingleDasein, die Alleinerziehenden-Situation und das Leben in getrennten Haushalten zugenommen. Solche Tendenzen werden überlagert durch den zeitlichen Wechsel von Lebensformen und Partnern, u.U. mit Wiederheirat und Stief-Kindern bzw. Halb- und Stief-Geschwistern (vgl. Pupeter u. Schneekloth 2018a, S. 54f.). Da-

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mit sind dann jeweils speziische Entwicklungsprobleme und -chancen für Kinder und Jugendliche verbunden. Da Kinder und Jugendliche sowohl in ihrer nichtmedialen als auch in ihrer medialen Umwelt mit unterschiedlichen Lebensformen konfrontiert werden, eröfnen sich zum einen unterschiedliche Möglichkeiten für eigene Lebensentwürfe; zum anderen stellt sich die Unsicherheit stiftende Frage, welche Lebensgestaltung für die eigene Zukunft die richtige sein mag (vgl. Leven, Quenzel u. Hurrelmann 2015, S. 51f.). (5) Multikulturelle Sichtweisen als Herausforderung: Kinder und Jugendliche erleben in unserer Gesellschaft immer wieder multiethnische Zusammenhänge. Dabei hat ein großer Anteil der Kinder selbst einen Migrationshintergrund (vgl. Pupeter u. Schneekloth 2018a, S. 56f.). Praktisch alle Kinder – ob mit oder ohne Migrationshintergrund – kommen in Nachbarschaft, Schule oder Betrieb sowie in Vereinen oder auf Reisen mit Menschen unterschiedlicher Nationalität in Kontakt und werden dadurch sowie durch Medien mit Sicht- und Verhaltensweisen anderer europäischer und außereuropäischer Kulturen konfrontiert. Die damit verbundenen Erfahrungen können für Kinder und Jugendliche eine Entwicklungschance bedeuten und zu Empathie und Respekt vor anderen Sichtweisen führen. Fremdheitserfahrungen und damit verbundene Unsicherheiten sowie fehlende Empathie können jedoch auch Angst, Vorurteile, Stereotypenbildung und Intoleranz oder sogar einen Rückzug auf einfache Freund-Feind-Schemata zur Folge haben (Gensicke u. Albert 2015, S. 227f.). (6) Unsicherheit im Hinblick auf die beruliche Lebensperspektive und den damit verbundenen Lebensstandard: Die Entwicklung der Digitaltechnik sowie der Weltmärkte und ihre Einwirkungen auf Beruf, Wirtschaft und Gesellschaft führen u.a. dazu, dass sich traditionelle Berufe und Tätigkeiten verändern, einzelne Berufe oder Tätigkeiten auch wegfallen und zugleich neue Berufe und Arbeitsmöglichkeiten entstehen. Dabei kann ein Teil der Jugendlichen zwar zuversichtlich in das Arbeitsleben starten, für einen anderen Teil ist der Zugang zur Arbeitswelt jedoch mit mehr oder weniger großen Hürden belastet. Zugleich haben keineswegs alle die Chance, ihren Wunschberuf zu erreichen (vgl. Leven, Quenzel u. Hurrelmann 2015, S. 72). Unterschiede hängen dabei in beträchtlichem Maße von den Bildungsvoraussetzungen ab (vgl. z.B. Maaz, Neumann u. Baumert 2014). Des Weiteren trägt eine verstärkte Deregulierung und Flexibilisierung des Arbeitsmarktes dazu bei, dass auch bei einer erfolgreichen Ausbildung und einem gelungenen Berufseinstieg in vielen Berufsfeldern keine Sicherheit gegeben ist, den erlernten bzw. gewählten Beruf ständig ausüben zu können. Der Wechsel des Arbeitsplatzes, der beschäftigenden Firmen oder des Berufs selbst wird in vielen Bereichen immer wahrscheinlicher. In solchen Zusammenhängen entstehende Unsicherheiten sind umso größer, je weniger eine langfristige politische Lösung für eine gerechte Verteilung von Bildung, Arbeit und Einkommen vorliegt. Insgesamt zeigt

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sich, dass Entscheidungen zu Bildungs- und Ausbildungswegen für Eltern, Kinder und Jugendliche Risiken bereithalten und insofern Unsicherheit hervorrufen. Hinzu kommt, dass Medienpräsentationen u.U. irreführende Erwartungen an bestimmte Ausbildungsgänge oder (Wunsch-)Berufe hervorrufen, die dann zu unangemessenen Entscheidungen und zu Enttäuschungen führen können. (7) Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen: Bevölkerungswachstum, Rohstofmangel, Umwelt- und Energieprobleme, militärische Bedrohungen und Vernichtungspotenziale sowie internationaler Terrorismus sind in der öfentlichen Diskussion zentrale hemen geworden, die auf Überlebensfragen für die gegenwärtige Generation und für zukünftige Generationen verweisen (vgl. z.B. King u. Schneider 1991; Gensicke u. Albert 2015). Entsprechenden Probleme und Gefahren werden in der Regel durch Medien vermittelt, die damit Anteil an den entstehenden Ängsten haben, wenn sie auch nicht die eigentliche Ursache sind (vgl. z.B. Gensicke u. Albert 2015, S. 201f.; Pupeter u. Schneekloth 2018b, S. 162f.). 2.1.4 Konsequenzen für medienpädagogisches Handeln Die oben skizzierten Merkmale der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen erheben zwar keinen Anspruch auf Vollständigkeit; sie machen aber auch so deutlich, dass in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen – einschließlich der medialen Umwelt – einerseits vielfältige Möglichkeiten aufgezeigt werden, andererseits der Zugang zu diesen Möglichkeiten nicht gleichermaßen ofensteht. Dies verweist darauf, dass in unserer Gesellschaft eine Befriedigung der Bedürfnisse nach Sinneserregung und Spannung, nach Orientierung und Sicherheit sowie der darüber liegenden Bedürfnisse nach Zugehörigkeit und Liebe sowie nach Achtung und Wertschätzung zwar grundsätzlich gegeben sein mag, mindestens für einen Teil der Kinder und Jugendlichen aber auch gefährdet bzw. keineswegs für alle gesichert ist (vgl. z.B. Paus-Hasebrink 2017). In diesem Zusammenhang kann man auf der Grundlage der Maslow’schen Bedürfnistheorie vermuten: Je mehr Kindern und Jugendlichen eine Befriedigung ihrer Bedürfnisse nach Sinneserregung und Spannung, nach Orientierung und Sicherheit, nach Zugehörigkeit und Achtung in ihrer nicht-medialen Lebenswelt versagt bleibt, umso stärker werden sie diese Bedürfnisse u.a. an bestimmte Segmente ihrer medialen Umwelt herantragen. Dabei ist zudem bedeutsam, dass Medien zum Teil eine anstrengungslose und sanktionslose „Bedürfnisbefriedigung“ gestatten. Beispielsweise braucht man beim „Miterleben“ der Zuneigung und Liebe, die Medieniguren genießen, oder der Abenteuer eines Serienhelden keine Angst vor den Risiken zu haben, die entsprechende soziale Beziehungen oder Abenteuer in der Realität mit sich bringen könnten. Auch wenn man die „Bedürfnisbefriedigung“ durch Identiikation nicht einfach mit einer Bedürfnisbefriedigung in der Realität gleichsetzen kann, bieten die Medien doch ein erhebliches Potenzial, um Bedürf-

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nisse in einfacher Weise zur Geltung zu bringen. Über diesen Gedanken hinaus müssen Medien als situative Faktoren betrachtet werden, die selbst bestimmte Bedürfnisse stimulieren. So können beispielsweise Vorabendserien oder Computerspiele nicht nur das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, Liebe und Geltung aufnehmen, sondern auch entsprechende Bedürfnisse anregen. Dies macht sich nicht zuletzt die Werbung zunutze, die dann suggeriert, durch den Kauf bestimmter Waren ließen sich die so angeregten Bedürfnisse befriedigen. Aus der bedürfnistheoretischen Deutung der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen folgt, dass es wichtig ist, bei medienpädagogischen Aktivitäten die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen und die mit der Bedürfnisbefriedigung oder Bedürfnisfrustration verbundenen emotionalen Einlüsse ernst zu nehmen. Dies bedeutet für medienpädagogische Aktivitäten zunächst zweierlei: – Maßnahmen, die darauf zielen, die Mediennutzung einzuschränken bzw. zu reduzieren, greifen letztlich nur dann, wenn alternative Möglichkeiten von den Kindern und Jugendlichen erfahren werden, die mindestens den gleichen Grad an Bedürfnisbefriedigung bringen wie die Mediennutzung. – Bei medienanalytischen Vorgehensweisen und bei einer möglichen Medienkritik sollte in jedem Fall vermieden werden, Medienangebote „madig“ zu machen, die bei Kindern und Jugendlichen beliebt sind. Dies könnte für Kinder und Jugendliche eine Geringschätzung oder einen Tadel an gegebenen Bedürfnissen bedeuten, was dann eine ofene Auseinandersetzung mit den medialen Produkten unterlaufen würde. Weitere Konsequenzen aus den Überlegungen zu Bedürfnissen und Lebenssituation und ihre unterrichtliche Beachtung, sollen vor allem in den Kapiteln 5 und 6 aufgezeigt werden. Wir empfehlen, dass Sie nun die eingangs – im Abschnitt 2.1.1 – zitierten Äußerungen von Kindern und Jugendlichen zu Computerspielen noch einmal in den Blick nehmen. Analysieren Sie diese bitte schwerpunktmäßig unter den Fragen, welche Bedürfnisse sich darin widerspiegeln und welche Merkmale der Lebenswelt gegebenenfalls angesprochen werden.

2.2 Mediennutzung als erfahrungs- und entwicklungsbezogene Handlung 2.2.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Neben Bedürfnislage und Lebenssituation sind – gemäß dem Handlungsmodell in Darstellung 2.1 – weitere Bedingungen für die Mediennutzung bzw. das Handeln wichtig. Solche Bedingungen kommen insbesondere in konlikthaften Situationen der Mediennutzung zur Geltung. Im Folgenden ist eine weitere Situation dieser Art dargestellt:

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Eine Jugendliche – sie sei hier Lena genannt – nutzt in ihrer Freizeit nahezu ununterbrochen ihr Smartphone. Eines Tages – als Lena wieder mit ihrem Smartphone beschäftig ist – sagt die Mutter zu ihr: „Wenn du schon so häuig dein Smartphone benutzt, dann könntest du dir ja auch mal eine App zum Englischlernen herunterladen und damit Englisch lernen, anstatt Dich immer nur in Social Networks zu bewegen – zumal deine Leistungen im Englischunterricht in der letzten Zeit immer schlechter geworden sind“. 

Es stellt sich die Frage, welche Gedanken Lena in einer solchen Situation „durch den Kopf gehen“ bzw. welche Überlegungen wichtig für ihre Entscheidung sein werden, gegebenenfalls weniger Zeit für die Aktivitäten in Sozialen Netzwerken zu verwenden und stattdessen mit ihrem Smartphone Englisch zu lernen. Bedenken Sie bitte, welche Argumente Lena – vor dem Hintergrund ihres Erfahrungs- bzw. Wissensstandes sowie ihres Entwicklungsniveaus – möglicherweise in den Sinn kommen. Für eine diferenzierte Einschätzung zu dieser Frage bietet sich die die Behandlung folgender Fragen an: (1) Wie lässt sich die Ausprägung des Erfahrungs- bzw. Wissensstandes im Einzelnen beschreiben? (2) Wie können unterschiedliche Gedanken oder Argumente auf verschiedenen intellektuellen Entwicklungsstufen charakterisiert werden? (3) Wie lassen sich unterschiedliche Gedanken oder Argumente auf unterschiedlichen Stufen sozial-moralischer Entwicklung kennzeichnen? Im Anschluss an die Bearbeitung dieser Fragen sollen erste pädagogische Konsequenzen aufgezeigt werden. Die Überlegungen können helfen, das Handeln von Kindern oder Jugendlichen in Konliktfällen besser zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren. 2.2.2 Erfahrungs- bzw. Wissensstand und Mediennutzung Für die Mediennutzung (und für menschliches Handeln generell) ist neben bedürfnis- und situationsbezogenen Bedingungen der Stand der Erfahrungen bzw. des Wissens in dem jeweiligen Handlungsfeld wichtig. In dem Computerspiel-Fall, den wir zu Beginn des zweiten Kapitels skizziert haben, wird die Entscheidung von horsten beispielsweise dadurch beeinlusst, ob er ähnliche Konliktsituationen schon einmal erlebt und wie er die Erfahrungen verarbeitet hat. Dadurch kann sich z.B. ein Wissen darüber ausgebildet haben, welche Folgen es möglicherweise hat, sich dem Druck von Gleichaltrigen zu fügen oder zu widersetzen sowie ein Versprechen zu halten oder zu brechen. Darüber hinaus ist bedeutsam, welche Kenntnisse horsten zu Computerspielen hat, was er über Indizierung und Jugendschutz sowie über Interessen von Computerspielherstellern weiß und welche anderen Spielmöglichkeiten oder Alternativen er kennt. Mit einem entsprechenden Wissen könnte

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er in dem gegebenen Entscheidungsfall besser argumentieren und begründeter entscheiden, als wenn er darüber nicht verfügen würde. Generell lässt sich der Erfahrungsstand bei Entscheidungsfällen mit dem Wissen von Handlungsmöglichkeiten, von etwaigen Folgen einer Handlung und von Beurteilungsgesichtspunkten sowie damit verbundenen weiteren Kenntnissen beschreiben. Bei dieser Sichtweise wird unterstellt, dass individuelle Erfahrungen sich als kognitiv verarbeitetes Erleben in persönlichem Wissen niederschlagen. Allgemein lässt sich Wissen zunächst in implizites und explizites Wissen unterteilen. Implizites Wissen ist dadurch gekennzeichnet, dass es sich – ohne an Worte gebunden zu sein – in bestimmten Situationen bzw. im Verhalten oder Handeln äußern kann. Hat horsten beispielsweise schon einmal jugendgefährdende Spiele erlebt und dabei Ängste oder andere unangenehme Gefühle gehabt, würde er sich vermutlich gegen das verbotene Computerspiel sträuben, ohne dass er dies gegenüber Sebastian in Worten ausdrücken können muss. Erst wenn er seine Ängste oder andere Gefühle mit Blick auf solche Situationen verbalisieren kann, spricht man von explizitem Wissen. Ein weiteres Beispiel: Manchmal werden technische Aktionen ausgeführt, z.B. am Computer, ohne dass der Ausführende sie einer anderen Person angemessen erläutern könnte. Auch hier liegt implizites Wissen vor. Erst durch nachvollziehbare Verbalisierung entsteht explizites Wissen. Das bedeutet zugleich, dass Kommunikation auf explizites Wissen angewiesen ist. Dieses lässt sich generell als Verfügung über die Möglichkeit beschreiben, Ereignisse, Namen, Bewertungsmöglichkeiten, Fakten, Begrife, Vorgehensweisen, Gesetzesaussagen, Regeln, Normen, Verfahren, Systeme, heorien o.Ä. in Worte zu fassen (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Blömeke 2017, S. 107f.). Neben der Unterscheidung in implizites und explizites Wissen ist für medienpädagogische Aktivitäten die Diferenzierung in deklaratives, prozedurales und metakognitves Wissen wichtig. Deklaratives Wissen liegt bezogen auf Computerspiele z.B. vor, wenn jemand Interesse weckende oder Spannung erzeugende Spielmerkmale beschreiben kann. Vermag die entsprechende Person ein solches Wissen auch bei der Analyse eines Computerspiels anzuwenden, handelt es sich um prozedurales Wissen. Darüber hinaus verfügt die Person über metakognitives Wissen, wenn sie generell erläutern kann, welches Wissen bei unterschiedlichen Medienanalysen notwendig ist und welche Vorgehensweisen sinnvoll sind, und wenn sie ihr Wissen auch bei der Analyse unterschiedlicher Medien zur Geltung bringen kann. Demnach besteht eine wichtige Aufgabe der Medienpädagogik darin, Lernsituationen zu schafen, in denen Kinder und Jugendliche auf der Grundlage geeigneter Erfahrungen ein explizites sowie deklaratives, prozedurales und metakognitives Wissen über Medien und ihre Nutzung erwerben können. Welche Inhaltsbereiche dabei bedeutsam sind, wird im Abschnitt 4.4 thematisiert. Wie sich entsprechende Lern-Lehrprozesse gestalten lassen, ist dann Gegenstand der Kaptel 5 und 6.

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2.2.3 Intellektuelle Entwicklung und Mediennutzung Die Bedeutung des intellektuellen Niveaus für die Mediennutzung wird ofensichtlich, wenn man sich für das skizzierte Computerspiel-Beispiel einmal vorstellt, welche gedanklichen Prozesse bei horsten ablaufen mögen, ehe er eine Entscheidung trift. Er könnte – in idealtypischer Zuspitzung auf Aspekte intellektueller Entwicklung – Überlegungen folgender Art anstellen: (1) Da Sebastian das neue Spiel kennen lernen will und ich auch neugierig darauf bin, gibt es nicht viel nachzudenken: Wir probieren es aus. (2) Wenn ich einwillige, ist Sebastian zufrieden. Wenn ich mich sträube, wird Sebastian „sauer“ sein. Vielleicht könnten wir gemeinsam ein anderes Spiel aussuchen. Aber damit ist Sebastian bestimmt nicht einverstanden. Ich bin zwar etwas verunsichert, aber ich willige dennoch ein. (3) Wenn ich mit Sebastian das spannende Spiel ausprobiere, hätte das den Vorteil, dass ich mal so ein Spiel kennenlernen könnte und dass Sebastian nicht „sauer“ wäre. Zudem würde ich zukünftig eine bessere Position in der Klasse haben. Allerdings hätte es den Nachteil, dass ich die Abmachung mit meinen Eltern nicht einhalten würde und sie sehr enttäuscht sein könnten. Außerdem hätte ich vielleicht ein schlechtes Gewissen. Eigentlich müsste Sebastian Verständnis für die Situation haben. Wir sollten gemeinsam eine andere Lösung suchen. (4) Unter dem Gesichtspunkt, meine Neugier zu befriedigen, wäre die Einwilligung vorteilhaft. Im Hinblick auf die Beziehung zu meinen Eltern wäre das Ausprobieren des indizierten Spiels nachteilig. Bezüglich der Beziehung zu Sebastian und meiner zukünftigen Position in der Klasse liegt eine Einwilligung nahe. Bei Berücksichtigung des Jugendschutzes wäre das Anschauen eines indizierten Spiels nicht akzeptabel. Also, ich willige doch nicht ein. (5) Es ist wichtig zu überlegen, ob meine Neugier und mein Wunsch, die Beziehung zu Sebastian positiv zu gestalten, es rechtfertigen, das Vertrauen meiner Eltern zu missbrauchen und das Prinzip des Jugendschutzes zu verletzen. Vertrauen ist für das Zusammenleben von Menschen generell wichtig und der Jugendschutz ist ein wichtiges allgemeines Prinzip im Umgang mit Medien. Beide Gesichtspunkte haben eine größere Bedeutung, als dem aktuellen Wunsch meines Freundes nachzukommen. Ich werde deshalb das menschenverachtende Spiel nicht mit Sebastian ausprobieren.

Solche Überlegungen lassen sich in Anlehnung an einzelne Ansätze, die sich mit der Frage der kognitiven Komplexität von Individuen befassen, nach folgenden Aspekten unterscheiden (vgl. die zusammenfassende Darstellung zur kognitiven Komplexität bei Streufert u. Streufert 1978, S. 17f.): (a) Man kann zunächst danach fragen, wie viele Handlungsmöglichkeiten von einem Individuum überhaupt in den Blick genommen werden. So kommt in der Überlegung (1) praktisch nur die Möglichkeit „Einwilligung“ in Betracht. In der Überlegung (2) klingen darüber hinaus die Handlungsmöglichkeiten „Sträuben“ und „anderes Spiel“ an. (b) Weiterhin ist wichtig, wie viele Gesichtspunkte oder Kriterien zur Beurteilung der Handlungsmöglichkeiten herangezogen werden. So erfolgt die Beurteilung

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der Handlungsmöglichkeiten in der Überlegung (2) praktisch nur unter dem Gesichtspunkt, welche Reaktion von Sebastian zu erwarten ist. Bei der Abwägung in der Überlegung (4) werden demgegenüber mehrere Kriterien systematisch bedacht: eigene Bedürfnisse, Beziehung zu den Eltern, Beziehung zu Sebastian, Jugendschutz. (c) Ein weiteres Kennzeichen für das intellektuelle Niveau sind Unterscheidungen bzw. Diferenzierungen innerhalb der Gesichtspunkte oder Kriterien. So werden in der Überlegung (3) die Kriterien „Erwartung von Sebastian“ und „Erwartung der Eltern“ nach „enttäuscht“, „nicht enttäuscht“ und „Verständnis haben“ diferenziert. (d) Darüber hinaus ist der Abstraktionsgrad der Gesichtspunkte oder Kriterien bedeutsam. So hat das in der Überlegung (4) eingeführte Kriterium „Jugendschutz“ einen höheren Abstraktionsgrad als das in der Überlegung (2) dominierende Kriterium „Reaktion von Sebastian“. (e) Schließlich ist der Grad der Verknüpfung kennzeichnend für das intellektuelle Niveau. Die Verknüpfung kann sich z.B. folgendermaßen zeigen: – Die Handlungsmöglichkeiten werden nicht isoliert nach Vor- und Nachteilen gesehen, sondern – wie in der Überlegung (4) – mit Kriterien in Verbindung gebracht. – Die Kriterien werden untereinander gewichtet. So erscheint in der Überlegung (4) der Jugendschutz als ein besonders wichtiges Kriterium. – Die Kriterien werden – wie in der Überlegung (5) – hinsichtlich ihrer Bedeutung für den konkreten Fall sowie im Aspekt allgemeiner Prinzipien relektiert. Auf der Grundlage dieser Überlegungen unterscheiden wir in Anlehnung an Ansätze zur kognitiven Komplexität (vgl. z.B. Harvey, Hunt u. Schroder 1961) – wenn auch mit anderer Akzentuierung und einer Strukturierung nach fünf Stufen – die folgenden intellektuellen Niveaus: (1) Das Denken ist im Wesentlichen darauf ixiert, dass es für jede Situation nur eine angemessene Handlungsweise gibt. Handlungsalternativen werden erst gar nicht in Betracht gezogen. Man kann hier von „ixiertem Denken“ sprechen. Bezogen auf die Mediennutzung bedeutet dies, dass in bestimmten Situationen, z.B. Langeweile, nur eine Verhaltensmöglichkeit gesehen wird, z.B. das Einschalten des Smartphones. (2) Alternativen zu der – zunächst als richtig angesehenen – Handlungsweise kommen zwar in den Blick, werden in der Regel jedoch relativ pauschal oder nur mit Blick auf Einzelheiten und isoliert bewertet. Aufgrund der Kenntnis von Alternativen ist das Individuum u.U. auch so verunsichert, dass es nicht mehr so recht weiß, wie es sich verhalten soll. Dieses Niveau kann man als „isolierendes Denken“ charakterisieren. Im Hinblick auf die Mediennutzung heißt dies, dass ein Kind oder Jugendlicher zwar in der Lage ist, Alternativen zur Nutzung eines Mediums zu bedenken, diese jedoch mehr oder weniger pauschal oder nur

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mit Bezug auf Einzelheiten oder im Aspekt der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung beurteilt. (3) Auf der dritten Stufe ist ein Kind oder Jugendlicher in der Lage, unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten hinsichtlich verschiedener Vorteile und Nachteile zu bedenken. Vor- und Nachteile bleiben u.U. jedoch noch relativ unverbunden nebeneinanderstehen. Entscheidungen werden häuig unter dem Gesichtspunkt gefällt, welche Lösung oder Handlung die meisten Vorteile hat. Eine solche Denkweise lässt sich als „konkret-diferenzierendes Denken“ bezeichnen. Auf dieser Stufe ist ein diferenziertes Abwägen der Vorteile und Nachteile verschiedener Medien bzw. ihrer Nutzung – auch im Vergleich zu Handlungsalternativen – möglich. (4) Auf der nächsten Stufe können von einem Individuum verschiedene Handlungsmöglichkeiten unter mehreren Kriterien bzw. Gesichtspunkten systematisch beurteilt werden. Die Entscheidung erfolgt in der Regel so, dass eines der Kriterien als vorrangig erklärt wird. Hier kann man von „systematisch-kriterienbezogenem Denken“ sprechen. Im Hinblick auf die Mediennutzung ist der Einzelne in der Lage, Kriterien für seine Medienentscheidungen zu benennen und eine systematische Beurteilung der Mediennutzung vorzunehmen. (5) Eine weitere Stufe des Denkens lässt sich dadurch charakterisieren, dass der Prozess der Prioritätensetzung zwischen verschiedenen Kriterien thematisiert und relektiert wird. Dabei kann sowohl der individuelle Fall berücksichtigt als auch Bezug auf übergreifende Prinzipien genommen werden. Ein Denken dieser Art lässt sich als „kritisch-relektierendes Denken“ charakterisieren. Mediennutzung bzw. Medienentscheidungen können jetzt vor dem Hintergrund übergreifender Prinzipien kritisch relektiert werden. Eine solche modellartige Beschreibung von Stufen der intellektuellen Entwicklung lässt sich nutzen, um bestimmte Denkmuster, die sich in Äußerungen zu verschiedenen Handlungs- und Beurteilungsmöglichkeiten zeigen, in struktureller Hinsicht einzuordnen (siehe dazu auch Abschnitt 7.1). Allerdings wirft eine solche Stufenfolge auch verschiedene Fragen auf, z.B.: Ist die Einteilung in fünf Stufen angemessen? Sind die Stufen in ihrer Reihenfolge festgelegt oder können Stufen auch übersprungen werden? Wie gestalten sich gegebenenfalls Übergänge zwischen den Stufen? Ist es zulässig, die Stufen nicht nur zur Beschreibung, sondern auch zur Bewertung von Denkmustern zu nutzen? Inwieweit muss das Auftreten bestimmter Strukturmerkmale in inhaltlichen Äußerungen als situations- bzw. bereichsspeziisch aufgefasst werden, sodass es u.U. nicht als generelles Niveau interpretiert werden sollte? Gibt es für bestimmte Situationen angemessenere oder weniger angemessene Denkmuster? Außerdem ist eine weitergehende empirische Validierung der Stufen – wenn auch mit den damit verbundenen Schwierigkeiten – wünschenswert (vgl. z.B. Suedfeld, Tetlock u. Streufert 1992; Eye 1999).

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In diesem Sinne ist das oben skizzierte Stufenmodell kritisierbar und sollte weiter geprüft werden. Dennoch scheint es – auch aufgrund vorliegender Untersuchungen zum Konstrukt der kognitiven Komplexität (vgl. z.B. Miller 1981) und zur Beurteilung von Medien (vgl. Tulodziecki 1985, S. 36f.) – vertretbar, das Stufenmodell bei medienpädagogischen Überlegungen zu nutzen. Ehe wir darauf zurückkommen, soll zunächst noch der Zusammenhang von sozial-moralischer Entwicklung und Mediennutzung ausgeführt werden. 2.2.4 Sozial-moralische Entwicklung und Mediennutzung Für das Handeln kann – neben anderen Bedingungen – die sozial-moralische Orientierung eine wichtige Rolle spielen. Um unterschiedliche sozial-moralische Orientierungen zu verdeutlichen, führen wir im Folgenden – wieder in idealtypischer Zuspitzung – einige Argumente an, die beim Computerspiel-Fall für oder gegen das Ausprobieren des indizierten Spiels genannt werden können. Als Pro-Argumente sind z.B. denkbar: (1) horsten hat nichts zu befürchten. Die Eltern brauchen ja nichts davon zu erfahren, dass er mit Sebastian das spannende Computerspiel ausprobiert hat. (2) Wenn horsten jetzt mit Sebastian das spannende Spiel ausprobiert, wird er ihm bei der nächsten Gelegenheit – falls er einen Wunsch hat – auch einen Gefallen tun. (3) Sebastian wäre sehr enttäuscht, wenn horsten es verweigerte, mit ihm das gewünschte Spiel auszuprobieren. Er sollte Sebastian nicht enttäuschen. (4) Jugendliche sollten selbst entscheiden können, welche Spiele sie spielen. Dieses Recht sollte ihnen die Gesellschaft zugestehen. Demgegenüber lassen sich u.a. Kontra-Argumente folgender Art nennen: (1) horsten sollte seinen Eltern gehorchen. Wenn diese erfahren, dass er ein verbotenes Spiel ausprobiert hat, werden sie ihn bestrafen. (2) Da die Eltern horsten erlaubt haben, zu Sebastian zu gehen, sollte horsten sich jetzt auch nach den Wünschen der Eltern richten und keine verbotenen Spiele ausprobieren. (3) Die Eltern erwarten, dass horsten sich an sein Versprechen hält und keine jugendgefährdenden Spiele ausprobiert. horsten sollte seine Eltern nicht enttäuschen. (4) Für die Gesellschaft ist Jugendschutz als staatliche Regelung wichtig. Jugendliche sind mitverantwortlich für die Einhaltung gesellschaftlicher Regelungen. (5) Grundsätzlich sollte zwar jeder selbst entscheiden können, welche Spiele er spielt. Dennoch rechtfertigt es die Situation nicht, das Vertrauen der Eltern zu missbrauchen und den Jugendschutz zu umgehen. Vertrauen und Jugendschutz sind für das Zusammenleben der Menschen generell wichtig und unverzichtbar.

Argumente dieser Art lassen sich nach verschiedenen sozial-moralisch wichtigen Gesichtspunkten charakterisieren: (a) Man kann fragen, inwieweit über die eigene Sichtweise hinaus die Perspektive Anderer berücksichtigt bzw. eingenommen wird, z.B. die Perspektive unmittelbarer Bezugspersonen.

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(b) Man kann prüfen, inwieweit Verantwortung für das Zusammenleben mit Anderen übernommen wird, z.B. ob man sich nur für das eigene Wohl oder letztlich für das Wohl aller verantwortlich fühlt (vgl. z.B. Gilligan 1983; Jonas 1984). (c) Man kann überlegen, welcher Begrif von richtigem bzw. gerechtem Handeln den Argumenten zugrunde liegt, z.B. ob das für richtig gehalten wird, was einem selbst nützt oder was Andere erwarten oder ob gerechtes Handeln durch Übereinstimmung mit bestimmten Regeln des Zusammenlebens, vielleicht sogar durch Übereinstimmung mit universalen ethischen Prinzipien gekennzeichnet ist (vgl. dazu Kohlberg 1974). Im Folgenden verwenden wir diese Gesichtspunkte für eine kurze Kennzeichnung der obigen Argumente. Dabei deuten wir die Argumente als Beispiele für verschiedene Stufen der sozial-moralischen Urteilsentwicklung. Die Stufenzuordnung nehmen wir auf der Basis des Ansatzes von Kohlberg (1974) vor, obwohl bei ihm nicht alle drei der oben genannten Gesichtspunkte in gleicher Weise berücksichtigt werden. Vielmehr dominieren bei Kohlberg Aspekte des gerechten Handelns bzw. die Prinzipien der Fairness und Gerechtigkeit (vgl. Gilligan 1983, S. 30). Wir gehen jedoch davon aus, dass die Gesichtspunkte der sozialen Perspektive und der sozialen Verantwortung mit dem Kohlberg’schen Ansatz verbunden werden können (vgl. dazu auch Colby u. Kohlberg 1978; Herzig 1998). Vor diesem Hintergrund lassen sich die obigen Argumente wie folgt charakterisieren (vgl. auch Aufenanger, Garz u. Zutavern 1981, S. 41f.; Kohlberg 1977, S. 6f.): (1) Die Beispielargumente zu (1) zeigen eine egozentrische Orientierung. Andere Menschen, im Computerspiel-Beispiel die Eltern, treten nur als Autoritätspersonen in Erscheinung, die u.U. strafen können bzw. Gehorsam verlangen. Es wird zwar erkannt, dass Bezugspersonen auf einen einwirken, es fehlt jedoch (noch) das Verständnis für die Wechselseitigkeit von Beziehungen. Verantwortlich ist man nur für das eigene Wohlbeinden. Eine Handlung, die für einen selbst positive Folgen hat, ist gut; eine Handlung mit negativen Folgen ist schlecht. Kohlberg charakterisiert diese Stufe als „Orientierung an Strafe und Gehorsam“. Wir sprechen auch von einer „egozentrischen Fixierung auf die eigenen Bedürfnisse unter Vermeidung von Strafe“. Das Medienverhalten eines Kindes auf dieser Stufe lässt sich folgendermaßen kennzeichnen: Was Spaß macht, wird angeschaut oder angehört bzw. genutzt, Unangenehmes wird vermieden. Begrenzungen ergeben sich gegebenenfalls durch Verbote der Eltern (vgl. zu der Übertragung der Kohlberg’schen Stufen auf das Medienverhalten: Tulodziecki 1997, S. 134f.). (2) In den Beispielargumenten zu (2) kommt eine Orientierung zum Ausdruck, bei der die Wechselseitigkeit von Beziehungen zwar gesehen wird, jedoch nur auf sehr konkrete und pragmatische Weise. Wenn man seine eigenen Bedürfnisse be-

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friedigen will, ist es zweckmäßig, die Bedürfnisse der Anderen zu berücksichtigen und gegebenenfalls mit den Anderen zu verhandeln. Die Reaktionen Anderer auf eigene Handlungen sollten demgemäß bedacht werden, wenn auch die eigenen Interessen im Vordergrund bleiben. Richtig ist eine Handlung, wenn man die eigenen Bedürfnisse unter Beachtung der Bedürfnisse Anderer befriedigt. Dies kann nach dem Motto geschehen „Eine Hand wäscht die andere“. Falsch ist eine Handlung, die Nachteile bringt, weil man die Interessen Anderer nicht berücksichtigt hat. Kohlberg spricht bei dieser Stufe von einer „Instrumentell-relativistischen Orientierung“. Man kann die Stufe auch mit einer „Orientierung an den eigenen Bedürfnissen unter Beachtung der Interessen anderer“ beschreiben. Bezogen auf Medien ist die zweite Stufe u.a. dadurch gekennzeichnet, dass das Kind versucht, die Mediennutzung auszuhandeln – den Eltern z.B. anbietet, rechtzeitig die Hausaufgaben zu machen, damit es abends fernsehen darf. Diese und die erste Stufe fasst Kohlberg unter dem Begrif der „vorkonventionellen Ebene“ zusammen. (3) In den Beispielargumenten zu (3) werden die Handlungen aus der Perspektive von Bezugspersonen gesehen, hier z.B. der Freunde und der Eltern. Man versteht sich selbst als Teil einer sozialen Beziehung bzw. als Mitglied einer Gruppe, deren Erwartungen möglichst erfüllt werden sollten. Eigene Wünsche werden u.U. unterdrückt, um den Normen und Erwartungen der Gruppe gerecht zu werden. Man fühlt sich für das Wohl der Anderen bzw. der Gruppe mitverantwortlich. Richtig ist ein Verhalten, das Anderen gefällt und deren Zustimmung indet; falsch ist es, Andere zu enttäuschen bzw. etwas zu tun, das auf Ablehnung bei den Bezugspersonen stößt. Kohlberg charakterisiert diese Stufe als „Orientierung an zwischenmenschlicher Übereinstimmung“. Wir sprechen auch von einer „Orientierung an der Erwartung von Bezugspersonen und Bezugsgruppen“. Auf dieser Stufe wird das Medienverhalten u.a. dadurch geprägt, was Eltern, Gleichaltrige oder andere Bezugspersonen von dem Kind oder Jugendlichen erwarten. So kann es für das Kind oder den Jugendlichen z.B. wichtig sein, bestimmte Videos eines Videoportals zu kennen, um mitreden zu können und den Erwartungen der Gruppe zu entsprechen. (4) In den Beispielargumenten zu (4) wird horsten als Mitglied der Gesellschaft gesehen. Die Gesellschaft ist mit ihren Regelungen und Normen dem Individuum übergeordnet. Das Individuum ist mitverantwortlich, dass die gesellschaftlichen Regelungen und Normen, z.B. der Jugendschutz, eingehalten werden. Richtiges Verhalten ist in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass man die Gesetze achtet, seine Plicht tut und sich für die soziale Ordnung um ihrer selbst willen einsetzt. Falsch ist ein Verhalten, bei dem gesamtgesellschaftliche Regelungen und Normen missachtet werden. Alledings sind u.U. begründete Ausnahmen möglich. Kohlberg kennzeichnet diese Stufe als „Orientierung an Gesetz und Ordnung“. Sie lässt sich auch durch die „Orientierung am sozialen System mit

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einer bewussten Übernahme gerechtfertigter Verplichtungen“ beschreiben. Auf der vierten Stufe fühlt sich jemand z.B. verplichtet, gesellschaftliche Normen zur Medienverwendung einzuhalten. So wird u.U. auf ein nicht-erlaubtes Kopieren von Software verzichtet, weil es das Urheberrecht verletzen würde Darüber hinaus werden Medien auch als Quelle für gesellschaftlich wichtige Informationen gesehen. Die dritte und die vierte Stufe bilden nach Kohlberg zusammen die „konventionelle Ebene“ der moralischen Entwicklung. (5) Die Perspektive als Mitglied der Gesellschaft wird in dem Beispielargument zu (5) noch einmal umstrukturiert. Ausgangspunkt der Überlegungen ist jetzt das Individuum. Seine Handlungen müssen allerdings kritisch unter der Frage betrachtet werden, inwieweit sie für allgemeines gesellschaftliches Handeln tragbar bzw. verantwortbar sind. Dabei muss die Gesellschaft einerseits die Rechte jedes Einzelnen sichern, andererseits ist jeder Einzelne mit seinem Handeln für das Wohl aller verantwortlich. Demgemäß ist eine Handlung dann gerechtfertigt, wenn sie mit den allgemeinen Rechten des Individuums übereinstimmt und gleichzeitig einer kritischen Prüfung unter der Frage standhält, ob diese Rechte von der menschlichen Gemeinschaft getragen werden könnten. Muss dieses verneint werden, ist die Handlung nicht gerechtfertigt. Nach Kohlberg handelt es sich hier um eine „legalistische Orientierung am Gesellschaftsvertrag“. Man könnte diese Stufe unter Berücksichtigung weiterer postkonventioneller Überlegungen (siehe unten) auch als „Orientierung an individuellen Rechten und ihrer kritischen Prüfung unter dem Anspruch der menschlichen Gemeinschaft“ charakterisieren. Auf dieser Stufe des Medienverhaltens verzichtet ein Individuum u.U. aus prinzipiellen Gründen auf das Ausprobieren eines indizierten Spiels, weil darin menschenverachtende Szenen vorkommen, die Menschenwürde verletzt wird oder weil das Spielen eines solchen Spiels prinzipiell diejenigen unterstützt, die solche Filme herstellen. In einem solchen Fall würde das individuelle Recht auf freie Mediennutzung gegenüber den prinzipiellen Erwägungen zurückgestellt. Außer den angesprochenen fünf Stufen nennt Kohlberg noch eine sechste Stufe: die „Orientierung an universalen ethischen Prinzipien“. Die fünfte und die sechste Stufe der moralischen Entwicklung werden von Kohlberg als „postkonventionelle, autonome oder auch prinzipielle Ebene“ zusammengefasst. Weil die sechste Stufe bisher empirisch nicht nachgewiesen wurde und auch in der philosophischen Diskussion umstritten ist (vgl. Colby u. Kohlberg 1978; Kohlberg, Boyd u. Levine 1986) sowie keinesfalls bei Jugendlichen erwartet werden kann, verzichten wir bei den folgenden Betrachtungen auf eine ausdrückliche und eigenständige sechste Stufe. Allerdings haben wir Aspekte dieser Stufe in die Beschreibung der fünften Stufe insofern aufgenommen, als wir unterstellt haben, dass auf der

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fünften Stufe eine Prüfung von Handlungen „unter dem Anspruch der menschlichen Gemeinschaft“ erfolgt. Eine solche Prüfung kann sich an Gesichtspunkten orientieren, die als universale ethische Prinzipien aufzufassen sind. An dem Kohlberg’schen Ansatz ist verschiedene Kritik geübt worden. Diese bezieht sich z.B. auf die Fragen nach dem Verhältnis von Struktur und Inhalt bei moralischem Urteilen, nach der Beziehung von Kognition und Emotion bei moralischem Handeln, nach dem Verhältnis von Urteilen und Handeln überhaupt, nach der Angemessenheit der Stufeneinteilung, nach der Zweckmäßigkeit und Höherwertigkeit bestimmter Moralstufen und nach der Art des mit dem Ansatz verbundenen Denkens (vgl. z.B. Eckensberger u. Reinshagen 1980, S. 65f.; Gergen u. Gergen 1981, S. 226f.; Aufenanger, Garz u. Zutavern 1981, S. 69f.; Herzig 1998, S. 80f.). Es ist hier nicht der Ort, die kritischen Einwände im Einzelnen darzustellen und zu diskutieren. Es sei allerdings daran erinnert, dass wir in unserem Handlungsmodell die sozial-moralische Orientierung von vornherein nur als einen Faktor in einem komplexen Handlungszusammenhang aufgefasst haben, so dass dadurch bereits einige Kritikpunkte am Ansatz von Kohlberg berücksichtigt sind. Der Ansatz von Kohlberg ist inzwischen vielfach einer empirischen Bewährung unterzogen worden (vgl. z.B. Colby, Kohlberg u. Liebermann 1983; Schläli 1986; Herzig 1998). Auf dieser Grundlage ist der Ansatz – trotz einzelner Schwachstellen – sowohl theoretisch als auch empirisch hinreichend begründet, um daraus Schlussfolgerungen für die Medienpädagogik zu ziehen. 2.2.5 Konsequenzen für medienpädagogisches Handeln Betrachtet man zunächst mögliche Konsequenzen des Stufenmodells zur Entwicklung des intellektuellen Niveaus für medienpädagogisches Handeln, wird die empirische Frage wichtig, welches Niveau bei Kindern und Jugendlichen vorwiegend anzutrefen ist. Insgesamt liegt die Vermutung nahe, dass die Denkstruktur von Kindern in vielen Fällen eher der Stufe 2 und von Jugendlichen eher der Stufe 3 als den Stufen 4 und 5 entspricht (vgl. Miller 1981). Insofern muss die Förderung des intellektuellen Niveaus als eine bedeutsame Aufgabe von Erziehung und Bildung generell und medienpädagogischer Aktivitäten im Besonderen angesehen werden. Dazu ist die Annahme wichtig, dass von der Auseinandersetzung mit Denkweisen, die etwas oberhalb des jeweiligen Niveaus liegen, Anregungen ausgehen, die langfristig zum Erreichen der nächsthöheren Stufe führen. Daraus lässt sich die allgemeine Forderung ableiten, bei der Auseinandersetzung mit Medienfragen nicht nur den notwendigen Wissenserwerb im Auge zu haben, sondern auch immer darauf zu achten, dass Kinder und Jugendliche mit Denkweisen oberhalb ihres erreichten Niveaus konfrontiert werden. In ähnlicher Weise kann man mit Bezug auf die modellierte Stufenfolge der sozialmoralischen Entwicklung zunächst nach dem empirisch feststellbaren Urteilsniveau von Kindern und Jugendlichen fragen. Den oben angesprochenen empirischen

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Untersuchungen zufolge kann davon ausgegangen werden, dass Kinder bis zu 10 Jahren vor allem auf den Stufen l und 2 argumentieren, Jugendliche bis zu 16 Jahren vor allem auf den Stufen 2 bis 4. Das bedeutet zugleich, dass viele l6-Jährige die Stufe 4 noch nicht erreicht haben. Betrachtet man vor diesem Hintergrund das Kohlberg’sche Entwicklungsmodell unter der Zielvorstellung eines sozial verantwortlichen Handelns und versteht man „soziale Verantwortung“ nicht nur im Hinblick auf Bezugspersonen, sondern auch im Hinblick auf die gesamte Gesellschaft, so zeigt sich Folgendes: Soziale Verantwortung unter Beachtung gesamtgesellschaftlicher Bezüge ist frühestens von der Stufe 4 an gegeben. Erst die Stufe 5 eröfnet allerdings die Möglichkeit zur konsequenten kritischen Prüfung von Verhaltensregeln und gesellschaftlichen Regelungen im Medienbereich mit Blick auf die Rechte des Einzelnen unter Bezug auf eine allgemeine menschheitsbezogene Perspektive. Zugleich bietet erst das Erreichen der Stufen 4 und 5 einen Schutz gegenüber möglichen Gefährdungen durch die Medien, z.B. gegen die unrelektierte Übernahme von aggressiven Verhaltensmustern (siehe Abschnitt 6.3.3). Pädagogisch gesehen ergibt sich daraus die Forderung, Heranwachsende auch im Medienbereich derart zu fördern, dass sie mindestens die Stufe 4, möglichst jedoch die Stufe 5 sozialmoralischer Orientierung erreichen. Dazu ist es – ähnlich wie für die Entwicklung des intellektuellen Niveaus – wichtig, Kinder und Jugendliche in der Auseinandersetzung mit Medienfragen mit Argumenten zu konfrontieren, die eine Stufe über dem erreichten Niveau liegen. Dabei muss gegebenenfalls unterschieden werden, ob Kinder und Jugendliche ihre moralischen Urteile z.B. im Zusammenhang von Computerspielen, an der Realwelt oder an der Spielwirklichkeit ausrichten (vgl. Pietraß 2017, S. 66f.). Eine entsprechende Entwicklungsförderung lässt sich bei Kindern und Jugendlichen u.a. dadurch anregen, dass die Möglichkeiten und Folgen eigener Handlungen sowie von Handlungen Anderer thematisiert werden. In solchen Zusammenhängen kommt es darauf an, Handlungsmöglichkeiten und Handlungsfolgen zum einen auf intellektueller Ebene bewusst zu machen und zum anderen in sozial-moralischer Hinsicht einzuschätzen. In diesem Zusammenhang können Handlungsmöglichkeiten und Handlungsfolgen für das Individuum, für Bezugspersonen bzw. Bezugsgruppen und – sofern sinnvoll – für die gegenwärtige Gesellschaft und gegebenenfalls für zukünftige Generationen diskutiert und bewertet werden. Um es abschließend noch einmal auf den Computerspiel-Fall zu beziehen: Wenn die Eltern erfahren, dass horsten das jugendgefährdende Computerspiel mit Sebastian ausprobiert hat, dann ist es in jedem Falle wichtig, mit ihm darüber zu sprechen. Falls sich in dem Gespräch der Eindruck ergibt, dass horsten dies getan hat, um die Zugehörigkeit zu seiner Klasse zu sichern bzw. Sebastian und andere Klassenkameraden nicht zu enttäuschen, sollten die Eltern zunächst die damit gegebene Bedürfnislage von horsten akzeptieren und ihn zu der Überlegung anregen, welche anderen Möglichkeiten es gegeben hätte, Zugehörigkeit und Freundschaft

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zu sichern. Dabei könnte horsten auch bedenken, nach welchen Gesichtspunkten er seine Entscheidung gefällt hat. In diesem Zusammenhang ließen sich mögliche Erwartungen der Eltern ins Spiel bringen. Auf dieser Basis könnte dann auch das Kriterium des Jugendschutzes und seiner gesellschaftlichen Bedeutung im Sinne einer entwicklungsstimulierenden Argumentation einbezogen werden. Insgesamt bedeuten die dargestellten Bedingungen für das Handeln generell und für das Handeln im Medienbereich speziell, dass bei medienpädagogischen Aktivitäten von der Lebenssituation, dem kommunikativen Umfeld und der Bedürfnislage der Kinder und Jugendlichen sowie vom jeweils gegebenen Erfahrungs- bzw. Wissensund Entwicklungsstand ausgegangen und in handelnder Weise eine Weiterentwicklung angestrebt werden sollte. Anders ausgedrückt: Medienpädagogisches Handeln sollte im Zusammenhang von Medienrezeption und eigener Mediengestaltung Erlebnis- und Handlungsmöglichkeiten schafen, die zum einen der Lebenssituation und der Bedürfnislage gerecht werden und zum anderen zu einer Erweiterung des Erfahrungs- bzw. Wissensstandes sowie zu einer Förderung der sozial-kognitiven Entwicklung führen. Diese Gedanken legen es nahe, die Handlungsorientierung zum übergreifenden didaktischen Prinzip für medienpädagogisches Vorgehen zu erklären: Medienbildung soll für gegenwärtiges und zukünftiges Handeln bedeutsam sein und handlungsbezogen erfolgen. Handlungsorientierung ist dabei zunächst mit folgenden weiteren didaktischen Prinzipien verknüpft (vgl. auch Fröhlich 1982, S. 99f.; Tulodziecki 1996, S. 23): Situationsorientierung: Ausgangspunkt für medienpädagogisches Handeln sollen Situationen aus der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen sein, und das zu Lernende soll auf jetzige und/oder zu erwartende Lebenssituationen bezogen werden. Kommunikationsorientierung: Lernen und Erziehung sollen in Kommunikation und für Kommunikation mit Anderen erfolgen, z.B. indem eigene Medienerfahrungen, Interessen und Bedürfnisse personal oder mit Hilfe von Medien mitgeteilt und personale oder technisch übertragene Mitteilungen Anderer angemessen aufgenommen bzw. interpretiert werden. Bedürfnisorientierung: Diese Orientierung meint zunächst, dass die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen bei der Mediennutzung ernstzunehmen und zu akzeptieren sind. Bedürfnisorientierung meint darüber hinaus, dass die erzieherischen Prozesse so gestaltet werden sollen, dass in ihnen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen zum Tragen kommen können. Erfahrungsorientierung: Ausgangspunkt für Lernen und erzieherische Aktivitäten sollen inhaltliche und mediale Erfahrungen der Kinder und Jugendlichen sein, im Laufe erzieherischer Prozesse sollen neue inhaltliche und mediale Erfahrungen ermöglicht werden.

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Darüber hinaus ist Handlungsorientierung in besonderer Weise mit den Prinzipien der Entwicklungs- und Kompetenzorientierung verbunden: Unter dem Aspekt der Entwicklungsorientierung ist es wichtig, dass Lernen und die erzieherische Anregung sowie die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen einerseits entwicklungsgemäß erfolgen und andererseits entwicklungsfördernd wirken. Kompetenzorientierung besagt, dass für medienpädagogische Prozesse Medienkompetenz als generelles Vermögen des Menschen, in Medienzusammenhängen in förderlicher Weise zu handeln, vorausgesetzt wird und es gleichzeitig um eine Förderung entsprechender Fähigkeiten und Bereitschaften geht (mehr zum Begrif der Medienkompetenz in den Abschnitten 4.3 und 4.4). Wie diese Prinzipien im Rahmen der Medienbildung umgesetzt werden können, sollen die Ausführungen in den Kapiteln 5, 6 und 7 zeigen. Wir empfehlen, dass Sie sich nun noch einmal die eingangs – unter 2.2.1 – skizzierte konlikthafte Situation von Lena und ihrer Mutter vornehmen. Versuchen Sie bitte Argumente zu formulieren, in denen sich der mögliche Erfahrungsbzw. Wissensstand sowie das mögliche intellektuelle und sozial-moralische Niveau von Lena ausdrücken könnten. Bedenken Sie bitte, welche Bedeutung entsprechende Argumente für eine Entscheidung haben. Des Weiteren können Sie erste Empfehlungen formulieren, wie die Mutter reagieren sollte, wenn sie bemerkt, dass Lena ihren Wunsch ignoriert und weiterhin nur in Sozialen Netzwerken agiert.

2.3 Zielperspektiven für Schule und Unterricht in einer von Medien mitgestalteten Welt 2.3.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen In der öfentlichen Diskussion um Computer und Internet wird seit den 1990erJahren von verschiedener Seite die Aufassung vertreten, dass sich das Bildungswesen (und insbesondere die Schule) unter dem Einluss der Informations- und Kommunikationstechnologien erheblich wandeln muss (vgl. z.B. Müller von Blumencron u. Mohr 1994). Diese Forderung wird durch die Digitalisierung und die damit verbundene Mediatisierung noch verstärkt (vgl. z.B. Niesyto 2011; KMK 2016). Die Wandlungsnotwendigkeiten werden zum Teil mit dem Hinweis begründet, dass das traditionelle Bildungswesen angesichts der Medienentwicklung nicht mehr über sein früheres Informations- und Lernmonopol verfüge und dass es mittlerweile vielfältige neue Möglichkeiten gäbe, Lehren und Lernen zeit- und ortsunabhängig sowie wirkungsvoll zu organisieren und zu gestalten.

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In diesem Zusammenhang wird u.a. betont, dass sich mittlerweile eine Gesellschaft entwickelt habe, die in Unterscheidung zur früheren Industriegesellschaft als Wissensgesellschaft zu bezeichnen sei und die eine entsprechende Schule benötige (vgl. z.B. Rolf 2001). Vor diesem Hintergrund könnte sich z.B. eine Lehrergruppe an einem pädagogischen Tag einmal in grundsätzlicher Weise mit Anforderungen der Wissensgesellschaft auseinandersetzen und Orientierungspunkte für ihre Schule in Gegenwart und Zukunft erarbeiten. Nehmen wir dazu einmal an, eine vorbereitende Arbeitsgruppe hätte in einem ersten sammelnden Schritt die folgenden allgemeinen Zielvorstellungen für Unterricht und Schule in der Wissensgesellschaft zusammengetragen: komplexes Denken, Umgang mit vielfältigen Informationen, verantwortungsbewusster Umgang mit Medien, Kooperationsbereitschaft, Entscheidungsfähigkeit, Leistungsbereitschaft, Kommunikationsfähigkeit, Kritikfähigkeit, Fähigkeit zu selbst organisiertem Lernen, Problemlösefähigkeit, ethische Sensibilität, gleichberechtigte Teilhabe an Kultur und Gesellschaft, lebenslanges Lernen, Fähigkeit zu vernetztem Denken, selbstständige Informationsbeschafung, Urteilsfähigkeit, Kreativität, Teamfähigkeit, Gestaltungsfähigkeit, Toleranz,  Emanzipation.

Es stellt sich die Frage, wie diese verschiedenen Zielvorstellungen in sinnvoller Weise strukturiert werden können, d.h. ob und wie sie sich gegebenenfalls auf allgemeine Zielperspektiven für Bildung und Erziehung beziehen lassen. Überlegen Sie bitte, welche übergeordneten Perspektiven möglicherweise geeignet sind, die vielfältigen Zielvorstellungen zu ordnen. Nehmen Sie gegebenenfalls eine erste Gruppierung nach übergeordneten Ideen vor – auch wenn sich einzelne Zielvorstellungen u.U. mehreren übergeordneten Perspektiven zuordnen lassen. Überlegen Sie bitte, welche übergeordneten Perspektiven möglicherweise geeignet sind, die vielfältigen Zielvorstellungen zu ordnen. Nehmen Sie gegebenenfalls eine erste Gruppierung nach übergeordneten Ideen vor – auch wenn sich einzelne Zielvorstellungen u.U. mehreren übergeordneten Perspektiven zuordnen lassen. Für eine Entwicklung von strukturierenden Zielperspektiven für Erziehung und Bildung in der Wissensgesellschaft ergeben sich u.a. zwei Fragen: (1) Welche Zielperspektiven lassen sich mit Bezug auf Anforderungen in der Wissensgesellschaft formulieren? (2) Wie stellen sich solche Zielperspektiven vor dem Hintergrund der Medienentwicklung und der Bildungsdiskussion dar? Die Bearbeitung dieser beiden Fragen ermöglicht eine Orientierung für medienpädagogisches Handeln innerhalb und außerhalb der Schule.

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2.3.2 Zielperspektiven für Erziehung und Bildung angesichts von Mediatisierung und Digitalisierung Im den vorherigen Abschnitten haben wir eine Konliktsituation genutzt, um auf wichtige Bedingungen für medienpädagogisches Handeln aufmerksam zu machen. Man kann solche Konliktsituationen auch heranziehen, um über Zielvorstellungen für ein entsprechendes Handeln nachzudenken. Dies verdeutlichen wir im Folgenden an einem weiteren Beispiel (vgl. Herzig 1998, S. 219): Daniel ist Student der Informatik und arbeitet nebenbei in einer kleinen SoftwareFirma, die sich auf die Erstellung medizintechnischer Software spezialisiert hat. Die neueste Software-Entwicklung der Firma, an der Daniel maßgeblich mitgearbeitet hat, besteht in einer Computersteuerung für Röntgengeräte. Aufgrund des Steuerungsprogramms kann die Strahlendosis bei Röntgenaufnahmen deutlich reduziert werden, zudem wird die Diagnostik durch eiziente Bildalgorithmen erheblich verbessert. Damit können auch bisher nicht erkennbare Erkrankungen frühzeitig festgestellt werden. Die Entwicklung der Software hat insgesamt große Kosten verursacht, so dass die kleine SoftwareFirma für ihr Überleben auf den Erlös aus dem Verkauf des Programms angewiesen ist. Nachdem der Preis kalkuliert und die Software auf dem Markt ist, trift Daniel seinen alten Schulfreund Andreas wieder. Dieser hat sein Medizinstudium zügig abgeschlossen und ist nun Assistenzarzt in einem kleinen Krankenhaus. Andreas hat von der neuen Software-Entwicklung gehört. Da das Krankenhaus nur einen relativ kleinen Etat hat, steht kein Geld für die Anschafung der Software zur Verfügung. Andreas bittet deshalb seinen Freund, ihm eine Kopie der Software zu verschafen. Ein kleinerer Betrag würde dabei für Daniel direkt herausspringen. Daniel überlegt, wie er sich verhalten soll – zumal er an der Entwicklung beteiligt war und den Eindruck hat, dass er im Verhältnis zu seinen Leistungen relativ wenig von dem kalku lierten Verkaufspreis erhalten wird. Wie soll bzw. wird er sich entscheiden?

Hinsichtlich eines wünschenswerten Handelns von Daniel ist zunächst zu hofen, dass Daniel Kenntnisse zum Urheber- und Nutzungsrecht sowie zu der Situation im Gesundheitswesen hat und damit überhaupt erst die Möglichkeit besitzt, sachgerecht vorzugehen. Des Weiteren ist wünschenswert, dass sich Daniel nicht einfach von seinem Freund überreden lässt, sondern zu einer eigenen Abwägung kommt – oder anders gesagt: nicht fremdbestimmt, sondern selbstbestimmt handelt. Außerdem wäre es gut, wenn sich Daniel in solchen oder ähnlichen Situationen nicht auf vorgegebene Handlungsmöglichkeiten festlegen ließe, sondern auch über neue bzw. alternative Handlungsmöglichkeiten nachdenkt, d.h. kreativ agiert. So könnte er z.B. gemeinsam mit Andreas überlegen, welche anderen Möglichkeiten es für das kleine Krankenhaus gibt, unter Beachtung des Urheberrechts an die Software heranzukommen. Schließlich wäre ein wünschenswertes Handeln dadurch gekennzeichnet, dass Daniel die Interessen nicht nur von Andreas, sondern möglichst vieler Betrofener – etwa der anderen Firmenmitglieder sowie zukünftiger Patienten des kleinen Krankenhauses – berücksichtigt, d.h. sozial verantwortlich handelt.

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Damit sind vier Zielperspektiven angesprochen, die für das Handeln in der Wissensgesellschaft generell gelten können: sachgerechtes Vorgehen, Selbstbestimmung, Kreativität und soziale Verantwortung. In diesem Sinne lässt sich ein sachgerechtes, selbstbestimmtes, kreatives und sozial verantwortliches Handeln in einer von Medien mitgestalteten Welt auch als orientierende Leitidee für medienpädagogische Aktivitäten aufassen (vgl. Tulodziecki 1993, S. 63). Die einzelnen Zielperspektiven beinhalten dabei jeweils unterschiedliche Teilaspekte: Ein sachgerechtes Handeln ist mit den Fragen verknüpft, welches Wissen notwendig ist, um sachgerecht handeln zu können, wie sich ein entsprechendes Wissen herausgebildet hat oder entwickelt werden kann, wie verlässlich es ist und wo seine Grenzen liegen. Ein selbstbestimmtes Handeln schließt eine Auseinandersetzung mit den Fragen ein, welche Möglichkeiten des Handelns bestehen, welche Folgen ein entsprechendes Handeln für den Einzelnen und soziale Zusammenhänge hat, wie sich individuelle Bedürfnisse mit sozialen Erfordernissen in Einklang bringen lassen und warum der Einzelne – vor dem Hintergrund seiner Biographie – in einer bestimmten Weise handeln möchte oder handelt. Ein kreatives Handeln erfordert es, nicht nur naheliegende Möglichkeiten des Handelns in den Blick zu nehmen, sondern auch neue und andere Möglichkeiten – gegebenenfalls über die Grenzen vorgeblicher Rationalität hinaus – zu denken, zu erwägen oder zu gestalten. Dabei sind u.U. Umorientierung, Einlassen auf Fremdes bzw. Unbekanntes sowie Umgang mit Unsicherheit gefordert. Ein sozial verantwortliches Handeln zwingt zur Auseinandersetzung mit den Fragen, wem gegenüber jeder Einzelne verantwortlich ist (nur sich selbst oder bloß seinen Bezugspersonen oder der Gesellschaft oder der gesamten Menschheit gegenüber), nach welchen Prinzipien sich das Handeln richten sollte, wie sich soziale Gerechtigkeit und Verantwortung, Freiheit und Gleichheit vereinbaren lassen, wie sich der einzelne Mensch mit seiner eigenen Biograie und dem Suchen nach Identität und Erfüllung im Menschheitszusammenhang darstellt (vgl. dazu auch Marotzki u. Jörissen 2010, S. 22f.). Mit diesen Überlegungen wird deutlich, dass die Zielperspektiven mit Blick auf die Medienentwicklung besonders bedeutsam sind und vielfältige Bezüge zur allgemeinen Bildungsdiskussion bestehen. 2.3.3 Die Zielperspektiven vor dem Hintergrund von Medienentwicklung und Bildungsdiskussion Betrachtet man die Diskussion um Digitalisierung und Mediatisierung (siehe Kapitel 1), so lässt sich bezüglich der skizzierten Zielperspektiven u.a. feststellen: – Mit der Mediatisierung und Digitalisierung steigen die Möglichkeiten, vielfältige sowohl seriöse als auch irreführende oder falsche Informationen zu verbreiten – und dabei gezielt Personen oder Personengruppen anzusprechen, die dafür besonders empfänglich erscheinen. Insofern besteht einerseits zwar die Chance, das Handeln durch umfangreichere Informationen abzusichern, gleichzeitig aber

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auch die Gefahr, beim eigenen Handeln durch nur gezielte oder falsche Informationen irregeleitet zu werden. Umso wichtiger erscheint die Forderung, die Fähigkeit zu einer sachgerechten Informationseinschätzung und einem entsprechenden Handeln auszubilden. – Aufgrund der medialen und technischen Entwicklungen sind Versuche, das Verhalten von Personen oder Personengruppen zu kontrollieren und zu steuern, immer einfacher geworden. So kann z.B. durch Datenanalysen und entsprechende Rückmeldungen eine Beeinlussung im Sinne eines verbesserten Gesundheits- oder Umweltverhaltens oder eines bestimmten Kauf- oder Wahlverhaltens angestrebt werden. Ob eine entsprechende Steuerung nun einem guten oder fragwürdigen Zweck dienen mag, in jedem Fall beinhaltet sie die Gefahr zunehmender Fremdbestimmung. Auch deshalb erscheint es notwendig, die Fähigkeit zur Selbstbestimmung als wichtige Zielperspektive zu betonen. – Durch die Fülle von Informations- und Unterhaltungsangeboten und die Möglichkeit, diese auf der Basis von Datenanalysen immer stärker auf individuelle Interessen zuzuschneiden, werden u.U. rezeptive Haltungen nahegelegt, weil die Angebote vorwiegend verstärkend wirken und kaum zu eigenen Überlegungen bzw. Relexionen im Sinne kognitiver Dissonanzen herausfordern. Insofern bleibt die Stärkung der eigenen Kreativität – auch um gegebenenfalls aus „programmierten“ Umgebungen „ausbrechen“ zu können – ein wichtiges Ziel. Für eigene kreative Medienbeiträge lassen sich digitale Umgebungen dann im positiven Sinne zur Inspiration und Verbreitung nutzen. – Mediatisierung und Digitalisierung können – auch im Kontext der Globalisierung – Nutzen- und Proitorientierung, Individualisierung und Narzissmus sowie die Relativierung von Werten befördern, wenn entsprechenden Tendenzen nicht das Prinzip sozialer Gerechtigkeit und Verantwortung entgegengestellt wird. In diesem Sinne erweist sich die Zielperspektive sozial verantwortlichen Handelns als wichtiges Korrektiv oder Regulativ gesellschaftlicher Entwicklungen. Soziale Verantwortung erhält zudem durch die Tatsache besondere Bedeutung, dass digitale Medien die Möglichkeit schafen, virtuelle Welten zu entwerfen, in denen ohne soziale Normen agiert werden kann (vgl. u.a. Sesink 2007, S. 90). Zugleich bieten Mediatisierung und Digitalisierung aber auch die Chance, Solidarität gegenüber Missständen zu erzeugen (vgl. z.B. Avaaz.org). Diese – wenn auch nur ausschnitthaften – Hinweise zeigen, dass gerade in Zeiten einer digital basierten Mediatisierung der Leitidee eines sachgerechten, selbstbestimmten, kreativen und sozial verantwortlichen Handelns eine eminente individuelle und gesellschaftliche Bedeutung zukommt. Wendet man den Blick nun stärker auf die allgemeine Bildungsdiskussion, ergeben sich ebenfalls wichtige Begründungen für die skizzierte Leitidee:

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– Die mit der Leitidee verbundenen Zielperspektiven lassen sich auf den Leitgedanken des gesellschaftlich handlungsfähigen Subjekts zurückführen (vgl. Hurrelmann 2002, S. 111). So ist z.B. davon auszugehen, dass ein sachgerechtes Handeln eine rationale Bezugnahme auf die Welt voraussetzt, dass ein selbstbestimmtes sowie kreatives Handeln eigenständige Problemlösungen, Entscheidungen, Gestaltungen und Beurteilungen erfordert und dass ein sozial verantwortliches Handeln an die diskursive Verständigung mit anderen gebunden ist (vgl. Tulodziecki 2018). – Mit der Zielvorstellung wird in bildungstheoretischer Sicht unterstellt, dass Bildung sich nicht in einem relexiven Verhältnis des Menschen zu seiner dinglichen und sozialen Umwelt sowie zu sich selbst erschöpft, sondern sich auch im Handeln bewähren soll und muss. Diese Aufassung entspricht einer langen bildungstheoretischen Tradition und kann als eine wichtige Voraussetzung für Demokratie und menschliche Wohlfahrt gelten (vgl. Messner 2003, S. 404). – Des Weiteren haben wir im vorangehenden Abschnitt gezeigt, dass ein entsprechendes Handeln mit relexiven Orientierungen verbunden ist, die für Bildungsansprüche ebenfalls von großer Relevanz sind. Dabei vollzieht sich die Entwicklung von relexiven Orientierungen in der Auseinandersetzung mit den dort genannten Fragen. In diesem Zusammenhang wird auch noch einmal die für Bildungsansprüche wichtige Verbindung von Handeln und Relexion hervorgehoben. – Auch zur Bildungsdiskussion in der Allgemeinen Didaktik ergeben sich Bezüge. In dieser Diskussion wurden schon früh z.B. von Klafki (1985) Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs- und Solidaritätsfähigkeit, von Schulz (1981) Kompetenz, Autonomie und Solidarität und von Winkel (1983) Demokratisierung und Humanisierung als Ziele gefordert. Darüber hinaus wird in didaktischen Konzepten die Handlungsorientierung als wichtiges Prinzip hervorgehoben (vgl. z.B. Gudjons 1986; Tulodziecki 1996). Der Bezug auf die allgemeine Bildungsdiskussion soll allerdings nicht so (miss-) verstanden werden, als ginge es in der Medienpädagogik nur darum, aus jener gegebene Bildungsvorstellungen einfach zu übernehmen und medienpädagogische Maßnahmen daran auszurichten. Vielmehr ist es wichtig, die wechselseitigen Zusammenhänge zwischen der medialen und gesellschaftlichen Entwicklung bzw. zwischen medienpädagogischen Zielvorstellungen und der Bildungsdiskussion im Blick zu behalten (vgl. zu diesem Problem z.B. Sesink 2007, S. 74f.; Schelhowe 2007, S. 75f.). Die medienbezogenen und allgemeinen Bildungsüberlegungen erinnern zugleich daran, dass in unserer heutigen Zeit wichtige philosophische Grundfragen nicht außer Kraft gesetzt sind, sondern gerade auch angesichts der Medienentwicklung neue Aktualität erlangen (vgl. auch Tulodziecki, Herzig u. Blömeke 2017, S. 72f.):

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Solche Fragen sind z.B.: die Grundfrage der Erkenntnistheorie: Was ist wahr?/die Grundfrage des Pragmatismus: Was ist (im weitesten Sinne) nützlich für den Einzelnen und die Gesellschaft?/die Grundfrage der Ästhetik: Was ist in sich stimmig bzw. im weitesten Sinne schön?/die Grundfrage der Ethik: Welches Handeln ist gerechtfertigt? Diese Grundfragen gelten sowohl für Rezipienten als auch für Medienmacher und Medienanbieter oder Softwareproduzenten und verweisen auf deren Verantwortung. Dabei geht es zugleich darum, die Frage zu bedenken, warum etwas Bestimmtes für wahr, nützlich, schön oder gerechtfertigt gehalten wird und Anderes nicht – auch im Sinne von postmoderner Kritik am Leitbild des gesellschaftlich handlungsfähigen Subjekts bzw. im Sinne von Dekonstruktion und Diskursanalyse (vgl. u.a. Hurrelmann 2002, S. 119f.). Sachgerechtes Vorgehen, Selbstbestimmung, Kreativität und soziale Verantwortung müssen – wenn sie als Zielperspektiven für medienpädagogisches Handeln in der Schule Geltung beanspruchen – auch mit verfassungsbezogenen und bildungspolitischen Vorgaben für die schulische Erziehung und Bildung vereinbar sein. Allgemeiner Bezugspunkt solcher Vorgaben ist das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG). Es bestimmt im Art. 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verplichtung aller staatlichen Gewalt.“ Im Art. 2 wird festgelegt: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte Anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“ Auf der Basis des Grundgesetzes haben die einzelnen Bundesländer Leitlinien für ihr jeweiliges Schulwesen erlassen. Diese bilden die Grundlage für Richtlinien, die für die verschiedenen Schulstufen und Schulformen vorgegeben werden. Bei einer Zusammenschau solcher Richtlinien lässt sich feststellen, dass Zielüberlegungen für Erziehung und Bildung – grundsätzlich an die Prinzipien eines demokratisch verfassten Gesellschaftssystems gebunden sind, – sich an den Ideen der Freiheit, Selbstbestimmung, Autonomie, Mündigkeit und Verantwortung im Gemeinwesen orientieren, – einerseits die Entwicklungsstände und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen und andererseits die Ansprüche der Gesellschaft berücksichtigen, – auf Handlungsfähigkeit in berulichen, gesellschaftlichen und privaten Zusammenhängen zielen, – in ihrer Umsetzung an die Auseinandersetzung mit wissenschaftlich fundierten und kulturell bedeutsamen Inhalten gebunden sind. Auch ohne dies hier im Einzelnen zu diskutieren, ist es aufgrund der vorherigen Ausführungen zur Leitidee eines sachgerechten, eines selbstbestimmten, eines kreativen und eines sozial verantwortlichen Handelns ofensichtlich, dass diese mit den skizzierten verfassungsbezogenen und bildungspolitischen Vorgaben bzw. Ziel-

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überlegungen vereinbar ist (vgl. BLK 1995; KMK 2012; KMK 2016 und siehe auch Abschnitt 4.3). Wir empfehlen, dass Sie nun noch einmal die im Abschnitt 2.3.1 zusammengestellten Zielvorstellungen in den Blick nehmen. Wenn Sie eingangs eine Ordnung der Zielvorstellungen unter übergreifenden Perspektiven vorgenommen haben, können Sie gegebenenfalls Bezüge zwischen den von ihnen gewählten Perspektiven und den hier erläuterten Zielperspektiven eines sachgerechten, eines selbstbestimmten, eines kreativen und eines sozial verantwortlichen Handelns bedenken. Sie können auch versuchen, die genannten Zielvorstellungen den in diesem Kapitel betonten Zielperspektiven schwerpunktmäßig zuzuordnen, wobei nicht ausgeschlossen werden soll, dass sich einzelne Zielvorstellungen mehreren Zielperspektiven zuordnen lassen.

3 Lernen und Lehren mit Medien – die mediendidaktische Perspektive

Angesichts der Dynamik der informations- und kommunikationstechnologischen Entwicklungen und der damit zum Teil verbundenen gesellschaftlichen Veränderungsprozesse in Beruf, Alltag und Freizeit gewinnt die Forderung nach lebenslangem Lernen und selbst organisiertem Lernen neue Aktualität. Mit dieser Forderung wird zugleich deutlich, dass es bei den Veränderungen nicht nur um die Frage der Lerninhalte, sondern ebenso um die Frage der Lernformen geht. Auch schulische Formen des Lernens verändern sich – nicht zuletzt aufgrund der im außerschulischen Bereich zunehmend selbstverständlich werdenden Nutzung digitaler Medien – und führen zu neuen Modi der Auseinandersetzung mit Inhalten. Dies kann das folgende Beispiel verdeutlichen: Aylin hat im Erdkundeunterricht die Aufgabe übernommen, ein Kurzreferat zur Entstehung und zum Aufbau von Schichtvulkanen vorzubereiten. Sie hat sich dafür entschieden, weil sie Vulkanismus faszinierend indet und hoft, ihren Mitschülerinnen und Mitschülern das hema anschaulich nahebringen zu können. Da Aylin über diese spezielle Form der Vulkane bisher keine Kenntnisse hat, überlegt sie, wo sie relevante Informationen für ihren Beitrag inden könnte. Zunächst sucht sie im Internet auf Videoplattformen, ist jedoch mit den Ergebnissen nicht zufrieden. Daher besucht sie die Stadtbibliothek und indet dort eine DVD zum hema Vulkanismus, die u.a. die Entstehung von Schichtvulkanen behandelt. Mit Hilfe des Mediums gelingt es Aylin, sich die fachlichen Grundlagen anzueignen. Anschließend entwickelt sie eine Idee, wie sie mit Hilfe der DVD an der interaktiven Tafel in ihrer Schule bei Anderen eine angemessene Vorstellungsbildung vom Schichtvulkan und dessen Entstehung unterstützen kann. Dazu möchte sie insbesondere die Möglichkeit nutzen, den Aufbau eines Schichtvulkans mit animierten Bildern schrittweise zu entwickeln und dabei relevante Aspekte an der interaktiven Tafel zu beschriften. Nach der Durchführung ihres Referates erhält Aylin viele positive Rückmeldungen. 

Bezieht man das dargestellte Szenario auf die Überlegungen zum Handlungsmodell (siehe Darstellung 2.1), so wird deutlich, dass medienunterstützte Lehr-LernProzesse als Handlungsprozesse interpretiert werden können. Im Beispiel widmet Aylin sich einer für sie bedeutsamen und interessanten Aufgabenstellung, die mit dem Bedürfnis nach Kompetenzerleben und sozialer Anerkennung verbunden ist. Ausgehend von ihrem bisherigen Kenntnisstand wird deutlich, dass sie weitere Informationen benötigt, um die Anforderungen angemessen bewältigen zu können. Dazu überlegt sie, wie sie vorgehen könnte und indet schließlich ein digitales

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Lernmaterial, mit dem sie einerseits selbstständig Grundlagen erarbeiten kann, das andererseits aber auch Möglichkeiten bietet, im Rahmen ihres Referates lernförderliche Funktionen zu übernehmen. Die Rückmeldungen auf ihren Unterrichtsbeitrag zeigen nicht nur, dass Aylin ihren eigenen Erfahrungs- bzw. Wissensstand erweitert hat, sondern auch, dass ihre ursprünglichen Bedürfnisse befriedigt werden konnten. Zudem kann von förderlichen Wirkungen auf das sozial-kognitive Niveau im Sinne einer Erweiterung ihrer Handlungsmöglichkeiten ausgegangen werden. Neben der grundsätzlichen Auslegung von Lernprozessen als Handlungen macht das Beispiel auch darauf aufmerksam, dass Medien im Kontext der Erfahrungsformen einen konstitutiven Bestandteil von Unterricht darstellen, der mit anderen Strukturelementen abzustimmen ist, z.B. mit Zielvorstellungen, Lernvoraussetzungen, Lernaktivitäten, Sozialformen, Inhalten und Lehrhandlungen bzw. mit dem didaktischen Konzept der Lehrperson (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Blömeke 2017, S. 24f.). Aus der Notwendigkeit der Abstimmung ergeben sich verschiedene Konsequenzen: Zunächst ist es wichtig, Medienangebote in lernförderlicher Weise in LehrLern-Prozesse einzubinden. Für Lehrpersonen bedeutet dies, sich bereits bei der Konzeption einer Unterrichtseinheit oder einer Unterrichtsreihe zu fragen, welche Rolle Medien in dem Gesamtkonzept spielen sollen und wie eine entsprechende Passung herbeigeführt werden kann. In diesem Zusammenhang richtet sich der Fokus auf Gestaltungsfragen bei Medienangeboten für Lernen und Lehren. Diesen liegt jeweils eine – implizite oder explizite – Aufassung vom Lehren und Lernen zugrunde, die sich in einer entsprechenden didaktischen Form niederschlägt. Daraus erwächst für Lehrpersonen die Aufgabe, bei der Planung einer Unterrichtseinheit oder einer Unterrichtsreihe Medienangebote im Hinblick auf ihre lerntheoretischen Grundlagen und ihre didaktischen Implikationen zu analysieren. Auf der Basis solcher Analysen kann dann eine fundierte Einschätzung erfolgen, ob sich ein bestimmtes Medienangebot eignet, um die gewünschten Ziele – unter Beachtung der jeweiligen Lernvoraussetzungen – zu erreichen. Das Wissen um lerntheoretische Grundlagen und didaktische Implikationen von Medien kann zugleich – neben der begründeten Einbindung vorgefertigter Medien in Lehr-LernProzesse – dazu dienen, selbst entsprechende Medienbeiträge zu entwickeln oder den Lernenden Hilfestellung bei der eigenen Mediengestaltung zu geben. Darüber hinaus ist die Kenntnis von empirischen Ergebnissen aus der Unterrichts- und Lehr-Lern-Forschung für Lehrpersonen wichtig, um angemessene und begründete Entscheidungen trefen zu können. Vor diesem Hintergrund ergeben sich für dieses Kapitel folgende Fragen: (A) Welche Arten von Medienangeboten zum Lernen und Lehren und welche grundsätzlichen Lehr-Lern-Arrangements lassen sich unterscheiden? (B) Welche lern-und lehrtheoretischen Grundlagen sind für Medienverwendung und Mediengestaltung bedeutsam?

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(C) Welche didaktischen Anforderungen gelten für die Verwendung von Medien und welche Funktionen kommen Medien im Rahmen geeigneter Lehr-LernFormen zu? Was ist bei der Entwicklung eigener Medien für den Unterricht zu berücksichtigen? (D) Welche Ansätze gibt es, um den Stellenwert von Medien für Lehr- und Lernprozesse und die für eine erfolgreiche Nutzung erforderlichen Voraussetzungen empirisch zu erfassen? Welche Annahmen zu den Lernwirkungen von Medien und medienbezogenen Lernvoraussetzungen können als bewährt gelten? Die Bearbeitung dieser Fragenkomplexe wird zeigen, inwiefern und unter welchen Bedingungen die Mediennutzung für Lehr-Lern-Prozesse zu geeigneten Lernformen und wünschenswerten Lernergebnissen beitragen kann.

3.1 Medienangebote im Unterricht 3.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen In unserer Auseinandersetzung mit der Umwelt spielen Medien in nahezu allen Lebenszusammenhängen eine bedeutsame Rolle. Viele Erfahrungen – und damit auch der Erwerb neuer Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten – basieren nicht mehr auf unmittelbaren Begegnungen mit Gegenständen, Personen oder Sachverhalten, sondern auf medienvermittelten. Je nach Lebenskontext werden solche Erfahrungen beiläuig gemacht oder in speziisch dafür geschafenen Situationen bzw. Kontexten. Während Hintergrundmusik im Supermarkt eher beiläuig, gegebenenfalls auch unbewusst rezipiert wird, ist ein Kinobesuch beispielsweise mit dem Ziel der Befriedigung des Bedürfnisses nach Unterhaltung verbunden und wird bewusst durchgeführt, ebenso wie ein Nachrichtenmagazin im Fernsehen bewusst zur Information genutzt werden kann. Eine speziisch arrangierte Situation zum Lernen stellt der schulische Unterricht dar, der u.a. auch mit dem Ziel verbunden ist, Schülerinnen und Schüler mit Sachverhalten und Gegenständen vertraut zu machen, die sich der unmittelbaren Erfahrung entziehen. Dies bedeutet, dass Medien im Zusammenhang schulischer Lehr-Lern-Prozesse eine besondere Bedeutung zukommt. Mit dem Aufkommen digitaler Medien hat sich die Situation noch einmal deutlich dadurch verändert, dass verstärkt auch außerhalb von Schule lernrelevante Medienangebote von Kindern und Jugendlichen genutzt werden können. Die folgenden Beispiele zeigen, dass sich Medienangebote in Lehr- und Lernzusammenhängen in sehr unterschiedlicher Weise und Funktion verwenden lassen: Beispiel 1: Eine Lehrerin stellt den Lernenden in einem Biologiekurs Broschüren, eine DVD und mehrere Internetadressen zum hema einer gesunden Ernährung mit dem Auftrag zur Verfügung zu erarbeiten: a) durch welche Merkmale eine gesunde Ernährung gekennzeichnet ist, b) welcher Kalorienwert einzelnen Lebensmitteln zukommt, c) wie viele Kalorien ein vorgegebenes Frühstück hat.

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Beispiel 2: Eine Schülerin tauscht sich in einem Internetforum mit anderen Interessierten regelmäßig über neue Entwicklungen im Bereich programmierbarer Einplatinen-Computer aus und stellt dort auch selbst eigene Projekte vor. Neue Kenntnisse und viele Anregungen aus dem Forum kann sie auch in die Roboter-AG ihrer Schule einbringen. Beispiel 3: Ein Lehrer erarbeitet mit Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten, sich bei einer Bundestagswahl strategisch zu verhalten, um beispielsweise bestimmte politische Konstellationen zu verhindern. Dazu hat er einzelne Videos zum Verhältniswahlrecht, zu Erstund Zweitstimme und zu Überhangsmandaten ausgewählt und in das Learning-Management-System (LMS) der Schule eingestellt. Er bittet die Lernenden, sich zuhause die Videos anzusehen und jeweils kurze Zusammenfassungen zu erstellen. Beispiel 4: Im Geschichtsunterricht arbeitet eine Lehrerin mit einem webbasierten multimedialen Schulbuch. Sowohl im Unterricht als auch zuhause können die Schülerinnen und Schüler auf vielfältige Materialien in unterschiedlichen Darstellungsformen zugreifen und sukzessive eine individuelle Fassung des digitalen Buches durch eigene Ergänzungen erstellen, z.B. Texte, Notizen, Tafelbilder usw. Beispiel 5: In einer Unterrichtseinheit zur Windenergie halten die Lernenden die Ergebnisse einer Gruppenarbeit zu Chancen und Problemlagen von Windrädern in einer Mindmap fest, die sie mit Hilfe einer App auf Tablets erstellen und dann über ein lokales Netzwerk auf einem Whiteboard präsentieren. Beispiel 6: Die Eltern eines Schülers melden ihr Kind bei einem Nachhilfeportal an. Dort kann der Schüler aus verschiedenen Angeboten wählen und einzelne Module zu mathematischen hemen bearbeiten. Bei Schwierigkeiten oder speziischen Fragen kann er sich an einen Tutor wenden, der ihm über eine Chatfunktion des Portals hilft. Beispiel 7: Ein Lehrer möchte seine fachdidaktischen Kenntnisse aktualisieren und nimmt an einem Online-Kurs einer Universität teil. Der Kurs ist kostenfrei, die Teilnahme nicht an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Nach Bestehen einer Abschlussprüfung wird ein  Zertiikat vergeben.

Bezogen auf diese Beispiele stellen sich die Fragen, welche Formen von Medienangeboten in Lehr-Lern-Kontexten unterschieden werden können und wie sich die jeweiligen Medienverwendungen in ihrem Verhältnis zum unterrichtlichen Kontext kennzeichnen lassen. Versuchen Sie bitte (a) verschiedene Formen von Medienangeboten zu benennen und (b) zu charakterisieren, wodurch unterschiedliche Medienverwendungen mit Bezug auf den jeweiligen Lehr-Lern-Kontext gekennzeichnet werden können. Um diese Fragen zu bearbeiten, sind grundlegende Informationen zu zwei Teilfragen wichtig: (1) Welche Formen lernrelevanter Medienangebote lassen sich unterscheiden? (2) Nach welchen Kriterien können verschiedene Arten der Medienverwendung verglichen werden und wie lassen sich die verschiedenen Arten in struktureller bzw. konzeptioneller Hinsicht kennzeichnen?

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Die Klärung dieser Fragen wird dazu beitragen, auf unterschiedliche Möglichkeiten der Medienverwendung im Unterricht aufmerksam zu werden und diese in lernförderlicher Weise in die Analyse, Planung, Durchführung und Relexion von Unterricht einzubeziehen. 3.1.2 Formen lernrelevanter Medienangebote Ein früher Ausdruck der Überlegung, in welcher Form die zu lernenden Inhalte an Kinder und Jugendliche herangetragen werden sollen und welche Hilfsmittel für das Lernen geeignet erscheinen, ist das von Comenius (1658) herausgegebene bebilderte Lehrbuch „Orbis sensualium pictus“ („Die sichtbare Welt“). Auch in der Folgezeit haben Pädagoginnen und Pädagogen immer wieder über geeignete Anschauungsmittel für das Lehren und Arbeitsmittel für das Lernen nachgedacht. Allerdings blieben die Überlegungen zunächst der Methodik des Lehrens zugeordnet. Erst als Heimann (1962) unter dem Eindruck der zunehmenden Bedeutung elektronischer Massenmedien die Medienwahl – neben den Intentionen, der hematik und der Methodik sowie den anthropogenen und sozial-kulturellen Voraussetzungen – als eigenes Strukturmoment des Unterrichts auswies, entwickelte sich in der Bundesrepublik Deutschland eine eigenständige Mediendidaktik (vgl. Dohmen 1973). Die Aufgaben einer solchen Didaktik beziehen sich u.a. auf die Fragen, wie Medienangebote zum Lehren und Lernen zu gestalten sind und wie solche Angebote in Lehr- und Lernprozessen Verwendung inden sollten. Die damit verbundene unterrichtspraktische Aufgabe besteht darin, eine lernförderliche „Passung“ zwischen dem Medienangebot und der Gestaltung der unterrichtlichen Situation herzustellen. Während Lehrpersonen ihren personal geführten Unterricht im Sinne ihrer didaktischen Vorstellungen bzw. subjektiven heorien selbst organisieren und gestalten (siehe auch Abschnitt 1.3.3), enthalten vorgefertigte Medienangebote gegebenenfalls implizite Gestaltungsentscheidungen und sind damit in didaktischer Hinsicht zum Teil schon festgelegt. Dies gilt insbesondere für Angebote, die didaktisch aufbereitet sind, z.B. Lehrbuchtexte, Lehr-Lern-Software oder Unterrichtsilme. In vielen Fällen lassen diese – mindestens tendenziell – auch eine Ainität zu bestimmten Aufassungen vom Lernen erkennen (siehe Abschnitt 3.2). Medienangebote weisen gegebenenfalls also eine – mehr oder minder festgelegte – (didaktische) Struktur auf, die für die unterrichtliche Verwendung mit den Vorstellungen der Lehrperson zu angestrebten Zielen, vorhandenen Lernvoraussetzungen, Unterrichtsinhalten und -methoden in Einklang zu bringen ist. Vor diesem Hintergrund stellen wir im Folgenden verschiedene medienunterstützte Lehr- und Lern-Arrangements dar. Dazu werden im ersten Schritt die Medienangebote selbst näher charakterisiert. Medienangebote, die für Lehren und Lernen relevant sind, lassen sich – wie alle Medien – anhand verschiedener grundlegender Merkmale beschreiben (siehe Abschnitt 1.2.3). Eine anders akzentuierte Unterscheidung kann danach vorge-

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nommen werden, ob die Angebote Werkzeugcharakter haben und sich nicht auf bestimmte Inhalte beziehen oder ob sie auf die Auseinandersetzung mit einem bestimmten thematischen Gegenstand ausgerichtet sind. Letztere sind in der Regel auch nach didaktischen Kriterien gestaltet und können weiterführend im Hinblick auf bestimmte inhaltliche Ziele oder intendierte Lernaktivitäten beschrieben werden. Die angesprochene Unterscheidung lässt sich sowohl auf analoge als auch auf digitale Angebote anwenden. Zu den analogen Werkzeugen zählen neben der Tafel insbesondere Folienprojektoren, Flipchart-Ständer und Moderationswände. Inhaltlich ausgerichtete analoge Unterrichtsmedien sind beispielsweise gedruckte Arbeitsblätter und Schulbücher, analoge Unterrichts- und Videoilme oder Beiträge aus dem nicht-digitalen Schulfernsehen und Schulfunk. Im Kontext von digitalen Medien ist die Klassiizierung von Angeboten – auch infolge von Medienkonvergenz – deutlich schwieriger. Neben der Vielfalt von Angeboten steigt auch deren Menge. Beispiele für digitale Werkzeuge sind Präsentations-, Textverarbeitungs-, Kalkulations- oder Bild- und Videobearbeitungsprogramme (sogenannte Standardsoftware), Programmierumgebungen (z.B. graisch orientierte Entwicklungsumgebungen wie Scratch), Blogsoftware (zur eigenen Erstellung von Weblogs), Tools zur Anfertigung von Mindmaps oder Tools zum Wissensmanagement (z.B. zum Sammeln und Verwalten von Notizen, Dokumenten und Bildern). Zudem sind Learning- und Content-Management-Systeme (wie z.B. Typo3 oder moodle) und Mail- und Chat-Programme Werkzeuge, die die Gestaltung von Lehr-Lern-Szenarien unterstützen können, ebenso wie Suchmaschinen oder elektronische Tafeln. Bei den inhaltlich ausgerichteten und didaktisch strukturierten bzw. gestalteten Angeboten lassen sich folgende Typen unterscheiden: – Lehrprogramme, mit denen ein Nutzer neue Inhalte in einem bestimmten hemenbereich mit einer durch das Programm vorgegebenen Steuerung erarbeiten kann. – Ofene Lehrsysteme bzw. explorative Lernumgebungen, durch die didaktisch und hypermedial aufbereitete Inhalte zu einem speziischen hemengebiet – häuig mit einzelnen Werkzeugen versehen – bereitgestellt werden. – Übungsprogramme, mit denen bereits erarbeitete Lerninhalte – zum Teil mit Elementen, die Spiel- und/oder Wettbewerbscharakter haben – geübt, gefestigt und automatisiert werden können. – Digitale Schulbücher, die in verschiedenen Varianten vorliegen. Als digitalisiertes Schulbuch stellen sie im Wesentlichen eine digitale Kopie des ursprünglichen Buches dar, als multimediales Schulbuch integrieren sie verschiedene Darstellungsformen und Interaktionsmöglichkeiten, beim virtuell angereicherten Schulbuch können mit Hilfe mobiler Endgeräte (Tablet, Smartphone) zusätzliche Materialien über Marker in der Printversion aufgerufen werden (Aug-

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mented Reality, siehe unten) und beim adaptiven digitalen Schulbuch werden abhängig von den Lernvoraussetzungen der Lernenden Inhalte und Aufgaben präsentiert. – Experimentier- und Simulationsumgebungen, in denen auf der Grundlage vorgegebener oder zu entwickelnder Modellvorstellungen Prozesse simuliert werden können, wobei mit dem Einluss verschiedener Parameter auf die jeweils modellierten Prozesse experimentiert werden kann. Die simulierten Prozesse können sich z.B. auf technische, ökonomische, soziale oder ökologische Modelle beziehen. – Augmented- oder Virtual Reality-Anwendungen (AR, VR), in denen kontextspeziisch die reale Umgebung mit zusätzlichen Informationen in unterschiedlichen Darstellungsformen über mobile Endgeräte angereichert wird (AR) oder in denen der Nutzer – gegebenenfalls vollimmersiv, z.B. durch Nutzung einer Datenbrille – in einer künstlichen Welt agieren kann (VR). – Intelligente tutorielle Systeme (ITS), die ähnlich wie Lehrprogramme der Erarbeitung neuer Kenntnisse und Fertigkeiten dienen, sich aber adaptiv auf die Voraussetzungen des Lernenden einstellen können. Dazu dienen dem System unterlegte Lernermodelle, die z.B. auch typische Fehler oder Fehlvorstellungen von Lernenden in dem jeweiligen Inhaltsgebiet einschließen. Die adaptiven Eigenschaften beziehen sich auf die Reihenfolge und Schwierigkeit von Aufgabenstellungen, die Rückmeldungen an den Lernenden oder die Präsentation von Inhalten. – Lernspiele, die pädagogisch gestaltete Situationen präsentieren, in denen die Lernenden in bestimmten Handlungsräumen mit verschiedenen Handlungsalternativen agieren können und dabei bestimmte Situationen gestalten oder verbessern, Probleme bewältigen oder Aufgaben lösen sollen. Hinzu kommen Angebote, die ehemals als analoge Angebote präsentiert wurden und nun digital zur Verfügung stehen, z.B. Sendungen des Schulfunks oder des Schulfernsehens, die über Mediatheken als Video oder Podcast abgerufen werden können. Eine gewisse Sonderrolle nehmen Angebote ein, die vorrangig der Information dienen und nicht als speziische Lernangebote gestaltet sind. Dazu zählen insbesondere Datenbestände, die – häuig mit Suchwerkzeugen und Verweisstrukturen – als Informationssammlungen zur Verfügung stehen. Dazu gehören auch Bibliotheken mit Bildern oder Diagrammen und Graiken für interaktive Whiteboards. Medienangebote sind nicht immer nur einer der Kategorien (in Reinform) zuzuordnen. Häuig liegen Kombinationen aus verschiedenen Formen vor, z.B. Lehrprogramme mit integrierten Übungsmöglichkeiten oder (explorative) Lernumgebungen, die gleichzeitig verschiedene Werkzeuge zur Erschließung und Bearbeitung von Inhalten anbieten.

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3.1.3 Medienunterstützte Lehr-Lern-Arrangements Die Ausdiferenzierung der Medienangebote macht bereits deutlich, dass digitale Medien hinsichtlich der Angebotsvielfalt und ihrer lernrelevanten Eigenschaften deutlich über analoge Unterrichtsmedien hinausgehen (können). Insofern ist es sinnvoll, auch die damit verbundenen Lehr-Lern-Szenarien etwas genauer zu charakterisieren. Dazu orientieren wir uns zunächst an der traditionsreichen Denkigur des „Didaktischen Dreiecks“, die davon ausgeht, dass Unterricht immer durch die strukturellen Komponenten Lehrperson, Lernende und Unterrichtsinhalt beschrieben werden kann (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Blömeke 2017, S. 19f.). Medien bzw. Medienangebote spielen eine zentrale Rolle im Hinblick auf die Form, in der eine Auseinandersetzung mit Inhalten stattindet, sei es als inhaltsgebundenes Medium oder als Werkzeug. Die Allgegenwart (Ubiquität) und Vernetzung von digitalen Medien führt außerdem dazu, dass neben der Schule auch außerschulische Lernorte eine zunehmende Rolle für Lehren und Lernen spielen. Unter Berücksichtigung von Aspekten der Lehrenden und Lernenden sowie der Mediangebote und der Lernorte lassen sich so folgende Formen medienunterstützter Lehr-Lern-Szenarien unterscheiden: – Medienunterstützter Präsenzunterricht: Präsenzunterricht ist dadurch gekennzeichnet, dass Lernende – in der Regel als Klassenverband – in der Institution Schule unter der Leitung einer Lehrperson lernen. In diesem Setting können Medienangebote unterschiedlicher Art eingesetzt werden, wobei sich die Mediennutzung in die didaktische Gestaltung der Präsenzphase als integraler Bestandteil eingliedern soll. Eine solche Konstellation entspricht dem „klassischen“ Schulunterricht, in dem Medien ohnehin eine Rolle spielen. Besondere Möglichkeiten können sich z.B. durch den Einsatz von Simulationen zur hypothesengeleiteten Auseinandersetzung mit Inhalten (vgl. z.B. Schütte u. Mansfeld 2013), von Lehr- und Übungsprogrammen oder von tutoriellen Systemen zur individuellen Förderung und zur inneren Diferenzierung bieten (vgl. z.B. Heinen u. Kerres 2015). – Blended Learning/Flipped Classroom: Unter dem Begrif des Blended Learning werden Szenarien zusammengefasst, in denen Präsenzphasen des Lernens mit Online-Phasen verzahnt werden. Die Grundidee besteht in der Nutzung der Präsenzphase für eine vertiefte Auseinandersetzung mit Aufgabenstellungen im direkten sozialen Kontakt und die Auslagerung von Lernaktivitäten in den Onlinebereich, die vorrangig der eigenständigen Erarbeitung von Grundlagen dienen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass einfach Teile des herkömmlichen Unterrichts in die häusliche Arbeit verlegt werden, vielmehr ist eine Neugestaltung des Lernprozesses insgesamt gefordert. Nur dann dürfen positive Efekte erwartet werden (vgl. Kerres 2018, S. 24; S. 420f.). Auch in solchen hybriden Lernarrangements können die Online-Phasen durch Lehrpersonen oder Tutoren betreut werden. Eine speziische Form des Blended Learning stellt das Konzept des Flipped Classroom (auch Inverted Classroom genannt) dar (vgl. z.B. DeLozier u. Rhodes 2017). In diesem Falle werden Medienangebote – in der Regel Videos oder Podcasts – mit Präsenzunterricht kombiniert. Die Online-Materialien können von den Lernen-

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den individuell bearbeitet werden und dienen als Grundlage für die Diskussion, Vertiefung und Anwendung im Präsenzunterricht. Die Erstellung erfolgt häuig durch die Lehrpersonen selbst, z.B. als Video-Tutorial (Screencast) oder Erklärvideo (Explainity-Clip) (vgl. z.B. Schmidt 2016), gegebenenfalls ergänzt durch detaillierte Skripts mit Hinweisen zur Bearbeitung und auf weitere Materialien (vgl. z.B. Kück 2014, S. 15). Diese Informationen und Materialien lassen sich entweder auf einem Learning-Management-System der Schule oder einem Blog einstellen. Für die Lernenden bietet es sich auch an, im Kontext von Flipped Classroom ein Portfolio zu führen, in dem z.B. Fragen zu den bearbeiteten Materialien und Relexionen zum Lernprozess gesammelt und dokumentiert werden können. – Online-Kurs: Ein eigenständiges, thematisch abgeschlossenes und didaktisch aufbereitetes Lernangebot stellen Online-Kurse dar. Sie sind nicht an schulisches Lernen gebunden, sondern werden als non-formale Lerngelegenheiten von unterschiedlichen Anbietern, gegebenenfalls auch gebührenplichtig, angeboten. In der Regel sind solche Kurse mit einem Betreuungsangebot, z.B. durch E-Tutorinnen und E-Tutoren, versehen. Kurse können als Gesamtangebot im Netz verfügbar sein oder zeitlich mit einem bestimmten Startpunkt so getaktet werden, dass die Lernenden jeweils einen Teil des Kurses in einem Zeitfenster zur Verfügung gestellt bekommen. Insbesondere im Bereich der Weiterbildung, des Fernstudiums und im Freizeitbereich inden sich entsprechende Angebote. Eine höhere Flexibilität bieten Module mit kleineren, in sich abgeschlossenen Lerneinheiten, die nach Bedarf ausgewählt werden können. Sie weisen unter Umständen ebenfalls einen Kurscharakter auf, es kann sich aber auch um einzelne thematisch abgeschlossene Lernvideos handeln, wie sie auf verschiedenen Plattformen angeboten werden. In der jüngeren Vergangenheit haben auch sogenannte MOOCs (Massive Open Online Courses) weite Verbreitung gefunden. Sie stellen thematisch geschlossene Online-Angebote dar, die keine besonderen Teilnahmevoraussetzungen erfordern, in der Regel kostenfrei sind und so zum Teil sehr hohe Teilnehmerzahlen erreichen (vgl. z.B. Arnold et al. 2018, S. 146f.). Formen von MOOCs können stärker instruktional angelegte Kurse sein (sogenannte extension MOOCs) oder solche, in denen sich die Lernenden selbst Ziele setzen, Materialien einbringen und diskutieren (sogenannte connective MOOCs). Dabei vernetzen sich die Teilnehmenden häuig über Blogs oder soziale Netzwerke zu Lerngemeinschaften. Für den schulischen Bereich gibt es bisher allerdings eher wenige Beispiele (vgl. z.B. Spang 2015). – Lerngemeinschaft/Online-Community: Neben institutionell organisierten Lernangeboten in Schule, Aus- oder Weiterbildung inden sich auch Lernarrangements, die in informellen Kontexten entstehen. Dazu zählen Lerngemeinschaften, die in der Regel von Einzelnen angeregt werden und sich z.B. in Sozialen Netzwerken organisieren. Sie werden nicht von Lehrpersonen geleitet oder betreut, sondern organisieren sich selbst. Entsprechend geht es auch nicht um didaktisch aufbereitete Lernmaterialien, sondern um den Austausch von Erfahrungen oder das gemeinsame Arbeiten an einem Vorhaben. Insofern steht auch nicht das explizite Lernen

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Lernen und Lehren mit Medien – die mediendidaktische Perspektive im Vordergrund; Lernprozesse verlaufen informell und für die Beteiligten häuig auch unbewusst. Parallel zum schulischen Bereich können sich zu speziischen hemen – z.B. dem kreativen Schreiben – Lerngemeinschaften bilden, in denen sowohl fachliche als auch soziale Kompetenzen erworben werden (vgl. Missal 2016).

Auch wenn schulisches Lernen derzeit noch hauptsächlich durch Unterricht in Klassen- oder Kursverbänden in festen Taktungen und Fächern bestimmt ist, werden in Zukunft Medienangebote außerhalb von Schule eine zunehmende Rolle spielen. Mediatisierung und Digitalisierung haben zu Entgrenzungsprozessen zwischen schulischer und außerschulischer Welt geführt. Mediennutzung außerhalb von Schule und damit informelles Lernen wirken sich sowohl hinsichtlich informell erworbenen Wissens als auch bezüglich von Erwartungshaltungen auf schulische Lehr-Lern-Prozesse aus (vgl. Herzig u. Aßmann 2014). Dies gilt beispielsweise auch für die Nutzung von Computerspielen, die häuig eher mit Unterhaltung – und gegebenenfalls auch mit Gefährdung – in Verbindung gebracht wird als mit Lernen (vgl. Zielinski et al. 2017). Insbesondere aufgrund der Verbreitung mobiler Endgeräte können Medienangebote an freien Lernorten genutzt werden. Allerdings stellen Angebote, die nicht durch Lehrpersonen in Präsenzphasen betreut werden, höhere Anforderungen an die Lernenden in Bezug auf die Fähigkeit, den eigenen Lernprozess zu steuern und zu relektieren. Die hier beschriebenen Lehr-Lern-Szenarien stellen analytische Kategorien dar, die bei konkreten Lernprozessen in paralleler oder miteinander verbundener Weise Anwendung inden und sich wechselseitig beeinlussen können. Darstellung 3.1 zeigt die Szenarien in einer Übersicht, wobei die Szenarien hinsichtlich der Kriterien Lernort, Lernkontext, typische Lehraktivitäten und Anforderungen an die Selbststeuerung durch die Lernenden verglichen werden.

Darst. 3.1: Medienunterstützte Lehr-Lern-Szenarien

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Die hier vorgenommene Unterscheidung von medienunterstützten Lehr-LernSzenarien weist u.a. Bezüge zu früheren Diferenzierungen von Konzepten der Medienverwendung auf, z.B. zu einer Unterscheidung nach Lehrmittel-, Arbeitsmittel-, Baustein-, System- und Lernumgebungskonzept (vgl. Tulodziecki u. Herzig 2004, S. 113f.). Das Lehrmittelkonzept beschreibt Situationen, in denen eine Lehrperson geeignete Medienangebote auswählt und in den Unterricht integriert. Das Lernen der Schülerinnen und Schüler soll sich vor allem so vollziehen, dass sie Dargebotenes aufnehmen und auf Fragen der Lehrperson reagieren. Insofern kommt ihnen vorwiegend die Rolle von rezeptiv und reaktiv Lernenden zu. Beim Arbeitsmittelkonzept werden die Lernenden in der Regel durch ausdrückliche oder materialimmanente Aufgaben gelenkt. Die Lehrperson strukturiert über Materialien und Aufgaben das Lernumfeld, während die Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Vorgaben aktiv werden sollen. Dabei kommt der Lehrperson die Aufgabe zu, Materialien zu gestalten oder bereitzustellen, zur aufgabenbezogenen Auseinandersetzung mit dem Material anzuregen sowie die Lernenden zu beobachten und zu beraten und ihnen – wenn nötig – zu helfen. Den Lernenden obliegt es, im Rahmen der Aufgabenstellung selbsttätig zu agieren, wobei ihnen – je nach konzeptioneller Umsetzung – bis zu einem gewissen Grad auch die Auswahl der Aufgaben überlassen bleibt. Die Nutzung thematisch abgeschlossener Medienangebote mit eigener didaktischer Struktur folgt der Idee des sogenannten Bausteinkonzepts, in dem bestimmte Lehrfunktionen auf mediale Angebote übertragen werden, um die Lehrpersonen dadurch für einzelne Phasen des Unterrichts zu entlasten. Eine noch weitergehende Entwicklung stellt das Systemkonzept dar, das mit dem Ziel verbunden ist, möglichst sämtliche Komponenten zu erfassen, die für Lehr-Lern-Prozesse wichtig sind, um auf dieser Basis Lehrsysteme bereitzustellen, die das Lehren mehr oder weniger vollständig übernehmen sollen. Die Nutzung von Medienangeboten im Rahmen der Auseinandersetzung mit komplexen Aufgaben und Problemstellungen steht im Vordergrund des Lernumgebungskonzeptes, in dem der Lehrperson im Wesentlichen die Gestaltung der lernförderlichen Umgebung und entsprechender Aufgaben sowie die Begleitung und Beratung der möglichst selbstständig agierenden Lernenden zukommt. Die Unterscheidung nach Konzepten der Medienverwendung unterstreicht noch einmal, dass dem Verhältnis von Medien und Verwendungskontext unterschiedliche Vorstellungen zum Lehren und Lernen zugrunde liegen können, wobei diese sich anhand verschiedener Kriterien beschreiben lassen. So lag den zuletzt skizzierten Konzepten z.B. eine Unterscheidung nach dem Grad der Festlegung des Lehr-Lern-Prozesses durch Medien, nach der Verantwortung für die Planung des Lehr-Lern-Prozesses, nach den Aufgaben der Lehrperson und typischen Lehrhandlungen, nach der Art des geforderten Lernens und typischen Lernaktivitäten sowie nach dem Grad der Selbststeuerung zugrunde (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Grafe 2010, S. 112). Welche Kriterien im Einzelnen auch herangezogen werden, stets ist

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es wichtig, die jeweiligen Unterschiede bei der Analyse, Bewertung und Umsetzung von Lehr-Lern-Arrangements zu beachten. Angesichts der Entwicklungen im Bereich digitaler Medien stellt sich mit der Unterscheidung verschiedener Lehr-Lern-Arrangements zugleich die Frage, inwieweit mit der Nutzung neuer Möglichkeiten auch der herkömmliche Präsenzunterricht bzw. der Unterricht generell grundlegenden Veränderungen unterworfen ist. Besonders deutlich wird diese Frage in einer Untersuchung zu Handlungsmustern von Lehrpersonen (vgl. Müller, Blömeke u. Eichler 2006). In der Untersuchung wurde festgestellt, dass ein Teil von Lehrpersonen beim Einsatz digitaler Medien im Unterricht auf überlieferte Handlungsmuster zurückgreift und damit die Potenziale digitaler Medien zur Verbesserung von Unterrichtsqualität nicht ausschöpft. In diesem Zusammenhang unterscheidet Puentedura (2012) in seinem Modell zur Integration von digitalen Medien in den Unterricht vier Stufen: – Substitution (Ersatz): Auf dieser Stufe werden digitale Technologien als Ersatz für analoge Medien verwendet, ohne dass eine funktionale Änderung mit dem Einsatz verbunden ist. Beispiel einer solchen Substitution ist die Präsentation eines Videos über einen Beamer im Vergleich zur Präsentation mit Hilfe eines analogen Videorekorders. – Augmentation (Erweiterung): Als Augmentation wird der Austausch eines analogen durch ein digitales Medium bezeichnet, wenn sich mit dem Wechsel eine Verbesserung ergibt. Dies wäre der Fall, wenn ein fremdsprachlicher Text auf einem Arbeitsblatt (Papier) durch ein digitales Dokument auf einem Tablet ersetzt wird, das den Text nicht nur visuell wiedergibt, sondern optional auch auditiv. – Modiication (Veränderung): Auf dieser Stufe ist der Einsatz digitaler Medien mit einer substanziellen Veränderung der Unterrichtsgestaltung verbunden. Dies kann etwa bei der Nutzung von Software zur Erstellung von Videopodcasts der Fall sein, wenn Schülerinnen und Schüler eigenständig Inhalte erarbeiten und ihr Verständnis in einem Medienprodukt zum Ausdruck bringen. – Redeinition (Neubestimmung): Mit der Neubestimmung beschreibt Puentedura Szenarien, in denen digitale Medien Aufgaben oder Lernaktivitäten ermöglichen, die bisher nicht zu realisieren waren. Beispielsweise würde eine interaktive Simulationssoftware, mit deren Hilfe Planetenbewegungen durch Veränderung verschiedener Parameter simuliert werden können, eine Erprobung hypothesengeleiteter Annahmen (subjektiver heorien) auf der Basis eines naturwissenschaftlichen Modells ermöglichen. Diese Modellvorstellung (kurz SAMR-Modell genannt) hat eine relativ hohe Verbreitung erlangt, obwohl es kaum wissenschaftliche Diskussionen dazu gibt. Kritik wird insbesondere am normativen Charakter, an der fehlenden Berücksichtigung von Kontextvariablen und an der hierarchischen Struktur geübt (vgl. Hamilton, Rosenberg u. Akcaoglu 2016). Dennoch erscheint uns das SAMR-

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Modell hilfreich, weil es darauf aufmerksam macht, dass nicht die Technologie bzw. der Einsatz eines speziischen Medienangebots der entscheidende Faktor ist, sondern die Frage, wie (digitale) Medien Lernaktivitäten unterstützen oder ermöglichen können. Insbesondere bemisst sich die Qualität des Unterrichts nicht daran, welche digitalen Medien in welchem Umfang zur Anwendung kommen, sondern daran, inwieweit es gelingt, mit Unterstützung von Medienangeboten – in Bezug auf unterrichtliche Zielsetzungen und Lernvoraussetzungen – lernförderliche Settings herzustellen. Auf der Basis der Ausführungen in den Abschnitten 3.1.2 und 3.1.3 können Sie nun die sieben Eingangsbeispiele noch einmal in den Blick nehmen. Ordnen Sie die Beispiele bitte sowohl den aufgezeigten Medienangebotsformen als auch den dargestellten Lehr-Lern-Arrangements zu.

3.2 Lerntheoretische Grundlagen und Konsequenzen für mediales Lehren 3.2.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Zurzeit existiert ein umfangreiches Medienangebot für Schule und Unterricht. Bei der Gestaltung der einzelnen Angebote wird jeweils – bewusst oder unbewusst – eine bestimmte Aufassung darüber zugrunde gelegt, wie Lernprozesse ablaufen können bzw. sollen. Die jeweilige lerntheoretische Orientierung kann einen entscheidenden Einluss darauf haben, welche lernrelevanten Anforderungen an die Lernenden gestellt werden und auf welche Weise der Lern- bzw. Unterrichtsprozess förderlich gestaltet werden kann. Demgemäß stellt sich mit der Auswahl eines Medienprodukts immer auch die Frage nach dessen lerntheoretischer Orientierung. Beispielsweise könnte eine Schülerin bzw. ein Schüler oder eine Lehrperson bei der Suche nach Lernunterstützung oder im Rahmen der Unterrichtsvorbereitung auf folgendes Angebot stoßen: Lernplattform „grips“ (vgl. BR alpha o.J.) Auf der Onlineplattform „grips“ werden für die Fächer Englisch, Mathematik und Deutsch zu speziischen hemen Lernmaterialien in Form sogenannter Lektionen angeboten, die jeweils aus einem Lernvideo, begleitendem Text- und Bildmaterial sowie Anwendungs- und Testaufgaben bestehen. – Die Videos bilden den zentralen Bestandteil der jeweiligen Lektion. Sie spielen an unterschiedlichen Orten, an denen eine Lehrperson mit einer kleinen Gruppe von Schülerinnen und Schülern einen fachlichen Inhalt erarbeitet. Für das Beispiel „Satz des Pythagoras“ indet sich in den Informationen für Lehrpersonen z.B. folgende Beschreibung (vgl. BR alpha 2012):

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Lernen und Lehren mit Medien – die mediendidaktische Perspektive „Rechte Winkel spielen eine große Rolle in unserem Alltag, das lernen die Schüler von Mathelehrer Basti Wohlrab praxisnah auf einer Baustelle. Bei der Wette, in welcher Höhe eine Leiter an der Wand lehnt, gewinnt Basti mit einer verdächtigen zentimetergenauen Antwort. Schritt für Schritt zeigt ihnen Basti den Trick: Zuerst überlegen die Schüler anhand von Einheitsquadraten, welcher Zusammenhang zwischen den Quadraten über den Seiten eines rechtwinkeligen Dreieckes besteht. Dann zeigt Basti, wie sich daraus der Satz des Pythagoras ableitet. Mit dem Pythagoras berechnet das Team Flächen und Strecken – und zum Schluss die genaue Anlegehöhe der Leiter.“

Im Video werden die Inhalte in einem fragend-entwickelnden Stil zwischen der Lehrperson und den Schülerinnen und Schülern erarbeitet. Einzelne Arbeits- oder Erkundungsaufträge werden – neben den im Video Beteiligten – auch direkt an die Betrachterin oder den Betrachter des Videos gerichtet. In kürzeren Abständen werden mit Musik untermalte gerafte Darstellungen von Lernaktivitäten der Schülerinnen und Schüler eingeblendet oder kurze Trailer zur Strukturierung einzelner Abschnitte des Videos eingespielt. Inhaltliche (Zwischen-)Ergebnisse werden z.B. durch kurze Zusammenfassungen der Lehrperson festgehalten. – Die Textdokumente enthalten fachliche Zusammenfassungen und einzelne erläuternde Beispiele, u.a. ergänzt durch Fotos, Graiken oder Skizzen – teilweise mit Bezug auf das Video. – Die Anwendungsaufgaben bestehen aus Aufgabenstellungen mit anschließenden ausgearbeiteten Lösungen, teilweise mit Hinweisen zur Lösungsindung. Für einzelne Lektionen stehen auch Testaufgaben aus Abschlussprüfungen (sogenannte Quali-Aufgaben) zur Verfügung, die z.B. als Multiple Choice-Aufgaben bearbeitet werden können (mit anschließender Rückmeldung über richtige und falsche Lösungen). In anderen Fällen inden sich Videos zur expliziten Prüfungsvorbereitung. 

Es stellt sich die Frage, welche Annahmen zum Lehren und Lernen mit dem Online-Angebot verbunden sind. Versuchen Sie bitte einmal, solche Annahmen vorab zu formulieren.

Um zu einer entsprechenden Einschätzung zu kommen, ist es sinnvoll, den folgenden Fragen nachzugehen: (1) Welche lerntheoretischen Positionen zur Mediengestaltung und Medienverwendung lassen sich generell unterscheiden? (2) Wodurch sind die einzelnen Positionen gekennzeichnet? Bezüglich der lerntheoretischen Positionen können zunächst eine behavioristische, eine kognitionstheoretische und eine konstruktivistische Grundorientierung unterschieden werden (vgl. auch Petko 2014, S. 23f.). Darüber hinaus haben sich „Zwischenpositionen“ entwickelt, die Bezüge zu jeweils zwei lerntheoretischen Grundorientierungen aufweisen, und zwar das Modelllernen und das situierte Lernen. Darstellung 3.2 zeigt eine entsprechende Übersicht.

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Darst. 3.2: Übersicht über lerntheoretische Ansätze

Die folgenden Ausführungen zu diesen Grund- und Zwischenpositionen geben wichtige Hinweise für die Analyse und Auswahl vorhandener Medienangebote sowie für die Gestaltung eigener Medienbeiträge. 3.2.2 Die behavioristische Grundposition und das Modelllernen Nach der behavioristischen Grundposition ist Lernen ein Vorgang, bei dem das Verhalten eines Individuums durch Umwelteinlüsse – z.B. durch Lob oder Tadel – kontrolliert und verändert werden kann. Dabei wird nur das beobachtbare Verhalten in Betracht gezogen. Mentale Vorgänge werden, weil sie nicht einsehbar sind, als „black box“ aufgefasst. Entsprechend spielen Einlussfaktoren wie Emotionen, Motivation, Wissens- und Erfahrungsstand nur in Form ihrer Operationalisierungen als beobachtbares Verhalten eine Rolle (vgl. z.B. Mietzel 2017, S. 20; S. 202f.). Im Rahmen behavioristischer Positionen werden grundsätzlich die klassische und die operante Konditionierung unterschieden, wobei in Bezug auf mediengestützte Lehr-Lern-Prozesse hauptsächlich die operante Konditionierung bzw. das instrumentelle Lernen zur Anwendung kommt. Grundlegend dafür ist die Annahme, dass sich das Verhalten eines Individuums durch äußere Hinweisreize und Verstärkungen steuern lässt (vgl. Skinner 1978, S. 50). Demgemäß sollen vorgegebene Lehrziele dadurch erreicht werden, dass dem Lernenden bestimmte Informationen und Aufgaben in medialer Form als Hinweis-

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reize präsentiert werden, die ein gewünschtes Lernverhalten nahelegen. Dieses ist dann – wenn es von Lernenden gezeigt wird – zu bekräftigen. Beispielsweise kann das gewünschte Verhalten beim Lernen mit einem computerbasierten Programm darin bestehen, dass bei Rechtschreibübungen richtige Buchstaben eingesetzt, bei Rechenaufgaben die vorgeführten Tätigkeiten angemessen durchgeführt werden. Die Bekräftigung kann – bei sachgemäßer Ausführung – z.B. in der einfachen Rückmeldung durch „richtig“, in einem lobenden Kommentar, in der Vergabe von Punkten oder in der Präsentation eines Spiels bestehen. Dieses Prinzip wird sowohl bei einfachen als auch bei komplexen Lehrzielen angewendet. Bei komplexen Lehrzielen wird der Lernweg allerdings im Sinne der Verhaltensformung in viele kleine – in der Regel linear aufeinander folgende – Lernschritte zerlegt. Dabei ist es wichtig, den Lernfortschritt regelmäßig zu prüfen und in Abhängigkeit vom Lernstand weitere Informationen und Aufgaben zu präsentieren. Bezüge zur behavioristischen Lerntheorie inden sich vor allem in Übungsprogrammen, in denen Lerninhalte eines vorher erarbeiteten hemenbereiches gefestigt und automatisiert werden sollen. Zum Teil weisen auch Lehrprogramme, in denen neue – in der Regel stark eingegrenzte – hemenbereiche mit Hilfe einer strikten Programmführung erarbeitet werden sollen, die beschriebenen Merkmale auf (vgl. z.B. Tulodziecki u. Herzig 2004, S. 72; Baumgartner u. Payr 1999, S. 154f.). Beim Modelllernen wird davon ausgegangen, dass es eine wechselseitige Beeinlussung von Verhalten, Persönlichkeitsfaktoren und Umwelteinlüssen gibt. Mit einer Reihe von Experimenten konnte Bandura (1974) zeigen, dass sich durch die Beobachtung eines Modells bestimmte Verhaltensweisen, emotionale Reaktionen, Bewertungen von beobachteten Objekten und Selbsteinschätzungen von Individuen ändern können. Dabei kann durch die Beobachtung – insbesondere bei positiver Verstärkung – gelernt werden (observational learning). Darüber hinaus können bei beobachteten negativen Konsequenzen eines Verhaltens Hemmungsefekte (inhibitory efects) auftreten oder – bei beobachteter positiver Verstärkung – Enthemmungsefekte (disinhibitory efects). Das beobachtete Verhalten wird dabei als allgemeines Schema oder als Strategie kognitiv repräsentiert und steht damit für zukünftiges Handeln zur Verfügung. Annahmen des Modelllernens inden sich insbesondere in Animations- oder Demonstrationsprogrammen und in sogenannten (online verfügbaren) Erklärvideos (vgl. Rummler u. Wolf 2012), bei denen z.B. bestimmte Arbeitstechniken als Modellverhalten präsentiert werden. Ob und wie intensiv durch Beobachtung gelernt wird, hängt dabei zum einen von der Art der modellierten Verhaltensweisen ab, z.B. von der Aufälligkeit und Komplexität, zum anderen von den kognitiven Voraussetzungen des Lernenden. Im Rahmen der Behaltensprozesse kommt es für den Lernenden darauf an, das Beobachtete verbal und visuell mental zu repräsentieren.

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Dies wird begünstigt, wenn die beobachteten Verhaltensweisen in einer computerbasierten Animation oder in dokumentarischen oder inszenierten Videos als erfolgreich erlebt werden. Damit kann eine Basis für die Umsetzung in eigene Handlungsmuster geschafen werden. 3.2.3 Die kognitionstheoretische Grundposition Die kognitionstheoretische Grundposition unterscheidet sich von der behavioristischen Grundposition zunächst dadurch, dass der Lernende als ein Individuum begrifen wird, das äußere Reize aktiv und selbstständig verarbeitet und nicht einfach durch äußere Reize steuerbar ist. In diesem Sinne wird der Lernende bei der kognitionstheoretischen Grundposition als interaktiv agierender Empfänger von medialen Botschaften betrachtet, z.B. von schriftlichen Texten, Tonsequenzen oder Filmpassagen. Es wird angenommen, dass er diese auf der Basis seines Erfahrungsund Entwicklungsstandes in selektiver Weise wahrnimmt, interpretiert und verarbeitet. Der jeweilige Entwicklungs- und Erfahrungsstand des Individuums drückt sich in der Gesamtheit der dem Individuum zur Verfügung stehenden Wahrnehmungs-, Verstehens- und Verarbeitungsmuster oder -schemata aus, die seine kognitive Struktur ausmachen (vgl. z.B. Euler 1994, S. 296). Damit rücken bei einer kognitionstheoretisch orientierten Grundlegung der Medienentwicklung Aspekte in den Mittelpunkt, die beim behavioristischen Ansatz keine Beachtung fanden: Überlegungen zu der Frage, welche intern ablaufenden Prozesse in der Interaktion von Lernmaterial (als externer Bedingung des Lernens) und kognitiver Struktur (als interner Bedingung des Lernens) entstehen können bzw. entstehen sollen. Im Rahmen dieser Grundposition gibt es verschiedene Varianten, die sich im Hinblick auf ihre theoretischen Akzentsetzungen unterscheiden und damit unterschiedliche Konsequenzen für eine lernprozessanregende Gestaltung von Medienangeboten nach sich ziehen. Eine erste Unterscheidung lässt sich danach trefen, ob interne Prozesse vor allem unter der Zielperspektive betrachtet werden, eine bestimmte Wissensstruktur aufzubauen, oder schwerpunktmäßig unter der Perspektive, Problemlösefähigkeit zu entwickeln. Für die Medienentwicklung geht es im ersten Fall vor allem um die Frage, wie interne Prozesse zum Aufbau eines geordneten Wissens in einem bestimmten Inhaltsbereich unterstützt werden können. Dies kann beispielsweise durch strukturierte Übersichten, eine angemessene Sequenzierung von Lerninhalten oder durch die Voranstellung von Einordnungshilfen (advance organizer; vgl. Ausubel, Novak u. Hanesian 1980) geschehen. Im zweiten Falle steht für die Mediengestaltung die Frage im Mittelpunkt, welche Problemstellungen und welche prozessbezogenen Lernhilfen sowie welche Rückmeldungen die Entwicklung von Problemlösefähigkeiten fördern können. Solche Überlegungen sind z.B. beim Entwurf von Simulationsumgebungen von besonderer Wichtigkeit (vgl. Grafe 2008, S. 47f.).

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Eine zweite Unterscheidung bei den kognitionstheoretischen Ansätzen bezieht sich darauf, ob der Akzent mehr auf einer themenspeziischen Ausprägung kognitiver Strukturen liegt oder auf generellen Entwicklungsaspekten. Bei den Entwicklungsaspekten lassen sich theoretische Konzepte, die vor allem auf die intellektuelle Entwicklung zielen, von solchen unterscheiden, die die sozialmoralische Entwicklung betonen (siehe Abschnitte 2.2.3 und 2.2.4). Bei beiden Entwicklungsperspektiven geht es darum, die medialen Angebote in einer Weise zu gestalten, dass sie Anreize zur Auseinandersetzung mit einer bedeutsamen Aufgabe bieten und die Anforderungen durch die Lernenden so erfahren werden, dass sie etwas oberhalb des jeweils erreichten Entwicklungsstandes liegen (siehe Abschnitte 7.1 und 7.2). Interessante Anwendungen ergeben sich dazu u.a. bei der Gestaltung und Verwendung von Medienangeboten gemäß dem Konzept der intellektuellen Entwicklung nach Piaget (1984) und dem darauf basierenden Ansatz der kognitiven Komplexität oder gemäß dem Konzept der sozial-moralischen Entwicklung nach Kohlberg (1974) (vgl. zu Anwendungen Breuer u. Tennyson 1995; Tulodziecki 1997). Mediale Angebote, welche die intellektuelle Entwicklung fördern sollen, können beispielsweise als Simulationsumgebungen gestaltet werden (vgl. z.B. Breuer u. Kummer 1990; Grafe 2008; Borgenheimer 2014). Zur Förderung der sozial-moralischen Entwicklung bieten sich unter Umständen ilmisch oder hörspielartig präsentierte Entscheidungsfälle oder computerbasierte Fallstudien im Rahmen ofener Lehrsysteme an (vgl. z.B. Cavalier 2003). Allerdings gibt es für die Förderung der sozial-moralischen Entwicklung bisher nur sehr wenige mediale Beispiele (vgl. z.B. Wimmer 2014). Eine dritte Unterscheidung kognitionstheoretischer Ansätze ergibt sich hinsichtlich der Annahmen, wie das zu Lernende im Zentralnervensystem gespeichert bzw. repräsentiert wird. Dazu sind u.a. folgende heorieansätze zu nennen (vgl. auch Strittmatter u. Seel 1984): heorie der Bedeutungsstrukturen: Hierbei wird angenommen, dass die subjektiv erlebte Umwelt in Form von semantischen Netzwerken mental im Gedächtnis repräsentiert wird. Semantische Netzwerke werden als begriliche Strukturen verstanden, die aus begrilichen Elementen und ihren Relationen bestehen (vgl. Anderson 2007, S. 165f.). Lernprozesse inden statt, indem neue Informationen entweder – gemäß dem Piaget’schen Verständnis – in bestehende Bedeutungsstrukturen integriert werden (Assimilation) oder zu einer Anpassung vorhandener kognitiver Strukturen führen (Akkomodation). Lernen kann nach dieser Aufassung dadurch unterstützt werden, dass man dem Lernenden Informationsmaterial anbietet, das bereits einen hohen Ordnungs- bzw. Organisationsgrad aufweist (vgl. Mietzel 2017, S. 327f.). Entsprechend sollten begriliche Elemente nicht isoliert, sondern in ihrer Beziehung zu anderen begrilichen Elementen bzw. zu ihrem begrilichen Umfeld präsentiert und entsprechende Beziehungen bewusst

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gemacht werden. Dies geschieht z.B. in ofenen Lehrsystemen, wenn Begrifsoder hemenzusammenhänge graphisch veranschaulicht werden (vgl z.B. Kerres 2018, S. 352f.). heorie der Doppelcodierung: Danach werden Informationen – in Abhängigkeit vom vorliegenden Lernmaterial – nicht nur in Form begrilicher Strukturen, sondern auch in analoger Form, z.B. in Bildern, gespeichert. So kann die Umwelt sowohl in Vorstellungsbildern als auch in semantischen Netzwerken im Gedächtnis repräsentiert sein, wobei Verbindungen zwischen beiden Repräsentationssystemen angenommen werden (vgl. Paivio 1986). Die Doppelcodierungstheorie wird zum Teil auch mit der Hemisphären-heorie in Verbindung gebracht. Hiernach inden die Verarbeitung von Sprache und die begriliche Speicherung vor allem in der linken Gehirnhälfte statt und die Verarbeitung und Speicherung von Bildern insbesondere in der rechten Gehirnhälfte (vgl. Eccles 1979, S. 264, 276). Im Hinblick auf lernförderliche Wirkungen ist die Annahme bedeutsam, dass verschiedene Codierungsarten zwar in voneinander unabhängigen Prozessen verarbeitet werden, die Speicherung allerdings in Systemen erfolgt, die teilweise miteinander verbunden sind. Deshalb treten beim Abruf unter Umständen Wechselwirkungsefekte auf, sodass die Chance größer wird, dass Informationen behalten und wiedergegeben werden (vgl. Paivio 1991, S. 77f.). Entsprechend ist auf der Basis der Doppelcodierungstheorie zu empfehlen, Inhalte sowohl bildhaft als auch begrilich in abgestimmter Form zu präsentieren. Entsprechende TextBild-Kombinationen inden sich insbesondere in Lehrprogrammen, multimedialen Datenbeständen und ofenen Lehrsystemen (vgl. z.B. Weidenmann 2009, S. 74f.; siehe Abschnitt 3.1.2). heorie mentaler Modelle: Bei dieser wird davon ausgegangen, dass sich die mentale Repräsentation speziischer Sachverhalte, Vorgänge und Ereignisse der Umwelt nicht auf eine Codierungsart – verbal oder abbildhaft – beschränkt. Es wird vielmehr eine zusammenhängende mentale Repräsentation bestimmter Wirklichkeitsbereiche bzw. Problemfelder hinsichtlich ihrer strukturellen und funktionalen Aspekte im Gehirn angenommen. Diese Repräsentation kann auf der Verarbeitung unterschiedlicher Zeichensysteme bzw. medialer Darstellungsformen beruhen (vgl. z.B. Johnson-Laird 1983, S. 407). Die heorie mentaler Modelle beinhaltet die Forderung, den zu erlernenden Inhalt, z.B. die Regeln beim Volleyballspiel und ihre Umsetzung, hinsichtlich aller relevanten strukturellen und funktionalen Komponenten zu analysieren und diese Komponenten in den entsprechenden medialen Präsentationen zu berücksichtigen (vgl. z.B. Hegarty 2014). heorie multimedialen Lernens: Hierbei wird – auf der Basis der beiden letztgenannten heorien – angenommen, dass Menschen getrennte Kanäle zur Verarbeitung visueller und auditiver Informationen besitzen und die Kapazität der Informations-

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verarbeitung in diesen Kanälen begrenzt ist. Lernen wird als ein aktiver Prozess betrachtet, bei dem Informationen aufgenommen und in einem kohärenten mentalen Modell repräsentiert sowie in vorhandenes Wissen integriert werden (vgl. Mayer 2014, S. 43f.). Für den Aufbau mentaler Modelle werden fünf Schritte angenommen: die Auswahl relevanter verbaler Informationen aus auditiven und visuellen Informationsquellen, die Auswahl relevanter Bilder aus piktoralen Informationsquellen, die Organisation der ausgewählten verbalen Informationen in einer kohärenten verbalen Repräsentation, die Organisation der Bilder in einer kohärenten piktoralen Repräsentation und die Integration der visuellen und verbalen Repräsentationen sowie des Vorwissens (vgl. S. 54f.). Auf der Grundlage dieser Annahmen und empirischer Untersuchungen sind sechs Gestaltungsprinzipien für die Entwicklung multimedialer Lernumgebungen entwickelt worden (siehe dazu auch Abschnitt 3.4.3): Multimedia-Prinzip (Inhalte sollten nicht nur als verbaler Text, sondern als verbaler Text und Bild präsentiert werden); räumliches KontiguitätsPrinzip (verbale Texte und Bilder sollten in räumlicher Nähe angeordnet werden), zeitliches Kontiguitäts-Prinzip (verbale Texte und Bilder sollten nicht in zeitlicher Abfolge, sondern simultan präsentiert werden), Kohärenz-Prinzip (es sollten nur solche schriftlichen Texte, Bilder und auditiven Elemente verwendet werden, die für den zu erarbeitenden Inhalt relevant sind), Modalitätsprinzip (zu einer Animation korrespondierende verbale Informationen sollten nicht visuell, sondern auditiv präsentiert werden) und Redundanz-Prinzip (eine Animation sollte in der Regel zusätzlich durch einen gesprochenen Text, dann aber nicht auch noch durch einen gleichen schriftlichen Text erläutert werden). Kognitionstheoretische Annahmen zum Lernen spiegeln sich in verschiedenen digitalen Lernangeboten wider, so zum Beispiel in ofenen Lehrsystemen oder in Lehrprogrammen, in denen Inhalte strukturiert und in verschiedenen Codierungsarten aufbereitet sind, oder in tutoriellen Systemen, die einen Einstieg in neue Wissensgebiete und den Aufbau mentaler Modelle durch den Aufweis vernetzter Strukturen unterstützen. Auch Simulationen und Experimentierumgebungen können auf einer kognitionstheoretischen Sichtweise des Lernens beruhen (siehe Abschnitt 3.1.2). Bei aller Bedeutung, die von kognitionstheoretischen Ansätzen der individuellen Verarbeitung beim Lernen mit Medien zugemessen wird, halten sie doch konsequent an der Wechselwirkungsannahme zwischen externen medialen Präsentationen und internen Verarbeitungsprozessen fest. Damit ist die Position verbunden, dass Lernen durch Instruktion und Lernhilfen angeregt, unterstützt und in gewissem Umfang gesteuert werden kann (vgl. z.B. Issing 2002). Die Möglichkeit der Anregung, Unterstützung und Steuerung von Lernprozessen durch Medien wird allerdings aus einer anderen Perspektive, die als konstruktivistisch zu bezeichnen ist, wesentlich skeptischer eingeschätzt.

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3.2.4 Die konstruktivistische Grundposition und das situierte Lernen Konstruktivistische Lerntheorien betonen noch stärker als kognitionstheoretische die Bedeutung, die der individuellen Wahrnehmung und Verarbeitung von Erlebnissen in der Umwelt zukommt. Im konstruktivistischen Verständnis strukturiert das Individuum Situationen, in denen es sich beindet, im Sinne einer „bedeutungstragenden Gestalt“ und gestaltet zugleich die Situation in Wahrnehmung und Handeln mit. Erkenntnisse sind danach individuelle Konstruktionen von Wirklichkeit auf der Basis subjektiver Erfahrung. Auch empirisches Wissen gilt zunächst nur als eine subjektive Konstruktion von Wirklichkeit, die allerdings über sprachliche Verständigungsprozesse zu sozialer Wirklichkeitskonstruktion führen kann (vgl. Maturana u. Varela 1987). Bei konstruktivistischen Lerntheorien wird davon ausgegangen, dass die Frage, in welchem Verhältnis die individuell konstruierte Wirklichkeit mit der ontologischen Realität steht, nicht rational beantwortbar ist (vgl. Glasersfeld 1995, S. 42). Für das Lernen mit Medien bedeutet die konstruktivistische Aufassung, dass mediale Angebote im Wesentlichen als Informations- und Werkzeugangebote für selbst gestaltete Lernprozesse zu betrachten und zu konzipieren sind und keineswegs als Mittel der Steuerung von Lernprozessen (vgl. Euler 1994, S. 298). Der Selbstorganisation des Lernprozesses – im Sinne eines selbstbestimmten relexiven Handelns – wird dabei eine besondere Bedeutung zugemessen. Eine solche Position wird zum Teil bei der Entwicklung von ofenen Lehrsystemen, von Lernspielen oder von Werkzeugen sowie von Experimentierumgebungen oder von Kooperations- und Kommunikationsumgebungen zugrunde gelegt. Als eine „pragmatische Zwischenposition“ zwischen den Polen konstruktivistischer und instruktionaler kognitionstheoretischer Ansätze gilt das von Merrill (1991) so bezeichnete „Instruktionale Design der zweiten Generation“. Diese Position ist dadurch gekennzeichnet, dass einerseits die Bedeutung von Lernen in Problem- bzw. Handlungszusammenhängen – im Sinne der konstruktivistischen Aufassung – betont wird und dass andererseits von der Sinnhaftigkeit eines Aufbaus kognitiver Strukturen bzw. mentaler Modelle durch geeignete Instruktionen – im Verständnis kognitionstheoretischer Ansätze – ausgegangen wird (vgl. S. 51f.). In diesem Sinne weisen Software-Angebote für den Unterricht, z.B. ofene Lehrsysteme sowie Experimentier- und Simulationsumgebungen, häuig Gestaltungsmerkmale auf, die sich als Umsetzung kognitionstheoretischer und konstruktivistischer Annahmen deuten lassen. Auch Ansätze zum situierten Lernen sind durch eine Verknüpfung von Instruktion und Konstruktion gekennzeichnet. Mit ihnen werden jeweils Anforderungen an die Gestaltung von Lernumgebungen formuliert, wobei Reinmann und Mandl (2006) den Begrif der Lernumgebung als „Arrangement von Unterrichtsmethoden, Unterrichtstechniken, Lernmaterialien, Medien“ deinieren (S. 615f.). Die Anforderungen an Lernumgebungen sind in den folgenden Ansätzen zum situierten Lernen lerntheoretisch begründet:

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– Anchored Instruction: Im Rahmen dieses Ansatzes wird die zentrale Rolle von situierter bzw. „verankerter“ Instruktion in – für die Schülerinnen und Schüler bedeutsamen – problemorientierten Kontexten betont (vgl. CTGV 1991, S. 35). Ziel ist es, Lernumgebungen zu gestalten, welche die Entwicklung von lexiblem Wissen, Problemlöse- und Transferfähigkeiten fördern (vgl. CTGV 1996, S. 296). Zu den Designprinzipien solcher Lernumgebungen zählen z.B. die Präsentation einer komplexen Problemaufgabe in einem narrativen videobasierten Format, in die Umgebung eingebettete Informationen sowie ein fächerübergreifender Bezug. Ein Beispiel stellen die videobasiert dargestellten Abenteuer des Jasper Woodbury dar. Hierbei handelt es sich um eine iktive Figur, die alltagsbezogenen Problemen begegnet, welche die Lernenden mit Hilfe mathematischer Operationen lösen sollen (vgl. CTGV 1991, S. 34f.). – Cognitive Flexibility: Ziel dieses Ansatzes ist es, dass Lernende komplexe, wenig strukturierte Problemlagen in neuen Situationen bearbeiten und ihre Kenntnisse jeweils den neuen Anforderungen lexibel anpassen können. Wichtiges Prinzip des Ansatzes ist die Präsentation von Inhalten auf vielfältige Weise, z.B. in wechselnden Kontexten, in Bezug auf unterschiedliche Ziele und aus verschiedenen konzeptuellen Perspektiven. Damit sollen das Verständnis von Komplexität und der Transfer auf andere Problemkontexte ermöglicht werden. Dies geschieht am besten durch verschiedene Fallbeispiele im Rahmen multimedialer Lernumgebungen. Hierzu werden z.B. kurze Sequenzen digitaler Videos parallel auf einer Bildschirmseite präsentiert (vgl. Spiro et al. 2003, S. 6f.). – Cognitive Apprenticeship: Der Ansatz zielt darauf, Lernenden zu vermitteln, auf welche Weise Experten Probleme lösen. Dazu wird neben der Erarbeitung von situiertem, domänenspeziischem Faktenwissen auch die Bedeutsamkeit des Erwerbs von strategischem und metakognitivem Wissen betont (vgl. Collins, Brown u. Newman 1989, S. 457). Als Vorbild für die Anregung von Lernaktivitäten dienen Ansätze aus der traditionellen Handwerkslehre, die auf den Bereich der Kognition übertragen werden. Dabei stehen insbesondere Beobachtungen, ein durch Experten begleitetes und unterstütztes Handeln sowie Explorationen im Vordergrund. Solche Lernaktivitäten werden mit Hilfe von Medienangeboten umgesetzt. Entsprechende Überlegungen wurden auch auf freie Enzyklopädien, wie z.B. Wikipedia, oder Open-Source-Projekte übertragen, in denen jeweils Expertinnen und Experten und Laien kooperativ zusammenarbeiten (vgl. Brown 2006). Die Merkmale der drei genannten Ansätze werden von Mandl, Gruber und Renkl (2002) folgendermaßen zusammengefasst (vgl. S. 143f.): – komplexes Ausgangsproblem: ein für die Lernenden interessantes und intrinsisch motivierendes Problem soll den Ausgangspunkt für das Lernen bilden, – Authentizität und Situiertheit: durch realistische Probleme sollen ein Rahmen und ein Anwendungskontext für das zu erwerbende Wissen bereitgestellt werden,

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– multiple Perspektiven: das zu Lernende soll in mehrere Kontexte eingebettet werden, so dass es später lexibel auf neue Situationen übertragen werden kann, – Artikulation und Relexion: Problemlöseprozesse sollen verbal beschrieben und hinsichtlich ihrer Bedeutung für unterschiedliche Zusammenhänge relektiert werden, – Lernen im sozialen Austausch: dem sozialen Kontext soll im Sinne kooperativen Lernens ein besonderer Stellenwert zugemessen werden. Solche Empfehlungen stehen in Übereinstimmung mit Überlegungen, die schon auf der Grundlage einer didaktisch orientierten Kritik an der herkömmlichen Unterrichtstechnologie formuliert wurden (vgl. Tulodziecki 1974, S. 668f.). Auch bei neueren Ansätzen zur Übertragung allgemeindidaktischer Einsichten auf die Gestaltung und Verwendung digitaler Lernangebote ergeben sich ähnliche Forderungen, wie sie in den Ansätzen zum situierten Lernen zu inden sind (siehe dazu Abschnitt 3.3). Die hier skizzierten lerntheoretischen Paradigmen sind Ansätze mit unterschiedlichen Reichweiten. Sie geben Vorstellungen vom Lernen aus jeweils anderen Perspektiven und ausgehend von unterschiedlichen Prämissen wieder und sind weder per se gut oder angemessen noch schlecht oder abzulehnen. Als theoretische Ansätze erlauben sie jeweils speziische Beobachtungen im Zusammenhang von Lernen zu erklären, weisen im Hinblick auf andere Phänomene aber Beschränkungen auf. Gleichzeitig dienen sie als Orientierung für das Trefen und Begründen von didaktischen Entscheidungen. Im Zusammenhang des Lehrens und Lernens mit Medien liegt ihr Stellenwert demgemäß vor allem darin, – als Relexionsfolie für die Analyse von Medienangeboten im Hinblick auf implizite Vorstellungen zum Lernen und damit zusammenhängenden Vorgehensweisen zu dienen, – Orientierungen und Begründungen für Entscheidungen bei der Gestaltung von Medienangeboten zu bieten, – die eigenen subjektiven heorien zum Lernen und Lehren mit Medien ins Bewusstsein zu heben und gegebenenfalls weiterzuentwickeln (vgl. auch Tulodziecki, Herzig u. Blömeke 2017, S. 316f.). Insgesamt sind die bisherigen Überlegungen auf menschliches Lernen gerichtet. Im Zusammenhang von digitalen Medien wird der Begrif des Lernens aber auch für Maschinen verwendet, worauf wir im folgenden Abschnitt eingehen. 3.2.5 Maschinelles Lernen Maschinelles Lernen gilt als Schlüsseltechnologie der künstlichen Intelligenz und bezeichnet Prozesse, in denen Lernalgorithmen aus Beispielen Modelle entwickeln, die es dann erlauben, für bisher nicht bearbeitete Beispiele Entscheidungen oder Vorhersagen zu trefen (vgl. Fraunhofer-Gesellschaft 2018, S. 8). Anwendungsfel-

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der sind beispielsweise die Bild- und Videoanalyse, die Spracherkennung oder das Trainieren von (Greif-)Bewegungen von Robotern. Der Begrif des Lernens wird in dem Verständnis verwendet, dass die Maschine nach dem Verarbeiten von großen Datenmengen bzw. vielen Beispielen in der Lage ist, ein Problem zu lösen, das vorher maschinell nicht gelöst werden konnte – der Computer hat „aus Erfahrung gelernt“. Mit Bezug auf solche Lernvorgänge lassen sich verschiedene Formen unterscheiden (vgl. Awad u. Khanna 2015, S. 6f.). Beim sogenannten überwachten Lernen (supervised learning) wird ein Algorithmus mit Hilfe von Beispielen trainiert, für die die Problemlösung bereits bekannt ist und dem Algorithmus als Eingabe mitgeliefert wird (die Daten sind „gelabelt“). Überwacht wird im Trainingsmodus, ob die Lösungen korrekt sind. Beispielsweise gilt bei der Erkennung von handgeschriebenen Zahlen die jeweils gemeinte Zahl als Lösung. Solange die Lösungen nicht oder nicht hinreichend zuverlässig sind, wird weiter trainiert (dazu unten mehr). Beim unüberwachten Lernen (unsupervised learning) werden in den zu verarbeitenden Beispielen Muster und Strukturen gesucht. Das Ergebnis stellen Cluster dar, d.h. Gruppen von Daten mit ähnlichen Eigenschaften. Anwendungen inden solche Verfahren z.B. bei der semantischen Analyse von Texten. Ebenso kann versucht werden, aus großen Datenmengen über Lernende, die eine Lernsoftware bearbeiten, Gruppen von Lernenden zu bilden, die bei vergleichbaren Lernvoraussetzungen und Lernwegen vergleichbare Lernerfolge erzielt haben. So ließen sich einem Lernenden nach der Feststellung der Lernvoraussetzungen bestimmte Lernwege empfehlen, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führen. Neben dem Clustern kann das Verfahren auch genutzt werden, um Daten zu komprimieren, d.h. Datensätze auf zentrale Merkmale bzw. Dimensionen zu reduzieren. Maschinelles Lernen indet unter Rückgrif auf große Datenmengen (Big Data) als Trainingsgrundlage statt. Solche Daten werden z.B. durch Mails, soziale Medien, Sensoren oder Geodaten generiert und sind entsprechend vielfältig (vgl. z.B. Freiknecht u. Papp 2018, S. 10f.). Im Bildungskontext werden vielfältige Daten z.B. bei der Nutzung von Onlineplattformen, dem Belegen von Onlinekursen, der Bearbeitung von Lehrprogrammen, der Nutzung von Apps oder der Arbeit in und mit Learning-Management-Systemen erzeugt (vgl. z.B. Jülicher 2018). Solche Daten zu sammeln (educational data mining) und auszuwerten (learning analytics) ist beispielsweise mit dem Ziel verbunden, die Lernwege von Schülerinnen und Schülern zu optimieren und individuelles Feedback beim Lernen zu geben (vgl. Ebner u. Ebner 2018). So lassen sich aus den Daten vieler Nutzerinnen und Nutzer einer Lernplattform gegebenenfalls Muster ableiten, die Zusammenhänge zwischen Personenmerkmalen und Lernverhalten bzw. Lernerfolg aufzeigen und so Empfehlungen für individuelle Lernwege erlauben (vgl. z.B. Kerres 2018, S. 340f.).

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Während bei der herkömmlichen Programmierung von Computern das Wissen für die Problemlösung von vornherein in der Form eines Algorithmus formuliert wird, wird beim maschinellen Lernen das Wissen für die Problemlösung aus den großen Datenmengen gewonnen, die für das Training so genannter künstlicher neuronaler Netze genutzt werden. Solche Netzwerke bestehen aus einer Eingabeschicht, verschiedenen (verborgenen) Zwischenschichten und einer Ausgabeschicht, jeweils mit einer bestimmten Anzahl von Neuronen (siehe Darstellung 3.3).

Darst. 3.3: Maschinelles Lernen – Beispiel eines künstlichen neuronalen Netzes

Beispielsweise lässt sich die für den Menschen leichte Aufgabe der Erkennung von handschriftlichen Zahlen über ein neuronales Netz so lösen, dass die (digitalisierte) handschriftliche Eingabe aus einer bestimmten Anzahl von Pixeln besteht, die in den Neuronen durch Helligkeitswerte als Zahlen abgebildet werden. In der ersten Zwischenschicht lässt sich das Netzwerk dann so trainieren, dass bestimmte Kanten einer geschriebenen Zahl erkannt werden, in der daraufolgenden Schicht dann Teilmuster (z.B. ein Halbkreis) usw. Idealtypischerweise besteht die vorletzte Schicht dann aus einzelnen Bestandteilen von Zahlen, aus deren Kombination sich die Zahlen von 0 bis 9 zusammensetzen lassen. Demgemäß würde das Netz in der Ausgabeschicht in zehn Neuronen jeweils die Wahrscheinlichkeit speichern, mit der die Eingabe als Zahl 0, 1, 2 usw. erkannt worden ist. Die einzelnen Neuronen in einer Zwischenschicht erhalten ihren Input aus den Werten aller Neuronen der jeweils vorausgehenden Schicht, die zum sogenannten Gewicht des Neurons summiert werden und bei Überschreiten eines Schwellwertes – der eingestellt werden kann – dann dazu führen, dass das Neuron aktiviert wird und einen Input für die nachfolgende Schicht liefert. Die Gewichte und die Schwellwerte sind quasi die

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Stellschrauben, über die der Lernprozess des Algorithmus beeinlusst werden kann. Ziel ist es, durch die Verarbeitung vieler Beispiele eine Einstellung des neuronalen Netzes zu inden, bei der die Fehlerquote im Erkennen der handgeschriebenen Zahlen möglichst gering ist. Oder anders ausgedrückt: der Lernprozess ist dann erfolgreich, wenn eine Einstellung des Netzes gefunden wurde, bei der die Erkennung von handgeschriebenen Zahlen zuverlässig gelingt. Durch das Training bilden die Neuronen in den verborgenen Schichten ein Modell für das zu lösende Problem und seine Lösung. In diesem Fall wäre es ein überwachter Lernprozess, weil das Ergebnis vorher bekannt ist. Bisherige Anwendungen und Erfolge des maschinellen Lernens sind auf speziische Bereiche und Aufgaben begrenzt, werden sich in Zukunft aber mit großer Wahrscheinlichkeit ausweiten. Auch wenn der Begrif des Lernens suggerieren mag, dass Analogien zum menschlichen Lernen bestehen, sei – ohne eine ausführliche Diskussion an dieser Stelle führen zu können – darauf hingewiesen, dass dies nicht impliziert, „dass die Maschine irgendein Verständnis oder Bewusstsein davon hat, welche Daten sie verarbeitet, warum und in welchem Kontext sie das tut und welche Bedeutung die Daten haben“ (Fraunhofer-Gesellschaft 2018, S. 8). Auf der Grundlage der obigen Überlegungen können Sie nun das eingangs skizzierte Angebot „grips“ noch einmal in den Blick nehmen. Analysieren Sie dies bitte im Hinblick auf die – mit dem Angebot verbundenen – Annahmen zum Lernen und Lehren.

3.3 Planung und Gestaltung von medienunterstützen Lehr-Lern-Situationen 3.3.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Die Überlegungen zu lernrelevanten Medienangeboten und möglichen medienunterstützten Lehr-Lern-Szenarien haben gezeigt, dass die Nutzung von Medien im Unterricht mehrere Entscheidungen auf Seiten der Lehrperson voraussetzt. Bei solchen Entscheidungen geht es – mit Blick auf angenommene Voraussetzungen der Lerngruppe sowie angestrebte Ziele und Lernaktivitäten – darum, Eigenschaften des Mediums mit unterrichtlichen Bedingungen in lernförderlicher Weise aufeinander abzustimmen. Demgemäß stehen Lehrpersonen im Rahmen der Unterrichtsvorbereitung immer wieder vor der Frage, in welcher Weise sie vorhandene Medienangebote, z.B. ein Lehrvideo oder eine Simulationsumgebung, in ihren Unterricht integrieren könnten oder inwieweit sie selbst mediale Beiträge erstellen sollten. In diesem Zusammenhang gehen wir im Folgenden von dem Beispiel aus, dass eine Lehrkraft beabsichtigt, einen Unterricht zum hema „Politische Entscheidungen

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und ihre Auswirkungen“ durchzuführen. Bezüglich ihrer Schülerinnen und Schüler geht sie davon aus, dass diese in der Lage sind, selbsttätig zu arbeiten. Zur Unterstützung selbstgesteuerter Lernaktivtäten sucht sie ein geeignetes Medienangebot, zieht aber auch in Betracht, dieses nach Bedarf noch um eigene Medienbeiträge zu ergänzen. Bei ihrer Suche stößt sie auf die CD-ROM „Ecopolicy“ (vgl. Vester o.J.): Die CD-ROM „Ecopolicy“ bietet die Möglichkeit, sich in die Rolle einer Regierungskommission zu versetzen, deren Aufgabe es ist, für einen Staat Entscheidungen vorzubereiten, welche die Lage des Staates verbessern sollen. Der jeweilige Staat wird durch acht sich wechselseitig beeinlussende Bereiche dargestellt, für deren nachhaltige Entwicklung zu sorgen ist. Es handelt sich um die Bereiche Politik, Produktion, Umweltbelastung, Lebensqualität, Sanierung, Aufklärung, Vermehrungsrate und Bevölkerungsentwicklung. Der Bereich Politik spiegelt die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Regierungskommission wider. Der Bereich Sanierung umfasst nachhaltiges Wirtschaften im Sinne der Verwirklichung von beispielsweise Umweltschutz oder Recycling. Im Bereich Produktion geht es neben Produktivität und Wachstum von Industrie und Handwerk auch um die landwirtschaftliche Produktion und den Umsatz von Handel und Dienstleistung. Der Bereich Umweltbelastung beinhaltet die belastenden Folgen der Eingrife des Menschen in die Biosphäre. Im Bereich Aufklärung spiegeln sich Information und Wissen wider, z.B. zu Erkenntnissen zur Umwelt, zu einer gesunden Lebensweise oder zu einer verantwortlichen Familienplanung. Der Schlüsselbereich Lebensqualität schließt verschiedene Aspekte mit ein, die für Gesundheit, Wohlbeinden und Sicherheit der Bevölkerung wichtig sind. Der Bereich Vermehrungsrate bezieht sich sowohl auf die Zu- und Abwanderung als auch auf die Veränderung der Geburten- und Sterberate. Der Bereich Bevölkerung umfasst die aktuelle Bevölkerungsanzahl, ihre Zusammensetzung und Ansprüche. Man hat die Möglichkeit zwischen dem Industrieland „Kybernetien“, dem Schwellenland „Kybinnien“ und dem Entwicklungsland „Kyborien“ auszuwählen. Die Länder unterscheiden sich zunächst durch unterschiedliche Ausgangssituationen in verschiedenen Lebensbereichen. Allerdings – welchen Staat man auch auswählt, stets muss man sich mit einer relativ desolaten Gesamtsituation auseinandersetzen, wobei der jeweilige Zustand der einzelnen Bereiche durch farbige Säulen unterschiedlicher Höhe und unterschiedlicher Färbung von grün (in Ordnung) über gelb (Zustand bedenklich) bis rot (gefährlich) angezeigt wird. Zu Beginn des Spieles gibt ein Sprecher eine kurze Einführung in die problematische Ausgangssituation des ausgewählten Landes. Anschließend kann sich der Spielende durch Anklicken der verschiedenen Bereiche genauer über die jeweilige Situation informieren. Die Spielenden haben dann die Möglichkeit, ihr Land zu „steuern“, indem pro Spielrunde eine gewisse Anzahl an Aktionspunkten, gleichbedeutend mit Kapital, Arbeitskraft, Rohstoffen oder Einluss, zur Verfügung gestellt wird. Die Aktionspunkte können in die Bereiche investiert werden, die über solche Investitionen direkt beeinlussbar sind: Sanierung, Produktion, Lebensqualität und Aufklärung. In die anderen Bereiche kann man keine Punkte investieren, sie werden indirekt über Investitionen bzw. Aktivitäten in den vier genannten Bereichen beeinlusst. Der Bereich der Produktion ist der einzige, der sich durch Einsatz von Aktionspunkten auch auf einen niedrigeren Ausgangszustand zurücksetzen lässt, d.h. die Produktion lässt sich drosseln. Hat man die Aktionspunkte verteilt, lassen sich durch Anklicken des Start-Buttons die Folgen der Investitionen bzw. Aktivitäten beobachten.

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Es erscheint ein Wirkungsgefüge, das zeigt, welche Ketten von Einlüssen und Rückwirkungen die getrofenen Entscheidungen durch die vorliegende Vernetzung auf das Land haben (siehe Darstellung 3.4). Anschließend erhält man einen kurzen Kommentar über die neue Situation des Landes, wie z.B.: „Die Lebensqualität ist leicht angestiegen. Ihren Leuten geht es etwas besser als im letzten Jahr.“

Darst. 3.4: Simulation der Rückwirkungen getrofener Entscheidungen

Des Weiteren sieht man, wie sich die neue Situation der jeweiligen Lebensbereiche auf die Handlungsfähigkeit für das nächste Haushaltsjahr auswirkt. Im Vergleich zwischen den unterschiedlichen Ländern erhält man im Industrieland „Kybernetien“ beispielsweise deutlich mehr Aktionspunkte als im Entwicklungsland „Kyborien“. Es werden Aktionspunkte zur Verfügung gestellt oder abgezogen, abhängig von der bewirkten Verbesserung oder Verschlechterung in den verschiedenen Bereichen. Durch farbige Hervorhebung wird die Aufmerksamkeit auf die Bereiche gelenkt, die sich stark verändert haben, und man kann sich über den neuen Zustand des jeweiligen Bereichs informieren und ihn mit dem Zustand der vorherigen Spielrunde vergleichen. Nach der Spielrunde sorgt gelegentlich ein Zufallsgenerator – in Form von „good news“ oder „bad news“ – für ein unerwartetes Ereignis, das einen Abzug von oder eine Zugabe zu den gerade vergebenen Aktionspunkten bewirkt. Die Spielenden haben anschließend die Möglichkeit, die getrofenen Entscheidungen zu analysieren, um im nächsten Jahr (d.h. in der nächsten Spielrunde) gegebenenfalls andere zu trefen oder die gewählte Strategie fortzusetzen.

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Um begründete Entscheidungen bei der weiteren Vergabe von Aktionspunkten trefen zu können, kann man im Bereich „Wirkung“ Informationen über das System und die Wechselwirkungen der vernetzten Bereiche, symbolisiert durch Pfeile, bekommen. Durch Anklicken der Wirkungspfade lässt sich ein Graph der mathematischen Funktion aufrufen, der die Beziehung zwischen zwei Bereichen darstellt, z.B. die Veränderung der Lebensqualität in Abhängigkeit von der Aufklärung. Die Anzahl der Spielrunden können die Spielenden selbst festlegen. Das Spiel endet dann automatisch und man erhält eine Bilanz, die über die Entwicklungen der verschiedenen Lebensbereiche während der Regierungszeit genauen Aufschluss gibt. Zum einen kann man sich durch Anwählen der verschiedenen Bereiche über den abschließenden Zustand informieren und einer Graik entnehmen, wie sich der Bereich im Laufe der Regierungszeit entwickelt hat. Zum anderen kann man eine Schlusssimulation ablaufen lassen, welche die Entwicklungen der acht Bereiche gemeinsam in einer Graik veranschaulicht. Unter Umständen endet das Spiel auch mit einem Staatsstreich, und zwar dann, wenn durch die Vergabe der Aktionspunkte eine besonders problematische Entwicklung in einem Bereich verursacht wurde, z.B. eine Bevölkerungsexplosion. Ein Staatsstreich zeigt, dass die Vernetzung der einzelnen Bereiche im Spielgeschehen nicht hinreichend beachtet wurde. Ziel ist es, nicht nur Einzelentwicklungen, sondern die verschiedenen Bereiche mit ihren Wechselwirkungen zu bedenken. Haben Spielende ihr Land in allen Lebensbereichen in einen guten Zustand geführt, so werden sie in den „Klub der kybernetischen Denker“ aufgenommen. Dies hat zur Folge, dass sie im Bereich „Stellwerk“ weitere Einstellungsmöglichkeiten zur Verfügung haben. Sie können beispielsweise die Ausgangssituationen der Lebensbereiche frei bestimmen oder die Wirkungsfunktion zwischen jeweils zwei Lebensbereichen beeinlussen. So ergeben sich immer wieder neue Spielsituationen, auf welche die Spielenden mit geeigneten Strategien reagieren sollen. 

Weitere Informationen zu der Simulation sind bei Vester (o.J.) zu inden. Für eine Lehrperson, die diese Simulationsumgebung in einer Unterrichtseinheit zum hema „Politische Entscheidungen und ihre Auswirkungen“ verwenden möchte, ergibt sich die Frage, wie sie ein solches Medienangebot in sinnvoller Weise in die Unterrichtsabläufe integrieren könnte und welche Ergänzungen durch eigene Medienbeiträge gegebenenfalls wünschenswert wären. Stellen Sie dazu bitte erste Überlegungen an. Um diese Frage weitergehend zu bearbeiten, bietet sich eine Auseinandersetzung mit folgenden Teilfragen an: (1) Welchen didaktischen Anforderungen sollten Lehren und Lernen mit Medien genügen? (2) Welche medialen Möglichkeiten bieten sich in verschiedenen Phasen von LehrLern-Prozessen an? (3) Welche Konsequenzen ergeben sich für die Vorbereitung eines Unterrichts mit Medien und die Gestaltung eigener Medienbeiträge? Die Bearbeitung dieser Fragen eröfnet die Möglichkeit einer fundierten Analyse und Einschätzung von Medienangeboten sowie einer angemessenen Vorbereitung von Unterricht mit Medien und einer begründeten Erstellung eigener Medienbeiträge.

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3.3.2 Didaktische Anforderungen an die Gestaltung von medienunterstützten Lehr-Lern-Situationen Prozesse, die auf Lernen und Entwicklung gerichtet sind, inden in der Schule in der Regel in Form des Unterrichts statt. Dieser wird üblicherweise weitgehend von einer Lehrperson gesteuert. Mit der Zeit haben sich allerdings auch andere Formen des Lernens und Arbeitens herausgebildet, z.B. Kreisgespräch, Freie Arbeit, Wochenplanarbeit, Projektarbeit, Werkstattunterricht und weitere Formen eigenständigen Arbeitens innerhalb oder außerhalb der Schule. Für Unterricht und andere Lern- und Arbeitsformen zeichnen sich nach unserer Aufassung folgende Tendenzen ab: (1) Angesichts vielfältiger Veränderungen in der außerschulischen Lebenswelt – insbesondere im Zusammenhang mit der Digitalisierung und Mediatisierung – wird die Notwendigkeit wachsen, dass Schule die Möglichkeit bietet, außerschulische Erfahrungen einzubringen, auszutauschen, zu besprechen und aufzuarbeiten. Die Nutzung unterschiedlicher Medienangebote außerhalb der Schule, z.B. zur Information, zum Lernen, zur Unterhaltung, zur Kommunikation oder zum sozialen Austausch, ist mit dem Erwerb von Wissen und Können, von Werthaltungen und Einstellungen sowie von sozialen Routinen und Praktiken verbunden, die als Lernvoraussetzungen mit in den Unterricht hineingetragen werden. Diese gilt es aufzunehmen und konstruktiv für die Gestaltung von Unterricht zu nutzen. Dazu eignen sich u.a. freie Formen des Erfahrungsaustausches und des Gesprächs, aber auch die unterrichtliche Nutzung bzw. Weiterentwicklung von Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Medien. Solche Formen sind zugleich Ausdruck von Entgrenzungsprozessen zwischen schulischer und außerschulischer Lebenswelt. (2) Die Möglichkeiten der Vernetzung werden verstärkt auch Arbeitsformen in den Fokus rücken, in denen unterrichtsbezogene Lernaktivitäten über netzbasierte Lernplattformen oder Kommunikationsumgebungen unterstützt und organisiert werden. Dazu zählen beispielsweise Formen, in denen speziische Lernaktivitäten vom Lernort Schule in den häuslichen Bereich verlagert werden, wo in Einzelarbeit oder in Lerngruppen netzbasiert Aufgaben bearbeitet werden, die eine wichtige Voraussetzung für die vertiefende oder weiterführende gemeinsame unterrichtliche Präsenzarbeit darstellen (siehe auch Abschnitt 3.1.3). Darüber hinaus können Lernprozesse als kooperative oder kollaborative Arbeitsform netzbasiert gestaltet werden. Dies wird in zunehmendem Maße auch in Verbindung mit der Verwaltung, Organisation und Bearbeitung von digitalen Lernmaterialien in persönlichen und gruppenbezogenen Arbeitsbereichen auf entsprechenden Plattformen geschehen. (3) Die Heterogenität von Interessenlagen bzw. Lernvoraussetzungen sowie die unter (2) genannten Lern- und Arbeitsformen werden dazu führen, dass die Fähigkeit zum selbsttätigen und selbstgesteuerten Arbeiten an Bedeutung gewinnt.

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Insbesondere im Kontext einer inklusiven Schule werden Lernaktivitäten noch stärker an individuelle Voraussetzungen angepasst werden müssen, um jedem Lernenden eine optimale Entwicklung seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten zu ermöglichen. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass Schülerinnen und Schüler nicht einheitlich mit Medienangeboten arbeiten, sondern mit niveaudiferenziert – nach speziischen Kriterien für kleinere Gruppen oder Einzelne – zusammengestellten Angeboten. Für solche Formen des personalisierten Lernens bieten digitale Medien vielfältige Möglichkeiten, Inhalte und Aufgaben, Darstellungsformen sowie Ablauformen und Interaktionsformen zu variieren. Abzuwarten bleibt in diesem Kontext, inwieweit sich Methoden der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens für die Diagnose von Lernständen und für die Adaption von Lernmaterialien im schulischen Alltag entwickeln und bewähren. Bei allen gegebenen Möglichkeiten sollte die selbsttätige Arbeit allerdings nicht dazu führen, dass Lernen vorwiegend oder gar nur noch individuell verläuft. Das wäre aus pädagogischer Sicht nicht sinnvoll, u.a. weil (a) eine auf Verantwortung zielende Entwicklung der personalen Begegnung und der sozialen Interaktion bedarf, (b) Lern- und Arbeitsformen die Möglichkeit bieten sollen, soziale Bedürfnisse einzubringen, und (c) die Schule auch eine ausgleichende Funktion im Hinblick auf Vereinzelungs- und Individualisierungstendenzen im außerschulischen Bereich hat. (4) Vor dem Hintergrund obiger Überlegungen kann man davon ausgehen, dass Lernen und Entwicklungsförderung auch in der Schule der Zukunft über weite Strecken im sozialen Rahmen von Lerngruppen unter Anregung und Unterstützung durch eine Lehrperson, d.h. als Unterricht, stattinden werden. Diese Grundposition schließt keineswegs aus, sondern ein, dass Medien zur Anregung und Unterstützung von Lernprozessen verwendet und individuelle Lernphasen – gegebenenfalls medienunterstützt und auch an unterschiedlichen Lernorten – im Rahmen sozial eingebetteter Lernprozesse eingeplant werden. Damit erweitern und verändern sich die Aufgaben von Lehrpersonen; ihre Ersetzung durch algorithmisch gesteuerte Prozesse des Lehrens ist aber weder pädagogisch wünschenswert, noch zu befürchten. Lernen als eine zentrale Bedingung von Bildung wird weiterhin auf die relexive Auseinandersetzung mit der dinglichen und sozialen (Um-)Welt in sozialen Kontexten angewiesen sein. (5) Neben oder im Zusammenhang mit den oben genannten Lern- und Arbeitsformen wird es in der Schule der Zukunft vielfältige Aktivitäten des Schullebens geben. Diese können von der Anlage und Betreuung eines Schulgartens bis zur Vorbereitung und Durchführung von Schulfesten reichen. Solche Aktivitäten lassen sich zum Teil in Form von Projekten durchführen. Allerdings können auch die unter (2) angesprochenen Formen des Lernens in projektartiger Weise gestaltet werden. Projekte und Unterricht lassen sich dabei mit medienpädagogischen Intentionen verbinden (siehe Abschnitt 8.2).

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Während bei der freien Form des Erfahrungsaustausches und des Gesprächs [gemäß (1)] vor allem die außerschulische Mediennutzung in den Blick gerät, spielt die schulische Verwendung von Medien vor allem beim Lernen in Blended LearningZusammenhängen [gemäß (2)], beim selbsttätigen Lernen [gemäß (3)] und im Unterricht [gemäß (4)], aber auch bei Projekten [gemäß (5)] eine bedeutende Rolle. Wenn sich die schulbezogenen Formen des Lernens und Arbeitens auch im Laufe der Zeit und im Zusammenhang mit der Mediatisierung und Digitalisierung verändert haben und weiter verändern werden, bleibt doch die didaktische Grundanforderung bestehen, Lernprozesse so zu gestalten, dass Kompetenzerwerb und Persönlichkeitsentwicklung von Lernenden bestmöglich angeregt und unterstützt werden. Ausgehend von einer Deutung von Lernprozessen als Handlungsprozessen (siehe Einleitung zu Kapitel 3) und unter Auswertung der didaktischen und pädagogisch-psychologischen Literatur, lassen sich für Unterricht generell – und damit auch für Unterricht mit Medien – folgende Grundsätze formulieren (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Blömeke 2017, S. 156f.): (1) Unterricht soll von einer – für die Lernenden bedeutsamen – Aufgabe ausgehen. Die Aufgabenstellung soll dazu anregen, vorhandene Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen zu aktivieren und – bei einem angemessenen Schwierigkeitsgrad – bewusst zu machen, dass es notwendig ist, Neues zu lernen, um die Aufgabe lösen zu können. (2) Unterricht soll die Möglichkeit eröfnen, dass sich die Lernenden in entwicklungsgemäßer Weise an der Planung des Unterrichts beteiligen. Dazu soll eine Verständigung über Ziele, Fragestellungen und Vorgehensweise erfolgen. (3) Unterricht soll darauf gerichtet sein, Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen zu einem hemengebiet in aktiver und kooperativer Auseinandersetzung mit einem Inhalt zu erweitern, auszudiferenzieren und falls nötig zu korrigieren oder aufzubauen – und dies gegebenenfalls in binnendiferenzierter Weise. (4) Unterricht soll dazu führen, dass Lernende neues Wissen und Können sowie gegebenenfalls modiizierte Einstellungen bei der Lösung bedeutsamer Aufgaben einsetzen und erproben. (5) Unterricht soll den Vergleich unterschiedlicher Lösungen ermöglichen sowie eine Systematisierung und Anwendung angemessener Kenntnisse und Vorgehensweisen sowie deren Weiterführung und Relexion. Im Zusammenhang dieser Forderungen ist es besonders wichtig, geeignete Aufgabenstellungen zu wählen. Solche Aufgaben können Erkundungsaufgaben, Probleme, Entscheidungsfälle, Gestaltungs- und Beurteilungsaufgaben sein. Eine Erkundungsaufgabe kann z.B. darin bestehen, wichtige hesen und Forschungsergebnisse zum hema Gewalt in Schulen zusammenzutragen und zu dokumentieren. Ein Problem ergibt sich z.B. mit der Aufgabe, für die Produktion einer Campingbox aus Aluminium anzugeben, bei welchem Verhältnis von Höhe, Breite und Tiefe der größte Stauraum und gleichzeitig der geringste Materialverbrauch erzielt werden

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können. Ein Entscheidungsfall ist z.B. gegeben, wenn Jugendliche sich in die Rolle der Geschäftsleitung eines Betriebes versetzen, in dem verschiedene Maßnahmen zu beschließen sind, um Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze zu sichern. Eine Gestaltungsaufgabe liegt z.B. vor, wenn sich eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern entschließt, eine Schulzeitung zu produzieren. Eine Beurteilungsaufgabe besteht z.B. darin, eine Literaturverilmung zu analysieren und nach inhaltlichen und formalen Kriterien zu bewerten. Auf der Basis der skizzierten Forderungen bietet sich folgende idealtypische Strukturierung des Unterrichts im Sinne einer handlungs- und entwicklungsorientierten Didaktik an (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Blömeke 2017, S. 170f.): – Aufgabenstellung, Sammeln und Problematisieren spontaner Lösungsvermutungen, – Zielvereinbarung und Bedenken der Bedeutsamkeit, – Verständigung über das Vorgehen, – Erarbeitung von Grundlagen für die Aufgabenlösung, – Durchführung der Aufgabenlösung, – Vergleich von Lösungen und Zusammenfassung des Gelernten, – Einführung von Anwendungsaufgaben und deren Bearbeitung, – Weiterführung und Bewertung des Gelernten und der Lernwege. Im Rahmen solcher Abläufe bieten sich verschiedene mediale Möglichkeiten an, um wünschenswerte Lernprozesse anzuregen und zu unterstützen. 3.3.3 Möglichkeiten medialer Anregung und Unterstützung in verschiedenen Phasen von Lehr-Lern-Prozessen Nimmt man zunächst die Phase der Aufgabenstellung in den Blick, lässt sich Folgendes feststellen: Erkundungsaufgaben, Probleme, Entscheidungsfälle, Gestaltungsoder Beurteilungsaufgaben können z.B. mit Rückgrif auf Filme, Bilder, Tonbeiträge, schriftliche Texte oder Simulationsprogramme oder mit Unterstützung verschiedener Werkzeuge eingeführt werden: – So kann die Erkundungsaufgabe zum hema Gewalt in der Schule durch einen Filmbeitrag, etwa aus einer Fernsehdokumentation, mit einer Fallschilderung angeregt werden. – Die Auseinandersetzung mit dem Problem, eine Campingbox möglichst materialsparend zu produzieren, lässt sich mit Hilfe eines kurzen Videobeitrags zum nachhaltigen Umgang mit Rohstofen motivieren. – Der Entscheidungsfall, in der Rolle der Geschäftsleitung eines Betriebes verschiedene Maßnahmen zur Wettbewerbs- und Arbeitsplatzsicherung zu beschließen, kann den Lernenden über eine kurze digitale Präsentation nahegebracht werden. – Die Vorstellung interessanter Texte und Bilder aus verschiedenen Schulzeitungen, die im Internet verfügbar sind, lässt sich nutzen, um eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern anzuregen, selbst eine Schulzeitung zu planen.

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– Ausgewählte Ausschnitte aus einer Literaturverilmung können dazu dienen, die Frage zu provozieren, wie es Regisseurinnen und Regisseuren sowie dem Kamerateam gelingt, dass die Zuschauer bestimmte Personen sympathisch inden und gegenüber anderen Personen Aversionen entwickeln, und wie dies – auch mit Blick auf die literarische Vorlage – zu beurteilen ist. Von solchen Präsentationen ausgehend, sollten im personal geführten Gespräch in der jeweiligen Lerngruppe spontane Lösungsvermutungen gesammelt und gegebenenfalls notiert sowie im Hinblick auf die mit ihnen verbundenen Fragen problematisiert werden. In der Phase der Zielvereinbarung sollten die Ziele der Unterrichtseinheit oder des Projekts im personal geführten Gespräch festgelegt und ihre gegenwärtige oder zukünftige Bedeutung bedacht werden. Wenn es sich als sinnvoll erweist, können die Ziele mit medialer Unterstützung festgehalten werden. Die Phase der Verständigung über das Vorgehen sollte im Wesentlichen dem personal geführten Gespräch in der Lerngruppe vorbehalten bleiben. Dabei geht es darum, Fragen zusammenzutragen, die für die Bearbeitung der Aufgabe wichtig sind, und geeignete Vorgehensweisen abzustimmen. Der Vorgehensplan lässt sich – die Planungsphase abschließend – festhalten, sodass sich alle Beteiligten über die Arbeitsschritte und die von ihnen übernommenen Aktivitäten jederzeit wieder informieren können. Dies ist besonders bei projektorientiertem Lernen – wie etwa der Erstellung einer Schulzeitung – wichtig. Unter Umständen kann die Planungsphase auch mit geeigneter Software, z.B. zur Steuerung eines Projekts, unterstützt werden. In der Phase der Erarbeitung von Grundlagen für die Aufgabenlösung können unter Nutzung von Medien Informationen abgerufen bzw. erarbeitet werden. Als Informationsquellen oder Lernhilfen lassen sich z.B. Filme, Bilder, Tonbeiträge, schriftliche Texte oder Werkzeuge verwenden: – Für Erkundungen zur Frage der Gewalt in der Schule können mit Hilfe einer Suchmaschine im Internet Informationen, z.B. über einschlägige Portale oder Webseiten öfentlicher Bibliotheken, recherchiert werden (vgl. z.B. Wachs et al. 2016). – Zur Bearbeitung des Campingbox-Problems lassen sich ergänzend zu einem Mathematikbuch Erläuterungen zur Lösung von Extremwertproblemen sowie Beispielaufgaben aus Internetportalen nutzen (vgl. z.B. Rapp 2017). – Im Entscheidungsfall einer Geschäftsleitung kann mit Hilfe entsprechender Quellen der potenzielle Einluss verschiedener betrieblicher Maßnahmen auf Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze erarbeitet werden (vgl. z.B. Blötz 2015). – Für die Herstellung einer Schulzeitung lassen sich inhaltliche und formale Kriterien für die Gestaltung einzelner Beiträge und für das Layout mit Hilfe von Informationen aus Internetportalen oder Printmedien erarbeiten (vgl. z.B. Jugendpresse Deutschland e.V. o.J.; Blana, Hedler u. Ott 2018).

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– Zur Vorbereitung der Analyse und Bewertung einer Literaturverilmung können mit Hilfe entsprechender Informationsquellen ilmsprachliche Möglichkeiten von Kamera, Inszenierung und Montage zusammengestellt werden (vgl. z.B. Wacker 2017). Die erarbeiteten Informationen lassen sich dann – als Grundlage für die Aufgabenlösung – festhalten und für alle Nutzerinnen und Nutzer verfügbar halten. Die Erarbeitung von Grundlagen kann unter Umständen auch mit Hilfe speziischer Materialien – je nach vorhandenen Bedingungen teilweise oder sogar vollständig – an einem außerschulischen Lernort erfolgen (lipped classroom). Dazu können auf einer schulischen Lernplattform bzw. einem Learning- oder Content-ManagementSystem zur Verfügung gestellte oder als freie Ressourcen im Netz verfügbare Materialien genutzt werden. Allerdings sollte in diesem Fall sichergestellt sein, dass die Lernenden über angemessene Fähigkeiten der Selbststeuerung verfügen oder ergänzende Unterstützung erhalten. In der Phase der Aufgabenlösung geht es um das selbstständige „Umdenken“ der erarbeiteten Grundlagen auf die eingangs gestellte Aufgabe. Dies kann in Einzel-, in Partner- oder in Kleingruppenarbeit geschehen. Dabei lassen sich u.U. digitale Werkzeuge oder Präsentationshilfen verwenden: – Wichtige Erkundungsergebnisse zur Frage der Gewalt an Schulen können mit Hilfe eines Textverarbeitungs- und eines Graikbearbeitungsprogramms strukturiert und zusammengestellt werden. – Die Berechnung des optimalen Verhältnisses von Höhe, Breite und Tiefe einer Campingbox kann durch eine interaktive Tafel (Whiteboard) unterstützt werden, indem dort Rechenwege demonstriert und Funktionsverläufe mit Hilfe eines entsprechenden Programms visualisiert werden. – Für den Entscheidungsfall zur Betriebsführung lässt sich ein Simulationsprogramm nutzen, durch das der wechselseitige Einluss verschiedener Maßnahmen auf die Betriebssituation simuliert wird. – Bei der Herstellung einer Schulzeitung können mit Hilfe eines Textverarbeitungssystems und eines Bildbearbeitungs- und eines Graikprogramms die einzelnen Beiträge entworfen, redigiert und in ein geeignetes Layout eingefügt werden. – Die Filmanalyse und Filmbeurteilung lassen sich – sofern das Filmmaterial digitalisiert vorliegt – mit Hilfe entsprechender Software für Videoschnitt und -bearbeitung durchführen. Gegebenenfalls sind urheberrechtliche Bestimmungen zu beachten. Einzelne Einstellungen können als Lauf- oder Stehbild gegenseitig zugespielt, Einschätzungen dazu ausgetauscht und zur Demonstration von Analyseergebnissen genutzt werden. Wichtig ist in dieser Phase, dass die Computerprogramme nur Werkzeugfunktion übernehmen und inhaltliche Medienangebote nur als Gegenstand der Analyse dienen, sodass die eigentliche Aufgabenlösung selbstständig erarbeitet wird. Diese sollte dann dokumentiert und für die Präsentation in medialer Form aufgearbeitet werden.

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In der Phase des Vergleichs und der Zusammenfassung können die dokumentierten Aufgabenlösungen den anderen Mitgliedern der Lerngruppe zunächst präsentiert und dann personal kommentiert werden. Für den Vergleich und die Zusammenfassung ist das personal geführte Gespräch in der Lerngruppe sinnvoll und wünschenswert. Zusammenfassende Aussagen lassen sich abschließend festhalten bzw. für alle medial dokumentieren. Die Präsentation von Ergebnissen kann durch interaktive Whiteboards oder Beamer unterstützt werden, die sich gegebenenfalls durch die Lernenden mit ihren mobilen Endgeräten über ein lokales Netz direkt ansteuern lassen (vgl. z.B. Krommer 2014) In der Phase der Anwendung können – ähnlich wie in der Phase der Aufgabenstellung – interessante Anwendungsaufgaben mit Hilfe von Filmen, Bildern, Tonbeiträgen, schriftlichen Texten oder Simulationsprogrammen eingeführt werden. Die Bearbeitung der Aufgaben sollte dann allerdings selbstständig durch die Lernenden geleistet werden, wobei Computerprogramme wieder als Werkzeuge bei der Aufgabenlösung oder für die Erstellung von Präsentationen der Ergebnisse und inhaltliche Medienangebote als Gegenstand der Analyse dienen können. Rückmeldungen zu den Aufgabenlösungen lassen sich anschließend im personal geführten Gespräch geben. In der Phase der Weiterführung und Bewertung sind zunächst im personal geführten Gespräch Fragen zusammenzustellen, welche die Lernenden im Zusammenhang des hemas noch interessieren. Gegebenenfalls können zu den Fragen Informationen aus verschiedenen medialen Quellen abgerufen werden. Ansonsten ist die personal geführte Diskussion für weiterführende Fragen wünschenswert. Die abschließende Relexion und Bewertung des Gelernten und des Lernweges sollten dem personal geführten Gespräch überlassen bleiben. Dabei sollte auch die Verwendung der genutzten medialen Angebote selbst zum Gegenstand der Relexion gemacht werden. Mit diesen Hinweisen sollten verschiedene Möglichkeiten der Unterstützung von Unterricht durch digitale Medien aufgezeigt werden. Dabei sind zum Aufweis der Möglichkeiten besonders viele Funktionen benannt worden, die prinzipiell mit medialen Möglichkeiten wahrgenommen werden könnten. Solche Funktionen sind: Präsentation von Aufgabenstellungen, Instrument der Planung, Informationsquelle, Lernanregung bzw. Lernhilfe, Werkzeug für die Erschließung von Informationen, Werkzeug für die Be- und Verarbeitung von Daten, Gegenstand von Analysen, Bereitstellung von Materialien für die eigenständige Bearbeitung, Instrument der Kommunikation und Kooperation, Instrument der Speicherung und der Präsentation von Arbeitsergebnissen. Die Fülle der Möglichkeiten soll allerdings nicht suggerieren, dass in einer Unterrichtseinheit möglichst viele Funktionen von Medien übernommen werden müssten bzw. sollten. Im konkreten Fall muss über die Medienverwendung im Zusammenhang von Zielen, Inhalten, Lernvoraussetzungen, angestrebten Lernaktivitäten und Lehrhandlungen sowie gewünschten Sozialformen entschieden werden. Dabei wird es zum Teil auch große Unterschiede

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zwischen der Medienverwendung in der Grundschule, der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II geben. Mit den obigen Überlegungen ist deutlich geworden, dass die Verwendung von Medienangeboten für das Lehren und Lernen einen Prozess darstellt, der einer sorgfältigen didaktischen Relexion bedarf. Auf der Grundlage einer entsprechenden Relexion können die besonderen Vorzüge der Medienverwendung in pädagogisch sinnvoller Weise zur Geltung kommen. Vor allem für digitale Medien lassen sich zusammenfassend folgende Potenziale nennen (vgl. Herzig 2017): – Orts-, zeit- und raumunabhängiges Lernen: Mit Hilfe digitaler Medien ist der rasche Zugrif auf Arbeitsmaterialien unabhängig von Orten ihrer physikalischen Speicherung und unabhängig von der lokalen Anwesenheit der Lernenden möglich. Darüber hinaus wird der Zugrif zunehmend nicht mehr durch die Zugehörigkeit zu bestimmten Institutionen oder Organisationen oder durch zeitliche Restriktionen reguliert. – Lernen mit multicodal und multimodal gestalteten Angeboten: Multimediale Angebote sind in verschiedenen Zeichensystemen codiert und sprechen unterschiedliche Sinnesmodalitäten an; die unterrichtlichen Angebote umfassen unterschiedliche mediale Darstellungsformen, z.B. Texte, Graiken, Bilder, Tondokumente, Videoilme, Programme, Animationen, Simulationen. – Personalisiertes Lernen mit adaptiven Lernangeboten: Digitale Medien sind in gewissen Graden anpassungsfähig an die Lernvoraussetzungen der Nutzenden. Dies geschieht zum einen durch die Möglichkeit, bedürfnis- und kenntnisorientiert eigene Lernwege festzulegen und Lernmaterialien auszuwählen, zum anderen durch systemgenerierte Hilfestellungen oder Materialien. – Bearbeitung von und Arbeit mit Lernobjekten: Multimedia-Angebote ermöglichen die Bearbeitung und kreative Umgestaltung vorhandener Lernmaterialien, z.B. in Form von Bild- und Tonbearbeitung. Darüber hinaus können mit digitalen Medien virtuelle Räume geschafen werden, die virtuelle Erkundungen ermöglichen oder das virtuelle Agieren mit darin beindlichen Objekten, z.B. im simulierten Umgang mit gefährlichen Stofen in einem Experiment im virtuellen Labor. Die verschiedenen Interaktions- und Steuerungsarten erlauben auch Erweiterungen von digitalen Materialien, z.B. durch das Annotieren oder durch das Einfügen von Verweisen auf andere Materialien. – Feedback zum Lernen: Die Interaktionen mit digitalen Medienangeboten, z.B. in Form der Eingabe von Texten, von Drag-and-Drop-Aktionen, durch das Ausfüllen von Skripts o.ä., führen zu Rückmeldungen des Systems, die den Lernenden Entscheidungshilfen für weitere Lernaktivitäten geben. Diese Möglichkeiten spielen z.B. in adaptiven oder tutoriellen Systemen eine Rolle (siehe Abschnitt 3.1), aber auch in Lernangeboten, in denen auf bestimmte Aktionen eine unmittelbare Rückmeldung erfolgt (z.B. in einem einfachen Übungsprogramm oder in einem komplexen Planspiel bzw. in einer Simulationsumgebung). Darüber hinaus kann

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in softwareunterstützen Prüfungen (e-Assessment) oder computerbasierten Kompetenztests eine direkte Rückmeldung zum Lernstand erfolgen. – Kommunikation und Kooperation beim Lernen: Digitale Anwendungen bieten die Möglichkeit, z.B. über bestimmte Internet-Dienste, mit Anderen in Verbindung zu treten und mit ihnen zu kommunizieren (z.B. E-Mail, Chat, Newsgroup, Blog, Wiki, Videokonferenz) oder gemeinsam an bestimmten Aufgaben zu arbeiten (z.B. über Lernplattformen, Learning-Management-Systeme usw.). Hier ergeben sich insbesondere Möglichkeiten, Lernorte miteinander zu verbinden, z.B. im Sinne von lipped classroom-Szenarien als Formen des Blended Learning. – Lernen in angereicherten (augmented reality) und immersiven Lernumgebungen: Mit Hilfe digitaler Medien lassen sich analoge Medien, z.B. Schulbücher, durch digitale Informationen und Lernangebote – z.B. kurze Videosequenzen, Animationen oder Texte als Originalquellen – anreichern, die z.B. über eine App auf einem Tablet aufgerufen werden können. In immersiven Lernumgebungen können Lernende direkt oder durch die Nutzung von Avataren Lernaktivitäten durchführen. Durch dreidimensionale Darstellungen oder die Verwendung spezieller (Video-)Brillen oder sogenannter Datenbrillen lassen sich die Grade der Immersion unterschiedlich gestalten. Beispiele solcher Anwendungen sind Laborexperimente oder digitale Lernspiele. Bei allen möglichen Vorzügen der Verwendung von digitalen Medienangeboten ist allerdings wichtig, dass diese direkte Erfahrungen und direkte personale Kommunikation nicht verdrängen. Insofern bedürfen die Konzeption von digitalen Medien und ihre Verwendung einer besonderen pädagogischen Verantwortung im Hinblick auf den Entwicklungsstand der Lernenden. 3.3.4 Planung und Gestaltung von medienunterstützten Lehr-Lern-Situationen Auch wenn mitunter suggeriert wird, zeitgemäßer Unterricht sei erst dann gut, wenn auch digitale Medien zur Anwendung kommen, sollten bei der Unterrichtsplanung die Lernenden und ihre Lernprozesse (und nicht die Medien) den Ausgangspunkt der Überlegungen bilden. Demgemäß kommt es bei der Unterrichtsplanung darauf an, vor dem Hintergrund des jeweiligen hemas und damit verbundener Ziele von anzunehmenden Lernvoraussetzungen und wünschenswerten Lernaktivitäten auszugehen. Auf dieser Grundlage kann dann überlegt werden, mit welchen medialen Möglichkeiten sich die angestrebten Lernaktivitäten anregen und unterstützen lassen. Bei solchen Planungsüberlegungen können zwei Fälle unterschieden werden: zum einen kann geplant werden, auf ein vorhandenes Medienangebot zurückzugreifen, zum anderen kann es sich als notwendig erweisen, einen eigenen Medienbeitrag zu erstellen. Sollen vorhandene Angebote genutzt werden, steht die Lehrperson vor der Aufgabe, nach infrage kommenden Möglichkeiten zu suchen und ausgewählte Angebote zu

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analysieren sowie hinsichtlich ihrer Eignung nach bestimmten Kriterien bzw. im Hinblick auf wünschenswerte Eigenschaften zu beurteilen. Dies sollte im Rahmen der Planung eines Unterrichtszenarios geschehen, in das sich medienunterstützte Lehr-Lern-Aktivitäten integrieren lassen. Insofern stellt sich eine „Passungsaufgabe“, die darin besteht, die im vorliegenden Medienangebot implizit oder explizit angelegten didaktischen Entscheidungen und die damit verbundenen Auswirkungen mit der Gestaltung des Unterrichts zu einem stimmigen didaktischen Gesamtkonzept zusammenzuführen. Im Unterschied dazu liegen mediale Entscheidungen bei der eigenen Erstellung von Medienbeiträgen allein in der Hand der Lehrperson, so dass eine Passung zwischen dem Medienangebot und der didaktischen Gestaltung des gesamten Unterrichts nicht von bereits getrofenen (Gestaltungs-)Entscheidungen abhängt. Diese Überlegungen beziehen sich zwar vorrangig auf inhaltlich vorstrukturierte Medienangebote; sie gelten im Grundsatz allerdings auch für die Auswahl von Werkzeugen. Dabei kann es unter Umständen notwendig werden, bestimmte Anpassungen vorzunehmen, z.B. bei der Nutzung von Learning-Management-Systemen, wenn Lernräume für Gruppen und Einzelne koniguriert und/oder Rechte für bestimmte Aktivitäten (Lesen, Schreiben, Upload, Download usw.) für die jeweilige Unterrichtssituation vergeben werden müssen. Während die Auswahl von vorhandenen Medienangeboten angesichts der Fülle von Möglichkeiten, die oline oder online zur Verfügung stehen, zunehmend schwieriger wird, stellt die eigene Gestaltung komplexerer digitaler Angebote für Lehrpersonen eher die Ausnahme dar. Dies hängt zum einen mit dem zeitlichen oder inanziellen Aufwand zusammen, zum anderen aber auch mit erforderlichen speziischen Kompetenzen, die nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden können. So konzentriert sich die eigene Gestaltung in der Regel eher auf die Erstellung digitaler Präsentationen und Arbeitsmaterialien oder kleinerer Videoilme oder Audio-Podcasts. Mittlerweile lassen digitale Werkzeuge allerdings auch eine „niederschwellige“ Gestaltung von weiteren Angeboten zu, beispielsweise von Webquests oder von Aufgabenpräsentationen im Plenum mit unmittelbarer Rückmeldung der Lernenden über mobile Endgeräte (sogenannte Classroom-Response-Systeme). Eigene Medienerstellungen können und sollten auch unter Beteiligung von oder in Zusammenarbeit mit Lernenden durchgeführt werden. In bestimmten Zusammenhängen, z.B. Darstellung von Lernergebnissen, liegt es ohnehin nahe, die Verantwortung dafür ganz an die Schülerinnen und Schüler zu übertragen. Nutzung vorhandener Medienangebote Bei der alltäglichen Vorbereitung eines Unterrichts mit Medienverwendung werden Medienentscheidungen in der Regel im Rahmen naheliegender Möglichkeiten intuitiv getrofen. Dennoch sollten in exemplarischen Fällen – z.B. in der Aus- oder Fortbildung – wichtige Aspekte der Medienwahl ausdrücklich bedacht werden,

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auch um den Blick bei den eher intuitiven alltäglichen Entscheidungen zu „schärfen“. Zunächst stellt sich bei der Medienverwendung die Aufgabe – im Rahmen der Gesamtplanung für den Unterricht – eine gezielte Vorauswahl zu trefen. Dazu können vier Fragen dienen: (1) Um welches hema und um welche Ziele soll es in dem zu planenden Unterricht gehen? (2) Welche Lernvoraussetzungen sind zu erwarten und welche Lernaktivitäten sind wünschenswert? (3) Welche Lernaktivitäten können gegebenenfalls durch Medien angeregt und/ oder unterstützt werden? (4) Welche Eigenschaften sollte ein entsprechendes Medienangebot aufweisen, z.B. hinsichtlich Darstellungs-, Gestaltungs- und Ablauformen, und welche Medien- bzw. Gestaltungsarten kommen demnach in Betracht? Wenn es beispielsweise das Ziel eines Unterrichts ist, die Entstehung des natürlichen Treibhausefekts zu vermitteln, und die Schülerinnen und Schüler über Grundbegrife wie Kohlendioxid, Kohlenwasserstof und Wasserdampf verfügen, dann könnte eine wichtige Lernaktivität darin bestehen, eine Vorstellung von den Zusammenhängen bei der Entstehung des natürlichen Treibhausefektes zu entwickeln. So läge die Suche nach einem Medienangebot nahe, mit dem solche Zusammenhänge anschaulich und gut nachvollziehbar dargestellt werden. Dafür sollte das zu wählende Medienangebot folgende Eigenschaften haben: – Darstellungsform: graische Darstellung oder Animation, – Gestaltungsform: Infograik (mit verschiedenen Schritten des Prozesses) oder Trickilm, – Ablauform: linear oder responsiv. Auf der Basis dieser Überlegung kommen als Medien- bzw. Gestaltungsarten eine Computergraik (als digitale Präsentationsfolie oder als netzbasiertes Angebot) oder eine Computeranimation in Betracht. Nach solchen Klärungen kann man nun im Internet bzw. in entsprechenden Katalogen, z.B. im Katalog eines nahe gelegenen Medienzentrums, nach geeigneten Medienangeboten Ausschau halten. Wenn ein geeignet erscheinendes Medienangebot vorausgewählt wurde, ist eine genauere Prüfung zu empfehlen. Diese kann an folgenden Analyse- und Bewertungssowie Entscheidungsfragen orientiert sein, wobei diese Fragen allgemein (und nicht nur auf das Beispiel bezogen) formuliert sind: Analyse- und Bewertungsfragen: (1) Welche Inhalte werden durch das mediale Angebot im Detail präsentiert und sind diese sachlich korrekt? (2) Welche Gestaltungsmöglichkeiten werden im Einzelnen verwendet (Codierungsarten/Sinnesmodalitäten/Darstellungsformen/Gestaltungstechniken/Ablaufor-

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men/Gestaltungsformen) und sind diese geeignet, die gewünschten Lernaktivitäten anzuregen oder zu unterstützen? (3) Welche Lernvoraussetzungen müssen für ein angemessenes Verständnis im Detail gegeben sein und sind diese bei der Lerngruppe vorhanden? (4) Welche Zielvorstellungen sind mit dem medialen Angebot im Einzelnen verbunden und sind diese mit den angestrebten Zielen vereinbar? (5) Welche (implizite) didaktische Struktur – einschließlich lerntheoretischer Aspekte – weist das mediale Angebot gegebenenfalls auf und ist diese mit dem geplanten Unterricht in Einklang zu bringen? Entscheidungsfragen: (1) Für welche Phase(n) des Unterrichts (z.B. gemäß Abschnitt 3.3.3) soll das mediale Angebot oder sollen Teile davon – unter Berücksichtigung der Überlegungen zu den Analyse- und Bewertungsfragen – Verwendung inden? (2) Welche Funktion(en) (gemäß Abschnitt 3.3.3) soll(en) mit dem medialen Angebot in der jeweiligen Unterrichtsphase wahrgenommen werden? (3) In welcher Sozialform soll das mediale Angebot verwendet werden? (4) Wie sollte der Unterricht unter Einbezug des ausgewählten Mediums im Detail gestaltet werden? (5) An welchen Stellen sollte die Medienverwendung mit den Schülerinnen und Schülern relektiert werden? Die Planungen hinsichtlich der Medienverwendung sollten schließlich noch durch Relexionen zu zwei Fragen „abgerundet“ werden: (1) Welche Einlüsse (und Nebenwirkungen) sind von der Medienverwendung in Bezug auf den Lernprozess und das Lernergebnis zu erwarten? (2) Wie sind die Einlüsse (und mögliche Nebenwirkungen) zu bewerten: unter dem Aspekt themenspeziischer Zielvorstellungen sowie unter dem Aspekt übergreifender Zielvorstellungen? Auf der Basis solcher Analysen, Bewertungen, Entscheidungen und Relexionen kann eine sinnvolle Integration von vorhandenen Medienangeboten in den Unterricht vorgenommen werden. Allerdings setzt dies voraus, dass die ins Auge gefassten Medienangebote auch aus urheberrechtlicher Sicht verwendet werden dürfen. Für Medienangebote, die für den schulischen Einsatz entwickelt wurden (einschließlich speziischer Angebote des Schulfunks und des Schulfernsehens), ist dies in der Regel unproblematisch. Für die Nutzung von Softwareangeboten, z.B. Standardprogrammen oder Lernsoftware, gibt es jeweils Lizenzbedingungen, die eine kostenfreie oder kostenplichtige Verwendung in einzelnen Klassen oder innerhalb der Schule erlauben. Darüber hinaus können viele andere Medienangebote – von Zeitungen und Zeitschriften über Rundfunk- und Fernsehbeiträge bis zu Angeboten im Internet – zunächst einmal einen potenziell reichen Fundus für die unterrichtliche Verwendung darstellen. Die praktische Nutzung ist aber durch den urheberrechtlichen Schutz der

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Materialien (die in diesem Fall als schutzwürdige Werke gelten) eingeschränkt – nach dem Grundsatz „alle Rechte vorbehalten“. Dies bedeutet, dass die – über das Lesen bzw. die bloße Rezeption hinausgehende – Nutzung der Beiträge grundsätzlich einer Zustimmung durch die Urheber bedarf (vgl. z.B. Haubner u. Hoyer 2016, S. 10f.). Eine Ausnahme bilden gemäß Urheberrechtsgesetz allerdings Verwendungen, bei denen Lehrpersonen urheberrechtlich geschützte Werke in geringem Umfang oder einzelne Beiträge aus Zeitungen und Zeitschriften für unterrichtliche Zwecke nutzen. Aber auch diese Ausnahme schaft in vielen Fällen keine Klarheit und ist mit juristischen Detailfragen verbunden, die von Lehrpersonen nicht immer eingeschätzt oder gar geklärt werden können (zu Fallbeispielen vgl. Muuß-Meerholz 2018, S. 26f., S. 133f.). Daher sind im Bildungskontext – neben den für den Schulbereich hergestellten Medien – vor allem Materialien interessant, deren Urheber ihre Werke mit einer sogenannten freien Lizenz versehen haben. Open Educational Ressources Unter die sogenannten ofenen Bildungsmaterialien fallen solche, die unter einer Lizenz stehen, die eine freie Nutzung (je nach Lizenzart gegebenenfalls mit einzelnen Einschränkungen) erlaubt. Der Grundsatz, dass alle Rechte vorbehalten sind, wird durch den Grundsatz der freien Verwendung ersetzt, die allerdings durch einzelne Rechte eingeschränkt oder mit Aulagen versehen sein kann. Dieser Grundsatz eröfnet viele Freiheiten und Möglichkeiten für die unterrichtliche Nutzung, ohne dass eine Genehmigung durch den Urheber eingeholt werden muss. Die mit einer ofenen Lizensierung verbundenen Rechte kennzeichnet Muuß-Meerholz (2018) in Übersetzung der Arbeiten von Wiley folgendermaßen: „1. Verwahren/Vervielfältigen – das Recht, Kopien des Inhalts anzufertigen, zu besitzen und zu kontrollieren (zum Beispiel Download, Speicherung und Vervielfältigung) 2. Verwenden – das Recht, den Inhalt in unterschiedlichen Zusammenhängen einzusetzen (z.B. im Klassenraum, in einer Lerngruppe, auf einer Website, in einem Video) 3. Verarbeiten – das Recht, den Inhalt zu bearbeiten, anzupassen, zu verändern oder umzugestalten (z.B. einen Inhalt in eine andere Sprache zu übersetzen) 4. Vermischen – das Recht, einen Inhalt im Original oder in einer Bearbeitung mit anderen ofenen Inhalten zu verbinden und aus ihnen etwas Neues zu schafen (z.B. beim Einbauen von Bildern und Musik in ein Video) 5. Verbreiten – das Recht, Kopien eines Inhalts mit anderen zu teilen, im Original oder in eigenen Überarbeitungen (z.B. einem Freund eine Kopie zu geben oder online zu veröfentlichen)“ (S. 42f.).

Die am häuigsten zu indenden freien Lizenzen sind die sogenannten CC-Lizenzen (Creative Commons). Je nach Lizenzform sind die unter diesen Lizenzen stehenden Materialien ohne Einschränkungen frei verwendbar (Lizenz CC0) oder mit einzelnen Aulagen verbunden. So bedeutet beispielsweise CC0 BY-SA, dass die Nutzung an die Nennung von Angaben zum Urheber und zu Art und Version der Lizenz

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sowie daran gebunden ist, dass das neue Werk unter die gleiche Lizenz gestellt wird (vgl. Muuß-Meerholz 2018, S. 58f.). Materialien, die unter freie Lizenzen gestellt sind, können über Suchmaschinen unter entsprechender Anpassung der Einstellungen recherchiert werden (vgl. z.B. creative commons o.J.). Die hier im Zusammenhang der Unterrichtsvorbereitung angestellten Überlegungen gelten nicht nur für Lehrpersonen; auch Schülerinnen und Schüler sollten in jeweils angemessener Weise in die Überlegungen einbezogen werden. Insbesondere gelten die zuletzt ausgeführten Hinweise zu Urheberrechtsbestimmungen selbstverständlich auch, wenn Schülerinnen und Schüler eigene Medienbeiträge herstellen. Demgemäß kommt auch in solchen Zusammenhängen freien Lizenzen ein wichtiger Stellenwert zu. Eigene Gestaltung von Medienbeiträgen Wenn man einmal von der Erstellung von Tafelbildern sowie von einfachen Folien oder Arbeitsblättern absieht, sind eigene Medienentwicklungen durch Lehrpersonen oder Lernende üblicherweise mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Damit dieser Aufwand vertretbar bleibt, werden sich die Medienentwicklungen in der Regel auf Medienbeiträge beziehen, mit denen ein inhaltlich begrenzter Sachverhalt in didaktisch angemessener Form präsentiert wird. Wenn es aus didaktischer Sicht sinnvoll ist, können solche Beiträge – gegebenenfalls zusammen mit vorhandenen Angeboten – in umfangreichere Präsentationen oder in komplexere Lehr-Lernszenarien (z.B. lipped classroom) eingebunden werden. Vor diesem Hintergrund richten wir den Blick im Folgenden zunächst auf unterrichts- und medienbezogene Entscheidungen für die Erstellung von (inhaltlich begrenzten) Medienbeiträgen. Anschließend stellen wir am Beispiel von Erklärvideos eine Möglichkeit vor, Beiträge für Schülerinnen und Schüler zur außerunterrichtlichen Nutzung zu erstellen und geben Hinweise für die Gestaltung von Präsentationen. Bei der Erstellung von eigenen Medienbeiträgen sind verschiedene Entscheidungen notwendig, die sich zum einen auf den Lehr-Lern-Prozess beziehen, für den der Medienbeitrag vorgesehen ist, und zum anderen auf die speziischen Gestaltungsmöglichkeiten, die sich bei der Erstellung eines Beitrags bieten. Entsprechende Überlegungen können durch folgende Fragen initiiert werden: Fragen zum geplanten Lehr-Lern-Prozess: (1) Um welches hema geht es und welche Zielvorstellungen sollen für den LehrLern-Prozess leitend sein? (2) Welche Lernvoraussetzungen sind für den geplanten Unterricht vermutlich vorhanden? (3) Welche Aufgaben und Inhalte sollen im Kontext des hemas und der Zielvorstellungen bearbeitet werden?

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(4) In welchen Phasen bzw. Schritten soll der Lehr-Lern-Prozess insgesamt ablaufen (in Anlehnung an Abschnitt 3.3.3)? Medienbezogene Überlegungen: (1) Für welche Phase soll ein medialer Beitrag gestaltet werden? (2) Welche Lernaktivitäten sollen mit ihm angeregt oder unterstützt werden? (3) Welche Gestaltungsmerkmale sind wünschenswert bzw. noch vertretbar (unter Gesichtspunkten des Aufwandes), und zwar im Hinblick auf Codierungsarten, Sinnesmodalitäten, Darstellungsformen, Gestaltungstechniken, Gestaltungsformen, Ablauformen? (4) Welche Medien- bzw. Gestaltungsart eignet sich vor dem Hintergrund der Anforderungen und gegebenen Möglichkeiten? Auf der Basis solcher Überlegungen kann dann der jeweilige mediale Beitrag gestaltet und nach der Gestaltung unter folgenden Fragen einer abschließenden Prüfung unterzogen werden: (1) Ist es gelungen, den Inhalt korrekt und in ansprechender Form darzustellen? (2) Welche Einlüsse auf Lernprozess und Lernergebnis sind zu erwarten? (3) Wie sind die erwarteten Einlüsse zu bewerten? Im schulischen Alltag werden sowohl Lehrpersonen als auch Lernende bei der Gestaltung eigener Medienbeiträge – ähnlich wie bei der Auswahl vorhandener Medienangebote – in der Regel eher intuitive Entscheidungen trefen. Demgegenüber hat ein an Medienmerkmalen orientiertes Vorgehen den Vorteil, auf vertretbare Alternativen aufmerksam zu werden, mit größerer Sicherheit zu lerngerechten Medienentscheidungen zu kommen sowie eine weitergehende Relexion über die Medien selber und ihre Möglichkeiten und Grenzen anzuregen. Insofern empiehlt es sich, mindestens in exemplarischen Fällen ein entsprechend strukturiertes Vorgehen anzustreben. Beispiel 1: Lehr- bzw. Erklärvideos Zur Illustration des Vorgehens bei der Erstellung eines eigenen Medienbeitrags sei der Fall angenommen, dass eine Lehrperson eine Unterrichteinheit im Fach Pädagogik plant, in der auf der Basis behavioristischer Vorstellungen vom Lernen Beispiele der Verhaltensmodiikation erarbeitet und diskutiert werden sollen. Dabei geht die Lehrkraft, davon aus, dass die Schülerinnen und Schülern Vorkenntnisse zur klassischen Konditionierung besitzen. Für die Unterrichtsphase der „Erarbeitung von Grundlagen“ (siehe Abschnitt 3.3.3) beabsichtigt sie, Materialien zu Formen der Verstärkung und Bestrafung auf der schulischen Lernplattform zur Verfügung zu stellen. Dazu entwirft sie zunächst ein Medienproil, in dem – vor dem Hintergrund der mit dem Medienbeitrag verfolgten Ziele und angestrebten Lernaktivitäten – wünschenswerte Eigenschaften festgehalten werden (siehe Darstellung 3.5). Die Entscheidung, eine animierte Darstellung mit auditiver Kommentierung zu wählen, lässt mit Bezug auf empirische Studien zum Lehren und Lernen mit Medien einen lernförderlichen Efekt erwarten (siehe Abschnitt 3.4.3). 

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Darst. 3.5: Medienproil für eine Medienentscheidung

Für die didaktische Gestaltung des Lehrvideos entwickelt die Lehrperson ein Drehbuch. Dazu legt sie zunächst fest, dass die Erläuterung der einzelnen Verstärkungs- und Bestrafungsarten jeweils anhand eines Beispiels aus der Lebens- und Erfahrungswelt der Lernenden erfolgen soll. Darüber hinaus entscheidet sie, die Entwicklung kognitiver Strukturen bzw. mentaler Modelle (siehe Abschnitt 3.2.3) dadurch zu unterstützen, dass – im Sinne eines Advance Organizer – zunächst die verschiedenen Fälle (positive Verstärkung, negative Verstärkung, Bestrafung durch Hinzufügen eines negativen oder durch Entzug eines positiven Reizes) in einer Vierfelder-Tafel graisch dargestellt werden sollen. Ausgehend davon sieht die Lehrperson vor, für jedes Feld sukzessive ein Beispiel in der Form eines aufgezeichneten gesprochenen Textes zu präsentieren, in dessen Verlauf jeweils eine graisch animierte schematische Darstellung des Verstärkungs- oder Bestrafungsprozesses mit den entsprechenden Fachbegrifen präsentiert werden soll. Je nach technischen Möglichkeiten und zeitlichen Ressourcen lässt sich das Lehrvideo mit Hilfe einer Präsentationssoftware oder einer Screencast-Software erstellen (vgl. z.B. Ebner u. Schön 2017). Im Fall der Präsentationssoftware können animierte Folien erstellt werden, die sich sukzessive präsentieren, dabei verbal kommentieren und als Video speichern lassen. Die Realisierung kann mit Standardsoftware erfolgen, z.B. mit dem Präsentationsprogramm von OpenOice. Es besteht auch die Möglichkeit, eine Screencast-Software zu verwenden, mit der beispielsweise handschriftliche Texte und Skizzen auf einem Tablet aufgezeichnet und als Video gespeichert werden können. So lassen sich beim gewählten Beispiel die VierfelderTafel und die graischen Darstellungen als Handskizzen erstellen, verbal kommentieren und dabei als Video speichern.

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Vor dem Hintergrund der vielfältigen bereits vorhandenen Medienangebote kann die eigene Erstellung auch die Nutzung und Weiterverarbeitung von Angeboten einschließen, die unter einer freien Lizenz stehen. So ließen sich beispielsweise in das Lehrvideo einzelne Videosequenzen aufnehmen, in denen Alltagssituationen dargestellt werden, die sich als Verstärkungs- oder Bestrafungsprozesse interpretieren lassen. Lehr- oder Erklärvideos – die mittlerweile verstärkt von Schülerinnen und Schülern zur Bearbeitung von Hausaufgaben oder zur Vorbereitung auf Prüfungen genutzt werden – haben in der Regel keine besondere Qualitätskontrolle durchlaufen. Zu solchen Lehroder Erklärvideos zählen insbesondere auch Angebote, die Schülerinnen und Schüler für andere Lernende erstellt haben (vgl. z.B. Wolf 2015). Während oizielle Lehr- und Lernmittel erst nach aufwändigen Prüfverfahren zugelassen werden, ist bei Materialien im Netz nicht auszuschließen, dass bestimmte Sachverhalte auch fehlerhaft dargestellt werden. Aber selbst solche Beiträge – sofern sie unter freier Lizenz stehen – können bei der Erstellung eigener Medienbeiträge genutzt werden, wenn sie beispielsweise mit der Beurteilungsaufgabe verbunden werden, sie in sachlicher Hinsicht einzuschätzen und gegebenenfalls Vorschläge für Korrekturen zu machen. Entsprechende Aufgaben können ebenfalls in Videoform gestaltet und z.B. auf der schulischen Lernplattform als Hausaufgabe eingestellt werden. Weitere Gestaltungstechniken bzw. -formen für die Erstellung von Lehrvideos sind beispielsweise die Legetechnik (dabei werden ausgeschnittene Figuren oder Objekte und Texte auf einem Papierbogen arrangiert und verschoben und dabei kommentiert), ein einfacher Kurzvortrag (bei dem die vortragende Person geilmt wird), ein Interview (z.B. die Befragung einer Expertin bzw. eines Experten) oder ein Trickilm. Für die Gestaltung von Lehr- bzw. Erklärvideos lassen sich auch Gestaltungshinweise nutzen, die für die Erstellung von digitalen Präsentationen gemäß Beispiel 2 hilfreich sind. Beispiel 2: Mediengestaltung mit Präsentationssoftware Eine mit vergleichsweise geringem Aufwand verbundene Möglichkeit der Erstellung eigener Medienbeiträge ist die Gestaltung von digitalen Präsentationsfolien. In der Regel reicht hierfür die Verwendung von Standardsoftware (Präsentationsprogramme) aus. Solche Programme erlauben die Kombination von unterschiedlichen Darstellungsformen, etwa von schriftlichen Texten, objektgetreuen Bildern, graischen Darstellungen und Tonaufzeichnungen. Bei den Darstellungen lassen sich u.a. verschiedene Darstellungselemente verwenden, z.B. Icons oder Pfeile bei Graiken oder künstlich erzeugte Tonefekte wie Applaus oder Donner bei Tonaufzeichnungen. Darüber hinaus besteht häuig die Möglichkeit, Videobeiträge oder komplexere Tonbeiträge einzubinden und während einer Präsentation zeitgesteuert oder manuell zu starten (und diese selbst als Video zu speichern, siehe oben). Insgesamt stehen mehrere Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung, z.B. – Komposition bzw. Anordnung von Darstellungselementen: Hierbei geht es beispielsweise um die Anordnung von Darstellungselementen vor dem Hintergrund der Lese- und Blickfolge (von links nach rechts und von oben nach unten). Aus den Gestaltgesetzen können wichtige Hinweise gewonnen werden, die sich aus der menschlichen Wahrnehmung ergeben, beispielsweise die Gesetze der räumlichen Nähe, der Ähnlichkeit, der Figur-GrundUnterscheidung, der Symmetrie oder der Geschlossenheit und Gruppierung. Darüber hinaus spielt die Aufteilung der Präsentationsläche eine Rolle; hier kann z.B. die Beachtung

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des Goldenen Schnitts, d.h. die Aufteilung von Strecken in einem speziischen Verhältnis, den Eindruck einer harmonischen Gestaltung hervorrufen. Nutzung speziischer Darstellungselemente: Um Größen- oder Mengenverhältnisse oder funktionale Zusammenhänge darzustellen, bieten sich z.B. Kreis-, Balken-/Säulen- oder Linien-/Punkt-Diagramme an. Nicht-sprachliche Symbole – Kreise, Vielecke, Polygone usw. – lassen sich häuig aus Paletten auswählen, in der Größe anpassen oder zu neuen Darstellungselementen kombinieren. Einsatz von Farbe: Die einzelnen Objekte sowie die schriftlichen Texte können farblich gestaltet werden. So lassen sich beispielsweise Aufmerksamkeitsefekte erzeugen oder semantisch zusammengehörige Elemente hervorheben. Die Farbgestaltung kann unter Beachtung von farbpsychologischen Wirkungen, z.B. von Hell-Dunkel- oder Warm-KaltEfekten, erfolgen. Animation von Darstellungselementen: Mit Hilfe einer Palette von Efekten können einzelne Darstellungselemente animiert werden. Dies kann beispielsweise das Ein- oder Ausblenden sein, das Aufblinken oder die Rotation von Elementen. Hinzu kommen einfache Möglichkeiten, Bewegungspfade für Elemente festzulegen, d.h. die Bewegung eines Darstellungselementes über die Präsentationsfolie festzulegen. Ablaufsteuerung: Der Ablauf einer Präsentation kann entweder durch den Nutzenden manuell gesteuert werden, er lässt sich aber auch ganz oder teilweise automatisieren, indem die Dauer der Präsentation einzelner Darstellungselemente oder auch ganzer Präsentationsfolien zeitlich festgelegt wird. 

Die obigen Empfehlungen hinsichtlich der Gestaltung eigener Medienbeiträge gelten zunächst für Lehrpersonen. Entsprechende Überlegungen können aber auch hilfreich sein, wenn Schülerinnen und Schüler eigene Beiträge, z.B. Referate oder die Darstellung von Arbeitsergebnissen aus Kleingruppen, medial unterstützen wollen. Bei den vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten sollte von den Lehrpersonen oder Schülerinnen und Schülern stets überlegt werden, welche der Möglichkeiten tatsächlich lernförderlich sind – zumal mit der Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten auch die Gefahr besteht, diese „um der Möglichkeiten willen“ und nicht aufgrund von Lehr-Lern-Erwägungen zu nutzen. Vor dem Hintergrund der Überlegungen in den Abschnitten 3.3.2 bis 3.3.4 können Sie nun einen Unterrichtablauf zum hema „Politische Entscheidungen und ihre Auswirkungen“ skizzieren, in den die Arbeit mit dem Simulationsprogramm „Ecopolicy“ integriert ist. Es ist zu empfehlen, dabei in besonderer Weise zu überlegen, in welchen Phasen welche Bestandteile der CD-ROM genutzt werden könnten. Darüber hinaus können Sie überlegen, welche zusätzlichen Medienbeiträge in diesem Zusammenhang selbst erstellt werden könnten und dazu exemplarisch ein Medienproil erstellen sowie konkrete Gestaltungsmöglichkeiten bedenken oder selbst erproben.

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3.4 Empirische Forschungsansätze und Forschungsergebnisse 3.4.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Zur Bedeutung von Medien für das Lernen gibt es eine Fülle von Vermutungen, die man teils als empirisch bewährt, teils aber auch als nicht bewährt oder als irreführend ansehen muss. So indet man in der Literatur und bei der Diskussion über Medien u.a. – explizit oder implizit – folgende Annahmen: (a) Lernen mit Medien ist auf jeden Fall wirkungsvoller als Lernen ohne Medien. (b) Medien eignen sich nur zur Vermittlung von Wissen und Verstehen, für die Förderung von weitergehenden Lehrzielen sind sie nicht geeignet. (c) Je mehr Sinne beim Lernen angesprochen werden, desto besser: Beim Zuhören behält man 20%, beim Sehen 30%, beim Sehen und Hören 50%. (d) Durch Medien können lehrerzentrierte Unterrichtsmuster zugunsten aktivierender und motivierender Arbeitsformen aufgebrochen werden. (e) Die Einführung von Tablets in Schulklassen führt zwar zu einer höheren Lernmotivation, Lernwirkungen in Bezug auf das fachliche Lernen sind allerdings nicht zu erwarten. (f ) Es ist wirkungsvoller, zu einem Lerninhalt zunächst ein Bild und dann eine Erläuterung zu geben als beide gemeinsam zu präsentieren. (g) Die Darstellung eines Lerninhalts in Form einer parallelen Präsentation von Bildern und schriftlichen Texten ist lernwirksamer als ein Bild zu zeigen und die Texte dazu zu sprechen. (h) Das, was gelernt wird, ist stärker von den Lernvoraussetzungen als von den in einem Medium verwendeten Gestaltungsmöglichkeiten abhängig. (i) Es gibt bezüglich der Sinnesmodalitäten bestimmte Lerntypen. Beispielsweise lernen die einen grundsätzlich besser durch Sehen, die anderen besser durch Hören. (j) Der überwiegende Teil der Schülerinnen und Schüler verfügt über angemessene Voraussetzungen zum Lernen mit Medien und kann eigenständig Informationen ermitteln und organisieren sowie ihre Glaubwürdigkeit einschätzen. 

Aus empirischer Sicht stellt sich die Frage, welche dieser Annahmen eher als richtig und welche eher als falsch bzw. irreführend bezeichnet werden müssen. Nehmen Sie dazu bitte erste Einschätzungen vor. Um zu den obigen Annahmen fundierte Einschätzungen abgeben zu können, sind Informationen zu folgenden Fragen erforderlich: (1) Was sagen empirische Untersuchungen über allgemeine Medienefekte aus? (2) Was lässt sich hinsichtlich der Wirkung spezieller Medienmerkmale aufgrund empirischer Untersuchungen feststellen? (3) Über welche speziischen Voraussetzungen zur Nutzung von (digitalen) Medien verfügen Kinder und Jugendliche?

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(4) Wie stellt sich die Forschungslage in Bezug auf Evaluationen zu medienbezogenen Maßnahmen im schulischen Alltag dar? (5) Zu welchen Ergebnissen führen Forschungsansätze, die eine praxis- und theorieorientierte Entwicklung und Evaluation von medienunterstützten Unterrichtskonzepten als ein ganzheitliches Vorgehen verstehen? In Übereinstimmung mit diesen Fragen gliedern wir empirische Forschungsansätze zur Bedeutung von Medien für Lernen und Lehren im Folgenden nach – Untersuchungen zu allgemeinen Medienwirkungen, – Studien zu speziellen Medienmerkmalen, – Erhebungen zu mediendidaktisch relevanten Aspekten, – Evaluationen zum medienunterstützten Lernen und – Ansätzen zu einer entwicklungs- und gestaltungsorientierten Forschung. Eine Bearbeitung dieser Abschnitte wird nicht nur fundierte Einschätzumgen zu den obigen Annahmen ermöglichen, sondern auch eine Übersicht über die komplexe Forschungslage zum Lehren und Lernen mit Medien, sodass Verwendungs- und Gestaltungsentscheidungen in empirisch begründeter Weise gefällt werden können. 3.4.2 Untersuchungen zu allgemeinen Medienefekten Die frühe mediendidaktische Forschung ist durch den Versuch gekennzeichnet, Medienunterricht mit „konventionellem Lehrerunterricht“ zu vergleichen. In solchen Untersuchungen geht es in der Regel darum, die Überlegenheit eines medienunterstützten Unterrichts im Vergleich zu didaktischen Settings zu prüfen, in denen entweder keine oder traditionelle Medien zum Einsatz kommen. Häuig werden entsprechende Studien als Experimente angelegt, um die vermuteten Hypothesen zu prüfen. Als Beispiel einer solchen Untersuchung wird im Folgenden eine Arbeit von Brell (2008) zum Physikunterricht vorgestellt. Diese Studie wird hier nicht zuletzt deshalb ausgewählt, weil Brell vor dem Hintergrund uneinheitlicher Forschungsergebnisse zu Medienvergleichsuntersuchungen davon ausgeht, dass unterschiedliche Lernerfolge nicht in erster Linie durch die Medienarten begründet werden. In seiner Untersuchung „Lernmedien und Lernerfolg – reale und virtuelle Materialien im Physikunterricht“ geht Brell u.a. der Frage nach, ob mit computerbasierten Medien (bei ihm „virtuelle Materialien“ genannt) genauso gut gelernt wird wie mit Schülerexperimenten und Arbeitsblättern (dort als „reale Materialien“ bezeichnet). Dazu werden vier Lernszenarien entwickelt, mit denen insgesamt 182 Schülerinnen und Schüler in vier Untersuchungsgruppen arbeiten. Inhaltlich geht es um die geometrische Optik am Beispiel des menschlichen Auges. Die Szenarien sind gekennzeichnet durch die Kombination (a) eines Schülerexperiments mit einem Arbeitsblatt, (b) des gleichen Schülerexperiments mit einer Simulation, (c) einer interaktiven Bildschirmvariante des Schülerexperiments mit dem gleichen Arbeitsblatt und (d) der gleichen Bildschirmvariante mit der gleichen Simulation. Das Schülerperiment wird mit einem Modell des menschlichen Auges durchgeführt, das Arbeitsblatt

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dient der Strahlengangkonstruktion und die Simulation ermöglicht eine interaktive Konstruktion und parametergesteuerte Animation des Strahlengangs. Das Untersuchungsdesign sieht einen Vortest, die Durchführung der Lernszenarien in den einzelnen Gruppen (Treatment) und einen Nachtest vor (siehe Darstellung 3.6). Die Gruppenzusammensetzung erfolgt so, dass die Lernenden bezüglich ihrer Lernvoraussetzungen vergleichbar sind (homogenisierte Gruppen). Der Lernerfolg wird über den Lernzuwachs mit Hilfe von Vor- und Nachtest bestimmt (vgl. S. 36f.). Die Durchführung der Lernszenarien wird als Laborstudie durchgeführt, um möglichst viele Störvariablen auszuschalten.

Darst. 3.6: Untersuchungsdesign zu einer Medienvergleichsuntersuchung (vgl. Brell 2008, S. 27)

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen zunächst, dass alle vier Szenarien hinsichtlich ihrer Lernwirksamkeit ähnlich sind. Dieser Befund ändert sich auch in einem Folgetest einige Wochen nach dem Treatment nicht (vgl. S. 88f.). In Bezug auf die allgemeinen Medienefekte kann durch einen Vergleich der Szenarien S1und S3, S2 und S4, S1 und S2 sowie S3 und S4 jeweils geprüft werden, ob mit den computerunterstützten Medien höhere Lernerfolge erzielt werden können. Die Testwerte zeigen, dass auch hier keine Unterschiede bestehen und die Lernenden mit den computergestützten Medien den gleichen Lernerfolg erzielen wie mit den Varianten des Schülerexperiments (mit Modell) und des Arbeitsblattes (vgl. S. 91). Die Ergebnisse der skizzierten Untersuchung machen deutlich, dass der Einsatz einer bestimmten Medienart oder eines bestimmten Medienangebots nicht per se lernförderlich wirkt. Generell ist für die Prüfung von Aussagen, die eine Ursache-Wirkung-Beziehung beschreiben, ein Forschungsdesign erforderlich, in dem möglichst viele unabhängige Variablen konstant gehalten werden, sodass der Einluss einer einzelnen,

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unabhängigen Variable – in dem oben skizzierten Fall die Medienart bzw Erfahrungsform – konkret bestimmt werden kann. Diese Bedingung sichert die interne Validität. Experimente oder Quasi-Experimente erfüllen diese Voraussetzungen (vgl. Campbell u. Stanley 1970). Sie dienen dazu, Hypothesen über vermutete Zusammenhänge zu prüfen. Dazu werden in der Regel in einer Versuchs- und einer Kontrollgruppe jeweils ein Vor- und ein Nachtest durchgeführt. Zwischen den Testzeitpunkten durchlaufen die Probanden der Versuchsgruppe eine speziische Maßnahme (Treatment). Die Kontrollgruppe dient zum Vergleich, um auszuschließen, dass die Ergebnisse in der Versuchsgruppe auf andere Prozesse, z.B. allgemeine Reifung, zurückzuführen sind. Die Prüfung der Hypothesen erfolgt in der Regel auf der Basis statistischer Verfahren, mit denen ein Unterschied zwischen Vor- und Nachtestergebnissen mit einer bestimmten Irrtumswahrscheinlichkeit als signiikant, d.h. nicht zufällig, bestimmt werden kann. Neben der internen Validität ist die Frage bedeutsam, ob die Ergebnisse einer einzelnen Studie auch verallgemeinerbar sind. Eine entsprechende externe Validität kann nur erreicht werden, wenn die Stichprobe repräsentativ ist. Da der Aufwand hierfür sehr hoch ist, trift dies nur auf wenige Untersuchungen zu. Um dennoch eine Einschätzung zu bekommen, ob es sich nur um ein singuläres Ergebnis handelt, können weitere Untersuchungen mit vergleichbaren Fragestellungen hinzugezogen werden. In systematischer Weise geschieht dies in sogenannten Metaanalysen, die dazu dienen, die Ergebnisse einzelner Studien trotz ihrer jeweils etwas unterschiedlichen Anlagen und Stichproben in Bezug auf gemeinsame Tendenzen zu vergleichen. Das Maß, mit dem unabhängig von den Testwerten und den verwendeten Skalen die Unterschiede zwischen zwei Gruppen festgehalten werden können, ist die sogenannte Efektstärke. Sie wird häuig als die Diferenz zweier Mittelwerte dividiert durch die Standardabweichung berechnet (kurz: d; vgl. Cohen 1988, S. 20; Bortz u. Döring 2006, S. 605f.). Die Standardabweichung gibt die mittlere Streuung von Messwerten in einer Stichprobe wieder. Entsprechend bedeutet d=0,5 einen Unterschied von einer halben Standardabweichung. Der Vorteil des Efektstärkenmaßes liegt darin, dass es – im Gegensatz zu Signiikanzprüfungen – von der Stichprobengröße unabhängig ist und zugleich mehr über die praktische Relevanz eines Unterschieds aussagt als die bloße Feststellung, ob ein Unterschied statistisch signiikant ist oder nicht. So kann es z.B. vorkommen, dass bei einer kleinen Stichprobe trotz praktisch relevanter Efektstärken keine statistische Signiikanz erreicht wird und (umgekehrt) bei großen Stichproben bei nur kleinen Efektstärken statistische Signiikanz nachweisbar ist. Bei der Interpretation von Efektstärken wird häuig zwischen kleinen Efekten (ab 0,20 bis 0,49), mittleren Efekten (ab 0,50 bis 0,79) und großen Efekten (ab 0,80) unterschieden. In Bezug auf die Frage nach allgemeinen Medienefekten werden in verschiedenen Metaanalysen uneinheitliche Ergebnisse berichtet:

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– Frühe Untersuchungen zum Vergleich von herkömmlichem Unterricht und der Präsentation von Lerninhalten über das Fernsehen zeigten in einzelnen Fällen sowohl Vorteile des Fernsehens als auch Nachteile, in der überwiegenden Anzahl aber keine signiikanten Unterschiede (vgl. Chu u. Schramm 1968). Auch andere frühe zusammenfassende Studien zu Medienvergleichsuntersuchungen kommen zu dem Schluss, dass man keinen generellen Vorteil von Medienunterricht gegenüber dem Lehrerunterricht annehmen kann (vgl. z.B. Cohen, Ebeling u. Kulik 1981; Jamison, Suppes u. Wells 1974). – Meta-Analysen von Vergleichsuntersuchungen zu computerbasiertem Lernen und herkömmlichem Unterricht, die in den 1990er Jahren durchgeführt wurden, zeigen einen höheren Anteil an Studien, in denen sich Vorteile für das computerbasierte Lernen ergeben. Die durchschnittliche Efektstärke betrug 0,30 bei einer Spannbreite von -1,20 bis +2,17 (vgl. Kulik u. Kulik 1991; zur Übersicht über Metastudien aus den 1980er und 1990er Jahren vgl. Schaumburg 2003, S. 71). – Auch Metaanalysen aus der jüngeren Vergangenheit zeigen positive Efekte von medienunterstütztem Lernen (vgl. z.B. Chauhan 2017). Dabei werden allerdings auch weitere moderierende Variablen ausgemacht, z.B. das Unterrichtsfach, die Art der (Lern-)Software, die Interventionsdauer, der Lernkontext (informell, formal), das didaktische Konzept oder die Altersstufe der Probanden (vgl. Higgins et al. 2012; Schmid et al. 2014; Sung, Chang u. Liu 2016; Hillmayr et al. 2017). – Im Vergleich von webbasiertem und face to face-Lernen und einer Kombination von beiden Lernformen (dem so genannten blended-learning) lassen sich sowohl Studien mit Efekten zugunsten der online- und blended-learning-Variante (durchschnittliche Efektstärken d=0,24 bzw. d=0,35) als auch Studien ohne signiikante Unterschiede inden (vgl. U.S. Department of Education/Oice of Planning, Evaluation, and Policy Development 2009). Uneinheitliche Ergebnisse zeigen auch Metaanalysen zum computergestützten Fernstudium im Vergleich zum Präsenzlernen (vgl. Bernard et al. 2004; Zhao, Lei u. Yan 2005). – In einer sehr ausführlichen Metastudie hat Hattie (2015) u.a. Studien analysiert, die computerunterstützten Unterricht betrefen. Die 76 ausgewerteten Metaanalysen aus den Jahren 1977 bis 2006 zeigen eine durchschnittliche Efektstärke von d=0,37, wobei in 60% der Fälle ein positiver Unterschied zum herkömmlichen Unterricht besteht. Dies bedeutet in der Interpretation von Hattie, dass es sich um Efekte handelt, die in dem Bereich des durchschnittlichen Lernzuwachses liegen, den Lehrpersonen in einem Jahr bei den Lernenden erzielen können (von d=0,2 bis d=0,4). Den „Umschlagpunkt“, ab dem „Efekte einer Innovation die Lernleistung derart verbessern, dass wir in der realen Welt Unterschiede beobachten können“, setzt Hattie bei einer Efektstärke von d=0,4 an (S. 21). Neben den grundsätzlichen Einlüssen von computerbasiertem Unterricht verweist Hattie auch auf weitere moderierende didaktische Variablen, z.B. die Variation von

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Lehrstrategien, die medienbezogenen Kompetenzen und Erfahrungen von Lehrpersonen, die Bereitstellung multipler Lerngelegenheiten und das Peer-Lernen (vgl. S. 262f., sowie Zierer 2018, S. 46f.). Die hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit aufgeführten Ergebnisse machen die insgesamt begrenzte Aussagekraft von Vergleichsstudien deutlich. Dies hängt nicht zuletzt mit einer Reihe von forschungsmethodischen Problemen zusammen. Diese lassen sich zusammenfassend folgendermaßen beschreiben (vgl. Clark 1994; Schulmeister 2002, S. 409f.; Tulodziecki u. Herzig 2004, S. 82f.): – In der Regel sind die durchgeführten Treatments nur unzureichend beschrieben, so dass ex post häuig nicht mehr nachvollziehbar ist, welche Instruktionen oder Lernaktivitäten im Einzelnen stattfanden. Die fehlende Kontrolle entsprechender Variablen erschwert die Interpretation der Ergebnisse in Bezug auf eine Diferenzierung von Ursache und Wirkung. – Komparative Studien abstrahieren insbesondere von Interaktionsbedingungen während des Treatments. Unterstellt man, dass interaktionelle Kontexte aber für die experimentelle Situation grundsätzlich bedeutsam sind, dann „sind die Versuchsbedingungen eben nicht vergleichbar, obwohl sie gerade verglichen werden sollen“ (Schulmeister 2002, S. 409). – Studien zu generellen Medienefekten zielen in der Regel auf Eizienzaspekte des Lernens im Hinblick auf Wissenserwerb, Behaltensleistung oder Lernzeit ab. Eine diferenzierte Sicht auf Medienmerkmale, Lernwege und andere Prozessvariablen unterbleibt häuig. – Aussagen zu generellen Medienefekten sind für konkrete pädagogische bzw. didaktische Entscheidungen von sehr begrenztem Wert, weil sie die Variablen, die solche Entscheidungen beeinlussen, nicht in den Blick nehmen. Aus der Kritik an den Vergleichsuntersuchungen hat sich für die weitere Forschung u.a. der Impuls ergeben, eine Diferenzierung herkömmlicher Aussagen zum Lehren und Lernen mit Medien durch die Berücksichtigung verschiedener Medienmerkmale zu versuchen. 3.4.3 Untersuchungen zu speziellen Medienmerkmalen In verschiedenen experimentellen oder quasi-experimentellen Studien wird danach gefragt, wie sich bestimmte Medieneigenschaften auf den Lernerfolg – z.B. den Wissenserwerb – auswirken. Die – als unabhängige Variablen – untersuchten Medienmerkmale umfassen dabei z.B. Codierungsarten oder Sinnesmodalitäten bzw. Darstellungsformen sowie Gestaltungstechniken, Gestaltungsformen, Ablauformen oder Gestaltungsarten (siehe Abschnitt 1.2.3). Eine für diese Art von Untersuchungen typische Studie wird im Folgenden kurz skizziert. Harskamp, Mayer und Suhre (2007) haben in einem experimentellen Setting Schülerinnen und Schüler einer weiterführenden Schule mit zwei unterschiedlichen Lern-

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szenarien zu einem ihnen nicht bekannten hema arbeiten lassen. Das erste Szenario besteht aus einer (computerbasierten) Animation mit erläuternden integrierten schriftlichen Texten, das zweite Szenario aus der gleichen Animation, allerdings mit einer Audio-Ausgabe der entsprechenden Texte. Das Untersuchungsdesign sieht jeweils einen Vortest, das Treatment und einen Nachtest vor. Die Lernzeit mit der Animation können die Lernenden selbst bestimmen. Der Test enthält Fragen, die sich auf die Behaltensleistung oder auf Transferefekte beziehen. In ihrer Untersuchungshypothese gehen die Autoren davon aus, dass die Kombination von Animation und gesprochenem Text zu höheren Lernerfolgen führt. Die Ergebnisse zeigen – erwartungsgemäß – einen insgesamt höheren Lernerfolg der Gruppe, die mit gesprochenen erläuternden Texten gearbeitet hat. Mit einer Efektstärke von d=0,80 handelt es sich um einen eher großen Efekt. Diferenziert man nach erreichten Lernzielen, so zeigt sich ein nicht signiikanter Unterschied in der Behaltensleistung und ein signiikant besseres Abschneiden in Bezug auf den Transfer beim Lernen mit der Kombination von Animation und gesprochenem Text (d = 0,91). Das Ergebnis dieses Experiments wird als Modalitätsefekt bezeichnet und steht im Kontext einer Reihe weiterer Ergebnisse aus Untersuchungen zu Darstellungsformen bzw. Codierungsarten und ihren Wirkungen auf den Lernerfolg. Im Einzelnen lassen sich folgende zentrale, empirisch bewährte Prinzipien nennen (vgl. Mayer 2009; 2014, S. 7f.; siehe auch Abschnitt 3.2.3): – Multimediaprinzip: Das Lernen mit Text-Bild-Kombinationen führt zu höheren Lernerfolgen als das Lernen allein mit Texten. – Modalitätsprinzip: Animationen mit gesprochenem Text sind lernwirksamer als solche mit integriertem schriftlichem Text. – Redundanzprinzip: Die Darstellung der gleichen Information in verschiedenen Darstellungsformen, z.B. als gesprochener und schriftlicher Text, trägt nicht zur Erhöhung des Lernerfolgs bei. Bessere Lernergebnisse werden z.B. bei Animationen erzielt, wenn gesprochene Worte nicht zusätzlich mit dem gleichen schriftlichen Text unterlegt werden. – Kontiguitätsprinzip: Lernende proitieren in Bezug auf den Lernerfolg, wenn zusammengehörige Texte und Bilder sowohl in räumlicher Nähe als auch gleichzeitig präsentiert werden. – Kohärenzprinzip: Der Lernerfolg ist dann höher, wenn irrelevante Informationen (in Text-, Bild- oder Tonform) nicht in multimediale Darstellungsformen integriert werden. – Hinweisprinzip: Multimediale Darstellungen mit Hinweisen auf bzw. Hervorhebungen von zentralen Informationen und deren Organisation steigern den Lernerfolg. Allerdings wirken auch speziische Medienmerkmale nicht isoliert, sondern sind in ihrer Lernwirkung von Voraussetzungen bzw. Merkmalen der Lernenden abhängig. Dies zeigen Studien, die durch den so genannten „Aptitude-Treatment-

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Interaction“-Ansatz angeregt wurden. Lernen wird dabei als Interaktion von Persönlichkeitsmerkmalen („aptitudes“) und unterrichtlichen Maßnahmen („treatments“) verstanden (vgl. Snow 1989, S. 14f.). In einem inzwischen klassisch zu nennenden Experiment konnte Salomon (1976) zeigen, dass durch die Simulation von internen kognitiven Prozessen – z.B. das Herauslösen von wichtigen Details aus einem Gesamtzusammenhang durch ilmische Zoomtechnik – die Lernleistung bei Bildanalysen gesteigert werden kann. Allerdings proitierten davon nur die Lernenden, die über entsprechende kognitive Fähigkeiten bisher nicht verfügten (vgl. zur Kritik Strittmatter u. Seel 1984, S. 4, und als weitere Anwendung Vogel 2006). Andere wichtige personenbezogene Merkmale in der Interaktion mit Medien sind das Vorwissen (vgl. Kalyuga, Chandler u. Sweller 2000; Magner et al. 2014), Gedächtnisstrategien und Arbeitsspeicher (vgl. Seufert, Schütze u. Brünken 2009), räumliches Vorstellungsvermögen (vgl. Möller u. Müller-Kalthof 2000; Münzer 2012) oder medienbezogene Fähigkeiten (vgl. Diergarten et al. 2017). Darüber hinaus erweisen sich individuelle medienspeziische Einstellungen, die mentale Anstrengung und intrinsische Motivation sowie das Interesse als bedeutsame Faktoren (vgl. z.B. Weidenmann 1993; Leutner 2014). Aufgrund der jüngeren technologischen Entwicklungen sind Studien zum Einluss von Medieneigenschaften aus dem Bereich der Augmented Reality oder der Virtual Reality bisher nur in deutlich geringerem Umfang vorhanden (vgl. zur Übersicht z.B. Aķayır u. Aķayır 2017). In solchen (teil-)immersiven Umgebungen kommen in stärkerem Maße als bisher auch Wechselwirkungsefekte mit körperlichen Bewegungen (body interaction bzw. embodiment) zum Tragen. Verschiedene Studien zeigen, dass beispielsweise das körperliche Eintauchen in eine Simulation und die damit verbundenen Interaktionsprozesse positive Einlüsse auf die Bildung fachlicher Konzepte und fachbezogener Einstellungen haben können (vgl. Lindgren et al. 2016). Neben den empirisch bewährten Annahmen zur Wirkung von speziellen Medienmerkmalen stößt man in der Literatur u.U. auf verschiedene Alltagsannahmen, die einen gewissen Plausibilitätscharakter haben, aber keine empirische Basis: – In diesem Zusammenhang wird mitunter die so genannte Realismusthese vertreten, nach der ein Bild umso hilfreicher ist, je genauer es die Wirklichkeit widerspiegelt. Beispielsweise hat das Foto eines Objektes eine größere Realitätsnähe als eine schematische Zeichnung. Die Realismusthese hat sich in empirischen Untersuchungen jedoch in der Tendenz nicht bewährt (vgl. Weidenmann 2006, S. 449f.) – In Bezug auf die Sinnesmodalitäten wird in der Literatur manchmal unterstellt, dass man beim Zuhören 20%, beim Sehen 30% und beim Hören plus Sehen 50% behält. Auch wenn sich eine sinnvolle Kombination von Sehen und Hören in verschiedenen Untersuchungen bewährt hat (siehe oben), gibt es doch für diese Prozentangaben keine empirischen Belege (vgl. Weidenmann 2009, S. 77f.).

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– Auch muss der Versuch, Lernende in visuelle und auditive Typen einzuteilen, aus empirischer Sicht als nicht bewährt angesehen werden. Die Unterstellung, dass bestimmte Lernende prinzipiell besser durch Sehen oder durch Hören lernen können, ist nicht haltbar (vgl. z.B. Weidenmann 2006, S. 438). Sehr viel größeren Einluss auf den Lerngewinn dürften die Vorkenntnisse und die aufgabenspeziischen Anforderungen haben. Die dargestellten Untersuchungsergebnisse zum Einluss spezieller Medienmerkmale legen generell die Annahme nahe, dass für das Erreichen bestimmter Lehrziele die Wahl der Erfahrungsformen bzw. Codierungsarten, bestimmter Gestaltungstechniken, Ablaufstrukturen und Gestaltungsformen wichtiger ist als die Medienart, durch die sie präsentiert und realisiert werden. Darüber hinaus machen die Untersuchungsergebnisse darauf aufmerksam, dass neben bestimmten Medienmerkmalen die Wahl des Lehrkonzepts besonders bedeutsam ist. Aber auch für das jeweilige Lehrkonzept gilt, dass es in seiner Wirkung – wie die Medienmerkmale und inhaltlichen Aspekte des Medienangebots – in Wechselbeziehung zu den Merkmalen der Lernenden, insbesondere zu ihren Lernvoraussetzungen, zu sehen ist (vgl. zu den Beschränkungen der Wirksamkeit einzelner Medienmerkmale und zur Relevanz von Lernkontexten auch Gerjets et al. 2009; Schüler et al. 2008). 3.4.4 Erhebungen zu mediendidaktisch relevanten Aspekten Die Analyse von Untersuchungen zu speziellen Medienmerkmalen hat gezeigt, dass der Einluss auf das Lernergebnis nicht am Faktor Medium allein festzumachen ist, sondern dass auch das didaktische Konzept und Merkmale der am Lernprozess Beteiligten – der Lernenden und Lehrpersonen – sowie Wechselwirkungen zwischen diesen Faktoren mitberücksichtigt werden müssen. Im Folgenden werden daher Studien in den Blick genommen, die auf medienbezogene Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern sowie von Lehrpersonen abheben. Informationen über entsprechende Voraussetzungen lassen sich mit Hilfe von Erhebungen als Untersuchungsverfahren gewinnen. Ziel einer Erhebung ist die Formulierung von deskriptiven Aussagen über einen bestimmten Gegenstandsbereich. Als Untersuchungsinstrumente kommen dabei u.a. Befragungen oder Tests zum Einsatz. In der empirischen Sozialforschung werden individuelle Fähigkeiten häuig als Kompetenzen beschrieben, z.B. Lesekompetenz. Diese werden dort in der Regel als kontextbezogene kognitive Leistungsdispositionen charakterisiert, die sich funktional auf Anforderungen in speziischen Domänen beziehen (vgl. Klieme u. Leutner 2006). Neben den kognitiven Aspekten können aber auch afektiv-motivationale Aspekte, z.B. Überzeugungen und Einstellungen, als Bestandteile von Kompetenzen aufgefasst werden (vgl. z.B. Baumert u. Kunter 2006, siehe auch die Ausführungen zum Begrif der Medienkompetenz im Abschnitt 4.3.2).

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Zur näheren Charakterisierung von Kompetenzen, die für eine erfolgreiche Bewältigung von speziischen Anforderungen erforderlich sind, lassen sich Kompetenzstrukturmodelle formulieren. Darin werden Kompetenzen in einzelne Dimensionen oder in weitere Facetten ausdiferenziert (vgl. zur Übersicht Schaper 2009). Die diferenzierte Beschreibung solcher Modelle bildet dann die Grundlage für die empirische Messung. Als Beispiel einer Studie zu mediendidaktisch relevanten Aspekten wird im Folgenden eine Erhebung von computer- und informationsbezogenen Kompetenzen dargestellt (vgl. Bos et al. 2014). Die Erhebung steht im Rahmen einer International Computer and Literacy Study. Diese Studie verfolgt das Ziel, computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern der achten Jahrgangsstufe international vergleichend zu erheben. Das untersuchte Konstrukt wird als fächerübergreifende Schlüsselkompetenz verstanden und bezieht sich auf „individuelle Fähigkeiten einer Person […], die es ihr erlauben, Computer und neue Technologien zum Recherchieren, Gestalten und Kommunizieren von Informationen zu nutzen und diese zu bewerten“ (Eickelmann, Gerick u. Bos 2014, S. 10). Dieses Konstrukt wird in zwei Teilbereiche mit jeweils weiteren Unterscheidungen von Aspekten ausdiferenziert (siehe Darstellung 3.7). Mit den Teilbereichen werden Fähigkeiten und Wissensbestände beschrieben; die Aspekte geben die zugehörigen speziischen Inhalte an. Zu dem Konstrukt wurde ein Testinstrument entwickelt, das Aufgaben zu den einzelnen Bereichen und Aspekten enthält, die jeweils mit bestimmten Punkten bewertet werden. Mit Hilfe von testtheoretischen und statistischen Verfahren wurden Kompetenzstufen festgelegt, die die Interpretation der Ergebnisse erleichtern. Die Stufen spiegeln hierarchisch organisierte Leistungsniveaus wider, d.h. die Schülerinnen und Schüler können mit hoher Wahrscheinlichkeit die Aufgaben lösen, die ihrer aktuellen Kompetenzstufe und den darunter liegenden Stufen zuzuordnen sind. Für die ICIL-Studie wurde in Deutschland eine nach bestimmten Merkmalen zusammengesetzte Stichprobe von insgesamt 2225 Schülerinnen und Schülern der achten Klasse verschiedener Schulformen gezogen. Die Ergebnisse zeigen, dass der größte Anteil der Jugendlichen sich auf der Kompetenzstufe III beindet, während gut 30% über eher rudimentäre Kompetenzen und nur basale Wissensbestände verfügen, die den Stufen I und II entsprechen (siehe Darstellung 3.8). Die höchste Kompetenzstufe erreichen nur 1,5% der Schülerinnen und Schüler. Insbesondere von den Jugendlichen auf den unteren Kompetenzstufen kann nicht angenommen werden, dass ihre „Fähigkeiten es ihnen erlauben, Computer und neue Technologien so zu nutzen, dass sie in ihrem Alltag, in der Schule, im Beruf und in der Gesellschaft erfolgreich am Leben teilhaben können“ (Eickelmann, Gerick u. Bos 2014, S. 17).

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Darst. 3.7: Konstrukt computer- und informationsbezogener Kompetenzen (vgl. Senkbeil et al. 2014, S. 89)

Darst. 3.8: Kompetenzstufen und empirische Verteilung (vgl. Senkbeil et al. 2014, S. 94; Bos, Eickelmann u. Gerick 2014, S. 131)

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Die Testergebnisse der ICIL-Studie machen deutlich, dass bei der unterrichtlichen Nutzung digitaler Medien nicht selbstverständlich davon ausgegangen werden kann, dass alle Schülerinnen und Schüler über die dazu notwendigen Voraussetzungen verfügen. Insbesondere im Hinblick auf die selbstgesteuerte Nutzung digitaler Medien und die selbstständige Auswahl, Erzeugung und Bewertung von Informationen sind Einschränkungen zu erwarten. Ein lernförderlicher Einsatz von Medien im Unterricht ist nicht zuletzt auch davon abhängig, inwieweit Lehrpersonen über die entsprechenden mediendidaktischen Kompetenzen verfügen. In der medienpädagogischen Literatur gibt es einige Ansätze, solche Kompetenzen zu strukturieren. Dabei werden mediendidaktische Kompetenzen in der Regel als Teil einer umfassenderen medienpädagogischen Kompetenz aufgefasst (vgl. z.B. Blömeke 2000; Rank 2003; Gysbers 2008). Ausgehend von den Arbeiten von Tulodziecki (1997; 2006) haben Herzig und andere (2015) medienpädagogische Kompetenz von Lehramtsstudierenden in drei Dimensionen – mediendidaktische Kompetenz, medienerzieherische Kompetenz und medienbezogene Schulentwicklungskompetenz – sowie in Einstellungen gegenüber Medien, Selbstwirksamkeitserwartungen und technisches Wissen als weitere kompetenzrelevante Variablen ausdiferenziert. Im Bereich der Mediendidaktik geht es um die Fähigkeit, vorhandene Medienangebote im Hinblick auf Lehren und Lernen zu analysieren und zu bewerten, selbst Medienbeiträge für den Unterricht zu entwickeln und Unterrichtsbeispiele mit Medienverwendung zu analysieren, vorzubereiten, durchzuführen und auszuwerten (siehe Abschnitt 8.3). Ein auf dieser Basis konstruiertes Messinstrument wurde einer Validierung mit einer nicht repräsentativen Stichprobe von Lehramtsstudierenden unterzogen. Die insgesamt instabilen Ergebnisse bezüglich der internen Konsistenz der Skalen bringen die Autoren insbesondere mit den fehlenden Lerngelegenheiten in der ersten Ausbildungsphase in Verbindung, die dazu führen, dass die medienpädagogische Kompetenz nur in Ansätzen ausgebildet worden ist (vgl. Herzig u. Martin 2018). Vergleichbare Ergebnisse zeigen sich in einer in den USA durchgeführten Erhebung mit dem für den englischen Sprachraum adaptierten Messinstrument (vgl. Tiede u. Grafe 2016). Ein in der internationalen Literatur – neben weiteren, wie z.B. dem europäischen DigCompEdu-Modell (vgl. Redecker u. Punie 2017) – häuig zitiertes Modell medienbezogener Kompetenzen von Lehrpersonen stellt der sogenannte TPACKAnsatz dar. In diesem Modell gehen Koehler und andere (2014) davon aus, dass der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht verschiedene Wissensarten bei Lehrpersonen voraussetzt: – technologisches Wissen in Bezug auf Unterrichtsinhalte (z.B. die Bedeutung von Simulationen im Physikunterricht), – pädagogisches fachbezogenes Wissen (z.B. didaktische Möglichkeiten der Erarbeitung fachlicher Inhalte),

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– technologisches pädagogisches Wissen (z.B. Nutzung speziischer Medieneigenschaften zur Unterstützung fachbezogener Lernprozesse), – technologisches pädagogisches unterrichtsbezogenes Wissen (z.B. Wissen um die Zusammenhänge zwischen Technologie, Didaktik und Unterrichtsinhalten und die Entwicklung entsprechender Unterrichtsszenarien). Die vierte Wissensart (Technological Pedagogical Content Knowledge – TPACK) integriert die vorgenannten als Voraussetzung für eine lernförderliche Gestaltung von medienunterstützten Unterrichtsszenarien. Wenn auch beim TPACK-Modell hinsichtlich der Validierung noch Forschungsbedarf besteht (vgl. Voogt et al. 2013; Sang et al. 2014), liegen doch eine Reihe empirischer Befunde vor (vgl. Willermark 2017). Beispielsweise wurde das TPACKWissen von Lehrpersonen der Sekundarstufe I in Deutschland über fünf Indikatoren in einer repräsentativen Befragung erhoben (vgl. Endberg u. Lorenz 2017). Die Ergebnisse zeigen, dass die Selbsteinschätzungen der Lehrpersonen insgesamt überwiegend positiv sind (vgl. S. 171; siehe Darstellung 3.9).

Darst. 3.9: Selbsteinschätzung des Könnens und Wissens zum Einsatz digitaler Medien in bestimmten Lehr-Lern-Situationen (vgl. Endberg u. Lorenz 2017, S. 160)

Zudem stellt die Selbsteinschätzung einen signiikanten Prädiktor für die Häuigkeit des unterrichtlichen Einsatzes von digitalen Medien dar (vgl. S. 172). Allerdings muss bei diesen Befunden berücksichtigt werden, dass es sich um Selbsteinschätzungen handelt, die keine unmittelbaren Rückschlüsse auf vorhandene Kompetenzen zulassen. Angesichts der insgesamt eher geringen Bedeutung und

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in der Regel nicht verplichtenden Verortung der Mediendidaktik in der ersten und zweiten Phase der Lehrerausbildung (vgl. z.B. Schiefner-Rohs 2018) und der vergleichsweise zurückhaltenden – wenn auch langsam zunehmenden – Nutzung digitaler Medien im Unterricht insgesamt (vgl. z.B. Bertelsmann Stiftung 2017) relativiert sich die Aussagekraft der Ergebnisse noch einmal. Unabhängig von den empirischen Befunden macht das TPACK-Modell aber darauf aufmerksam, dass der Einsatz von Medien im Unterricht nicht nur profunde Kenntnisse im Unterrichtsfach, in der Didaktik und im Medienbereich erfordert, sondern vor allem Integrationsleistungen der Lehrperson, um diese Faktoren für die jeweilige Lernsituation in einen lernförderlichen Zusammenhang zu bringen. 3.4.5 Evaluationen zum Lernen mit Medien Parallel zu den zuvor beschriebenen Erhebungen zu mediendidaktisch relevanten Aspekten und zu experimentell oder quasi-experimentell angelegten Untersuchungen hat es in der Medienforschung immer auch Evaluationsstudien gegeben. Während Erhebungen auf deskriptive Aussagen zielen und das Experiment als eher erkenntnisorientiertes Verfahren zur Präzisierung oder Überprüfung von (allgemeinen) Hypothesen gekennzeichnet werden kann, lässt sich die Evaluation als eher entscheidungsorientiertes Verfahren zur Verbesserung und Überprüfung der Wirksamkeit von Maßnahmen charakterisieren (vgl. Tulodziecki, Grafe u. Herzig 2013, S. 36f.). Evaluationen können sich sowohl auf einzelne Unterrichtseinheiten oder Kurse mit Medienverwendung, z.B. einen Sprachlernkurs mit DVDs, als auch auf umfangreiche Bildungsmaßnahmen, z.B. die Einführung von Tablet-Klassen, beziehen. Ziel entsprechender Studien ist die Klärung der Frage, inwieweit die mit einer Maßnahme avisierten Zielvorstellungen erreicht und welche Nebenwirkungen gegebenenfalls festgestellt wurden. Ausgehend davon kann dann eine Bewertung erfolgen und in Entscheidungs- oder Handlungsempfehlungen münden. Ein Beispiel für eine Evaluationsstudie stellt die Arbeit von Riconscente (2013) dar. Ausgehend von der Beobachtung, dass Kinder Schwierigkeiten haben, Vorstellungen und Verständnis von Brüchen zu entwickeln, formuliert Riconscente die Annahme, dass mit Hilfe der speziellen App Motion Math entsprechende Fähigkeiten der Kinder verbessert werden können: „Motion Math was designed to help children strengthen their understanding of the relationship between fractions, proportions, and percentages to the number line“ (S. 190). Dabei stützt sie ihre Annahmen auf die besonderen didaktischen Merkmale des Programms. Dazu zählen die Gestaltung der Lernapp als Spiel, die Nutzung des visualisierten Zahlenstrahls, die symbolische Repräsentation von Brüchen, die Vielzahl von Aufgaben und Übungen mit unmittelbarem Feedback, die unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen und die Nutzung eines Lagesensors im Tablet, mit dem eine Steuerung des Spiels durch Bewegung des Tablets möglich ist (embodied interaction). Die Intervention wurde an fünf Tagen mit jeweils 20 Minuten Spiel- bzw. Lernzeit durchgeführt, mit einem Zwischentest beendet und dann nach

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weiteren fünf Tagen mit einem Nachtest abgeschlossen. Eine zweite Lerngruppe fungierte in den ersten fünf Tagen zunächst als Kontrollgruppe und durchlief dann die Intervention (crossover design). Zielgruppe waren Fünftklässler. Als Untersuchungsinstrument wurde ein Leistungstest adaptiert, darüber hinaus wurden Einstellungen gegenüber Brüchen, Selbstwirksamkeitserwartungen und die Einschätzung der verwendeten App über einen Fragebogen mit Schätzskalen erhoben. Die Ergebnisse der Evaluation sind in der Darstellung 3.10 zusammengefasst.

Darst. 3.10: Evaluationsergebnisse zum iPad-Einsatz im Mathematikunterricht (vgl. Riconscente 2013, S. 199f.)

Die Darstellung 3.10 zeigt, dass das Verständnis von Brüchen sich durch die Intervention signiikant verbessert hat, zudem sind die Selbstwirksamkeitserwartungen und die Einstellungen zum Bruchrechnen signiikant gestiegen bzw. positiver geworden. Neben diesen Hinweisen auf die Zielerreichung und weitere Begleitefekte konnten im Verlauf der Studie auch unbeabsichtigte Nebenwirkungen festgestellt werden. So hat beispielsweise die Beschränkung der Lern- bzw. Übungszeit in Verbindung mit dem wettbewerbsorientierten Charakter des Spiels dazu geführt, dass die Kinder versucht haben, möglichst viele Aufgaben zu lösen und damit gegebenenfalls eher auf quantitative als auf qualitative Aspekte geachtet haben. Beobachtungen während des Unterrichts legen außerdem die Vermutung nahe, dass sich die App für Kinder mit geringeren Lernvoraussetzungen durch kleine einführende Sequenzen deutlich verbessern ließe. Bezüglich der Einschätzung der Ergebnisse kann man von einem zufriedenstellenden Grad der Zielerreichung ausgehen. Durch das kontrollierte Untersuchungsdesign lassen sich die Efekte auf die Intervention zurückführen, wenn auch im Detail nicht geklärt werden kann, auf welchen Lernaktivitäten die Kompetenzgewinne im Einzelnen beruhen. Dazu wären vertiefende Analysen und gegebenenfalls weitere Methoden erforderlich. Aufenanger (2017b) hat in einer Übersicht über deutschsprachige Evaluationen zum schulischen Tableteinsatz zusammenfassend herausgestellt, dass „digitale

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Medien in Schule und Unterricht überwiegend erfolgreich eingesetzt werden. Die Tablets motivieren Schülerinnen und Schüler, machen Unterricht für diese abwechslungsreicher und führen dazu, dass die Lehrkräfte ihn stärker schülerzentriert gestalten. Es gibt aber auch Probleme, die vor allem im Bereich der Technik als auch der pädagogischen Vorbereitung für den Tableteinsatz zu sehen sind“ (S. 126). Auch internationale Studien zeigen entsprechende Efekte. So weisen beispielsweise Clarke und Svanaes (2014) auf Eigenschaften der Tablets (z.B. Handling, verfügbare Apps, Netzanbindung), den pädagogischen Mehrwert (z.B. Kollaboration, Förderung metakognitiver Fähigkeiten, Motivation, orts- und zeitunabhängiges Lernen), die Erfahrungen der Lehrpersonen und die pädagogischen Visionen als wichtige Bedingungen einer erfolgreichen Nutzungs- und Lernkultur hin (vgl. S. 15). In vielen weiteren Evaluationsstudien hat sich gezeigt, dass durch den Einsatz von Medien motivationale Efekte, stärkere Kooperation, höhere Medienkompetenz, stärkere Selbststeuerung oder Verbesserungen der kognitiven Fähigkeiten erzielt werden können (vgl. zur Übersicht Herzig 2014). Wenn Auswertungen der obigen Art auch wichtig für die Mediengestaltung und Medienverwendung sind, haben die bisherigen Evaluationsstudien doch häuig die Schwäche, dass sie sich auf mediale Angebote beziehen, die ohne explizite theoretische Grundlagen entwickelt wurden. Die Bedeutung von Evaluationsstudien könnte in Zukunft dadurch gesteigert werden, dass schon bei der Entwicklung von medialen Angeboten lerntheoretische bzw. didaktische Ansätze zugrunde gelegt und damit bessere Bedingungen für die Qualitätsverbesserung und Übertragung hergestellt würden. Des Weiteren ist zu beachten, dass Evaluationsstudien in der Regel nicht mit repräsentativen Stichproben durchgeführt werden. Eine Übertragung von Ergebnissen solcher Studien kann zwar nicht auf der Basis von Repräsentativität erfolgen, ist jedoch auf der Grundlage einer Einschätzung der Vergleichbarkeit der in der Studie beschriebenen und der in der Übertragungssituation vorindbaren Bedingungen möglich. Daher ist es für Evaluationsstudien besonders wichtig, die Randbedingungen und die durchgeführten Maßnahmen möglichst genau zu beschreiben, um Dritten eine angemessene Entscheidungshilfe zu bieten. Solche und weitere Überlegungen legen es nahe, für die mediendidaktische Forschung verstärkt das Verfahren einer praxis- und theorieorientierten Entwicklung und Evaluation von Unterrichtskonzepten mit Medienverwendung im Sinne einer entwicklungs- und gestaltungsorientierten Forschung zu nutzen. Dies kann sowohl der Weiterentwicklung theoretischer Ansätze dienen als auch eine Einschätzung ermöglichen, welche unterrichtlichen Konzepte in Bezug auf die eigene Lerngruppe zielführend sind und welche Nebenwirkungen gegebenenfalls auftreten (vgl. Tulodziecki, Grafe u. Herzig 2013).

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3.4.6 Entwicklungs- und gestaltungsorientierte Forschung Die entwicklungs- und gestaltungsorientierte Forschung steht in der Tradition von Forschungsansätzen, die sich den Zielen der Praxisrelevanz, der wissenschaftlichen Fundierung von Handeln in der Praxis und einer Verbesserung von Bildungsprozessen verplichtet fühlt. Grundsätzlich geht es darum, – von praktisch und theoretisch relevanten medienpädagogischen Fragen auszugehen, Kontextbedingungen zu klären und geeignete theoretische Grundlagen zu erarbeiten, – theoriebasierte Konzepte für das praktische Handeln zu entwickeln, – konzeptbezogene Beispiele zu entwerfen, – empirische Untersuchungen zu den Beispielen zu planen und durchzuführen, – die empirisch ermittelten Ergebnisse einzuordnen und zu diskutieren. Das Verfahren lässt sich – wissenschaftstheoretisch gesprochen – im Unterschied zu Erhebungen und Experimenten als empirische Prüfung von handlungsanleitenden und theoriebasiert entwickelten Voraussetzungs-Ziel-Vorgehens-Aussagen anhand ihrer beispielhaften Ausgestaltung aufassen (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Grafe 2014). Ein solches Verfahren wird im Folgenden am Beispiel einer lernwirksamen Nutzung von Simulationsprogrammen und ihrer empirischen Evaluation erläutert. Ausgangspunkt der Untersuchung von Grafe (2008) war die Frage, durch welche methodische Vorgehensweise das Potenzial von Computersimulationen für die Förderung von Problemlösefähigkeit (Ziel) optimal genutzt werden kann. Zielgruppe waren Jugendliche der zehnten Klasse in Gymnasien, die insgesamt über geringe Problemlösefähigkeit, wenig Erfahrungen mit Computersimulationen, hinreichende Erfahrungen mit Gruppenarbeit, mittlere Ausprägungen computerbezogener Kontrollüberzeugungen und positive Einstellungen gegenüber Computern sowie über gute Bedingungen für selbstgesteuertes Lernen verfügten (Voraussetzungen). Unter Einbezug von kognitionstheoretischen und -psychologischen Ansätzen sowie von empirischen Ergebnissen zum Lernen mit Simulationen wurde eine Modellvorstellung zum Problemlösen mit Computersimulationen entwickelt und zunächst planerisch in Unterrichtsphasen unter Rückgrif auf die handlungs- und entwicklungsorientierte Didaktik umgesetzt (siehe Abschnitt 3.3.2) (Vorgehen). Danach hat Grafe das Unterrichtskonzept mit der Simulation „Ecopolicy“ in einer Versuchs- und zwei Vergleichsgruppen mit Variationen innerhalb des Unterrichtsabschnitts „Erarbeitung von Grundlagen und Durchführung der Problemlösung“ durchgeführt. Das entsprechende Untersuchungsdesign ist in der Darstellung 3.11 zusammengestellt. Zur Datenerhebung wurden Tests und Befragungen eingesetzt, der Handlungserfolg der Simulation wurde mit Hilfe einer abschließenden Simulation erfasst. Ergänzend wurden teilnehmende Beobachtungen und Videographien durchgeführt.

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Darst. 3.11: Untersuchungsdesign zum Einsatz von Computersimulationen (vgl. Grafe 2008, S. 154f.; 205f.)

Hinsichtlich der Lernefekte erreicht die Versuchsgruppe (VSG) höhere Efektstärken beim Handlungserfolg als die Vergleichsgruppe 1 (VGG 1) und diese einen besseren Handlungserfolg als die Vergleichsgruppe 2 (VGG 2) (vgl. S. 226). Hinsichtlich des Wissenserwerbs zeigen sich in der VSG und der VGG 1 jeweils höhere Efektstärken als in der VGG 2 (vgl. S. 227, 232). Insgesamt ergeben sich für die VSG und VGG 1 bessere Ergebnisse als für die VGG 2. In Bezug auf weitere praxis- oder theorierelevante Aspekte stellt Grafe fest, dass sich die Einstellungen zum Computer insgesamt kaum geändert haben, wenn auch die Nützlichkeit von Simulationen für realistische Problemlösungen nach der Unterrichtseinheit kritischer gesehen wird. Des Weiteren zeigt sich, dass relativ lange Phasen der Grundlagenerarbeitung vor eigenen Problemlösungsversuchen eher motivationshemmend wirken und eine direktere Verbindung von Grundlagenerarbeitung und Problemlösungsversuchen mit Hilfe der Simulation günstiger ist. Im Hinblick auf die Übertragbarkeit lässt sich für das Beispiels zunächst feststellen, dass die Untersuchungen in der Praxis stattfanden und die Bedingungen, z.B. die Lernvoraussetzungen, präzise dokumentiert sind. Auf dieser Basis kann das Vorgehen auf andere praktische Situationen übertragen werden. Bei Vorliegen vergleichbarer Bedingungen ist auch mit ähnlichen Lernergebnissen zu rechnen.

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Bezüglich der heorieentwicklung gilt für die Untersuchung, dass sich die theoretischen Annahmen zum Zusammenhang von Voraussetzungen, Zielen und Vorgehensweisen bzw. die daraus ableitbaren Voraussetzungs-Ziel-Vorgehens-Aussagen angesichts der hohen Efektstärken beim Handlungserfolg und beim Wissenserwerb in der VSG bewährt haben. In diesem Zusammenhang hat es sich auch als günstig herausgestellt, verschiedene theoretische Ansätze zum Problemlösen in einem weiterführenden Modell zum Problemlösen miteinander zu verbinden und dieses in didaktische Überlegungen einzubetten, sodass ein anwendungsfähiges mediendidaktisches Konzept für die Arbeit mit Computersimulationen entstehen konnte. Die Darstellung des Beispiels zeigt, dass sich in einem entwicklungs- und gestaltungsorientierten Forschungsvorhaben der Gestaltungsprozess als Teil des Forschungsprozesses und der damit verbundenen Wissensgenerierung versteht. Zugleich wird deutlich, dass sich Praxisrelevanz und heorieorientierung nicht ausschließen und dass sich diese mit empirischer Forschung verbinden lassen. Bei der empirischen Prüfung können und sollen zudem unterschiedliche Verfahren der Datenerfassung und Auswertung – unter Orientierung an angemessenen Gütekriterien und Qualitätsstandards – verknüpft werden (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Grafe 2014; Tulodziecki 2017a). Derzeit sind medienbezogene Beispiele zur gestaltungs- und entwicklungsorientierten Forschung (noch) selten zu inden. Gerade im Hinblick auf den Einsatz von Medien im Unterricht auf der Basis theoretisch fundierter und empirisch bewährter Annahmen dürfte dem Ansatz aber für Wissenschaft und Alltagspraxis eine hohe Bedeutung zukommen. Vor dem Hintergrund der Ausführungen in den Abschnitten 3.1.2 bis 3.1.6 können Sie sich nun die eingangs formulierten alltagstheoretischen Annahmen noch einmal vornehmen. Bedenken Sie bitte, welche von ihnen als empirisch bewährt und welche eher als falsch oder irreführend zu kennzeichnen sind.

4 Lernen über Medien – die Perspektive von Erziehungs- und Bildungsaufgaben

Im vorherigen Kapitel haben wir schwerpunktmäßig die Verwendung von Medien für Lehr-Lern-Prozesse bzw. das Lernen mit Medien behandelt. Zugleich haben wir angesprochen, dass es für die Medienbildung notwendig ist, das Lernen mit Medien in einen Relexionszusammenhang bzw. in den Rahmen von Bildungs- und Erziehungsaufgaben zu stellen. Diese Notwendigkeit wird noch einmal durch das folgende Beispiel unterstrichen: In einer Schule, in der Medien vielfältig verwendet werden, haben wir Haupt- und Realschüler (im Alter von ca. 15 Jahren) gebeten, folgenden Satzanfang zu vervollständigen: Wenn ich entscheiden soll, ob eine Nachricht glaubwürdig ist, achte ich auf folgende Punkte: … Dieser Satzanfang wurde von den Schülerinnen und Schülern u.a. folgendermaßen ergänzt: … ob andere diese Nachricht auch senden/… da fällt mir nichts ein/… ob sie logisch klingt/… ob Beweise wie Fotos da sind/… von wo sie kommt, wie oft wird sie gesagt, wo ist sie noch/… meine weibliche Intuition. 

Wenn in einzelnen solcher Äußerungen auch Ansätze zu einer Prüfung der Glaubwürdigkeit von Nachrichten zu inden sind, verweisen sie insgesamt doch auf eine gewisse Hillosigkeit der Schülerinnen und Schüler, wenn es darum geht, den Wahrheitsgehalt von medialen Informationen einzuschätzen. Mit dem Beispiel zeigt sich – im Kontext der generellen Überlegungen im Abschnitt 1.1 – erneut die Wichtigkeit von medienbezogenen Erziehungs- und Bildungsaufgaben der Schule. Für diese Aufgaben haben wir im Abschnitt 2.3 die Leitideen eines sachgerechten, eines selbstbestimmten, eines kreativen und eines sozial verantwortlichen Handelns entwickelt. Um eine – auch historisch fundierte – Grundlage für eine diferenzierte Beschreibung von Erziehungs- und Bildungsaufgaben im Medienbereich und für Entwürfe zu ihrer Umsetzung zu erhalten, werden in diesem Kapitel fünf Fragestellungen bearbeitet. (A) Wie wird das Verhältnis von Medium und Publikum in Medienforschung und Medientheorie – als eine Grundlage für medienpädagogische Überlegungen – gesehen? Welche Positionen können als überholt, welche als tragfähig gelten? (B) Welche Konzepte der Medienerziehung bzw. Medienbildung lassen sich aus historischer und systematischer Sicht unterscheiden? Wie sind sie zu beurteilen? (C) Wie stellt sich das Verhältnis von Medienkompetenz und Medienbildung dar?

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(D) Welche Dimensionen sind für die Medienbildung bedeutsam und was folgt daraus im Hinblick auf einen konzeptionellen Rahmen für die Medienbildung? (E) Welche praxisrelevanten Aufgabenfelder ergeben sich für die Medienbildung? Die Bearbeitung dieser Fragen wird es ermöglichen, pädagogische Probleme im Bereich von Medien und der damit verbundenen Informations- und Kommunikationstechnologien einzuordnen und an deren Lösung mitzuwirken.

4.1 Medientheorie und Medienforschung als Grundlagen 4.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Die Frage, welche Erziehungs- und Bildungsaufgaben im Bereich von Medien wahrgenommen werden sollen, ist u.a. von der Einschätzung abhängig, ob und gegebenenfalls wie die Medien Emotionen, Denken und Handeln von Kindern und Jugendlichen beeinlussen. So wird jemand, der einen direkten Einluss von Medien auf Kinder und Jugendliche annimmt, andere Erziehungsmaßnahmen ergreifen als jemand, der davon ausgeht, dass Medieneinlüsse in einem komplexen Feld unterschiedlicher, individueller und gesellschaftlicher Bedingungen zu sehen sind. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis Medien, Individuen und Gesellschaft zueinanderstehen. Hierzu haben sich im Laufe der Zeit unterschiedliche Positionen entwickelt. Beispielsweise könnten in einer Podiumsdiskussion zur Bedeutung der Medien für Kinder und Jugendliche, für Individuum und Gesellschaft folgende Aufassungen vertreten werden: (a) Kinder und Jugendliche sind in ihren Wünschen durch die Medien geprägt. Beispielsweise werden ihre Vorstellungen dazu, wie man aussehen sollte und welche Kleidung man zu tragen hat, durch die Werbung bestimmt. (b) Kinder und Jugendliche bevorzugen Medienangebote, die zu ihren entwicklungsbedingten handlungsleitenden hemen passen, z.B. Mann oder Frau werden. Sie verarbeiten die ihnen angebotenen Geschichten auf der Grundlage ihres individuellen Entwicklungsstandes und ihrer sozialen Situation in einem Spannungsfeld, das sowohl vom Streben nach Autonomie als auch von konventionellen Normen geprägt ist. (c) Medien spielen für die Kultur, in der jemand lebt, eine bedeutende Rolle: erstens werden durch sie kulturrelevante Produkte hergestellt und verbreitet, zweites drückt sich in ihren Inhalten und Darstellungsweisen Kultur aus und drittens machen sich die Rezipienten mit ihrer Hilfe Kultur zu eigen. (d) Es ist irreführend zu behaupten, die Medien könnten genutzt werden, um den Menschen vorzuschreiben, was sie zu tun hätten. Vielmehr gilt, dass die Menschen die Medien nutzen, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. (e) Die Medien sind das Sprachrohr derjenigen, die in unserer Gesellschaft über Macht und Einluss verfügen. Mit Hilfe der Medien gelingt es ihnen, ihre Interessen durchzusetzen und ihre Privilegien zu sichern.

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(f ) Die Digitalisierung führt zu einem Medienwandel, der Einluss auf Alltag, Kultur und Gesellschaft nimmt. Einlüsse zeigen sich z.B. in einem Wandel von sozialen Beziehungen, von Prozessen der Subjektwerdung und von Formen der Kontrolle. (g) Welche Wirkung von den Medien ausgeht, hängt von vielen Faktoren ab. Ob sich jemand z.B. ernsthaft mit einem Kommentar zu einem politischen Ereignis auseinandersetzt, ist u.a. davon abhängig, ob er das Medium, über das der Kommentar verbreitet wird, für seriös hält, ob er dem Kommentator eine fundierte Stellungnahme zutraut, ob er an dem politischen Ereignis überhaupt interessiert ist und welche Meinung er selbst dazu hat. (h) Mediennutzung stellt eine alltägliche Handlung dar, die in unterschiedlichen sozialen Situationen, z.B. in der Familie oder in der Gruppe der Gleichaltrigen, und in verschiedenen räumlichen Kontexten, z.B. Wohnung, Schule oder Disco, stattindet. Ihre Bedeutung erschließt sich für Kinder und Jugendliche dabei stets im Zusammenhang mit ihrer jeweiligen Lebensphase und Lebenssituation. 

Es stellt sich die Frage, welche Positionen zum Verhältnis von Medium und Individuum sowie Gesellschaft mit den Aufassungen (a) bis (h) verbunden sind. Des Weiteren ergibt sich die Frage, ob die jeweilige Position eher tragfähig oder eher unangemessen ist. Versuchen Sie bitte eine erste Charakterisierung und Bewertung der Positionen. Für eine diferenzierte Einschätzung ist es sinnvoll, folgenden Fragen nachzugehen: (1) Welche Grundpositionen lassen sich in Medientheorie und Medienforschung generell erkennen? (2) Worin liegen Vorzüge und Probleme der verschiedenen Grundpositionen? Eine entsprechende Beschäftigung mit Medientheorie und Medienforschung hat unter zwei Gesichtspunkten eine besondere Bedeutung für medienbezogene Erziehungs- und Bildungsaufgaben. Zum einen können prinzipiell alle Ergebnisse der Medienforschung und die damit zusammenhängenden theoretischen Ansätze zum Gegenstand medienpädagogischer Überlegungen bzw. zum Unterrichtsthema werden. Zum anderen lassen sich medientheoretische Ansätze und Ergebnisse der Medienforschung unter der Frage auswerten, von welchen Voraussetzungen Medienerziehung bzw. Medienbildung bei Kindern und Jugendlichen auszugehen hat und wie sie gestaltet werden kann. Im Rahmen dieses Bandes ist es allerdings nicht möglich, alle Ansätze zur Medientheorie und Medienforschung darzustellen. Hier kann es nur darum gehen, eine kurze Übersicht über wichtige Entwicklungen zu gewinnen. Wir heben dabei besonders die Entwicklungen hervor, die für die Medienerziehung bzw. die Medienbildung relevant sind. Darstellung 4.1 zeigt eine erste Übersicht über wichtige Ansätze. Für Details, die über die folgenden Ausführungen hinausgehen, verweisen wir auf verschiedene Übersichtsbände (vgl. z.B. Schenk 2007; Bryant u. Oliver 2008; Sander, Gross u. Hugger 2008).

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Darst. 4.1: Übersicht über medienpädagogisch relevante Ansätze aus Medientheorie und Medienforschung

4.1.2 Von der Wirkungsforschung zum Systemdenken Die empirische Wirkungsforschung zur Massenkommunikation hat sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem in den USA entwickelt. Da dort von den 1920er-Jahren an zunehmend inanzielle Mittel in die politische Propaganda, in Wahlkämpfe und Werbung investiert wurden, kam es den Geldgebenden – staatlichen Instanzen, Parteien oder Wirtschaftsunternehmen – darauf an zu erfahren, welchen Erfolg ihre Bemühungen hatten. Damit war das Erkenntnisinteresse der Medienforschung schwerpunktmäßig ökonomisch oder politisch geprägt. Die entsprechenden Wirkungsstudien basierten vor allem auf zwei Grundannahmen (vgl. Renckstorf 1977, S. 121): (a) Aus soziologischer Sicht ging man davon aus, dass moderne Gesellschaften Massengesellschaften seien. Dabei bestände die Masse – so die damalige Annahme – letztlich aus vereinzelten und relativ haltlosen bzw. leicht manipulierbaren Individuen. Den Individuen trete mit der Massenkommunikation ein übermächtiges Instrument entgegen. Mit diesem Instrument könne der Einzelne bzw. die Masse mehr oder weniger beliebig beeinlusst werden.

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(b) In gewisser Übereinstimmung mit der oben beschriebenen Sicht waren in der Psychologie Denkmodelle dominant, die davon ausgingen, dass das Verhalten des Menschen durch die Umwelt, d.h. durch äußere Reize, gesteuert werden könne (siehe auch Abschnitt 3.2.2). Das Verhalten eines Menschen wird dabei als Reaktion auf äußere Reize verstanden. Daraus ergibt sich die Annahme, dass gewünschte Wirkungen durch Massenmedien erreicht werden können, wenn diese eine Reizkonstellation bieten, die das gewünschte Verhalten suggerieren, z.B. ein bestimmtes Wahl- oder Kaufverhalten. Diese beiden Annahmen wurden mit der Zeit immer mehr erschüttert. So stellten bereits die Ergebnisse einer Studie von Lazarsfeld, Berelson und Gaudet (1944) die obigen Annahmen infrage. Die Forschergruppe hatte im Zusammenhang mit dem Wahlkampf zur Präsidentschaftswahl 1940 die Frage untersucht, welchen Einluss die damaligen Massenmedien – Flugblätter, Presse und Radio – auf das Wahlverhalten hatten. Bei der Untersuchung zeigte sich, dass das Publikum keineswegs beliebig manipulierbar bzw. durch äußere massenmediale Reize zu einem bestimmten Wahlverhalten zu bewegen war: Nur 5% der untersuchten Personen hatten im Laufe des Wahlkampfes ihre Wahlabsicht revidiert. Der Widerstand der Wähler gegenüber massenmedialer Beeinlussung erwies sich als unerwartet hoch (vgl. S. 70). Diese Untersuchung markierte einen Wendepunkt in der Wirkungsforschung und führte dazu, dass die Bedeutung direkter bzw. personaler Kommunikation stärker ins Blickfeld der Medienforschung geriet. Man ging nun davon aus, dass sich zwischen Massenmedien und Empfängern personale Kommunikationsnetze ausbilden, die als Filter für die ursprünglich durch Massenmedien verbreiteten Informationen wirken (vgl. z.B. Katz 1964; Schenk 2007). Zugleich hat das Scheitern des einfachen Reiz-Reaktions-Modells der Massenkommunikation dazu geführt, den Erfolg oder Misserfolg von Beeinlussungsversuchen im Rahmen komplexerer Kommunikationsmodelle zu analysieren. Für diese Entwicklung hatte eine Arbeit von Lasswell (1948) mit dem Titel „he Structure and Function of Communication in Society“ eine besondere Bedeutung. In ihr formulierte Lasswell die – aus seiner Sicht – für die Wirkungsforschung grundlegende Frage: „Who says what in which channel, to whom, with what efect?“. Damit kommen verschiedene „Elemente“ von Kommunikation in den Blick: der Sender bzw. Kommunikator (who), der Inhalt der Kommunikation (what), der Übertragungskanal bzw. das Verbreitungsmittel (in which channel), der Rezipient (to whom) und die Wirkung (with what efect). Durch eine solche systembezogene Betrachtungsweise wurden z.B. Fragen folgender Art angeregt: Welche Eigenschaften muss der Kommunikator haben, um überzeugend zu wirken? Wie muss der Inhalt ausgewählt und gestaltet werden, wenn die gewünschten Wirkungen erzielt werden sollen? Welcher Übertragungskanal bzw. welche Art der Verbreitung garantiert am ehesten die gewünschten Wirkungen? Welche Eigenschaften des Rezipienten beein-

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lussen den Efekt der jeweiligen Medienbotschaft? Zu solchen Fragen lag bereits in den 1960er Jahren eine Fülle entsprechender Untersuchungsergebnisse vor (vgl. z.B. Schramm 1964). Die Lasswell’sche Frage ist allerdings nicht nur im Sinne eines funktionalen Zusammenhangs – bezogen auf die Wirkung von Massenkommunikation – gedeutet worden. Sie wurde auch herangezogen, um die vielfältigen Ergebnisse der Medienforschung systematisch zu ordnen. So indet man in nachfolgenden Übersichtsstudien vor allem drei Faktoren wieder, die zum Teil auch mit Medieneinlüssen auf Individuum und Gesellschaft in Verbindung gebracht werden (vgl. z.B. Maletzke 1963; Beck 2007): – Aussagender bzw. Kommunikator (Sender), – Aussage bzw. Inhalt (Medienbotschaft), – Aufnehmender bzw. Rezipient (einschließlich der Wirkungen). Im Rahmen der Kommunikatorforschung wird beispielsweise gefragt, wie es in den Medieninstitutionen zur Auswahl bestimmter Nachrichten kommt. Wer entscheidet z.B. bei Zeitungen, was gedruckt wird? Wer bestimmt bei Rundfunkanstalten, was gesendet wird? Durch welche institutionellen Bedingungen werden solche Entscheidungen beeinlusst? Bei der Aussagen- bzw. Inhaltsanalyse geht es beispielsweise um die Fragen, welches Bild von gesellschaftlichen Gruppen bzw. Personen durch die Medien gezeichnet wird, z.B. von Frauen, Männern, Kindern, Unternehmern, Personen aus dem Ausland, Politikerinnen und Politikern oder Lehrpersonen, und welche Einlüsse davon ausgehen. Im Bereich der Rezipientenforschung liegen z.B. die Fragen nahe, in welchem Umfang und zu welchen Zeiten bestimmte Medien genutzt werden, wie die Nutzung geschieht, welche Unterschiede in der Nutzung bei verschiedenen Bevölkerungsgruppen festzustellen sind und welche Rezipientenmerkmale mit welchen Einlüssen in Verbindung stehen. 4.1.3 Vom Systemdenken zur Gesellschaftskritik Dem Systemdenken der Medienforschung lag zunächst das Kommunikationsmodell zugrunde, das Lasswell mit seiner Frage geprägt hatte. Dieses Kommunikationsmodell wurde von verschiedenen Autoren ausdiferenziert und erweitert (vgl. z.B. Maletzke 1963, S. 41; De Fleur 1966, S. 152; Baacke 1973, S. 191). Eine wichtige Erweiterung liegt vor allem in der stärkeren Betonung des sozialen und gesellschaftlichen bzw. politischen Zusammenhangs, in dem Massenkommunikation steht. Die Blickrichtung auf die Gesellschaft kann dabei eher funktionalistisch (vgl. z.B. De Fleur 1966) oder eher kritisch sein (vgl. z.B. Adorno 1963; Enzensberger 1970). Adorno (1963) hat schon früh die traditionelle empirisch orientierte Medien- und Kommunikationsforschung kritisiert und behauptet, die Aussagen und die Bedeu-

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tung des (amerikanischen) Fernsehens würden durch empirische Untersuchungen nur unzureichend erfasst, man müsse sie vielmehr mit psychoanalytischen Kriterien analysieren, weil sie vor allem in ihrer Zielrichtung auf das Unbewusste relevant seien. Dabei versucht er, die Medien und ihre Wirkungen auf der Grundlage gesellschaftskritischer Positionen zu deuten, und betont dabei insbesondere ihre bewusstseinskontrollierende und ideologievermittelnde Funktion. In der Folge wurden Medien in neomarxistischer Sichtweise als Produktionsstätten der Kulturindustrie und deren Angebote bzw. Produkte als Ware aufgefasst: Diejenigen, die über die Produktionsmittel verfügten, würden diese letztlich – gegen die Interessen der Betrofenen – zur Proitmaximierung und Herrschaftssicherung einsetzen (vgl. Dröge 1974). Im Sinne dieser theoretischen Position kommt es bei einer kritisch-materialistischen Medienforschung zunächst darauf an, den ideologischen Gehalt von Produkten der „Kulturindustrie“, z.B. von Presseerzeugnissen oder Rundfunksendungen, ofen zu legen (vgl. z.B. Holzer 1974, S. 91f.). Darüber hinaus ging es um ideologiekritische Untersuchungen zur Situation der Rezipienten, der Kommunikatoren und des gesamten „massenkulturellen Systems“ (vgl. z.B. Prokop 1979, S. 9f.). In solchen Studien wurden nicht zuletzt auch Konzentrationsund Monopolisierungstendenzen im Bereich der Massenmedien aufgedeckt und kritisiert (vgl. S. 34f.). Daneben setzte sich bei kritisch-materialistischen Medientheoretikern die Aufassung durch, dass es außer der ideologiekritischen Untersuchung der Massenmedien darauf ankomme, die Medien als Möglichkeit zu nutzen, um eine „Proletarische Öfentlichkeit als Widerstandsform gegen die reelle Subsumtion unter das Kapital“ herzustellen (Negt u. Kluge 1974, S. 70). Medien sollten zur Artikulation eigener Bedürfnisse und Interessen selbst produziert werden (vgl. auch Prokop 1974, S. 126f.). Als wichtiger Anstoß für diesen Gedanken wurde vor allem die „Radiotheorie“ von Brecht (1932) zitiert, der im Rundfunk u.a. eine Möglichkeit sah, jedem die Chance zur Veröfentlichung seiner Meinung zu geben. Allerdings bleiben auch Ideologiekritik und die Forderung nach eigener medialer Artikulation letztlich einer Sichtweise verbunden, die man als medienorientiert bezeichnen kann: Auch hier geht es um die Frage, was Medien – wenn auch in gesellschaftlicher Perspektive – bewirken oder bewirken können. 4.1.4 Von der Medienorientierung zur Rezeptionsforschung Die Grundfrage der Wirkungsforschung „Was machen die Medien mit den Menschen?“ wurde vor allem in den 1970er-Jahren kritisiert, weil in ihr das Publikum letztlich als passives angesehen wird. Trotz verschiedener Studien, deren Ergebnisse anzeigten, dass das Publikum als aktives verstanden werden muss, wurde die grundsätzliche Fragerichtung vom Medium zum Rezipienten bzw. nach der Wirkung der Massenmedien auf Individuum und Gesellschaft lange Zeit nicht aufgegeben. Erst

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im Rahmen des so genannten „Uses and Gratiications Approach“ kam es zu einer Umkehrung der Fragerichtung. Jetzt lautete die zentrale Frage: Was machen die Menschen mit den Medien? Aufgrund welcher Interessen und Bedürfnisse nutzen die Menschen die Medien? Renckstorf (1977) hat versucht, die unterschiedlichen Forschungsstrategien innerhalb der damaligen Massenkommunikationsforschung zu bündeln und auf ihre zum Teil recht unterschiedlichen Grundlagen hin zu analysieren, um daraus in Erweiterung des „Uses and Gratiications Approach“ in Deutschland neue Perspektiven für die Massenkommunikationsforschung aufzuzeigen. Für die neue Blickrichtung verwendete er zusammenfassend den Begrif „Nutzenansatz“ (vgl. auch Teichert 1975). Beim Nutzenansatz lassen sich nach Renckstorf (1977) drei zentrale Konzepte unterscheiden: Publikumsaktivität, soziales Handeln, Interpretation. Die Grundannahmen zur Publikumsaktivität lauten (vgl. 1977, S. 15): (a) Das Zuschauer-Handeln ist ein aktiver Vorgang, bei dem der Zuschauende zielgerichtet Medienangebote auswählt und im Sinne seiner Interessen nutzt. (b) Die Zielorientierung bei der Mediennutzung ist nicht einfach aus vorgegebenen Einstellungen oder an das Individuum gerichteten normativen Erwartungen zu klären, sondern aus Bedürfnissen und Problemlagen, die im gegebenen sozialen Kontext wahrgenommen werden. (c) Die Mediennutzung stellt nur eine von mehreren Handlungsmöglichkeiten dar. Sie muss deshalb immer auch im Spektrum von Handlungsalternativen gedeutet werden. Zur Erläuterung des Konzepts des sozialen Handelns bezieht sich Renckstorf (1977, S. 21) auf das so genannte „interpretative Paradigma“, bei dem soziales Handeln als zwischenmenschliche Interaktion gedeutet wird. Dabei geht man davon aus, dass jeder an der Interaktion Beteiligte die in der Regel symbolischen (z.B. sprachlichen) Äußerungen seines Gegenübers im Hinblick auf ihre Bedeutung interpretiert und vor dem Hintergrund solcher Bedeutungszuweisungen handelt. In diesem Sinne wird Mediennutzung als „parasoziale Interaktion“ verstanden, bei welcher der Rezipient den Medienaussagen bestimmte Bedeutungen zuweist (vgl. Horton u. Wohl 1956, S. 218; Wegener 2008, S. 294f.). Damit ist auch das dritte grundlegende Konzept des Nutzenansatzes angesprochen: das Konzept der Interpretation. Es bedeutet, dass die Medienaussagen ihre Bedeutung erst durch die Interpretationen des Rezipienten gewinnen und dass diese im Rahmen des gegebenen sozialen Kontextes sehr unterschiedlich ausfallen können. Obwohl der Nutzenansatz mit seiner Betonung von Publikumsaktivität und seinem Verständnis von Mediennutzung als interpretationsbasiertes soziales Handeln wichtige neue Akzente für die Medienforschung gesetzt hat, haften ihm mit seiner Konzentration auf den Rezipienten und seine Bedürfnisse gewisse Einseitigkeiten an. Zum einen werden weitere wichtige Faktoren auf Seiten des Rezipienten zu wenig berücksichtigt, z.B. entwicklungs- und wahrnehmungsbezogene oder soziale und intellektuelle Fähigkeiten (vgl. Sturm 1982). Zum anderen geraten latente oder längerfristige Wirkungen von Massenkommunikation sowie alltags- und lebensweltliche

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Aspekte nicht hinreichend in den Blick (vgl. Vollbrecht 2001). Des Weiteren erfahren Wechselwirkungen zwischen Kommunikator und Rezipient sowie Gesellschaft nur begrenzte Beachtung (vgl. Früh 2008). Solche und weitere Akzentsetzungen werden u.a. in lebensweltlichen Ansätzen vorgenommen. Hier sind aus medienpädagogischer Sicht vor allem medienbiographische und medienökologische Ansätze zu nennen: – In medienbiographischen Ansätzen wird untersucht, welche Bedeutung Medien in verschiedenen Abschnitten des Lebenslaufs haben, welcher Einluss von ihnen auf die Alltagsgestaltung ausgeht und wie die Mediennutzung in früheren Lebensabschnitten auf gegenwärtiges Medienverhalten zurückwirkt. Bei allen drei Fragestellungen zeigt sich in entsprechenden Untersuchungen ein hoher Stellenwert von Medien für die individuellen Biographien (vgl. Ganguin 2008). – Bei medienökologischen Ansätzen steht die Mediennutzung im Sinne alltäglichen Handelns in sozialen und räumlichen Zusammenhängen im Mittelpunkt der Betrachtung (vgl. Baacke, Sander u. Vollbrecht 1988). Medien werden dabei als integrale Bestandteile der Lebenswelt angesehen, als Elemente von Umgebungen, z.B. von Diskotheken, Warenhäusern, privaten Räumen, Straßen oder Büros, in denen kommuniziert, konsumiert, gelernt, Freizeit gestaltet oder Arbeit verrichtet wird. Solche Umgebungen sind ihrerseits eingebettet in übergreifende Sozialräume, z.B. Stadtteile und soziale Milieus. Demgemäß gilt es, bei der Frage möglicher Medieneinlüsse stets auch die situativen Kontexte der jeweiligen Mediennutzung zu beachten (vgl. Vollbrecht 2001, S. 139f.). Als eine frühe Studie, in der bereits verschiedene der oben genannten Aspekte der Mediennutzung bedacht und in die Forschungsarbeit einbezogen wurden, kann die Untersuchung zu „Medienkonsum und Lebensbewältigung in der Familie“ von Charlton und Neumann (1986) gelten. Mit ihr wird durch einzelne Falldarstellungen demonstriert, dass Kinder Medien nutzen, um Probleme, die sich im Rahmen ihrer jeweiligen sozialen Situation stellen, zu bewältigen: Eine der Fallstudien bezieht sich z.B. auf ein fünjähriges Mädchen namens Carmen, das in ihrer Familie um Autonomie ringt und sich gleichzeitig intensiv mit ihrer Geschlechterrolle auseinandersetzt. Carmen nimmt Medienangebote in thematisch voreingenommener Weise wahr, interpretiert sie vor dem Hintergrund ihres Strebens nach Autonomie sowie ihrer Deutungen der Geschlechterrolle. So nutzt sie Medien als Möglichkeit zur psychischen Bearbeitung von Problemen, die sich in ihrer Lebenssituation ergeben (vgl. S. 123f.). Charlton und Neumann (1986) haben ihren Ansatz als strukturanalytische Rezeptionsforschung bezeichnet. Der Strukturbegrif soll dabei deutlich machen, dass menschliche Handlungen – zu denen auch die Medienrezeption gehört – nicht als beliebig und zufällig anzusehen, sondern in einem Spannungsverhältnis von Auto-

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nomie und konventionellen Regeln bzw. strukturellen Bedingungen zu deuten sind. Der Rezeptionsbegrif verweist darauf, dass im Mittelpunkt der Forschung der Rezipient mit seinen Bedürfnissen, Wahrnehmungen und Interpretationen stehen soll. 4.1.5 Von der Rezeptionsforschung zu integrativ orientierten Ansätzen Als integrativ orientierte Ansätze können insbesondere die Cultural Studies und der Mediatisierungsansatz gelten. Sie stellen Forschungsrichtungen dar, die geeignet erscheinen, manche der vorherigen Entwicklungen von Medientheorie und Medienforschung aufzunehmen und in verbindender Weise weiterzuführen. Die Cultural Studies lassen sich auf Arbeiten zurückführen, die Ende der 1950er- und Anfang der 1960er-Jahre erschienen sind und in denen es darum ging, unter einer gesellschaftskritischen Perspektive den Blick auf die englische Arbeiterklasse zu richten und dabei ihre kulturellen Praktiken im Kontext von Machtverhältnissen, Identitätsbildung und (Spät-)Kapitalismus aufzuspüren (vgl. vor allem Hoggart 1957; Williams 1958; homson 1963). In entsprechenden Studien wird der Kulturbegrif auf die gesamten Lebensweisen in einer Gesellschaft bezogen und umfasst neben der Hochkultur auch die Alltags- und Populärkultur, neben Text- und Kunstprodukten auch alltägliche Praktiken in Familie und Gesellschaft, in Arbeitszusammenhängen und Freizeit (vgl. z.B. Hall 1999). Bei diesem Verständnis von Kultur kommt den Medien eine wichtige Rolle zu: Sie sind in vielfältiger Weise mit Kultur verwoben – sei es bei der Rezeption oder Produktion von Medienbeiträgen, sei es bei medialen Präsentationen, sei es bei medienbezogenen Verhaltensweisen. Vor einem solchen Hintergrund unterscheidet Hepp (2008) drei Artikulationsebenen bei der Vermittlung von Kultur, in welche auch Medien eingebunden sind: die Produktionsebene, die Repräsentationsebene und die Aneignungsebene (vgl. S. 145). Mit der Produktionsebene werden die Strukturen, Praktiken und Prozesse der Hervorbringung oder Erzeugung von Kulturprodukten ins Bewusstsein gehoben. Mit der Präsentationsebene werden die Darstellungsweisen von Kultur – ihre Inhalte und Formen sowie die damit verbundenen Diskurse – angesprochen. Die Aneignungsebene bezieht sich auf die Frage, wie sich Menschen in ihrem Alltag bzw. unter ihren lebensweltlichen Bedingungen Kultur zu eigen machen, wobei Aneignung als aktiver und Kultur transformierender Prozess verstanden wird (vgl. S. 145). Produktion, Repräsentation und Aneignung lassen sich in modellartiger Form als Kreislauf mit vielfältigen Wechselwirkungen aufassen. Dieser Kreislauf wird zum einen durch kulturelle Regulationen, z.B. vonseiten der Politik, und zum anderen durch Identiikationen, z.B. durch den persönlichen Ausdruck speziischer kultureller Aufassungen und Lebensweisen, beeinlusst. Regulation und Identiikation sind dabei als querliegende Momente zu betrachten, die auf allen drei Ebenen der Vermittlung von Kultur wirksam werden können (vgl. Hepp 2008, S. 144f.). Mit dieser Sichtweise und der Intention, positive Veränderungen von Kultur und Gesellschaft zu ermöglichen, hat der Ansatz eine besondere Bedeutung für die Me-

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dienerziehung und Medienbildung erlangt (vgl. im internationalen Zusammenhang dazu beispielsweise auch die Arbeiten von Masterman 1986 sowie Kellner u. Share 2005). Wie bei den Cultural Studies werden Medien auch im Mediatisierungsansatz als bedeutsame Elemente von Kultur aufgefasst. Ein Unterschied zu den Cultural Studies besteht allerdings darin, dass ein besonderer Akzent auf die Frage gelegt wird, wie sich der Wandel von Alltag, Kultur und Gesellschaft als Umsetzung des Medienwandels darstellt (vgl. Krotz 2016, S. 20). Da der Medienwandel und entsprechend sich wandelnde Lebensverhältnisse als wichtige Bezugspunkte für die Medienpädagogik gelten, spielt der Mediatisierungsansatz für medienpädagogische Überlegungen eine große Rolle – wobei diese noch dadurch unterstrichen wird, dass mit der derzeitigen Nutzung der Digitaltechnik ein weitreichender Medienwandel einhergeht (siehe auch Abschnitt 1.1). Im Rahmen des Mediatisierungsansatzes werden Medien als „technisch, ästhetisch und gesellschaftlich vereinbarte und betriebene Kommunikationspotentiale verstanden, derer sich die Menschen unter speziischen gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen bedienen können“ (Krotz 2016, S. 21). Ausgehend von diesem Medienbegrif stellt sich der derzeitige Medienwandel für Krotz als fundamentale Veränderung des gesamten Mediensystems dar. Diese zeigt sich sowohl im Aufkommen neuer Medien, z.B. Smartphone, und in der Veränderung vorhandener Medien, z.B. von Fernsehen und Radio, als auch und insbesondere in dem Übergang von relativ unabhängigen Einzelmedien zu einer umfassenden digitalen Infrastruktur, wobei alle Entwicklungen durch ökonomische Interessen vorangetrieben werden (vgl. 2016, S. 23f.). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie sich der Medienwandel in einen Wandel von Alltag, Kultur und Gesellschaft umsetzt. Dabei lassen sich vier Einlusswege unterscheiden: Das sich wandelnde Mediensystem führt (a) zu anderen Formen der Kommunikation, (b) zu der Notwendigkeit, das Machtgefüge medienbezogener und gesellschaftlicher Institutionen neu auszubalancieren, (c) zu neuartigen Inhalten und Formen bzw. Ästhetiken im Medienangebot und (d) zu neuen Möglichkeiten eines bedürfnis- und lebensweltbezogenen Umgangs mit Medien bzw. zur Entwicklung gruppenspeziischer Medienkulturen (vgl. Krotz 2016, S. 27). Bei der Untersuchung solcher Einlusswege und ihrer Konsequenzen gelten für den Mediatisierungsansatz fünf Kernüberlegungen (vgl. ebd., S. 28f.): (1) Das Geschehen in sozialen Welten, z.B. am Arbeitsplatz oder in Familie, Schulklasse und Peergroup oder in thematischen Bereichen wie Sport oder heater, kann ohne Berücksichtigung der Medien nicht in angemessener Form verstanden werden. (2) Es gilt zu untersuchen, wie sich Prozesse der Mediatisierung in unterschiedlichen Lebensbereichen bzw. Kommunikationsgemeinschaften vollziehen, z.B. wie Soci-

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al Networks das Kommunikationsverhalten in der Peergroup verändern oder wie die Medienpräsenz von Politik oder Sport auf diese Bereiche zurückwirkt. (3) Mediatisierung ist – ähnlich wie Individualisierung, Ökonomisierung oder Globalisierung – als ein Langzeitprozess anzusehen, dessen Wurzeln historisch weit zurückreichen und der sich zwar in Abhängigkeit von der jeweiligen Kultur vollzieht, insgesamt aber kulturübergreifend stattindet. (4) Bei der Forschung sollte ein Medienverständnis leitend sein, das über funktionale Sichtweisen hinausgeht und die jeweiligen Machtverhältnisse einbezieht. Insofern ist auch die digitale Infrastruktur als ein Rahmen zu sehen, in dem Menschen sich zwar orientieren, beteiligen und verwirklichen können, in dem sie zugleich aber auch ökonomischen und politischen Interessen bzw. Machtverhältnissen unterliegen. (5) Bei allen Interessen und Machteinlüssen sind Medien letztlich jedoch nicht als Bedrohung aufzufassen, sondern als lebensweltliche Bedingung, die mit Chancen und Risiken verbunden ist. So kommt es darauf an, die digitale Infrastruktur bzw. das Mediensystem so zu gestalten, dass die Entfaltung und Selbstverwirklichung des Menschen sowie die Demokratisierung der Gesellschaft nicht behindert, sondern begünstigt werden. Diese Kernüberlegungen verweisen noch einmal darauf, dass der Mediatisierungsansatz – ähnlich wie die Cultural Studies – als eine Verbindung und Weiterführung verschiedener vorlaufender Ansätze von Medientheorie und Medienforschung gelten kann. Auf der Grundlage der Ausführungen in den Abschnitten 4.1.2 bis 4.1.5 können Sie sich nun erneut den eingangs zusammengestellten Aufassungen zuwenden. Bedenken Sie diese bitte unter folgenden Fragen: Welcher Ansatz zum Verhältnis von Medium und Individuum sowie Gesellschaft spiegelt sich in den jeweiligen Aufassungen wider? Ist der jeweilige Ansatz eher tragfähig oder eher unangemessen?

4.2 Konzeptionelle Sichtweisen und Ansätze zu medienbezogenen Erziehungs- und Bildungsaufgaben 4.2.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen In der gegenwärtigen Diskussion um Medien – insbesondere zu digitalen Medien – reichen die Argumente von euphorischer Zustimmung und Erwartung bis zur Betonung vielfältiger Gefährdungen. Insgesamt sind dabei unterschiedliche Aufassungen zu Erziehungs- und Bildungsaufgaben im Medienbereich erkennbar. Demgemäß zeigen sich bei Gesprächen unterschiedliche Aufassungen.

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So könnte beispielsweise an einem Montagmorgen ein Gespräch unter Lehrpersonen (A, B usw.) mit folgenden Äußerungen (1, 2 usw.) in einem Teamraum in der großen Pause stattinden: Lehrperson A/1: Montagmorgen in der 9b, das ist wirklich eine Herausforderung. Fast alle Schülerinnen und Schüler waren total überdreht. Konzentriertes Arbeiten an einer Aufgabe, das kannst du vergessen. Smartphone, Computer, Videospiele und Fernseher – wahrscheinlich waren die Jugendlichen das ganze Wochenende nur mit ihren Smartphones und Computerspielen beschäftigt oder haben sich Videoilme reingezogen – vermutlich auch noch solche, die sie gar nicht sehen dürften. Irgendwie müsste man das doch unterbinden können. Und wenn sie schon Spiele, Clips oder Filme nutzen, dann sollten sie wenigsten für Kinder und Jugendliche geeignet sein. Lehrperson B/2: Also ich sehe zwar auch Probleme, aber insgesamt inde ich, dass die Mediennutzung der Jugendlichen auch viele positive Seiten hat. Schließlich müssen sie später in fast jedem Beruf mit digitalen Medien vertraut sein. Daher unterstütze ich es grundsätzlich, wenn die Jugendlichen digitale Medien nutzen. Auch über kulturelle oder politische Sachverhalte können sie sich schnell informieren, gegebenenfalls auch austauschen und eine eigene Meinung bilden. Allerdings sollten sie dazu auch etwas zu den Medienstrukturen und zu ihrer Bedeutung für Wirtschaft und Kultur wissen – nur dann können sie mit den Medien verantwortungsbewusst umgehen. Lehrperson C/3: Ich denke, dass Smartphone, Fernsehen, Computer und Internet fester Bestandteil des Alltags von Kindern und Jugendlichen sind und dass sie diese auch durchaus kompetent nutzen und sich damit in sachgerechter Weise auseinander setzen können. Wenn wir wirklich etwas erreichen wollen, dann schafen wir es letztlich nur mit ihrer Bereitschaft. Wir haben in der letzten Woche gemeinsam eine Webseite zu Medienangeboten für Jugendliche mit bewertenden Kommentierungen erstellt. Die Schülerinnen und Schüler waren richtig begeistert. Sie konnten ihre Fähigkeiten nutzen und ihre Kompetenzen erweitern und haben sogar freiwillig zu Hause an der Webseite weitergearbeitet. Lehrperson B/4: Ich inde gerade die Arbeit mit digitalen Medien sehr wichtig. Dabei kommt es meines Erachtens auch darauf an, dass Kinder und Jugendliche Anwendungen der Informations- und Kommunikationstechnologien in verschiedenen Bereichen kennenlernen, die Strukturen von Hard- und Software durchschauen, Auswirkungen auf Freizeit und Berufsentwicklungen relektieren und zu einer realistischen Einschätzung von Risiken und Chancen der Informations- und Kommunikationstechnologien kommen. Lehrperson D/5: Dennoch – mir ist vor allem wichtig, dass die Medien kritisch gesehen werden. Es ist doch so, dass alle Medien durch bestimmte Interessen geprägt sind. Medien sind nie neutral, irgendwie steckt immer eine bestimmte Ideologie dahinter. Selbst bei harmlos erscheinenden Recherchen sollte klar sein, dass Suchmaschinen durch Werbung inanziert werden oder dass dabei Daten anfallen, die ökonomisch verwertet werden. Daher kann es nicht einfach darum gehen, digitale Medien efektiv zu nutzen. Es geht vielmehr darum, die Medien zu hinterfragen und auch zu überlegen, wie man sie gegebenenfalls nutzen kann, um auf eigene Positionen aufmerksam zu machen.

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Lehrperson E/6: Es gibt auch schon gute Ansätze in unserer Schule. So haben z.B. Frau Kruse und Herr Kempe den Deutsch- und Kunstunterricht untereinander abgestimmt. Während Frau Kruse im Deutschunterricht Werbung im Internet im Hinblick auf Gestaltungsmerkmale, Gestaltungstechniken und verwendete Symboliken analysiert hat, konnten die Schülerinnen und Schüler im Kunstunterricht selbst einen Werbeclip unter bewusster Anwendung von Gestaltungsmöglichkeiten herstellen. Anschließend hat Frau Kruse Passagen aus einer Romanverilmung hinsichtlich ihrer gestalterischen Umsetzung analysiert und mit den Schülerinnen und Schülern diskutiert. So werden Schülerinnen und Schüler auch auf die künstlerischen Möglichkeiten von Medien aufmerksam. 

Es stellt sich die Frage, welche Sichtweisen zu schulischen Aufgaben im Medienbereich den Äußerungen zugrunde liegen und wie diese zu bewerten sind. Nehmen Sie bitte eine erste Charakterisierung und Bewertung der Sichtweisen vor. Für eine entsprechende Einschätzung ist die Bearbeitung von zwei generellen Fragen sinnvoll: (1) Welche konzeptionellen Sichtweisen haben sich zu medienbezogenen Erziehungs- und Bildungsaufgaben im Laufe der Zeit entwickelt? (2) Wie sind die jeweiligen konzeptionellen Vorstellungen zu beurteilen? Bei der Bearbeitung dieser Fragen können die vielfältigen konzeptionellen Vorstellungen zu Erziehungs- und Bildungsaufgaben im Medienbereich in verschiedener Weise charakterisiert und strukturiert werden (vgl. Tulodziecki 1997, S. 82f.; Süss, Lampert u. Wijnen 2010, S. 53f.). Im Folgenden wählen wir einen Zugang, der einerseits helfen soll, verschiedene Sichtweisen und Ansätze zu ordnen, gleichzeitig aber auch die Möglichkeit bietet, auf historische Entwicklungen zu verweisen. Mit dieser Intention lassen sich zunächst folgende Sichtweisen unterscheiden: die behütend-plegende, die ästhetisch-kulturorientierte, die funktional-systemorientierte, die kritisch-materialistische sowie die handlungs- und kompetenzorientierte Sichtweise (vgl. Tulodziecki 1997, S. 82f.). All diese Sichtweisen sind im 20. Jahrhundert unter dem damaligen Leitbegrif der Medienerziehung entstanden und ragen aufgrund ihrer prinzipiellen Bedeutung in gegenwärtige Diskussionen zur Medienbildung hinein. Dabei hatte der Leitbegrif der Medienerziehung zu der damaligen Zeit eine umfänglichere Bedeutung (als wir sie im Abschnitt 1.2.3 skizziert haben), sodass sich vielfältige Bezüge zum Begrif der Medienbildung ergeben (vgl. Tulodziecki 2011, S. 14f.). Bei der Darstellung der einzelnen Sichtweisen werden wir jeweils kurz historische Bedingungen ihrer Entstehung, grundlegende Intentionen, einzelne Umsetzungen, mögliche Schwächen sowie die bleibende Bedeutung ansprechen. Anschließend werden wir noch Ansätze zu einer Informationstechnischen Grundbildung skizzieren, die für die Diskussion um digitale Medien wichtig sind und ebenfalls in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausgeformt wurden.

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4.2.2 Die behütend-plegende Sichtweise Mit dem Aufkommen der Presse bzw. der massenhaften Verbreitung von Druckerzeugnissen entstand in der Pädagogik die Sorge, dass auch wenig geeignete Schriften in die Hände von Kindern und Jugendlichen gelangen könnten. So gab es beispielsweise zum Ende des 19. und zum Beginn des 20. Jahrhunderts – im Rahmen der Kunsterziehungsbewegung – verschiedene pädagogische Stimmen, die vor „Schmutz und Schund“ in den „Groschenheften“ und einer Gefährdung der Kinder und Jugendlichen warnten. Darüber hinaus wurde befürchtet, dass die auf den „Publikumsgeschmack“ ausgerichteten Druckerzeugnisse insgesamt zu einer kulturellen Verarmung führen könnten (vgl. Hickethier 1974, S. 23). Eine besonders kritische Entwicklung begann nach Meinung vieler Pädagogen durch die Entwicklung des Kinoilms. Diese Entwicklung wurde 1895 in Berlin durch Max Skladanowski eingeleitet, der Filmstreifen wie „Das boxende Känguru“ und „Komisches Reckturnen“ im Berliner Wintergarten öfentlich vorführte. In der Folgezeit wurden Filme vor allem auf Jahrmärkten gezeigt. Sie galten bei Pädagoginnen und Pädagogen als äußerst zweifelhaftes Vergnügen. Mit diesen Hinweisen ist eine Denkrichtung der Medienerziehung angesprochen, die man als bewahrpädagogisch bezeichnen kann: Es kommt darauf an, Kinder und Jugendliche vor vermuteten Gefährdungen durch die Medien zu bewahren. Eine entsprechende Denkrichtung wurde auch nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgenommen. So sahen beispielsweise Keilhacker und Keilhacker (1953;1955) aufgrund ihrer ilmpsychologischen Untersuchungen im zu frühen Kinobesuch, im Reizübermaß und in den präsentierten negativen Vorbildern erhebliche Gefährdungen für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen (vgl. 1955, S. 11f.). Mit den bewahrpädagogischen Überlegungen war auch schon früh der Gedanke verbunden, dass es nicht nur darauf ankommt, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen durch Schriften und Filme zu schützen, sondern ebenso darauf, sie mit wertvollen Schriften und Filmen bekanntzumachen. In diesem Zusammenhang betonten z.B. auch Keilhacker und Keilhacker, dass es mit Hilfe erzieherisch wertvoller Filme möglich sei, die Entwicklung von Jugendlichen zu fördern (vgl.1953, S. 85). Entsprechende Entwicklungen waren generell mit der medientheoretischen Aufassung verbunden, dass Kinder und Jugendliche durch Medien sowohl im positiven als auch im negativen Sinne beeinlusst werden können (siehe Abschnitt 4.1.2). Der kurze historische Abriss zeigt, dass medienerzieherische Bemühungen zunächst durch zwei grundlegende Intentionen bestimmt waren: – Behütung der Kinder und Jugendlichen vor Gefährdungen durch die Medien, – Vertrautmachen mit wertvollen medialen Produkten. Um die als notwendig erachtete Behütung umzusetzen, wurden schon früh gesetzliche Maßnahmen zum Jugendschutz ins Auge gefasst. So kam es bereits 1920 zu einem Reichslichtspielgesetz, nach dem sämtliche Filme für eine Zulassung einer Prüfstelle vorgelegt werden mussten. Auch nach dem zweiten Weltkrieg, gab es eine Reihe von Regelungen, die dem Jugendschutz dienen sollten, u.a. die Einrichtung

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der „Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft“ (1949) und ein „Gesetz zum Filmjugendschutz“ (1951) sowie eine „Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften“ (1953). Neben solchen Maßnahmen und Einrichtungen drückte sich die behütend-plegende Position in dem Bestreben aus, wertvolle Medien für Kinder und Jugendliche bereitzustellen. Solche Bemühungen spiegeln sich schon in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts in einer Kinoreformbewegung wider, der es insbesondere um die Produktion und Verbreitung anspruchsvoller Filme für Kinder und Jugendliche ging (vgl. Meyer 1978, S. 21f.). Darüber hinaus mündete die Kinoreformbewegung in eine Schulilmbewegung ein, womit der Weg für eine staatliche Förderung der Produktion von Lehr- und Unterrichtsilmen frei wurde (vgl. S. 41f.). In diesem Zusammenhang kam es 1919 zur Einrichtung der ersten staatlichen Bildstelle als Beratungs- und Prüfstelle für Lehrilme am „Zentralinstitut für Erziehung und Bildung“ in Berlin. Weitere Entwicklungen wurden in der Zeit des Nationalsozialismus in den Dienst politischer Interessen und Propaganda gestellt. Nach dem Zusammenbruch und Ende des zweiten Weltkrieges entstanden zunächst zonale Institute, die 1950 zum „Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht“ (FWU) zusammengeführt wurden. Zugleich gab es Initiativen, die zum Wiederaufbau des Bildstellenwesens führten. Die Heranführung an wertvolle Medienprodukte wurde auch dadurch gefördert, dass man im Zusammenhang mit geeigneten Vorführungen Filmgespräche durchführte. In solchen Filmgesprächen ging es z.B. nach Keilhacker und Keilhacker (1953, S. 35f.) darum, (a) den jeweiligen Filminhalt unter der Frage zu prüfen, ob die gezeigten Handlungsweisen, insbesondere die Handlungsweisen des Helden, in moralischer Hinsicht akzeptabel seien, (b) nach der Form des Films bzw. nach seiner ästhetischen Gestaltung zu fragen und (c) „über die Kulissen“ zu sprechen, wobei es vor allem um Anregungen zum Nachdenken über die Herstellung eines Films und seine Inszenierung ankam. Durch solche Gespräche sollten Kinder und Jugendliche einem möglicherweise „unerwünschten Zauber des Films“ entrissen werden und Distanzierungsfähigkeit gegenüber Medien entwickeln. Eine bloß behütend-plegende Sichtweise und das ursprünglich damit verbundene bewahrpädagogische Denken haben allerdings einige Schwächen: (a) Mit der Erweiterung des Medienangebots – über die zunächst im Fokus stehenden Schriften und Filme hinaus – und dem erleichtertem Zugang für alle ist eine ständige Kontrolle im Sinne der Behütung nicht realisierbar und insofern schon aus praktischen Gründen nicht durchzuhalten. (b) Die medienerzieherischen Überlegungen bleiben auf das unmittelbare Verhältnis von Medium und Rezipient beschränkt. Die vielfältigen Einlüsse, denen Rezipient und Medium im Zusammenhang der medialen Kommunikation im jeweiligen historischen und gesellschaftlichen Kontext ausgesetzt sind, kommen so nicht hinreichend in den Blick.

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(c) Kinder und Jugendliche werden letztlich als (noch) unmündige Rezipienten verstanden. Nur vermeintlich Wertvolles soll ihnen zugänglich gemacht werden. Es besteht zwar kein Zweifel daran, dass Kinder und Jugendliche bis zu einem gewissen Grad schutzbedürftig sind, dennoch muss es das Ziel von Erziehung und Bildung sein, Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung anzustreben. Trotz dieser Kritik hat die behütend-plegende Sichtweise mit ihrer Betonung möglicher Gefährdungen durch Medien und dem Bestreben, für moralisch und ästhetisch anspruchsvolle Medien zu sorgen, auf wichtige Erziehungs- und Bildungsaufgaben aufmerksam gemacht. Allerdings müssen diese Aufgaben aus heutiger Sicht in einen Rahmen gestellt werden, der insgesamt durch den Gedanken bestimmt wird, dass Kinder und Jugendliche im Laufe ihrer Entwicklung die Kompetenz erwerben, die ihnen ein eigenverantwortliches Handeln im Medienbereich ermöglicht (siehe Abschnitt 4.3). In einem solchen Rahmen bleiben die Grundsätze einer behütend-plegenden Sichtweise allerdings bis heute bedeutsam. Beispielsweise sind gesetzliche Regelungen zum Jugendschutz weiterhin wichtig. Dabei verweisen die Diskussionen um Gefährdungen von Jugendlichen durch Videoilme, Computerspiele sowie andere Online- oder Oline-Medien immer wieder auf die Notwendigkeit des Jugendschutzes. Entsprechende Überlegungen haben u.a. das Jugendschutzgesetz (JuSchG) von 2002 hervorgebracht, das in der Folgezeit noch mehrere Änderungen und Ergänzungen erfuhr. Als wichtige Einrichtungen zur Umsetzung agieren heute neben der nach wie vor bestehenden „Selbstkontrolle der Filmwirtschaft“ (FSK) u.a. die „Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen“ (FSF) und die „Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle“ (USK) sowie die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (vgl. Weigand 2008). Auch der Gedanke der Plege im Sinne der Bereitstellung und Verbreitung wertvoller und bildungsrelevanter Medienprodukte lebt weiter. Beispielsweise spiegelt sich die Tradition der früheren Kinoreformbewegung u.a. in der Arbeit der Landesilmdienste sowie des Deutschen Kinder- und Jugendilmzentrum (KJF) in Remscheid wider und das 1950 gegründete FWU ist bis heute als Medieninstitut der Bundesländer mit der Produktion von audiovisuellen Medien für Bildung, Erziehung und Wissenschaft beauftragt. Dabei arbeitet es für deren Verwendung mit den – aus dem vorlaufenden Bildstellenwesen hervorgegangenen – Medienzentren der Länder und Kommunen zusammen (vgl. Tulodziecki 2015b, S. 65f.). Aber auch andere Institutionen stellen speziische und für Kinder und Jugendliche geeignete Angebote in unterschiedlichen Medienarten bereit, z.B. im Fernsehen, im Radio, in den Printmedien und im Internet. 4.2.3 Die ästhetisch-kulturorientierte Sichtweise In den 1960er-Jahren verstärkte sich das Unbehagen an einer bloß behütend-plegenden Sichtweise – vor allem wenn sie mit einer strengen bewahrpädagogischen Grundposition verbunden war. Besondere Kritik rief hervor, dass die Notwendigkeit einer

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Filmerziehung in pädagogischen Diskussionen im Wesentlichen mit der Annahme von Gefährdungen begründet wurde (vgl. Peters 1963, S. 16). Dabei hatte sich der Film mittlerweile von seinen Anfängen als Jahrmarktvergnügen zu einer bedeutenden Kunstform entwickelt. Zudem erlebte das Kino in den 1950er-Jahren eine Blütezeit als Massenmedium. So wurden allein in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1956 ca. 800 Millionen Kinobesuche gezählt. Parallel dazu kam die Verbreitungsmöglichkeit von Filmen über das Fernsehen hinzu. Filme wurden nicht mehr nur als einfache Mittel der Unterhaltung verstanden, sondern auch als ernstzunehmende Informationsmedien, z.B. in Form von Dokumentarilmen, und als künstlerische Ausdrucksmöglichkeit von großer kultureller Bedeutung (vgl. Chresta 1963, S. 13f.). Vor diesem Hintergrund hatte sich auch die Annahme überholt, der Filmerziehung komme vor allem eine Schutzfunktion gegenüber medialen Verführungen zu (vgl. S. 18f.). So verstärkte sich mit der Zeit eine Sichtweise, die man als ästhetisch-kulturorientiert bezeichnen kann. Als grundlegende Intentionen für diese Sichtweise können gelten: – Hinführung zu einer Wertschätzung von Filmen bzw. Medien und ihre Anerkennung als kulturell bedeutsame und künstlerische Ausdrucksformen, – Entwicklung eines kritischen Urteilsvermögens zur Unterscheidung von guten und schlechten Filmen bzw. Medienerzeugnissen. Zur Umsetzung dieser Intentionen strebte beispielsweise Peters in den 1960er-Jahren an, dass Schülerinnen und Schüler lernen, die „Sprache“ von Bild und Film angemessen zu verstehen, die ästhetischen Werte des Films zu erfassen und Filminhalte hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen, ethischen und geistigen Qualitäten zu beurteilen (vgl. 1963, S. 24f.). Diese Zielvorstellungen sollten durch eine „Lehre von der Sprache des Films“, eine „Lehre von der Wertschätzung des Films als Kunstwerk“ sowie eine „Lehre von der kritischen Aufnahme von Filminhalten“ erreicht werden (vgl. S. 26). Hinsichtlich der methodischen Umsetzung galten Unterrichtung, Demonstration, Filmgespräche, das Herstellen eigener Filme sowie Filmanalysen als bedeutsam (vgl. S. 81f.). In ähnlicher Weise hat Chresta (1963) die Filmerziehung als kulturelle und gesellschaftliche Notwendigkeit angesehen, und Nowak (1967) forderte unter dem Eindruck der zunehmenden Bedeutung des Fernsehens eine „visuelle Bildung“ für alle. Durch die ästhetisch-kulturorientierte Sichtweise wurden die vorhergehenden ilmerzieherischen Überlegungen aus ihrer moralischen Enge und ihrer „negativen Begründung“ durch die Gefahren des Films befreit. Dennoch haften der Sichtweise in ihrer „reinen“ Form einzelne Schwächen an: (a) Die Sichtweise ist in besonderer Weise auf ästhetisch qualitätsvolle Filme bzw. Medien bezogen. Insofern enthält sie eine normative Dimension. Dabei besteht die Gefahr, dass eine einfache Auf- oder Abwertung einzelner Medienprodukte ohne hinreichende Klärung von Qualitätsmaßstäben und ohne Bezug zu lebensweltlichen Bedingungen der jeweils Nutzenden erfolgt. (b) Die deutliche Akzentsetzung beim künstlerischen Produkt kann dazu führen, dass bei Einschätzungen zur Medienrezeption Formaspekte so in den Mittel-

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punkt rücken, dass inhaltliche Interessen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen unter Umständen vernachlässigt werden. (c) Die eigene Herstellung von Medien wird zwar empfohlen, dabei jedoch vor allem als Methode betrachtet, um zu einem angemessenen Verständnis der Mediensprache und zur Wertschätzung künstlerischer Medienprodukte zu führen. Die Bedeutung der Medienherstellung als Ausdrucksmittel für eigene Bedürfnisse und hemen kommt so nicht zur Geltung. Trotz dieser Schwächen bleibt es das Verdienst der ästhetisch-kulturorientierten Sichtweise, dass mit ihr eine „visuelle Bildung“ gefordert und damit das Verstehen von Bildern und Filmen bzw. Bildmedien als eine kulturelle Notwendigkeit ins Bewusstsein kam. Zugleich wurden mediale Gestaltungen als eigenständige Kunstformen in den Kontext der Kunsterziehung gestellt und die eigene Herstellung von Medien als wichtige Methode begründet. Die bleibende Bedeutung dieser Sichtweise zeigt sich u.a. daran, dass sie auch nach ihrer Entstehungszeit wichtige medienpädagogische Entwürfe beeinlusst hat, z.B. den Entwurf von Doelker (1989), in dem Fernsehen auf der Basis eines erweiterten Textbegrifes als Kulturtechnik entfaltet wird. Auch bei Moser (2010) ergeben sich Bezüge zu einer ästhetisch-kulturorientierten Sichtweise, wenn sie bei ihm letztlich auch in einem kompetenzorientierten Kontext stehen (siehe dazu Abschnitt 4.2.6). Er richtet den Blick auf eine „semiologische“ – d.h. zeichentheoretische – Betrachtung von Medienangeboten. Damit greift er einen Zugang auf, der auch in angloamerikanischen Ansätzen eine besondere Rolle spielt (vgl. z.B. Masterman 1986; Buckingham 2003; Hobbs 2007). Auf der Grundlage eines erweiterten Textbegrifs werden Sprache, Bilder und Symbole in Medienangeboten als Texte verstanden, die es zu analysieren, kritisch einzuordnen und auch selbst zu produzieren gilt (vgl. Moser 2010, S. 250f.). Dies macht ein vorhergehendes und begleitendes Vertrautwerden mit der „Bildsprache“ in Analogie zur „Alphabetisierung“ für das Verständnis schriftsprachlicher Texte notwendig. Dabei sollen im Sinne der Cultural Studies sowohl die Inhalte der Medientexte und ihre Formate als auch die Adressaten und der Kontext betrachtet werden (vgl. S. 264f.). Außer in medienpädagogischen Entwürfen spielt die ästhetisch-kulturorientierte Sichtweise in kunstpädagogischen Ansätzen eine wichtige Rolle. So werden z.B. in dem Ansatz von Pasuchin (2006) zu einer intermedialen künstlerischen Bildung – über Analogien medialer und künstlerischer Entwicklungen – Medien- und Kunsttheorie miteinander verbunden. Dabei betont er zugleich den engen Zusammenhang zwischen visuellen, sprachlichen, musikalischen und körperlich-künstlerischen Ausdrucksformen. 4.2.4 Die funktional-systemorientierte Sichtweise Von der Mitte der 1950er Jahre an wandelte sich die Medienlandschaft in der Bundesrepublik Deutschland erheblich. Besondere Bedeutung kam dabei der Ausbrei-

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tung des Fernsehens zu. Bereits 1970 waren ca. 70% der Haushalte in der Bundesrepublik mit einem Fernsehgerät ausgestattet (vgl. Media Perspektiven 1987, S. 57). Solche Entwicklungen mussten auch Einluss auf medienpädagogische Überlegungen nehmen. Zunächst führten sie dazu, dass die behütend-plegende und die ästhetisch-kulturorientierte Sichtweise erweitert wurden: Medienpädagogische Überlegungen waren nicht mehr auf Schriften und Filme ixiert. Die ganze Palette der Massenmedien kam in den Blick. Zugleich verschob sich die Konzentration von dem Verhältnis „Medium – Rezipient“ zu einer Orientierung an Kommunikationsmodellen mit ihren Elementen (siehe Abschnitt 4.1.2). Zusammen mit einem entsprechenden Systemdenken machte sich ein gewisser Optimismus im Hinblick auf das Erreichen wünschenswerter Zustände nicht nur im technischen, sondern auch im ökonomischen und sozialen Bereich breit. Dieser Optimismus führte in den 1950er- und 1960er-Jahren zu einer neuen Fortschrittsgläubigkeit. Für medienpädagogische Überlegungen bedeutete dies, dass es vor allem darauf ankam, die Medien zur Förderung von Information und Bildung sowie von Wirtschaft und Kultur im Rahmen eines demokratischen Systems zu nutzen und die Rezipienten gleichzeitig auf einen optimalen Umgang mit den Medien vorzubereiten. Im demokratischen System muss der Rezipient dabei als mündiger bzw. kritikfähiger Bürger gedacht werden. Der mündige Rezipient würde dann – so die Hofnung – mindestens langfristig dafür sorgen, dass durch entsprechende Rückkopplungen im System ein für Wirtschaft und Demokratie funktionales und für die Kultur hochwertiges Medienangebot entsteht. Die entsprechende funktional-systemorientierte Sichtweise ist demgemäß durch zwei grundlegende Intentionen geprägt: – Befähigung zur relektierten Nutzung von Medien für Information und Bildung als Teil einer Erziehung zum mündigen Rezipienten, – Förderung von Wirtschaft, Kultur und Demokratie durch eine verantwortungsbewusste Mediennutzung. Für eine Umsetzung dieser Intentionen waren beispielsweise für Kerstiens (1971) mit Bezug auf die damaligen Bedingungen drei Teilziele wichtig: Verstehen der Medienangebote und der Zusammenhänge im Bereich der Massenkommunikation, Beurteilen der Medienangebote im Kontext der Massenkommunikation und ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung, Einordnen der eigenen Teilhabe am Massenkommunikationsprozess in den individuellen Lebenszusammenhang. Diesen Zielen sollte eine schulische Medienkunde dienen. Als konkrete Unterrichtsgegenstände galten: die Nachricht, das Bild, Fiktion und Realität, die Struktur medialer Aussagen, Stilformen medialer Aussagen, die Funktion der Überschrift, der Werbeaspekt, die Rolle des Menschen sowie Medien als Wirtschaftsfaktoren. Für unterrichtsmethodische Umsetzungen sollten genutzt werden: Gespräche zur Aufarbeitung außerschulischer Medienerfahrungen, das Filmgespräch, wie es vor allem von Keilhacker und Keilhacker entwickelt worden war, die Verwendung didaktisch aufbereiteter Materialien sowie die Erstellung eigener Plakate (vgl. Kerstiens 1971, S. 69f.).

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Allerdings hat eine solche funktional-systemorientierte Sichtweise – trotz einzelner Erweiterungen gegenüber der behütend-plegenden und ästhetisch-kulturorientierten Position – einige Schwächen: (a) Die Sichtweise ist vom Ursprung her an einem harmonistischen Demokratieverständnis (mit einer sozialverantwortlichen Marktwirtschaft) orientiert: Jedes Mitglied der Gesellschaft wird danach streben, seine Funktion im System nach bestem Wissen wahrzunehmen. Dies würde dann jedem Einzelnen und der Gesellschaft zugute kommen sowie zu einer demokratieförderlichen Medienkultur führen. Entsprechende Hofnungen müssen allerdings angesichts ökonomischer und machtbezogener Interessen im Mediensystem als illusorisch eingestuft werden. (b) Die Verantwortung für das Medienangebot wird letztlich dem Mediennutzer übertragen. Als mündiger Rezipient hat er durch seine Auswahl für ein politisch und kulturell anspruchsvolles Programm zu sorgen. Einerseits wird dabei die Einlussmöglichkeit des Mediennutzers auf das Angebot überschätzt, andererseits erweist sich die Annahme eines stets verantwortlich agierenden Rezipienten als Illusion, die nicht selten zur Rechtfertigung eigener Interessen von Medienproduzenten suggeriert wird. (c) Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen bei einer funktional und systemorientierten Betrachtungsweise insbesondere die Rolle des Rezipienten zugewiesen und implizit vorausgesetzt wird, dass die Produzentenrolle vor allem einer kleinen Gruppe von Medienmachern zukommt. Trotz solcher Probleme hat auch die funktional-systemorientierte Sichtweise wichtige Akzentsetzungen gebracht, hinter die heutige Medienbildung nicht zurückfallen darf. Sie liegen besonders in der Betonung, dass die Ziele der Medienbildung im Kontext allgemeiner Erziehungs- und Bildungsziele stehen und der Leitidee von Verantwortung und Mündigkeit verplichtet sein sollen, dass Medien und Medienbildung wichtige Funktionen im Hinblick auf Wirtschaft, Kultur und Demokratie haben und dabei stets in einem komplexen Feld von Einlussfaktoren zu sehen sind und dass die Medienbildung eine curriculare Verplichtung darstellt. Demgemäß zeigen sich beispielsweise bis heute Einlüsse einer funktional-systemorientierten Sichtweise in der Forderung, dass die Medienbildung in Richtlinien und Lehrplänen zu verankern ist – sei es in fächerbezogener oder fächerübergreifender Weise (vgl. z.B. Niesyto 2011). Darüber hinaus spiegelt sich die funktional-systemorientierte Sichtweise in verschiedenen Ansätzen zu einer Informationstechnischen Grundbildung wider. In diesen wird in besonderer Weise betont, dass digitalen Medien eine gesellschaftlich wichtige Informations- und Bildungsfunktion zukommt und dass sie bedeutsam für Wirtschaft, Kultur und Demokratie seien (siehe dazu Abschnitt 4.2.7). Eine vergleichbare Sichtweise ist auch im anglo-amerikanischen Sprachraum bedeutsam. So betont u.a. Jenkins bei seinen Überlegungen zu einer 21st century literacy, dass Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien eine bedeutsame Rolle für das Engagement und die Partizipation von Bürgerinnen und

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Bürgern an Kultur und Gesellschaft haben und diese durch Schule, außerschulische Programme und Elternarbeit gefördert werden müssen (vgl. Jenkins 2006, S. 7f.). 4.2.5 Die kritisch-materialistische Sichtweise Die Zeit des Nationalsozialismus war ein ofensichtliches Beispiel dafür, wie Medien zur Verbreitung einer politischen Ideologie benutzt werden können. Dass die Gefahr einer Inanspruchnahme der Medien für Ideologien in westlichen Demokratien keineswegs gebannt ist, sondern als strukturelles Problem weiterbesteht, haben vor allem die Autoren der Frankfurter Schule mit ihrer Kritik an der Kulturindustrie auf der Basis einer neomarxistischen Gesellschaftstheorie dargelegt (siehe Abschnitt 4.1.3). Medienforschung hat bei dieser Sichtweise vor allem ideologiekritisch vorzugehen und zu eigenen interessengeleiteten medialen Artikulationen anzuleiten. In der Medienpädagogik entwickelte sich die kritisch-materialistische Sichtweise schwerpunktmäßig zum Ende der 1960er-Jahre und am Anfang der 1970er-Jahre. In ihr manifestierte sich nicht zuletzt ein Unbehagen an dem damals vorherrschenden systemfunktionalistischen Denken sowie an der zunehmenden Fremdbestimmung des Alltags – auch durch die Medien und ihre Monopolisierung in verschiedenen Bereichen. Seinen politischen Ausdruck fand dieses Unbehagen in der außerparlamentarischen Opposition bzw. in der Studentenbewegung. So propagierte beispielsweise Enzensberger (1970) eine sozialistische heorie der Medien. Dabei stellt er dem nach seiner Aufassung repressiven Mediengebrauch der damaligen Zeit einen emanzipatorischen Mediengebrauch gegenüber. Der repressive Mediengebrauch wird von ihm vor allem durch zentral gesteuerte Programme mit wenigen Sendern und vielen Empfängern charakterisiert, wobei die Produktion nur durch Spezialisten unter der Kontrolle von Eigentümern oder Bürokraten erfolgt und die Empfänger als isolierte und entpolitisierte Individuen mit passiver Konsumentenhaltung erscheinen. Demgegenüber soll der angestrebte emanzipatorische Mediengebrauch durch dezentralisierte Programme gekennzeichnet sein, wobei jeder Empfänger zugleich ein Sender sein kann mit Interaktion der Teilnehmenden, kollektiven Produktionen und Mobilisierung der Massen im Sinne eines selbstorganisierten politischen Lernprozesses unter gesellschaftlicher Kontrolle (vgl. Enzenzberger 1970). Vor einem solchen Hintergrund lassen sich als grundlegende Intentionen einer entsprechenden medienpädagogischen Sichtweise nennen: – Befähigung zur ideologiekritischen Analyse von Medien als Gesellschaftskritik, – eigene interessengeleitete Produktion von Medien und deren Verbreitung als Herstellung von Gegenöfentlichkeit. Für eine Umsetzung dieser Intentionen in der damaligen gesellschaftlichen Situation ging z.B. Holzer (1974) von folgenden Zielvorstellungen aus: Entwickeln der Fähigkeit, Medienprodukte, Medieninstitutionen und die eigene Rezeptionssituation im gesellschaftlichen Ganzen ideologiekritisch zu analysieren, Befähigung

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zur Einlussnahme auf bestehende Medieninstitutionen mit dem Ziel einer Veränderung im Sinne der Interessen der Arbeiterklasse sowie Befähigung zur Nutzung von Medien als Mittel der Herstellung von spontaner bzw. proletarischer Gegenöffentlichkeit. Inhaltlich kamen dabei vor allem nachstehende hemen in den Blick: herrschaftsstabilisierende Elemente und Normen in Produkten der Kulturindustrie, Warencharakter von Medien und damit verbundene ökonomische und politische Interessen, Monopolisierungstendenzen in der Medienlandschaft und ihre Konsequenzen, herrschaftsdienliche Kanalisierung von Bedürfnissen und Kommunikationsansprüchen durch die Massenmedien sowie mediale Ausdrucks- und Stilformen zur Artikulation eigener Interessen und Bedürfnisse und Verbreitung selbstproduzierter Medienbeiträge. Bezogen auf die Durchführung von entsprechenden Aktivitäten reichte das Spektrum von der bloßen Belehrung im Frontalunterricht bis zur Projektarbeit. Konzeptionell entspricht einer kritisch-materialistischen Sichtweise allerdings am ehesten die Projektarbeit (vgl. z.B. Schwarz 1974). Trotz mancher erweiternder Aspekte gegenüber der funktional-systemorientierten Sichtweise haften der kritisch-materialistischen Sichtweise in ihrer ursprünglichen Form verschiedene Probleme an: (a) Zwischen den Zielvorstellungen einer kritisch-emanzipatorischen Medienanalyse und der neomarxistischen Ideologiekritik besteht ein gewisser Widerspruch: Einerseits sollen sich Kinder und Jugendliche selbstständig und kritisch mit den Medien auseinandersetzen, andererseits steht das Ergebnis der Auseinandersetzung bereits fest: Medien können immer nur als Vehikel der Herrschaftssicherung und Proitmaximierung gesehen werden. (b) Ein eigentümlicher Widerspruch liegt auch in der Sprache kritisch-materialistischer Medientheoretiker und Medienerzieher und ihrer eigentlichen Zielgruppe: der von ungerechtfertigter Herrschaft zu befreienden Arbeiterklasse. Die neomarxistische Sprache ist nicht selten elitär und keineswegs dem Verständnisniveau von Arbeitern angemessen. (c) Auch die in der Ideologiekritik verfolgten Ziele überschreiten häuig den Verständnishorizont der Betrofenen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen. Gefordert wird mindestens eine gesellschaftliche, letztlich jedoch eine über die gegebene gesellschaftliche Situation hinausreichende Perspektive. Eine solche dürfte nur bei einem kleinen Teil der Erwachsenen vorhanden sein und ist bei Jugendlichen höchstens nach relativ langer Entwicklung im späten Jugendalter zu erwarten (siehe auch Abschnitt 2.2.4). Trotz dieser Kritikpunkte hat die kritisch-materialistische Sichtweise wichtige Anregungen gegeben, die – wenn gegebenenfalls auch in einem anderen medientheoretischen Rahmen – für die Medienpädagogik generell von Bedeutung sind. Zunächst haben die Vertreter dieses Ansatzes deutlich gemacht, dass von Medien nicht nur Gefahren für das Individuum ausgehen können (wie es schon die behütend-plegende Medienerziehung herausgestellt hat), sondern auch für die demo-

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kratische Gesellschaft insgesamt. Insofern sind gesellschaftliche Analysen der Medienentwicklung vonnöten. Weitere wichtige Anregungen liegen in der Betonung von Medienkritik als medienpädagogischer Aufgabe und in der Auforderung zum aktiven Gebrauch von Medien zur Artikulation eigener Interessen. Anregungen durch die kritisch-materialistische Sichtweise und Weiterführungen inden sich demgemäß auch in späteren Ansätzen einer kritisch orientierten Medienpädagogik wieder, insbesondere in Ansätzen zur Medienkritik und zu eigener Mediengestaltung als wichtigen Aufgaben von Medienerziehung und Medienbildung. Beispielsweise sieht Niesyto (2017) Medienkritik als zentralen Bestandteil von Medienkompetenz sowie politisch-kultureller Medienbildung und fordert gleichzeitig die Stärkung einer gesellschafts- und medienkritischen Perspektive (vgl. S. 268f.). Die Bedeutung aktiver Medienarbeit für Jugendliche mit der Möglichkeit aufgrund authentischer Erfahrung den „eigenen und gesellschaftlichen Lebensprozess relexionsorientiert, selbstbestimmt und verantwortlich zu gestalten und sich aktiv an der Veränderung gesellschaftlicher Bedingungen zu beteiligen“ wird u.a von Schell besonders betont (S. 179f.). Auch im anglo-amerikanischen Zusammenhang stellen Medienkritik und aktive Medienarbeit wichtige Grundideen dar. Beispielsweise gilt im Ansatz von Masterman (1986) die Entwicklung eines autonomen und kritischen Verständnisses von Medienangeboten unter Nutzung nicht-hierarchischer LehrLernmethoden als ein zentrales Ziel, und Kellner und Share (2005) zielen mit ihrem Ansatz einer critical media literacy – basierend auf den Überlegungen von Masterman (1986) – darauf, dass Schülerinnen und Schüler eigene Medienbotschaften und Identitäten entwerfen und damit die materialen und sozialen Bedingungen ihrer Kultur und Gesellschaft gestalten und verändern (vgl. Kellner u. Share 2005, S. 16). 4.2.6 Die handlungs- und kompetenzorientierte Sichtweise Die oben genannten Probleme verschiedener medienpädagogischer Ansätze führten dazu, über ein weiterführendes Konzept nachzudenken. Gestützt wurde dieser Versuch durch die Entwicklung von medientheoretischen Ansätzen, die den Rezipienten mit seinen Bedürfnissen, Kenntnissen, Fähigkeiten und Lebensbedingungen sowie die Mediennutzung als interaktiven Prozess in sozialen Kontexten in den Blick rückten (siehe dazu Abschnitt 4.1.4). Danach ist Mediennutzung als soziales Handeln zu begreifen: Zwischen Medien und Rezipienten besteht im Rahmen des jeweiligen sozialen Kontextes ein Wechselverhältnis. Das Individuum wendet sich mit bestimmten Bedürfnissen, Erwartungen und Vorstellungen den Medien zu, die Medien bieten jedoch im vorhandenen Lebenszusammenhang nur bestimmte vorgeformte Möglichkeiten und wirken in ihrer Gesamtheit auf die Bedürfnisse, Vorstellungen und Erwartungen der Nutzenden zurück. Menschliche Handlungen werden in diesem Sinne weder als beliebig noch als zufällig noch als determiniert verstanden. Der Mensch hat zum einen Entscheidungsfreiheit, folgt zum anderen aber auch konventionellen Regeln und

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strukturellen Bedingungen. Erst in dem damit angesprochenen Verhältnis zwischen Mediennutzung als Handeln und Lebenskontext erschließt sich die Bedeutung der Medien für den Einzelnen und die Gruppe, in der er lebt (vgl. Bachmair 1984; Charlton u. Neumann 1986; Baacke 1992). Vor dem Hintergrund solcher Annahmen entstand eine medienpädagogische Sichtweise, die man als handlungs- und kompetenzorientiert bezeichnen kann. Als ihre grundlegenden Intentionen lassen sich nennen: – Ermöglichung einer selbstbestimmten Rezeption und Produktion von Medien im Sinne sozialen Handelns in lebensweltlichen Zusammenhängen, – Entwickeln von kommunikativer Kompetenz und ihre Ausprägung als Medienkompetenz in einer durch Medien mitbestimmten Gesellschaft. Grundlegende Gedanken zu entsprechenden Intentionen gehen vor allem auf Baacke (1973) zurück. Seine Sichtweise einer handlungsorientierten Medienpädagogik hat er u.a. 1992 mit Bezug auf vier Grundbegrife erläutert: Kommunikation, Handeln, Wahrnehmung und Kompetenz, wobei er zunächst den Zusammenhang von Kommunikation und Handeln herausstellt und dann betont, dass es die Wahrnehmung sei, „über die wir unser sinnhaftes Handeln und unsere Kommunikationsakte steuern“ (S. 41). Insofern fasst er Wahrnehmungskompetenz als Grundlage für Kommunikations- und Handlungskompetenz auf (vgl. S. 42; siehe auch Abschnitt 4.3.2). Fröhlich (1982) hat – ausgehend von grundlegenden Baacke’schen Gedanken – als einer der ersten ein schulisches Konzept zur Umsetzung der handlungs- und interaktionsorientierten Sichtweise entwickelt. Dabei ging er von folgenden allgemeinen Leitkategorien aus: Handlungsorientierung, Kommunikationsorientierung, Projektorientierung und Situationsorientierung (vgl. S. 99f.). Im Zusammenhang damit waren für ihn folgende Ziele wichtig: Erwerb von Einsichten in Prozesse medialer Kommunikation, Entwicklung von Rezeptions- und Produktionskompetenz, Befähigung zu selbstbestimmtem und situationsangemessenem Handeln im Medienbereich unter Beachtung sozialer und gesellschaftlicher Zusammenhänge. Ausgangspunkte für medienpädagogische Aktivitäten sollen nach Fröhlich bestimmte Situationen sein, aus denen sich unterrichtliche bzw. schulische Inhalte ergeben können, Beispielsweise lässt sich die lebensweltliche Situation, dass Jugendliche Musik hören oder Musiksendungen sehen und Discos besuchen, als Ausgangspunkt für ein schulisches Projekt nutzen, in dem sie die Musiknutzung in ihrer peer group erheben, ihre Lieblingsstücke vorstellen und ihre Wahl begründen, verschiedene Funktionen von Musik kennenlernen, Musik als Ware und als Konsumartikel analysieren und selbst Musik produzieren und aufzeichnen (vgl. S. 202f.). Mit einem solchen Vorgehen ist die Aufassung verbunden, dass einzelne hemen, z.B. Musikkonsum oder Fernsehnutzung, nicht von sich aus medienpädagogische Bedeutung haben, sondern diese erst durch die aktive Auseinandersetzung der Jugendlichen mit ihnen gewinnen. Zugleich soll über Ziele, Inhalte und Vorgehensweisen eine Verständigung zwischen Lehrenden und Lernenden herbeigeführt werden.

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Neben vielen Vorzügen, die mit der handlungs- und kompetenzorientierten Sichtweise in ihrer frühen Ausprägung verbunden sind, zeigen sich im Rückblick auch einzelne Schwächen: (a) Der für das Konzept einer handlungsorientierten Medienerziehung zentrale Begrif der Handlung wird zwar vor dem Hintergrund interaktionistischer heorien als soziale Interaktion thematisiert und gedeutet (vgl. z.B. Baacke 1992, S. 36f.; Fröhlich 1982, S. 103f.), allerdings werden dabei bedürfnis-, lernund entwicklungsbezogene Aspekte des Handelns nicht hinreichend geklärt. (b) Die hauptsächliche Strukturierung nach den Grundbegrifen Kommunikation, Handlung, Wahrnehmung und Kompetenz (bei Baacke 1982) oder nach den Kategorien Handlungsorientierung, Kommunikationsorientierung, Projektorientierung und Situationsorientierung (bei Fröhlich 1982) bringt die Gefahr mit sich, dass systematisch-inhaltliche Überlegungen keine hinreichende Berücksichtigung erfahren. (c) Die weitgehende Situationsorientierung bietet zwar viele Anregungen für medienpädagogische Aktivitäten, gleichwohl besteht die Gefahr, dass die – auch notwendige – Systematisierung zu kurz kommt und damit kein hinreichender curricularer Rahmen für den notwendigen Kompetenzerwerb entwickelt wird. Trotz dieser eingrenzenden Hinweise markieren die konzeptionellen Überlegungen von Baacke und Fröhlich wichtige Schritte auf dem Weg zu einem zeitgemäßen Konzept für die Medienerziehung bzw. Medienbildung. Dabei halten wir folgende Grundforderungen für besonders wichtig: Medienerziehung und Medienbildung sollen möglichst handelnd erfolgen und für Handeln bedeutsam werden; die Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen soll als Voraussetzung für medienpädagogisches Handeln in den Blick genommen und konstruktiv einbezogen werden; mediale Kommunikation ist im Kontext von personaler Kommunikation zu sehen und Medienkompetenz ist als Bestandteil kommunikativer Kompetenz zu betrachten; Medienerziehung und Medienbildung sollen im Rahmen projektartiger Verfahren zur Öfnung von Schule und zur Verbindung von Schule und Lebenswelt beitragen. In vielen Fällen sind Grundgedanken einer handlungs- und kompetenzorientierten Sichtweise auch für nachfolgende Ansätze zur Medienerziehung bzw. Medienbildung bedeutsam geblieben, wobei unterschiedliche und zum Teil auch neue Akzentsetzungen erfolgten. So stehen in den 1990er-Jahren z.B. die Ansätze von Schorb (1995), Tulodziecki (1997) und Röll (1998) in der Tradition einer handlungs- und kompetenzorientierten Sichtweise. Schorb geht es mit seinem Konzept einer relexiv-praktischen Medienaneignung vor allem darum, durch handelndes Lernen bzw. praktische Medienarbeit und begleitende geistige Prozesse bedeutsame Erkenntnisse zu Medien als Mittler und Mittel der Kommunikation im lebensweltlichen Kontext zu gewinnen, sich dabei Medien anzueignen und kommunikative Kompetenz zu erwerben (vgl. 1995, S.180f.). Tulodziecki (1997) betont bei sei-

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nem handlungs- und entwicklungsorientierten Ansatz, dass medienpädagogische Aktivitäten von bedeutsamen situativen Anforderungen ausgehen sollten, und zeigt auf, wie in medienpädagogischen Prozessen unter Beachtung der Bedürfnislage von Aufwachsenden sowie ihres Erfahrungs-, Kenntnis- und Entwicklungsstandes sowohl neue Erfahrungen gemacht und inhaltliches Wissen erworben als auch die intellektuelle und sozial-moralische Entwicklung gefördert werden können (vgl. 1997, S. 112f.). Röll setzt demgegenüber im Kontext seines wahrnehmungs- bzw. symbolorientierten Ansatzes den Fokus auf die „sinnenhafte und sinnlich ästhetische Aneignung von sozialer Wirklichkeit“ (1998, S. 9): Im Mittelpunkt steht ein produktiver Umgang mit Medien, bei dem u.a. Symboliken in medialen Alltagskulturen, wie sie sich z.B. in Videoclips, Werbung, Videokunst, Musik oder Computeranimationen zeigen, in handlungsorientierter Weise erarbeitet und Medienprodukte selbst gestaltet werden sollen (vgl. S. 147f. und S. 295f.). Neben den dargestellten Sichtweisen ist mit besonderem Blick auf digitale Medien noch der – im Abschnitt 4.2.4 schon kurz erwähnte – Ansatz zu einer Informationstechnischen Grundbildung von besonderer Bedeutung. 4.2.7 Ansätze zu einer Informationstechnischen Grundbildung Schon in den 1980er-Jahren wurde gefordert, dass die Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien) ein wichtiges hema der Allgemeinbildung sein sollten. Diese Forderung ergab sich zunächst als Reaktion auf Entwicklungen im Bereich der Mikroelektronik, die als entscheidende Schlüsseltechnologie für die Zukunft betrachtet wurde. Die Mikroprozessor-Technologie ließ sich zum einen nutzen, um autonome informationstechnische Systeme preiswert zu realisieren, z.B. Taschenrechner und Personalcomputer, zum anderen führte sie dazu, dass informationstechnische Bauteile verstärkt in technische Systeme integriert wurden, z.B. für die Prozesssteuerung von chemischen Anlagen oder von Produktionseinrichtungen in der Automobilindustrie. Als bedeutsame technische Möglichkeiten bzw. Eigenschaften der neuen Technologie galten die Durchführung schematisierbarer „geistiger Arbeit“, die Steuerung und Regelung technischer Prozesse bzw. Systeme sowie die hohe Adaptivität und Flexibilität (vgl. Hauf u.Tulodziecki 1992, S. 107f.). Weitreichende Konsequenzen für Wirtschaft und Gesellschaft, für Beruf und Freizeit zeichneten sich ab. So verwundert es nicht, dass die Forderung nach einer Informationstechnischen Grundbildung auf einem relativ breiten gesellschaftlichen Konsens beruhte, wobei sich in den Begründungen unterschiedliche Aspekte widerspiegelten, z.B. ökonomische, lebenspropädeutische oder kultur- und gesellschaftsbezogene (vgl. Ackermann 1990, S. 48f.) Dabei spielte nicht zuletzt die Sorge eine Rolle, dass die bundesdeutsche Wirtschaft ohne entsprechende Bildungsmaßnahmen auf Dauer gegenüber Japan und den USA nicht konkurrenzfähig bleiben würde (vgl. von Gizycki u. Weiler 1980; Deutscher Bundestag 1983). Auch im inter-

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nationalen Raum gab es mittlerweile Empfehlungen, für die „computer-literacy“ aller Bürgerinnen und Bürger Sorge zu tragen, um einem drohenden „Computeranalphabetismus“ entgegenzuwirken: Der gebildete Mensch der Zukunft müsse zwar keine auf den IT-Bereich spezialisierte Person sein, er solle jedoch über einige – als unverzichtbar angesehene – Grundkenntnisse und -fertigkeiten im Bereich der Datenverarbeitung verfügen, z.B. Beherrschung von Grundbegrifen, Analyse und Interpretation sowie Nutzung von Computerprogrammen, Schreiben einfacher Programme (vgl. Lewis u. Tagg 1981). In diesem Zusammenhang wurde im deutschsprachigen Raum u.a. ein Informationstechnik-Führerschein gefordert. Allerdings grifen solche Forderungen – mit ihrer Konzentration auf Bedienung sowie Nutzung und ökonomische Verwertbarkeit – zu kurz, weil soziale bzw. gesamtgesellschaftliche Erwägungen weitgehend ausgeklammert wurden (vgl. Bosler u. Hansen 1981). Die Diskussion mündete schließlich in das „Gesamtkonzept für die Informationstechnische Bildung“ der damaligen Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung ein (BLK 1987). Darin wird zwischen einer Informationstechnischen Grundbildung, einer vertiefenden Informationstechnischen Bildung in Form der Informatik, einer berufsbezogenen Informatik und Studienangeboten zur Informatik und ihrer Anwendung unterschieden. Hinsichtlich der Informationstechnischen Grundbildung spiegeln sich im BLKGesamtkonzept zwei leitende Prinzipien wider: Durchschauen der Computertechnologie und ihrer Anwendungen sowie verantwortungsbewusste Nutzung zur Förderung von Wirtschaft und Gesellschaft. Damit verbundene Ziele wurden in den – an das BLK-Gesamtkonzept anschließenden – länderspeziischen Konzepten zur Informationstechnischen Grundbildung auf unterschiedliche Aufgaben und Inhalte bezogen (vgl. Hauf-Tulodziecki 1992). Beispielsweise sahen die „Vorläuigen Richtlinien zur Informations- und Kommunikationstechnologischen Grundbildung in der Sekundarstufe I“ von Nordrhein-Westfalen die folgenden drei Aufgaben und entsprechende Inhalte vor (vgl. Kultusminister des Landes NordrheinWestfalen 1990, S. 8f.): – Anwendungen kennen lernen, z.B. Speicherung und Verarbeitung großer Datenmengen in Wirtschaft und Verwaltung, Steuerung von Abläufen in Produktion und Fertigung, Transport von Daten und Rechnerleistungen durch Kommunikationsnetze, Erkenntnissuche und Entscheidungsvorbereitung durch Modellbildung und Simulation in Wissenschaft und Wirtschaft, – Grundstrukturen und Funktionen untersuchen, z.B. bei der Erfassung, Speicherung, Verarbeitung, Gewinnung und Übertragung von Daten bzw. beim algorithmischen Problemlösen, – Auswirkungen relektieren und beurteilen, z.B. Auswirkungen in berulicher, qualiikatorischer, sozialer, ökonomischer, ökologischer, rechtlicher und politischer Hinsicht.

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Für die Umsetzung wurden in den Bundesländern zunächst verschiedene Ansätze entwickelt und erprobt: (a) das fächerverbindende und projektorientierte Konzept, bei dem nur übergeordnete hemen empfohlen wurden, die dann in verschiedenen Fächern bearbeitet werden sollten, (b) das integrative und fachbezogene Konzept, bei dem aus der Perspektive der jeweiligen Unterrichtsfächer die Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologien als Gegenstand, Werkzeug und Medium herausgearbeitet werden sollte, (c) das Leitfächerkonzept, in dem informatische hemen in einzelnen – besonders geeignet erscheinenden – Fächern behandelt werden sollten. Die Ansätze zu einer Informationstechnischen Grundbildung und ihre Umsetzung wurden in der Folgezeit in verschiedener Hinsicht kritisiert. Da diese Kritik auch bei möglichen Umsetzungen der KMK-Strategie zur „Bildung in der digitalen Welt“ von 2016 Beachtung inden sollte, führen wir im Folgenden wichtige Punkte aus der damaligen Kritik auf: – Deutliche Skepsis ergab sich insbesondere im Hinblick auf den Anspruch, technische Kompetenzen in der Handhabung und Anwendung von Computern mit der Relexion über die gesellschaftlichen Auswirkungen zu koppeln. Aufgrund von Unterrichtsbeobachtungen musste konstatiert werden, dass die Relexion bei Umsetzungsversuchen in der Regel deutlich zu kurz kam (vgl. Stritzky 1995, 145) – Darüber hinaus wurde in grundsätzlicher Weise bezweifelt, ob eine – in bestehenden Unterrichtsfächern verortete – ITG ohne eine eigenständige Einführung in die Informatik zu einem angemessenen Verständnis von Informationstechnologien beitragen kann (vgl. Engbring 2003, S. 151). – Ein weiterer Kritikpunkt bezog sich auf das ungeklärte Verhältnis der einzelnen – an der ITG beteiligten – Fächer zu dem Grundverständnis der ITG. Weil das Selbstverständnis der beteiligten Fächer nicht durchgängig und explizit mit dem konzeptionellen Grundverständnis der ITG in Verbindung gebracht und entsprechend modiiziert wurde, bestand stets die Gefahr, das Ziel eines konstruktiven fachlichen Beitrags zu einer allgemeinbildenden ITG zu verfehlen (vgl. Wilkens 2000). – Des Weiteren erwiesen sich schulorganisatorische Hürden bei der Umsetzung als schwerwiegend. Dazu zählte nicht nur die zum Teil fehlende oder unzureichende Infrastruktur, sondern vor allem die Schwierigkeit, angesichts der ohnehin überfrachteten Lehrpläne Raum für die Umsetzung der ITG zu inden (vgl. GI 2009, S. 8). Die Kritik am Konzept und an der Umsetzung geht mit der Erfahrung einher, dass sich die ITG in der Schule nicht durchsetzen konnte. Dazu hat in den 1990erJahren zusätzlich der Umstand beigetragen, dass der Akzent immer stärker oder sogar nur noch auf die Verwendung digitaler Medien für Lernen und Lehren gelegt wurde und die ursprünglich in der ITG angelegte relexive Komponente als Lernen über digitale Medien zunehmend in den Hintergrund trat.

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Wenn sich die frühere ITG auch nicht durchsetzen konnte, so ändert dies nichts an der Notwendigkeit, die Auseinandersetzung mit digitalen Medien und ihren ökonomischen, kulturellen, gesellschaftlichen und auf das Individuum bezogenen Auswirkungen als schulische und allgemeinbildende Aufgabe ernst zu nehmen (vgl. auch Döbeli Honegger 2016, S. 75 f.). Dies erfordert aus unserer Sicht u.a., dass digitale Medien und ihre informatischen Grundlagen in eine umfassende Medienbildung eingebunden werden (vgl. z.B. Herzig 2012; 2016). Damit verbundene Fragen werden im Abschnitt 4.3 im Zusammenhang mit dem Diskurs um Medienkompetenz und Medienbildung wieder aufgenommen. Zuvor sollten Sie sich aber noch einmal das im Abschnitt 4.2.1 skizzierte Gespräch von Lehrpersonen vornehmen und auf der Grundlage der Ausführungen in den Abschnitten 4.2.2 bis 4.2.7 analysieren und bewerten: Welche Grundpositionen bzw. Sichtweisen oder Ansätze spiegeln sich in den unterschiedlichen Äußerungen wider? Worin liegen Vorzüge und Probleme der geäußerten Aufassungen?

4.3 Der medienpädagogische Diskurs zu Medienkompetenz und Medienbildung 4.3.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Bisher haben wir den Begrif Medienkompetenz auf der Grundlage eines allgemeinen Begrifsverständnisses verwendet (siehe Abschnitte 4.2.6). Dabei ist deutlich geworden, dass die Förderung von Medienkompetenz eine wichtige Anforderung für die Schule darstellt. Ebenso hat sich Medienbildung als bedeutsame schulische Aufgabe erwiesen. Allerdings haben wir das Verhältnis der beiden Konzepte zueinander noch nicht hinreichend geklärt. Des Weiteren steht noch eine Klärung des Stellenwerts informationstechnischer bzw. informatischer Inhalte im Kontext der Medienbildung an. Zu damit verbundenen Fragen kann man im medienpädagogischen Diskurs u.a. Positionen folgender Art inden: (a) Der Begrif der Medienkompetenz sollte auf die Handhabung von Medien und zur sachgerechten Nutzung digitaler Möglichkeiten beschränkt bleiben. Weitergehende Intentionen, z.B. der sozial verantwortliche Umgang mit digitalen Möglichkeiten, sind besser in dem Begrif der Medienbildung aufgehoben. (b) Neben der Medienbildung sollte es in der Schule eine informatische Bildung geben, in der u.a. die digitalen Grundlagen der Mediatisierung behandelt werden. In der Medienbildung könnte man sich dann auf Fragen der Mediatisierung selbst konzentrieren. (c) Medienkompetenz stellt ein geeignetes Konzept dar, um pädagogisch relevante Zielvorstellungen, die sich aufgrund der Bedeutung von Digitalisierung und Mediatisierung in unserer

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Gesellschaft ergeben, in konkreter Form zu beschreiben. Medienkompetenz kann insofern Orientierungspunkte für die Medienbildung schafen. (d) Aufgrund der digitaltechnischen Durchdringung aller Lebensbereiche haben sich die Begrife der Medienkompetenz und Medienbildung überholt. In Zukunft muss es vielmehr um eine digitale Bildung gehen. 

Nehmen Sie bitte eine erste Einschätzung zu diesen Positionen unter der Frage vor, ob sie angemessen sind bzw. ob sie den gegenwärtigen Problemlagen im Zusammenhang mit der Digitalisierung und Mediatisierung gerecht werden. Um die Positionen in diferenzierter Weise bewerten zu können, liegt es nahe, den medienpädagogischen Diskurs zu Medienkompetenz und Medienbildung und zu ihrem Verhältnis – einschließlich der Frage informatischer Grundkenntnisse – näher zu betrachten. Dabei empiehlt sich die Klärung von vier Fragen: (1) Wie ist der Begrif der Medienkompetenz als Voraussetzung und Zielvorstellung für medienpädagogische Aktivitäten zu verstehen? (2) Welche Modelle zur Ausdiferenzierung von Medienkompetenz gibt es? (3) Welche Aufassungen sind mit dem Begrif der Medienbildung verbunden? (4) Wie stellt sich das Verhältnis von Medienkompetenz und Medienbildung dar? (5) Welche Bedeutung wird der informatischen Bildung im Diskurs zur Medienbildung zugemessen? Die Klärung dieser Fragen soll einer Orientierung für medienpädagogisches Handeln dienen und auf wichtige Zielvorstellungen sowie Inhalte der Medienbildung aufmerksam machen. 4.3.2 Zum Begrif der Medienkompetenz Im Zusammenhang der handlungs- und kompetenzorientierten Sichtweise haben wir den Kompetenzbegrif in einem allgemeinen Sinne zunächst als grundlegendes Vermögen des Menschen eingeführt, das im Rahmen von Erziehungs- und Bildungsprozessen zur Entfaltung gebracht werden soll (siehe Abschnitt 4.2.6). Im Folgenden geht es darum, den mit dem Begrif der Medienkompetenz verbundenen Diskurs näher in den Blick zu nehmen. Wie angesprochen, hat Baacke (1973) den Kompetenzbegrif in die medienpädagogische Diskussion eingeführt. Allerdings spricht er dort mit Bezug auf die kritisch-sozialphilosophischen Arbeiten von Habermas (1971) von kommunikativer Kompetenz und verwendet noch nicht die Wortverbindung Medienkompetenz. Dennoch bleibt es sein Verdienst, den Kompetenzbegrif unter Bezugnahme auf kritische Medientheorien mit der Massenkommunikation in Beziehung gesetzt zu haben. Dabei lag die Nutzung des Kompetenzbegrifs auch nahe, weil er in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion bereits seinen Platz hatte. Beispielsweise war er von Roth (1971) auf „Mündigkeit“ als bedeutsame Zielvorstellung für Erzie-

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hung und Bildung bezogen worden, wobei er diese „als Kompetenz für verantwortliche Handlungsfähigkeit“ verstand (vgl. S. 180). Die Wortverbindung Medienkompetenz bildete sich dann in den 1980er-Jahren heraus. Beispielsweise hat Funiok (1984) das Wort als Begrif benutzt, um auf medienbezogene Aufgaben der Schule aufmerksam zu machen (vgl. S. 292). Etwas später haben Bonfadelli und Saxer (1986) „Medienkompetenz“ als Übersetzung des Begrifs „receivership skills“ verwendet – im Sinne von „Fertigkeiten, die sich auf die Aneignung und den Gebrauch von Kommunikation für zielgerichtetes Handeln beziehen“ (S. 24). Dabei ging es Bonfadelli und Saxer darum, „Determinanten der Entstehung von Wissensklüften“ zu beschreiben (S. 19). In zeitlicher Nähe hat Boventer (1987, S. 69f.) den Zusammenhang von Neuen Medien, Medienkompetenz und Bildung thematisiert. Eine stärkere Verbreitung des Medienkompetenzbegrifs setzte allerdings erst in den 1990er-Jahren mit besonderem Blick auf mediale Aspekte der Informations- und Kommunikationstechnologien ein. So stand beispielsweise das erste Zusammentrefen bei dem – von der Bertelsmann Stiftung (1992) initiierten – deutsch-amerikanischen Dialog zur Medienpädagogik unter dem Titel „Medienkompetenz als Herausforderung an Schule und Bildung“. Die Verbreitung des Medienkompetenzbegrifs wurde auch dadurch begünstigt, dass er im Zusammenhang mit seinem pädagogischen Gehalt geeignet schien, ökonomisch motivierte Forderungen an die Allgemeinbildung sowie die beruliche Aus- und Weiterbildung angesichts einer globalisierten Wirtschaft bildungspolitisch auszudrücken. So hat sich z.B. die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages (1997) im Kontext ihrer Überlegungen zur „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft“ bzw. zu „Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft“ mit der Bedeutung von Medienkompetenz auseinandergesetzt. Demnach verwundert es auch nicht, dass der Begrif in ökonomischen und bildungspolitischen Kontexten häuig vor allem funktional gebraucht wurde und wird, d.h. ohne die medien- und gesellschaftskritischen Bezüge, die mit dem Begrif der kommunikativen Kompetenz verbunden waren und sind. Obwohl das Begrifsverständnis zum Teil unterschiedlich war, galt Medienkompetenz in den 1990er-Jahren als weitgehend unbestrittener Leitbegrif der Medienpädagogik. Mittlerweile hat sich – teils in komplementärer, teils in konkurrierender Weise – der Begrif der „Medienbildung“ als weiterer zentraler Begrif etabliert (siehe Abschnitt 4.3.3). Ehe wir darauf eingehen, soll eine weitergehende Klärung konzeptioneller Vorstellungen zum Medienkompetenzbegrif erfolgen – auch um ihn in ein angemessenes Verhältnis zum Begrif der Medienbildung setzen zu können. Nachdem die Wortverbindung „Medienkompetenz“ immer geläuiger geworden war, hat Baacke auf der Grundlage seiner Überlegungen zum Konzept der kommunikativen Kompetenz den Begrif der Medienkompetenz als „Fähigkeit, in die Welt aktiv aneignender Weise auch alle Arten von Medien für das Kommunika-

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tions- und Handlungsrepertoire von Menschen einzusetzen“ beschrieben (1996, S. 6). Er ging bei diesem Begrifsverständnis – wie Habermas – zunächst von den Überlegungen von Chomsky aus, der für den Spracherwerb beim Menschen eine allgemeine Grundlage im Sinne einer generativen Grammatik annimmt, die es erlaubt, beim Erlernen von Sprache ein geeignetes Regelsystem zu entwickeln, das z.B. dazu führt, dass Kinder nicht nur bereits gehörte Sätze wiederholen, sondern neue Sätze erzeugen bzw. beliebig viele Gedanken ausdrücken können. Insofern wird die Fähigkeit zu sprechen von Chomsky als ein angeborenes Vermögen des Menschen verstanden, das dazu führt, dass er über ein immanentes Regelsystem verfügt, welches seine Kompetenz ausmacht (vgl. 1968). Bei seinen begrilichen Überlegungen zur Medienkompetenz teilt Baacke zum einen die Habermas’sche Erweiterung der Überlegungen von Chomsky auf alle kommunikativen Äußerungen (über Sprache hinaus) sowie auf den gesellschaftskritischen Gedanken, dass kommunikative Kompetenz einerseits als Voraussetzung herrschaftsfreier Diskurse und andererseits als Ziel einer notwendigen und wünschenswerten Entwicklung zu verstehen sei (vgl. Habermas 1971). In diesem Sinne ist der Begrif der Medienkompetenz auch bei Baacke sowohl als vorauszusetzendes Vermögen des Menschen als auch als auszubildende Fähigkeit gemeint, deren Entwicklung durch Lernen gefördert werden muss (vgl. 1996, S. 7). Ausgehend von dieser grundsätzlichen Position unterscheidet Baacke (1996, S. 8) vier Bereiche von Medienkompetenz: (a) Medien-Kritik, die analytisch, relexiv und ethisch orientiert sein soll, (b) Medien-Kunde, die eine informative und eine instrumentell-qualiikatorische Dimension aufweist, (c) Medien-Nutzung, die rezeptiv oder interaktiv geschehen kann, und (d) Medien-Gestaltung, die innovativ oder kreativ zu verstehen ist. Mit diesem Verständnis hat Baacke die Diskussion um Medienkompetenz im deutschsprachigen Raum stark beeinlusst. Dabei wird der Begrif von anderen Autorinnen und Autoren zum Teil in ähnlicher Weise, zum Teil aber auch mit anderen Akzenten und Strukturierungen beschrieben. Die folgenden Beispiele verweisen auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede: – Aufenanger (2001) deiniert Medienkompetenz in einem allgemeinen Sinne als grundlegende Fähigkeit, „in einer durch Medien geprägten Welt sich zurechtzuinden und zu handeln“ (S. 118). Sein Verständnis von Medienkompetenz ist durch sechs Dimensionen gekennzeichnet. Dabei unterscheidet er eine kognitive, moralische, soziale, afektive und ästhetische Dimension sowie eine Handlungsdimension (vgl. S. 119f.). – Groeben (2002b) macht darauf aufmerksam, „dass der Kompetenzbegrif letztlich und notwendigerweise mit einem Menschenbild verbunden ist, das sich in erster Näherung bestimmen lässt als das gesellschaftlich handlungsfähige Subjekt“ (S. 16). Als Dimensionen von Medienkompetenz werden benannt: Medienwissen/ Medialitätsbewusstsein, medienspeziische Rezeptionsmuster, medienbezogene

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Genussfähigkeit, medienbezogene Kritikfähigkeit, Selektion/Kombination von Mediennutzung, Partizipationsmuster und Anschlusskommunikation (vgl. 2002a, S. 165f.). – Schorb (2005) beschreibt Medienkompetenz als „individuelle und gesellschaftliche Handlungsfähigkeit der Menschen verbunden mit der gezielten Aneignung und Nutzung der Medien“ (S. 258). Dabei unterscheidet er drei Hauptkategorien: Medienwissen als Funktions-, Struktur- und Orientierungswissen, Medienbewertung als kritische Relexion sowie ethisch und kognitiv basierte Qualiizierung, Medienhandeln als Medienaneignung, -nutzung, -partizipation und -gestaltung (vgl. S. 259, auch 2017, S. 256f.). International werden Fragen der Medienkompetenz häuig unter dem Begrif „media literacy“ diskutiert (vgl. Grafe 2011). Insgesamt geht es dabei um die Fähigkeiten, sich Medienbotschaften zugänglich zu machen sowie Medienbotschaften angemessen zu verstehen, kritisch zu analysieren und zu bewerten sowie selbst zu gestalten. So spricht Varis (2010) – u.a. mit Blick auf europäische Ansätze – zusammenfassend von vier relevanten Fähigkeitsbereichen: access, analysis, evaluation und creative production (vgl. S. 90). In den USA wird „media literacy“ seit einer grundlegenden Konferenz von 1993, bei der u.a. Überlegungen aus Kanada, Australien, Großbritannien und Neuseeland berücksichtigt wurden, in der Regel als „the ability to access, analyze, evaluate and communicate messages in a wide variety of forms“ deiniert (Hobbs 2008, S. 434; vgl. auch Aufderheide u. Firestone 1993). Wenn es um die pädagogische Umsetzung bzw. das Erreichen von „media literacy“ geht, kommt zudem der Begrif der „media literacy education“ zur Anwendung (vgl. Hobbs 2011, S. 167f.). Mit Blick auf die Bedeutung der digitalen Medien wird „media literacy“ zum Teil auch durch „digital literacy“ oder „ICT literacy“ ersetzt. Allerdings stehen bei dieser Begrifsverwendung in den USA in der Regel nicht Fähigkeiten zur Dekonstruktion von Medientexten im Vordergrund, sondern vor allem Fähigkeiten zur Verwendung digitaler Medien für das Lernen (vgl. Jenkins 2006). Demgegenüber betont Buckingham (2003), dass für Überlegungen zur „digital literacy“ – wie für alle Arten von „literacy“ – vier „key concepts“ gelten: production, representation, language und audience. Bei „production“ geht es vor allem um Bedingungen und Hintergründe der Produktion von Medienbotschaften, bei „representation“ um die Art, in der Wirklichkeit in den Medien repräsentiert wird, und um Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit von Medienaussagen, bei „language“ um die „Sprache“ der Medien und ihre Funktionsweise, bei „audience“ um die Art, wie bestimmte Zielgruppen angesprochen werden und wie sie Medienbotschaften aufnehmen und damit umgehen (vgl. S. 53f. und S. 173f.). Auf der Grundlage solcher Überlegungen ist festzustellen, dass der Begrif Medienkompetenz in der Regel auf Wissen und Können, Einstellungen und Handlungsmuster von Individuen zielt. Wenn Gapski (2006) auch darauf aufmerksam macht, dass der Begrif ebenso auf Organisationen angewendet werden könnte (S. 18), blei-

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ben wir im Folgenden doch bei der Blickrichtung auf das Individuum – ohne zu vernachlässigen, dass die Möglichkeiten, die ein Individuum hat, Medienkompetenz zu entwickeln oder umzusetzen, von dem sozialen Kontext abhängen, in dem es lebt. In diesem Sinne gehen wir im Folgenden – auf der Grundlage des im Abschnitt 4.2.6 eingeführten allgemeinen Kompetenzbegrifs – von einem Medienkompetenzverständnis aus, das zunächst dem Gedanken Rechnung trägt, dass der Mensch aufgrund seiner Fähigkeit, potentielle Zeichen zu deuten und selbst zu erzeugen, in Medienzusammenhängen handeln kann. Insofern verstehen wir Medienkompetenz als Vermögen und Bereitschaft des Menschen in Medienzusammenhängen zu handeln. Mit dem Begrif des „Vermögens“ soll die Annahme ausgedrückt werden, dass die entsprechenden Fähigkeiten mit einem grundsätzlichen Potenzial bzw. den Prädispositionen des Menschen verbunden sind (vgl. u.a. Meister u. Sander 1999, S. 44f.); der Begrif „Bereitschaft“ verweist auf motivationale bzw. volitionale Aspekte von Kompetenz (vgl. Weinert 2001, S. 27f.). Mit dem Begrif des „Handelns“ ist die Vorstellung eines aktiven Subjekts verbunden, das sein Leben gestalten und seine Fähigkeiten weiterentwickeln kann (vgl. z.B. heunert 1999, S. 55). Zugleich gehen wir davon aus, dass Medienkompetenz als Handlungsvermögen und Handlungsbereitschaft der Anregung und Unterstützung bedarf, um zu einer pädagogisch wünschenswerten Ausprägung zu kommen. Dabei ist im Sinne von Zielperspektiven anzustreben, dass die Medienkompetenz soweit entwickelt ist, dass das Individuum bereit und in der Lage ist, auf der Grundlage genereller Kommunikationsfähigkeit in Medienzusammenhängen sowohl sachgerecht und selbstbestimmt als auch kreativ und sozial verantwortlich zu handeln (siehe Abschnitt 2.3.2). Diese Zielperspektiven sind mit der generellen Leitvorstellung verbunden, dass das angestrebte Niveau von Medienkompetenz kulturelle und politische bzw. gesellschaftliche Teilhabe im Sinne eines individuell und gesellschaftlich handlungsfähigen Subjekts ermöglichen soll. Zugleich geht es darum, dass das angestrebte Kompetenzniveau wichtigen Zielüberlegungen für Erziehung und Bildung in der Informations- und Wissensgesellschaft entspricht und damit anschlussfähig an die allgemeine Bildungsdiskussion ist (siehe Abschnitt 2.3.3). So weisen die angeführten Zielperspektiven nicht nur deutliche Bezüge zur wissenschaftlichen Bildungsdiskussion, sondern auch zu bildungspolitisch orientierten Konzepten auf. Beispielsweise heißt es in der KMK-Erklärung von 2012 zur Medienbildung in der Schule, dass Medienbildung auf Medienkompetenz ziele: also auf jene „Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die ein sachgerechtes, selbstbestimmtes, kreatives und sozial verantwortliches Handeln in der medial geprägten Lebenswelt ermöglichen“ (KMK 2012, S. 3). Um solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu beschreiben, bedarf es einer weiteren Ausdiferenzierung des Konstrukts der Medienkompetenz.

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4.3.3 Modelle zur Ausdiferenzierung von Medienkompetenz Über die oben angesprochenen Ansätze zu einer Strukturierung von Medienkompetenz hinaus gibt es Versuche, wünschenswerte Niveaus von Medienkompetenz auf der Grundlage expliziter Modelle von Medienkompetenz zu beschreiben. Dazu sind einzelne Kompetenzmodelle für die Medienbildung entstanden (vgl. z.B. Moser 2006; Tulodziecki 2007; BMBF 2010; LKM 2015). Allerdings werden nur wenige Modelle den Ansprüchen gerecht: (a) auf der Grundlage eines transparenten Kompetenzmodells Bildungsstandards für angestrebte Kompetenzstufen auszuweisen, (b) die Modellbildung in der medienpädagogischen Diskussion zu verankern, (c) die Funktion von Bildungsstandards auf der Grundlage einer kritischen Relexion der Vorzüge und Probleme von Bildungsstandards für die Medienbildung zu bestimmen und (e) den Entscheidungsprozess der Modellentwicklung ofenzulegen. Als Beispiel für ein Modell, dass diesen Anforderungen nahe kommt, soll im Folgenden kurz das Paderborner Kompetenz-Standard-Modell in der Fassung von 2010 (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Grafe 2010, S. 367f.) vorgestellt werden, wobei hinsichtlich der Diskussion zu den oben genannten Ansprüchen auf die Arbeit von Tulodziecki (2007) zu verweisen ist. Das Paderborner Kompetenz-Standard-Modell geht von dem am Ende des Abschnitts 4.3.2 skizzierten Kompetenzverständnis aus. In diesem Rahmen werden – unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten der Strukturierung – fünf Aufgabenbereiche der Medienbildung als Kompetenzbereiche gewählt: (A) Auswählen und Nutzen von Medienangeboten, (B) Gestalten und Verbreiten von eigenen Medienbeiträgen, (C) Verstehen und Bewerten von Mediengestaltungen, (D) Erkennen und Aufarbeiten von Medieneinlüssen, (E) Durchschauen und Beurteilen von Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung. Diese Aufgabenbereiche beruhen ihrerseits auf zwei Handlungszusammenhängen [(A) und (B)] und drei inhaltlichen Bereichen [(C), (D) und (E)], die über Analyse, Kritik und Einlussnahme miteinander verknüpft sind. Die Kompetenzbereiche sind – wie Darstellung 4.2 zeigt – mit jeweils unterschiedlichen Kompetenzaspekten verbunden, so dass auf der Ebene der Kompetenzaspekte weitere und besonders geeignete Strukturierungsmöglichkeiten zur Geltung kommen – bezogen auf den ersten Kompetenzbereich z.B. eine Gliederung nach Funktionen: Auswählen und Nutzen von Medienangeboten zur Information, zum Lernen, zu Unterhaltung und Spiel, zu Austausch und Kooperation sowie zu Analyse und Simulation. Hinsichtlich von Kompetenzstufen werden mit Blick auf das deutsche Bildungssystem drei Niveaus unterschieden: Ende der Grundschule (ca. 10. Altersjahr), Ende des 6. Schuljahres (ca. 12 Altersjahr), Ende der Sekundarstufe I (ca. 16. Altersjahr). Als Beispiele sind in der Darstellung 4.2 die angestrebten Standards für das dritte Niveau jeweils bezogen auf den ersten Kompetenzaspekt – eingetragen. Die Standards zu den anderen Kompetenzaspekten sind jeweils analog formuliert (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Grafe 2010, S. 369f.).

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Darst. 4.2: Paderborner Kompetenz-Standard-Modell, ausgeführt an Beispielen für den ersten Kompetenzaspekt und das Niveau zum Ende der Sekundarstufe I

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In unserem Zusammenhang soll mit dem vorgestellten Kompetenz-StandardModell an einem Beispiel deutlich werden, in welche Richtungen sich weitere Ausformungen von Medienkompetenz entwickelt haben. Dabei kann das Beispiel nach wie vor auf viele wichtige hemen der Medienbildung und entsprechende Kompetenzerwartungen aufmerksam machen. Allerdings liegen mittlerweile – angesichts der fortschreitenden Mediatisierung und Digitalisierung – Erweiterungen nahe. Dazu ist zunächst ein Blick auf speziische Kompetenzerwartungen hinsichtlich digitaler Möglichkeiten zu werfen. In diesem Zusammenhang ist der „Kompetenzrahmen“ der KMK-Strategie zur „Bildung in der digitalen Welt“ von besonderer Bedeutung (vgl. KMK 2016, S. 16f.). Dieser Kompetenzrahmen soll nach dem Willen der KMK eine Basis für weitere curriculare Überlegungen bieten und als „Grundlage für die künftige Überarbeitung von Bildungs-, Lehr- und Rahmenplänen der Unterrichtsfächer durch die Länder dienen“ (S. 15). Mit ihm wird versucht, wichtige Überlegungen aus vorlaufenden „Kompetenzmodellen“ aufzunehmen (vgl. S. 15), wobei genannt werden: (a) das Kompetenzmodell „he Digital Competence Framework“ (DigComp), das von der EU-Kommission in Auftrag gegeben wurde, (b) das „Kompetenzorientierte Konzept für die schulische Medienbildung“ der Länderkonferenz MedienBildung und (c) das der ICIL-Studie zugrundeliegende Modell „computer- und informationsbezogener Kompetenzen“ (vgl. Ferrari 2013; LKM 2015; Bos et al. 2014, siehe auch Abschnitt 3.4.4). Der KMK-Kompetenzrahmen geht von sechs Kompetenzbereichen aus, denen jeweils drei bis fünf Kompetenzaspekte zugeordnet sind. Die Kompetenzaspekte sind jeweils durch Teilaspekte erläutert. Darstellung 4.3 zeigt die Struktur des Kompetenzrahmens, wobei für den ersten Kompetenzbereich die Teilaspekte als Beispiel ausgeführt sind. Wenn man auch kritisieren kann, dass der KMK-Kompetenzrahmen vor allem an der Digitalisierung orientiert ist und die Bedeutung der damit verbundenen Mediatisierung nicht hinreichend zur Geltung kommt, liegt mit ihm doch ein wichtiger bildungspolitischer Entwurf vor, der bedeutsame Anforderungen für die Medienbildung enthält. 4.3.4 Zum Begrif der Medienbildung Schon lange bevor die Wortverbindung Medienbildung aufkam, wurden die Begrife Medien und Bildung miteinander in Beziehung gebracht. So ist spätestens seit den Arbeiten von Comenius (1657) unbestritten, dass das Buch ein wichtiges Mittel der Bildung sein kann. Auch mit Bezug auf Film, Radio und Fernsehen wurde schon früh betont, dass sich diese für Bildungsabsichten nutzen lassen (vgl. Meyer 1978). Ausgehend von entsprechenden Überlegungen können zunächst vier begriliche Bezüge zwischen Medien und Bildung unterschieden werden.

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Darst. 4.3: Kompetenzrahmen für die schulische Allgemeinbildung in der „digitalen Welt“ gemäß KMK (2016, S. 16f.)

Der erste Bezug wurde dadurch gestiftet, dass sich der Begrif „audiovisuelle Bildungsmittel“ etablierte (vgl. FWU 1965) und später synonym mit dem Begrif „audiovisuelle Medien“ verwendet wurde. So lagen mit der Zeit auch die Wortverbindungen „Bildungsmedien“ oder „Bildungstechnologie“ nahe. Ein zweiter begrilicher Bezug

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tauchte in den 1960er Jahren mit dem Begrif der Fernsehbildung auf (vgl. Wasem 1965, S. 119). Damit war nicht nur Bildung mithilfe von, sondern auch durch Fernsehen gemeint. Diese Verbindung war u.a. durch einen Beitrag von Heimann (1961) mit dem Titel „Film, Funk und Fernsehen als Bildungsmächte der Gegenwartskultur“ grundgelegt worden. Ein dritter Bezug zwischen Medien und Bildung klingt z.B. in einer Aussage von Schelsky (1965) an: „Die Weltkenntnis des normalen Alltagslebens ist die Voraussetzung jeder Bildung eines modernen Menschen; diese Weltkenntnis vermitteln sehr wesentlich die Massenkommunikationsmittel; also: Ohne Massenkommunikationsmittel keine Bildung!“ (S. 64). Dieser Bezug ist vor allem mit der zunehmenden Mediatisierung bedeutsam geworden: Medien erscheinen als notwendige Bedingung für Bildung. Später drückt sich dies in besonderer Weise in dem – von vielen medienpädagogisch relevanten Institutionen verabschiedeten – Manifest „Keine Bildung ohne Medien!“ aus (vgl. Niesyto 2011). Ein vierter Bezug zwischen Medien und Bildung spiegelt sich in dem schon erwähnten Begrif „visuelle Bildung“ wider (siehe Abschnitt 4.2.3). Dieser Begrif beinhaltet die Forderung, medienkundliches Wissen zum Inhalt von Bildungsprozessen zu machen, und verweist darauf, dass Medienentwicklungen zu neuen Bildungsinhalten führen können. Alle vier Bezüge zeigen, dass bei pädagogisch relevantem Medienhandeln Verbindungen zu Bildungsvorstellungen bestehen. Daraus ergibt sich die Forderung, bei entsprechenden Verknüpfungen die damit verbundenen Bildungsvorstellungen zu relektieren bzw. diese ofenzulegen. So haben wir beispielsweise bezüglich der Zielvorstellung eines sachgerechten, selbstbestimmten, kreativen und sozial verantwortlichen Medienhandelns auf die Verbindung zur Bildungsvorstellung der kritisch-konstruktiven Didaktik von Klafki hingewiesen (siehe Abschnitt 2.3.3). Ein weiteres Beispiel stellt die Arbeit von Bachmair dar, der sich bei seinem Entwurf einer „Medienbildung in riskanten Erlebniswelten“ (2009) explizit auf bildungstheoretische Überlegungen von Humboldt (1792) bezieht. Mit einer noch weitergehenden Akzentuierung macht sich Sesink (2007) auf den Weg zu einer bildungstheoretischen „Spurensuche auf dem Feld der Medienpädagogik“ (S. 74). Dabei geht er davon aus, dass die – von ihm so genannten – Neuen Medien uns „mit einer neuen Art der Ermöglichung und Ernötigung von Bildung konfrontieren, auf die wir nicht so einfach mit dem Bildungsbegrif antworten können“, weil dieser selbst neu konzipiert werden müsse (S. 94). Anders gesagt: Auf die Medienentwicklung lässt sich nicht einfach mit vorhandenen Bildungskonzepten antworten. Sie ist vielmehr mit der Anforderung verbunden, Bildung „neu zu denken“. In besonders expliziter und ausführlicher Form haben Marotzki und Jörissen (2009; 2010) eine Verbindung zwischen Bildungstheorie und Medienbildung hergestellt. Sie gehen dabei von der so genannten strukturalen Bildungstheorie aus: „Bildung lässt sich aus dieser Perspektive nicht als Ergebnis oder Zustand verstehen, sondern muss als ein Prozess aufgefasst werden, in welchem vorhandene

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Strukturen und Muster der Weltaufordnung durch komplexere Sichtweisen auf Welt und Selbst ersetzt werden“ (2010, S. 19). Als wesentlich dafür gelten relexive Orientierungsleistungen, die zum einen den Aufbau von Wissen und zum anderen die Entwicklung der Fähigkeiten zum Umgang mit Kontingenz, zur Umorientierung, zum aktiven Erschließen neuer Erfahrungsräume und zum Einlassen auf Fremdes bzw. Unbekanntes voraussetzen (vgl. S. 22f.). Unter Bezugnahme auf Kant (1800) nennen Marotzki und Jörissen vier grundlegende Orientierungsdimensionen: den Wissensbezug „als kritische Relexion auf Bedingungen und Grenzen des Wissens“, den Handlungsbezug als Frage „nach ethischen und moralischen Grundsätzen des eigenen Handelns“, den Transzendenz- bzw. Grenzbezug „als Verhältnis zu dem, was von der Rationalität nicht erfasst werden kann“ und den Biographiebezug als „Relexion auf das Subjekt und Frage nach der eigenen Identität und ihren biographischen Bedingungen“ (Marotzki u. Jörissen 2010, S. 24). Da sich Orientierungsleistungen im Sinne der vier Orientierungsdimensionen in sozialen Kontexten vollziehen, kommt der Fähigkeit zur eigenen medialen Artikulation und zum Verstehen der medialen Artikulation anderer eine grundlegende Bedeutung zu (vgl. S. 27f.). In diesem Zusammenhang zeigen Jörissen und Marotzki (2009) z.B. auf, dass die medialen Artikulationsformen Film und Bild sowie der Artikulations- und Partizipationsraum des Internet erhebliche Bildungspotentiale im Hinblick auf die Bildungsdimensionen des Wissens-, Handlungs-, Grenz- und Biographiebezugs aufweisen (vgl. S. 41f.). Vor dem Hintergrund ihrer Darstellungen verstehen Marotzki und Jörissen unter Medienbildung „die in und durch Medien induzierte strukturale Veränderung von Mustern des Weltund Selbstbezugs“ (2010, S. 36). Ein solcher Medienbildungsbegrif ist – bei allem Anregungsgehalt für den medienpädagogischen Diskurs – mit seiner Bindung an die strukturale Bildungstheorie und seiner Fokussierung auf mediale Interaktionen sehr speziisch gefasst und stellt nur einen Sonderfall des allgemeineren Begrifsverständnisses dar, wie wir es im Abschnitt 1.3.2 skizziert haben. Für dieses allgemeinere Begrifsverständnis spricht auch die Tatsache, dass der Ursprung der ausdrücklichen Wortverbindung von Medien und Bildung zu „Medienbildung“ darauf zurückgeht, dass – aufgrund eines gewissen Unbehagens am Begrif der Medienerziehung – seit Mitte der 1990erJahre zunehmend der Begrif der Medienbildung als Oberbegrif verwendet wurde. So schien der Begrif Medienbildung z.B. besser geeignet, neuere Entwicklungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien abzudecken und entsprechende Aktivitäten in der Erwachsenenbildung zu erfassen. Besonders deutlich wird dies z.B. daran, dass 1994 im nordrhein-westfälischen „Landesinstitut für Schule und Weiterbildung“ eine abteilungsübergreifende Arbeitsgruppe mit dem expliziten Auftrag gebildet wurde, ein „Rahmenkonzept Medienbildung“ zu entwerfen, in das bisherige Vorarbeiten zur Medienerziehung, zur Informationstechnischen Grundbildung und zur medienbezogenen Erwachsenbildung einließen

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sollten (vgl. Buschmeyer 1997, S. 7). Auch vor dem Hintergrund solcher Ursprünge des Medienbildungsbegrifs bleiben wir bei dem im Abschnitt 1.3.2 skizzierten Verständnis von Medienbildung und verstehen diese als Oberbegrif für alle bildungsrelevanten Aktivitäten mit Medienbezug. 4.3.5 Zum Verhältnis von Medienkompetenz und Medienbildung Eine Relexion zum Verhältnis von Medienkompetenz und Medienbildung erweist sich u.a. als notwendig, weil der Begrif Medienkompetenz mit der zunehmenden Verwendung des Medienbildungsbegrifs in stärkere Kritik und Konkurrenz zu diesem geraten ist. In der entsprechenden Diskussion wird zugunsten des Begrifs Medienbildung unter anderem angeführt, Medienbildung ziele stärker als Medienkompetenz (a) auf Kritikfähigkeit und eine relexive Haltung gegenüber einer sozialtechnologischen Engführung (vgl. Aufenanger 2000, S. 7), (b) auf Orientierungswissen gegenüber einer Schwerpunktsetzung bei Verfügungswissen (vgl. Marotzki 2004, S. 64), (c) auf das Verhältnis von Mensch und Welt gegenüber einer Konzentration auf das Verhältnis von Mensch und Medium (Pietraß 2005, S. 44-45) sowie (d) auf selbst gesteuerte Entwicklungs- und Bildungsprozesse gegenüber einer Fokussierung auf Lernvorgänge (vgl. Spanhel 2010, S. 51-53). Allerdings wird bei vergleichenden Überlegungen dieser Art häuig ein funktionales Kompetenzverständnis unterstellt, das der medienpädagogischen Diskussion insofern nicht gerecht wird, als sich diese in weiten Teilen eher an einem kritischhandlungstheoretischen Kompetenzkonzept orientiert (siehe Abschnitt 4.3.2). So erscheinen uns auch die genannten Argumente nicht zwingend für eine generelle Zurücknahme des Medienkompetenzbegrifs zugunsten des Begrifs der Medienbildung. Beispielsweise ist die Gefahr, dass im Medienkompetenzbegrif die Notwendigkeit einer relexiven Haltung und die Kritikfähigkeit gegenüber Medien zu kurz kommen könnten, zwar für die Begrifsverwendung von Seiten der Wirtschaft oder Politik gegeben, in medienpädagogischen Konzepten nehmen Relexions- und Kritikfähigkeit als Bestandteile von Medienkompetenz jedoch einen breiten Raum ein. Ebenso wird die Sorge, Medienkompetenz ziele nur auf Verfügungswissen und vernachlässige Orientierungswissen, der pädagogischen Auseinandersetzung mit Medienfragen ebenso wenig gerecht, wie das (implizite) Argument, Medienkompetenz sei auf Bestimmtheit gerichtet, während nur Medienbildung auf die Eröfnung von Unbestimmtheitsräumen angelegt sei. Auch bei der Förderung von Medienkompetenz geht es zum einen um Orientierungswissen und zum anderen um die Fähigkeit, ofen für unbestimmte Situationen zu sein. Des Weiteren ist auch das Argument, nur Medienbildung ziele auf das Verhältnis „Mensch-Welt“, während Medienkompetenz bloß das Verhältnis „Mensch-Medien“ im Blick habe, schon deshalb nicht haltbar, weil Medien selbst ein Bestandteil von Welt sind und „Weltaneignung“ durch Medien ein zentraler Aspekt von Medienkompetenz ist. Schließlich entspricht auch das mögliche

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Argument, allein Medienbildung betone die Selbststeuerung durch das Subjekt, Medienkompetenz sei demgegenüber auf Fremdsteuerung angelegt, nicht dem pädagogischen Diskussionshintergrund – wurde der Kompetenzbegrif in der Pädagogik doch nicht zuletzt deshalb eingeführt, um dem anforderungsorientierten Qualiikationsbegrif einen Begrif entgegenzusetzen, welcher die Subjektseite und die Selbststeuerung bei Bildungsprozessen betont (vgl. Tulodziecki 2010, S. 50f.). Vor dem Hintergrund der Diskussion um den Medienkompetenzbegrif verwundert es nicht, dass sich zum Verhältnis von Medienkompetenz und Medienbildung unterschiedliche Positionen entwickelt haben (vgl. Iske 2015, S. 265). So wird Medienbildung z.B. von Spanhel (2010, S. 51) sowohl als Prozess als auch als Ziel verstanden und Medienkompetenz nur als ein Teilaspekt von Medienbildung begriffen, während für Schorb (2009, S. 55) Medienkompetenz als „Schrittfolge auf dem Weg zur Medienbildung“ aufzufassen ist und der Erwerb von Medienkompetenz letztlich zur Medienbildung als Ziel medienpädagogischen Handelns führen soll. Etwas anders akzentuiert Tulodziecki (2010, S. 52), indem er Medienbildung als Prozess zu versteht, in dessen Rahmen sich – bei aller Ofenheit – Zielüberlegungen in der Form anzustrebender Niveaus von Medienkompetenz beschreiben lassen. Mit diesen drei Positionen wird letztlich versucht, Medienkompetenz und Medienbildung miteinander zu verbinden. Demgegenüber betonen Fromme und Jörissen (2010, S. 52), dass es sich bei Medienkompetenz und Medienbildung um unterschiedliche Konzepte handele, die man zwar in der Form einer „losen Kopplung“ sehen könne, die sich jedoch keinesfalls in systematischer Weise verbinden ließen, sodass Medienbildung eine eigenständige Kernkategorie neben anderen Kernkategorien der Medienpädagogik darstelle. Im Rahmen dieses Diskurses vertreten wir die Aufassung, dass sich Überlegungen aus der Kompetenz- und der Bildungsdiskussion vor allem dann konstruktiv miteinander verbinden lassen, wenn man Medienbildung vornehmlich als Prozessbegrif verwendet und Ansätze zur Medienkompetenz als Grundlage für die Beschreibung wünschenswerter Kompetenzniveaus nutzt, wobei die damit verbundenen Zielvorstellungen mit der allgemeinen Bildungsdiskussion vereinbar sein müssen (siehe dazu Abschnitt 2.3.3). Eine solche Position ist zugleich anschlussfähig an die Diskussion in der empirischen Bildungsforschung, in der kein Widerspruch zwischen Kompetenzorientierung und Bildungsanspruch gesehen wird, wobei auch hier die Annahme zugrunde liegt, dass sich Kompetenzmodelle und Bildungsstandards in allgemeinen Bildungszielen verankern lassen. 4.3.6 Zum Verhältnis von Medienbildung und informatischer Bildung Die Frage nach dem Verhältnis von Medienbildung und informatischer Bildung wurde – wenn auch noch unter anderen Bezeichnungen – bereits in den 1980er-Jahren aufgeworfen, als die Informationstechnische Grundbildung neben

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die damalige Medienerziehung trat (siehe Abschnitt 4.2.7). Für das Verhältnis beider waren zunächst ihre unterschiedlichen Ursprünge wichtig: Während die Medienerziehung aus der Auseinandersetzung mit medialen Produkten und ihrer Bedeutung für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen entstanden war, hatte die Informationstechnische Grundbildung ihre Wurzeln in der Auseinandersetzung mit einer Schlüsseltechnologie, die als besonders bedeutsam für die wirtschaftliche Entwicklung und den gesellschaftlichen Wandel angesehen wurde. Allerdings führten schon damals zwei Entwicklungen zu Berührungspunkten zwischen Medienerziehung und Informationstechnischer Grundbildung: erstens die Tatsache, dass die Computertechnologie auch für die herkömmlichen Medien zunehmend wichtiger wurde, z.B. für Zeitung und Fernsehen, und zweitens die Forderung, die Auseinandersetzung mit der Computertechnologie im Rahmen von Erziehungs- und Bildungsaufgaben zu diskutieren. Ein Nachdenken über Verbindungsmöglichkeiten beider Zugänge erwies sich in der Folgezeit insbesondere durch die weitergehende Übernahme medialer Funktionen durch den Computer – und damit verbundene Diskussionen zu Computerspielen, Multimedia und Internet – als immer dringlicher. Dabei beschränkten sich die ersten Ansätze darauf, zum einen den Computer als weiteres Medium in die Medienerziehung einzubeziehen und zum anderen mediale Anwendungen und Funktionen in der Informationstechnischen Grundbildung zu beachten. Das Bestreben um eine Verbindung zeigt sich dann vor allem in dem Beschluss der Kultusministerkonferenz von 1997: „Durch die Erprobung, Erforschung und Implementierung von Neuen Medien, Multimedia und Telekommunikation im Bildungswesen werden Fragestellungen vertieft und erweitert, die bisher im Zusammenhang mit der Medienpädagogik einerseits und der Informationstechnischen Bildung andererseits behandelt wurden. Die Verbindung von Aspekten beider Bereiche ist ein entscheidender Beitrag zu umfassender Medienkompetenz, d.h. zur Befähigung für einen verantwortlichen und kreativen Umgang mit den Neuen Medien.“ (KMK 1997, S. 5). Einer der ersten Versuche, eine weitergehende inhaltliche Grundlage für eine solche Verbindung zu schafen, bestand in der Empfehlung „Informatische Bildung und Medienerziehung“ der Gesellschaft für Informatik (GI 1999). Dort wird u.a. festgehalten, „dass bereits eine sachgerechte Nutzung und Beurteilung computerbasierter Medien – als medienerzieherische Zielvorstellung – explizite Kenntnisse informatischer Sachverhalte voraussetzt. Wenn darüber hinaus sichergestellt werden soll, dass gesellschaftliche Gestaltungsprozesse im Bereich der Informationsund Kommunikationstechnologien demokratisch beeinlusst werden können und nicht einer kleinen Anzahl von Experten überlassen bleiben, bedarf es in der Gesellschaft eines grundlegenden Verständnisses informatischer Strukturen“ (GI 1999, S. IV). Für ein grundlegendes Verständnis des Mediums Computer stelle, so die Argumentation, die informatische Bildung fachgerechte informatische

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Methoden und Sichtweisen bereit, die durch kein anderes Bildungsangebot eingebracht werden könnten (vgl. S. VI). Diese Argumentation zeigt, dass das Verhältnis von Medienerziehung und Informationstechnischer Grundbildung nicht nur durch Erwägungen zu einem geeigneten Ansatz für ihre Verbindung bestimmt war, sondern auch durch die Frage, wer welche informatisch- und/oder medienkundlich-fachlichen Anteile gegebenenfalls einbringen sollte. Eine Lösung beider Fragen erweist sich auch durch die Zuspitzung von Schelhowe (2007, S. 46) als besonders dringlich, dass digitale Medien nicht nur Vorgegebenes in neuer Form verbinden und präsentieren, sondern selbst Inhalte produzieren können. Daraus erwächst dann auch ihre Schlussfolgerung, „dass informatische Bildung und Medienbildung […] untrennbar zusammen gehören“ (S. 96, vgl. dazu auch Zorn 2011). Um eine solche Verbindung aus einer übergeordneten Perspektive zu fundieren, bezieht sich Herzig (2001a) auf zeichentheoretische Ansätze und plädiert für eine integrative – analoge und digitale Medien umfassende – Medienbildung: „Geht man davon aus, dass die Auseinandersetzung des Individuums mit der (Um-) Welt und der Aufbau von Weltwissen sowie Relexionsformen über solche weltbezogenen Kognitionen auf Zeichen (im zunächst weitesten Sinne) angewiesen sind, so lässt sich die Semiotik als die Wissenschaft von Zeichen, Zeichensystemen und Zeichenprozessen als eine Basiskategorie in der Analyse der medialen Verfasstheit und Bedingtheit des Menschen in der Welt anführen“ (S. 131). In der Folge unterscheidet Herzig (2001a, S. 133) zwischen dem Zeichenprozess, bei dem „zeichenfähige“ Muster, wie sie durch Medien präsentiert werden, eine inhaltliche Bedeutung erfahren, und dem Prozess der Erzeugung „zeichenfähiger“ Muster. Bezogen auf die Erzeugung lassen sich dann zum einen Speziika verschiedener Herstellungsprozesse herausarbeiten (von der Höhlenmalerei bis zur Generierung einer Internetseite), zum anderen kann die Medienentwicklung als ein fortschreitender technikgeschichtlicher Prozess rekonstruiert werden (vgl. S. 133f.). Diese Entwicklung umfasst (a) produktive Prozesse der Äußerung bzw. der Externalisierung, des Speicherns bzw. des Konservierens, der Reproduktion und der Distribution von Vorstellungen durch ikonische und symbolische Zeichen mittels Auftragung von farbgebenden Substanzen auf Trägermaterialien, z.B. als Malerei, Schrift und Buchdruck, (b) registrative Prozesse als technische Einschreibungen zeichenfähiger Muster in ein Trägermaterial, z.B. als Fotograie, Schallplatte und Tonband, (c) transmissive Prozesse zur zeitgleichen Distribution zeichenfähiger Muster, z.B. bei Radio und Fernsehen, (d) manipulative Prozesse als Bearbeitung oder Verarbeitung diskreter zeichenfähiger Muster, wie sie durch die Digitalisierung mithilfe von Computern möglich geworden sind (Herzig 2001a, S. 133f.; 2012, S. 139f.). Eine solche Rekonstruktion der Medienentwicklung bietet zugleich eine Grundlage für eine Verbindung von Medienbildung und informatischer Bildung, zeigt sie doch auf, dass Computersysteme frühere

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mediale Möglichkeiten in sich vereinen und insofern „eine hierarchische Entwicklungsspitze hinsichtlich der Aspekte von Externalisierbarkeit, Konservierbarkeit, Reproduzierbarkeit, Registrierbarkeit, Distribuierbarkeit, Distanzierbarkeit und Manipulierbarkeit bilden“ (S. 154). Entsprechende theoretische Überlegungen sind gleichzeitig anschlussfähig an ein Verständnis von Medienbildung, das dem Gedanken Rechnung trägt, dass der Mensch aufgrund seiner Fähigkeit, potentielle Zeichen zu deuten und selbst zu erzeugen, in Medienzusammenhängen handeln kann, womit ein Zusammenhang zum Konzept der Medienkompetenz gegeben ist (vgl. Abschnitt 4.3.2). Vor diesem Hintergrund gehen wir im Folgenden davon aus, dass es notwendig und zweckmäßig ist, im Rahmen einer umfassenden Medienbildung informatische Anteile als integralen Bestandteil unter dem Anspruch zu verankern, dass eine entsprechende Bildung für alle Schülerinnen und Schüler notwendig ist (vgl. u.a. Herzig 2016; Tulodziecki 2016; Knaus 2017; Kommer 2018). Unabhängig davon stellt sich die Frage nach einem eigenen Unterrichtsfach „Informatik“ mit über die Medienbildung hinaus gehenden informatischen Inhalten. So hat die Gesellschaft für Informatik (GI) u.a. Konzepte für die informatische Bildung im Primarbereich (GI 2018) sowie für das Fach Informatik in der Sekundarstufe I (GI 2008) und in der Sekundarstufe II (GI 2016) vorgelegt. In jedem der drei Konzepte werden fünf Inhaltsbereiche und fünf Prozessbereiche unterschieden. Als Inhaltsbereiche gelten: Informatik und Daten, Algorithmen, Sprachen und Automaten, Informatiksysteme sowie Informatik, Mensch und Gesellschaft. Die Prozessbereiche sind: Modellieren und Implementieren, Begründen und Bewerten, Strukturieren und Vernetzen, Kommunizieren und Kooperieren sowie Darstellen und Interpretieren. Diese Inhalts- und Prozessbereiche dienen jeweils als Grundlage für die Beschreibung von Kompetenzerwartungen und Bildungsstandards (Vgl. GI 2008; 2016, 2018). Mit Bezug darauf ergibt sich die Frage, auf welche der informatischen inhalts- und prozessbezogenen Überlegungen im Rahmen der Medienbildung zurückgegrifen werden kann und soll. Diese Frage ist auch für die Umsetzung im schulischen Alltag bedeutsam, die im Prinzip sowohl durch ein schulisch koordiniertes Vorgehen mit medienbildenden Anteilen in verschiedenen Unterrichtsfächern (u.a. der Informatik) geleistet werden kann als auch im Rahmen eines eigenen Lernbereichs. Auf damit verbundene organisatorische Fragen kommen wir vor allem im Abschnitt 8.2 noch einmal zurück. Wir empfehlen, dass Sie sich nun noch einmal die unter 4.3.1 angeführten Positionen vornehmen und diese unter der Frage einschätzen, ob sie – vor dem Hintergrund des medienpädagogischen Diskurses um Medienkompetenz, Medienbildung und informatische Bildung – angemessen oder weniger angemessen erscheinen.

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4.4 Konzeptioneller Rahmen und Aufgabenfelder für die Medienbildung 4.4.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Versteht man Medienbildung gemäß unseren Überlegungen im Abschnitt 4.3.4 als Prozess, so stellt sich insbesondere für die schulische Umsetzung die Frage nach geeigneten Zielvorstellungen, Inhalten und Vorgehensweisen als Grundlagen für die Planung von Unterrichtseinheiten oder Projekten. Ein wichtiger Schritt dafür ist die Entwicklung eines konzeptionellen Rahmens für die Medienbildung, der geeignet erscheint, hemen zu bestimmen, bei deren Behandlung angestrebte Kompetenzen erworben werden können. Zugleich lässt sich ein solcher Rahmen als Grundlage für die Herleitung wichtiger Aufgabenfelder der Medienbildung nutzen So kann z.B. in einer Schule eine Arbeitsgruppe vor der Anforderung stehen, ein schulinternes Curriculum zur Medienbildung für die Jahrgangsstufen 5 bis 8 zu entwickeln. Dabei könnte sich die Ausgangslage so darstellen, dass in den betreffenden Jahrgängen bereits einige Unterrichtseinheiten oder Projekte für die Medienbildung existieren bzw. vorgesehen sind. Die Arbeitsgruppe soll nun prüfen, ob diese Unterrichtseinheiten oder Projekte hinreichend erscheinen oder ob es notwendig ist, sie durch weitere Unterrichtseinheiten oder Projekte zu ergänzen. Eine Bestandsaufnahme könnte gezeigt haben, dass bisher folgende Unterrichtseinheiten oder Projekte für die betrefenden Jahrgangsstufen eingeplant werden können. – Die Lernenden sollen zunächst in freier Gesprächsrunde über ihre Erfahrungen bei der Nutzung von Computerspielen und Videoilmen berichten. Dabei werden sie vermutlich sowohl ansprechen, was ihnen Spaß und Vergnügen bereitet hat, als auch, was bei ihnen möglicherweise Angst oder Schrecken hervorgerufen hat. Anschließend kann die Frage nach möglichen Wirkungen von Computerspielen und Videoilmen anhand eines zusammenfassenden Textes weiterverfolgt und diskutiert werden. – Für die Bearbeitung eines bestimmten hemas sollen die Lernenden verschiedene Informations- oder Lernmaterialien zusammenstellen, eine Auswahl trefen und in Kleingruppen mindestens jeweils zwei der ausgewählten Informations- oder Lernmaterialien bearbeiten. Diese können nach der Bearbeitung in Kleingruppen hinsichtlich ihrer Vorzüge und Probleme vergleichend diskutiert werden. Danach lässt sich in der Klasse eine Gesamtdiskussion zu den ausgewählten Materialien durchführen. – Mit den Schülerinnen und Schülern soll ein bestimmtes, sie interessierendes hema abgesprochen werden. Im Anschluss daran lässt sich anregen, dieses hema in Kleingruppen medial umzusetzen, z.B. als Hörspiel, als Videoclip, als Kurzgeschichte, als Comic. Anschließend können die medialen Beiträge vorgestellt und vergleichend diskutiert werden. – Im Rahmen eines ofenen Gesprächs über die Nutzung des Smartphones sollen verschiedene Möglichkeiten und Probleme zusammengestellt werden, die mit der Nutzung verbunden sind. Anschließend kann es um die Gründe für die entsprechenden Möglichkeiten und Probleme gehen. So lässt sich der Blick auf bestimmte Merkmale der digitalen Infrastruktur „hinter“ dem Smartphone lenken, z.B. auf die Umwandlung eingegebener Zeichen in Daten, auf deren algorithmische Verarbeitung sowie auf die Vernetzung.

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– Eine Unterrichtseinheit soll mit der Frage beginnen, welche Möglichkeiten Kinder oder Jugendliche haben, wenn sie Spielzeug, das noch gut erhalten ist, aber nicht mehr gebraucht wird, mit Hilfe ihrer Eltern verkaufen möchten. Mögliche Vorgehensweisen können gesammelt werden, z.B. im Bekanntenkreis fragen, mit dem Spielzeug auf einen Flohmarkt gehen, die Sachen im Internet anbieten. Danach lassen sich die Vorzüge und Probleme der verschiedenen Verkaufsmöglichkeiten vergleichend diskutierten. – Mit den Lernenden soll die Frage erörtert werden, bei welchen Gelegenheiten sie auf Werbung stoßen. Verschiedene Beispiele können zusammengestellt werden. In Kleingruppen sollen die Schülerinnen und Schüler jeweils zwei Werbeanzeigen oder Werbespots aus unterschiedlichen Werbeträgern unter der Frage analysieren, wie mithilfe der Werbung versucht wird, sie zu einem bestimmten Kaufverhalten anzuregen. Anschließend können die Analyseergebnisse in der Klasse vorgestellt und Handlungskonsequenzen im Umgang mit Werbung diskutiert werden. 

Versetzen Sie sich nun bitte einmal in die Situation der Arbeitsgruppe. Dabei können Sie zunächst bedenken, welche medienbildungsrelevanten hemen in den einzelnen der obigen Beispiele schwerpunktmäßig behandelt werden. Danach stellt sich die Frage, ob es notwendig erscheint, weitere hemen im Rahmen der Jahrgänge 5 bis 8 ins Auge zu fassen – und wenn ja: welche? Nehmen Sie dazu bitte erste Einschätzungen vor. Für entsprechende Entscheidungen empiehlt es sich den folgenden Fragen nachzugehen: (1) Wie könnte ein konzeptioneller Rahmen für die Medienbildung als allgemeine Grundlage für den Entwurf von Unterrichtseinheiten und Projekten aussehen? (2) Welche Aufgabenfelder lassen sich daraus für die Medienbildung herleiten? Eine Auseinandersetzung mit diesen Fragen wird zu vielfältigen Anregungen zur Planung von Unterrichtseinheiten oder Projekten und zur Beschreibung ihres Beitrags zur Medienbildung führen. 4.4.2 Konzeptioneller Rahmen für die Medienbildung Die Kompetenzüberlegungen im Abschnitt 4.3.3 vermitteln bereits wichtige Hinweise für mögliche Unterrichtseinheiten oder Projekte zur Medienbildung. Allerdings ergeben sich mit der Fokussierung auf Kompetenzen oder Bildungsstandards vor allem Bezüge zu Zielfragen, wobei die Inhaltskomponente teilweise durch die Kompetenzorientierung überlagert und dadurch u.U. nicht hinreichend deutlich wird. Insofern ist es für die Ausgestaltung der Medienbildung zwar sinnvoll, bisherige Ansätze zu Kompetenzmodellen und Bildungsstandards im Hinblick auf Ziel- und Inhaltsdimensionen auszuwerten, gleichzeitig erweist es sich aber als notwendig, Ergänzungen und Erweiterungen sowie geeignete Akzentuierungen vorzunehmen. Dies soll im Folgenden durch den Entwurf eines konzeptionellen Rahmens und die anschließende Bestimmung von Aufgabenfeldern für die Medienbildung geschehen.

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Für einen konzeptionellen Rahmen bedenken wir mit Blick auf mögliche Unterrichtseinheiten oder Projekte unterschiedliche Dimensionen von Medienbildung: die Zieldimension, die Dimension medialer Handlungs- und Nutzungsbereiche, die Inhaltsdimension und die Vorgehensdimension. Zieldimension Im Abschnitt 2.3 haben wir ein sachgerechtes, ein selbstbestimmtes, ein kreatives und ein sozial verantwortliches Handeln als Zielperspektiven für die Bildung in einer von Medien mitgestalteten Welt eingeführt und begründet. Diese Zielperspektiven bedürfen für unterrichtliches Handeln einer weiteren Auslegung im Hinblick auf notwendiges Wissen und Können bzw. auf anzustrebende Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten. In diesem Sinne lassen sich vor dem Hintergrund vorliegender Kompetenzmodelle und Bildungsstandards verschiedene Zielbereiche für Unterrichtseinheiten oder Projekte zur Medienbildung nennen: – Handhabungsfertigkeiten als Basis für eine funktionsgerechte Nutzung von Medien bzw. von Hard- und Software, – Kommunikationsfähigkeit als Basis für das Verstehen von Medienbotschaften und für eigene mediale Mitteilungen. – Kenntnisse und Verstehen in verschiedenen Inhaltsbereichen (wie sie weiter unten ausgeführt werden) als Grundlage für eine relexive rezeptive, interaktive und produktive Mediennutzung, – Recherche- und Strukturierungsfähigkeiten als Voraussetzung zur Nutzung der Medienpotenziale, – Fähigkeit zur Analyse und Bewertung von Medienangeboten und eigenen Medienbeiträgen, – Problemlösefähigkeit, um medienbezogene und andere Probleme sachgerecht und gegebenenfalls mit medialer Hilfe lösen zu können, – Entscheidungsfähigkeit, um ein selbstbestimmtes Agieren im Medienbereich zu ermöglichen, – Gestaltungsfähigkeit, um in der Lage zu sein, eigene Beiträge zur Medienkultur zu realisieren, – Urteilsfähigkeit, um in Medienzusammenhängen sachgerechte und unsachgemäße Lösungen, fremdbestimmtes und selbstbestimmtes Verhalten, angemessene und unangemessene Gestaltungen sowie gerechtfertigtes und ungerechtfertigtes Handeln unterscheiden zu können, – Handlungsfähigkeit und Handlungsbereitschaft, um als richtig erkannte Lösungen, gefällte Entscheidungen, angemessene Gestaltungen und als gerechtfertigt beurteilte Aktivitäten in medialen Kontexten umsetzen zu können. Im Rahmen von Unterrichtseinheiten oder Projekten können jeweils einzelne oder auch mehrere dieser Zielbereiche zur Geltung kommen Mit den Zielbereichen sind

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gleichzeitig die – in der medienpädagogischen Debatte als wichtig geltenden – Fähigkeiten zum Durchschauen von Medialität (vgl. z.B. Wagner 2013, S. 7f.), zur Medienkritik (vgl. z.B. Niesyto 2017, S. 266f.), zur Orientierung und Relexion (vgl. z.B. Marotzki u. Jörissen 2010, S. 22f.) sowie zur Partizipation (vgl. z.B. Schorb 2017, S. 254f.) verbunden. Medialitätsbewusstsein, Kritikfähigkeit, Orientierungs- und Relexionsfähigkeit sowie Partizipation erwachsen aus den oben angesprochenen inhaltlichen Komponenten in Verbindung mit den genannten Fertigkeiten und Fähigkeiten. Dimension medialer Handlungs- und Nutzungsbereiche Mediale Handlungs- und Nutzungsbereiche sind für die Medienbildung bedeutsam, weil die Mediennutzung und das Medienhandeln einerseits selbst bildungsrelevant sein können, z.B. bei der gezielten Verwendung von Medien zum Lernen, und andererseits, weil bildungsrelevante Kenntnisse und Fähigkeiten bei der Mediennutzung und dem Medienhandeln zum Tragen kommen sollen, z.B. wenn die Rezeption einer Nachrichtensendung durch kritische Einschätzungen begleitet wird. Im Hinblick auf eine bildungsbezogene Auseinandersetzung mit der Mediennutzung und dem Medienhandeln unterscheiden wir im Folgenden zwischen drei Grundformen der Mediennutzung und fünf Handlungs- oder Nutzungsbereichen. Als Grundformen der Mediennutzung können gelten: die rezeptive, die interaktive und die produktive Nutzung: – Die rezeptive Nutzung liegt z.B. beim Anhören eines Hörspiels oder beim Anschauen eines Kino-, Fernseh- oder Videoilms vor. Kennzeichen der rezeptiven Nutzung ist, dass für die Medienpräsentation keine Eingreifmöglichkeiten vorprogrammiert sind und die Nutzenden das jeweilige Medienangebot grundsätzlich in linearer Form aufnehmen, wenn sie den Ablauf gegebenenfalls auch durch Stopp-, Wiedergabe-, Zeitlupen-, Vorlauf- oder Rücklaufsteuerungen regeln können. – Bei der interaktiven Nutzung sind bei einem medialen Angebot bzw. bei den jeweiligen medialen Möglichkeiten von vornherein und grundsätzlich Eingreifoder Steueranweisungen oder andere Aktivitäten und Datenauswertungen vorgesehen, über die die Nutzenden die jeweiligen Abläufe mitbestimmen. Die Interaktion kann dabei mit Informatiksystemen, z.B. bei einem alleingenutzten Computerspiel, oder mit anderen Personen erfolgen, z.B. bei E-Mail, Chat oder anderen Aktivitäten in Sozialen Netzwerken. – Die produktive Nutzung ist dadurch gekennzeichnet, dass mediale Möglichkeiten verwendet werden, um eigene mediale Beiträge bzw. mediale Produkte zu erstellen und zu präsentieren, z.B. eine mediale Präsentation von Facharbeiten, eine Kurzgeschichte, ein Hörspiel oder einen Videoclip. Die Präsentationen können dabei in direktem personalen Kontakt geschehen oder über Medien gezielt an Einzelne oder bestimmte Gruppen erfolgen oder für die Öfentlichkeit bestimmt sein.

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Diese Grundformen können einzeln oder in Übergängen und Kombinationen vorliegen. Beispielsweise wird bei einem eigenen Beitrag in einem Sozialen Netzwerk die interaktive mit der produktiven Grundform verbunden. Zugleich lassen sich die Grundformen beim Medienhandeln zu unterschiedlichen Zwecken verwenden bzw. in unterschiedlichen Handlungs- und Nutzungskontexten zur Geltung bringen. Beispielsweise kann die rezeptive Nutzung damit verbunden sein, sich zu informieren, etwa beim Hören von Radionachrichten, oder sich zu unterhalten, etwa bei einem Kinobesuch. „Umgekehrt“ kann ein bestimmter Verwendungszweck mit unterschiedlichen Grundformen angestrebt werden: Wenn man beispielsweise mit Medien lernen möchte, kann man eine Bildungssendung des Fernsehens rezipieren oder interaktiv mit einem computergestützten Lernprogramm arbeiten oder sich einen Sachverhalt produktiv aneignen, indem man ihn selbst medial darstellt. Insgesamt lassen sich mit Blick auf eine hematisierung im Rahmen der Medienbildung folgende Handlungs- und Nutzungsbereiche nennen: – Information und Lernen: Die Medienlandschaft bietet vielfältige Möglichkeiten, um sich zu informieren. Die Möglichkeiten reichen z.B. vom Sachbuch über Radio und Dokumentarilme sowie Fernsehnachrichten bis zu Internetrecherchen. Die jeweiligen Angebote können in rezeptiver oder interaktiver Form genutzt werden. Zudem lassen sich eigene Informationsbeiträge gestalten und zur Verfügung stellen. Auch für das Lernen hält die Medienlandschaft mannigfaltige Möglichkeiten bereit: vom Schulbuch über auditive, visuelle und audiovisuelle Materialien bis zu Angeboten des E-Learning (siehe dazu Abschnitt 3.1). Die Nutzung kann ebenfalls rezeptiv, interaktiv, oder produktiv erfolgen. – Analyse und Simulation: Medien lassen sich nicht nur verwenden, um vorhandene Erkenntnisse wiederzugeben, sie können auch genutzt werden, um Erkenntnisse zu gewinnen, die für den Einzelnen oder auch für die Wissenschaft neu sind. Eine Möglichkeit besteht z.B. darin, Aufzeichnungen von bestimmten Vorgängen, etwa von Kommunikationsabläufen im Unterricht, zu analysieren und daraus erkenntnisbringende Schlüsse zu ziehen. Ein weiteres Beispiel stellt der Erkenntnisgewinn durch algorithmisch gesteuerte Analyse umfangreicher Datenbestände oder Datenströme dar. Ein anderes Beispiel sind Simulationen, bei denen bestimmte Parameter von Systemen, Vorgängen oder Prozessen interaktiv verändert werden können und sich die jeweiligen Folgen modell- und computerbasiert als Basis für neue Einsichten bestimmen lassen. Darüber hinaus können Jugendliche auch selbst (kleinere) Programme für Datenanalysen oder Simulationen entwickeln. – Unterhaltung und Spiel: Ähnlich wie für Information und Lernen umfasst die Medienlandschaft mannigfaltige Angebote für Unterhaltung und Spiel. Die Mög-

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Lernen über Medien – die Perspektive von Erziehungs- und Bildungsaufgaben lichkeiten reichen bei der Unterhaltung z.B. von der Belletristik über Hörspiele und Musikaufzeichnungen sowie Videoclips und Spielilme bis zum Agieren in virtuellen Welten, bei den Spielmöglichkeiten von Karten- und Brettspielen über Konsolen- und Videospiele bis zum Agieren in dreidimensionalen Spielumgebungen. Die Nutzung vorhandener Angebote kann rezeptiv erfolgen, z.B. beim Anhören eines aufgezeichneten Konzertes, oder interaktiv, z.B. bei Computerspielen. Darüber hinaus können auch selbst unterhaltsame Beiträge produziert werden, z.B. ein Sketch als Videoclip.

– Dienstleistungen: Mit den digitalen Entwicklungen steigen die Möglichkeiten. Dienstleistungen über Medien in Anspruch zu nehmen, z.B. im Bereich von Handel, Banken, Haushalt, Verwaltung, Gesundheitswesen und Verkehr. Dabei gelten die Nutzenden zum einen als Zielgruppen von mediengestützten Dienstleistungen z.B. bei Einkauf, Online-Banking oder medizinischer Beratung, zum anderen können sie entsprechende Portale oder Plattformen auch nutzen, um eigene Waren oder Dienstleistungen anzubieten und z.B. Verkäufe abzuwickeln. Insbesondere der Internethandel ist in diesem Zusammenhang sehr wichtig geworden. – Steuerung und Kontrolle: In diesem Bereich steht die Intention im Vordergrund, bestimmte Prozesse mit computerbasierten Möglichkeiten zu steuern, zu kontrollieren und gegebenenfalls zu optimieren. Maßnahmen der Steuerung reichen dabei von selbst gewählten Möglichkeiten der Steuerung des eigenen Verhaltens über einfache oder subtilere Formen der Werbung bis zu zielgerichteter Propaganda und Manipulation auf der Grundlage von Datenanalysen. Selbst gewählte Steuerungsund Kontrollmöglichkeiten können z.B. verwendet werden, um das eigene Bewegungs-, Ernährungs- oder Umweltverhalten zu dokumentieren und zu optimieren. Für solche Prozesse stehen Software-Applikationen zur Verführung, die sich über Smartphone, Tablet oder Computermonitor nutzen lassen und dabei u.U. in entsprechende Webseiten oder Portale eingebunden sind. Die angeführten Nutzungs- und Handlungsbereiche sind nicht als trennscharfe Kategorien zu verstehen. Sie können – ähnlich wie die oben genannten Grundformen der Mediennutzung – beim Medienhandeln ineinander übergehen oder sich überschneiden. Insofern markieren sie nur bestimmte Akzente der Mediennutzung bzw. des Medienhandelns. Viele der mit den Bereichen verbundenen Zwecksetzungen haben auch schon bei den herkömmlichen Massenmedien eine Rolle gespielt. Durch die Digitalisierung haben sich allerdings für alle Nutzungs- und Handlungsbereiche neue Möglichkeiten eröfnet, wobei die Bereiche der Analyse, der Simulation, des Spiels, der Dienstleistungen sowie der Steuerung und Kontrolle ein deutlich größeres Gewicht erhalten haben. Die medialen Möglichkeiten können in allen Handlungs- und Nutzungsbereichen sowohl in förderlicher als auch in missbräuchlicher Weise verwendet werden.

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Inhaltsdimension Vor dem Hintergrund der obigen Überlegungen zur Zieldimension und zur Dimension medialer Handlungs- und Nutzungsbereiche ergibt sich die Frage, mit welchen Inhalten sich Lernende im Rahmen von Medienbildung auseinandersetzen sollten. Dabei sind zum einen Inhalte zu beachten, die sich in der medienpädagogischen Diskussion herausgebildet haben, z.B. Medienlandschaft, Medienfunktionen, „Sprache“ der Medien, Medieneinlüsse oder Produktionsbedingungen (siehe Abschnitt 4.2). Zum anderen ist im Abschnitt 4.3 deutlich geworden, dass die Medienbildung informatische Grundlagen berücksichtigen muss. In diesem Zusammenhang kann und soll es allerdings nicht darum gehen, informatische Inhalte insgesamt in die Medienbildung zu integrieren, sondern nur solche Inhalte, die für ein Verständnis digitaler Grundlagen unerlässlich sind (vgl. u.a. Knaus 2017, S. 63; Brüggen 2017, S. 127f.). Vor diesem Hintergrund gehen wir für die Medienbildung von folgenden Inhaltsbereichen aus: – Medienlandschaft und ihre digitale Infrastruktur: Dieser Inhaltsbereich umfasst zunächst die Medienarten und ihre Angebote sowie Fragen der Medienkonvergenz und der Zugangsmöglichkeiten. Dabei ist besonders bedeutsam, dass die medialen Angebote und die institutionellen Verknüpfungen im Medienbereich zunehmend auf einer digitalen Infrastruktur beruhen (vgl. Krotz 2016, S. 21-26, siehe auch Abschnitt 1.1). Die digitale Infrastruktur lässt sich charakterisieren: (a) durch die Überführung von bedeutungstragenden Zeichenmustern in Daten und umgekehrt (als Basis der Digitalisierung), (b) durch die Eingabe bzw. die Aufnahme von Daten durch Menschen oder Sensoren und deren Übertragung, (c) durch die algorithmische Verarbeitung von Daten auf der Grundlage von Modellierungen, (d) durch automatisierte Abläufe bei Analysen und weiteren Vorgängen, (e) durch die Vernetzung auf digitaler Basis, wobei als Agierende im Netz sowohl Menschen als auch Informatiksysteme fungieren, die zum einen als Empfänger und zum anderen als Sender aktiv werden können (vgl. Gapski 2016, S. 22). Das Verständnis dieser Infrastruktur setzt eine grundlegende inhaltliche Auseinandersetzung mit informatischen Konzepten zur Unterscheidung von Information und Daten, zur Datenverarbeitung und Datenanalyse, zum algorithmischen Problemlösen, zur Modellierung, zur Programmierung bzw. zum Coding voraus (vgl. GI 2008; Herzig 2012; Romeike 2017; Aufenanger 2017a). Solche Merkmale und Konzepte sollten im Rahmen der Medienbildung allerdings nicht isoliert als technologische Konzepte, sondern in ihrer Bedeutung für die Medienlandschaft bearbeitet werden. – Gestaltungsmerkmale und Erzeugung medialer Botschaften: Für diesen Inhaltsbereich ist der semiotische Zeichenbegrif mit der Unterscheidung von Bedeutung (Interpretant), Mittel der Repräsentation von Bedeutung (Repräsentamen) und gemeintem Objekt (Gegenstand) grundlegend (vgl. Herzig 2012, S. 84).

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Lernen über Medien – die Perspektive von Erziehungs- und Bildungsaufgaben Bei den Mitteln der Repräsentation kommen verschiedene Gestaltungsmerkmale medialer Botschaften in den Blick: Darstellungsformen, Gestaltungstechniken, Gestaltungsformen, Ablauformen sowie Medien- und Gestaltungsarten (siehe Abschnitt 1.2.3). Von besonderer Bedeutung ist dabei jeweils das Verhältnis von Form und Inhalt einer medialen Botschaft. Auch für die „Erzeugung medialer Botschaften“ kann der semiotische Zeichenbegrif den Ausgangspunkt bilden. Durch ihn wird deutlich, dass bei der Digitalisierung letztlich nur die Mittel der Repräsentation in Form von Daten maschinell verarbeitet und präsentiert werden (können) – was allerdings einen großen technischen Fortschritt bedeutet, weil sich die Repräsentationsmittel nun in digitaler Form verarbeiten und generieren lassen. Zugleich zeigt sich, dass sich mit Hilfe von Daten immer nur potenzielle Zeichen oder Zeichenmuster repräsentieren lassen und dass es weiterer (kognitiver) Prozesse bedarf, damit ein Mensch die potenziellen Zeichen bzw. Zeichenmuster mit Bedeutungen verbindet. Durch die digitalen Techniken können mediale Botschaften nicht nur (wie vorher) durch Auftragung bestimmter Substanzen, z.B. von Farbstofen, auf einen materialen Träger, z.B. eine Leinwand, oder durch technische Einschreibung in ein Trägermaterial, z.B. in ein Magnetband, oder durch Übertragung von technischen Signalen, z.B. bei Radio und Fernsehen, erzeugt werden, sondern auch durch modellbasierte algorithmische bzw. automatisierte Prozesse der Datenverarbeitung.

– Medieneinlüsse auf Individuum und Gesellschaft: In diesem Inhaltsbereich geht es um Medieneinlüsse auf Emotionen, Vorstellungen, Verhaltens- und Wertorientierungen sowie auf soziale Zusammenhänge. Im Hinblick auf emotionale Einlüsse ist u.a. anzunehmen, dass mediale Möglichkeiten in Zeiten der Digitalisierung aufgrund ihrer ständigen Verfügbarkeit in verstärkter Weise an der Anregung von Emotionen beteiligt sind und dass sie noch häuiger als bisher zur Stimmungsregulierung und zum Ausdruck emotionaler Reaktionen verwendet werden, wobei dies auch – nicht zuletzt aufgrund der Möglichkeiten anonymer Artikulation – zum „Ausleben“ negativer Emotionen führen kann. Hinsichtlich der Vorstellungsbildung ging es in der Medienpädagogik immer schon um die Frage nach den (möglicherweise irreführenden) medial bedingten Wirklichkeitsbildern. Diese Frage ist auch unter Bedingungen der Digitalisierung wichtig und hat im Zusammenhang zunehmender Propaganda und Manipulationsversuche im Netz sowie virtueller Umgebungen noch an Bedeutung gewonnen. Zugleich sind bei dieser Einlusskategorie noch weitere Fragestellungen zu bedenken, z.B. nach der Art der Aneignung von und der Verfügung über Wissen, nach dem Charakter des in computerbasierten Umgebungen zu erwerbenden Wissens und nach der Sinnhaftigkeit des Wissenserwerbs überhaupt. Hinsichtlich von Verhaltens- und Wertorientierungen rückten bei der herkömmlichen Medienbildung immer wieder Fragen von medieninduzierten aggressiven Verhaltens- oder Wertmustern oder nach der Bedeutung der präsentierten Vielfalt von Verhaltens- und

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Wertorientierungen für die Entwicklung eigener Haltungen in den Mittelpunkt. Unter dem Einluss von „permanently online, permanently connected“ werden sich – wie im Abschnitt 1.1 angesprochen – in verschiedenen Zusammenhängen zunehmend Fragen nach Veränderungen beim Problemlösen, beim Gestalten von Beziehungen, bei Bedürfnislagen und beim Selbstverständnis stellen (vgl. Vorderer u. Klimmt 2016, S. 33). Im Kontext mit solchen – auf das Individuum und auf soziale Zusammenhänge bezogenen Einlüssen – richtet sich der Blick auch weiterhin auf mediale Einlüsse in Alltag und Familie, in Schule und Beruf, in Freizeit und kulturellen Aktivitäten sowie auf generelle Folgen für Kommunikation und Kultur sowie für Wirtschaft und Politik in unserer Gesellschaft. – Bedingungen von Medienproduktion und Medienverbreitung: In diesem Inhaltsbereich sind technische, ökonomische, rechtliche, personale, institutionelle, politische und weitere gesellschaftlich-kulturelle Voraussetzungen und Rahmungen der Produktion und Verbreitung medialer Beiträge in den Blick zu nehmen. Technische Bedingungen verweisen auf die für die Gestaltung und Nutzung wichtige technische Ausstattung, wobei mit Bezug auf die Digitalisierung insbesondere Informatiksysteme in den Blick geraten. Das hema ökonomischer Bedingungen war für die Medienpädagogik angesichts der privatwirtschaftlichen Organisation weiter Bereiche der Medienproduktion und Medienverbreitung schon lange wichtig. Unter Stichworten wie z.B. Monopolisierung und Datenkapitalismus ergeben sich allerdings erweiterte Problemlagen. Bei den rechtlichen Bedingungen ist das Grundrecht auf Informations-, Meinungs- und Pressefreiheit von grundlegender Bedeutung. Hinzu kommen Fragen des Jugendschutzes und des Urheberrechts sowie des Datenschutzes und der Datensicherheit, wobei dem Datenschutz unter Digitalisierungsaspekten eine immer größere Bedeutung zukommt. Bezüglich personaler Bedingungen geht es u.a. um ein intensives Nachdenken über notwendige personale Kompetenzen, um den mit der Digitalisierung verbundenen Anforderungen gerecht zu werden. Mit institutionellen Bedingungen wird der Blick auf Entscheidungs- und Organisationsstrukturen in Medieninstituten einschließlich ihrer digitalen Unterstützung gerichtet. Bei politischen Bedingungen spielt beispielsweise die Auseinandersetzung mit Programmen und Strategien, die Parteien, Bildungsadministration oder Bildungspolitik zu Digitalisierung und Mediatisierung entwickeln, eine wichtige Rolle. Weitere gesellschaftlich-kulturelle Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung kommen z.B. in den Blick, wenn nach der generellen Bedeutung von Medien für die jeweilige Kultur und Gesellschaft gefragt wird. Diese Erläuterungen zu verschiedenen Inhaltsbereichen der Medienbildung verweisen auf eine Fülle möglicher hemen für Unterrichtseinheiten oder Projekte. Damit ist allerdings nicht der Anspruch verknüpft, dass in den jeweiligen Bildungseinrichtungen alle hemen bzw. Inhaltsbereiche in umfassender Weise be-

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arbeitet werden. In der Schule wird in der Regel nur eine ausschnitthafte Behandlung möglich sein. Aber auch dabei bleibt der Anspruch, dass die Aufwachsenden die Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben, die für eine humanes Medienhandeln notwendig sind. Vorgehensdimension Die Tatsache, dass es bei der Fülle möglicher hemen im Rahmen der Medienbildung in einzelnen Bildungseinrichtungen notwendig sein wird, ausschnitthaft vorzugehen, legt für die Medienbildung eine Verbindung von exemplarischem und orientierendem Vorgehen nahe (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Blömeke 2017, S. 173). Hinsichtlich dafür geeigneter Vorgehensweisen ist wichtig, dass medienpädagogische Aktivitäten von der Lebenssituation und der Bedürfnislage der Heranwachsenden sowie vom jeweils gegebenen Wissens-, Erfahrungs- und Entwicklungsstand ausgehen und in kommunikativer Weise zu einer Weiterentwicklung führen (siehe Abschnitt 2.2.5). Diese Schlussfolgerung lässt sich – wie wir im Abschnitt 3.3 mit Bezug auf mediendidaktische Fragen gezeigt haben – dadurch umsetzen, dass bildungsrelevante Lernprozesse als Auseinandersetzung mit komplexen Aufgaben – einschließlich der jeweils notwendigen Wissensaneignung – konzipiert werden. Als geeignete Aufgabenformen können dabei – wie für Unterricht oder Projekte generell – Erkundungsaufgaben, Probleme, Entscheidungsfälle, Gestaltungs- oder Beurteilungsaufgaben dienen. Auch für die Medienbildung sollen solche Aufgaben in einer für Heranwachsende erkennbaren und motivationsstiftenden Weise auf ihre Gegenwart oder Zukunft bezogen sein und insgesamt folgende Merkmale aufweisen: Verständlichkeit, Situierung, Bedeutsamkeit, Neuigkeitswert, angemessener Schwierigkeitsgrad und Exemplarität (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Blömeke 2017, S. 131f.). In diesem Sinne bietet sich auch für die Medienbildung ein erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- und beurteilungsorientiertes Vorgehen an. Demnach sollen Prozesse der Medienbildung durch folgende Merkmale gekennzeichnet sein (siehe auch Abschnitt 3.3.2): – Bedeutsame Aufgabe bzw. Anforderung mit angemessenem Komplexitätsgrad und gegebenenfalls medialer Präsentation als Ausgangspunkt, – Vereinbarung von Zielen mit der Relexion der Bedeutsamkeit von zu erarbeitenden Informationen und Lösungen, – Verständigung über das Vorgehen mit einer Zusammenstellung zu bearbeitender Fragen zusammen mit den Lernenden, – Selbsttätige und kooperative Erarbeitung wichtiger inhaltlicher Grundlagen, gegebenenfalls mit Anleitung durch die Lehrperson und/oder medialer Unterstützung, – Entwickeln von Lösungswegen und ihre Durchführung mit entsprechenden Dokumentationen für eine Präsentation,

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– Vergleich unterschiedlicher Lösungswege und Lösungen sowie Systematisierung mit Diskussion und geeigneter Zusammenfassung, – Anwendung der erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten durch Auseinandersetzung mit weiteren Aufgaben bzw. Anforderungen, – Relexion des Gelernten im Hinblick auf Inhalte, Vorgehensweisen und mediale Formen sowie Weiterführungen. Im Rahmen entsprechender Prozesse bietet es sich u.U. an, erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen miteinander zu kombinieren. So könnte z.B. eine Beurteilungsaufgabe als Ausgangspunkt für eine Auseinandersetzung mit gewaltsimulierenden Computerspielen mit einem gestaltungsorientierten Vorgehen verbunden werden, indem Heranwachsende im Anschluss an die Bewertung von entsprechenden Computerspielen selbst ein gewaltfreies Computerspiel konzipieren. Außerdem kann bei entsprechenden Vorgehensweisen das exemplarische Lernen (bis zu der Lösungsphase) mit orientierendem Lernen (in den anschließenden Phasen) verbunden werden. Umsetzungen für entsprechende Vorgehensweisen sind in den Kapiteln 5 und 6 zu inden. Will man die obigen konzeptionellen Überlegungen zusammenfassen, kann man eine Matrix bilden, in der die Inhaltsdimension und die Dimension medialer Nutzungsund Handlungsbereiche gemäß Darstellung 4.4 in Beziehung zueinander gesetzt werden. Zusammen mit der oben ebenfalls ausgeführten Ziel- und Vorgehensdimension entsteht so ein konzeptioneller Rahmen für die Medienbildung, der vielfältige Anregungen zur Planung von medienpädagogischen Aktivitäten geben kann. Bei der Planung und Durchführung von Unterrichtseinheiten oder Projekten zur Medienbildung können sich diese auf eine Zelle der Matrix beziehen, z.B. wenn die Vernetzung als ein Merkmal der „Medienlandschaft und ihrer digitalen Infrastruktur“ mit Bezug auf den Handlungs- und Nutzungsbereich von „Information und Lernen“ thematisiert wird. Es können aber auch Bezüge zu mehreren Zellen entstehen, z.B. wenn die Vernetzung im Rahmen einer Unterrichtseinheit mit Bezug auf verschiedene Handlungs- und Nutzungsbereiche zur Sprache kommt. 4.4.3 Aufgabenfelder der Medienbildung Auf Grundlage der Matrix gemäß Darstellung 4.4 kann eine Vielzahl an hemen für die Medienbildung generiert werden. Nicht alle dieser hemen lassen sich bei begrenzten Zeit- und Personalressourcen in der Schule bearbeiten. Deshalb ist es erforderlich, für die schulische Medienbildung besonders wichtige Aufgabenfelder zu bestimmen. Die Herleitung solcher Aufgabenfelder kann – ausgehend von dem entwickelten konzeptionellen Rahmen – helfen, eine geeignete Auswahl für die schulische Medienbildung zu trefen.

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Darst. 4.4: Konzeptioneller Rahmen für die Medienbildung (vgl. auch Tulodziecki 2017b, S. 55).

Für entsprechende Entscheidungen empiehlt es sich, zunächst der Frage nachzugehen, welche Aufgabenfelder im Rahmen der Medienbildung mindestens exemplarisch behandelt werden sollten. Zur Bearbeitung dieser Frage orientieren wir uns zum einen an den Grundformen der Mediennutzung in Verbindung mit den Handlungs- und Nutzungsbereichen und zum anderen an den Inhaltsbereichen.

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Demgemäß skizzieren wir im Folgenden schwerpunktmäßig nutzungsbezogene und schwerpunktmäßig inhaltsbezogene Aufgabenfelder. Nutzungsbezogene Aufgabenfelder Auf der Basis des konzeptionellen Rahmens gemäß Darstellung 4.4 lassen sich durch Verknüpfung von Grundformen der Mediennutzung und Handlungs- und Nutzungsbereichen verschiedene nutzungsbezogene Aufgabenfelder bestimmen. Dabei gehen wir davon aus, dass im Rahmen von Unterrichtseinheiten oder Projekten zu den Aufgabenfeldern jeweils auch die notwendigen Handhabungsfertigkeiten erworben oder – falls vorhanden – angewendet werden können. Vor diesem Hintergrund gehen wir im Weiteren von den folgenden sechs nutzungsbezogenen Aufgabenfeldern aus: Relektierte Nutzung von medialen Angeboten für Information und Lernen: Hier geht es vor allem darum, vorhandene Informations- oder Lernangebote zu recherchieren, Zugangsmöglichkeiten zu prüfen, auf der Grundlage von Analysen und Bewertungen und unter Beachtung nicht-medialer Informations- und Lernmöglichkeiten begründete Auswahlentscheidungen zu trefen und die Nutzung der Informations- und Lernangebote relexiv zu begleiten. Vorzüge bei der Nutzung liegen z.B. in dem schnellen sowie häuig zeit- und ortsunabhängigen interaktiven Zugrif auf vielfältige Informationen und individuelle Lernmöglichkeiten. Probleme ergeben sich u.U. bei der Informationsnutzung durch Informationsfülle, Falschmeldungen oder schlecht recherchierte Mitteilungen sowie interessengebundene Verlautbarungen und bei der Lernnutzung durch unangemessene didaktische Reduktionen, suboptimale Lehrstrategien oder mangelnde Rückbindungen in soziale Zusammenhänge. Relektierter Umgang mit medialen Möglichkeiten für Analyse und Simulation: Geht es bei Informations- und Lernangeboten um die Vermittlung vorhandenen Wissens, so stehen in diesem Aufgabenfeld mediale Möglichkeiten für die Gewinnung neuer Erkenntnisse im Mittelpunkt, z.B. durch die Analyse von medialen Dokumenten oder von Datenbeständen und Datenströmen oder durch Modellbildung und Simulation. Demgemäß geht es um Kenntnisse zu diesen Möglichkeiten und um die Fähigkeit, diese sowie ihre Ergebnisse analytisch und bewertend für eine sachgerechte Auswahl und Nutzung in den Blick zu nehmen. Bei Analysen ist es z.B. wichtig, vorhandene Dokumente oder Daten im Hinblick auf ihre Eignung auszuwählen oder geeignete Aufzeichnungen selbst zu erstellen oder notwendige Daten selbst zu erfassen sowie Ergebnisse von Analysen angemessen einzuschätzen. In ähnlicher Weise kommt es bei Simulationen darauf an, passende Angebote ausindig zu machen, Ergebnisse bei ihrer Anwendung kritisch zu bedenken und u.U. auch kleinere Simulationsprogramme selbst zu entwickeln. In allen Fällen geht es darum, geeignete Kriterien zu bestimmen und anzuwenden sowie angemesse-

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ne Schlussfolgerungen zu ziehen. Vorzüge des Erkenntnisgewinns durch Analyse und Simulation liegen u.a. in den Möglichkeiten, vielfältige Daten multifaktoriell verarbeiten, mehrfach auf die Datenbasis zurückgreifen und ohne Eingrif in die Realität experimentieren zu können. Als Probleme lassen sich bei Analysen z.B. nennen, dass in der Regel nur korrelative Aussagen entstehen und dass dabei auch Scheinkorrelationen auftreten können, während bei Simulationen u.U. fehlerhafte Modellbildungen zu unangemessenen Schlussfolgerungen führen. Relektierte Nutzung von medialen Angeboten für Unterhaltung und Spiel: Ähnlich wie bei den vorhergehenden Aufgabenfeldern geht es hier um Kenntnisse zum medialen Angebot für Unterhaltung und Spiel und zu den Zugangsmöglichkeiten sowie um die Fähigkeit zur Analyse und Beurteilung als Grundlage für die Auswahl unter Einbezug nicht-medialer Unterhaltungs- und Spielmöglichkeiten sowie für die relektierte Nutzung, einschließlich bewertender Einschätzungen nach der Verwendung. Vorzüge medialer Angebote liegen vor allem in der zeit- und ortsunabhängigen Verfügbarkeit und in der Möglichkeit, mit Bezug auf individuelle Interessen auswählen zu können sowie gegebenenfalls Anregungen für eigenes Denken und Handeln zu erhalten. Angesichts der Fiktionalität vieler Unterhaltungsbeiträge und Spiele können aber auch irreführende Weltbilder sowie ein Rückzug in Scheinwelten mit eskapistischen Tendenzen entstehen. Beachtung von Jugendschutz und Menschenwürde erhalten in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung. Relektierte Nutzung von medialen Möglichkeiten für Austausch und Kooperation: Kenntnisse, Analyse- und Urteilsfähigkeit sind bei der Auswahl und Nutzung medialer Möglichkeiten für Austausch und Kooperation immer wichtiger geworden, z.B., wenn man per E-Mail, Instant-Messaging-Dienst oder in Internetforen, Social Networks, Weblogs oder Wikis aktiv ist. Erst das Bewusstsein für die mit der Nutzung verbundenen Vorzüge oder Gefahren ermöglichen eine relektierte und verantwortungsbewusste Nutzung. Vorzüge liegen z.B. in der generellen Ortsunabhängigkeit, in der Zeitunabhängigkeit bei asynchroner Nutzung und in der Möglichkeit der Verbreitung eigener Mitteilungen; Gefahren ergeben sich u.a. durch Datenmissbrauch, bewusste Irreführungen, Cyber-Mobbing sowie durch weitere Verhaltensweisen unter Missachtung von Regeln eines verantwortungsbewussten Kommunikationsverhaltens. Relektierte Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte: Hierbei geht es um Kenntnisse und Fähigkeiten, die es Kindern und Jugendlichen ermöglichen, nicht nur vorhandene Medienangebote mit Bezug auf unterschiedliche Verwendungszwecke sinnvoll zu nutzen, sondern auch selbst mediale Beiträge oder Produkte zu gestalten. Insofern sollen sie z.B. lernen, selbst Bilder und Fotos, schriftliche Texte und Printmedien, Videos oder Filme – gegebenenfalls im Rahmen von Webseiten – herzustellen. Die eigenen Beiträge lassen sich z.B. als

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Informations-, Lern-, Rätsel-, Unterhaltungs- oder Spielangebote gestalten. Für die Herstellung stehen unterschiedliche mediale Möglichkeiten, z.B. Mikrophon und Kamera oder verschiedene Programme oder Materialien zur Verfügung, z.B. zur Bild-, Film- oder Tonbearbeitung. Damit eröfnen sich vielfältige Möglichkeiten, an der Gestaltung von Medienkultur mitzuwirken. Probleme können u.a. darin liegen, dass so u.U. auch Produkte verbreitet werden, die in Bezug auf Inhalt, Form und soziale Verantwortung fragwürdig sind. Die Beherrschung ausgewählter technischer Möglichkeiten, ihre sachgerechte, kreative und verantwortungsbewusste Verwendung und die Fähigkeit, damit verbundene Prozesse zu initiieren und durchzuführen, stellen besondere Herausforderungen im Rahmen der Medienbildung dar. Relektierte Nutzung von mediengestützten Dienstleistungen und kritischer Umgang mit medialer Steuerung: Für mediengestützte Dienstleistungen benötigt man als mündige Person eine Übersicht über vorhandene Angebote sowie ihre Vorzüge und mögliche Probleme. Wenn man sich z.B. entschließt, etwas über das Internet zu kaufen oder zu verkaufen oder seine Bankgeschäfte online abzuwickeln, ist es wünschenswert, Vorteile und potenzielle Gefahren einschätzen zu können. Auf der Grundlage entsprechender Kenntnisse, Analysen und Bewertungen lässt sich dann begründet entscheiden, welche medialen Dienstleistungen man gegebenenfalls in Anspruch nehmen möchte und inwieweit man gegebenenfalls herkömmliche Formen bevorzugt (sofern diese überhaupt noch verfügbar sind, was in manchen Bereichen für die Zukunft nicht unbedingt garantiert erscheint). Hinsichtlich medialer Steuerung geht es zunächst darum, sich bewusst zu machen, in wie vielfältiger Weise man bei der Mediennutzung selbst dem Versuch ausgesetzt ist, in seinem Verhalten gesteuert zu werden – von der Werbung bis zu gezielten Falschmeldungen und subtilen Formen der Propaganda. Vor diesem Hintergrund wird die Fähigkeit wichtig, sich selbst oder andere vor etwaigen Manipulationen zu schützen. Außerdem spielt die Frage eine Rolle, wie man sein eigenes Verhalten – falls man es möchte – bewusst im Sinne einer Optimierung kontrollieren kann, z.B. im Hinblick auf das eigene Ernährungs- oder Bewegungsverhalten. Entsprechende Möglichkeiten sollten analytisch bedacht und bewertet werden, ehe man sich möglichweise entschließt, sie zu nutzen. Auch wenn man sich zur Nutzung entschlossen hat, sollte begleitend eine Abwägung der jeweiligen Chancen und Risiken erfolgen. Für all diese Aufgabenfelder gilt – wie auch schon bei den Grundformen sowie Handlungs- und Nutzungsbereichen –, dass sie auf wichtige Zugänge zur Medienbildung verweisen, jedoch nicht als isolierte oder trennscharfe Felder zu verstehen sind. Sie können sich vielmehr überschneiden und auch bei der Unterrichts- oder Projektplanung bewusst miteinander verbunden werden. So lassen sich z.B. in einem Projekt, in dem zunächst verschiedene typische Tagesabläufe von Jugendlichen

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analysiert werden und dann ein Plan für die Gestaltung einzelner Nachmittage zu erstellen und zu erproben ist, sowohl Aspekte des Aufgabenfeldes zu Information und Lernen als auch Aspekte des Aufgabenfeldes zu Unterhaltung und Spiel aufgreifen. Inhaltsbezogene Aufgabenfelder Wirft man den Blick erneut auf den konzeptionellen Rahmen für die Medienbildung gemäß Darstellung 4.5, so lassen sich neben nutzungsbezogenen vier inhaltsbezogene Aufgabenfelder herleiten. Als solche können genannt werden: Verstehen und Bewerten der Medienlandschaft und ihrer digitalen Infrastruktur: In diesem Aufgabenfeld sollen Unterrichtseinheiten oder Projekte geplant und durchgeführt werden, in denen es um die Kenntnis und das Verständnis von Merkmalen der Medienlandschaft mit ihren verschiedenen Angeboten und Möglichkeiten sowie mit ihren Entwicklungen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Medienarten und Zugangsformen geht. Des Weiteren soll ein Grundverständnis der digitalen Infrastruktur mit ihren verschiedenen Möglichkeiten der Datenerfassung, der Überführung von Informationen in Daten, der Modellierung und algorithmischen Datenverarbeitung und Datenanalyse, der Automatisierung von Abläufen sowie der Vernetzung angestrebt werden. Entsprechende Merkmale der Medienlandschaft und Infrastruktur sollen nicht nur verstanden, sondern auch einer Bewertung im Hinblick auf ihre grundsätzliche Bedeutung für Individuum und Gesellschaft zugeführt werden. Analysieren und Einschätzen von Gestaltungsmerkmalen und Prozessen der Erzeugung medialer Botschaften: Hier soll auf der Grundlage des Erwerbs notwendiger Kenntnisse die Fähigkeit entwickelt werden, mediale Botschaften hinsichtlich ihrer Darstellungsformen, Gestaltungstechniken, Gestaltungsformen, Ablaufformen sowie Gestaltungsarten in ihrem jeweiligen Verhältnis zum Inhalt und damit verbundenen Absichten einzuordnen, zu analysieren und zu bewerten. Zudem geht es um die Bearbeitung der Frage, mit welchen Hilfsmitteln oder Programmen mediale Botschaften erzeugt und präsentiert werden können und welchen Anteil daran Mensch und Technik haben – u.a. mit einer Klärung, wie weit bei datenbasierter Erzeugung medialer Botschaften menschliche Eingrifsmöglichkeiten an die Technik übertragen werden. Entsprechende Einsichten und Fähigkeiten sollen in Bewertungen verschiedener Erzeugungsmöglichkeiten und dabei entstehender Produkte unter Beachtung von Gestaltungs- und Verantwortungsfragen einmünden. Erkennen und Aufarbeiten von Medieneinlüssen auf Individuum und Gesellschaft: In diesem Aufgabenfeld geht es darum, Medieneinlüsse auf Vorstellungen über Erfahrbares und nicht direkt Erfahrbares, auf Emotionen, auf Verhaltens- und Wertorientierungen sowie auf soziale Zusammenhänge, auf Freizeit und Beruf, auf Alltag

Konzeptioneller Rahmen und Aufgabenfelder für die Medienbildung

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und Kultur sowie auf weitere gesellschaftliche Bereiche bewusst zu machen und zu bewerten. Insbesondere kommt es auf der Basis entsprechender Einsichten darauf an, irreführenden Wirklichkeitsvorstellungen, hemmenden Emotionen, problematischen Verhaltens- und Wertorientierungen entgegenzuwirken und sie möglichst so aufzuarbeiten, dass irreführende Vorstellungen in realitätsgerechte überführt, hemmende Emotionen abgebaut und problematische Orientierungen in sozial verträgliche und förderliche verändert werden. Durchschauen und Beurteilen von Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung: Hier sollen Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung zur Sprache kommen und entsprechende Kenntnisse sowie Analyse- und Urteilsfähigkeit entwickelt werden. Bei den Bedingungen kann es sich um technische (z.B. Hardwarefragen), rechtliche (z.B. Pressefreiheit sowie Daten- und Jugendschutz), ökonomische (z.B. privatwirtschaftliche Interessen und Datenkapitalismus), personale (z.B. Qualiikation von Journalisten und Erziehungspersonen), institutionelle (z.B. Entscheidungsstrukturen in Medieneinrichtungen), politische (z.B. Position politischer Parteien zur Digitalisierung und Mediatisierung) sowie weitere gesellschaftlich-kulturelle (z.B. grundsätzliche Veränderungen der Kommunikationsstruktur) handeln. Beurteilungen sollen im Aspekt sozialer Verantwortung vorgenommen werden und dazu führen, Einlussmöglichkeiten zu bedenken und gegebenenfalls in einem partizipativen Sinne wahrzunehmen. Ähnlich wie die nutzungsbezogenen sind auch die inhaltsbezogenen Aufgabenfelder nicht als isolierte, sondern als miteinander verbundene Zugangsmöglichkeiten zur Medienbildung zu verstehen. Dies bedeutet u.a., dass sie sich überschneiden können. So sind beispielsweise Fragen des Jugendschutzes mit möglichen Problemen des Medieneinlusses bzw. der Medienwirkung verknüpft. Demgemäß ist es auch möglich, in einer Unterrichtseinheit oder in einem Projekt Bezüge zu mehreren inhaltsbezogenen Aufgabenfeldern herzustellen. Dies geschieht z.B., wenn Fragen des Medienangebots bzw. der Medienlandschaft mit deren ökonomischen Bedingungen verbunden werden. Darüber hinaus kann sich die Verbindungsmöglichkeit auch auf die Verknüpfung von inhalts- und nutzungsbezogenen Aufgabenfeldern beziehen, z.B. wenn die relektierte Nutzung medialer Angebote für das Lernen mit der Frage lernförderlicher Gestaltungsmerkmale in Beziehung gebracht wird. Insgesamt sollen die nutzungs- und inhaltsbezogenen Aufgabenfelder zum einen als Planungs- oder Konstruktionshilfe für Unterrichtseinheiten oder Projekte und zum anderen als Relexions- oder als Evaluationshilfe dienen, sodass sichergestellt werden kann, dass wichtige Aufgaben der Medienbildung in einem schulischen Curriculum mindestens einmal exemplarisch und dabei möglichst auch in orientierender Weise behandelt werden. Weitergehende Fragen zur Umsetzung der Aufgabenfelder sind hema der Kapitel 5 und 6.

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Lernen über Medien – die Perspektive von Erziehungs- und Bildungsaufgaben Bevor Sie sich diesen zuwenden, empfehlen wir, dass Sie sich noch einmal die sechs Eingangsbeispiele unter 4.4.1 anschauen. Prüfen Sie nun bitte, welche Aufgabenfelder durch die einzelnen Beispiele schwerpunktmäßig erfasst werden und welche Aufgabenfelder noch nicht schwerpunktmäßig mit einem Beispiel vertreten sind. Für Aufgabenfelder, die nach Ihrer Meinung in den Jahrgangsstufen 5 bis 8 mit mindesten einem Beispiel vertreten sein sollten (und die bei den sechs Bespielen noch nicht schwerpunktmäßig zur Geltung kommen), können Sie dann jeweils eine Unterrichts- oder Projektidee skizzieren.

Anmerkung: Einzelne Unterrichts- oder Projektbeispiele können neben einer schwerpunktmäßigen Zuordnung Bezüge zu weiteren Aufgabenfeldern enthalten. Solche Bezüge sind im Sinne immanenter Zusammenhänge erwünscht, sollten aber nicht schwerpunktmäßige Bearbeitungen ersetzen.

5 Nutzungsbezogene Aufgabenfelder und ihre Umsetzung

Mit dem umfangreichen und kaum noch überschaubaren Angebot an medialen Möglichkeiten kommt der Anforderung, für verschiedene Verwendungszwecke eine begründete Auswahl zu trefen und eine relektierte Nutzung anzustreben, eine besondere Bedeutung zu. Im Abschnitt 4.5 haben wir dazu verschiedene nutzungsbezogene Aufgabenfelder der Medienbildung skizziert. Mit den folgenden Abschnitten möchten wir dazu anregen, unterschiedliche Möglichkeiten der Umsetzung zu bedenken und einzuschätzen. Dafür bietet es sich an, einzelne Umsetzungen in der Form von Unterrichtseinheiten oder Projekten in analytischer Weise in den Blick zu nehmen oder selbst zu entwerfen. Im Folgenden sprechen wir – vor dem Hintergrund bisheriger Ausführungen – zunächst einige Überlegungen an, die für alle Aufgabenfelder relevant sind. Dabei geht es um allgemeine Lernvoraussetzungen, Zielvorstellungen und Vorgehensweisen. In den späteren Abschnitten sind dann speziische Überlegungen zu den einzelnen Aufgabenfeldern zu inden. Hinsichtlich der Lernvoraussetzungen gilt für alle Aufgabenfelder, dass die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen in der Regel durch Vorstellungen und Gewohnheiten geprägt ist, die sich im Laufe der Zeit herausgebildet haben. Für deren Entwicklung sind zunächst die Bedingungen bedeutsam, die im jeweiligen Elternhaus bzw. in der unmittelbaren Lebensumgebung der Kinder oder Jugendlichen gegeben sind. Dabei spielt das Medienverhalten der Eltern bzw. der erwachsenen Bezugspersonen oder gegebenenfalls von Geschwistern – als Muster für das eigene Medienverhalten – eine große Rolle. Hinzu kommt mit der Zeit eine Orientierung am Medienverhalten von Gleichaltrigen und schließlich stellt auch die Mediennutzung in der Kindertagesstätte und in der Schule ein mögliches Modell für das eigene Medienverhalten dar. In der Verarbeitung solcher Bedingungen im Kontext der Entwicklungsaufgaben von Kindern und Jugendlichen führt dies letztlich zu individuell unterschiedlichen Vorstellungen und Gewohnheiten bezüglich der Mediennutzung (vgl. dazu auch Schill 2008, S.122f.; Schaumburg u. Prasse 2019, S. 77f.). Demgemäß ist bei Unterrichtseinheiten oder Projekten zur Medienbildung stets die Heterogenität von Lernvoraussetzungen zu beachten. Zudem muss man davon ausgehen, dass die Mediennutzung insgesamt mit positiven Gefühlen verbunden ist, so dass Vorstellungen und Gewohnheiten in der Regel emotional fest verankert sind. Dies kann ein Erschwernis darstellen, wenn ein kritisches Nachdenken angeregt bzw. kognitive Prozesse im Sinne einer relexiven Mediennutzung in Gang gesetzt werden sollen.

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Nutzungsbezogene Aufgabenfelder und ihre Umsetzung

Neben Vorstellungen und Gewohnheiten zur Mediennutzung bilden sich bei Kindern und Jugendlichen im Zusammenhang mit ihren Erfahrungen verschiedene Bedürfnislagen, Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Entwicklungsniveaus heraus (siehe dazu Kapitel 2), die als Lernvoraussetzungen für die jeweiligen Unterrichts- und Projektbeispiele zu beachten sind. Dabei ergeben sich insbesondere hinsichtlich vorhandener Fähigkeiten vielfältige Verknüpfungen mit den Entwicklungsniveaus. – Bezogen auf die Bedürfnislage gilt, dass bei Kindern im Grundschulalter mit Blick auf die Mediennutzung neben den Bedürfnissen nach Spannung und Sinneserregung die Bedürfnisse nach Sicherheit und Orientierung sowie nach Zugehörigkeit und Liebe besonders bedeutsam sind, allerdings auch die Bedürfnisse nach Achtung und Geltung schon eine Rolle spielen können. Alle genannten Bedürfnisse bleiben auch für Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I wichtig, wobei die Bedürfnisse nach Achtung, Geltung, Kompetenz und Autonomie in der Regel einen besonderen Stellenwert erhalten (siehe Abschnitt 2.1.2). – Bezogen auf Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten ist mit zunehmendem Alter generell ein sich erweiternder Erfahrungs- bzw. Wissensstand zu erwarten, wobei allerdings mit großen Unterschieden zu rechnen ist. Solche Unterschiede zeigen sich nicht zuletzt in Untersuchungen zu deklarativem und prozeduralem Wissen bezüglich der Nutzung digitaler Medien (siehe Abschnitt 3.4.4 und Hasebrink 2016, S. 231f.). Viele Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten stellen sich als speziische Lernvoraussetzungen im Hinblick auf das jeweilge Aufgabenfeld dar und sollen deshalb in den nachstehenden Abschnitten weitergehend bedacht werden. – Bezogen auf den intellektuellen Entwicklungsstand ist bei Kindern in der Grundschule vor allem ein ixiertes oder isolierendes Denken zu erwarten, allerdings können auch Ansätze zu einem konkret-diferenzierenden Denken vorhanden sein. In der Sekundarstufe I bilden sich dann konkret-diferenzierende Denkweisen weiter aus und im günstigen Falle entwickeln sich systematisch-kriterienbezogene Denkweisen (siehe Abschnitt 2.2.5). – Bezogen auf das sozial-moralische Urteilsniveau gilt, dass bei Grundschulkindern zwar noch eine „egozentrische Fixierung auf die eigenen Bedürfnissen unter Vermeidung von Strafe“ (Stufe1) vorliegen kann, dass man aber auch mit einer „Orientierung an den eigenen Interessen unter Beachtung der Interessen anderer“ (Stufe 2) oder in der zweiten Hälfte der Grundschulzeit mit einer „Orientierung an den Erwartungen von Bezugspersonen oder Bezugsgruppen“ (Stufe 3) rechnen darf. Bei Jugendlichen der Sekundarstufe I kann man davon ausgehen, dass vor allem die Stufe (3) bedeutsam ist und im günstigen Fall eine Entwicklung in Richtung einer „Orientierung am sozialen System mit der Übernahme gerechtfertigter Verplichtungen“ erfolgt (siehe Abschnitt 2.2.5).

Neben diesen allgemeinen Überlegungen zu den Lernvoraussetzungen ist für alle Unterrichts- und Projektbeispiele die Frage der Zielvorstellungen wichtig. Auf der Grundlage der Überlegungen im Abschnitt 4.4 werden wir mit Bezug auf das jewei-

Relektierte Nutzung von medialen Angeboten für Information und Lernen

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lige Aufgabenfeld anzustrebende Kompetenzniveaus bzw. Kompetenzerwartungen beschreiben, die letztlich alle unter der Leitidee eines sachgerechten, selbstbestimmten, kreativen und sozial verantwortlichen Handelns in Medienzusammenhängen stehen. Bezüglich der Vorgehensweisen gilt als genereller Rahmen, dass es bei Unterrichtseinheiten oder Projekten darauf ankommt, mit Blick auf die jeweilige Bedürfnislage durch situative Anforderungen Motivationen zu schafen, die zu einer Auseinandersetzung mit bedeutsamen Aufgaben führen, sodass eine Erweiterung des Wissensund Erfahrungsstandes und eine Förderung des sozial-kognitiven Entwicklungsniveaus stattinden kann. Dabei soll in methodischer Hinsicht eine Orientierung an einem erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- und beurteilungsorientierten Vorgehen erfolgen (siehe Abschnitt 3.4 und 4.4.4). Im Rahmen solcher Vorgehensweisen geht es immer wieder auch um den Vergleich und die Bewertung der jeweiligen medialen Möglichkeiten für Information und Lernen, für Analyse und Simulation, für Unterhaltung und Spiel, für Austausch und Kooperation, für die Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge und für mediengestützte Dienstleistungen und mediale Steuerungen. Als allgemeine Kriterien für Vergleiche und Bewertungen können dabei die folgenden Gesichtspunkte gelten: Zugänglichkeit, vorauszusetzende Fertigkeiten und Fähigkeiten, Kosten für die Nutzung, zeitlicher Aufwand, Merkmale des jeweilgen Anbieters, mit den jeweiligen Angeboten verbundene Interessen, besondere Möglichkeiten und Probleme sowie Eignung für den jeweilgen Verwendungszweck. Zugleich sollte bei eigener Nutzung von medialen Möglichkeiten stets in begleitender Weise bedacht werden, ob das eigene Nutzungsverhalten angemessen ist, ob die jeweiligen Nutzungen den Erwartungen entsprachen, ob Handlungsalternativen im Blick bleiben und ob hinreichend Zeit für andere wichtige Aktivitäten gegeben ist. Ausgehend von solchen Gesichtspunkten werden im Folgenden bei den jeweiligen thematischen Akzentsetzungen speziische und weitere Aspekte angesprochen.

5.1 Relektierte Nutzung von medialen Angeboten für Information und Lernen 5.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Die Vielfalt der Informations- und Lernmöglichkeiten mithilfe von Medien legt es nahe, im Rahmen der Medienbildung entsprechende Nutzungsmöglichkeiten – auch im Vergleich zu nicht-medialen Formen – zu thematisieren und zu relektieren. Als Anlässe dafür können verschiedene Situationen in Schule oder Freizeit genutzt werden. Hier einzelne Beispiele: – In einer Deutschstunde mag es um die Frage gehen, wie man sich schnell und zuverlässig über die Literatur der Romantik informieren kann.

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Nutzungsbezogene Aufgabenfelder und ihre Umsetzung

– Im Mathematikunterricht kann die Frage entstehen, wie sich wichtige Vorgehensweisen bei der Bruchrechnung am besten wiederholen lassen. – Im Physikunterricht wird u.U. im Zusammenhang mit einer Diskussion über regionale Windenergieparks die Frage entstehen, wie entsprechende Anlagen arbeiten. – Nach der Ferienzeit könnten Kinder und Jugendliche daran interessiert sein, mehr über besuchte Länder zu erfahren. – Kinder haben möglicherweise im eigenen Garten oder bei einer Klassenwanderung oder an einem Schulteich verschiedene Singvögel beobachtet und möchten nun mehr über Singvögel erfahren. In all diesen Fällen entsteht die Frage, wie man sich zuverlässig informieren kann oder wo man geeignete Lernmaterialien zu den jeweiligen hemen indet. Im Folgenden greifen wir den obigen Hinweis auf die Beobachtung von Singvögeln auf und zeigen am Beispiel der Handlungslinie einer Unterrichtseinheit, wie man entsprechende Anlässe aufnehmen und unterrichtlich gestalten kann. Dazu skizzieren wir eine Unterrichtseinheit zum hema „Singvögel“. Anregungen dazu entnehmen wir u.a. einer Veröfentlichung des Landesinstituts für Schule und Weiterbildung (1993). Die folgende Einheit, könnte z.B. im Sachunterricht der Grundschule durchgeführt werden. Die Darstellung ist nach Unterrichtsphasen gemäß den Überlegungen im Abschnitt 3.4 gegliedert. (1) Erfahrungsbezug und Aufgabenstellung: Ausgehend von Beobachtungen in der Natur kann die Lehrperson Bilder von Singvögeln projizieren und die Kinder fragen, ob sie wissen, um welche Singvögel es sich handelt. Zusätzlich lässt sich eine Tonaufnahme mit Vogelstimmen und der Anregung abspielen, die Stimmen zu erraten. Insgesamt werden die Kinder dabei erfahren, dass sie weitere Informationen benötigen, um die Singvögel und/oder Stimmen richtig einzuordnen. Gleichzeitig gewinnt die Lehrperson eine Übersicht über vorhandene Vorkenntnisse. Danach kann die Lehrperson vorschlagen, Informationen über Singvögel einzuholen. In diesem Zusammenhang sollte sie fragen, welche Informationsquellen dazu benutzt werden können. Wahrscheinlich werden die Kinder verschiedene Möglichkeiten nennen, z.B. digitale Medien wie Smartphone oder Tablet, Lexikon, Sachbuch, Unterrichtsilm, Befragung von Expertinnen und Experten. Im Anschluss liegt die Frage nahe, durch welche Quellen man sich besonders gut oder weniger gut informieren kann. Dazu werden die Kinder wahrscheinlich unterschiedliche Meinungen vertreten. Dies kann Anlass für die Aufgabe sein, in der Unterrichtseinheit neben Erkundungen zum hema „Singvögel“ auch verschiedene Informationsquellen hinsichtlich ihrer Unterschiede zu vergleichen und erste Bewertungen vorzunehmen. (2) Zielvereinbarung: Die Lehrperson sollte im Gespräch mit den Kindern vereinbaren, mit Hilfe verschiedener Medien Informationen zum hema „Singvögel“ zu erarbeiten und die besonderen Stärken und Schwächen verschiedener Medienangebote als Informationsquelle herauszuinden. Im Zusammenhang mit dieser Zielvereinbarung soll für die Kinder einsichtig werden, dass sie so die Fähigkeit erlangen, Vögel richtig zu benennen, Vogelstimmen zu erkennen und zu

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einem naturgemäßen Schutz von Singvögeln beizutragen. Des Weiteren werden sie in die Lage versetzt, auch für andere Situationen, in denen es um Informationssuche geht, einzuschätzen, von welchen Medienangeboten welche Informationen zu erwarten sind. (3) Verständigung über das Vorgehen: Die Lehrperson sollte mit den Kindern zunächst Fragen zusammenstellen, die sie in Bezug auf Singvögel interessieren. Als Fragen können sich z.B. ergeben: Welche Singvögel gibt es in unserer Region? Wo nisten die Vögel? Was fressen die Vögel? Wie unterscheidet sich der Gesang verschiedener Vogelarten? In welcher Weise unterscheiden sich weibliche und männliche Vögel? Wo brüten sie? Welches sind die Feinde der Vögel? Wie lange leben die Vögel üblicherweise? Was machen sie im Winter? Wie kann man zum Schutz der Vögel beitragen? Nachdem die Fragen zusammengestellt sind, sollte die Lehrperson noch einmal die Gedanken zu möglichen Informationsquellen aus der Eingangsphase aufnehmen. So kann sie z.B. mit den Kindern planen, zunächst gemeinsam eine Bibliothek zu besuchen und sich dort über das Angebot zum hema „Singvögel“ zu informieren und verschiedene Bücher und Materialien auszuleihen. Außerdem kann die Lehrperson die Kinder anregen, Bücher und Materialien von zuhause – soweit vorhanden – mitzubringen. Es sollte vorgesehen werden, mit den Büchern und Materialien bzw. Medien unterschiedliche Arbeitstische aufzubauen: einen mit verschiedenen gedruckten Artikeln über Singvögel, einen mit einer Audio-DVD mit Stimmen von Singvögeln, einen mit Tablets und Internetzugang für eine Recherche mit Kindersuchmaschinen, einen mit einem Unterrichtsilm als Video-DVD, einen mit Smartphones, um sich Animationen und kurze Erklärvideos zu Singvögeln anzusehen. An den Arbeitstischen sollen die Kinder dann später die Gelegenheit erhalten, in Kleingruppen zunächst an einem ersten, dann an einem zweiten Arbeitstisch Informationen zu den formulierten Fragen zu suchen und zusammenzustellen. (4) Erarbeitung von Informationen zu Singvögeln mit Beachtung der Informationsquellen: Die Lehrperson kann nun mit den Kindern den geplanten Bibliotheksbesuch durchführen, weitere Materialien sammeln und die Arbeitstische einrichten. Jetzt können die Kleingruppen eingeteilt werden und die Informationssuche und -zusammenstellung an jeweils zwei Arbeitstischen durchführen. Für die Präsentation ihrer Ergebnisse sollten die Gruppen angehalten werden, jeweils auch mitzuteilen, wo sie welche Information gefunden haben. Im Anschluss daran sollte die Lehrperson die eingangs gezeigten Bilder von Singvögeln und – gegebenenfalls – die vorgespielten Vogelstimmen erneut präsentieren, sodass die Kinder die Möglichkeit haben, diese – auf der Basis des Gelernten – zu benennen bzw. den Vogelarten zuzuordnen. (5) Vergleich der Informationsquellen und Erarbeiten einer Stellungnahme: Die einzelnen Kleingruppen sollen jetzt jeweils für die beiden Mediengruppen, die sie als Informationsquellen benutzt haben, Fragen folgender Art bearbeiten: Welche Informationen haben wir an beiden Arbeitstischen, welche nur an einem gefunden? Welche Fragen sind ofengeblieben? Erschienen einzelne Quellen besser als andere und wenn ja: warum? Welche Besonderheiten ergaben sich bei der Informationssuche und -zusammenstellung im Vergleich der beiden genutzten Möglichkeiten? Diese Überlegungen sollen in eine Stellungnahme der Kleingruppen einmünden.

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(6) Vergleich der Stellungnahmen und Zusammenfassung: Die Kleingruppen können nun ihre Stellungnahmen vorstellen. Die Stellungnahmen sollten im Hinblick auf ähnliche oder unterschiedliche Einschätzungen zu den einzelnen Medienangeboten diskutiert werden. Danach lassen sich die gewonnenen Einsichten unter folgenden Leitfragen zusammenfassen: Wie sind wir bei der Informationssuche und -zusammenstellung vorgegangen? Welche Regeln lassen sich aufgrund unserer Erfahrung für die Informationssuche mit verschiedenen Medien formulieren? Welche Besonderheiten haben die benutzten Medien – digitale Medien (online oder oline), Lexika, Sachbücher, sonstige Printmedien, Tonträger – für die Informationssuche und Informationszusammenstellung? In diesem Zusammenhang kann die Lehrperson auch – möglicherweise – noch nicht beantwortete Fragen ins Bewusstsein heben und mit den Kindern überlegen, wie man für diese noch eine Antwort inden kann. Beispielsweise wäre es möglich, einen Ornithologen ausindig zu machen und diesen zu einer gemeinsamen Wanderung mit den Kindern einzuladen. (7) Anwendung: Eine Anwendung kann darin liegen, dass die Lehrperson ein aktuelles Ereignis politischer, sportlicher oder künstlerischer Art aufgreift und mit den Kindern Informationsquellen zusammenstellt und auswertet. Dabei können auch weitere Medien, z.B. Tageszeitung, Wochenzeitung, Illustrierte und Videotext, in die Überlegungen einbezogen und im Hinblick auf ihre Informationsfunktion geprüft werden. (8) Weiterführung und Bewertung: Die Lehrperson kann im Gespräch mit den Kindern noch einmal die verschiedenen – in die Informationssuche einbezogenen – Medien in den Blick nehmen. Abschließend sollte die Lehrperson mit den Kindern die Bedeutung der Unterrichtseinheit für ihre Informationsbedürfnisse und zukünftige Informationsrecherchen überdenken. 

Dieses Beispiel stellt eine Möglichkeit dar, bestimmte Aspekte des Aufgabenfeldes „Auswählen und Nutzen von medialen Angeboten für Information und Lernen“ umzusetzen. Für eine Analyse und Bewertung des Unterrichtsbeispiels kann man mit Bezug auf das Aufgabenfeld z.B. fragen: – Welche Lernvoraussetzungen werden in dem Beispiel (implizit) angenommen und sind die diesbezüglichen Annahmen angemessen? – Welche Teilziele werden in dem Beispiel verfolgt und entsprechen sie sinnvollen Kompetenzerwartungen? – Wie lässt sich die Vorgehensweise in dem Beispiel charakterisieren und erscheint sie bei den angenommenen Lernvoraussetzungen und bei dem angestrebten Kompetenzniveau förderlich? – Welche anderen Vorgehensweisen wären u.U. ebenso oder besser geeignet?

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– Welche Aspekte des Aufgabenfeldes werden in dem Beispiel schwerpunktmäßig behandelt? – Welche Bezüge bestehen zu anderen Akzentsetzungen und welche Aspekte sollten gegebenenfalls in weiteren Unterrichtseinheiten oder Projekten in den Blick genommen werden? Nehmen Sie bitte eine erste Einschätzung zu diesen Fragen vor. Um das Beispiel in entsprechender Weise analysieren und bewerten zu können, sind über die eingangs angesprochenen generellen Überlegungen hinaus speziische Fragen zum Aufgabenfeld „Auswählen und Nutzen von medialen Angeboten für Information und Lernen“ wichtig: (1) Welche aufgabenfeldspeziischen Lernvoraussetzungen sind zu beachten und welche Kompetenzerwartungen sollten für das Aufgabenfeld gelten? (2) Welche thematischen Akzentsetzungen sind für das Aufgabenfeld insgesamt wichtig? (3) In welcher Weise können in dem Aufgabenfeld erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen umgesetzt werden? Bei der Bearbeitung dieser Fragen rücken wir nicht nur Analyse- und Bewertungsgesichtspunkte für das obige Beispiel in den Blick, sondern auch wichtige Aspekte für andere Beispiele in der Grundschule oder in der Sekundarstufe I. Zugleich sollen mit den Ausführungen Impulse für den Entwurf eigener Beispiele gegeben werden. 5.1.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen Die KIM-Studie 2016 zeigt, dass Medien mittlerweile von einem beträchtlichen Teil der Kinder zur Information genutzt werden (vgl. mpfs 2017a, S. 48f.). Auch die JIM-Studie 2017 ofenbart, dass Fernsehen, Radio und Internet wichtige Informationsquellen für Jugendliche darstellen und dass die Bedeutung digitaler Medien in der Schule als Informationsquelle steigt (vgl. mpfs 2017b, S. 18f. u. 52f.). Zugleich erfahren Kinder und Jugendliche außerhalb und innerhalb der Schule, dass man mit oder durch Medien lernen kann (vgl. z.B. mpfs 2017b, S. 48f.). Erste Erfahrungen zur Information und zum Lernen mit Medien liegen u.U. schon in Kindertagesstätten vor, wobei die Übergänge von der Informationssuche zum Lernen ließend sein können. Bei allen Erfahrungen zur Mediennutzung für Information und Lernen ist kaum anzunehmen, dass sich Kinder oder Jugendliche schon einmal ohne speziische Anleitung in Elternhaus, Kindertagesstätte oder Schule in einer relexiv-vergleichenden Weise mit den medialen Möglichkeiten für Information und Lernen auseinandergesetzt haben. Insbesondere bei der Nutzung von Suchmaschinen erscheint es wichtig, gegebenenfalls vorhandene Routinen „aufzubrechen“. Wenn Kinder oder Jugendliche z.B. daran gewöhnt sind, bei einer Frage erst einmal bei „Google“

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nachzuschauen, geht es u.a. darum, Alternativen in den Blick zu rücken und mögliche Problemlagen, die mit einer Google-Suche verbunden sein können, in geeigneter Weise zu thematisieren. In solchen Zusammenhängen ist als Lernvorausstzung auch zu beachten, dass bei Kindern oder Jugendlichen u.U. sogar die Einstellung vorhanden ist, dass man sich eigentlich gar kein Wissen mehr aneignen muss, weil man im Internet doch alles schnell inden kann – wodurch sich möglicherweise negative Einlüsse auf die Lernmotivation ergeben. Neben den Überlegungen zu den Lernvoraussetzungen stellt sich für eine relektierte Nutzung von medialen Angeboten für Information und Lernen die Frage nach der anzustrebenden Kompetenz. Dabei beziehen wir uns als Orientierungspunkt zunächst auf Kompetenzerwartungen für den Abschluss der Sekundarstufe I. Auf der Grundlage der Überlegungen im Abschnitt 4.4 sollte für das Ende der Sekundarstufe I angestrebt werden, dass die Jugendlichen in der Lage und bereit sind, verschiedene Medienangebote und nicht-mediale Möglichkeiten für Information und Lernen a) kriterienbezogen zu vergleichen und zu bewerten, b) situationsangemessen bzw. begründet auszuwählen und c) sachgemäß unter Beachtung sozialer bzw. gesellschaftlicher Verantwortung zu nutzen. Auf dem Weg zu einer entsprechenden Kompetenz können im Unterricht unter Berücksichtigung des jeweiligen Entwicklungsstandes der Kinder und Jugendlichen verschiedene Zwischenniveaus angestrebt werden. Für ein erstes Zwischenniveau (orientiert am Ende des vierten Jahrgangs) lassen sich z.B. folgende Kompetenzerwartungen formulieren: Einzelne mediale und nicht-mediale Möglichkeiten für Information und Lernen a) unter Beachtung von Unterschieden beschreiben, b) im Hinblick auf einzelne Situationen begründet auswählen, c) sachgemäß handhaben und nutzen. Ein zweites Zwischenniveau (für das Ende des sechsten Jahrgangs) kann durch folgende Kompetenzerwartungen charakterisiert werden: Ausgewählte Medienangebote und nicht-mediale Möglichkeiten für Information und Lernen a) hinsichtlich ihrer Vorteile und möglicher Nachteile erläutern, b) mit Bezug auf gegebene Situationen in abwägender Weise auswählen, c) sachgemäß handhaben und im Bewusstsein möglicher Probleme nutzen. Danach können – zum Ende der Sekundarstufe I – die obigen Kompetenzerwartungen angestrebt werden. 5.1.3 hematische Akzentsetzungen Als allgemeine thematische Akzentsetzungen sind in diesem Aufgabenfeld zu nennen: Information und Lernen. Für beide Bereiche gibt es eine Fülle von medialen

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Angeboten. Insofern sind Diferenzierungen innerhalb der Akzentsetzungen möglich. Solche Diferenzierungen können sich z.B. auf die exemplarische Behandlung von Informations- oder Lernangeboten in verschiedenen Medienarten beziehen – etwa im Bereich von Printmedien, von Hörmedien, von Film und Fernsehen oder von Computer und Internet. In allen Fällen spielen u.a. die Möglichkeiten, entsprechende Angebote aufzuinden, eine wichtige Rolle. Dabei kommt dem hema „Suchmaschinen und Recherchieren im Internet“ eine große Bedeutung zu. Zu diesem hema sind u.a bei klicksafe (2016) viele Materialien und wertvolle Details für eine unterrichtliche Behandlung zu inden. Im Hinblick auf die themenspeziischen Akzentsetzungen der relektierten Nutzung medialer Möglichkeiten für Information und für Lernen werden im Folgenden – in Fortführung der eingangs genannten allgemeinen Gesichtspunkte für Vergleiche und Bewertungen – speziische Kriterien genannt. Relektierte Nutzung medialer Angebote zur Information: Geht es darum, sich zu einem bestimmten hema zu informieren, lassen sich z.B. die Nachvollziehbarkeit bzw. die Verständlichkeit und Stringenz, die sachliche Richtigkeit bzw. Glaubwürdigkeit, die Erkennbarkeit der Autorenschaft, Nachfragemöglichkeiten, der Grad der Diferenzierung bzw. Komplexität und die Strukturiertheit der Information sowie die Angemessenheit der Darstellung in Wort und Bild in eine Relexion einbeziehen. Vor dem Hintergrund solcher Kriterien kann dann bewertet werden, inwieweit die gewählten Möglichkeiten für den angestrebten Informationszweck geeignet waren oder nicht. Über eine entsprechende zweckbezogene bzw. funktionale Bewertung hinaus lassen sich auch ethisch relevante Kriterien bedenken: bei den präsentierten Informationen z.B., ob ein Bestreben nach wahrheitsgemäßer Darstellung angenommen werden kann oder ob Grundsätze des Datenschutzes und Persönlichkeitsrechte sowie die Menschenwürde beachtet wurden. Relektierte Nutzung von medialen Angeboten für das Lernen: Im Falle von Lernzusammenhängen können z.B. die Verständlichkeit und Klarheit, die Korrektheit und Folgerichtigkeit, die Art der inhaltlichen Darstellung und der Lernhilfen, der Motivationsgehalt, die „didaktische Reduktion“ bzw. Komplexität, die Strukturierung sowie die Art der Aufgaben und Rückmeldungen und der Anregungen für die Übertragung des Gelernten als Kriterien für die Charakterisierung oder den Vergleich von Lernangeboten genutzt werden. Bei der Bewertung lässt sich in einem ersten Schritt die Frage stellen, ob solche Charakteristika dem jeweiligen Lernzweck entsprechen oder nicht. Darüber hinaus ist für die Bewertung wichtig, ob die inhaltlichen Darstellungen dem Stand wissenschaftlicher Forschung – bei allen möglichen „didaktischen Reduktionen“ – gerecht werden. Insgesamt geht es um die Frage, ob die Lernmöglichkeiten im Sinne eines humanen Handelns förderlich oder zumindest nicht hinderlich sind.

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Nutzungsbezogene Aufgabenfelder und ihre Umsetzung

Bei den obigen Überlegungen wurde unterstellt, dass es in diesem Aufgabenfeld darum geht, vorhandene bzw. inhaltlich vorgegebene Angebote für Information und Lernen auszuwählen und zu nutzen. Grundsätzlich können mediale Möglichkeiten – wie schon angesprochen – auch verwendet werden, um eigene Informationsoder Lernangebote für andere bereitzustellen, z.B. eine schulische Webseite oder ein Erklärvideo. Damit verbundene Fragen wurden im Abschnitt 3.5 thematisiert und werden noch einmal bei den Überlegungen zum Aufgabenfeld „Relektierte Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte“ aufgenommen (siehe Abschnitt 5.5). 5.1.4 Geeignete Vorgehensweisen Für die Umsetzung des Aufgabenfeldes „Relektierte Nutzung von medialen Angeboten für Information und Lernen“ bieten sich grundsätzlich – wie eingangs ausgeführt – erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen an. So lässt sich der Nutzungszusammenhang des Sich-Informierens u.a. im Rahmen eines erkundungsorientierten Vorgehens thematisieren. Wenn bei Schülerinnen und Schülern das Interesse an einem Sachverhalt vorhanden ist oder geweckt wurde, z.B. an Umweltproblemen durch Schadstofe, an einer ungewöhnlichen Sportart, an einem politischen Ereignis, oder an der Hip-Hop-Musik, und sie sich informieren möchten, können verschiedenen Quellen ausgewertet werden. Im Rahmen entsprechender Unterrichtseinheiten und Projekte lassen sich die verschiedenen Informationsquellen dann beschreiben, vergleichen und bewerten. In diesem Falle würde das zunächst erkundungsorientierte Vorgehen in ein beurteilungsorientiertes Vorgehen übergehen. Es ist aber auch denkbar, direkt von einem beurteilungsorientierten Vorgehen auszugehen. Dies liegt z.B. vor, wenn man Schülerinnen und Schüler mit konträren medialen Beiträgen zum Klimawandel konfrontiert und danach fragt, welcher Beitrag der Realität am ehesten entspricht. Des Weiteren können Aspekte des Sich-Informierens mit Medien auch von Problemen, Entscheidungs- oder Gestaltungsaufgaben ausgehen. So lassen sich z.B. Aufgaben folgender Art stellen: – Es soll rückblickend erklärt werden, warum Deutschland im Ersten Weltkrieg eine zentrale Rolle spielte, obwohl der damalige Kaiser eigentlich keinen Krieg wollte. – Bezogen auf eine Entscheidungssituation in einer Familie soll die Diskussion zu der Frage im Rollenspiel simuliert werden, wohin es in den nächsten Ferien gehen soll. – Für eine kleine Schulausstellung soll ein Überblick zur Schulgeschichte erarbeitet und präsentiert werden. Bei all diesen Aufgaben ist es notwendig und sinnvoll, mit Rückgrif auf Medien Informationen zusammenzutragen und die jeweiligen Informationsquellen hin-

Relektierte Nutzung von medialen Angeboten für Information und Lernen

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sichtlich ihrer Glaubwürdigkeit und gegebenenfalls weiterer Aspekte zu prüfen. Bei allen Beispielen lässt sich ein exemplarisches Vorgehen mit einem orientierenden Vorgehen verbinden. Wenn beispielsweise mit Bezug auf den Weltkriegsfall einzelne Quellen hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit geprüft wurden, kann anschließend eine Relexion zu der Frage erfolgen, inwieweit die Prüfkriterien für die Glaubwürdigkeit auch bei anderen Quellen bzw. medialen Angeboten angewendet werden können und inwieweit sie gegebenenfalls zu modiizieren oder zu erweitern sind. In analoger Weise kann auch die Nutzung medialer Angebote für das Lernen durch erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen erschlossen werden. Beispielsweise lässt sich im Physikunterricht das Problem aufwerfen, wieviel Ampere die Sicherung für ein neu einzurichtendes Jugendzimmer haben muss, wenn in dem Raum neben der üblichen Beleuchtung und einer größeren Stereoanlage im Winter noch zeitweise ein Heizgerät mit einer elektrischen Leistung von 2000 Watt betrieben werden soll. Um die – für die Lösung des Problems – notwendigen physikalischen Grundlagen zu erarbeiten, kann zunächst die Frage aufgeworfen werden, welche Lernmöglichkeiten dafür bestehen. Dies sollte in die Bildung verschiedener Gruppen einmünden, die jeweils eine unterschiedliche Lernmöglichkeit erkunden, z.B. Bearbeitung eines computerbasierten Lehrprogramms, Durchführung von Experimenten oder Nutzung eines physikalischen Lehrbuchs. Anschließend können die Ergebnisse präsentiert sowie die jeweiligen Lernwege (einschließlich genutzter Medien) charakterisiert und in einer Diskussion verglichen und bewertet werden. So ließen sich – ausgehend von einem fachlichen Problem – ein erkundungs- mit einem beurteilungsorientierten Vorgehen kombinieren. Weitere Vorgehensweise sind denkbar: Ein – im Hinblick auf die Medienbildung – problemorientiertes Vorgehen ist z.B. gegeben, wenn Schülerinnen und Schüler mit Bezug auf ein zu benutzendes Lernprogramm, beispielsweise zur Rechtschreibung, erklären sollen, warum sich ein gewünschter Lernefekt eingestellt oder nicht eingestellt hat. Ein entscheidungsorientiertes Vorgehen liegt z.B. vor, wenn Jugendliche für die Erarbeitung bestimmter Regeln, beispielsweise zur Klammerrechnung, zwischen zwei medienunterstützten Lernmöglichkeiten wählen können und ihre Entscheidung begründen sollen. Ein gestaltungsorientiertes Vorgehen besteht darin, dass Lernende selbst eine Lernumgebung mit verschiedenen medialen Möglichkeiten für eine bestimmte Fragestellung, z.B. zu Gründen für das Wald- oder Bienensterben, zusammenstellen. Ähnlich wie bei der Mediennutzung für Information können auch bei der Nutzung medialer Möglichkeiten für das Lernen exemplarische mit orientierenden Verfahren verbunden werden. Beispielsweise ließen sich bei einem Vergleich verschiedener Lernmöglichkeiten im Hinblick auf eine bestimmte Fragestellung lernförderliche Merkmale, z.B. unterstützende Strukturierungen und Anregungen, herausarbeiten

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Nutzungsbezogene Aufgabenfelder und ihre Umsetzung

und unter der Frage diskutieren, inwieweit sie auch für andere Lernsituationen wichtige Kriterien des Vergleichs oder der Bewertung darstellen. Vor dem Hintergrund der Überlegungen in den Abschnitten 5.1.2 bis 5.1.4 können Sie nun das Eingangsbeispiel zum hema „Singvögel“ im Abschnitt 5.1.1 noch einmal in den Blick nehmen und unter den dort gestellten Fragen analysieren und bewerten.

5.2 Relektierter Umgang mit medialen Möglichkeiten für Analyse und Simulation 5.2.1 Einleitende Hinweise und Fragstellungen Medien können nicht nur genutzt werden, um vorhandene Erkenntnisse zu verbreiten, sie lassen sich – wie im Abschnitt 4.4 betont – auch verwenden, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Dazu können Analysen von – vorhandenen oder zum Zweck der Analyse erstellten – Dokumenten oder von Datenbeständen und Datenströmen sowie Modellbildungen und darauf beruhende Simulationen dienen. Um die Auseinandersetzung mit entsprechenden Möglichkeiten anzuregen, bieten sich in unterschiedlichen Zusammenhängen z.B. Möglichkeiten folgender Art an: – Jugendliche möchten sich u.U. gründlich auf ein Bewerbungsgespräch vorbereiten und überlegen, ob es sinnvoll ist, ein solches Gespräch im Rollenspiel durchzuführen und dieses per Video aufzuzeichnen. – Für eine geplante Reise recherchieren Jugendliche möglicherweise die Wettervorhersagen und möchten gern wissen, ob man sich auf diese verlassen kann bzw. wie diese überhaupt zustande kommen. – Jugendliche haben vielleicht gehört, dass die Polizei u.U. Orte und Zeiten ermitteln kann, in denen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit einem Einbruch zu rechnen ist, und hätten gern gewusst, wie dies möglich ist. – In der Regel erleben Jugendliche, dass ihnen bei ihren Recherchen im Internet etwas angeboten wird, z.B. eine Musikanlage in einer für sie erschwinglichen Preisklasse, obwohl sie selbst bisher noch nicht nach entsprechenden Angeboten gesucht haben. – In politischen Zusammenhängen erfahren Jugendliche, dass in Zukunft eine bestimmte Erderwärmung zu erwarten ist und in welchem Umfang der Kohlendioxyd-Ausstoß verringert werden müsste, um die Erderwärmung in einem gewünschten Maße zu verringern. – Jugendliche haben in ihrer Freizeit u.U. sogenannte Serious Games gespielt und fragen sich gegebenenfalls, ob sie ihre Lehrpersonen darauf aufmerksam machen

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sollten, weil sie meinen, dass man dabei etwas lernen könnte, was zu einzelnen Unterrichtsthemen passt. In all solchen Zusammenhängen geht es um die Frage, nach den Vorzügen und Grenzen von medialen Möglichkeiten der Analyse und Simulation. Insbesondere stellt sich das Problem, inwieweit man mit entsprechenden Möglichkeiten zu zuverlässigen Erkenntnissen kommen kann und was man bei der Rezeption so ermittelter Erkenntnisse beachten sollte. Um auf Möglichkeiten aufmerksam zu werden, wie man Schülerinnen und Schüler anregen könnte, sich in exemplarischer Weise mit solchen Fragen auseinanderzusetzen, empfehlen wir, noch einmal die im Abschnitt 3.3.1 beschriebene Simulationsumgebung „Ecopolicy“ von Vester (o.J) in den Blick zu nehmen. Sie haben die Simulationsumgebung dort vor allem unter dem didaktischen Gesichtspunkt betrachtet, welche ihrer Bestandteile gegebenenfalls wie in einen Unterricht zum hema „Politische Entscheidungen und ihre Auswirkungen“ integriert werden können. Im Zusammenhang der – hier vorrangig auf Medienbildung bezogenen – Aufgabe eines relektierten Umgangs mit medialen Möglichkeiten der Analyse und Simulation stellt sich die Frage, durch welche Impulse man die Schülerinnen und Schüler im Detail bewegen könnte, Chancen und Probleme von Simulationen als Mittel der Erkenntnisgewinnung zu relektieren. Außerdem empiehlt sich eine erste Überlegung zu der Frage, welche DatenAnalysen dem Simulationsprogramm möglicherweise zugrunde liegen. Notieren Sie bitte zu beiden Fragen einzelne Ideen. Für weitere Anregungen zu dieser Frage und für die Planung und Bewertung von Unterrichtseinheiten oder Projekten zu diesem Aufgabenfeld empiehlt es sich – ähnlich wie im vorherigen Abschnitt – folgende Fragen zu behandeln: (1) Welche speziischen Lernvoraussetzungen sind in diesem Aufgabenfeld zu beachten und welche Kompetenzerwartungen sollten in den Blick genommen werden? (2) Welche thematischen Akzentsetzungen sind für das Aufgabenfeld insgesamt wichtig? (3) In welcher Weise können in dem Aufgabenfeld erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen umgesetzt werden? Mit der Bearbeitung dieser Fragen kann das hier zur Diskussion stehende Aufgabenfeld inhaltlich und methodisch erschlossen werden.

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Nutzungsbezogene Aufgabenfelder und ihre Umsetzung

In begrilicher Hinsicht ist dabei noch wichtig, dass wir die Begrife Analyse und Simulation bisher in einem eher allgemeinen Sinne benutzt haben: Analyse als systematische Untersuchung, durch die ein Sachverhalt in kriterienbezogener Weise mit Blick auf einzelne Bestandteile bzw. Elemente und ihre Beziehungen betrachtet wird, z.B. die Untersuchung von Nachrichten unter dem Kriterium der Glaubwürdigkeit; Simulation als Vorgehensweise, bei der ein System bzw. ein Prozess hinsichtlich wichtiger Merkmale und ihrer Wechselbeziehungen nachgebildet wird, z.B. eine animierte Darstellung chemischer oder physikalischer Prozesse oder ein Rollenspiel zu einem möglichen Kommunikationsverlauf in einer Familie bei der Diskussion eines bestimmten hemas. Im Rahmen dieses allgemeinen Sprachgebrauchs soll es in diesem Aufgabenfeld vor allem um die Analyse von vorhandenen oder selbst erstellten Dokumenten oder von Datenbeständen oder Datenströmen zum Zwecke des Erkenntnisgewinns gehen sowie um computerbasierte Simulationen, bei denen sich Systeme bzw. Prozesse durch eine Eingabe oder Veränderung bestimmter Parameter beeinlussen lassen und die jeweiligen Folgen für den systemischen Zusammenhang modell- und computerbasiert als Basis für neue Einsichten zu dem nachgebildeten Wirklichkeitsbereich bestimmt werden können. 5.2.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen Kinder und Jugendliche hören in Freizeit und Schule immer wieder von Erkenntnissen, von denen ein großer Teil auf der Analyse von Dokumenten oder auf Daten-Analysen beruht. Zugleich werden sie mit Erkenntnissen oder Vorhersagen konfrontiert, die sich als Schlussfolgerungen aus entsprechenden Analysen, Modellbildungen und Simulationen ergeben. Allerdings erscheinen die Erkenntnisse oder Vorhersagen häuig als „(wissenschaftliche) Wahrheiten“, ohne dass klar wird, welche Analysen, Modellbildungen oder Simulationen ihnen im Detail zugrunde liegen. Dabei muss man davon ausgehen, dass sich Kinder und Jugendliche in der Regel nicht von sich aus mit entsprechenden Erkenntnisgrundlagen auseinandergesetzt haben – es sei denn, sie haben dazu gezielte Anregungen erhalten. Ebenso ist kaum zu erwarten, dass sie ohne äußere Impulse bewusst Analysen, Modellbildungen oder Simulationen zum Zwecke des Erkenntnisgewinns für sich selbst einsetzen. Insofern werden die Lernvoraussetzungen in diesem Aufgabenfeld sehr stark davon abhängen, ob die Kinder oder Jugendlichen in Elternhaus oder Schule schon einmal Impulse zur Relexion von Erkenntnissen oder Vorhersagen hinsichtlich ihrer Entstehung erhalten haben oder vielleicht sogar angeregt worden sind, selbst Erkenntnisse oder Vorhersagen auf der Grundlage von Analysen, Modellbildungen oder Simulationen zu gewinnen. Inwieweit dies der Fall ist, lässt sich nicht generell feststellen, sondern muss immer mit Blick auf die jeweilige Lerngruppe unter Berücksichtigung möglicher Anregungen im Elternhaus und im Rahmen vorhergehender schulischer Aktivitäten eingeschätzt werden. Unabhängig davon bieten jedoch die Erkenntnisse oder Vorhersagen selbst, die

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Kinder und Jugendliche in ihrer Lebenswelt erfahren, mögliche Anknüpfungspunkte für entsprechende Relexionen und Nutzungen (siehe u.a. die obigen Beispiele). Darüber hinaus ist zu bedenken, dass Kinder und Jugendliche in der Regel vielfältige Erfahrungen mit Computerspielen haben (vgl. mpfs 2017b, S. 48f.) und dass diese Spiele häuig auf Modellbildungen und Simulationen beruhen. Dabei liegt der Schwerpunkt der Nutzung üblicherweise eher auf der spielerischen Vorgehensweise bzw. dem Spiel selbst und weniger auf dem Versuch, in systematischer Weise Erkenntnisse zu gewinnen. Eine gewisse „Zwischenposition“ nehmen allerdings die sogenannten Serious Games ein, die häuig auf wissenschaftlichen Modellen beruhen und auch dem Erkenntnisgewinn dienen können (vgl. z.B. Honey u. Hilton 2011, S. 23). Insgesamt ist der Grad des Wirklichkeitsbezuges von Computerspielen jedoch sehr unterschiedlich und kann von Versuchen der Abbildung eines Wirklichkeitsbereiches, z.B. bei Flugsimulatoren, bis zu vollständig iktiven Simulationsumgebungen, z.B. Second Life, OpenSim oder AltspaceVR, reichen. Da der Akzent in dem hier behandelten Aufgabenfeld auf dem systematischen Erkenntnisgewinn mithilfe von Analysen oder Simulationen liegt, sollten insbesondere mögliche Vorerfahrungen mit wirklichkeitsbezogenen Spielen bzw. Serious Games mitbedacht werden. Des Weiteren ist zu beachten, dass Spielerfahrungen, die vor allem auf Spannung und Vergnügen gerichtet sind, wegen der dabei ausgebildeten Unterhaltungseinstellung u.U. die Verwendung von Simulationsprogrammen zum Lernen bzw. zum Erkenntnisgewinn mit der dafür wichtigen mentalen Anstrengung erschweren können (vgl. z.B. Tiede u. Grafe 2018). Ansonsten kommen unterhaltungsorientierte Spielerfahrungen vor allem in dem – im Abschnitt 5.3 behandelten – Aufgabenfeld zu Unterhaltung und Spiel als Lernvoraussetzungen zum Tragen. Vor dem Hintergrund obiger Überlegungen lassen sich für das Ende der Sekundarstufe I verschiedene Kompetenzerwartungen formulieren. So ist anzustreben, dass die Schülerinnen und Schüler in der Lage und bereit sind: a) vorhandene Dokumente oder Datensätze für eigene Dokumenten-Analysen oder Daten-Analysen auszuwählen oder selbst geeignete Dokumente zu erstellen oder Daten zu erfassen und Beispielanalysen durchzuführen, b) vorhandene Simulationsprogramme nach unterschiedlichen Kriterien zu vergleichen und zu bewerten, situationsangemessen bzw. begründet auszuwählen, sachgemäß zu handhaben und verantwortungsbewusst zu nutzen, c) Simulations-Software für die Entwicklung eigener kleinerer Simulationsprogramme zweckbezogen auszuwählen und sachgemäß zu nutzen, d) Erkenntnisse, die durch Analyse und Simulation gewonnen wurden, hinsichtlich der Entscheidungsverläufe, die dem Erkenntnisgewinn zugrunde liegen, zu hinterfragen. Da entsprechende hemen aus unserer Sicht noch nicht vor der vierten Jahrgangsstufe behandelt werden müssen, beschreiben wir hierfür keine Kompetenzerwar-

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tungen. Für die Jahrgangsstufen 5 und 6 könnte allerdings als Zwischenniveau angestrebt werden: a) vorhandene Dokumente für eigene Analysen auswählen oder selbst geeignete Dokumente erstellen sowie b) Beispielanalysen durchführen. In den Jahrgangsstufen 7 bis 10 können dann – auf der Grundlage des bis zum Ende der 6. Jahrgangsstufe insgesamt erreichten Kompetenzniveaus – die oben beschriebenen Kompetenzerwartungen für das Ende der Sekundarstufe I leitend sein. 5.2.3 hematische Akzentsetzungen Für das – hier in den Blick genommene – Aufgabenfeld bieten sich als thematische Akzentsetzungen an: Dokumenten-Analyse, computerbasierte Simulation und DatenAnalyse. Je nach Ziel und Zwecksetzung können hierfür unterschiedliche Analysematerialien, Simulationsprogramme oder andere Software genutzt werden. Dabei ist es jeweils wichtig, geeignete Kriterien für die Auswahl und Bewertung der zu nutzenden Möglichkeiten mit Blick auf zu erwartende Ergebnisse zu bestimmen und diese anzuwenden. Auf der Grundlage entsprechender Erfahrungen kann sich dann auch eine Haltung des Hinterfragens von Ergebnissen, die als Erkenntnisse aus Analysen oder Simulationen mitgeteilt werden, herausbilden. Im Folgenden sollen die drei genannten thematischen Akzentsetzungen weitergehend in den Blick genommen werden. Relektierter Umgang mit Möglichkeiten der Dokumenten-Analyse: Möchte man z.B. selbst durch eine Dokumenten-Analyse an einer Auswahl von Materialien feststellen, mit welchen „Tricks“ in der Werbung gearbeitet wird, kann man u.a. auf entsprechende Werbeanzeigen in Illustrierten oder auf Werbespots im Internet oder im Fernsehen als Analysematerial zurückgreifen. Für solche oder andere Dokumenten-Analysen lässt sich generell das zur Fragestellung passende Medienangebot nutzen, sodass in der Regel eine Fülle von Produkten die Materialbasis für Analysen bilden kann. Steht bei einzelnen Fragestellungen kein vorhandenes Material zur Verfügung, lassen sich u.U. eigene Aufzeichnungen anfertigen. Ist es z.B. die Absicht, sein eigenes Kommunikationsverhalten zu optimieren, können u.a. bestimmte Kommunikationssituationen im Rollenspiel für eine anschließende Analyse dargestellt und mithilfe von Mikrophon und/oder Kamera aufgezeichnet werden. In allen Fällen der Analyse lassen sich folgende Fragen bedenken: Welche Erkenntnisse sollen mit der Analyse gewonnen werden? Welche Materialien sind dafür geeignet? Sind alle notwendigen Materialien zugänglich oder müssen Dokumente für die Analyse selbst erstellt werden? Welche Merkmale oder Kategorien sollen bei der Analyse in den Blick genommen werden (wobei eine an Merkmalen orientierte Vorgehensweise darauf zielt, einzelne Ereignisse oder Vorkommnisse einer sozialen Situation oder eines Ablaufs zu erfassen, und eine Verwendung von Kategorien darauf gerichtet ist, jeden Abschnitt eines Vorgangs einzuordnen)? Welche

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„Werkzeuge“, z.B. Analysebogen oder Analyse-Software, stehen zur Verfügung oder müssen gegebenenfalls entwickelt werden? In welcher Weise sollte oder muss der Umfang der zu analysierenden Materialien – in der Regel aus Zugangs- oder Aufwandsgründen – beschränkt werden? Mit welchen Verfahren sollen die erfassten Analysedaten ausgewertet und welche Kriterien sollen zur Bewertung der Verfahren herangezogen werden? Welche Reichweite werden die Analyse-Ergebnisse haben bzw. welche Einschränkungen sind mit den Erkenntnissen verbunden? Wenn solche Fragen bei eigenen Analysen bedacht werden, kann man davon ausgehen, dass auch medial vermittelte Ergebnisse von Dokumenten-Analysen nicht unkritisch rezipiert, sondern in einordnender Weise aufgenommen werden. Relektierter Umgang mit medialen Möglichkeiten der Simulation: Das eingangs noch einmal aufgegrifene Beispiel der Simulationsumgebung „Ecopolicy“ verweist auf verschiedene Möglichkeiten, die mit entsprechenden Simulationen verbunden sind: Zunächst können – ausgehend von einem bestimmten Systemzustand – mit Bezug auf einzelne Bereiche bzw. Parameter oder Komponenten unterschiedliche Eingaben erfolgen, aufgrund derer dann ein neuer Systemzustand „berechnet“ bzw. bestimmt wird. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den Ausgangszustand anders festzulegen, oder die zugrunde liegende Modellvorstellung dadurch zu variieren, dass der Funktionszusammenhang zwischen einzelnen Elementen des Systems verändert wird. Neben „Ecopolicy“ werden weitere Simulationsumgebungen oder Simulationsprogramme für die unterrichtliche Nutzung angeboten oder können als Serious Games in unterrichtlichen Zusammenhängen genutzt werden, insbesondere im Politik-, Umwelt- und Wirtschaftsbereich sowie für naturwissenschaftliche Fächer (vgl. zur Übersicht z.B. Wright-Maley 2018; Tiede u. Grafe 2018). Als ein Beispiel für den Politik- oder Ethikunterricht kann „Last Exit Flucht“ dienen, ein Lernspiel, in dem schwierige und gefährliche Situationen, in die Gelüchtete geraten, simuliert werden (kik AG o.J.). Außerdem kommt für die unterrichtliche Verwendung Software infrage, mit der selbst kleinere Simulationsprogramme erstellt werden können, wie z.B. die „Sampler Engine der Software Tinkerplots“ für den Mathematikunterricht (Learn Troop 2018). Bei der Auseinandersetzung mit vorhandenen Simulationsprogrammen – und gegebenenfalls auch bei der Erstellung eigener kleinerer Simulationsprogramme – sollten Fragen folgender Art bedacht werden: Welchen Erkenntnissen kann oder soll die jeweilige Simulation dienen? Welcher systemische Zusammenhang wird oder soll abgebildet werden? Gibt es alternative Simulationsprogramme oder Möglichkeiten der Erkenntnisgewinnung? Wie wird der jeweilige Ausgangszustand festlegt oder wie soll er bestimmt werden? Inwieweit entspricht der Ausgangszustand der Realität? Welche Bereiche oder Parameter bzw. Komponenten des jeweiligen systemischen Zusammenhangs können oder sollen durch darauf bezogene Eingaben beeinlusst werden? Welche Modellvorstellung des jeweiligen Wirklichkeitsbereichs liegt der Simulation zugrunde bzw. soll ihr zugrunde gelegt werden? Welche Reduktionen oder Vereinfachungen sind mit

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der Modellvorstellung verbunden? Welche Konsequenzen und Einschränkungen ergeben sich daraus für die Ergebnisse der Simulation bzw. die angestrebten Erkenntnisse? Entsprechende Analysen und Bewertungen sind nicht nur für die Einschätzung von Erkenntnissen wichtig, die durch die eigene Arbeit mit Simulationen gewonnen werden, sondern können und sollen auch zu einer kritischen Relexion medial vermittelter Simulationsergebnisse führen. Relektierter Umgang mit Möglichkeiten der Daten-Analyse: Im ersten Kapitel haben wir u.a. angesprochen, dass mit der Digitalisierung immer mehr und größere Datenbestände und Datenströme entstehen, die analysiert werden können. Insofern sind die Möglichkeiten, durch Daten-Analyse zu Erkenntnissen zu kommen, erheblich gewachsen. Solche Möglichkeiten werden u.a. genutzt: von Unternehmen zur Erschließung von Absatzmärkten, von Geheimdiensten zur Überwachung von Personen, gegebenenfalls im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Terror, im Aktienhandel zum gewinnbringenden Kauf oder Verkauf von Wertpapieren, in der Medizin zur Prognostizierung von Grippewellen in ihrem regionalen Verlauf, von der Polizei zur Bereitstellung von Sicherheitskräften zur richtigen Zeit und am richtigen Ort oder von Banken, um Betrugsfälle bei Kreditkartenzahlungen sofort zu erkennen (vgl. z.B. Grillenberger u. Romeike 2015a, S. 125f.; Gapski 2015, S. 9f.). Entsprechende Anwendungen werden vor allem unter dem Stichwort Big Data diskutiert. Dabei lassen sich Big Data-Analysen durch drei Merkmale kennzeichnen: großer Umfang der verarbeiteten Daten (volume), Einbezug von Daten mit unterschiedlichen Strukturierungen (variety) und hohe Geschwindigkeit bei der Verarbeitung (velocity) (vgl. Grillenberger u. Romeike 2015a, S. 125, S. 147). Geht es bei der klassischen wissenschaftlichen Vorgehensweise darum, ausgehend von einer Fragestellung zunächst gezielt bestimmte Daten zu sammeln, wird bei Big Data-Analysen oft auf vorhandene oder ohnehin anfallende Daten zurückgegrifen, wobei zum Zeitpunkt der Datensammlung mögliche Analysezwecke oder zu gewinnende Information noch gar nicht im Visier der Datensammler sein müssen. Die Analysen selbst werden deshalb manchmal auch in Analogie zum Schürfen nach Gold beim Bergbau als „data mining“ bezeichnet: Es wird nach wichtigen bzw. verwertbaren Informationen in „Datenbergen“ gesucht (vgl. S. 128). Bei der Analyse selbst kommen vor allem drei Analysemethoden zur Anwendung: Klassiikation, Clusterbildung und Assoziation. Unter Klassiikation versteht man die Zuordnung von Daten zu vorgegebenen Klassen, z.B. die Zuordnung von Geodaten von Smartphones, die aufgrund von Anrufen bei der Notrufnummer einer Polizeidienststelle vorliegen, zu einem Stadtviertel; Clusterbildung bezieht sich auf die Zusammenfassung von Daten mit ähnlichen Merkmalen, z.B. die Gruppierung von Geodaten nach Regionen mit geringer oder hoher Anzahl von Notrufen; Assoziation meint die Formulierung von Zusammenhängen, wobei aufgrund bekannter Merkmale des Datensatzes auf andere Merkmale geschlossen wird, die im

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ursprünglichen Datensatz selbst nicht vorhanden sind, z.B. Schluss von der Anzahl von Notrufen aus einem Stadtviertel oder einer Region auf die Kriminalitätsrate. Ein anderes Beispiel liegt vor, wenn man Personen, die ihre Schulden nicht bezahlen, bestimmten Einkommensgruppen zuordnet und auf der Basis von Clusterbildungen (z.B. Zusammenfassung von Fällen nicht zahlender Personen nach unterschiedlichen Einkommensgruppen) die Kreditwürdigkeit vom Einkommen abhängig macht. Neben der Analyse von Datenbeständen können sich Analysen auch auf Datenströme beziehen. Beispielsweise lassen sich Datenströme eines Microblogging-Dienstes, z.B. Twitter, unter dem Gesichtspunkt analysieren, welche hemen Jugendliche interessieren, in welchen Altersgruppen welche hemen besonderes Interesse inden und welche Schlussfolgerungen daraus gegebenenfalls für die personalisierte Werbung gezogen werden können. Um Erkenntnisse aus DatenAnalysen abzusichern oder auszudiferenzieren oder um weitere Erkenntnisse zu gewinnen, können jeweils auch noch andere Datenbestände oder Datenströme herangezogen werden, z.B. aus der Kriminalstatistik, aus demographischen Statistiken oder aus Instant-Messaging-Diensten. Bei allen Versuchen der Absicherung, Ausdiferenzierung oder Erweiterung lassen sich allerdings immer nur korrelative Aussagen (und keine kausalen) gewinnen. Unterrichtliche Anregungen sowie Hinweise auf Materialien sowie auf geeignete – auch exemplarisch zusammengestellte – Datensätze und auf Analyse-Software bieten u.a. die Informatik-Didaktik und Fachstellen für Medienbildung (vgl. z.B. Grillenberger u. Romeike 2015a; 2015b; Sieben 2017). Falls die personalen, organisatorischen und technischen Voraussetzungen es zulassen, sollten Schülerinnen und Schüler einen Einblick in Big-Data-Analysen dadurch gewinnen, dass sie selbst – wenn auch mit der notwendigen didaktischen Reduktion – kleinere Analysen mit Rückgrif auf zugängliche Datenbestände oder Datenströme durchführen (vgl. die obigen Literaturhinweise). Falls dies nicht realisierbar ist, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, die Analysemethoden der Klassiizierung, der Clusterbildung und der Assoziation mit Bezug auf selbsterstellte Datensätze auszuführen. Dafür könnten z.B. eigene Befragungen initiiert und die bei der Auswertung entstehenden Datensätze mit entsprechenden Methoden analysiert werden – etwa bei einer Befragung zur Mediennutzung und zu sozialen Bedingungen der Nutzenden. Allerdings sollte damit nicht der Anspruch verknüpft werden, so alle Möglichkeiten und Grenzen von Big-Data-Analysen zu erfassen. Generell können Daten-Analyse-Prozesse durch Fragen folgender Art initiiert oder begleitet werden: Welche Erkenntnisse sollen angestrebt werden? Wofür lassen sich mögliche Erkenntnisse gegebenenfalls nutzen? Sind eventuelle Nutzungen ethisch vertretbar? Welche Datensätze wären für die Analysen wünschenswert? Sind geeignete Datensätze verfügbar oder könnten sie u.U. selbst erstellt werden? Welche Klassiizierungen, Clusterbildung oder Assoziationen erlauben die zu analysierenden Daten? Welche Fehler können bei Klassiizierungen, Clus-

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terbildungen oder Assoziationen generell auftreten und welche Fehler müssen bei einer aktuellen Analyse in Betracht gezogen werden? Welche Konsequenzen und Einschränkungen ergeben sich daraus für die Erkenntnisse und gegebenenfalls ihre Nutzung? Sollen und können andere Datensätze zur Absicherung, Ausdiferenzierung oder für weitere Erkenntnisse herangezogen werden? Was ist dabei zu erwarten und wie sind entsprechende Ergebnisse einzuschätzen? Fragen solcher Art können zugleich die Fähigkeit grundlegen, in Medien mitgeteilte Erkenntnisse und deren Nutzung kritisch zu relektieren. Außerdem legen sie Relexionen zum eigenen Medienverhalten nahe: Welche Daten gebe ich mit meinem eigenen Medienverhalten preis bzw. hinterlasse ich? Welche Möglichkeiten und Probleme sind vor dem Hintergrund von Daten-Analysen damit verbunden? Entsprechen oder widersprechen Möglichkeiten und Probleme meinen oder allgemeinen Interessen? Wie kann ich mich gegebenenfalls schützen? Welche Konsequenzen ziehe ich daraus? 5.2.4 Geeignete Vorgehensweisen Im Feld des relektierten Umgangs mit medialen Möglichkeiten der Analyse und Simulation lässt sich ein erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientiertes Vorgehen in unterschiedlicher Weise umsetzen. Ein erkundungsorientiertes Vorgehen kann z.B. dadurch initiiert werden, dass zunächst eine Webseite aus dem Internet zu einem für Schülerinnen und Schüler wichtigen hema gezeigt wird, deren Informationen auf Simulationen beruhen, z.B. eine Webseite zum Klimaschutz. Mit Bezug auf die dortigen Informationen lässt sich die Frage aufwerfen, wie diese vermutlich gewonnen wurden. Nachdem herausgearbeitet ist, dass dafür Simulationen genutzt werden, kann sich die Erkundungsaufgabe anschließen festzustellen, welche Simulationsprogramme zu dem betrefenden hema zugänglich sind und wie mit ihnen gearbeitet wird. Demgemäß sollte aus den zugänglichen Simulationen eine Auswahl getrofen und die betreffende Simulation erprobt werden Danach kann die genutzte Simulation analysiert und bewertet werden (siehe zu möglichen Analyse- und Bewertungsfragen Abschnitt 5.2.3). Damit würde die Erkundungsaufgabe in eine Beurteilungsaufgabe übergehen. Ein problemorientiertes Vorgehen ist z.B. gegeben, wenn Schülerinnen und Schüler durch eine Analyse von Twitter-Beiträgen feststellen, welche hemen mit welcher Häuigkeit angesprochen werden, bei welchen hemen besonders viele Kommentare oder Gefallens-Kundgebungen vorliegen und welche Schlussfolgerungen daraus für politische Beeinlussungsversuche gezogen werden könnten. Bei entsprechenden Analysen sollen insbesondere die notwendigen Klassiikationen, Clusterbildungen und Assoziationen relektiert werden, so dass abschließend eine kritische Einschätzung der Schlussfolgerungen vorgenommen werden kann (vgl. zum Vorgehen Grillenberger u. Romeike 2015b, S. 137f.). Eine weitere Variante einer Pro-

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blemstellung liegt vor, wenn die Frage gestellt wird, wie man erklären kann, dass im Versandhandel für ein neues Produkt die tatsächlich notwendigen bzw. passenden Mengen in regionalen Versandzentren bereitgestellt werden können, bevor überhaupt eine konkrete Nachfrage für das neue Produkt vorhanden ist. Im Hinblick auf eine Lösung lässt sich durch ein gedankliches Vorgehen erarbeiten, welche Datensätze dafür vermutlich genutzt wurden und welche Klassiikationen, Clusterbildungen und Assoziationen es wahrscheinlich ermöglicht haben, zu den passenden Bereitstellungen zu kommen. Falls geeignete Datensätze zugänglich sind, könnten entsprechende Analysen auch selbst ausgeführt werden. Ein entscheidungsorientiertes Vorgehen kann z.B. dadurch angeregt werden, dass sich Schülerinnen und Schüler in die Situation eines Teams versetzen, das ein StartUp-Unternehmen unter Nutzung bestimmter Datensätze gründen möchte. Eine solche Situation kann z.B. mit Hilfe des Big Data-Planspiels „Start Up in Datarryn“ (Düx o.J.) eingeführt werden. In dem Spiel geht es darum, in kleinen Teams innovative Geschäftsideen zu entwickeln, sich auf eine Geschäftsidee festzulegen und sich damit für einen Förderpreis zu bewerben, durch den die beste Geschäftsidee schließlich ausgezeichnet wird. Der (iktive) Preis soll aus einem Preisgeld von 100.000 Euro und dem Zugang zu wertvollen bzw. dafür benötigten Datensätzen bestehen. Die Geschäftsidee soll mit Bezug auf maximal drei Datensätze aus einem Pool von 26 (iktiven) Datensätzen entwickelt werden. Die Datensätze reichen – immer bezogen auf das (iktive) Land Datarryn – von den Positionsdaten aller eingeschalteten Handys oder Navigationsgeräte mit den jeweiligen Handy-Nummern oder Besitzernamen über alle Einkaufsvorgänge bei einem großen Versandhandel mit den Namen und Geburtsdaten der Käuferinnen und Käufer bis zu den Biodaten der Nutzenden von FitnessApps mit ihren IT-Adressen (vgl. ebd.). Im Rahmen des Spiels stehen insbesondere Entscheidungen der Teams zu einer Geschäftsidee und zu den auszuwählenden Datensätzen an, während die Jury zur Vergabe des Preises sich für die beste unter den – von den Teams – vorgelegten Geschäftsideen entscheiden muss. Falls der zeitliche und organisatorische Aufwand für das Spiel sowie die Komplexität zu groß erscheinen, könnte auch eine vereinfachte Entscheidungssituation für den Unterricht darin bestehen, für Kleingruppen drei Geschäftsideen vorzugeben, dafür bis zu drei geeignete Datensätze auswählen und entscheiden zu lassen, welcher Geschäftsidee jeweils der Vorzug gegeben werden soll, z.B. unter den Kriterien Innovation, Einhaltung des Datenschutzes und Gewinn- bzw. Verdienst- und Entwicklungsmöglichkeiten. Entsprechende Entscheidungen ließen sich u.a. mit der Aufgabe weiterführen, ein Konzept für die Geschäftsidee zu entwerfen. In diesem Falle würde das entscheidungsorientierte Vorgehen in ein gestaltungsorientiertes einmünden. Ein gestaltungsorientiertes Vorgehen lässt sich aber auch direkt dadurch anstreben, dass Schülerinnen und Schüler z.B. vor die Aufgabe gestellt werden, für eine sozial- oder eine naturwissenschaftliche Fragestellung selbst eine kleine Simulation

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zu entwickeln. Dazu muss eine geeignete Simulationssoftware bereitgestellt oder ausindig gemacht und dann überlegt werden, durch welche Parameter Ausgangssituationen und Zwischen- oder Endzustände beschrieben werden sollen und welche Modellvorstellung der Überführung eines Ausgangszustands in einen Zwischenoder Endzustand zugrunde zu legen ist. Anschließend kann die Simulation vergleichend, z.B. zu Real-Experimenten, diskutiert und bewertet werden (siehe zu möglichen Fragen Abschnitt 5.2.3). Bei den obigen Skizzen werden einzelne Vorgehensweise zum Teil mit einem beurteilungsorientierten Vorgehen verbunden. Es ist allerdings auch denkbar, direkt mit einer Beurteilungsaufgabe zu beginnen. Dazu könnten u.a. einzelne aus Simulationen, Dokumenten- oder Daten-Analysen gewonnene Erkenntnisse vorgestellt und mit der Aufgabe verknüpft werden, die Ergebnisse analytisch in den Blick zu nehmen und zu bewerten. Außerdem ist es möglich, direkt ein Simulationsprogramm vorzustellen und dieses – gegebenenfalls auch vergleichend – bewerten zu lassen. Wir empfehlen, dass Sie nun erneut die im Abschnitt 3.3.1 beschriebene Simulationsumgebung „Ecopolicy“ von Vester (o.J) in den Blick nehmen. Dazu sollten Sie sich noch einmal Ihre Eingangsideen zu der Frage bewusst machen, durch welche Impulse man die Schülerinnen und Schüler im Detail anregen könnte, sich mit Chancen und Problemen von Simulationen als Mittel der Erkenntnisgewinnung auseinanderzusetzen. Welche Modiikationen oder Ergänzungen zu Ihren Eingangsideen erscheinen Ihnen – vor dem Hintergrund der Ausführungen in den Abschnitten 5.2.2 bis 5.2.4 – gegebenenfalls angebracht? Außerdem können Sie bedenken, welche Daten-Analysen der Modellbildung bei Ecopolicy möglicherweise zugrunde liegen.

5.3 Relektierte Nutzung von medialen Angeboten für Unterhaltung und Spiel 5.3.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Die Medienwelt bietet für Kinder und Jugendliche außerordentlich viele Möglichkeiten der Unterhaltung und des Spielens. Dabei nehmen Kinder und Jugendliche nicht nur Angebote wahr, die speziell für sie konzipiert und angeboten werden, sondern auch Angebote, die für ältere Altersgruppen oder Erwachsene gedacht sind. Umso wichtiger ist es, Relexionen über medialen Unterhaltungs- und Spielmöglichkeiten anzuregen. Dazu können u.a. verschiedene Alltagssituationen genutzt werden, z.B.: – Eltern sind mit dem Umfang der Mediennutzung ihrer Kinder nicht einverstanden und äußern ihr Unbehagen dazu, sodass Kinder oder Jugendliche versuchen müssen, ihre Nutzung zu rechtfertigen.

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– Manche Angebote sind von vornherein kostenplichtig oder verursachen im Lauf der Nutzung Kosten, sodass es gegebenenfalls naheliegt, über das Kosten-Nutzen-Verhältnis (und damit auch über den Nutzen) nachzudenken. – Eltern versuchen u.U, mit ihren Kindern zu einer Vereinbarung über den Zeitumfang und die zu nutzenden Medienangebote zu kommen, sodass eine bewusste Auswahl erforderlich wird. – Kinder oder Jugendliche spüren möglichweise selbst Unbehagen bezüglich des Umfangs ihrer Mediennutzung oder der Inhalte bestimmter Medienangebote, sodass ein Nachdenken darüber angeregt wird. Solche und weitere Anlässe können eine Gelegenheit bieten, auch in der Schule die Mediennutzung für Unterhaltung und Spielen zu thematisieren. Im Folgenden gehen wir von dem Computerspiel-Konliktfall aus, den wir zu Beginn des zweiten Kapitels beschrieben haben. Dabei ging es darum, dass ein Jugendlicher (horsten), der ein Außenseiter in seiner Klasse ist, von einem beliebten Schüler seiner Klasse (Sebastian) eingeladen wird. Dieser bedrängt horsten bei seinem Besuch, ein für Jugendliche verbotenes Computerspiel mit ihm zu spielen, obwohl horsten seinen Eltern versprochen hat, solche Spiele zu meiden. Dieser Konliktfall lässt sich zum Anlass nehmen, um in einer Unterrichtseinheit ausgewählte Fragen zur Nutzung von medialen Möglichkeiten für Unterhaltung und Spiel zu thematisieren. Die Unterrichtseinheit könnte dabei folgendermaßen ablaufen und in einer siebten oder achten Jahrgangsstufe stattinden: (1) Konfrontation mit dem Konliktfall: Die Lehrperson schildert den Konlikt, in den horsten bei seinem Besuch bei Sebastian gerät, und gibt die Möglichkeit zu Rückfragen zum Fall. Anschließend fragt sie nach vergleichbaren – realen oder denkbaren – Fällen aus dem Erfahrungsbereich der Lernenden. Dadurch können die Lernenden den Fall auf ihre Erfahrungs- und Vorstellungswelt beziehen. Die Lehrperson wirft die Frage auf, wie sich horsten in einer solchen Situation verhalten könnte. Spontane Äußerungen dazu werden gesammelt. Dabei wird sich zeigen, dass es notwendig ist, sich zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten zu entscheiden, z.B. die das Spiel mit Sebastian zu spielen oder dies zu verweigern, sich auf ein nicht verbotenes Spiel zu einigen oder den Besuch einfach abzubrechen. Zugleich wird deutlich werden, dass es sinnvoll ist, über verschiedene Argumente zu den unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten nachzudenken. (2) Zielvereinbarung und Bedeutsamkeit: Die Lehrperson formuliert zusammen mit den Schülerinnen und Schülern als Ziel, dass in der Unterrichtseinheit verschiedene Handlungsmöglichkeiten für den Fall zusammengestellt und geprüft sowie Informationen zu Fragen des Jugendschutzes und begründete Entscheidungen bzw. Stellungnahmen erarbeitet werden sollen. Mit Bezug auf die gegenwärtige oder zukünftige Lebenssituation soll dabei einsichtig werden, dass entsprechende Überlegungen in privaten Situationen, in denen es zu Konlikten bezüglich der Mediennutzung kommt, hilfreich sein können.

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(3) Verständigung über das Vorgehen: Lernende und Lehrperson stellen Fragen zusammen, die bearbeitet werden sollen, um zu einer angemessenen Entscheidung bzw. Stellungnahme zu gelangen, z.B.: – Welche Handlungsmöglichkeiten sind überhaupt gegeben? – Welche Regelungen gelten für den Jugendschutz? – Welche Argumente sprechen für oder gegen die einzelnen Handlungsmöglichkeiten? – Welche Gesichtspunkte kommen als Entscheidungskriterien in Betracht? Danach ist zu überlegen, wie die Fragen bearbeitet werden sollen. Als Informationsgrundlagen lassen sich Texte aus aktuellen Gesetzen oder Rechtsverordnungen zum Jugendschutz ins Auge fassen. Die Lehrperson kann deren Bereitstellung in Aussicht stellen. Bezüglich des methodischen Vorgehens liegt es nahe, Kleingruppenarbeit zu vereinbaren. (4) Erarbeitung von Grundlagen für eine Entscheidung bzw. begründete Stellungnahme: In Kleingruppen werden für den Konliktfall – Handlungsmöglichkeiten zusammengetragen, – wichtige Aussagen aus Texten zum Jugendschutz erarbeitet, – Argumente für und gegen einzelne Handlungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der erarbeiteten Informationen zusammengestellt, – Gesichtspunkte für die Entscheidung überdacht. Zum letzten Punkt kann die Lehrperson ein Arbeitsblatt einbringen, mit dem sich erreichen lässt, dass sich die Schülerinnen und Schüler in den Kleingruppen mit unterschiedlichen Orientierungen bei Entscheidungen auseinandersetzen. Das Arbeitsblatt kann z.B. verschiedene Orientierungen in Anlehnung an die Stufen 1 bis 5 sozial-moralischer Entwicklung enthalten (siehe Abschnitt 2.2): (a) horsten sollte vor allem aufpassen, dass er sich nicht mit Sebastian überwirft oder Unannehmlichkeiten mit den Eltern bekommt. Sonst muss er die Sache ausbaden und ist schließlich der Dumme. (b) horsten sollte sehen, dass er von der Situation hinsichtlich seiner Position in der Klasse proitiert, zugleich aber mögliche Reaktionen der Eltern beachten. Er handelt angemessen, wenn seine Entscheidung ihm einen möglichst großen Nutzen bringt. (c) horsten sollte eine Entscheidung trefen, die weder Sebastian noch die Eltern enttäuscht. Wenn das nicht möglich ist, sollte er eine Lösung inden, von der er denkt, dass sie für alle Beteiligten noch akzeptabel ist. (d) horsten sollte sich bei seiner Entscheidung nach vorhandenen jugendschutzrechtlichen Bestimmungen richten, selbst wenn dies Nachteile für ihn bringt, Sebastian enttäuscht wird oder sicher ist, dass er Unannehmlichkeiten zu befürchten hat. (e) horsten sollte überlegen, welcher allgemeine Grundsatz in dieser Situation für sein Handeln leitend sein soll, z.B. die Einhaltung von Jugendschutzbestimmungen oder das Recht auf Selbstbestimmung. Dann sollte er bedenken, was demgemäß zu tun ist und ob es dagegen schwerwiegende und allgemein akzeptierbare Gründe gibt. Bei der Gestaltung eines entsprechenden Arbeitsblattes ist es sinnvoll, die Reihenfolge per Zufall zu ändern, damit nicht von vornherein bei den Lernenden der Eindruck entsteht, die jeweils später genannten Orientierungen seien „höherwertig“ (siehe auch Abschnitt 7.2). (5) Fällen einer Entscheidung und Erarbeiten einer begründeten Stellungnahme: Die Lernenden prüfen in Kleingruppen die zusammengetragenen Argumente zu den einzelnen Handlungsmöglichkeiten. Vor der Entscheidung für eine Handlungsmöglichkeit wird

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diskutiert, welche Orientierung [gemäß (4)] für die Entscheidung vorrangig bzw. maßgebend sein soll. Die Lehrperson empiehlt, möglichst eine einstimmige Entscheidung herbeizuführen. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer intensiven Auseinandersetzung mit entwicklungsstimulierenden Argumenten. Nachdem die Entscheidung getrofen ist, stellen die Kleingruppen ihre Begründungen bzw. eine Stellungnahme für die Präsentation in der Klasse zusammen. (6) Vergleich und Zusammenfassung: Die Kleingruppen präsentieren ihre Entscheidungen und Begründungen bzw. Stellungnahmen. Diese werden verglichen und diskutiert. Dabei wird es in der Regel noch einmal zur Auseinandersetzung mit entwicklungsstimulierenden Argumenten kommen. Falls es sich als sinnvoll erweist, kann die Lehrperson weitere entwicklungsstimulierende Argumente oder Fragen einbringen (siehe dazu Abschnitt 7.2). Im Anschluss an die vergleichende Diskussion werden zusammen mit den Schülerinnen und Schülern die Hauptargumente, die für oder gegen einzelne Handlungsmöglichkeiten sprechen, und wichtige Informationen zum Jugendschutz sowie Entscheidungsgesichtspunkte zusammengefasst. (7) Anwendung: Die Lehrperson regt zur Anwendung die Durchführung eines Rollenspiels an, in dem Sebastian horsten bewegen möchte, das verbotene Spiel mit ihm zu spielen. Damit wird die Erfahrung ermöglicht, ob und wie vorher bedachte und gegebenenfalls auch weitere Argumente in einer Kommunikationssituation bei jeweils direkter Konfrontation mit Gegenargumenten zum Tragen kommen. Zwei Lernende übernehmen die Rollen von horsten und Sebastian. Die jeweils anderen Mitschülerinnen und -schüler beobachten das Rollenspiel und diskutieren noch einmal gemeinsam einzelne Argumente bzw. Reaktionen. (8) Weiterführung und Bewertung: Lehrperson und Lernende stellen ergänzende Fragen zusammen, die im Kontext des hemas noch interessant sind, z.B. weitere Fragen zu Computerspielen oder zum Jugendschutz. Weiterführende Informationen werden eingebracht und diskutiert oder leiten in eine folgende Unterrichtseinheit über. Abschließend werden das Gelernte und die Vorgehensweise im Hinblick auf ihre Bedeutung für gegenwärtige und zukünftige Situationen relektiert. 

Diese Unterrichtsskizze ist nur ein Beispiel für viele unterrichtliche Möglichkeiten in dem Aufgabenfeld der relektierten Nutzung von medialen Möglichkeiten für Unterhaltung und Spiel. Wir empfehlen, dass Sie noch eine andere Unterrichtsidee entwickeln, die geeignet erscheint, wichtige Fragen der Mediennutzung für Unterhaltung und Spiel zu thematisieren. Um weitere Anregungen für die Entwicklung von Unterrichtsbeispielen zu bekommen, liegt – ähnlich wie bei den zwei vorhergehenden Abschnitten – eine Auseinandersetzung mit den folgenden drei Fragen nahe: (1) Welche aufgabenfeldspeziischen Lernvoraussetzungen sind zu beachten und welche Kompetenzerwartungen sollten für das Aufgabenfeld gelten?

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(2) Welche thematischen Akzentsetzungen sind für das Aufgabenfeld insgesamt wichtig? (3) In welcher Weise können in dem Aufgabenfeld erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen umgesetzt werden? Mit der Bearbeitung dieser Fragen werden – über die Anregung zum Entwurf eigener Beispiele hinaus – Impulse für eine Analyse und Bewertung vorliegender Beispiele gegeben. 5.3.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen Kinder und Jugendliche erfahren in der Regel früh, dass Medien für Unterhaltung und Spiel genutzt werden können – sei es durch eigene Nutzung von Kinder- und Jugendbüchern, von Hörmedien oder Fernsehen, von Smartphone oder Computer, sei es durch die Beobachtung des Medienverhaltens von Eltern, Geschwistern oder Gleichaltrigen (vgl. mpfs 2017a, S. 43f.; mpfs 2017b, S. 16f.). Dabei begegnet ihnen ein riesiges Angebot an gedruckter Unterhaltungsliteratur sowie an Hörspielen und Musikmedien, an Videoszenen und Filmen sowie an Brett- und Kartenspielen und an Video-, Konsolen- und Computerspielen. In jeder der genannten Medienarten gibt es mannigfaltige Genres. Beim Film reicht das Spektrum beispielsweise vom Kinder- und Jugendilm bis zum altersbeschränkten Film für Erwachsene, von Comedy bis zu Drama oder Tragödie, vom beschaulichen Film bis zum hriller oder Horror, vom realitätsnahen Film bis zu Fantasy oder Mystery, vom Liebesilm bis zu Krimi oder Action, vom Gegenwartsilm bis zu History oder Science-Fiction. Bei Computerspielen lassen sich z.B. unterscheiden: Action-, Sport-, Strategie-, Renn-, Simulations-, Jump and Run-, Denk-, Geschicklichkeits-, Shooter-, Rollenund Adventurespiele. In einem solch weiten Feld von Erfahrungsmöglichkeiten bilden sich für Kinderund Jugendliche je nach sozialem Umfeld und damit verbundenen Erziehungsbestrebungen sowie eigenem Medienerleben und Angesprochensein unterschiedliche Vorlieben oder Gewohnheiten heraus, die bis zu eskapistischen Tendenzen reichen können (vgl. Reimer 2008; Schaumburg u. Prasse 2019, S. 94f.). In der Regel wird die Ausbildung von Vorlieben und Gewohnheiten mehr oder weniger unbewusst geschehen. Allerdings können einzelne Konliktfälle bei der Mediennutzung – wie sie in beispielhafter Form eingangs angesprochen wurden – dazu führen, dass ein Impuls zur Relexion der Mediennutzung für Unterhaltung und Spiel entsteht. Damit der Impuls wirksam wird, bedarf es eines Aufgreifens durch Kinder und Jugendliche selbst, durch ältere Bezugspersonen oder durch Lehrpersonen, wobei dann auch entwicklungs- und bedürfnisbezogene Möglichkeiten und Grenzen Bedeutung gewinnen (siehe Kapitel 2). Insgesamt ist die Berücksichtigung der Lernvoraussetzungen beim hema Unterhaltung und Spiel

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besonders wichtig, weil hier in der Regel eine starke emotionale „Verankerung“ aufgrund von Gefühlen vorliegt, die bei Unterhaltung und Spiel aktiviert worden sind. Unter Beachtung der jeweiligen Voraussetzungen geht es im Feld der Mediennutzung für Unterhaltung und Spiel darum, speziische Kompetenzerwartungen in den Blick zu nehmen. Mit Bezug auf die Überlegungen im Abschnitt 4.4 lässt sich – als Perspektive – für das Ende der Sekundarstufe I formulieren, dass die Jugendlichen in der Lage und bereit sein sollen, verschiedene Medienangebote und nicht-mediale Möglichkeiten für Unterhaltung und Spiel a) kriterienbezogen zu vergleichen und zu bewerten, b) situationsangemessen bzw. begründet auszuwählen und c) sachgemäß unter Beachtung sozialer bzw. gesellschaftlicher Verantwortung zu nutzen. Bei der Umsetzung entsprechender Kompetenzerwartungen können im Unterricht unter Berücksichtigung des jeweiligen Entwicklungsstandes der Kinder und Jugendlichen verschiedene Zwischenniveaus angestrebt werden. Für ein erstes Zwischenniveau (orientiert am Ende des vierten Jahrgangs) lassen sich z.B. folgende Kompetenzerwartungen formulieren: Einzelne mediale und nicht-mediale Möglichkeiten für Unterhaltung und Spiel a) unter Beachtung von Unterschieden beschreiben, b) im Hinblick auf einzelne Situationen begründet auswählen, c) sachgemäß handhaben und nutzen. Ein zweites Zwischenniveau (für das Ende des sechsten Jahrgangs) kann durch folgende Kompetenzerwartungen charakterisiert werden: Ausgewählte Medienangebote und nicht-mediale Möglichkeiten für Unterhaltung und Spiel a) hinsichtlich ihrer Vorteile und möglicher Nachteile erläutern, b) mit Bezug auf gegebene Situationen in abwägender Weise auswählen, c) sachgemäß handhaben und im Bewusstsein möglicher Probleme nutzen. Danach kann angestrebt werden, das zum Ende der Sekundarstufe I vorgesehene Niveau gemäß den obigen Kompetenzerwartungen zu erreichen. 5.3.3 hematische Akzentsetzungen In dem hier behandelten Aufgabenfeld ergeben sich zwei allgemeine thematische Akzentsetzungen: Unterhaltung und Spiel. Bei der Behandlung dieser Akzentsetzungen kann jeweils exemplarisch auf unterschiedliche Formen medialer Unterhaltungs- und Spielangebote Bezug genommen werden – bei Unterhaltung z.B. auf Buchromane, Hörspiele und Hörbücher, Kino- und Fernsehilme oder Videoportale, bei Spiel z.B. auf Konsolen- oder Video- bzw. Computerspiele. Für Nutzungszusammenhänge sind die jeweiligen Altersfreigaben zu beachten. Zusammen mit den am Kapitelanfang genannten allgemeinen Gesichtspunkten lassen sich die

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folgenden themenspeziischen Kriterien zum Vergleich und zur Bewertung der verschiedenen medialen Möglichkeiten heranziehen. Relektierte Nutzung medialer Angebote zur Unterhaltung: Geht es darum, sich zu unterhalten, können als erweiternde Kriterien für Vergleiche z.B. in den Blick genommen werden: Genre, Grundidee, Nachvollziehbarkeit des Handlungsablaufs, verwendete Darstellungsformen und Gestaltungstechniken, Spannungsverlauf, Elemente für Humor und Vergnügen, Anregungsgehalt zum Nachdenken oder für eigenes Tun, besondere Aspekte von Inszenierung und Handlung, gegebenenfalls Anforderungen an Schauspieler und schauspielerische Leistung. Zur Bewertung lässt sich zunächst die Frage stellen, ob die jeweilige Ausprägung der Kriterien dem gegebenen Unterhaltungsinteresse entspricht. Darüber hinaus kann nach der Übereinstimmung von Form und Inhalt sowie nach der künstlerischen Qualität und insgesamt danach gefragt werden, ob das Unterhaltungsangebot dem sozial bzw. ethisch Wünschenswerten gerecht wird oder zumindest nicht dagegen verstößt. Relektierte Nutzung von medialen Angeboten zum Spielen: Im Falle von Spielzusammenhängen können für den Vergleich von Spielangeboten als speziische Kriterien z.B. bedacht werden: Genre, Spielidee, Regelwerk, Handlungsabläufe, kognitive und psychomotorische Anforderungen an die Spielenden, genutzte Darstellungsformen und Gestaltungstechniken sowie Interaktionsformen, Spannungsverlauf, Elemente von Humor und Vergnügen, Anregungsgehalt, besondere Aspekte von Spielgestaltung und Spielverlauf. Für eine Bewertung ist zunächst wieder die Frage wichtig, ob die jeweilige Ausprägung der Kriterien dem gegebenen Spielinteresse entspricht. Des Weiteren lässt sich nach der Übereinstimmung von Form und Spielidee sowie nach der ästhetischen Qualität und insgesamt danach fragen, ob das Spielangebot dem sozial bzw. ethisch Wünschenswerten entspricht oder zumindest keine Verstöße gegen die Menschenwürde enthält. Bei den obigen Überlegungen wurde mit Bezug auf die Kompetenzerwartungen in diesem Aufgabenfeld vorausgesetzt, dass es darum geht, vorhandene bzw. inhaltlich vorgegebene Angebote für Unterhaltungs- oder Spielzwecke auszuwählen und zu nutzen. Grundsätzlich können mediale Möglichkeiten – wie schon angesprochen – auch verwendet werden, um eigene Unterhaltungs- oder Spielangebote für andere bereitzustellen, z.B. um eigene Videoszenen oder Spiele zu produzieren. Entsprechende Fragen werden in dem Aufgabenfeld „Relektierte Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte“ aufgenommen (siehe Abschnitt 5.5). 5.3.4 Geeignete Vorgehensweisen Erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen lassen sich im Hinblick auf Unterhaltung und Spiel wie folgt umsetzen.

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Ein erkundungsorientiertes Vorgehen kann u.a. darin bestehen herauszuinden, welche speziischen Kinder- und Jugendangebote für Unterhaltung in verschiedenen Medienbereichen existieren, z.B. beim Fernsehen, beim Radio oder im Internet. Die Ergebnisse der Recherchen könnten dann in einer Collage zusammengestellt werden, die ein Bild des Spektrums von Kinder- und Jugendangeboten vermittelt. Damit würde die Erkundungsaufgabe in eine Gestaltungsaufgabe übergehen. Möglich ist auch der Übergang in eine Beurteilungsaufgabe, indem anschließend eine Beurteilung des Angebots erfolgt. Ebenso ist ein problemorientiertes Vorgehen möglich. Beispielsweise kann die Frage gestellt werden, warum viele Kinder und Jugendliche lieber oder häuiger Angebote aus dem allgemeinen Programm als aus dem speziischen Kinder- und Jugendangebot nutzen. Ein solches problemorientiertes Vorgehen könnte wieder in ein gestaltungsorientiertes Vorgehen einmünden, indem ein Brief an verschiedene Medienredaktionen entworfen und verschickt wird, in welchem Vorschläge zur Verbesserung der Situation im Bereich der Kinder- und Jugendprogramme zusammengestellt werden. Darüber hinaus liegt im Aufgabenfeld der Mediennutzung für Unterhaltung und Spiel ein entscheidungsorientiertes Vorgehen nahe. Die Unterrichtsskizze unter 5.3.1 stellt dafür ein Beispiel dar. Auch einzelne der eingangs genannten Konliktfälle bei der Mediennutzung können Ausgangspunkte für entscheidungsorientierte Unterrichtseinheiten liefern. Gestaltungsorientierte Vorgehensweisen lassen nicht nur im Anschluss an andere Vorgehensweisen zur Geltung bringen, sondern können auch von vornherein in den Mittelpunkt von Unterrichtseinheiten gestellt werden. Beispielsweise lässt sich als Eingangsaufgabe einführen, einen förderlichen Plan zur Film- oder Serien- und Computerspielnutzung für eine Woche in den Ferien mit der Maßgabe zu entwickeln, dass der Plan sowohl den Unterhaltungs- und Spielwünschen der Kinder und Jugendlichen entspricht als auch die Zustimmung der Eltern indet. Wird ein vorwiegend beurteilungsorientiertes Vorgehen angestrebt, können beispielsweise zwei unterschiedliche Tagesabläufe von Kindern oder Jugendlichen vorgeben werden (in Korrespondenz zu der jeweiligen Jahrgangsstufe). Die Tagesabläufe sollten so zusammengestellt sein, dass sie sich hinsichtlich Gesamtdauer, Verteilung über den Tag sowie bezüglich der genutzten Unterhaltungs- und Spielangebote unterscheiden. Allerdings sollte es Schwierigkeiten bereiten, die jeweiligen Mediennutzungen ohne diferenzierte Analyse als besser oder schlechter einzustufen, um vorschnellen und zu pauschalen Beurteilungen entgegenzuwirken. Aufgabe der Schülerinnen und Schüler kann es dann sein, eine diferenzierte und vergleichende Stellungnahme zu der Mediennutzung im Tagesablauf zu erarbeiten. Entsprechende Stellungnahmen können anschließend vorgestellt und diskutiert werden.

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Die Beispiele verweisen darauf, dass auch bei den Akzentsetzungen im Bereich von Unterhaltung und Spiel viele Bezüge zu anderen thematischen Akzenten bestehen. So ergeben sich beim Eingangsbeispiel unter 5.3.1 mit seiner hematisierung des Jugendschutzes z.B. Verbindungen zu rechtlichen Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung, und bei den obigen Beispielen zu einem zunächst erkundungs- oder problemorientierten Vorgehen entstehen Bezüge zum Aufgabenfeld der relektierten Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte. Des Weiteren spielen bei der Behandlung der Mediennutzung für Unterhaltung und Spiel häuig Fragen des Genres sowie weiterer Gestaltungsmerkmale von Medien eine wichtige Rolle. Vor dem Hintergrund der Überlegungen in den Abschnitten 5.3.2 bis 5.3.4 können Sie nun noch einmal auf die eingangs gestellte Aufgabe zurückkommen. Überdenken Sie bitte Ihre gegebenenfalls zunächst entwickelte Unterrichtsidee und führen Sie diese bitte weiter aus. Wenn Sie möchten, können Sie auch ein neues Unterrichtsbeispiel als weitere Möglichkeit entwerfen, Fragen der Mediennutzung für Unterhaltung und Spiel zu thematisieren.

5.4 Relektierte Nutzung von medialen Möglichkeiten für Austausch und Kooperation 5.4.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Vor dem Hintergrund bisheriger Ausführungen stellen Bemühungen um eine relektierte Nutzung von medialen Möglichkeiten für Austausch und Kooperation eine wichtige Aufgabe der Medienbildung dar (siehe z.B. die Abschnitte 1.1 und 4.5). Dabei kommt es insbesondere darauf an, Anregungen und Unterstützungen für eine förderliche und Gefahren vermeidende Nutzung der medialen Möglichkeiten zu geben. Dazu bedarf es in der Regel bestimmter Impulse durch Eltern oder Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrpersonen. Für solche Impulse kann es unterschiedliche Anlässe geben, z.B.: – Kinder erleben, dass ältere Geschwister, andere Gleichaltrige oder Eltern häuig im kommunikativen Austausch mit anderen sind und möchten nun auch selbst ein Smartphone haben. – Weil die Eltern ihr Unbehagen über die ständige Smartphone-Kommunikation ihrer Kinder äußern, versuchen die Kinder diese gegenüber den Eltern zu rechtfertigen. – In einer Schule steht die Frage an, ob ein Smartphone-Verbot während des Unterrichts und möglicherweise auch während der Pausen ausgesprochen werden soll. – Einzelne Jugendliche haben mitbekommen, dass falsche oder beleidigende Aussagen oder peinliche Bilder über sie im Netz verbreitet werden und wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen.

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– Mehrere Kinder einer Schulklasse haben eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet. Einzelne Kinder überlegen, ob sie der Gruppe beitreten sollen und wie sie die Zustimmung ihrer Eltern dazu erlangen können. – Eine Schulklasse möchte zusammen mit Jugendlichen einer Partnerschule im Ausland gemeinsame Texte mit Bildern zu Fragen von beiderseitigem Interesse zusammenstellen. Es ist zu entscheiden, wie die gemeinsame Bearbeitung der Texte erfolgen soll. Solche und ähnliche Anlässe können u.a. bei unterrichtlichen Aktivtäten zu einer relektierten kommunikations- oder kooperationsorientierten Nutzung digitaler Möglichkeiten aufgenommen werden. Wir gehen im Folgenden für erste Überlegungen zu einer möglichen Unterrichtseinheit in diesem Aufgabenfeld vom Problem des Cyber-Mobbings – in prophylaktischer Absicht – aus. Als Ausgangspunkt könnte z.B. eine kurze Fallbeschreibung folgender Art gewählt werden (vgl. dazu auch Hilt et al. 2018, S. 149f.): Laura war mehrere Monate mit Lukas zusammen. Vor einiger Zeit hat sie sich allerdings von ihm im Streit getrennt und ist nun mit Niklas befreundet. Als Laura eines Morgens in die Schule kommt, merkt sie, dass einige Schülerinnen und Schüler aus ihrer Klasse auf ihre Smartphones schauen und miteinander tuscheln. In der ersten Pause fragt sie ihre Freundin Hanna, ob sie wüsste, was möglicherweise der Grund für das Getuschel sei. Daraufhin erfährt sie, dass freizügige Bilder von ihr mit beschämenden Kommentaren an verschiedene Mitglieder einer WhatsApp-Gruppe ihrer Klasse, u.a. auch an Hanna, verschickt worden sind. Als Laura Hanna bittet, ihr die Bilder zu zeigen, erkennt sie sofort, dass die Bilder nur von Lukas stammen können. Sie ist entsetzt und befürchtet zudem, dass die Bilder noch weitergeleitet werden könnten. Deshalb möchte sie, dass die Bilder möglichst schnell von den Smartphones verschwinden. Außerdem sinnt sie auf Rache und erinnert sich, dass sie ebenfalls – wenn auch mit dem Versprechen, die Bilder nur für sich zu behalten – anzügliche Bilder von Lukas gemacht hat. In ihrer Verzweilung fragt sie ihre Freundin Hanna, was sie denn tun könnte und sollte. 

Eine Auseinandersetzung mit diesem Fall könnte u.a, in konkrete Empfehlungen einmünden, die Hanna ihrer Freundin geben sollte. Skizzieren Sie für eine unterrichtliche Auseinandersetzung bitte mögliche Phasen eines Unterrichtsablaufs. Strukturell können Sie sich u.a. an dem Unterrichtsablauf im Abschnitt 5.3.1 orientieren. Um den Rahmen für eine entsprechende Unterrichtseinheit und andere mögliche Unterrichtseinheiten zum Aufgabenfeld der relektierten Nutzung von medialen Möglichkeiten für Austausch und Kooperation zu verdeutlichen, soll – in Analogie zu den vorherigen Abschnitten – eine Behandlung folgender Fragen dienen: (1) Welche speziischen Lernvoraussetzungen sind in diesem Aufgabenfeld zu beachten und welche Kompetenzerwartungen sollten gelten?

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(2) Welche thematischen Akzentsetzungen sind für das Aufgabenfeld insgesamt wichtig? (3) In welcher Weise können in dem Aufgabenfeld erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen umgesetzt werden? Mit der Bearbeitung dieser Fragen ergeben sich Anregungen sowohl für den Entwurf eigener Unterrichtseinheiten und Projekte als auch für eine Analyse und Bewertung vorliegender Beispiele. 5.4.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen Bei Kindern und Jugendliche nimmt die Online-Nutzung von digitalen Medien für den kommunikativen Austausch einen erheblichen Raum ein. Dies gilt schon für Kinder und zeigt sich in noch stärkerem Maße für die 12- bis 19-Jährigen (vgl. mpfs 2017a; S. 28f.; mpfs 2017b, S. 30f.). So hat bei den 12- bis 19-Jährigen die Kommunikation mit Anderen im Jahr 2017 den größten Anteil an der Online-Nutzung. Diese lag nach deren Selbsteinschätzungen an Wochentagen insgesamt bei 221Minuten pro Tag (mpfs 2017b, S. 30). Dabei bestätigen ca. ein Fünftel der 12- bis 19-Jährigen, dass schon einmal falsche und beleidigende Inhalte über sie im Netz verbreitet wurden; für beleidigende oder peinliche Fotos gilt dies für etwa ein Zehntel und nahezu 40% geben an, dass im Bekanntenkreis schon mal jemand per Handy bzw. im Internet fertig gemacht wurde (S. 59f., vgl. auch Schaumburg u. Prasse 2019, S. 91f.). Demnach ist davon auszugehen, dass für eine unterrichtliche Auseinandersetzung mit Fragen des Austausches und der Kooperation im Netz bei den Lernenden mannigfaltige und zugleich unterschiedliche Erfahrungen vorliegen, so dass jede Lehrperson gut daran tut, von heterogenen Voraussetzungen auszugehen und im Unterricht Möglichkeiten zu bieten, diese auszudrücken und aufzunehmen. Im Laufe der Schulzeit kommt es dann darauf an, bei allen Schülerinnen und Schüler zu erreichen, dass sie am Ende der Sekundarstufe I bereit und in der Lage sind, mediale und nicht-mediale Möglichkeiten für Austausch und Kooperation a) nach unterschiedlichen Kriterien zu vergleichen und zu bewerten, b) situationsangemessen bzw. begründet auszuwählen, c) sachgemäß zu handhaben und verantwortungsbewusst zu nutzen. Im Sinne eines ersten Zwischenniveaus können für das Ende der vierten Jahrgangsstufe folgende Kompetenzerwartungen angestrebt werden: Einzelne mediale und nicht-mediale Möglichkeiten für den Austausch a) unter Beachtung von Unterschieden beschreiben, b) im Hinblick auf einzelne Situationen begründet auswählen, c) sachgemäß handhaben und nutzen. Für das Ende der sechsten Jahrgangstufe kann dann versucht werden, folgende Kompetenzerwartungen zu erreichen: Verschiedene mediale und nicht-mediale Möglichkeiten für den Austausch

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a) hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile vergleichend beschreiben, b) unter ausdrücklicher Berücksichtigung von Vor- und Nachteilen für bestimmte Zwecke auswählen, c) sachgemäß handhaben und unter Beachtung möglicher Probleme nutzen. Auf dieser Grundlage lässt sich dann das oben angesprochene Niveau für das Ende der Sekundarstufe I anstreben. 5.4.3 hematische Akzentsetzungen Als zusammenfassende thematische Akzentsetzungen können in diesem Aufgabenfeld Austausch und Kooperation gelten. Bei Diferenzierungen sind zum einen verschiedene mediale und nicht-mediale Angebote für Austausch und Kooperation zu bedenken, z.B. direktes Gespräch, Brief, E-Mail, Instand-Messaging-Dienste, Internet-Foren, Social Networks, Weblogs und Wikis. Zum anderen sind mit Austausch und Kooperation in besonderer Weise einzelne Problemlagen verbunden, für die mindestens exemplarische hematisierungen von großer Bedeutung sind, z.B. Cyber-Mobbing, Gefährdungen von Datensicherheit und Datenschutz, Falschmeldungen oder Hass und Rechtsextremismus im Netz. Für jede dieser Problemlagen gibt es mittlerweile umfangreiche Materialien, in denen u.a. Handlungsmöglichkeiten und rechtliche Bestimmungen aufgezeigt sowie Arbeitsblätter für unterrichtliche Auseinandersetzungen angeboten werden (vgl. das Angebot von klicksafe.de o.J.; dort u.a. Haschler 2016; Rack 2016; Glaser u. Pfeifer 2017; Hilt et al. 2018; Kretschmer u. Müsgens 2018; Rack 2018; Rack u. Sauer 2018). Betrachtet man mediale und nicht-mediale Möglichkeiten für Austausch und Kooperation aus allgemeiner Sicht, so lassen sich – in Weiterführung der am Beginn des Kapitels angesprochenen Gesichtspunkte – verschiedene Kriterien bzw. Fragen für Vergleiche und Bewertungen heranziehen. Relektierte Nutzung von medialen Möglichkeiten für den kommunikativen Austausch: Hier können – auch unter Einbezug nicht-medialer Möglichkeiten – z.B. Fragen folgender Art gestellt werden: Welche Ebenen der Kommunikation stehen zur Verfügung – nur verbale oder auch para-verbale wie Betonung oder Sprechgeschwindigkeit und non-verbale wie Gestik und Mimik oder Bilder? Sind verschiedene Seiten einer Nachricht wie Sachinhalt, Selbstofenbarung, Beziehung und Appell zu erfassen? Welche gestalterischen Möglichkeiten stehen für den kommunikativen Austausch bereit? Gibt es speziische Hilfestellungen? Wendet sich das Angebot nur an bestimmte Zielgruppen, z.B. Kinder? Wird gegebenenfalls versucht sicherzustellen, dass das Angebot auch wirklich nur von den Zielgruppen wahrgenommen werden kann? Ist synchroner oder asynchroner Austausch oder beides möglich? Kann man sich an Einzelne und an Gruppen und gegebenenfalls auch an alle wenden? Gibt es bestimmte Filter für die Beiträge? Kann man den Weg, den eigene Beiträge nehmen, weiterverfolgen? Wird der Austausch überwacht? Kann man sich durch bestimmte Maßnahmen vor Datenmissbrauch oder anderen

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missbräuchlichen Verwendungen schützen? Gibt es Möglichkeiten, missbräuchliche Verwendungen anzuzeigen? Wer ist Ansprechpartner dafür und wer ist für Reaktionen zuständig? Wie schnell wird reagiert? Wird etwas getan, um Falschmeldungen zu verhindern? Gibt es Maßnahmen, um virtuelle Accounts bzw. Social Bots zu enttarnen und manipulative Vorgehensweise zu unterbinden? Welche rechtlichen Bedingungen gelten für die jeweiligen Dienste? Gibt es besondere Maßnahmen oder Hinweise, um eine förderliche Kommunikation sicherzustellen? Alle entsprechenden Merkmale können unter dem Gesichtspunkt bewertet werden, ob sie einer sachgerechten, selbstbestimmten, kreativen und sozial verantwortlichen Kommunikation eher dienen oder eine solche eher behindern. Relektierte Nutzung von medialen Möglichkeiten für kooperative Aktivitäten: Auch hier lassen sich für Vergleiche und Bewertungen einzelne – und zum Teil ähnliche – Fragen stellen, z.B.: Welche gestalterischen Möglichkeiten werden für die gemeinsame Er- und Bearbeitung von Dokumenten bzw. Präsentationen bereitgestellt? Welche Hilfen werden angeboten? Was geschieht, um die vorgesehenen Mitwirkenden zu eigener Mitgestaltung zu motivieren? Durch welche kommunikativ orientierten Möglichkeiten wird die Zusammenarbeit angeregt und unterstützt? Welche Maßnahmen werden für die Qualitätssicherung der Beiträge bzw. Präsentationen ergrifen? Durch welche Bedingungen oder Maßnahmen können missbräuchliche Einmischungen in die Gestaltungsprozesse und Verbreitungsprozesse unterbunden werden? Welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind bei der Gestaltung und Verbreitung der Präsentationen durch die jeweiligen „Communities“ zu beachten? Welchen Regelungen unterliegt die Nutzung der erstellten Produkte? Entsprechende Merkmale von Kooperationsmöglichkeiten lassen sich jeweils unter den Kriterien bewerten, inwieweit sie eine qualitätsvolle Präsentation und eine angemessene Partizipation sowie Kreativität und Verantwortungsbewusstsein fördern oder möglicherweise auch behindern. Bei den obigen Fragen wurde vorausgesetzt, dass vorhandene Austausch- und Kooperationsmöglichkeiten verglichen, bewertet und genutzt werden. Grundsätzlich können auch eigene mediengestützte Kommunikations- oder Kooperationsumgebungen entwickelt werden. Angesichts des dafür notwendigen Aufwandes ist es allerdings für die üblichen Nutzenden wahrscheinlicher, vorgegebene Möglichkeiten zu verwenden, wobei u.U. durch die Wahrnehmung von Eingrifsmöglichkeiten auch Anpassungen an speziische Kommunikations- oder Kooperationserfordernisse erfolgen können, z.B. durch gezielte Vergabe von Rechten zum Lesen und Schreiben oder zur Administration und Moderation von Gruppen in digitalen Arbeitsumgebungen. 5.4.4 Geeignete Vorgehensweisen Im Rahmen der thematischen Akzentsetzungen lassen sich zunächst erkundungsorientierte Vorgehensweisen verwenden. Ausgangspunkt dafür kann z.B. die Aufgabe sein, strafrechtliche Konsequenzen von Datenschutz- oder Urheberrechtsverletzun-

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gen oder von Cyber-Mobbing zu recherchieren und für eine Präsentation aufzuarbeiten. Ein anderes Beispiel für eine Erkundungsaufgabe liegt vor, wenn es darum geht herauszuinden, welche gestalterischen Möglichkeiten bestehen, um in unterschiedlichen kommunikativen Umgebungen ein eigenes Proil anzulegen. Anschließend sollten entsprechende Möglichkeiten einer Bewertung unterzogen werden. Ein problemorientiertes Vorgehen lässt sich z.B. dadurch initiieren, dass die Frage aufgeworfen wird, wie man erklären kann, dass Instant-Messaging-Dienste eine so große Verbreitung gefunden haben. Zur Erklärung können u.a. Bedürfnistheorien, Merkmale der Lebenssituation und ökonomisch motivierte Rahmenbedingungen herangezogen werden. Entsprechende Überlegungen sollten in zusammenfassende Bewertungen von Instant-Messaging-Diensten und ihrer Bedingungen einmünden. Ein anderes Problem kann so eingeführt werden, dass zunächst einige Bilder von Selbstdarstellungen im Netz präsentiert werden, in denen sich Jugendliche bewusst in Posen zeigen, in den denen sie sexy wirken (vgl. z.B. Rack u. Sauer 2018, S. 24f.). Danach lässt sich die Frage einführen, warum entsprechende Selbstdarstellungen gepostet werden, obwohl die meisten Jugendlichen wissen, dass dies mit Risiken behaftet ist (vgl. S. 25). Bei der Bearbeitung dieser Frage können z.B. Überlegungen zu Entwicklungsaufgaben und zur Bedürfnislage im Jugendalter sowie zu Medieneinlüssen und zur Lebenssituation generell herangezogen werden, sodass multiperspektivische Sichtweisen bzw. Erklärungen entstehen. Eine entscheidungsorientierte Aufgabenstellung wurde im Abschnitt 5.4.1 mit der Frage vorgestellt, was man in dem entsprechenden Cyber-Mobbing-Fall raten sollte. Andere entscheidungsorientierte Vorgehensweisen können sich z.B. auf Datenschutzverletzungen oder Urheberrechtsfragen sowie darauf beziehen, was man tun könnte und sollte, wenn man in Sozialen Netzwerken auf Falschmeldungen oder Hasskommentare oder Äußerungen stößt, die darauf hindeuten, dass möglicherweise kriminelle Absichten vorliegen. In allen Fällen solcher Art geht es darum, Handlungsmöglichkeiten zusammenzustellen, rechtliche Aspekte zu klären, wichtige situative Aspekte in den Blick zu nehmen und mögliche Ansprechpartner herauszuinden. Unter Beachtung gegebener Bedingungen können dann die Handlungsmöglichkeiten hinsichtlich ihrer Vorzüge und möglicher Probleme – falls der nötige Entwicklungsstand es zulässt, auch in kriterienbezogener Weise – diskutiert werden, ehe eine Entscheidung für eine bestimmte Handlungsweise oder eine Stellungnahme zu dem jeweiligen Fall erfolgt. Weitere Entscheidungsfälle lassen sich z.B. auf die Frage beziehen, welche kommunikativen Möglichkeiten in bestimmten Situationen, in denen jemand etwas mitteilen möchte, gewählt werden könnten oder sollten. Beispielsweise kann der Fall eingeführt werden, dass eine Jugendliche eine Beziehung zu einem Freund beenden möchte, weil sie nun einen anderen Partner bevorzugt. Dabei stellt sich die Frage, wie und in welcher Form sie dies ihrem bisherigen Freund mitteilen sollte, z.B. in einem persönlichen Gespräch, in der Form eines Briefes, per Telefonat oder mithilfe eines Instant-

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Messaging-Dienstes. Dazu könnten zunächst mögliche Dialoge für wechselseitige Kommunikationssituationen oder mögliche Formulierungen für einseitige Mitteilungen entworfen werden. Auch die Durchführung von Rollenspielen ist denkbar. Danach können die verschiedenen Formen der Kommunikationssituationen hinsichtlich ihrer Vorzüge und Probleme bzw. mit Bezug auf bestimmte Kriterien, z.B. Möglichkeiten der Rückmeldung und der Reaktion auf Rückmeldungen, beurteilt werden. Durch den vorherigen Entwurf möglicher Dialogverläufe oder möglicher einseitiger Mitteilungen würde das entscheidungsorientierte Vorgehen mit einem gestaltungsorientierten verbunden. Unterrichtseinheiten oder Projekte können jedoch auch direkt mit einer Gestaltungsaufgabe beginnen. Beispielsweise lässt sich – wenn der Wunsch besteht, Texte oder Webseiten gemeinsam mit Hilfe von Wiki-Software zu gestalten – anregen, dass Schülerinnen und Schüler zunächst einen Anforderungskatalog für das auszuwählende Wiki entwerfen. Der Anforderungskatalog kann dann genutzt werden, um zu prüfen, welche Wiki-Software den Anforderungen am ehesten entspricht, sodass auf dieser Grundlage eine begründete Entscheidung möglich wird (vgl. zu einer Zusammenstellung unterschiedlicher Möglichkeiten z.B. Wiki Software o.J.). Nach der Installation einer geeigneten Software können Texte bzw. Webseiten gemeinsam entwickelt werden. Wenn Erfahrungen bei der Entwicklung der Texte gesammelt worden sind, lässt sich eine Evaluation hinsichtlich der ausgewählten Software und der so entstandenen Texte durchführen. Damit würde das zunächst gestaltungsorientierte Vorgehen in ein entscheidungsorientiertes, dann wieder in ein gestaltungsorientiertes und schließlich in ein beurteilungsorientiertes Vorgehen übergehen. Des Weiteren ist es auch möglich, direkt mit einem beurteilungsorientierten Vorgehen zu beginnen. Beispielsweise können verschiedene reale oder iktive Beiträge aus Chats mit der Aufgabe zusammengestellt werden zu beurteilen, ob es sich vermutlich um einen Beitrag handelt, der von einem menschlichen User oder von einem Social Bot bzw. von einem virtuellen Account stammt, ob der Beitrag der Nettiquette entspricht oder vielleicht sogar mit kriminellen Absichten verbunden sein könnte. Dazu sollten zunächst mögliche Erkennungsmerkmale für entsprechende Beiträge erarbeitet werden, ehe eine Analyse erfolgt und die Beurteilungen begründet werden (vgl. z.B. entsprechende Hinweise in den bei Klicksafe.de o.J. angebotenen Materialien). Vor dem Hintergrund der Überlegungen und Hinweise in den Abschnitten 5.4.2 bis 5.4.4 sollten Sie nun die eingangs von Ihnen (gegebenenfalls) entwickelte Unterrichtsskizze noch einmal in Blick nehmen. Wenn es sich anbietet, können sie Ihre Unterrichtsskizze modiizieren oder ergänzen oder auch ausdrücklich begründen; wenn Sie möchten, können sie auch einen neuen bzw. alternativen Entwurf skizzieren.

Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte

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5.5 Relektierte Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte 5.5.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Die Medienwelt bietet für Kinder und Jugendliche viele Möglichkeiten für die Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte, z.B. von Texten, Plakaten, Fotos, Videos, Audioproduktionen oder Webseiten. Demgemäß stellen wir in diesem Aufgabenfeld die Produzentenrolle der Schülerinnen und Schüler den Vordergrund. Dabei muss man zunächst davon ausgehen, dass die Gestaltung und Präsentation eigener Medienbeiträge, z.B. von Videobeiträgen auf YouTube, in der Regel ohne besondere Relexionen der verschiedenen medienspeziischen Gestaltungsmöglichkeiten erfolgt. Erst wenn es zu besonderen Anlässen kommt, werden u.U. Relexionen angestoßen, die für eine durchdachte Gestaltung und Präsentation förderlich sein können und die aus der Sicht einer Medienbildung wünschenswert sind. Solche Anlässe können in Schule und Freizeit z.B. in Situationen folgender Art entstehen: – Im Unterricht sollen Arbeitsergebnisse verschiedener Lerngruppen medial präsentiert werden. – Es ist beabsichtigt, ein interessantes Ereignis in der Schule, z.B. eine Projektwoche oder ein Schulfest, medial zu dokumentieren. – Kinder oder Jugendliche haben auf YouTube Videos von Inluencern gesehen und möchten nun selbst welche erstellen und dort präsentieren. – Inspiriert durch eifrige Blogging-Aktivitäten ihrer Eltern möchten Kinder oder Jugendliche ihren eigenen Blog anlegen, um über ihren Alltag und ihre Haustiere zu berichten. – Jugendliche beabsichtigen, die Internetseiten ihres Sportvereins durch einen eigenen Bereich für Jugendliche zu erweitern. – In der Schule ergibt sich der Wunsch, die Homepage neu aufzusetzen und besser zu plegen oder regelmäßig eine Schülerzeitung zu produzieren. Solche und weitere Anlässe können eine Gelegenheit bieten, die Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte in schulischen Zusammenhängen zu thematisieren. Im Abschnitt 3.3 haben wir aus mediendidaktischer Perspektive darauf verwiesen, welche Möglichkeiten sich für Lehrpersonen bieten, Erklärvideos als Beiträge für Schülerinnen und Schüler zur außerunterrichtlichen Nutzung zu erstellen und zu präsentieren. In diesem Abschnitt greifen wir Erklärvideos als mediale Angebote unter der Perspektive der Medienbildung wieder auf und erläutern in dem folgenden Beispiel, wie diese durch Schülerinnen und Schüler gestaltet und präsentiert werden können.

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Nutzungsbezogene Aufgabenfelder und ihre Umsetzung

Im Folgenden zeigen wir am Beispiel der eigenen Produktion eines kurzen Erklärvideos eine Handlungslinie für entsprechende Projekte in der Schule auf. Ein Projekt dieser Art kann grundsätzlich in unterschiedlichen Jahrgangsstufen und Fächern in der Grundschule oder in weiterführenden Schulen stattinden und einen bedeutsamen Beitrag zur Filmbildung leisten (vgl. z.B. Müller 2012; Landesmedienzentrums Baden-Württemberg 2013; Schön u. Ebner 2013; Wolf 2015). Anregungen zum vorliegenden Beispiel für den Heimat- und Sachkundeunterricht in der Grundschule entnehmen wir u.a. der Arbeit von Weidner (2017). (1) Erfahrungsbezug und Aufgabenstellung: Mit Blick auf den anstehenden Besuch des benachbarten Hühnerhofes kann die Lehrperson die Kinder zunächst anregen, über die Frage nachzudenken, „Wie das Ei zum Huhn wird?“. Dazu werden sich die Kinder auf der Grundlage ihrer Kenntnisse spontan äußern. Danach sollte die Lehrperson die Frage aufwerfen, in welchen Formen den Kindern entsprechende Erklärungen begegnet sind. Die Kinder werden dazu verschiedene Formen nennen, z.B. eine Erläuterung der Eltern, eine Kindersendung im Fernsehen oder ein Video im Internet. Anschließend kann die Lehrerin den Vorschlag machen, selbst ein Erklärvideo zu gestalten und der Klasse einige Beispiele zeigen. Erste spontane Ideen, was für das eigene Erklärvideo wichtig sein könnte und was bei einem Videodreh beachtet werden muss, sollten gesammelt und festgehalten werden. (2) Zielvereinbarung und Bedeutsamkeit: Die Lehrperson sollte mit den Kindern besprechen, dass es in dem Projekt darauf ankommt, die Schritte einer Filmerstellung zu bearbeiten und am Beispiel des Erklärvideos umzusetzen. Dabei wird es darum gehen, wichtige Gestaltungstechniken des Films kennen zu lernen und selbst Filmaufnahmen mit den schuleigenen Tablets zu erstellen. Darüber hinaus werden Aspekte der Vorführung des Films zu besprechen sein. In dem Gespräch sollte den Kindern deutlich werden, dass die entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten sie in die Lage versetzen, selbst Erklärvideos zu erstellen, z.B. um anderen Kindern oder weiteren Personen einen Sachverhalt anschaulich zu erklären. Zugleich können sie ihre Fähigkeiten verbessern, mit anderen zusammenzuarbeiten und vergleichbare mediale Angebote danach zu beurteilen, ob sie ansprechend und hilfreich gestaltet sind. (3) Verständigung über das Vorgehen: Die Lehrperson sollte zunächst feststellen, dass ein erster wichtiger Schritt zur Gestaltung eines Erklärvideos bereits getrofen ist: Die Entscheidung für eine Frage bzw. einen Inhaltsbereich. Danach können Fragen zusammengestellt werden, die vor der weiteren Arbeit zur Realisierung des Erklärvideos geklärt bzw. bearbeitet werden sollten, z.B.: a) Welche Gestaltungsmöglichkeiten sind bei einem Erklärvideo gegeben? b) Welche Geräte werden benötigt? c) Welche Techniken bzw. Fertigkeiten müssen gegebenenfalls angeeignet werden? Des Weiteren sollte ein Ausblick auf die notwendigen Schritte zur Gestaltung des Erklärvideos erfolgen. Dazu kann die Lehrperson folgende Punkte auf einem Arbeitsblatt als Checkliste einführen: Einarbeitung in Kameratechnik und Filmsprache, Entwurf von Filmbausteinen und Texten zu den Filmbausteinen, Durchführung der Dreharbeiten, Schnitt und Vertonung, Vorführung. (4) Erarbeitung von Grundlagen für die Erstellung des Erklärvideos: Die Kinder sollen nun Grundlagen zur Kameratechnik und Filmsprache anhand von Arbeitsblättern erarbeiten und

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diese in Übungen mit den Tablets umsetzen. Auf diese Weise können sie zugleich einen sicheren Umgang mit der Film- und Fotofunktion der Tablets sowie mit Kamerabewegungen und Stativ lernen. Auch lässt sich die Wirkung von Musik besprechen. (5) Erstellung des geplanten Erklärvideos: Bevor die Schritte zur Produktion des geplanten Erklärvideos weiter umgesetzt werden, soll die Art der späteren Präsentation bedacht und (vorläuig) festgehalten werden. Die Kinder können beispielsweise entscheiden, den Film ihren Eltern im Rahmen eines Elternabends zu zeigen. Andere Möglichkeiten bestehen z.B. in der Vorführung in anderen Klassen, in der Pausenhalle, bei einem Schulfest oder an einem Tag der ofenen Tür. Die Kinder können nun den Drehort besichtigen und bei der Besitzerin des Hühnerhofs eine Drehgenehmigung einholen sowie Einverständniserklärungen der weiteren Personen, die geilmt werden sollen. Zu klären ist auch, dass neben den Tablets ein Stativ und ein Handmikrofon bereitzustellen sind. In einer Redaktionskonferenz lässt sich im Sinne eines Drehbuchs entscheiden, welche Filmbausteine gedreht werden sollen. In Kleingruppen können die Schülerinnen und Schüler Texte zu den Filmbausteinen und die hierzu notwendigen Informationen erarbeiten. Zudem sind Interviewfragen für die Besitzerin des Hühnerhofs zu bedenken. Diese können in einer weiteren Redaktionskonferenz besprochen werden, in der es auch um den genauen Drehplan und die Aufgabenverteilung mit Hilfe einer Checkliste gehen soll. Zur Übung können vorab Probedreharbeiten durchgeführt werden. Nun kann der Besuch auf dem Hühnerhof mit Durchführung der Dreharbeiten und des Interviews erfolgen. Am Anschluss an die Aufnahmen lässt sich die abschließende Montage mit dem Einfügen eines Titels und eines Abspanns und der endgültigen Vertonung mit Unterstützung der Lehrperson durchführen. Nach dem gemeinsamen Ansehen sollte die Klasse entscheiden, ob sie das Erklärvideo in der vorliegenden Fassung präsentieren möchte oder ob sie eine weitere Bearbeitung für notwendig hält. (6) Vorführung und Zusammenfassung: Nach der Fertigstellung kann das Erklärvideo im Rahmen eines Elternabends vorgeführt werden. Die Klasse sollte dazu Plakate und Einladungskarten erstellen und mit Unterstützung der Lehrperson Ablauf und Verplegung sowie das benötigte Equipment planen. Die Kinder können die Rezeption beobachten und Stellungnahmen der Eltern einholen. Die Beobachtungen und Stellungnahmen lassen sich dann in der Klasse mitteilen und besprechen. Danach können die Erfahrungen bei der eigenen Gestaltung eines Erklärvideos unter folgenden Fragen zusammengefasst werden: Wie sollte man bei der Produktion eines eigenen Erklärvideos vorgehen? Welche Gestaltungsmöglichkeiten erscheinen bezogen auf bestimmte Inhalte besonders wirkungsvoll? Welche Schwierigkeiten können auftreten und wie kann man sie bewältigen? Was sollte man bei der Vorführung eigener Videoilme beachten? (7) Anwendung: Eine Anwendung kann darin liegen zu überlegen, welche weiteren Möglichkeiten der Verwendung eigener Produktionen es gibt, z.B. Videowettbewerbe, Ausstrahlung im Ofenen Kanal oder Präsentation in einem Internetportal. Auf der Basis dieser Erkundung kann die Klasse dann entscheiden, ob sie den produzierten Film für weitere Verwendungen benutzen möchte. (8) Weiterführung und Bewertung: Eine Weiterführung kann darin bestehen, einmal ein professionelles Filmstudio zu besuchen oder mit professionellen Filmemachern ins Gespräch zu kommen. Dabei können die professionellen Produktions- und Verbreitungsbedingungen im Vergleich zu den selbst erfahrenen bedacht werden. Das Projekt sollte mit einer Relexion zur Bedeutung des Gelernten und des Lernwegs abschließen. 

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Nutzungsbezogene Aufgabenfelder und ihre Umsetzung

Diese Unterrichtsskizze stellt nur ein Beispiel für viele unterrichtliche Möglichkeiten in dem Aufgabenfeld der relektierten Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte dar. Skizzieren Sie bitte ein anderes Unterrichtsbeispiel oder Projekt, das geeignet erscheint, wichtige Fragen der Gestaltung und Präsentation zu thematisieren. Um Anregungen für weitere Unterrichtsbeispiele zur Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte zu bekommen, liegt – ähnlich wie bei den vorhergehenden Abschnitten – eine Auseinandersetzung mit den folgenden drei Fragen nahe: (1) Welche aufgabenfeldspeziischen Lernvoraussetzungen sind zu beachten und welche Kompetenzerwartungen sollten für das Aufgabenfeld gelten? (2) Welche thematischen Akzentsetzungen sind für das Aufgabenfeld insgesamt wichtig? (3) In welcher Weise können in dem Aufgabenfeld erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen umgesetzt werden? Mit der Bearbeitung dieser Fragen sollen sowohl für die Grundschule als auch für die Sekundarstufe I Anregungen zum Entwurf eigener Beispiele und zugleich für eine Analyse vorliegender Beispiele gegeben werden. 5.5.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen Grundlegende Techniken für die Herstellung eigener medialer Beiträge beziehen sich auf die Gestaltung von schriftlichen Texten, von Bildern/Fotos sowie von Ton- und Videosequenzen und ihre Einbindung in eigene Webseiten. Dazu bringen Kinder und Jugendliche je nach außerschulischer Mediennutzung und schulischen Medienerfahrungen unterschiedliche Voraussetzungen mit (vgl. z.B. mpfs 2017a, S. 11; mpfs 2017b, S. 37). Hinsichtlich schulischer Vorerfahrungen sind z.B. folgende Zusammenhänge für mögliche Projekte in der Grundschule oder der Sekundarstufe I bedeutsam: – Das Schreiben von Texten ist eine grundlegende Fähigkeit, die im Sprachunterricht erworben werden soll. Sie kann für die Gestaltung von schriftlichen Beiträgen im Rahmen medialen Austausches oder für die Gestaltung von eigenen Broschüren, Zeitungen oder Präsentationen im Internet eingebracht werden. – Die Anregung zu bildhaften Darstellungen gehört zu den Grundaufgaben des Kunstunterrichts. Entsprechende Fähigkeiten können z.B. beim Malen oder beim Fotograieren ausgebildet werden oder lassen sich u.a. bei der Gestaltung von Bildergeschichten oder eigenen webbasierten Darstellungen nutzen. – Ebenso ist es denkbar, dass aufgrund von Aktivitäten im Sach-, Sprach-, Sport-, Religions- oder Kunstunterricht Vorerfahrungen mit der Gestaltung von Fotos, Videoaufzeichnungen oder inszenierten Videoszenen vorliegen.

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– Weiterhin kann es sein, dass für ein mögliches Projekt zur Gestaltung eines interaktiven Beitrags, z.B. die Entwicklung eines eigenen Simulationsprogramms, Erfahrungen aus früheren Medienaktivitäten vorliegen. Außer den innerschulischen Medienerfahrungen können – je nach Anregungen im Elternhaus, in der Peergroup oder in der Jugendarbeit – aus dem außerschulischen Bereich Erfahrungen zur eigenen Mediengestaltung vorhanden sein. Insbesondere wenn es um das Fotograieren oder um Videoaufnahmen mit Handy oder Kamera sowie um die Text-, Bild- und Tonbearbeitungen am Computer geht, liegen mittlerweile bei vielen Kindern und Jugendlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten vor – wenn sich die Voraussetzungen im Detail auch sehr unterschiedlich darstellen. Neben den Überlegungen zu den Lernvoraussetzungen stellt sich für eine relektierte Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte die Frage nach der anzustrebenden Kompetenz. Dazu beziehen wir uns als Orientierungspunkt zunächst auf die Kompetenzerwartungen für den Abschluss der Sekundarstufe I. Auf der Grundlage der Überlegungen in Abschnitt 4.4 sollte für das Ende der Sekundarstufe I angestrebt werden, dass die Jugendlichen in der Lage und bereit sind: a) eigene Aussagen unter Verwendung begründet ausgewählter Gestaltungsmöglichkeiten in Bildern, schriftlichen Texten, Hör- und Videobeiträgen sowie interaktiven Beiträgen mit sachgemäßer Handhabung der jeweiligen Technik und situationsangemessener Planung verantwortungsbewusst zu gestalten, b) eigene mediale Beiträge in technisch sachgemäßer Weise situationsangemessen und verantwortungsbewusst an Einzelne, bestimmte Gruppen oder öfentlich zu verbreiten. Bei der Umsetzung entsprechender Kompetenzerwartungen können im Unterricht unter Berücksichtigung des jeweiligen Entwicklungsstandes der Kinder und Jugendlichen verschiedene Zwischenniveaus angestrebt werden. Für ein erstes Zwischenniveau (orientiert am Ende des vierten Jahrgangs) lassen sich z.B. folgende Kompetenzerwartungen formulieren: a) technische Hilfsmittel für die eigene Gestaltung und Präsentation von Bildern, schriftlichen Texten, Hör- und Videobeiträgen beschreiben und funktionsgerecht handhaben, b) einen Plan für die Gestaltung und Präsentation eines eigenen medialen Beitrags unter Anleitung situationsbezogen entwickeln und ausführen. Ein zweites Zwischenniveau (für das Ende des sechsten Jahrgangs) kann durch folgende Kompetenzerwartungen charakterisiert werden: a) technische Hilfsmittel für die eigene Gestaltung und Präsentation von Bildern, Printmedien, Hör- und Videobeiträgen beschreiben und sachgemäß handhaben, b) in einer Gruppe eine Gestaltungsart für einen eigenen medialen Beitrag auswählen und einen Plan für die Gestaltung und Verbreitung unter Beachtung von Vorzügen und Problemen verschiedener Möglichkeiten dazu entwickeln und ausführen.

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Nutzungsbezogene Aufgabenfelder und ihre Umsetzung

Danach kann versucht werden, das zum Ende der Sekundarstufe I anzustrebende Niveau gemäß den obigen Kompetenzerwartungen zu erreichen. 5.5.3 hematische Akzentsetzungen In diesem Aufgabenfeld geht es um die Gestaltung und Präsentation von eigenen medialen Beiträgen. Sowohl für die Gestaltung als auch für die Präsentation gibt es eine Fülle an medialen Möglichkeiten. So könnte man z.B. unterrichtsthematisch angelegte Mediengestaltungen, bei denen ohnehin zu behandelnde Unterrichtsthemen in verschiedenen Unterrichtsfächern medial aufgearbeitet werden, von publizistisch angelegten Mediengestaltungen, die von vornherein auf Öfentlichkeit zielen, unterscheiden. Im Hinblick auf unterrichtliche Umsetzungen wählen wir für thematische Akzentsetzungen hier allerdings verschiedene Grundformen medialer Gestaltung, weil sich so die verschiedenen Herstellungstechniken und -prozesse besser diferenzieren lassen. Dabei gruppieren wir die thematischen Akzentsetzungen nach: Bildern (einschließlich Fotos), Printmedien, Hörbeiträgen, Videobeiträgen und interaktiven Beiträgen. Da mit den verschiedenen Formen zum Teil unterschiedliche Präsentationsmöglichkeiten verbunden sind, berücksichtigen wir bei den thematischen Akzentsetzungen sowohl Gestaltungs- als auch Präsentationsfragen. Relektierte Gestaltung und Präsentation eigener Bilder: Beim Malen von Bildern oder bei der Gestaltung von Graiken geht es z.B. um die Wahl geeigneter hemen, um angemessene Gestaltungstechniken und um den motivgerechten oder auch kreativen Einsatz von Formen und Farben. Beim Fotograieren sind beispielsweise die Motivwahl, die sachgerechte Bedienung der Kamera, die angemessene Nutzung von Kameratechniken sowie gegebenenfalls die Inszenierung vor der Kamera, z.B. Beleuchtung und Positionierung von Personen, bedeutsam. Zugleich sind die Möglichkeiten der Präsentation, z.B. in einer analogen oder digitalen Bildermappe, einem Album oder in einer Ausstellung zu bedenken. Relektierte Gestaltung und Präsentation eigener Printmedien: Bei der eigenen Gestaltung von Printmedien sind z.B. Überlegungen zu den Inhalten, zu den Textsorten bzw. zur Gestaltungsart, zum Aufbau der schriftlichen Texte, zur Bildauswahl und zum jeweiligen Textumfang, zum Layout, zu Techniken der Herstellung und Vervielfältigung sowie zur angestrebten Verbreitung, z.B. Verteilung oder Verkauf bei bestimmten Gelegenheiten oder Bereitstellung im Internet, und deren Kosten von großer Wichtigkeit. Da in der Regel mehrere Personen beteiligt sind, müssen die hemenwahl, notwendige Recherchen, das Anfertigen der Teilbeiträge, deren Gestaltung und das gesamte Layout sowie weitere Arbeiten rechtzeitig abgestimmt bzw. geplant werden. Relektierte Gestaltung und Präsentation eigener Hörbeiträge: Auch im Falle von selbst gestalteten Hörbeiträgen geht es zunächst um Entscheidungen zum hema bzw. zu den hemen und zu der Gestaltungsart. Als Gestal-

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tungsarten kommen z.B. Hörspiel, Musikaufzeichnung oder didaktisch aufbereitete Beiträge in Betracht. Voraussetzung für die Herstellung von Hörbeiträgen ist ein sachgerechter Umgang mit Mikrofon, Aufzeichnungs- und Schneidegeräten. Bei der Produktion können unterschiedliche Gestaltungstechniken, z.B. Aussteuerung, Bass- und Höhenkontrollen, Mischung, Überspielen, Ein- und Ausblenden, Multiplay und Geräuschefekte, sowie unterschiedliche Gestaltungsformen, z.B. Moderation, Interview, Nachricht und/oder Musikeinspielung, zum Einsatz kommen. Von einem gewissen Komplexitätsgrad an sind für die Planung ein Exposé, ein Treatment, ein Manuskript und ein Aufnahmeplan hilfreich. Auf einer solchen Grundlage lassen sich dann die notwendigen Aktivitäten untereinander abstimmen. Die Verbreitung kann auf eine speziische Gruppe oder Situation gerichtet sein oder eher allgemein, z.B. im Internet oder im Ofenen Kanal, erfolgen. Relektierte Gestaltung und Präsentation eigener Videobeiträge: Bei der Erstellung von Videobeiträgen sind in ähnlicher Weise zunächst thematische Entscheidungen zu trefen sowie Überlegungen zur Gestaltungsart anzustellen – nicht zuletzt, weil sich für die verschiedenen Gestaltungsarten die Anwendung von Gestaltungstechniken, z.B. hinsichtlich Perspektive und Montage sowie insbesondere hinsichtlich der Inszenierung vor der Kamera und der Vertonung, unterschiedlich darstellt. Auch die Planungsprozesse können je nach angestrebtem Produkt einen unterschiedlichen Grad an Komplexität haben. Während für ein Erklärvideo beispielsweise mehrere Schritte bedacht werden müssen (vgl. das Eingangsbeispiel), werden für eine kurze Videodokumentation zu einem singulären Ereignis in der Regel die Bereitstellung der Technik sowie ein durchdachter Aufnahmeplan als Vorbereitung reichen. Für alle Formen sollte von vornherein im Blick sein, für welche Zielgruppe die Produktion gedacht ist und wie sie präsentiert werden soll, z.B. in geschlossenen oder ofenen Gruppen bzw. Interneträumen oder allgemein bzw. öfentlich. Relektierte Gestaltung und Präsentation eigener interaktiver Beiträge: Bei all den genannten Produktionen und Verbreitungsformen können neben analogen auch digitale Techniken sowie computerbasierte Verbreitungsformen zur Geltung kommen. Insofern wird auch die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Produktionstechniken immer schwieriger. Allerdings bleiben hinsichtlich der Produkte selbst durchaus Unterschiede im Sinne verschiedener Darstellungsformen, Gestaltungstechniken, Gestaltungs- und Medienarten. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Gestaltung und Verbreitung interaktiver Beiträge thematisch dadurch abgrenzen, dass Produkte dieser Art – zumindest potenziell – durch eine besondere Form der Multimedialität, der Interaktivität und/oder der Vernetzung gekennzeichnet sind. Als Beispiele für solche computerbasierten Beiträge lassen sich z.B. Webseiten, Computerspiele, Lernumgebungen oder Simulationen nennen. Diese können als Bestandteile u.a. Bilder, schriftliche oder gesprochene Texte und andere auditive Elemente sowie Filme enthalten. Für die Produktion entsprechender

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Bestandteile gelten dann grundsätzlich die obigen Überlegungen. Hinzu kommen besondere Überlegungen zur Kombination der verschiedenen Darstellungsformen, zur Navigation bei der Interaktion und zur möglichen Vernetzung der Bestandteile untereinander oder mit anderen Datenbeständen. Zur Umsetzung sind dann entsprechende Fähigkeiten zur Anwendung geeigneter Programme vonnöten. Des Weiteren stellen sich auch hier Fragen der Bereitstellung für die Oline- oder Online-Nutzung, wie z.B. responsives und barrierefreies Webdesign, die schon bei der Planung zu berücksichtigen sind. 5.5.4 Geeignete Vorgehensweisen Es liegt nahe, dass Projekte oder Unterrichtseinheiten für eine relektierte Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte im Wesentlichen in gestaltungsorientierter Weise umgesetzt werden sollten. Dabei kommt es darauf an, die entsprechenden Planungs- und Realisierungsprozesse für den medialen Beitrag oder das Produkt in eine geeignete didaktische Struktur zu integrieren. Dies kann in Anlehnung an die idealtypische Strukturierung von Unterrichts- oder Projektabläufen wie im obigen Beispiel zur Gestaltung und Präsentation eines Erklärvideos geschehen. Wenn im Wesentlichen auch ein gestaltungsorientierter Ablauf gewählt werden sollte, ist dennoch auch ein erkundungs-, problem-, entscheidungs- oder beurteilungsorientiertes Vorgehen für einzelne Teilaspekte oder Unterrichtseinheiten denkbar, wobei diese auch im Zusammenhang einer späteren komplexeren Gestaltungsaufgabe stehen können: – Ein erkundungsorientiertes Vorgehen kann u.a. darin bestehen für die Gestaltung von Webseiten zu einem bestimmten hema zuvor im Internet zu erkunden, welche Software bzw. welche Programme geeignet erscheinen. – In einer weiteren Unterrichtseinheit könnte die Aufgabe als Ausgangspunkt gewählt werden, die verschiedenen Softwareangebote im Hinblick auf die eigene Herstellung von Webseiten zu prüfen und sich für eine Software zu entscheiden. – Zur Einarbeitung in eine Software bzw. ein Programm ließen sich verschiedene Probleme bzw. Schwierigkeiten als Ausgangspunkt für eine weitere Unterrichtseinheit aufzeigen, z.B. was man tun muss, um schriftliche Texte, Fotos, Videound Hörszenen in die Webseiten einzubinden. – Um Anregungen für die Gestaltung eigener Webseiten zu erhalten, könnte eine Unterrichtseinheit durchgeführt werden, in der es um die Analyse und Beurteilung vorhandener Webseiten nach verschiedenen Kriterien geht. Mit diesen Hinweisen ist zugleich deutlich geworden, dass in Projekten zur relektierten Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte auch verschiedene Vorgehensweisen kombiniert werden können. Des Weiteren lassen sich bei diesem Aufgabenfeld viele Bezüge zu anderen thematischen Akzenten herstellen. So ergeben sich z.B. bei der Einbindung vorhandener schriftlicher Texte oder Bilder in eigene Webseiten oder bei Videoaufnahmen von anderen Personen

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Bezüge zu rechtlichen Bedingungen der Medienproduktion oder Medienverbreitung. Des Weiteren spielen Gestaltungsmöglichkeiten generell eine besondere Rolle (siehe dazu ausführlich Abschnitt 6.2). Vor dem Hintergrund der Überlegungen in den Abschnitten 5.5.2 bis 5.5.4 können Sie nun noch einmal auf die eingangs gestellte Aufgabe zurückkommen. Analysieren Sie dabei bitte Ihre gegebenenfalls entwickelte Unterrichtsskizze. Wenn Sie Verbesserungsmöglichkeiten sehen, können Sie diese nun in Ihre Skizze einbringen. Wenn Sie möchten, können Sie auch ein neues Unterrichtsbeispiel als weitere Möglichkeit entwerfen, um Fragen der Gestaltung und Präsentation von medialen Beiträgen oder Produkten unterrichtlich zu thematisieren.

5.6 Relektierte Nutzung von mediengestützten Dienstleistungen und kritischer Umgang mit medialer Steuerung 5.6.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Mit der Digitalisierung haben sich die Möglichkeiten mediengestützter Dienstleistungen sowie medialer Steuerung und Kontrolle mit ihren Risiken erheblich verbreitet und sind weiter im Wachsen begrifen. Deshalb empiehlt es sich, im Rahmen der Medienbildung den Blick auch auf diese Formen der Medienverwendung zu lenken – insbesondere im Zusammenhang von Situationen, die schon in der Lebenswelt von Jugendlichen bedeutsam sein können. Beispiele für solche Situationen sind: – Kinder und Jugendliche bekommen mit, dass Eltern oder ältere Geschwister über das Internet Waren bestellen oder Filme und Musik herunterladen, und möchten nun selbst etwas kaufen oder herunterladen. – Bei ihren Aktivitäten im Internet werden Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Formen von Propaganda konfrontiert und überlegen, ob und wie sie gegebenenfalls darauf reagieren sollen. – Kinder oder Jugendliche möchten u.U. bestimmte Dinge, die sie nicht mehr brauchen, über einen Online-Marktplatz zum Kauf oder über eine Tauschbörse zum Tausch anbieten. – Bei älteren Bezugspersonen beobachten Jugendliche, wie sie ihr Bewegungs- oder Ernährungsverhalten mithilfe bestimmter Apps überwachen, und überlegen, ob sie ihr körperliches Aussehen so ebenfalls verbessern könnten. In all solchen Fällen entstehen u.a. die Fragen, ob der Zugang zu entsprechenden Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche überhaupt gegeben ist, wie man ihn gegebenenfalls nutzen kann und was man dabei beachten sollte. Als Anlass für eine unterrichtliche Auseinandersetzung mit entsprechenden Fragen könnte z.B. folgender Fall dienen:

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Erik hat den Account seines Vaters ohne dessen Wissen genutzt, um ein hochwertiges One Box Music System mit 360 Grad Sound zu ersteigern, das über einen Online-Markplatz angeboten wurde. Als der Vater mit der Zahlungsauforderung konfrontiert wird, ist er sehr erbost, zumal die Familie das Geld dringend für eine andere – gerade ins Auge gefasste – Anschafung benötigt. Er weigert sich, den Betrag zu bezahlen, und fordert Erik auf, den Erwerb des Music Systems rückgängig zu machen. Dieser Fall könnte von einer Lehrperson aufgegrifen werden und in die Aufgabenstellung einmünden, Handlungsvorschläge für Erik zu entwickeln. Als Ziel ließe sich vereinbaren, zunächst die rechtliche Situation von Jugendlichen bei Kauf und Verkauf im Internet zu klären und danach Handlungsmöglichkeiten bei Konliktfällen in solchen Zusammenhängen herauszuarbeiten. Die Bedeutsamkeit eines solchen Ziels dürfte für Jugendliche angesichts der zunehmenden Relevanz des Online-Handels unmittelbar einsichtig sein. Bezüglich des Vorgehens könnte die Lehrperson anregen, eine Internetrecherche zu rechtlichen Bestimmungen für Jugendliche beim Handel im Internet in Kleingruppen durchzuführen, die Ergebnisse anschließend vorzustellen und danach Handlungsmöglichkeiten zu bedenken. Bei der Erarbeitung von Grundlagen ließen sich u.a. entsprechende Paragraphen aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), Nutzungsbedingungen von Online-Marktplätzen und Gerichtsentscheidungen zu vergleichbaren Situationen heranziehen (vgl. z.B. Heidrich 2014). Nach der Vorstellung der RechercheErgebnisse sollten diese im Zuge einer Aufgabenlösung in Kleingruppen auf den Fall bezogen werden. Da sich dabei zunächst ergibt, dass Eric das Geschäft nicht einfach rückgängig machen kann und der Vater letztlich verplichtet ist, den Betrag zu bezahlen, wird es sich als notwendig erweisen, Handlungsvorschläge für die Lösung des Konlikts, insbesondere mit dem Vater und der Familie, zu entwickeln. Nach einer Vorstellung unterschiedlicher Lösungsmöglichkeiten und einer vergleichenden Diskussion sowie einer Zusammenfassung wichtiger Ergebnisse ließen sich Anwendungen auf die Fragen beziehen, was generell zu beachten ist, wenn man sich in Online-Shops anmelden und einkaufen möchte, worauf man bei der Nutzung von StreamingDiensten achten sollte, und was man tun kann, wenn bei gelieferten Waren Mängel auftauchen. Weiterführungen könnten u.a. darin bestehen, der Frage nachzugehen, wie man sich verhalten sollte, um Betrügern im Internet keine Chance zu geben (vgl. z.B. Haefely 2018), oder wie man vorgehen kann, wenn man selbst etwas im Internet zum Kauf oder Tausch anbieten möchte. Die Unterrichtseinheit ließe sich mit einer Relexion des Gelernten und der Lernwege sowie der Bedeutung für die eigene Nutzung von kaufmännischen Dienstleistungen im Netz abrunden. 

Überlegen Sie bitte, in welcher Jahrgangsstufe eine solche Unterrichtseinheit durchgeführt werden könnte oder sollte und welcher Stellenwert ihr im Rahmen der Medienbildung zukäme. Bedenken Sie bitte zudem, welche weiteren Möglichkeiten bestehen, das Aufgabenfeld einer relektierten Nutzung von mediengestützten Dienstleistungen und eines kritischen Umgangs mit medialer Steuerung zu bearbeiten. Um entsprechende Überlegungen zu fundieren, ist es auch bei diesem Aufgabenfeld sinnvoll, sich mit den folgenden drei Fragen auseinanderzusetzen:

Relektierte Nutzung von mediengestützten Dienstleistungen

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(1) Welche aufgabenfeldspeziischen Lernvoraussetzungen sind zu beachten und welche Kompetenzerwartungen sollten gelten? (2) Welche thematischen Akzentsetzungen sind für das Aufgabenfeld insgesamt wichtig? (3) In welcher Weise können in dem Aufgabenfeld erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen umgesetzt werden? Die Bearbeitung dieser Fragen soll Anregungen sowohl für eine Analyse und Bewertung vorliegender Beispiele als auch für den Entwurf eigener Unterrichtseinheiten und Projekte vermitteln. 5.6.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen Bei einer Frage nach den drei beliebtesten Internetangeboten wurden zwar von 12- bis 19-Jährigen 2017 typische Dienstleistungsangebote wie Streaming-Dienste, z.B. Netlix oder Spotify, oder Online-Marktplätze, z.B. Ebay, lange nicht so häuig genannt wie Kommunikationsmöglichkeiten, z.B. Instant Messaging-Dienste wie WhatsApp, oder Videoportale wie Youtube (mpfs 2017b, S. 33f.); aber dies bedeutet keineswegs, dass Streaming-Dienste oder Online-Marktplätze keine Bedeutung für Jugendliche hätten. Beispielsweise nutzte 2017 bereits die Hälfte der 14- bis 15-Jährigen Streaming-Dienste für das Musikhören (S. 22f.). Außerdem weist eine Studie von 2013 darauf hin, dass ca. vier Fünftel der 12- bis 17-Jährigen schon einmal Waren oder Dienstleistungen über das Internet gekauft hatten (vgl. Walther-Mappes u. Tjarks 2013). Hinsichtlich der Nutzung medialer Steuerungen ist die Situation bei Jugendlichen nur schwer einzuschätzen. Nach Dander (2017, S. 40f.) ist anzunehmen, dass eigene Nutzungen, z.B. Self-Tracking, bislang eher gering ausfallen. Aber auch unabhängig von eigenen Anwendungen ist im Sinne von Lernvoraussetzungen davon auszugehen, dass viele Jugendliche entsprechende Nutzungen aus ihrem Umfeld kennen und dass dieses hema in der Zukunft für sie interessant werden kann. Zudem dürfte ihnen in der Regel – auch aufgrund vorheriger medienbezogener Unterrichtseinheiten – bewusst sein, dass sie bei ihrer Mediennutzung vielfältigen Formen externer Steuerung ausgesetzt sind und dass es darauf ankommt, solche Formen kritisch in den Blick zunehmen – von der Werbung bis zu ofenen oder subtilen Formen der Propaganda. Vor einem solchen Hintergrund lässt sich feststellen, dass es – mindestens zum Ende der Sekundarstufe I – in vielen Fällen Anknüpfungspunkte für eine Auseinandersetzung mit mediengestützten Dienstleistungen oder medialer Steuerung gibt (siehe auch die eingangs genannten Situationen). Eine weitergehende hematisierung entsprechender Fragen bietet sich vor allem für die letzten Jahrgangsstufen der Sekundarstufe I an. Dabei kann das folgende Kompetenzniveau als Orientierungspunkt dienen:

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Jugendliche sollen bereit und in der Lage sein, a) mediale und nicht-mediale Möglichkeiten für Dienstleistungen nach unterschiedlichen Kriterien zu vergleichen und zu bewerten, situationsangemessen bzw. begründet auszuwählen sowie sachgemäß zu handhaben und verantwortungsbewusst zu nutzen, b) mediale Steuerungsversuche in alltäglichen und berulichen Zusammenhängen zu erkennen und kriterienbezogen zu analysieren und zu bewerten, c) Gegenmaßnahmen bei ungewollten medialen Steuerungsversuchen zu kennen und zu nutzen, d) gegebenenfalls gewünschte Steuerungsmöglichkeiten für eigenes Verhalten begründet auszuwählen und relektiert zu verwenden. Da die entsprechenden hemen vor allem in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 Relevanz gewinnen, müssen in diesem Aufgabenfeld keine Zwischenniveaus für die Grundschule oder das Ende der 6. Jahrgangsstufe formuliert werden. Auf der Grundlage des – in den anderen Aufgabenfeldern bis zum Ende der 6. Jahrgangsstufe erreichten Kompetenzniveaus – kann das oben beschriebene Niveau angestrebt werden. 5.6.3 hematische Akzentsetzungen Mediengestützte Dienstleistungen und mediale Steuerungen bilden die thematischen Akzentsetzungen im hier behandelten Aufgabenfeld. Innerhalb dieser Akzentsetzungen können unterschiedliche Dienstleistungen oder Steuerungsmöglichkeiten exemplarisch in den Blick genommen werden. Bei Dienstleistungen lassen sich z.B. die Bereiche Handel, Banken, Mobilität, öfentliche Verwaltung, Gesundheit oder Tourismus thematisieren. Bei Steuerungsversuchen kann es z.B. um individuell zugeschnittene Werbung oder Propaganda zur Beeinlussung von individuellen Einstellungen und Verhaltensweisen sowie öfentlicher Meinungsbildung gehen, bei Steuerungsmöglichkeiten z.B. um die Kontrolle des eigenen Ernährungs-, Bewegungs- oder Umweltverhaltens oder um Vorgänge im Haushalt, im Straßenverkehr oder in berulichen Zusammenhängen, gegebenenfalls in Verbindung mit Automatisierungsprozessen. In Fortführung der am Kapitelbeginn genannten allgemeinen Gesichtspunkte oder Kriterien für einen Vergleich und eine kritische Auseinandersetzung mit entsprechenden Angeboten können für die beiden thematischen Akzentsetzungen teils speziizierende, teil erweiternde Fragen gestellt werden. Relektierte Nutzung von mediengestützten Dienstleistungen: Hier lässt sich z.B. fragen, an wen sich das jeweilige Dienstleistungsangebot genau richtet, inwieweit es von einem selbst oder anderen benötigt wird, welche persönlichen Daten preisgegeben werden müssen, um das Angebot nutzen zu können, welche speziischen Interessen mit dem Dienstleistungsangebot verbunden sind, ob u.U. auch betrügerische Absichten mit einzelnen Dienstleistungsangeboten verbunden sein können, welche Alternativen es gibt, welche Nutzenden durch entspre-

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chende Angebote gegebenenfalls bevorzugt oder benachteiligt werden, welche anderen Formen entsprechender Dienstleistungen durch digitale Angebote auf Dauer verdrängt werden können und welche Probleme dies gegebenenfalls mit sich bringt. Bei Bewertungen und eigenen Nutzungen sollte außer den möglichen Vorzügen auch bedacht werden, welche Folgen eine breite Nutzung entsprechender Angebote für einen selbst und soziale Zusammenhänge generell hat bzw. haben kann und inwieweit diese aus der Perspektive sozialer Gerechtigkeit und Verantwortung wünschenswert oder problematisch sind. Kritischer Umgang mit medialer Steuerung: Hier kann man zunächst fragen, inwiefern und inwieweit man bei der Mediennutzung – sei es für Information, Lernen oder Erkenntnisgewinn, sei es für Unterhaltung, Spiel, Austausch, Kooperation oder für die Inanspruchnahmen von Dienstleistungen – Versuchen der Beeinlussung bzw. Fremdsteuerung ausgesetzt ist, ob und wie dies gegebenenfalls zu erkennen ist oder ob versucht wird, mögliche Beeinlussungen bzw. Fremdsteuerungen zu verschleiern. Dabei ist jeweils nach den Absichten und den gewählten Mitteln zu fragen, sodass beides kritisch in den Blick genommen werden kann. Auf diese Weise sollen zum einen problematische Einlüsse und Fremdsteuerungen für einen selbst vermieden werden und zum anderen soll die Bedeutung von Beeinlussungs- und Steuerungsversuchen für soziale Zusammenhänge zur Sprache kommen und der – auch öfentlichen – Kritik zugänglich gemacht werden. In diesem Zusammenhang entsteht zugleich die Frage nach möglichen Gegenmaßnahmen und ihrer Umsetzung. Kritischer Umgang mit medialer Steuerung bezieht sich aber nicht nur auf die Auseinandersetzung mit Versuchen der Fremdsteuerung, sondern kann auch die relektierte eigene Nutzung (insbesondere) digitaler Steuerungsmöglichkeiten – etwa als Self-Tracking oder von Steuerungen im Haushalt sowie in anderen Bereichen – umfassen. Für eine Relexion solcher Möglichkeiten können u.a. Gesichtspunkte folgender Art herangezogen werden: Aufwand für die Ausstattung sowie für die Bedienung und Wartung, Nutzen oder Komfort, Energieverbrauch, Sicherheit der Technik, mögliche Strahlenbelastung sowie anfallende Daten und ihre – u.U auch missbräuchliche – Verwendung. 5.6.4 Geeignete Vorgehensweisen Die thematische Akzentsetzung der relektierten Nutzung mediengestützter Dienstleistungen kann z.B. durch den im ersten Abschnitt (5.6.1) skizzierten Fall erschlossen werden. Im Zusammenhang des Falls liegt mit den Fragen, ob der Vater den Betrag für das ersteigerte Music System zahlen muss und welche Handlungsmöglichkeiten in dem Konliktfall gegeben sind, ein problemorientiertes Vorgehen vor. Wenn die Bearbeitung dieser Fragen durch die Anforderung erweitert wird, eine begründete Stellungnahme mit einem Vorschlag zu erarbeiten, welche der Handlungsmöglichkeiten Eric wahrnehmen sollte, um den Konlikt mit dem Vater bzw. der Familie zu lösen, ergibt sich zudem ein entscheidungsorientiertes Vorgehen.

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Wie demgegenüber erkundungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen zur Erschließung mediengestützter Dienstleistungen aussehen könnten, zeigen die folgenden Beispiele: – Ein erkundungsorientiertes Vorgehen liegt vor, wenn die Frage bearbeitet wird, welche Möglichkeiten generell und speziell im Internet gegeben sind, einen Rat zu einer gesundheitlichen bzw. medizinischen Frage einzuholen. Ein entsprechendes Vorgehen sollte in der Regel damit verbunden werden, mögliche Vorzüge und Probleme verschiedener Möglichkeiten in kriterienbezogener Weise herauszuarbeiten und Konsequenzen für das eigene Vorgehen zu bedenken. – Ein gestaltungsorientiertes Vorgehen ist gegeben, wenn sich eine Gruppe von Lernenden entschließt, einzelne Dienstleistungen für ältere Menschen, z.B. Hilfen beim Einkauf oder bei der Gartenarbeit, Anleitungen zur Nutzung des Smartphones oder Begleitung bei Spaziergängen, anzubieten und dafür eine Webseite entwickelt. Die Dienstleistungen könnten in der Erwartung kleinerer Spenden für einen gemeinnützigen Zweck oder auch im Rahmen einer Schülerirma angeboten werden. – Ein beurteilungsorientiertes Vorgehen ergibt sich, wenn realitätsnahe Fälle aus der Nutzung von Online-Marktplätzen, Tauschbörsen oder Streaming-Diensten vorgestellt werden und hinsichtlich unterschiedlicher Gesichtspunkte zu bewerten sind. So lässt sich beispielsweise der Fall eines Jugendlichen einführen, der besonders beliebte Musikstücke oder Videoclips aus dem Netz heruntergeladen hat und diese nun über eine Tauschbörse selbst anbietet. Bei der Erarbeitung einer bewertenden Stellungnahme zu einem solchen Vorgehen sollten die Jugendlichen angehalten werden, die rechtliche Situation und mögliche Konsequenzen für den Jugendlichen und die Eltern in ihre Überlegungen einzubeziehen. Auch die thematische Akzentsetzung eines kritischen Umgangs mit medialer Steuerung lässt sich mithilfe entsprechender Vorgehensweisen erschließen: – Ein erkundungsorientiertes Vorgehen kann z.B. dadurch initiiert werden, dass ein Beispiel für subtile Propaganda im Netz vorgestellt wird und ein Gespräch dazu in die Aufgabe einmündet, verschiedene Formen und Vorgehensweisen von Propaganda im Netz zusammenzustellen und mit Beispielen zu belegen (vgl. dazu z.B. Media Education Lab 2015). Eine solche Aufgabe sollte dann auch mit den Fragen verbunden werden, an welchen Merkmalen man gegebenenfalls Propaganda erkennen und was man selbst tun kann, um sich selbst und auch andere davor zu schützen. Mit der Herausarbeitung von Erkennungsmerkmalen propagandistischer Beiträge im Netz und mit ihrer Anwendung auf unterschiedliche Beiträge in Sozialen Netzwerken, Videoportalen oder Internetforen sowie mit der Erarbeitung von Schutzmöglichkeiten würde das erkundungsorientierte Vorgehen in ein problemorientiertes übergehen.

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– Ein entscheidungsorientiertes Vorgehen lässt sich z.B. dadurch anregen, dass Jugendliche mit Blick auf die zukünftige Notwendigkeit einer Krankenversicherung mit bestimmten Angeboten von Krankenkassen konfrontiert werden, in denen verschiedene Boni in Aussicht gestellt werden, wenn man in der Form des Self-Tracking gesundheitlich bedeutsame Daten aufzeichnet und an einen Krankenkassenserver weiterleitet. In diesem Zusammenhang könnte u.a. in Kleingruppen diskutiert werden, welche Daten man bereit wäre aufzuzeichnen und weiterzugeben. Als Informationsgrundlage könnten dazu auch Datenschutzbestimmungen von Anbietern von Self-Tracking-Anwendungen analysiert werden. Entsprechende Stellungnahmen sollten Begründungen für die jeweiligen Entscheidungen enthalten. Die Überlegungen könnten in die generelle Frage einmünden, welche Bedeutung es für das Gesundheitswesen und die Solidargemeinschaft der Versicherten hat, wenn die angebotenen Boni dazu führen, dass die Versicherten letztlich sehr unterschiedliche Beiträge zur Versicherung leisten. Dabei sollten dann auch entstehende Benachteiligungen diskutiert werden. – Ein gestaltungsorientiertes Verfahren ergibt sich z.B., wenn Lernende zunächst nach verschiedenen Angeboten für mögliche Automatisierungen und Steuerungen in Wohnung und Haushalt suchen (vgl. dazu z.B. Bader 2016, S. 11f.; Schiller 2018), diese zusammenstellen, danach Ideen für mögliche eigene Nutzungen entwickeln und anschließend angeregt werden, selbst eine Smart HomeAnwendung zu konzipieren und modellartig zu realisieren. Mit einem solchen Projekt lassen sich zugleich grundlegende Prozesse erfahren und Grundbegrife erarbeiten, die für die digitale Infrastruktur der Medienlandschaft generell von Bedeutung sind (siehe dazu Abschnitt 6.1.1). – Beurteilungsorientierte Vorgehensweisen ergeben sich häuig in Weiterführung anderer Aufgabenbearbeitungen. So mündet z.B. die oben zunächst skizzierte entscheidungsorientierte Vorgehensweise in ein beurteilungsorientiertes Vorgehen ein. Beurteilungsaufgaben können aber auch direkt als Eingangsaufgaben für eine Auseinandersetzung mit Ansätzen medialer Steuerung gewählt werden. So ließe sich z.B. ein medialer Beitrag über Versuche der Beeinlussung politischer Wahlen, etwa zur Wahl des amerikanischen Präsidenten, oder von Volksentscheiden, etwa zum so genannten Brexit, durch Social Bots präsentieren (vgl. z.B. Graf 2017; Endt 2017; zu weiteren Informationen auch Science Media Center Germany 2017). Im Zusammenhang mit einer Analyse hinsichtlich der Sachaussagen und Bewertungstendenzen in einem ausgewählten Beitrag, könnten sowohl eine Beurteilung des Artikels selbst als auch eine Diskussion zur Bewertung der politischen Bedeutung und Relevanz von Social Bots angeregt werden. Das letzte Beispiel zeigt erneut, dass sich bei der Behandlung jeweiliger thematischer Akzentsetzungen Bezüge zu anderen thematischen Akzentsetzungen ergeben können. So entstehen in der letzten Skizze z.B. Bezüge zur Analyse und Einschät-

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Nutzungsbezogene Aufgabenfelder und ihre Umsetzung

zung von medialen Gestaltungsformen sowie von Prozessen der Erzeugung medialer Botschaften (siehe Abschnitt 6.2.3). Vor dem Hintergrund der Ausführungen in den Abschnitten 5.6.2 bis 5.6.4 können Sie nun noch einmal zur Eingangsaufgabe zurückkehren und ihre diesbezüglichen Überlegungen zu einer geeigneten Jahrgangsstufe für das Beispiel sowie zu seinem Stellenwert für die Medienbildung überdenken. Außerdem können Sie weitere Möglichkeiten zur Erschließung des Aufgabenfeldes einer relektierten Nutzung von mediengestützten Dienstleistungen und eines kritischen Umgangs mit medialer Steuerung bedenken.

6 Inhaltsbezogene Aufgabenfelder und ihre Umsetzung

Neben den – im vorherigen Kapitel dargestellten – nutzungsbezogenen Aufgabenfeldern haben wir im Abschnitt 4.4.3 verschiedene inhaltsbezogene Aufgabenfelder aufgezeigt. Dabei geht es um Verstehen sowie um Analyse- und Urteilsfähigkeit mit Bezug auf die Medienlandschaft und ihre digitale Infrastruktur, um Gestaltungsmerkmale und Prozesse der Erzeugung medialer Botschaften, um Medieneinlüsse auf Individuum und Gesellschaft sowie um Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung. Dafür gelten zunächst wieder die allgemeinen Überlegungen, wie wir sie am Anfang des fünften Kapitels dargestellt haben. Auf dieser Grundlage sollen in den nächsten Abschnitten für die einzelnen inhaltsbezogenen Aufgabenfelder – wie bei den nutzungsbezogenen – aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen sowie thematische Akzentsetzungen und geeignete Vorgehensweisen bedacht werden.

6.1 Verstehen und Bewerten der Medienlandschaft und ihrer digitalen Infrastruktur 6.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Die sich ständig verändernde Medienlandschaft wird von Kindern und Jugendlichen insbesondere über Angebote wahrgenommen, die ihre unmittelbare Lebenswelt betrefen und die sie in der Regel schnell in ihre Alltagsroutinen integrieren. Dabei gerät üblicherweise nicht ins Bewusstsein, dass diese Angebote mit Veränderungen der Medienlandschaft und ihrer Infrastruktur insgesamt verbunden sind, d.h. mit Veränderungen im Bereich verschiedener Medienarten und der Breite der Angebotspalette sowie damit verbundener Zugangsmöglichkeiten. Gleichwohl ist es für eine relektierte Auswahl und Nutzung von Medienangeboten sowie für ihre Bewertung und für die Einschätzung von Möglichkeiten der eigenen Mitgestaltung wichtig, Entwicklungen in der Medienlandschaft zu verstehen. Des Weiteren kann man davon ausgehen, dass Kinder und Jugendliche im alltäglichen Umgang mit Medien in der Regel nicht darüber relektieren, dass Veränderungen im Medienbereich – und damit auch in allen Lebensbereichen, in die Medien hineinwirken – im Wesentlichen durch die Digitalisierung hervorgerufen werden. Rezeptive und produktive Formen der Mediennutzung werden im Bereich der digitalen Medien über spezielle Benutzerschnittstellen bzw. Interfaces ermöglicht. Diese Interfaces sind so

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Inhaltsbezogene Aufgabenfelder und ihre Umsetzung

gestaltet, dass sie eine Nutzung ohne speziische Kenntnisse erlauben bzw. unterstützen. Dies ist aus der Perspektive einer alltagstauglichen Handhabung sinnvoll und hilfreich, führt aber auch dazu, dass die technologische Basis digitaler Medien nicht mehr ins Bewusstsein rückt. Für eine relektierte Nutzung sowie für die Einschätzung gegenwärtiger und zukünftiger Chancen und Problemlagen ist jedoch ein grundlegendes Verständnis der digitalen Infrastruktur der Medienlandschaft erforderlich. Dies gilt umso mehr, als die digitale Infrastruktur über die Nutzung von Medienangeboten Einluss auf das Leben des Einzelnen nimmt. Für eine unterrichtliche hematisierung der Medienlandschaft und ihrer digitalen Infrastruktur lassen sich verschiedene Anlässe inden: – Die zunehmende Beliebtheit von Streaming-Angeboten, wie beispielsweise YouTube, Netlix oder Spotify, legt die Frage nahe, ob und wie andere Medienarten, z.B. das Fernsehen oder das Radio, auf diese Veränderungen reagieren. – Die Erfahrung, dass einzelne Medienangebote in einer Basisversion frei zugänglich, Erweiterungen aber nur gegen Bezahlung – z.B. durch In-App-Käufe – erhältlich sind, kann auch bei Kindern und Jugendlichen die Frage aufkommen lassen, welche Strukturen im Hintergrund wirksam werden, damit die jeweils zugehörigen Konten belastet werden. – Die beliebte Nutzung von Apps zur Bearbeitung von Fotos, z.B. im Zusammenhang von sozialen (Foto-)Netzwerken, kann die Frage aufwerfen, wie es bei einem digitalen Foto – auch im Vergleich zum analog aufgenommenen Foto – möglich ist, Veränderungen so vorzunehmen, dass sie nach der Bearbeitung durch den Betrachtenden nicht erkennbar bzw. nachvollziehbar sind. – Eigene Erfahrungen mit Assistenzsystemen in Autos der Eltern und Berichte über autonom fahrende Autos können bei Schülerinnen und Schülern zu der Frage führen, wie es technisch möglich ist, Fahrzeuge ohne menschliche Beteiligung zu steuern, und damit Anlass zur Beschäftigung mit Fragen von Sensorik und Algorithmen sein. Solche und ähnliche Fragen können einen Anlass für Projekte oder Unterrichtseinheiten zur Auseinandersetzung mit Merkmalen und Entwicklungen der Medienlandschaft und ihrer digitalen Infrastruktur bieten. Im Folgenden stellen wir eine Handlungslinie für ein Unterrichtsbeispiel vor, das zum einen an die Überlegungen zur digitalen Steuerung im Abschnitt 5.6 anknüpft und zum anderen auf wichtige Merkmale von Digitalisierung generell aufmerksam macht. Insofern verweist das Beispiel zugleich auf bedeutsame Aspekte der digitalen Infrastruktur der Medienlandschaft. In dem Beispiel geht es um die Auseinandersetzung mit digitalen Möglichkeiten im häuslichen Alltag am Beispiel der Steuerung von Haushaltsgegenständen und ihrer Vernetzung. Das Beispiel ist dem Anwendungsbereich „Smart Home“ zuzurechnen. Es ist für Jugendliche der Sekundarstufe I gedacht und als Projekt konzipiert.

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(1) Erfahrungsbezug und Aufgabenstellung: Ausgangspunkt des Projekts kann die Vorstellung von Werbeanzeigen für verschiedene Produkte aus dem Smart Home-Bereich durch die Lehrperson sein, wie etwa Licht- oder Kamerasysteme, Bewässerungsanlagen für den Garten oder Heizkörperregler. Ausgehend von diesen Beispielen, können die Schülerinnen und Schüler angeregt werden, weitere Anwendungen aus ihrem Erfahrungsbereich zu nennen und deren Besonderheiten zu erläutern. Dabei wird sich vermutlich zeigen, dass zwar die grundsätzliche Möglichkeit der Steuerung solcher Systeme auf der Basis von erfassten Größen wie Helligkeit oder Temperatur sowie der praktische Nutzen bekannt sind, der grundlegende Aufbau und die Funktionsweise jedoch nicht. Vor diesem Hintergrund kann die Lehrperson den Impuls geben, einmal zu überlegen, welche Anwendungen für technische Steuerungen sie sich in ihren eigenen Zimmern vorstellen können oder wünschen würden. Dabei könnten Ideen wie eine automatische Beschattung durch Gardinen oder Rollläden, eine Alarmanlage, ein intelligenter Kleiderschrank, der dem Wetter angemessene Kleidung empiehlt, oder eine automatische Steuerung der Zimmerbeleuchtung und einzelner Mediengeräte genannt werden. An diese Ideen anknüpfend, kann die Aufgabenstellung formuliert werden, selbst einmal eine Smart-Home-Anwendung zu konzipieren und zu bauen. (2) Zielvereinbarung und Bedeutsamkeit: Die Lehrperson sollte mit den Jugendlichen vereinbaren, dass im Verlaufe des Projekts die Komponenten steuerbarer digitaler Systeme und deren Zusammenwirken sowie Möglichkeiten der Steuerung selbst erarbeitet werden. Diese Grundlagen sollen dann genutzt werden, um in Gruppen eine eigene Smart Home-Anwendung zu entwickeln, sie mit Hilfe entsprechender Komponenten zu bauen und schließlich auch die Steuerung zu realisieren. In diesem Zusammenhang sollte den Schülerinnen und Schülern deutlich werden, dass die Gestaltung eines eigenen Produkts Einblicke in die Strukturen und Verständnis der grundlegenden Funktionsweise vieler digitaler Anwendungen erlaubt, die in unserem Alltag nahezu selbstverständlich geworden sind, und dass dabei auch wichtige Grundlagen und Merkmale der digitalen Infrastruktur der Medienlandschaft erfahrbar werden. Zudem kann erlebt werden, dass Technik mit eigenen Ideen gestaltbar ist. (3) Verständigung über das Vorgehen: Die Lehrperson sollte gemeinsam mit den Lernenden Fragen zusammenstellen, deren Klärung für die Umsetzung der eigenen Smart Home-Anwendung hilfreich sind. Dazu zählen beispielsweise Fragen nach Arten und Funktionen von Sensoren, nach möglichen Steuerungselementen, nach dem Zusammenschalten und Verbinden solcher Bauelemente oder nach geeigneten Steuerungseinheiten und ihrer Programmierung. Die Lehrperson kann sich mit den Jugendlichen darauf verständigen, zunächst an einzelnen Stationen Sensoren und ihre Funktionen kennenzulernen, um vor diesem Hintergrund die eigene Idee für eine Smart Home-Anwendung zu konkretisieren. Als nächster Schritt sollte geplant werden, Skizzen anzufertigen und die Funktionsweise der jeweiligen Anwendung schriftlich festzuhalten. In Bezug auf die Steuerung bzw. Programmierung der Anwendung kann vereinbart werden, kleine Einplatinencomputer zu nutzen, die über eine spezielle Software durch das Zusammenfügen von graisch dargestellten Anweisungen programmiert werden. Dazu soll der Algorithmus zur Steuerung der Anwendung zunächst möglichst präzise formuliert und dann in Programmelemente bzw. -strukturen umgesetzt werden. Je nach Voraussetzungen der Jugendlichen kann die Lehrperson für eine Einführung in grundlegende Elemente der Programmierung auch ankündigen, ergänzend kleine Videotutorials zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren sollte vorgesehen werden, dass die Gruppen in einer abschließenden Präsentation ihre Produkte vorstellen und in ihren Strukturen und Funktionsweisen ausführlich erläutern.

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(4) Erarbeiten von Grundlagen: Nach der Klärung des Vorgehens können an verschiedenen Stationen einzelne Sensoren – z.B. Helligkeitssensoren, Temperatursensoren, Drucksensoren, Ultraschallsensoren, Feuchtigkeitssensoren oder Biegesensoren – in ihrer Funktion getestet werden, um Anregungen für eine Präzisierung der eigenen Idee zu erhalten. Darüber hinaus sollen im Plenum verschiedene Steuerungselemente, sogenannte Aktoren, vorgestellt werden. Dazu zählen beispielsweise Leuchtdioden, Signalgeber (Sirenen) oder Elektromotoren. Je nach Voraussetzung der Lernenden kann eine Einführung in den Umgang mit dem Einplatinencomputer und dessen Programmierung erfolgen. Neben der Erarbeitung von grundlegenden algorithmischen Elementen – z.B. Anweisung, bedingte Anweisung, Schleife, Variable – sollten auch Möglichkeiten geboten werden, sich mit einer graischen Programmieroberläche vertraut zu machen. Gegebenenfalls können dazu auch die Videotutorials hinzugezogen werden. (5) Konzipieren und Gestalten der Smart Home-Anwendung: In den Kleingruppen sollten jetzt zunächst Skizzen der zu gestaltenden Produkte unter Rückgrif auf zur Verfügung stehende Sensoren und Aktoren angefertigt werden. In einem nächsten Schritt kann die Steuerung mit Hilfe des Einplatinencomputers sprachlich in Form eines Algorithmus beschrieben werden. Vor der Programmierung mit Hilfe der graischen Programmiersprache sollen die Komponenten der Smart Home-Anwendung – gegebenenfalls unter Verwendung weiterer notwendiger Materialien wie Kabel, Kleber usw. – zusammengebaut werden. (6) Vergleich und Zusammenfassung: In einer Präsentation sollten die einzelnen Gruppen Gelegenheit erhalten, ihre Smart Home-Anwendungen vorzustellen und zu erläutern. Dabei soll insbesondere deutlich werden, wie der Zusammenhang zwischen den durch die Sensoren erfassten Daten (z.B. die Erfassung von Temperatur und Feuchtigkeit) und der Ausgabe algorithmisch gestaltet wurde (z.B. durch eine Ampel aus Leuchtdioden am Kleiderbügel, die anzeigen, ob das – dem Bügel zugeordnete und digital gekennzeichnete – Kleidungsstück für die derzeitige Temperatur geeignet ist). Nach der Präsentation sollte vergleichend diskutiert werden, welche unterschiedlichen Eigenschaften die verwendeten Sensoren besitzen, welche unterschiedlichen Aktoren zur Anwendung gekommen sind, welche gemeinsamen Grundstrukturen sich in den entwickelten Algorithmen inden lassen und wo speziische Lösungen gewählt wurden. Darüber hinaus kann noch einmal ins Bewusstsein gehoben werden, dass alle Anwendungen auf dem Prinzip „Eingabe – Verarbeitung – Ausgabe“ beruhen. Anschließend sollte zum einen bedacht werden, welche einzelnen Schritte für die Entwicklung der Steuerung – von der Ideenindung über die Entwurfs- und Konzeptionsphase bis zur Implementation des Algorithmus – notwendig waren. Zum anderen kommt es darauf an, die erarbeiteten Grundbegrife und Zusammenhänge ins Bewusstsein zu heben und in ihrer Bedeutung für die Digitalisierung generell zu thematisieren. (7) Anwendung: Eine mögliche Anwendungsaufgabe kann darin bestehen, Informationsmaterial zu Assistenzsystemen in Fahrzeugen aus dem Netz oder mit Hilfe von Herstellerprospekten zusammenzustellen und diese – auf der Basis der erlernten Grundbegrife und erfahrenen Zusammenhänge – analytisch in den Blick zu nehmen und zu versuchen, die dahinter liegende digitale Infrastruktur zu charakterisieren. Zudem können Entwürfe für die Grundstrukturen der entsprechenden Algorithmen formuliert werden, mit denen die Systeme gesteuert werden.

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(8) Weiterführung und Bewertung: Die Schüler sollten nunmehr die Gelegenheit erhalten, gegebenenfalls vorhandene bzw. weitere Fragen einzubringen und zu diskutieren. Abschließend sollte die Lehrperson noch einmal den Lernweg relektieren und die Bedeutung des Gelernten für das eigene Medienverhalten ansprechen 

Das Projektbeispiel stellt eine Möglichkeit dar, bestimmte Aspekte des Aufgabenfeldes „Verstehen und Bewerten der Medienlandschaft und ihrer digitalen Infrastruktur“ umzusetzen. Um das Beispiel umfassend einschätzen zu können, bieten sich erneut die Fragen an, die wir im Abschnitt 5.1.1 für eine Analyse und Bewertung vorgeschlagen haben und die wir hier noch einmal anführen: – Welche Lernvoraussetzungen werden in dem Beispiel (implizit) angenommen und sind die diesbezüglichen Annahmen angemessen? – Welche Teilziele werden in dem Beispiel verfolgt und entsprechen sie sinnvollen Kompetenzerwartungen? – Wie lässt sich die Vorgehensweise in dem Beispiel charakterisieren und erscheint sie bei den angenommenen Lernvoraussetzungen und bei dem angestrebten Kompetenzniveau förderlich? – Welche anderen Vorgehensweisen wären u.U. ebenso oder besser geeignet? – Welche Aspekte des Aufgabenfeldes werden in dem Beispiel schwerpunktmäßig behandelt? – Welche Bezüge bestehen zu anderen Akzentsetzungen und welche Aspekte sollten gegebenenfalls in weiteren Unterrichtseinheiten oder Projekten in den Blick genommen werden? Nehmen Sie bitte eine erste Einschätzung zu diesen Fragen vor. Um das Beispiel in entsprechender Weise analysieren und bewerten zu können, ist – über die zum Beginn des fünften Kapitels angesprochenen generellen – Überlegungen hinaus wieder die Bearbeitung der folgenden Fragen zum Aufgabenfeld „Verstehen und Bewerten der Medienlandschaft und ihrer digitalen Infrastruktur“ wichtig: (1) Welche speziischen Lernvoraussetzungen sind in diesem Aufgabenfeld zu beachten und welche Kompetenzerwartungen sollten für das Aufgabenfeld gelten? (2) Welche thematischen Akzentsetzungen sollten in diesem Aufgabenfeld bearbeitet werden? (3) In welcher Weise können in dem Aufgabenfeld erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen umgesetzt werden? Mit den nachfolgenden Überlegungen möchten wir sowohl Hinweise für die Analyse und Bewertung entsprechender Unterrichtseinheiten oder Projekte geben als auch Anregungen für den Entwurf eigener Beispiele.

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6.1.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen Kinder und Jugendliche nehmen die sie umgebende Medienwelt in erster Linie in Form speziischer Angebote wahr, die mit technischer Unterstützung bzw. über technische Geräte präsentiert werden. Solche Angebote lassen sich unterschiedlichen Medienarten zuordnen. Je nach Ausstattung der Elternhäuser und abhängig von schulischen Rahmenbedingungen haben Schülerinnen und Schüler Erfahrungen mit verschiedenen Medienarten und ihren Zugangsmöglichkeiten. So wird beispielsweise das Fernsehangebot weitgehend über ein Fernsehgerät rezipiert, teilweise aber auch als Live-Stream oder als Video aus einer Mediathek im Internet mit Hilfe des Smartphones oder eines Notebooks bzw. Tablets. Allerdings ist insgesamt davon auszugehen, dass Schülerinnen und Schüler sich im Kontext ihrer eigenen Mediennutzung keinen Überblick über die verschiedenen Medienarten und damit verbundene Angebote und Zugangsmöglichkeiten verschafen. Vermutlich wird ihnen auch nicht in jedem Fall bewusst sein, dass sich einzelne Medienarten im Kontext der technischen, insbesondere der digitalen Entwicklung verändert haben bzw. verändern und in diesem Zuge auch neue inhaltliche Angebote sowie Nutzungsformen entstehen. Die praktische Handhabung digitaler Medien stellt für Kinder und Jugendliche in der Regel keine besondere Hürde dar. Dies liegt insbesondere an der Gestaltung von Benutzeroberlächen, die so anwenderfreundlich sind, dass sie nur wenige oder keine speziischen technischen Kenntnisse erfordern. Wenn das Handling auch unproblematisch ist, so bedeutet dies jedoch nicht zwingend, dass Schülerinnen und Schüler auch verstehen, welche Prozesse im Hintergrund der Mediennutzung ablaufen, die gegebenenfalls (un-)mittelbare Auswirkungen auf den Einzelnen haben – beispielsweise in Form von personalisierter Werbung oder als Einluss auf die Kreditwürdigkeit. Dabei ist davon auszugehen, dass Kinder und Jugendliche in der Regel Entwicklungen und Auswirkungen der Digitalisierung in und auf Alltag, Freizeit und Berufswelt schon deshalb nicht angemessen einschätzen können, weil ihnen ein grundlegendes Verständnis der technologischen Grundlagen fehlt. Für die schulische Auseinandersetzung mit Fragen der Medienlandschaft und ihrer digitalen Infrastruktur können speziische Kompetenzerwartungen formuliert werden, die schrittweise angestrebt werden sollten. Am Ende der Sekundarstufe I sollten Kinder und Jugendliche bereit und in der Lage sein, a) die Medienlandschaft hinsichtlich verschiedener Merkmale – Medienarten, Medienkonvergenz, inhaltliche Angebote und Zugangsmöglichkeiten – zu erläutern und kriterienbezogen zu bewerten, b) Merkmale der digitalen Infrastruktur – Überführung von Information in Daten, Varianten der Datenerfassung, Modellierung und algorithmische Datenverarbeitung, automatisierte Abläufe sowie Vernetzung – zu erläutern und kriterienbezogen zu bewerten.

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Der Erwerb entsprechender Kompetenzen kann bereits in der Grundschule angeregt und unterstützt werden, sodass am Ende der vierten Jahrgangsstufe folgendes (Zwischen-)Niveau angestrebt werden sollte: a) Ausgewählte Medienarten sowie einzelne Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen ihnen beschreiben und Beispiele für Medienkonvergenz nennen. b) An Beispielen einzelne bzw. ausgewählte Merkmale der digitalen Infrastruktur beschreiben, z.B. Überführung von Information in Daten, Varianten der Datenerfassung, algorithmisches Vorgehen und Vernetzung. Für das Ende der 6. Jahrgangsstufe lässt sich als weiteres Zwischenniveau in den Blick nehmen: a) Ausgewählte Medienarten hinsichtlich ihrer inhaltlichen Angebote und ihrer Zugangsmöglichkeiten charakterisieren sowie vergleichen und beschreiben, welche Folgen sich durch die Medienkonvergenz für inhaltliche Angebote und Zugänge ergeben. b) Ausgewählte Merkmale der digitalen Infrastruktur erläutern, z.B. Überführung von Information in Daten, Datenaufnahme durch Eingabe und Sensoren, Modellierung und algorithmische Verarbeitung von Daten sowie Vernetzung. Mit Unterrichtseinheiten oder Projekten zu einem entsprechenden Kompetenzerwerb können thematisch unterschiedliche Akzente gesetzt werden, die wir im Folgenden skizzieren. 6.1.3 hematische Akzentsetzungen Das Aufgabenfeld „Verstehen und Bewerten der Medienlandschaft und ihrer digitalen Infrastruktur“ umfasst die Auseinandersetzung zum einen mit den medialen Erscheinungsformen des Alltags bzw. im Alltag und mit ihrer (Weiter-)Entwicklung sowie zum anderen mit den technologischen bzw. digitalen Grundlagen dieser Entwicklungen. Für eine inhaltliche Gliederung des ersten Teilbereiches bietet es sich an, von den verschiedenen Medienarten auszugehen, die sich historisch entwickelt und die Medienlandschaft lange Zeit bestimmt haben, im Zuge der Digitalisierung aber zunehmend technisch und inhaltlich im Sinne von Medienkonvergenz verschmelzen. Da hiermit auch Entwicklungen bzw. Veränderungen der inhaltlichen Angebote einhergehen, sollten auch diese thematisiert werden. Technische und inhaltliche Veränderungen sind – als weiterer Gliederungspunkt – auch mit speziischen Zugangsmöglichkeiten verbunden, z.B. in technischer und inanzieller Hinsicht oder mit Blick auf persönliche Voraussetzungen. Der zweite Teil des Aufgabenfeldes lässt sich über Grundprinzipien bei der Digitalisierung strukturieren. Um Prozesse automatisiert durch Computer ausführen zu lassen, ist grundlegend, dass bedeutungstragende Elemente, d.h. Informationen, in Daten überführt werden, die vom Computer als Maschine verarbeitet werden können. Dazu ist es allerdings zunächst notwendig, Daten zu erheben und einzugeben oder durch Sensoren zu erfassen. Für die Verarbeitung müssen die jeweiligen Prozesse formal modelliert und in

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algorithmische Strukturen übersetzt werden. Damit ergeben sich zugleich vielfältige Möglichkeiten der Automatisierung und Vernetzung. Bei den genannten Akzentsetzungen geht es auch darum, Verbindungen zwischen den einzelnen Aspekten aufzuzeigen und gegebenenfalls auf Erkenntnisse aus anderen Aufgabenfeldern zurückzugreifen oder die Bedeutsamkeit für andere Aufgabenfelder in Bewusstsein zu heben. Verstehen und Bewerten von Medienarten und Medienkonvergenz: In Bezug auf unterschiedliche Medienarten sollten Schülerinnen und Schüler zunächst einmal herausarbeiten, welche Unterschiede zwischen einzelnen Medienangeboten und den damit verbundenen Medienarten bestehen. Dies kann beispielsweise dadurch angeregt werden, dass ausgehend von der eigenen Mediennutzung Angebote zusammengetragen und anschließend nach Medienarten – z.B. Printmedien, Tonmedien, Hörfunk, Fernsehen, Computer/Internet, Fotograie, Kino- und Videoilm oder Telefon – systematisiert werden. Dabei wird sich vermutlich schon zeigen, dass eine eindeutige Zuordnung nicht immer möglich ist, beispielsweise wenn Fotograie als digitale Fotograie genannt und mit dem Smartphone verbunden wird oder wenn Fernsehen auch auf das Internet bezogen wird. Dies führt zu der Frage, wie einzelne Medienarten sich im Laufe der Zeit als solche verändert haben und wie verschiedene Medienarten insbesondere mit der Entwicklung digitaler Technologien zusammenwachsen oder sogar ineinander aufgehen. Besonders augenfällig wird die Konvergenz von Medienarten beispielsweise beim Smartphone, das den Schülerinnen und Schülern in der Regel gut vertraut ist. Es kann sowohl als Telefon, als Fotoapparat, als Videokamera, als Fernseh- und Radiogerät, als Spielcomputer, als Navigationsgerät, als digitale Zeitung oder E-Book-Reader usw. dienen. Auch aus einer geschichtlichen Betrachtung einzelner Medienarten lassen sich Konvergenztendenzen erkennen, beispielsweise in der Entwicklung des Fernsehens im Zusammenhang mit Bildschirmtext und Teletext bis hin zum hybriden Fernsehen (Hybrid Broadcasting Broadband TV) als Verbindung von Fernsehen und Internet. Zur Einschätzung und Bewertung aktueller und zukünftiger Entwicklungen kann beispielsweise danach gefragt werden, ob durch die Konvergenz von Medienarten einzelne Medienarten ganz verdrängt werden und wie dies zu beurteilen ist. Am Beispiel von gedruckten Zeitungen und webbasierten Nachrichtenportalen oder elektronischen Ausgaben von Lokalzeitungen für Tablets lassen sich Auswirkungen z.B. auf das Nutzerverhalten, auf die Veränderung von Berufsbildern oder auf wirtschaftliche Zusammenhänge ins Bewusstsein heben. Am Beispiel des Kinos und seiner Entwicklung im Zuge der Digitalisierung können Gründe erarbeitet werden, wie sich eine Medienart trotz konkurrierender Angebote im Zuge der Digitalisierung behaupten kann. Verstehen und Bewerten von inhaltlichen Angeboten und Zugangsformen: Bei der Auseinandersetzung mit inhaltlichen Angeboten geht es darum, die inhaltliche Breite von Medienangeboten in den Blick zu nehmen und dabei z.B.

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informierende, werbende und unterhaltende sowie auf Spiel und Kommunikation ausgerichtete Angebote zu unterscheiden. Schülerinnen und Schüler können beispielsweise Möglichkeiten zusammentragen, welche Medienangebote werbende Ziele verfolgen bzw. unterstützen und nach welchen Kriterien sich diese Angebote unterscheiden lassen. Eine solche Übersicht kann nicht nur dafür sensibilisieren, dass sich einzelne Angebote im Laufe der Zeit deutlich verändert haben, z.B. das Foto von der analogen Fotograie bis zum digitalen Bild, sondern dass mit der Ausdiferenzierung von Kommunikationsangeboten auch die Art der Kommunikation und ihre inhaltlichen Gestaltungsmöglichkeiten variieren, z.B. bei der Unterscheidung vom analogen Werbeplakat bis hin zu einem digitalen Werbeangebot in einem sozialen Netzwerk oder bei der Nutzung einer Suchmaschine. Am Beispiel von werbenden Angeboten kann auch thematisiert werden, dass die Fülle der Angebote in unterschiedlichen Medienarten nicht zuletzt auch damit zusammenhängt, dass spezielle Angebote wie Werbung, aber auch Nachrichten, nicht mehr ausschließlich von menschlichen Produzenten erzeugt werden, sondern zunehmend auch durch algorithmische Prozesse (siehe auch Abschnitt 6.2.3). Im Zuge der Digitalisierung haben sich viele webbasierte Angebote etabliert, die nicht nur rezipiert werden können, sondern auch die eigene Gestaltung von inhaltlichen Beiträgen ermöglichen. Beispiele sind Weblogs, soziale Netzwerke oder Videoplattformen. Daran lässt sich erarbeiten, dass Medienangebote sich hinsichtlich ihrer Zugangsformen verändert haben. Während massenmediale Angebote wie Fernsehen und Radio öfentlich – gegebenenfalls gegen Gebühr und mit zusätzlichen technischen Geräten – zugänglich sind, kann in sozialen Netzwerken die Privatheit und Öfentlichkeit von Angeboten prinzipiell auch selbst bestimmt werden. Dass dies auch an Grenzen stößt, zeigen Fälle, in denen beispielsweise einzelne Nutzende einer digitalen Anwendung Zugrif auf ihr Adressbuch gewähren und damit möglicherweise Daten Anderen zugänglich machen, die eigentlich einem bestimmten Adressatenkreis vorbehalten bleiben sollten. Neben technischen und inhaltlichen Aspekten sollten Schülerinnen und Schüler u.a. dafür sensibilisiert werden, dass die Nutzung von Medienangeboten auch an personelle Voraussetzungen gebunden ist, z.B. körperliche Voraussetzungen für die Nutzung von technischen Geräten und Fähigkeiten zu ihrer Bedienung sowie im Umgang mit Software, was bei aller Ofenheit auch für einzelne Personen oder Gruppen Zugangsbarrieren bedeuten kann. Verstehen und Bewerten der Zusammenhänge von Information und Daten und Varianten der Datenerfassung: In Bezug auf den Unterschied von Information und Daten geht es darum, bewusst zu machen, dass eine maschinelle Verarbeitung durch Computer nur auf der Basis von Elementen möglich ist, die formalisiert sind, d.h. in einer binären Form vorliegen, die sich auch technisch, z.B. als Spannungszustand, realisieren lässt. Diese Elemente lassen sich als Daten charakterisieren, deren Bedeutung nur durch zusätz-

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liche Informationen erschlossen werden kann. Beispielsweise können Schülerinnen und Schüler an Fotos und Bildern herausarbeiten, dass eine Veränderung von analogen Fotos in der Regel nur sehr schwer möglich ist, ohne dass Spuren der Veränderung sichtbar sind. Im Fall von digitalen Bildern lassen sich Veränderungen auf der Ebene von einzelnen Bildpunkten so vornehmen, dass die Manipulation nicht nachvollziehbar ist. Das Bild wird also in ein Datenformat überführt, indem es in einzelne kleine Bildpunkte aufgelöst wird, die dann als Farbwerte in Form von (binären) Zahlenwerten gespeichert und verarbeitet werden können. Dies heißt aber auch, dass auf der Ebene der Maschine die Bedeutung des zu Verarbeitenden nicht mehr erkennbar ist. Die Information, dass es sich bei einem Datensatz um ein Bild handelt, muss zusätzlich zu den Daten festgehalten werden, z.B. in entsprechenden Dateinamen. Informativ wird der Datensatz erst dann wieder, wenn die Zahlenwerte in Farbcodes umgewandelt und auf einer Präsentationsläche, z.B. dem Bildschirm, sichtbar gemacht und von einem Betrachter als Bild gedeutet werden. Neben der Überführung von Informationen in Daten sollten Kinder und Jugendliche Gelegenheit erhalten, verschiedene Formen der Erfassung von Daten kennenzulernen und zu bewerten. Dazu können neben manuellen Formen der Eingabe von Daten insbesondere Sensoren thematisiert werden, die Umwelteindrücke registrieren, die dann als Daten weiterverarbeitet werden. Am Beispiel des Smartphones kann bereits eine Vielzahl solcher Sensoren – Näherungs-, Helligkeits-, Temperatur-, Neigungs-, Rotations-, Beschleunigungs- oder GPS-Sensor – aufgezeigt werden. Vor diesem Hintergrund können die Lernenden überlegen, welche der damit erhobenen Daten zu welchen Zwecken verarbeitet werden können, welche weiteren Anwendungen es im Alltag gibt und wie dies zu bewerten ist. Darüber hinaus kann auf Formen der Erhebung von Daten eingegangen werden, die in der Regel unbemerkt erfolgen, z.B. durch Videokameras an öfentlichen Plätzen und im Verkehr oder im Hintergrund der Nutzung von Softwareanwendungen, z.B. bei der Durchführung von Anfragen mit einer Suchmaschine. Verstehen und Bewerten von Modellierung und algorithmischer Datenverarbeitung: Um ein Grundverständnis für die Prozesse zu erhalten, die den medialen Erscheinungsformen der digitalen Welt zugrunde liegen, ist es wichtig, mindestens in exemplarischer Weise einmal Schritte der Modellierung und Algorithmisierung zu durchlaufen. Soll ein Wirklichkeitsausschnitt oder ein Prozess von einem Computer verarbeitet werden, müssen die damit verbundenen Objekte zunächst in eine formale Form, d.h. in Zeichenform gebracht werden. So können Schülerinnen und Schüler beispielsweise mit Hilfe eines Temperaturfühlers, eines Einplatinencomputers und einer Reihe von Leuchtdioden ein hermometer entwickeln, dessen Aufbau sie zunächst in einer Zeichnung festhalten und die funktionalen Zusammenhänge zwischen registrierten Werten des Sensors und Ausgaben über die Leuchtdioden als Text formulieren. In einem weiteren Schritt lassen sich diese Zusammenhänge präzisieren und als Algorithmus formulieren. Dabei können sich

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die Lernenden mit Konzepten wie Schleifen, bedingten Anweisungen und Variablen auseinandersetzen. Über eine graische Programmieroberläche kann schließlich eine niedrigschwellige Implementierung des Algorithmus in Form einer Programmiersprache erfolgen, sodass das hermometer erprobt werden kann. Auf dieser Basis lässt sich zusammenfassend relektieren, welche Bedingungen an die maschinelle Verarbeitung und den Entwurf von Algorithmen gestellt werden (vgl. z.B. Schön, Ebner u. Narr 2016; Herzig 2017). Verstehen und Bewerten von automatisierten Abläufen und Vernetzung: Die Medienlandschaft basiert technisch auf einem weltweit verknüpften Netz von Computern bzw. Informatiksystemen, die es ermöglichen, an beliebigen Orten erhobene Daten zusammenzuführen und auszuwerten. Dies geschieht nicht nur durch einzelne Nutzerinnen und Nutzer, sondern auch durch automatisierte Prozesse, z.B. in Form der permanenten Durchforstung des Internets nach neuen Daten, der Aufbereitung der Ergebnisse für Suchmaschinen oder der automatisierten Suche nach Zusammenhängen zwischen den erfassten Daten. So können Schülerinnen und Schüler überlegen, welche Daten in Bezug auf das Nutzungsverhalten einzelner Personen für einen Suchmaschinenbetreiber interessant sein könnten, um gezielt Werbung für diese Person anzubieten. In diesem Kontext können Daten zu verwendeten Suchbegrifen, zu besuchten Webseiten, zu bestellten Produkten, zu Personen, mit denen jemand über soziale Netzwerke verbunden ist bzw. denen jemand „folgt“ oder zu häuig gelesenen hemen genannt werden. Aus der Analyse vieler solcher Einzeldaten und ihrer Kombination können dann z.B. besondere Vorlieben, Interessen oder auch Gewohnheiten erschlossen werden, die eine darauf abgestimmte Speziizierung von Werbung erlauben. Vor diesem Hintergrund sollten auch Grundideen und Anwendungsbeispiele von Big Data, d.h. der Analyse von großen Datenmengen mit dem Ziel, Zusammenhänge in den Daten aufzuspüren und auf dieser Basis Prognosen für die Zukunft zu erstellen, erarbeitet und bewertet werden (siehe auch Abschnitt 5.2.3). Für eine entsprechende Auseinandersetzung können auch Beiträge aus der öfentlichen Presse genutzt werden, in denen Anwendungen wie die automatisierte Erkennung von Gesichtern unter Datenschutzaspekten diskutiert werden. 6.1.4 Geeignete Vorgehensweisen Auch die thematischen Akzentsetzungen des Aufgabenfeldes „Verstehen und Bewerten der Medienlandschaft und ihrer digitalen Infrastruktur“ lassen sich durch erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- und beurteilungsorientierte Zugänge erschließen. Beispielsweise kann die Unterscheidung von Medienarten u.a. dadurch angeregt werden, von einem Angebotsformat, z.B. Nachrichten, auszugehen und zu erkunden, in welchen medienbezogenen Kontexten Nachrichten zu inden sind. Dies kann der Ausgangspukt für eine Systematisierung in Bezug auf Medienarten sein. Je nach Zielgruppe lässt sich auch ein anderes Angebotsformat bzw. eine ande-

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re Gestaltungsform als Ausgangspunkt wählen, z.B. Märchen, Sportberichte oder Werbeangebote. Entsprechende eigene Erkundungen sollen einerseits dazu führen, auf die Vielfalt von Medienarten aufmerksam zu werden, andererseits aber auch ins Bewusstsein zu heben, dass einzelne Anbieter ihr Angebot über verschiedene Medienarten verbreiten und diese auch miteinander verbinden. Die Auseinandersetzung mit Fragen von Medienkonvergenz kann beispielsweise dadurch initiiert werden, dass Schülerinnen und Schüler sich in die Situation einer Fernsehredaktion versetzen sollen, in der beraten wird, parallel zur Darbietung einer beliebten Serie auch Twitter als Diskussionsforum aktiv einzusetzen. Für jüngere Zielgruppen kann als Beispiel auch eine Webseite zu einer beliebten Kindersendung dienen. Zur Vorbereitung einer Entscheidung in der Redaktion sollen die Lernenden unter verschiedenen Kriterien Argumente erarbeiten, die für oder gegen die Erweiterung des Angebots sprechen. Eine solche Vorgehensweise könnte zum einen eine Relexion des eigenen Nutzungsverhaltens und damit verbundener Bedürfnisse in die Überlegungen einließen lassen, zum anderen aber auch dafür sensibilisieren, dass mit der Verbindung einzelner Medienarten nicht nur eine Zusammenführung auf einer technischen Basis verbunden ist, indem z.B. Fernsehangebote und Radiobeiträge im Internet präsentiert werden, sondern auch einzelne Angebote über verschiedene Medienarten inhaltlich miteinander verbunden werden, indem z.B. zu einer bestimmten Fernsehsendung eine begleitende Webseite, ein Twitter-Hashtag und ein Weblog eingerichtet werden. Ein entscheidungsorientiertes Vorgehen bietet sich darüber hinaus an, weil es auf die Notwendigkeit aufmerksam macht, Entscheidungen nicht nur nach persönlichen Vorlieben zu trefen, sondern unter Abwägung von kriterienbezogenen Argumenten. Alternativ lässt sich die Auseinandersetzung mit der Vielfalt von Medienarten und Konvergenztendenzen auch durch ein beurteilungsorientiertes Vorgehen anregen, indem eine Entscheidung nicht erst gefunden werden soll, sondern als getrofen vorausgesetzt wird und von den Lernenden unter verschiedenen Gesichtspunkten beurteilt werden soll. Zur Auseinandersetzung mit der Vielfalt inhaltlicher Angebote und mit möglichen Zugangsformen bieten sich ebenfalls erkundungsorientierte Vorgehensweisen an. So können Schülerinnen und Schüler beispielsweise durch den Besuch einer Bibliothek für den Bereich der Printmedien das inhaltliche Angebot erkunden und zusammenstellen. Dabei wird vermutlich schon deutlich werden, dass die Bibliothek auf die Veränderungen in der Medienlandschaft reagiert und das Angebot über den Printbereich hinaus erweitert hat. Ein solches Vorgehen lässt auch erwarten, dass die Lernenden neben dem Printbereich auf andere Medienarten aufmerksam werden, z.B. Tonmedien, Lern- und Unterhaltungssoftware oder webbasierte Angebote zum Ausleihen bzw. Download von elektronischen Zeitschriften und Zeitungen. In ähnlicher Weise könnten die Kinder und Jugendlichen die inhaltliche Vielfalt von Medienangeboten, ausgehend von ihren eigenen Interessen, durch einen Vergleich

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von Apps auf ihren Smartphones erkunden. Sowohl die Erkundung eines Bibliotheksangebotes als auch der inhaltlichen Angebotspalette von Apps kann genutzt werden, erweiternd danach zu fragen, in welcher Weise diese Angebote zugänglich sind und wie dies zu bewerten ist. Dies sollte Einsichten ermöglichen in Bezug auf frei zugängliche und durch Kauf oder Ausleihe kostenplichtige Angebote sowie mögliche Folgekosten, z.B. bei In-App-Käufen, in Bezug auf technische Voraussetzungen für die Nutzung von Angeboten, z.B. in Form von Endgeräten oder Infrastrukturen, oder in Bezug auf die Möglichkeiten der eigenen Beteiligung, z.B. bei netzbasierten Angeboten oder bei Bürgermedien. In gestaltungsorientierter Weise ließe sich die Auseinandersetzung mit diesen Fragen auch durch eine Aufgabe anregen, in der die Schülerinnen und Schüler für eine Bibliothek ein Angebots- und Nutzungskonzept entwickeln, das ihre idealtypischen Vorstellungen über inhaltliche Angebote und Zugangsformen widerspiegelt. Für die Auseinandersetzung mit Fragen der Überführung von Information in Daten und Formen kann beispielsweise ein problemorientiertes Vorgehen gewählt werden. Dazu lässt sich – ausgehend von der Erfahrung der Lernenden mit dem Versenden von Bilddateien über ihre Smartphones oder andere Computer – die Frage aufwerfen, in welcher Form ein solches Bild im Smartphone verarbeitet wird. Mit Hilfe einer Bildbearbeitungssoftware können die Lernenden zunächst erarbeiten, wie Bildelemente, z.B. einzelne geometrische Formen, über ein standardisiertes System von Farbcodierungen, z.B. das RGB-Farbmodell, in Zahlenwerte umgerechnet werden. An dieser Stelle kann dann auch das Binärsystem eingeführt werden, wenn es noch nicht bekannt ist, um deutlich zu machen, wieviele Farben bei einer Mischung aus Rot-, Grün- und Blauanteilen und einer Codierung jedes Anteils in einem Byte erzeugt werden können. Diese Vorgehensweise macht deutlich, dass auf der Ebene der binären Codierungen nicht mehr erkennbar ist, dass es sich bei den Binärwerten um Farben handelt, d.h. die Information über eine Farbe ist in ein bedeutungsfreies Datum umgewandelt wurden. Im weiteren Verlauf kann dann das Prinzip der Farbcodierung auf einzelne Punkte bzw. Pixel erweitert werden, in die das Bild aufgelöst wird und die sich im menschlichen Auge zu einem lächigen Gesamteindruck zusammensetzen. Für Einsichten zu Varianten der Datenerfassung und zur Vernetzung ist u.a. ein entscheidungsorientiertes Vorgehen geeignet. Dies bietet sich nicht zuletzt deshalb an, weil Schülerinnen und Schüler in alltäglichen Nutzungszusammenhängen von diesbezüglichen Entscheidungen und ihren Folgen betrofen sind. So kann beispielsweise die Aufgabe gestellt werden, dass ein Jugendlicher vor der Entscheidung steht, in einer Anwendung auf seinem Smartphone den Zugrif einer App auf Daten oder Sensoren seines Handys freizugeben oder nicht. Dies lässt sich zum Anlass nehmen, zunächst Arten der Erfassung von Daten zu erarbeiten und danach zu fragen, über welche Wege diese Daten dann weiterverarbeitet werden. Dabei sollte auch deutlich werden, dass viele der mit der Erfassung und Verarbeitung der Daten

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verbundenen Prozesse automatisiert ablaufen und häuig den Nutzenden gar nicht bewusst sind. Um Prozesse der Modellierung und der algorithmischen Verarbeitung von Daten zu verstehen und bewerten zu können, bietet sich u.a. ein gestaltungsorientiertes Vorgehen an, weil die eigenständig ausgeführten Tätigkeiten des Entwerfens, des Konstruierens und des Programmierens einer digitalen Anwendung erlauben, in vereinfachter und exemplarischer Weise informatische Grundkonzepte und Modellierungsschritte kennenzulernen und entsprechende Zusammenhänge zu verstehen. Zudem lassen sich im Zusammenhang von Systemen mit Sensoren, Aktoren und Mikrocontrollern sehr kreative Anwendungen entwickeln, die zum einen die Motivation fördern können und auch in geschlechtsspeziischer Hinsicht für Jungen und Mädchen den Bedürfnissen, Interessen oder Erfahrungen entsprechende Beispiele zulassen. Wir empfehlen, dass Sie sich nun noch einmal Ihre ersten Einschätzungen zu dem Projektbeispiel gemäß den Fragen im Abschnitt 6.1.1 bewusst machen. Überdenken Sie bitte vor dem Hintergrund der Ausführungen in den Abschnitten 6.1.2 bis 6.1.4 Ihre ersten Einschätzungen und nehmen Sie gegebenenfalls Ergänzungen vor.

6.2 Analysieren und Einschätzen von Gestaltungsmerkmalen und Prozessen der Erzeugung medialer Botschaften 6.2.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Kinder und Jugendliche werden durch die Medien ständig mit Informationen, iktiven Geschichten oder Werbung konfrontiert. Für eine relektierte Nutzung der vielfältigen Angebote ist es wichtig, die Zeichensprache der Medien zu verstehen und zu bewerten. Auch für die eigene Gestaltung von Medien sind Verständnis und Urteilsfähigkeit im Bereich medialer Ausdrucksweisen bedeutsam. Dabei konnte man lange Zeit davon ausgehen, dass die medialen Botschaften von einem Menschen – wenn auch mit zunehmend technischen Hilfsmitteln – gestaltet worden sind. Mittlerweile sind auf der Grundlage der digitalen Techniken neben den Menschen Computer bzw. Informatiksysteme als Erzeuger medialer Botschaften getreten, z.B. in Form sozialer Roboter, die entweder als physisch vorhandene humanoide Roboter oder als virtuell existierende Agenten oder Bots agieren (siehe Abschnitt 1.1.2). Insofern ist es über das Verständnis und die Bewertung der Zeichensprache von Medien hinaus notwendig, den Blick auf Prozesse der Erzeugung medialer Botschaften zu richten. Für die hematisierung von Mediengestaltungen und ihrer Erzeugung gibt es in Schule oder Freizeit immer wieder Anlässe. So können Kinder oder Jugendliche z.B. vor folgenden Fragen stehen:

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Soll ich mich auf einer Internetplattform nur durch einen Text oder auch durch ein Bild oder ein Video präsentieren? Welche Einstellungsgröße, z.B. Groß, Nah oder Halbnah, und welchen Blickwinkel, z.B. von oben, von unten oder normal, soll ich bei einem fotograischen Selbstporträt wählen? Woran kann ich erkennen, ob es sich bei einer gegebenen medialen Botschaft eher um einen Bericht, eine Meinungsäußerung oder eine manipulative Nachricht handelt? Soll ich zum Lernen eines bestimmten Sachverhalts lieber ein linear ablaufendes Erklärvideo oder ein Lernprogramm mit Interaktionsmöglichkeiten wählen? Wäre es für ein Kurzporträt unserer Schule zu einem anstehenden Tag der ofenen Tür besser, ein Poster, einen Flyer, ein Video oder eine Webseite zu gestalten? Wie kann ich bei Postings in einem Sozialen Netzwerk entscheiden, ob sie von einem Menschen oder von einem Roboter stammen? Solche oder ähnliche Fragen können als Anlass genutzt werden, um Kenntnisse zu unterschiedlichen Gestaltungsvarianten von Medien und zu Prozessen der Erzeugung medialer Botschaften sowie Fähigkeiten zur Bewertung grundzulegen. Im Folgenden wird eine Handlungslinie für ein Projekt skizziert, das sich auf die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten bezieht und sich mit „Mediale Variationen“ überschreiben lässt (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Grafe 2010, S.270f.). Ein solches Projekt könnte z.B. in einer neunten oder zehnten Jahrgangsstufe – in einem fächerübergreifenden Unterricht oder in einer Projektwoche – mit folgenden Phasen durchgeführt werden: (1) Erfahrungsbezug und Aufgabenstellung: In einem einführenden Gespräch sollte zunächst die Frage aufgeworfen werden, mit welchen medialen Möglichkeiten sich ein vorgegebener Inhalt darstellen lässt. Dies kann in den Vorschlag einmünden, ein gemeinsames hema in unterschiedlicher medialer Art zu gestalten. Dazu lassen sich verschiedene – für Jugendliche bedeutsame – hemen sammeln, z.B. Zuneigung, Freundschaft, Trennung, Aufbruch, Drogen, Konlikt, Gewalt, Trauer, Einsamkeit, Freude, Heimkehr. Auf der Grundlage einer Aussprache zu den hemen, ist dann eine Entscheidung für ein hema zu fällen. Nun kann eine Ideensammlung zu der Frage stattinden, wie das hema dargestellt werden soll, z.B. als Gedicht, Kurzgeschichte, Briefroman, Fotogeschichte, Hörspiel, Videoclip oder Webseite. Wir gehen im Folgenden als Beispiel davon aus, dass sich die Lerngruppe mit der Lehrperson für eine Fotogeschichte, ein Hörspiel, einen Videoclip und eine Webseite entscheidet. (2) Zielvereinbarung: Die Lehrperson kann im Gespräch als Ziel vereinbaren, dass bei der vierfachen Realisierung des ausgewählten hemas und einem anschließenden Vergleich die besonderen Möglichkeiten und Grenzen verschiedener medialer Gestaltungsarten herausgearbeitet werden sollen. Dabei sollte für die Jugendlichen erkennbar werden, dass ihnen das Projekt helfen kann, mediale Angebote nach Inhalt und Form zu durchschauen, medienspeziische Besonderheiten in ihrer Bedeutung für inhaltliche Aussagen einzuschätzen und unterschiedliche Gestaltungsarten in angemessener Weise für die Rezeption und eigene Produktion auszuwählen. (3) Verständigung über das Vorgehen: Dazu sind zunächst Fragen zusammenzustellen, die geklärt werden müssen, ehe das ausgewählte hema in den vier vereinbarten Gestaltungs-

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arten realisiert werden kann, z.B.: Wie soll das hema inhaltlich ausgestaltet werden? Mit welchen Möglichkeiten und Grenzen kann bzw. muss man bei der Umsetzung der inhaltlichen Ideen in die jeweilige Gestaltungsart rechnen? Welche technischen Fertigkeiten müssen u.U. noch angeeignet werden? In welcher Weise soll die Realisierung des hemas in der jeweiligen Gestaltungsart organisiert werden? Im Anschluss kann geplant werden, die Fragen in vier Kleingruppen zu bearbeiten, wobei jede Kleingruppe eine Gestaltungsart übernehmen soll. (4) Erarbeitung von Grundlagen für die Gestaltung: Die Schülerinnen und Schüler können nunmehr in Kleingruppen die Fragen gemäß (3) für die von ihnen übernommene Gestaltungsart bearbeiten und sich gegebenenfalls noch notwendige Voraussetzungen aneignen – unter Nutzung vorhandener Kompetenzen bei Lernenden oder der Lehrperson. Am Ende dieser Phase sollten die Arbeitsschritte zur Gestaltung des medialen Beitrags zusammengestellt, die technischen Voraussetzungen sichergestellt und die jeweils notwendigen Aktivitäten untereinander abgesprochen werden. (5) Realisierung der jeweiligen Gestaltungsart nach Inhalt und Form: Nun lassen sich in den Kleingruppen die übernommenen Aufgaben ausführen und das hema kann in der jeweiligen Gestaltungsart realisiert werden. (6) Vergleich und Zusammenfassung: Nach der Fertigstellung können die Fotogeschichte, das Hörspiel, der Videoclip und die Webseite in der Klasse vorgestellt und besprochen werden. Dabei bietet es sich an, die realisierten Gestaltungsarten nach den gewählten Möglichkeiten zu charakterisieren: nach Darstellungsformen, nach Gestaltungstechniken, nach Gestaltungsformen und nach Ablauformen (siehe auch Abschnitt 1.2.3). Auf der Basis einer solchen Charakterisierung sollte zusammenfassend diskutiert werden, wo die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der vier realisierten Gestaltungsarten liegen, welche Bedeutung die Medienmerkmale für die Auswahl und Umsetzung inhaltlicher Ideen hatten und welche Aspekte des hemas – gegebenenfalls – besonders hervorgehoben oder vernachlässigt wurden. (7) Anwendung: Als Anwendung kann ein Buchroman oder eine Kurzgeschichte, zu dem oder zu der es eine Verilmung gibt, mit dieser verglichen und bewertet werden (vgl. z.B. Bertelsmann Stiftung u. Evangelisch Stiftisches Gymnasium 2001, S. 98f.). (8) Weiterführung und Bewertung: Falls noch Fragen zu den verschiedenen medialen Gestaltungsmöglichkeiten bestehen, können diese in der Folge bearbeitet werden. Abschließend sollten die Vorgehensweise und die Einsichten, die im Projekt gewonnen wurden, relektiert und im Hinblick auf ihre Bedeutung für die eigene Medienrezeption und Medienproduktion bedacht werden. 

Für eine Analyse und Bewertung dieses Projekts können wieder die Fragen genutzt werden, die in den Abschnitten 5.1.1 und 6.1.1 im Anschluss an das jeweilige unterrichtliche Beispiel angeführt sind. Wählen Sie bitte daraus einzelne Fragen aus, die Sie besonders interessieren, und nehmen Sie eine erste Einschätzung vor.

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Um entsprechende Analysen und Bewertungen in diferenzierter Weise durchzuführen, soll wieder eine Auseinandersetzung mit folgenden Fragen weitere Anregungen geben: (1) Welche speziischen Lernvoraussetzungen sind in dem Aufgabenfeld zu beachten und welche Kompetenzerwartungen sollten gelten? (2) Welche thematischen Akzentsetzungen sind für das Aufgabenfeld insgesamt wichtig? (3) In welcher Weise können in dem Aufgabenfeld erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen umgesetzt werden? Die folgenden Ausführungen sollen nicht nur Anregungen für die Analyse und Bewertung von Unterrichtseinheiten oder Projekten in dem hier behandelten Aufgabenfeld, sondern auch für den Entwurf eigener Beispiele geben. 6.2.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen Kinder und Jugendliche kommen in Schule und Freizeit immer wieder mit Eindrücken oder Fragen in Berührung, die mit den Gestaltungsmerkmalen von Medienbeiträgen und/oder ihrer Erzeugung verbunden sind (siehe oben). Dies verweist zunächst darauf, dass Schülerinnen und Schüler in der Regel über bestimmte Erfahrungen zu Gestaltungsmöglichkeiten von Medien verfügen. Je nach Alter sowie schulischen und außerschulischen Anlässen zur eigenen Mediengestaltung oder zur Relexion von Medienerlebnissen können die Erfahrungen allerdings sehr unterschiedlich sein. Hinsichtlich der eigenen Mediengestaltung können sie von einem eher intuitiven Vorgehen beim Verfassen eigener Texte bis zu durchdachten Entscheidungen bei der Auswahl von Gestaltungsmöglichkeiten reichen und bezüglich der Medienrezeption von unrelektiertem Medienkonsum bis zu diferenzierten Analysen von Medienangeboten. Im Hinblick auf die Erzeugung medialer Botschaften haben Kinder und Jugendliche in der Regel Erfahrungen mit Malen (als Auftragung von Farbsubstanzen auf einen materialen Träger) sowie mit der Aufzeichnung von Tönen oder Bildern (sei es in analoger oder in digitaler Form). Sowohl beim Malen als auch bei Aufzeichnungen erleben sich Kinder und Jugendliche letztlich als entscheidende Agierende, welche die medialen Inhalte auswählen. Die Entwicklung, dass digitale bzw. algorithmische Möglichkeiten auch genutzt werden, um mediale Botschaften ohne direkten Eingrif von Menschen zu erzeugen, dürfte Kindern oder Jugendlichen zwar – je nach Impulsen aus ihrer Lebenswelt – grundsätzlich bekannt sein; eine weitergehende Relexion zu Informatiksystemen als „Erzeugern“ medialer Botschaften wird in der Regel aber nur stattgefunden haben, wenn dazu schon einmal ausdrückliche schulische Anregungen gegeben wurden.

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In Abhängigkeit von den Lernvoraussetzungen lassen sich jeweils speziische Kompetenzerwartungen für Projekte oder Unterrichtseinheiten im Aufgabenfeld des Analysierens und Einschätzen von Gestaltungsmerkmalen und Prozessen der Erzeugung medialer Botschaften formulieren. Als generelle Orientierung für schulische Aktivitäten hierzu kann für den Abschluss der Sekundarstufe I angestrebt werden, dass die Jugendlichen bereit und in der Lage sind, a) Darstellungsformen, Gestaltungstechniken, Gestaltungsformen, Ablauformen und Gestaltungsarten hinsichtlich unterschiedlicher Gesichtspunkte zu erläutern, b) bei Medienangeboten und eigenen Medienbeiträgen die verwendeten oder zu verwendenden Gestaltungsmöglichkeiten analytisch zu erfassen bzw. zu bedenken, ihre Bedeutung für mediale Aussagen einzuschätzen und hinsichtlich des Verhältnisses von Form und Inhalt sowie weiterer Kriterien zu bewerten, c) unterschiedliche technische Möglichkeiten der Erzeugung medialer Botschaften – Auftragung von Substanzen, Einschreibung in materiale Träger, Erzeugung technischer Signale und ihre Übertragung, Aufnahme durch Sensoren und Umwandlung in digitale Daten sowie algorithmische Erzeugung – beschreiben und nach verschiedenen Kriterien zu bewerten. Ein solches Kompetenzniveau lässt sich über verschiedene Zwischenniveaus anstreben. Beispielsweise kann im Sinne eines ersten Zwischenniveaus (für das Ende der vierten Jahrgangsstufe) Folgendes angezielt werden: a) Ausgewählte Darstellungsformen und Gestaltungstechniken unter Beachtung von Unterschieden beschreiben. b) Bei vorhandenen Medienangeboten und eigenen Medienbeiträgen Darstellungsformen und Gestaltungstechniken bedenken. Ein zweites Zwischenniveau (für das Ende der sechsten Jahrgangsstufe) kann durch folgende Kompetenzerwartungen charakterisiert werden: a) Vorzüge und Probleme verschiedener Darstellungsformen und Gestaltungstechniken bei Medienangeboten im Hinblick auf die präsentierten Inhalte erläutern. b) Bei der Erstellung eines eigenen Medienbeitrags Darstellungsformen und Gestaltungstechniken hinsichtlich ihrer Vorzüge und Probleme abwägen und Entscheidungen dazu begründen. Auf dieser Grundlage können dann in den weiteren Jahrgangsstufen die oben beschriebenen Kompetenzerwartungen für das Ende der Sekundarstufe I in den Blick genommen werden. 6.2.3 hematische Akzentsetzungen Beim Aufgabenfeld des Analysierens und Einschätzens von Gestaltungsmerkmalen und Prozessen der Erzeugung medialer Botschaften bietet es sich an – zunächst bezogen auf die Gestaltungsmerkmale medialer Botschaften – als thematische Akzentsetzungen die im Abschnitt 1.2.3 eingeführten Medienmerkmale zugrunde zu

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legen, wobei es angemessen erscheint, die Codierungsarten und Sinnesmodalitäten unter der thematischen Akzentsetzung „Darstellungsform“ zu integrieren. Vor dem Hintergrund der obigen Kompetenzerwartungen lassen sich dann als thematische Akzentsetzungen im Hinblick auf Gestaltungsmerkmale bestimmen: das Analysieren und Einschätzen von Darstellungsformen, von Gestaltungstechniken, von Gestaltungsformen, von Ablauformen sowie von Gestaltungsarten. Des Weiteren geht es in diesem Aufgabenfeld – mit Bezug auf die Erzeugung medialer Botschaften – um eine thematische Akzentsetzung bei der Analyse und Einschätzung von entsprechenden Prozessen. Bei allen thematischen Akzentsetzungen zu den Gestaltungsmerkmalen medialer Botschaften ist es wichtig, sich jeweils verschiedene Möglichkeiten, die bei den einzelnen Gestaltungsmerkmalen gegeben sind, bewusst zu machen, Unterschiede herauszuarbeiten, Vorzüge und Probleme der einzelnen Möglichkeiten zu bedenken und die – bei einem vorhandenen oder zu erstellenden Medienprodukt – ausgewählten bzw. auszuwählenden Möglichkeiten im Aspekt verschiedener Kriterien zu bewerten. Als besonders wichtiges Kriterium lässt sich dabei die Übereinstimmung von medialer Form und inhaltlicher Aussage hervorheben. Andere generelle Kriterien können z.B. die Originalität oder die Angemessenheit der gewählten Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf vorhandene Voraussetzungen der Zielgruppe oder im Hinblick auf das Verhältnis von Aufwand und Ertrag sein sowie die verantwortliche Nutzung der medialen Möglichkeiten. Diese – für die Gestaltungsmerkmale insgesamt relevanten – Überlegungen können für die einzelnen thematischen Akzentsetzungen zum Teil noch speziiziert werden. Analysieren und Einschätzen von Darstellungsformen: Im Bereich der Darstellungsformen lassen sich z.B. die Grundformen des schriftlichen Textes, des Bildes, des Hörbeitrags und des bewegten Bildes in den Blick nehmen. Die Grundformen können auch in kombinierter Form auftreten, u.a. als vertonte Bildfolge. Die verschiedenen Darstellungsformen lassen sich nach den jeweiligen Codierungsarten und Sinnesmodalitäten beschreiben und unterscheiden. Beispielsweise entspricht der schriftliche Text der symbolisch-verbalen Codierungsart und der visuellen Sinnesmodalität (siehe Abschnitt 1.2.3). Auf Grundlage entsprechender Charakterisierungen können anhand von Beispielen Vorzüge und Probleme herausgearbeitet und schließlich kriterienbezogene Bewertungen vorgenommen werden. Analysieren und Einschätzen von Gestaltungstechniken: Hinsichtlich der Gestaltungstechniken geht es u.a. darum, wichtige Unterschiede – bezogen auf die genannten vier grundlegenden Darstellungsformen sowie bezogen auf interaktive Beiträge – bewusst zu machen (siehe auch Abschnitt 1.2.3). So ist es z.B. ein Unterschied, ob eine Person auf einem Bild aus der Normalsicht oder aus der Frosch- oder der Vogelperspektive dargestellt wird, ob es in einem

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schriftlichen Text Markierungen gibt oder ob darauf verzichtet wird, wie bei einem Hörbeitrag die Lautstärke und hohe sowie tiefe Töne eingestellt werden und ob bei einer Webseite die Fenstertechnik oder andere Techniken zum Einsatz kommen. Solche Unterschiede können z.B. im Hinblick auf die Aufmerksamkeitslenkung sowie auf weitere Beeinlussungen der Wahrnehmung herausgearbeitet und bewertet werden. Analysieren und Einschätzen von Gestaltungsformen: Bei Gestaltungsformen, u.a. Bericht, Kommentar, Lehrprogramm, Werbung, Moderation, Spielszene, Interview, Simulation und Reportage, kann man zunächst bestimmte Charakteristika verschiedener Möglichkeiten herausstellen (siehe auch Abschnitt 1.2.3). So kommt es bei einer Simulation z.B. auf die Frage an, inwieweit die zugrunde liegende Modellbildung von der Realität abstrahiert, und bei einem Interview spielt die Fragetechnik eine besondere Rolle. Zur Herausarbeitung von Unterschieden lassen sich u.a. die Funktionen heranziehen, die mit verschiedenen Gestaltungsformen verbunden sind. Dabei können z.B. informierende, bewertende, kommentierende, lehrorientierte, unterhaltende, entscheidungsunterstützende, werbende, aktivierende und instrumentelle Funktionen unterschieden werden. Bewertungen von Gestaltungsformen können auf die Frage zielen, ob die Charakteristika der jeweils gewählten Gestaltungsform erfüllt und funktionsgerecht ausgeführt sind. Auf einer nächsten Ebene lässt sich nach dem aufklärerischen oder manipulativen Gehalt von verwendeten Gestaltungsformen fragen, wobei auch die Frage möglicher Vermischungen von Grundfunktionen, z.B. Information und Unterhaltung beim so genannten Infotainment, zu bedenken ist. Analysieren und Einschätzen von Ablauformen: Bei den Ablauformen, z.B. linearen oder nicht-linearen mit responsiven oder adaptiven Möglichkeiten, geht es ebenfalls zunächst darum, diese jeweils zu charakterisieren (siehe auch Abschnitt 1.2.3). Die verschiedenen Ablauformen lassen sich des Weiteren z.B. danach unterscheiden, ob sie ruhend oder lüchtig sind, welche Steuerungsmöglichkeiten sie bieten und ob sie eher rezeptions- oder eher interaktionsorientiert sind. So können beispielsweise lineare Formen ruhend präsentiert werden, z.B. ein schriftlicher Text, oder lüchtig, z.B. ein Kinoilm. Bei der ruhend-linearen Präsentation lässt sich die Rezeption ebenso wie bei responsiven Ablauf- und Interaktionsformen, z.B. bei einer Informationsrecherche im Internet, selbst steuern. Bei einer lüchtigen Präsentation wird die Ablaufgeschwindigkeit demgegenüber vorgegeben. Gleichzeitig lassen sich lineare Abläufe in der Regel als eher rezeptionsorientiert charakterisieren, während z.B. responsive Abläufe interaktionsorientiert sind. Auf der Grundlage solcher und weiterer Charakterisierungs- und Vergleichsaspekte ergibt sich jeweils die Möglichkeit, für unterschiedliche Fälle Vorzüge und Probleme zu benennen sowie weitergehende Bewertungen vorzunehmen.

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Analysieren und Einschätzen von Gestaltungsarten: Die Gestaltungsarten, z.B. Kriminalroman, Radiohörspiel, Computersimulation, Videoclip, Hörmagazin, Fernsehserie oder Webseite, lassen sich generell und mit Bezug auf ein bestimmtes mediales Produkt hinsichtlich der oben angesprochenen möglichen oder ausgewählten Gestaltungsmerkmale charakterisieren (siehe auch Abschnitt 1.2.3). So mag eine konkrete Webseite z.B. schriftliche Texte, Bilder oder Filme als Darstellungsformen enthalten. Dabei können verschiedene Gestaltungstechniken zur Geltung kommen: verschiedene Hervorhebungen bei den schriftlichen Texten, unterschiedliche Einstellungsgrößen bei den Bildern oder verschiedene Montagetechniken bei Filmen; diese sind möglicherweise in unterschiedliche Gestaltungsformen, z.B. Berichte, Spielszenen oder Simulationen, eingebettet; die Ablauform kann insgesamt responsiv gestaltet sein und dabei auch lineare Abläufe zulassen. Auf der Grundlage solcher Charakterisierungen und Analysen lassen sich dann Vorzüge und Probleme der jeweiligen Webseite und weitergehende kriterienbezogene Bewertungen erarbeiten. Analysieren und Einschätzen von Prozessen der Erzeugung medialer Botschaften: Hier geht es zunächst darum, sich bewusst zu machen, dass mediale Botschaften in technischer Hinsicht sehr unterschiedlich erzeugt werden können, und zwar indem (a) bestimmte Substanzen, z.B. Wasser- oder Ölfarben, auf einen materialen Träger, u.a. auf Papier, aufgetragen werden, (b) optische oder akustische Signale in ein Trägermaterial eingeschrieben werden, z.B. in Fotopapier oder in eine DVD, (c) technische Signale erzeugt und übertragen werden, u.a. bei analogem Radio, (d) physikalische Signale durch Sensoren erfasst, in digitale Daten umgewandelt und für Speicherung und Wiedergabe verarbeitet werden, (e) zeichenfähige Muster durch algorithmische bzw. maschinelle Prozesse generiert werden (vgl. Herzig 2012, S. 157f.; siehe auch Abschnitt 4.4.4). Die verschiedenen Prozesse lassen sich hinsichtlich ihrer je speziischen Chancen und Grenzen vergleichen und bezüglich ihrer gestalterischen Spielräume und Eingrifsmöglichkeiten diskutieren und bewerten. Dabei sind auch die menschlichen Aktivitäten und Einlussmöglichkeiten bei der Erzeugung medialer Botschaften im Verhältnis zu den jeweiligen technischen Prozessen zu thematisieren und zu beurteilen. Ein hema von besonderer Wichtigkeit sind in diesem Zusammenhang Social Bots, die Fake-Accounts generieren und damit einen menschlichen Nutzenden vortäuschen. Social Bots können in Sozialen Netzwerken wie Menschen Zustimmung oder Ablehnung zu geäußerten Meinungen signalisieren und Kommentare posten, die vorgefertigt oder themenbezogen generiert sein können. Durch die Schnelligkeit und Häuigkeit ihrer Reaktionen auf die ausgewählten hemen lässt sich so zum einen der Eindruck erwecken, dass dieses hema breites Interesse hervorruft und deshalb besonders wichtig erscheint, zum anderen lassen sich so gezielte Falschmeldungen oder bestimmte Meinungen verbreiten, sodass falsche Vorstellungen über die Wirklichkeit entstehen und/oder Meinungen im Sinne der Urheber von Social Bots manipuliert werden können.

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Dies kann weitgehende Auswirkungen auf die in einer Gesellschaft diskutierten hemen sowie auf die öfentliche und politische Meinungsbildung haben (vgl. z.B. BPB 2017). Dabei wird es immer schwieriger, Social Bots zu enttarnen – wenn auch einzelne Möglichkeiten dazu existieren (vgl. ebd.) Auf jeden Fall muss im Rahmen der Medienbildung eine aufklärende und bewertende Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Social Bots erfolgen. 6.2.4 Geeignete Vorgehensweisen Die oben skizzierten thematischen Akzentsetzungen bei den verschiedenen Gestaltungsmerkmalen lassen sich wieder in erkundungs-, problem-, entscheidungs-, beurteilungs- oder gestaltungsorientierter Weise angehen. Dabei kommt einem gestaltungsorientierten Vorgehen aus inhaltlicher und motivationaler Sicht eine besondere Bedeutung zu: aus inhaltlicher Sicht, weil für eine relektierte Gestaltung von eigenen Medienbeiträgen die Kenntnis und Bewertung verschiedener Gestaltungsmöglichkeiten grundlegend ist und diese so von vornherein in einen Anwendungszusammenhang gestellt werden, aus motivationaler Sicht, weil die Möglichkeit, selbst etwas zu gestalten, in der Regel einen positiven Einluss auf die Bereitschaft hat, sich mit entsprechenden hemen auseinanderzusetzen. Beispielsweise könnte man die Teilaufgabe des Verstehens und Bewertens von Darstellungsformen bereits in den ersten Jahren der Grundschule dadurch bearbeiten, dass die Kinder angeregt werden, ein bekanntes Märchen in verschiedener Form darzustellen (vgl. Tulodziecki et al. 1995, S. 41f.). Dieser Inhalt erscheint für die Grundschule besonders geeignet, weil er an Erfahrungen der Kinder anknüpft und ihnen die Möglichkeit gibt, ihre Vorstellungen zu Märcheniguren und Märchenereignissen in unterschiedlicher Art und Weise auszudrücken, z.B. als Hörbuch mit gesprochenen Texten und passenden Geräuschen oder als Bildergeschichte durch gemalte Bilder oder inszenierte Fotos. Ein solchermaßen gestaltungsorientiertes Vorgehen zur Erarbeitung von Einsichten in die medialen Gestaltungsmöglichkeiten kann auch für die anderen thematischen Akzentsetzungen sowie für spätere Jahrgangsstufen – mit altersgerechten hemen – realisiert werden. Dabei bieten sich u.U. Kombinationen mit anderen Vorgehensweisen an. Beispielsweise wäre es im Rahmen der Behandlung des hemas „Zeitung“ wichtig herauszuarbeiten, welche Textsorten bzw. Gestaltungsformen in Zeitungen zu inden sind bzw. verwendet werden. Dies ließe sich z.B. in der Form eines erkundungsorientierten Vorgehens realisieren, das dann in ein gestaltungsorientiertes Vorgehen mit der Erstellung einer eigenen Zeitung oder in ein beurteilungsorientiertes Vorgehen mit der vergleichenden Analyse und Bewertung unterschiedlicher Zeitungstypen einmünden könnte. Damit ist bereits angedeutet, dass sich u.U. auch ein beurteilungsorientiertes Vorgehen anbietet. So kann z.B. die Erfahrung, dass man mit bestimmten computerbasierten Lehrprogrammen besonders gern und mit anderen überhaupt nicht gern

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lernt oder dass einem bestimmte Webseiten oder Computerspiele besonders gut und andere gar nicht gefallen, zum Anlass genommen werden, um solche Medienangebote nicht nur im Hinblick auf die Inhalte und Darstellungsformen in den Blick zu nehmen, sondern auch hinsichtlich der mit ihnen verbundenen Ablaufformen. Darüber hinaus lassen sich Gestaltungsmerkmale von Medien auch in entscheidungsorientierter Weise erarbeiten. Beispielsweise können Jugendliche, die für ein Schulfest eine Dokumentation erstellen möchten, vor die Frage gestellt werden, in welcher Gestaltungsart die Dokumentation erfolgen soll, z.B. in der Form einer Broschüre oder als Videodokumentation oder als Webseite. Die Entscheidung würde anschließend in ein gestaltungsorientiertes Vorgehen einmünden. Des Weiteren lassen sich Unterrichtseinheiten oder Projekte zur Erarbeitung medialer Gestaltungsmöglichkeiten und zu ihrer Bewertung in problemorientierter Weise durchführen. Beispielsweise könnte im Hinblick auf ilmische Gestaltungstechniken die Frage aufgeworfen werden, wie es in Actionilmen, Krimis oder Vorabendserien gelingt, inhaltliche Spannungsmomente durch Gestaltungsmittel zu unterstützen oder wie diese eingesetzt werden, um bestimmte Personen sympathisch oder unsympathisch erscheinen zu lassen. Zu diesem Zweck könnten die Schülerinnen und Schüler angehalten werden, Filmprotokolle zu erstellen und anhand dieser herauszuinden, welche Gestaltungsmittel zur Erzeugung von Spannung, Sympathie oder Antipathie genutzt werden (vgl. Tulodziecki 1997, S. 180f.). Nicht nur für die Auseinandersetzung mit medialen Gestaltungsmerkmalen, auch für die hematisierung von Prozessen der Erzeugung medialer Botschaften eignet sich ein erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientiertes Vorgehen. Ein erkundungsorientiertes Vorgehen bestände z.B. darin, in medienhistorischer Perspektive herauszuinden, über welche Stationen sich die Erzeugung medialer Botschaften entwickelt hat – von den Höhlenmalereien in prähistorischer Zeit bis zur heutigen algorithmischen Erzeugung durch Bots. Ein problemorientiertes Vorgehen könnte z.B. aus der Frage entstehen, ob und wie sich gegebenenfalls Postings, die durch Bots erzeugt wurden, von Postings eines menschlichen Nutzenden unterscheiden lassen. Ein entscheidungsorientiertes Verfahren ließe sich z.B. dadurch initiieren, dass in einem Rollenspiel ein Gespräch in einer Parteizentrale simuliert würde, in dem zu entscheiden ist, ob in einem Wahlkampf auch Social Bots eingesetzt werden sollen. Ein gestaltungsorientiertes Vorgehen wäre z.B. gegeben, wenn für ausgewählte Postings in einem Sozialen Netzwerk Kommentare entworfen werden, die später mittels Social Bots verbreitet werden könnten. Mit jeder dieser Vorgehensweise ließen sich beurteilungsorientierte Vorgehensweisen verbinden, indem z.B. die herausgefundenen Entwicklungen bei Prozessen der Erzeugung medialer Botschaften hinsichtlich ihrer Chancen und Risiken, die möglichen Verfahren zur Enttarnung hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, die Entscheidungen zur Nutzung von Social Bots bei einem Wahlkampf hinsichtlich ihrer Vertretbar-

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keit oder die entworfenen Kommentare für einen Social Bot hinsichtlich sozialer Verantwortung bewertet würden. Vor dem Hintergrund der Überlegungen in den Abschnitten 6.2.2 bis 6.2.4 können Sie nun erneut das eingangs skizzierte Projekt in den Blick nehmen und Ihre anfänglichen Einschätzungen zu den von Ihnen ausgewählten Fragen bedenken und gegebenenfalls modiizieren oder erweitern. Wenn Sie möchten, können Sie auch weitere Analyse- und Bewertungsfragen für eine Einschätzung des Beispiels in den Blick nehmen.

6.3 Erkennen und Aufarbeiten von Medieneinlüssen auf Individuum und Gesellschaft 6.3.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Die umfangreiche Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen führt tagtäglich zu vielfältigen medialen Erfahrungen, die nicht ohne Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Welt, auf Bedürfnisse und Emotionen sowie auf das Denken und Handeln von Individuen in sozialen Zusammenhängen bleiben. Im Rahmen der Medienbildung stellt sich die wichtige Aufgabe, solche Einlüsse zu thematisieren. Dazu bieten sich vielfältige Anlässe, z.B.: – Jugendliche, die häuiger Krimis anschauen, haben möglicherweise die Erfahrung gemacht, dass sich bei ihnen beim Betreten einer Tiefgarage ein ungutes Gefühl einstellt. – Bei der Urlaubsplanung in der Familie werfen Eltern u.U. die Frage auf, ob man der Darstellung einer ins Auge gefassten Ferienanlage auf der Webseite eines Reiseanbieters Glauben schenken kann. – Jugendliche leiden zum Teil an der Erfahrung, dass sie körperlich bei Weitem nicht so schön und attraktiv sind, wie sie es – aufgrund der Bilder, die sie ständig in Medienangeboten wahrnehmen – gern sein möchten. – Nach einem Amoklauf taucht häuig die Frage auf, inwieweit der Amokläufer aufgrund von Computerspielen zu seiner Tat angeregt wurde, u.U. verbunden mit der Forderung nach einem Verbot von Shooter-Spielen. – Nach einem in der Klasse aufgetretenen Fall von Cyber-Mobbing stellt sich die Frage, welche Folgen dies haben kann, z.B. soziale Isolierung, Stress, psychische Probleme oder gar Suizid. – An Wahltagen wird in der Regel mitgeteilt, dass vor Schließung der Wahllokale keine Wahlprognosen veröfentlicht werden dürfen (um mögliche Beeinlussungen der letzten Wähler zu vermeiden). Solche oder ähnliche Situationen können zum Anlass für Unterrichtseinheiten oder Projekte genommen werden, bei denen es um eine Aufklärung von Medieneinlüs-

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sen und um mögliche Maßnahmen geht, Medieneinlüsse aufzuarbeiten bzw. zu kontrollieren. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass sich Kinder oder Jugendliche mit ausgewählten kommunikationswissenschaftlichen hesen zu Einlüssen der Mediennutzung auseinandersetzen. So haben wir z.B. im Abschnitt 1.1.4 darauf hingewiesen, dass Vorderer und Klimmt (2016) mit Bezug auf die Situation des „permanently online, permanently connected“ verschiedene hesen zu möglichen Auswirkungen vertreten. Beispielsweise lassen sich ihren Überlegungen zu der Frage „Wie wir bald Beziehungen führen“ hesen folgender Art entnehmen (vgl. S. 33): – Räumliche Nähe zu Personen verliert an Bedeutung; an ihre Stelle tritt Erreichbarkeit. – Konversationsfäden, die sich beliebig unterbrechen oder fortführen lassen, ersetzen zunehmend konzentrierte Gespräche mit klaren Anfangs- und Endpunkten. – Verbindlichkeit von Absprachen wird aufgrund leichter Erreichbarkeit und Revidierbarkeit immer mehr durch Unverbindlichkeit verdrängt. – Aufgrund ständiger Verbindung wird soziale Kontrolle erleichtert; Kontrolle tritt tendenziell an die Stelle von Vertrauen. – Aufmerksamkeit erreicht als Zeichen sozialer Anerkennung einen immer größeren Stellenwert; die Bedeutung ausdrücklicher Wertschätzung nimmt demgegenüber ab. – Aufgrund es leichten Austausches von Bildern wird zunehmend der Eindruck des Dabeiseins vermittelt; Nacherzählungen verlieren an Bedeutung. Eine unterrichtliche Auseinandersetzung mit diesen hesen könnte ein Nachdenken über mögliche Auswirkungen der Smartphone-Nutzung im Bereich sozialer Beziehungen anre gen.

Überlegen Sie bitte, wie ein entsprechender Unterrichtsablauf aussehen könnte, und skizzieren Sie bitte einen ersten Entwurf für ein mögliches unterrichtliches Vorgehen. Um weitergehende Anregungen für die Gestaltung einer entsprechenden Unterrichtseinheit sowie für weitere Unterrichtseinheiten und Projekte in dem Aufgabenfeld des „Erkennens und Aufarbeitens von Medieneinlüssen“ zu erhalten, ist es erneut sinnvoll, folgenden Fragen nachzugehen: (1) Welche speziischen Lernvoraussetzungen sind in diesem Aufgabenfeld zu beachten und welche Kompetenzerwartungen sollten für das Aufgabenfeld gelten? (2) Welche thematischen Akzentsetzungen sollten in diesem Aufgabenfeld bearbeitet werden? (3) In welcher Weise können in dem Aufgabenfeld erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen umgesetzt werden? Bei der Bearbeitung dieser Fragen beziehen wir uns – wie in den vorherigen Abschnitten – sowohl auf Kinder als auch auf Jugendliche, um Anregungen für die Medienbildung in der Grundschule und in der Sekundarstufe I zu geben.

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6.3.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen Kinder und Jugendliche werden üblicherweise die Erfahrung gemacht haben, dass von der Mediennutzung Einlüsse auf Fühlen, Denken und Handeln ausgehen. Ein entsprechendes Bewusstsein kann sich aufgrund eigenen Erlebens, aufgrund von Äußerungen von Bezugspersonen, z.B. der Eltern, oder aufgrund öfentlicher Diskussionen und Maßnahmen einstellen (siehe dazu die eingangs beispielhaft genannten Situationen). In solchen Situationen können sich bestimmte Vorstellungen zu Medieneinlüssen im Bereich von Gefühlen, von Vorstellungen über reale oder über nicht direkt erfahrbare Zusammenhänge und von Verhaltensorientierungen sowie von Wertorientierungen und von sozialen Zusammenhängen ergeben. Dabei muss man allerdings davon ausgehen, dass das Bewusstsein von Medieneinlüssen unterschiedlich ausgeprägt ist. So kann es z.B. sein, dass Kinder oder Jugendliche Medieneinlüsse bisher nur wahrgenommen, aber nicht weiter bedacht haben; es ist aber auch möglich, dass sie bereits verschiedene Medieneinlüsse aufgrund der Anregung von Bezugspersonen oder Lehrkräften relektiert haben. Insbesondere für Jugendliche können entsprechende Anregungen in ihrer bisherigen Schullaufbahn vorausgegangen sein. Unter Umständen haben Schülerinnen und Schüler bei Projekten zur eigenen Mediengestaltung auch schon bewusst versucht, mit ihren Medienprodukten bestimmte Wirkungen zu erzielen. In jedem Falle sollte der zu vermutende Stand bisheriger Auseinandersetzungen mit Medieneinlüssen bei der Planung entsprechender Unterrichtseinheiten oder Projekte bedacht und konstruktiv aufgenommen werden. Ausgehend von den jeweils anzunehmenden Lernvoraussetzungen sollten sich Unterrichtseinheiten und Projekte zum Erkennen und Aufarbeiten von Medieneinlüssen an einem angemessenen Kompetenzniveau orientieren. So können für das Ende der Sekundarstufe I die Kompetenzerwartungen als Orientierungspunkte dienen, dass Jugendliche bereit und in der Lage sind, a) Einlüsse von Medien auf Emotionen, Vorstellungen, Verhaltensorientierungen, Wertorientierungen und soziale Zusammenhänge sowie mögliche Folgen nach unterschiedlichen Gesichtspunkten zu beschreiben und zu bewerten, b) problematische Medieneinlüsse bei der Nutzung vorhandener Angebote und bei der Gestaltung und Verbreitung eigener Medienbeiträge analytisch zu erfassen und in geeigneten Formen aufzuarbeiten bzw. ihnen gegenzusteuern. Zum Erreichen dieses Kompetenzniveaus können schrittweise verschiedene Zwischenniveaus angestrebt werden. Ein erstes Zwischenniveau lässt sich für die Grundschule bzw. das Ende des vierten Schuljahres durch folgende Kompetenzerwartungen charakterisieren: a) Mit Bezug auf Beispiele Gefühle und Realitätsvorstellungen beschreiben, die bei der Mediennutzung hervorgerufen werden können. b) Anhand von Beispielen erläutern, was man gegen unangenehme medienbedingte Emotionen und irreführende Realitätsvorstellungen über die Wirklichkeit tun kann.

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Ein zweites Zwischenniveau kann für das Ende der Jahrgangsstufe 6 folgendermaßen gekennzeichnet werden: a) Mit Bezug auf Beispiele für medienbedingte Emotionen und Realitätsvorstellungen mögliche positive oder negative Folgen erläutern. b) Möglichkeiten skizzieren, wie man gegebenenfalls negativen Folgen bei der Nutzung vorhandener Angebote und der Gestaltung eigener Medienbeiträge entgegenwirken kann. Die verschiedenen Kompetenzerwartungen schließen u.a. ein, dass Kinder und Jugendliche in der Lage sind, Gestaltungselemente von Medien, die mit bestimmten Einlüssen verbunden sein können, wahrzunehmen und zu erkennen, insbesondere solche, durch die unter Umständen bestimmte Gefühle erzeugt, irreführende Vorstellungen vermittelt und problematische Verhaltens- und Wertorientierungen nahegelegt werden. 6.3.3 hematische Akzentsetzungen Für unterrichtliche Akzentsetzungen im Bereich der Medieneinlüsse lassen sich in Korrespondenz zu den obigen Kompetenzerwartungen fünf Einlussbereiche unterscheiden, zu denen jeweils Kenntnisse sowie Analyse- und Urteilsfähigkeit wünschenswert sind: Emotionen, Vorstellungen über Realität und nicht direkt Erfahrbares, Gewohnheiten bzw. Verhaltensorientierungen, Haltungen bzw. Wertorientierungen und soziale Zusammenhänge (vgl. zu entsprechenden empirischen Ergebnisse z.B. Winterhof-Spurk 2004; Harris 2009; Tulodziecki, Herzig u. Grafe 2010, S. 198f.; Schaumburg u. Prasse 2019, S. 57f.). Dabei gilt für alle Einlussbereiche bzw. Akzentsetzungen, dass es zunächst darauf ankommt, Kinder und Jugendliche anzuregen, möglichen Medieneinlüssen auf ihr Fühlen und Denken Ausdruck zu verleihen. In vielen Fällen und insbesondere mit zunehmendem Alter werden Kinder und Jugendliche solche Einlüsse mit Worten formulieren können. Allerdings wird es nicht immer leichtfallen, medienbedingte Gefühle, Vorstellungen oder Verhaltensorientierungen verbal zu vermitteln. Deshalb sollten auch andere Formen genutzt werden, z.B. das Malen von Bildern oder das Spielen von Szenen. Gegebenenfalls kann auf der Grundlage solcher Ausdrucksformen eine verbale Relexion angeregt werden. Wie der Ausdruck von Medieneinlüssen muss auch die Aufarbeitung nicht unbedingt oder allein mit verbalen Mitteln erfolgen. Es können auch andere Ausdrucksformen genutzt oder mitgenutzt werden, z.B. die Gestaltung von Bildergeschichten, Rollenspielen oder Videosequenzen. Solche Aktivitäten lassen sich gegebenenfalls zum Anlass nehmen, um zu verbal formulierten Relexionen bzw. Einschätzungen und Bewertungen zu kommen – bis hin zur Erarbeitung von Maßnahmen, wie negative Einlüsse vermieden oder wie ihnen gegengesteuert werden kann. Neben diesen – für alle Teilaufgaben geltenden Überlegungen – sind bei den verschiedenen Akzentsetzungen jeweils unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen.

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Erkennen und Aufarbeiten von medienbedingten Emotionen: Bei dieser Teilaufgabe ist es ganz besonders wichtig, Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, negative Emotionen, z.B. Furcht und Ängste, angemessen zu verarbeiten, weil sonst Störungen und Blockierungen eintreten können. Eine Aufarbeitung setzt voraus, dass Kinder und Jugendliche überhaupt erst einmal die Gelegenheit erhalten, ihre emotionale Betrofenheit auszudrücken. Gerade im Bereich der Emotionen ist der oben angesprochene Rückgrif auf verschiedene Ausdrucksformen wichtig. So können z.B. neben Gesprächen pantomimische Darstellungen, das Malen von Bildern, Puppen- und Rollenspiele, oder eigene Ton- und Videoproduktionen angeregt werden. Für eine Aufarbeitung negativer Emotionen ist es in der Regel hilfreich, die Frage zu bedenken, woher die Emotionen überhaupt stammen. Dabei mag z.B. mit Bezug auf Angstgefühle deutlich werden, dass die Angst in einzelnen Fällen nicht auf realen Bedrohungen basiert, sondern auf Medienerlebnisse zurückzuführen ist. In manchen Situationen bietet es sich auch an, eine Aufarbeitung dadurch zu versuchen, dass die Kinder oder Jugendlichen eigene Geschichten erinden, in denen sie ihre negativen Emotionen, z.B. Ängste, verarbeiten können. Solche Geschichten lassen sich – wie schon der Ausdruck von medienbedingten Emotionen – in unterschiedlichen medialen Formen gestalten, z.B. im Rahmen eines Gruselprojektes (vgl. z.B. Tulodziecki, Herzig u. Grafe 2010, S. 283f.). Dabei werden möglicherweise auch Figuren, vor denen sich Kinder oder Jugendliche fürchten, lächerlich gemacht oder einfach umgebracht. Dies kann unter Umständen auch auf grausame Art und Weise in Szene gesetzt werden (vgl. Autorengruppe 1986). Dennoch bleibt wichtig, den Kindern und Jugendlichen zunächst ihre Möglichkeit der Angstbewältigung zu lassen und nicht zu früh einzugreifen. Allerdings sollten die Bewältigungsmuster zu einem geeigneten Zeitpunkt auch selbst thematisiert werden, zumal sich darin unter Umständen erneut mediale Erfahrungen widerspiegeln. Für eine Bewertung medienbedingter Emotionen bleibt die Frage, ob diese letztlich als hemmend oder als förderlich einzuschätzen sind. In diesem Zusammenhang kann mit Kindern oder Jugendlichen die Frage aufgegrifen werden, wie man hemmende oder problematische Emotionen nicht nur im obigen Sinne aufarbeiten, sondern gegebenenfalls von vornherein vermindern oder ganz vermeiden kann. Dies lässt sich bei der Mediennutzung z.B. dadurch erreichen, dass man – die Medieneinwirkung vermeidet, indem man Augen und/oder Ohren zuhält, den Raum verlässt oder das Gerät einfach abschaltet, – direkten Körperkontakt zu Eltern oder Freundinnen oder Freunden aufnimmt, – versucht sich klarzumachen, dass das Gesehene oder Gehörte nicht in der Realität, sondern nur im Medium stattindet, – das Unbehagen spontan verbal oder nonverbal äußert (vgl. heunert et al. 1992, S. 149f.).

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Bei negativen Erfahrungen mit bestimmten Medienangeboten liegt es schließlich nahe, auf deren Rezeption vollständig zu verzichten und gegebenenfalls auf andere Möglichkeiten der Unterhaltung „umzusteigen“. Zudem kann der Unmut auch durch Schreiben an die Redakteure in den jeweiligen Medieninstitutionen oder die Beteiligung an Foren artikuliert und gegebenenfalls öfentlich gemacht werden. Erkennen und Aufarbeiten von medienbedingten Vorstellungen: Die Vorstellungen, die Kinder und Jugendliche zu hemen wie „Leben in Australien“, „Kultur in China“ oder „Kriminalität in Amerika“ entwickelt haben, stammen in der Regel aus Medien. Informationen zu hemen wie „Entwicklung des Ozonlochs“ oder „Besonderheiten der Marsoberläche“ haben sie mit Sicherheit aus Medien entnommen. Bei anderen Vorstellungen, z.B. zum hema „Verhalten von Tieren“ oder „Polizei“, werden reale Erfahrungen häuig mit medialen Erfahrungen vermischt, unter Umständen sogar durch solche dominiert, etwa durch Vorstellungen, die bei Spielilmen mit Tieren, bei Trickilmen wie „Dschungelbuch“, bei Krimiserien wie „Tatort“ oder bei Computerspielen aufgebaut wurden. Mit aller Deutlichkeit zeigen sich die damit verbundenen Probleme z.B., wenn Kinder mit falschen Erwartungen auf Hunde zugehen oder Jugendliche Berufswünsche aufgrund irreführender medialer Darstellungen entwickeln. Allerdings können nicht nur iktionale, sondern auch dokumentarische und politische Medienangebote zu unangemessenen Vorstellungen führen. So mag sich bei manchem Fernsehzuschauer die Vorstellung entwickelt haben, dass man sich in Sizilien nicht bewegen kann, ohne mit der Maia in Berührung zu kommen, oder dass es fast unmöglich ist, nach Israel zu reisen, ohne in einen Terroranschlag verwickelt zu werden. Darüber hinaus vermittelt das Fernsehen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene unter Umständen ein stark verzerrtes Bild von Interessen und Interessengegensätzen in der Politik, von Rationalität und Irrationalität politischer Entscheidungen, von der Möglichkeit oder Unmöglichkeit, auf politische Entscheidungen Einluss zu nehmen. Für den Unterricht ist zunächst wichtig, dass eine Nicht-Beachtung solcher Vorkenntnisse problematische Folgen haben kann: Die Lehrperson könnte Dinge behandeln, welche die Schülerinnen und Schüler schon längst „erfahren“ haben; sie käme mit ihrer Darstellungsweise ungewollt in eine Konkurrenzsituation zu den Medien, die aufgrund ihrer Möglichkeiten Vieles anregender und spannender darstellen können. Die Bedeutung von Vorkenntnissen wird in besonders pointierter Form von Ausubel, Novak und Hanesian (1980) ausgedrückt: „Wenn wir die ganze Psychologie des Unterrichts auf ein einziges Prinzip reduzieren müssten, würden wir dies sagen: Der wichtigste Faktor, der das Lernen beeinlusst, ist das, was der Lernende bereits weiß. Dies ermitteln Sie, und danach unterrichten Sie Ihren Schüler“ (S. 5). Demgemäß ist wichtig, dass sich Lehrpersonen zu Beginn von Unterrichtseinheiten einen Überblick über die vorhandenen Vorstellungen zu dem jeweiligen hema verschafen. Dies kann z.B. durch einen Impuls geschehen, aufgrund dessen die

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Schülerinnen und Schüler ihre Vorstellungen frei äußern. Beispielsweise könnte ein Impuls zum hema „Polizei“ zu Assoziationen folgender Art führen: Bankraub, Tatütata, Vergewaltigung, Mord, Verbrechensbekämpfung, gefährlicher Beruf, Regelung des Verkehrs, aus dem Wege gehen (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Grafe 2010, S. 289). An diesem Beispiel deutet sich bereits an, dass die Eigenschaften medial bedingter Vorstellungen die Behandlung entsprechender hemen unter Umständen erschweren können: Die Vorstellungen sind häuig unterschiedlich, in der Regel ungeordnet und unter Umständen irreführend. Unterschiedliche und ungeordnete Vorstellungen lassen sich in einer Schulklasse u.U. dadurch aufarbeiten, dass die Lehrperson zunächst Äußerungen mit mittlerem Bedeutungsumfang aufgreift, um möglichst vielen Kindern Anknüpfungspunkte zu bieten. Im Falle des Polizei-Beispiels sind dies z.B. Äußerungen wie „Verbrechensbekämpfung“ oder „gefährlicher Beruf“. Im weiteren Verlauf des Unterrichts lassen sich solchen „mittleren“ Begrifen konkrete Einzelheiten zuordnen, z.B. „Täter festnehmen“, „dem Haftrichter vorführen“, „den Fall dem Gericht übergeben“, oder allgemeine Begrife überordnen, z.B. „für Recht und Ordnung sorgen“. So können vergleichbare begriliche Strukturen für möglichst viele Kinder angestrebt werden. Eine weitere Möglichkeit, bei ungeordneten Vorstellungen gedankliche Ordnung zu schafen, liegt darin, isoliert vorhandene Vorstellungen miteinander zu verknüpfen. So können die isolierten Vorstellungen „Recht“ und „Gewalt“ z.B. durch den Gedanken verbunden werden, dass es zur Durchsetzung des Rechts für die Polizei unter Umständen notwendig ist, selbst Gewalt anzuwenden – bei allen Problemen, die damit verbunden sind. Besonders schwierig für den Unterricht sind irreführende Vorstellungen als Lernvoraussetzung. Sie können u.a. dadurch bedingt sein, dass Kinder bis zu einem bestimmten Entwicklungsstadium nicht deutlich zwischen Fiktion und Realität unterscheiden. Außerdem steuern vorhandene Einstellungen die Informationsaufnahme und -abwehr, sodass u.U. Informationen, die nicht mit der eigenen Meinung übereinstimmen, in selektiver und verzerrter, vielleicht sogar in völlig falscher Weise aufgenommen werden. Hinzu kommt, dass irreführende Vorstellungen, die durch außerschulische Mediennutzung ausgebildet wurden, in der Regel emotional positiv besetzt sind, weil sie häuig in lustbetonten Situationen (unterhaltsamer und spannender Medienkonsum) erworben wurden. Wenn sich z.B. bei der Rezeption spannender Krimis eine bestimmte Vorstellung über die Polizei herausgebildet hat, so ist es kaum möglich, diese einfach durch Belehrung zu korrigieren. Dennoch lassen sich zwei Vorgehensweisen nennen, die helfen können, irreführende Vorstellungen aufzuarbeiten und zu korrigieren: Falls die irreführenden Vorstellungen auf einer unzulässigen Verallgemeinerung beruhen, z.B. „Alle Polizisten sind ständig in Kriminalfälle verwickelt“, kann eine Korrektur dadurch versucht werden, dass die Schülerinnen und Schüler andere Fälle kennenlernen, z.B. den Alltag von Polizisten, die nur selten mit direkter Verbrechensbekämpfung

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zu tun haben, die viele Tage ihren Dienst verrichten, ohne dass etwas Aufregendes passiert, die vielleicht den ganzen Tag Schreibtischarbeiten ausführen. Falls die irreführende Vorstellung auf einer insgesamt falschen Eigenschaftszuschreibung beruht, z.B. „Amerikanische Polizisten sind unfähig, Verbrechen aufzuklären“ – ein Bild, das viele amerikanische Actionilme vermitteln –, kann man so vorgehen, dass man die irreführende Vorstellung mit anderen Überlegungen konfrontiert. Beispielsweise lässt sich verdeutlichen, dass viele Actionilme davon leben, dass der „Held“ allein und ohne Unterstützung durch die Polizei „sein Recht“ erkämpfen muss. Diese Konstellation erfordert es, die Polizei – in iktiven Filmen – als unfähig darzustellen. Über die Unterscheidung von Fiktion und Realität lassen sich so irreführende Vorstellungen aufarbeiten. Erkennen und Aufarbeiten von medienbeeinlussten Verhaltensorientierungen: Medien legen unter Umständen bestimmte Verhaltensorientierungen bzw. Verhaltensmuster nahe. So werden beispielsweise Medieniguren, vor allem wenn sie den Status von Idolen haben, in ihrer Gestik und Mimik, in ihrer Sprache oder in ihrer Kleidung nachgeahmt. Eine Möglichkeit, dies bewusst zu machen, besteht z.B. darin, bestimmte Spielarrangements zu schafen, im Rahmen derer Kinder und Jugendliche gegebenenfalls entsprechende Verhaltensäußerungen zeigen (vgl. z.B. Bachmair 1984, S. 30f.). Durch Beobachtungen und Besprechungen dazu kann die unrelektierte Übernahme solcher Verhaltensmuster thematisiert und – je nach Alter der Kinder – im Gespräch relektiert werden. Aus pädagogischer Sicht ist es vor allem wichtig, der möglichen Beeinlussung durch aggressive Verhaltensmuster entgegenzuwirken. Dabei wäre die beste Vorbeugung gegen Gewaltanwendung eine nicht-frustrierende und Gewalt nicht-akzeptierende Umwelt. Allerdings genügen weder die reale Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen noch die Medien diesen Anforderungen. Zu oft erfahren Kinder und Jugendliche, dass Gewalt ein geeignetes Mittel zur Erreichung verschiedener Ziele bzw. zur Lösung von Konlikten zu sein scheint. In besonders extremer Form wird diese Botschaft z.B. in Rächer- oder Selbstjustizilmen oder in Computerspielen, die das Rachemotiv ansprechen, vermittelt. Allerdings sollte eine Lehrperson Filme oder Computerspiele dieser Art in ihrem Unterricht nur thematisieren, wenn sie davon ausgehen muss, dass sie in ihrer Klasse ohnehin gesehen bzw. gespielt werden (um zu vermeiden, dass Kinder und Jugendliche darauf neugierig gemacht werden). Eine Problematisierung aggressiver Verhaltensmuster lässt sich auch an „alltäglicheren“ Beispielen vornehmen. Der Unterhaltungsbereich sowie Nachrichten- und Sportsendungen bieten vielfältige Möglichkeiten, aggressive Verhaltensweisen zu thematisieren (siehe dazu Abschnitt 7.2). Die unterrichtliche Behandlung von aggressiven Verhaltensweisen, die durch die Medien präsentiert werden, kann auf der Basis der Überlegungen zur sozial-moralischen Entwicklung erfolgen (siehe Abschnitt 2.2.3 und Kleber 2005). Dabei sollte die Frage, inwieweit bestimmte Verhaltensweisen zu rechtfertigen bzw. nicht zu rechtfertigen

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sind, im Mittelpunkt stehen. Dies ließe sich im Unterricht z.B. mit Bezug auf den – als „klassisch“ zu bezeichnenden – Films „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ von Volker Schlöndorf diskutieren. Der Film wurde in Anlehnung an den gleichnamigen Roman von Heinrich Böll gedreht und hat folgenden Inhalt: „Katharina Blum, als Hausmädchen bei einem Industriellen tätig, macht auf einer Faschingsparty die Bekanntschaft eines jungen Mannes und nimmt ihn mit in ihre Wohnung. Am anderen Morgen dringt die Polizei in die Wohnung ein. Der junge Mann ist inzwischen gelüchtet; aber Katharina wird als Komplizin des angeblichen Anarchisten festgenommen und peinigenden Verhören unterzogen. Die Presse bemächtigt sich des Falls: ein Sensationsjournalist spielt die Afäre hoch. Schnüfelei und Verleumdungen machen Katharina das Leben zur Hölle, die Gesellschaft reagiert verständnislos und ablehnend, jedoch sensationslüstern. So zerstören Polizei, Presse und Öfentlichkeit Katharinas Leben immer mehr, bis ihr nur die Verzweilungstat bleibt: die Tötung des skrupellosen Journalisten.“ (vgl. Neumann 1982, S. 95).

Betrachtet man den Film unter der Perspektive, welche Argumente sich für oder gegen die Gewalttat von Katharina Blum im Sinne der Stufen sozial-moralischer Urteilsentwicklung anführen lassen, kann man zunächst feststellen: Dem Regisseur Schlöndorf dürfte es – in gewisser Übereinstimmung mit der literarischen Vorlage – darum gehen, auf gesellschaftlich problematische Zustände im Boulevard-Journalismus hinzuweisen. Dadurch erscheint die Tat von Katharina Blum – auch wenn sie in die Nähe von Selbstjustiz rückt – mit folgendem Argument als notwendige Konsequenz eines gesellschaftlichen Zustandes: Die Polizei, der Staat, die Öfentlichkeit – keiner konnte oder wollte Katharina helfen, obwohl sie ein Anrecht auf Hilfe gegen diesen Meinungsterror gehabt hätte. Es blieb ihr in dieser Ausnahmesituation keine andere Wahl. Sie musste ein Zeichen setzen, um auf einen untragbaren gesellschaftlichen Zustand aufmerksam zu machen. In diesem Sinne kann man feststellen, dass der Film von sich aus eine Argumentation zu der Tat anbietet, die man der Stufe 4 zuordnen könnte. Mit welchen Argumenten ein Rezipient zu einer Gewalttat Stellung nimmt, hängt allerdings nicht so sehr von der im Medienangebot nahegelegten Argumentation ab, sondern vor allem von seinem eigenen sozial-moralischen Urteilsniveau. So wird beispielsweise ein Jugendlicher auf der Stufe 2 die Gewalttat vorrangig als angemessene Vergeltung für die Zerstörung des Lebens von Katharina deuten und ein Erwachsener auf der Stufe 5 darauf hinweisen, dass jede Form von Selbstjustiz abzulehnen sei, weil dadurch der Rechtsstaat untergraben und ein friedvolles Zusammenleben der Menschen unmöglich gemacht wird. Gerade weil der Film auch Argumente für die Gewalttat nahelegt, verweist er darauf, wie wichtig eine Förderung des sozial-moralischen Urteilsniveaus ist, um der Übernahme aggressiver Verhaltensmuster entgegenzuwirken: Je höher das sozialmoralische Urteilsniveau ist, desto weniger lässt sich für Gewalthandlungen argumentieren (siehe auch Abschnitt 2.2.5). So wird es mit fortschreitender Urteilsentwicklung immer schwieriger, Argumente zu der Gewalttat von Katharina Blum zu inden, und auf der Stufe 5 lässt sich kein „symmetrisches“ Argument zu dem

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Gegenargument nennen, dass die Tat von Katharina nicht zu rechtfertigen ist, weil das unumstößliche Recht auf Leben für jeden Menschen gilt, und weil ein Recht auf Selbstjustiz nicht mit rechtsstaatlichen Prinzipien sowie einem humanen Zusammenleben vereinbar wäre (vgl. auch Happe 1983, S. 15). Erkennen und Aufarbeiten von Wertorientierungen: Die Entwicklung von Wertorientierungen ist mit der Förderung des sozial-moralischen Urteilsniveaus eng verbunden. Dabei ist der mehrfach angesprochene Ansatz von Kohlberg in besonderer Weise von dem Gedanken der sozialen Gerechtigkeit geprägt, kann aber auch mit den Gesichtspunkten der Empathiefähigkeit und der Verantwortung verknüpft werden (siehe Abschnitt 2.2.4 und Herzig 1998). Demgemäß können Diskussionen zu sozial-moralischen Fragen stets auch als eine Auseinandersetzung mit Werten verstanden werden. So geht es bei den Argumenten zu der Tat von Katharina Blum letztlich um die Frage, welcher Wert dem Recht auf ein menschenwürdiges Leben (von Katharina Blum) und dem Recht auf Leben überhaupt (des skrupellosen Journalisten) zukommt. Zugleich könnte der Fall unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, dass der Schutz der Persönlichkeitsrechte einen höheren Wert darstellt als das Interesse der Öfentlichkeit an Aufklärung über eine unklare Situation oder gar als das Bestreben der Boulevard-Presse, um des ökonomischen Vorteils willen sensationelle Nachrichten zu erhaschen. In anderen Fällen, z.B. bei medialen Darstellungen zu Schönheitsoperationen, zu Fouls im Sport, zu Enteignungen im öfentlichen Interesse, zur Notwendigkeit einer Verringerung des Schadstofausstoßes oder zur gentechnischen Forschung, kommen jeweils andere konligierende Werte ins Spiel, z.B. körperliche Schönheit versus körperliche Unversehrtheit, sportlicher Erfolg versus Gesundheit, privates Eigentum versus Allgemeinwohl, Vermeidung von Einschränkungen versus langfristige Sicherung von Lebensgrundlagen, Freiheit der Forschung versus Bewahrung der Schöpfung. In entsprechenden Pro- und Kontra-Diskussionen lassen sich solche Wertorientierungen bewusst machen und relektieren, sodass es zu einer Weiterentwicklung von Werthaltungen kommen kann (siehe dazu auch Abschnitt 7.2). Erkennen und Aufarbeiten von Medieneinlüssen auf soziale Zusammenhänge: Die obigen thematischen Akzentsetzungen kann man zum einen hinsichtlich ihrer individuellen Bedeutung, zum anderen aber auch bezüglich ihrer Wichtigkeit für soziale Zusammenhänge betrachten. Insofern verweisen schon die Folgen von medienbedingten (individuellen) Emotionen, Vorstellungen, Verhaltens- und Wertorientierungen auf die Bedeutung von Medieneinlüssen für soziale Zusammenhänge. Eine besondere Akzentsetzung hierzu ergibt sich, wenn Einlüsse der Mediennutzung auf die Gestaltung sozialer Beziehungen, auf Gesprächsthemen im sozialen Raum, auf die Meinungsbildung in öfentlichen Zusammenhängen und auf politische Einstellungen sowie auf Fragen politischer Partizipation zur Sprache

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kommen (vgl. Tulodziecki, Herzig u. Grafe 2010, S. 215f., sowie Rogge 2018, S. 115f.). Auch in Bezug auf solche Einlüsse kommt es jeweils darauf an, entsprechende Wirkungsrichtungen bewusst zu machen sowie zu bewerten und – im Falle problematischer Einlüsse – Maßnahmen der Gegensteuerung zu bedenken und (wenn möglich) umzusetzen. Bei der Bewertung sollte insbesondere das sozial und gesellschaftlich Wünschenswerte ein entscheidendes Kriterium sein. 6.3.4 Geeignete Vorgehensweisen Auch für das Aufgabenfeld des Erkennens und Aufarbeitens von Medieneinlüssen eignen sich erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- und beurteilungsorientierte Vorgehensweisen. So lässt sich z.B. das hema „Polizei“ in einem erkundungsorientierten Vorgehen behandeln, um medienbeeinlusste Realitätsvorstellungen aufzuarbeiten (vgl. Lewers 1993). Dazu könnte die Lehrperson beispielsweise Kinder einer vierten oder fünften Klasse zunächst fragen, was ihnen in den Sinn kommt, wenn sie das Wort „Polizei“ hören. Aufgrund eines solchen Impulses sind Äußerungen der im Abschnitt 6.4.3 angeführten Art zu erwarten. Im Anschluss daran lässt sich die Frage aufwerfen, wie die Schülerinnen und Schüler zu ihren Vorstellungen über die Polizei gekommen sein mögen. In der Regel wird sich zeigen, dass neben direkten Begegnungen mit Polizisten – sei es bei der Fahrradprüfung, sei es im Verkehr oder im Bekanntenkreis – Film, Fernsehen oder Computerspiele wichtige Quellen der Erfahrung darstellen. Die Lehrperson kann jetzt vorschlagen, die Folge einer Krimiserie – unter Umständen als Hausaufgabe – anzuschauen und besonders darauf zu achten, was die Polizisten in diesem Film tun. Im folgenden Unterricht sollten Tätigkeiten der Polizisten zusammengetragen und ein erster Vergleich mit den spontanen Äußerungen durchgeführt werden. Nun lässt sich die Frage einbringen, ob die Darstellung der Polizei im Film der Realität eines Polizeialltags entspricht. Nachdem die Kinder ihre Meinung dazu geäußert haben, kann die Lehrperson – in Absprache mit einer entsprechenden Polizeidienststelle – den Besuch eines Polizisten von der Kriminalpolizei ankündigen, der zu dem Film Stellung nimmt. Nach dessen Stellungnahme sollten die Schülerinnen und Schüler Gelegenheit erhalten, weitere Fragen zur Arbeit der Polizei zu stellen. Unter Umständen kann auch eine Polizeidienststelle besucht werden. Im Anschluss an solche Gespräche oder Erkundungen lassen sich die ursprünglichen Äußerungen zur Polizei unter der Frage diskutieren, wie diese zu ergänzen bzw. zu korrigieren sind. Begleitend können Plakate oder andere Präsentationen erstellt werden, die eine Gegenüberstellung von „Polizei in Filmen und Fernsehserien“ und „Berufsalltag eines Polizisten“ leisten. In anderen Fällen lässt sich ein problemorientiertes Vorgehen wählen. So könnte z.B. die Auseinandersetzung mit Medieneinlüssen im Bereich der Emotionen dadurch angestoßen werden, dass eine Lehrperson die Lernenden mit folgendem Phänomen konfrontiert: Kinder und Jugendliche nutzen hin und wieder Medienangebote, z.B.

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Grusel- oder Horrorilme, von denen sie aufgrund von Erfahrung wissen (müssten), dass sie bei ihnen Furcht bzw. Angst als unangenehme Emotionen erzeugen. Es stellt sich das Problem einer möglichen Erklärung für ein solches – zunächst widersprüchlich erscheinendes – Verhalten. Zur Bearbeitung des Problems kann z.B. die Bedürfnistheorie von Maslow erarbeitet und für folgende Erklärung genutzt werden: Jugendliche oder Kinder haben bei der Nutzung entsprechender Medienangebote u.U. erlebt, dass durch die Grusel- oder Horrordarstellungen das Sicherheitsbedürfnis zunächst zwar angeregt wird und sich gegebenenfalls in Angstgefühlen ausdrückt, dass der Held im Laufe der Handlung die Gefahren jedoch bewältigt, sodass sich letztlich eine als angenehm empfundene Erleichterung im Sinne einer Befriedigung des Sicherheitsbedürfnisses einstellt. Um diese zu erreichen, muss jedoch zuvor eine Angstsituation in Kauf genommen werden. Möglicherweise war für die Nutzung aber auch gar nicht in erster Linie das Sicherheitsbedürfnis maßgebend, sondern das Bedürfnis nach Sinneserregung (weil es manchmal langweilig ist) oder das Zugehörigkeitsbedürfnis (weil andere entsprechende Angebote auch nutzen) oder das Achtungs- und Geltungsbedürfnis (weil die Identiikation mit der Hauptperson das Bedürfnis nach Bewältigung gefährlicher Situationen anspricht). Eine entsprechende Unterrichtseinheit kann schließlich in die Frage nach Konsequenzen für die Mediennutzung einmünden. Gegenüber einem solchen problemorientierten Vorgehen hätte die Auseinandersetzung mit der oben angesprochenen Gewalttat von Katharina Blum auf der Grundlage des Schlöndorf-Films einen beurteilungsorientierten Charakter und kann der hematisierung von möglichen Verhaltensorientierungen dienen. Dazu kann der Film zunächst in der Klasse angeschaut werden (er steht bei Medienzentren für die schulische Nutzung zur Verfügung). Daraus sollte die Aufgabe erwachsen, unter Abwägung von Pro- und Kontra-Argumenten eine diferenzierte Stellungnahme zu der Gewalttat zu erarbeiten. Eine Ergänzung oder Alternative zur Erarbeitung einer Stellungnahme kann darin liegen, dass die strafrechtlichen Konsequenzen der Gewalttat thematisiert werden. So ließe sich in einer – dann entscheidungsorientierten – Unterrichtseinheit die Frage diskutieren, ob Katharina Blum im strafrechtlichen Sinne verurteilt werden müsste oder ob die Gewalttat auch als Notwehr gedeutet werden könnte. Wird für Verurteilung plädiert, wäre zudem das Strafmaß zu diskutieren. Noch weitergehend wäre die Vorbereitung und Simulation einer entsprechenden Gerichtsverhandlung im Rollenspiel (vgl. Tulodziecki 1996, S. 183f.). Bei dieser Variante käme zusätzlich ein gestaltungsorientiertes Vorgehen zum Tragen. Auch in Unterrichtseinheiten oder Projekten zu den weiteren Akzentsetzungen dieses Aufgabenbereichs lassen sich unterschiedliche Vorgehensweisen verwenden und kombinieren. Beispielsweise ließe sich zur Auseinandersetzung mit medienbedingten Wertorientierungen der Fall einer jungen Frau einführen, die vor der Frage steht, ob sie eine Schönheitsoperation anstreben sollte. Dazu könnte zunächst herausgearbeitet werden, welche Bedeutung körperlicher Schönheit in verschiede-

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nen Medienangeboten zukommt. Unter Umständen ließen sich in einer Collage Bilder aus der Werbung, aus Vorabendserien oder aus Casting-Shows mit Bildern aus dem Alltag konfrontieren. Anschließend könnte der Fall der jungen Frau in einer Pro- und Kontra-Argumentation diskutiert werden, die schließlich zu einer Stellungnahme führen sollte. Eine besondere Auseinandersetzung mit Medieneinlüssen auf soziale Zusammenhänge ließe sich gegebenenfalls dadurch anregen, dass sich die Schülerinnen und Schüler in die Situation des Wahlkampfausschusses einer Partei für die Kommunalwahl versetzen und für diese eine Wahlkampfstrategie entwickeln. Dazu könnten zunächst Forschungsergebnisse zum Medieneinluss auf das Wahlverhalten zusammengestellt werden. Auf dieser Grundlage ließen sich verschiedene Möglichkeiten für den Wahlkampf zusammenstellen, zwischen denen eine Auswahl zu trefen wäre. Die ausgewählten Möglichkeiten sollten dann zu einer Werbestrategie zusammengefügt und als Konzept formuliert werden. Eine Auseinandersetzung mit Medieneinlüssen kann generell auch dadurch erfolgen, dass Jugendliche mit bestimmten hesen zur Medienwirkung konfrontiert werden und Forschungsergebnisse dazu recherchieren. Gegebenenfalls lassen sich auch eigene kleinere Untersuchungen bei Mitschülerinnen und Mitschülern durchführen. In beiden Fällen sollte dann eine Stellungnahme zu den hesen auf der Grundlage der recherchierten Forschungsergebnisse und/oder eigener Untersuchungen erarbeitet werden. Vor dem Hintergrund der Überlegungen in den Abschnitten 6.3.2 bis 6.3.4 können Sie sich nun noch einmal Ihre Überlegungen zu einem Unterrichtsentwurf bezüglich der hesen von Vorderer und Klimmt zu Einlüssen des „permanently online, permanently connected“ auf die Gestaltung sozialer Beziehungen vergegenwärtigen. Gegebenenfalls können Sie Ihren Entwurf auf der Grundlage obiger Ausführungen überdenken und modiizieren oder einen neuen Ablauf entwerfen.

6.4 Durchschauen und Beurteilen von Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung 6.4.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Kinder und Jugendliche nehmen Medienangebote in der Regel als alltägliche und selbstverständliche Bestandteile ihrer Lebenswelt wahr, ohne sich die Bedingungen ihrer Produktion und Verbreitung bewusst zu machen. Dennoch sind für die Gestaltung und Verfügbarkeit von Medienangeboten vielfältige Voraussetzungen notwendig und entscheidend – von technischen Aspekten ihrer Produktion und

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Verbreitung über ökonomische, rechtliche, personale und institutionelle Fragen bis zu politischen und weiteren gesellschaftlich-kulturellen Bedingungen. Kenntnisse, Analyse- und Urteilsfähigkeit zu diesem Bedingungszusammenhang sind für eine angemessene Einschätzung der Medien, für ihr Verständnis und ihre Kritik sowie für die Möglichkeit, selbst Einluss auf die Medien zu nehmen, unverzichtbar. Anlässe für eine hematisierung der Bedingungen der Medienproduktion und/oder Medienverbreitung lassen sich immer wieder inden: – Technische Probleme bei der Nutzung des Smartphones legen u.U. die Frage nach den Ursachen nahe und können den Blick auf technische Funktionszusammenhänge von Informatiksystemen lenken. – Die Situation, dass es beim Fernsehen je nach gewähltem Sender in unterschiedlicher Weise zu Werbeunterbrechungen kommt, kann schon bei Kindern die Frage nach Werbeeinnahmen bzw. nach den wirtschaftlichen Bedingungen bei verschiedenen Rundfunkanstalten motivieren. – Bei der Zusammenstellung von Texten und Bildern für eine eigene Webseite stoßen Schülerinnen und Schüler möglicherweise auf Copyright-Vermerke und werden so mit rechtlichen Fragen der Medienproduktion und Medienverbreitung konfrontiert. – Der mögliche Wunsch, später selbst professionelle Radio-, Fernseh- oder Internetangebote zu gestalten, kann zu der Frage führen, welche Qualiikationen oder Kompetenzen dafür erworben werden müssen. – Die Unzufriedenheit mit bestimmten Programmangeboten, z.B. im Fernsehen, ruft u.U. die Frage hervor, an wen man sich wenden müsste, wenn man sich beschweren oder Anregungen für eine bessere Programmgestaltung geben möchte. – Mit Blick auf öfentliche Klagen über eine mangelnde Sicherheit von Daten oder auf die Diskussion zur Überwachung von Telefongesprächen und privaten Computern stellt sich u.a. die Frage, welche Aufgaben dem Staat im Medienbereich zukommen. Solche und ähnliche Fragen können einen Anlass für Projekte oder Unterrichtseinheiten bieten, in denen Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung erarbeitet werden. Im Folgenden stellen wir eine Handlungslinie für ein Unterrichtsbeispiel vor, bei dem es um Bedingungen der Auswahl, Präsentation und Verbreitung von Nachrichten geht. Das Beispiel könnte in einer siebten oder achten Jahrgangsstufe durchgeführt werden. Bei geeigneten Anpassungen ließe es sich auch in früheren oder späteren Jahrgangsstufen umsetzen. (1) Erfahrungsbezug und Aufgabenstellung: Die Lehrperson kann zunächst das hema „Nachrichten“ ansprechen und erste Gedanken dazu sammeln. Danach sollte sie ein Arbeitsblatt mit ca. 20 zufällig aufgelisteten Meldungen für einen bestimmten Tag vorstellen und die

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Lernenden bitten, sich einmal in die Situation einer Nachrichtenredaktion zu versetzen, in der zu entscheiden ist, welche der Meldungen als wichtigste Nachricht präsentiert werden soll und welche weiteren zehn Meldungen in eine Nachrichtenpräsentation aufgenommen werden sollen. Der ausgewählte Tag sollte länger zurückliegen, damit sich die Lernenden nicht unmittelbar an damalige Nachrichtenpräsentationen erinnern. Auf der Grundlage eines ersten Gesprächs kann die Lehrperson anregen, dass die Lernenden für eine Straßenverkaufszeitung und eine Abonnement-Tageszeitung, für einen öfentlich-rechtlichen und einen privaten Hörfunksender, für ein öfentlich-rechtliches und ein privates Fernsehprogramm sowie für eine Internetseite eine Meldung als Top-Meldung des Tages und zehn weitere Meldungen für die Präsentation vorschlagen. Falls die Lehrperson über die seinerzeitigen Nachrichtenpräsentationen verfügt, kann sie in Aussicht stellen, dass die Entscheidungen der Jugendlichen später damit verglichen werden können. (2) Zielvereinbarung und Bedeutsamkeit: Nun lässt sich vereinbaren, dass im Rahmen der Aufgabe Bedingungen erarbeitet werden sollen, die für die Nachrichtenauswahl und Nachrichtenpräsentation in verschiedenen Medien relevant sind. Die zu erarbeitenden Bedingungen sollen dann für Entscheidungen und Begründungen in dem gegebenen Fall herangezogen werden. In diesem Zusammenhang soll für die Lernenden deutlich werden, dass ihnen entsprechende Einsichten helfen werden, die Abhängigkeit der medial präsentierten Nachrichten von vielfältigen Bedingungen zu durchschauen und bei ihrer Nachrichtenrezeption zu berücksichtigen. (3) Verständigung über das Vorgehen: Dabei geht es zunächst darum, Fragen zusammenzustellen, die helfen, Bedingungen der Nachrichtenauswahl zu klären, z.B.: Woher erhalten die Nachrichtenredaktionen überhaupt ihre Meldungen? Wie kommen diese zustande? Wie verlaufen Entscheidungsprozesse innerhalb der einzelnen Redaktionen? Welche Ausbildung haben Redaktionsmitglieder? Was weiß man über deren Berufsverständnis? Welche ökonomischen Bedingungen sind von den Redaktionen zu beachten? Welche rechtlichen Rahmenbedingungen müssen berücksichtigt werden? Welche technisch-medienspeziischen Bedingungen spielen für die Nachrichtenpräsentation eine Rolle? Nach der Zusammenstellung solcher Fragen kann vereinbart werden, entsprechende Informationen in Kleingruppen zu recherchieren, wobei auch Anfragen bei Journalisten geplant werden können. (4) Erarbeitung von Grundlagen: Nun können Kleingruppen gebildet werden, die den vereinbarten Fragen für die – bei der Aufgabenstellung genannten – Medien nachgehen. Im Anschluss sollen die Ergebnisse der Recherchen der gesamten Klasse vorgestellt werden. (5) Erarbeiten einer Nachrichtenauswahl: In den Kleingruppen sollte jetzt die Auswahl einer Top-Meldung sowie zehn weiterer Meldungen für das jeweilige Medium erfolgen. Die einzelnen Gruppen sollten ihre Auswahl unter Berücksichtigung der erarbeiteten Informationen trefen und diese für die Begründung ihrer Auswahl benutzen. (6) Vergleich und Zusammenfassung: Die einzelnen Gruppen können nun ihre Entscheidungen und Begründungen der gesamten Klasse vorstellen. Falls die damaligen Nachrichten in gespeicherter Form oder als Zeitungsexemplar vorliegen, sollte die Lehrperson nach jeder Kleingruppen-Vorstellung die für den betrefenden Tag veröfentlichte Nachrichtenfassung des jeweilgen Mediums präsentieren. Im Anschluss kann ein Vergleich zwischen den Kleingruppen- und den professionellen Medienentscheidungen durchgeführt werden. Mögliche

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Abweichungen sollten zu einer vertieften Diskussion verschiedener Bedingungen der Medienproduktion führen. Anschließend lassen sich die Erkenntnisse unter folgenden Leitfragen zusammengefassen: (a) Welche Bedingungen sind für die Auswahl und Präsentation von Nachrichten zu bedenken? (b) Wie lässt sich der Einluss der verschiedenen Bedingungen auf die Nachrichtenauswahl und -präsentation charakterisieren? (c) Worin liegen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den einbezogenen Medien? (7) Anwendung: Eine erste Anwendungsaufgabe kann – falls dies bei der vorherigen Diskussion noch nicht hinreichend bedacht wurde – darauf gerichtet sein, den Umfang bzw. Anteil politischer Informationen an den Nachrichten in den verschiedenen Medien in den Blick zu nehmen und zu vergleichen. Dabei lassen sich auch noch einmal Bezüge zu den Rahmenbedingungen der jeweiligen Medien herstellen. Eine weitere Anwendungsaufgabe sollte darin bestehen, aus den erarbeiteten Einsichten Schlussfolgerungen für das eigene Informationsverhalten zu bedenken. (8) Weiterführung und Bewertung: Weiterführungen könnten darin liegen, Aspekte – die möglicherweise auch schon vorher angesprochen wurden – vertiefend zu diskutieren, z.B. die Bedeutung der Nachrichtenauswahl sowie ihrer Präsentation für die öfentliche Meinungsbildung und die politische Willensbildung, die Einlüsse digitaler Möglichkeiten auf das Nachrichtenwesen, Konzentrations- und Monopolisierungstendenzen oder ethische Fragen der Nachrichtenauswahl und Nachrichtenpräsentation. Abschließend sollte die Lehrperson mit den Schülerinnen und Schülern den Lernweg und das Gelernte rückblickend  einschätzen.

Dieses Beispiel stellt eine Möglichkeit dar, bestimmte Aspekte des Aufgabenfeldes „Durchschauen und Beurteilen von Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung“ umzusetzen. Stellen Sie bitte aus der Perspektive der Medienbildung Fragen zusammen, die einer Analyse und Bewertung des Beispiels dienen können. Nehmen Sie zu den Fragen bitte eine erste Einschätzung vor. Die Bearbeitung der folgenden drei Fragen soll wichtige Hinweise für eine Analyse und Bewertung von Unterrichtsbeispielen zu Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung liefern: (1) Welche Lernvoraussetzungen sind in diesem Aufgabenfeld zu beachten und welche Kompetenzerwartungen sollten gelten? (2) Welche thematischen Akzentsetzungen sind für das Aufgabenfeld insgesamt wichtig? (3) In welcher Weise können in dem Aufgabenfeld erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen umgesetzt werden? Neben Anregungen für Analysen und Bewertungen soll mit den folgenden Ausführungen auch der Entwurf eigener Beispiele gefördert werden.

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6.4.2 Aufgabenfeldspeziische Lernvoraussetzungen und Kompetenzerwartungen Man muss davon ausgehen, dass sich Kinder und Jugendliche Produktions- und Verbreitungsbedingungen der jeweils genutzten Medien in der Regel nicht bewusst machen – es sei denn, sie erhalten dazu besondere Anregungen. Insofern führen auch die eingangs genannten Situationen oder Anlässe üblicherweise nicht schon von sich aus dazu, weitergehend über Produktions- und Verbreitungsbedingungen von Medien nachzudenken. Dafür sind im Normalfall Anregungen von einer Erziehungs- oder Lehrperson notwendig. Demgemäß hängen die Lernvoraussetzungen für eine unterrichtliche Auseinandersetzung mit Bedingungen von Medienproduktion und Medienverbreitung wesentlich davon ab, ob Kinder und Jugendliche auf ihrem bisherigen Lebensweg in Familie, KiTa oder Schule bereits entsprechende Impulse erhalten haben. Dies wird in Abhängigkeit vom Entwicklungsstand, vom Milieu und von schulischen Aktivitäten zur Medienbildung sehr unterschiedlich sein. So mag es zum einen Lernende geben, denen es völlig fremd ist, über Verbindungen zwischen den von ihnen genutzten Medien und den Bedingungen ihrer Produktion und Verbreitung nachzudenken, und zum anderen Lernende, die z.B. Kenntnisse zu Werbeeinnahmen oder Jugendschutzbestimmungen haben und diese Bedingungen auf die jeweiligen Medienangebote und ihre Nutzung beziehen können. Für entsprechende Unterrichtseinheiten oder Projekte ist es wichtig, die jeweils anzunehmenden Erfahrungen als Lernvoraussetzungen zu bedenken und gegebenenfalls für den Unterricht konstruktiv werden zu lassen. Ausgehend von den jeweils vorhandenen Voraussetzungen sollte für das Ende der Sekundarstufe I in dem hier behandelten Aufgabenfeld – in einem schrittweisen Prozess – angestrebt werden, dass die Jugendlichen bereit und in der Lage sind, a) ausgewählte technische, ökonomische, rechtliche, personale, institutionelle, politische und weitere gesellschaftlich-kulturelle Bedingungen zu erläutern und Verbindungen zwischen solchen Bedingungen und Medienprodukten sowie ihrer Nutzung herzustellen, b) ausgewählte Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung in Orientierung am sozial bzw. gesellschaftlich Wünschenswerten zu beurteilen, c) ausgewählte Möglichkeiten der Einlussnahme auf Produktions- und Verbreitungsbedingungen zu skizzieren und beim eigenen Medienhandeln wahrzunehmen. Ein entsprechender Kompetenzerwerb lässt sich über verschiedene Zwischenniveaus anstreben. Als Zwischenniveau für das Ende des vierten Schuljahrgangs kann gelten: a) Für ausgewählte Produkte und Leistungen im Medienbereich beschreiben, welche Kosten mit ihnen verbunden sind (im Sinne einer ökonomischen Bedingung), und bei der Mediennutzung beachten. b) Bedeutung der Altersbeschränkungen bei Medienangeboten (im Sinne einer rechtlichen Bedingung) erläutern können und sie beachten.

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Ein nächstes Zwischenniveau lässt sich für das Ende der sechsten Jahrgangsstufe durch folgende Kompetenzerwartung charakterisieren: a) An Beispielen technische, ökonomische und rechtliche Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung bzw. Mediennutzung skizzieren, b) Vorzüge und Probleme ausgewählter technischer, ökonomischer und rechtlicher Bedingungen von Medienproduktion und Medienverbreitung für die Produkte oder die Nutzung erläutern. Auf dieser Basis können die oben skizzierten Kompetenzerwartungen in den folgenden Jahrgangsstufen der Sekundarstufe I angestrebt werden. 6.4.3 hematische Akzentsetzungen Bei der Auseinandersetzung mit Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung lassen sich thematische Akzente beim Durchschauen und Beurteilen von technischen, von ökonomischen, von rechtlichen, von personalen, von institutionellen, von politischen und von weiteren gesellschaftlich-kulturellen Bedingungen setzen. Allerdings ist zu beachten, dass sich einzelne Bedingungen je nach Medienarten unterschiedlich darstellen können. So unterscheidet sich z.B. ein Zeitungsverlag hinsichtlich seiner technischen und institutionellen Bedingungen zum Teil erheblich von einer öfentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt oder einem Softwareunternehmen. Dem sollte im Unterricht mit exemplarischen und orientierenden Vorgehensweisen Rechnung getragen werden. Bei den einzelnen thematischen Akzentsetzungen sollten darüber hinaus Zusammenhänge zwischen den Bedingungen, z.B. zwischen rechtlichen und politischen oder zwischen ökonomischen und personalen, berücksichtigt werden. Für alle thematischen Akzentsetzungen kommt es darauf an, entsprechende Bedingungen zu erarbeiten, das Verhältnis von Bedingungen zu den entstehenden Produkten und gegebenenfalls zu ihrer Verbreitung zu durchschauen, Beurteilungen von Bedingungen vorzunehmen sowie Einlussmöglichkeiten herauszuarbeiten und – wenn möglich – wahrzunehmen. Auf einer solchen Grundlage ergeben sich für die Teilaufgaben jeweils unterschiedliche Konkretisierungen. Durchschauen und Beurteilen von technischen Bedingungen: Bezogen auf technische Bedingungen kann z.B. herausgearbeitet werden, welche technischen Voraussetzungen für die Herstellung, Speicherung, Übertragung, Verarbeitung und/oder Wiedergabe von potentiellen Zeichen bei der medialen Kommunikation bei ausgewählten Medienarten gegeben sein müssen. So lässt sich u.a. am Beispiel digitaler Kameras aufzeigen, welche technischen Vorgänge und Bestandteile bei der Bildgestaltung im Spiel sind und die Qualität der Aufnahmen mitbestimmen, z.B. Größe und Aulösung der Bildsensoren, Speicherformat der Bilder (JPEG, RAW), Farbwiedergabe, Bildrauschen oder besondere Softwarekomponenten zur automatischen Bildbearbeitung. In einem solchen oder einem anderen Kontext kann auch der generelle Aufbau von Informatiksystemen angespro-

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chen werden, gegebenenfalls mit Bezugnahme auf Zusammenhänge, wie sie bei der hematisierung der digitalen Infrastruktur der Medienlandschaft zu behandeln sind. Eine Beurteilung technischer Bedingungen lässt sich auf die Fragen beziehen, ob durch diese gestalterische Möglichkeiten eher eingeschränkt oder eher erweitert werden, ob sich geringere oder größere Spielräume für kreative Leistungen ergeben oder ob die Gefahr von ungerechtfertigten Manipulationen wächst oder abnimmt. Die Einlussmöglichkeiten auf technische Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung sind bei den „üblichen“ Nutzenden eher begrenzt. Sie ergeben sich vor allem bei Personen, die selbst im Bereich der Entwicklung von Mediengeräten und Software arbeiten. Allerdings sollte im Bewusstsein bleiben, dass auch die „üblichen“ Nutzenden durch kritisch-konstruktive Rückmeldungen Einluss auf Entwicklungen nehmen können und der Technikmarkt sich letztlich an den Kaufentscheidungen der Nutzenden orientiert. Durchschauen und Beurteilen von ökonomischen Bedingungen: Im Hinblick auf ökonomische Bedingungen kommt es zunächst darauf an, Zusammenhänge zwischen den Medienprodukten und ihrer Finanzierung zu verdeutlichen. So kann z.B. durch eine Gegenüberstellung von Titelseiten einer Boulevardzeitung und einer regionalen Tageszeitung oder von Programmstrukturen bei einem privaten und einem öfentlich-rechtlichen Hörfunksender deutlich werden, in welcher Weise ökonomische Bedingungen den Inhalt und die Form von Medienangeboten beeinlussen. Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung ökonomischer Bedingungen stellt der Zusammenhang von Werbung und Programmangebot dar. So werden in Werbespots, die z.B. im Zusammenhang mit Fernsehserien präsentiert werden, u.a. Bedürfnisse aufgenommen, die vorher durch die Serien angeregt wurden. In den Werbespots können so Kaufangebote mit der Suggestion präsentiert werden, dass sich mit den entsprechenden Produkten die angeregten Bedürfnisse befriedigen lassen. Dabei lässt sich z.B. suggerieren, dass man durch die angepriesenen Artikel so attraktiv wird und soviel Zuneigung, Bewunderung und Anerkennung erfährt, wie die durch die Serien vermittelten Idole. Diese Einsicht kann mit dem Gedanken verbunden werden, dass Serien ein gutes Werbeumfeld schafen und damit sowohl für die Wirtschaft (aus Werbegründen) als auch für die Fernsehanstalten (aus ökonomischen Gründen) interessant sind. Wenn es den Fernsehanstalten gelingt, ihre Serien so auszuwählen oder selbst so zu gestalten, dass hohe Einschaltquoten erreicht werden, sind gute Einnahmen durch die Werbung garantiert. Die Einsichten zum Zusammenhang zwischen hohen Nutzungszahlen und Werbeeinnahmen lassen sich u.a. auch auf auf Suchmaschinen, Videoportale oder Soziale Netzwerke übertragen. Darüber hinaus sollten die wirtschaftlichen Interessen, die beispielsweise mit der Produktion und Verbreitung von Computerspielen und Musikangeboten verbunden sind, thematisiert werden. Eine Beurteilung ökonomischer Bedingungen kann z.B. zunächst unter der Frage erfolgen, in welcher Weise diese die Seriosität, die Glaubwürdigkeit, die Zuverlässigkeit oder die Dife-

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renziertheit und das jeweilige Angebot insgesamt beeinlussen. Darüber hinaus ist danach zu fragen, welche Bedeutung die jeweiligen ökonomischen Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung für die öfentliche Meinungsbildung sowie für Kultur, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft unter der Leitidee von Humanität und Demokratie haben. Im Hinblick auf Einlussmöglichkeiten ist das Bewusstsein wichtig, dass jeder Einzelne mit seiner Nutzung von Medienangeboten letztlich auch den damit verbundenen ökonomischen Interessen dient. Durchschauen und Beurteilen von rechtlichen Bedingungen: Bei der Auseinandersetzung mit rechtlichen Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung geht es zunächst darum, die Relevanz solcher Bedingungen zu verdeutlichen. Beispielweise können Jugendliche, die eine Videocollage zur Gewalt in medialen Darstellungen erstellen möchten, angehalten werden, bei der Zusammenstellung Jugendschutz- und Urheberrechtsbestimmungen zu beachten. In anderen Fällen, z.B. bei der Auseinandersetzung mit gerichtlichen Entscheidungen zum Datenschutz oder zum Grundrecht auf Informations- und Meinungsfreiheit, lassen sich weitere rechtliche Bedingungen der Medienproduktion oder Mediennutzung erarbeiten. Rechtliche Bedingungen können vor allem unter der Frage diskutiert und beurteilt werden, inwieweit sie für das Zusammenleben in einem sozialen System im Sinne der Demokratie und deren Weiterentwicklung förderlich sind oder gegebenenfalls auch hemmend wirken. Bezogen auf Einlussmöglichkeiten stellt sich zunächst die Frage, wie jeder Einzelne seiner Verantwortung im Hinblick auf gesetzliche Regelungen gerecht werden und an wen er sich gegebenenfalls bei Rechtsverletzungen wenden kann. Weitergehende Einlussmöglichkeiten, z.B. im Hinblick auf Gesetzesänderungen, sind letztlich an politische Aktionen gebunden. Durchschauen und Beurteilen von personalen Bedingungen: Dieser Akzent kann z.B. dadurch thematisiert werden, dass man die Art und Weise, wie z.B. in Nachrichten-Journalen oder politischen Magazinen moderiert wird, in den Blick nimmt. Dies kann unter der Frage geschehen, inwieweit dabei persönlicher Stil und Professionalität eine Rolle spielen. Interessant mögen zudem Recherchen zu den Biographien einzelner Journalistinnen und Journalisten oder Redakteurinnen und Redakteure sein. Grundsätzlich kann bei allen medialen Angeboten nach den Kompetenzen der Medienschafenden gefragt werden. Dabei sollte es z.B. auch um Autorinnen und Autoren von Drehbüchern, um Entwicklerinnen und Entwickler von Computerspielen oder von anderer Software sowie um Personen mit bestimmten Entscheidungsbefugnissen z.B. zum jeweiligen Programmangebot, gehen. Aber auch mit Blick auf die Mediennutzenden stellt sich die Frage, nach notwendigen Kompetenzen, um in der Medienwelt angemessen und human agieren zu können. Hinsichtlich einer Beurteilung geht es letztlich immer um die Frage, ob die Medienschafenden oder Mediennutzenden hinreichend kompetent erscheinen, um den jeweiligen Anforderungen in sozial verantwortlicher Weise ge-

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recht zu werden. Dabei sollte der Blick auch auf Ausbildungs- bzw. Studiengänge für Medienschafende gerichtet werden. Diese Frage wird besonders relevant, wenn Jugendliche Berufswünsche entwickeln, die auf eine Tätigkeit im Medienbereich zielen. Einlussmöglichkeiten bestehen insbesondere darin, Sorge dafür zu tragen, dass der eigene Kompetenzerwerb den jeweiligen Anforderungen – sei es für das Medienschafen, sei es für die Mediennutzung – genügt. Durchschauen und Beurteilen von institutionellen Bedingungen: Um institutionelle Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung zu durchschauen, lässt sich zunächst an Beispielen produzierender Medieninstitutionen der Weg verfolgen, den ein Medienangebot von der Idee über die Entscheidung zur Realisierung und die Umsetzung sowie Kontrolle bis zur Verbreitung und zur möglichen Verarbeitung von Kritiken oder Rückmeldungen durchläuft. Eine Beurteilung kann dann von der Frage ausgehen, inwieweit die jeweiligen institutionellen Abläufe der Entwicklung qualitativ ansprechender und verantwortungsbewusst gestalteter Medienprodukte, z.B. im Sinne sachgerechter Information, anregender Gestaltung oder abwechslungsreicher, spannender und inspirierender Unterhaltung, eher förderlich oder eher hinderlich sind. Auch institutionelle Bedingungen der Verbreitung medialer Angebote, z.B. über das Netz oder durch Handel, Bibliotheken oder Medienzentren, lassen sich in den Blick nehmen und danach beurteilen, ob sie ihrem Zweck unter Beachtung gesetzlicher Rahmenbedingungen gerecht werden. Einlussmöglichkeiten – wenn auch nur begrenzter Art – liegen zunächst darin, den Verantwortlichen Rückmeldungen zu den Medienangeboten und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge zukommen zu lassen. Im positiven Falle könnte dies dann auch zu einer Verbesserung von institutionellen Bedingungen führen. Durchschauen und Beurteilen von politischen Bedingungen: Möchte man politische Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung ins Bewusstsein heben und einer Kritik zugänglich machen, so kann man beispielsweise bestehende Staatsverträge im Medienbereich – etwa den Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (RStV) oder Programme einzelner Parteien oder ministerielle Strategien zur Digitalisierung und Mediatisierung – in den Blick nehmen und sie im Hinblick auf ihre Angemessenheit und ihr Förderungspotenzial oder auch ihre Risiken für eine demokratisch verfasste Gesellschaft bewerten. Zu den politischen Bedingungen gehören zudem die Möglichkeiten und Begrenzungen für Parteien und Regierungsmitglieder bzw. politisch agierende Personen, in den Medien – z.B. in Talkshows oder bei Wahlkampfduellen – präsent zu sein, sowie weitere Chancen, konkret auf die Medienangebote einzuwirken oder diese mitzugestalten, z.B. über Aufsichtsgremien der Rundfunkanstalten. Auch solche Möglichkeiten können unter dem Gesichtspunkt bewertet werden, inwieweit sie einer Anregung öfentlicher Diskussionen unter Beachtung unterschiedlicher Po-

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sitionen zu wichtigen politischen Fragen, einer demokratieorientierten politischen Sozialisation und einer angemessenen Partizipation eher zuträglich oder eher abträglich sind. Einlussnahmen sind durch eigene Beteiligungen an der Diskussion bzw. durch die Artikulation eigener Stellungnahmen und Positionen in oder mit Hilfe von Medien möglich, z.B. durch Leserbriefe oder eigene Beiträge im Internet. Hinzu kann ein Engagement in einer Partei kommen. Durchschauen und Beurteilen von weiteren gesellschaftlich-kulturellen Bedingungen: Neben oder im Zusammenhang mit den obigen Bedingungen lässt sich ein thematischer Akzent bei weiteren gesellschaftlich-kulturellen Bedingungen setzen. So können beispielsweise Programm- und Angebotsanalysen auf die Frage zielen, inwieweit unterschiedliche Medien kulturelle Aufgaben wahrnehmen, z.B. durch entsprechende informative, beratende, bildende und unterhaltende Programmangebote. Eine Beurteilung lässt sich mit der Frage anstreben, ob die betrefenden Medienangebote in Umfang und Qualität dem kulturellen Auftrag der Medien gerecht werden, ob der Zugang für alle gesichert ist, kulturelle Vielfalt sich angemessen abbildet und Innovation sowie Partizipation angeregt werden. Des Weiteren kann z.B. die generelle Frage nach der Bedeutung der Medienlandschaft und ihrer digitalen Infrastruktur für das Kommunikationsverhalten in der Gesellschaft gestellt werden. Auch Vergleiche hinsichtlich der gesellschaftlich-kulturellen Bedingungen für Medienproduktion und Medienverbreitung in unterschiedlichen Ländern, gegebenenfalls mit einer Bewertung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden, sind denkbar. Punktuelle Einlussnahmen auf die gegebene Medienkultur sind insbesondere durch eigenes mediales Schafen möglich. 6.4.4 Geeignete Vorgehensweisen Die Auseinandersetzung mit verschiedenen Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung kann – wie bei den bisher dargestellten Aufgabenfeldern – in einem erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsorientierten Vorgehen erfolgen. Anlass für ein erkundungsorientiertes Vorgehen kann z.B. ein Gespräch mit Jugendlichen über Informations- und Unterhaltungsangebote im Fernsehen sein. Bezüglich der Informationsangebote ergeben sich dabei möglicherweise Fragen folgender Art: Wie kommen die im Journalismus Tätigen überhaupt an ihre Informationen? Wer entscheidet letztlich, welche Informationen übernommen werden? Welche Qualiikationen sind für journalistisch Tätige erforderlich? Gibt es Kontrollgremien? An wen könnte man sich wenden, wenn man selbst eine interessante Nachricht oder Information über Zeitung, Radio oder Fernsehen verbreiten möchte? Was kann man tun, wenn in einem Fall, den man selbst genau kennt, falsch berichtet wurde? In analoger Weise können bezogen auf Unterhaltungsangebote verschiedene Fragen zusammengestellt werden. Ausgehend von entsprechenden Fragen lassen sich dann diesbezügliche Recherchen anregen und z.B. in Kleingruppen durchführen.

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Vielleicht ist auch eine Erkundung in einer Medieninstitution möglich. Nach einer Vorstellung der Erkundungs- und Rechercheergebnisse sollten die herausgearbeiteten institutionellen Rahmenbedingungen diskutiert und bewertet werden. Bei anderen Fragestellungen ist ein problemorientiertes Vorgehen denkbar. Beispielsweise kann mit Bezug auf eine technische Störung bei der Arbeit mit dem Computer die Frage aufgeworfen werden, wo die Ursache für die Störung liegen könnte. So lässt sich etwa der Fall vorgeben, dass ein Computer, der bisher einwandfrei gearbeitet hat, Druckaufträge nicht mehr ausführt oder nicht – wie sonst üblich – automatisch die Verbindung zum Internet herstellt. Bezogen auf einen solchen oder ähnlichen Fall kann mit den Lernenden vereinbart werden, den technischen Aufbau eines Computers sowie die strukturellen Abläufe und Eigenschaften der dafür notwendigen Software zu erarbeiten, um Vermutungen über mögliche Ursachen für die Störung formulieren zu können. Die auf diesem Weg zu erarbeitenden Vermutungen lassen sich anschließend in der Klasse vorstellen und diskutieren und in Vorschläge zu möglichen Maßnahmen umsetzen. Eine weitere Möglichkeit des Vorgehens besteht in einem entscheidungsorientierten Vorgehen. Dazu kann die Lehrperson z.B. einen Rechtsfall aus dem Medienbereich vorgeben und die Frage aufwerfen, wie die Lernenden in der Position eines Richters oder einer Richterin entscheiden würden oder – bei geschichtlichen oder gerichtlich behandelten Fällen – entschieden hätten. Bei den Fällen kann es beispielsweise um Fragen der Grundrechte, des Urheberrechts oder des Datenschutzes gehen. Des Weiteren lässt sich z.B. im Zusammenhang mit Jugendschutzfragen – ein angemessenes Alter der Jugendlichen vorausgesetzt – eine Filmprüfung durch den Arbeitsausschuss der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) in Kleingruppen simulieren. Die getrofenen Entscheidungen zur Altersfreigabe sollten anschließend vorgestellt, diskutiert und mit der für den ausgesuchten Film von der FSK getrofenen Entscheidung verglichen werden. Des Weiteren lassen sich gestaltungsorientierte Vorgehensweisen anwenden. Um beispielsweise Einsichten in ökonomische Bedingungen zu erarbeiten, können Kinder oder Jugendliche im Zusammenhang mit der Erstellung eines eigenen medialen Produkts angehalten werden, die Produktions- und Vervielfältigungskosten zu kalkulieren und zu versuchen, es kostendeckend zu verbreiten bzw. zu verkaufen. Ein solches mediales Produkt kann z.B. ein Comic-Heft, eine Fotogeschichte, ein selbst produziertes Hörspiel, ein Videoilm oder eine Schulzeitung sein. Die eigenen Erfahrungen ließen sich dann durch Erkundungen bei professionellen Medienproduzierenden erweitern und vertiefen und in ihrer Bedeutung für die Mediengestaltung und -nutzung relektieren. Ökonomische Bedingungen könnten aber auch in problemorientierter Form erarbeitet werden, z.B. unter der Fragestellung, warum bei verschiedenen Suchmaschinen unterschiedliche Hinweise und Kaufangebote zum gesuchten Stichwort in jeweils anderer Reihenfolge präsentiert werden. Eine Suche

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nach Erklärungen würde schnell zu ökonomischen Hintergründen führen und auf den Zusammenhang von Medienpräsentationen und ökonomischen Bedingungen verweisen. Mit einer Bewertung solcher Zusammenhänge würde das zunächst problemorientierte Verfahren in ein beurteilungsorientiertes übergehen. Unterrichtseinheiten oder Projekte zur Auseinandersetzung mit Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung können aber auch von vornherein in beurteilungsorientierter Weise angelegt sein. Politische Bedingungen lassen sich z.B. dadurch bewusst machen, dass Schülerinnen und Schüler nach medienpolitischen Grundsätzen in den Programmen verschiedener Parteien recherchieren, diese nebeneinanderstellen, vergleichen und im Hinblick auf ihre Übereinstimmung mit grundgesetzlichen Bestimmungen sowie mit dem Gedanken einer Förderung von Demokratie in Kleingruppen bewerten, entsprechende Stellungnahmen formulieren sowie in der Klasse diskutieren. Eine weitere beurteilungsorientierte Vorgehensweise kann z.B. darin liegen, medienpolitische Grundsatzentscheidungen, die zunächst umstritten waren, vor dem Hintergrund der jeweiligen Situation in den Blick zu rücken und die Lernenden anzuregen, in Kleingruppen bewertende Stellungnahmen zu erarbeiten, vorzustellen und gemeinsam zu diskutieren. Beispiele für solche medienpolitischen Grundsatzentscheidungen sind u.a. die Einrichtung einer zweiten bundesweiten öfentlich-rechtlichen Fernsehanstalt (ZDF) in den 1960er Jahren, die Einführung von privaten Rundfunkanstalten bzw. zur Entwicklung eines dualen Rundfunksystems in den 1980er Jahren sowie die überarbeitete Richtlinie der Europäischen Kommission über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie, vgl. Europäische Kommission 2016). Vor dem Hintergrund der Überlegungen in den Abschnitten 6.4.2 bis 6.4.4 können Sie nun das Eingangsbeispiel im Abschnitt 6.1.1 noch einmal in den Blick nehmen und gegebenenfalls vorgenommene Einschätzungen überdenken und ergänzen. Wenn Sie möchten, können Sie auch ein anderes Beispiel für das hier behandelte Aufgabenfeld entwerfen.

7 Entwicklungsförderung als übergreifende Aufgabe

Bei der Darstellung von Bedingungen des Medienhandelns im Kapitel 2 ist deutlich geworden, dass die Förderung des intellektuellen und des sozial-moralischen Urteilsniveaus eine wichtige Voraussetzung für ein sachgerechtes, selbstbestimmtes, kreatives und sozial verantwortliches Handeln in einer von Medien mitgestalteten Welt darstellt. Demgemäß kommt es bei Unterrichtseinheiten oder Projekten zur Medienbildung darauf an – ausgehend von der Bedürfnislage und Lebenssituation der Lernenden – neue Kenntnisse und Erfahrungen zu ermöglichen und gleichzeitig die sozial-kognitive Entwicklung zu fördern. Diese Schlussfolgerung war auch grundlegend für die Unterrichtsbeispiele und Projekte, die wir in den Kapiteln 5 und 6 skizziert haben. Aufgrund der übergreifenden Bedeutung der Entwicklungsförderung fassen wir die Überlegungen zur Entwicklungsförderung in den folgenden beiden Abschnitten zusammen und ergänzen sie um einige theorie- und praxisbezogene Hinweise. Die Abschnitte gliedern wir nach den beiden Bereichen (A) der intellektuellen Entwicklung und (B) der sozial-moralischen Entwicklung. Dabei sind Förderungen der intellektuellen und der sozial-moralischen Entwicklung nicht als isolierte, sondern als wechselseitig aufeinander bezogene Aufgaben zu sehen. Die Förderung der intellektuellen Entwicklung kann wichtige Voraussetzungen für eine Weiterentwicklung des sozial-moralischen Urteilsniveaus schafen, und die Anregung der sozial-moralischen Entwicklung kann auf das intellektuelle Niveau stimulierend wirken.

7.1 Förderung der intellektuellen Entwicklung 7.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Mit Bezug auf den Entscheidungsfall, dass ein Jugendlicher entscheiden muss, ob er auf Drängen eines Mitschülers gegen den Willen der Eltern ein jugendverbotenes Computerspiel mitspielt, haben wir im zweiten Kapitel herausgearbeitet, dass sich bei entsprechenden Denk- und Beurteilungsprozessen u.a. verschiedene intellektuelle Niveaus widerspiegeln (siehe Abschnitt 2.2.3). Als Aspekte zur Unterscheidung solcher Niveaus haben wir herangezogen: (a) die Anzahl der Handlungsmöglichkeiten, die in einer Situation in Erwägung gezogen werden, (b) die Anzahl der Gesichtspunkte oder Kriterien, die bei Analysen oder Beurteilungen berücksich-

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tigt werden, (c) die Diferenzierung innerhalb der Gesichtspunkte oder Kriterien, (d) den Abstraktionsgrad der Gesichtspunkte oder Kriterien sowie (e) den Grad der Verknüpfung zwischen Gesichtspunkten oder Kriterien. Vor dem Hintergrund solcher Aspekte konnten wir fünf Niveaus intellektueller Entwicklung unterscheiden: ixiertes Denken, isolierendes Denken, konkret-diferenzierendes Denken, systematisch-kriterienbezogenes Denken und kritisch-relektierendes Denken. Solche Denkformen lassen sich nicht nur bei Entscheidungen im Medienbereich nachweisen, sondern auch bei der Analyse oder der Beurteilung von Medien oder anderen medienbezogenen Sachverhalten. Beispielsweise haben Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums in einer Befragung, was ihnen am Smartphone bzw. Handy gefällt, was ihnen nicht gefällt und wie sie es insgesamt beurteilen, geäußert: (1) Ein Handy ist gut, weil man mit Freunden schreiben kann und man zocken kann. (Schüler, 13 Jahre) (2) Man kann überall damit telefonieren. Wenn man vergessen hat, sich die Hausaufgaben aufzuschreiben, kann man einfach einer Freundin schreiben. Die Qualität von der Handykamera ist nicht so gut. Datenschutz bei WhatsApp ist nicht gut. (Schülerin, 13 Jahre) (3) An meinem Handy gefällt mir, dass ich fast immer und überall mit Leuten, die ich kenne, kommunizieren und auf Informationen zugreifen kann. Leider werde ich manchmal davon abgelenkt, was mich davon abhält, wichtigere Sachen zu tun. Ich inde, dass ein Smartphone insgesamt viele Möglichkeiten bietet. Man muss nur wissen, wie man damit umgeht und wie man das Handy gut in sein Leben einbezieht. (Schülerin, 15 Jahre) 

Versucht man diese Äußerungen nach Stufen der intellektuellen Entwicklung einzuordnen, so zeigt sich: Bei der Äußerung (1) handelt es sich um eine undiferenzierte eindimensionale Beurteilung. Sie lässt sich der Stufe des ixierten Denkens zuordnen. In der Äußerung (2) wird eine Denkstruktur erkennbar, bei welcher der Beurteilungsgegenstand aus subjektiver Perspektive neben positiven Gesichtspunkten auch negative haben kann. Die Beurteilung ist dabei relativ pauschal oder auf konkrete Einzelheiten beschränkt. Die Gesichtspunkte stehen in isolierter Weise einander gegenüber. Eine solche Beurteilung entspricht der Stufe des isolierenden Denkens. Die Äußerung (3) ist dadurch gekennzeichnet, dass allgemeine Vorteile und Nachteile des Beurteilungsgegenstandes angesprochen werden. Darüber hinaus ist der Versuch feststellbar, diese – wenn auch in eher additiver Weise – zusammenzufassen („Ich inde, dass ein Smartphone insgesamt …“). Diese Äußerung lässt sich der Stufe des konkret-diferenzierenden Denkens zuordnen.

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Über solche Äußerungen hinaus gab es bei unserer Befragung in den Klassen 7 bis 9 des Gymnasiums nur einzelne Äußerungen, die erste Ansätze zu einem systematisch-kriterienbezogenen Denken zeigten. Äußerungen, die deutlich einem systematisch-kriterienbezogenen Denken entsprochen hätten, waren nicht zu inden. Ein konstruiertes Beispiel für eine solche Äußerung führen wir zur Demonstration an: Im Hinblick auf seine Kommunikationsfunktion ermöglicht das Smartphone den Austausch mit Personen der eigenen Umgebung, aber auch in aller Welt. Trotz der einfachen Kontaktaufnahme mit vielen neuen Personen, muss man im Blick behalten, dass die Sicherheit der eigenen Daten sowie Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben. Bezüglich der Unterhaltungsfunktion kann das Smartphone bzw. Handy u.U. sehr spannend sein, da man z.B. viele interessante Videos im Netz ansehen kann. Aber es gibt auch langweilige Posts. Außerdem darf man nicht übersehen, dass bei einer zu starken Betonung von Unterhaltung die Gefahr besteht, dass das Smartphone von den realen Problemen der Lebenswelt ablenkt und dass andere Möglichkeiten der Unterhaltung, z.B. gemeinsame Spiele und Sport, verdrängt werden. Im Hinblick auf die Informationsfunktion ist zunächst positiv hervorzuheben, dass man sich durch das Smartphone über Ereignisse informieren kann, die für jede Bürgerin und jeden Bürger wichtig sind. Allerdings darf man nicht vergessen, dass auch viele Falschnachrichten verbreitet werden und dass die dargestellten Ereignisse nur einen subjektiv ausgewählten Ausschnitt aus der Realität wiedergeben. Wer dies vergisst, entwickelt schnell unangemessene Vorstellungen über die Realität. Insgesamt übernimmt das Smartphone in unserer Gesellschaft wichtige Kommunikations-, Unterhaltungs- und Informationsfunktionen. Der mögliche gesellschaftliche Nutzen wird u.U. jedoch mit verschiedenen Problemen erkauft, die es zu erkennen und denen es vorzubeugen gilt.

Eine solche Beurteilung ließe sich dem systematisch-kriterienbezogenen Denken zuordnen, weil die Beurteilung von ausdrücklichen Kriterien ausgeht (hier von möglichen Funktionen des Smartphones), Vorzüge und Probleme kriterienbezogen angesprochen werden und eine darauf beruhende Gesamteinschätzung erfolgt. Eine kritisch-relektierende Beurteilung würde darüber hinaus erfordern, dass die einzelnen Kriterien auf übergeordnete Gesichtspunkte, z.B. die Bedeutung des Smartphones für Kultur, Wirtschaft, Politik und Demokratie, bezogen werden und dass auf dieser Basis eine kritische Relexion der Möglichkeiten und Gefahren verschiedener Funktionen sowie eine Gewichtung geleistet würde. Pädagogisch gesehen ist es wünschenswert, dass Kinder und Jugendlichen im Laufe der Schulzeit mindestens zu einem systematisch-kriterienbezogenen, möglichst jedoch zu einem kritisch-relektierenden Denken befähigt werden. Das setzt – wie mehrfach betont – die Förderung der intellektuellen Entwicklung voraus. Unter diesem Aspekt lassen sich auch die Beispiele für Unterrichtseinheiten oder Projekte zu den nutzungs- oder inhaltsbezogenen Aufgabenbereichen der Medienbildung in den Kapiteln 5 und 6 in den Blick nehmen.

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Entwicklungsförderung als übergreifende Aufgabe Wählen Sie sich bitte eines der Unterrichts- oderProjektbeispiele aus und schauen Sie es unter dem Gesichtspunkt noch einmal genauer an, ob und inwieweit es gegebenenfalls förderlich für die intellektuelle Entwicklung erscheint. Sie können dabei auch überlegen, welche unterrichtlichen Maßnahmen möglicherweise ergänzt werden sollten, um eine entsprechende Entwicklung zu fördern.

Für Analysen und Einschätzungen dieser Art, ist es sinnvoll, in teils zusammenfassender und teils weiterführender Weise folgende Fragen zu bearbeiten: (1) Welche grundlegenden Aspekte sind bei der Förderung der intellektuellen Entwicklung zu beachten? (2) Welche Varianten des Vorgehens bieten sich an? (3) Welche Schwierigkeiten können auftreten und wie kann man ihnen begegnen? Die Bearbeitung dieser Fragen soll helfen, vorhandene Beispiele im Hinblick auf ihren (möglichen) Beitrag zur Förderung der intellektuellen Entwicklung zu analysieren und zu bewerten, Verbesserungsmöglichkeiten einzubringen und bei eigenen Unterrichtseinheiten und Projekten Förderaspekte in besonderer Weise zu beachten. 7.1.2 Grundlegende Aspekte der Förderung Die angeführten Aspekte zur Unterscheidung verschiedener intellektueller Niveaus sowie die im Abschnitt 2.2.3 skizzierte Stufung können zugleich Hinweise geben, wie eine Weiterentwicklung des intellektuellen Niveaus angeregt und unterstützt werden kann. Dazu sind in der Darstellung 7.1 zunächst wichtige Merkmale der verschiedenen Niveaus zusammengefasst. Auf der Grundlage der Darstellung 7.1 lassen sich Zusammenhänge zwischen Lernvorgängen im Medienbereich und der Förderung des intellektuellen Niveaus beispielhaft wie folgt beschreiben: (1) Schülerinnen und Schüler lernen im Rahmen der Medienbildung neue Handlungs- und Beurteilungsmöglichkeiten kennen. Sie erfahren z.B., dass man sein Bedürfnis nach Sinneserregung und Spannung nicht nur durch Filme oder Computerspiele, sondern auch durch andere Aktivitäten, etwa durch Mannschaftssport, befriedigen kann; dass man Medien nicht nur als Rezipient nutzen, sondern auch selbst mediale Botschaften produzieren und verbreiten kann; dass die Mediennutzung neben Vorzügen auch Probleme mit sich bringen kann. (2) Bei der Auswahl zwischen verschiedenen Medienangeboten und anderen Handlungsmöglichkeiten lernen Schülerinnen und Schüler, dass man diese nach unterschiedlichen Gesichtspunkten oder Kriterien beurteilen kann, z.B. nach ihrem Informations-, Unterhaltungs- oder Bildungswert. Bei der Unterscheidung und Einschätzung medialer Angebote erfahren sie, dass sich einzelne Medienangebote sowohl nach ihren Inhalten als auch nach ihrer Form analysieren und bewerten lassen.

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Darst. 7.1: Niveaus intellektueller Entwicklung und ihre Merkmale

(3) Im Zusammenhang mit eigener Mediengestaltung und beim Analysieren und Einschätzen von Gestaltungsmerkmalen erwerben Schülerinnen und Schüler u.a. diferenzierte Vorstellungen zu den Gestaltungsmöglichkeiten einzelner Medien. Die Gestaltungsmöglichkeiten stellen wichtige Gesichtspunkte für die Produktion und Beurteilung von Medien dar. (4) Bei der Beurteilung von Handlungsmöglichkeiten oder Sachverhalten lassen sich Gesichtspunkte oder Kriterien mit zunehmender Abstraktion vermitteln. So haben beispielsweise bei der Analyse medialer Angebote Gesichtspunkte wie „Absichten des Kommunikators“ oder „ökonomische Bedingungen der Medienproduktion“ einen höheren Abstraktionsgrad als „Inhalt einer beliebten Serie“ oder „ilmsprachliche Elemente“. (5) Darüber hinaus lassen sich Verknüpfungen zwischen verschiedenen Gesichtspunkten oder Kriterien herstellen: Bei der Aufarbeitung von Medieneinlüssen kann u.a. die Tatsache irreführender Vorstellungen mit dem Problem der Verwischung von Fiktion und Realität in Verbindung gesetzt und aufgeklärt werden. Bezogen auf die Mediennutzung können z.B. Beziehungen zwischen der

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Entwicklungsförderung als übergreifende Aufgabe Bedürfnisbefriedigung bzw. Bedürfnisfrustration im sozialen Kontext und dem Umfang sowie der Art der Mediennutzung aufgezeigt werden. Bei der eigenen Mediengestaltung werden u.U. Verbindungen und Unterschiede zwischen professionellen und selbst produzierten Medien kriterienbezogen thematisiert.

Insgesamt ergibt sich aus diesen Überlegungen, dass Schülerinnen und Schüler bei medienbezogenen Auseinandersetzungen mit Anforderungen konfrontiert werden sollten, die jeweils etwas oberhalb ihres erreichten Entwicklungsstandes liegen und die dazu führen, – dass die Anzahl von Handlungs- und Beurteilungsmöglichkeiten im Medienbereich vergrößert wird und/oder – dass sie neue Gesichtspunkte oder Kriterien für die Beschreibung, Analyse und Bewertung von Handlungsmöglichkeiten oder Sachverhalten im Medienzusammenhang kennen lernen, – dass eine Ausdiferenzierung von medienbezogenen Gesichtspunkten oder Kriterien erfolgt und/oder – dass ein angemessenes Abstraktionsniveau bei den Gesichtspunkten oder Kriterien gewählt wird und/oder – dass eine Verknüpfung von Handlungs- oder Beurteilungsmöglichkeiten und/ oder von Gesichtspunkten und/oder von Beschreibungs-, Analyse- und Bewertungskriterien und/oder ihrer Diferenzierungen stattindet. Entsprechende Lernvorgänge werden durch ofene Lernsituationen begünstigt, in denen die Schülerinnen und Schüler sich in aktiver, diskursiver und kooperativer Weise mit geeigneten Aufgaben auseinandersetzen. 7.1.3 Varianten des Vorgehens Auch für eine Förderung des intellektuellen Niveaus bieten sich die Aufgabentypen an, die wir in verschiedenen Zusammenhängen angesprochen haben: Erkundungsaufgaben, Probleme, Entscheidungsfälle, Gestaltungs- und Beurteilungsaufgaben (vgl. Kapitel 3, 5 und 6). Bei Erkundungsaufgaben haben die Schülerinnen und Schüler z.B. die Chance, neue Handlungsmöglichkeiten oder Sachverhalte kennen zu lernen. Wenn sie sich beispielsweise auf eine Klassenfahrt nach Frankreich vorbereiten und erkunden, was sie in der zu besuchenden Region unternehmen könnten und was dabei zu beachten ist, vergrößert sich die Anzahl der Handlungsmöglichkeiten und Sachverhalte in ihrem Bewusstsein. Falls die Schülerinnen und Schüler dies als bedeutsam erfahren und in exemplarischer Weise lernen, dass es für die Planung einer Reise oder einer anderen Aktion sinnvoll ist, mehrere Handlungsmöglichkeiten und damit verbundene Fragen zu bedenken, stellen sich positive Wirkungen auf das intellektuelle Niveau ein. Die Auseinandersetzung mit Problemen lässt sich im Medienbereich – wie mehrfach aufgezeigt – durch verschiedene Fragen in Gang bringen, z.B.: Wie kann man er-

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klären, dass Film, Fernsehen, Video, Computerspiele oder die Kommunikation in Social Networks eine große Faszination auf Kinder und Jugendliche ausüben? Wie wird erreicht, dass man einem bestimmten Film mit Spannung folgt und einen anderen langweilig indet? Was kann man bezüglich des Medienverhaltens eines Kindes vermuten, wenn das Kind in einer Umgebung lebt, die wenig Möglichkeiten bietet, die Bedürfnisse nach Sinneserregung, Sicherheit, Zugehörigkeit, Achtung und Geltung zu befriedigen? Wie könnten Filmemachende erreichen, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sich die Rezipierenden prosozial verhalten? Bei der Bearbeitung solcher Probleme geht es darum, Erklärungen für interessante Phänomene zu inden, Vorhersagen für bestimmte Situationen zu erarbeiten oder Handlungsanleitungen zu entwickeln. Dies ist in Medienzusammenhängen u.a. auf der Basis human- bzw. sozialwissenschaftlicher Hypothesen möglich. Bezogen auf die zuletzt genannte Frage könnte eine Handlungsanleitung z.B. folgendermaßen lauten: Soll die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, dass sich Rezipierende prosozial verhalten, sollen in Filmen prosoziale Verhaltensweisen mit positiven Folgen für die ausführenden Personen gezeigt werden. Diese Handlungsanleitung basiert auf der human- bzw. sozialwissenschaftlichen Hypothese der stellvertretenden Verstärkung bzw. der heorie des Modelllernens, nach der ein beobachtetes Verhalten, das positive Folgen hat, unter bestimmten Umständen in vergleichbaren Situationen von den Beobachtenden gezeigt wird. Diese Hypothese könnte zugleich für Erklärungen genutzt werden, z.B.: Das Phänomen, dass sich einzelne Kinder in bestimmten Situationen prosozial verhalten, lässt sich dadurch erklären, dass sie in Filmen beobachtet haben, wie prosoziale Verhaltensweisen bei Modellpersonen belohnt wurden. Des Weiteren lässt sich auf der Grundlage der Hypothese eine Vorhersage formulieren: Wenn Kindern in Filmen gezeigt wird, wie Modellpersonen für prosoziale Verhaltensweisen belohnt werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich in vergleichbaren Situationen ebenfalls prosozial verhalten. Demgemäß kann der positive Einluss von Problembearbeitungen auf die intellektuelle Entwicklung vor allem darin liegen, dass die Möglichkeiten der Erklärung, der Vorhersage und der Handlungsanleitung zunehmen und außerdem Verknüpfungen zwischen diesen entstehen sowie Verbindungen zu Hypothesen und heorien hergestellt werden. Neben Problemaufgaben sind Entscheidungsfälle geeignet, sowohl zum Erwerb medienrelevanter Kenntnisse als auch zur Entwicklung des intellektuellen Niveaus anzuregen. So kann eine Lehrperson in einer Unterrichtseinheit beispielsweise von der Situation einer (iktiven) Familie ausgehen, die nur über einen älteren Computer verfügt, auf dem viele der neueren Computerspiele nicht mehr laufen, und in der die Frage entsteht, ob ein neuer leistungsfähiger Computer mit verschiedenen aktuellen Computerspielen angeschaft oder das Geld lieber für eine gemeinsame Ferienreise verwendet werden soll. Wenn die Lehrperson eine solche Situation in einer Klasse vorstellt, werden sich die Schülerinnen und Schüler je nach intellektuellem Entwicklungsstand in unterschiedlicher Weise mit der Situation auseinandersetzen:

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– Bei vorwiegend ixiertem Denken werden sie sich ohne große Überlegungen für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden und die andere kaum in Erwägung ziehen. Die Aufgabe der Lehrperson wäre es in diesem Falle, mit den Schülerinnen und Schülern Gründe für die – in ixierter Weise getrofenen – Entscheidungen herauszuarbeiten und dabei darauf zu achten, dass die jeweilige Alternative in die Überlegung einbezogen wird. – Auf der Stufe des isolierenden Denkens werden die Schülerinnen und Schüler wahrscheinlich eine Handlungsmöglichkeit vorziehen und versuchen, diese positiv zu charakterisieren, wobei die Alternative zwar im Blick ist, jedoch eher negativ gesehen wird. Die Schülerinnen und Schüler neigen u.U. auch dazu, sich aufgrund einer gewissen Verunsicherung der Entscheidung zu entziehen. Hier käme es für die Lehrperson darauf an, Impulse zu geben, die dazu führen, dass Vor- und Nachteile beider Handlungsmöglichkeiten zusammengestellt und gegeneinander abgewogen werden. – Entspricht das intellektuelle Niveau dem konkret-diferenzierenden Denken, so werden die Schülerinnen und Schüler Vor- und Nachteile jeder Handlungsweise aulisten und die Handlungsmöglichkeit wählen, welche die meisten oder bedeutendsten Vorteile verspricht. In diesem Falle sollte die Lehrperson fragen, in Bezug auf welche Kriterien bzw. Gesichtspunkte man die Vor- und Nachteile ordnen kann, z.B. hinsichtlich Erfahrungsqualität, Erlebnisgehalt und Dauerhaftigkeit. Danach wäre die Frage zu stellen, welches Kriterium das wichtigste sein soll. – Falls die Stufe des systematisch-kriterienbezogenen Denkens schon erreicht ist, werden die Schülerinnen und Schüler Vor- und Nachteile bereits mit Bezug auf bestimmte Kriterien einbringen. Dann käme es darauf an, die Kriterien im Sinne eines kritisch-relektierenden Denkens zu gewichten und auf dieser Basis eine Entscheidung zu trefen. Generell kann bei Entscheidungsfällen die intellektuelle Entwicklung dadurch angeregt werden, – dass bei einem gegebenen Ziel zwischen zwei oder mehr Vorgehensweisen als möglichen Wegen zum Ziel zu entscheiden ist, beispielsweise wenn es für eine Schulzeitung um die Frage geht, ob sie in Printform oder als Webzeitung gestaltet werden soll, – dass zwischen zwei oder mehr Zielen entschieden werden muss, beispielsweise wenn zur Debatte steht, ob eine Schule ihr Proil stärker in Richtung Medienbildung oder stärker in Richtung Umwelterziehung entwickeln oder beide Schwerpunkte verbinden sollte, – dass sowohl zwischen mehreren Zielen als auch zwischen mehreren Vorgehensweisen eine Entscheidung zu fällen ist, beispielsweise wenn in einem Rollenspiel diskutiert wird, ob in einem Verlag die Entwicklung von Lernsoftware oder von Spielsoftware verstärkt werden soll und wie eine getrofene Entscheidung werbewirksam dargestellt werden kann.

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Neben Problemaufgaben und Entscheidungsfällen haben wir Gestaltungsaufgaben als entwicklungsanregend hervorgehoben. Beispiele für Gestaltungsaufgaben sind die Produktion eines eigenen Hörmagazins, eines eigenen Videoclips oder einer eigenen Webseite. Entsprechende Vorgehensweisen wurden im Abschnitt 5.5 dargestellt. Hier reicht deshalb – mit Blick auf die entwicklungsstimulierende Wirkung – der Hinweis, dass es bei Gestaltungsaufgaben wesentlich darauf ankommt, verschiedene Handlungsmöglichkeiten zu bedenken, jeweils einzelne Handlungsmöglichkeiten begründet bzw. kriterienbezogen auszuwählen sowie zu erproben und dabei verschiedene Perspektiven miteinander zu verbinden. Probleme, Entscheidungsfälle und Gestaltungsaufgaben müssen nicht immer als offene Situationen in den Unterricht eingeführt werden. Es lassen sich auch Problemlösungen, getrofene Entscheidungen und Gestaltungsergebnisse vorstellen, wobei es dann darauf ankommt, diese zu beurteilen. In einem solchen Fall liegt eine Beurteilungsaufgabe vor. Bei Beurteilungsaufgaben ist es aus entwicklungstheoretischer Sicht günstig, wenn alternative Problemlösungen, Entscheidungen oder Gestaltungen mitbedacht werden und so eine vergleichende Beurteilung nahegelegt wird. Man kann davon ausgehen, dass Vergleiche eher dazu anregen, Kriterien für eine Beurteilung zu entwickeln, als eine – auf nur einen Sachverhalt bezogene – Beurteilung. 7.1.4 Mögliche Schwierigkeiten und Maßnahmen Um im Rahmen von Unterrichtseinheiten oder Projekten die Weiterentwicklung des intellektuellen Niveaus anzuregen, ist u.a. die Diskussion in Kleingruppen ein probates Mittel. Dabei kann man sich in der Regel darauf verlassen, dass bei einer Diskussion unter Gleichaltrigen unterschiedliche und für andere jeweils neue Handlungsmöglichkeiten, Beurteilungen, Gesichtspunkte, Kriterien, Ausdiferenzierungen, Abstraktionsgrade oder Verknüpfungen in die Diskussion eingebracht werden. Falls die damit verbundenen Entwicklungsanregungen nicht hinreichend erscheinen, kann auch die Lehrperson bei Klassen- oder Kleingruppendiskussionen gezielte Impulse geben oder Fragen stellen, die auf eine Erweiterung im Sinne der genannten Aspekte gerichtet sind (siehe oben). Trotz solcher Möglichkeiten bleibt bei der üblichen Heterogenität der Lernvoraussetzungen die Schwierigkeit, jede Schülerin und jeden Schüler mit Überlegungen zu konfrontieren, die etwas oberhalb des jeweils gegebenen Niveaus liegen. Hier können gegebenenfalls Arbeitsblätter für die Kleingruppenarbeit helfen. Beispielsweise könnten Schülerinnen und Schüler angeregt werden, sich vor einer Entscheidung in einem bestimmten Fall mit Entscheidungsregeln auseinanderzusetzen, die unterschiedliche intellektuelle Niveaus widerspiegeln. Ein solches Arbeitsblatt könnte z.B. folgende – hier nicht in der Stufenfolge, sondern zufällig angeordnete – Regeln enthalten: Bei einer Entscheidung sollte man: – Vor- und Nachteile verschiedener Handlungsmöglichkeiten abwägen, ehe man sich für eine entscheidet,

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– überlegen, welche Kriterien für die Beurteilung einer Handlungsmöglichkeit wichtig sind und die Handlungsmöglichkeiten unter diesen Kriterien vergleichen und bewerten, – sich ohne Umschweife auf eine Handlungsmöglichkeit konzentrieren und diese konsequent „durchziehen“, um sich nicht zu verzetteln, – verschiedene Handlungsmöglichkeiten unter verschiedenen Kriterien betrachten und überlegen, wie wichtig die einzelnen Kriterien sind, ehe man entscheidet, – mindestens zwei Handlungsmöglichkeiten beachten, sich dann aber möglichst schnell auf eine Handlungsmöglichkeit konzentrieren und diese umsetzen.

In ähnlicher Weise könnte ein Arbeitsblatt gestaltet werden, wenn es nicht um eine Entscheidung, sondern um eine Beurteilung geht. In ein solches Arbeitsblatt ließen sich für eine Diskussion z.B. folgende Beurteilungsregeln aufnehmen, wobei die Regeln wieder zufällig angeordnet sind: Bei einer Beurteilung sollte man: – die Vorzüge und Probleme einer Sache bedenken, ehe man zu einem abschließenden Urteil kommt, – eine Sache zwar von mindestens zwei Seiten betrachten, dann aber schnell zu einem Urteil kommen, um Klarheit zu schafen, – Kriterien bedenken, die für die Beurteilung einer Sache infrage kommen, und überlegen, wie wichtig die einzelnen Kriterien sind und auf dieser Grundlage eine Stellungnahme abgeben, – Kriterien überlegen, nach denen man eine Sache beurteilen kann, und diese Kriterien für eine diferenzierte Bewertung heranziehen, – sich ohne große Umschweife festlegen, ob man etwas gut oder schlecht indet, dann weiß jeder, wie man zu einer Sache steht.

Mit Hilfe solcher Arbeitsblätter erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sich jeder in einer Diskussionsgruppe mit entwicklungsstimulierenden Argumenten auseinandersetzt. Vor dem Hintergrund der Darstellungen in den Abschnitten 7.1.2 bis 7.1.4 können Sie sich nun das eingangs von Ihnen aus den Kapiteln 5 oder 6 ausgewählte Unterrichts- oder Projektbeispiel noch einmal anschauen. Überlegen Sie bitte, inwiefern das Beispiel im Zusammenhang seiner medienpädagogischen Zielsetzungen geeignet ist, die intellektuelle Entwicklung zu fördern, und welche Maßnahmen dazu besonders beitragen können und/oder ergänzt werden sollten.

7.2 Förderung der sozial-moralischen Entwicklung 7.2.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Im Abschnitt 2.2.4 haben wir am Beispiel der Computerspiel-Situation gezeigt, dass der sozial-moralischen Orientierung bei Entscheidungsfällen im Medienbereich eine große Bedeutung zukommt. Mit Bezug auf das Beispiel wurden in Anlehnung an Kohlberg (1977) fünf Stufen der sozial-moralischen Entwicklung unterschieden:

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(1) Egozentrische Fixierung auf die eigenen Bedürfnisse unter Vermeidung von Strafe, (2) Orientierung an den eigenen Bedürfnissen unter Beachtung der Bedürfnisse anderer, (3) Orientierung an der Erwartung von Bezugspersonen und Bezugsgruppen, (4) Orientierung am sozialen System mit einer bewussten Übernahme gerechtfertigter Verplichtungen, (5) Orientierung an individuellen Rechten und ihrer kritischen Prüfung unter dem Anspruch der menschlichen Gemeinschaft. Entwicklungsschritte in dieser Stufenfolge lassen sich vor allem auf drei Aspekte beziehen: – auf die Erweiterung der sozialen Perspektive – von einer egozentrischen bis zu einer menschheitsbezogenen Sichtweise, – auf die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen – von der Verantwortung für sich selbst bis hin zum Blick auf die menschliche Gemeinschaft insgesamt, – auf die Fundierung des Gerechtigkeitsbegrifs – von der Orientierung an unmittelbaren Konsequenzen einer Handlung bis zur Orientierung an universalen ethischen Prinzipien. Gemäß Abschnitt 2.2.5 legen Untersuchungen zum moralischen Urteilsniveau von Kindern und Jugendlichen die Vermutung nahe, dass Kinder eher auf den Stufen 1 und 2 und Jugendliche eher auf der Stufe 3 argumentieren als auf den Stufen 4 und 5. Pädagogisch gesehen ergibt sich daraus die Forderung, Kinder und Jugendliche derart zu fördern, dass sie mindestens die Stufe 4, möglichst jedoch die Stufe 5 sozial-moralischer Orientierung erreichen. Im Folgenden wird ein weiterer Fall skizziert, der sich zur Anregung förderlicher Diskussionen nutzen lässt: Michael ist in der Jugendarbeit im „Haus der ofenen Tür“ tätig. Da viele Jugendliche Interesse an Computer- und Videospielen haben, verfügt das „Haus der ofenen Tür“ auch über drei Computer, auf denen verschiedene Computerspiele laufen, z.B. Sportspiele, Wirtschaftssimulationen, Adventures und Geschicklichkeitsspiele. Bei der Anschafung der Spiele hat das Jugendamt sorgfältig darauf geachtet, dass keine Kriegsspiele dabei sind. Kriegsspiele – so die Begründung des Jugendamtes – forderten mit großer Selbstverständlichkeit die brutale Vernichtung des jeweiligen Gegners. Diese würde mit Punkten belohnt und führe so letztlich zu einer Verherrlichung des Krieges und zu einer Verrohung der Jugendlichen. In der letzten Zeit hat Michael zunehmend neue Jugendliche beobachtet, die von den vorhandenen Spielen Gebrauch machen. Insbesondere freut ihn, dass die Jugendlichen, nachdem sie am Computer gespielt haben, auch andere Angebote des „Hauses der ofenen Tür“ wahrnehmen. Nach einiger Zeit drängen allerdings immer mehr Jugendliche darauf, auch Kriegsspiele auf den Computern zuzulassen. Michael lehnt das mit Berufung auf das Jugendamt ab, muss dann allerdings feststellen, dass viele der Jugendlichen nicht mehr im „Haus der ofenen Tür“ erscheinen – ofenbar, um sich irgendwo anders Kriegsspielen zu widmen. Auch weitere Jugendliche kommen immer seltener ins „Haus der ofenen Tür“, weil das Interesse an den

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vorhandenen Spielen und Angeboten ofenbar erlahmt. Aufgrund verschiedener Gespräche mit Jugendlichen ist Michael sicher, dass er mit der Erlaubnis, Kriegsspiele auf den Computern laufen zu lassen, viele Jugendliche im „Haus der ofenen Tür“ halten bzw. dorthin zurückholen könnte. 

Es stellt sich die Frage, ob Michael auf das Jugendamt einwirken sollte, damit trotz der Vorbehalte Kriegsspiele im „Haus der ofenen Tür“ zugelassen werden. Ausgehend von diesem Fall lässt sich eine Unterrichtseinheit entwerfen, die sowohl der Bearbeitung medienpädagogischer Fragen als auch einer Förderung der sozial-moralischen Entwicklung dienen kann. Erstellen Sie dazu bitte einen ersten Entwurf. Damit Sie Ihren ersten Entwurf diferenziert einschätzen und gegebenenfalls auch noch verbessern können, empiehlt es sich, folgenden Fragen nachzugehen: (1) Welche grundlegenden Aspekte sind bei der Förderung der sozial-moralischen Entwicklung zu bedenken? (2) Welche Varianten des Vorgehens lassen sich unterscheiden? (3) Welche Schwierigkeiten können auftreten und welche Maßnahmen sind zu empfehlen? Die Bearbeitung dieser Fragen wird es ermöglichen, vorliegende Unterrichtsbeispiele analytisch in den Blick zu nehmen und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge zu formulieren sowie eigene Unterrichtsbeispiele in diferenzierter Weise zu entwerfen. 7.2.2 Grundlegende Aspekte der Förderung Für die Entwicklungsförderung im Bereich sozial-moralischer Urteilsfähigkeit kommt verschiedenen Annahmen, die mit dem Stufenkonzept von Kohlberg verbunden sind, eine grundlegende Bedeutung zu (vgl. 1974, S. 8f.): – Das sozial-moralische Urteilsniveau entwickelt sich in der Interaktion des Individuums mit seiner Umwelt. Es ist weder das Ergebnis eines bloßen Reifungsprozesses noch einfach das Resultat eines Lehrprozesses (im Sinne einer direkten Formung des Individuums durch eine Lehrperson). Eine Weiterentwicklung setzt die Interaktion bzw. Auseinandersetzung der Aufwachsenden mit ihrer Umwelt voraus. – Die Entwicklung wird durch das Streben des Individuums nach einem verbesserten Gleichgewicht in seiner Interaktion mit der Umwelt vorangetrieben. Die Erfahrung von Konlikten im Sinne der Nicht-Übereinstimmung eigenen Verhaltens oder eigener Aufassungen mit Erwartungen, Aufassungen oder Anforderungen der Umwelt ist potenziell ein Auslöser für die Weiterentwicklung. – Die Entwicklung stellt sich als invariante Sequenz dar. Sie kann zwar durch bestimmte Umwelteinlüsse beschleunigt oder verlangsamt werden, eine Änderung der Reihenfolge ist jedoch nicht möglich. Das bedeutet zugleich, dass Konlikte, die eine Argumentation oder Lösung auf der nächsthöheren Stufe erfordern bzw. ermögli-

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chen, am ehesten entwicklungsanregend wirken. Argumente, die mehr als eine Stufe über dem erreichten Niveau liegen, werden nicht mehr adäquat verstanden. – Das Erreichen der nächsten Stufe ist mit einer grundsätzlichen Änderung von Orientierungen und Denkformen verbunden. Zwischen den Stufen bestehen nicht nur graduelle, sondern qualitative Unterschiede. Aus diesem Grunde sind Weiterentwicklungen auch nicht als kurzfristige, sondern als längerfristige Prozesse anzusehen. – Das Verhältnis einer erreichten Stufe zu vorangehenden Stufen kann als hierarchische Integration beschrieben werden. Denken und Urteilen auf einer höheren Stufe schließt Denkformen früherer Stufen ein, wenn sie auch in einen neuen Rahmen gestellt werden, der durch die Änderung der grundsätzlichen Orientierung gekennzeichnet ist. Praktisch gesehen bedeutet dies, dass ein Individuum, das die Stufe n erreicht hat, in der Lage bleibt, Argumente der darunter liegenden Stufen zu verstehen, allerdings selbst dazu neigt – entsprechende Konliktsituationen vorausgesetzt – eher auf der Stufe n zu argumentieren. Auf der Basis dieser Annahmen sind folgende Bedingungen für die Förderung des sozialen bzw. moralischen Urteilsniveaus wichtig (vgl. dazu auch Kohlberg u. Turiel 1978, S. 20; Hagemann u. Heidbrink 1985, S. 67f.): a) Es kommt darauf an, Kinder und Jugendliche mit Konlikten zu konfrontieren bzw. bei ihnen Meinungsverschiedenheiten über Entscheidungs- oder Beurteilungsfälle zu erzeugen, die zu einer Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Entscheidungs- oder Beurteilungsfall führen. b) In der Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Entscheidungs- oder Beurteilungsfall sollen die Jugendlichen angehalten werden, sich in die Position der verschiedenen am Konlikt beteiligten Personen hineinzuversetzen und möglichst viele Ansprüche zu berücksichtigen. c) Im Rahmen der Diskussion müssen Argumente präsentiert werden, die etwas oberhalb der vom einzelnen Jugendlichen erreichten Stufe liegen. Die Argumente sollten dabei nicht mehr als eine Stufe über dessen Entwicklungsniveau liegen, weil sie sonst nicht angemessen verstanden werden. d) Die Auseinandersetzung soll in einer angemessenen Atmosphäre stattinden. Eine solche ist dadurch gekennzeichnet, dass sich alle Mitglieder der jeweiligen Gruppe um eine faire und aktive Mitarbeit an Gruppenentscheidungen bemühen und dabei die sozial-moralischen Aspekte der Entscheidung hervorgehoben werden. Hinsichtlich der zu diskutierenden Konlikte ist grundlegend, dass die DilemmaSituationen auch tatsächlich moralische Konlikte präsentieren, sodass unterschiedliche Interessen, Erwartungen, Rechte oder Plichten miteinander konkurrieren, wobei eine Lösung des Konlikts letztlich durch den Rückgrif auf universelle Prinzipien sozialer Gerechtigkeit möglich sein soll. Die Diskussion von Begründungen für oder gegen einzelne Handlungsmöglichkeiten kann dabei die Wahrnehmung von Diskrepanzen und Widersprüchen schärfen und die Schülerinnen und Schüler auf Unzu-

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länglichkeiten ihrer bisherigen Denkmuster hinweisen: „Kurz, der erfolgreiche Lehrer muss (1) das Denken des Kindes der richtigen Stufe zuordnen können; (2) entwicklungsgerechte, d.h. um eine Stufe höher liegende Denkanstöße geben; (3) sich auf Begründungen konzentrieren; und (4) dem Kind die Erfahrung desjenigen KonliktTyps ermöglichen, der zur Wahrnehmung der Überlegenheit der nächst höheren Stufe führt.“ (vgl. Kohlberg u. Turiel 1978, S. 67). Dies bedeutet gleichzeitig, dass die Lehrperson zwar Impulse zu einer Auseinandersetzung mit höherrangigen Argumenten geben, aber keinen direkten Einluss auf die Entscheidungsrichtung bzw. das Entscheidungsergebnis nehmen soll (vgl. Kohlberg 1987, S. 35). 7.2.3 Varianten des Vorgehens Durch die vorlaufenden Überlegungen ist deutlich geworden, dass sich im Zusammenhang mit Medienfragen verschiedene Konlikte in Form von Dilemmata einführen und thematisieren lassen. Dabei kann sich die Auseinandersetzung vor allem auf zwei Aufgabentypen beziehen: auf Entscheidungsfälle und auf Beurteilungsaufgaben. Entscheidungs- und beurteilungsorientierte Vorgehensweisen sind in besonderer Weise geeignet, um die sozial-moralische Entwicklung anzuregen. Allerdings schließt dies nicht aus, dass auch im Rahmen eines erkundungsorientierten, eines problemoder eines gestaltungsorientierten Vorgehens Fragen von sozial-moralischer Relevanz behandelt werden. Beispielsweise kann bei einem erkundungsorientierten Vorgehen die Frage entstehen, ob man bei bestimmten hemen auch Medienangebote einbeziehen bzw. nutzen sollte, bei denen Personen bloßgestellt oder Grundrechte verletzt werden. Bei der Bearbeitung von Problemen ergibt sich u.U. die Frage, ob oder inwieweit mögliche Problemlösungen sozial verträglich sind und bei Gestaltungsaufgaben bzw. bei eigenen Medienbeiträgen muss u.a. beachtet werden, welche Grenzen durch Urheber- oder Persönlichkeitsrechte gegeben sind. Darüber hinaus ist es möglich, zur Förderung der sozial-moralischen Entwicklung entscheidungs- oder beurteilungsorientierte Vorgehensweisen direkt mit einem gestaltungsorientierten Vorgehen zu verbinden. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn bezüglich der Beurteilung einer Straftat eine Gerichtsverhandlung im Rollenspiel simuliert wird (siehe z.B. Abschnitt 6.3.4). Im Folgenden sollen schwerpunktmäßig Konlikte thematisiert werden, die als Ausgangspunkte für ein entscheidungs- oder beurteilungsorientiertes Vorgehen dienen können. Solche Konlikte ergeben sich beispielsweise mit Bezug auf – Nutzungs- bzw. Rezeptionssituationen (als Beispiel kann die skizzierte Computerspiel-Situation gelten), – Medieninhalte (ein Beispiel stellt die ilmische Darstellung der Gewalttat von – Katharina Blum dar) oder – Situationen im Bereich von Medienproduktion und Medienverbreitung (Beispiele dazu werden im weiteren Verlauf angesprochen). Zunächst führen wir ein weiteres Beispiel aus dem Bereich der Mediennutzung an. Es handelt sich um einen Fall von Whistleblowing, also um einen Vorgang, bei dem

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eine Person, die Zugang zu wichtigen geheimen oder besonders geschützten Informationen hat, diese an die Öfentlichkeit bringt. Wir beziehen uns dabei auf den Fall des ehemaligen technischen Mitarbeiters US-amerikanischer Geheimdienste Edward Snowden (vgl. dazu u.a.: Schrettl 2017; Lobe 2017; Wikipedia: Whistleblower 2018; Wikipedia: Edward Snowden 2018): Edward Snowden hat Dokumente, die bei US-amerikanischen Geheimdiensten als top secret galten, kopiert und 2013 der Öfentlichkeit zunächst in anonymer Weise zugänglich gemacht. Aus den Daten ging u.a. hervor, dass Geheimdienste der USA und Großbritanniens unter Missachtung des Datenschutzes in großem Umfang die weltweite Kommunikation im Internet überwachen – nach eigener Begründung, um terroristische Aktivitäten frühzeitig zu erkennen. Die Überwachung erfolgte auch ohne Verdachtsmomente und unter Missachtung der Privatsphäre. Zugleich zeigten die Enthüllungen, wie Spionagedienste arbeiten und dass auch politisch bedeutsame Personen anderer Nationen systematisch überwacht bzw. ausspioniert wurden. Da Snowden davon ausgehen musste, dass die Geheimdienste ihn als Whistleblower identiizieren würden, gab er seine Identität 2013 in Hongkong preis – in der Hofnung, dort sicher zu sein. Das FBI (Federal Bureau of Investigation) stellte Strafanzeige gegen ihn und erwirkte einen Haftbefehl. Seitdem droht ihm in den USA eine Haftstraße wegen Geheimnisverrats. Da sich Snowden seiner Sicherheit nicht mehr sicher war, loh er aus Hongkong, saß danach im Transitbereich des Moskauer Flughafens fest, während auf diplomatischer Ebene ein Streit über seine Verhaftung und Auslieferung entbrannt war. Schließlich stellte er einen Asylantrag in Russland, dem mit einer zunächst dreijährigen Aufenthaltserlaubnis stattgegeben und die mittlerweile um zwei Jahre verlängert wurde. Snowden hält sich zurzeit vermutlich an geheimen Orten in Russland auf und ist mittlerweile zu einem „virtuellen Weltenbummler“ geworden, der per Videoübertragung u.a. auf Konferenzen, bei Preisverleihungen oder in universitären Veranstaltungen spricht, wofür er zum Teil sehr hohe Honorare erhält. Außerdem ist er auf Twitter aktiv. Edward Snowden ist für seine Enthüllungen mehrfach ausgezeichnet worden: Beispielsweise erhielt er schon 2013 den internationalen Whistleblower-Preis der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) und der Deutschen Sektion der International Association of Lawyers against Nuclear Arms (IALANA); 2014 wurde ihm der Alternative Nobelpreis der Right Livelihood Award Stiftung verliehen; ebenfalls 2014 bekam er die Carl-von-Ossietzky-Medaille vom Berliner Verein „Internationale Liga für Menschenrechte“. Außerdem hat das Europäische Parlament den Mitgliedsstaaten empfohlen, alle Vorwürfe gegen Snowden fallen zu  lassen und ihm als Menschenrechtler Schutz zu gewähren.

Auf der Grundlage dieser Fallbeschreibung lassen sich verschiedene Dilemmata nennen, die im Sinne einer Förderung des sozial-moralischen Urteilsniveaus unterrichtlich diskutiert werden könnten. Beispielsweise ließe sich die Frage aufwerfen, ob es richtig war, dass Edward Snowden die streng geheimen Dokumente der Öfentlichkeit zugänglich gemacht hat. Darüber hinaus könnte die Situation der Mitglieder in einem Universitätsgremium simuliert werden, in dem zu entscheiden ist, ob Edward Snowden zu einem Videovortrag für 25.000 € in einer öfentlichen Veranstaltung eingeladen werden sollte. Des Weiteren ließe sich ein Rollenspiel zu einer Gerichtsverhandlung

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planen und durchführen, in der es darum geht, in verschiedenen Rollen über den Vorwurf des Geheimnisverrats und gegebenenfalls über Freispruch oder Strafe zu verhandeln. Für die Vorbereitung entsprechender unterrichtlicher Diskussionen ist zu empfehlen, dass die Lehrperson vorab mögliche Argumente auf verschiedenen Stufen des sozial-moralischen Urteilsniveaus zusammenstellt. Auf einer solchen Basis könnte sie Argumente der Schülerinnen und Schüler besser einordnen und gegebenenfalls geeignete Impulse geben. Als Beispiel sind in der Darstellung 7.2 einzelne Argumente gemäß den Stufen der sozial-moralischen Entwicklung zu der Frage zusammengestellt, ob die Enthüllungen von Edward Snowden als richtig oder falsch zu bewerten sind.

Darst. 7.2: Beispiel-Argumente zum Whistleblower-Dilemma

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Neben solchen Fällen bieten viele dokumentarische oder iktionale Medieninhalte Anlässe für Dilemma-Diskussionen. Beispielsweise gibt es bei vielen Fußballübertragungen Situationen, in denen ein Stürmer einen Abwehrspieler der gegnerischen Mannschaft überläuft und auf das Tor zusteuert. Ist der Stürmer noch außerhalb des Strafraums, wird er – u.U. ohne Rücksicht auf mögliche Verletzungen – gefoult. Lehrpersonen könnten entsprechende Ausschnitte aus einer Fußballübertragung mitschneiden, in der Klasse vorführen und dann die Frage aufwerfen, ob das Foul richtig oder falsch war. Auch Dopingfälle im Sport fordern zu sozial-moralischer Diskussion heraus. Außer Sportereignissen lassen sich zahlreiche andere durch Medien präsentierte Inhalte als Anlass für Diskussionen mit sozial-moralischer Akzentsetzung nutzen. Spielilme und Vorabendserien beziehen z.B. ihre Spannung häuig aus Konlikten in Freund- und Partnerschaften und verweisen so auf sozialmoralische Fragen. Ebenso können Konliktfälle aus Krimis genutzt werden, z.B. wenn es um Fälle von Selbstjustiz oder um rechtlich bedenkliche Vorgehensweisen der Polizei geht. Eine Fülle von Anlässen für sozial-moralische Erwägungen bietet darüber hinaus die politische Berichterstattung: Ist es zum Beispiel akzeptabel, Geiseln terroristischer Gruppen durch Lösegelder freizukaufen oder gegen Personen zu tauschen, die terroristische Aktionen verübt haben? Ist es vertretbar, sozial Unterdrückte mit Wafen zu versorgen? Darf man Flüchtende aus Kriegsgebieten an der Grenze abweisen oder in spezielle Lager abschieben? Welche Mittel sind beim politischen Widerstand gerechtfertigt? Die Liste solcher Fragen ließe sich leicht verlängern. Allerdings soll mit diesen Hinweisen nicht suggeriert werden, dass sich jeder soziale oder politische Konlikt als sozial-moralisches Dilemma für den Unterricht eignet. Die Komplexität sozialer oder politischer Prozesse kann dem u.U. entgegenstehen (vgl. dazu Hagemann u. Heidbrink 1985, S. 69f.). Insofern ist stets abzuwägen, welche Konliktfälle bei dem jeweils gegebenen Entwicklungsstand angemessen sind (siehe auch Abschnitt 7.2.4). Des Weiteren lassen sich Situationen aus dem Bereich der Medienproduktion und Medienverbreitung als Anlässe für sozial-moralische Argumentationen nutzen. Diese können auf die eigene oder die professionelle Medienproduktion und Medienverbreitung bezogen sein. Beispielsweise stellen sich bei eigenen Medienbeiträgen für die Schülerinnen und Schüler u.U. Fragen folgender Art: Darf eine Lehrperson, die sich unangemessen verhalten hat, in einem Internetforum bloßgestellt werden oder nicht? Sollen mögliche Missstände an einer Schule öfentlich angeprangert werden? Darf eine lustige Szene, die mit dem Handy aufgenommen wurde, aber einem anderen Schüler oder einer anderen Schülerin peinlich wäre, über ein öfentliches Videoportal verbreitet werden? Solche Fragen können in einer Schulklasse aktuell anliegen oder in präventiver Weise als iktive Fälle eingeführt werden. Bei Dilemmata aus dem Bereich der professionellen Medienproduktion kann es sich ebenfalls um aktuelle oder iktive Fälle handeln. Ein iktiver Fall, der einen authentischen Hintergrund haben könnte, wird im Folgenden skizziert:

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Entwicklungsförderung als übergreifende Aufgabe

Der freie Mitarbeiter einer bedeutenden Wochenzeitung, Herr K., hat einen interessanten Artikel über Umweltprobleme verfasst. Der Chefredakteur ist prinzipiell bereit, den Artikel zu übernehmen und dafür ein gutes Honorar zu zahlen. Er macht dies jedoch davon abhängig, dass eine bekannte Firma, die der freie Mitarbeiter in seinem Artikel wegen der von ihr verursachten Umweltschäden hart attackiert, „schonender“ behandelt wird. Als Grund nennt der Chefredakteur mögliche Konlikte mit der Firma und den voraussichtlichen Verlust von erheblichen Einnahmen durch Werbeinserate, welche die Wochenzeitung für die Firma regelmäßig abdruckt. Herr K. braucht das Honorar dringend für den Lebensunterhalt seiner Familie. Wie soll er sich verhalten? 

Für diesen Fall zeigt Darstellung 7.3, wie Argumente für oder gegen die Änderung des Artikels lauten könnten:

Darst. 7.3: Beispiel-Argumente zum Zeitungs-Dilemma

Förderung der sozial-moralischen Entwicklung

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Für die Diskussion von Dilemmata und die Erarbeitung von Stellungnahmen eignet sich in bestimmten Phasen des Unterrichts vor allem die Kleingruppenarbeit. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass durch die Gleichaltrigen bei der Kleingruppenarbeit Argumente unterschiedlicher Stufen eingebracht werden. Allerdings ist der Diskussionsverlauf auch davon abhängig, ob die Kleingruppen im Hinblick auf die Entscheidungsrichtung bewusst meinungsheterogen oder meinungshomogen zusammengesetzt werden bzw. ob sich bei einer zufälligen Zusammensetzung eher Meinungsheterogenität oder Meinungshomogenität ergibt. Bei meinungsheterogenen Kleingruppen bietet sich vor allem die Aufgabe an, die unterschiedlichen Argumente zu diskutieren und abschließend zu einer Entscheidung zu gelangen. Um auch bei meinungshomogenen Kleingruppen die Diskussion anzuregen, sollte die Aufgabe demgegenüber lauten, möglichst viele Argumente für die eigene Position zusammenzutragen, Gegenargumente zu bedenken und das Argument zu bestimmen, das als das wichtigste erscheint. Allerdings – wenn geeignete Aufgaben für die Gruppendiskussion zu gut ausgewählten Fällen auch wichtige Bedingungen für ein entwicklungsförderliches Vorgehen darstellen, ist damit eine entsprechende Wirkung noch nicht garantiert. Deshalb sollen im Folgenden mögliche Probleme und geeignete Maßnahmen angesprochen werden. 7.2.4 Mögliche Schwierigkeiten und Maßnahmen Bei der Präsentation eines Dilemmas können Schülerinnen und Schüler versuchen, sich einer Diskussion bzw. einer Entscheidung oder einer Stellungnahme sozialmoralischer Art dadurch zu entziehen, dass sie eine „technische“ Lösung für das jeweilige Dilemma vorschlagen. Beim obigen Fall von Herrn K. könnten die Schülerinnen und Schüler z.B. eine Diskussion dadurch unterlaufen, dass sie vorschlagen, den Artikel einer anderen Zeitung anzubieten, die nicht auf Werbeeinnahmen der besagten Firma angewiesen ist. In solchen Situationen sollte die Lehrperson entscheiden, welche der folgenden Vorgehensweisen für die Lerngruppe und Zielvorstellung angemessen erscheint: – Eine Möglichkeit besteht darin, die Rahmenbedingungen für den Fall so zu setzen, dass die „technische“ Lösung nicht möglich oder mit sehr großen Schwierigkeiten oder Nachteilen verbunden ist. Dazu wäre es allerdings wichtig, im Rahmen der Vorbereitung zu überlegen, welche „technischen“ Lösungsvorschläge auftreten können und wie man darauf reagieren kann, ohne dass das Problem „verschwindet“. Beim Zeitungs-Dilemma könnte die Lehrperson z.B. darauf hinweisen, dass es nicht nur um den einen Artikel geht, sondern dass Herr K. auch für die Zukunft unbedingt darauf angewiesen ist, Artikel bei dieser Zeitung unterzubringen. Ein solches Vorgehen ist vor allem zu empfehlen, wenn den Schülerinnen und Schülern ein Denken in Pro- und Contra-Argumenten und mehreren Handlungsmöglichkeiten zunächst noch schwerfällt und wenn die „technische Lösung“ als bequemer Weg erscheint, sich der Notwendigkeit einer weitergehenden Auseinandersetzung mit dem Fall zu entziehen.

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Entwicklungsförderung als übergreifende Aufgabe

– Falls allerdings die Fähigkeit und Bereitschaft bei den Jugendlichen vorhanden ist, sich mit mehreren Pro- und Contra-Argumenten und mit verschiedenen Handlungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen, ist nach den Untersuchungen von Herzig (1998) zu empfehlen, vorgeschlagene Handlungsmöglichkeiten in ofener Form aufzunehmen und sich dann mit ihnen – auch mit auf den ersten Blick „technischen Lösungen“ – aus sozial-moralischer Perspektive auseinanderzusetzen. Dadurch kann zum einen eine größere Realitätsnähe erreicht werden und zum anderen entstehen verbesserte Chancen für praktische Umsetzungen diskutierter Lösungen (vgl. S. 165f.). Eine andere Schwierigkeit für die Diskussion sozial-moralischer Dilemmata kann darin liegen, dass sich eine Klasse spontan mit großer Mehrheit für eine bestimmte Lösung oder Beurteilung entscheidet, z.B. dass es – bezogen auf das WhistleblowerDilemma – auf jeden Fall richtig war, dass Edward Snowden die geheimen Dokumente veröfentlicht hat. Um auf eine solche Situation vorbereitet zu sein, sollte die Lehrperson vorher überlegen, wie sie den Fall möglicherweise strittiger machen kann. Im Whistleblower-Beispiel kann sie z.B. darauf verweisen, dass es für Edward Snowden keineswegs sicher war, ob er so viel Unterstützung erfahren würde, und er auch in Erwägung ziehen musste, in einem Prozess zu sehr langer Haft verurteilt zu werden (jede der Straftaten, die Snowden in der Strafanzeige des FBI vorgeworfen wird, ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren belegt, vgl. Wikipedia: Edward Snowden 2018) Eine weitere Schwierigkeit für entwicklungsstimulierende Diskussionen kann sich ergeben, wenn Kinder oder Jugendliche versuchen, eine Diskussion in der Gruppe dadurch zu umgehen, dass sie sich nicht auf eine Entscheidungsrichtung oder Priorität festlegen, sondern für ihre Stellungnahme nur mehrere Pro- und/oder ContraArgumente sammeln und nebeneinanderstellen. Dem kann dadurch entgegengewirkt werden, dass ausdrücklich der Auftrag erteilt wird, sich auf eine gemeinsame Entscheidungs- oder Beurteilungsmöglichkeit oder auf eine gemeinsame Prioritätenliste von Argumenten zu verständigen. Die Notwendigkeit einer einstimmigen Stellungnahme führt erfahrungsgemäß zu einem gründlichen Durchdenken vieler Argumente. Hinsichtlich der Frage, ob Entscheidungs- oder Beurteilungsaufgaben sich besser eignen, um sozial-moralische Diskussionen in Gang zu bringen, ist anzunehmen, dass dies in der Regel bei Entscheidungsfällen etwas einfacher sein dürfte. Bei Entscheidungsfällen sind die Lernenden entweder selbst in der Situation der Entscheidenden oder versetzen sich in deren Rolle, sodass sich eher ein kognitiver Konlikt einstellt. Bei Beurteilungsaufgaben kann die Bereitschaft zur Diskussion u.U. schon dadurch erschwert wird, dass die Situation nicht mehr ofen ist, sondern bereits eine Entscheidung vorliegt. Dieser Schwierigkeit kann dadurch begegnet werden, dass danach gefragt wird, ob man in der entsprechenden Situation genauso oder anders entschieden hätte oder welche anderen Möglichkeiten der Entscheidung be-

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standen haben. Bei entsprechenden Voraussetzungen aufseiten der Schülerinnen und Schüler lässt sich u.U. auch sofort danach fragen, zwischen welchen Werten man bei der getrofenen Entscheidung abwägen musste oder welche Wertmaßstäbe oder Kriterien man für die Beurteilung des Entscheidungsergebnisses zugrunde legen sollte. Des Weiteren ist es bei manchen Fällen möglich – insbesondere wenn es um Straftaten geht –, aus der Beurteilungssituation eine neue Entscheidungssituation zu entwickeln, z.B. wenn im Anschluss an eine Beurteilung der Gewalttat von Katharina Blum die Frage gestellt wird, welche Strafe man selbst als Richter verhängen würde (vgl. Abschnitt 6.3.3). Vor dem Hintergrund bisheriger Überlegungen lassen sich zusammenfassend folgende Eigenschaften für Dilemmata als Anlass für sozial-moralische Diskussionen nennen (vgl. auch Hagemann u. Heidbrink 1985, S. 70f.): – Dilemmata sollten einen Bezug zur Erfahrungs- und Vorstellungswelt der Schülerinnen und Schüler aufweisen, damit der mit dem Dilemma gegebene Konlikt angemessen verstanden wird. Die Forderung nach Erfahrungsbezug bedeutet zugleich, dass nicht nur konstruierte bzw. von außen vorgegebene Konlikte diskutiert werden sollen, sondern – falls es sich anbietet – auch solche, die unmittelbar aus eigenen sozialen Situationen erwachsen. – Die Entscheidungs- oder Beurteilungssituationen sollten für die Schülerinnen und Schüler bedeutsam sein, d.h. das Bedürfnis wecken, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. – Die Dilemmata sollten die Schülerinnen und Schüler in eine „Wertzwickmühle“ bringen. Die „Wertzwickmühle“ muss für sie klar erkennbar sein. Dazu ist es günstig, wenn das jeweilige Dilemma eine überschaubare Struktur aufweist. Eine solche ist u.a. dadurch gekennzeichnet, dass sich der Konlikt auf die Entscheidung einzelner Personen zuspitzen lässt. – Bei den Dilemmata sollte es möglich sein – falls notwendig durch ergänzende Setzung von Randbedingungen – zu verhindern, dass sich die Schülerinnen und Schüler einer Diskussion sozial-moralischer Aspekte entziehen. – Die Konliktsituationen sollten bis zu dem bei den Schülerinnen und Schülern zu erwartenden Urteilsniveau gleichrangige Begründungen – d.h. „symmetrische“ Argumentationen – zulassen. Solche Konliktsituationen bewirken in der Regel auch, dass sich spontane Lösungsvorschläge einigermaßen gleichmäßig auf unterschiedliche Positionen verteilen. Aufgrund der Empfehlungen, dass bei den gewählten Dilemmata „symmetrische“ Argumentationen möglich sein sollen, und dass die Lehrperson keinen Einluss auf die Entscheidungsrichtung nehmen soll, ergibt sich allerdings das Problem, dass sich die Schülerinnen und Schüler u.U. für eine Entscheidung aussprechen, die dem pädagogisch Wünschenswerten widerspricht. Beinden sich Schülerinnen und Schüler beispielsweise auf der zweiten Stufe moralischer Urteilsfähigkeit und argumentieren sie – etwa in dem schon häuiger angesprochenen Computerspiel-Fall – für das Mit-

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spielen jugendverbotener Computerspiele, so kann das Einbringen von Argumenten der dritten Stufe zwar entwicklungsstimulierend wirken, muss aber nicht zu einer Änderung der Entscheidungsrichtung führen. Eine Weiterentwicklung zur nächsthöheren Stufe kann somit nicht verhindern, dass ein pädagogisch oder erzieherisch unerwünschtes Verhalten von den Lernenden gerechtfertigt und gegebenenfalls sogar ausgeübt wird. Ein gewisser Kompromiss beim Vorgehen könnte allerdings darin liegen, dass die Lehrperson nach einem ofenen Diskussionsverlauf ihre Position – mit für die Lernenden nachvollziehbaren Argumenten – darstellt. Trotzdem ist das damit angesprochene Problem nicht vollständig aulösbar (vgl. Herzig 2001b). Außerdem kann ein Problem bei entsprechenden Diskussionen darin liegen, dass sich Schülerinnen und Schüler auf Begründungen für oder gegen ein bestimmtes Verhalten beschränken. Wenn dies auch für die sozial-moralische Weiterentwicklung förderlich ist, kann es doch passieren, dass dabei handlungsrelevante Alternativen außer acht bleiben. Beispielsweise verweist die Begründung, dass jugendverbotene Computerspiele nicht von Jüngeren genutzt werden sollen, weil es der Erwartung der Eltern und dem Jugendschutz widerspricht, zunächst nur darauf, was nicht zu tun sei. Eine „positiv“ bestimmte alternative Handlungsmöglichkeit zur Konliktlösung bietet diese Begründung noch nicht. In einem weiteren Sinne gilt dies auch für den „umgekehrten“ Fall, dass eine Entscheidung für das Mitspielen getrofen wird, weil die Gleichaltrigen dies erwarten. In diesem Fall ist zwar implizit klar, was getan wird (das Computerspiel gemeinsam spielen), eine Konliktlösung im Sinne der durch die getrofene Entscheidung gegebenenfalls heraufbeschworene Auseinandersetzung mit den Eltern ist aber noch nicht angesprochen. Insofern können sozial-moralische Entscheidungen und Begründungen u.U. für die Alltagspraxis „unpragmatisch“ oder realitätsfern erscheinen. Unter diesem Gesichtspunkt bietet es sich an – je nach intellektuellem Entwicklungsstand – schon von vornherein oder am Ende einer sozialmoralischen Argumentation praxisrelevante Handlungsalternativen in die Diskussion einzubeziehen (vgl. Herzig 1998, S. 165f.). Schließlich ergibt sich bei Unterrichtseinheiten zur Förderung der sozial-moralischen Entwicklung – analog zur Anregung der intellektuellen Entwicklung – das Problem, wie sichergestellt werden kann, dass der Diskussionsprozess in Gang bleibt und dass möglichst alle Schülerinnen und Schüler mit Argumenten der nächsthöheren Stufe konfrontiert werden. Auch hier bietet sich die Möglichkeit an, besondere Fragen von Seiten der Lehrperson in die Diskussion einzubringen oder Arbeitsblätter für die Gruppenarbeit bereitzustellen. Geeignete Fragen umfassen vor allem klärende und problematisierende Fragen, Konliktfragen sowie Fragen nach der Rolle von Beteiligten und nach universellen Konsequenzen (vgl. Herzig 1998, S. 186f.): – Klärende Fragen sollen sicherstellen, dass einzelne Aussagen innerhalb der Diskussion von allen adäquat verstanden werden. Wenn beispielsweise ein Schüler (mit Bezug auf den Fall Edward Snowden) argumentiert, die Enthüllungen seien

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cool, kann die Lehrperson durch die Frage „Was meinst du mit cool?“ eine Begrifsklärung anregen. – Problematisierende Fragen ermöglichen eine Konzentration auf den moralischen Kern des diskutierten Konliktes. Sie fordern dazu heraus, konligierende Werte zu benennen und den moralischen Gehalt einer Problemlage herauszuarbeiten. Entsprechende Fragen könnten lauten: „Welche Verplichtung hat man einem Freund gegenüber?“ oder „Welche Verantwortung hat man gegenüber anderen?“. – Konliktfragen sollen dazu anregen, konkurrierende Werte miteinander zu vergleichen und gegeneinander abzuwägen. So kann z.B. die Frage, ob die Loyalität einem Freund gegenüber wichtiger ist als die Befolgung einer Vorschrift oder eines Gesetzes, einen entsprechenden Prozess anstoßen. Im Hinblick auf Verantwortungsaspekte könnte eine vergleichbare Frage lauten: „Wem gegenüber trägt man mehr Verantwortung: sich selbst oder einem guten Freund gegenüber?“ – Die Betrachtung eines Konliktes aus unterschiedlichen Perspektiven soll durch Fragen nach der Rolle von Beteiligten motiviert werden. Perspektivenwechsel und Rollenübernahme ermöglichen es, verschiedene Interessen aufzudecken bzw. individuelle oder auch gemeinschaftliche Rechte oder Plichten zu bestimmen. Ein Rollen- und Perspektivenwechsel könnte in dem Whistleblower-Beispiel durch folgende Fragestellungen angeregt werden: „Wie werden die Vorgesetzten von Edward Snowden die Situation empinden?“ oder „Wie könnte die Jury für den Alternativen Nobelpreis die Preisvergabe begründen?“ oder „Wem gegenüber trägt Edward Snowden Verantwortung?“. – Fragen nach universellen Konsequenzen geben Anlass dazu, die Folgen einer Konliktlösung für alle Beteiligten zu bedenken und zu überlegen, was es bedeuten würde, wenn die vertretene Position von allen eingenommen würde. Entsprechende Fragen könnten z.B. lauten: „Ist es immer richtig, das zu tun, was andere von einem erwarten?“ oder „Was würde passieren, wenn man für einen Gefallen oder ein Entgegenkommen immer eine entsprechende Gegenleistung verlangen würde?“. Über diese Fragen hinaus können Fragen nach Handlungsalternativen oder Kontextfragen entwicklungsstimulierend wirken (siehe dazu auch die obigen Hinweise): – Fragen nach Handlungsalternativen sollen die Spannbreite denkbarer Handlungsmöglichkeiten bzw. Verhaltensweisen oder auch Beurteilungskriterien ins Bewusstsein heben. Der Entwurf einer Vielfalt von Alternativen bildet die Grundlage für eine anschließende Auswahl und Bewertung. Eine Sammlung entsprechender Handlungsalternativen könnte z.B. durch die Frage angeregt werden „Welche Möglichkeiten hatte Edward Snowden, den Konlikt, in dem er sich befand, zu lösen?“. – Kontextfragen regen dazu an, die besonderen Umstände einer Situation genauer zu betrachten, insbesondere die Beziehungen, in denen Menschen zueinanderstehen. Eine entsprechende Frage könnte lauten: „Wie wird sich das Verhältnis von Edward Snowden zu seinen Eltern verändert haben, als sie von seinen Enthüllungen erfuhren?“

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Entwicklungsförderung als übergreifende Aufgabe

Arbeitsblätter lassen sich z.B. mit der Maßgabe entwerfen, vor einer Entscheidungsindung bei einem Konlikt oder bei der Festsetzung einer Strafe zu diskutieren, welche Konliktregel oder welche Strafregel leitend sein soll (siehe auch Abschnitt 5.3.1). Um die Diskussion des Verhaltens in Konliktfällen anzuregen, könnten z.B. folgende Möglichkeiten auf einem Arbeitsblatt zusammengestellt werden: – Bei Konlikten ist es klug so vorzugehen, dass möglichst den Erwartungen aller entsprochen und niemand enttäuscht wird. – In einem Konliktfall sollte man sich so verhalten, dass gesetzliche Bestimmungen eingehalten werden, auch wenn man bei einer Verletzung von Vorgaben keine Anklage zu befürchten hat. – In Konliktfällen sollte man vor allem zusehen, dass man selbst keine Schwierigkeiten bekommt oder negative Konsequenzen „auszubaden“ hat, – Eigene Verhaltensweisen sollte man in Konliktfällen unter der Frage prüfen, ob sie allgemeinen Prinzipien eines förderlichen Zusammenlebens entsprechen. – Bei Konlikten ist es wichtig, dass man eine Lösung indet, bei der man seine eigenen Interessen durchsetzt, ohne die Interessen anderer zu verletzen. Für die Diskussion eines Strafmaßes kann die Auseinandersetzung mit folgenden Gerechtigkeitsregeln entwicklungsstimulierend wirken: Eine Strafe ist gerecht, – wenn durch sie der angerichtete Schaden gegenüber dem Opfer wiedergutgemacht wird, – wenn sie einem gesetzlich festgelegten Strafmaß entspricht und die soziale Ordnung wiederhergestellt ist, – wenn sie die Zustimmung des Opfers indet und der Täter erkennt, dass er sich falsch verhalten hat, – wenn sie zur Läuterung und Besserung des Täters führt und Prinzipien des menschlichen Zusammenlebens gestärkt werden, – wenn dadurch die Tat gerächt und das Rachebedürfnis des Opfers befriedigt wird.

Die zusammengestellten Regeln entsprechen jeweils den fünf Stufen sozial-moralischen Urteilens in zufälliger Reihenfolge, sodass bei einer Auseinandersetzung mit diesen Regeln für Jugendliche, die auf den Stufen 1 bis 4 argumentieren, jeweils eine Regel der nächsthöheren Stufe vorhanden ist. Vor dem Hintergrund der obigen Überlegungen können Sie nun zunächst mögliche Pro- und Contra-Argumente zu dem eingangs geschilderten Konliktfall zu Kriegsspielen im Haus der ofenen Tür auf den Stufen 1 bis 5 zusammenstellen. Nehmen Sie sich danach bitte den von Ihnen entworfenen Unterrichtsablauf noch einmal vor. Sehen Sie aufgrund der Ausführungen in den Abschnitten 7.2.2 bis 7.2.4 Verbesserungsmöglichkeiten? Wenn ja, nehmen Sie diese bitte in Ihren Unterrichtsablauf auf.

8 Medienbildung in Schule und Lehrerbildung

In den bisherigen Kapiteln wurden zahlreiche Beispiele für die Medienbildung aufgezeigt. Dabei sollten die einzelnen Beispiele Anregungscharakter haben und je nach Ausgestaltung eines schulinternen Konzepts oder Curriculums für die Medienbildung an die Voraussetzungen unterschiedlicher Jahrgangsstufen angepasst werden. Vor diesem Hintergrund stellen wir in diesem Kapitel drei Fragen in den Mittelpunkt: (A) Welche Akzente sollten für die Medienbildung in verschiedenen Jahrgangsstufen der Grundschule und der Sekundarstufe I gesetzt werden? (B) Wie kann ein schulspeziisches Konzept für die Medienbildung mit Blick auf unterschiedliche Jahrgangs- und Schulstufen entwickelt werden? (C) Welche Kompetenzen benötigen Lehrpersonen und welche Akzentsetzungen sollten für den Kompetenzerwerb in verschiedenen Phasen der Lehrerbildung gelten? Die Überlegungen werden auf wichtige curriculare, organisationsbezogene und personelle Voraussetzungen für die Medienbildung in der Schule aufmerksam machen.

8.1 Medienbildung in unterschiedlichen Jahrgangs- und Schulstufen 8.1.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Medienpädagogische Aktivitäten sollen in der Familie beginnen, in Kindertagesstätten aufgenommen und in der Schule systematisch betrieben werden. Dabei können die im Abschnitt 4.4.3 eingeführten und in den Kapiteln 5 und 6 entfalteten Aufgabenfelder der Orientierung und der Abstimmung dienen. Mit ansteigendem Alter sollen die Tiefe und die Breite der Auseinandersetzung mit den jeweiligen hemen zunehmen. Für schulische Zusammenhänge ergibt sich u.a. die Frage, in welchen Jahrgangsstufen man welche Akzente in der Form eines curricularen Rahmens für die Grundschule und die Sekundarstufe I setzen könnte. Der Abschluss der Sekundarstufe I wird dabei als Zielmarke verstanden, weil er für viele Schülerinnen und Schüler mit ihrem allgemeinbildenden Abschluss verbunden ist. Um eine gewisse Flexibilität bei der Umsetzung der Medienbildung zu gewährleisten, ist es sinnvoll, geeignete Akzente im Rahmen eines schulischen Konzepts jeweils auf zwei Jahrgangstufen zu beziehen. Stellen Sie sich in diesem Zusammenhang bitte einmal vor, Sie seien Mitglied einer schulischen Arbeitsgruppe, die für ihre Schule einen – nach Doppeljahrgangsstufen gegliederten – Plan für die Medienbildung zusammenstellen soll.

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Medienbildung in Schule und Lehrerbildung Sie können sich dabei – je nach Interesse – in die Situation eines Arbeitsgruppenmitglieds für eine Grundschule oder für eine Schule des Sekundarbereichs I versetzen.

Dazu ist es zunächst sinnvoll, auf der Grundlage der Kompetenzerwartungen bei den nutzungs- und inhaltsbezogenen Aufgabenfeldern gemäß Kapitel 5 und 6 mögliche thematische Akzentsetzungen für die verschiedenen Jahrgangsstufen zusammenstellen. Falls Sie sich für die Grundschule entschieden haben, kann eine solche Zusammenstellung in einem Tableau erfolgen, wie es Darstellung 8.1 zeigt – wobei nur die für die Grundschule relevanten Aufgabenfelder aufgeführt sind. Als Beispiele sind bei den Jahrgangsstufen 1/2 und 3/4 mögliche thematische Akzentsetzungen für das jeweils erste Aufgabenfeld eingetragen. Dabei gehen wir davon aus, dass die thematischen Akzentsetzungen jeweils auf dem möglichen Niveau bearbeitet werden.

Darst. 8.1: Koordinierungsrahmen für die Medienbildung in der Grundschule

Medienbildung in unterschiedlichen Jahrgangs- und Schulstufen

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Falls Sie sich für eine Schule des Sekundarbereichs I entschieden haben, kann eine analoge Zusammenstellung in einem Tableau gemäß Darstellung 8.2 erfolgen – wobei für die jeweils ersten zwei Aufgabenfelder mögliche thematische Akzentsetzungen für die Jahrgangsstufen 5/6, 7/8 und 9/10 eingetragen sind. Auch hier gehen wir davon aus, dass die thematischen Akzentsetzungen jeweils auf dem möglichen Niveau bearbeitet werden.

Darst. 8.2: Koordinierungsrahmen für die Medienbildung im Sekundarbereich I

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Medienbildung in Schule und Lehrerbildung Die Aufgabe der gewählten Arbeitsgruppe (Grundschule oder Sekundarstufe I) besteht nun darin, auch für die anderen Aufgabenfelder Akzentsetzungen in den jeweiligen Doppeljahrgangsstufen vorzunehmen. Stellen Sie dazu bitte auf der Grundlage der Ausführungen zu den Aufgabenfeldern in den Kapiteln 5 und 6 erste Überlegungen an.

Für die Ausführung dieser Aufgabe ist es hilfreich, zunächst zu bedenken, welche Medienbildungs-Aktivitäten möglicherweise schon in Kindertagesstätten oder Kindergärten stattgefunden haben, sodass mögliche Voraussetzungen für die Medienbildung in der Grundschule in den Blick kommen. Für die Festlegung von Akzenten liegt es dann nahe, sich (zusammenfassend) zu vergegenwärtigen, welche Kompetenzerwartungen für das Ende der Grundschule, der Jahrgangsstufen 5/6 und der Sekundarstufe I in den Kapiteln 5 und 6 formuliert wurden. Entsprechende Überlegungen und Zusammenfassungen inden Sie im Folgenden. 8.1.2 Medienbildung in der Kindertagesstätte In der Kindertagesstätte lassen sich erste Grundlagen für spätere weitergehende Überlegungen zu verschiedenen Aufgabenfeldern legen. Hinsichtlich nutzungsbezogener Aufgabenfelder kann es z.B. um eine bewusste Auswahl und Nutzung von medialen Möglichkeiten für Information und Lernen, für Unterhaltung und Spiel sowie für den mediengestützten Austausch und für eigene mediale Gestaltungen und Präsentationen gehen: – Erste Fähigkeiten zur bewussten Medienverwendung für Information und Lernen können z.B. dadurch anregt werden, dass Situationen genutzt oder auch arrangiert werden, in denen bei Kindern der Wunsch entsteht, etwas zu erfahren oder zu lernen. Dafür sollten dann mehrere Möglichkeiten erwogen werden, z.B. Sachbuch, Erklärvideo, Hörbeitrag und/oder Lernprogramm. Dies eröfnet die Chance, zunächst darüber zu sprechen, was man in der gegebenen Situation bevorzugt, und anschließend zu bedenken, ob die gewählte Möglichkeit die Erwartungen erfüllt hat und ob man bei einem nächsten Mal wieder so oder anders entscheiden würde. U.U. kann einer entsprechenden Vorgehensweise eine Recherche der Kinder mit einer Erzieherin oder einem Erzieher im Internet über die jeweiligen Möglichkeiten zur Information oder zum Lernen vorausgehen. Dabei besteht auch die Chance, auf besondere Angebote für Kinder aufmerksam zu machen. – In ähnlicher Weise lassen sich Situationen nutzen oder herstellen, in denen es zu Unterhaltungs- oder Spielwünschen kommt. Auch hier können zunächst verschiedene Möglichkeiten ins Bewusstsein gehoben werden: für Unterhaltung z.B. Kinderbuch, Hörmedien und/oder Video, für Spielen z.B. Gesellschafts-, Brett- und/oder Computerspiel. Unter Umständen lassen sich entsprechende Zusammenstellungen wieder durch eine Internetrecherche unterstützen. Danach sollten Erwartungen an einzelne Unterhaltungs- und Spielmöglichkeiten bedacht werden. Anschließend kann eine Auswahl getrofen und dann ausgeführt sowie bezüglich der dabei ge-

machten Erfahrungen besprochen werden. Dabei liegt es erneut nahe, auf geeignete Unterhaltungs- und Spielangebote für Kinder aufmerksam zu machen. – Die Nutzung von medialen Möglichkeiten für den mediengestützten Austausch lässt sich z.B. aufgreifen, wenn Kinder von sich aus über Erfahrungen mit Kommunikationsumgebungen, möglicherweise auch über Unbehagen auslösende Bilder erzählen. Dabei können erste Möglichkeiten, sich zu schützen, besprochen werden. Darüber hinaus besteht eine gute Vorbereitung für spätere Nutzungen darin, bereits auf das medienfreie Kommunikationsverhalten zu achten. Je mehr Kinder an ein sozial förderliches Kommunikationsverhalten gewöhnt und gegenüber Verstößen sensibilisiert sind, desto eher werden sie auch in digitalen Kommunikationsumgebungen auf ein humanes Kommunikationsverhalten achten. In diesem Sinne bieten z.B. die Webseiten von klicksafe.de (o.J.) vielfältige Anregungen für ein sicheres und angemessenes Agieren in Kommunikationsumgebungen. – Über die rezeptive Nutzung vorhandener Medienangebote hinaus sollen Vorschulkinder auch durch kleinere Medienproduktionen und entsprechende Präsentationen den Wechsel von der Rezipienten- in die Produzentenrolle vornehmen – sei es durch Malen und Fotograieren oder durch geeignete Ton- und Videoaufnahmen. Dabei werden in vielen Fällen noch Anleitungen oder Unterstützungen durch Erzieherinnen oder Erzieher notwendig sein. In solchen Zusammenhängen kann zugleich die Möglichkeit wahrgenommen werden, über begleitende Gespräche ein erstes Nachdenken über Herstellungsprozesse anzuregen. Darüber hinaus können sich Überlegungen zur Medienbildung in der Kindertagesstätte auf die inhaltsbezogenen Aufgabenfelder beziehen, z.B. auf einzelne Merkmale der Medienlandschaft und ihrer digitalen Infrastruktur, auf ausgewählte Gestaltungsmerkmale und Einlüsse von Medien sowie auf ofensichtliche Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung: – Die Medienlandschaft und ihre digitalen Grundlagen lassen sich z.B. dadurch ansprechen, dass an die (wahrscheinlich schon vorliegende) Erfahrung von Kindern angeknüpft wird, dass sie selbst, ihre Geschwister oder Eltern bei der Nutzung des Internets immer wieder mit Werbung oder Hinweisen konfrontiert werden, die mit früheren Recherchen zusammenhängen. (Falls entsprechende Erfahrungen nicht vorausgesetzt werden können, würde eine einfache Recherche mit einer Erziehungsperson bei Anbietern von Kinderbüchern schnell diese Erfahrung vermitteln). Von solchen Erfahrungen ausgehend lässt sich in einem Gespräch darauf aufmerksam machen, dass beim Internet viele Computer miteinander verbunden sind und dass alle Eingaben, die man bei der Nutzung des Smartphones oder anderer vernetzter Geräte tätigt, gespeichert und verarbeitet werden können und dass es deshalb wichtig ist, stets zu überlegen, was man in ein Smartphone oder andere Informatiksysteme eingibt. Weitere Anregungen zu einer ersten Erschließung digitaler Grundlagen lassen sich mithilfe von Brettspielen oder Computeranwendungen geben, in denen u.a. Bienen, Dinos, Schildkröten oder

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Medienbildung in Schule und Lehrerbildung

Kräne in altersgerechter Weise gesteuert werden können. Dazu inden sich in der Literatur vielfältige Hinweise (vgl. z.B. Aufenanger 2017a). – Um erste Einsichten in Gestaltungsmerkmale von Medien grundzulegen, können im Rahmen von Gesprächen über Medienerlebnisse z.B. bedeutsame Unterscheidungen zwischen Informations- und Unterhaltungsangeboten sowie Werbung eingeführt werden. Weiterhin können Vorschulkinder angeregt werden, ein Märchen in eine gemalte Bildfolge, in ein Schattenspiel oder in Hörszenen umsetzen und diese zu vergleichen. Denkbar ist es auch, bei der Gestaltung von Einzel- oder Gruppenfotos bestimmte Inszenierungen vorzunehmen, z.B. durch unterschiedliche Positionen und Verkleidungen sowie durch bewusstes Arrangieren von Vorder- oder Hintergrund. In solchen Zusammenhängen kann auch erfahren werden, dass Bilder nie die Wirklichkeit an sich wiedergeben, sondern nur ausgewählte Blicke darauf und dass sie auch bewusst „lügen“ können. – Medieneinlüsse lassen sich mit Vorschulkindern u.a. dadurch zur Sprache bringen, dass ihnen Gelegenheit gegeben wird, Medienerlebnisse durch Malen, Bewegung und Rollenspiel oder in Gesprächen auszudrücken. Sollten sich dabei z.B. bestimmte Ängste zeigen – etwa vor Zauberern, Hexen oder Geistern – könnte zunächst in einem Gespräch gefragt werden, wodurch Kinder überhaupt Zauberer, Hexen und Geister kennen, so dass die Medienbedingtheit entsprechender Ängste und Vorstellungen ins Bewusstsein kommt. Dies kann Anlass sein, einen Zauberer-, Hexen- oder Geistertag in der Kindertagesstätte vorzubereiten und durchzuführen, u.a. mit entsprechenden Kostümen und geeigneten Spielszenen, die gegebenenfalls auch mit einer Kamera dokumentiert und anschließend besprochen werden. So würden sich vielfältige Chancen einer Aufarbeitung angstmachender Vorstellungen ergeben. Außer der Aufarbeitung von medienbedingten Gefühlen kommt der Auseinandersetzung mit medienbedingten Vorstellungen über die Realität auch schon bei Vorschulkindern große Bedeutung zu. So lassen sich u.a. eigene Erfahrungen der Kinder mit dem Familienleben, mit dem Verhalten von Haustieren, mit Wohnungseinrichtungen oder mit Reiseerlebnissen mit der Präsentation solcher Erfahrungsbereiche in Medien, z.B. in Spielilmen oder in der Werbung, vergleichen. – Des Weiteren können auch schon in der Kindertagestätte rechtliche und ökonomische Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung ansatzweise bedacht werden. So lässt sich beispielsweise in Gesprächen mit Vorschulkindern über ihre Medienerlebnisse darauf aufmerksam machen, dass es zu ihrem Schutz vor angstmachenden oder Schrecken verbreitenden Bildern gesetzliche bzw. rechtliche Bestimmungen gibt und deshalb manche Medienangebote erst ab sechs oder zwölf Jahren freigegeben sind. Dementsprechend sollten sie sich von Sendungen, Internetbeiträgen oder Spielen fernhalten, für die sie die Altersgrenze noch nicht erreicht haben – auch wenn sie gegebenenfalls beim Fernsehen oder Spielen mit älteren Geschwistern auf entsprechende Filme oder Spiele stoßen. Bezogen auf ökonomische Bedingungen lassen sich u.a. Kostenfragen thematisieren, z.B. bei

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Gesprächen über die Smartphone-Nutzung und die dabei fälligen Gebühren oder die Kosten für Fernsehen, Radio und Zeitungen sowie Zeitschriften. 8.1.3 Kompetenzerwartungen für die Medienbildung in der Grundschule Im Rahmen der Kapitel 5 und 6 haben wir bereits Kompetenzerwartungen sowie einzelne Unterrichtseinheiten und Projekte für die Grundschule angesprochen. Insofern liegt es für eine jahrgangsbezogene Festlegung von Akzenten nahe, hier nur die Kompetenzerwartungen für die Grundschule noch einmal zusammenfassend anzuführen (vgl. dazu u.a. auch Schill 2008, S. 193f.). Eine Zusammenfassung der Kompetenzerwartungen gemäß Kapitel 5 und 6 zeigt Darstellung 8.3. 8.1.4 Kompetenzerwartungen für die Medienbildung in der Sekundarstufe I In Schulen des Sekundarbereichs I lassen sich im Vergleich zu Grundschulen komplexer werdende Unterrichtseinheiten oder Projekte planen und durchführen. Das bedeutet zum einen, dass einzelne Akzentsetzungen auf einem höheren Niveau – im Vergleich zum Grundschulalter – bearbeitet werden können. Zum anderen lassen sich weitere Akzentsetzungen in den Blick nehmen, für die nun der notwendige Entwicklungsstand vorausgesetzt werden kann. Für entsprechende Unterrichtseinheiten und Projekte beinden sich in den Kapiteln 5, 6 und 7 zahlreiche Hinweise, sodass in diesem Abschnitt eine zusammenfassende Darstellung der Kompetenzerwartungen zum Ende der Sekundarstufe I hinreichend erscheint. Eine solche Zusammenstellung zeigt die Darstellung 8.4 für die nutzungsbezogenen Aufgabenfelder und die Darstellung 8.5 für die inhaltsbezogenen Aufgabenfelder. Bei den verschiedenen Kompetenzerwartungen für die Sekundarstufe I ist häuiger von einer kriterienbezogenen Analyse und einer kriterienbezogenen Bewertung die Rede. Kriterienbezüge sind auf jeden Fall zum Ende der Sekundarstufe I anzustreben. Sie setzen allerdings einen Entwicklungsstand voraus, der beispielsweise in den Jahrgangsstufen 5 und 6 in der Regel noch nicht erwartet werden kann. Auch in den Jahrgangsstufen 7 und 8 dürfte in vielen Fällen noch nicht die Fähigkeit zu einem systematisch-kriterienbezogenen Denken ausgebildet sein. Selbst in den Jahrgangsstufen 9 und 10 kann es nicht einfach vorausgesetzt werden (siehe Abschnitte 2.2.3 und 2.2.5). Insofern muss man davon ausgehen, dass bei Analysen und Bewertungen zunächst noch isolierende Denkweisen und später konkret-diferenzierende Denkformen (als Vorstufe eines systematisch-kriterienbezogenen Denkens) vorliegen. Das isolierende Denken äußert sich z.B. darin, dass bei Analysen und Bewertungen eher ein Bezug auf Einzelheiten oder pauschale Urteile vorliegt, während beim konkret-diferenzierenden Denken zwar verschiedene Gesichtspunkte bedacht sowie Vor- und Nachteile genannt werden, aber (noch) kein klarer Bezug auf Kriterien erfolgt (siehe Abschnitt 2.2.3). Entsprechende Denkweisen stehen allerdings nicht einer Behandlung der – bei den Kompetenzerwartungen angesprochenen – thematischen Akzente entgegen.

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Medienbildung in Schule und Lehrerbildung

Wichtig ist jedoch, dass mit deren Behandlung immer eine Förderung in Richtung der Kompetenzerwartungen zum Ende der Sekundarstufe I verbunden sein sollte (siehe dazu Abschnitt 7.1).

Darst. 8.3: Kompetenzerwartungen zum Ende der 4. Jahrgangsstufe der Grundschule

Medienbildung in unterschiedlichen Jahrgangs- und Schulstufen

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Darst. 8.4: Kompetenzerwartungen in nutzungsbezogenen Aufgabenfeldern zum Ende der Sekundarstufe I

In ähnlicher Weise gilt auch für die Kompetenzanforderung einer verantwortungsbewussten Nutzung (bei den Kompetenzerwartungen), dass diese im Sinne eines Entwicklungsprozesses zu verstehen ist. Verantwortungsübernahme im Sinne ge-

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Medienbildung in Schule und Lehrerbildung

sellschaftlicher Verantwortung ist erst zum Ende der Sekundarstufe I zu erhofen, während für frühere Jahrgangsstufen eher von einer auf die jeweilige Bezugsgruppe bezogenen Verantwortung auszugehen ist (siehe Abschnitte 2.2.4 und 2.2.5). Dementsprechend gilt auch hier die Forderung nach einer entwicklungsgemäßen Vorgehensweise und Förderung (siehe Abschnitt 7.2).

Darst. 8.5: Kompetenzerwartungen in inhaltsbezogenen Aufgabenfeldern zum Ende der Sekundarstufe I

Entwicklung schulspeziischer Konzepte zur Medienbildung

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Wenden Sie sich nun bitte noch einmal der Eingangsaufgabe einer Zuordnung von thematischen Akzentsetzungen zu den verschiedenen Jahrgangsstufen mit Bezug auf die Aufgabenfelder zu. Falls Sie eingangs schon eine Zuordnung zu Doppeljahrgangsstufen für die Grundschule oder für die Sekundarstufe I versucht haben, können Sie diese Zuordnungen vor dem Hintergrund der jeweiligen Kompetenzerwartungen prüfen und gegebenenfalls verändern. Falls Sie eingangs noch keine Zuordnungen von thematischen Akzenten vorgenommen haben, können Sie auf der Grundlage der Darstellung 8.3 für die Doppeljahrgangsstufen der Grundschule oder auf der Basis der Darstellungen 8.4 und 8.5 für die Doppeljahrgangsstufen der Sekundarstufe I geeignete thematische Akzente zuordnen.

8.2 Entwicklung schulspeziischer Konzepte zur Medienbildung 8.2.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Die KMK hat in ihrer Strategie zur „Bildung in der digitalen Welt“ erneut festgeschrieben, dass es für die Kompetenzen „die für eine aktive, selbstbestimmte Teilhabe in einer digitalen Welt erforderlich sind“ kein eigenständiges Fach geben soll, sondern dass entsprechende Umsetzungen als „integrativer Teil der Fachcurricula aller Fächer“ zu konzipieren sind (KMK 2016, S. 12). Medienbildung ist demnach auf den Unterricht oder auf Projekte in den bestehenden Lernbereichen sowie Unterrichtsfächern oder auf schulische Sonderveranstaltungen angewiesen. Für besonders interessierte Schülerinnen und Schüler kann es darüber hinaus Wahlfächer oder Arbeitsgemeinschaften zu Medienthemen geben. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig und wünschenswert, dass die medienpädagogischen Aktivitäten in einer Schule koordiniert werden. Insbesondere die Veranstaltungen, die dem Erwerb notwendiger Kompetenzen für alle Schülerinnen und Schüler dienen, sollten in koordinierter Form im Schulalltag verankert sein. Dazu können die curricularen Überlegungen im Abschnitt 8.1 eine Hilfe bieten. Sie haben dazu im Zusammenhang mit der einleitenden Aufgabe im Abschnitt 8.1.1 Überlegungen zu Akzentsetzungen in den verschiedenen Doppeljahrgangsstufen der Grundschule oder des Sekundarbereichs I angestellt. Sie können Ihre dortigen Überlegungen nun mit den Darstellungen 8.6 oder 8.7 vergleichen, in denen wir je einen (möglichen) Koordinierungsrahmen für die Grundschule und für den Sekundarbereich I vorstellen.

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Medienbildung in Schule und Lehrerbildung

Darst. 8.6: Koordinierungsrahmen für die Medienbildung in der Grundschule mit möglichen Akzentsetzungen in den Jahrgangsstufen 1/2 und 3/4

Für die folgenden Überlegungen können Sie den Koordinierungsrahmen für die Grundschule (Darstellung 8.6) oder für den Sekundarbereich I (Darstellung 8.7) oder Ihre eigene Zusammenstellung im vorherigen Abschnitt oder einen von Ihnen modiizierten Koordinierungsrahmen zugrunde legen. Welchen Koordinierungsrahmen Sie auch als Grundlage wählen: Für eine schulische Arbeits- und Koordinierungsgruppe entsteht die Frage, welche Unterrichtseinheiten oder Projekte geeignet erscheinen, um die jeweiligen Akzentsetzungen für die Grundschule oder für den Sekundarbereich I umzusetzen und in welchen Lernbereichen oder Fächern oder anderen schulischen Organisationsformen sie durchgeführt werden sollen.

Entwicklung schulspeziischer Konzepte zur Medienbildung

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Darst. 8.7: Koordinierungsrahmen für die Medienbildung im Sekundarbereich I mit möglichen Akzentsetzungen in den Jahrgangsstufen 5/6 bis 9/10

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Medienbildung in Schule und Lehrerbildung Versetzen Sie sich nun bitte noch einmal in die Situation einer schulischen Arbeits- und Koordinierungsgruppe für die Medienbildung, die zu den verschiedenen Akzentsetzungen (in der Grundschule oder im Sekundarbereich I) Unterrichts- oder Projektvorschläge zusammenstellen soll. Skizzieren Sie bitte dazu ca. drei Unterrichts- oder Projektvorschläge für ein von Ihnen vertretenes Gebiet (Lernbereich oder Unterrichtsfach). Sie können sich dabei auch durch die Beispiele in den Kapiteln 5 oder 6 anregen lassen.

Für Skizzen von Unterrichts- oder Projektbeispielen, die der Koordinierung in einer Schule dienen und für mehrere Beteiligte schnell einzuordnen sein sollen, empfehlen wir eine Beschreibung gemäß Darstellung 8.8. Thema/ Aufgabenstellung:

Erstellung eines Videomagazins

Jahrgangsstufe:

6. Klasse

Fach bzw. beteiligte Fächer:

Deutsch / Kunst

Medienbezüge:

Video, Bearbeitung mit einem Computerprogramm

Arbeitsform:

Projekt

Status:

geplant / laufend / durchgeführt

Zeitbedarf (geschätzt):

16 h

Erläuterungen zur Unterrichtseinheit/ zum Projekt: Die Schülerinnen und Schüler einer sechsten Klasse sollen ein Videomagazin für die Schule erstellen. Dafür ist zunächst eine Planung zu den darzustellenden Themen und zu den Gestaltungsformen durchzuführen. Anschließend sollen die Einzelbeiträge von Kleingruppen im Detail geplant, mit einer digitalen Kamera aufgenommen und bearbeitet werden. Nach einer Präsentation und Besprechung in der gesamten Klasse und einer entsprechenden Nachbearbeitung ist geplant, die Einzelbeiträge von einer Redaktionsgruppe unter Begleitung durch die Lehrperson mit Hilfe eines digitalen Schnittprogramms zu dem Videomagazin zusammenzustellen. Das Videomagazin soll im Foyer der Schule präsentiert werden. Dabei sollen Rückmeldungen eingeholt und abschließend in der Klasse besprochen werden. Schwerpunktmäßige Zuordnung: Aufgabenfeld:

Gestaltung und Präsentation eigener medialer Beiträge oder Produkte

Akzentsetzung:

Video

Zuständige Lehrperson:

Frau / Herr X

Darst. 8.8: Kurzbeschreibung für durchgeführte oder geplante Aktivitäten zur Medienbildung

In den Unterrichts- oder Projektbeispielen sollte jeweils eine Akzentsetzung schwerpunktmäßig bearbeitet werden. Dabei kann es zu Bezügen zu anderen Akzentsetzungen kommen. Solche Bezüge sind im Sinne vorbereitender oder erweiternder Erfahrungen erwünscht.

Entwicklung schulspeziischer Konzepte zur Medienbildung

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Um weitere Anregungen für die Ausgestaltung eines schulspeziischen Konzepts für die Medienbildung zu erhalten, ist es sinnvoll, drei Fragen nachzugehen: (1) Welche Lernbereiche oder Fächer eignen sich in besonderer Weise für die Wahrnehmung bestimmter Aufgabenfelder oder Akzentsetzungen? (2) Welche weiteren Möglichkeiten bestehen für die Durchführung medienpädagogischer Aktivitäten? (3) Welche Prozesse sind für die Abstimmung der verschiedenen medienpädagogischen Aktivitäten in der Schule notwendig und wünschenswert? Mit der Bearbeitung dieser Fragen können wichtige Bedingungen für die Verankerung der Medienbildung in der Schule ins Bewusstsein gehoben werden. 8.2.2 Medienbildung in bestehenden Lernbereichen und Unterrichtsfächern Seit Menschen Möglichkeiten entwickelten, ihre Eindrücke und Gedanken in Bildern oder Symbolen festzuhalten und zu vermitteln, spielen Medien in Informations-, Lern- und Lehr-Prozessen eine Rolle. So werden auch heute in allen Lernbereichen und Unterrichtsfächern Medien als Informationsquelle oder als Lernhilfe verwendet – vom Lehrbuch bis zum Smartphone. Zusätzlich ist damit zu rechnen, dass in immer mehr unterrichtlichen Zusammenhängen mediale Hilfsmittel für Austausch und Kooperation eingesetzt werden – vor allem, wenn in Kleingruppen eigenständig gearbeitet wird. Entsprechende Nutzungen können als Anlass für Relexionen dienen, die für die Medienbildung relevant sind. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass in allen schulischen Disziplinen Bezüge zu den Aufgabenfeldern der relektierten Nutzung von Medien für Information und Lernen sowie für Austausch und Kooperation bestehen. Ebenso werden in allen Lernbereichen und Unterrichtsfächern Lern- und Arbeitsergebnisse durch die Schülerinnen und Schüler in medialer Form erstellt und präsentiert, z.B. als Ausarbeitung einer Aufgabenlösung auf einem Arbeitsblatt oder als computergebundene Präsentation. Für Ausarbeitungen der Schülerinnen und Schüler werden gegebenenfalls auch Textverarbeitungsprogramme verwendet – sei es im Unterricht selbst oder sei es für Hausarbeiten. So bestehen auch hinsichtlich des eigenen Gestaltens und der Präsentation medialer Beiträge – mindestens unter dem Teilaspekt der Gestaltung schriftlicher Texte – Bezüge zu allen schulischen Disziplinen. Auch diese können in dem jeweiligen fachlichen Rahmen in medienpädagogischer Absicht thematisiert werden. Des Weiteren sind alle Lernbereiche und Unterrichtsfächer darauf angewiesen, dass Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, Texte zu verstehen und zu bewerten. Dabei ist der Textbegrif mittlerweile nicht mehr auf schriftliche bzw. sprachliche Texte beschränkt, sondern auf multimediale Texte ausgeweitet worden. Neben geschriebener oder gesprochener Sprache müssen auch Tabellen, Diagramme, Graiken, Bilder, Filme, Animationen und ihre Kombination „gelesen“ bzw. rezipiert werden. Lesefähigkeit bzw. Rezeptionsfähigkeit sind in diesem erweiterten Sinne

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zu einer wichtigen Voraussetzung für fachliches Lernen geworden. Werden die Gestaltungsmöglichkeiten entsprechender Texte und ihre Bedeutung für das fachliche Lernen relektiert, ergeben sich Bezüge zur Analyse und Einschätzung von Gestaltungsmerkmalen medialer Botschaften. Schließlich sind alle Lernbereiche sowie Fächer mit der Tatsache konfrontiert, dass bei Kindern und Jugendlichen zu vielen hemen und Begrifen, die im Unterricht behandelt werden, bereits bestimmte Vorstellungen und Einstellungen vorliegen, die durch Medien (mit-)bedingt sind oder sogar vollständig durch diese dominiert werden – sei es z.B. zu regenerativen Energiequellen im naturwissenschaftlichen Unterricht, zum Leben in England im Englischunterricht, zum Islam im Religionsunterricht oder zur Europäischen Union im Politikunterricht. Dabei sind die medienbeeinlussten Vorstellungen – wie im Abschnitt 6.3 dargestellt – in der Regel heterogen und häuig ungeordnet oder (nur) episodenhaft sowie u.U. irreführend. Falls vorhandene Vorstellungen dieser Art im Unterricht ignoriert werden, kommen keine angemessenen Prozesse des „Umlernens“ in Gang. Insofern ist es notwendig, vorhandene medienbeeinlusste Vorstellungen ins Bewusstsein zu heben, in ihrem Stellenwert zu relektieren und gegebenenfalls zu korrigieren und zu ordnen sowie weiterzuentwickeln. So entsteht in allen Disziplinen die Notwendigkeit, im Sinne des Erkennens und des Aufarbeitens von medienbeeinlussten Realitätsvorstellungen tätig zu werden. Über die genannten Anlässe hinaus, die für alle Disziplinen gelten, ergeben sich für unterschiedliche Lernbereiche und Unterrichtsfächer schwerpunktmäßige Beziehungen zur Medienbildung. Solche Beziehungen sollen im Folgenden beispielhaft und ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit angesprochen werden. Im Sprachunterricht (Muttersprache und Fremdsprache) stehen Kommunikation und Texte unterschiedlicher Art im Mittelpunkt. Insofern ist es naheliegend, die Nutzung von medialen Möglichkeiten für Austausch und Unterhaltung insbesondere im Sprachunterricht zu thematisieren. Allerdings ist es wichtig, dass es beim Austausch nicht nur um Sprechen und Hörverstehen im direkten personalen Kontakt oder das Schreiben in traditionellen Formen geht, sondern auch um die Kommunikation mit medialen Unterstützungen, z.B. mit InstantMessaging- oder Microblogging-Diensten, E-Mail, Chat, Foren oder immersiven virtuellen Umgebungen. Ein weiterer Bereich, der insbesondere im Sprachunterricht seinen Schwerpunkt haben kann, ist die Analyse und Einschätzung von Gestaltungsmerkmalen medialer Botschaften, wobei wieder ein weiter Textbegrif zugrunde gelegt werden sollte. Zugleich soll der Sprachunterricht nicht nur rezeptions-, sondern auch produktionsorientiert gestaltet werden. Insofern bestehen auch Verbindungen zum eigenen Gestalten und Verbreiten von medialen Beiträgen. Neben dem Sprachunterricht enthält auch der Kunst- und Musikunterricht zahlreiche Bezüge zur Medienbildung. Wegen seiner Schwerpunktsetzung bei der

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Kunst- und Musikrezeption sowie der Kunst- und Musikproduktion können vor allem Akzentsetzungen wahrgenommen werden, die mit Bild-, Film- und Tonmedien und ihrer Kombination zusammenhängen. Mit der Relexion ästhetischer Kriterien ergeben sich auch Bezüge zu einer qualitätsbewussten Nutzung medialer Angebote. In den so genannten MINT- Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) treten neben den – für alle Lernbereiche und Unterrichtsfächer zutrefenden – Bezügen, vor allem Bezugspunkte auf, die technische und informatische Grundlagen der Medienbildung betrefen. Besonders wichtig ist dabei die Behandlung von Merkmalen der digitalen Infrastruktur der Medienlandschaft sowie von Möglichkeiten der algorithmischen Erzeugung medialer Botschaften. Zudem bieten sich die MINT-Fächer in besonderer Weise an, um Fragen der Simulation im Verhältnis zur Realität zu thematisieren, wobei dies auch fächerübergreifend geschehen kann, z.B. mit Bezug auf Simulationen in den Sozialwissenschaften. In der Weiterführung ist auch die Frage interessant, welche Einlüsse die Medienentwicklung auf die Wissenschaftsentwicklung und ausgewählte Fachinhalte sowie deren Vermittlung hat und wie diese zu bewerten sind. Die sozialkundlichen und humanwissenschaftlichen Disziplinen sind besonders geeignet, um Fragen zu thematisieren, welche den Einluss von Medien auf Emotionen, Realitätsvorstellungen, Verhaltens- und Wertorientierungen sowie auf soziale Zusammenhänge in den Blick nehmen. Dabei bietet es sich auch an, sich mit Fragen der Nutzung von medialen Möglichkeiten für Austausch und Kooperation, für Unterhaltung und Spiel sowie für mediengestützte Dienstleistungen und des Umgangs mit medialer Steuerung und Kontrolle auseinanderzusetzen. Des Weiteren liegt im sozialkundlichen Bereich eine Bearbeitung von Merkmalen der Medienlandschaft sowie von ökonomischen, rechtlichen, personalen, institutionellen, politischen und weiteren gesellschaftlich-kulturellen Aspekten der Medienproduktion und Medienverbreitung nahe. 8.2.3 Weitere Formen der Medienbildung in der Schule Außer einer Umsetzung der Medienbildung in den schulischen Lernbereichen sowie Fächern kann diese in besonderen Veranstaltungen der Schule stattinden, z.B. an Projekttagen, bei Klassenfahrten oder Exkursionen, in Arbeitsgemeinschaften sowie in Wahlfächern. Zunächst einmal können Projekttage, falls sich dadurch alle Schülerinnen und Schüler erreichen lassen, genutzt werden, um Akzentsetzungen zu behandeln, die sich in der Schule nur schwer durch vorhandene Lernbereiche oder Fächer abdecken lassen. Insbesondere ist es manchmal schwierig, ein zeitaufwändigeres Gestalten und Verbreiten eigener medialer Beiträge mit dem üblichen Fachunterricht zu verbinden – vor allem wenn es um komplexere Hör-, Video- oder Multimediaproduktionen bzw. interaktive Beiträge geht.

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Medienbildung in Schule und Lehrerbildung

Falls es einer Schule dennoch gelingt, ihre Aufgaben zur Medienbildung vollständig mit dem üblichen Unterricht in Fächern oder Lernbereichen zu verbinden, können Projekttage auch für weitere Anwendungen oder Vertiefungen in einzelnen Aufgabenfeldern genutzt werden, z.B. für besondere Produktionen oder für die Bearbeitung weitergehender Fragen zur Medienpsychologie, Mediensoziologie oder Medienethik. Bei Klassenfahrten und Exkursionen lassen sich ebenfalls Anwendungen oder Vertiefungen in einzelnen Aufgabenfeldern anstreben, z.B. indem mediale Dokumentationen zur Klassenfahrt erstellt oder Erkundungen in einem Wirklichkeitsbereich durchgeführt werden, zu dem medienbeeinlusste Vorstellungen vorhanden sind, oder indem Medieneinrichtungen besucht werden, z.B. eine Rundfunkanstalt oder ein Softwareunternehmen. Für Arbeitsgemeinschaften bietet es sich vor allem an, die gestalterischen Fähigkeiten in einem bestimmten Medienbereich weiterzuentwickeln, z.B. bei der Produktion von Zeitungen, Hörbeiträgen oder Videoilmen sowie von multimedialen und interaktiven Produkten. Im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften können sich Schülerinnen und Schüler unter Anleitung durch eine Lehrperson gegebenenfalls auch der Aufgabe annehmen, regelmäßig eine Schulzeitung, ein Radiomagazin oder Videomagazin für die Schule zu produzieren oder eine Webseite zu entwickeln und/oder zu plegen. Schließlich lassen sich im Rahmen der jeweiligen curricularen und sonstigen Vorgaben für die einzelnen Schulstufen und Schulzweige Kurse zur Medienbildung als Wahlveranstaltungen anbieten. Dabei kann es sich um Kurse handeln, in deren Rahmen sowohl die medial-gestalterischen Fähigkeiten weiterentwickelt als auch weiterführende medienwissenschaftliche hemen behandelt werden. Da die medienpädagogisch relevanten Aktivitäten in und gegebenenfalls auch außerhalb einer Schule sehr vielfältig sein können und die Übersicht dazu sowie ihr Nachweis in der Regel durch die üblichen Zeugnisse nicht gesichert ist, bietet es sich an, den Schülerinnen und Schülern zu empfehlen, zur Entwicklung ihrer Medienkompetenz ein Portfolio zu führen (vgl. dazu Hauf-Tulodziecki et al. 2008). In dem Portfolio sollten entsprechende Aktivitäten dokumentiert und relektiert werden. Das Portfolio kann zudem eine Auswahl selbst erstellter Medienbeiträge und ihre Kommentierung enthalten. Je nach Situation in einer Schule kann ein solches Portfolio möglicherweise auch verplichtend gemacht werden. 8.2.4 Koordination von Aktivitäten zur Medienbildung Verlässt man sich bei der Medienbildung allein und ohne weitere Koordinierungsund Planungsmaßnahmen auf den Unterricht in den Lernbereichen und Fächern sowie gegebenenfalls auf einzelne Sonderveranstaltungen, besteht die Gefahr, dass medienpädagogische Aktivitäten nur in unkoordinierter und eher zufälliger als systematischer Form stattinden, u.U. sogar vernachlässigt werden, weil sich mögli-

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cherweise keine speziisch medienpädagogische Relexion herausbildet. Deshalb ist es – wie eingangs betont – wichtig, dass die Aktivitäten zur Medienbildung in der Schule mit Bezug auf Aufgabenfelder und thematische Akzentsetzungen bewusst gemacht, untereinander abgestimmt und kontinuierlich durchgeführt werden, wobei die Rahmungen gemäß den Darstellungen 8.6 (für die Grundschule) und 8.7 (für den Sekundarbereich I) als Hilfsmittel dienen können. Solche Rahmungen sollen zugleich der Abstimmung zwischen verschiedenen Fächern und Lernbereichen dienen. Je nach Ausgangslage in einer Schule geht es darum, bereits bestehende Abstimmungen zu plegen und weiterzuentwickeln oder – falls notwendig – die Koordination überhaupt erst einmal in Gang zu bringen. In jedem Fall sollten sich in der Schule – mit Unterstützung durch die Schulleitung und in Abstimmung mit dem Kollegium – Lehrerinnen und Lehrer in einer Arbeits- und Koordinationsgruppe zusammeninden, die ein besonderes Interesse an der Medienbildung haben. Falls noch kein hinreichendes Interesse vorhanden ist, müsste dies zunächst durch Fortbildungsveranstaltungen geweckt werden. Dabei ist es wichtig, dass sich mehrere Kolleginnen und Kollegen um die Medienbildung kümmern und eine arbeitsfähige Gruppe vorhanden ist oder aufgebaut wird. Die Aufgabe der Gruppe sollte darin bestehen, vorhandene medienpädagogische Aktivitäten zu erfassen und zu koordinieren, neue Aktivitäten in Kooperation mit weiteren Kolleginnen und Kollegen zu initiieren und den Prozess der Weiterentwicklung der Medienbildung in der Schule zu begleiten. Entsprechende Aktivitäten sollten insgesamt als Bestandteil der Schulentwicklung konzipiert und realisiert werden. Die folgenden Überlegungen gelten vor allem für die (Neu-)Entwicklung eines schulspeziischen Konzepts zur Medienbildung. Besteht in einer Schule bereits ein entsprechendes Konzept, können die Ausführungen als Anregung für Weiterentwicklungen dienen. Ist eine Arbeitsgruppe gebildet, sollte zunächst eine Bestandsaufnahme zu den in der Schule vorhandenen medienbezogenen Aktivitäten durchgeführt werden. Dazu lässt sich von Lehrpersonen, die bereits – für die Medienbildung relevante – Unterrichtseinheiten oder Projekte durchgeführt haben oder für das kommende Schuljahr planen, jeweils eine Kurzbeschreibung erbitten. Die Kurzbeschreibungen können gemäß Darstellung 8.8 gestaltet werden. Auf der Grundlage solcher Kurzbeschreibungen ergibt sich eine Übersicht über durchgeführte oder geplante Unterrichtseinheiten oder Projekte. Die einzelnen Aktivitäten können dann auf die thematischen Akzentsetzungen des Koordinierungsrahmens gemäß Darstellung 8.6 oder 8.7 bezogen werden. Nach einer Bestandsaufnahme dieser Art lässt sich eine Gesamtplanung für das kommende Schuljahr durchführen. Auf der Grundlage der Zuordnung der – für das kommende Schuljahr zu wiederholenden oder geplanten – Unterrichtseinheiten und Projekte zu den thematischen Akzentsetzungen des jeweiligen Koordi-

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Medienbildung in Schule und Lehrerbildung

nierungsrahmens zeigt sich zunächst, welche thematischen Akzentsetzungen abgedeckt sind und für welche thematischen Akzentsetzungen noch Bedarf besteht. Auf dieser Basis können Kolleginnen und Kollegen aus geeigneten Fächern oder Lernbereichen angesprochen werden bzw. um einen Beitrag zu den ofenen Akzentsetzungen gebeten werden. Gleichzeitig ist zu klären, ob durch die Aktivitäten alle Schülerinnen oder Schüler eines Jahrgangs erreicht werden oder ob für einzelne Klassen weitere Planungen erforderlich sind. Auf diese Weise kann ein Plan für das kommende Schuljahr entstehen, der nun durchzuführen ist. Nach einem halben Schuljahr lässt sich eine Zwischenbilanz ziehen. Unter Umständen müssen für das zweite Schulhalbjahr Planungskorrekturen vorgenommen werden, ehe am Ende des Schuljahres eine Gesamtbilanz gezogen wird und die Planung für das nächste Schuljahr erfolgt. Dafür ist es hilfreich, wenn die durchgeführten Unterrichtseinheiten oder Projekte dokumentiert und bewertet werden, sodass für folgende Planungen auf erfolgreiche Beispiele zurückgegrifen werden kann. Zudem lässt sich ein damit verbundener Austausch nutzen, um weitere Kolleginnen und Kollegen in die Umsetzung der Medienbildung einzubeziehen. Falls auf einem solchen Weg die Medienbildung noch nicht für alle Jahrgangsstufen realisiert werden kann, ist es auch denkbar, sich zunächst auf zwei Jahrgangsstufen zu konzentrieren. Bei der Planung ist des Weiteren zu bedenken, ob die technische Ausstattung und die Kompetenzen im Kollegium für die Umsetzung der geplanten Aktivitäten hinreichend sind oder ob sich die Notwendigkeit von Ausstattungsergänzungen und Qualiizierungsmaßnahmen ergibt. Gegebenenfalls müssten Ausstattungsfragen angegangen und Weiterbildungsmöglichkeiten eröfnet werden. Dabei sollten auch die Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern einbezogen werden. Bei Prozessen der Entwicklung eines schulspeziischen Konzepts für die Medienbildung ist es außerdem wünschenswert, dass Schulen die Zusammenarbeit mit Eltern, außerschulischen Initiativen und Medieneinrichtungen suchen sowie plegen und sich begleitend in einen lokalen Verbund mit anderen Schulen und Medieneinrichtungen einbringen. So lässt sich erreichen, dass sich die verschiedenen Personen und Institutionen gegenseitig stützen und an kommunalen Entwicklungen im Medienbereich ihrer Kommune beteiligen bzw. an ihnen teilhaben. Mit entsprechenden Initiativen und Unterstützungen können die Schulen einen wesentlichen Beitrag zur Medienbildung ihrer Schülerinnen und Schüler sowie zur Medienkultur im lokalen Zusammenhang sowie in der Gesellschaft insgesamt leisten. Vor dem Hintergrund der Überlegungen in den Anschnitten 8.2.1 bis 8.2.4 können Sie sich nun (noch einmal) in die Lage einer Arbeits- und Koordinierungsgruppe einer Grundschule oder einer Schule des Sekundarbereichs I versetzen und weitere Skizzen für Unterrichtseinheiten oder Projekte entwerfen, die geeignet sind, ausgewählte Akzentsetzungen des jeweiligen Koordinierungsrahmens umzusetzen. Formulieren Sie Ihre Skizzen bitte in Orientierung an Darstellung 8.8.

Notwendige Kompetenzen von Lehrpersonen

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8.3 Notwendige Kompetenzen von Lehrpersonen 8.3.1 Einleitende Hinweise und Fragestellungen Medienbildung setzt als Aufgabe der Schule bei den Lehrerinnen und Lehrer voraus, dass sie selbst Medienkompetenz erworben haben, diese kontinuierlich aktualisieren und darüber hinaus in der Lage sind, die Medienkompetenz ihrer Schülerinnen und Schüler zu fördern. Vor diesem Hintergrund könnte z.B. eine regionale Arbeitsgruppe zur Lehreraus- und Lehrerfortbildung mit Blick auf notwendige Kompetenzen für die Medienbildung in einer ersten Sammlung verschiedene hemen zusammentragen. Dabei könnte die folgende Aulistung für Studium, Referendariat und/oder Fortbildung entstehen: (a) personale, ausstattungsbezogene und organisatorische Bedingungen und Voraussetzungen für schulische Aktivitäten zur Medienbildung, (b) die Medienlandschaft und ihre digitalen Grundlagen, (c) außerschulische Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen und ihre Bedeutung für Lernen, Erziehung und Bildung (d) Konzepte, heorien und Forschungsergebnisse zum Lernen und Lehren mit Medien bzw. in digitalen Lernumgebungen, (e) Konzepte, heorien und Forschungsergebnisse zum Lernen und Lehren über Medien bzw. zu Erziehungs- und Bildungsaufgaben in Medienzusammenhängen, (f ) Medienanalyse und Medienkritik sowohl mit Bezug auf Medien, die für Lernen und Lehren bereitgestellt werden, als auch hinsichtlich von Medien, die Kinder und Jugendliche in ihrer Freizeit nutzen, (g) eigene Konzeption und Gestaltung einfacher Medien zur Anregung und Unterstützung von Lernprozessen, (h) eigene Konzeption und Gestaltung eines Video- oder Hörbeitrags, einschließlich der Handhabung der dafür notwendigen Technik, (i) Analyse und Kritik vorliegender Beispiele für Unterrichtseinheiten oder Projekte mit Medienverwendung bzw. zum Lernen in digitalen Lernumgebungen, (j) Analyse und Kritik vorliegender Beispiele für Unterrichtseinheiten oder Projekte zum Lernen und Lehren über Medien bzw. zu medienbezogenen Erziehungs- und Bildungsaufgaben, (k) Planung, Durchführung und Evaluation von Unterrichtseinheiten oder Projekten mit Medienverwendung – gegebenenfalls im Rahmen von digitalen Lernumgebungen, (l) Planung, Durchführung und Evaluation von Unterrichtseinheiten oder Projekten zum Lernen und Lehren über Medien bzw. zu medienbezogenen Erziehungs- und Bildungsaufgaben, (m) Konzepte und heorien zu medienbezogenen Innovationen im Rahmen der Schulentwicklung, (n) Entwicklung, Umsetzung und begleitende Evaluation eines schulspeziischen Konzepts  zur Medienbildung.

Angesichts einer solchen Aulistung stellt sich die Frage, ob und in welcher Weise sich die hemen mit Bezug auf Kompetenzüberlegungen für die Lehreraus- und

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Medienbildung in Schule und Lehrerbildung

Lehrerfortbildung begründen und ordnen lassen. Des Weiteren ergibt sich die Frage, inwiefern die hemen in verschiedenen Phasen der Lehrerbildung – von der Lehrerausbildung an Universitäten und Hochschulen über das Referendariat an Studienseminaren bis zur Lehrerfortbildung – zugewiesen werden können. Bedenken Sie bitte diese beiden Fragen und machen Sie sich einzelne Notizen dazu. Um die beiden Fragen weiter zu verfolgen, ist es sinnvoll, sich mit drei Fragen auseinanderzusetzen: (1) Welcher Stellenwert kommt der eigenen Medienkompetenz von Lehrpersonen zu? (2) Welchen Kompetenzerwartungen sollte eine Lehrperson – über die eigene Medienkompetenz hinaus – für die schulische Medienbildung entsprechen? (3) Welche Aspekte sind beim Kompetenzerwerb von Lehrpersonen – bezogen auf die verschiedenen Phasen der Lehrerbildung – zu beachten? Die Bearbeitung dieser Fragen wird aufzeigen, welche Kompetenzen Lehrpersonen im Rahmen ihrer Aus- oder Fortbildung mit Bezug auf Medienfragen erwerben sollten (vgl. auch Schaumburg u. Prasse 2019, S. 241f.). 8.3.2 Eigene Medienkompetenz von Lehrpersonen Die eigene Medienkompetenz von Lehrpersonen sollte zunächst den – in den Darstellungen 8.4 und 8.5 genannten – Kompetenzerwartungen zu den nutzungs- und inhaltsbezogenen Aufgabenfeldern entsprechen. Dies würde für die Lehreraus- und Lehrerfortbildung im Medienbereich eine wichtige Voraussetzung schafen. Allerdings kann man nicht davon ausgehen, dass diese Voraussetzung jeweils gegeben ist. Insofern muss gegebenenfalls in der Lehreraus- und Lehrerfortbildung die Möglichkeit gegeben werden, vorhandene Deizite aufzuarbeiten. Bezüglich der Medienkompetenzerwartungen ist mit Blick auf die Unterrichtstätigkeit des Weiteren zu betonen, dass die sachgerechte Handhabung von Medien zwar ein wichtiges Element von Medienkompetenz ist, aber nur als ein Element neben anderen gelten kann. Vor diesem Hintergrund ist auch die manchmal zu hörende Aufassung, Schülerinnen und Schüler seien medienkompetenter als ihre Lehrpersonen, zu relativieren. Eine gewisse und mögliche Überlegenheit bei der technischen Bedienung und Handhabung von Mediengeräten und Programmen bedeutet keineswegs schon eine größere Medienkompetenz. Dabei stellt es für schulische Aktivitäten letztlich kein Problem dar, wenn Schülerinnen und Schüler sich möglicherweise in der Handhabung einzelner Medien oder Programme besser auskennen als ihre Lehrpersonen. Im Gegenteil – in einem konstruktiven Lernprozess können und sollen sowohl Lehrpersonen als auch Lernende die Möglichkeit haben, ihre besonderen Stärken zur Geltung zu bringen und gemeinsam zu lernen.

Notwendige Kompetenzen von Lehrpersonen

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Darüber hinaus ist wichtig, dass mit den Kompetenzerwartungen gemäß Darstellung 8.4 und 8.5 keineswegs vorausgesetzt wird, dass Lehrpersonen Fachkundige für alle Medienarten sind. Insbesondere bei dem Aufgabenfeld des eigenen Gestaltens und Präsentierens von Medienbeiträgen geht es vor allem um Grundkenntnisse und grundlegende Fähigkeiten bezogen auf wichtige Akzentsetzungen. Das wünschenswerte schulspeziische Konzept einer Schule (gemäß Abschnitt 8.2.4) ist in der Umsetzung ohnehin auf mehrere Lehrpersonen angewiesen und bietet in besonderer Weise die Möglichkeit einer Arbeitsteilung, sodass sich verschiedene Lehrpersonen mit ihrer jeweiligen Kompetenz einbringen und ergänzen können. Dieser Gedanke ist auch für die – im nächsten Abschnitt anzusprechenden – Aufgabenfelder medienpädagogischer Kompetenz von Bedeutung. 8.3.3 Aufgabenfelder für die Lehreraus- und Lehrerfortbildung Die eigene Medienkompetenz im obigen Sinne ist als eine zentrale Voraussetzung medienpädagogischer Kompetenz anzusehen. Aufgrund der rasanten Entwicklung im Medienbereich ist allerdings davon auszugehen, dass immer wieder Aktualisierungen notwendig sind. Zugleich ist es wichtig, den eigenen medialen Habitus im Sinne medienbezogener Dispositionen zu relektieren (vgl. Kommer u. Biermann 2012). Darüber hinaus erfordert medienpädagogische Kompetenz die Bereitschaft sowie Wissen und Können in verschiedenen Kompetenzbereichen, die für die Planung, Durchführung und Evaluation von medienpädagogischen Aktivitäten in der Schule notwendig sind. Um entsprechende Kompetenzbereiche oder Kompetenzanforderungen zu beschreiben, gibt es mittlerweile verschiedene kompetenzorientierte Rahmenvorstellungen oder Kompetenzmodelle (vgl. z.B. Blömeke 2000; Mishra u. Koehler 2006; Gysbers 2008; Tulodziecki 2012; 2017c; Herzig et al. 2015; KMK 2016; DGfESektion Medienpädagogik 2017; Redecker u. Punie, Y. 2017; Klaß u. Gläser-Zikuda 2018). Einzelne dieser Studien sind auch mit empirischen Untersuchungen zu vorhandenen Kompetenzen verbunden. Allerdings fällt es bei manchen Ansätzen schwer, zwischen allgemeiner Medienkompetenz (als Voraussetzung) und medienpädagogischer Kompetenz zu unterscheiden. Des Weiteren sind einzelne der vorliegenden Ansätze nicht speziell auf die Schule, sondern auf medienpädagogische Studien insgesamt bezogen. Es würde den Rahmen dieses Kapitels sprengen, hier eine Diskussion der Vorzüge und Probleme der verschiedenen Ansätze zu leisten. Deshalb stellen wir vor dem Hintergrund vorhandener Ansätze nur in aller Kürze wichtige Aufgabenfelder und Kompetenzerwartungen für medienpädagogische Veranstaltungen im Rahmen der Lehreraus- und/oder Lehrerfortbildung zusammen. Als wichtige Aufgabenfelder können gelten: – Weiterentwicklung der eigenen Medienkompetenz, – Nutzung von Medien bzw. digitalen Umgebungen für Lernprozesse,

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Medienbildung in Schule und Lehrerbildung

– Wahrnehmung von medienbezogenen Erziehungs- und Bildungsaufgaben, – Entwicklung schulspeziischer Konzepte zur Medienbildung. Für diese Aufgabenfelder werden in der Darstellung 8.9 wichtige Kompetenzerwartungen aufgeführt. Bei der Formulierung der Kompetenzerwartungen orientieren wir uns an Aspekten, die für ein fundiertes Handeln generell bedeutsam sind (vgl. Tulodziecki 2017c, S. 62f.): – Analyse von Bedingungen des Handelns und ihre Beachtung, – Analyse und Bewertung von Konzepten, heorien und Forschungsergebnissen als Bezugspunkte für Handeln, – Analyse und Bewertung vorhandener Beispiele des Handelns, – Entwicklung eigener konzeptioneller Vorstellungen und Entwürfe zu ihrer Umsetzung, – Erprobung und Evaluation eigener Entwürfe. 8.3.4 Kompetenzentwicklung in unterschiedlichen Phasen der Lehrerbildung Die genannten Aufgabenfelder gelten für die Lehrerbildung insgesamt. Dabei können in einzelnen Phasen unterschiedliche Akzente gesetzt werden: – In der Lehrerausbildung an Hochschulen und Universitäten sollte es zunächst möglich sein, etwaige Deizite bezüglich der eigenen Medienkompetenz aufzuarbeiten und notwendige Weiterentwicklungen zu realisieren. Ein besonderer Akzent des Studiums sollte bei dem Erwerb wissenschaftlicher Grundlagen für die weiteren Aufgabenfelder liegen. Bezüglich der Nutzung von Medien bzw. von digitalen Umgebungen für Lernprozesse sowie hinsichtlich der Wahrnehmung von medienbezogenen Erziehungs- und Bildungsaufgaben sollten darüber hinaus Analysen und Bewertungen von relevanten Medienangeboten sowie von vorhandenen Ansätzen und Beispielen zur Medienbildung sowie erste eigene Entwürfe und Erprobungen von Unterricht mit und über Medien im Mittelpunkt stehen. Des Weiteren kann es um erste Analysen und curriculare Entwürfe zu schulspeziischen Konzepten zur Medienbildung gehen. – Im Referendariat sollten die in der ersten Phase erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten konsequent in den Kontext berulichen Handelns gestellt werden. Das bedeutet insbesondere, dass Unterricht oder Projektarbeit mit und über Medien geplant, durchgeführt und evaluiert werden. Zudem geht es um Beteiligungen an Bestandsaufnahmen zu medienpädagogischen Aktivitäten sowie an der (Weiter-) Entwicklung schulspeziischer Konzepte zur Medienbildung. – In der Lehrerfortbildung kommt es bei entsprechenden Voraussetzungen darauf an, angesichts der informations- und kommunikationstechnologischen Entwicklungen gegebenenfalls notwendige Aktualisierungen der eigenen Medienkompetenz vorzunehmen und vor allem die Weiterentwicklung, Umsetzung und Evaluation schulspeziischer Konzepte zur Medienbildung zu fördern.

Notwendige Kompetenzen von Lehrpersonen

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Darst. 8.9: Aufgabenfelder und Kompetenzerwartungen für medienpädagogische Veranstaltungen in der Lehreraus- und Lehrerfortbildung

Diese Akzentsetzungen setzen voraus, dass in den jeweils vorangehenden Phasen der Lehrerbildung die genannten Akzente umgesetzt und die entsprechende medi-

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Medienbildung in Schule und Lehrerbildung

enpädagogische Kompetenz erworben wurde. Sollte dies nicht der Fall sein, müssen in den jeweils nachfolgenden Phasen Maßnahmen ergrifen werden, um die für die vorgesehenen Akzentsetzungen notwendigen Voraussetzungen nachträglich zu schafen. Im Hinblick auf die Umsetzung der Akzentsetzungen haben sich in Modellversuchen die folgenden Bedingungen als förderlich erwiesen (vgl. dazu MSWWF 2000 und die Fallbeschreibungen in Bentlage u. Hamm 2001 sowie Bartsch u. Sulewski 2018): Für die Lehrerausbildung an Hochschulen und Universitäten ist es wichtig, dass an den einzelnen Standorten eine fächerübergreifende Mediengruppe existiert oder – falls sie noch nicht vorhanden ist – eingerichtet wird. Die Hauptaufgabe der Mediengruppe sollte es sein, in Kooperation mit den Studienfächern und auf der Grundlage eines standortspeziischen medienpädagogischen Konzepts für ein regelmäßiges und abgestimmtes Veranstaltungsangebot im Medienbereich durch die Erziehungswissenschaft, die Fachdidaktiken und die Fachwissenschaften zu sorgen. Darüber hinaus sollten Initiativen zur Sicherstellung einer angemessenen technischen Infrastruktur und ihrer Wartung sowie geeigneter Organisationsformen und Qualiizierungsmaßnahmen zu den Aufgaben der Mediengruppe gehören. Des Weiteren geht es um die Begleitung und Evaluation des Veranstaltungsangebotes. Gleichzeitig sind – falls notwendig – Aktivitäten für eine Verankerung der Medienpädagogik in den Studien- und Prüfungsordnungen wünschenswert. Darüber hinaus ist zu empfehlen, einen eigenen Proilbereich „Medien und Bildung“ für das Studium einzurichten. Im Hinblick auf die notwendigen Aktivitäten kommt einer angemessenen personellen Vertretung der Medienpädagogik in der Erziehungswissenschaft und in den Fachdidaktiken eine besondere Bedeutung zu. Deshalb erfordert eine Verankerung der Medienpädagogik das Vorhandensein von entsprechenden Professuren und Stellen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Von diesen sollten zum einen durch die Zusammenarbeit mit anderen Kolleginnen und Kollegen bei der Planung und Umsetzung des medienpädagogischen Veranstaltungsangebots Fortbildungsefekte ausgehen. Zum anderen sollten medienbezogene hochschuldidaktische Veranstaltungen angeboten werden. Wie in den Hochschulen und Universitäten sollte in den Studienseminaren (als Trägern der zweiten Phase der Lehrerausbildung) ein medienpädagogisches Ausbildungsangebot bestehen oder – falls noch nicht vorhanden – entwickelt werden. Dabei geht es in Zusammenarbeit mit den Ausbildungsschulen um eine Verbindung von Anregung, Lernmöglichkeit, Unterstützung und Beratung der zukünftigen Lehrpersonen. Auch hier kann eine fächerübergreifende Mediengruppe zusammen mit der Seminarleitung wichtige Funktionen bei der (Weiter-)Entwicklung eines seminarspeziischen medienpädagogischen Konzepts, bei der Sicherstellung des Veranstaltungsangebots und seiner Evaluation sowie bei der Plege einer geeigneten organisatorischen und technischen Infrastruktur übernehmen. Zugleich

Notwendige Kompetenzen von Lehrpersonen

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muss für die personalen Voraussetzungen zur Umsetzung und Evaluation des medienpädagogischen Konzepts Sorge getragen werden. Die Lehrerfortbildung sollte in einer Weise organisiert werden, dass eine Verbindung von Qualiizierung und (Weiter-)Entwicklung schulspeziischer Konzepte zur Medienbildung gefördert wird. Dazu sollten die Fortbildungsmaßnahmen mit Unterstützung durch die Schulaufsicht auf einen Verbund von Mediengruppen interessierter und engagierter Lehrpersonen aus verschiedenen Schulen zielen. Die Mediengruppen sollten – ja nach ihrem Bedarf – Qualiizierungsmöglichkeiten erhalten und parallel in ihren Schulen die (Weiter-)Entwicklung schulspeziischer Konzepte vorantreiben. Hilfreich ist es darüber hinaus, die Verbindung der Lehrerfortbildung mit der Schulentwicklung im Medienbereich durch lokal oder regional organisierte Beratungs- und Unterstützungssysteme zu fördern. Dabei sollten auch Kooperationsformen mit schulexternen Stellen entwickelt werden. So könnte gleichzeitig eine Öfnung von Schule erfolgen und die Schule in einem lokalen oder regionalen Verbund als Mitgestalterin von Medienkultur fungieren (siehe auch Abschnitt 8.2.4). Bei der Lehrerbildung insgesamt sollte deutlich werden, dass die Medienpädagogik nicht als konkurrierender Bereich neben anderen fächerübergreifenden Aufgaben der Schule steht, z.B. neben der Friedens- und Umwelterziehung, sondern eine grundlegende Voraussetzung für diese in dem Sinne darstellt, dass die Vorstellungen, z.B. zu Frieden und Umwelt, die Kinder und Jugendliche in die Schule mitbringen, immer schon durch die Medien mitbedingt sind. Darüber hinaus sollten medienpädagogische Aktivitäten nicht in Konkurrenz zur Lese- und Schreiberziehung, sondern als eine notwendige Erweiterung dieser in der Wissensgesellschaft gesehen werden. Prinzipiell sollte bei der Lehrerbildung und bei der Entwicklung schulspeziischer Konzepte zur Medienbildung das gesamte Medienspektrum im Blick bleiben. Dies schließt nicht aus, dass zeitweise ein besonderer Akzent bei den digitalen Medien gesetzt wird. Insgesamt sollten jedoch alle Medienarten berücksichtigt werden. Auf jeden Fall muss sichergestellt werden, dass bei der manchmal zu beobachtenden Konzentration auf die digitalen Medien als Mittel des Lehrens und Lernens die Erziehungs- und Bildungsaufgaben nicht aus dem Blick geraten, sondern dass die Einbettung der medienbezogenen Aktivitäten in den Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule garantiert bleibt. Vor dem Hintergrund der Ausführungen in den Abschnitten 8.3.2 bis 8.3.4 können Sie sich nun noch einmal der eingangs gestellten Aufgabe zuwenden. Dazu können Sie die aufgeführten hemen den in der Darstellung 8.9 aufgeführten Aufgabenfeldern zuweisen. Darüber hinaus sollten Sie hemen zusammenstellen, die Ihnen für die Phase der Lehrerbildung, in der Sie sich zurzeit beinden, besonders wichtig erscheinen.

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Sachwortverzeichnis

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Sachwortverzeichnis Algorithmisierung 19, 21, 276 Analysefähigkeit 40, 210, 213, 221, 267, 293, 303 Anchored Instruction 99, 106 Anforderung, situative 53, 177 Arbeitsmittel, Medien als 89, 95 Aufgabenfelder, inhaltsbezogene 13, 209, 212f., 267, 340, 343, 345, 348, 360 Aufgabenfelder, nutzungsbezogene 13, 209, 215, 267, 340, 342, 345, 347, 360 Augmented Reality 23, 122, 139 Ausstattung, technische 205, 358 Automatisierung 212, 262, 265, 274 Bedürfnislage 12, 23, 53, 60, 64, 75f., 177, 205f., 216f., 249, 315 Bedürfnisorientierung 76 Bedürfnistheorie 56, 63, 249, 301 Behaviorismus/behavioristisch 98f., 128 Beurteilungsaufgabe 44, 116f., 130, 206f., 234, 236, 243, 265, 320, 323, 328, 334 Bewahrpädagogik/bewahrpädagogisch 165f. Beziehungen, soziale 21, 24, 26, 47, 63, 153, 291, 299, 302 Big Data 108, 232f., 235, 277 Bildstellen 166f. Bildungsdiskussion 78, 80f., 185, 193 Bildungsstandards 186, 193, 196, 198f. Biographie 80, 159, 191, 309 Blended Learning 92, 116, 122, 136 Buchdruck 18, 195 Cognitive Apprenticeship 99, 106 Cognitive Flexibility 99, 106 Computeranimation 20f., 124, 177 Computerprogramm 119f., 178, 352 Computerspiel 17, 21, 23, 35, 37, 42, 51, 54, 57, 64f., 70f., 75, 94, 163, 167, 194, 197, 200, 202, 207, 229, 237, 239f., 257, 289f., 295, 297, 300, 308f., 315, 318, 321, 324f., 328, 335f., 342 Content Management System 90, 119 Cultural Studies 160f., 169 Curriculum/curricular 13, 171, 176, 188, 197, 213, 339, 349, 356, 362 Cyber-Mobbing 210, 245, 247, 249, 290 Dataizierung 19, 21 Datenanalyse 27, 81, 201f., 212 Datenkapitalismus 22, 205, 213

Datenschutz 16, 43f., 205, 223, 235, 247f., 265, 277, 309, 312, 316, 329 Demokratie 82, 170f., 309, 311, 313, 317 Denken 22, 24, 26, 47, 68f., 74, 78, 152, 166, 172, 210, 216, 290, 292f., 316f., 322, 327f., 333, 345 Didaktik 82, 89, 117, 144f., 148, 190, 233 Dienstleistung 11, 13, 20, 111, 202, 211, 217, 259f., 266, 355 Digitalisierung 18f., 22, 47, 77, 79f., 94, 114, 116, 153, 180f., 188, 195, 202f., 213, 232, 259, 267f., 270, 272f., 310 Dilemma 327f. Doppelcodierung 103 Efektstärke 135f., 138, 149f. E-Learning 15, 201 Emanzipation 78 Emotionen 11, 23f., 47, 59, 61, 74, 99, 152, 204, 212f., 290, 292f., 299f., 355 Empathie 62, 299 Entscheidungsfall 44f., 66, 102, 116f., 206, 249, 315, 320f., 328, 334 Entwicklung, intellektuelle 46, 65, 67, 69, 74f., 102, 177, 216, 315f., 321f., 324, 336 Entwicklung, sozial-kognitive 52, 76, 217, 315 Entwicklung, sozial-moralische 13, 46, 65, 70, 73f., 102, 177, 238, 297, 299, 315, 324, 326, 328, 330, 336 Entwicklungsaufgaben 27, 61, 215, 249 Entwicklungsorientierung 12, 77 Erfahrungen, mediale 22f., 34, 76, 294 Erfahrungsformen 24, 30f., 34, 86, 135, 140 Erfahrungsorientierung 76 Erklärvideo 17, 93, 100, 127f., 130, 219, 224, 251f., 257f., 281, 342 Erkundungsaufgabe 116f., 206, 234, 243, 249, 320 Erwachsenenbildung 191 Erzeugung medialer Botschaften 13, 203f., 212, 266f., 280f., 283f., 287, 289, 355 Erziehungs- und Bildungsaufgabe 12, 48, 151f., 162, 164, 167, 194, 359, 362, 365 Eskapismus 16, 26 Evaluation 133, 136, 145f., 213, 250, 359, 361f., 364f. Experiment 29, 100, 121, 133, 135, 138f., 145, 148, 225, 236 Experimentierumgebung 104f.

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Verzeichnisse

Falschmeldung/Fake 211, 247f., 287

News 21, 23, 25, 209,

Familie 11, 21, 27, 61, 111, 153, 159f., 205, 224, 228, 260, 263, 290, 306, 321, 332, 339, 344 Fernsehilm 37, 241 Fernsehserie 37, 57, 287, 300, 308 Filmerziehung 168 Flipped Classroom/Inverted Classroom 92f., 119, 122, 127 Forschung, entwicklungs- und gestaltungsorientierte 133, 147f., 150 Foto 17, 21, 35, 40f., 98, 139, 151, 195, 210, 246, 251, 253f., 256, 258, 274f., 281f., 288, 312, 343f. Gefühle, s. Emotionen Gegenöfentlichkeit 172f. Gerechtigkeit 27, 71, 80f., 263, 229, 325, 327, 338 Gesellschaftskritik 156, 172 Gestaltungsaufgabe 45, 117, 224, 243, 250, 258, 323, 328 Gestaltungsmerkmale (von Medien) 13, 41, 105, 128, 164, 203f., 212f., 244, 267, 280, 283f., 287f., 319, 343f., 354 Gewalt (in der Schule) 116f. Gewalt (in Medien) 15, 23, 207, 297f., 301, 309, 328, 335 Glaubwürdigkeit 132, 151, 184, 223, 225, 228, 308 Globalisierung 15, 81, 162 Grundbildung, Informationstechnische 164, 171, 177f., 191, 193f. Grundschule 121, 186, 216, 218, 221, 252, 254, 262, 273, 288, 291f., 339f., 342, 345f., 349f., 352, 357f. Handeln, Modellvorstellung vom 53f. Handeln, soziales 158, 174 Handlungsorientierung 12, 76f., 82, 175f. Handy 235, 346, 255, 279, 316f., 331 Hass 21, 247, 249 Heterogenität 114, 215, 323, 333 Hörbeitrag 25, 256f., 285f., 342, 356, 359 Hörfunk 15, 20, 35, 274, 304, 308 Hypothese 45, 47, 92, 96, 133, 135, 138, 145, 321 Identität 24, 26f., 60, 80, 160, 174, 191, 329 Ideologiekritik 157, 173 Individualisierung 81, 115, 162

Informatik 18, 47, 79, 178f., 194, 196, 233, 355 Informatiksysteme 19, 200, 203, 205, 277, 280, 283, 303, 307, 343 Informationsgesellschaft 182, 185 Informationsquelle 104, 118f., 218f., 224, 353 Infrastruktur, digitale 11f., 161f., 179, 197, 203, 207, 212, 265, 267f., 277, 279, 308, 311, 343, 355 Inhaltsanalyse 156 Inklusion/Inklusive Schule 115 Inszenierung 20, 23, 119, 166, 242, 256f., 344 Interaktion 19, 32f., 42, 90, 101, 115, 121, 137, 139, 158, 172, 175f., 151, 200, 242, 258, 281, 286, 326 Internetdienste 122 Internetforen 247, 264 Internetrecherche 17, 37, 342 Internetportal 17, 118, 253 Journalisten 23, 213, 298f., 304, 309 Jugendschutz 52, 65, 67f., 70, 72, 76, 165f., 205, 210, 213, 237f., 244, 306, 309, 312, 336 Kaufverhalten 155, 198 Kindertagesstätte 215, 221, 339, 342f. Kinoilm 165, 286 Kinoreformbewegung 166f., 343 Kognitionstheorie/kognitionstheoretisch 98f., 101f., 104f., 148 Kommunikationsmodell 155f., 170 Kommunikationsorientierung 76, 175f. Kommunikationsumgebung 105, 114, 343 Kommunikationswissenschaft 47, 291 Kompetenz, computer- und informationsbezogene 141, 188 Kompetenz, kommunikative 175f., 182f. Kompetenz, medienpädagogische 143, 361, 364 Kompetenzbegrif 140, 181, 183, 185, 192f. Kompetenzmodell 141, 186f., 193, 198f., 361 Kompetenzorientierung 12, 77, 188, 193, 198 Komplexität, kognitive 87f., 70, 102 Konditionierung 99, 128 Konlikt 27, 40, 51f., 65, 79, 237f., 240, 243, 260, 263, 281, 297, 326f., 331f., 334f. Konstruktivismus/konstruktivistisch 98f., 104f. Kontrolle 11, 20f., 45, 137, 153, 166, 172, 202, 259, 262, 291, 310, 355 Kooperation 11, 13, 15, 54, 78, 105, 120, 122, 147, 186, 210, 217, 244f., 263, 353, 355, 357, 364f. Kreativität 78, 80f., 83, 248

Sachwortverzeichnis Kultur 11, 15, 25f., 58, 78, 152f., 157, 160f., 170f., 205, 213, 295, 309, 317 Kulturtechnik 16, 169 Kunst 11, 15, 21, 26, 32, 58, 160, 168, 352, 354f. Kunsterziehung/Kunstunterricht 164f., 169, 254 Laptop 54 Learning Communities 15 Learning Management System 88, 93, 108, 122f. Lebenssituation 12, 19, 54f., 60, 63f., 76, 153, 159, 176, 206, 237, 249, 315 Lehrerbildung 13, 339, 360, 362f., 365 Lehr-Lern-Arrangement 86, 92, 96f. Lehrmittel 95 Lehrplan 43, 171, 179 Lehrprogramm 36, 90f., 100, 103f., 108, 225, 286, 288 Lehrsystem 38, 90, 95, 102f. Lernefekt 149, 225 Lernen, maschinelles 107f. Lernen, selbstgesteuertes 26, 111, 148 Lernen, situiertes 98f., 105f. Lerngemeinschaft 93f. Lernhilfe 101, 104, 118, 120, 223, 353 Lernprogramm 34, 37, 201, 225, 281, 342 Lernsoftware 108, 125, 322 Lernspiele 91, 105, 122 Lerntheorie 100, 105 Lernumgebung 12, 38, 42, 90f., 95, 104f., 122, 225, 257, 259, 359 Lizenz 38, 125f., 130 Malerei 195, 289 Massenmedien 20, 89, 155, 157, 170, 173, 202 Mathematik 17, 97, 118, 146, 218, 231, 355 Medialität 34, 183, 200 Media-Literacy 174, 184 Mediatisierung 18, 21, 24, 47, 77, 79f., 94, 114, 116, 160f., 180f., 188, 190, 205, 213, 310 Medienanalyse 41, 66, 173, 359 Medienaneignung 176, 184 Medienarten 19f., 34f., 133, 167, 203, 212, 223, 240, 257, 267, 272f., 277f., 307, 361, 365 Medienausstattung 16f. Medienbegrif 12, 16, 24, 29, 32f., 38f., 47, 161 Medienbeitrag 12, 26, 33f., 38, 40, 81, 86, 99, 111, 113, 122f., 127f., 130f., 160, 173, 186, 199, 251, 283f., 288, 292f., 328, 331, 356, 361 Medienbildung, Begrif 11, 41f., 164, 180f. 188, 191 Medienbiographie/medienbiographischer Ansatz 159

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Mediendidaktik 12, 39, 48, 89, 143, 145 Medienefekte 132f., 137 Medieneinlüsse 13, 152, 156, 159, 186, 203, 212, 249, 267, 290f., 299f., 302, 319, 344 Medienerziehung 39f., 48, 151, 153, 164f., 173f., 176, 191, 194f. Medienforschung 145, 151f., 160, 162, 172 Mediengestaltung 41, 76, 86, 98, 101, 130, 147, 174, 186, 255f., 280, 283, 292, 312, 319f. Medienhandeln 51, 53f., 60, 184, 190, 200f., 206, 306, 315 Medieninstitution 156, 172f., 295, 310, 312 Medienkompetenz 11, 13, 77, 140, 147, 151, 174f., 180f., 188, 192f., 196, 356, 359f. Medienkonvergenz 20, 90, 203, 272f., 278 Medienkonzentration 22, 157, 305 Medienkritik 64, 174, 200, 359 Medienkultur 161, 171, 199, 211, 311, 358, 365 Medienkunde 170 Medienlandschaft 11f., 16, 18, 22, 25, 169, 173, 201, 203, 207, 212f., 265, 267f., 271f., 277f., 308, 311, 343, 355, 359 Medienmerkmale 29, 34, 38, 128, 132f., 137f., 282, 284 Medienökologie/medienökologischer Ansatz 159 Medienorientierung 157 Medienpädagogik 12, 16, 29, 32f., 39, 43f., 66, 74, 82, 161, 172f., 182, 190, 193f., 204f., 361, 364f. Medienproduktion, Bedingungen der 13, 34, 186, 205, 213, 244, 259, 267, 302f., 305f., 313, 319, 328, 331, 344, 355 Medienproil 128f., 131 Medienrezeption 57, 76, 159, 168, 282 Medientheorie 151f., 160, 162, 181 Medienwissenschaft 39 Medienzentrum 38, 124, 162, 167, 301, 310 Meinungsbildung 27, 47, 262, 288, 299, 305, 309 Meinungsfreiheit 309 Menschenwürde 73, 210, 223, 242 Metaanalyse 135f. Modelllernen 98f., 321 Monopolisierung 157, 172f., 205, 305 Motivation 52f., 44f., 59, 99, 139, 147, 217, 223, 280 Multimedia 104, 121, 138, 194, 257, 355 Musik 17, 25, 29, 34, 57f., 98, 126, 175, 177, 202, 224, 240, 253, 257, 259, 261, 264, 308, 355 Musikunterricht 354 Nachrichten 15, 17, 36, 87, 151, 156, 200, 228, 274f., 277, 297, 299, 303f., 309

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Verzeichnisse

Naturwissenschaft/naturwissenschaftlich 96, 231, 235, 354f. Navigation 235, 258, 274 Netzwerk, soziales 21, 26, 47, 65, 77, 93, 200f., 249, 264, 268, 275, 277, 281, 287, 289, 308 Nutzenansatz 158 Online-Kurs 88, 93 Open Educational Ressources 126 Orientierungswissen 184, 192 Partizipation 171, 184, 191, 200, 248, 299, 311 Persönlichkeitsrechte 11, 16, 223, 299, 317, 328 Perspektive, soziale 26, 52, 71, 263, 325, 334 Pluralismus 60 Politik/Politikunterricht 11, 20, 25f., 47, 111, 156, 160, 162, 192, 205, 231, 295, 309, 317, 354 Portfolio 93, 356 Präsentationssoftware 129f. Praxis, medienpädagogische 39f., 44, 46f. Presse 22, 155, 165, 277, 298f. Printmedien 35, 118, 167, 210, 220, 223, 255f., 274, 278 Problem (als Aufgabenform) 26f., 44, 91, 106, 108, 110, 116f., 118, 199, 206, 224f., 249, 301, 303, 320f., 323f., 328, 333 Problemlösefähigkeit 78, 101, 106, 148, 199 Projektorientierung 175f. Psychologie 47, 56, 155, 295, 356 Publikumsaktivität 158 Radio Realitätsvorstellungen 11, 292f., 300, 354f. Referendariat/Studienseminar 359f., 362, 364 Rezeptionsforschung 157, 159f. Rezipient 25, 83, 152, 155f., 166f., 170f., 174, 298, 318, 343 Richtlinien 83, 171, 178 Rundfunk 22, 37, 54, 125, 156f., 303, 307, 310, 313, 356 Sachbuch 201, 218, 220, 342 Schulbuch 88, 90f., 122, 201 Schulentwicklung 13, 143, 357, 359, 365 Schulfernsehen 90f., 125 Schulfunk 90f., 125 Sekundarstufe 38, 121, 144, 178, 186f., 196, 216, 221f., 229f., 241, 246f., 254f., 261, 268, 272, 284, 291f., 306f., 339, 342, 345f. Selbstbestimmung 22, 59, 80f., 167, 238 Selbstdarstellung 26, 28, 61, 249 Selbstkontrolle 166f., 312

Sensorisierung/Sensoren 19, 21, 37, 108, 203, 269f., 273, 276, 279f., 284, 287, 307 Simulation 11, 13, 20, 25, 36, 91f., 96, 101f., 104f., 110, 112f., 117, 119f., 131, 133f., 139, 143, 148f., 178, 186, 201f., 209f., 217, 226f., 240, 255, 257, 286f., 301, 355 Situationsorientierung 76, 175f. Smartphone 15, 17, 20, 37, 40, 44, 57, 65, 68, 90, 161, 163, 197, 202, 218, 232, 240, 244f., 264, 272, 274, 276, 279, 291, 303, 316f., 343, 345, 353 Social Bots 21, 248, 265, 287f. Softwareentwicklung 79 Sozialisation 11, 42, 48, 60, 311 Sozialkunde/sozialkundlicher Unterricht 355 Sprache der Medien 16, 184, 203, 280 Sprachunterricht 254, 354 Statusunsicherheit 60 Steuerung 81, 90, 104f., 118, 121, 145, 177f., 202, 211, 217, 259f., 286, 355 Suchmaschine 90, 118, 127, 163, 221, 223, 275f., 308, 312 Systemdenken 154, 156, 170 Tablet 88, 90, 96, 122, 129, 132, 145f., 202, 218f., 252f., 272, 274 Textbegrif 169, 353f. Textverarbeitung 90, 119, 353 Tonträger 220 Übungsprogramm 90, 92, 100, 121 Unterhaltung 11, 13, 20, 23, 25, 55, 61, 87, 94, 168, 186, 201f., 210f., 217, 229, 236f., 239f., 263, 286, 295, 310, 311, 317f., 342f., 354f. Unterrichtsvorbereitung 97, 110, 127 Untersuchungen, empirische 45, 70, 75, 104, 132, 135f., 140, 145, 148f., 157, 361 Urheberrecht 73, 79, 126f., 205, 248f., 309, 312 Urteilsfähigkeit 40, 78, 199, 210, 213, 267, 280, 293, 303, 326, 335 Uses and Gratiications Approach 158 Verantwortung 58, 71, 75, 80f., 83, 95, 115, 122f., 171, 211f., 222, 241, 248, 263, 290, 299, 309, 325, 337, 347f. Vergleichsuntersuchungen 136f. Verhalten, aggressives 297f. Verhalten, prosoziales 321 Verhaltensorientierungen 11, 24, 27, 47, 204, 212f., 292f., 297, 299, 301, 355 Vernetzung 11, 15, 19, 21, 33, 92, 112f., 197, 203, 207, 212, 257f., 268, 272f., 277, 279

Sachwortverzeichnis Videoclip 37, 177, 197, 200, 202, 264, 281f., 287, 323 Videoportal 17, 23, 72, 241, 261, 264, 308, 331 Videospiel 163, 202, 325 Virtual Reality 91, 139 Wahlkampf 154f., 289, 302, 310 Wahrnehmung 23f., 30, 35, 56, 101, 105, 130, 158, 160, 175, 286, 290, 327f., 362 Weblog 90, 210, 247, 275, 278 Webquest 123 Werbung 11, 15, 29, 36, 60f., 64, 152, 154, 163f., 177, 198, 202, 211, 230, 233, 261f., 272, 275, 277, 280, 286, 302, 308, 343f. Werkzeuge 34, 90f., 105, 117f., 123, 179, 231

Wertorientierungen 11f., 24, 27, 47, 61, 204f., 212f., 292f., 299, 301, 305 Wirkungsforschung 154f., 157 Wirtschaft 11, 20, 22, 29, 62, 154, 163, 166f., 170f., 177f., 182, 192, 194, 205, 213, 231, 274, 303, 308f., 312, 317, 325 Wissenskluft 182 Zeichensystem 20, 34, 103, 121, 195 Zeichenprozess 195 Zeitschrift 125f., 278, 345 Zeitung 29, 33, 125f., 156, 194, 254, 274, 278, 288, 304, 307, 311, 332f., 345, 356 Zielperspektive 12, 51, 54, 77f., 101, 185, 199 Zusammenhänge, soziale 27, 80, 204f., 209, 212, 263, 290, 292f., 299, 302, 355

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Verzeichnisse

Autorenverzeichnis Ackermann, H. 177 Adorno, T.W. 156 Akcaoglu, M. 96 Aķayır, M. 139 Aķayır, G. 139 Albert, M. 60, 62f. Anderson, J.R. 102 Andresen, S. 61 Arnold, P. 93 Aßmann, S. 22, 49, 53, 94 Asmus, A. 61 Aufderheide, P. 184 Aufenanger, S. 71, 74, 146, 183, 192, 203, 304 Ausubel, D.P. 101, 295 Autorengruppe 294 Avaaz.org 81 Awad, M. 108 Baacke, D. 156, 159, 175f., 181f. Bachmair, B. 175, 190, 297 Bader, R. 19, 265 Bandura, A. 100 Bartsch, P. 364 Baumert, J. 62, 140 Baumgartner, P. 100 Beck, K. 156 Bentlage, U. 364 Berelson, B. 155 Bernard, R.M. 136 Bertelsmann Stiftung 145, 182, 282 Biermann, R. 361 Blana, H. 118 BLK [Bund-Länder-Kommission] 84, 178 Blömeke, S. 60, 66, 82, 86, 92, 96, 107, 116f., 143, 206, 361 Blötz, U. 118 BMBF [Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung] 186 Bonfadelli, H. 182 Borgenheimer, B. 102 Bortz, J. 135 Bos, W. 141f., 188 Bosler, U. 178 Boventer, H. 182 Boyd, D. 73 BPB [Bundeszentrale für politische Bildung] 288 BR alpha 97 Brecht, B. 157 Brell, C. 133f.

Breuer, K. 102 Brown, J.S. 106 Brüggen, N. 203 Brünken, R. 139 Bryant, J. 153 Buckingham, D. 169, 184 Buschmeyer, H. 192 Campbell, D.T. 135 Cavalier, R. 102 Chandler, P. 139 Chang, K.-E. 136 Charlton, M. 159 Chauhan, S. 136 Chomsky, N. 183 Chresta, H. 168 Chu, G.C. 136 Clark, R.E. 137 Clarke, B. 147 Cohen, J. 135 Cohen, P.A. 136 Colby, A. 71, 73f. Collins, A. 106 Comenius, J.A. 89, 188 creative commons 127 CTGV [Cognition and Technology Group] 106 Dander, V. 261 De Fleur, M.L. 156 Deci, E. 59 DeLozier, S. 92 DGfE-Sektion Medienpädagogik Diergarten, A.K. 139 Döbeli Honegger, B. 180 Doelker, C. 169 Dohmen, G. 89 Döring, N. 135 Dröge, F. 157 Düx, S. 235 Ebeling, B.J. 136 Ebner, M. 108 Ebner, M. 108, 129, 252, 277 Eccles, J. 103 Eckensberger, L.H. 74 Eichler, D. 96 Eickelmann, B. 141f. Endberg, M. 144 Endt, C. 265 Engbring, D. 179

47, 361

Autorenverzeichnis Enquete-Kommission 182 Enzensberger, H.M. 156, 172 Erikson, E. 27, 60 Euler, D. 101, 105 Europäische Kommission 313 Evangelisch Stiftisches Gymnasium Eye, A. v. 69

282

Ferrari, A. 188 Firestone, C. 184 Fraunhofer-Gesellschaft 107, 110 Freiknecht, J. 108 Fröhlich, A. 76, 175f. Fromme, J. 193 Früh, W. 159 Funiok, R. 182 FWU [Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht] 189 Ganguin, C. 159 Gapski, H. 19, 184, 203, 232 Garz, D. 71, 74 Gaudet, H. 155 Gensicke, T. 61f. Gergen, K.J. 74 Gergen, M.M. 74 Gerick, J. 141f. Gerjets, P. 140 Gerrig, R.J. 59 GG [Grundgesetz] 83 GI [Gesellschaft für Informatik e.V.] 18, 179, 194, 196, 203 GIDA 38 Gilligan, C. 71 Gizycki, R. v. 177 Gläser-Zikuda, M. 361 Glaser, S. 247 Glasersfeld, E. v. 105 Grafe, S. 46, 60, 95, 101f., 143, 145, 147f., 184, 186, 229, 231, 281, 293f., 296, 300 Graf, B. 265 Grillenberger, A. 232f. Groeben, N. 183 Gross, F. v. 153 Gruber, H. 106 Gudjons, H. 82 Gysbers, A. 143, 361 Habermas, J. 181, 183 Haefely, E. 260 Hagemann, W. 327, 331, 335 Hall, S. 160 Hamilton, E.R. 96

Hamm, I. 364 Hansen, K.H. 178 Happe, H. 299 Harris, R.J. 293 Harskamp, E. 137 Harvey, O.J. 68 Haschler, S. 247 Hasebrink, U. 216 Hattie, J. 136 Haubner, T. 126 Hauf-Tulodziecki, A. 178, 356 Hauf, A. 177 Hegarty, M. 103 Hedler, M. 118 Heidrich, J. 260 Heidbrink, H. 327, 331, 335 Heimann, P. 89, 190 Heinen, R. 92 Helbing, D. 21 Hepp, A. 160 Herzig, B. 18f., 21, 33, 46, 49, 60, 66, 71, 74, 79, 82, 86, 92, 94f., 100, 107, 116f., 121, 137, 143, 145, 147f., 150, 180, 186, 195f., 203, 206, 277, 281, 287, 293f., 296, 299f., 334, 336, 361 Hickethier, K. 195 Higgins, S. 136 Hillmayr, D. 136 Hilt, F. 245, 247 Hilton, M.L. 229 Hobbs, R. 169, 184 Hoggart, R. 160 Holzer, H. 157, 172 Honey, M.A. 229 Horton, D. 158 Hoyer, T. 126 Hug, T. 24, 34 Hugger, K.U. 153 Humboldt, W. v. 190 Hunt, D.E. 68 Hurrelmann, B. 82f. Hurrelmann, K. 60, 62 Iske, S. 193 Issing, L.J. 104 Jamison, D. 136 Jenkins, H. 172, 184 Johnson-Laird, P.N. 103 Jonas, H. 71 Jörissen, B. 80, 190f., 193, 200 Jugendpresse Deutschland e.V. 118

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Verzeichnisse

Jülicher, T. 108 JuSchG [Jugendschutzgesetz]

167

Kalyuga, S. 139 Kant, I. 191 Katsipataki, M. 136 Katz, E. 155 Keilhacker, M. 165f., 170 Keilhacker, M. 165f., 170 Kellner, D. 161, 174 Kerres, M. 92, 103, 108 Kerstiens, L. 170 Khanna, R. 108 kik AG 231 King, A. 63 Klafki, W. 82, 190 Klaß, S. 361 Kleber, H. 297 Klicksafe 223, 250 Klieme, E. 140 Klimmt, C. 23, 25f., 205, 291, 302 Kluge, A. 157 KMK [Kultusministerkonferenz] 77, 84, 185, 188f., 194, 349, 361 Knaus, T. 18f., 196, 203 Koehler, M.J. 143, 361 Kohlberg, L. 71f., 102, 209, 324, 326f. Kommer, S. 196, 361 König, E. 43 Kretschmer, C. 247 Krommer, A. 120 Krotz, F. 18, 21, 161, 203 Kück, A. 93 Kulik, C.-L. 136 Kulik, J.A. 136 Kultusminister des Landes NRW 178 Kunter, M. 140 Kummer, R. 102 Lampert, C. 164 Landesinstitut für Schule und Weiterbildung 191, 218 Lasswell, H.D. 155f. Lazarsfeld, P. 155 Learn Troop 231 Lei, J. 136 Leutner, D. 139f. Leven, I. 60, 62 Levine, C. 73 Lewers, M. 300 Liebermann, M. 74 Lindgren, R. 139

Liu, T.-C. 136 LKM [Länderkonferenz MedienBildung] 186, 188 Lobe, A. 329 Lorenz, R. 144 LPR Hessen 54 Maaz, K. 62 Magner, U. 139 Maletzke, G. 156 Mandl, H. 105f. Mansfeld, T. 92 Marotzki, W. 80, 190f., 200 Martin, A. 143 Maslow, A.H. 56f., 63, 301 Masterman, L. 161, 169, 174 Maturana, H. 105 Mayer-Schönberger, V. 22 Mayer, R.E. 104, 137f. Media Education Lab 264 Media Perspektiven 20, 22, 170 Meister, D.M. 185 Merrill, M.D. 105 Messner, R. 823 Meyer, P. 166, 188 Mietzel, G. 99, 102 Miller, A. 70, 74 Mishra, P. 361 Missal, D. 94 Möller, J. 139 Mohr, J. 77 Moser, H. 169, 186 mpfs [Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest] 17, 24, 221, 229, 240, 246, 254, 261 MSWWF NRW [Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen] 364 Müller v. Blumencron, M. 77 Müller-Kalthof, T. 139 Müller, C. 96 Müller, I. 252 Münzer, S. 139 Müsgens, M. 247 Muuß-Meerholz, J. 126f. Negt, O. 157 Neumann, H. 298 Neumann, K. 159, 175 Neumann, M. 62 Newman, S.E. 106 Niesyto, H. 77, 171, 174, 190, 200 Nowak, W. 168

Autorenverzeichnis Ohlberg, M. 22 Oliver, M.B. 153 Ott, T. 118 Paivio, A. 103 Pabst, F. 61 Papp, S. 108 Pasuchin, I. 169 Paus-Hasebrink, I. 24, 42, 63 Payr, S. 100 Peters, J.M. 168 Petko, D. 48, 98 Pfeifer, T. 247 Piaget, J. 102 Pietraß, M. 75, 192 Prasse, D. 215, 240, 246, 293, 360 Prokop, D. 157 Puentedura, R.R. 96 Punie, Y. 143, 361 Pupeter, M. 61f. Quenzel, G.

60, 62

Rack, S. 247, 249 Ramge, T. 22 Rank, M. 143 Rapp, M. 118 Redecker, C. 143, 361 Reimer, M. 240 Reinmann, G. 105 Renckstorf, K. 154, 158 Renkl, A. 106 Rheinberg, F. 56 Reinshagen, H. 74 Rhodes, M. 92 Riconscente, M.M. 144f. Rogge, T. 300 Rolf, H.-G. 78 Röll, F.J. 176f. Romeike, R. 203, 232f. Rosenberg, J.M. 96 Roth, H. 181 Rummler, K. 100 RStV [Rundfunkstaatsvertrag] Ryan, R. 59

310

Salomon, G. 139 Sander, U. 153, 159, 185 Sang, G. 144 Sauer, F. 247, 249 Saxer, U. 182 Schaper, N. 141 Schaumburg, H. 136, 215, 240, 246, 293, 360

Schelhowe, H. 19, 82, 195 Schell, F. 104, 147 Schelsky, H.W.F. 190 Schenk, M. 153, 155 Schiefner-Rohs, M. 145 Schill, W. 215, 345 Schiller, K. 265 Schläli, A. 74 Schlömerkemper, J. 42 Schmid, R.F. 136 Schmidt, S. 93 Schneekloth, U. 61f. Schneider, B. 63 Schön, S. 129, 252, 277 Schorb, B. 176, 184, 193, 200 Schramm, W. 136, 156 Schrettl, L. 329 Schroder, H.M. 68 Schüler, A. 140 Schulmeister, R. 137 Schulz, W. 82 Schütte, F. 92 Schütze, M. 139 Schwarz, R. 173 Science Media Center Germany 265 Seel, N.M. 102, 139 Seifge-Krenke, I. 59 Senkbeil, M. 142 Sesink, W. 81f., 190 Seufert, T. 139 Sieben, G. 233 Share, J. 161, 174 Skinner, B.F. 99 Snow, R. 139 Spang, A. 93 Spanhel, D. 192f. Spiro, R.J. 106 Stanley, J.C. 135 Streufert, S. 67, 92 Streufert, S. 67 Strittmatter, P. 102, 139 Stritzky, R. v. 179 Sturm, H. 158 Suedfeld, P. 69 Suhre, C. 137 Sulewski, H. 364 Sung, Y.-T. 136 Svanaes, S. 147 Süss, D. 164 Suppes, P. 136 Sweller, J. 139

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398

|

Verzeichnisse

Teichert, W. 158 Tennyson R.D. 102 Tetlock, P. 69 heunert, H. 185, 294 homson, E.P. 160 Tiede, J. 143, 229, 231 Tjarks, O. 261 Todt, E. 56, 59 Tulodziecki, G. 33f., 46f., 53, 60, 66, 70f., 76, 80, 82, 86, 92, 95, 100, 102, 107, 116f., 137, 143, 145, 147f., 150, 164, 167, 176f., 186, 193, 196, 206, 208, 281, 288f., 293f., 296, 300f., 361f. Turiel, E. 327f. U.S.

Department of Education 136

Varela, F. 105 Varis, T. 184 Vester, F. 111, 113, 227, 236 Vogel, M. 139 Vollbrecht, R. 159 Volmer, G. 43 Voogt, J. 144 Vorderer, P. 23, 25f., 205, 291, 302 Wachs, S. 118 Wacker, K. 119 Wagner, U. 20 Wagner, W.-R. 34, 200 Walther-Mappes, M. 261 Wasem, E. 190

Wegener, C. 158 Weidenmann, B. 35, 103, 139f. Weidner, L. 252 Weigand, V. 167 Weiler, U. 177 Weinert, F.E. 185 Wells, S. 136 Wiki Software 250 Wikipedia 329, 334 Wilkens, U. 179 Willermark, S. 144 Williams, R. 160 Wijnen, C.W. 164 Wimmer, J. 102 Winkel, R. 82 Winterhof-Spurk, P. 293 Wohl, R.R. 158 Wolf, K.D. 100, 130, 252 World Vision Deutschland 60 Wright-Maley, C. 231 Xiao, Z. Yan, B.

136 136

Zhao, Y. 136 Zierer, K. 137 Zielinski, W. 94 Zimbardo, P.G. 59 Zorn, I. 195 Zutavern, M. 71, 74

Darstellungsverzeichnis

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Darstellungsverzeichnis Darst. 1.1: Darst. 1.2: Darst. 2.1: Darst. 3.1: Darst. 3.2: Darst. 3.3: Darst. 3.4: Darst. 3.5: Darst. 3.6: Darst. 3.7: Darst. 3.8: Darst. 3.9: Darst. 3.10: Darst. 3.11: Darst. 4.1: Darst. 4.2: Darst. 4.3: Darst. 4.4: Darst. 7.1: Darst. 7.2: Darst. 7.3: Darst. 8.1: Darst. 8.2: Darst. 8.3: Darst. 8.4: Darst. 8.5: Darst. 8.6: Darst. 8.7: Darst. 8.8: Darst. 8.9:

Mögliche Darstellungsformen bei der Verbindung von Codierungsart und auditiver sowie visueller Sinnesmodalität ........................................................... 36 Medienpädagogik als Wissenschaft und Lehre und ihre Zusammenhänge mit medienpädagogischer Praxis und mit Bezugsdisziplinen .........................................49 Modellvorstellung zum Handeln .............................................................................. 53 Medienunterstützte Lehr-Lern-Szenarien ................................................................. 94 Übersicht über lerntheoretische Ansätze ................................................................... 99 Maschinelles Lernen – Beispiel eines künstlichen neuronalen Netzes ...................... 109 Simulation der Rückwirkungen getrofener Entscheidungen .................................. 112 Medienproil für eine Medienentscheidung ............................................................ 129 Untersuchungsdesign zu einer Medienvergleichsuntersuchung ............................... 134 Konstrukt computer- und informationsbezogener Kompetenzen ............................ 142 Kompetenzstufen und empirische Verteilung ......................................................... 142 Selbsteinschätzung des Könnens und Wissens zum Einsatz digitaler Medien in bestimmten Lehr-Lern-Situationen .................................................................... 144 Evaluationsergebnisse zum iPad-Einsatz im Mathematikunterricht.......................... 146 Untersuchungsdesign zum Einsatz von Computersimulationen .............................. 149 Übersicht über medienpädagogisch relevante Ansätze aus Medientheorie und Medienforschung .................................................................... 154 Paderborner Kompetenz-Standard-Modell, ausgeführt an Beispielen für den ersten Kompetenzaspekt und das Niveau zum Ende der Sekundarstufe I ................ 187 Kompetenzrahmen für die schulische Allgemeinbildung in der „digitalen Welt“ gemäß KMK ................................................................................ 189 Konzeptioneller Rahmen für die Medienbildung . ................................................... 208 Niveaus intellektueller Entwicklung und ihre Merkmale ........................................ 319 Beispiel-Argumente zum Whistleblower-Dilemma ................................................. 330 Beispiel-Argumente zum Zeitungs-Dilemma .......................................................... 332 Koordinierungsrahmen für die Medienbildung in der Grundschule .........................340 Koordinierungsrahmen für die Medienbildung im Sekundarbereich I .................... 341 Kompetenzerwartungen zum Ende der 4. Jahrgangsstufe der Grundschule .................................................................................................... 346 Kompetenzerwartungen in nutzungsbezogenen Aufgabenfeldern zum Ende der Sekundarstufe I ................................................................................ 347 Kompetenzerwartungen in inhaltsbezogenen Aufgabenfeldern zum Ende der Sekundarstufe I ................................................................................ 348 Koordinierungsrahmen für die Medienbildung in der Grundschule mit möglichen Akzentsetzungen in den Jahrgangsstufen 1/2 und 3/4 .........................350 Koordinierungsrahmen für die Medienbildung im Sekundarbereich I mit möglichen Akzentsetzungen in den Jahrgangsstufen 5/6 bis 9/10 ..................... 351 Kurzbeschreibung für durchgeführte oder geplante Aktivitäten zur Medienbildung ....................................................................................................... 352 Aufgabenfelder und Kompetenzerwartungen für medienpädagogische Veranstaltungen in der Lehreraus- und Lehrerfortbildung ...................................... 363

Erziehungswissenschaft Schulpädagogik | Allgemeine Didaktik Die Medienlandschaft bietet mit ihren digitalen Grundlagen vielfältige Möglichkeiten der Information und des Lernens, der Analyse und der Simulation, der Unterhaltung und des Spiels, des Austausches und der Kooperation, der Inanspruchnahme von Dienstleistungen sowie der Steuerung und Kontrolle. Dies führt sowohl zu neuen Chancen als auch Risiken. Die Schule steht vor der Herausforderung, alle Aufwachsenden zu einem sachgerechten, selbstbestimmten, kreativen und sozial verantwortlichen Handeln in einer von Mediatisierung und Digitalisierung gekennzeichneten Welt zu befähigen. Das Buch zeigt, wie eine handlungs-, entwicklungsund kompetenzorientierte Medienbildung gestaltet werden kann, und richtet sich an alle, die pädagogisch tätig sind oder werden wollen. Es eignet sich insbesondere für die Lehreraus- und Lehrerfortbildung und ermöglicht eine anwendungsbezogene Auseinandersetzung mit praxis- und theorierelevanten Fällen.

Dies ist ein utb-Band aus dem Verlag Klinkhardt. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehrbücher und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen.

ISBN 978-3-8252-5029-4

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