Max Weber-Gesamtausgabe, Band I/18: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus / Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus: Schriften 1904–1920 3161532694, 9783161532696

In diesem Band der Max Weber-Gesamtausgabe werden die von Max Weber fur seine Gesammelten Aufsatze zur Religionssoziolog

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Max Weber-Gesamtausgabe, Band I/18: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus / Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus: Schriften 1904–1920
 3161532694, 9783161532696

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
Einleitung
Editorischer Bericht
Vorbemerkung
I. Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus
I. Das Problem
1. Konfession und soziale Schichtung
2. Der „Geist“ des Kapitalismus
3. Luthers Berufskonzeption. Aufgabe der Untersuchung
II. Die Berufsethik des asketischen Protestantismus
1. Die religiösen Grundlagen der innerweltlichen Askese
2. Askese und kapitalistischer Geist
II. Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus
Verzeichnisse und Register
Personenverzeichnis
Glossar
Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur
Bibelstellenregister
Personenregister
Sachregister
Seitenkonkordanzen
Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe, Abteilung I: Schriften und Reden
Bandfolge der Abteilung II: Briefe
Bandfolge der Abteilung III: Vorlesungen und Vorlesungsnachschriften

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Max Weber Gesamtausgabe Im Auftrag der Kommission für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Herausgegeben von

Horst Baier, Gangolf Hübinger, M. Rainer Lepsius †, Wolfgang J. Mommsen †, Wolfgang Schluchter, Johannes Winckelmann † Abteilung I: Schriften und Reden

Band 18

J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen

Max Weber Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus / Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus Schriften 1904 –1920

Herausgegeben von

Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit

Ursula Bube

J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen

Redaktion: Ursula Bube – Edith Hanke – Anne Munding Die Herausgeberarbeiten wurden im Rahmen des Akademieprogramms von der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Bayern, von der Berthold Leibinger Stiftung sowie von Georg Siebeck gefördert.

ISBN 978-3-16-153269-6 Leinen / eISBN 978-3-16-157760-4 unveränderte ebook-Ausgabe 2019 ISBN 978-3-16-153271-9 Hldr Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Überset-zungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen gesetzt und auf alterungs beständiges Werkdruckpapier gedruckt. Den Einband besorgte die Großbuchbinderei Josef Spinner in Ottersweier.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Siglen, Zeichen, Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Anhang zum Editorischen Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 I. Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus . . . 123 I. Das Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konfession und soziale Schichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der „Geist“ des Kapitalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Luthers Berufskonzeption. Aufgabe der Untersuchung . . . . . . . II. Die Berufsethik des asketischen Protestantismus . . . . . . . . . . . . . . 1. Die religiösen Grundlagen der innerweltlichen Askese . . . . . . . 2. Askese und kapitalistischer Geist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

123 123 148 209 257 257 411

II. Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus 493 Verzeichnisse und Register Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598 Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur . . . . . . . . . . . 623 Bibelstellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 659 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662

VI

Inhaltsverzeichnis

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675 Seitenkonkordanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 747 Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe, Abteilung I: Schriften und Reden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 753 Bandfolge der Abteilung II: Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 762 Bandfolge der Abteilung III: Vorlesungen und Vorlesungsnachschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 763

Vorwort

Im Oktober 1919 ließ Max Weber die Öffentlichkeit wissen, er plane eine Sammlung seiner religionssoziologischen Aufsätze, die über einen Zeitraum von 15 Jahren im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik erschienen waren und die er um weitere, noch zu schreibende Aufsätze ergänzen wolle. Dafür habe er vier Bände vorgesehen, zwei davon seien bereits im Druck. Den ersten dieser vier Bände konnte er vor seinem Tode tatsächlich noch konzipieren, korrigieren und autorisieren. Er umfaßt, neben einer „Vorbemerkung“ für die gesamte Sammlung, die überarbeitete Studie über die protestantische Ethik und die über die protestantischen Sekten sowie die Studie „Konfuzianismus und Taoismus“, diese letzte umrahmt von einer „Einleitung“ und einer „Zwischenbetrachtung“. Mit der „Zwischenbetrachtung“ bereitete Weber Band II, „Hinduismus und Buddhismus“, und weitere Texte vor. Band I erschien im Oktober 1920, also wenige Monate nach Webers Tod. Der Teil von Band I, der unter der Überschrift „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ steht, ist unter dem Titel „Konfuzianismus und Taoismus“ als Band I/19 der Max Weber-Gesamtausgabe bereits vor längerer Zeit erschienen. Mit dem hier vorgelegten Band folgt nun der noch fehlende Teil mit den Studien über den asketischen Protestantismus einschließlich der „Vorbemerkung“. Damit liegt Band I der Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie im Rahmen der Max Weber-Gesamtausgabe vollständig vor. Eine Besonderheit der Bände I/18 und I/19 der Max Weber-Gesamtausgabe besteht darin, daß sie, mit Ausnahme der „Vorbemerkung“ und des Sektenaufsatzes, zuvor publizierte Texte enthalten, die Max Weber für seine Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie überarbeitete. Die Veränderungen, die er dabei vornahm, werden im textkritischen Apparat sichtbar gemacht. Im Fall der berühmten Aufsatzfolge „Die protestantische Ethik und der ‚Geist‘ des Kapitalismus“ kommt hinzu, daß wir die handschriftlichen Korrekturen und Erweiterungen besitzen, die Weber in seine Fassung erster Hand (von 1904 und 1905, ediert in Band I/9 der Max Weber-Gesamtausgabe) eintrug. Zudem gibt es auch hier (wie in Band I/19) Fahnen, so daß Änderungen während der Drucklegung nachweisbar sind. Wir haben uns bemüht, die Textgenese für den Leser möglichst transparent zu machen. Mein Dank gilt Ursula Bube, welche die in diesem Fall äußerst diffizile textkritische Arbeit mit großem Geschick bewältigte. Mein Dank gilt ferner Sabine Mommsen, die uns die im Nachlaß ihres Mannes Wolfgang J. Mommsen überlieferte erste Fassung, die Webers handschriftliche Korrekturen und Erweiterungen enthält, und Korrekturfahnen (auch von der „Vorbemerkung“

VIII

Vorwort

und des „Sektenaufsatzes“) großzügig überließ. Mein Dank gilt aber auch Georg Siebeck und der Berthold Leibinger Stiftung, die durch ihre finanzielle Unterstützung die Edition auch dieses Bandes, wie schon die von Band I/9 der Max Weber-Gesamtausgabe, ermöglichten. Der Band I/18 steht in engstem Zusammenhang mit dem Band I/9 der Max Weber-Gesamtausgabe, in dem die Fassung erster Hand von „Die protestantische Ethik und der ‚Geist‘ des Kapitalismus“ ediert ist. Dort sind die Texte auch ausführlich kommentiert. Soweit die Fassung letzter Hand mit der Fassung erster Hand übereinstimmt, werden die Kommentare von dort übernommen, wo Änderungen vorliegen, gibt es neue Kommentare. Mein Dank gilt auch hier Ursula Bube, die, wie schon im Band I/9, tief in die von Weber benutzten Quellen eindrang. Beim Sektenaufsatz wird auf eine vergleichende Darstellung mit Max Webers Aufsatz „,Kirchen‘ und ‚Sekten‘ in Nordamerika“ von 1906 verzichtet. Der Text von 1920 weicht von dem früheren nach Umfang wie Inhalt so sehr ab, daß von zwei verschiedenen Texten gesprochen werden muß. Bei der technischen Herstellung dieses Bandes waren wieder mehrere Institutionen und Personen hilfreich, denen an dieser Stelle gedankt sei. Die Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz stellte die Korrespondenzen aus dem Verlagsarchiv Mohr Siebeck zur Verfügung, die Bayerische Staatsbibliothek München die sich in ihrem Deponat befindende Korrespondenz Max Webers mit dem Verlag. Diemut Moosmann transkribierte Webers handschriftliche Korrekturen und Erweiterungen der ersten Fassung sowie der Korrekturfahnen; Thomas Gipfel half bei den Recherchen und besorgte das Personenregister; Thomas Gipfel und Franziska Kaiser lasen bei den Weber-Texten Korrektur; Antonie Magen, Bayerische Staatsbibliothek München beriet uns bei der Frage, inwieweit man die von Weber benutzten verschiedenen Federn und Tinten für Datierungen auswerten könnte. Michael Matthiesen stellte Materialien bereit. Zu danken ist auch Brigitte Schluchter und Gangolf Hübinger für die kritische und konstruktive Begleitung des Bandes sowie Edith Hanke für ihre redaktionelle Unterstützung. Heidelberg, im April 2016

Wolfgang Schluchter

Siglen, Zeichen, Abkürzungen

| Seitenwechsel / Virgel; Zeilenwechsel [  ] Im edierten Text: Hinzufügung des Editors [?], [??] Ein Wort bzw. zwei oder mehrere Wörter in der Handschrift Max Webers nicht lesbar * Unsichere Lesung in der Handschrift Max Webers |: :| Einschub Max Webers 〈 〉 Streichung Max Webers > Ersetzung Max Webers 1), 2), 3) Indices Max Webers (= Anmerkungen der Textvorlage) 1, 2, 3 Indices bei Anmerkungen des Editors A, A1, B, B1, C Siglen für die Textfassungen BR, BR1, BS Siglen für die Texterfassung (Revisionsfahnen, handschriftliche Korrektur der Revision, Superrevisionsfahnen) A 1, A 2, A 3 Seitenzählung der Textvorlage a, b, c Indices für textkritische Anmerkungen a ... a, b ... b Beginn und Ende von Varianten oder Texteingriffen  Blockade in der Revisions-/Superrevisionsfahne & und &c. et cetera § Paragraph % Prozent $ US-Dollar £ Pfund Sterling † gestorben → siehe A. Anmerkung a.a.O. am angeführten Ort, am Ort Abb. Abbildung Abh. Abhandlung Abs. Absatz Abt., Abth. Abteilung ActaSS Acta sanctorum, hg. von Johannes Bolland u. a. – Antwerpen: Meursius 1643 ff. A. D. Anno Domini Adj. Adjektiv a. d. S., a. S. an der Saale AfSSp Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik ahd. althochdeutsch a. M. am Main Anm. Anmerkung Answ. answer a. o. außerordentlich Apg Apostelgeschichte

X

Siglen, Zeichen, Abkürzungen

Apk, Apoc. Apokalypse/Offenbarung des Johannes Archiv f. S.w. Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik Art. Artikel AT, A.T. Altes Testament Aufl. Auflage Aug. August Ausg. Ausgabe B.A. Baccalaureus artium BAdW Bayerische Akademie der Wissenschaften bayer. bayerisch BBKL Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, begr. von Friedrich Wilhelm Bautz, fortgeführt von Traugott Bautz, 14 Bände und zahlreiche Nachtragsbände. – Hamm u. a.: Traugott Bautz 1975 ff. B.C. Before Christ Bd., Bde. Band, Bände bearb., Bearb. bearbeitet, Bearbeiter, Bearbeitung begr. begründet bes. besonders bibl. biblisch Bl. Blatt BSB Bayerische Staatsbibliothek bzw. beziehungsweise c. capitulum ca. circa Calvin, Inst. Calvin, Institutio Christianae Religionis (1559) Calvin, Inst. (Übersetzung Calvin, Johannes, Unterricht in der christlichen Religion. Insti  von Otto Weber) tutio Christianae Religionis. Nach der letzten Ausgabe von 1559 übers. und bearb. von Otto Weber, im Auftrag des Reformierten Bundes bearb. und neu hg. von Matthias Freudenberg, 2. Aufl. – Neukirchen-Vluyn: foedus-verlag und Neukirchener Verlag 2009 cap. capitulum ch., chap., Chap. chapter Chr., Chron Chronik(buch) christl. christlich cf. confer Co. Company Conf. Helv. Confessio Helvetica Cor. Corinther(brief) CR Corpus reformatorum, begr. von Karl Gottlieb Bretschneider. – Halle a. d. S. [u. a.]: C. A. Schwetschke und Sohn [u. a.] 1834 ff. Cts Cents Cy Company D. Doktor d. Ä. der Ältere das. daselbst dass. dasselbe DD, D.D. Doctor Divinitatis (auch: Doctor of Divinity)

Siglen, Zeichen, Abkürzungen

XI

DDP Deutsche Demokratische Partei ders., dems., dens. derselbe, demselben, denselben Dez. Dezember dgl. dergleichen d. Gr. der/die Große DGS Deutsche Gesellschaft für Soziologie DH Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, hg. von Heinrich Denzinger, verbessert, erweitert, ins Deutsche übertragen [...] von Peter Hünermann, 43. Aufl. – Freiburg i. Br. u. a.: Herder 2010 d. h. das heißt d. i. das ist Dir. Direction Diss. Dissertation dist., Distinct. distinctio DNVP Deutschnationale Volkspartei Dr. Doktor Dr. iur./jur. doctor iuris Dr. med. doctor medicinae Dr. oec. publ. doctor oeconomiae publicae Dr. phil. doctor philosophiae Dr. rer. pol. doctor rerum politicarum Dr. theol. doctor theologiae dt. deutsch Dtn Deuteronomium (= 5. Buch Mose) durchgearb. durchgearbeitet durchges. durchgesehen DVP Deutsche Volkspartei ebd. ebenda ed., Ed., Éd., eds. editio, edition, edited, Editor, Éditeur, editors eigentl. eigentlich engl. englisch eod. eodem Eph, Eph. Epheser(brief) Est, Esth. Esther(buch) et al. et alii etc. et cetera Etym. Etymologie ev., evtl. eventuell Ex, Ex. Exodus (= 2. Buch Mose) f. für f. folio f., ff. folgend, fortfolgend FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung Febr. Februar Fn. Fußnote fol., Fol. folio fortges. fortgesetzt Frhr. Freiherr frz. französisch FZ Frankfurter Zeitung

XII

Siglen, Zeichen, Abkürzungen

GARS I

Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Band I. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1920 (MWG I/18 und MWG I/19) GARS II dass., Band II. Hinduismus und Buddhismus, ebd., 1921 (MWG I/20) GARS III dass., Band III. Das antike Judentum, ebd., 1921 (MWG I/21) GdS, G.d.S.Ö. Grundriß der Sozialökonomik gedr. gedruckt gegr. gegründet Geh. Geheim Geleitwort [Jaffé, Edgar, Sombart, Werner und Weber, Max,] Geleitwort, in: AfSSp, 19. Band, 1. Heft, 1904, S. I*–VII* (MWG I/7) Gen, Gen. Genesis (= 1. Buch Mose) Gesenius, Gesenius, Wilhelm, Hebräisches und aramäisches Hand Handwörterbuch16 wörterbuch über das Alte Testament, in Verbindung mit H. Zimmern, W. Max Müller und O. Weber bearb. von Frants Buhl, 16. Aufl. – Leipzig: F. C. W. Vogel 1915 gest. gestorben griech. griechisch GStA PK Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz h. heilig HA Hauptabteilung HD Heidelberg hebr. hebräisch Hebr, Hebr. Hebräer(brief) Hes Hesekiel hg., Hg., herausg., herausgegeben, Herausgeber  herausgeg. hist., histor. historisch hl. heilig i. B., i. Br. im Breisgau i. e. id est i. J. im Jahre inkl. inklusive insbes. insbesondere insges. insgesamt Inst. Calvin, Inst. italien. italienisch Jak Jakobus(brief) Jan. Januar Jer, Jer. Jeremia(buch) Jes, Jes. Jesaja(buch) Jg. Jahrgang Joh, Joh. Johannes(evangelium); Johannes(brief) jun. junior k., K. königlich K. Karton Kap. Kapitel

Siglen, Zeichen, Abkürzungen

XIII

K. B. Königlich[-]Bayerische KGA → Troeltsch KGA kgl., Kgl., Königl. königlich Kön Könige(buch) Kor. Korinther(brief) krit. kritisch lat. lateinisch l.c. loco citato Lev Leviticus (= 3. Buch Mose) Lfg. Lieferung Lic. theol. licentiatus theologiae Lk, Luk. Lukas(evangelium) lt. laut LXX Septuaginta M, M. Mark MA Massachusetts M.A. Magister artium marg., marginal. marginal(is) Matth. Matthäus(evangelium) m. a. W. mit anderen Worten MdprAH Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses MdR Mitglied des Reichstags m. E. meines Erachtens mhd. mittelhochdeutsch Mio. Million(en) Mk Markus(evangelium) Mk, Mk. Mark mlat. mittellateinisch MO Missouri Mo. Bl. Morgenblatt Mr. Mister Ms., Mscr. Manuskript(e) Mt Matthäus(evangelium) m. W. meines Wissens MWG Max Weber-Gesamtausgabe; vgl. die Übersicht zu den Einzelbänden, unten, S.  753–763 Nachdr. Nachdruck Nachf. Nachfolger Nb, N.B. Nota bene NC North Carolina n. Chr. nach Christus NDB Neue Deutsche Biographie, hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. – Berlin: Duncker & Humblot 1953 ff. Neh, Neh. Nehemia(buch) Neubearb. Neubearbeitung Neudr. Neudruck NF, N.F. Neue Folge ndl. niederländisch

XIV

Siglen, Zeichen, Abkürzungen

Nl. Nachlaß No. numero Nov. November Nr. Nummer NS Nationalsozialismus NT, N.T. Neues Testament o. ordentlich o. ä. oder ähnliche o. J. ohne Jahr Okt. Oktober o. O. ohne Ort Opp. opera Orig. Original O.S.B. Ordo Sancti Benedicti o. V. ohne Verlag p. pagina, page Pa., PA Pennsylvania par. parallel Passow, Handwörterbuch5 Handwörterbuch der griechischen Sprache, begründet von Franz Passow, neu bearb. und zeitgemäß umgestaltet von Val[entin] Chr[istian] Fr[iedrich] Rost, Friedr[ich] Palm, Otto Kreussler u. a., Band 1,2 und 2,1, 5. Aufl. – Leipzig: Vogel 1847 und 1852 Petr, Petr. Petrus(brief) Pf., Pfg. Pfennig(e) philol. philologisch philos. philosophisch PK Preußischer Kulturbesitz Pl. Plural PL Patrologia cursu completus, Series Latina (Patrologia Latina), accurante Jacques Paul Migne, 217 vol. – Paris [u. a.]: Migne [u. a.] 1841–1855 pp. paginae, pages pp., p.p. pergite Prof. Professor prot. protestantisch Prov. Proverbien (= Sprüche Salomos) Proz. Prozent Ps, Ps. Psalm(en) Ps.- Pseudoq. questio r RE3

recto Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, 24 Bände, 3. Aufl. – Leipzig: J. C. Hinrichs 1896–1913 reg. regierte Reg. Regum (= Könige(buch)) resp. respektive rev. revidiert

Siglen, Zeichen, Abkürzungen

XV

Rev. Reverend Rez. Rezension RGG Die Religion in Geschichte und Gegenwart, hg. von Friedrich Michael Schiele und Leopold Zscharnack, 5 Bände, 1. Aufl. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1909–1913 RGG4 Religion in Geschichte und Gegenwart, hg. von Hans Dieter Betz, Don S. Browning, Bernd Janowski und Eberhard Jüngel, 8 Bände, 4., völlig neu bearb. Aufl. – Tübingen: Mohr Siebeck 1998–2005 RI Rhode Island röm. römisch Röm. Römer(brief) Roth, Familiengeschichte Roth, Guenther, Max Webers deutsch-englische Familiengeschichte 1800–1950 mit Briefen und Dokumenten. – Tübingen: Mohr Siebeck 2001 s. siehe s. sectio S. Sankt S. Seite(n) Sam, Sam. Samuel(buch) SBPK Staatsbibliothek Berlin Preußischer Kulturbesitz sc., scil. scilicet Scaff, Max Weber Scaff, Lawrence A., Max Weber in America. – Princeton:   in America Princeton University Press 2011 Schluchter, Entzauberung Schluchter, Wolfgang, Die Entzauberung der Welt. Sechs Studien zu Max Weber. – Tübingen: Mohr Siebeck 2009 sen. senior Sept. September Ser. Series Sgl. Singular Sir, Sir. Sirach(buch)/Jesus Sirach s.o. siehe oben sog. sogenannt Sp. Spalte span. spanisch SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands Spr, Spr. Sal. Sprüche (Salomos) SS. Sancti St, St., St. Sankt, Saint s. u. siehe unten s. v. sub voce s. Z. seiner Zeit t. tomus, tome TH Technische Hochschule Thess, Thess. Thessalonicher(brief) Tim, Tim. Timotheus(brief) tit., Tit. titulus TI. Transliteration

XVI TRE Troeltsch KGA – KGA 1 – KGA 2 – KGA 4 – KGA 7 – KGA 8 – KGA 9

Siglen, Zeichen, Abkürzungen Theologische Realenzyklopädie, hg. von Gerhard Krause und Gerhard Müller, 36 Bände. – Berlin, New York: Walter de Gruyter 1977–2004 Troeltsch, Ernst, Kritische Gesamtausgabe. – Berlin, New York: Walter de Gruyter 1995ff. – Band 1: Schriften zur Theologie und Religionsphilosophie (1888–1902), hg. von Christian Albrecht in Zusammenarbeit mit Björn Biester, Lars Emersleben und Dirk Schmid 2009 – Band 2: Rezensionen und Kritiken (1894–1900), hg. von Friedrich Wilhelm Graf in Zusammenarbeit mit Dina Brandt 2007 – Band 4: Rezensionen und Kritiken (1901–1914), hg. von Friedrich Wilhelm Graf in Zusammenarbeit mit Gabriele von Bassermann-Jordan 2004 – Band 7: Protestantisches Christentum und Kirche in der Neuzeit (1906/1909/1922), hg. von Volker Drehsen in Zusammenarbeit mit Christian Albrecht 2004 – Band 8: Schriften zur Bedeutung des Protestantismus für die moderne Welt (1906–1913), hg. von Trutz Rendtorff in Zusammenarbeit mit Stefan Pautler 2001 – Band 9: Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen (1912)

u. und u. a., u. A. und andere UB Universitätsbibliothek überarb. überarbeitet übers., Übers. übersetzt, Übersetzer, Übersetzung u. dgl. und dergleichen u. d. T. unter dem Titel u. ö. und öfter urspr. ursprünglich U.S., USA United States (of America) usw. und so weiter v. verso v. von v., V. verso, Vers v. a. vor allem; viele andere VA Verlagsarchiv v. Chr. vor Christus verb. verbessert Verf. Verfasser vergl. vergleiche verm. vermehrt vgl. vergleiche viz. videlicet vol., vols. volumen, volumina, volume(s) vollst. vollständig WA

D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe (Weimarer Ausgabe), 120 Bände. – Weimar: Böhlau 1883–2009

Siglen, Zeichen, Abkürzungen WA.Br WA.DB WA.TR Weber, Marianne,  Lebensbild[3]

XVII

– Briefwechsel, 1930 ff. – Deutsche Bibel, 1906 ff. – Tischreden, 1912 ff. Weber, Marianne, Max Weber. Ein Lebensbild, 1. Aufl. – Tübingen J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1926 (= 3. Aufl., ebd., 1984) Weber, Exzerpt Weber, Max, Exzerpt zu Robert Barclay, Apology (GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr. 31, Band 6, Bl. 28–42v) Weber, Kategorien Weber, Max, Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie, in: Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur, 4. Band, 3. Heft, 1913, S. 253–294 (MWG I/12) Weber, Notizen zur Weber, Max, Notizen zur Quäker-Literatur (GStA PK, VI. HA, Nl.   Quäker-Literatur Max Weber, Nr. 31, Band 6, Bl. 43–48v) Weber, Roscher Weber, Max, Roscher und Knies und die logischen Probleme   und Knies I–III der historischen Nationalökonomie [Erster Artikel], in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, 27. Band, 4. Heft, 1903, S. 1–41; [Zweiter Artikel] II. Knies und das Irrationalitätsproblem [2 Folgen], in: ebd., 29. Band, 4. Heft, 1905, S. 89–150; (Fortsetzung.), in: ebd., 30. Band, 1. Heft, 1906, S. 81–120 (MWG I/7) WEWR Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen (= Weber, Einleitung; Konfuzianismus; Zwischenbemerkung; Hinduismus; Antikes Judentum; MWG I/19-21) wiss. wissenschaftlich wörtl. wörtlich WuG Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft (Grundriß der Sozialökonomik, Abt. III), 1. Aufl. – J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1922 (MWG I/22-1 bis 6 und I/23) Z. Zeile z.B. zum Beispiel zit., Zit. zitiert, Zitat z.St. zur Stelle z.T. zum Teil zw. zwischen z.Z. zur Zeit

Einleitung

1. Vom asketischen Protestantismus zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen, S.  1; 2. Von der einseitigen zur zweiseitigen Kausalanalyse, S.  10; 3. Die Kritik von Werner Sombart und Lujo Brentano an Max Webers ursprünglicher Protestantismusstudie, S.  23; 4. Die erweiterte Fassung der Protestantismusstudie, S.  35; 5. Der neue Sektenaufsatz, S.  4 4; 6. Die Komposition von Band I der Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie, S.  4 8; 7. Die „Vorbemerkung“, S.  5 4; 8. Rückblick: Das fehlende Buch, S.  57.

1.  Vom asketischen Protestantismus zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen Mit dem „Antikritischen Schlußwort“ vom September 1910 erklärte Max Weber seine Auseinandersetzung mit den Kritikern seiner Aufsatzfolge „Die protestantische Ethik und der ‚Geist‘ des Kapitalismus“ aus den Jahren 1904 und 1905 für beendet.1 Dies änderte freilich nichts an seiner mehrfach bekundeten Absicht, diese Aufsatzfolge zu überarbeiten, fortzusetzen und als ein Buch separat zu veröffentlichen. Jedenfalls war dies der Stand der Dinge, wie er sich noch Ende 1910 darstellt.2 Doch Weber verfolgte diesen Plan in den folgenden Jahren offensichtlich zunächst nicht weiter. Vielmehr wandte er sich anderen religionssoziologischen Projekten zu. Das wichtigste andere Projekt, das 1910 Gestalt gewann und Ende 1911/ Anfang 1912 veröffentlicht werden sollte, war allerdings zunächst sein Beitrag „Wirtschaft und Gesellschaft“ zu dem von ihm betreuten Handbuch der politischen Ökonomie, das als eine Neukonzeption des ursprünglich von Gustav von Schönberg herausgegebenen Handbuchs gleichen Namens gedacht war.3 Darin hatte Weber immerhin auch einen eigenen Abschnitt über Kultur, vermutlich unter Einschluß der Religion, vorgesehen. Nach einem Abschnitt Recht und Wirtschaft, in dem die Überwindung des Ansatzes von Rudolf Stammler im Mittelpunkt stehen sollte,4 und einem über Wirtschaft und soziale 1  Weber, Antikritisches Schlußwort, MWG I/9, S.  6 65–740, bes. S.  708 ff. Die beiden Aufsätze von 1904/05 Weber, Protestantische Ethik I und II, ebd., S.  97–214 und 222– 425. 2  Schluchter, Einleitung, in: MWG I/9, S.  1–89, bes. S.  6 6 f. und 86–88. 3  Die Entstehungsgeschichte dieses Sammelwerks und von Max Webers Hauptbeitrag dazu ist ausführlich dargestellt von Wolfgang Schluchter in MWG I/24, S.  1–128. 4 Dazu die erste Fassung von Weber, Die Wirtschaft und die Ordnungen, MWG I/22-3, S.  175–248.

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Gruppen, der vermutlich auch dazu beabsichtigt war, Ferdinand Tönnies’ Unterscheidung zwischen ‚Gemeinschaft‘ und ‚Gesellschaft‘ soziologisch weiter zu entwickeln,5 sollte einer über Wirtschaft und Kultur folgen. Dieser führte den Zusatz: „Kritik des historischen Materialismus“, sah also eine Überwindung der Lehren von Karl Marx und Friedrich Engels vor. Daß dieser Zusatz in diesem Zusammenhang auftaucht, ist nicht überraschend. Denn er verweist auf eine Auffassung, die Weber schon vor seinem gesundheitlichen Zusammenbruch vertrat. Bereits in der Vorlesung über „Allgemeine (‚theoretische‘) Nationalökonomie“, die er erstmals 1894/95 und zuletzt 1898 hielt, heißt es, der Überbau, die Kultur, insbesondere die Religion, sei kein bloßer Reflex der ökonomischen ‚Basis‘. Denn zum einen produzierten dieselben ökonomischen Verhältnisse verschiedene ‚Reflexe‘, zum andern seien die Bedürfnisse des Menschen als Träger der Kultur nicht allein ökonomischer Natur. Die Kultur und damit auch die Religion prägten die „Gesamtauffassung“ des Menschen von der Welt und seine Stellung zu ihr. Auch folge „die Gestaltung der Empfindungs- und Gedanken-Welt des Menschen […] ihren eigenen Gesetzen“, sei also schon allein deshalb mehr als bloßer Reflex des Ökonomischen.6 Diese Argumentation durchzieht auch Webers spätere, methodisch reflektierte Äußerungen zu diesem Thema: im Objektivitätsaufsatz von 1904,7 in den Protestantismusstudien von 1904 und 1905 und in den Diskussionsbeiträgen zu Ernst Troeltschs Vortrag auf dem Ersten Deutschen 5  Dazu Webers Diskussionsbeiträge zu Ernst Troeltsch, Stoisch-christliches Naturrecht, auf dem Ersten Deutschen Soziologentag von 1910, MWG I/9, S.  741–764. Ferner der Briefwechsel zwischen Weber und Tönnies in den Jahren 1908 bis 1910 (MWG II/5 und II/6). Ähnlich wie mit Werner Sombart und Georg Simmel verband Weber auch mit Ferdinand Tönnies trotz sachlicher Differenzen eine freundschaftliche Gesinnung. Ausgelöst durch den Artikel Weber, Die Lehrfreiheit der Universitäten, MWG I/13, S.  125–138, von Januar 1909 tauschte er sich mit ihm unter anderem über den Zusammenhang von Werturteilsfreiheit und Wertorientierung aus. Die empirischen Wissenschaften, so Weber, könnten keine Werturteile begründen, die Philosophie könne bei ethischer Wertorientierung nur formale Gesinnungskritik im Sinn von Kants kategorischem Imperativ üben. Doch materiale Gesinnungskritik sei auch ihr verwehrt. Dazu Brief Max Webers an Ferdinand Tönnies vom 19. Februar 1909, MWG II/6, S.  6 4. Vor allem sah Weber Ambivalenzen in Tönnies’ bekannter Unterscheidung zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft, Wesenwille und Kürwille (Willkür). Es sei nicht klar, ob Tönnies den Begriff „Wesen-Wille“ als Idealtypus oder als Wertbegriff verstanden wissen wolle. Weber hatte Tönnies’ Hauptwerk Gemeinschaft und Gesellschaft (ders., Gemeinschaft und Gesellschaft. Abhandlung des Communismus und des Socialismus als empirischer Culturformen. – Leipzig: Fues 1887) offensichtlich vor der Konzeption von „Wirtschaft und Gesellschaft“ durchgearbeitet. „Ihr erstes Werk ist schwer zu fassen. Ich hatte mich auch tüchtig zu plagen seinerzeit“, heißt es im Brief von Weber an Tönnies vom 1. Dezember 1910, MWG II/6, S.  703 f. 6  Weber, Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie, MWG III/1, S.  3 65 f. 7 Weber, Max, Die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: AfSSp, 19. Band, 1. Heft, 1904, S.  2 2–87 (MWG I/7).

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Soziologentag von 1910.8 Den historischen Materialismus weist er dabei freilich nicht einfach zurück. Er will ihn vielmehr überwinden, bei Anerkennung seines relativen Rechts für eine umfassende Analyse von Kulturerscheinungen. Weber nennt dies später auch eine „positive Kritik“. Für seine Vorlesung „Wirtschaft und Gesellschaft“ im Jahre 1918, die er während seines Probesemesters an der Universität Wien hielt und der er vermutlich seine vor dem Krieg entwickelte Herrschafts- und Religionssoziologie zugrunde legte, erweiterte er denn auch den Vorlesungstitel. Dieser trägt den Zusatz: „Positive Kritik der materialistischen Geschichtsauffassung“.9 Als Weber den „Stoffverteilungsplan“ für das Handbuch der politischen Ökonomie und die Disposition für seinen Beitrag „Wirtschaft und Gesellschaft“ dazu entwarf, ließ er es bei der oben genannten allgemeinen Charakterisierung des dritten Abschnitts – „Wirtschaft und Kultur (Kritik des historischen Materialismus)“ – bewenden.10 Im Jahre 1914, als man das Handbuch in Grundriß der Sozialökonomik umbenannt und Weber seinen Beitrag unter dem neuen Titel „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte“ in großen Teilen niedergeschrieben hatte, sah die Sache schon anders aus. Aus Kultur war Religion geworden und der Zusatz „Kritik des historischen Materialismus“ entfallen. Unter dem Titel „Religiöse Gemeinschaften“ mit den beiden Gesichtspunkten „Klassenbedingtheit der Religio­ nen“ und „Kulturreligionen und Wirtschaftsgesinnung“11 entwickelte er eine „Soziologie der Erlösungslehren und der religiösen Ethiken“,12 wobei das Christentum in seinen verschiedenen Verzweigungen nur noch eine Religion unter mehreren war.13 Die beiden genannten Gesichtspunkte aber deuten darauf hin, daß Weber hier, anders als in den Protestantismusstudien von 1904 und 1905, wo er dies nur in Aussicht gestellt hatte, den kulturellen mit dem ökonomischen Gesichtspunkt bei der Analyse von Religionen tatsächlich kombinierte. Der Aufbau des überlieferten Manuskripts bestätigt das.14

8  Dazu Schluchter, Einleitung, in: MWG I/9, S.  4 ff. 9 Siehe Chronologisches Verzeichnis der Vorlesungen Max Webers 1892–1920, MWG III/7, S.  123–125. 10  Siehe dazu Weber, Stoffverteilungsplan vom Mai 1910 (in: Dokument Nr.  2), MWG I/24, S.  145 f. 11  Weber, Grundriß der Sozialökonomik. Einteilung des Gesamtwerks (in: Dokument Nr.  4), ebd., S.  169. 12 So die Formulierung in dem Brief Webers an Paul Siebeck vom 30. Dezember 1913, MWG II/8, S.  4 49 f. 13  Dazu die Übersicht: Vergleich der Dispositionen von Webers Beitrag aus den Jahren 1910 bis 1914, MWG I/24, S.  75. 14  Dazu Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22-2, insbesondere „7. Stände, Klassen und Religion“, S.  218–290, sowie „10. Die Erlösungswege und ihr Einfluß auf die Lebensführung“, S.  3 05–367.

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Weber bezeichnet dieses Manuskript über die „Religiösen Gemeinschaften“ gegenüber Heinrich Rickert als seine „Religionssystematik“.15 Aber dies ist nicht der einzige Text über Religion, der nach 1910 und vor Ausbruch des Krieges aus seiner Feder entsteht. Er schreibt aber nicht, wie man nach der Vorgeschichte erwarten durfte, an der Fortsetzung der Protestantismusstudien. Denn die religionssoziologischen Arbeiten, die neben den „Religiösen Gemeinschaften“ in dieser Zeit niedergeschrieben werden, sind „Skizzen“ über die Wirtschaftsethik der Weltreligionen,16 welche die Religionssystematik, die „Religiösen Gemeinschaften“, ergänzen sollen. Als er Ende 1915 diese Skizzen im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik zu veröffentlichen beginnt, erläutert er den Entstehungs- und Verweisungszusammenhang der beiden Manuskriptmassen durch folgende Fußnote, die wegen ihrer Bedeutung für die Werkentwicklung hier vollständig zitiert sei: „Die nachstehenden Darlegungen erscheinen unverändert so wie sie vor zwei Jahren niedergeschrieben und Freunden vorgelesen waren. Einziehung zum Dienst machte es unmöglich, den wissenschaftlichen ‚Apparat‘, wie beabsichtigt, beizufügen; an seiner Stelle sind kurze Hinweise auf die Literatur bei Beginn jedes Abschnittes beigegeben. Ebenso war es unmöglich, mehr als die notdürftigsten stilistischen Glättungen vorzunehmen, überhaupt die Aufsätze nochmals durchzuarbeiten. Daher die verschieden eingehende Behandlung der einzelnen Gebiete. Wenn die Aufsätze trotzdem jetzt gedruckt werden, so liegt der Grund darin, daß es nach Ende des Krieges vollends unmöglich sein würde, dies alles nachzuholen. Denn dieser Einschnitt ist so stark, daß er es ausschließt oder doch unverhältnismäßig erschwert, Gedankenreihen aus der Zeit vorher wieder aufzunehmen. Andere seitdem übernommene Arbeiten werden dann dringlicher sein.“ Und dann über die Zweckbestimmung der Aufsatzserie: „Diese Aufsätze waren nebenbei auch bestimmt, gleichzeitig mit der im ‚Grundriß der Sozialökonomik‘ enthaltenen Abhandlung über ‚Wirtschaft und Gesellschaft‘ zu erscheinen, den religionssoziologischen Abschnitt zu interpretieren und zu ergänzen (allerdings auch in vielen Punkten durch ihn interpretiert zu werden). Dieser Aufgabe werden sie wohl auch in ihrem jetzigen Zustand dienen können, wenn auch in unvollkommenerer Weise. Was ihnen infolge ihres notgedrungen skizzenhaften Charakters und der ungleichmäßigen Ausführlichkeit der Darstellungen an Eigenwert abgeht, werden sicherlich künftig die Arbeiten anderer wesentlich besser bringen, als es mir 15  Nach dem 3. Juli 1913 schreibt Weber an Heinrich Rickert, der ihm seinen Artikel „Vom System der Werte“ (Logos, Band 4, Heft 3, 1913, S.  2 95–327) avisiert hatte: „Ich freue mich sehr auf Ihre Systematik, schicke Ihnen dann als Gegengabe das Mscr. meiner Religionssystematik.“ MWG II/8, S.  2 62. 16 „Religionssoziologische Skizzen“ lautete 1915 der ursprüngliche Untertitel der Aufsätze zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“. Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  83, textkritische Anm.  b.

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möglich gewesen wäre. Denn in irgend einem Sinn ein ‚Abschluß‘ zu sein, hätten auch in ihrer fertigen Form diese Abhandlungen nie beanspruchen dürfen, bei welchen der Verfasser auf übersetzte Quellen angewiesen ist. Auch in ihrer jetzigen Form können sie aber vielleicht zur Ergänzung der Problemstellungen der Religions- und hie und da wohl auch der Wirtschafts-Soziologie in einigen Punkten nützlich sein.“17 Weber hatte sich Ende 1912 noch äußerst skeptisch darüber geäußert, ob er überhaupt noch zu einer Weiterarbeit an den Studien über den asketischen Protestantismus in welcher Form auch immer komme. Die einschlägige Bemerkung hierfür findet sich in einem Brief an Hermann Graf Keyserling. Dieser ist auch deshalb interessant, weil Weber darin noch einmal in präziser Weise beschreibt, welche Absicht er mit seinen Protestantismus-Aufsätzen verbunden hatte. Anlaß dafür war ein Brief von Graf Keyserling, in dem sich dieser wohl sehr anerkennend über Webers Protestantismusstudien äußerte. Weber antwortet ihm am 12. Dezember 1912: „Sie schrieben mir sehr freundlich über Ihr Interesse für meine s. Z. unvollendet liegen gebliebenen Essays über den asketischen Protestantismus. Diese können vielleicht – wenn irgend ein Verdienst – dann das in Anspruch nehmen, die eine elementare Frage in den Mittelpunkt gerückt zu haben, von der jede Betrachtung der soziologischen Bedeutsamkeit einer Religiosität ausgehen sollte: nach den Unterpfändern der ‚certitudo salutis‘. Nicht was der ‚Inhalt ‘ einer ‚Offenbarung‘ irgend welcher Art ist, sondern 1) wodurch sie sich dem Einzelnen als etwas legitimiert, das ‚göttlich‘ (und nicht ‚satanisch‘) ist und 2) und vor Allem: an welchen Merkmalen er inne wird, daß er des Heils teilhaftig geworden ist, ist schließlich Das, was in einer ‚Erlösungsreligion‘ den Einzelnen angeht: je nachdem wie er diese Gewißheit erlangen kann und also welche Mittel ihm die betreffende Religion darbietet, ist je der ‚Apparat‘, den nun die Gemeinschaft der Gläubigen ins Leben ruft, ein grundverschiedener. Der positive, ‚gebietende‘ Inhalt der Offenbarung ist Dem gegenüber meist weit sekundärer in seiner praktischen Bedeutung. Vor Allem tritt die Frage: ‚wozu‘ Jemand durch eine Religion erlöst wird, auch zurück, gegenüber der negativen Seite der Sache: der Frage: ‚wovon‘ er erlöst sein möchte. Anscheinend überall von Einem und Demselben, – und doch geben hier kleine Nuancen, welche sehr oft rein sozialer Provenienz sind, den Ausschlag.“ Und dann folgt die einschränkende Bemerkung: „Dazu dies zu erörtern, bin ich nicht mehr gekommen und komme wohl auch nicht leicht mehr dazu.“18 17  Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  8 3 f. (Zitat nach der Archiv-Fassung von 1915). 18  Brief Webers an Keyserling vom 12. Dezember 1912, MWG II/7, S.  8 01 f. In der „Einleitung“ in die „Religionssoziologischen Skizzen“ zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen von 1915 heißt es dann: Nach dem Weltbild „richtete es sich: ‚wovon‘ und ‚wozu‘ man ‚erlöst‘ sein wollte.“ Diese Passage erweiterte Weber schließlich in der überarbeiteten Fassung der „Einleitung“ durch die vielzitierte Formulierung: „Interes-

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Interessanterweise steht nun aber genau dies im Zentrum der vergleichenden Skizzen zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen in ihrer ursprünglichen Fassung. Das deutet darauf hin, daß sie, stellt man diesen Brief von Ende 1912 in Rechnung, im Wesentlichen ein Produkt des Jahres 1913 sind. Dies gilt vermutlich auch für große Teile der Religionssystematik, in der Weber insbesondere in den Abschnitten 11 und 12 („Religiöse Ethik und ‚Welt‘“ bzw. „Die Kulturreligionen und die ‚Welt‘“) auf solche Fragen eingeht.19 Vielleicht war 1913 in Webers Schaffen tatsächlich das Jahr der Religion.20 Weber begann also 1915, in der letzten Phase seines Dienstes bei der Heidelberger Lazarettverwaltung, wo er seit Beginn des Ersten Weltkriegs tätig war, seine 1913 verfaßten Studien trotz ihres skizzenhaften Charakters zu veröffentlichen. Er gab, ohne groß zu ändern, „Einleitung“, „Konfuzianismus“ und „Zwischenbetrachtung“ in zwei Folgen in den Druck.21 Vor allem aber: Er beendete seine Skizze über den Konfuzianismus mit einem Vergleich zwischen diesem und dem Puritanismus.22 Damit stellte er einen Zusammenhang zwischen diesen Skizzen und seinen Protestantismusstudien her. Doch so interessant der Vergleich ist, als deren Fortsetzung kann er nicht gelten. Denn hier werden hauptsächlich zwei Typen von Rationalismus einander gegen­ übergestellt, der konfuzianische Rationalismus der Weltanpassung und der asketisch-protestantische Rationalismus der Weltbeherrschung. Es geht dabei um zwei grundverschiedene Auffassungen des ‚Gott‘-Mensch-WeltVerhältnisses (Harmonie versus radikaler Dualismus) und um die unterschiedlichen Erziehungswirkungen, die von deren Institutionalisierung und Internalisierung ausgehen (durch Bildung vermittelte Selbstvervollkommnung und Gentleman-Ideal versus durch Gehorsam gegenüber Gottes Geboten vermittelte Selbstdisziplinierung und ethische Persönlichkeit). Tatsächlich entscheidet sich Weber für die Veröffentlichung der Skizzen nicht zuletzt deshalb, weil er dem Separatdruck der Aufsatzfolge von 1904 und 1905 ausweichen möchte. Denn seine überraschende Offerte an Paul Siebeck geht auf dessen Drängen zurück, dies in Angriff zu nehmen. Nachdem Weber seinen großen sen (materielle und ideelle), nicht: Ideen, beherrschen unmittelbar das Handeln der Menschen. Aber: die ‚Weltbilder‘, welche durch ‚Ideen‘ geschaffen wurden, haben sehr oft als Weichensteller die Bahnen bestimmt, in denen die Dynamik der Interessen das Handeln fortbewegte. Nach dem Weltbild richtete es sich ja: ‚wovon‘ und ‚wozu‘ man ‚erlöst‘ sein wollte und – nicht zu vergessen: – konnte.“ Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  101. 19  Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22-2, S.  3 67–414 und 414–447. 20  Dazu Schluchter, Entstehungsgeschichte, MWG I/24, S.  72. 21 Der erste Artikel, der „Einleitung“ sowie „Konfuzianismus I und II“ umfaßte, erschien Mitte Oktober 1915, der zweite Artikel mit „Konfuzianismus III und IV (Resultat)“ sowie „Zwischenbetrachtung“ Ende Dezember 1915 im Archiv (die Texte sind ediert in MWG I/19). 22  Siehe Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S.  4 50–478.

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Grundriß-Beitrag mit Ausbruch des Krieges beiseite gelegt hatte und keine Aussicht bestand, daß er bald veröffentlicht würde, bat Paul Siebeck um einen kleinen Ersatz. Also kam er auf seinen früheren Vorschlag, eine Separatausgabe der Protestantismusstudien zu veranstalten, zurück.23 Weber verweigerte sich auch diesmal. Gewissermaßen als Kompensation schlug er die religionssoziologischen Skizzen zur Veröffentlichung vor. Sie sollten, wenn möglich, im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, ebenfalls in Gestalt einer Aufsatzfolge, erscheinen. So heißt es in einem Brief von Weber an Paul Siebeck vom 22. Juni 1915: „Ich wäre bereit, dem ‚Archiv‘ eine Reihe von Aufsätzen über die ‚Wirtschaftsethik der Weltreligionen‘ zu geben, welche seit Kriegsanfang hier liegen und nur stilistisch durchzusehen sind – Vorarbeiten und Erläuterungen der systematischen Religions-Soziologie im ‚G.d.S.Ö.‘. […] Sie umfassen Konfuzianismus (China), Hinduismus und Buddhismus (Indien), Judentum, Islam, Christentum.“24 Dieses Angebot erfreute den Verleger. Endlich sah er von Weber wieder etwas Größeres im Druck. Weber beschäftigte sich also auch nach 1910 intensiv mit dem Verhältnis von Religion und Wirtschaft, nun aber nicht mehr nur in einem nachreforma­ torischen, wie 1904 und 1905, oder in einem christlichen, wie 1910, sondern in einem universalgeschichtlichen Rahmen. Diese Horizonterweiterung tangierte die alten Aufsätze zum asketischen Protestantismus zunächst nur indirekt. Denn dadurch veränderte Weber zwar ihren Kontext, nicht aber ihren Inhalt. Dieser neue Kontext ließ nun, wie ein weiterer Brief an Paul Siebeck zeigt, offenbar aus Webers Sicht deren abermalige Veröffentlichung auch in ihrer ursprünglichen Fassung zu. Schon am 14. Juli 1915, also noch vor Veröffentlichung von „Einleitung“, Konfuzianismus“ und „Zwischenbetrachtung“ im Archiv, heißt es in einem Brief an den Verleger: „Die Aufsätze [gemeint sind die Skizzen über die Wirtschaftsethik der Weltreligionen, W. S.] können dann entweder gleich nach Abschluß des Ganzen oder aber vor Abschluß, d. h. mit dem zusammenfassenden Schluß als ‚Gesammelte Aufsätze zur Religions-Soziologie‘ als Band erscheinen[,] wenn sie wollen (zusammen mit ‚Geist des Kapitalismus‘).“25 Das galt im Jahre 1919/20 immer noch. Er habe, so formuliert er hier, seine Aufsätze über „Die protestantische Ethik und den ‚Geist‘ des Kapitalismus“ von 1904 und 1905 zunächst ihrer Isoliertheit entkleiden und 23  Siehe Brief Paul Siebecks an Max Weber vom 5. Januar 1915 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446): „Hochverehrter, lieber Freund, bis jetzt hat es den Anschein, daß ich neben der anfallenden Produktion den unveränderten Neudruck Ihrer ‚Protestantischen Ethik‘ gut übernehmen könnte. Und da ich mit dem Ausbleiben Ihrer ‚Soziologie‘ und der Verzögerung im Erscheinen der übrigen Grundrissteile ein recht geschlagener Mann bin, so wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir jetzt den Abdruck gestatten würden. Daß das Buch, nach dem immer wieder gefragt wird, gehen würde, glaube ich. Also erwägen Sie’s und lassen sich einmal erweichen.“ 24  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 22. Juni 1915, MWG II/9, S.  6 9 f. 25  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 14. Juli 1915, MWG II/9, S.  74.

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sie in die Gesamtheit der Kulturentwicklung hineinstellen wollen.26 Als er dies schrieb, waren die Aufsätze von 1904 und 1905 inzwischen zwar überarbeitet, aber immer noch nicht fortgesetzt. Daß die Weiterarbeit an den Protestantismusstudien für Weber in dieser Phase seiner Entwicklung keine Priorität hatte, zeigt auch seine gelassene Reaktion, als sich nach 1910 eine zweite Kontroverse über seine Aufsatzfolge von 1904/05 anbahnte. Zunächst attackierte Werner Sombart Webers Protestantismus-Aufsätze, dann folgte Lujo Brentano. Doch Weber unterläßt diesmal eine sofortige Antikritik. Dies ist umso erstaunlicher, als die Kontrahenten in dieser neuen Runde von ihm hochgeschätzte Kollegen waren, die ihm fachlich sehr nahe standen. Wir kommen auf deren Einwände gegen Webers ursprüngliche Studien zum asketischen Protestantismus noch zurück. Wichtig in diesem Zusammenhang ist zunächst nur, wie Weber im Jahre 1913, also mitten in seiner religionssoziologischen Arbeit, auf den Angriff von Sombart reagierte. Er sagt ihm privat eine öffentliche Antikritik zu. Doch fügt er hinzu: „Irgendwann, – soweit es nach dem Erscheinen von ‚Wirtschaft und Gesellschaft‘ noch nötig sein sollte“ – und falls es noch nötig sein sollte, dann „gelegentlich der dann folgenden Aufsätze über Culturreligionen“.27 Nicht nur rücken die Protestantismusstudien in den neuen Kontext der Aufsätze über die Wirtschaftsethik der Weltreligionen, sie erfahren auch eine neue Einordnung. Der asketische Protestantismus wird zu einem Fall von religiösem Rationalismus unter anderen, wie schon der oben kurz skizzierte Vergleich mit dem Konfuzianismus deutlich macht. Denn Weber möchte nun das unterschiedliche Rationalitätspotential der verschiedenen Religionen, insbesondere der Erlösungsreligionen, erschließen. Es sei, so heißt es in der 1915 veröffentlichten „Zwischenbetrachtung“, ein religionssoziologischer Versuch, wie er ihn mit diesen Skizzen durchführe, „nun einmal zugleich ein Beitrag zur Typologie und Soziologie des Rationalismus“. Ein solcher Versuch gehe „von den rationalsten Formen aus, welche die Realität annehmen kann, und sucht zu ermitteln, inwieweit gewisse theoretisch aufstellbare rationale Konsequenzen in der Realität gezogen wurden, und eventuell: weshalb nicht.“28 Diese Betrachtung spielte in den Protestantismusstudien zwar auch eine Rolle – asketische Handlungskultur, zum System gesteigerte Werkheiligkeit –, hatte aber nicht eigentlich im Mittelpunkt gestanden. Sombarts These vom ökonomischen Rationalismus lockte sogar in Grenzen Webers Widerspruch hervor.29 26  Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  4 91, Fn.  3 94. 27  Brief Max Webers an Werner Sombart vom 2. Dezember 1913, MWG II/8, S.  415. 28  Weber, Zwischenbetrachtung, MWG I/19, S.  4 81 (Zitat nach der Archiv-Fassung von 1915). 29  Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  175 ff., und Schluchter, Einleitung, in: MWG I/9, S.  51.

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Daß sich Weber nun auch im Zusammenhang mit der Religion für die Ratio­ nalismusproblematik interessiert, hat mit einer Entdeckung zu tun, die er nach 1910 machte. Der Auslöser waren vermutlich seine damals begonnenen Studien über Musikgeschichte, wobei ihn insbesondere interessierte, wie die Eigenart der okzidentalen Musik mit ihrer Akkordharmonik entstand.30 Im Jahre 1913, als er sich entschließt, seinen Artikel „Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie“ außerhalb von „Wirtschaft und Gesellschaft“ zu publizieren, verweist er auf seine Arbeit über Musikgeschichte. Wie die Relation, so heißt es dort, „zwischen dem Richtigkeitstypus eines Verhaltens und dem empirischen Verhalten ‚wirkt‘ und wie dies Entwicklungsmoment sich zu den soziologischen Einflüssen z. B. in einer konkreten Kunstentwicklung verhält, hoffe ich gelegentlich an einem Beispiel (Musikgeschichte) zu erläutern“. Die Spannungen, die hier aufträten, seien entwicklungsgeschichtlich von „der höchsten Bedeutung“, ebenso jene Fälle, in denen ein „eindeutiger Richtigkeitstypus nicht durchführbar“ sei.31 Was er hier für die Musikgeschichte sagt, gilt aber auch für die Religionsgeschichte. Wichtig sei es festzustellen, wann und wo „das Verhältnis des empirischen Verhaltens zum Richtigkeitstypus auch reales kausales Entwicklungsmoment empirischer Vorgänge wird“.32 Weber adressiert hier die „wichtige und selbst in ihrem Sinn schwierige allgemeine Problematik des ‚Rationalen‘ in der Geschichte“.33 Diese spielt jetzt eine wachsende Rolle in seinem Werk.34 Worin besteht diese Entdeckung? Weber selbst informiert uns nur indirekt, z. B. in den eben zitierten Passagen. Marianne Weber dagegen ist direkter. Bei ihrer Rekonstruktion der Entwicklung von Webers Werk stellt sie diese Entdeckung in den Mittelpunkt. Sie berichtet davon, welche Faszination für Weber von der Erkenntnis ausging, es gebe nicht nur die Sondergestalt des modernen Kapitalismus, sondern, viel allgemeiner, die des modernen Rationalismus, eines okzidentalen Rationalismus, der sich von dem Rationalismus 30  Dazu Weber, Zur Musiksoziologie, MWG I/14, S.  145–280, wo Weber von der harmonisch rationalisierten Musik ausgeht, das akkordharmonische System zunächst als scheinbar rational geschlossene Einheit präsentiert, um dann die darin steckenden Irrationalitäten aufzudecken. Ähnlich auch in Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  102 f. (schon in der Archiv-Fassung von 1915). 31  Weber, Kategorien, S.  2 63, Fn.  1. 32  Ebd., S.  262. 33 Ebd. 34  Weber verwendet hier noch den Begriff Richtigkeitstypus, den er später aufgibt. Richtigkeit heißt hier objektive, nicht nur subjektive Zweckrationalität. Teilnehmer und Beobachter folgen demselben Maßstab. Das heuristische Mittel des erkennenden Beobachters und der praktische Orientierungsmaßstab des handelnden Teilnehmers sind identisch. Diesen Grenzfall behandelt Weber dann auch in ders., Zwischenbetrachtung, MWG I/19, S.  4 80 f. (schon in der Archiv-Fassung von 1915). Freilich bedeutet die Preisgabe des Begriffs keinen Wandel in der Sache. Dazu Schluchter, Entzauberung, S.  124.

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anderer Kulturen unterscheide. Sie schreibt: „Für Weber bedeutet die Erkenntnis der Besonderheit des okzidentalen Rationalismus und der ihm zufallenden Rolle für die abendländische Kultur eine seiner wichtigsten Entdeckungen. Infolge davon erweitert sich seine ursprüngliche Fragestellung nach dem Verhältnis von Religion und Wirtschaft nun zu der noch umfassenderen, nach der Eigenart der ganzen abendländischen Kultur“.35 Es geht also nun nicht mehr allein um die Erklärung des ‚Geistes‘ des modernen okzidentalen Kapitalismus, genauer: um die Erklärung einer Teilerscheinung desselben, sondern der Erklärungsanspruch reicht jetzt weiter. Weber will, wie er später formuliert, „die besondere Eigenart des okzidentalen und, innerhalb dieses, des modernen okzidentalen, Rationalismus […] erkennen und in ihrer Entstehung […] erklären“.36 Und dies erstreckt sich auf weit mehr als auf den Geist des modernen Kapitalismus, auf weit mehr auch als auf den modernen Kapitalismus insgesamt. Die Religion sieht Weber nun als eine Macht, welche das Potential besitzt, Rationalisierung innerhalb und außerhalb ihrer selbst in Gang zu setzen. Anders als in der Tradition der Religionskritik, bilden Religion und Rationalismus aus Webers Sicht keineswegs immer Gegensätze, wie in den Protestantismusstudien ja bereits dargelegt und nun in universalgeschichtlicher Perspektive überprüft.

2.  Von der einseitigen zur zweiseitigen Kausalanalyse Weber war also bei der Arbeit an „Wirtschaft und Gesellschaft“, dann umbe­ nannt in „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte“, über die Religion hinausgegangen. Als er 1915 damit begann, seine religionssoziologischen Skizzen zu veröffentlichen, lagen im Rahmen seines Hauptbeitrags zum Grundriß der Sozialökonomik außer den „religiösen Gemeinschaften“, der Religionssystematik, ähnlich gelagerte Manuskripte zu den Gemeinschaften, zum Recht und zur Herrschaft vor.37 In all diesen Manuskripten wird der ökonomische mit dem kulturellen Gesichtspunkt verbunden, überall kommen die institutionalisierten und internalisierten kulturellen Muster in vergleichender Perspektive ins Spiel. Man gewinnt sogar den Eindruck, als liege der Akzent auf den institutionalisierten Mustern, auf der ‚Form‘, wie Weber auch sagt, nicht aber auf dem ‚Geist‘, wie in den Aufsätzen zum asketischen Protestantismus. War Weber etwa nach seiner angeblichen ideali­ stischen Verirrung doch zu den Materialisten übergelaufen? In der Auseinandersetzung mit H. Karl Fischer hatte er ja vorausgesagt, man werde ihn, wenn 35  Weber, Marianne, Lebensbild, S.  3 49. 36  Weber, Vorbemerkung, unten, S.  116. 37  Diese Texte sind in den (Teil-)Bänden von Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, als MWG I/22-1: Gemeinschaften, I/22-3: Recht, und I/22-4: Herrschaft, ediert.

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er seine Protestantismusstudien einmal abgeschlossen habe, statt des Idealismus, wie von Fischer prognostiziert, des Kniefalls vor dem historischen Materialismus zeihen.38 Trat dieser Seitenwechsel nach 1910 tatsächlich ein? Dies kann man mit guten Gründen verneinen. Webers logisch-methodischer Ansatz ändert sich nicht. Gerade in den religionssoziologischen Skizzen hielt er an der Methode fest, die er in der Aufsatzfolge von 1904/05 praktiziert hatte. In dem bereits zitierten Brief an Paul Siebeck, in dem er ihm die religionssoziologischen Skizzen zur Publikation anbietet, findet sich in diesem Zusammenhang eine bezeichnende Bemerkung. Es heißt dort, die Aufsätze über Konfuzianismus, Hinduismus, Buddhismus, Judentum, Islam und Christentum würden „die allgemeine Durchführung der Methode in dem Aufsatz ‚Protest[tantische] Ethik und Geist des Kapitalismus‘ bringen“.39 Sie behandelten also zentral den Zusammenhang zwischen der Kulturreligion, insbesondere der Erlösungsreligion, und der Wirtschaftsgesinnung, allgemeiner: die religiös bedingte Lebensführung und ihre Auswirkung auf die Wirtschaft. Man kann dieses Vorgehen an der ersten Fassung der Konfuzianismusstudie verifizieren. Das Markante an dieser ersten Fassung besteht darin, daß die Ausführungen über die „soziologischen Grundlagen“ noch klein gehalten sind. Das hauptsächliche Interesse gilt, wie in den Protestantismusstudien, dem ‚Geist‘ und seiner Verursachung von innen. In drei der vier Abschnitte dieser Skizze geht es um diesen Geist, wie er durch die orthodoxen und heterodoxen Lehren geprägt und durch das Bildungssystem vermittelt wurde, ferner, wie sich dieser ‚Geist‘ von dem des asketischen Protestantismus unterscheidet. Im Mittelpunkt stehen also die „magischen und religiösen Mächte und die im Glauben an sie verankerten ethischen Pflichtvorstellungen“.40 Erst in der zweiten Fassung, von 1919/20, geht Weber ausführlicher auf die „sozio­ logischen Grundlagen“ ein. Die 27 Seiten dazu im Archiv werden auf 121 Seiten im Band I der Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie erweitert.41 Neben die Betrachtung des Zusammenhangs von ‚Kulturreligion und Wirtschaftsgesinnung‘ tritt jetzt gleichrangig die der ‚Klassenbedingtheit der Religion‘. Wir wissen, daß Weber die Skizzen über Hinduismus und Buddhismus von 1913, anders als die über den Konfuzianismus, bereits vor ihrer Veröffentlichung im Archiv überarbeitete und erweiterte.42 Gleiches gilt für die Skizzen 38  Weber, Bemerkungen, MWG I/9, S.  5 09 f., Fn.  5. 39  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 22. Juni 1915, MWG II/9, S.  70. 40  So die Formulierung Weber, Vorbemerkung, unten, S.  117. 41  Dazu ausführlich Schluchter, Wolfgang, Religion und Lebensführung, Band 2. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1988 (hinfort: Schluchter, Lebensführung II), Kap.  5, S.  15– 61. Ferner Schmidt-Glintzer, Helwig, Einleitung, in: MWG I/19, S.  1–25, und der Editorische Bericht, ebd., S.  31–73. 42  Weber, Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20.

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über das Judentum, die in den Jahren 1917 bis 1919 offensichtlich gänzlich neu konzipiert worden sind.43 Die Überarbeitung und Erweiterung der Skizzen ab 1916 dürfte sich, wie später beim Konfuzianismus, hauptsächlich auf die „soziologischen Grundlagen“ gerichtet haben, also auf die andere Seite der Kausalbeziehung. Diese war in den Protestantismus-Aufsätzen und offenbar auch in den ursprünglichen Skizzen zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen noch bewußt zurückgestellt. Schon 1905 hatte Weber angekündigt, er werde, bei Fortsetzung seiner Studien zum asketischen Protestantismus, hauptsächlich diese andere Seite der Kausalbeziehung behandeln, also, in den Begriffen der Religionssystematik, die ‚Klassenbedingtheit der Religionen‘. Als er 1915 gegenüber dem Verleger einen möglichen Band Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie vorschlug, hatte er aber nicht diese Beziehung, sondern diejenige über Kulturreligionen und Wirtschaftsgesinnung im Auge. Deshalb paßten auch die ursprünglichen und noch nicht fortgesetzten Protestantismusstudien in einen solchen Band. Nachdem Weber Siebeck das Angebot gemacht und Edgar Jaffés Einverständnis für die Veröffentlichung der Skizzen im Archiv eingeholt hatte, vollzog sich die Publikation erstaunlich zügig.44 Schon zwei Tage später teilte Weber Jaffé mit, er schicke die „Einleitung“ dieser Tage an Siebeck,45 und schon wenig später ist sie auch beim Verlag. Es ist interessant, daß Weber am 14. Juli 1915 noch drei Blätter zu dieser „Einleitung“ nachschiebt,46 vermutlich den Anhang über die drei Typen der Herrschaft, der im ursprünglichen Manuskript wohl noch fehlte.47 Es ist übrigens die erste Veröffentlichung zu diesem wichtigen Lehrstück aus Webers Soziologie. Auch daran zeigt sich die enge Verbindung, die zwischen den Manuskripten „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte“ und den Aufsätzen zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen besteht.

43  Dazu Otto, Eckart, Einleitung, in: MWG I/21, S.  1–144, und Editorischer Bericht zu Weber, Antikes Judentum, ebd., S.  210–233, sowie ders., Max Webers Studien des Antiken Judentums. Historische Grundlegung einer Theorie der Moderne. – Tübingen: Mohr Siebeck 2002, insbes. I. Biographischer Hintergrund und werkgeschichtliche Zusammenhänge in Max Webers Studien des Antiken Judentums unter Einschluß des unveröffentlichten Deponatsmanuskriptes, S.  1–82. 44  Allerdings nicht ganz so zügig, wie Paul Siebeck erhofft hatte. Dieser wollte nämlich, daß alle Aufsätze zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen in einem Band des Archivs, in Band 41, abgedruckt würden, um sie besser vermarkten zu können. Dazu Briefe Paul Siebecks an Max Weber vom 30. Juni und vom 2. Juli 1915 (VA Mohr/ Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Am Ende waren die Aufsätze auf vier Bände des Archivs verteilt (auf die Bände 41, 42, 44 und 46). 45  Brief Max Webers an Edgar Jaffé vom 24. Juni 1915, MWG II/9, S.  71. 46  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 14. Juli 1915, MWG II/9, S.  74. 47  Dafür spricht auch, daß er im Archiv am Ende der „Einleitung“ steht und in Petit gesetzt ist. Siehe Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  119–126, Anm.  o.

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Tatsächlich schöpfte Weber, wie Marianne Weber berichtet, für die Religionssystematik und für die vergleichenden Skizzen aus denselben Quellen. Und in der „Einleitung“ und „Zwischenbetrachtung“ ist die Nähe zur Religionssystematik besonders groß. So ist die „Zwischenbetrachtung“ in Abschnitt 11 der Religionssystematik, überschrieben „Religiöse Ethik und ‚Welt‘“, vorformuliert.48 In den Skizzen zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen hat sie die Funktion, vom Konfuzianismus, dem Grenzfall einer religiösen Ethik,49 zu den Erlösungsreligionen überzuleiten.50 Aber auch in der „Einleitung“ finden sich Aussagen aus der Religionssystematik in Kurzform wieder. „Einleitung“, „Resultat“ und „Zwischenbetrachtung“ sind also jene ‚systematischen‘ Texte, mit deren Hilfe Weber seine zunächst unveränderten Protestantismusstudien in eine universalgeschichtliche Perspektive rückt. Es sind auch jene Texte, die Weber 1913 den Freunden vorgelesen haben dürfte.51 Ob es so war, wissen wir allerdings nicht. Man kann es nur vermuten, auch, daß das Vorlesen während der sonntäglichen ‚jours‘ stattfand. Diese hatte das Ehepaar Weber nach Einzug in das großväterliche Haus in der Ziegelhäuser Landstraße 17 in Heidelberg eingerichtet. Zumindest von Georg Lukács ist überliefert, daß er an einer solchen „Vorlesung“ teilnahm. Dies ergibt sich aus seinem Dankesschreiben für einen Sonderdruck, den Weber ihm geschickt hatte und der, nach den Daten zu urteilen, in jedem Fall „Einleitung“ sowie „Konfuzianismus I und II“ aus dem Oktoberheft umfaßte, möglicherweise aber auch bereits „Konfuzianismus III und IV“ sowie die „Zwischenbetrachtung“ aus dem Dezemberheft des Archivs 1915.52 48  Siehe Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22-2, S.  3 67–414. 49  Weber spricht selbst von einem Grenzfall, so ders., Einleitung, MWG I/19, S.  117 f.: „Der Konfuzianismus ist im Sinne des Fehlens jeder Metaphysik und fast aller Reste religiöser Verankerung: – so weitgehend, daß er an der äußersten Grenze dessen steht, was man überhaupt allenfalls noch eine ‚religiöse‘ Ethik nennen kann, – so ratio­ nalistisch und zugleich, im Sinne des Fehlens und der Verwerfung aller nicht utilitarischen Maßstäbe, so nüchtern, wie kein anderes der ethischen Systeme außer etwa demjenigen J[eremy] Benthams.“ Man hat überhaupt bezweifelt, ob der Terminus ‚religiöse Ethik‘ auf den Konfuzianismus zutrifft. Er sei allenfalls eine Zivilreligion. Man sieht daran übrigens, wie stark Webers vergleichende Betrachtungen durch westliche Begriffe geprägt sind. Begriffe wie Gott, Religion, Theodizee, um nur diese zu nennen, entstammen alle der westlichen Kulturtradition. Zu diesem Problem die Aufsätze in Schluchter, Wolfgang (Hg.), Max Webers Studie über Konfuzianismus und Taoismus. Interpretation und Kritik. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1983. 50  Über die drei Versionen der „Zwischenbetrachtung“ Schluchter, Lebensführung II (wie oben, S.  11, Anm.  41), S.  6 3–65, Anm.  1. 51  Dazu oben, S.  4. 52  So schreibt Georg Lukács Mitte Dezember 1915 aus Budapest an Max Weber: „Ich danke Ihnen herzlich für den Brief und den Abdruck. Ich rechne bestimmt damit, daß ich auch von den weiteren Fortsetzungen Separata erhalten werde. Das hier gelesene (sic!) hat denselben großen Eindruck auf mich gemacht, wie seinerzeit die Vorlesung in Heidelberg, auch stilistisch scheint es mir Ihre Bedenken nicht zu recht-

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Beginnen wir mit der „Einleitung“. Sie stellt die im Siebeck-Brief erwähnten „religiösen oder religiös bedingten Systeme der Lebensreglementierung“ dem Leser als Objekte vergleichender Betrachtungen vor. Weber führt aus, er behandle „die konfuzianische, hinduistische, buddhistische, christliche, islamitische religiöse Ethik“. Als sechste religiöse Ethik, die allerdings nur teilweise mitzubehandeln sei, komme das Judentum hinzu, zum einen deshalb, weil es geschichtliche Voraussetzungen für das Christentum und den Islam geschaffen habe, zum andern „wegen seiner teils wirklichen, teils angeblichen historischen Eigenbedeutung für die Entfaltung der modernen Wirtschaftsethik des Okzidentes.“53 Weber denkt hier zweifellos vor allem an die Arbeiten von Werner Sombart. Davon wird noch die Rede sein.54 Weber verweist nun für das Christentum auf seine Protestantismusstudien. Deren Kenntnis werde vorausgesetzt. Und er fährt fort: Das Christentum werde „nachstehend nur zum Vergleich herangezogen und soll nur am Schluß kurz in der Eigenart seiner Entstehungs- und Wirkungsbedingungen charakterisiert werden“.55 Die Aufsätze über „Protestantische Ethik“ von 1904/05 werden also bewußt dem Religionsvergleich ausgesetzt. Dies ist zunächst eine Bestätigung dessen, was wir Webers Brief an Paul Siebeck entnommen haben: Die Protestantismus-Aufsätze von 1904/05 und die ursprünglichen Skizzen zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen von 1913/15 liegen methodisch auf derselben Linie, insofern die Klärung der einen Seite der Kausalbeziehung, des Zusammenhangs von Religion und Wirtschaftsgesinnung, im Vordergrund steht. Erst mit der Überarbeitung der Skizzen, also ab 1916, werden diese ‚reicher‘ als die insoweit unveränderten Protestantismusstudien, weil auch die andere Seite der Kausalbeziehung gleichrangig behandelt ist. Die „Einleitung“ beginnt mit dem logisch-methodischen Credo: Der historische Materialismus sei ungeeignet, wenn man die hier interessierenden Zusammenhänge untersuchen wolle. Auch Friedrich Nietzsches Ansatz sei ungeeignet. Bei ihm liege zwar kein materialistischer, wohl aber ein psychologischer Reduktionismus vor. Aber die Kausalrichtung verlaufe nicht immer von den Interessen, ob materiell oder ideell, ob kollektiv oder individuell, zu den rationalen Konstruktionen, zu den Lehren, sondern diese entfalteten auch eine Eigengesetzlichkeit, durch die Interessen ihrerseits strukturiert würden. fertigen. Ich freue mich sehr auf die Vereinigung all dieser Aufsätze in einem Buch und auf die Möglichkeit, sie in kontinuierlichem Zusammenhang zu lesen.“ Lukács, Georg, Briefwechsel 1902–1917, hg. von Éva Karádi und Éva Fekete. – Stuttgart: Metzler 1982, S.  3 62. 53  Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  8 3 f. (schon in der Archiv-Fassung 1915). Daraus geht übrigens hervor, daß er zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Absicht hatte, das Judentum so umfassend zu behandeln, wie es dann ab 1917 geschah. 54  Siehe unten, S.  2 3–31 und 35–39. 55  Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  8 4 (schon in der Archiv-Fassung von 1915).

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Denn die „rationale religiöse Heilspragmatik“ habe „unter Umständen weittragende Folgen für die Gestaltung der praktischen Lebensführung“.56 So wichtig Interessen für ein Verständnis der Lebensführung auch seien, genau so wichtig seien die letzten Werte, an denen sich die Gläubigen orientierten. Und diese hingen mit den Heilsgütern zusammen, die eine Religion in Aussicht stellt. Zwar entstehe zum Beispiel eine Theodizee mitunter auch aus einem pharisäischen Bedürfnis, sei es aus Ressentiment, sei es aus dem Wunsch, das eigene, meist unverdiente Glück zu legitimieren, aber viel häufiger sei das rationale Bedürfnis nach Erklärung, zum Beispiel dessen, daß ein gerechter und gütiger Gott die Diskrepanz von Schicksal und Verdienst zulasse.57 Weber geht so weit, Marx und Nietzsche geradezu auf den Kopf zu stellen. Er spricht von ‚religiösem Unterbau‘.58 Nun will Weber mit seinen Vergleichen weder eine systematische Typologie der Religionen noch gar eine inklusive Stufentheorie der religiösen Entwicklung à la Hegel vorlegen.59 Vielmehr behandelt er die ausgewählten Reli­ gionen als „historische Individuen“. Vergleichend fixiert er die „äußersten Gegenpole“.60 An dem einen steht der asketische Protestantismus. Denn er repräsentiere jenen Fall, „wo das Virtuosentum der religiös Qualifizierten sich zu einer asketischen, die Formung des Lebens in der Welt nach dem Willen eines Gottes erstrebenden Sekte“ zusammengeschlossen habe.61 Ganz anders die „Virtuosen-Religiosität“ mit ihrem „kontemplativen und orgia56  Ebd., S.  109 (Archiv-Fassung von 1915, in der Fassung von 1920 heißt es dann: „aus der Art der Gottesvorstellungen und des ‚Weltbildes‘ folgende rationale religiöse Heilspragmatik“). 57  Beispiele für die Befriedigung pharisäischer Bedürfnisse sind die Theodizee des Glücks und mitunter, aber keineswegs immer, die Theodizee des Leidens (gegen Nietzsche), Beispiele für die Befriedigung rationaler Bedürfnisse die „indische Kar­ manlehre“, der „zarathustrische Dualismus“ und das „Prädestinationsdekret des Deus absconditus“. Dabei gilt, daß die rational befriedigende Antwort nicht immer auch die praktisch befriedigende ist. Dies hatte Weber gerade an der Prädestina­ tionslehre in seinen Protestantismusstudien zu demonstrieren versucht. Das rationale Bedürfnis, das Bedürfnis nach einer befriedigenden Erklärung, nennt Weber auch ein metaphysisches Bedürfnis, also das Verlangen, „daß das Weltgefüge in seiner Gesamtheit ein irgendwie sinnvoller ‚Kosmos‘ sei“. Dies bilde den Kern des meist von Intellektuellenschichten getragenen (theoretischen) religiösen Rationalismus. Der praktische religiöse Rationalismus, der Rationalismus der Lebensführung, folgt, wie gesagt, nicht mit Notwendigkeit dem theoretischen Rationalismus. Zu den drei rationalen Theodizeen ebd., S.  9 5 (schon in der Archiv-Fassung 1915, auch im folgenden), zum metaphysischen Bedürfnis ebd., S.  102. Daß Weber für all diese Fälle den Begriff „Theodizee“ verwendet, zeigt wieder die Orientierung an der okzidentalen Kulturtradition. 58  Ebd., S.  107. 59  Ebd., S.  115 f. 60  Ebd., S.  115 f. 61  Ebd., S.  113 (Archiv-Fassung von 1915).

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stisch-ekstatischen Charakter“. Sie schlage „keine Brücke zum praktischen Alltagshandeln innerhalb der Welt“.62 Der äußerste Gegensatz bestehe also zwischen diesen religiös motivierten Weltverhältnissen: radikale Weltbeherrschung einerseits, radikale Weltflucht andererseits. Die meisten Religionen aber lägen irgendwo dazwischen. Daraus erklärt sich, weshalb Weber, übrigens anders als bei den Protestantismusstudien, hier ausdrücklich betont, er leiste mit seinen Skizzen keine historische Arbeit im eigentlichen Sinn des Wortes. Vielmehr gehe er typologisch vor. Bei den angestrebten Vergleichen würden ausdrücklich diejenigen Züge herausgehoben, „welche der einzelnen Religion im Gegensatz zu anderen eigen und zugleich für unsere Zusammenhänge wichtig sind“.63 Zu diesen Zusammenhängen aber gehört nach wie vor die Beziehung der jeweiligen Religion zum ökonomischen Rationalismus, genauer: „zum ökonomischen Rationalismus von demjenigen Typus, der den Okzident als eine Teilerscheinung der dort heimisch gewordenen Art der bürgerlichen Lebensrationalisierung seit dem 16. und 17. Jahrhundert zu beherrschen begann“.64 In dem Vergleich erhält die Darstellung des asketischen Protestantismus aus den Jahren 1904 und 1905 eine Funktion, die sie damals noch nicht hatte. Der asketische Protestantismus wird zu einem der beiden Extreme stilisiert. Er versprach ein Heilsgut, das auf kontemplativem Wege nicht erreicht werden konnte, und auf dem asketischen Weg zum Heil waren Magie und Sakramente als Heilsmittel weitgehend eliminiert. So kann Weber in der „Einleitung“ sagen: „Voll erreicht wurde beides: Entzauberung der Welt und Verlegung des Weges zum Heil von der kontemplativen ‚Weltflucht‘ hinweg in die aktiv asketische ‚Weltbearbeitung‘, – wenn man von einigen kleinen rationalistischen Sekten, wie sie sich in aller Welt finden, absieht, – nur in den großen Kirchenund Sektenbildungen des asketischen Protestantismus im Okzident.“65 In den Protestantismus-Aufsätzen von 1904/05 war von „Entzauberung der Welt“ noch nicht die Rede. Jetzt aber wird diese Formel zentral. Sie ist denn auch im „Resultat“, bei dem Vergleich zwischen Konfuzianismus und Purita62  Ebd., S.  112. 63  Ebd., S.  116. 64  Ebd., S.  117 (nach der Archiv-Fassung von 1915). Weber fügt hier eine Passage an, die an jene aus dem ersten Aufsatz der „Protestantischen Ethik“ anknüpft, in der er sich mit der Rationalismusproblematik auseinandersetzt. Jetzt stellt er allerdings die Rationalisierung, „wie sie etwa der denkende Systematiker mit dem Weltbild vornimmt: zunehmende theoretische Beherrschung der Realität durch zunehmend präzise abstrakte Begriffe“, und diejenige, wie sie der Handelnde „im Sinne der methodischen Erreichung eines bestimmten gegebenen praktischen Zieles durch immer präzisere Berechnung der adäquaten Mittel“ vornimmt, in den Mittelpunkt. Besonders die Rationalisierung der Lebensführung könne verschiedene Formen annehmen. Dies zu zeigen, ist nicht zuletzt Ziel auch des Vergleichs. Ebd., S.  117 (schon in der ArchivFas­sung von 1915). 65  Ebd., S.  114 (nach der Archiv-Fassung von 1915).

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nismus, verwendet. Und sie ist hier weiter präzisiert. Weber spricht, im Zusammenhang mit der Formel, gar von ,Stufen der Rationalisierung‘. Es gebe zwei Maße, mit denen sich der Grad der Rationalisierung einer Religion bestimmen lasse: 1. der Grad der systematischen Einheitlichkeit, in dem das Verhältnis Gott-Mensch-Welt gedacht werde; 2. der Grad, in welchem bei dem Streben nach dem Heilsgut die Magie abgestreift sei. Gemessen am zweiten Maßstab, markiere der asketische Protestantismus die „letzte Stufe“ der Religionsentwicklung. Denn die „gänzliche Entzauberung der Welt“ sei nur hier „in alle[n] Konsequenzen durchgeführt“ worden.66 Anderswo hätten zumindest Reste von Magie, und sei es auch nur in Gestalt der Sakramentsgnade, überlebt. Es gibt viele Vermutungen darüber, wo die Formel „Entzauberung der Welt“ herkommt. Ein schlüssiger Nachweis wurde bisher nicht erbracht.67 Wohl aber 66  Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S.  4 50 (nach der Archiv-Fassung von 1915). 67  Man wollte die Formel auf Friedrich Schillers Gedicht „Die Götter Griechenlands“ zurückführen. In beiden Fassungen des Gedichts findet sich die Strophe von der „entgötterten Natur“. Doch geht es bei Weber nicht um Natur, sondern um Religion, und nicht um Entgötterung, sondern geradezu um das Gegenteil: um die Radikalisierung des Gott-Mensch-Unterschiedes. Da wäre eine andere Stelle aus der zweiten Fassung von Schillers Gedicht schon passender: „Da die Götter menschlicher noch waren, / Waren Menschen göttlicher.“ Diese Formulierung fand Hegel allerdings „durchweg falsch“. Dazu Hegel, G[eorg] W[ilhelm] F[riedrich], Werke in zwanzig Bänden, Band 14: Vorlesungen über die Ästhetik II. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1970, S.  115. Hartmut Lehmann vermutet, Weber habe sich bei der Prägung dieser Formel vom Titel der Abhandlung von Balthasar Bekker, De betoverde Weereld, in der deutschen Übersetzung: Die bezauberte Welt, inspirieren lassen. Bekkers große Abhandlung war 1691 zunächst in zwei Bänden, dann 1693 um zwei weitere Bücher erweitert, in Amsterdam erschienen und hatte sofort eine heftige Kontroverse unter den niederländischen Calvinisten ausgelöst. In der vollständigen Ausgabe von 1693 reagierte Bekker bereits auf die gegen ihn vorgetragenen Angriffe, die vor allem von den Voetianern kamen. In einer allgemeinen Vorrede („Des Authoris generale Vorrede“) wies er diese Angriffe, insbesondere den Vorwurf des Spinozismus, zurück. Zugleich legte er Zielsetzung und Aufbau der Untersuchung dar, in der es ihm hauptsächlich darum gehe, die Bibel von dämonologischen Interpretatio­ nen zu reinigen, die nur dazu dienten, die Allmacht Gottes einzuschränken. So heißt es in der genannten Vorrede, daß die Meinung, der Teufel schließe mit den Menschen einen Bund, „[…] Krafft welchen alle Zauber-Ubungen geschehen solten / weder mit dem Inhalt der Lehre / noch mit der Regierung des Bundes Gottes / so wol vor als unter dem Gesetzt / und am wenigsten unter dem Evangelio in keinerley Weise bestehen könne.“ Es handelt sich also um eine theologische Zurückweisung des Versuchs, den Glauben an die Macht des Teufels und an die Hexerei durch die Schrift zu stützen. Die Abhandlung entfaltete auch in Deutschland sofort eine Wirkung, zumal schon 1693 eine Übersetzung in Hamburg erschienen war. Nahezu ein Jahrhundert später, 1781/82, folgte eine zweite deutsche Übersetzung, von Johann Moritz Schwager durchgeführt und von Johann Salomo Semler inspiriert. Obgleich das Werk in die Weber besonders interessierende Zeit fällt (17. Jahrhundert) und als Kampf gegen die Magie im Rahmen der reformierten Theologie gele-

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ist gesichert, wann Weber den Entzauberungsbegriff zum ersten Mal öffentlich verwendet. Er tat es im Kategorienaufsatz, in dem auch die oben zitierte Bemerkung zur Musikgeschichte zu finden ist.68 Der Entzauberungsbegriff steht in Abschnitt II dieses Aufsatzes.69 Dort verwendet Weber auch andere Stichworte aus der „Einleitung“. Damit steht fest: Der Entzauberungsbegriff wird von Weber spätestens seit 1913 in seinen religionssoziologischen Arbeiten verwendet. Mit der Formel „Entzauberung der Welt“ beschreibt er zunächst einen religionsgeschichtlichen Prozeß, an dessen Ende der asketische Protestantismus steht. Der Entzauberungsbegriff avanciert in diesem Verständnis zu einem Leitbegriff seiner vergleichenden Religionssoziologie, mit dem er die Protestantismus-Aufsätze von 1904/05 und die Aufsätze zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen zusammenfügt.

sen werden kann, spricht wenig dafür, daß Weber sich bei der Wahl seiner Formel an Bekker orientierte. Er zitiert diese Abhandlung an keiner Stelle, und seine Auffassung von Entzauberung hat einen anderen theoretischen Hintergrund. Für ihn ist Verzauberung der Welt Verdoppelung dieser mittels Symbolisierung, und Entzauberung kein einfacher, sondern ein doppelter Prozeß. Zudem beschäftigt sich Weber 1913, als diese Formel bei ihm zum ersten Mal schriftlich auftaucht, nicht mit dem asketischen Protestantismus, sondern mit der systematischen Religionssoziologie und den Skizzen über die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Wir können also mit Gründen vermuten, daß hier eine Eigenprägung vorliegt. Die Abhandlung von Bekker ist wieder verfügbar als Bekker, Balthasar, Die bezauberte Welt (1693). Mit einer Einleitung hg. von Wiep van Bunge. – Stuttgart-Bad Cannstatt: Friedrich Frommann Verlag 1997, das obige Zitat S.  3 0. Zu Lehmanns Vermutung unter anderem Lehmann, Hartmut, Die Entzauberung der Welt. Studien zu Themen von Max Weber. – [Göttingen:] Wallstein Verlag o. J. [2009], S.  13. Aus der weiteren Literatur über den Entzauberungsbegriff Tenbruck, Friedrich H., Das Werk Max Webers, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 27. Jg., 1975, S.  6 63–702; Winckelmann, Johannes, Die Herkunft von Max Webers ‚Entzauberungs‘-Konzeption, in: ebd., 32. Jg., 1980, S.  12–53. Ferner Schluchter, Entzauberung, Kapitel I, S.  1–17. Webers Eigenprägung schließt natürlich nicht aus, daß er sich dabei von anderen Verwendungsweisen inspirieren ließ. Davon gibt es in der Literatur mehrere. Am nächsten kommt Webers Eigenprägung wohl Herders Formulierung in seinen Zerstreuten Blättern von 1797. Dort findet sich ein Gedicht mit der Überschrift „Die Entzauberung“. Siehe Herder, Johann Gottfried, Zerstreute Blätter. Sechste Sammlung. – Gotha: Carl Wilhelm Ettinger 1797, S.  8 6–89. Auf diese Zusammenhänge machte insbesondere José M. González García in verschiedenen Arbeiten aufmerksam. Siehe etwa seinen Aufsatz: ders., Max Weber, Goethe und Rilke. The Magic of Language and Music in a Disenchanted World, in: Max Weber Studies, vol.  11, No.  2, 2011, S.  2 67–288, hier: S.  2 68 f. Zuvor schon Piedras Monroy, Pedro, Max Weber y la India. – Valladolid: Universidad de Valladolid 2005, S.  13 f. 68  Dazu Schluchter, Entzauberung, S.  113 ff. Der Kategorienaufsatz hat zwei Teile, die in zwei verschiedenen Arbeitsphasen entstanden sind. Die Abschnitte I–III sind 1913, die Abschnitte IV–VII sind vor 1913 geschrieben. 69  Weber, Kategorien, S.  259.

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Die „Einleitung“ diente also dazu, die Protestantismusstudien zu kontex­ tualisieren und sie auch begrifflich mit den Skizzen zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen zu verknüpfen. Dieses Bemühen setzte Weber im „Resultat“ fort. Es gilt noch mehr für die „Zwischenbetrachtung“. Denn hier werden die Ansätze aus der „Einleitung“ an zwei Stellen aufgenommen und „weiter spezialisiert“.70 In den Aufsätzen zum asketischen Protestantismus hatte Weber dem Begriff „innerweltliche Askese“ große Bedeutung beigemessen. Er stand im Zentrum seiner Analyse des Berufsmenschen, für den der Beruf Berufung ist. Die innerweltliche Berufsaskese sei aus dem Geist der christlichen Askese geboren. Sie habe im mittelalterlichen okzidentalen Mönchtum ihren Ursprung, bleibe dort aber eine mönchische Sondermoral. Erst in der nachreformatorischen Zeit ergreife sie auch die Laien, werde im Calvinismus und in den verschiedenen Sektenbewegungen zur innerweltlichen Berufsaskese weiterentwickelt.71 In der „Einleitung“ präsentiert Weber die kontemplative Mystik als Gegenpol zu dieser innerweltlichen Askese.72 Weber sucht nun in der „Zwischenbetrachtung“ diesen Gegensatz zwischen Mystik und Askese weiter zu vertiefen und zu differenzieren, und zwar so, daß er in seinen vergleichenden Betrachtungen für die verschiedenen Religionen verwendet werden kann. Dabei betont er, auch hier eine Bemerkung aus der „Einleitung“ aufgreifend, daß nicht jede Kulturreligion, ja nicht einmal jede Erlösungsreligion, einen überweltlichen persönlichen Schöpfergott als Bezugspunkt der Heilssuche der Gläubigen kennt. Es gelte zwei grundverschiedene Konzeptionen des Göttlichen zu unterscheiden: den überweltlichen persönlichen Schöpfergott einerseits, die unpersönliche, immanente und unerschaffene kosmische Ordnung andererseits. Die erste Konzeption beherrsche die vorderasiatisch-okzidentalen, die zweite die asiatischen Erlösungsreligionen.73 Dieser Gegensatz spielte in den Protestantismusstudien natürlich noch keine Rolle. Mit der Einbeziehung von Judentum und Islam, vor allem aber von Konfuzianismus, Hinduismus und Buddhismus ergaben sich ganz neue Differenzen, die ein darauf abgestimmtes begriffliches Instrumentarium zur Charakterisierung von Heilsgütern, Heilswegen und Heilsmitteln verlangten. In der „Zwischenbetrachtung“ wird dieses begriffliche Instrumentarium präsentiert.

70 Weber, Zwischenbetrachtung, MWG I/19, S.  482 (schon in der Archiv-Fassung von 1915). 71 Dazu Weber, Protestantische Ethik II, MWG I/9, S.  2 90–298, S.  3 65 f.; dass. in: Protestantische Ethik 1920, unten, S.  324–335 und 410 f. 72  Weber, Einleitung, MWG I/19, bes. S.  107. 73  Dabei gibt es natürlich auch im zweiten Fall die Personalisierung des Göttlichen. Aber sie ist, anders als im ersten Fall, nicht primärer, sondern sekundärer Natur.

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Wir können die zwei verschiedenen Konzeptionen des Göttlichen als das jeweilige Heilsgut verstehen, auf das der religiöse Mensch aus ist. Um es zu erringen, müssen bestimmte Heilswege beschritten und Heilsmittel verwendet werden. Es gibt eine Wahlverwandtschaft, eine Adäquanzbeziehung, zwischen Heilsgut, Heilsweg und Heilsmittel. Weber hält freilich die drei Begriffe nicht immer sauber auseinander. Insbesondere Heilsweg und Heilsmittel werden häufig synonym gebraucht. Weber wählt als Ausgangspunkt seiner Begriffsdifferenzierung die Feststellung, die er zu den beiden extremen Polen gemacht hatte: „die aktive Askese: ein gottgewolltes Handeln als Werkzeug Gottes einerseits“, der „kontemplative Heilsbesitz der Mystik, der ein ‚Haben‘, nicht ein Handeln bedeuten will, und bei welchem der Einzelne nicht Werkzeug, sondern ‚Gefäß‘ des Göttlichen ist“, andererseits.74 Es gibt also zwei Vorstellungen vom Göttlichen und zwei Vorstellungen davon, wie der Mensch sich mit dem Göttlichen verbinden möchte. Er versteht sich entweder als das Werkzeug oder als das Gefäß des Göttlichen. Es gibt aber darüber hinaus auch die Vorstellung, wie der Gläubige sich zu den Ordnungen der Welt zu verhalten habe: entweder, indem er sich in ihnen bewährt, oder aber, indem er aus ihnen flieht. Weber unterscheidet in diesem Sinne eine innerweltliche von einer weltflüchtigen oder außerweltlichen Haltung. Man kann aus religiösen Gründen sich der Welt zuwenden oder sich von ihr abwenden. Und dies gilt unabhängig von der Frage, ob man sich als Werkzeug oder als Gefäß des Göttlichen versteht. Statt der zwei Typen, von denen Weber ausgegangen war, entstehen so vier Typen: die innerweltliche und die weltflüchtige Askese sowie die innerweltliche und die weltflüchtige Mystik. Im Prinzip können diese religiös bedingten Haltungen in allen Erlösungsreligionen auftreten. Doch faktisch geschieht dies, abhängig von der Vorstellung des Göttlichen, nicht beliebig. So kann Weber sagen, die radikalste Variante der weltflüchtigen Mystik sei in Asien, in bestimmten Varianten des Buddhismus, die radikalste Variante der innerweltlichen Askese im Okzident, in den verschiedenen Varianten des asketischen Protestantismus, historisch aufgetreten, obgleich es in Asien natürlich Askese, insbesondere in Gestalt der weltflüchtigen Askese, und in Vorderasien und im Okzident auch Mystik, insbesondere in Gestalt der innerweltlichen Mystik, gab. Man kann diese Betrachtungen auch ein wenig anders wenden. Letztlich geht es um die Frage, ob eine Religion eine vita activa oder eine vita contemplativa und ob sie eher Weltabwendung oder Weltzuwendung prämiiert. Daraus ergeben sich vier religiös motivierte Einstellungen zur Welt. Man kann sie, in engster Anlehnung an Weber, Weltbeherrschung (innerweltliche 74  Weber, Zwischenbetrachtung, MWG I/19, S.  4 82 (schon in der Archiv-Fassung von 1915).

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Askese), Weltüberwindung (außerweltliche Askese), Schickung in die Welt (innerweltliche Mystik) und Weltflucht (außerweltliche Mystik) nennen. Mit ihrer Hilfe kann sowohl innerhalb von einzelnen Erlösungsreligionen wie zwischen ihnen unterschieden werden, wobei auch die vorherrschenden Vorstellungen des Göttlichen zu beachten sind.75 Nun haben wir bisher ohne weitere Erläuterung von „Erlösungsreligionen“ gesprochen. Auch der Unterschied zwischen Kultur-, Erlösungs- und Weltreligionen blieb unerwähnt. Dies gilt es zu korrigieren. Denn die „Zwischenbetrachtung“ erfüllt, wie bereits angedeutet, neben der Differenzierung der Heilsgüter sowie der Heilswege und der Heilsmittel noch einen weiteren Zweck. Sie leitet von denjenigen Religionen, welche die Welt, wie sie ist, im Prinzip bejahen, zu jenen über, die sie im Prinzip verneinen, sie ablehnen. Nicht zufällig führt die „Zwischenbetrachtung“ von 1915 den Untertitel: „Stufen und Richtungen der religiösen Weltablehnung“.76 Weber nennt nun jene Gruppe von Religionen, die die Welt verneinen oder ablehnen und zugleich eine Erlösungsidee für die Gläubigen entwickelt haben, Erlösungsreligionen – eine Teilmenge der Kulturreligionen, die wiederum den magischen Reli­ gionen gegenübergestellt sind. Die Erlösungsreligionen motivierten ihre An­hänger dazu, sich auf die existierende Welt entweder nicht einzulassen oder aber sie zu verändern, damit sie dem Göttlichen ähnlicher wird. Diese Grundhaltung gelte für alle Erlösungsreligionen, gänzlich unabhängig davon, ob sie nur wenige oder viele Bekenner um sich zu scharen gewußt hätten. Nur im letzteren Fall nennt Weber sie dann auch „Weltreligion“. Aber selbst Weltreligionen sind nicht immer Erlösungsreligionen, so der Konfuzianismus, der Grenzfall einer Religion, aber mit einem sozialethischen Lehrgebäude von großer Wirkung, also eine Kulturreligion oder gar eine Zivilreligion. Im „Resultat“ vergleicht Weber deshalb den weltbejahenden Konfuzianismus mit dem weltverneinenden oder weltablehnenden Puritanismus. Daran zeigt sich: Der Übergang von der Kulturreligion zur Erlösungsreligion ist für ihn, religionsgeschichtlich gesehen, ein gewaltiger Schritt. Es ist ein Schritt, der nicht Vorderasien und den Okzident von Asien trennt, sondern der aus seiner Sicht in Asien selbst gegangen wurde. Darin besteht übrigens ein wichtiger Unterschied zu den religionsgeschichtlichen Betrachtungen Hegels. Bei diesem verläuft die Trennlinie zwischen Asien und dem Okzident. So erklärt sich auch, weshalb Weber sagen kann, die Reihenfolge seiner Betrachtung sei nur „zufällig geographisch, von Ost nach West gehend“. In Wahrheit seien

75  Zur Systematisierung dieses Aspekts der „Zwischenbetrachtung“ Schluchter, Lebensführung II (wie oben, S.  11, Anm.  41), S.  8 0 ff., insbes. S.  9 9 und S.  102, sowie ders., Entzauberung, S.  18–39, S.  3 6. 76  Weber, Zwischenbetrachtung, MWG I/19, S.  479, textkritische Anm.  a.

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„innere Zweckmäßigkeitsgründe der Darstellung dafür maßgebend“.77 Welches sind diese „inneren Zweckmäßigkeitsgründe“? Sie ergeben sich aus den besprochenen begrifflichen Unterscheidungen: Weltbejahung oder Welt­ ablehnung einerseits, innerhalb der Weltablehnung die kontemplativ-my­ stische oder die aktiv-asketische Variante andererseits. Im Vergleich des Konfuzianismus mit dem Puritanismus wird der erste Schritt illustriert, im Vergleich der asiatischen mit den vorderasiatisch-okzidentalen Erlösungsreligionen der zweite. Da der ‚Endpunkt‘ durch den asketischen Protestantismus markiert ist, mündet der letzte Vergleich in eine entwicklungsgeschichtliche Betrachtung, mit der erklärt werden soll, wie es zu der Sondererscheinung des asketischen Protestantismus kam. Daraus folgt auch: Da in den Protestantismus-Aufsätzen von 1904/05 eine asketische Erlösungsreligion untersucht wurde, können sie, obgleich zeitlich die frühesten, nicht an der Spitze der Skizzen zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen stehen. Der asketische Protestantismus sei, wie Weber in der „Einleitung“ richtigerweise sagt, durchgängig nur als Vergleichsobjekt herangezogen, und das Christentum werde erst am Schluß der Serie noch einmal charakterisiert. Diese Betrachtungen müssen 1913/1915 auch deshalb an den Schluß gestellt werden, weil aus Webers Sicht die innerweltliche Askese, die religiös motivierte Weltbeherrschung, von allen Erlösungsreligionen im asketischen Protestantismus am radikalsten verwirklicht wurde. Die Kompositions­ idee, die Studien über die Wirtschaftsethik der Weltreligionen mit dem Konfuzianismus beginnen und mit dem asketischen Protestantismus enden zu lassen, gilt für 1915. Für 1920, für den Band I der Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie, gilt sie nicht mehr, wie sich zeigen wird.78 Ein zweiter Gedanke aus der „Einleitung“ wird differenzierend in der „Zwischenbetrachtung“ wieder aufgenommen. Es ist das Verhältnis der Erlösungsreligionen zum Alltag, wobei Weber in der „Einleitung“ unter Alltag zunächst nur die „Stätte der Wirtschaft“ nennt.79 In der „Zwischenbetrachtung“ geht er weiter. Neben die Wirtschaft treten die Politik, die Kunst, die Sexualität und Erotik und die Wissenschaft.80 Eine religiöse Brüderlichkeitsethik wie die des Christentums, besonders als asketische Virtuosenreligiosität, welche die vita activa prämiiert und die Welt gemäß dem religiösen Postulat beherrschen will, gerät mit den Prinzipien dieser verschiedenen Handlungssphären in Spannung. Und dies umso mehr, je mehr sich diese nach ihren eigenen Gesetzen entwickeln. Weber formuliert hier eine entwicklungs77  Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  119, Fn.  2 (nach der Archiv-Fassung, nach der Fassung von 1920: Fn.  3). 78  Dazu unten, S.  4 8–54. 79  Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  112. 80 Zur Systematisierung Schluchter, Wolfgang, Grundlegungen der Soziologie, Band 1. – Tübingen: Mohr Siebeck 2006 (hinfort: Schluchter, Grundlegungen I), S.  311.

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geschichtliche These: Auf die religiöse Entzauberung der Welt, welche die innerreligiöse praktische Rationalisierung vorantrieb, folgt die außerreligiöse Entzauberung der Welt, durch die moderne Wissenschaft. Dies führt zu einem areligiösen theoretischen und praktischen Rationalismus, der auf das Verständnis von Religion zurückwirkt. Sie wird, aus der Sicht der Vertreter dieses ‚weltlichen‘ Rationalismus, zu einer irrationalen Macht.81 Wir sehen also: „Einleitung“, „Resultat“ und „Zwischenbetrachtung“ sind Texte, in denen Weber sich an den Erkenntnissen seiner Protestantismusstudien orientiert, begrifflich aber teilweise über sie hinausgeht. Dies mußte Folgen für seinen Plan haben, diese Studien zu überarbeiten und fortzusetzen, der ja 1915 immer noch bestand. Aber inzwischen gab es auch wieder öffentliche Kritik an den Ergebnissen seiner Aufsätze zum asketischen Protestantismus. Sie wurde von Werner Sombart begonnen und von Lujo Brentano verschärft. Wie sah sie aus, und wie hat Weber darauf reagiert?

3.  Die Kritik von Werner Sombart und Lujo Brentano an Max Webers ursprünglicher Protestantismusstudie Werner Sombart hatte in seinem zweibändigen Werk Der modernen Kapitalismus aus dem Jahre 1902 Max Weber ein wichtiges Stichwort geliefert. Es hieß „Geist des Kapitalismus“.82 Sombarts These dazu: Religiöse Faktoren hätten, wie andere ideelle Faktoren auch, die Entwicklung dieses Geistes zwar begünstigt, nicht aber bewirkt. Dem widersprach Max Weber bekanntlich in seinen ursprünglichen Protestantismusstudien.83 Er stellte einen kausalen Zusammenhang zwischen dem asketischen Protestantismus und dem Geist des modernen Kapitalismus her. Die innerweltliche Berufsaskese der Anhänger der verschiedenen Strömungen des asketischen Protestantismus galt ihm als mit ursächlich für die Entstehung der modernen Berufskultur.84 81  Zu den beiden Entzauberungsprozessen und ihrer Verknüpfung Schluchter, Entzauberung, S.  2. 82  Sombart, Werner, Der moderne Kapitalismus, 1. Band: Die Genesis des Kapitalismus, 2. Band: Die Theorie der kapitalistischen Entwicklung. – Leipzig: Duncker & Humblot 1902 (hinfort: Sombart, Der moderne Kapitalismus I und II), darin Erster Band, Kapitel 14 und 15, S.  378–390 und 391–397. 83  Weber hatte seine Problemstellung 1904 ja ausdrücklich von der Sombarts abgegrenzt. Sombart habe zwar die ethische Seite des kapitalistischen Unternehmers nicht unbeachtet gelassen, sie aber als vom Kapitalismus bewirkt, nicht ihn (mit)bewirkend verstanden. Er, Weber, aber ziehe letzteres in Betracht. Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  147, Fn.  2 2; dass. in: Protestantische Ethik 1920, unten, S.  156 f., Fn.  2 9. 84 Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  420–425; dass. in: Protestantische Ethik 1920, unten, S.  4 85–492.

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Sombart veröffentlichte im Jahre 1911 ein Buch mit dem Titel „Die Juden und das Wirtschaftsleben“.85 In Der moderne Kapitalismus hatte er die Rolle der Juden bei der Entstehung des modernen Kapitalismus bereits kurz berührt.86 Ein Jahr später, in dem Buch Die deutsche Volkswirtschaft im 19. Jahrhundert, widmete er dieser Rolle einen ganzen Abschnitt.87 Nun, 1911, folgte zu diesem Thema ein umfangreiches Buch. Sombart betont ausdrücklich, er sei zu diesem Buch durch Max Weber angeregt worden.88 Dessen Aufsatzfolge von 1904/05 habe ihm gezeigt, daß er mit seinen Überlegungen zu den Ursprüngen des kapitalistischen Geistes anfangs nur an der Oberfläche geblieben sei. Jetzt wolle er tiefer graben. Er habe deshalb die Arbeit an der zweiten Auflage seiner Kapitalismusanalyse von 1902 unterbrochen, um zunächst den Einfluß der Religion auf das Wirtschaftsleben zu studieren. Resultat dieser Bemühung sei das jetzige Buch, in dem die Rolle der Juden bei der Entstehung und Durchsetzung des modernen Kapitalismus dargestellt sei. Gleich zu Beginn präsentiert Sombart seine gegen Max Weber gerichtete These. Eine genaue Prüfung von dessen Argumentation habe nämlich ergeben, daß „alle diejenigen Bestandteile des puritanischen Dogmas, die mir von wirklicher Bedeutung für die Herausbildung des kapitalistischen Geistes zu sein scheinen, Entlehnungen aus dem Ideenkreis der jüdischen Religion“ sind.89 Später heißt es noch einmal, Webers Untersuchungen hätten „jeden aufmerksamen Beobachter“ zu der Frage führen müssen, ob das, was dieser dem Puritanismus zuschreibt, „schon lange vorher und später in erhöhtem Maße von dem Judaismus geleistet“ wurde.90 Sombarts Schlußfolgerung: „Puritanismus ist Judaismus“.91 Nicht zufällig hätten Oliver Cromwell und seine Gefolgsleute das Judentum hoch geschätzt. Nun hatte Weber bereits 1905, im zweiten Aufsatz der „Protestantischen Ethik“, festgestellt, es gebe Ähnlichkeiten zwischen Puritanismus und Judentum, wenn man dabei nicht an das palästinensische Judentum denke, sondern an dasjenige, „wie es unter dem Einfluß der vielen Jahrhunderte formalistisch-gesetzlicher und talmudischer Erziehung allmählich wurde“. Dies drücke auch die Beschreibung des englischen Puritanismus als „‚English

85 Sombart, Werner, Die Juden und das Wirtschaftsleben. – Leipzig: Verlag von Duncker & Humblot 1911 (hinfort: Sombart, Juden). 86  Sombart, Der moderne Kapitalismus I, S.  3 90. 87 Sombart, Werner, Die deutsche Volkswirtschaft im 19. Jahrhundert. – Berlin: Georg Bondi 1903, Sechstes Kapitel. 88  Sombart, Juden, S. V, S.  2 26. 89  Ebd., S. V. 90  Ebd., S.  226. 91  Ebd., S.  293.

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Hebraism‘“ aus.92 Aber diese Ähnlichkeiten sagten nichts aus über genetische Zusammenhänge. So aber werden diese Ähnlichkeiten von Sombart interpretiert. Die Juden hätten die Entstehung des kapitalistischen Geistes, ja des modernen Kapitalismus insgesamt, mit verursacht. Ein wichtiger Grund dafür liege in ihrer Religion. Damit revidiert Sombart die Position, die er 1902 eingenommen hatte. Religiöse Mächte verstärken nicht nur eine wirtschaftliche Entwicklung, wie von ihm ursprünglich behauptet, sie rufen diese vielmehr mit hervor. Insoweit folgt er Max Weber. Bei der Identifikation dieser religiösen Mächte folgt er ihm dagegen nicht. Bei Sombart sind es nicht die Puritaner, sondern die Juden, die hauptsächlich den Geist des Kapitalismus bewirkten. Deshalb diskutiert er zunächst den Anteil der Juden an dem Aufbau der modernen Volkswirtschaft, dann ihre Befähigung zum Kapitalismus. Schließlich folgt ein Abschnitt über die Entstehung des jüdischen Volkes. Diesen lassen wir hier unberücksichtigt. Auch Sombart selbst hielt ihn für „spekulativ“.93 Sombart sagt von seinem Buch, es sei zwar einseitig, aber kein Thesenbuch und frei von Werturteilen.94 Einseitig aber sei es nur insofern, als andere Faktoren, die für die Entstehung des modernen Kapitalismus auch infrage kämen, hier ausgeklammert blieben. Einseitigkeit ist von ihm also heuristisch aufgefaßt. Im Übrigen habe er nur Fakten gewissenhaft zusammengetragen. Deshalb sei er davon überzeugt, daß zumindest die Abschnitte über den Anteil der Juden am Aufbau der modernen Volkswirtschaft und über ihre Befähigung zum Kapitalismus „nicht erschüttert werden“ könnten.95 Der Anspruch ist also hochgesteckt. Bereits in seinen früheren Arbeiten hatte Sombart den Unterschied zwischen einer vorkapitalistischen und einer kapitalistischen Wirtschaftsweise unter anderem in den Kategorien persönlich-sachlich beschrieben. Offensichtlich stand dabei die Marxsche Unterscheidung zwischen einer einfachen und einer kapitalistischen Warenproduktion im Hintergrund. In der vorkapitalistischen Wirtschaftsweise gehe es um den Gebrauchswert der Ware, um eine Versorgung nach dem Grundsatz der Nahrung. Alles Wirtschaften sei am standesgemäßen Auskommen orientiert. Der Mensch und seine traditional stereotypierten Bedürfnisse seien der Zweck des Wirtschaftsgeschehens. Dieses personal orientierte Wirtschaften sei durch objektive Normen reguliert. All dies zerstöre die kapitalistische Wirtschaftsweise. Denn hier werde vom 92  Weber, Protestantische Ethik II, MWG I/9, S.  3 94; dass. in: Protestantische Ethik 1920, unten, S.  4 44. 93  Sombart, Juden, S.  3 37–434. Die darin enthaltenen kollektivpsychologischen und rassentheoretischen Argumentationen sind nicht nur zeitbedingt, sondern auch ideologiebehaftet. 94  Sombart, Juden, S. X–XI, sowie das Inhaltsverzeichnis, S. XVII–XXVI. 95  Ebd., S. IX.

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Gebrauchswert auf den Tauschwert, von Personalisierung auf Versachlichung umgestellt. Nicht mehr der Mensch sei der Zweck des Wirtschaftens, sondern das Geschäft, das Erwerben um des Erwerbens willen, die Akkumulation des Kapitals, für die es kein natürliches Ende gibt. Sombart ist nun der Meinung, die traditionale Auffassung der Wirtschaftsführung, die während des ganzen Mittelalters gegolten habe, sei auch noch in der frühkapitalistischen Epoche vorherrschend geblieben. Aber dieser vorherrschenden Wirtschaftsgesinnung habe sich die jüdische nicht gefügt. Es habe den Kampf zweier entgegengesetzter Wirtschaftsgesinnungen gegeben. Die Juden hätten dabei „als die ‚Störer‘ der Nahrung“ gewirkt.1 Diese Wirkung begründet Sombart zum einen mit der mehr oder weniger konsequenten Exklusion der Juden aus den jeweiligen ‚Wirtsgesellschaften‘, zum anderen mit dem talmudisch-rabbinischen Recht, das innerhalb der jüdischen Gemeinschaften für das Wirtschaften gegolten habe und mit dem auch die Beziehungen zur Umwelt gestaltet worden seien. Dieses Recht, tief in der Religion verankert, habe die Versachlichung wirtschaftlicher Beziehungen gestützt. Gegen die tradierten Regeln eines personalisierten Wirtschaftens, einer naturalen Orientierung, seien die Juden „Sturm“ gelaufen.2 Ihre Geschäftsmoral hätte schon immer dem Erwerbszweck Vorrang vor den natürlichen Zwecken eingeräumt: „Aus diesem starken, ethisch nicht mehr temperierten, Gewinnstreben ergeben sich nun all die einzelnen Geschäftsmaximen und Geschäftspraktiken, die man an den Juden [aus der Perspektive der Mehrheitsgesellschaft, sollte man hinzufügen, W. S.] tadelte, ganz von selbst.“3 Diese auf Versachlichung ausgerichtete Orientierung der Juden habe sie nun in besonderem Maße für den aufkommenden Kapitalismus befähigt. Sombart geht so weit zu behaupten, die überwiegend durch Vertreibung verursachten Wanderungen der Juden hätten zu den bekannten wirtschaftlichen Auf- und Abschwüngen in der frühen Neuzeit geführt. So seien nicht zuletzt die wirtschaftlichen Verschiebungen von Süd- nach Nordeuropa vom Ende des 15. bis zum Ende des 17. Jahrhunderts auf die Vertreibung der Juden von der iberischen Halbinsel und aus italienischen Städten zurückzuführen. Die wandernden Juden seien es gewesen, „die an entscheidenden Punkten den wirtschaftlichen Aufschwung dort förderten, wo sie erschienen, den Niedergang dort herbeiführten, von wo sie sich wegwandten“.4 Dies ist gewissermaßen die These Eberhard Gotheins, nun auf das Judentum angewandt. Daß die Juden diese Wirkung entfalten konnten, hänge mit ihrem Rationalismus zusammen. Denn der Kapitalismus erfordere statt der traditionali­ 1  Ebd., 2  Ebd., 3  Ebd., 4  Ebd.,

S.  141. S.  151. S.  158. S. VI.

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stischen eine rationalistische Gestaltung der Wirtschaft: Planmäßigkeit, Zweckmäßigkeit, Rechenhaftigkeit würden im wirtschaftlichen Handeln verlangt. Ob Unternehmer oder Händler, beide müßten von diesem rationali­ stischen Geist durchdrungen werden. Dies bedeute, daß an die Stelle des „urwüchsigen, originalen Lebens“ ein „rational gestalteter Seelenmechanismus“ trete, „eine Umkehrung aller Lebensbewertung und Lebensbedenkung“. Eine solche Rationalisierung des Lebens finde man im Judentum. Sombart formuliert pointiert: „Der homo Judaeus und der homo capitalisticus gehören insofern derselben Spezies an, als sie beide homines rationalistici artificiales sind.“5 Und, so läßt sich seine Argumentation zusammenfassen, der homo Judaeus gehe historisch dem homo capitalisticus voraus. Er begründet diese Eignung der Juden für den Kapitalismus nicht nur mit der jüdischen Lehre und der jüdischen Erziehung, sondern auch mit ihrer objektiven Lage: Weil sie nicht dazugehörten, wandernde Fremde oder bloß Halbbürger waren, hätten sie sich nicht angepaßt, hielten vielmehr in einer feindlichen Umwelt an ihrem religiös motivierten Geschäftsgebaren fest. Als sich dann der Kapitalismus gegen den Traditionalismus durchsetzte, seien sie von Haus aus vorbereitet gewesen, die neu eröffneten wirtschaftlichen Chancen zu ergreifen. Nicht zufällig seien sie in nahezu allen Bereichen des Kapitalismus heute – also zu Sombarts Zeit – überrepräsentiert.6 Sombart will zwar nicht ausschließen, daß der Judaismus auch den Puritanismus historisch beeinflußt habe. Sicher ist er sich allerdings nicht. So bleibt er bei der Feststellung einer Ähnlichkeit, ja Übereinstimmung zwischen beiden: „die Präponderanz der religiösen Interessen; die Bewährungsidee; (vor allem!) die Rationalisierung der Lebensführung; die innerweltliche Askese; die Verquickung religiöser Vorstellungen mit Erwerbsinteressen; die rechnerische Behandlung des Sündenproblems und manches andere sind in beiden Fällen dieselben.“7 Sollte Weber mit seinen Überlegungen über die historische Rolle des asketischen Protestantismus Recht haben, so gelte dies mehr noch für das Judentum. Bei diesem Ausflug in die Religionsgeschichte ließ es Sombart nicht bewenden. Zwei Jahre später griff er noch weiter aus. Jetzt ging es ihm nicht mehr nur um den Beitrag der Juden, sondern um den der „sittlichen Mächte“ an der Entstehung des Geistes des Kapitalismus. Und zu diesen „sittlichen Mächten“ rechnete er neben dem Judentum und dem Protestantismus auch den Katholizismus und die Philosophie. Sein Vorgehen in dem neuen Buch ähnelt freilich dem in seinem Buch über die Juden: Wo Weber Differenz sieht, sieht er Übereinstimmung. Der Titel des noch umfangreicheren Buches, „Der Bourgeois“, soll signalisieren, er wolle den Geist der Zeit, seine Entstehung und seine 5  Ebd., S.  281. 6  Vgl. etwa die Tabellen ebd., S.  135. 7  Ebd., S.  292.

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repräsentativen Träger erkunden. Die Untersuchung ist denn auch als eine „Geistesgeschichte des modernen Wirtschaftsmenschen“, so der Untertitel, angelegt.8 Auch hier entwickelt Sombart die kapitalistische Wirtschaftsgesinnung auf dem Hintergrund der vorkapitalistischen. Diese sei, wie bereits im anderen Buch ausgeführt, von der Idee der Nahrung geprägt. Sie folge dem Bedarfsdeckungsprinzip, bleibe empiristisch und traditionalistisch. Das wirtschaftliche Dasein vollziehe sich in „der sicheren Ruhe“, wie sie „allem organischen Leben eigentümlich“ sei. Es sei nun zu zeigen, wie „diese Ruhe sich in Unruhe wandelt, wie die Gesellschaft aus einer grundsätzlich statischen zu einer grundsätzlich dynamischen“ sich entwickelte.9 Aus der Idee der Nahrung und dem Menschen als dem Maß aller Dinge werde die Idee des endlosen Strebens nach immer höherem Erwerb. Sombart unterscheidet nun zwischen Unternehmergeist10 und Bürgergeist. Der kapitalistische Geist entstehe aus einer Verbindung beider.11 Der von Weber in den Mittelpunkt gestellte Benjamin Franklin etwa sei das „fleischgewordene Bürgerprinzip“.12 Doch dieser stehe keineswegs am Beginn einer Entwicklung. Schon 400 Jahre zuvor habe Leon Battista Alberti in seinen Büchern über das Familienregiment ähnliche Auffassungen verbreitet. Zwischen Alberti und Franklin bestehe „nicht der mindeste Unterschied“.13 Beide würden mit ihren Einlassungen den Bürgergeist repräsentieren.14 Also, so kann man folgern, habe Weber Franklins Rolle historisch falsch eingeschätzt. 8 Sombart, Werner, Der Bourgeois. Zur Geistesgeschichte des modernen Wirtschaftsmenschen. – München und Leipzig: Duncker & Humblot 1913 (hinfort: Sombart, Bourgeois). Sombart legte im selben Jahr noch zwei weitere Bücher vor, in denen er sich gleichfalls mit der Entwicklungsgeschichte des Kapitalismus beschäftigt. Sombart, Werner, Luxus und Kapitalismus. – München und Leipzig: Duncker & Humblot 1913; und ders., Krieg und Kapitalismus. – München und Leipzig: Duncker & Humblot 1913. 9  Sombart, Bourgeois, S.  2 3. 10 Der erste Abschnitt des Buches ist dem Unternehmer, der Unternehmung und dem Unternehmergeist gewidmet, ebd., S.  2 9–134. Repräsentanten des Unternehmergeistes seien Eroberer, Organisatoren und Händler, ob als Unterhändler oder Verhandler. Als Grundtypen des kapitalistischen Unternehmertums führt Sombart Freibeuter, Feudalherren, Staatsbeamte, Spekulanten, Kaufleute, Handwerker als Manufakteure oder Fabrikanten auf. 11  Sombart erwähnt als weitere Faktoren Erwerbstrieb und Rechenhaftigkeit: „Aus Erwerbstrieb und Unternehmergeist, aus Bürgerlichkeit und Rechenhaftigkeit baut sich die komplizierte Psyche eines Bourgeois auf, und diese Bestandteile können selbst wieder in zahlreichen Nuancen sich darstellen und in ganz verschiedenen Mischungsverhältnissen sich in ein und derselben Person vorfinden.“ Ebd., S.  194. Von solcher ‚Präzision‘ ist Sombarts Argumentation durchgängig. 12  Ebd., S.  136. 13  Ebd., S.  149. 14  Ebd., S.  157.

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Die ethische Komponente, die Weber mit dessen Wirtschaftsgesinnung verbinde, sei viel älter und ein allgemeiner Grundzug der frühkapitalistischen Epoche. Schon lange vor der Reformation habe sich der Unternehmergeist mit dem Bürgergeist zur kapitalistischen Wirtschaftsgesinnung verbunden. Das 17. Jahrhundert sei nur eine Spätphase dieser Entwicklung, deren Beginn mit Alberti, wenn nicht gar früher, anzusetzen sei. Sombart betont nun allerdings, man müsse den Bourgeois alten Stils vom modernen Wirtschaftsmenschen unterscheiden. Für den Bourgeois alten Stils gelte, „daß in allem seine[m] Denken und Planen, in allem seinem Lassen und Tun das Wohl und Wehe des lebendigen Menschen die Bestimmung abgab“, daß sein Grundsatz lautete: „omnium rerum mensura homo“.15 So bleibe er der Idee der Nahrung nah. Streng genommen sei er dem Rentnerideal verpflichtet.16 Unternehmergeist, Erwerbstrieb und ökonomischer Rationalismus blieben moralisch eingehegt. Das, so kann man mit Blick auf das andere Buch hinzufügen, sei nur bei den Juden anders. Hier fielen die meisten der moralischen Beschränkungen, die sich der alte Bourgeois gegenüber einem unbegrenzten Erwerbsstreben auferlegte, weitgehend weg. Auch für den modernen Wirtschaftsmenschen seien solche moralischen Beschränkungen aufgehoben: „Das Streben der Wirtschaftssubjekte ist vielmehr auf möglichst hohen Erwerb und möglichste Blüte des Geschäfts gerichtet“.17 Was den Bourgeois alten Stils kennzeichnete – kein Reichtum um seiner selbst willen, kein hektisches Geschäftsleben, keine ruinöse Konkurrenz mit anderen und kein unangemessenes Werben um Kundschaft, auch Zurückhaltung gegenüber dem technischen Fortschritt18 –, würde unter der Herrschaft des modernen Wirtschaftsmenschen in sein Gegenteil verkehrt. Nun läßt sich diese Unterscheidung zwischen der Wirtschaftsgesinnung des Bourgeois alten Stils und der des modernen Wirtschaftsmenschen mit der Säkularisierungs- und Verbreitungsthese vereinbaren, wie sie Weber in den letzten Passagen seiner Protestantismusstudien entwickelt.19 Anders verhält es sich mit der Ursprungsthese. Hier befindet sich Sombart zu Weber auf Gegenkurs. In seinem Buch über die Juden hatte er noch geschwankt, ob die von ihm konstatierte Parallele zwischen Judentum und Puritanismus auch kausal interpretiert werden dürfe. Jetzt äußert er sich in dieser Hinsicht eindeutig. Die von ihm untersuchten „sittlichen Mächte“ seien nicht bloße „Parallelerscheinungen“, sie müßten vielmehr kausal gedeutet werden, und zwar so, 15  Ebd., S.  195. 16  Sombart wählt Franklins Einteilung eines natürlichen Tages aus dessen Autobiographie als Beispiel dafür, wie geruhsam bei ihm noch das Geschäftsleben gestaltet war. Ebd., S.  199. 17  Ebd., S.  217. 18  Dazu ebd., S.  196–211. 19  Zu diesen Unterscheidungen Schluchter, Entzauberung, S.  5 9.

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„daß das Moralgebot die Ursache, die Gestaltung des Verhaltens der Wirtschaftssubjekte die Wirkung war“.20 Diese kausal wirksamen „sittlichen Mächte“ seien aber keineswegs, wie bei Weber, nur im Puritanismus zu finden. Sie bildeten eine viel umfassendere Strömung, weit über den Puritanismus hinaus. Was genau sind für Sombart diese „sittlichen Mächte“, die er als kausal relevante Quellen des kapitalistischen Geistes ansieht? Jedenfalls nicht, wie bereits gesagt, der Puritanismus allein. Ja nicht einmal der Puritanismus in erster Linie. Denn es sei mehr als fraglich, ob diesem überhaupt kausale Bedeutung für die Ausbildung einer kapitalistischen Wirtschaftsgesinnung zuzurechnen sei. In seiner englisch-schottischen Spielart sei er ausgesprochen kapitalismusfeindlich, obgleich Sombart zugesteht, daß auch er die „Rationalisierung und Methodisierung des Lebens, die Unterdrückung der Triebe, die Umbildung des kreatürlichen Menschen in den Vernunftmenschen“ gefördert habe.21 Aber dies könne man auch vom Katholizismus in Gestalt des Thomismus oder von katholischen Schriftstellern wie Antonin von Florenz und Bernhardin von Siena sagen. Diese stünden dem Kapitalismus sogar „mit unendlich viel größerer Sachkunde und mit unendlich viel größerer Sympathie gegenüber als etwa im 17. Jahrhundert die zelotischen Verkünder des Puritanismus“.22 Vor allem sei der Inhalt der Vorschriften für die Lebensführung im Thomismus und Puritanismus „wortwörtlich derselbe“. Wenn man hier einen Unterschied machen wolle, dann „würde eine etwas genauere Befolgung und somit eine stärkere Rationalisierung und Methodisierung der Lebensführung bei den Puritanern aus nichts anderem zu erklären sein als aus dem gesteigerten religiösen Gefühl der Menschen des 17. Jahrhunderts“.23 Sombart ebnet alle Unterschiede ein, die für Weber wichtig waren: Zwischen weltlichen und christlichen Lehren einerseits, innerhalb der christlichen Lehren zwischen Katholizismus, Luthertum und asketischem Protestantismus andererseits. Aus seiner Sicht haben all diese „sittlichen Mächte“ in der Phase des Frühkapitalismus den kapitalistischen Geist mehr oder weniger mit verursacht. Nur dem Judentum billigt er in dieser Hinsicht eine Sonderrolle zu. Weber sei dieser übergeordnete Zusammenhang entgangen, weil er sich zu sehr auf theologische Betrachtungen eingelassen habe. Wer dies tue, laufe Gefahr, die tatsächlichen Kausalzusammenhänge zu übersehen. Dies, so Sombarts Urteil, sei Max Weber unterlaufen. Er habe seine „Sache zu gut gemacht“: „Dieser Vorwurf, die Sache zu gut gemacht zu haben (im theologischen Sinne) trifft meiner Ansicht nach die vielgerühmte Studie Max Webers

20  Sombart, Bourgeois, S.  3 54. 21  Ebd., S.  329. 22  Ebd., S.  315. 23  Ebd., S.  330.

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über die Bedeutung des Puritanismus für die Entwicklung des kapitalistischen Geistes“.24 Anders verfährt Lujo Brentano, der 1916 eine 1913 gehaltene Rede veröffentlicht, in der er seine Sicht der Entstehung des modernen Kapitalismus dargelegt hatte. Dies nimmt er zum Anlaß, auch auf Webers Ansatz kritisch einzugehen. Verglichen mit Sombart, der Webers Ansatz zwar übergeneralisiert, aber im Grundsatz nicht verwirft, kritisiert Brentano in der Sache schärfer. Der Geist des Kapitalismus habe keineswegs, ja nicht einmal in erster Linie religiöse Ursachen. Er sei im wesentlichen eine Folge der heidnischen Emanzipation vom Traditionalismus und zugleich von den moralischen Beschränkungen durch Religion.25 In seiner Festrede „Die Anfänge des modernen Kapitalismus“, gehalten in einer öffentlichen Sitzung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften am 15. März 1913, hatte Brentano die Bedeutung von Handel, Geldleihe und Krieg für den Beginn des modernen Kapitalismus unterstrichen. Dabei galt den Kreuzzügen sein besonderes Augenmerk.26 Diese seien nicht zuletzt deshalb wichtig, weil sich mit ihnen ein Umbruch in der Kriegsorganisation verbinde: von dem ineffizienten Feudalheer zu der weit effizienteren kapitalistischen Kriegsorganisation, dem Söldnerheer. Eine kapitalistische Orientierung beim Wirtschaften habe es freilich nicht erst jetzt, sondern schon immer gegeben. Die christliche Religion habe sie niemals gefördert, sondern mehr oder weniger gehemmt. Schon in seiner Rektoratsrede von 1901 zeigte er an den Lehren der Kirchenväter, wie stark diese Hemmnisse mitunter waren.27 Überhaupt sah Brentano in der Frage nach dem Geist des Kapitalismus im Grunde kein fruchtbares wissenschaftliches Problem. Denn das unbegrenzte Erwerbsstreben sei universell, es zeige sich schon bei den Barbaren, „auf 24  Ebd., S.  3 05 f. 25  Brentano, Lujo, Die Anfänge des modernen Kapitalismus. Festrede gehalten in der öffentlichen Sitzung der K. Akademie der Wissenschaften am 15. März 1913. Nebst drei Exkursen: I. Begriff der Wandlungen der Wirtschaftseinheit, II. Der vierte Kreuzzug, III. Handel, Puritanismus, Judentum und Kapitalismus. – München: Verlag der K. B. Akademie der Wissenschaften 1916 (hinfort: Brentano, Anfänge); auch in der von ihm selbst zusammengestellten Aufsatzsammlung: ders., Der wirtschaftende Mensch in der Geschichte (1923), neu hg. von Richard Bräu und Hans G. Nutzinger. – Marburg: Metropolis-Verlag 2008 (hinfort: Brentano, Wirtschaftender Mensch), S.  167 ff. 26 Brentano, Anfänge, S.  4 8: „Der moderne Kapitalismus hat also im Handel, der Geldleihe und dem Kriegswesen seinen Anfang genommen; die auf kapitalistischer Grundlage organisierten Kriegszüge der Kreuzfahrer hatten als Rückwirkung das Eindringen der kapitalistischen Wirtschaftsordnung auch in das Gewerbe und die Landwirtschaft Italiens und anderer Länder mit aufblühendem Städtewesen.“ 27  Brentano, Lujo, Ethik und Volkswirtschaft in der Geschichte. Rede beim Antritt des Rektorats der Ludwig-Maximilians-Universität, gehalten am 23. März 1901. – München: Kgl. Hof- und Universitäts-Buchdruckerei von Dr. G. Wolf & Sohn 1901; auch in: Brentano, Wirtschaftender Mensch (wie oben, Anm.  25), S.  5 3 ff.

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frühester, rein naturalwirtschaftlicher Kulturstufe“.28 Es „wurz[le] tief in der menschlichen Natur“. Wenn sich in dieser Hinsicht im historischen Verlauf etwas ändere, dann nur, worauf sich dieses Streben nach unbegrenztem Erwerb richte: zunächst auf Land, dann auf Geld.29 Brentano folgt bei seiner Kritik dem Grundsatz, „daß die ethische Beurteilung durch die Wirtschaftsentwicklung bestimmt wird, nicht aber sie bestimmt“.30 Er hält also den Ansatz, den Weber in seinen Protestantismusstudien gewählt hatte und zu dem Sombart konvertiert war, für falsch. Zudem erachtet er, anders als Weber und auch Sombart, keineswegs „das Streben nach Gelderwerb um des Geldes willen, nach Geld als summum bonum, als etwas gegenüber dem ‚Glück‘ oder dem ‚Nutzen‘ des Individuums schlechthin Irrationales, Unnatürliches“.31 Im Gegenteil: Dieses Streben sei das Natürlichste der Welt und dem irdischen Glück förderlich. Brentano sucht den Inhalt von Webers Ausführungen zunächst möglichst textnah wiederzugeben,32 um ihm dann drei fundamentale Fehler vorzuwerfen: 1. Weber habe mit seiner Definition des Geistes des Kapitalismus eine petitio principii begangen. Er nehme in seine Definition auf, was es erst zu beweisen gelte: daß der Geist des Kapitalismus eine ethische Komponente habe – was für ihn eine falsche Vorstellung ist. 2. Weber habe die Bedeutung der heidnischen Emanzipation vom Traditionalismus für das Entstehen des modernen Kapitalismus völlig außer acht gelassen. Diese aber sei nicht zuletzt auch deshalb wichtig, weil damit zugleich ein Weg zur Emanzipation des wirtschaftlichen Geschehens von religiös-moralischer Beschränkung eröffnet worden sei. 3. Selbst wenn man sich auf den religionsgeschichtlichen Standpunkt stelle, sei Webers Versuch, die positive Bewertung des weltlichen Berufs als gottgewollt ausschließlich dem Protestantismus zuzurechnen, historisch nicht haltbar. Sie sei allgemeines christliches Gedankengut. Webers einseitige Sichtweise zeige sich auch an seiner semantischen Untersuchung zum Berufsbegriff am Beispiel der Bibelübersetzungen. Sie kranke an zwei gravierenden Fehlern. Zum einen sei es unzulässig, aus dem Fehlen eines Begriffs auf das Fehlen der Begriffsvorstellung zu schließen. Zum anderen sei die Behauptung, „die lateinisch-katholischen Völker hätten kein Wort für ‚Beruf‘ im Sinne von Lebensstellung“ gekannt, schon deshalb falsch, weil das lateinische vocatio in der Vulgata beides umfasse: sowohl die Berufung zum ewigen Leben, wie die Berufung in eine Lebensstellung.33

28  Brentano, Anfänge, S.  112. 29  Ebd., S.  115. 30  Ebd., S.  119, Anm.  3. 31  Ebd., S.  125. 32  Ebd., S.  126–131. 33  Ebd., S.  136.

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Doch damit ist die Kritik von Brentano an Weber noch nicht beendet. Selbst wenn man zugestehe, so Brentano, daß Luther, Calvin und die independenten Sekten dem weltlichen Beruf religiöse Bedeutung zusprachen, sei von ihnen natürlich nicht der kapitalistische Geist gelehrt worden. Weder bei Calvin, schon gar nicht bei Luther, aber zum Beispiel auch nicht bei Cromwell finde man eine Rechtfertigung des Gelderwerbs um seiner selbst willen: Die Lehren der Puritaner seien, „statt kapitalistisch zu sein, geradezu traditionalistisch“.34 Auch Benjamin Franklin, dem Weber ja für seine provisorische Veranschaulichung des Geistes des Kapitalismus so große Bedeutung zugemessen hatte, sei in ethischen Fragen eher ein Aristoteliker denn ein asketischer Protestant. Seine Ratschläge für ein angemessenes Wirtschaftsgebaren bestünden aus „biederen, durchaus kleinbürgerlichen Klugheitsregeln“.35 Überhaupt sei Franklins Position von Weber insgesamt falsch dargestellt.36 Zudem dürfe man die religiöse Aufforderung zu rastloser Arbeit nicht mit kapitalistischem Geist verwechseln. Zweifellos habe die Reformation mit der Individualisierung des religiösen Lebens die religiöse Sicht auf das wirtschaftliche Geschehen im Vergleich zum Mittelalter verändert. Aber der von Weber behauptete Zusammenhang zwischen dem Puritanismus und dem Geist des Kapitalismus bestehe nicht. Wie bereits gesagt, reagierte Weber bei Sombart nicht mit einer sofortigen Antikritik, wie er es bei H. Karl Fischer und Felix Rachfahl getan hatte. Auch gegenüber Brentanos Angriff bleibt eine solche Antikritik zunächst aus. Privat allerdings äußerte er sich zumindest gegenüber Sombart im Ton zwar versöhnlich, nicht aber in der Sache. 1911, als er sich für das Buch Die Juden und das Wirtschaftsleben bedankt, zeigt er sich noch milde gestimmt, weil offensichtlich mit anderen Themen beschäftigt. Das Handbuch der politischen Ökonomie forderte seinen Tribut. Außerdem war er wieder einmal in einer prekären gesundheitlichen Lage. So antwortet er eher dilatorisch, zeigt sich gar voll des Lobes und geht nur vorsichtig auf Distanz. Das Buch sei eine glänzende schriftstellerische Leistung, das „Glänzendste das Religionskapitel“.37 1913, in Webers Jahr der Religion und Sombarts Bourgeois, sieht die Sache dann ganz anders aus. Weber schreibt an seiner Religionssystematik und an seinen Skizzen zur Wirtschaftsethik der Kulturreligionen. Und dabei geht es ihm auch um die Sonderstellung des asketischen Protestantismus im Konzert der Religionen, welche Sombart mit seinen Büchern, insbesondere 34  Ebd., S.  143. 35  Ebd., S.  149. 36  Ebd., S.  153 f. 37  Brief Max Webers an Werner Sombart vom 27. März 1911, MWG II/7, S.  154 f. Sombart hatte Weber ein Exemplar mit handschriftlicher Widmung vom 22. Februar 1911 zugeschickt. Es befindet sich in Max Webers Handbibliothek, Max Weber-Arbeits­ stelle, BAdW München.

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mit dem zweiten, ja bestritt. Nun läßt Weber Sombart in freundschaftlichem Ton wissen, daß er an dessen Ausführungen über Religion in seinem JudenBuch nahezu jedes Wort für falsch halte und daß dies erst recht für das neue Buch gelte. Denn dieses sei „auch diesmal und noch mehr als sonst: schlechte Waare aus zweiter Hand, dem ‚wissenschaftlichen‘ = ‚fachlichen‘ Werth nach“.38 Von einem ‚glänzenden Religionskapitel‘, wie 1911, ist keine Rede mehr. Weber äußert sein vernichtendes Urteil auch gegenüber Dritten. So heißt es in einem Brief an Heinrich Sieveking, der offensichtlich den Bourgeois gelesen und sein Urteil Weber mitgeteilt hatte: „Sombart habe ich inzwischen auch gelesen. Das Buch ist vortrefflich geschrieben – ganz wie das ‚Judenbuch‘ – und sachlich nicht so völlig verfehlt wie dieses. Im Gegenteil enthält es die verschiedensten nützlichen und z. T. sehr geistreichen Tatsachen, Hypothesen, Anregungen. Alles freilich, was über die Wirkung von Religionsarten gesagt wird, ist in diesem – wie in dem früheren – Buch absolut verfehlt und höchst leichtsinnig geschrieben.“39 Dann folgt der Hinweis, daß eine öffentliche Kritik an Sombarts ‚Geistesgeschichte‘ des Wirtschaftsmenschen aus seiner Feder wohl unvermeidlich sei: „Ich werde unangenehmer Weise kaum vermeiden können, dies auch öffentlich zu sagen, obwohl es ihn wohl sehr reizen wird. Schon die Art, wie Alberti, vollends Antonin, und gar wie Thomas behandelt werden, ist recht schlimm, noch schlimmer alle Äußerungen über den Protestantismus.“40 Wie bereits erwähnt, hatte Weber Ende 1913 noch die Absicht, diese öffentliche Kritik an Sombart entweder in seiner Religionssystematik oder in seiner Aufsatzserie oder in beiden unterzubringen.41 Der gegebene Ort dafür wäre freilich die überarbeitete Fassung der Aufsatzfolge zur „Protestantischen Ethik“ von 1904/05 gewesen, die aber zu diesem Zeitpunkt offenbar noch nicht in Angriff genommen war. Als sich Weber dann doch dazu entschloß, nutzte er diese Überarbeitung auch tatsächlich für antikritische Bemerkungen, vor allem zu Sombart und zu Brentano. Diese wurden allerdings vornehmlich in die Fußnoten verbannt.

38  Brief Max Webers an Werner Sombart vom 2. Dezember 1913, MWG II/8, S.  414 f. – Auch von Sombart, Bourgeois, existiert ein Widmungsexemplar vom 29. November 1913 in Webers Handbibliothek, Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München. 39  Brief Max Webers an Heinrich Sieveking vom 1. Dezember 1913, MWG II/8, S.  412. 40  Ebd., S.  412 f. 41  Brief Max Webers an Werner Sombart vom 2. Dezember 1913, MWG II/8, S.  415: „Schade, daß Sie diesmal grade mir die ‚fachlich‘-‚sachliche‘ ‚Widerlegung‘ zuschieben – denn da es sich ausdrücklich um Ansichten von mir handelt, ‚muß‘ ich ja wohl oder übel heran“. Und dann der bereits zitierte Zusatz: „Irgendwann, – soweit es nach dem Erscheinen von ‚Wirtschaft und Gesellschaft‘ noch nötig sein sollte, gelegentlich der dann folgenden Aufsätze über die Culturreligionen.“

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4 .  Die erweiterte Fassung der Protestantismusstudie Wir wissen nicht, wann Weber damit begann, die Texte von 1904 und 1905 zu überarbeiten. Wir besitzen zwar seine originalen handschriftlichen Zusätze in die gedruckten Texte von 1904 und 1905 für den Setzer. Und man kann nur darüber staunen, daß diesem die Entzifferung dieser Zusätze überhaupt gelang. Es gibt aber keine eindeutigen Hinweise darauf, ob bestimmte davon weiter zurückliegen als andere. Allerdings verwandte Weber für seine handschriftlichen Zusätze verschiedene Schreibfedern und Tinten, so daß eine zeitlich gestaffelte Überarbeitung jedenfalls nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann.42 Eindeutig freilich ist die Art der Veränderung, die Weber an der ersten Fassung vornimmt: Er revidiert nicht, sondern ergänzt und erweitert, wie übrigens auch sonst. Die Ergänzung betrifft vor allem die Einarbeitung weiterer Literatur und weiterer Quellen; die Erweiterung die Verbindung zwischen dem ursprünglichen Text und den Aufsätzen zur Wirtschaftsethik der Weltreligio­ nen. Hinzu kommt die Auseinandersetzung mit seinen Kritikern, vor allem mit Sombart und Brentano, während die mit Fischer und Rachfahl, die von 1907 bis 1910 stattgefunden hatte, in der überarbeiteten Fassung kaum Spuren hinterläßt.43 Beginnen wir mit den antikritischen Bemerkungen zu Sombart und Brentano, wobei die zu Sombart weit umfangreicher ausfallen als die zu Brentano. Enttäuscht zeigt sich Weber vor allem darüber, daß beide die Pointe seiner Ausführungen einfach übersehen. Schon in dem ausführlich zitierten Brief an Sombart vom 2. Dezember 1913 hatte Weber auf Rachfahl verwiesen und gegenüber Sombart beklagt, „[d]aß es Ihnen diesmal ebenso wie diesem unerfreulichen Herrn passiert ist, just die ‚Pointe‘ Dessen zu übersehen, was ich sagte“.44 Nun fügt er in die überarbeitete Fassung der Aufsatzfolge folgende Anmerkung ein: „Namentlich Sombart, aber auch Brentano, zitieren stets die ethischen Schriftsteller (meist solche, die sie bei mir kennen lernten) 42  Dazu Editorischer Bericht, unten, S.  81–85. Aus dem Briefwechsel insbesondere mit Marianne Weber läßt sich allerdings entnehmen, daß sich Weber Ende Juni 1919 endgültig an die Überarbeitung setzte und damit bis in den September beschäftigt war. Am 28. Juni 1919 schreibt er an Marianne Weber: „Ich nehme jetzt die ‚Protestant[ische] Ethik‘ vor, zur Vorbereitung für den Druck. Dann: die ‚Wirtschaftsethik‘.“ MWG II/10, S.  6 67. Weitere Mitteilungen vom 5., 13. und 19. Juli und vom 22. August 1919, ebd., S.  675, 685, 697 und S.  735. Auch in Briefen an Else Jaffé berichtet er über den Fortgang der Überarbeitung, so in den Briefen nach dem 8., vom 10. und 15. September 1919, ebd., S.  768, 769 und S.  7 73 f. 43  Das einzige Problem, das Weber zu einer längeren Anmerkung motiviert, ist die Frage nach der historischen Rolle der Toleranz, die in der Auseinandersetzung mit Rachfahl eine Rolle gespielt hatte. Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  3 49– 353, Fn.  196. 44  Brief Max Webers an Werner Sombart vom 2. Dezember 1913, MWG II/8, S.  416.

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wie Kodifikationen von Lebensregeln, ohne je zu fragen, für welche von diesen denn die psychologisch allein wirksamen Heilsprämien gegeben waren.“45 Darauf aber komme es ihm in seiner Untersuchung an. Weber betont also gegenüber beiden noch einmal die Besonderheit seines Vorgehens. Sombart war zwar inzwischen zu Weber konvertiert, aber in einer Weise, die mit dessen Ansatz nicht kompatibel war. Weber hatte sich mit seiner Aufsatzfolge ja vorgenommen, zu zeigen, nicht nur daß, sondern vor allem wie Ideen in der Geschichte wirken.46 Und sie wirken aus seiner Sicht eben nicht direkt, man kann auch sagen, nicht so, wie sie in den Lehren oder in den Kodifikationen stehen. Sie wirken vielmehr über ihre subjektive Aneignung durch die Gläubigen und über Reinterpretationen, die sie im Lichte der Inter­ essen der Gläubigen unter Umständen erfahren. Diese Wirkung abzuschätzen, verlange zwar den Durchgang durch die dogmatischen Grundlagen, aber Geltung und Wirksamkeit, man kann auch sagen: normative und empirische Geltung, sind für Weber eben zweierlei. In dem oben zitierten Brief an Graf Keyserling hatte er ja noch einmal betont, was er als die Pointe seines Vorgehens betrachtete: „nach den Unterpfändern der ‚certitudo salutis‘“ zu fragen. Denn je nachdem, wie der Gläubige Heilsgewißheit erlangen könne, gestalte sich sein Verhältnis zu den Lehren und Kodifikationen seiner Religion. Der Inhalt der Offenbarung sei im Vergleich dazu „meist weit sekundärer in seiner praktischen Bedeutung“. Und wie bereits zitiert, fuhr Weber in diesem Brief fort: „Vor Allem tritt die Frage: ‚wozu‘ Jemand durch eine Religion erlöst wird, auch zurück, gegenüber der negativen Seite der Sache: der Frage: ‚wovon‘ er erlöst sein möchte. Anscheinend überall von Einem und Demselben, – und doch geben hier kleine Nuancen, welche sehr oft rein sozialer Provenienz sind, den Ausschlag.“47 Kleine Nuancen, dafür mußte man interpretatorische Sensibilität entwickeln. Sie mangelte Sombart und Brentano aus Webers Sicht. Auf diesem Hintergrund mußten Weber Sombarts Gleichsetzungen besonders erregen: die Gleichsetzung von Leon Battista Alberti mit Benjamin Frank­ lin, von Judentum und Katholizismus mit Puritanismus, von weltlichen Lehren mit religiösen Ethiken. In zwei langen Fußnoten setzt er sich kritisch vor allem mit Sombarts Bourgeois auseinander.48 Er nennt es ein „,Thesenbuch‘ im schlechten Sinn des Wortes“.49 Man dürfe eben Parallelen nicht für die Sache 45  Weber, Protestanische Ethik 1920, unten, S.  2 61, Fn.  8 8. 46  Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  214; dass. in: Protestantische Ethik 1920, unten, S.  254 f. 47  Brief Max Webers an Hermann Graf Keyserling vom 12. Dezember 1912, MWG II/7, S.  8 01 f., zitiert oben, S.  5. 48 Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  164–172, Fn.  35, und S.  195–201, Fn.  51. 49  Ebd., unten, S.  197, Fn.  51.

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selbst nehmen. Was äußerlich ähnlich erscheine, könne innerlich sehr verschieden sein. Dies lasse sich nicht zuletzt an Alberti und Franklin zeigen: bei Alberti gehe es um Haushalt, bei Franklin um Erwerb, bei Alberti um Vermögensanlage, bei Franklin um Kapitalverwertung, bei Alberti um Lebensklugheit, bei Franklin um Ethik – gravierender könnten die Unterschiede zwischen zwei Positionen kaum sein. Gewiß, bei beiden überwiege letztlich eine utilitarische Betrachtungsweise, aber dies deshalb, weil bei Alberti „noch nicht, bei Franklin nicht mehr religiöse Konzeptionen mit der Empfehlung der ‚Wirtschaftlichkeit‘ in Beziehung gesetzt sind“.50 Genau diese Unterschiede in der Entstehung aber hätten zwei Arten der Lebensführung zur Folge. Es sei eben ein Grundfehler, die Wirkung einer Literatenlehre mit der einer religiösen Ethik gleichzusetzen. Denn nur eine religiöse Ethik entfalte, jedenfalls im ‚religiösen‘ 17. Jahrhundert, eine „leben­umwälzende Macht“. Der entscheidende Unterschied gegenüber einer Literatenlehre bestehe darin, „daß eine religiös verankerte Ethik auf das von ihr hervorgerufene Verhalten ganz bestimmte, und, so lange der religiöse Glaube lebendig bleibt, höchst wirksame psychologische Prämien (nicht ökonomischen Charakters) setzt, welche eine bloße Lebensklugheitslehre wie die Albertis nicht zur Verfügung hat“. Nur mittels dieser Prämien gewinne sie „einen eigengesetzlichen Einfluß auf die Lebensführung und dadurch auf die Wirtschaft“. Und Weber fügt hinzu: Dies sei doch die „Pointe“ seiner Aufsätze zur „Protestantischen Ethik“, „von der ich nicht erwartet hätte, daß sie so völlig übersehen werden würde“,51 übersehen nicht nur von Sombart, sondern auch von vielen anderen Kritikern. Besonders verärgert zeigt sich Weber darüber, daß Sombart bei seiner Gleichsetzung von Katholizismus und Protestantismus zustimmend auf eine Schrift von Franz Keller zurückgreift.52 Dieser hatte sich darin gegen die aus seiner Sicht falsche, aber weit verbreitete Auffassung gewandt, die Entstehung der kapitalistischen Wirtschaftsordnung und die „überlieferte christliche Sittenlehre und Sittlichkeit“ stünden in einem unüberbrückbaren Gegensatz zueinander.53 Die Ansichten der Scholastiker über das Zinsnehmen seien 50  Ebd., unten, S.  169, Fn.  3 5. 51  Zitate ebd., unten, S.  171, Fn.  3 5. 52  Keller, Franz, Unternehmung und Mehrwert. Eine sozial-ethische Studie zur Geschäftsmoral. – Paderborn: Schöningh 1912 (hinfort: Keller, Unternehmung und Mehrwert). Sombart äußert sich geradezu euphorisch über diese Schrift. Keller habe als erster die gängige Auffassung von der Kapitalismusfeindlichkeit der katholischen Kirchenlehre korrigiert: „Der erste und, soviel ich sehe, bis jetzt einzige Forscher, der dieser herrschenden Auffassung entgegengetreten ist, ist Franz Keller, auf dessen wertvolle Schrift ich zu verschiedenen Malen bereits hingewiesen habe.“ Sombart, Bourgeois, S.  314. Für Weber dagegen handelt es sich um ein Traktat, das an Oberflächlichkeit kaum zu überbieten sei. Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  195–201, Fn.  51. 53  Keller, Unternehmung und Mehrwert, S.  14.

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aber kein Hindernis für die Entfaltung des kapitalistischen Geistes. Ganz im Gegenteil: Sie hätten diesen Geist geradezu befeuert, so daß auch der Versuch, aus der Stellung zum Zinsverbot den Unterschied zwischen katholischer und reformatorischer Ethik herleiten zu wollen, der sich bei Max Weber finde, völlig unbegründet sei.54 Bei Weber sucht man eine solche Argumentation freilich vergeblich. Er fühlt sich denn auch zu Recht von Keller in geradezu grotesker Weise falsch interpretiert. Umso heftiger fällt sein Zorn aus.55 Und er stellt denn auch gegen die ihm fälschlicherweise unterstellte Behauptung klar, daß sich bei der Frage des Zinsnehmens alle religiösen Ethiken der Welt ähnelten, so auch die katholische und die reformatorische religiöse Ethik. Keller, so Weber, habe eine unhaltbare These vertreten, und Sombart sei ihm darin gefolgt. Dies gelte auch für seine Einschätzung der Wirtschaftsethik „der scotistischen und besonders gewisser quattrocentistischer mendikantischer Theologen, vor allem des Bernhardin von Siena und Antonin von Florenz“.56 Daß man sich mit deren Wirtschaftsethik auseinandersetze, hält Weber allerdings durchaus für angezeigt. Doch könne dies nicht nebenbei erfolgen: „Ich müßte sonst hier in einer Antikritik das vorwegnehmen, was ich erst bei der Darstellung der katholischen Wirtschaftsethik in ihrer positiven Beziehung zum Kapitalismus zu sagen habe.“57 Dies ist übrigens ein wichtiger Hinweis auf die nach wie vor geplante Fortsetzung. Aber auch gegen Sombarts Buch Die Juden und das Wirtschaftsleben sowie gegen das Kapitel „Der Judaismus“ in dem Buch Der Bourgeois 58 richtet sich Webers kritische Attacke. Auch hier habe Sombart bei seiner Suche 54  Keller, ebd.: „Das große Hemmnis der kapitalistischen Entwickelung auf katholischer Seite war nach Weber das Verbot des Zinsnehmens, das auf kalvinistischer Seite nicht bloß gestattet, sondern als etwas Gutes anerkannt worden sei.“ Ein Beleg für diese Weber unterstellte Behauptung fehlt. 55  Weber mag sich auch deshalb geärgert haben, weil Keller, ähnlich wie es einst Felix Rachfahl mit Weber und Ernst Troeltsch tat, Weber und Sombart als eine Art Kollektivität behandelt. So ebd., S.  2 6: „Die Aufstellungen M. Webers und W. Sombarts können höchstens jene Abart des Kapitalismus erklären, die im Gegensatz zur christlichen Kultur sich herausgebildet hat und deren wesentliches Merkmal eben ein teilweises Fehlen der dem kapitalistischen Unternehmer so notwendigen Verantwortlichkeit und Gewissenhaftigkeit ist.“ Ähnlich zur Weber-Sombart-Position ebd., S.  3 6. Die These von Keller ist, die Erziehung zu Gewissenhaftigkeit und Verantwortlichkeit, zu innerer Gewissensbindung im wirtschaftlichen Handeln, sei das Werk der katholischen Ethiker gewesen, die damit einen sittlich gebundenen Kapitalismus gefördert hätten, gegen den Mammonismus, der einen Pseudokapitalismus darstelle. Weber habe diese Zusammenhänge übersehen, weil er ein Vorurteil gegen den Katholizismus habe. Ebd., S.  28. 56 Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  2 00, Fn.  51. Keller geht auf Bern­ hardin von Siena und Antonin von Florenz insbesondere in ders., Unternehmung und Mehrwert, S.  3 3 und 63 f. ein. Sombart folgt ihm in ders., Bourgeois, S.  315 ff. 57  Weber, Protestantische Ethik 1920, ebd. 58  Siehe Sombart, Bourgeois, S.  3 37–348.

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nach Parallelen einen wichtigen Unterschied übersehen. Es ist der zwischen dem jüdischen Paria-Kapitalismus und dem bürgerlichen Betriebskapitalismus.59 Was das jüdische Wirtschaftsgebaren kennzeichne, der Dualismus von Binnen- und Außenmoral, sei im asketischen Protestantismus gerade überwunden: In wirtschaftlichen Dingen stand hier, anders als im Judentum, der Bruder dem Fremden gleich.60 Die Antikritik zu Brentano erfolgt nicht in gleicher Weise zusammenhängend wie die an Sombart, sondern gewissermaßen entlang des Weges. Dabei geht Weber auf die drei oben erwähnten, von Brentano vorgebrachten kritischen Punkte ein. 1. Den Vorwurf der petitio principii bei der Definition des Geistes des Kapitalismus nennt er ,unverständlich‘. Einen solchen Vorwurf könne nur erheben, wer alles in einen Topf werfe und keine Unterscheidungen zwischen verschiedenen Erwerbsorientierungen mache.61 Die „innerliche Abenteurer-Gesinnung, welche der Schranken der Ethik spottet“, habe es zwar immer und überall gegeben.62 Sie sei aber streng von jener rationalen Temperierung des Erwerbstriebs zu unterscheiden, die für den modernen Betriebskapitalismus zumindest in seinen Ursprüngen charakteristisch sei. 2. Die Bedeutung der von Brentano reklamierten heidnischen Emanzipation für die Entstehung des modernen Kapitalismus sei ihm keineswegs entgangen. In eine religionsgeschichtliche Untersuchung, wie er sie vorgelegt habe, gehöre diese Betrachtung aber nicht hinein. Im übrigen habe diese heidnische Emanzipation weniger den Geist des modernen Kapitalismus als vielmehr „die Politik der Staatsmänner und Fürsten“ beeinflußt. Beide Kausal­ reihen kämen zwar historisch zusammen, doch müßten sie zunächst einmal getrennt voneinander behandelt werden. So sei er vorgegangen.63 3. Er selbst habe auf die Kontinuität zwischen außerweltlicher Mönchsaskese und innerweltlicher Laienaskese verwiesen, so daß gegenteilige Vorhaltungen Brentanos ihn nicht träfen.64 Brentanos Ansicht, die geschilderte Entwicklung sei ‚nur angelsächsisch‘, stuft Weber als „gänzlich irrig“ ein. Überhaupt habe sich Brentano, wie eben auch Sombart, völlig mit den Lehren begnügt und verkannt, „daß ich ja gerade nachzuweisen trachte: wie trotz der ‚antimammonistischen‘ Lehre doch der Geist dieser asketischen Religiosität, ganz ebenso wie in den Klosterwirtschaften, den ökonomischen Rationalismus geboren hat, weil sie das Entscheidende: die, asketisch bedingten, rationalen Antriebe

59  Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  4 44 f. 60  Ebd., unten, S.  4 47, Fn.  3 37. Sombart hatte geradezu umgekehrt argumentiert. 61  Ebd., unten, S.  172, Fn.  3 6. 62  Ebd., unten, S.  175. 63  Ebd., unten, S.  171 f., Fn.  3 5, sowie S.  4 90, Fn.  3 93. 64  Ebd., unten, S.  326 f., Fn.  6 5.

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prämiierte“. Dann folgt abermals der Zusatz: „Darauf ganz allein kommt es ja an und eben dies ist ja doch die Pointe des hier Vorgetragenen.“65 Weber verteidigt also seine Ursprungsthese auch gegenüber Sombart und Brentano. Abstriche daran macht er nicht. Wenn er am Beginn der überarbeiteten Fassung formuliert: „Ich stelle jedem, der (wider Erwarten) daran Inter­ esse nehmen sollte, anheim, sich durch Vergleichung davon zu überzeugen: daß ich nicht einen einzigen Satz meines Aufsatzes, der irgendeine sachlich wesentliche Behauptung enthält, gestrichen, umgedeutet, abgeschwächt oder sachlich abweichende Behauptungen hinzugefügt habe“,66 so ist dies tatsächlich keine Schutzbehauptung, sondern entspricht den Tatsachen. Keiner seiner Kritiker, weder Sombart noch Brentano, schon gar nicht Fischer oder Rachfahl, hat ihn, bezogen auf seine Ursprungsthese, zu Modifikationen veranlassen können oder ihn gar umgestimmt. ‚Umgestimmt‘ hat ihn allenfalls eine eigene Erkenntnis. Aber sie führt nicht zu einer Veränderung der ursprünglichen Fassung, sondern zu ihrer Erweiterung. Genauer: Sie besteht darin, seine unveränderte Ursprungsthese in einen universalgeschichtlichen Zusammenhang einzubetten. Und dies betrifft die beiden Seiten des Kapitalismus, die Form und den Geist. Bei der Form spricht Weber jetzt nicht mehr nur vom modernen, westeuropäisch-amerikanischen Kapitalismus, sondern auch vom Kapitalismus „in China, Indien, Babylon, in der Antike und im Mittelalter“.67 Nicht zuletzt sein großer Artikel für das Handwörterbuch der Staatswissenschaften über die „Agrarverhältnisse im Altertum“ (3. Fassung) hatte ihn ja zu der Konzeption eines antiken Kapitalismus geführt.68 Beim Geist insistiert er nach wie vor auf dem Unterschied zwischen einer kapitalistischen Abenteurergesinnung und einer rationalen kapitalistischen Gesinnung, zwischen einer ethisch ungebundenen und einer ethisch gebundenen Wirtschaftsgesinnung, einem Ethos des wirtschaftlichen Handelns, das eben nur bestimmten Arten des modernen Kapi65  Ebd., unten, S.  413, Fn.  282, und S.  414, Fn.  283. 66  Ebd., unten, S.  124, Fn.  1. 67  Ebd., unten, S.  157. 68  Dazu Weber, Weber, Agrarverhältnisse 3 , MWG I/6, S.  320–747, bes. S.  324 ff. Zur Interpretation Schluchter, Einleitung, in: MWG III/6, S.  19–24, und ders., Entzauberung, S.  6 6 ff. Es muß allerdings einschränkend gesagt werden, daß Weber bereits in seiner Habilitationsschrift „Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht“ aus dem Jahr 1891 von einem agrarischen Kapitalismus in Rom sprach. Er nennt ihn gar „den schrankenlosesten Kapitalismus auf agrarischem Gebiete […], welcher in der Geschichte jemals erhört gewesen ist“. Er werde von den „Übergriffen und Einhegungen der spätmittelalterlichen Grundherren quantitativ und qualitativ nicht entfernt erreicht.“ Weber, Römische Agrargeschichte, MWG I/2, S.  216. Der Herausgeber Jürgen Deininger führt diese frühe Sichtweise auf den Einfluß von Theodor Mommsen auf den jungen Weber zurück. Vgl. ders., Einleitung, in: MWG I/2, S.  24. Weber baute seinem Selbstverständnis nach aber diese Sichtweise erst in den „Agrarverhältnissen im Altertum“ konsequent aus.

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talismus eigen sei.69 Auf die Differenz dieser beiden Arten der Wirtschaftsgesinnung legt er den allergrößten Nachdruck. Ethos ist gelebte Ethik, und diesen neuen Begriff stellt Weber jetzt in den Mittelpunkt. Nicht zufällig ergänzt er seine ursprüngliche Gegenüberstellung von Fugger und Franklin, indem er diesen Begriff verwendet: „In der Tat: daß hier [bei Franklin, W.S.] nicht einfach Lebenstechnik, sondern eine eigentümliche ‚Ethik‘ gepredigt wird, deren Verletzung nicht nur als Torheit, sondern als eine Art von Pflichtvergessenheit behandelt wird: dies vor Allem gehört zum Wesen der Sache. Es ist nicht nur ‚Geschäftsklugheit‘, was da gelehrt wird – dergleichen findet sich auch sonst oft genug: – es ist ein Ethos, welches sich äußert, und in eben dieser Qualität interessiert es uns.“70 Weber spricht auch von der rationalen Temperierung des irrationalen Erwerbstriebs. Und in der Erweiterung der ursprünglichen Fassung geht er weniger auf die Nachgeschichte als vielmehr auf die Vorgeschichte dieser rationalen Temperierung ein. Die Formel, die an zentralen Stellen der überarbeiteten Fassung auftaucht, hat er erstmals 1913 im Kategorienaufsatz, dann 1915 in der „Einleitung“ zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen und in dem Vergleich Konfuzianismus/Puritanismus verwendet. Sie lautet: ‚Entzauberung der Welt‘.71 Sie wird an vier Stellen in die alte Fassung eingearbeitet.72 In allen vier Fällen soll gezeigt werden, daß dieser religionsgeschichtliche Entzauberungsprozeß im asketischen Protestantismus zu seinem Höhepunkt und zugleich zu seinem Abschluß kommt. Sein Ursprung aber wird nach Jerusalem und Athen zurückverlagert. Nicht mehr nur das konfessionelle Zeitalter, sondern die gesamte jüdisch-christliche Religionsgeschichte kommt damit in den Blick. So kann Weber in die ursprüngliche Fassung folgende Passage einfügen: „Dies: der absolute (im Luthertum noch keineswegs in allen Konsequenzen vollzogene) Fortfall des kirchlich-sakramentalen Heils, war gegenüber dem Katholizismus das absolut Entscheidende. Jener große religionsgeschichtliche Prozeß der Entzauberung der Welt, welcher mit der altjüdischen Prophetie einsetzte und, im Verein mit dem hellenischen wissenschaftlichen Denken, alle magischen Mittel der Heilssuche als Aberglaube und Frevel verwarf, fand hier seinen Abschluß. Der echte Puritaner verwarf ja sogar jede Spur von religiösen Zeremonien am Grabe und begrub die ihm Nächststehenden sang- und klanglos, um nur ja keinerlei ‚superstition‘: kein Vertrauen auf Heilswirkungen magisch-sakramentaler Art, aufkommen zu lassen. Es gab

69  Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  156. 70  Ebd., unten, S.  155. 71  Weber, Kategorien, S.  258, und ders., Einleitung, MWG I/19, S.  114, ders., Konfuzianismus, MWG I/19, S.  4 50, auch ders., Zwischenbetrachtung, MWG I/19, S.  512. 72  Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  280, 320, 398 und S.  4 03.

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nicht nur kein magisches, sondern überhaupt kein Mittel, die Gnade Gottes dem zuzuwenden, dem Gott sie zu versagen sich entschlossen hatte.“73 Aber Weber läßt die Formel nicht allein für die prädestinatorische Richtung des asketischen Protestantismus gelten. Er wendet sie auch auf die nichtprädestinatorische Richtung, auf die täuferischen Sekten, an. Die radikale Entzauberung der Welt habe auch diese religiösen Gemeinschaften, insbesondere die Quäker, auf den Weg der innerweltlichen Askese verwiesen: Für sie, „welche mit den politischen Gewalten und ihrem Tun nichts zu schaffen haben wollten, folgte daraus auch äußerlich das Einströmen dieser asketischen Tugenden in die Berufsarbeit“.74 Es gibt noch eine zweite begriffliche Neuerung, besser: Präzisierung, die Weber in die ursprüngliche Fassung einträgt: die Unterscheidung zwischen Werkzeug und Gefäß75 sowie ihre Verbindung mit Askese und Mystik in ihrer innerweltlichen und weltflüchtigen Gestalt. Natürlich finden sich Unterscheidungen dieser Art bereits in der ersten Fassung, von 1904/05, aber nicht immer in der durch die „Zwischenbetrachtung“ erreichten begrifflichen Klarheit. Diese dient jetzt dem universalhistorischen Religionsvergleich. Dadurch wird es auch möglich, den nachreformatorischen Vergleich noch pointierter als zuvor zu fassen. Insbesondere Webers Bild des Katholizismus gewinnt durch die Überarbeitung klarere Kontur. Natürlich, so Weber jetzt, war die katholische Ethik Gesinnungsethik, aber die „,Entzauberung‘ der Welt: die Ausschaltung der Magie als Heilsmittel, war in der katholischen Frömmigkeit nicht zu den Konsequenzen durchgeführt, wie in der puritanischen (und vor ihr nur in der jüdischen) Religiosität“.76 Der katholische Laie der Reformationszeit lebe ethisch gesehen gewissermaßen „,von der Hand in den Mund‘“, so hatte er in der ursprünglichen Fassung geschrieben.77 Jetzt ergänzt er dies durch den Hinweis, daß das Ideal der „prinzipielle[n] Wandlung des Lebens“ natürlich auch für den katholischen Laien bestand. Aber diese Forderung sei eben durch die wichtigsten Erziehungsmittel der katholischen Kirche wieder abgeschwächt worden: „durch das Bußsakrament, dessen Funktion tief mit der innersten Eigenart der katholischen Religiosität verknüpft war“. Anders die Religiosität des asketischen Protestantismus mit der zum System gesteigerten Werkheiligkeit, bei der „[v]on dem katholischen, echt menschlichen Auf und Ab zwischen Sünde, Reue, Buße, Entlastung, neuer Sünde oder von

73  Ebd., unten, S.  280 f. 74  Ebd., unten, S.  4 03. 75  Ebd., unten, S.  3 08. 76  Ebd., unten, S.  320. 77  Weber, Protestantische Ethik II, MWG I/9, S.  287.

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einem durch zeitliche Strafen abzubüßenden, durch kirchliche Gnadenmittel zu begleichenden Saldo des Gesamtlebens“ keine Rede war.78 Wir halten fest: Weber überarbeitet zwar die ursprüngliche Fassung seiner Protestantismusstudien, aber er verändert dabei nicht seine Ursprungsthese.79 Er verändert nur den Kontext, in den er sie stellt. Anders als 1904/05, profiliert er die Eigenart des asketischen Protestantismus nicht mehr allein gegenüber Katholizismus, Anglikanismus und Luthertum, sondern auch gegenüber Judentum, Islam und den asiatischen Erlösungsreligionen. Zudem stellt er ihn in den Zusammenhang eines großen religionsgeschichtlichen Prozesses, dessen Gipfel und Ende er markiert. Die Überarbeitung ist freilich nicht die Fortsetzung, von der er immer wieder gesprochen hatte. Jetzt, in der überarbeiteten Fassung, erklärt er sich hierzu wie folgt: „Statt der ursprünglich beabsichtigten unmittelbaren Fortsetzung im Sinn des weiter oben stehenden Programms habe ich mich, teils aus zufälligen Gründen, insbesondere wegen des Erscheinens von E[rnst] Troeltschs ‚Soziallehren der christlichen Kirchen‘ (der manches von mir zu Erörternde in einer Art erledigte, wie ich als Nicht-Theologe es nicht gekonnt hätte), teils aber auch, um diese Ausführungen ihrer Isoliertheit zu entkleiden und in die Gesamtheit der Kulturentwicklung hineinzustellen, seinerzeit entschlossen, zunächst [!, W. S.] die Resultate vergleichender Studien über die universalgeschichtlichen Zusammenhänge von Religion und Gesellschaft niederzuschreiben.“80 Dies war in Gestalt der Religionssystematik und der vergleichenden Studien über die Wirtschaftsethik der Weltreligionen inzwischen erfolgt. Also konnte er bei der Überarbeitung, wie wir sahen, darauf zurückgreifen. Doch die versprochene Fortsetzung war dies noch nicht. Wie das oben mitgeteilte Zitat zeigt, hatte Weber 1919, als er die überarbeitete Fassung dem Verleger vorlegte, den Plan einer Fortsetzung keineswegs aufgegeben. Warum er Überarbeitung und Fortsetzung voneinander trennte und die überarbeitete Fassung seinen vergleichenden Studien über die universalgeschichtlichen Zusammenhänge von Religion und Gesellschaft voranstellte, wird uns noch beschäftigen.

78 Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  320–322. Bei der Beurteilung der Sakramente als Mittel der Verzauberung wußte sich Weber übrigens mit Ernst Troeltsch einig. Dieser sprach, bezogen auf den Katholizismus, „von Priestertum, göttlichem Priesterrecht und magischem Sakramentszauber“. Dazu Troeltsch, Ernst, Renaissance und Reformation, in: Historische Zeitschrift, 3. Folge, 14. Band (= 100. Band), Heft 3, 1913, S.  519–556, Zitat S.  5 34 (Troeltsch, KGA 8, S.  323–373, S.  3 49). 79  Das zeigt sich auch in der Vorlesung Weber, Abriß der universalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Dazu Schluchter, Einleitung, in: MWG III/6, S.  41–45, und Vorlesung, §  9. Die Entfaltung der kapitalistischen Gesinnung, ebd., S.  3 80–396. 80  Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  4 91, Fn.  3 94.

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5.  Der neue Sektenaufsatz Bevor wir dazu kommen, sind noch einige Worte zum Sektenaufsatz zu sagen. Vor 1910 hatte Weber ja seine zunächst in der Frankfurter Zeitung, dann in der Christlichen Welt veröffentlichte Skizze über „,Kirchen‘ und ‚Sekten‘“, dort mit dem Zusatz „in Nordamerika“, aus dem Jahr 1906 81 als einen möglichen Einstieg in die geplante Fortsetzung angesehen.82 Jetzt, im Jahre 1919, legte er eine „[n]eue und stark erweiterte Niederschrift“ dieser Skizze vor, und zwar unter dem Titel „Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus“.83 Es handelt sich um einen Text, der die organisatorische Seite der Religion und ihre Wirkung auf die Lebensführung der Gläubigen in den Mittelpunkt stellt. Er diene, so Weber, zur Klärung des in der „Protestantischen Ethik“ verwendeten „‚Sekten‘-Begriffs und zugleich zur Darlegung der Bedeutung der puritanischen Kirchen-Konzeption für den kapitalistischen Geist der Neuzeit“.84 Er behandelt in diesem Aufsatz also in erster Linie die religiöse Form, nicht den religiösen Geist. Weber hatte den Sekten-Begriff in der Gegenüberstellung zum Kirchenbegriff bereits in der ursprünglichen Fassung seiner Aufsatzfolge verwendet. Obgleich er dort Fragen der religiösen Organisation bewußt ausklammerte, kam die religiöse Organisation bereits hier an zwei wichtigen Stellen ins Spiel. An der einen Stelle bemerkt er, in der prädestinatorischen Richtung des asketischen Protestantismus habe sich die Vorstellung einer „geistlichen Aristokratie […] der durch Gott von Ewigkeit her prädestinierten Heiligen“ so weit verselbständigen können, daß diese ‚Heiligen‘ auch eine äußerliche Trennung von den Verdammten verlangten.85 Weber ergänzt diesen Gedankengang in der überarbeiteten Fassung um den donatistischen Kirchenbegriff,86 und er nimmt damit seine Überlegungen aus der Troeltsch-Debatte auf dem Ersten Deutschen Soziologentag 1910 in Frankfurt wieder auf.87 An der anderen Stelle bemerkt er, die Anhänger der nichtprädestinatorischen Richtung des asketischen Protestantismus hätten sich von vornherein als eine „Gemeinschaft der persönlich Gläubigen und Wiedergeborenen und nur dieser: mit anderen Worten nicht als eine ‚Kirche‘, sondern als eine ‚Sekte‘“, verstan-

81  Weber, „Kirchen“ und „Sekten“, MWG I/9, S.  426–462. 82  Dazu Schluchter, Einleitung, in: MWG I/9, S.  6 8–71. 83  Weber, Sekten, unten, S.  4 93–545, hier S.  4 93 mit Fn.  1. 84  Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  4 91 f., Fn.  3 94. 85  Weber, Protestantische Ethik II, MWG I/9, S.  2 96. 86  Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  3 32 und 334. 87 Zu Webers Diskussionsbeiträgen zu Troeltsch, Stoisch-christliches Naturrecht (1910), siehe Schluchter, Einleitung, in: MWG I/9, S.  8 3–88.

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den.88 Im Sektenaufsatz von 1906 hatte Weber dann ‚Kirche‘ und ‚Sekte‘ auch technisch definiert. Als Weber den Sektenaufsatz neu ausarbeitete – es handelt sich tatsächlich um einen der wenigen Texte, die er nicht nur erweiterte, sondern tatsächlich von Grund auf veränderte 89 –, hatte er die Unterscheidung zwischen Kirche und Sekte in seine allgemeine Verbandstheorie eingebettet. Ein Herrschaftsverband gilt ihm, idealtypisch gesehen, entweder als Anstalt oder als Verein. In eine Anstalt wird man hineingeboren, in einen Verein tritt man freiwillig ein, muß aber die Vereinskriterien erfüllen, um Aufnahme zu finden. Der Konformitätsdruck ist im zweiten Falle größer als im ersten, das Ausmaß der sozialen Kontrolle auch. Strebt eine Anstalt erfolgreich nach dem Monopol des legitimen psychischen Zwangs über die Mitglieder, so nennt Weber sie eine Kirche, tut dies ein Verein, dann nennt er ihn eine Sekte.90 Diese Unterscheidung ist, wie gesagt, im Grundsatz alt. Weber wiederholt sie nun im neuen Sektenaufsatz in folgender Weise: „Eine ‚Kirche‘ ist eben eine Gnadenanstalt, welche religiöse Heilsgüter wie eine Fideikommißstiftung verwaltet und zu welcher die Zugehörigkeit (der Idee nach!) obligatorisch, daher für die Qualitäten des Zugehörigen nichts beweisend, ist, eine ‚Sekte‘ dagegen ein voluntaristischer Verband ausschließlich (der Idee nach) religiös-ethisch Qualifizierter, in den man freiwillig eintritt, wenn man freiwillig kraft religiöser Bewährung Aufnahme findet.“ 91 Es ist also der Bewährungsgedanke, den Weber mit dem Sektenbegriff intern verknüpft. Die ursprüngliche Skizze über „,Kirchen‘ und ‚Sekten‘“ schrieb Weber auf dem Hintergrund der Erfahrungen, die er während seiner USA-Reise im Jahre 1904 gesammelt hatte. Er ging dabei von den damaligen Verhältnissen in den USA aus. Diesen Ausgangspunkt wählt er auch für die Neufassung. Ähnlich wie in den ursprünglichen Studien zum asketischen Protestantismus, dient ihm dieser Ausgangspunkt allerdings nur dazu, um unter der aktuellen Oberfläche die historischen Tiefenschichten freizulegen. Schließlich geht es Weber insgesamt um die Rolle der Religion in den altkapitalistischen Ländern des 17. Jahrhunderts. Also sind nicht die USA der Gegenwart, sondern Europa und die amerikanischen Kolonien des 17. Jahrhunderts für seine Fragestellung relevant.

88  Weber, Protestantische Ethik II, MWG I/9, S.  3 49; dass. in: Protestantische Ethik 1920, unten, S.  3 92. 89  Das andere Beispiel ist die Ablösung von Weber, Kategorien, durch Weber, Sozio­ logische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  147–215. 90  Ebd., S.  212–215. 91  Weber, Sekten, unten, S.  4 99.

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Weber wiederholt zwar in anekdotischer Weise seine Reiseerlebnisse. Hier orientiert er sich auch noch weitgehend an dem alten Text.92 Aber dann blickt er auf die „kirchliche Vorgeschichte“ der amerikanischen Demokratie, welch letztere sich für seine Zeitgenossen als ein „Gewirr streng exklusiver, aber voluntaristischer, Verbände“ sowohl religiösen wie weltlichen Charakters darstelle.93 Und dieser Blick in die kirchliche Vorgeschichte ist zugleich ein Blick in die europäische Vergangenheit. Denn was sich am Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA dem Auge des Beobachters biete, „sind die Ausläufer einer einstmals überaus penetrant wirkenden Organisation kirchlicher Lebensreglementierung“.94 Und weiter heißt es, diese kirchliche Vorgeschichte zeige „die eingangs dieser Skizze an Beispielen veranschaulichten modernen Funk­ tionen amerikanischer Sekten und sektenartiger Verbände als gradlinige Ausläufer, Rudimente und Überbleibsel jener einstmals in allen asketischen Sekten und Konventikeln herrschenden Verhältnisse“, freilich heute im Verfall.95 Der Sektenaufsatz ist also kein Traktat über die USA der Gegenwart, was immer wieder behauptet wurde, sondern eine Abhandlung über das europäi­ sche 17. Jahrhundert und die englischen nordamerikanischen Kolonien. Das voluntaristische Prinzip verortet Weber als Strukturprinzip innerhalb des Protestantismus bei den Täufern. Es gehe also auf das 16. Jahrhundert zurück. Es habe zuerst in Zürich in den Jahren 1523/24 Gestalt gewonnen und sei dann durch wandernde Handwerksburschen verbreitet worden, habe Mennoniten, Baptisten, Quäker und ähnliche Strömungen geprägt. Das Grund­problem, das sich bei all diesen Bewegungen stelle, sei immer dasselbe: Wie wird die Reinheit der Abendmahlsgemeinschaft garantiert? Dies verlangte, den Zugang zum und den Ausschluß vom Abendmahl zu regeln und die Lebensführung der Anwärter und Zugelassenen zu überwachen. Je radikaler man in diesen Hinsichten dachte, desto exklusiver wurde der Kreis der dauerhaften Mitglieder. Weber zeigt in idealtypischer Weise, wie das voluntaristische Strukturprinzip ausgearbeitet sein konnte: 1. Die lokale Gemeinde mußte die Reinheit des Abendmahls garantieren. 2. Das stärkte ihre Souveränität. 3. Sie mußte sich deshalb selbst verwalten. 4. Die Leitung der Gemeinde wurde in die Hände der Laien gelegt. Dies konnte bis zur Ablehnung des Berufspredigers zugunsten des Laienpredigers führen: „nur das Charisma, nicht Schulung 92  Weber macht hier Zeitangaben, die darauf verweisen, daß er die Überarbeitung auch dieser Teile erst 1919 vornahm. Er spricht von „vor 15 Jahren“, ebd., unten, S.  5 01  f. Ähnlich an anderen Stellen. 93  Ebd., unten, S.  5 05 in Verbindung mit S.  5 07 f. Dies ist übrigens eine der wenigen Stellen, an denen Weber von einem Säkularisationsprozeß spricht: Aus der Sekte wird der Klub. 94  Ebd., unten, S.  513. 95  Ebd., unten, S.  5 40.

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und Amt“ sollten gelten.1 Nur derjenige, den der Geist während des Gottesdienstes überkam, durfte sprechen. Am nächsten kamen die Quäker diesem Idealtypus. In diesen sektenhaften Bewegungen sieht Weber urchristliches Gedankengut wirksam, verbunden mit einer Sittenzucht, der Klosterzucht ähnlich und „weit rigoroser als die irgendeiner Kirche“.2 Im Mittelpunkt steht für ihn auch hier wieder der Bewährungsgedanke, mit dessen Hilfe er in seiner ursprünglichen Aufsatzfolge die prädestinatorischen mit den nichtprädestinatorischen Richtungen des asketischen Protestantismus verband. Die Sekte stütze äußerlich, was der asketische Protestantismus innerlich verlange. So kann Weber die Strukturprinzipien Kirche und Sekte wie folgt zusammenfassen: „Die mittelalterliche ebenso wie die lutherische Kirchenzucht lagen 1. in den Händen des geistlichen Amts, 2. wirkten sie, soweit sie überhaupt wirksam wurden, durch autoritäre Mittel und 3. straften oder prämierten sie einzelne konkrete Handlungen. Die Kirchenzucht der Puritaner und der Sekten lag 1. mindestens mit, oft ganz und gar in den Händen von Laien, 2. wirkte sie durch das Mittel der Notwendigkeit der Selbstbehauptung und 3. züchtete sie Qualitäten oder – wenn man will: – las sie aus.“3 Man kann den neuen Sektenaufsatz tatsächlich nicht nur als eine Ergänzung der Protestantismus-Aufsätze, sondern auch als den Beginn ihrer Erweiterung auffassen. Denn er richtet sich letztlich auf den Beitrag, den die Form für die Ausbildung einer innerweltlichen Berufsaskese zu leisten vermag. Sie stütze äußerlich die subjektive Aneignung der Glaubensgrundlagen. Geist und Form begünstigen also einander, verstärken sich. Dies ändert natürlich nichts daran, daß die Form nicht immer dem Geist entspricht und daß bei der Form das voluntaristische und das anstaltliche Strukturprinzip auch innerhalb des asketischen Protestantismus hart aufeinanderstoßen können. In der historischen Wirklichkeit trat denn auch häufig eine Mischung aus diesen Strukturprinzipien auf. Weber gibt auch im neu konzipierten Sektenaufsatz Hinweise, wie er seine Untersuchung fortsetzen wollte. So stellt er fest, daß die Frage, „[i]nwieweit gewisse, orthodoxe und heterodoxe, religiöse Gemeinschaftsbildungen des Mittelalters die Vorläufer dieser asketischen Denominationen des Protestantismus waren, […] hier noch nicht zu besprechen“ sei. Auch wolle er „bei Gelegenheit der Besprechung der altisraelitischen Ethik im Verhältnis zu den in der Lehre sehr ähnlichen ägyptischen, phönikischen, babylonischen Ethiken“ zeigen, daß es, wie von ihm immer wieder betont, nicht auf die Lehren, sondern auf ihre mittels Heilsprämien gestützte Wirkung ankomme.4 Von 1  Ebd., 2  Ebd., 3  Ebd., 4  Ebd.,

unten, unten, unten, unten,

S.  5 34. S.  5 30 f. S.  5 42. S.  5 42, Fn.  6 3, und S.  5 43, Fn.  6 4.

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der Absicht, die Wirtschaftsethik der „scotistischen und besonders gewisser quattrocentistischer mendikantischer Theologen, vor allem des Bernhardin von Siena und Antonin von Florenz“, ferner die positive Beziehung der katholischen Wirtschaftsethik zum Kapitalismus zu behandeln, haben wir bereits gehört.5 Dies sind nicht die einzigen Hinweise darauf, wie sich Weber die Fortsetzung dachte. Viele davon finden sich bereits in der ersten Fassung und blieben bei der Überarbeitung stehen. Es kann also keinem Zweifel unterliegen, daß Weber seine inzwischen überarbeiteten Aufsätze aus den Jahren 1904/05 und 1906 auch nach dem Ausflug in die Kultur- und Weltreligionen fortsetzen wollte, und zwar sowohl nach rückwärts wie nach vorwärts. Die Frage ist: Wo sollte dies geschehen?

6.  Die Komposition von Band I der Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie Als Weber am 22. Juni 1915 Paul Siebeck die 1913 entworfenen Skizzen zur Wirtschaftsethik der Kulturreligionen als Kompensation für eine separate Veröffentlichung der Protestantismus-Aufsätze anbot, verband er dies mit dem Vorschlag, die Skizzen später zusammen mit den Protestantismusstudien außerhalb des Archivs erscheinen zu lassen.6 Er antizipiert also bereits zu diesem Zeitpunkt eine Sammlung seiner religionssoziologischen Aufsätze in einem Buch. Am 24. Mai 1917, als die Publikation der Aufsatzserie im Archiv bis zum Judentum gediehen war, schreibt er an den Verleger, er wolle diese Serie „in diesem Band“ des Archivs abschließen. Dann folgt die Mitteilung: „Die Um- und Ausarbeitung der ersten Aufsätze für die Gesammtausgabe (wenn Sie wollen: der ‚Gesammelten Aufsätze‘, zusammen mit ‚Kapitalismus und Protestantismus‘) nach dem Krieg ist im Gang.“7 Weber regt zusätzlich einen „Sonderband“ mit Aufsätzen zur Methodologie der Sozialwissenschaften an, so daß „im Ganzen drei mäßige Bände“ erscheinen könnten, „wenn diese Sammlung [gemeint ist die Religionssoziologie, W.S.] bis zum Christentum fortgeführt wird“.8 5  Oben, S.  3 8; Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  2 00, Fn.  51. 6  Siehe oben, S.  6 f. 7  Diese Absicht wird auch durch die Fußnote bestätigt, die Weber der ersten Folge seines Aufsatzes über das antike Judentum beigibt. Dort heißt es: „Die nachstehende Darstellung wird hier unter Fortlassung der Erörterung der ägyptischen, babylonischen und persischen Verhältnisse publiziert. Bei einer künftigen Sammlung und umgearbeiteten (und für China mit Quellenzitaten versehenen und ergänzten) Veröffentlichung dieser in Verbindung mit andern älteren und einigen noch unpublizierten Aufsätzen wird der fehlende Teil eingefügt werden.“ Weber, Antikes Judentum, MWG I/21, S.  2 34, textkritische Anm.  g. 8  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 24. Mai 1917, MWG II/9, S.  6 48 f.

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Wie wir aus dem „Antikritischen Schlußwort“ wissen, wollte Weber schon 1910 seine Studien zum asketischen Protestantismus in die weitere Geschichte des Christentums einbetten. Doch geschah dies dann nicht unmittelbar, sondern über den Umweg der Religionssystematik aus „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte“ sowie der Skizzen über die Wirtschaftsethik der Kulturreligionen. Noch als er diese Skizzen von 1913 weitgehend unverändert zu veröffentlichen begann, wollte er eine allgemeine Charakterisierung des Christentums an deren Ende stellen. Auch 1917 sollte, wie der oben zitierte Brief zeigt, die Aufsatzfolge im Archiv bis zum Christentum geführt werden, nachdem das Judentum so weit abgehandelt war, daß der Übergang zum Urchristentum nahelag. Webers Betrachtung des Judentums kam freilich keineswegs, wie im Brief angekündigt, 1917 zum Abschluß, sondern wuchs immer weiter. Auch der bereits veröffentlichte Aufsatz über den Konfuzianismus erfuhr in der Folge eine erhebliche Erweiterung. Die religionssoziologischen Texte explodierten. Bald war nicht mehr von zwei ‚mäßigen Bänden‘ (ohne die Methodologie), sondern von vier Bänden die Rede. Aus den bescheidenen Anfängen des Jahres 1913, als Weber ausschließlich die Methode der Protestantismusstudien auf andere Kultur- und Weltreligionen angewandt, also die Beziehung zwischen Kulturreligion und Wirtschaftsgesinnung untersucht hatte, entwickelte sich ein immer umfangreicheres Projekt, das neben dieser Kausalbeziehung auch die andere, die Beziehung von Klassenlage und Religion, mit einbezog. Wir können den endgültigen Zuschnitt dieses umfangreichen Projekts der Selbstanzeige entnehmen, die Weber auf Veranlassung des Verlags für die „Neuigkeiten aus dem Verlag von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) und der H. Laupp’schen Buchhandlung“ Ende September/Anfang Oktober 1919 formulierte. Es sah vier Bände vor, zwei davon im Druck und zwei in Planung. Der Text von Webers Hand, der am 25. Oktober 1919 erschien, hat folgenden Wortlaut: „Die hier gesammelten Aufsätze sind fast alle im ‚Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik‘ erschienen, aber nicht nur durchgesehen, sondern durch beträchtliche Einschiebungen und Beibringung von Belegen ergänzt. An der Spitze steht der viel diskutierte Aufsatz über ‚Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus‘. Weiter folgen noch eine Skizze über ‚Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus‘ (Umarbeitung eines Aufsatzes aus der ‚Christl. Welt‘), die Aufsätze über ‚Wirtschaftsethik der Weltreligionen‘, erweitert durch eine kurze Darstellung der ägyptischen und mesopotamischen und der zarathustrischen religiösen Ethik, namentlich aber durch eine der Entstehung der sozialen Eigenart des Okzi­ dents gewidmeten Skizze der Entwicklung des europäischen Bürgertums in der Antike und im Mittelalter. Die Darstellung des Judentums reicht bis zum Beginn der Makkabäerzeit. Ein dritter Band wird die Darstellung des Urchristentums, des talmudischen Judentums, des Islam und des orientalischen

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Christentums enthalten, ein Schlußband das Christentum des Okzidents behandeln. Gegenstand ist überall die Behandlung der Frage: Worauf die ökonomische und soziale Eigenart des Okzidents beruht, wie sie entstanden ist und insbesondere in welchem Zusammenhang sie mit der Entwicklung der religiösen Ethik steht.“9 Am 11. September 1919 hatte Weber bereits die ersten Manuskripte für den Band I geliefert und mitgeteilt, wie es weitergehen solle. In einem Brief an Paul Siebeck mit diesem Datum heißt es: „eben geht, als Wertsendung, der erste Teil des Mscr. – d. h. die Umarbeitung des ‚Geist des Kapitalismus‘ als des ersten, an die Spitze zu stellenden, Aufsatzes – für die ‚Gesammelten Aufsätze zur Soziologie der Kulturreligionen‘ (so oder ähnlich müßte der Titel wohl lauten) an Sie ab. Fortsetzung (Neue Redaktion des Aufsatzes ‚Kirchen und Sekten‘, als Aufsatz 2) folgt binnen 8 Tagen. Dann hätten die Aufsätze über ‚Wirtschaftsethik der Weltreligionen‘ zu folgen. China (Confuzianismus) ist schon teilweise ergänzt, bedarf aber weiterer Arbeit von einigen Wochen. Indien ist so gut wie druckreif so wie es ist, nach Durchkorrektur: Dann ist ein Aufsatz einzuschieben, der noch zu schreiben ist (im Kopf fertig) über die allgemeine Grundlage der occidentalen Sonderentwicklung. Dann folgt das Judentum (ist nur durchzukorrigieren).“10 In einer Randnotiz bittet er Siebeck darum, zunächst nur Fahnen zu setzen, „da eine ganz kurze Einführung vorangeht, die bald nachfolgt“. Diese kündigt er am 12. September, mit der nächsten Lieferung, noch einmal an. Am 12. September schreibt er an Paul Siebeck: „anbei die Fortsetzung der ‚Gesammelten Aufsätze‘, d. h. die ganz neu umgeschriebene Abhandlung über die Sekten (aus der Christ[lichen] Welt, auf das Vierfache erweitert). Nun folgt sehr bald die (kurze) ‚Einleitung‘. Dann: die ‚Wirtschaftsethik‘, in der wie gesagt, China stark zu ergänzen und durch Litteraturzitate zu bereichern ist.“11 Wenig später wurde dann der Verlagsvertrag über die Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie zwischen Max Weber und Paul Siebeck abgeschlossen, wobei für jeden Band etwa 40 Bogen, d. h. 640 Seiten, in Aussicht genommen waren.12 9  Neuigkeiten aus dem Verlag von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) und der H. Laupp’schen Buchhandlung, Nr.  3, Tübingen, 25. Oktober 1919, S.  11; abgedruckt mit Webers Text­ entwurf auch in MWG I/19, S.  28 f. 10  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 11. September 1919, MWG II/10, S.  7 71. 11  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 12. September 1919, MWG II/10, S.  7 72. 12  Am 30. Mai 1920 heißt es dann in einem Brief Max Webers an Paul Siebeck: „Ich habe nun alle Korrekturen der Religionssoziolog[ischen] Aufsätze durchgesehen – außer einer Nachkontrolle einiger erst zu umbrechender Bogen. Ich kann aber nicht sehen: wie viel Bogen es im Ganzen sind. Ob 40 oder 30 oder 35. Der I. Band wäre an sich so gut in sich gerundet. Wollen Sie ihn äußerlich dicker, also volle 40 Bogen, dann müßte ein Teil des folgenden Kapitels: ‚Hinduismus und Buddhismus‘, noch hin­ ein. Das kann leicht gemacht werden. Grade die ersten 5–6 Bogen sind schnell durchgesehen und bedürfen – im Gegensatz zu den späteren – der ‚Umarbeitung‘ nicht. Ich bitte Sie, zu entscheiden: ob Sie das wollen? und werde mich darnach rich-

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Wir ersehen daraus, daß das Christentum umfassend behandelt werden sollte: in Gestalt des Urchristentums, des orientalischen und des okzidentalen Christentums. Für die Fortsetzung der Protestantismusstudien, für die Vorund Nachgeschichte des asketischen Protestantismus, dürfte Weber vor allem den vierten Band vorgesehen haben. Freilich griff er bei der Behandlung der nichtprädestinatorischen Richtung des asketischen Protestantismus auch auf das Urchristentum zurück. Denn die Täufer und ihre Nachfolger orientierten sich aus seiner Sicht an urchristlichen Idealen. Bei ihnen fand, wie es bereits in der ursprünglichen Aufsatzfolge heißt, eine „Renaissance urchristlicher pneumatisch-religiöser Gedanken statt“.13 Als Weber wenige Monate nach dieser Selbstanzeige starb, waren von diesem umfänglichen Projekt längst nicht alle Teile niedergeschrieben. Immerhin hatte er die Aufsätze zum asketischen Protestantismus und den Sektenaufsatz sowie „Einleitung“ und „Zwischenbetrachtung“ ergänzen und die Konfuzianismusstudie erweitern können. Die Studien über Hinduismus und Buddhismus sowie über das Antike Judentum waren ja bereits vor der Veröffentlichung im Archiv überwiegend auf den von ihm gewünschten Stand gebracht. Zum Zeitpunkt von Webers Tod waren Texte für etwa zwei Bände geschrieben, für zwei weitere hätten sie noch geschrieben werden müssen. Den genauen Stand der geschriebenen und noch zu schreibenden Texte zeigt der folgende Überblick. Weber unterstreicht seine Fortsetzungsabsicht auch dadurch, daß er in der „Einleitung“ zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen ein wichtiges Detail ändert. Hatte er 1915 noch formuliert: „Für das Christentum wird hier auf die früher in diesem Archiv (Band 24 [sic, W.S.]) erschienenen Aufsätze Bezug genommen, deren Kenntnis vorausgesetzt werden muß. Es wird nachstehend nur zum Vergleich herangezogen und soll am Schluß kurz in der Eigenart seiner Entstehungs- und Wirkungsbedingungen charakterisiert werden“, so heißt es jetzt: „Für das Christentum wird zunächst auf die früher erschienenen, in dieser Sammlung vorangestellten, Aufsätze Bezug genommen, deren Kenntnis vorausgesetzt werden muß.“14 Entscheidend ist das Wörtchen „zunächst“, verbunden mit der Tatsache, daß er für das Christentum des Okzidents nun einen ganzen Band vorsieht. Die Absicht, eine Fortsetzung der Protestantismusstudien zu schreiben, besteht also unvermindert fort. Warum aber stellt Weber die ‚früheren Aufsätze‘ der Sammlung voran, obgleich er im Rahmen der gesamten Serie über die Wirtschaftsethik der Weltreligionen noch ausführlich das Christentum in seinen verschiedenen ten: Denn laut Kontrakt soll der Band etwa 40 Bogen umfassen. Bitte lassen Sie doch nachrechnen, wie dick Band I jetzt wird und geben Sie Nachricht. Mir ist jede Lösung gleich recht.“ MWG II/10, S.  1102. 13  Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  3 94. 14  Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  8 4.

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II. Hinduismus und Buddhismus I. Das hinduistische soziale System II. Die orthodoxen und heterodoxen Heilslehren der indischen Intellektuellen III. Die asiatische Sekten- und Heilandsreligiosität

Von M ax Weber nicht mehr zum Druck gegeben. 2. Band

Zwischenbetrachtung: Theorie der Stufen und Richtungen religiöser Weltablehnung







1916–1917, 1921 wieder abgedruckt, nicht überarbeitet

1915, umgearbeitet 1919/20

1915, umgearbeitet 1919/20





1915, umgearbeitet 1919/20

Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen  Einleitung

I. Konfuzianismus und Taoismus I. Soziologische Grundlagen. A. Stadt, Fürst und Gott II. Soziologische Grundlagen: B. Feudaler und präbendaler Staat III. Soziologische Grundlagen: C. Verwaltung und Agrarverfassung IV. Soziologische Grundlagen: D. Selbstverwaltung, Recht und Kapitalismus V. Der Literatenstand VI. Die konfuzianische Lebensorientierung VII. Orthodoxie und Heterodoxie (Taoismus) VIII. Resultat: Konfuzianismus und Puritanismus

1906 (zwei Versionen) umgearbeitet 1919/20

I. Das Problem II. Die Berufsethik des asketischen Protestantismus

1919/20 1904/05, umgearbeitet 1919/20

Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus



Vorbemerkung Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus

Von M ax Weber zum Druck gegeben. 1. Band

Max Weber: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie (Plan von 1919 und seine Realisierung)15

„Gegenstand ist überall die Behandlung der Frage: Worauf die ökonomische und soziale Eigenart des Okzidents beruht, wie sie entstanden ist und insbesondere in welchem Zusammenhang sie mit der Entwicklung der religiösen Ethik steht.“

     = geplant, aber nicht mehr ausgeführt.

Das Christentum des Okzidents

4. Band

Das Urchristentum Das talmudische Judentum Das orientalische Christentum Der Islam

3. Band

Anhang: Die Pharisäer (aus dem Nachlaß)

Ergänzung: Psalmen und Buch Hiob

Das antike Judentum I. Die israelitische Eidgenossenschaft und Jahwe II. Die Entstehung des jüdischen Pariavolkes

Die ägyptischen, babylonischen und persischen Verhältnisse (oder: Die ägyptische, mesopotamische und zarathustrische religiöse Ethik)

Allgemeine Grundlagen der okzidentalen Sonderentwicklung (und/oder: Die Entwicklung des europäischen Bürgertums in der Antike und im Mittelalter)

Neuigkeiten

Neuigkeiten

Vorwort Marianne Weber GARS III und Neuigkeiten

Vorwort Marianne Weber GARS III

1917–1920, 1921 wieder abgedruckt, aber nicht überarbeitet

Archiv, 44. Band, Heft 1, Okt. 1917, S. 52 u. Neuigkeiten

Neuigkeiten des Verlags vom 25. Okt. 1919. S.11

52 Einleitung

15  Aus Schluchter, Grundlegungen I (wie oben, S.  2 2, Anm.  8 0), S.  3 00 f. (modifiziert).

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Erscheinungen behandeln wollte? Und vor allem: Weshalb werden diese ‚früheren Aufsätze‘ nicht unter den Titel „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ gestellt? Denn dies ist ja auffällig: Das „Inhaltsverzeichnis“ von Band I der Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie, den Weber selbst noch zum Druck gab und korrigierte, subsumiert die überarbeiteten ProtestantismusAuf­sätze und den Sektenaufsatz richtigerweise nicht unter diesen Titel.16 Die früheren Aufsätze werden von den späteren vielmehr äußerlich sichtbar getrennt. „Inhaltsübersicht“ von Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Band I Seite Vorbemerkung 1–16 I. Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus 17–206 I. Das Problem 17–83 1.  Konfession und soziale Schichtung 17. – 2. Der „Geist“ des Kapitalismus 30. – 3. Luthers Berufskonzeption. Aufgabe der Untersuchung 63. II. Die Berufsethik des asketischen Protestantismus 84–206 1.  Die religiösen Grundlagen der innerweltlichen Askese 84. – 2. Askese und kapitalistischer Geist 163. II. Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus 207–236 III. Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen 237–573 Einleitung 237–275 I. Konfuzianismus und Taoismus 276–536 I. Soziologische Grundlagen: A. Stadt, Fürst und Gott 276. – II. Soziologische Grundlagen :B. Feudaler und präbendaler Staat 314. – III. Soziologische Grundlagen: C. Verwaltung und Agrarverfassung 349. – IV. Soziologische Grundlagen: D. Selbstverwaltung, Recht und Kapitalismus 373. – V. Der Literatenstand 395. – VI. Die konfuzianische Lebensorientierung 430. – VII. Orthodoxie und Heterodoxie (Taoismus) 458. – VIII. Resultat: Konfuzianismus und Puritanismus 512. Zwischenbetrachtung: Theorie der Stufen und Richtungen 536–573 religiöser Weltablehnung Sinn einer rationalen Konstruktion der Weltoblehnungsmotive 537. – Typologie der Askese und Mystik 538. – Richtungen der Weltablehnung: ökonomische, politische, ästhetische, erotische, intellektuelle Sphäre 542. – Stufen der Weltablehnung 567. – Die drei rationalen Formen der Theodicee 571.

16  Die „Inhaltsübersicht“ stammt vermutlich nicht von Max Weber. Vgl. den Editori­ schen Bericht, unten, S.  6 8 f.

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Nun stellten wir bereits fest, daß der asketische Protestantismus als wichtigster Förderer der radikalen religiösen Entzauberung der Welt den Bezugspunkt für den universalhistorischen Vergleich darstellt. Dies rechtfertigt die Entscheidung, ihn an die Spitze zu stellen, gewissermaßen aus Zweckmäßigkeitsgründen der Darstellung. Aber es gibt auch noch einen systematischen Grund, weshalb Weber diese Trennung vornimmt. Er spricht ihn in der „Vorbemerkung“ ganz unmißverständlich aus. Er habe zwei ältere Aufsätze an die Spitze der Sammlung gestellt, in welchen er versuche, „in einem wichtigen Einzelpunkt der meist am schwierigsten zu fassenden Seite des Problems näher zu kommen: der Bedingtheit der Entstehung einer ‚Wirtschaftsgesinnung‘: des ‚Ethos‘, einer Wirtschaftsform, durch bestimmte religiöse Glaubens­ inhalte, und zwar an dem Beispiel der Zusammenhänge des modernen Wirtschaftsethos mit der rationalen Ethik des asketischen Protestantismus“. Ähnliches hatte er 1913 offensichtlich in den ursprünglichen Skizzen zur Wirtschaftsethik der Kulturreligionen getan. Aber von Beginn an, und seit 1916 verstärkt, hatte er in diesen Studien auch die andere Seite der Kausalbeziehung mit einbezogen, ging also „beiden Kausalbeziehungen“ soweit nach, als notwendig war, „um die Vergleichspunkte mit der weiterhin zu analysierenden okzidentalen Entwicklung zu finden“.17 Wollte man die Protestantismusstudien unter den Titel „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ stellen, so hätte das auch hier die zweiseitige Kausalanalyse, also die Fortsetzung, verlangt. Diese aber war noch nicht begonnen. Es gab also letztlich zwei Gründe, die Protestantismus-Aufsätze an die Spitze der Sammlung zu stellen und sie zugleich von den Aufsätzen über die Wirtschaftsethik der Weltreligionen zu trennen: einen heuristischen (Bezugspunkt für die universalhistorischen Vergleiche) und einen systematischen (eine Seite – beide Seiten der Kausalbeziehung). Die geplante, aber noch nicht realisierte Fortsetzung der Studie zum asketischen Protestantismus mußte sich also hauptsächlich auf die andere Seite der Kausalbeziehung richten, auf die Beziehung der wichtigsten Religionsarten des Christentums „zur Wirtschaft und sozialen Schichtung ihrer Umwelt“,18 also, in den Begriffen der Religionssystematik, nicht nur auf die Beziehung Religion und Wirtschaftsgesinnung, sondern auch auf die Beziehung Klassenlage und Religion.

7.  Die „Vorbemerkung“ Da Weber den unterschiedlichen Status der Protestantismusaufsätze und des Sektenaufsatzes einerseits, der Aufsätze zur Wirtschaftsethik der Weltreligio­ 17  Weber, Vorbemerkung, unten, S.  117. 18 Ebd.

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nen andererseits ausdrücklich festhielt, sie aber zusammen in einem Band veröffentlichen wollte, mußte er ein verbindendes Glied zwischen ihnen schaffen. Dies geschah in einer „Vorbemerkung“, vermutlich deshalb so genannt, weil der Titel „Einleitung“ für die Wirtschaftsethik der Weltreligionen schon vergeben war. Weber entwarf diese „Vorbemerkung“ im September 1919.19 In ihr ist die Entdeckung, von der Marianne Weber sprach,20 reflektiert. Weber beginnt sie mit der provozierenden Feststellung, die ihn für manchen Interpreten zum Eurozentristen stempelt: „Universalgeschichtliche Probleme wird der Sohn der modernen europäischen Kulturwelt unvermeidlicher- und berechtigterweise unter der Fragestellung behandeln: welche Verkettung von Umständen hat dazu geführt, daß gerade auf dem Boden des Okzidents, und nur hier, Kulturerscheinungen auftraten, welche doch – wie wenigstens wir uns gern vorstellen – in einer Entwicklungsrichtung von universeller Bedeutung und Gültigkeit lagen?“21 Weber zählt dann die Kulturerscheinungen auf, von denen er behauptet, daß sie in den Kreis dieser okzidentalen Besonderheiten gehören: die moderne Wissenschaft von der Theologie über die Naturwissenschaften bis zur Jurisprudenz, die kontrapunktische und akkordharmonische Musik mit dem Orchester und dem Streichquartett, die gotische Gewölbetechnik, die perspektivische Malerei, das moderne Pressewesen, die europäischen Universitäten, der Anstaltsstaat mit rationaler Bürokratie, schließlich der Kapitalismus, die „schicksalsvollste Macht unsres modernen Lebens“, wie es heißt.22 In all diesen Kulturerscheinungen schlage sich ein „spezifisch geartete[r] ‚Rationalismus‘ der okzidentalen Kultur“ nieder.23 Um dessen Identifikation und Erklärung ist es Weber jetzt in erster Linie zu tun. So kann er die Aufgabe der Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie dahin bestimmen: „die besondere Eigenart des okzidentalen und, innerhalb dieses, des modernen okzidentalen, Rationalismus zu erkennen und in ihrer Entstehung zu erklären.“24 Es wird sofort klar, daß dies noch nicht die Aufgabe der ursprünglichen Protestantismusstudie war. Nun geht es beim Kapitalismus nicht um den Kapitalismus als solchen, sondern um den „spezifisch moderne[n] okzidentale[n] Kapitalismus“,25 und zwar nach Geist und nach Form. Beim Geist kommt es Weber auf die rationale Temperierung des Gewinnstrebens an. In Absetzung von Lujo Brentano, aber auch von Georg Simmel und in gewissem Sinne von Werner Sombart stellt 19  Dazu den Editorischen Bericht, unten, S.  6 5 f. 20  Oben, S.  9 f. 21  Weber, Vorbemerkung, unten, S.  101. 22  Ebd., unten, S.  105. 23  Ebd., unten, S.  116. 24 Ebd. 25  Ebd., unten, S.  114.

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Weber die rationale kapitalistische Orientierung des Unternehmers der „irrational-spekulativen“ und der „aktuell-kriegerischen“ sowie der „chronisch-fiskalischen“ Orientierung des kapitalistischen Abenteurers gegenüber.26 Nur die rationale Erwerbsorientierung gilt ihm als spezifisch modern. Sie verlangt, um erfolgreich zu sein, eine Wirtschaftsform, die er als die „rational-kapitalistische Organisation von (formell) freier Arbeit“ bezeichnet.27 In dieser Hinsicht weiß er sich mit Sombart weitgehend einig, insbesondere mit dessen zweiter Auflage des Modernen Kapitalismus, die 1916 erschien.28 Dieser „bürgerliche Betriebskapitalismus mit seiner rationalen Organisation der freien Ar­beit“29 habe technische, soziale, rechtliche, aber eben auch mentale Voraussetzungen, die alle mit einem spezifischen okzidentalen Rationalismus zusammenhingen. Die mentalen Voraussetzungen aber hätten mit einer spezifischen Art religiöser Lebensführung zu tun. Insofern setzten die Aufsätze zum asketischen Protestantismus aus den Jahren 1904/05 für Weber einen gültigen Anfang, den er in der Folge auch nicht mehr verändert. Aber das Forschungsprogramm, das sich im Laufe der Zeit ergibt, greift immer weiter. Am Ende läuft es auf eine Art Universalgeschichte der Religionen hinaus. Hat Weber tatsächlich bei dieser vergleichend und entwicklungsgeschichtlich ausgerichteten Betrachtung einem eurozentristischen Vorurteil gehuldigt? Das kann nur behaupten, wer den zitierten ersten Absatz der „Vorbemerkung“ nicht sorgfältig liest. In ihm sind ja Warntafeln aufgerichtet. Die wichtigste Warntafel ist methodologischer Natur. Weber, der Anhänger der Methodologie Heinrich Rickerts, unterscheidet natürlich zwischen theoretischer Wertbeziehung und praktischer Bewertung.30 Zwischen Bedeutung und Gültigkeit gibt es für ihn keinen internen Zusammenhang. Eine Kulturerscheinung kann von universeller Bedeutung sein, ohne von universeller Gültigkeit sein zu müssen. So ist bis heute der Kapitalismus eine Kulturerscheinung von universeller 26  Weber, Vorbemerkungen, unten, S.  110. 27 Ebd. 28  Sombart, Werner, Der moderne Kapitalismus […], 1. Band: Einleitung – Die vorkapitalistische Wirtschaft – Die historischen Grundlagen des modernen Kapitalismus, 2. Band: Das europäische Wirtschaftsleben im Zeitalter des Frühkapitalismus vornehmlich im 16., 17. und 18. Jahrhundert, 2 Halbbände, 2., neugearbeitete Aufl. – München und Leipzig: Duncker & Humblot 1916/17. Ferner ders., Der kapitalistische Unternehmer, in: AfSSp, 29. Band, 3. Heft, 1909, S.  6 89–758. Weber sagt in seiner Antikritik zu Rachfahl, dies sei eine Studie, „welche mich bei der großen, namentlich methodischen, Übereinstimmung in allen wesentlichen Punkten der Pflicht überhebt, ausführlich zu werden“. Weber, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, MWG I/9, S.  610–612. 29  Weber, Vorbemerkung, unten, S.  114. 30  Nach Rickert, Heinrich, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften. – Tübingen und Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1902, 4. Kapitel: Die historische Begriffsbildung. Dazu Schluchter, Einleitung, in: MWG I/9, S.  9 mit Anm.  3 8.

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Bedeutung, ohne daß man ihn deshalb auch als gültig einschätzen muß. Im Gegenteil: Viele werden ihn wegen seiner negativen Konsequenzen auf soziale Schichtung und Umwelt verwerfen, aber sich dennoch für sein Entstehen und Funktionieren interessieren. Und Weber schließt selbst seine Protestantismusstudie mit einem ambivalenten Urteil über die Zukunft des Kapitalismus ab. Er sagt denn auch in diesem ersten Abschnitt ausdrücklich: „wie wenigstens wir uns gern vorstellen“.31 Wir, das sind die Söhne (und Töchter) der „modernen europäischen Kulturwelt“ mit ihren Wertvorstellungen, nicht die Mitglieder anderer Kulturkreise, in denen andere Wertvorstellungen vorherrschend sein mögen. Aber wie immer diese aussehen, die universelle Bedeutung des Kapitalismus, seine Relevanz, werden auch sie nicht leugnen, abgesehen davon, daß auch sie in ihrer Kulturwelt „unvermeidlicherweise“ gefangen sind. Wir müssen deshalb zwischen einem normativen und einem heuristischen Kulturzentrismus unterscheiden. Der heuristische Zentrismus ist unvermeidlich und berechtigt, weil wir unsere Mitgliedschaft in einer Kulturwelt zwar reflektieren können, aber dennoch an sie gebunden sind. Der normative Zentrismus dagegen läßt sich vermeiden, und ob er in bestimmten Fällen berechtigt ist, etwa bei der Frage der Menschenrechte, steht auf einem anderen Blatt. Man kann es auch so sagen: Weber will mit seiner „Vorbemerkung“ einen Weg weisen, um zur Selbstreflexion der modernen okzidentalen Kulturwelt zu gelangen. Dies ist gewissermaßen der Mehrwert, den sein heuristischer Eurozentrismus jenseits der immer umstrittenen Tatsachenurteile dem Mitglied der modernen europäischen Kulturwelt bis heute zu bieten hat.

8.  Rückblick: Das fehlende Buch Wir besitzen also hinreichende Belege dafür, daß Weber seine Aufsätze zur „Protestantischen Ethik“ von 1904 und 1905 auch nach ihrer Überarbeitung fortsetzen wollte. Den Rahmen für diese Fortsetzung hatte er bereits 1905, am Ende des zweiten Aufsatzes, abgesteckt. Im „Antikritischen Schlußwort“ von 1910 wurde dieser Rahmen erweitert. Durch die Überarbeitung der ursprünglichen Studie spätestens ab Juli 1919 kamen weitere Gesichtspunkte hinzu. Am Ende der vierbändigen Aufsatzsammlung zur Religionssoziologie sollte ein Buch stehen, in dem die Protestantismus-Aufsätze in den jüdischchrist­lichen Traditionszusammenhang vermutlich mit Hilfe von Stichworten wie religiöse Entzauberung der Welt, Arbeitsaskese und Bewährungsge-

31  Weber, Vorbemerkung, unten, S.  101.

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danke eingebettet worden wären,32 wobei neben den übrigen „plastischen Elementen der modernen Kultur“ meist nichtreligiösen Charakters vor allem die andere Seite der Kausalbeziehung hätte berücksichtigt werden müssen.33 Webers früher Tod verhinderte ein solches Buch. Trägt man alle Hinweise auf Fortsetzungen zusammen, die sich in der ursprünglichen und der überarbeiteten Fassung finden, so kann man vermuten, wie Weber diesen vierten Band seiner Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie unter dem Titel „Christentum des Okzidents“ angelegt hätte. Zweifellos hätte er den in den Protestantismusstudien absichtlich ausgeklammerten „objektiven sozialen Institutionen der altprotestantischen Kirchen und deren ethischen Einflüssen“ über den Sektenaufsatz hinaus eine wichtige Rolle eingeräumt.34 Denn schon hier war von der mehr oder weniger intensiven Unterstützung der subjektiven Aneignung der Glaubensgrundlagen durch die objektiven sozialen Institutionen Kirche und Sekte die Rede. Dies war aber nur ein Anfang, der, bezogen auf das historische Material, weiter auszugestalten war.35 Nicht zuletzt angeregt durch die Kontroverse mit Brentano und Sombart, dürfte er auch der frühkapitalistischen Zeit vor der Reformation große Aufmerksamkeit gewidmet haben. Dafür sprechen die oben zitierten Bemerkungen zur Wirtschaftsethik „scotistischer“ und besonders gewisser „quattrocentistischer mendikantischer Theologen, vor allem des Bernhardin von Siena und Antonin von Florenz“,36 ferner der in die Überarbeitung aufgenommene Hinweis auf das Buch II der Studie über die kapitalistischen Organisationsformen von Jakob Strieder, in dem das Verhältnis von Kirche, Staat und Kapitalismus im Mittelalter und der frühen Neuzeit behandelt wird.37 Vor allem aber hätte Weber einlösen müssen, was er bereits 1905 so formulierte: „wie die protestantische Askese ihrerseits durch die Gesamtheit der gesellschaftlichen Kulturbedingungen, insbesondere auch der ökonomischen, in ihrem Werden und in ihrer Eigenart beeinflußt worden ist“.38 Bedenkt man diese Gesamtkonzeption der Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie, so wird verständlich, weshalb die „Vorbemerkung“ für alle 32  Zur Arbeitsaskese im Zusammenhang mit der Interpretation der Benediktinerregel Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  422, Fn.  2 99, zum Bewährungsgedanken ebd., unten, S.  4 09, Fn.  278. 33  Ebd., unten, S.  4 89 f. 34  Ebd., unten, S.  4 08. 35 Dazu auch die Einfügung über die Folgen der Kirchenverfassung ebd., unten, S.  3 45 f. 36  Ebd., unten, S.  2 00, Fn.  51. 37 Strieder, Jakob, Studien zur Geschichte kapitalistischer Organisationsformen. Monopole, Kartelle und Aktiengesellschaften im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit. – München und Leipzig: Duncker & Humblot 1914. Das „Zweite Buch“ trägt den Titel „Kirche, Staat und Frühkapitalismus“, ebd., S.  5 3–92. 38  Weber, Protestantische Ethik II, MWG I/9, S.  424; dass. in: Protestantische Ethik 1920, unten, S.  4 89.

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Aufsätze gilt, die „Einleitung“ aber nur für die Wirtschaftsethik der Weltreligio­ nen. Denn erst durch den vierten Band wären die ursprünglichen und dann überarbeiteten Protestantismusstudien und auch der Sektenaufsatz auf eine Stufe mit den Studien zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen gerückt. Was Weber über die andere Seite der Kausalbeziehung dachte, läßt sich am ehesten noch seiner Vorlesung über universale Sozial- und Wirtschaftsgeschichte entnehmen.39 Ein vollständiger Ersatz für das fehlende Buch ist sie freilich nicht. Es bleibt also dabei: Dieses große, von Krankheit überschattete Gelehrtenleben endet mit zwei unvollendeten Großprojekten. Weder Wirtschaft und Gesellschaft, die Soziologie, noch die Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie brachte Weber in die von ihm antizipierte Gestalt. Es ist freilich tröstlich, daß er seine Aussage von 1915 nicht wahrmachte, die Skizzen zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen so zu belassen, wie sie 1913 niedergeschrieben und Freunden vorgelesen worden waren. Als er dies sagte, beherrschte ihn noch das Gefühl, es sei nach diesem fürchterlichen Kriege nicht möglich, auf die alten Gedankenreihen zurückzukommen. Ganz andere Probleme würden dann im Vordergrund stehen. Doch noch während des Krieges änderte Weber seine Meinung, und er arbeitete an den vergleichenden Studien zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen weiter.40 Immerhin waren die Aufsätze über Konfuzianismus und Taoismus, Hinduismus und Buddhismus sowie über das antike Judentum bei Kriegsende weitgehend in die von ihm gewünschte Form gebracht. Als Weber starb, hatte er etwa zwei Bände der auf vier Bände geplanten Sammlung für den Druck vorbereitet. Der Rest aber blieb Desiderat. 1915 sprach er die Hoffnung aus, daß das, was er begonnen hatte, von anderen fortgeführt werde.41 Hat sich diese Hoffnung erfüllt?

39  Schluchter, Einleitung, in: MWG III/6, S.  1–45. 40 Weber hoffte freilich zunächst auf eine politische Verwendung an herausgehobener Stelle in Berlin, was sich nicht realisierte. Als Kompensation nahm er seine unterbrochenen Studien zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen wieder auf. Dazu Schluchter, Einleitung, in: MWG I/17, S.  5 ff. 41  Siehe Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  8 4, Fn.  1.

Editorischer Bericht

I. Zur Entstehung 1.  Vom Plan zum Band I der Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie Max Weber wollte – es fiel in die letzte Phase seines wissenschaftlichen Schaffens – seine Studien über den asketischen Protestantismus und über die Wirtschaftsethik der Weltreligionen, die über einen Zeitraum von etwa 15 Jahren entstanden waren, als Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie veröffentlichen. Für diese Sammlung hatte er vier Bände vorgesehen. Sie sollte nicht nur die bereits zuvor veröffentlichten und zu diesem Zeitpunkt teilweise überarbeiteten Aufsätze umfassen, sondern auch eine Reihe weiterer, die noch zu schreiben waren.1 Der ursprüngliche Plan, eine solche Sammlung zu veranstalten, geht wohl auf das Jahr 1915 zurück. Weber hatte am 22. Juni 1915 dem Verleger Paul Siebeck auf dessen Drängen, doch endlich eine Separatausgabe seiner inzwischen berühmten Aufsatzfolge über den asketischen Protestantismus aus den Jahren 1904 und 1905 zu gestatten, das Angebot gemacht, ihm stattdessen „[e]twa 4 Aufsätze à 4–5 Bogen“ für das Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik zur Verfügung zu stellen, die „Konfuzianismus (China), Hinduismus und Buddhismus (Indien), Judentum, Islam und Christentum“ umfaßten und „die allgemeine Durchführung der Methode in dem Aufsatz ‚Protest[antische] Ethik und Geist des Kapitalismus‘“ brächten, und er hatte hinzugefügt: „Später können sie ja, wenn Sie dazu bereit sind, zusammen mit jenem Aufsatz gesondert erscheinen.“2 Am 14. Juli 1915, als er den ersten Artikel über Konfuzianismus eingeliefert und die „Einleitung“ in die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ um drei Blätter, vermutlich um den Anhang zur Herrschaftssoziologie,3 erweitert hatte, benutzte er für diesen Plan bereits den Titel „Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie“. Die Aufsätze, so heißt es in dem Brief an Paul Siebeck, könnten dann „entweder gleich nach Abschluß des Ganzen oder aber vor Abschluß, d. h. mit dem zusammenfassenden Schluß als ‚Gesammelte Aufsätze zur Religions-Soziologie‘ als Band erscheinen[,] wenn Sie es wollen 1  Zum Plan siehe die Einleitung, oben, S.  4 9–51. 2  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 22. Juni 1915, MWG II/9, S.  70. 3  Dazu die Einleitung, oben, S.  12. Gemeint ist Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  119– 126.

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(zusammen mit ‚Geist des Kapitalismus‘)“.4 Zu diesem Zeitpunkt hatte Weber offensichtlich noch an einen Band gedacht. Am 24. Mai 1917, mitten in der Arbeit an der Aufsatzfolge über das antike Judentum, teilte er dann mit, er wolle die Behandlung des antiken Judentums mit diesem Band des Archivs (Band 42) abschließen und sich dann der Sammlung widmen. Sie mache gute Fortschritte: „Die Um- und Ausarbeitung der ersten Aufsätze für die Gesamtausgabe (wenn Sie wollen: der ‚Gesammelten Aufsätze‘, zusammen mit ‚Kapitalismus und Protestantismus‘) nach dem Krieg ist im Gang.“5 Weber schloß freilich die Behandlung des antiken Judentums 1917 nicht ab,6 und es muß zunächst offen bleiben, ob er sich bereits zu der Zeit an die Überarbeitung der Studien von 1904 und 1905 machte. Dazu weiter unten mehr. Max Weber hatte ursprünglich wohl nicht die Absicht, eine „Gesamtausgabe“ religionssoziologischer Aufsätze zu veranstalten.7 Im Jahre 1914, als er das „Vorwort“ für das von ihm konzipierte und betreute, inzwischen in Grundriß der Sozialökonomik umbenannte Sammelwerk verfaßte und seinen Hauptbeitrag „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte“ dafür vorbereitete, sah er noch ein Beiheft vor, das „eine systematische Erkenntnistheorie der Sozialwissenschaften“ und eine „materiale ökonomische Kultursoziologie“ enthalten sollte.8 Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß er zu dieser „materialen ökonomischen Kultursoziologie“ auch seine ursprünglichen Skizzen über die Wirtschaftsethik der Kulturreligionen rechnete, aus denen er 1913 Freunden in Heidelberg vorgelesen hatte.9 Denn 4  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 14. Juli 1915, MWG II/9, S.  74. 5  Brief Max Webers an dens. vom 24. Mai 1917, MWG II/9, S.  6 48. 6  Dazu Otto, Eckart, Einleitung, in: MWG I/21, S.  1–144, und Editorischer Bericht zu Weber, Antikes Judentum, ebd., S.  210–233. 7  Interessanterweise reagiert Weber im Januar 1914 auf eine Anfrage Paul Siebecks, ob auch von seiner „Soziologie eine Separatausgabe“ erscheinen solle, mit der Bemerkung: „Das möchte ich mir vorbehalten. Ich möchte diesen Abschnitt so ausgestalten, das er in der zweiten Auflage als Separatabdruck erscheinen könnte. Noch lieber wäre mir eine Ausgabe meiner ‚gesammelten Aufsätze‘ (aus dem Archiv und dem Handbuch).“ Weber, Bemerkungen und Korrekturen zum Rundschreiben des Verlags über Separatausgaben von Beiträgen zum „Handbuch der Sozialökonomie“, MWG I/24, S.  193, Fn.  2. Welche Aufsätze aus dem Handbuch sind wohl gemeint? 8  Weber, Vorwort [zum Grundriß der Sozialökonomik], ebd., S.  164. 9  Dazu oben, Einleitung, S.  4. – Weber schreibt zwar am 30. Dezember 1913 an Paul Siebeck im Zusammenhang mit seinem Grundrißbeitrag: „Später hoffe ich Ihnen dann einmal eine Soziologie der Cultur-Inhalte (Kunst, Litteratur, Weltanschauung) zu liefern, außerhalb dieses Werkes oder als selbständigen Ergänzungsband.“ MWG II/8, S.  4 50. Auch darauf könnte der Hinweis auf die „materiale ökonomische Kultursoziologie“ gemünzt sein. Doch schließt dies nicht aus, daß er auch die religionssoziologischen Skizzen dazu rechnete. Im Gegenteil: denn der Ausdruck ökonomische Kulturtheorie verweist auf die allgemeine Methode der „Protestantischen Ethik“, auf das Wechselspiel zwischen Wirtschaft und Kultur (die „beiden Seiten der Kausalbeziehung“, wie es später heißt).

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er konstatierte 1915 in einem Brief an Paul Siebeck und in der Fußnote zur „Einleitung“ in die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“, mit der er die Aufsatzserie im Archiv eröffnete, diese Skizzen stünden in einem Ergänzungsverhältnis zu seinem Grundrißbeitrag, seien „Vorarbeiten und Erläuterungen der systematischen Religions-Soziologie im ‚G.d.S.Ö‘“.10 Auch daß die Sammlung schließlich vier Bände umfassen sollte, dürfte er 1915 noch nicht antizipiert haben. Weber sprach bei seinem Angebot an Paul Siebeck, wie zitiert, von „[e]twa 4 Aufsätzen à 4–5 Bogen“,11 also im Archiv  von insgesamt ca. 260 bis 320 Seiten. Als es wenig später um die Aufteilung dieser Aufsätze auf die folgenden Hefte des Archivs ging, äußerte er zwar schon Zweifel, ob seine „Aufsatz-Serie“ in drei Heften unterzubringen wäre, wenn, wie üblich, in diesen Heften auch andere Autoren zum Zuge kämen.12 Für ihn allein hätten damals freilich drei Hefte durchaus genügt.13 Aber die Serie wuchs und wuchs, nachdem Weber nach den ersten Veröffentlichungen im Archiv an die Erweiterung der restlichen Skizzen zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ aus dem Jahr 1913 gegangen war. Schon im November 1915 arbeitete er in Berlin „Indische Census-Reporte u. dgl.“ für seine Hinduismusstudie durch, die er dann ja auch 1916 in (gegenüber der Skizze von 1913) erweiterter Form als Fortsetzung der Serie im Archiv veröffentlichte.14 Die Abhandlung über das antike Judentum entwickelte sich gar zu einer umfangreichen Serie mit mehreren Fortsetzungen, deren Publikation sich von 1917 bis Anfang 1920 hinzog, ohne daß Weber 1920 zu einem Abschluß gekommen wäre. Vom Werkplan für die Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie, wie er sich der Selbstanzeige vom 25. Oktober 1919 entnehmen läßt, war zum Zeitpunkt von Webers Tod allenfalls die Hälfte geschrieben. Es heißt denn auch nicht zufällig in der Selbstanzeige: „vorläufig 2 Bände im Druck“.15

10  Brief an Paul Siebeck vom 22. Juni 1915, MWG II/9, S.  6 9 f. (Zitat), und Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  8 3 f. 11  Vgl. oben, S.  61 mit Anm.  2. 12  Brief an Paul Siebeck vom 1. Juli 1915, MWG II/9, S.  73. Es ging dabei auch um die Frage eines Wechsels zwischen sogenannten Kriegsheften und ‚normalen‘ Heften, der im Archiv seit Kriegsbeginn eingeführt worden war. 13  Wie immer sind Webers Angaben in dieser Hinsicht sehr vage. Schon am 14. Juli 1915, also nicht einmal vier Wochen nach dem ursprünglichen Angebot, heißt es im Brief an Paul Siebeck: „Anbei noch drei Blätter zur ‚Einleitung‘ meiner Artikel. Sie werden in die Korrektur eingeschoben, da sie besser dahin passen, als an ihre jetzige Stelle. Die Artikel werden sehr umfangreich. Der erste – Konfuzianismus – ca ¼ des Ganzen – allein ca. 6–7 Bogen.“ MWG II/9, S.  74. Damit wären wir bereits bei ca. 390 bis 450 Seiten. 14  Brief an Marianne Weber vom 22. Nov. 1915, MWG II/9, S.  185. 15  Die Selbstanzeige ist abgedruckt in MWG I/19, S.  28. Max Weber sandte sie am 24. September 1919 an den Verlag, vgl. ebd., S.  4 5. Dazu auch die Einleitung, oben, S.  4 9 f.

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Auch die Rolle, welche die Aufsätze über den asketischen Protestantismus in der Sammlung spielen sollten, und wie sie demnach zu plazieren wären, scheint zu Beginn der Veröffentlichung der Artikelserie im Archiv noch offen. Denn Weber nennt in der „Einleitung“ von 1915 zwar die „konfuzianische, hinduistische, buddhistische, christliche, islamitische religiöse Ethik“ und als „sechste, wenigstens teilweise mitzubehandelnde Religion das Judentum“. Aber für das Christentum verweist er auf die „früher in diesem Archiv (Band 24) erschienenen Aufsätze“, nämlich die zum asketischen Protestantismus von 1904 und 1905 – sie erschienen allerdings im Archiv, Band 20 und 21 –, deren Kenntnis vorausgesetzt werden müsse, und er fügt hinzu, das Christentum werde „nachstehend nur zum Vergleich herangezogen und soll nur am Schluß kurz in der Eigenart seiner Entstehungs- und Wirkungsbedingungen charakterisiert werden“.16 Vergleicht man die Ausgangslage von 1915 mit der Selbstanzeige für die Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie von 1919, so hat sich das Verhältnis des Christentums zu den übrigen Weltreligio­ nen geradezu umgedreht. Denn Weber stellt jetzt die überarbeitete Fassung der Studien über den asketischen Protestantismus an den Anfang der Sammlung („I. Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“, Geist – anders als 1904 und 1905 – ohne Anführungszeichen), fügt einen nahezu neu geschriebenen Aufsatz über die Sekten an („II. Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus“) und läßt die Aufsätze zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ jeweils in ihrer neuesten Fassung folgen („III. Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen“). Für das Christentum des Okzidents kündigt er einen eigenen Band, den „Schlußband“, an. Darüber hinaus will er eine „Darstellung des Urchristentums, des talmudischen Judentums, des Islam und des orientalischen Christentums“ geben (dritter Band). Für den Übergang von der asiatischen zur vorderasiatisch-okzidentalen Welt plant er eine Skizze, in der die soziale Eigenart und die Entwicklung des europäischen Bürgertums in der Antike und im Mittelalter dargelegt werden sollen.17 Er will sie, wie aus der „Selbstanzeige“ hervorgeht, vor das Judentum stellen, als „die allgemeine Grundlage der occidentalen Sonderentwicklung“.18 Am 11. September 1919 schreibt er an Paul Siebeck, er habe diese Skizze „im Kopf fertig“.19 Geschrieben hat er sie freilich nicht mehr.20

16  Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  8 3 f. (zitiert nach der Archiv-Fassung von 1915). 17  Weber, Selbstanzeige, abgedruckt in MWG I/19, S.  28; Einleitung, oben, S.  4 9 f. 18  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 11. Sept. 1919, MWG II/10, S.  7 71. 19 Ebd. 20 Es gibt freilich Substitute, so Passagen aus Weber, Die Stadt, MWG I/22-5, S.  199 ff., und Weber, Abriß der universalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, MWG III/6, S.  3 50 ff.

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Die Entscheidung, die Aufsätze von 1904 und 1905, in überarbeiteter Form, an die Spitze der Gesammelten Aufsätze zu stellen, hätte eigentlich verlangt, die bereits 1905 versprochene Fortsetzung nun endlich zu liefern, d. h. die noch fehlende andere Seite der Kausalbeziehung darzustellen. Nur dadurch hätte Weber die Protestantismusstudien auf das Format der Aufsätze über die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ gebracht.21 Doch Weber blieb diese selbstauferlegte Verpflichtung schuldig. Er überarbeitete nur das 1904 und 1905 schon Vorhandene. Der Sektenaufsatz ist zwar eine „Ergänzung“ dazu, wie er selbst sagt,22 denn er behandelt die Kirchen- und vor allem die Sektenverfassung, die institutionelle Seite der Kirchen- und Sektenzucht im 17. Jahrhundert, die er in der ersten Fassung der Protestantismus-Aufsätze ausdrücklich ausgeklammert hatte. An dieser Aufgabenteilung hielt Weber aber auch bei der Überarbeitung der Aufsätze fest. Der Sektenaufsatz bringt also nicht die besagte Fortsetzung. Weber war deshalb gezwungen, die von der Anlage her ‚ungleichen‘ Aufsätze – über den asketischen Protestantismus einerseits, die Wirtschaftsethik der Weltreligionen andererseits – wenigstens äußerlich zusammenzubinden. Dies geschah durch eine „Vorbemerkung“, die von der „Einleitung“ in die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ sowohl inhaltlich wie formal zu unterscheiden ist.23 Weber verfaßte diese „Vorbemerkung“ zwischen dem 11. und dem 24. September 1919. Dies ergibt sich aus dem Briefwechsel zwischen ihm und dem Verlag. Am 11. September schreibt er an Paul Siebeck: „eben geht, als Wertsendung, der erste Teil des Mscr. – d. h. die Umarbeitung des ‚Geist des Kapitalismus‘ als des ersten, an die Spitze zu stellenden, Aufsatzes – für die ‚Gesammelten Aufsätze zur Soziologie der Kulturreligionen‘ (so oder ähnlich müßte der Titel wohl lauten) an Sie ab“. Und er vermerkt am Rande: „Bitte Satz in Fahnen, da eine ganz kurze Einführung vorangeht, die bald nachfolgt.“24 Damit ist offensichtlich die spätere „Vorbemerkung“ gemeint. Weber schickte nach dem überarbeiteten „‚Geist des Kapitalismus‘“ sofort den überarbeiteten, besser: neukonzipierten Sektenaufsatz, brauchte aber dann doch längere Zeit, um auch die überarbeiteten Konfuzianismus-Aufsätze vorzulegen. So heißt es bereits am 12. September: „anbei die Fortsetzung der ‚Gesammelten Aufsätze‘, d. h. die ganz neu umgeschriebene Abhandlung über die Sekten (aus der Christl[ichen] Welt), auf das Vierfache erweitert. Nun folgt sehr bald die (kurze) ‚Einleitung‘. Dann: die ‚Wirtschaftsethik‘, in der wie gesagt, China stark zu ergänzen und durch Litteraturzitate zu bereichern ist“.25 Bei 21 Dazu Weber, Vorbemerkung, unten, S.  117, sowie Weber, Protestantische Ethik 1920, Schluß des ersten Teils, unten, S.  255 f. 22  Weber, Sekten, unten, S.  4 93, Fn.  1. 23  Dazu ausführlich die Einleitung, oben, S.  5 4–57. 24  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 11. Sept. 1919, MWG II/10, S.  7 71. 25  Brief Max Webers an dens. vom 12. Sept. 1919, ebd., S.  7 72.

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dem hier als ‚Einleitung‘ apostrophierten Text handelt es sich also nicht um die bereits 1915 publizierte „Einleitung“ in die „Wirtschaftsethik der Weltreligio­ nen“,26 sondern um die zuvor erwähnte „ganz kurze Einführung“, welche die Protestantismusstudien mit den Studien über die Wirtschaftsethik der Weltreligionen verbinden sollte, und die Weber dann, zur Unterscheidung von der „Einleitung“, „Vorbemerkung“ nennt.27 Am 24. September 1919 bestätigt Werner Siebeck in einem Brief an Max Weber den Eingang des Manuskripts dieser „Vorbemerkung“. Er spricht von einem Umfang von „10 Blatt“.28 Diese wurden vermutlich sofort in den Druck gegeben, weil erst nach dem Umbruch der „Vorbemerkung“ die weitere Paginierung feststehen würde. Fahnen dieser „Vorbemerkung“ sind überliefert. Sie sind von der Druckerei mit dem Stempel „Revision“ und dem Datum „29. Okt. 1919“ versehen.29 Ende Oktober waren sie also bereits paginiert und umbrochen. Dies muß allerdings schon der zweite oder gar dritte Durchgang bei der Drucklegung gewesen sein. Ob Weber die „Vorbemerkung“ noch während der Drucklegung erweiterte, läßt sich im Rückblick nicht mehr sagen, weil das Originalmanuskript nicht überliefert ist. Immerhin umfaßt sie mit ihren 16 Druckseiten möglicherweise mehr als die von Werner Siebeck angegebenen „10 Blatt“ Manuskriptumfang. Weber schätzt am 25. September die Einfügungen in die bereits zuvor publizierten Aufsätze zur „Protestantischen Ethik“ auf ca. 10 Bogen.30 Es handelt sich überwiegend um Erweiterungen, nicht um Revisionen, ein Vorgehen, das für ihn ganz allgemein charakteristisch ist. Sowohl die Manuskriptzufuhr als auch die Korrekturen scheinen im Fall der Gesammelten Aufsätze, anders als bei der Neufassung von Wirtschaft und Gesellschaft, kontinuierlich und zügig zu erfolgen.31 Wegen der gleichzeitigen Arbeit an beiden Projekten und dem ständigen Hin und Her zwischen Autor und Verlag bleiben freilich auch hier Pannen nicht gänzlich aus. So vermißt man etwa im Februar 1920 einen ganzen Bogen.32 Doch schon am 23. April 1920 hält Weber den Band I der Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie für komplett. „Alles ist in Ordnung, nichts verloren“, schreibt er an diesem Tag an Paul Siebeck, und er 26  Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  8 3–127. 27  Weber, Vorbemerkung, unten, S.  101–121. 28  Brief Werner Siebecks an Max Weber vom 24. Sept. 1919 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 29  Außerdem ist die „Super-Revision“ der „Vorbemerkung“ überliefert; dazu unten, S.  7 7. 30  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 25. Sept. 1919, MWG II/10, S.  790. 31  Dazu Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 1. April 1920, ebd., S.  9 63, und an den Verlag J. C. B. Mohr vom 19. April 1920, ebd., S.  1013. 32  Karte Max Webers an Paul Siebeck vom 5. Febr. 1920, ebd., S.  913. Vermißt wurde Bogen 7 der Super-Revision, d. h. von Weber, Protestantische Ethik 1920, GARS I, S.  97–112 (= unten, S.  284–318).

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überläßt die Entscheidung über den Umfang dieses ersten Bandes dem Verleger. Manuskriptseiten habe er genug: „Konfuzianismus 1–92 geht morgen, 93–145 gingen dieser Tage korrigiert und zum Umbrechen reif an Sie zurück. Wenn so weiter gesetzt und korrigiert wird, kann dieser Band (dessen Mscr. Sie vollständig haben, – es sei denn, daß Sie ihn dicker wünschen, dann müßte von ‚Hinduismus und Buddhismus‘ noch etwas hinein, wo fast nichts zu ändern ist) bis Pfingsten abgesetzt sein. Darüber – d. h. also über die Hereinnahme von noch 4–5 Bogen jener Fortsetzung, ließe sich sehr reden. Primo loco schlage ich Schluß von Band I der ‚Rel[igions-]Soz[iologischen] Aufsätze‘ mit diesem Manuskript-Teil vor (ca 32–33 Bogen), aber mir ist das einerlei.“33 Ca. 32 bis 33 Bogen hätten bedeutet, die „Zwischenbetrachtung“ nicht an den Schluß von Band I, sondern an die Spitze von Band II zu stellen.34 Es kam anders, aber dafür gibt es keinen systematischen Grund. Denn Paul Siebeck teilt Weber, als dieser bereits erkrankt ist, am 2. Juni mit, die Druckerei würde die bisher von ihm vorgelegten Aufsätze auf ca. 37 Bogen schätzen und er, Siebeck, wolle damit diesen Band abschließen.35 Weber, der am 14. Juni 1920 starb, reagierte darauf nicht mehr direkt. Er ließ allerdings den Verleger noch über Marianne Weber wissen, er sei mit dem Vorschlag „sehr einverstanden“.36 Es ist wichtig, sich klar zu machen, daß die Verteilung der Manuskripte auf die Bände pragmatisch bedingt war, weil Weber die gesamte Artikelserie als eine Einheit betrachtete. Nicht die Verteilung der Artikel auf die einzelnen Bände, nur ihre Abfolge stand fest. Max Weber korrigierte nicht nur alle Texte von Band I der Gesammelten Aufsätze, er gab also auch seine ausdrückliche Zustimmung, diesen Band mit der „Zwischenbetrachtung“ abzuschließen.37 Ob er auch noch das Titelblatt 33  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 23. April 1920, MWG II/10, S.  1027. 34  Weber, Zwischenbetrachtung, MWG I/19, S.  479–522. 35  Brief Paul Siebecks an Max Weber vom 2. Juni 1920 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 36  Karte Marianne Webers an Paul Siebeck vom 8. Juni 1920: „Mein Mann ist mit Ihrem Vorschlag hinsichtlich der religionswissenschaftlichen Schriften sehr einverstanden u. grüßt Sie freundlich. Er hütet leider mit heftigem Bronchialfieber das Bett.“ (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446.) 37 Max Weber korrigierte offenbar bis zuletzt, selbst noch auf dem Krankenlager. Das geht aus der Korrespondenz von Else Jaffé mit dem Verlag hervor. Nach Webers Tod teilte sie sich mit Marianne Weber die verbliebenen Aufgaben bei der Drucklegung. Vor dem 24. Juni 1920 schickte sie eine von Weber noch korrigierte Seite mit folgender Bitte an den Verlag: „Könnte die der Anlage entsprechende Seite mit der betr. Einfügung in Max Webers Handschrift, wenn sie in der Druckerei nicht mehr gebraucht wird, zu Frau Marianne Weber geschickt werden. Es ist die letzte wesentliche Korrektur, die er an dem Band vornahm + sie hat ihn noch im Fieber beschäftigt mit dem Wunsch, sie möge sie sehen.“ (Brief Else Jaffés an Paul Siebeck, vor dem 24. Juni 1920, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nl.  4 88 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), K.  3 98.) Um welche Seite es sich handelt, ließ sich nicht ermitteln. Nach der Formulierung zu urteilen, könnte es die Seite mit der Widmung

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und die „Inhaltsübersicht“ bestimmte, ist nicht bekannt. Beide könnten auch von Marianne Weber oder von dritter Hand stammen. Dies jedenfalls legt die Korrespondenz zwischen Marianne Weber und dem Verlag nach Max Webers Tod nahe. Am 11. August fragt Werner Siebeck bei ihr an, ob er für den Titelbogen des im Druck befindlichen Bandes I „ausser der Widmung noch ein Vorwort erwarten“ dürfe.38 Dies verneint Marianne Weber mit Schreiben vom 13. August 1920, regt aber zugleich die „Verlegung der Titelblätter“ der von ihr inzwischen auf drei Bände verteilten religionssoziologischen Aufsätze an.39 Am 30. August 1920 schließlich fragt sie beim Verlag an, ob man den drei Bänden nicht „am Schluß ein Inhaltsverzeichnis“ beigeben müsse. Es kann sein, daß die „Inhaltsübersicht“ von Band I zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestand, was der bald folgende Brief von Paul Siebeck vermuten läßt. Er schreibt: „Wie ich soeben sehe, ist dem ersten Band der religionssoziologischen Aufsätze kein Register beigegeben.“ „Register“ ist dann von ihm handschriftlich in „Inhaltsverzeichnis“ korrigiert.40 Titelblatt, Widmung und Inhaltsübersicht sind unten, S.  9 8–100, wiedergegeben. Wir wissen also nicht, ob Titelblatt und „Inhaltsübersicht“ tatsächlich noch von Max Weber autorisiert sind oder nachträglich festgelegt wurden. Bemerkenswert ist allerdings, wie exakt in der „Inhaltsübersicht“ Max Webers Aufbaugedanke für Band I entsprochen ist. Zwar sind bei den Titeln „Die pro­ testantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“, „Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus“ und „Die Wirtschaftsethik der Weltgewesen sein. Dazu unten mehr. Auch scheinen laut Mitteilung des Verlags zu diesem Zeitpunkt noch Revisionsfahnen zu fehlen, und zwar, wie Paul Siebeck schreibt, „die Revisionsfahnen 172–193 und 241 bis Schluss“ (Brief Paul Siebecks an Else Jaffé vom 24. Juni 1920, ebd.). Daraufhin schrieb Else Jaffé am 28. Juni 1920 an Paul Siebeck: „Von den fehlenden Revisionsfahnen der ,Aufsätze‘ hat Max Weber auch noch auf dem Krankenbett gesprochen + gebeten, man möge sie durchsehen + in seinem Auftrag das ‚Imprimatur‘ erteilen. Da Frau Weber + ich nichts fanden, nahmen wir an, die Sache sei doch schon erledigt u. dem Wesen ist sie es ja. Denn inhaltlich sollte nichts mehr geändert werden. Die Bogen werden wohl verloren gegangen sein in der Woche der Krankheitstage.“ (Ebd.) Es scheint aber doch noch Korrekturbedarf gegeben zu haben. Denn am 2. Juli 1920 heißt es in einem Brief Paul Siebecks an Else Jaffé: „Die mit Ihrem Brief vom 29. Juni eingesandte Korrektur lässt sich noch ausführen. Der Sicherheit halber übersende ich Ihnen nochmals die Fahnen 172–193 und 241–256. Ich lege die Fahnen diesem Brief bei.“ (Ebd.) 38  Karte Werner Siebecks an Marianne Weber vom 11. August 1920 (VA Mohr /Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 39  Karte Marianne Webers an Werner Siebeck vom 13. August 1920 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München). Marianne Weber folgte also nicht dem Plan vom Oktober 1919, nach dem die Darstellung des Judentums bis zum Beginn der Makkabäerzeit noch in den Band II gehörte und der Band III mit der Darstellung des Urchristentums beginnen sollte. 40 Brief Paul Siebecks an Marianne Weber vom 3. Sept. 1920 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).

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religionen“ die von Weber im Text verwendeten Ordnungsziffern I., II. und III. weggelassen, die drei Titel aber durch Fettdruck deutlich herausgehoben und dadurch zugleich untereinander auf dieselbe Stufe gestellt. Auch dem Unterschied zwischen der „Vorbemerkung“, die für die gesamte Serie gilt, und der „Einleitung“ in die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ ist in der „Inhaltsübersicht“ durch die Anordnung Rechnung getragen.41 Insofern kann man sagen, daß die „Inhaltsübersicht“ jedenfalls Max Webers Intention entspricht. Dies gilt nun auch für die Widmung, von der wir wissen, daß er sie selbst verfügte. Es gibt einen Brief von Else Jaffé an Paul Siebeck vom 15. Juni 1920, in dem sie dem Verleger im Auftrag von Marianne Weber den Tod Max Webers mitteilt und hinzufügt: „Nun möchte ich Ihnen gleich einen Auftrag von ihm ausrichten, den er mir in den ersten noch klaren Krankheitstagen gab. Die Widmung der religionssoziol[ogischen] Aufsätze soll sein: Marianne Weber. / 1893 bis ins pianissimo des höchsten Alters. / 6. Juni 1920. Ich weiss, dass es in seinem Sinn ist, wenn dieser Auftrag so ausgeführt wird. Seine Frau sieht ja dann die Korrektur. Das Datum sollte klein unten hinein kommen.“42 Es scheint, als sei Marianne Weber zwar über die Tatsache, nicht aber über den Inhalt der Widmung zu diesem Zeitpunkt unterrichtet gewesen, als habe Else Jaffé ihr den von ihrem Mann gewünschten Text zunächst verschwiegen, um sie damit zu überraschen. Denn am 8. August 1920 heißt es in einem Brief Marianne Webers an den Verlag: „Ich sehe heute zu meinem Schrecken, daß eine Anordnung meines Mannes aus seinen letzten Tagen Ihnen noch nicht übermittelt ist. Ich hatte angenommen[,] es sei längst durch Dr. Jaffé geschehen. Mein Mann hat bestimmt, daß der erste Band seiner Soziologie seiner Mutter gewidmet wird, der erste Band der religionssoziolog[ischen] Schriften mir, wie Sie schon wissen.“43 Im August 1920 aber hatte man Max Webers Wunsch bei den reli­ gionssoziologischen Aufsätzen längst entsprochen. Denn bereits am 17. Juni teilte Paul Siebeck Else Jaffé mit, er werde die gewünschte Widmung dem ersten Band der Gesammelten Aufsätze beifügen, und am 24. Juni schickte er ihr bereits Satzproben davon.44 Die Korrekturfahne der Widmung trägt den Druckereiausgangsstempel 2. Juli 1920. Interessanterweise ist hier der Text gegenüber dem Brief vom 15. Juni leicht verändert. Er lautet jetzt: „Marianne Weber. 1893 ‚bis ins Pianissimo des höchsten Alters‘. 7. Juni 1920“.45 41  Dazu ausführlich die Einleitung, oben, S.  5 4–57. 42  Brief Else Jaffés an Paul Siebeck vom 15. Juni 1920, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nl.  4 88 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), K.  3 98. 43 Brief Marianne Webers an den Verlag vom 8. August 1920 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 44  Brief Paul Siebecks an Else Jaffé vom 17. Juni 1920 bzw. vom 24. Juni 1920, beide Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nl.  4 88 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), K.  3 98. 45  Vgl. den Faksimile-Abdruck unten, S.  9 9, sowie die editorischen Mitteilungen in MWG I/19, S.  6 3. Der Satz „bis ins Pianissimo des höchsten Alters“ ist der „Zwischen-

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2.  Die Texte zum asketischen Protestantismus und den Sekten Die „Vorbemerkung“ entstand also Mitte September 1919, nachdem Weber die Überarbeitung seiner Studien über den asketischen Protestantismus abgeschlossen hatte. Dies war am 12. September der Fall.46 Die Aufsätze von 1904 und 1905 standen natürlich längst nicht mehr im Satz – wir befinden uns im Zeitalter des Bleisatzes –, so benutzte Weber die Hefte von 1904 und 1905, um dahinein seine handschriftlichen Änderungen und Erweiterungen einzutragen.47 Auf dieser Grundlage erfolgte dann der Neusatz der Texte. Dabei fällt auf, daß er nahezu alle Sperrungen zurücknimmt, die Fußnoten erweitert und zunächst geforderte Änderungen wieder streicht, also im Prozeß der Überarbeitung abwägt, was zu ändern sei und was nicht. Wie oft bei Max Weber gibt es viele Sofortkorrekturen, unter Umständen auch wieder gestrichene Korrekturen. Wo sich während der Überarbeitung herausstellte, daß der freie Platz auf den Archiv-Seiten für die gewünschten Erweiterungen nicht ausreichte, mußte ein zusätzliches Blatt eingelegt werden. In den ersten Aufsatz (von 1904) sind längere Passagen zu Werner Sombart und Lujo Brentano eingefügt, in den zweiten (von 1905) werden außer sachlichen Ergänzungen vor allem Begriffe und Erkenntnisse aus der „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ eingearbeitet.48 Streichungen oder Umformulierungen des alten Textes finden sich nur dort, wo solche entweder durch die Einfügungen erzwungen oder wo die ursprünglichen Aussagen veraltet waren. Weber betrachtung“ entnommen, 1893 ist das Jahr der Hochzeit und der 7. Juni 1920 das Datum, an dem Max Weber seinen Widmungswunsch gegenüber Else Jaffé äußerte. (Die Differenz zwischen Brief und Druck – 6. bzw. 7. Juni – ließ sich nicht aufklären. Angesichts des Ablaufs kann die Änderung eigentlich nur von Else Jaffé selbst stammen, es sei denn, Weber hätte den Widmungswunsch nicht nur mündlich geäußert, sondern ihn auch schriftlich fixiert; siehe dazu oben, S.  67 f., Anm.  37). 46  Dazu Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 12. Sept. 1919, MWG II/10, S.  7 72. Merkwürdig ist: Am 11. September heißt es noch, die neue Redaktion des Aufsatzes über Kirchen und Sekten folge „binnen 8 Tagen“; Brief an dens., ebd., S.  7 71. Sie geht dann aber bereits am nächsten Tag in die Post. Dazu unten mehr. 47  Bereits am 2. April 1907, als es darum ging, auf Anregung von Paul Siebeck die „Protestantische Ethik“ für eine Sonderausgabe fertig zu machen, hatte Weber an diesen aus Cadenabbia geschrieben: „Einige Änderungen und Ergänzungen des jetzt gegebenen Textes sind unvermeidlich. Ich werde sie ev. bald nach meiner Rückkehr vornehmen und müßte dazu allerdings um 1 Expl. der beiden Hefte bitten“. MWG II/5, S.  276. Am 10. Mai teilt er dann mit: „Ich gehe jetzt an die Durchsicht der ‚Protestant[ischen] Ethik“. Ebd., S.  3 00. Wir können also davon ausgehen, daß Webers Bitte erfüllt wurde. Ob er tatsächlich mit der „Durchsicht“ begann, ist freilich nicht sicher. Dazu ausführlich Schluchter, Einleitung, in: MWG I/9, S.  67 ff. Siehe auch die Darstellung unten, S.  81–85. Der erste Überarbeitungsvorgang könnte allerdings auf 1907 zurückgehen. 48  Das gilt natürlich vor allem für den Entzauberungsbegriff. Dazu ausführlich die Einleitung, oben, S.  16–18.

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nimmt tatsächlich, wie er selbst betont, nichts Entscheidendes von seinen ursprünglichen Ausführungen zurück.49 Die Frage ist: Wann hat Weber mit dieser Überarbeitung begonnen? Folgt man seinen brieflichen Äußerungen, so ergibt sich kein klares Bild. Fragen wir zunächst, was für eine relativ frühe Überarbeitung sprechen könnte. Da sind Webers Äußerungen vor allem in dem zweiten Artikel (von 1905) und seine Briefe aus den Jahren 1906 bis 1908, aber auch seine Antikritiken. Wie im MWG-Band I/9 ausführlich dargelegt, spricht Weber besonders im zweiten Artikel (von 1905) immer wieder von „Fortsetzung“.50 Angesichts des Erfolgs der Aufsatzfolge dachte man sehr bald daran, von den Artikeln eine Sonderausgabe außerhalb des Archivs zu veranstalten, eine Idee, die vor allem von Paul Siebeck ausging, der sich davon auch kommerziellen Erfolg versprach.51 Weber schien einer solchen Sonderausgabe keineswegs abgeneigt zu sein, wollte sich aber noch überlegen, „ob der Art[ikel] nicht umgearbeitet werden müßte“.52 In der Folge spricht er allerdings weniger von Umarbeitung als, wie zuvor schon, von Fortsetzung, wobei er als Einstieg in diese Fortsetzung an den Sektenaufsatz von 1906 denkt.53 In diesem Zusammenhang schreibt er an Paul Siebeck am 24. März 1907, „irgendwann möchte ich die Sache fortsetzen und dann einmal das Ganze ev. als Buch herausgeben“. Und er fügt hinzu, daß er „später vielleicht eine Einführung davor setzen“ werde. Das klingt, als hätte er hier bereits den späteren Anfang der Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie antizipiert.54 Freilich gab es zu diesem Zeitpunkt außer den Protestantismusstudien noch keine religionssoziologischen Skizzen, die man hätte sammeln können. Zur Debatte stand nur die Zusammenfassung aller schon vorhandenen Protestantismusstudien in einem Buch. Kurz nach diesem Brief schreibt Weber an Oskar Siebeck, er „werde suchen, die ‚Protest[antische] Ethik‘ für die Sonderausgabe fertig zu machen“,55 was er in der Folge mehrmals wiederholen sollte.56 Doch es blieb bei Absichtserklärungen. Auch zwei Jahre nach der ersten Diskussion über eine Sonderausgabe war in dieser Sache offenbar noch wenig 49  Dazu Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  124, Fn.  1. 50  Dazu die systematische Zusammenstellung im Anhang zur Einleitung, MWG I/9, S.  90–96. 51  Interessanterweise scheint Weber schon davor von sich aus eine Separatausgabe erwogen zu haben. Denn am 14. November 1905 schreibt er an die Mutter: „Eine Separatausgabe ist erst möglich, wenn ich die noch fehlende größerer Hälfte geschrieben habe“. MWG II/4, S.  5 89. Diese größere Hälfte fehlte auch noch 1920! 52  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 24. Juli 1906, MWG II/5, S.  119. 53  Dazu Schluchter, Einleitung, in: MWG I/9, S.  6 6 f. 54  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 24. März 1907, MWG II/5, S.  273. 55  Brief Max Webers an Oskar Siebeck vom 29. April 1907, ebd., S.  285. 56  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 10. Mai 1907, ebd., S.  3 00, und Brief an Oskar Siebeck vom 26. Dez. 1907, ebd., S.  426.

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geschehen.57 Dann kam die Auseinandersetzung mit Felix Rachfahl, und manches, was Weber möglicherweise inzwischen für die Sonderausgabe recherchiert hatte, könnte in diese Auseinandersetzung eingeflossen sein.58 Genaueres wissen wir nicht. Es spricht also wenig dafür, daß Weber von 1906 bis 1908 die beabsichtigte Umarbeitung/Fortsetzung der Aufsätze zum asketischen Protestantismus tatsächlich mit Verve betrieben hätte. Von 1909 bis 1910, bis zum „Antikritischen Schlußwort“, schweigt er sich über diesen Plan gänzlich aus.59 Daß er zu dem Thema weiter forschte, ist freilich unbestreitbar. Dies gilt insbesondere für seinen Aufenthalt in Holland, der in das Jahr 1907 fällt.60 Er hat eindeutige Spuren in der überarbeiteten Fassung von 1919 hinterlassen. Denn Weber nennt dort holländische Autoren, die er 1904/05 noch nicht zitiert hatte und die er nur in Holland gelesen haben kann, weil deutsche Bibliotheken diese Literatur nicht führten. Ob er sich während dieses Aufenthalts Notizen oder gar Exzerpte für eine spätere Verwendung machte, ist unbekannt. Weber erklärt später, weshalb er seine Protestantismusstudien zunächst beiseite legte und sich anderen Themen zuwandte: Angesichts der Arbeit sei57  Am 27. Juli 1908 schreibt Weber zwar an Siebeck: „Sie mahnen mich – mit Recht – an den ‚Capitalismus‘. Ich stecke z. Z. in Arbeiten für die Enquete des V[ereins] f[ür] Soz[ial-]Pol[itik] über die Industrie. Ich kann mich ihnen nicht entziehen. Aber die Arbeit am ‚Capitalismus‘ ist schon ziemlich gefördert und sobald jene Arbeiten erledigt sind, mache ich die Sache fertig.“ MWG II/5, S.  6 09. Wie immer man diese Mitteilung einschätzt, seit 1906 scheint alles wichtiger als die Separatausgabe des ‚Capitalismus‘. 58  Dazu Weber, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, MWG I/9, S.  515–619, und Weber, Antikritisches Schlußwort, ebd., S.  620–740. 59  Weber hatte zudem zu Beginn des Jahres 1907 einen schweren gesundheitlichen Rückschlag erlitten. Dies jedenfalls geht aus seinem Brief an Robert Michels vom 19. Februar 1909 hervor. Dort zeigt er sich besorgt um die Gesundheit von Michels Familie, insbesondere seiner Frau, und fährt fort: „denn wie sehr das ein Hauptpunkt ist, merke ich in der letzten Zeit, wo die große Nervenschwäche meiner Frau, die im Gefolge des letzten schweren Rückschlags meiner Krankheit vor 2 Jahren, der ihr alle Illusionen, ich würde wieder gesund (die ich nie hatte) zerstörte, sich doch sehr, – weit mehr als selbst die nächststehenden Dritten ahnen, – fühlbar macht“. MWG II/6, S.  6 0. 60 Zur Rolle der beiden Hollandaufenthalte bes. Ghosh, Peter, Max Weber in the Netherlands 1903–7: a neglected episode in the early history of The Protestant Ethic, in: ders., A Historian Reads Max Weber. Essays on the Protestant Ethic. – Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2008, S.  51–74. Für die Vermutung, Weber habe im Zusammenhang mit diesem Aufenthalt ein größeres Manuskript verfaßt, das er mit meine, wenn er später von zwei älteren Manuskripten zum Protestantismus spricht, gibt es freilich keinen Beleg. Auch die Behauptung, „that Weber’s modest ‚alterations and supplements‘ were a cumulative process across the whole period 1907–20, with the center of gravity in 1907“, so Ghosh, Peter, Max Weber and the Protestant Ethic: Twin Histories. – Oxford: Oxford University Press 2014, S.  159, steht auf wackligen Beinen. Webers handschriftliche Eintragungen in den Text erster Hand bestätigen jedenfalls den zweiten Teil dieser Behauptung nicht.

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nes Freundes Ernst Troeltsch, des auf diesem Feld Kompetenteren, habe er ein Parallelarbeiten vermeiden wollen und sich stattdessen zunächst mit den universalgeschichtlichen Zusammenhängen zwischen Wirtschaft und Religion beschäftigt.61 Dies geschah ab 1910.62 Ein Resultat waren die Skizzen über die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“, die Max Weber Paul Siebeck 1915 als Kompensation für die zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht realisierte Sonderausgabe der Protestantismus-Aufsätze anbot und mit denen er den Grundstein für die Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie legte.63 Auch in den Jahren von 1911 bis 1915 dürfte Weber sich zwar gedanklich, aber nicht textlich mit seinen Studien zum asketischen Protestantismus beschäftigt haben. Es hat ja etwas zu bedeuten, daß er 1915 in der „Einleitung“ zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ den Leser auf die ursprüngliche Fassung seiner Protestantismusstudien verweist. Auch die Auseinandersetzung mit seinen Kritikern Werner Sombart und Lujo Brentano schiebt er hinaus, wobei Brentanos Kritik erst 1916 veröffentlicht wurde.64 Diese Auseinandersetzung, die dann, anders als die mit Karl Fischer und Felix Rachfahl, in die überarbeitete Fassung einging, dürfte jedenfalls nicht vor 1917 geschrieben sein.65 Der oben zitierte Brief vom 24. Mai 1917 läßt vermuten, daß Weber um diese Zeit mit der Überarbeitung begann. Allerdings heißt es in einem Brief vom 28. Juni 1919 an seine Frau – er war inzwischen nach München

61  Dazu Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  4 91, Fn.  3 94. 62  Natürlich hatte Weber bereits zuvor über den mittelmeerisch-okzidentalen Kulturkreis hinausgeblickt, etwa in seinen Vorlesungen aus der Zeit vor der Jahrhundertwende, in denen er den Kapitalismus in Gestalt des ökonomischen Liberalismus in der Phase der ersten Globalisierung behandelt und dabei Ostasien (China und Japan) sowie das spanische Südamerika in seine Betrachtungen mit einbezieht. Doch geschah dies nicht unter einem religionsgeschichtlichen Gesichtspunkt. Dazu Schluchter, Wolfgang, On the Place of the Study on Confucianism in Max Weber’s Work, in: Taiwan Journal of East Asian Studies, Vol. 10, No.  2, 2013, S.  1–32, hier S.  3. 63  Hier sei noch einmal auf den oft zitierten Brief von Max Weber an Paul Siebeck vom 30. Dezember 1913 verwiesen, in dem er sagt, er habe, im Rahmen einer „geschlossenen soziologischen Theorie und Darstellung“ die Wirtschaft auch in Beziehung zur Religion gesetzt, dabei „alle großen Religionen der Erde umfassend: Soziologie der Erlösungslehren und der religiösen Ethiken, – was Tröltsch gemacht hat, jetzt für alle Religionen, nur wesentlich knapper“. MWG II/8, S.  4 49 f. Weber verweist damit auf jenen Text (Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22-2), zu dem die Skizzen über die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ in einem komplementären Verhältnis stehen. 64  Zu Sombart und Brentano siehe die Einleitung, oben, S.  2 3–34. 65  Brentanos Attacke erschien erst 1916. Sombarts Anti-Weber-Bücher Die Juden und das Wirtschaftsleben sowie Der Bourgeois erschienen zwar bereits 1911 bzw. 1913, aber Weber spart seine Gegenkritik für später auf, wie dem Briefwechsel zu entnehmen ist. Dazu ausführlich die Einleitung, oben, S.  3 3 f.

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übersiedelt –, er nehme sich „jetzt die ‚Protestant[ische] Ethik‘ vor, zur Vorbereitung für den Druck“.66 Angesichts der Überlieferungslage könnte man allerdings auch an eine Überarbeitung und Erweiterung in zwei oder mehreren Phasen denken. Wir besitzen nämlich im Original jene Seiten der Archivhefte von 1904 und 1905, in die Weber seine Änderungen handschriftlich eintrug und für den Druck 1919 vorbereitete. Es handelt sich um die Umarbeitung, die dann für die Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie gesetzt und mehrmals revidiert wurde. Das Bemerkenswerte an dieser Vorlage für den Verlag ist, daß Weber die Änderungen und umfangreichen Zusätze offensichtlich mit verschiedenen Federn und Tinten schrieb. Es ist jedoch nicht möglich, daraus gesicherte Datierungen abzuleiten. Nicht einmal grobe Datierungen sind möglich, etwa zu entscheiden, was vor dem Weltkrieg verfaßt sein könnte und was danach. Zwischen der Art von Schrift, Feder, Tinte und Papier und der Art der Änderungen gibt es keinen erkennbaren Zusammenhang.67 Wir kommen also nach Abwägen der relevanten Informationen zu dem Schluß, daß die Überarbeitung des Urtextes der „Protestantischen Ethik“ mit großer Wahrscheinlichkeit relativ spät erfolgte, und wir wissen, daß der neue Text, zusammen mit der „Vorbemerkung“, vor Ende Oktober 1919 von der Setzerei bereits paginiert und umbrochen vorlag. Ähnlich dürfte es sich mit dem Sektenaufsatz verhalten. Auch hier scheint die Überarbeitung spät zu erfolgen, wobei es sich in diesem Fall weniger um eine Überarbeitung als vielmehr um eine radikale Umarbeitung handelt. Am 10. September 1919 (Datum allerdings erschlossen) schreibt Max Weber an Else Jaffé: „So, gestern ist die Arbeit richtig ‚in Schuß‘ gekommen (12 Seiten neu geschrieben ist ja für mich viel) an dem Aufsatz ‚Sekten u. Geist des Kapitalismus‘“.68 Und am 11. September 1919, als Weber die umgearbeiteten Aufsätze von 1904 und 1905 an den Verlag schickt, kündigt er den umgearbeiteten Sektenaufsatz „binnen 8 Tagen“ an.69 Tatsächlich liefert er ihn dann aber schon wenig später. Er spricht gegenüber dem Verleger von einer „ganz neu umgeschriebene[n] Abhandlung über die Sekten (aus der Christ[lichen] Welt), auf das Vierfache erweitert“.70 Und auch in einem Brief an Else Jaffé vom 15. September (Datum erschlossen) heißt es: „Heut ist wieder ein (ganz neu geschriebener) Artikel an den Verlag gegangen (für die ‚Gesammelten Aufsätze‘).“71 Daß es sich dabei um den Sektenaufsatz handelt, bestätigt der Verlag. So schreibt am 18. September Werner Siebeck an Max Weber, die 66  Brief Max Webers an Marianne Weber vom 28. Juni 1919, MWG II/10, S.  6 67. 67  Dazu ausführlich unten, S.  81–85. 68  Brief Max Webers an Else Jaffé vom 10. Sept. 1919, MWG II/10, S.  769. 69  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 11. Sept. 1919, ebd., S.  7 71. 70  Brief Max Webers an dens. vom 12. Sept. 1919, ebd., S.  7 72. 71  Brief Max Webers an Else Jaffé vom 15. Sept. 1919, ebd., S.  7 73 f.

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„Fortsetzung Ihrer Gesammelten Aufsätze über die Sekten“ sei „soeben“ eingetroffen.72 Mitte September lag also auch der grundlegend umgearbeitete Sektenaufsatz druckfertig vor. Der geschilderte Ablauf schließt freilich nicht aus, daß Weber für diese Umarbeitung auch Notizen benutzte, die er sich vor dem Kriege, im Zusammenhang mit dem Plan, die Protestantismusstudien fortzusetzen, gemacht hatte. Weber wollte ja, wie er seinerzeit an Paul Siebeck schrieb, als Einstieg in die Fortsetzung der Aufsätze zum asketischen Protestantismus den allerdings noch zu überarbeitenden Sektenaufsatz von 1906 wählen.73 Und sein Hollandaufenthalt im Jahre 1907 könnte damit in Zusammenhang stehen. Es ist also nicht gänzlich von der Hand zu weisen, daß die Ausarbeitung des Textes „Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus“ bereits 1907 in Holland einsetzt. Genaueres wissen wir darüber freilich nicht.74 72  Brief Werner Siebecks an Max Weber vom 18. Sept. 1919 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). 73  Dazu der Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 2. April 1907, der vorgeschlagen hatte, die Sonderausgabe, wegen der geplanten Fortsetzung, als „1. Lieferung“ zu bezeichnen. Darauf Weber: „Ich würde dagegen sein, den Aufsatz formell als ‚1. Lieferung‘ zu bezeichnen. Vielmehr würde ich lieber in einem kurzen (4 Seiten betragenden) Vorwort klarlegen, daß die Arbeit fortgesetzt werden soll. Ev. würde ich auch am Schluß den Anfang einer Fortsetzung beifügen, welcher in einem s. Z. in der ‚Christl[ichen] Welt‘ publizierten Artikel enthalten ist. Das ‚Vorwort‘ wäre zum Fortfallen bestimmt, wenn das Buch fortgesetzt wird.“ MWG II/5, S.  276. Dazu auch Schluchter, Einleitung, in: MWG I/9, S.  6 8 f. 74  Im ersten großen Abschnitt (Weber, Sekten, S.  4 93–507), wenn Max Weber auf seine USA-Reise von 1904 Bezug nimmt, datiert er diese: „vor 15–20 Jahren“ (ebd., S.  4 95), „vor 15 Jahren“ (ebd., S.  5 01 f.), „1½ Jahrzehnten“ (ebd., S.  5 06); weitere Datierungen ebd., S.  4 94 f. Das spricht dafür, daß diese Seiten 1919 geschrieben sind (vgl. aber S.  5 00 mit textkritischer Anm.  i). Auch die gewählte Terminologie sowohl hier wie im gesamten Aufsatz spricht eher für als gegen 1919. So ist öfters von „Verband“ (ebd., S.  4 99, 502), von „Verbänden“ (S.  5 01, 504 f., 507, auch S.  5 40) und von „Verbandsbrüdern“ (S.  5 02) die Rede, und der Begriff „Charisma“ wird benutzt (ebd., S.  525, 534 und S.  5 37, als Adjektiv S.  5 34, Fn.  4 8, und S.  5 37). Die Formel „commer­ cium und connubium“ (S.  5 07, Fn.  16, und S.  5 32, Fn.  42) gebraucht Weber auch in ders., Einleitung, MWG I/19, S.  127, darüber hinaus in ders., Soziologische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  196. Auch setzen Rückverweise die überarbeitete Fassung der „Protestantischen Ethik“ voraus (etwa „vorstehende[r] Aufsatz“ S.  4 93, Fn.  1, ähnlich S.  513, 542 und S.  5 43, Fn.  6 4, indirekt mehrfach S.  510–512, Fn.  19 und 20). Zumindest indirekt ist auf die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ Bezug genommen, so auf Weber, Antikes Judentum, S.  5 43, Fn.  6 4 und 65, außerdem gebraucht Weber den „Paria“-Begriff, S.  5 05, und spricht von „Kastenstolz“, S.  5 40. Ferner gibt es einen Vorverweis auf einen Teil der Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie, den er nicht mehr schreiben konnte (S.  5 42, Fn.  6 3). – Auch ein Teil der zitierten Literatur weist über 1907 hinaus. Zu nennen sind die Dissertation von Pearson, Presbyterianismus (1912) (S.  514, Fn.  2 3; S.  520, Fn.  25; S.  5 31, Fn.  4 0), Macphail, Presbyterian Church (1908), Burrage, Dissenters I, II (1912) (S.  511, Fn.  19) und Troeltsch, Soziallehren (1912) (S.  4 93, Fn.  1). Ferner Brown, John, English Puritans (1910) (S.  511, Fn.  19),

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II.  Zur Überlieferung und Edition Für die drei Texte, mit denen Max Weber seine Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie beginnt, – „Vorbemerkung“, „I. Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“, „II. Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus“ – ist die Überlieferungslage jeweils eine andere, und entsprechend unterscheiden sich auch die damit verbundenen editorischen Probleme. Deshalb werden Überlieferung und Edition für jeden dieser Texte getrennt dargestellt. Die „Vorbemerkung“ hat keinen Vorläufer; bei „I. Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ gibt es die publizierte Fassung erster Hand, die als Variante der Fassung letzter Hand mitgeführt wird; bei „II. Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus“ existiert zwar ein Vorläufer in Gestalt des Aufsatzes, der zuerst in der „Frankfurter Zeitung“, dann in der „Christlichen Welt“ erschien.75 Weber schrieb aber diesen Aufsatz gänzlich um, wie er sagt, und erweiterte ihn auf das Vierfache. Wir behandeln ihn deshalb als einen eigenständigen Text, nicht als eine Variante des Aufsatzes „Kirchen“ und „Sekten“ von 1906. der – wie auch Burrage, Dissenters I, II – in der UB Heidelberg vorhanden war; es ist aber unsicher, ob Weber sie – ausgenommen von Troeltsch, Soziallehren – benutzte. Dagegen stützt sich Weber im Mittelteil auf Literatur, die er während seines Hollandaufenthalts von 1907 durchgesehen haben könnte: so auf Abraham Kuyper (S.  515–518, Fn.  24 und 25, S.  523, Fn.  2 9, und S.  526 f. mit Fn.  37), Hogerzeil (S.  527, Fn.  37) und Lodenstein (S.  520 f., Fn.  2 6). Dazu kommt, daß er über weite Strecken Literatur benutzt, die er bereits in der Erstfassung der „Protestantischen Ethik“ (1904/05) zitiert oder von der er dort andeutet, sie zur Kenntnis genommen zu haben. Zu nennen sind hier Dexter, Congregationalism, verschiedene Werke von Samuel Rawson Gardiner (Civil War I, II; Commonwealth I–III; Fall of the Monarchy I, II; vgl. dazu Weber, Protestantische Ethik II, MWG I/9, S.  248, Fn.  4). Auch sein Exzerpt von Baxter, Christian Directory I–IV (vgl. unten, S.  92 mit Anm.  57), aus dem er im „Sekten“-Aufsatz die Stellen unten, S.  524, Fn.  3 3, S.  525, Fn.  3 5, und S.  5 32, Fn.  42, entnommen haben dürfte, stammt aus dieser Phase, ferner Jacobys „Handbuch des Methodismus“. Hier benutzte er ein Exemplar der UB Heidelberg, das seine Marginalien und Markierungen enthält. Auch eine Markierung in Price, History of Protestant Nonconformity (S.  5 34  f., Fn.  4 8 mit Anm.  3 4), könnte auf Weber zurückgehen. In der UB Heidelberg vorhanden waren außerdem die Bände der „American Church History Series“, darunter Carroll, Religious Forces (S.  4 94, Fn.  3 mit Anm.  6 und 8), ferner Burrage, Church Covenant Idea (1904) (zitiert S.  511, Fn.  19; möglicherweise ebenfalls benutzt, vgl. S.  5 08, Fn.  18 mit Anm.  62 und 63), Reitsma, Acta I–VIII (S.  518 f., Fn.  25; auch S.  524, Fn.  32), Underhill, Confessions of Faith (S.  511, Fn.  19, und S.  528, Fn.  3 8 mit Anm.  9 0), und Usher, Presbyterian Movement (S.  511, Fn.  19; S.  528 f., Fn.  3 8). 75  Vgl. Weber, „Kirchen“ und „Sekten“ in Nordamerika. Eine Kirchen- und sozialpolitische Skizze, MWG I/9, S.  426–462; die Artikel in der Frankfurter Zeitung waren am 13. und 15. April 1906 erschienen, diejenigen in der Christlichen Welt am 14. und 21. Juni 1906.

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Die Texte, mit denen Max Weber den Band I fortsetzt – „Einleitung“, „Konfuzianismus und Taoismus“ und „Zwischenbetrachtung“ –, wurden in MWG I/19 ediert. Die Siglen der Texte in MWG I/18 und MWG I/19 sind aufeinander abgestimmt. Da zur „Vorbemerkung“, zur „Protestantischen Ethik“ und zum Sektenaufsatz Revisions- und/oder Superrevisionsbogen überliefert sind, werden hier zusätzlich zu den Siglen in MWG I/19 die Siglen BR (Revisions­ bogen) und BS (Superrevisionsbogen) benutzt.76 Im Einzelnen:

Vorbemerkung a)  Zur Überlieferung Die Edition folgt dem Erstdruck: Weber, Max, Vorbemerkung, in: ders., Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Band I. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1920, S.  1–16 (C). Dieser Band erschien am 10. Oktober 1920 und wurde am 14. Oktober 1920 im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel angekündigt.77 Ein Manuskript ist nicht überliefert.78 Aus der Korrekturphase sind allerdings umbrochene Bogen erhalten. Es handelt sich um einen mit dem Stempel „Revision“ versehenen Bogen der Buchdruckerei von H. Laupp jr. Tübingen vom „29. Okt. 1919“, Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen, Düsseldorf, Bl. 1–16 (B R). Auf dem Revisionsbogen korrigierte Weber mit Tinte, nahm kleinere Textänderungen und zusätzliche Hervorhebungen vor und fügte als letzte die Fußnote 5 ein (B R1). Ferner ist ein „Super-Revisions“-Bogen mit dem Datum 12. November 1919 im Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen, Düsseldorf, Bl. 1–16 (B S), überliefert. Hier finden sich keine eigenhändigen Korrekturen. b)  Zur Edition Abweichungen von BR, BR1 und BS zur Druckfassung C werden im textkritischen Apparat nachgewiesen. Obwohl es sich um bloße Vorstufen des edierten Textes handelt, erfolgt der Nachweis, um die Textentstehung trans76  Siehe dazu auch die Übersicht unten, S.  97. 77  Vgl. Rundschreiben 1920, Nr. VIII, des Verlags J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) vom 10. Okt. 1920 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nl.  4 88 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck)); Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 87, Nr.  2 31 vom 14. Okt. 1920, S.  11210 (bzw. am 4. November 1920 nach: Wöchentliches Verzeichnis der erschienenen und der vorbereiteten Neuigkeiten des deutschen Buchhandels, hg. und verlegt vom Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Nr.  4 5, ausgegeben am 4. Nov. 1920, S.  1460). 78  Laut Briefwechsel sandte Max Weber das Manuskript im Umfang von 10 Blatt in der zweiten Septemberhälfte 1919 an den Verlag, vgl. dazu oben, S.  6 6.

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parent zu machen. Der Vergleich zwischen den überlieferten Korrekturbogen und der Druckfassung zeigt, daß nicht alle Korrekturstufen belegt sind, so stand zwischen der Revisionskorrektur (BR1) und dem Superrevisionsbogen (BS)79 sowie zwischen diesem und dem gedruckten Text (C) 80 jeweils noch eine Korrektur, die aber beide nicht überliefert sind. Für die Edition dieses und der folgenden Texte gelten die Richtlinien für die Abt. I der Max Weber-Gesamtausgabe (unten, S.  753–763). Demgemäß sind die Umlaute, die in GARS I als Ae, Oe und Ue gedruckt sind, mit Ä, Ö, Ü wiedergegeben. Die Behandlung der Satzzeichen folgt gleichfalls diesen Editionsregeln. Die Seitenzahlen des Erstdrucks in GARS I und die damit identischen Seitenzahlen der Vorstufen werden am Seitenrand mitgeführt. Die auf dem Revisionsbogen BR und noch in BR1 durchgezählten Fußnoten sind in BS und C pro Seite, beginnend mit „1)“, gezählt.81 Im edierten Text sind sie durchnumeriert. Für die Kommentierung wird, sofern es angebracht ist, auf Parallelen oder nähere Ausführungen in Max Webers Studien zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ (MWG I/19–21) sowie in Wirtschaft und Gesellschaft: Soziologie (MWG I/23) verwiesen.82 Zu einer Stelle gibt es eine Parallele in seiner Vorlesung Abriß der universalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte (MWG III/6), die er im Wintersemester 1919/20 in München hielt.83

I.  Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus a)  Zur Überlieferung Die Edition folgt der Fassung letzter Hand: Weber, Max, I. Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, in: ders., Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Band I. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1920, S.  17–206 (C). Der Text letzter Hand hat mehrere Vorstufen, die als A, A1, BR, BS und BR1 bzw. BS1 sigliert sind: Die Fassung erster Hand (A) erschien 1904 und 1905 als Aufsatzfolge unter dem Titel „Die protestantische Ethik und der ‚Geist‘ des Kapitalismus“, unterteilt in „I. Das Problem“ (1904) und „II. Die Berufsidee des asketischen Protestantismus“ (1905), beide im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik,

79  Vgl. z. B. unten, S.  101, textkritische Anm.  a und c. 80  Vgl. z. B. unten, S.  121, Fn.  5 mit textkritischer Anm.  r. 81  Webers in B R und B R1 als „3)“ gezählte Fußnote wurde versehentlich in B S und C übernommen; vgl. unten, S.  118, textkritische Anm.  i. 82  Vgl. z. B. unten, S.  105, Anm.  15. 83  Vgl. unten, S.  111–113, Fn.  2 mit Anm.  3 5–37.

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20. Band, 1. Heft, 1904, S.  1–54 (A 1–54), bzw. 21. Band, 1. Heft, 1905, S.  1–110 (A 1–110). Sie sind in MWG I/9, S.  97–215 und S.  222–425, ediert. Diese Fassung erster Hand wurde von Weber für GARS I überarbeitet und dabei erweitert. Dazu benutzte er die aus den Archiv-Heften von 1904 und 1905 herausgelösten Druckseiten, die dann 1919 als Druckvorlage für den Verlag dienten. Sie sind im Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen, Düsseldorf, Bl. 1–54 und Bl. 1–110 mit eingelegten Zusatzblättern, überliefert (A1). Letztere sind von Weber mit Bezug auf die vorhandene Seitenzählung paginiert (z. B. zu Seite 20: Blatt 20a). Diese Druckvorlage ist mit Ausnahme von zwei Manuskriptblättern 84 komplett überliefert. Folgende Blätter legte er in die Fassung erster Hand ein: Zu Archiv, 20. Band, Heft 1, 1904 (A 1–54): Manuskriptblatt 1a/c – Fußnote zur Überschrift S.  1 (Papier 1, Format 28 x 21,5 cm,85 gefaltet, dann erste (Vorder-) und dritte (Innen-)Seite des Blattes beschrieben); unten, S.  123 f., Fn.  1; Manuskriptblatt 20a (Papier 1, beschrieben, dann gefaltet); unten, S.  174– 176; Manuskriptblätter 32a (2 Blätter) und 32b (alle Papier 1, alle beschrieben, dann gefaltet); unten, S.  195–201, Fn.  51; Manuskriptblatt 36a (Papier 1, geteilt auf 14–14,7 x 23,5 cm, Vorderseite beschrieben); unten, S.  2 09–211, Fn.  5 4; Manuskriptblatt (ohne Paginierung) zu S.  52 ([„Archiv“?-]Papier 2, geteilt auf 14,3 x 11 cm, Vorderseite beschrieben);86 unten, S.  252 f., Fn.  8 3 und 84. Zu Archiv, 21. Band, Heft 1, 1905 (A 1–110): Manuskriptblatt 43a (Papier 1, geteilt auf 14 x 21,5 cm, Vorderseite beschrieben); unten, S.  3 52 f., Fn.  196;

84  Die verlorenen Manuskriptblätter Teil 1, 19a und 19b enthielten eine längere Fußnote zu Alberti, Della famiglia. Weber hat sie vermutlich Ende August 1919 verfaßt. Vgl. Brief an Marianne Weber vom 22. Aug. 1919: „Jetzt geht es wieder an Alberti pp. und die Durchsicht der ,Ethik‘“. MWG II/10, S.  735. Der Inhalt der Blätter ist an dieser Stelle erstmals durch die überlieferte Revision (B R) bezeugt; unten, S.  164–172, Fn.  3 5. 85  Das gleiche Papier verwendete Max Weber im Sommer 1919 auch für seinen Brief an Marianne Weber vom 22. August 1919 (Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446; MWG II/10, S.  735) und für den Brief an Paul Siebeck vom selben Tag (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446; MWG II/10, S.  733 f.). 86 Das kleine Manuskriptblatt zu S.  52, das Fußnoten enthält, ist aus folgendem Grund nicht paginiert: Es war ursprünglich einmal an die Seite 52 unten so angeklebt, daß es eine schon neu geschriebene, dann wieder gestrichene Fußnote verdeckte und über das Blatt hinausragte. Der überstehende Teil war nach innen gefaltet. Ob das Blatt ursprünglich eine weitere Fußnote enthielt (an der oberen Kante ist das kleine Blatt ausgerissen) – vgl. den gestrichenen Hinweis Max Webers x) Note auf bes. Blatt! in Teil I, S.  52 (S.  252, textkritische Anm.  c) –, läßt sich nicht mehr klären (Abb. unten, zwischen S.  252 und 253).

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 anuskriptblatt, von Max Weber mit „zu 104 bei #“ überschrieben (dunkles, M dünnes Papier 3, 14,4 x 21 cm, Vorderseite beschrieben);87 unten, S.  474 f., Fn.  375; Manuskriptblatt 106a (Papier 1, geteilt auf 14 x 21,5, Vorderseite beschrieben); unten, S.  479 f. und 482–484 mit Fn.  3 85 und 386. Ferner ist ein kompletter Satz der Druckbogen überliefert. Der paginierte Umbruch, S.  17–206, ist im Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen, Düsseldorf, überliefert. Die einzelnen Bogen tragen den Stempel „Buchdruckerei von H. Laupp jr. Tübingen“ und ein Datum aus dem Zeitraum November/Dezember 1919. Teile davon gehören zur Phase der Revision (B R), Teile zur Phase der Superrevision (B S). Im Einzelnen handelt es sich um die Super-Revision vom 17. November 1919 (S.  17–32, in GARS I: Bogen 2); Revision vom 24. November 1919 (S.  3 3–48, 49–64, 65–80: Bogen 3–5); Revision vom 26. November 1919 (S.  81–96: Bogen 6); Super-Revision vom 3. Dezember 1919 (S.  97–112: Bogen 7); Super-Revision vom 20. Dezember 1919 (S.  113–128, 129–144, 145–160, 161–176: Bogen 8–11); Revision vom 11. Dezember 1919 (S.  177–192, 193–208, Bogen 12 und 13). Lediglich auf S.  81 und S.  102 finden sich handschriftliche Zusätze Max Webers (B R1 81 und B S1 102). An obigen Bogen läßt sich ablesen, daß die von Weber gewünschten Änderungen (A1) vom Setzer weitgehend umgesetzt wurden. Zwischen diesen und BR liegt aber ein weiterer, nicht überlieferter Korrekturvorgang, wie die Revisionsbogen zeigen. Z. B. sind sämtliche Fußnoten, die in A1 noch fehlen, bereits auf den Revisions- (und Superrevisions-)Bogen enthalten.88 Die Revisionsphase zeigt außerdem, daß Weber an manchen Stellen anschließend noch korrigierte.89 Im Korrekturvorgang zwischen A1 und BR änderte er auch an vielen Stellen, aber nicht durchgehend das Tempus.90 Vergleicht man die Superrevisionsbogen (BS) und die Endfassung (C), so zeigt sich, daß es auch hier noch einmal einen Korrekturvorgang gegeben haben muß.91 Außerdem existierten bei Verweisen in der Superrevision noch Blockaden, die in C natürlich aufgelöst sind. Diese Schlußkorrekturen sind allerdings geringfügig und können von einer anderen Person als Max Weber durchgeführt worden sein. Auch wenn Weber vor Erscheinen des Bandes verstarb, kann aufgrund der Überlieferung die Textfassung letzter Hand einschließlich des Titels als auto87  Auf der Rückseite (von Manuskriptblatt „zu 104 bei #“) steht mit Bleistift von Max Webers Hand, gestrichen: Kampf des Ständestaates mit der Patrimonialherrschaft. 88  Vgl. z. B. unten, S.  187, Fn.  4 6. 89  Vgl. z. B. unten, S.  2 09, Anm.  l, m, o, u. ö. 90  Vgl. z. B. unten, S.  183, Anm.  g; S.  193, Anm.  c, u. ö. 91  Vgl. z. B. unten, S.  124, Fn.  1 mit Anm.  l; S.  151 mit Anm.  f, u. ö.

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risiert gelten. Max Weber bestätigt außerdem im Brief an den Verleger vom 30. Mai 1920, er habe GARS I korrigiert.92

Zur handschriftlichen Überarbeitung der Fassung erster Hand (A1) Die Hoffnung, man könne mit Hilfe von Handschrift, Feder und Tinte der Korrekturen sowie, bei den eingelegten handbeschriebenen Blättern, des Papiers die Überarbeitung der Aufsätze von 1904 und 1905 genauer datieren, erfüllte sich nicht. Nicht einmal die Frage, ob Weber mit der Überarbeitung schon vor dem Krieg begann, läßt sich damit eindeutig beantworten. Auch das Erscheinungsjahr der zitierten Literatur hilft meist nicht weiter. Insgesamt gewinnt man zwar den Eindruck, der überwiegende Teil der Überarbeitung liege relativ spät, doch ergibt sich kein eindeutiges Bild. Weber gebrauchte Federn unterschiedlicher Stärke in Kombination mit verschiedenen Tinten, die sich mehr oder weniger voneinander unterscheiden. Sehr oft finden sich verschiedene Kombinationen von Federn und Tinten auf derselben Seite. Da das Archiv-Papier einerseits und die Mehrzahl der eingelegten Blätter1 andererseits von unterschiedlicher Qualität sind und Weber auf den Rändern der Archiv-Seiten viel enger als auf den eingelegten Blättern schreibt, sind Papier und Schriftbild keine eindeutigen Indikatoren.2 Es lassen sich deshalb nur punktuelle Erkenntnisse über mögliche Überarbeitungsphasen gewinnen. Dazu seien folgende Beobachtungen mitgeteilt. (1) Beginnen wir mit einem relativ aussagekräftigen Befund: Die Papiersorte der eingelegten Blätter (bis auf zwei) 3 ist identisch. Diese Papiersorte verwendet Max Weber im Sommer 1919 nachweislich auch für den Brief an Paul Siebeck vom 22. August und den an Marianne Weber vom selben Tag, in dem es zudem heißt: „Jetzt geht es wieder an Alberti pp. und die Durchsicht der ‚Ethik‘“. Man kann also davon ausgehen, daß die Blätter Teil I, A1 1a/c (= S.  123 f., Fn.  1), 20a (= S.  174–176), 32a und 32b (= S.  195–201, Fn.  51), 36a (= S.  2 09–211, Fn.  5 4), Teil II, A1 43a (= S.  3 52 f., Fn.  196) und 106a (= S.  479 f. und S.  4 82–484 mit Fn.  3 85 und 386) in den Sommer 1919 gehören. Zwei 92  Vgl. Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 30. Mai 1920, MWG II/10, S.  1102 (die dort erwähnten Ausnahmen „erst zu umbrechender Bogen“ betreffen nicht die in MWG I/18 edierten Texte). 1  Zu den eingelegten handbeschriebenen Blättern vgl. die Übersicht oben, S.  79f. 2  Es ist z. B. schwer zu erkennen, ob die zunächst formulierte und dann gestrichene Fußnote zur Bibliographie der Protestantismus-Aufsätze in Teil I, A1 1 (vgl. S.  123 mit textkritischer Anm.  l) und Manuskriptblatt 1a/c mit derselben Feder und schwarzen Tinte geschrieben wurden. Genauso schwierig ist es zu entscheiden, ob die „I“ vor der Überschrift „Die protestantische Ethik […]“ und der Hinweis auf Blatt 1 a/c mit derselben Feder/Tinte geschrieben wurde („I“ mit breiterer Feder?; Abb. unten, zwischen S.  122 und 123). 3  Gemeint sind die Manuskriptblätter Teil I, A1 52a und Teil II, A1 104a.

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weitere, leider nicht überlieferte Manuskriptblätter mit Ausführungen zu Alberti (Teil I, 19a und 19b, S.  164–172, Fn.  3 5) dürften in dieselbe Zeitspanne fallen.4 Ferner ist den Blättern A1 1a/c, 20a, 32a, 32b und 106a gemeinsam, daß eine feine Feder und schwarze Tinte verwendet wurden. Inhaltlich beginnt Weber auf A1 1a/c die Auseinandersetzung mit Werner Sombart und Lujo Brentano, die bekanntlich relativ spät erfolgt.5 Auf A1 32a und 32b behandelt er Sombart und Franz Keller, mit Rückbezug auf die ebenfalls eingefügten Alberti-Ausführungen (s. o.). Auch die Zitation von Brodnitz, Englische Wirtschaftsgeschichte, erschienen 1918, auf Blatt 32b stützt die späte Datierung.6 Die Blätter Teil I, A1 36a und Teil II, A1 43a sind mit einer Feder mittlerer Stärke in Kombination mit schwarzer Tinte beschrieben. Aus dieser Feder und Tinte stammen auch Zusätze auf dem Rand der Archiv-Seiten, die in der Nachbarschaft dieser Blätter stehen (z. B. Teil II, A1 43). Auf Blatt A1 36a werden Schriften von Rudolf Smend zitiert, die 1906 (Smend, Jesus Sirach) bzw. 1907 (ders., Index) erschienen. Insoweit ist nicht völlig auszuschließen, daß es sich hier um frühe Ergänzungen handelt. Dagegen sprechen allerdings das verwendete Papier (s. o.) und die Gemeinsamkeiten mit Blatt A1 43a, auf dem Weber die religiöse Toleranz in Indien, China, Japan etc. behandelt, was den Kontext der „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ voraussetzt und damit eindeutig auf die Kriegs- oder Nachkriegszeit7 zu datieren ist.8 (2) Eine zweite Beobachtung bezieht sich auf Webers bereits erwähnte Auseinandersetzung mit Brentano und Sombart. Er schrieb sie teils auf die oben genannten Blätter, teils auf die Ränder der Archiv-Seiten. Dazu benutzte er mit wenigen Ausnahmen eine ein unregelmäßiges Schriftbild erzeugende Feder in Kombination mit schwarzer Tinte. Mit dieser Feder ließ sich äußerst klein schreiben. Als Beispiele seien genannt: Zu Brentano: Teil I, A1 6, Fn. (= S.  135, Fn.  13),9 A1 15, neue Fn. (= S.  156, Fn. 28), A1 16, neue Fn. (= S.  159, Fn.  32), A1 17, neue Fn. (= S.  161, Fn. 34), A1 19, neue Fn. (= S.  172, Fn.  3 6), A1 36, Fn. (= S.  213, Fn.  5 4), A1 37, Fn. (= S.  214, Fn.  5 4), A1 39, Fn. (= S.  221, Fn.  56), A1 41 (= S.  225, Fn.  56) etc.; Teil II, A1 29, neue Fn. (= S.  326 f., Fn.  165), und weitere Stellen. 4  Zur Papiersorte, zum Briefzitat und den nicht überlieferten Manuskriptblättern vgl. oben, S.  79 mit Anm.  8 4 und 85. 5 Dazu ausführlich die Einleitung, oben, S.  2 3–34; Sombart, Bourgeois, war 1913, und Brentano, Anfänge, 1916 erschienen. 6  Der Rückbezug auf Alberti und die Literaturangabe unten, S.  2 00 f., Fn.  51. 7  Die Aufsätze zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ gehen im Wesentlichen auf das Jahr 1913 zurück und erschienen ab 1915. Vgl. die Einleitung, oben, S.  6 ff. 8  Es könnte auch sein, daß für Blatt 1a/c sowie 106a und für Blatt 20a, 32a sowie 32b zwei verschiedene Federn gebraucht wurden und für Blatt 36a und 43a die für Blatt 20a, 32a, 32b gebrauchte Federn neu aufgezogen wurde. – Zur Feder mittlerer Stärke vgl. die Abb. unten, zwischen S.  412 und 413. 9  Zu A1 6 und 9 vgl. die Abb. unten, zwischen S.  134 und 135.

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Zu Sombart und Keller: Teil I, A1 9 (= S.  141 f., Fn.  19). Bei der zuletzt genannten Stelle kündigt Weber an, „gelegentlich“ auf Sombarts (und Kellers) Thesen zurückzukommen, was er auf Blatt A1 32a und 32b verwirklicht. Umgekehrt bezieht er sich bereits auf Blatt A1 1a auf die vermutlich schon vorliegenden Anmerkungen zu Brentano und Sombart (= S.  123 f., Fn.  1). Dies spricht für eine zeitnahe Abfassung der unter (1) und (2) aufgeführten, auf Sombart und Brentano bezogenen Ergänzungen. Diese dürften also in eine relativ späte Überarbeitungsphase fallen. Für das unter (2) Besprochene läßt sich dies auch daran erkennen, daß Weber mit dieser Feder und Tinte andere, d. h. schon zuvor mit anderer Feder und Tinte geschriebene Randzusätze korrigiert und erweitert und daß er dorthin ausweichen muß, wo noch freier Platz ist. (3) Eine dritte Beobachtung betrifft Anweisungen an den Setzer und andere Randzusätze. Es sieht so aus, als ob Weber in einem ersten Überarbeitungsdurchgang in Teil I und am Anfang von Teil II mit einer sehr feinen Feder und braunstichiger (verblassender) Tinte Satzanweisungen, wie z. B. „nicht sperren!“, und kleinere Wortkorrekturen, Streichungen und Ergänzungen vornahm.10 Eine spezielle Terminologie weist diese Überarbeitungsphase nicht auf, Literatur wird nicht genannt.11 Sie könnte relativ früh sein.12 Das Begonnene, so scheint es, setzt er (später?) mit einer sehr feinen Feder und blaugraustichiger Tinte fort. Damit wird z. B. an manchen Stellen das Adjektiv „modern“ zu „Kapitalismus“ hinzugefügt.13 Diese Feder und Tinte sind in Teil I, besonders aber zu Beginn von Teil II benutzt. Im Zuge seiner Erweiterungen fügt Weber hier auch die berühmt gewordene Wendung „Entzauberung der Welt“ ein, die sonst erstmals im Kategorienaufsatz von 1913

10  Um ein Beispiel für eine längere Ergänzung zu nennen: Teil I, A1 45 (= S.  2 38): „Die Leistung der Reformation als solcher war zunächst nur, daß […]. Wie der ,Berufs‘-Gedanke, der dies zum Ausdruck brachte, weiter entwickelt wurde, das hing von der näheren Ausprägung der Frömmigkeit ab, wie sie nunmehr in den einzelnen Reformationskirchen sich entfaltete.“ – Abb. unten, zwischen S.  2 32 und 233. 11  Zum Zusatz Teil II, A1 25 (= S.  316 f. , Fn.  152) könnte sich Weber zu den „Anhänger[n] Nietzsche’s“ auf Simmel, Georg, Schopenhauer und Nietzsche. Ein Vortrags­ zyklus. – Leipzig: Duncker & Humblot 1907, beziehen. 12  Vgl. dazu auch unten, S.  8 4 f. 13  So z. B. Teil I, A1 15 (= S.  157, textkritische Anm.  r (gestrichen) und innerhalb des längeren Zusatzes mit dieser Feder/Tinte ebd., Z.  1), A1 21 (= S.  177, Z.  2 0), A1 26 (= S.  185, Z.  2 0 und 22), A1 29 (= S.  190, Z.  7 f.). An anderen Stellen wurde das Adjektiv mit schwarzer Tinte verfaßt, so Teil I, A1 1 (= S.  123, textkritische Anm.  c, (gestrichen) in der Überschrift), A1 6 (= S.  136, Fn.  13; mit unregelmäßiger Feder (2) im Zusatz über Brentano), A1 32 (= S.  195, Z.  1) und Teil II, A1 98 (= S.  4 61, Z.  13). Zu dieser Feder/ Tinte vgl. die Abb. von A1 6 unten, zwischen S.  134 und 135.

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belegbar ist.14 Andere Randzusätze mit dieser Feder und Tinte enthalten Verweise auf die Aufsätze zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“, die ab 1915 publiziert werden.15 Ein Vorverweis gilt Webers Auseinandersetzung mit Sombart.16 (4) Weitere Setzeranweisungen, Korrekturen und Randzusätze vor allem in Teil II, zunehmend ab A1 37 ff. (= S.  3 41 ff.), sind vermutlich mit verschiedenen Federn und schwarzer Tinte geschrieben. Dabei scheinen auch bereits erwähnte Federn gebraucht worden zu sein. (5) Es gibt ferner Zusätze, die mit breiterer Feder abgefaßt wurden oder zumindest so erscheinen. Zum Beispiel fallen in Teil I, A1 52 (= S.  251–254) die mit der oben genannten feinen Feder und braunstichigen Tinte (3) geschriebenen Setzeranweisungen „nicht sperren!“ (dreimal) relativ blaß aus (erster Überarbeitungsdurchgang). Auf derselben Seite wurde der Fußnotenzusatz zu den englischen „,Roundheads‘“ und eine neue, gestrichene Fußnote zum englischen Nationalstolz höchst wahrscheinlich mit derselben Tinte geschrieben.17 Die Tinte erscheint aber (evtl. durch Tintenaufzug?) wesentlich gesättigter. Ob dieselbe feine oder eine breitere Feder benutzt wurde, ist unklar. Aus dieser Feder und Tinte stammt auch die Schrift auf Blatt 52a (= S.  252 f., Fn.  8 3 und 84).18 Dieselben Unklarheiten bestehen für Teil I, A1 42 (= S.  227, Fn.  58) und A1 44 (= S.  233 mit Fn.  6 3).19 Die gesättigter erscheinenden Zu­ 14  Vgl. Teil II, A1 11 (= S.  280 f.) und A1 27 (= S.  320 f.). Zu Max Webers Gebrauch dieser Wendung (zuerst in Weber, Kategorien; erschienen 1913) vgl. die Einleitung, oben, S.  16–18. 15  Z. B. Teil II, A1 11, neue Fn. (= S.  280, Fn.  105), A1 22, neue Fn. (= S.  3 08, Fn.  3 6), A1 27, neue Fn. (= S.  320, Fn.  155). 16  Vgl. Teil I, A1 15, Fn. (= S.  157, Fn.  2 9): „Auf die von ihm [Sombart] in seinem ‚Bourgeois‘ vorgetragene Polemik gegen mich komme ich weiterhin zu sprechen.“ Dieser Vorverweis kann, muß aber nicht schon die Abfassung von A1 19a und 19b sowie A1 32a und 32b (= S.  164–172, Fn.  3 5; S.  195–201, Fn.  51) voraussetzen. Er zeigt in jedem Fall Webers Intention an. 17  Es handelt sich um: A1 52, Zusatz mit Überarbeitungen zur Fn. (= S.  252, Fn.  82, textkritische Anm.  l): „Erstaunlich genug, daß uns bisher noch Niemand [die plebejischen mit blaugraustichiger Tinte] die [mit blaugraustichiger Tinte gestrichen] ,Roundheads‘ als ,Rundköpfe‘ im anthropometrischen Sinn gedeutet hat!“ Und, ebd., neue, gestrichene Fn. (= S.  252, Fn.  8 3, textkritische Anm.  m): „Insbesondere der englische Nationalstolz […].“ 18  Gemeint ist: A1 52a mit neuen Fußnoten (= S.  252 f., Fn.  8 3 und 84): „Insbesondere der englische Nationalstolz […].“ Und: „Diese Unterschiede sind natürlich auch in England bestehen geblieben […].“ Vgl. die Abb. unten, zwischen S.  252 und 253. 19  Es handelt sich um: Teil I, A1 42, Fußnotenzusatz (= S.  2 27, Fn.  5 8): „Ganz ebenso geht z. B. Pascal’s Bewertung des ,Berufs‘ von dem Satz aus, daß der Zufall es sei, der über die Berufswahl entscheide (vgl. über Pascal: A. Köster, Die Ethik Pascals 1907).“ A1 44 (= S.  2 33): „Weltenfern steht diese Auffassung dem tiefen Haß, mit welchem Pascal’s gottinnige Stimmung […], – noch ferner freilich der weitherzigen utilitarischen Anpassung an die Welt, welche der jesuitische Probabilismus vollzog.“ Dazu kommt die neue Fn., ebd. (= S.  2 33, Fn.  6 3): „,Die Eitelkeit wurzelt so tief […]‘ (Faugères

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sätze betreffen hier Pascal und die Schrift Köster, Ethik Pascals, die 1907 erschien. Das spräche für die oben angedeutete Vermutung, daß zumindest die Überarbeitung mit dieser Feder und Tinte relativ früh erfolgte.20 Es gibt ferner Randzusätze, die den gerade beschriebenen sehr ähneln. Sie wurden – vermutlich – mit einer braunstichigen, ebenfalls zum Verblassen tendierenden Tinte und – vermutlich – mit einer breiteren Feder verfaßt. Die Stellen (hier: Auswahl) Teil II, A1 75 und 76 (= S.  414, Fn.  283, und S.  415 f., Fn.  286) gehören allerdings zu Max Webers Auseinandersetzung mit Sombart und Brentano,21 die Stelle Teil I, A1 26 (= S.  185, Fn.  4 4) 22 setzt die „Wirtschafts­ ethik der Weltreligionen“ voraus. An anderen Stellen gebraucht Weber deutlich erkennbar eine breitere Feder in Kombination mit dunkler Tinte.23 Weber könnte also mit der Überarbeitung zwar schon 1907/1908 begonnen haben, zu einem Zeitpunkt, als er noch an eine separate Veröffentlichung der Aufsätze dachte, wobei er sich in erste Linie auf Formalien (Anweisungen an den Setzer) beschränkt haben könnte. Der überwiegende Teil der Überarbeitungen dürfte aber in die Kriegs- oder Nachkriegszeit fallen. Aber wie gesagt: Eine eindeutige Antwort auf die Datierungsfrage läßt der Befund nicht zu.

Ausgabe I, 208, vgl. Köster a. a. O. S.  17, S.  136 ff.).“ Abb. unten, zwischen S.  2 32 und 233. 20  Für eine relativ frühe Abfassung könnte auch sprechen, daß diese Zusätze teilweise später von Weber noch handschriftlich überarbeitet (A1 52: teilweise mit blaugraustichiger Tinte korrigiert; vgl. oben, S.  8 4, Anm.  17) bzw. erweitert wurden (A1 42, angefügter Satz: „An ‚organischen‘ Ethiken […]“ mit schwarzer Tinte). Dafür spricht auch ein Detail zu A1 52a: Das Manuskriptblatt enthält zwar keine Literaturangaben, doch bezieht sich Weber, wie er in der späteren Korrektur hinzufügt, auf Gerhart von Schulze-Gävernitz, Britischer Imperialismus (1906), und Moritz Julius Bonn, [Rez. Schulze-Gaevernitz,] Britischer Imperialismus (1907), also auch relativ „frühe“ Schriften. Vgl. unten, S.  253, Fn.  8 4 (anders der dort ebenfalls erwähnte Hermann Levy; dazu unten, S.  8 6 mit Anm.  27). 21  Es handelt sich um die Stellen: A1 75, neue Fn. (= S.  414, Fn.  283): „Denn man könnte ebensowohl die Ἀσκητικά des Gisbert Voët oder die Beschlüsse der Huge­ nottensynoden oder die holländische Baptistenlitteratur zur Hand nehmen. In höchst unglücklicher Art haben Sombart und Brentano gerade jene von mir selbst stark hervorgehobenen ,ebionitischen‘ Bestandteile aus Baxter herausgegriffen. […]“ (Abb. unten, zwischen S.  412 und 413). Und A1 76, neue Fn. (= S.  415 f., Fn.  286): „Denn nicht nur der Reichtum, sondern auch das triebhafte Gewinnstreben […] wurde ähnlich scharf verurteilt. In den Niederlanden wurde 1644 und 1657 erörtert, ob Lombarden zum Abendmahl zugelassen werden dürften (dies an die Adresse von Brentano […]). […].“ 22 A1 26, neue Fn. (= S.  185, Fn.  4 4): „Natürlich des dem Okzident spezifischen modernen rationalen Betriebs[kapitalismus], nicht des seit 3 Jahrtausenden in der Welt, von China, Indien, Babylon […] bis in die Gegenwart verbreiteten Kapitalismus der Wucherer […] und Finanzmagnaten.“ Dem Zusatz geht Webers Überarbeitung mit blaugraustichiger Tinte (3) voraus. 23  Vgl. die Abb. von A1 9 unten, zwischen S.  134 und 135.

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Zum Verhältnis von handschriftlicher Überarbeitung (A1) und Korrektur (BR, BS und BR/S1) Die Auseinandersetzung mit Werner Sombart und Lujo Brentano ist ein wesentlicher Bestandteil der handschriftlichen Überarbeitung in A1 und wurde in erster Linie in den ersten Teil, S.  123–256, eingefügt. Weber verfaßte dazu neue Manuskriptblätter (Teil I, A1 1a/c, A1 19a und 19b (nicht überliefert), A1 20a und A1 32a und 32b) und eine Reihe neuer Fußnoten.24 Weber arbeitet auch nach 1905 erschienene Literatur, zunächst in A1, dann während der Korrektur ein, wie man den Revisions- oder Superrevisionsbogen (BR und BS) entnehmen kann. Dazu zählt etwa Hermann Levys Schrift „Die Grundlagen des ökonomischen Liberalismus in der Geschichte der englischen Volkswirtschaft“ (1912). Sie ist bereits bei der handschriftlichen Überarbeitung (Teil I, A1 44, und Teil II, A1 106a) 25 genannt, weitere Hinweise darauf erfolgen aber erst während der Korrektur (BR 178, 199 und 200).26 Darüber hinaus zitiert er mit dem handschriftlichen Eintrag auf dem Revisionsbogen BR1 81 aus Levys Artikelserie den Teil „Studien über das englische Volk II–IV“;27 ein weiterer Hinweis wurde auf den Artikelteil in der Korrektur eingefügt, wie BR 194 zeigt.28 Weber kannte das Manuskript zu diesem Teil von Levys Artikel, bevor er Mitte Januar 1920 im 3. Heft des 46. Archiv-Bands, S.  6 36–690, gedruckt erschien.29 An anderen Stellen ergänzt Weber seine Studie um Blaise Pascal und den Jansenismus, der eine Prädestinationslehre, aber ohne Handlungsmotivation vertrete. In diesem Zusammenhang fügt er in die handschriftliche Überarbeitung Köster, Ethik Pascals (1907; Teil I, A1 42 und 44), und, vermittelt über Köster, Faugère, [Pascal,] Pensées (A1 44), ein.30 Darüber hinaus zitiert er Paul Honigsheims Dissertation „Die Staats- und Sozial-Lehren der französischen Jansenisten im 17. Jahrhundert“ (1914). Wie Webers Brief an den Verfasser vom 14. Juni 1914 zeigt, hatte Honigsheim ihm ein Exemplar zukommen lassen. Weber äußert sich anerkennend über diese Schrift.31 Ähnlich wie bei Levy, Ökonomischer Liberalismus, fügt er einen Hinweis während der 24  Dazu oben, S.  82 f. 25  Vgl. unten, S.  2 35, Fn.  6 5, S.  4 83 mit Fn.  3 85. 26  Vgl. unten, S.  4 37 f., Fn.  324, S.  477 f., Fn.  378 und S.  479 f., Fn.  3 81. 27  Vgl. unten, S.  253, Fn.  8 4 mit textkritischer Anm.  c. 28  Vgl. unten, S.  470, Fn.  3 69. 29  Über Levys Artikelteil (Abschnitte II–IV) heißt es im Brief Werner Siebecks an Emil Lederer vom 27. September 1919, er „steht in der Druckerei“ (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), K. 183). Lederer hatte den kompletten Artikel Levys (Abschnitte I–IV) am 8. Februar 1919 an Paul Siebeck geschickt, wie er dem Verleger unter diesem Datum ankündigt (ebd.; der erste Artikelteil und -abschnitt war im Archiv-Band 56, Heft 2, erschienen). 30  Dazu auch oben, S.  8 4 f. Die Stellen unten, S.  2 27, Fn.  5 8, und S.  2 33, Fn.  6 3. 31  Vgl. Brief Max Webers an Paul Honigsheim vom 14. Juni 1914, MWG II/8, S.  714 f.

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handschriftlichen Überarbeitung ein (Teil II, A1 20) und ergänzt weitere Stellen aus dieser Schrift während der Korrektur (BR 72, 96, BS 102, 106 und 128).32 Webers Einfügungen zu „Holland“ mit den Hinweisen auf Gisbert Voet, die über die erste Fassung von 1904/05 hinausgehen, oder auf die Konventikelbildung nach 1614 finden sich zumeist in der handschriftlichen Überarbeitung des Textes erster Hand (Teil II, A1 75 und 76; Teil II, A1 14).33 Zu Groen van Prinsterer ist das einmal der Fall (Teil II, A1 95),34 ebenso zu den holländischen Synoden (Teil II, A1 76).35 Andere Bezüge auf Groen van Prinsterer (BR 88, 187, 193) 36 und die Synoden (BR 95, BS 166, BR 177, 185 und 186) 37 sowie auf Willem Johannes Franciscus Nuyens (BR 88, 94),38 Constantijn Huygens (BR 187),39 Willem Schortinghuis (BS 105) 40 und das Zitat aus dem „Olijf-Tacxken“, einem Täuferbekenntnis (BS 109),41 entstammen dagegen der Korrektur. Manche dabei eingetragene Stelle scheint durch den „Sekten“-Aufsatz angeregt zu sein (z. B. der Verweis auf August Köhler „nach seinem zum folgenden Artikel [Weber, Sekten; Ed.] zu zitierenden Buch“, BS 137;42 oder der Nachtrag zu den niederländischen Synoden, BS 166).43 Ein Hinweis auf die „(amerikanische) Hanserd Knollys Declaration“ findet sich bereits in Teil II, A1 8,44 deren Ausgabe Weber, Sekten, unten, S.  522, Fn.  29, und S.  538, Fn.  58, angibt (Confession of Faith […]. Adopted by The Baptist Association, met at Philadelphia, September 25, 1742. – West-Chester, PA: Simeon Siegfried 1827). Dasselbe gilt möglicherweise für Webers Zitat aus J. Newton Brown, Baptist Church Manual (BS 109),45 das er auch im „Sekten“-Aufsatz, unten, S.  511, Fn.  19, bibliographiert.

32  Vgl. die Stellen Teil II, A1 20, unten, S.  3 03, Fn.  133 mit Anm.  j; ferner (B R/S): S.  233, Fn.  6 3; S.  283 f., Fn.  109; S.  2 94, Fn.  121; S.  3 03, Fn.  133 mit Anm.  p; S.  3 45, Fn.  192. 33  Zu Voet vgl. unten, S.  414, Fn.  283, und S.  416, Fn.  286; der Hinweis auf Konventikelbildung S.  286, Fn.  114. 34  Vgl. unten, S.  4 56, Fn.  3 46 (Weber nimmt auf dieselbe Stelle im Werk von Groen van Prinsterer bereits in ders., Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, MWG I/9, S.  5 91–595, Bezug). 35  Vgl. unten, S.  415 f., Fn.  286. 36  Vgl. unten, S.  2 64, Fn.  91, S.  4 57, Fn.  3 4, und S.  3 68, Fn.  3 65. 37  Vgl. unten, S.  281, Fn.  106, S.  415 f., Fn.  286, S.  4 37, Fn.  324, S.  4 53, Fn.  3 43 und S.  4 55 f., Fn.  3 46. 38  Vgl. unten, S.  2 64, Fn.  91, S.  2 97 f., Fn.  104. 39  Vgl. unten, S.  4 57, Fn.  3 46. 40  Vgl. unten, S.  3 02, Fn.  132. 41  Vgl. unten, S.  311 f., Fn.  138. 42  Vgl. unten, S.  3 64 f., Fn.  214; ferner ein Verweis auf Köhler B S 102, unten, S.  2 95, Fn.  122, und B R 179, unten, S.  4 40 f., Fn.  329. 43  Vgl. unten, S.  415 f., Fn.  286. 44  Vgl. unten, S.  272, Fn.  9 5. 45  Vgl. unten, S.  311, Fn.  138.

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b)  Zur Edition Textbehandlung und Textgestaltung Die Seitenzahlen der Fassung letzter Hand (C) und der durchgehend überlieferten Vorstufen (A, A1, BR/S) werden am Rand mitgeführt. Die Seitenzählung in A1 ist mit Ausnahme der zusätzlichen Manuskriptblätter dieselbe wie in A; BR/S und C sind seitenidentisch. BR/S wird dagegen nur an den entsprechenden Stellen BR1 81 und BS1 102 angezeigt. Weber läßt in den Gesammelten Aufsätzen zur Religionssoziologie die Fußnotenzählung pro Seite neu beginnen. Gemäß den Editionsrichtlinien wird auf eine über beide Teile fortlaufende Zählung umgestellt. In der Fassung erster Hand wurden in A 1–54 (1904) die Fußnoten pro Seite gezählt, in A 1–110 (1905) dagegen durchgängig (Fn.  1–86), teilweise um a, b oder c erweitert. In A1 fügt Weber neue Fußnoten ein, die er mit x) oder xx) kennzeichnet, mit „Neue Fußnote“ einführt oder fortlaufend zählt (entweder mit Ziffern oder mit Buchstaben). Für die Fassung letzter Hand war zunächst vorgesehen, die Fußnoten beider Teile zusammen durchgängig neu zu zählen (Fn.  1–360). Wie die Fassung A1 zeigt, trug vermutlich der Setzer die veränderten Zahlen mit Bleistift ein.46 Aber Weber fügte während der verschiedenen Korrekturphasen Fußnoten hinzu (s. o.). Dies mag der Grund gewesen sein, sie fortan seitenweise zu zählen.47 Die Umlaute in der Fassung erster Hand (Ä, Ö, Ü) verwandelte der Setzer beim Neusatz 1919/20 in Ae etc., und die Indices für Fußnoten, in A dem Satzzeichen folgend, wurden vor dasselbe gerückt. Das Erste wird, den Editionsregeln folgend, rückgängig gemacht, das Zweite nicht. Nach den Editionsregeln wird Hervorzuhebendes (in A, BR/S, C gesperrt, in A1 unterstrichen und mit Satzanweisung versehen) 48 einheitlich kursiv ge­ druckt. Petitdruckpassagen erfolgen in Normalschrift, werden aber textkritisch ausgewiesen. Nicht gängige Abkürzungen werden in eckigen Klammern aufgelöst. Die übrigen Abkürzungen, auch für biblische Bücher, können im Verzeichnis der „Siglen, Zeichen, Abkürzungen“ (oben, S.  IX–XVII) nachgeschlagen werden.

46  Die überlieferte Überarbeitung zeigt weitere Eintragungen des Setzers mit Bleistift. Er strich z. B. in Teil I, A1 17 den Zusatz zum Titel „Von Max Weber“ und versah die Streichung mit Delendum- und Fragezeichen, ebenso strich er die ArchivbogenBe­schriftung am unteren Seitenrand. Außerdem trug er durchgehend Markierungen für den Zeilen- oder Seitenumbruch in den gedruckten Archiv-Text ein. 47  Die von der Edition abweichende Zählung der Fußnoten in A, A1, B R/S, C wird nicht eigens mitgeteilt; im textkritischen Apparat kommt die alte Zählung mitunter vor. 48  Auf dieselbe Art und Weise werden in A1 Aufhebungen und Sperrungen angegeben.

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Im Einzelnen gilt: Stillschweigend gebessert werden offensichtliche Druckversehen im Deutschen, die übrigens – anders als in der Fassung von 1904/05 – im Text letzter Hand nur noch äußerst selten vorkommen (z. B. „Gewohnung“; unten, S.  166, Fn.  3 5). Auch die Interpunktion folgt der Fassung letzter Hand, wobei gemäß den Editionsrichtlinien fehlende Kommata bei mit „und“ angereihten Hauptsätzen, „daß“-Sätzen, Relativsätzen oder bei Aufzählungen stillschweigend ergänzt werden. Anderweitig ergänzte Interpunktionszeichen sind durch eckige Klammern kenntlich gemacht, fehlende Punkte bei Herrscherzählungen, „f“ (= folgende [Seite]) oder am Satzende werden stillschweigend ergänzt. Unverändert beibehalten sind orthographische Varianten und gelegentliche uneinheitliche oder alternierende Schreibweisen, die in A vielfach enthalten sind und sich trotz der zu beobachtenden Vereinheitlichungstendenz des Setzers teilweise auch in C finden (z. B. „vor allem“/„vor Allem“, beide S.  155; „Citat“, S.  290, Fn.  116; „alten Testaments“, S.  342, Fn.  190; „statt Andrer“, S.  259, Fn.  87). Den Theologen Ernst Troeltsch schreibt Max Weber immer „Tröltsch“ (so in A und A1, bei der Texterfassung durch den Setzer teilweise in „Troeltsch“ geändert, so S.  393, Fn.  259, und S.  491, Fn.  394; dazu auch S.  473, Fn.  373), Gisbert Voet immer „Voët“, Lewis Bayly immer „Bailey“,49 statt Busken-Huet „Busken-Huët“, ebenso „Robinson Crusoë“. Zeitgenössische Schreibweisen wie z. B. „Wiederspiegelung“ (S.  162, 170, Fn.  3 5, u. ö.), werden ebenfalls beibehalten. Emendiert und im textkritischen Apparat nachgewiesen werden dagegen alle Textverderbnisse im Deutschen, die auf ein Versehen oder einen Fehler des Setzers deuten (z. B. S.  131, Fn.  8 mit textkritischer Anm.  g), ebenso Grammatikfehler. Auf diese Weise sind auch fehlerhafte Schreibungen von Eigennamen behandelt (z. B. „Pieter de la Cour“, richtig „de la Court“, S.  178; „Funk“, richtig „Funck“, S.  197, Fn.  51; „Paul Gerhard“, richtig „Gerhardt“, S.  251; „Lang“, richtig „Long“, S.  3 88, Fn.  255; „Taylor“, richtig „Tayler“, S.  264 f.; Fn.  91, „Tindal“, richtig „Tindale“ (oder „Tyndale“), S.  224, Fn.  56; „Ullrich“, richtig „Ulrich“, S.  2 97, Fn.  122). Die Vorstufen zu C (A, A1, BR/S, BR/S1) werden als Textvarianten im textkritischen Apparat dargestellt. Nicht nachgewiesen werden Änderungen in den Schreibweisen gegenüber A, die der Setzer bei der Neuerfassung des Textes vornahm (nur wenige Schreibweisen bleiben unausgeglichen, vgl. oben). Als Beispiele hierfür seien genannt: „Thatsachen“, BS, C: „Tatsachen“ (S.  127, 240, Fn.   69); Fn.   4); „Realencycklopädie“, BR, C: „Realenzyklopädie“ (S.   „giebt“, BR, C: „gibt“ (S.  284, Fn.  111); „Einzelnen“, BR, C: „einzelnen“ (S.  161 49 In den Hg.-Anmerkungen heißt es im Kurztitel für die deutsche Übersetzung: Bayli, Praxis pietatis I.

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u. ö.); „irgend ein/e/s“, BR, C: „irgendein/e/s“ (S.  173 u. ö.); „nahe legen“, BS, C: „nahelegen“ (S.  138); „Roheit“, BS, C: „Rohheit“ (S.  3 44); „Quäker-Ethik“, BS, C: „Quäkerethik“ (S.  4 31), „Praetor“, BS, C: „Prätor“ (S.  4 30, Fn.  312), „Wiedergebornen“, BS, C: „Wiedergeborenen“ (S.  3 92). Auch Webers Schreibweisen in A1 ändert der Setzer bei der Texterfassung , indem er z. B. statt „allmälig“, BS, C: „allmählich“ (S.  320, Fn.  155), statt „Litteratur“, BS, C: „Literatur (S.  123, Fn.  1), statt „corrigiert“, BS, C: „korrigiert“ (S.  155, Fn.  26), statt „Franklin’s“ 156, Fn.   28; oder „Brentano’s“, BR, C: „Franklins“, „Brentanos“ (beide S.   anders dagegen: „Franklin’s“, S.  4 85, Fn.  3 87), statt „sämmtlichen“, BR, C: „sämtlichen“ (S.  173, Fn.  37), statt „vor Allem“ oder „im Einzelnen“, BR, C: „vor allem“, „im einzelnen“ (S.  198, Fn.  51; S.  273, Fn.  9 6), statt „Neu England“, BR, C: „Neuengland“ (S.  163 u. ö.), statt „gradezu“ oder „unserm“, BS, C: „geradezu“, „unserem“ (S.  3 06; S.  4 66, Fn.  3 62), schreibt. Nicht mitgeteilt werden außerdem die in BR/S enthaltenen Druck- oder Lesefehler (z. B. „erschienen“ statt „erschien“, S.  262, Fn.  8 9; „Repontierten“ statt „Reprobierten“, S.  281, Fn.  106), die anschließend für die Endfassung C korrigiert wurden. Auf Besonderheiten in BR, etwa eine Unstimmigkeit in der Fußnotenzählung (S.  479–481), wird dagegen hingewiesen. Webers Anweisungen an den Setzer in A1 werden vom Editor ausgeführt, im Wortlaut aber in aller Regel nicht mitgeteilt (z. B. die häufige Anweisung „nicht sperren!“ oder diesbezüglich „s. o.!“ u. ä., auch: „Neue Fußnote!“ u. ä.; Ausnahme: z. B. S.  149, textkritische Anm.  d und e). Nicht mitgeteilt dagegen werden unleserliche Sofortkorrekturen.50 Behandlung der Verweise Verweise auf Texte, die in diesem Band ediert sind, werden stillschweigend angepaßt. Die „Protestantische Ethik“ ist außerdem mit den Studien zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ über Verweise verbunden.51 Diese werden auf die entsprechenden Bände der MWG geleitet. Darüber hinaus finden sich Verweise auf die geplanten, aber nicht mehr ausgeführten Abhandlungen, die für die Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie vorgesehen waren (dazu die Einleitung, oben, S.  49–51).52 50 In der Wiedergabe der Korrekturen in A1 weisen Spitzklammen [〈 und 〉] Max Webers Streichungen aus, > zeigt eine Ersetzung an, * bedeutet: unsichere Lesung der Handschrift Max Webers, [?] bzw. [??] nicht (mehr) lesbares Wort bzw. lesbare Wörter. 51  In A1 brachte Weber folgende Verweise ein: unten, S.  157; S.  280, Fn.  105; S.  3 04, Fn.  134; S.  308, Fn.  136; S.  327, Fn.  2 28; S.  393, Fn.  259; S.  428, Fn.  310; S.  445 und 447, Fn.  3 37; S.  4 65, Fn.  3 62, und S.  4 91, Fn.  3 94; während der Korrektur noch einmal verstärkt: unten, S.  157 (vgl. Anm.  v), S.  3 04, Fn.  134 (vgl. Anm.  u), und S.  4 91 f., Fn.  3 94 (vgl. Anm.  n). 52  Unten, S.  156, Fn.  2 9 mit Anm.  37; S.  157 mit Anm.  3 9; S.  171, Fn.  3 5 mit Anm.  2 0

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Behandlung der Zitate In den von Weber ausgewählten Zitaten werden stillschweigend doppelte durch einfache An- und Ausführungszeichen ersetzt. Ergänzungen in runden Klammern stammen stets von ihm, ebenso die mit „…“ gekennzeichneten Auslassungen sowie die Hervorhebungen. Hier wird auf einen Nachweis im einzelnen verzichtet – mit Ausnahme der Franklin-Passage (unten, S.  151– 154), die zugleich als Beispiel für Max Webers Akzentuierung dienen kann. Grundsätzlich werden unbedeutende Veränderungen, die Weber gegenüber dem Original vornimmt, z. B. Eindeutschungen (im Zitat aus einer Predigt Taulers nach der „Basler Ausgabe“, S.  219, Fn.  56) oder ein j statt i im Lateinischen (z. B. „juxta“ statt wie in Webers Quelle „iuxta“, S.  216, Fn.  5 5) nicht textkritisch behandelt. An manchen Stellen gingen bei fremdsprachigen Zitaten Fehler in die Druckfassung von 1920 ein. Diese werden mit Nachweis emendiert (z. B. „trough“ statt „through“, S.  236, Fn.  6 6). Dasselbe gilt für Verschreibungen, Tempus-, Kasus- oder Grammatikfehler, für deren Korrektur dann die von Weber ausgewiesene Quelle beigezogen wird. Auf weitere Besonderheiten in Webers Handhabung der Quelle wird im Sacherläuterungsapparat hingewiesen. Behandlung der Literaturnachweise Es fällt auf, daß die Literaturangaben in Webers Text häufig fehlerhafte Seiten- und Jahreszahlen (z. B. S.  141, Fn.  18, oder S.  155, Fn.  27; S.  131, Fn.  8) enthalten. Dabei wurden Fehler in A nach C übernommen. Falsche Seitenangaben werden mit textkritischem Nachweis richtiggestellt. Andere Fehler oder Mängel bleiben unverändert und werden im Erläuterungsapparat behandelt. Weber weist den Großteil der von ihm zitierten oder referierten Quellen und seine Literatur mit bibliographischen Angaben nach. Sie sind im „Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur“ (unten, S.  623–658) zusammengestellt und vollständig ausbibliographiert. Ausgaben oder Auflagen, die Weber nicht näher bezeichnet, wurden vom Editor erschlossen. Zu Hilfe genommen wurden die in der Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München, überlieferten Handexemplare Max Webers oder andere von ihm andernorts zitierte Ausgaben. Falls beides nicht vorhanden war, wurde zeitnahe Literatur herangezogen. Auch die Marginalien und Anstreichungen von Webers Hand in Exemplaren der Heidelberger Universitätsbibliothek sind berücksichtigt, wie bereits in MWG I/9. Dort wurden auch schon Webers Exzerpt zu Robert Barclays „Apology for the True Christian und 24; S.  2 00, Fn.  51 mit Anm.  14; S.  324, Fn.  162 mit Anm.  21; S.  4 09, Fn.  278 mit Anm.  7; S.  4 47 f., Fn.  3 37 mit Anm.  3; S.  4 66, Fn.  3 62 mit Anm.  8 8; und S.  4 90, Fn.  3 93 mit Anm.  86.

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Divinity“ sowie Notizen zum Quäkertum, die Weber sich auf seiner USA-Reise 1904 im Haverford College anfertigte, berücksichtigt. In MWG I/9 finden sich dazu ausführliche Erläuterungen.53 Weber antwortet auf Werner Sombarts und Lujo Brentanos Kritik an seinerProtestantismusthese. Sombarts Urteil findet sich in seinen Monographien Die Juden und das Wirtschaftsleben (1911) und Der Bourgeois (1913). Beide Widmungsexemplare sind in der Handbibliothek Max Webers (Max WeberArbeitsstelle, BAdW München) überliefert;54 allerdings finden sich nur in Sombart, Die Juden, Marginalien von der Hand Webers.55 Brentanos Kritik wird in dem Exkurs „Puritanismus und Kapitalismus“ vorgetragen, welcher der Druckfassung seines Vortrags „Die Anfänge des modernen Kapitalismus“ beigefügt ist (1916). Dazu ist kein Handexemplar Max Webers erhalten. Bereits in den Briefen vom 2. und 20. Dezember 1913 setzt sich Weber kritisch mit Sombarts Büchern auseinander. In dem Brief vom 20. Dezember schreibt er in diesem Zusammenhang: „daß Sie Baxter und Antonin gelesen haben, sehe ich ja doch sehr gut“, und er fügt hinzu: „Ich habe meine eignen dicken Exzerpte, also brauche ich da nichts erst zu Ihrer ‚Widerlegung‘ zu lesen.“56 In Webers Antikritik in der Protestantismusstudie von 1920 spielt das Exzerpt zu Antonin aber keine erkennbare Rolle. Es ist zudem – wie auch das Exzerpt zu Baxter57 – nicht überliefert, und es ist auch nicht bekannt, wann er es anfertigte.58 Für die Entgegnung auf Sombart beschäftigt sich Weber ausführlich – wohl im August 1919 59 – mit Leon Battista Alberti, Della famiglia (S.  164–172, Fn.  3 5). Er zitiert Albertis Werk auf Italienisch. Als Hilfe für den heutigen Leser wurde 53  Vgl. Editorischer Bericht zu Weber, Protestantische Ethik II, MWG I/9, S.  2 39–241. Webers Exzerpt zu Barclay, Apology, befindet sich in: GStA PK Berlin, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr.  31, Band 6, Bl.  28–42v (hinfort: Weber, Exzerpt). Die Notizen zum Quäkertum sind zumeist bibliographischer Art und befinden sich ebd., Bl.  4 3–48v (hinfort: Weber, Notizen zur Quäker-Literatur). 54 Die Widmung im Handexemplar Max Webers von Sombart, Bourgeois, lautet: „Max Weber in alter Freundschaft / Werner Sombart / Mittel-Schreiberhau, 29.11.13 / „Amicus Plato – magis amica veritas.“ Es finden sich darin lediglich eine Randmarkierung (ebd., S.  2 3), eine Korrektur (ebd., S.  4 33) sowie Markierungen im Sach- und Autorenregister (ebd., S.  5 31 f., 534 und S.  5 38). 55  Max Webers Handexemplar von Sombart, Juden, enthält die Widmung: „Max Weber in freundschaftlicher Gesinnung / Werner Sombart. / Charlottenburg d. 22/2.1911.“ Die Marginalien sind wiedergegeben in: Otto, Einleitung in: MWG I/21, S.  28–38. 56  Brief Max Webers an Werner Sombart vom 13. Dez. 1913, MWG II/8, S.  4 33. 57  Vgl. Editorischer Bericht zu Weber, Protestantische Ethik II, MWG I/9, S.  2 36. 58 Nicht ausgeschlossen, aber auch nicht sehr wahrscheinlich ist, daß Weber es schon im Zusammenhang mit seiner Vorlesung „Geschichte der Nationalökonomie“ (1896) anfertigte, in der er außer Thomas von Aquin auch Bernhardin und Antonin als kanonistische Wirtschaftstheoretiker nennt; vgl. MWG III/1, S.  6 84. 59  Dazu oben, S.  79, Anm.  8 4. Leider sind Webers Manuskriptblätter Teil I, 19a und 19b, die seine Ausführungen zu Alberti enthalten, nicht überliefert.

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in der Kommentierung mitunter eine deutsche Übersetzung beigegeben. Da sich keine aus Webers Zeit ermitteln ließ, benutzt der Editor eine spätere.60 Über die in den Aufsätzen von 1904 und 1905 zitierte Literatur berichten die Editorischen Berichte zu Weber, Protestantische Ethik I und II, MWG I/9, bes. S.  109–120 und 233–241. Die auf diese Literatur bezogenen Sacherläuterungen wurden aus MWG I/9 in diesen Band übernommen. Dazu sei Folgendes ergänzt: Bibelausgaben und -übersetzungen. Schon für den ersten Aufsatz „Protestantische Ethik I“ von 1904 untersucht Weber Herkunft und Bedeutung des Begriffs „Beruf“, englisch „calling“, im Hinblick auf zahlreiche Bibelausgaben und -übersetzungen. Für die Fassung letzter Hand weitet er seine Untersuchung auf den hebräischen Sprachgebrauch aus, wobei er sich auf 1906/07 erschienene Schriften Rudolf Smends zum Buch Jesus Sirach (S.  210, Fn.  5 4) bezieht. Moderne Lutherbibeln. Wie in MWG I/9, S.  113 f., dargelegt, ließ sich keine der „üblichen modernen Ausgaben“ finden, in der Webers Zitat von 1 Kor 7, 17–24 (S.  220, Fn.  56) wörtlich steht. Eine Umstellung auf die zwischenzeitlich revidierte Lutherbibel (1912) wäre nicht sachgemäß gewesen, weshalb die 1892er Bibel in den Sacherläuterungen weiterhin benutzt wurde. Die von Weber erwähnten englischen Bibelübersetzungen waren in Heidelberg nicht vorhanden und auch sonst in Deutschland schwer zugänglich.61 Deshalb behilft er sich mit James A. H. Murrays Artikel s.v. „calling“, der in A new English Dictionary on Historical Principles erschienen war und der die Übersetzung von „kle¯´sis“ (1 Kor 7,20) der genannten Bibelausgaben aufführt (vgl. S.  225, Fn.  56). Offen muß bleiben, auf welche „höfischen anglikanischen Bibeln der elisabethanischen Zeit“ Weber sich bezieht, die von „calling“ wieder zu „vocation“ zurückgekehrt seien (vgl. ebd.). Sacherläuterungen Zitate aus Webers älteren deutschsprachigen Quellen, die in den Sacherläuterungen angeführt werden, folgen weitgehend dem Druckbild der Vorlage. o e Beibehalten werden ältere Umlautwiedergaben wie u oder a sowie die Virgel, während Ligaturen sowie das &-Kürzel aufgelöst sind (& wird zu et). Im Übrigen wird die ältere deutsche, englische oder lateinische Orthographie beibehalten.

60  Alberti, Leon Battista, Über das Hauswesen [Della famiglia], übers. von Walther Kraus, eingeleitet von Fritz Schalk. – Zürich, Stuttgart: Artemis Verlag 1962 (hinfort: Alberti, Hauswesen). 61  Zu diesen vgl. Gregory, Caspar Rene, Art. Bibelübersetzungen, englische, in: RE 3 , Band 3, 1897, S.  97–100; Hall, Basil, Art. Bibelübersetzungen III/2, in: TRE, Band 6, 1980, hier S.  247–251 (hinfort: Hall, Art. Bibelübersetzungen III/2).

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Die Sacherläuterungen zur ersten Fassung der „Protestantischen Ethik“ (A) werden aus MWG I/9 übernommen, es sei denn, Weber revidierte die entsprechende Passage. Wie diese stützen sich auch die für die Fassung letzter Hand neu hinzugekommenen Sacherläuterungen soweit als möglich auf die von Max Weber verwendeten Vorlagen und die von ihm genannte Literatur. Ein Kurztitel verweist auf die Bibliographie im „Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur“ (unten, S.  623–658). Auf die Dokumentation des heutigen Forschungsstandes wurde verzichtet. Dies hätte den Anmerkungsapparat gesprengt und die Edition insoweit zu schnell veralten lassen. Das „Personenverzeichnis“ und das „Glossar“ (unten, S.  5 49–597 und 598–622) sollen bei der Erschließung des Textes helfen.

II.  Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus a)  Zur Überlieferung Die Edition des gegenüber der Erstpublikation nahezu gänzlich neuen Textes folgt der Fassung letzter Hand: Weber, Max, II. Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus, in: ders., Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Band I. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1920, S.  2 07– 236 (C). Max Webers – höchst wahrscheinlich handschriftliches – Manuskript, das er im September 1919 dem Verlag vorlegte, ist nicht überliefert. Er selbst spricht von einer „neue[n] und stark erweiterte[n] Niederschrift“ (S.  493, Fn.  1) seines im Frühjahr 1906 zunächst in der „Frankfurter Zeitung“, dann in der „Christlichen Welt“ erschienenen Aufsatzes (ediert in: MWG I/9, S.  426–462).62 Überliefert sind lediglich die umbrochenen Revisionsbogen, Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen, Düsseldorf, Bl. 207–236 (B R). Sie tragen den Stempel „Buchdruckerei von H. Laupp jr. Tübingen“, ferner das Datum 11. Dezember 1919 (S.  2 07 f., noch auf Bogen 13; vgl. oben, S.  8 0) bzw. 17. Dezember 1919 (S.  2 09–224, 225–232 und 233–236: Bogen 14 und die ersten 12 Seiten von Bogen 15). In den Revisionsbogen finden sich sehr viele Fehler. Davon sind nur wenige korrigiert: Auf BR 218 (S.  510, Fn.  19) ist eine Umstellung der in falscher Reihenfolge stehenden Literaturangaben verlangt, auf BR 235 und 236 (S.  5 43–545) gibt es Korrekturen und Unterstreichungen. Sie wurden mit Bleistift und lediglich im Schlußsatz (BR 236) mit schwarzer Tinte vorgenom62 Weber, Max, „Kirchen“ und „Sekten“, in: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt, 50. Jg., Nr.  102 vom 13. April 1906, 4. Morgenblatt, S. [1], und dass., (Schluß.), in: ebd., Nr.  104 vom 15. April 1906, 6. Morgenblatt, S. [1], und ders., „Kirchen“ und „Sekten“ in Nordamerika. Eine kirchen- und sozialpolitische Skizze 1, in: Die Christliche Welt, 20. Jg., Nr.  24 vom 14. Juni 1906, Sp.  5 58–562, und dass. 2, in: ebd., Nr.  25 vom 21. Juni 1906, Sp.  577–583.

Editorischer Bericht

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men. Mit großer Wahrscheinlichkeit stammen sie von Max Weber, mit Sicherheit läßt sich dies allerdings nur für die Wortkorrektur im Schlußsatz sagen. Dennoch erhalten sie hier die Sigle B R1. Sie gingen nur teilweise in die Druckfassung ein (vgl. S.  5 45, textkritische Anmerkungen o, q und s). Also muß es noch einen weiteren und gründlicheren Korrekturvorgang gegeben haben. Nicht überliefert ist der Bogen, den Max Weber am 5. Februar 1920 an den Verlag zurücksandte. Der Bogen wurde wohl zuvor schon von dem für den Verlag tätigen Dekan Paul Zeller korrigiert.63 b)  Zur Edition Bei Umlauten, Zeichensetzung, Seiten- und Fußnotenzählung ist wie in den vorangegangenen Texten verfahren. Wie oben festgestellt, enthalten die Revisionsbogen (BR) zahlreiche Fehler. Es handelt sich um Druckfehler (z. B. „Baptist Manuels“ statt „Manuals“ oder „1994“ statt „1904“, S.  510 f., Fn.  19) und um Lesefehler des Setzers (z. B. „Akten“ statt „Daten“, S.  493, Fn.  1), oft bei Namen (z. B. „Burage“ statt „Burrage“, S.  511, Fn.  19; „Dedhomer“ statt „Dedhamer“, S.  529, Fn.  3 8 und 39). Hinzu kommen hier und da einige grammatikalische Nachlässigkeiten (z. B. „schmälerten“ statt „schmälerte“, S.  500, Fn.  8; „pflegten“ statt „pflege“, ebd., Fn.  9). Diese Fehler wurden für die Druckfassung korrigiert und sind darum nicht nachgewiesen. Ohne Nachweis bleibt außerdem der Unterschied zwischen BR und der Druckfassung C bei der Groß- und Kleinschreibung („des Vorstehenden“ statt „des vorstehenden“, S.  493, Fn.  1). Alle Textänderungen und Wortersetzungen mit Ausnahme von offensichtlich korrupten Formulierungen in BR 64 sowie abweichende Interpunktion und abweichende Hervorhebungen werden im textkritischen Apparat nachgewiesen. Dasselbe gilt für die in B bei Rückverweisen zumeist noch vorhandenen Blockaden. Nachgewiesen werden außerdem die auf den Bogen enthaltenen handschriftlichen Korrekturen (BR1). Sofern sich Weber auf seine USA-Reise im Jahr 1904 bezieht – das ist besonders S.  493–507 der Fall –, wird in der Sachkommentierung auf Parallelen in seinen „Reisebriefen“ verwiesen (ediert in: MWG II/4). Die S.  510 f., Fn.  19, bibliographierte Literatur stellte er möglicherweise zu einem guten Teil während dieser Reise zusammen. Während dieser Reise könnte er auch die 63  Auf der Karte an Paul Siebeck vom 5. Febr. 1920 heißt es: „Alle andren Korrekturen sandte ich Ihnen inzwischen und mache nun auch hier auf die Bemerkungen auf dem vor[her] geschickten Bogen (Sekten) oben aufmerksam, der schon, an der Hand der Bemerkungen Ihres Herrn theologischen Korrektors, korrigiert war.“ MWG II/10, S.  913. 64  S.  525 f., Fn.  3 6, lautet z. B. in B R: „Der antiautoritäre Charakter der asketischen Religiosität war in diesem Fall richtiger: das Konkurrenzverhältnis der geistlichen zog die weltliche Autorität […] in den Grund.“

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Editorischer Bericht

Confession of Faith, West-Chester, PA, 1827, die er auch als (amerikanische) Hanserd Knollys Confession bezeichnet und aus deren „Anhang“ er zitiert (S.  522, Fn.  2 9; S.  5 39, Fn.  6 0; auch oben, S.  272, Fn.  9 5), sowie Brown, J. Newton, Baptist Church Manual (S.  511, Fn.  19; daraus zitiert oben, S.  311, Fn.  138), eingesehen haben. Andere Werke, die Weber benutzt, wie z. B. Jacoby, Handbuch des Methodismus (den Titel zitiert er allerdings im „Sekten“-Aufsatz nicht), oder Usher, Presbyterian Movement, aus dem er S.  528 f., Fn.  3 8, zitiert, waren in der UB Heidelberg vorhanden.65 In Jacobys Handbuch finden sich zudem Marginalien mit lilafarbenem Stift, den Weber öfters gebrauchte. Zu Holland stützt er sich auf Literatur, die er mit großer Wahrscheinlichkeit bei seinem dortigen Aufenthalt im Jahr 1907 las. Teilweise sind diese Schriften – wie Kuyper, Separatie (S.  515, Fn.  24); ders., Het conflict gekomen I (S.  517, Fn.  24); ders., Dreigend conflict (ebd., Fn.  25); Hogerzeil, De kerkelijke strijd te Amsterdam I–III (S.  527, Fn.  37) – in deutschen Bibliotheken auch heute noch nicht erhältlich.

65  Vgl. dazu ausführlich oben, S.  76, Fn.  75.

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Anhang zum Editorischen Bericht Übersicht der überlieferten und für die Edition verwendeten Textfassungen 66

A Manuskript oder erste Druckfassung

A1 handschriftliche Überarbeitung von A und Manuskriptblätter

B R/S Revision/ Super-Revision B R1/S1 handschriftliche Überarbeitung von B R/S

C Druckfassung/ GARS I

MWG Seitenzahlen

Vorbemerkung





B R (29. Okt. 1919) C 1–16 B R1 B S (12. Nov. 1919)

S.  101–121

I.  Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus A 1–54 Druckfassung von 1904

A1 1–54

B R/S (Nov. 1919) B R1 81

C 17–83

S.  123–256

A 1–110 Druckfassung von 1905

A1 1–110

B R/S (Nov./Dez. 1919) B S1 102

C 84–206

S.  257–492

II.  Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus

– 66



B R (11. + 17. Dez. C 207–236 1919) B R1 218, 235, 236

S.  493–545

66  Die erste Druckfassung von Weber, „Kirchen“ und „Sekten“ (1906), ist in MWG I/9, S.  426–462, ediert und wird hier wegen der starken Überarbeitung nicht als Variante mitgeführt. Dazu oben, S.  76 f.

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Anhang zum Editorischen Bericht

Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Band I. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1920, Titelseite

Anhang zum Editorischen Bericht

Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Band I. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1920, Widmung

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Anhang zum Editorischen Bericht

Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Band I. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1920, Inhaltsübersicht

Vorbemerkung

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Universalgeschichtliche Probleme wird der Sohn der modernen europäischen Kulturwelt unvermeidlicher- und berechtigterweise unter der Fragestellung behandeln: welche Verkettung von Umständen hat dazu geführt, daß gerade auf dem Boden des Okzidents a, und nur hier,a Kulturerscheinungen auftraten, welche doch – wie wenigstens wir uns gern vorstellen – in einer Entwicklungsrichtung von universeller Bedeutung und Gültigkeit lagen? Nur im Okzident gibt es „Wissenschaft“ in dem Entwicklungs­ stadium, welches wir heute als „gültig“ anerkennen. Empirische Kenntnisse, Nachdenken über Welt- und Lebensprobleme, philo­ sophische und auch – obwohl die Vollentwicklung einer systema­ tischen Theologie dem hellenistisch beeinflußten Christentum eignet1 (An­sätze nur im Islam und bei einigen indischen Sekten) – theologische Lebensweisheit tiefster Art, Wissen und Beobachtung von außerordentlicher Sublimierung hat es auch anderwärts, vor allem: in Indien, China, Babylon, Ägypten, gegeben. Aber: der babylonischen und jeder anderen Astronomie fehlte – was ja die Entwicklung namentlich der babylonischen Sternkunde nur um so erstaunlicher macht – die mathematische Fundamentierung, die erst die Hellenen ihr gaben. Der indischen Geometrie fehlte der rationale „Beweis“: wiederum ein Produkt hellenischen Geistes, der auch die Mechanik und Physik zuerst geschaffen hat. Den nach der Seite der Beobachtung überaus entwickelten indischen Naturwissenschaften fehlteb das rationale Experiment: nach antiken Ansätzen wesentlich ein Produkt der Renaissance, und das moderne Laboratoriumc, daher der namentlich in Indien empirisch-techa–a  Kommata fehlen in BR, BR1.  b  BR: fehlt  c BR, BR1: „Laboratorium“   1  Nachdem sich das Christentum vom Judentum gelöst hatte, assimilierte es sich an die hellenistische Kultur seiner Umwelt. Insbesondere die griechische Philosophie beeinflußte die christliche Denkweise und Darstellung der Glaubenslehre, die ihre Anfänge bei den Apologeten nahm und ihre erste systematische Ausgestaltung von Origenes erhielt. Vgl. Harnack, Adolf, Lehrbuch der Dogmengeschichte, 1.   Band, 4., neu durchgearb. und vermehrte Aufl. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1909, S.  52 ff., 141 ff. und S.  637 ff.

BR, BR1, B S, C 1

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BR, BR1, B S, C 2

Vorbemerkung

nisch hochentwickelten Medizin die biologische und insbesondere biochemische Grundlage.2 Eine rationale Chemie fehlt allen Kultur-|gebieten außer dem Okzident. Der hochentwickelten chinesischen Geschichtsschreibung fehlt das thukydideische Pragma.3 Macchiavelli hat Vorläufer in Indien.4 Aber aller asiatischen Staatslehre fehlt eine der aristotelischen gleichartiged Systematik und die rationalen Begriffe überhaupt.5 Für eine rationale Rechtslehre fehlen anderwärts trotz aller Ansätze in Indien (Mimamsa-Schule),6 trotz umfassender Kodifikationen ebesonders ine Vorderasien und trotz aller indischen und sonstigen Rechtsbücher, die streng juristischen Schemata und Denkformen des römischen und des daran geschulten okzidentalen Rechtes. Ein Gebilde fernerf wie das kanonische Rechtg kennt nur der Okzident.7 d BR, BR1, BS, C: gleichartigen  e–e BR, BR1: in China und  f  Fehlt in BR, BR1. g  In BR, BR1 folgt: ferner   2  Vgl. zum fehlenden rationalen Beweis und Experiment in der indischen Mathematik bzw. den indischen Naturwissenschaften Weber, Hinduismus, MWG I/20, S.  260–262 mit Fn.  43a. 3  Thukydides wollte die „Wahrheit“ des Verlaufs und der Ursachen des Peloponnesischen Krieges erforschen und dazu Beweise sammeln, prüfen und Augenzeugenberichte auswerten. Zweck seiner Darstellung ist es, „[…] daß alle die, welche das Zuverlässige sowohl der Vergangenheit als der einst nach dem Gange menschlicher Schicksale sich wieder eben so oder ähnlich gestaltenden Zukunft betrachten wollen, sie für nützlich halten, das wird genügen“ (I, 20–22). Vgl. Thukydides’ Geschichte des peloponnesischen Kriegs. Griechisch und deutsch […], 1. Buch. – Leipzig: Wilhelm Engelmann 1852, Zitat S.  45. – Über die zur höheren Literatur rechnende chinesische Geschichtsschreibung vgl. z. B. Grube, Wilh[elm], Geschichte der chinesischen Litteratur (Die Litteraturen des Ostens in Einzeldarstellung, Band VIII). – Leipzig: C. F. Amerlang 1902, S.  118–124, 190–207 und S.  322–333. 4  Über „Macchiavellismus“ in Indien berichtet Weber, Hinduismus, MWG I/20, S.  53 und S.  234 mit Fn.  10. 5  In seinem acht Bücher umfassenden Werk Πολιτικά (Tl. Politiká) behandelt Aristoteles systematisch sechs Haupttypen von Verfassungen (sog. erste Staatsformenlehre). Er teilt sie in die dem Gemeinwohl dienenden (Monarchie, Aristokratie und Politie) und diesem abträglichen (despotischen) ein (Tyrannis, Oligarchie und Demokratie) (Politiká, Buch III, Kap.  6–8) und erörtert sie näherhin (Buch III–VI). Eine zweite Systematik betrifft die demokratischen Verfassungen (sog. zweite Staatsformenlehre). 6  Die für den Hinduismus sehr bedeutende Philosophenschule Mı¯ma¯m · sa¯ (Sanskrit, „Erörterung“; Weber, Hinduismus, MWG I/20, S.  283, Fn.  70: „schulmäßige Forschung“) befaßt sich mit der Exegese der Opfer- und Ritualpflichten des Veda (heilige Bücher) und gibt ihnen eine einheitliche Regelung. Sie war in Indien auch von Einfluß auf die Rechtsauslegung. 7  Vgl. zum kanonischen Recht das Glossar, unten, S.  610, sowie die Ausführungen von Weber, Entwicklungsbedingungen des Rechts, MWG I/22-3, S.  544–549.

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Vorbemerkung

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Ähnlich in der Kunst. Das musikalische Gehör war bei anderen Völkern anscheinend eher feiner entwickelt als heute bei uns; jedenfalls nicht minder fein. Polyphonie verschiedener Art war weithin über die Erde verbreitet, Zusammenwirken einer Mehrheit von Instrumenten und auch das Diskantieren8 findet sich anderwärts. Alle unsere rationalen Tonintervalle waren auch anderwärts berechnet und bekannt. Aber rationale harmonische Musik:h – sowohl Kontrapunktik wie Akkordharmonik, – Bildung des Tonmaterials auf der Basis der drei Dreiklänge mit der harmonischen Terz, unsre,i nicht distanzmäßig, sondern in rationaler Form seit der Renaissance harmonisch gedeutete Chromatik und Enharmonikk,9 unser Orchester mit seinem Streichquartett als Kern und der Organisation des Ensembles der Bläser, der Generalbaß, unsre Notenschrift (die erst das Komponieren und Üben moderner Tonwerke, also ihre ganze Dauerexistenz überhaupt, ermöglicht),10 unsre Sonaten, Symphonien, Opern, – obwohl es Programmusik, Tonmalerei, Tonalteration und Chromatik als Ausdrucksmittel in den verschiedensten Musiken gab, – und als Mittel zu ldem allel unsre Grundinstrumente: Orgel, Klavier, Violine:m dies alles gab es nur im Okzident. Spitzbogen hat es als Dekorationsmittel auch anderwärts, in der Antike und in Asien, gegeben; angeblich war auch das SpitzbogenKreuzgewölbe im Orient nicht unbekannt. Aber die rationale Verwendung des gotischen Gewölbes als Mittel der Schubverteilung und der Überwölbung beliebign geformter Räume und, vor allem, h BR, BR1: Musik,  i  Komma fehlt in BR, BR1.  k BR: Enchromatik  l–l BR: allem gerade BR1: dem allen gerade  m  Doppelpunkt fehlt in BR.  n BR: irrational 8  Diskantieren bezeichnet seit dem 12. Jahrhundert ein konsonantes Auseinandertreten der Stimmen, d. h. die Entfaltung einer kontrapunktischen Gegenstimme über einer Hauptstimme. Hier dürfte eine improvisierte kolorierende Oberstimme zur Hauptstimme gemeint sein. Zu Max Webers Begriffsgebrauch vgl. ders., Zur Musiksoziologie, MWG I/14, S.  229 und 306. 9  Zur „Wiederauferstehung der antiken Tongeschlechter“ (Diatonik, Chromatik, Enharmonik) in der Renaissance und zur Überwindung einer rein distanzmäßigen Betrachtung der Tonbildung vgl. Weber, ebd., S.  170 f., zur neuzeitlichen Chromatik und Harmonik das Glossar, ebd., S.  305 f. 10  Vgl. dazu Weber, ebd., S.  232 ff. und 251 f. Er zeichnet dort die Entwicklung von den Neumen (überliefert seit dem 9. Jahrhundert) über die Mensuralnotation (seit dem 13. Jahr­hundert) bis zur modernen Notenschrift nach. Schon die Mensuralnotation, in der die Höhe und die Dauer (Länge) der Töne festgehalten wurden, ermöglichte das Komponieren und Aufführen von Kunstmusik.

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Vorbemerkung

als konstruktives Prinzip großer Monumentalbauten und Grundlage eines die Skulptur und Malerei einbeziehenden Stils, wie sie das Mittelalter schuf, fehlen | anderweitig. Ebenso aber fehlt, obwohl die technischen Grundlagen dem Orient entnommen waren, jene Lösung des Kuppelproblems und jene Art von „klassischer“ Rationalisierung der gesamten Kunst – in der Malerei durch rationale Verwendung der Linear- und Luftperspektive –, welche die Renaissance bei uns schuf.11 Produkte der Druckerkunst gab es in China.12 Aber eine gedruckte: eine nur für den Druck berechnete, nur durch ihn lebensmögliche Literatur: „Presse“ und „Zeitschriften“ vor allem, sind nur im Okzident entstanden. Hochschulen aller möglichen Art, auch solche, die unsern Universitäten oder doch unsern Akademien äußerlich ähnlich sahen, gab es auch anderwärts (China, Islam).13 Aber rationalen und systematischen Fachbetrieb der Wissenschaft: das eingeschulte Fachmenschentum, gab es in irgendeinem an seine heutige kulturbeherrschende Bedeutung heranreichenden Sinn nur im Okzident. Vor allem: den Fachbeamten, den Eckpfeiler des modernen Staats und der modernen Wirtschaft des Okzidents. Für ihn finden sich nur Ansätze, die nirgends in irgendeinem Sinn so konstitutiv für die soziale Ordnung wurden wie im Okzident. Natürlich ist der „Beamte“, auch der arbeitsteilig spezialisierte Beamte, eine uralte Erscheinung der verschiedensten Kulturen. Aber die absolut unentrinnbare Gebanntheit unserer ganzen Existenz, der politischen, technischen und wirtschaftlichen Grundbedingungen unseres Daseins, in das Gehäuse einer fachgeschulten Beamtenorganisation, den technischen, kaufmännischen, vor allem aber den juristisch geschulten staatlichen Beamten als Träger der wichtigsten Alltagsfunktionen des sozialen Lebens, hat kein Land und keine Zeit in dem Sinn gekannt, wie der moderne Okzident.14 Ständische Organisation der politischen und 11 Dasselbe Beispiel aus der Architektur gebraucht Weber in ders., Der Sinn der „Wertfreiheit“ der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften, in: Logos, 7.  Band, 1. Heft, 1917, S.  40–88, hier S.  69 f. (MWG I/12), um zu illustrieren, was man unter „Fortschritt“ auf dem Gebiet der Kunst verstehen kann. 12  Der Buchdruck diente in China zur schnelleren Verbreitung von Verwaltungsdokumenten; vgl. Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S.  344, Fn.  8. 13  In China war dies etwa die Han-lin-Akademie, auf die Weber, ebd., S.  282, 300 u. ö., Bezug nimmt (vgl. auch das Glossar, ebd., S.  540). – Zum Charakter der islamischen Hochschulen vgl. Weber, Entwicklungsbedingungen des Rechts, MWG I/22-3, S.  504 f. 14  Über den Beamten im modernen Staat vgl. Weber, Bürokratismus, MWG I/22-4, S.  150–234, und ders., Die Typen der Herrschaft, MWG I/23, S.  455–468.

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sozialen Verbände ist weit verbreitet gewesen. Aber schon den Ständestaat:o „rex et regnum“,15 pkannte im okzidentalen Sinnp nur der Okzident. Und vollends Parlamente von periodisch gewählten „Volksvertretern“, den Demagogen und die Herrschaft von Parteiführern als parlamentarisch verantwortliche „Minister“ hat – obwohl es natürlich „Parteien“ im Sinn von Organisationen zur Eroberung und Beeinflussung der politischen Macht in aller Welt gegeben hat – nur der Okzident hervorgebracht.16 Denq „Staat“ überhaupt im Sinn einer politischen Anstalt,17 mit rational ge­satzter „Verfassung“, rational gesatztemr Recht und einer an rationalen, | gesatzten Regeln: „Gesetzen“, orientierten Verwaltung durch Fachbeamte, kennt,s in dieser für ihn wesentlichen Kombination der entscheidenden Merkmale, ungeachtet aller anderweitigen Ansätze dazu, nur der Okzident. Und so steht es nun auch mit der schicksalsvollsten Macht unsres modernen Lebens: dem Kapitalismus. „Erwerbstrieb“, „Streben nach Gewinn“, nach Geldgewinn, nach möglichst hohem Geldgewinn hat an sich mit Kapitalismus gar nichts zu schaffen. Dies Streben fand und findet sich bei Kellnern, Ärzten, Kutschern, Künstlern, Kokotten, bestechlichen Beamten, Soldaten, Räubern, Kreuzfahrern, Spielhöllenbesuchern, Bettlern: – man kann sagen: bei „all sorts and conditions of men“t,18 zu o  Doppelpunkt fehlt in BR.  p–p BR: im okzidentalen Sinn kannte  q BR, BR1, BS, C: Der  r BR, BR1: gesetztem  s  Komma fehlt in BR, BR1.  t BR: mankind“ 15 Die Formel „rex et regnum“ bezieht sich nach mittelalterlichen Quellen auf das Verhältnis von „König“ und „Reich“ (d. h. dessen Interessenvertreter: feudale und munizipale Gewalten oder Stände und Städte). Vgl. dazu Weber, Die Typen der Herrschaft, MWG I/23, S.  591 mit Anm.  80. – Zum Ständestaat vgl. ferner Weber, Feudalismus, MWG I/22-4, S.  411–413. 16  Vgl. Max Webers Ausführungen zu Parlamenten mit Volksvertretern (Repräsentanten) in ders., Umbildung des Charisma, MWG I/22-4, S.  501 ff., und ders., Die Typen der Herrschaft, MWG I/23, S.  533–538 und 579–591. 17  Vgl. Max Weber über den Staat als „Anstalt“ in ders., Soziologische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  212–215. 18  Die Formulierung entstammt einer Fürbitte des Morgen- und Abendgebets („Prayers and Thanksgivings upon several occasions“) aus dem „Book of Common Prayer“, dem seit 1662 in Gebrauch stehenden Gottesdienst- und Gebetbuch der Church of England. Zugleich handelt es sich um den Buchtitel eines zuerst 1882 erschienenen sozialkritischen, die Lebensbedingungen der Arbeiterfamilien des Londoner East End schildernden Romans von Sir Walter Besant (London, 3 vols., 1836–1901), in dessen Folge 1887 der People’s Palace gegründet wurde. Vermutlich spielt Weber auf den Buchtitel an.

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allen Epochen aller Länder der Erde, wo die objektive Möglichkeit dafür irgendwie gegeben war und ist. Es gehört in die kulturgeschichtliche Kinderstube, daß man diese naive Begriffsbestimmung ein für allemal aufgibt. Schrankenloseste Erwerbsgier ist nicht im mindesten gleich Kapitalismus a, noch wenigera gleich dessen „Geist“.19 Kapitalismus kann geradezu identisch sein mit Bändigung, mindestens mit rationaler Temperierung, dieses irrationalen Triebes. Allerdings ist Kapitalismus identisch mit dem Streben nach Gewinnb im kontinuierlichen, rationalen kapitalistischen cBetrieb: nachc immer erneutem Gewinn: nach d„Rentabilität“.20 Dennd er muß es sein. Innerhalb einer kapitalistischen Ordnung der gesamten Wirtschaft würde ein kapitalistischer Einzelbetrieb, der sich nicht an der Chance der Erzielung von Rentabilität orientierte, zum Untergang verurteilt sein. –e Definieren wir zunächst einmal etwas genauer[,] als es oft geschieht. Ein „kapitalistischer“ Wirtschaftsakt soll uns heißenf zunächst ein solcher, der auf Erwartung von Gewinn durch Ausnützung von Tausch-Chancen ruht: auf (formell) friedlichen Erwerbschancen also. Der (formell und aktuell) gewaltsame Erwerb folgt seinen besonderen Gesetzen, und es ist nicht zweckmäßig (so wenig man es jemand verbieten kann)[,] ihn mit dem (letztlich) an Tauschgewinn-Chancen orientierten Handeln unter die gleiche Kategorie zu stellen1). Wo kapitalistischer Erwerb ratio|nal erstrebt wird, da ist das entsprechende Handeln

1)  Hier wie in einigen anderen Punkten scheide ich mich auch von unserem verehrBR, BR1, BS, C 4 ten Meister Lujo Brentano (in dessen später zu zitierendemg Werk).21 Und zwar zunächst hterminologisch. Weiterhinh aber auch sachlich. Es scheint mir nicht zweckmäßig, so heterogene Dinge, wie den Beuteerwerb und den Erwerb durch Leitung einer BR, BR1, Fabrik[,] unter dieselbe Kategorie zu bringen, noch weni|ger:i als „Geist“ des KapitalisBS, C 5 mus – im Gegensatz zu anderen Erwerbsformen – jedes Streben nach Erwerb von Geld

a–a BR: und auch nicht  b BR, BR1, BS, C: Gewinn,  c–c BR, BR1, BS: Betrieb mit d–d BR, BR1: „Rentabilität“, und  e Gedankenstrich fehlt in BR.  f BR: heißen, g BR, BR1, BS, C: zitierenden  h–h BR, BR1: terminologisch, weiterhin  i BR, BR1: weniger,   19 So argumentiert Weber bereits in ders., Protestantische Ethik I, MWG I/9, z. B. S.  153 f., und gegenüber Felix Rachfahl in ders., Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, ebd., S.  603 und 606 f., sowie ders., Antikritisches Schlußwort, ebd., S.  701 f. 20 Vgl. dazu Webers Ausführungen in ders., Soziologische Grundkategorien des Wirt­schaftens, MWG I/23, S.  258 ff. 21  Gemeint ist Brentano, Die Anfänge des modernen Kapitalismus, bes. Anhang III, Exkurs „II. Puritanismus und Kapitalismus“, S.  117–157; zitiert von Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  124, Fn.  1.

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orientiert an Kapitalrechnung.22 Das heißt: es ist eingeordnet in eine planmäßige Verwendung von sachlichen oder persönlichen Nutzleistungen als Erwerbsmittel derart: daß der bilanzmäßigk errechnete Schlußertrag der Einzelunternehmung an geldwertem Güterbesitz l(oder der periodisch bilanzmäßig errechnete Schätzungswert des geldwerten Güterbesitzes eines kontinuierlichen Unternehmungsbetriebs)l beim Rechnungsabschlußm das „Kapi­ tal“:n d. h. den bilanzmäßigeno Schätzungswert der für den Erwerb durch Tausch verwendeten sachlichen Erwerbsmittel[,] übersteigenp (beiq der Dauerunternehmung also: immer wieder übersteigen)r soll. Einerlei ob es sich um einen Komplex von in natura einem reisenden Kaufmann in Kommenda23 gegebenen Waren handelt, deren Schlußertrag wiederum in erhandelten anderen Waren in natura bestehen kann, oder:s um ein Fabrikanwesen, dessen Bestandteilet zu bezeichnen,24 weil mit dem zweiten am. E.a alle Präzision der Begriffe, mit dem ersten vor allem die Möglichkeit: das Spezifische des okzidentalen Kapitalismus gegenüber anderen Formen herauszuarbeiten, verloren wird. Auch in G[eorg] Simmelsb „Philosophie des Geldes“25 ist „Geldwirtschaft ,und‘ Kapitalismus“ viel zu sehr gleichgesetzt, zum Schaden auch der sachlichen Darlegungen. In W[erner] Sombarts Schriften, vor allem auch der neuesten Auflage seines schönen Hauptwerks über den Kapitalismus,26 tritt – wenigstens von meinem Problem aus gesehen – das Spezifische des Okzidentes: die rationale Arbeitsorganisation, sehrc stark zugunsten von Entwicklungsfaktoren zurück, welche überall in der Welt wirksam waren. |

k In BR, BR1 nicht hervorgehoben.   l–l Klammern fehlen in BR.  m BR, BR1: Rechnungsabschluß,  n BR: „Kapital“,  o In BR, BR1 nicht hervorgehoben. p BR, BR1: übersteigen  In BR1 folgt eine schließende Klammer.   q  Klammer fehlt in BR.  r  Klammer fehlt in BR, BR1.  s  Doppelpunkt fehlt in BR.   t BR: Bestandteile:   a–a BR: doch  b BR: Simmels,  c BR: zu 22 Vgl. zur Kapitalrechnung Weber, Soziologische Grundkategorien des Wirtschaftens, MWG I/23, S.  259 ff. (dazu auch ebd., S.  259, Anm.  29). 23  Zur Kommenda vgl. das Glossar, unten, S.  611. 24  Brentano, Anfänge, S.  131, macht gegen Webers Begriff „Geist des Kapitalismus“ geltend: „Sonst pflegt man darunter das Streben nach dem größtmöglichen Gewinn schlechthin zu verstehen“, Weber aber schließe das Streben nach Gelderwerb um des Genusses und um des Geldes willen davon aus, sofern es nicht mit einer „,ethisch gefärbten Maxime der Lebensführung‘“ einhergehe. Ein „der Wirklichkeit“ entsprechender Begriff aber würde „jedwedes grenzenlose Streben nach Gelderwerb“ umfassen (ebd., S.  132). 25  Vgl. Simmel, Philosophie des Geldes. 26  Weber bezieht sich gegenüber der Erstauflage von 1902 (Sombart, Der moderne Kapitalismus I, II) auf die 1916/17 erschienene 2. Auflage: Sombart, Der moderne Kapitalismus I2, II2/1 und II2/2 (dass., unveränd. in 3.  Aufl., 1919). Diese ist gegenüber

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Gebäude, Maschinen, Vorräted an Geld, Rohstoffen, Halb- und Fertigprodukten, Forderungen darstellen, denen Verbindlichkeitene gegenüberstehen: – stets ist das Entscheidende: daß eine Kapitalrechnung in Geld aufgemacht wird, sei es nun in modern buchmäßiger oder in noch so primitiver undf oberflächlicher Art. Sowohl bei Beginn des Unternehmens: Anfangsbilanz, wie vor jeder einzelnen Handlung: Kalkulation, wie bei der Kontrolle und Überprüfung der Zweckmäßigkeit: Nachkalkulation, wie beim Abschluß behufs Feststellung: was als „Gewinn“ entstanden ist: Abschlußbilanz. Die Anfangsbilanzg einer Kommenda ist z. B. die Feststellung des zwischen den Parteien geltensollendenh Geldwertes der hingegebenen Güter, – soweit sie nicht schon Geldform haben –, ihre Abschlußbilanz die der Verteilung von Gewinn oder Verlust am Schluß zugrunde gelegte iAbschätzung; Kalkulationi liegt – im Rationalitätsfall – jeder einzelnenk Handlung des Kommenda­ nehmers zugrunde. Daß eine wirk|lich genaue Rechnung und Schätzung ganz unterbleibt:l rein schätzungsmäßig oder einfach traditionell und konventionell verfahren wird, kommt in jeder Form von kapitalistischer Unternehmung bis heute vor, wo immer die Umstände nicht zu genauer Rechnung drängen. Aber das sind Punkte, die nur den Grad der Rationalität des kapitalistischen Erwerbs betreffen. Es kommt für den Begriff nur darauf an:m daß die tatsächliche Orientierung an einer Vergleichung des Geldschätzungserfolges mit dem Geldschätzungseinsatz, in wie primitiver Form auch immer, das wirtschaftliche Handeln entscheidend bestimmt. In diesem Sinne nun hat es „Kapitalismus“ und „kapitalistische“ Unternehmungen, auch mit leidlicher Rationalisierung der Kapitalrechnung, in allen Kulturländern der Erde gegeben, soweit die ökonomischen Dokumente zurückreichen. In China, Indien, Babylon, Ägypten, der mittelländischen Antike, dem Mittelalter so gut wie in der Neuzeit. Nicht nur ganz isolierte Einzelunternehmungen, sondern auch Wirtschaften, welche gänzlich auf immer neue d BR, BR1: Vorräte,  e BR, BR1: „Verbindlichkeiten“  f BR, BR1, BS: oder  g BR, BR1: „Anfangsbilanz“    h  In BR nicht hervorgehoben.    i–i BR: Abrechnung; „Kalkulation“ BR1: Abschätzung; „Kalkulation“  k BR, BR1, BS: rationalen  l BR, BR1: unter bleibt, BS: unterbleibt,  m BR, BR1: an,   der ersten Auflage grundlegend verändert. Er zitiert im folgenden außerdem Sombart, Deutsche Volkswirtschaft, ders., Juden, und ders., Bourgeois.

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kapitalistische Einzelunternehmungen eingestellt waren[,] und auch kontinuierliche „Betriebe“, – obwohl geraden der Handel lange Zeit nicht den Charakter unsrer Dauerbetriebe, sondern wesentlich den einer Serie von Einzelunternehmungen an sich trugo und erst allmählich innerer („branchenmäßig“ orientierter) Zusammenhang in das Verhalten gerade der Großhändler hineinkamp. Jedenfalls: die kapitalistische Unternehmung und auch der kapitalistische Unternehmer,q nicht nur als Gelegenheits-, sondern auch als Dauerunternehmer, sind uralt und waren höchst universell verbreitet. Nun hat aber der Okzident ein Maß von Bedeutung und, was dafür den Grund abgibt: Arten, Formen und Richtungen von Kapitalismus hervorgebracht, die anderwärts niemals bestanden haben. Es hat in aller Welt Händler: Groß- und Detailhändler, Platz- und Fernhändler, es hat Darlehensgeschäfte aller Art, es hat Banken mit höchst verschiedenen, aber doch rdenjenigen wenigstens etwa unsres 16. Jahrhunderts im Wesen ähnlichenr Funktionen gegeben; Seedarlehen,27 Kommenden und kommanditeartige Geschäfte und Assoziationens sind[,] auch betriebsmäßig,t weit verbreitet gewesen. Wo immer Geldfinanzen der öffentlichen Körperschaften bestanden, da erschien der Geldgeber: in Babylon, Hellas, Indien, China, Rom: für die Finanzierung vor allem der Kriege und des Seeraubes, für Lieferungen und Bauten | aller Art, bei überseeischer Politik als Kolonialunternehmer, als Plantagenerwerber und -betreiber mit Sklaven oder direkt oder indirekt gepreßten Arbeitern, für Domänen-, Amts- und vor allem:u für Steuerpacht, für die Finanzierung von Parteichefs zum Zwecke von Wahlen und von Kondottieren28 zum Zweck von Bürgerkriegen und schließlich:a als „Spekulant“ in geldwerten Chancen aller Art. Diese Art von

n BR: freilich  o BR: trägt  p BR: hineinkommt  q Komma fehlt in BR, BR1. r–r Lies: denjenigen unsres 16. Jahrhunderts im Wesen wenigstens etwa ähnlichen s BS, C: Assoziationen,  t BR, BR1: „betriebsmäßig“  u  Doppelpunkt fehlt in BR, BR1.  a  Doppelpunkt fehlt in BR, BR1.   27  Bei einem Seedarlehen trägt der Geldgeber das Risiko des Totalverlustes bei Untergang oder Verlust eines Schiffes. Er kann deshalb hohe Zinsen für sein Darlehen verlangen. 28  Condottieri (italien.), Bezeichnung für die Söldnerführer in den italienischen Stadtrepubliken (v. a. im 14. und 15. Jahrhundert).

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Unternehmerfiguren: die kapitalistischen Abenteurer,29 hat es in aller Welt gegeben. Ihre Chancen waren – mit Ausnahme des Handels und der Kredit- und Bankgeschäfte – dem Schwerpunkt nach entweder rein irrational-spekulativen Charakters[,] oder aber sie waren an dem Erwerb durch Gewaltsamkeit, vor allem dem Beuteerwerb: aktuell-kriegerischer oder chronisch-fiskalischer Beute (Untertanen-Ausplünderung),b orientiert. Der Gründer-, Großspekulanten-, Kolonial- und der moderne Finanzierungskapitalismus schonc im Frieden, vor allem aber aller spezifisch kriegsorientierte Kapitalismus tragen auch in der okzidentalen Gegenwart noch oft dies Gepräge, und einzelne – nur: einzelne – Teile des internationalen Großhandels stehen ihm, heute wie von jeher, nahe. Aber der Okzident kennt in der Neuzeit daneben eine ganz andere und nirgends sonst auf der Erde entwickelte Art des Kapitalismus: die rational-kapitalistische Organisation von (formell) freier Arbeit.30 Nur Vorstufen dafür finden sich anderwärts. Selbst die Organisation unfreier Arbeit hat ja nur in den Plantagen und, in sehr begrenztem Maß, in den Ergasterien31 der Antike eine gewisse Rationalitätsstufe erreicht, eine eher noch geringere in den Fronhöfen und Gutsfabriken oder grundherrlichen Hausindustrien mit Leibeigenen- oder Hörigenarbeit in der beginnenden Neuzeit. Für freie Arbeit finden sich selbst eigentliched „Hausindustrien“ außerhalb dese Okzidents nur vereinzelt sicher bezeugt, und die natürlich überall sich findende Taglöhnerverwendung hat mit sehr wenigen und sehr besonders, jedenfalls aber: sehr abweichend von modernen fBetriebsorganisationen, b  Komma fehlt in BR.  c  Fehlt in BR.  d BR, BR1, BS: eigentlichen  e BR, BR1: der  f–f BR, BR1: Betriebsorganisationen, geordneten  Komma fehlt in C. 29 Weber charakterisiert die kapitalistischen, allein den ökonomischen Gelegenheitsprofit suchenden „Abenteurer“ mit diesem Begriff zuerst in ders., Antikritisches Schlußwort, MWG I/9, S.  736. Wie er dort angibt, greift er den Begriff unter dem Eindruck eines Essays von Simmel auf; vgl. Simmel, Georg, Philosophie des Abenteuers, in: Der Tag. Morgenausgabe, Illustrierter Teil, Nr.  130 vom 7. Juni 1910, S.  [1–3]; Nr.  131 vom 8. Juni 1910, S.  [1–3] (dass. in: Georg Simmel Gesamtausgabe, Band 12/I, hg. von Rüdiger Kramme und Angela Rammstedt. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2001, S.  97– 110; überarb. unter dem Titel: Das Abenteuer, in: ebd., Band 14, 1996, S.  168–185). 30  Vgl. Weber, Soziologische Grundkategorien des Wirtschaftens, MWG I/23, S.  375, Punkt 3. 31  Zur unfreien Arbeit, insbesondere zur Vollsklaverei, vgl. Weber, ebd., S.  376–378. Zur Sklavenarbeit in den verschiedenen Formen des Ergasterion (griech.), „Werkstatt“, vgl. Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S.  330, 344 f. und S.  528–530.

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geartetenf Ausnahmen (besonders: Staatsmonopolbetrieben) nicht zu Manufakturen und nicht einmal zu einer rationalen Lehrorganisation des Handwerks vom Gepräge des okzidentalen Mittelalters geführt. Die an den Chancen des Gütermarktes, nicht ang gewaltpolitischen oder an irrationalen Spekulationschancen,h orientierte, rationale Betriebsorganisation ist aber nicht die ein|zige Sondererscheinung des okzidentalen Kapitalismus. Die moderne rationale Organisation des kapitalistischen Betriebs wäre nicht möglich gewesen ohne zwei weitere wichtige Entwicklungselemente: die Trennung von Haushalt und Betrieb,32 welche das heutige Wirtschaftsleben schlechthin beherrscht[,] und, damit eng zusammenhängend, die rationale Buchführung.33 Örtliche Trennung der Werk- oder Verkaufsstätten von der Behausung findet sich auch sonst (im orientalischen Bazar und in den Ergasterien anderer Kulturgebiete). Und auch die Schaffung von kapitalistischen Assoziationen mit gesonderter Betriebsrechnung findet sich in Ostasien wie im Orient und in der Antike. Aber: gegenüber der modernen Verselbständigung der Erwerbsbetriebe sind das doch nur iAnsätze. Vor allemi aus dem Grunde, weil die inneren Mittel dieser Selbständigkeit: sowohl unsre rationale Betriebsbuchführung wie unsre rechtliche Sonderung von Betriebsvermögen und persönlichem Vermögen[,] ganz fehlen oder nur in Anfängen entwickelt sind2). Die Entwicklung hat überall sonst dazu geneigt, Erwerbsbetriebe als Teile eines fürstlichen oder grundherrlichen Großhaushalts (des „Oikos“) entstehen zu lassen: eine, wie schon

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2)  Natürlich darf der Gegensatz nicht absolut gefaßt werden. Aus dem politisch ori- B , B , R R1 entierten (vor allem: dem Steuerpacht-)Kapitalismus sind schon in der mittelländi- BS, C 8 schen und orientalischen Antike, aber wohl auch in China und Indien, rationale Dauerbetriebe erwachsen, deren Buchführung – uns nur in kümmerlichen Bruchstücken bekannt – „rationalen“ Charakter gehabt haben dürfte. Auf das engste berührt sich ferner der politisch orientierte „Abenteuer“-Kapitalismus mit dem rationalen Betriebskapitalismus in der Entstehungsgeschichte der zumeistk aus politischen, kriegerisch motivierten, Geschäften entstandenen modernen Banken, auch noch der Bank

g  In BR, BR1, BS folgt: den  h  Komma fehlt in BR.  i–i BR, BR1, BS: Ansätze, vor allem  k BR, BR1: durchweg 32  Vgl. zur Trennung von Haushalt und Betrieb Max Webers Ausführungen in ders., Hausgemeinschaften, MWG I/22-1, S.  152; ders., Soziologische Grundkategorien des Wirtschaftens, MWG I/23, S.  270 f. 33  Zur doppelten Buchführung Weber, ebd., S.  262.

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Rodbertus erkannt hatte, bei mancher scheinbaren Verwandtschaft doch höchst abweichende, geradezu entgegengesetzte, Entwicklung.34 Ihre heutige Bedeutung aber habenl alle diese Besonderheiten des abendländischen Kapitalismus letztlich erst durch den Zusammenhang mit der kapitalistischen Arbeitsorganisation er|halten. Auch das, was man die „Kommerzialisierung“ zu nennen pflegt: die Wertpapierentwicklung und die Rationalisierung der Spekulation: die Börse, steht damit im Zusammenhang. Denn ohne kapitalistischvon England.35 Der Gegensatz der Individualität Patersons z. B. – eines typischen „promoter“ – zu jenen Mitgliedern des Direktoriums, welche den Ausschlag für dessen dauernde Haltung gaben und sehr bald als „The Puritan usurers of Grocers’m Hall“ charakterisiert wurden,36 ist dafür bezeichnend, ebenso die Entgleisung der Bankpolitik dieser „solidesten“ Bank noch gelegentlich der South Sea-Gründung.37 Also: der Gegensatz ist, natürlich, ganz flüssig. Aber er ist da. Rationale Arbeitsorganisationen haben die großen promotersn und financiers ebensowenig geschaffen wie – wiederum: im allgemeinen und mit Einzelausnahmen – die typischen Träger des Finanz- und politischen Kapitalismus: die Juden. Sondern odas taten (als Typus!)o ganz andere Leute. | l BR: habe  m BR, BR1, BS: Grocers  n BR: promotes  o–o  Fehlt in BR; BR1: (als Typus)   34  Vgl. Rodbertus, Zur Geschichte der römischen Tributsteuern II, S.  343–355. Weber äußert sich dazu mehrfach. Vgl. bes. Weber, Römische Agrargeschichte, MWG I/2, S.   317; ders., Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S.   327 f.; ders., Hausgemeinschaften, MWG I/22-1, bes. S.  155 f.; und ders., Soziologische Grundkategorien des Wirtschaftens, MWG I/23, bes. S.  271 und 312. 35  Bei der 1694 gegründeten, auf Wechseldiskontierung beruhenden Bank of England handelte es sich um eine private Korporation, doch war ihr Zweck ein politischer: England brauchte sie, um den Krieg Wilhelms von Oranien gegen Ludwig XIV. zu finanzieren, und gewährte ihr im Gegenzug das Bankgeschäftsmonopol. Vgl. Weber, Wirtschaftsgeschichte, MWG III/6, S.  310–312. 36  William Paterson gilt als „chief promoter“ des Plans, nach dem die Bank of England gegründet wurde (Andréadès, s. u., p.  61), zugleich war er ein „promoter“ weiterer Unternehmungen. Sein baldiges Ausscheiden aus dem 25-köpfigen Direktorium der Bank führt Andréadès auf charakterliche Differenzen zu seinen Kollegen zurück: Sein „adventurer’s temperament“ vertrug sich schlecht mit der Mehrheit der „good citi­ zens“, „merchants, the heads of important firms, […] having amassed their wealth by prolonged effort, and on this very account not caring to risk in a day what had cost them so much labour to acquire“ (ebd., p.  62). Sitz der Bank war lange Zeit „Grocers’ Hall“, weshalb offensichtlich bald die Bezeichnung „The Puritan usurers of Grocers’ Hall“ (ebd., p.  106) aufkam. Vgl. Andréadès, A., History of the Bank of England, translated by Christabel Meredith […], 2 vols. in one. 1640–1903. – London: P.S. King & Son 1909 (hinfort: Andréadès, Bank of England). – Vgl. auch Weber, Wirtschaftsgeschichte, MWG III/6, S.  380. 37  Die 1711 gegründete South Sea Company war, anders als die von den Whigs unterstützte Bank of England, ein Werk der Tories. Sie gewährte dem stark verschuldeten

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ra­tionale Arbeitsorganisation wäre dies alles, auch die Entwicklung zur „Kommerzialisierung“, soweit überhaupt möglich, nicht entfernt von der gleichen pTragweite. Vorp allem für die soziale Struktur und alle mit ihr zusammenhängenden spezifisch modern-okzidentalen Probleme. Eine exakte Kalkulation: – die Grundlage alles andern,q – ist ebenr nur auf dem Boden freier Arbeit möglich. Und wie – und weil – keine rationales Arbeitsorganisation, so – und deshalb – hat die Welt außerhalb des modernen Okzidents auch keinen rationalen Sozialismus gekannt. Gewiß: ebenso wie tStadtwirtschaft, städtische Nahrungspolitik, Merkantilismus und Wohlfahrtspolitikt der Fürstena, Rationierungen, regulierte Wirtschaft, Protektionismus und Laissez-faire-Theorien (in China),38 so hat die Welt auch kommunistische und sozialistische Wirtschaften sehr verschiedener Gepräge gekannt: familiär, religiös oder militaristisch bedingten Kommunismus, staatssozialistischeb (in Ägypten), monopolkartellistischec und auch Konsumentenorganisationen verschiedenster Art. Aber ebenso wie – trotzdem es doch überall einmal städtische Marktprivilegien, Zünfte, Gilden und allerhand rechtliche Scheidungen zwischen Stadt und Land in der verschiedensten Form gab, – doch der Begriff des „Bürgers“ überall außer im Okzident und der Begriff der „Bourgeoisie“ überall außer im modernen Okzident fehlte, so fehlte auch das „Proletariat“ als Klasse und mußte fehlen, weil eben die rationale dOrganisation freier Arbeitd als Betrieb fehlte. „Klassenkämpfe“ zwischen Gläubip–p BR, BR1, BS: Tragweite: vor  q  Komma fehlt in BR, BR1, BS.  r  Fehlt in BR. s BS: kapitalistische  t–t BR, BR1: „Stadtwirtschaft“, städtische „Nahrungspolitik“, „Merkantilismus“ und „Wohlfahrtspolitik“  a BR, BR1, BS: Staaten  b BR: staatssozialistische  c BR: monopol-kartellistische  d–d BR, BR1, BS: kapitalistische Arbeitsorganisation   Staat ein Darlehen und erhielt dafür das Monopol des Südseehandels (des Handels mit den südamerikanischen Kolonien). Zu einer „Entgleisung“ der Politik der Bank of England kam es nicht bei ihrer Gründung, sondern im Jahr 1720: Die Handelsgesellschaft hatte dem Staat angeboten, seine immensen Schulden zu übernehmen und eine beträchtliche Geldsumme vorzuschießen. Dieses Angebot wollte die Bank of England überbieten und machte ihrerseits einen „abenteuerlichen“, äußerst riskanten Vorschlag, der ihre Existenz gefährdete und nur aufgrund der Entscheidung des Unterhauses für die South Sea Company (die sich daraufhin in eine Spekulationskrise, den sog. South Sea Bubble, verstrickte) nicht zur Ausführung kam. Vgl. Andréadès, Bank of England (wie vorherige Anm.), p.  128–145; Weber, Wirtschaftsgeschichte, MWG III/6, S.  329 f., in den Mit- und Nachschriften der Vorlesung, ebd., S.  509. 38  Vgl. Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, S.  248, 268 und S.  464.

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ger- und Schuldnerschichten, Grundbesitzern und Besitzlosen oder Fronknechten oder Pächtern, Handelsinteressenten und Konsumenten oder Grundbesitzerne hat es in verschiedener Konstellation überall längst gegeben. Aber schon die okzidental-mittelalterlichen Kämpfe zwischen Verlegern und Verlegten finden sich anderwärts nur in Ansätzen. Vollends fehlt der moderne Gegensatz: großindustrieller Unternehmer und freier Lohnarbeiter. Und daher konnte es auch eine Problematik von der Art, wie sie der moderne Sozialismus kennt, nicht geben. | In einer Universalgeschichte der Kultur ist also für uns, rein wirtschaftlich, das zentrale Problem letztlich nicht die füberall nur in der Form wechselndef Entfaltung kapitalistischer Betätigung als solcher: des Abenteurertypus oder des händlerischen oder des an Krieg, Politik, Verwaltung und ihren Gewinnchancen orientierten Kapitalismus. Sondern vielmehr die Entstehung des bürgerlichen Betriebskapitalismus mit seiner rationalen Organisation der freien Arbeit. Oder, kulturgeschichtlich gewendet: die Entstehung des abendländischen Bürgertums und seiner Eigenart, die freilichg mit der Entstehung kapitalistischerh Arbeitsorganisation zwar im nahen Zusammenhang steht, aber natürlich doch nicht einfach identisch ist. Denn „Bürger“ im ständischen Sinn gab es schon vor der Entwicklung des spezifisch abendländischen Kapitalismus.39 Aber ifreilich: nuri im Abendlande. Der spezifisch moderne okzidentale Kapitalismus nun ist zunächst offenkundig in starkem Maße durch Entwicklungen von technischen Möglichkeiten mitbestimmt. Seine Rationalität ist heute wesenhaft bedingt durchk Berechenbarkeit der technisch entscheidendenl Faktoren: mder Unterlagenm exakter Kalkulation. Das heißt aber in Wahrheit: durch die Eigenart der abendländischen Wissenschaft, insbesondere der mathematisch und experimentell exaktn und rational fundamentierten Naturwissenschaften. Die Entwicklung dieser Wissenschaften und der auf ihnen beruhenden Technik erhielt und erhält nuno andererseits ihrerseits entscheidende Impulse von den e BR, BR1, BS, C: Grundbesitzern,  f–f BR, BR1, BS: überall, […] wechselnde, g Fehlt in BR, BR1.  h BR, BR1: der kapitalistischen  i–i BR: wiederum: nur k  In BR, BR1, BS folgt: die  l BR, BR1, BS, C: entscheidender  m–m BR: die Unterlage  n BR: exakt,  o BR, BR1: aber 39  Vgl. zum Bürgertum und der Entstehung des modernen Kapitalismus Weber, Wirtschaftsgeschichte, MWG III/6, S.  350–369.

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kapitalistischen Chancen, die sich an ihre wirtschaftliche Verwertbarkeit als Prämien knüpfen. Zwar nicht die Entstehung der abendländischen Wissenschaft ist durch solche Chancen bestimmt worden. Gerechnet, mit Stellenzahlen gerechnet, Algebra getrieben haben auch die Inder, die Erfinder des Positionszahlensystems,40 welches erst in den Dienst des sich entwickelnden Kapitalismus im Abendland trat, in Indien aber keine moderne Kalkulation und Bilanzierung schuf. Auch die Entstehung der Mathematik und Mechanik war nicht durch kapitalistische Interessen bedingt. Wohl aber wurde die technische Verwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse: dies für die Lebensordnung unsrer Massen Entscheidende, durch ökonomische Prämien bedingt, welche im Okzident gerade darauf gesetzt waren. Diese Prämien aber flossen aus der Eigenart der Sozialordnung des Okzidents. Es wird also gefragt werden müssen: aus | welchen Bestandteilen dieser Eigenart, da zweifellos nicht alle gleich wichtig gewesen sein werden. Zu den unzweifelhaft wichtigen gehört die rationale Struktur des Rechts und der Verwaltung. Denn der modernep rationale Betriebskapitalismus bedarf, wie der berechenbaren technischen Arbeitsmittel, so auch des berechenbaren Rechts und der Verwaltung nach formalenq Regeln, ohne welche zwar Abenteurer- und spekulativer Händlerkapitalismus und alle möglichen Arten von politisch bedingtem Kapitalismus, aber kein rationaler privatwirtschaftlicher Betrieb mit stehendem Kapital41 und sichererr Kalkulation möglich ist. Ein solches Recht und eine solche Verwaltung nun stellte der Wirtschaftsführungs in dieser rechtstechnischen und formalistischen Vollendung nur der Okzident zur Verfügung. Woher hat er jenes Recht? wird man also fragen müssen. Es haben,a neben anderen Umständen,b auch kapitalistische Interessen ihrerseits unzweifelhaft der Herrschaft des an rationalem Recht fachgeschultenc Juristenstandes in Rechtspflege und Verwaltung die Wege geebnet, wie p BR, BR1: moderne,  q BR, BR1: formellen  r BR, BR1: scharfer  s  In BR folgt: und  a  Komma fehlt in BR, BR1.  b  Komma fehlt in BR.  c BR, BR1, BS, C: fachgeschultem   40  Vgl. Weber, Hinduismus, MWG I/20, S.  53 mit Fn.  1a. 41  Als „stehendes“ Kapital bezeichnet man im Unterschied zum Betriebs- oder Umlaufkapital Kapitalgüter wie Anlagen, Maschinen oder Werkzeuge, die im Produktionsprozeß wiederholt eingesetzt werden. Vgl. Weber, Soziologische Grundkategorien des Wirtschaftens, MWG I/23, S.  353 mit Anm.  10.

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jede Untersuchung zeigt. Aber keineswegs nur oder vornehmlich sie. Und nicht sie haben jenes Recht aus sich geschaffen. Sondern noch ganz andre Mächte waren bei dieser Entwicklung tätig. Und warum taten die kapitalistischen Interessen das gleiche nicht in China oder Indien? Warum lenktend dort überhaupt weder die wissenschaftliche noch die künstlerische noch die staatliche noch die wirtschaftliche Entwicklung in diejenigen Bahnen der Rationalisierung ein, welche dem Okzident eigen sind? Denn es handelt sich ja in all den angeführten Fällen von Eigenart offenbar um einen spezifisch gearteten „Rationalismus“ der okzidentalen Kultur. Nun kann unter diesem Wort höchst Verschiedenes verstanden werden, – wie die späteren Darlegungen wiederholt verdeutlichen werden.42 Es gibt z. B. „Rationalisierungen“ der mystischen Kontemplation, also: von einem Verhalten, welches, von anderen Lebensgebieten her gesehen, spezifisch „irrational“ ist, ganz ebenso gut wie Rationalisierungen der Wirtschaft, der Technik, des wissenschaftlichen Arbeitens, der Erziehung, des Krieges, der Rechtspflege und Verwaltung. Man kann ferner jedes dieser Gebiete unter höchst verschiedenen letzten Gesichtspunkten und Zielrichtungen „rationalisieren“, und was von einem aus „rational“ ist, kann, vom andern aus betrachtet, „irrational“ sein. Rationalisierungen | hat es daher auf den verschiedenen Lebensgebieten in höchst verschiedener Art in allen Kulturkreisen gegeben. Charakteristisch für deren kulturgeschichtlichen Unterschied ist erste: welche Sphären und in welcher Richtung sie rationalisiert wurden. Es kommt also zunächst wieder darauf an: die besondere Eigenart des okzidentalen und, innerhalb dieses, des modernen okzidentalen, Rationalismus zu erkennen und in ihrer Entstehung zu erklären. Jeder solche Erklärungsversuch muß, der fundamentalen Bedeutung der Wirtschaft entsprechend, vor allem die ökonomischen Bedingungen berücksichtigen. Aber es darf auch der umgekehrte Kausalzusammenhang darüber nicht unbeachtet bleiben. Denn wie von rationaler Technik und rationalem Recht, so ist der ökonomische Rationalismus in seiner Entstehung auch von der Fähigkeit und Disposition der Menschen zu bestimmten Arten d BR: lenken  e BR, BR1, BS: gerade   42  Dazu auch Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  207 f.

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praktisch-rationaler Lebensführung überhaupt abhängig. Wo diese durch Hemmungen seelischer Art obstruiert fwar, da stießf auch die Entwicklung einer wirtschaftlich rationalen Lebensführung auf schwere innere Widerstände. Zu den wichtigsten formenden Elementen der Lebensführung nun gehörten in der Vergangenheit überall die magischen und religiösen Mächte und die am Glauben an sie verankerten ethischen Pflichtvorstellungen. Von diesen ist in den nachstehend gesammelten und ergänzten Aufsätzen die Rede. Es sind dabei zwei ältere Aufsätze an die Spitze gestellt,43 welche versuchen, in einem wichtigen Einzelpunkt der meist am schwierigsten zu fassenden Seite des Problems näher zu kommen: der Bedingtheit der Entstehung einer „Wirtschaftsgesinnung“: des „Ethos“, einer Wirtschaftsform, durch bestimmte religiöse Glaubensinhalte, und zwar an dem Beispiel der Zusammenhänge des modernen Wirtschaftsethos mit der rationaleng Ethik des asketischen Protestantismus. Hier wird also nur der einen Seite der Kausalbeziehung nachgegangen. Die späteren Aufsätze über die h„Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ versuchen,h in einem Überblick über die Beziehungen der wichtigsten Kulturreligionen zur Wirtschaft und sozialen Schichtung ihrer Umwelt, beiden Kausalbeziehungen soweit nachzugehen, als notwendig ist, um die Vergleichspunkte mit der weiterhin zu analysierenden okzidentalen Entwicklung zu finden.44 Denn nur so läßt sich ja die einigermaßen eindeutige kausale Zurech|nung derjenigen Elemente der okzidentalen religiösen Wirtschaftsethik, welche ihr im Gegensatz zu andern eigentümlich sind, überhaupt in Angriff nehmen. Diese Aufsätze wollen also nicht etwa als – sei es auch noch so gedrängte – umfassende Kulturanalysen gelten. Sondern sie betonen in jedem Kulturgebiet ganz geflissentlich das, was im Gegensatz stand und steht zur okzidentalen Kulturentwicklung. Sie sind also durch-

f–f BR: ist, da stößt  g In BR, BR1 folgt: asketischen  h–h BR: Wirtschaftsethik der Weltreligionen versuchen   43  Gemeint sind hier: Weber, Protestantische Ethik I und II (1904/05), MWG I/9, S.  97– 215 und 222–425, dass. in überarbeiteter Fassung: Weber, Protestantische Ethik 1920, unten, S.  123–492. 44  Die Aufsätze sind ediert in: Weber, Konfuzianismus (MWG I/19); ders., Hinduismus (MWG I/20); und ders., Antikes Judentum (MWG I/21). Über Max Webers Behandlung der Kausalbeziehungen vgl. Schluchter, Einleitung, oben, S.  54.

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aus orientiert an dem, was unter diesem Gesichtspunkt bei Gelegenheit der Darstellung der okzidentalen Entwicklung wichtig erscheint. Ein anderes Verfahren schien bei dem gegebenen Zweck nicht wohl möglich. Aber es muß zur Vermeidung von Mißverständnissen hier auf diese Begrenztheit des Zweckes ausdrücklich hingewiesen werden. Und noch in einer anderen Hinsicht muß wenigstens der Unorientierte vor einer Überschätzung der Bedeutung dieser Darstellungen gewarnt werden. Der Sinologe, Indologe, Semitist, Ägyptologe wird in ihnen natürlich nichts ihm sachlich Neues finden. Wünschenswert wäre nur: daß er nichts zur Sache Wesentliches findet, was er als sachlich falsch beurteilen muß. Wie weit es gelungen ist, diesem Ideal wenigstens so nahezukommen, wie ein Nichtfachmann dazu überhaupt imstande ist, kann der Verfasser nicht wissen. Es ist ja ganz klar, daß jemand, der auf die Benützung von Übersetzungen und im übrigen darauf angewiesen ist, über die Art der Benutzung und Bewertung der monumentalen, dokumentarischen oder literarischen Quellen sich in der häufig sehr kontroversen Fachliteratur zu orientieren, die er seinerseits in ihrem Wert nicht selbständig beurteilen kann, allen Grund hat, über den Wert seiner Leistung sehr bescheiden zu denken. Um so mehr, als das Maß der vorliegenden Übersetzungen wirklicher „Quellen“ (d. h. von Inschriften und Urkunden) teilweise (besonders für China) noch sehr klein ist im Verhältnis zu dem, was vorhanden und wichtig ist.45 Aus alledem folgt der vollkommen provisorische Charakter dieser Aufsätze, insbesondere der auf Asien sich beziehenden Teile3) i. Nur den Fachmännern steht ein endgültiges Urteil zu. Und nur weil, begreiflicherweise, fachmännische Darstellungen mit diesem besonderen Ziel und unter diesen besonderen Gesichtspunkten bisher nicht vorlagen, sind sie überhaupt geschrieben worden. Sie sind in einem un|gleich stärkerenj Maß und Sinn dazu bestimmt, bald „überholt“ zu werden, als dies letztlich von aller wissenschaftlicher Arbeit gilt. Es läßt sich nun einmal, 3) 

Auch die Reste meiner hebräischen Kenntnisse sind ganz unzulänglich. |

i  Statt seitenweiser Neuzählung 1) in BS, C: S.  78.   j BR, BR1, BS, C: stärkerem  

3)

; dazu den Editorischen Bericht, oben,

45 Vgl. dazu Max Webers Literaturangaben in ders., Konfuzianismus, MWG I/19, S.  128–132, Fn.  1; dazu auch Schmidt-Glintzer, Einleitung, ebd., S.  17–19.

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bei derartigen Arbeiten, ein solches vergleichendes Übergreifen auf andere Fachgebiete, so bedenklich es ist, nicht vermeiden; aber man hat dann eben die Konsequenz einer sehr starken Resignation in bezug auf das Maß des Gelingens zu ziehen. Mode oder Literatensehnsucht glaubt heute gern den Fachmann entbehren oder zum Subalternarbeiter für den „Schauenden“ degradieren zu können. Fast alle Wissenschaften verdanken Dilettanten irgend etwas, oft sehr wertvolle Gesichtspunkte. Aber der Dilettantismus als Prinzip der Wissenschaft wäre das Ende. Wer „Schau“ wünscht, gehe ins Lichtspiel: – es wird ihm heut massenhaft auch in literarischer Form auf eben diesem Problemfeld geboten4) k. Nichts liegt den überaus nüchternen Darlegungen dieser der Absicht nach streng empirischen Studien ferner als diese Gesinnungl. Und – möchte ich hinzusetzen – wer „Predigt“ wünscht, gehe insm Konventikel. Welches Wertverhältnis zwischen den hier vergleichend behandelten Kulturen besteht, wird hier mit keinem Wort erörtert. Daß der Gang nvon Menschheitsschicksalenn dem, der einen Ausschnitt daraus überblickto, erschütternd an die Brust brandet, ist wahr. Aber er wird gut tun, seine kleinen persönlichen Kommentare für sich zu behalten, wie man es vor dem Anblick des Meeres und des Hochgebirges auch tut,p – es sei denn, daß erq sich zu künstlerischer Formungr oder zu prophetischer Forderung berufen und begabt weiß. In den meisten andern Fällen verhüllt das viele Reden von „Intuition“ nichts anders als eine Distanzlosigkeits zum Objekt, die ebenso zu beurteilen ist wie die gleiche Haltung zum Menschen. 4)  Ich brauche nicht zu sagen, daß daruntera nicht etwa Versuche wie die von K[arl] B , B , R R1 Jaspersb (in seinem Buch über „Psychologie der Weltanschauungen“, 1919)46 oder can- BS, C 14 c 47 dererseits Klages (in der „Charakterologie“) und ähnliche Studien fallen, die sich von dem hier Versuchten durch die Art des Ausgangspunktesd unterscheiden. Zu einer Auseinandersetzung wäre hier nicht der Raum. |

k Index fehlt an dieser Stelle in BR, BR1.    l In BR, BR1 folgt Index (für Fn.  4).   m BR: in  n–n BR: des Menschheitsschicksals  o BR: überschaut  p Komma fehlt in BR.  q BR: man  r BR: Erkennung  s BR: Disonanzlosigkeit  a BR, BR1: darüber  b BR, BR1: Jasper  c–c BR, BR1: z. B. R. Klage  d BR, BR1: Anschauungspunktes   46  Vgl. Jaspers, Psychologie der Weltanschauungen (das mit Widmung versehene Handexemplar Max Webers in der Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München). 47  Vgl. Klages, Prinzipien der Charakterologie.

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Der Begründung bedarf es, daß für die hier verfolgten Ziele die ethnographischee Forschung entfernt nicht so herangezogen ist, wie es bei fderen heutigemf Stand für eine | wirklich eindringende Darstellung insbesondere der asiatischen Religiosität natürlich unumgänglich wäre. Es geschah dies nicht nur deshalb, weil menschliche Arbeitskraft ihre Grenzen hat. Sondern vornehmlich schien es deshalb erlaubt, weil es hier gerade auf die Zusammenhänge der religiös bestimmten Ethik jenerg Schichten ankommen mußte, welche „Kulturträger“ des betreffenden Gebiets waren. Um die Einflüsse, welche deren Lebensführung geübt hat, handelt es sich ja. Es ist nun völlig richtig, daß auch diese in ihrer Eigenart nur wirklich zutreffend zu erfassen sind, wenn man den ethnographisch-volkskundlichen Tatbestand damit konfrontiert. Es sei also nachdrücklich zugestanden und betont: daß hier eine Lücke besteht, welche der Ethnograph mit gutem Recht beanstanden muß.h Einiges zu ihrer Ausfüllung hoffe ich bei einer systematischen Bearbeitung der Religionssoziologie tun zu können.48 Den Rahmen dieser Darstellung mit ihren begrenzten Zwecken hätte ein solches Unternehmen aber überschritten. Sie mußte sich mit dem Versuch begnügen,i die Vergleichspunkte zu kunseren okzidentalen Kulturreligionenk tunlichst aufzudecken. Schließlich sei auch der anthropologischen Seite der Probleme gedacht. Wenn wir immer wieder – auch auf (scheinbar) unabhängig voneinander sich entwickelnden Gebieten der Lebensführung – im Okzident, und nur dort, bestimmte Arten von Rationalisierungen sich entwickeln finden, so liegt die Annahme: daß hier Erbqualitäten die entscheidende Unterlage botenl, natürlich nahe. Der Verfasser bekennt: daß er persönlich und subjektiv die Bedeutung des biologischen Erbgutes hoch einzuschätzen geneigt ist. Nur sehe ich, trotz der bedeutenden Leistungen der anthropologischen Arbeit, z. Z. noch keinerlei Weg, seinen Anteil an der hier untere BR, BR1, BS: ethnographischen  f–f BR: deren heutigen  g BR: der  h BR, BR1: muß:  i  Komma fehlt in BR, BR1, BS.  k–k BR: unserer […] Kulturreligionen l BR, BR1, BS: spielen   48  Eine systematische Bearbeitung der Religionssoziologie (ediert unter dem Titel: Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22-2), die er für „Wirtschaft und Gesellschaft“ umarbeiten wollte, kam wegen Max Webers Tod im Juni 1920 nicht mehr zustande. Material zu dieser „Lücke“ ging in Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie (MWG I/23), ein, vgl. Schluchter, Einleitung, ebd., S.  37.

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suchten Entwicklung nach Maß und – vor allem – nach Art und Einsatzpunkten irgendwie exakt zu erfassen oder auch nur vermutungsweise anzudeuten. Es wird gerade eine der Aufgaben soziologischer und historischer Arbeit sein müssen, zunächst möglichst alle jene Einflüsse und Kausalketten aufzudecken, welche durch Reaktionen auf Schicksale und Umwelt befriedigend erklärbar sind. Dann erst, und wenn außerdem die vergleichende RassenNeurologie und -Psychologie über ihre heute vorliegenden, im einzelnen vielversprechenden, Anfänge weiter | hinausgekommen sind, wird man vielleicht befriedigende Resultate auch für jenes Problem erhoffen dürfen5) m. Vorerst scheint mir jene Voraussetzung zu fehlen und wäre die Verweisung auf „Erbgut“ ein voreiliger Verzicht auf das heute vielleichtn mögliche Maß der Erkenntnis und eine Verschiebung des Problems auf (derzeit nocho) unbekannte Faktoren. |

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p 5)  Die gleiche Ansicht sprach qmir vor Jahrenq ein sehr hervorragenderr Psychia- B , B , R R1 BS, C 16 ter49 aus.p |

m Index fehlt in BR.  n Fehlt in BR.  o Fehlt in BR.  p–p Fehlt in BR. q–q BR1: mir, vor Jahren,  r  In BR1, BS folgt: (Münchener) 49  Bei dem namentlich nicht genannten Psychiater handelt es sich um Emil Kraepelin, der seit 1903 in München wirkte (vgl. oben, textkritische Anm.  r). Verschiedene Arbeiten Kraepelins hatte Weber bei der Abfassung seiner Studien zur Psychophysik (vgl. MWG I/11, S.  438) herangezogen, das Thema selbst hatte Weber in ders., Zur Psychophysik der industriellen Arbeit, in: MWG I/11, S.  150–380, hier S.  365–380, berührt. Ähnlich äußert sich Weber, Probleme der Arbeiterpsychologie. Diskussionsbeitrag zur abschließenden Debatte im Verein für Sozialpolitik am 10. Oktober 1911, in: MWG I/11, S.  409–425, hier S.  417: „Der Schöpfer der psychologischen Methodik der Arbeitsuntersuchung, Professor Kräpelin – München, sagte mir gelegentlich einer Rücksprache einmal: Herr Kollege, die ersten wirklich exakten Untersuchungen auf diesem Gebiete (der Vererbung solcher Qualitäten) werden wir beide nicht mehr erleben, das sind Dinge, die in Jahrzehnten vielleicht möglich sind, heute noch nicht.“ Nähere Umstände dieses Gesprächs ließen sich nicht ermitteln; vgl. ebd., Anm.  5.

Super-Revision vom 17. Nov. 1919 zu GARS I, S.  17 Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen (seit 2016: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446.B)

Archiv, 20. Band, Heft 1, 1904, S. 1, mit handschriftlichen Überarbeitungen Max Webers (linker Rand und interlinear: mit braunstichiger Tinte; „I“ und rechter Rand: mit schwarzer Tinte) Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen (seit 2016: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446.B)

Von Max Weber beschriebenes Manuskriptblatt 1a (mit feiner Feder und schwarzer Tinte) Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen (seit 2016: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446.B)

I.a Die protestantische Ethik und der Geistb desc Kapitalismus1) d.e

A, A1 1, BS, C 17

I.  Das Problem. 5

Inhalt: 1. Konfession und soziale Schichtung. fS.  123.f – 2. Der „Geist“g des Kapitalismus. hS.  148.h – 3. Luthers Berufskonzeptioni. Aufgabe der Untersu­ chung. kS.  209.k

1. Ein Blick in die Berufsstatistik1 eines konfessionell gemischten l   1)  Veröffentlicht im Jafféschen „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ A 1a, 1 (J. C. B. Mohr, Tübingen) Band XX, XXI (1904 bzw. 1905).m 2 Aus der umfangreichen BS, C 17 Literatur darüber hebe ich nur die ausführlichsten Kritiken hervor: F[elix] Rachfahl, Kalvinismus und Kapitalismus, Internationale Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik, 1909, Nr.  39–43.3 Dazu nmeinen Artikeln: Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, „Archiv“ Band XXX, 1910.4 Hiergegen wieder Rachfahl a. a. O. (Noch­ mals Kalvinismus und Kapitalismus.) 1910, Nr.  22–255 und dazu mein „Antikritisches

a  Fehlt in A.   b  A, A1: „Geist“  c  In A1 folgt: 〈modernen〉  d  Index fehlt in A; in A1 folgt der Hinweis Max Webers: Fußnote: S[iehe] Blatt 1ca  e  In A, A1 folgt: Von Max Weber. In A1 mit Bleistift gestrichen, vermutlich vom Setzer.   f–f  Fehlt in A, A1; BS: S.     g  A, A1: „Geist“,  h–h  Fehlt in A, A1; BS: S.     i  A, A1: Berufsbe­ griff  k–k  Fehlt in A, A1; BS: S.     l–l  (S.  125) Fehlt in A; in A1 1 geht voraus: 〈Veröffentlicht im Jaffe’schen „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ (J. C. B. Mohr, Tübingen 〈1904, 1905〉 Band XX, XXI (1904 bzw. 1905).〉 Ersetzt durch das eingelegte Manuskriptblatt 1a und [1c], erstes Blatt von Max Weber überschrieben: Blatt 1a / Fußnote zur Überschrift S.  1  m  In A1 folgt: 〈Dem Titel ist nun hinzuge〉  n–n A1: meine Antikritik > meine[n] Artikel 1  In Deutschland fanden am 5. Juni 1882, am 14. Juni 1895 und am 12. Juni 1907 umfassende Erhebungen zur beruflichen Stellung der Erwerbspersonen statt, verbunden mit einer Zählung der landwirtschaftlichen und gewerblichen Betriebe (veröffentlicht in den amtlichen Statistiken). 2  Weber, Protestantische Ethik I und II, ediert in: MWG I/9, S.  97–425. 3  Rachfahl, Kalvinismus, abgedruckt in: MWG I/9, S.  521–572. 4  Weber, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, ediert in: MWG I/9, S.  573–619. 5  Rachfahl, Nochmals Kalvinismus, abgedruckt in: MWG I/9, S.  625–664.

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. I.

Schlußwort“[,] „Archiv“ Band XXXI6 (Brentano in der gleich zu zitierenden Kritiko 7 hat anscheinend diese letzterenp Darlegungen nicht gekannt, da er sie nicht mitq zi­ tiert). Ich habe von der unvermeidlich ziemlich ertraglosen Polemik gegen Rachfahl, der, – aein sonsta auch von mirb geschätzter Gelehrter,8 – sich hier auf ein von ihm nicht wirklich beherrschtes Gebiet begeben hatte, nichts in diese Ausgabe aufgenommen, sondern lediglich die (sehr wenigen) ergänzenden Zitatec aus dmeiner Antikritikd nach­ getragen und durch eingeschobene Sätze oder Anmerkungen ealle denkbarene Mißver­ ständnissef für künftig auszuschließen gesucht. –g Ferner: W[erner] Sombart in seinem Buch „Der Bourgeois“ (München und Leipzig 1913), auf das ich in Anmerkungen unten zurückkomme.9 Endlich: Lujo Brentano in Exkursh II im Anhang zu seiner Münchener Festrede (in der Akademie der Wissenschaften 1913) über: Die Anfänge des modernen Kapitalismus (München 1916 gesondert und durch Exkurse erweitert erschienen).10 Auch auf diese Kritik komme ich in besonderen Anmerkungen bei gegebenem Anlaß A1 [1c] izurück.11 –i | Ich stelle jedem, der (wider Erwarten) daran Interesse nehmen sollte, anBS, C 18 heim, sich | durch Vergleichung davon zu überzeugen: daß ichk nicht einen einzigen Satz meines Aufsatzes, der irgendeine sachlich wesentliche Behauptung enthielt, gestrichen, umgedeutet, abgeschwächt oder sachlich abweichendel Behauptungen hinzugefügt habe. Es bestand dazu keinerlei Anlaß, und der Fortgang der Darlegungm wird die noch immer Zweifelnden nötigen, sich davon schließlichn zu überzeugen.o– Die letztgenann­ ten beiden Gelehrten sind untereinander in noch schärferem Streit als mit mir. Brenta­ nos Kritik gegen W[erner] Sombarts Werk: Die Juden und das Wirtschaftsleben12 halte ich in der Sache in Vielem für begründet, dennoch aber für vielfach sehr ungerecht, abgesehen davon, daß auch bei Brentano das Entscheidende an dem hier vorerst ganz ausgeschalteten Judenproblem (wovon später)13 wohl nicht erkannt ist.   Von theologischer Seite waren zahlreiche wertvolle Einzelanregungen anläßlich die­ ser Arbeit zu verzeichnen und war die Aufnahme im ganzen eine freundliche und auch

o  In A1 folgt: gegen mich 〈zitiert〉  p  Fehlt in A1.  q  Fehlt in A1.  a–a A1: sonst ein  b  In A1 folgt: sehr  c  In A1 folgt: 〈nachgetragen〉    d–d A1: meinen Anti­ kritiken  e–e A1: die entsprechenden > alle denkbaren  f In A1 folgt: 〈offen〉 g Gedankenstrich fehlt in A1.  h A1: Beilage > Excurs  i–i A1: zurück[.] In A1 folgt der Hinweis Max Webers: wenden!  k  In A1 folgt: 〈auch〉  l A1: neue oder andre  In BS nicht hervorgehoben.   m A1: Publikati > Darlegung  n  Fehlt in A1. o–o (S.  125)  Fehlt in A1. 6  Weber, Antikritisches Schlußwort, ediert in: MWG I/9, S.  665–740. 7  Siehe unten, Anm.  10. 8 Weber formuliert dies ähnlich schon 1910, vgl. Weber, Antikritisches Schlußwort, S.  666, Fn.  1 mit Anm.  7, wobei eine positive Äußerung gegenüber Rachfahl nicht belegt ist. 9  Sombart, Bourgeois; dazu unten, S.  164–172, Fn.  35, und S.  195–201, Fn.  51. 10  Brentano, Anfänge. Gemeint ist der Abschnitt „II. Puritanismus und Kapitalismus“, ebd., S.  117–157, im dritten Anhangs-Exkurs „Handel, Puritanismus, Judentum und Kapitalismus“, ebd., S.  78–199. 11 Etwa unten, S.  156, Fn.  28; S.  159, Fn.  32; S.  161, Fn.  34; S.  172, Fn.  36; S.  225, Fn.  56; S.  326 f., Fn.  165; S.  413, Fn.  282; S.  489, Fn.  391; u. ö. 12  Die Kritik an Sombart, Juden (erschienen 1911), bei Brentano, Anfänge, im dritten Anhangs-Exkurs, Abschnitt „III. Judentum und Kapitalismus“, S.  158–199. 13  Siehe unten, S.  445–448, Fn.  337. Weber kommt dort auf Brentano nicht mehr zurück.

1.  Konfession und soziale Schichtung

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Landes ppflegt mit auffallender Häufigkeit2) p eine Erscheinung zu zeigen, welcheq mehrfach in der katholischen Presse und Literabei im einzelnen abweichenden Ansichten sehr sachliche14 – was mir um so wertvoller ist, als ich mich über eine gewisse Antipathie gegen die Art der hier unvermeidlichen Behandlung dieser Dinge nicht gewundert hätte. Das, was dem seiner Religion anhäng­ lichen Theologen daran das Wertvolle ist, kann ja hier naturgemäß nicht zu seinem Recht kommen. Wir haben es mit – religiös gewertet – oft recht äußerlichen und groben Seiten des Lebens der Religionen zu tun, die aber freilich eben auch da waren und oft, eben weil sie grob und äußerlich waren, äußerlich auch am stärksten wirkten. – Als auf eine, neben seinem reichen sonstigen Inhalt, auch für unser Problem höchst willkom­ mene Ergänzung und Bestätigung sei auch hier nochmals kurz – statt öfteren Zitierens zu allen Einzelpunkten – auf das große Buch von E[rnst] Troeltsch, Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen (Tübingen 1912)15 verwiesen, welches von eig­ nen und sehr weit gespannten Gesichtspunkten die Universalgeschichte der Ethik des okzidentalen Christentums behandelt. Dem Verf[asser] kommt es dabei mehr auf die Lehre, mir mehr auf die praktische Wirkung der Religion an.o l | 2)  rDie abweichenden Fäller erklären sich – snicht immer, aber häufigs – daraus, daß A, A 1 1 natürlich die Konfessionalität der Arbeiterschaft einer Industrie in erster Linie von der Konfession ihres Standorts bzw. des Rekrutierungsgebiets ihrer Arbeiterschaft ab­ hängtt. Dieser Umstand uverschiebt oftu auf den ersten Blick das Bild,v welches manche Konfessionsstatistiken16 – etwa der Rheinprovinz17 – bieten. Überdies sind natürlich nur bei weitgehender Spezialisierung und Auszählung der einzelnen Berufe die Zahlen schlüssig. Sonst werden unter Umständen ganz große Unternehmer mit alleinarbeiten-

p–p A: pflegt, mit relativ geringen Abweichungen und Ausnahmen1),  q  In A folgt: in den letzen Jahren  o (S.  124) –o  Fehlt in A1.  l (S.  123) –l  Fehlt in A.   r–r A: Diese  s–s A: nicht alle, aber überwiegend   t  In A1 folgt: 〈und daß diese Confession〉    u–u A: verwirrt zuweilen  v  Komma fehlt in A, A1. 14  Gemeint sein könnten über den Theologen Ernst Troeltsch hinaus z. B. der Kirchenhistoriker Hans v. Schubert (vgl. ders., Calvin. Rede bei der akademischen CalvinGedächtnisfeier in der gr[oßen] Aula der Universität Heidelberg am 11. Juli 1909. – o. O.: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1909), außerdem die theologischen Rezensionen: Schubring, Wilhelm, [Rez.] Die Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, in: Protestantenblatt. Wochenschrift für den deutschen Protestantismus, 38. Jg., Nr.  46 vom 11. Nov. 1905, S.  545–547, und Nr.  47 vom 18. Nov. 1905, S.  560 f.; Traub, G[ott­ fried], [Rez.] Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, in: Die Christliche Welt, 19. Jg., Nr.  40 vom 5. Okt. 1905, Sp.  942–946. Weber korrespondierte auch mit Adolf [v.] Harnack über seine Aufsätze, wie seine Briefe an dens. vom 12. Jan. 1905 (MWG II/4, S.  421 f.) und vom 5. Febr. 1906 (MWG II/5, S.  32 f.) zeigen. 15  Vgl. Troeltsch, Soziallehren (KGA 9). 16 Die Religionszugehörigkeit wurde seit dem 19. Jahrhundert in Deutschland bei Volks­ zählungen erfragt, so auch am 1. Dezember 1890, 2. Dezember 1895 und 1. Dezember 1900 (veröffentlicht in den amtlichen Statistiken). 17  Die Provinz Rheinland war von 1822 bis zum 2. Weltkrieg die am stärksten industrialisierte preußische Provinz (v. a. Kohle-, Eisen- und Stahlindustrie). Im Jahr 1900 hatte sie nahezu 6 Mio. Einwohner, davon waren 28,9% evangelisch und 69,8% katholisch. Vgl. Statistik des Deutschen Reichs, Band  150, 1903, hier nach: Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich, hg. vom Kaiserlichen Statistischen Amt, 24. Jg.,

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tur3) und auf den Katholikentagen Deutschlands lebhaft er|örtert worden ist:18 den ganz vorwiegend protestantischen Charakter des Kapitalbesitzes und Unternehmertums sowohl, wie der oberen gelernten Schichten der aArbeiterschaft, namentlich abera des höheren technisch oder kaufmännisch vorge|bildeten Personals der modernen Unternehmungen4). Nicht nur | da, wo die Differenz der

den „Meistern“ in der Kategorie „Betriebsleiter“ zusammengeworfen. b cVor allemc aber ist der heutige „Hochkapitalismus“ überhaupt,d namentlich bezüglich der breiten ungelernten Unterschicht seiner Arbeiterschaft,e von denjenigen Einflüssenf, welche die Konfession in der Vergangenheit haben konnte,g unabhängig geworden. Darüber später.b 19 3)  Vgl. z. B. Schell, Der Katholizismus als Prinzip des Fortschrittes. Würzburg 1897, S.  31. –h v. Hertling, Das Prinzip des Katholizismus und die Wissenschaft. Freiburg 1899, S.  58.20 | 4)  Einer meiner Schüler hat is. Z.i das eingehendste statistische Material, welches wir A, A1 2 BS, C 19 über diese Dinge besitzen:k die badische Konfessionsstatistik, | durchgearbeitet. Vgl. Martin Offenbacher, Konfession und soziale Schichtung. Eine Studie über die wirt­ schaftliche Lage der Katholiken und Protestanten in Baden. Tübingen und Leipzig a–a A: Arbeiterschaft und namentlich  b–b  Fehlt in A.   c–c A1: Überdies > Vor allem  d  In A1 folgt: 〈wie noch zu erörtern 〈wäre〉 sein wird〉  e  In A1 folgt: 〈in hohem Maße〉    f  In A1 folgt: 〈der Confessionalität〉  g  In A1 folgt: 〈so gut wie〉 〈völlig〉  h  Gedankenstrich fehlt in A; in A folgt Absatz.   i–i A: vor einigen Jahren k A: besitzen, 1903. – Berlin: Puttkammer & Mühlbrecht 1903 (hinfort: Statistisches Jahrbuch 1903), S.  1 und 7. 18  Nachdem der Kulturkampf beigelegt war, warfen in den 1890er Jahren die Katholiken die Frage ihrer paritätischen Beteiligung an Staat, Wirtschaft und Kultur auf. Diese „Paritätsfrage“ wurde von der innerkatholischen Diskussion um die Ursachen „katholischer Inferiorität“ begleitet. Julius Bachem setzte sich in der „Kölnischen Volks­zeitung“ für eine stärkere Beteiligung der Katholiken am industriellen Leben ein. Die Beteiligung an Wirtschaft und Bildung wurde wiederholt auch auf den Deutschen Katholikentagen diskutiert (letzteres seit 1892 und besonders seit 1896; als Beispiele seien genannt: der Vortrag Georg v. Hertlings über „Katholizismus und Wissenschaft“ von 1897 und die Rede Ernst Feigenwinters über „Der Katholik und das moderne Erwerbsleben“ von 1902, in: Verhandlungen der General-Versammlung der Katholiken Deutschlands 1897. – Landshut: Jos. Thomann 1897, S.  136–145, und dass. 1902. – Mannheim: Jean Grimm 1902, S.  320–330). 19  Siehe unten, S.  411–492. 20  Die im Kontext der Inferioritätsdebatte (vgl. oben, Anm.  18) entstandenen Schriften des Würzburger Theologie-Professors Herman Schell und Georg v. Hertlings, des Präsidenten der 1876 gegründeten Görres-Gesellschaft „zur Pflege der katholischen Wissenschaften“, riefen zur Überwindung des „Bildungsdeficits“ (v. Hertling) und der „wissenschaftlichen Inferiorität“ (Schell) auf. Mit den Seitenangaben bezieht sich Weber auf Zitate aus den Schriften, die Offenbacher, Konfession, S.  23 f., zu Schell, Katholizismus, und v. Hertling, Prinzip des Katholizismus, beibringt. (Weber übernimmt charakteristische Fehler; lies: Schell, Katholizismus: 1.  Aufl. 1897, S.  22; 7.  Aufl.

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Konfession mit einem Unterschied der Nationalität und damit des Grades der Kulturentwicklung zusammenfällt, wie im deutschen Osten zwischen Deutschen und Polen,21 sondern fast überall da, wo überhaupt die kapitalistische Entwicklung lin der Zeit ihres Aufblühensl freie Hand hatte, die Bevölkerung nach ihren Bedürf­ nissen sozial umzuschichten und beruflich zu gliedern, – und je mehr dies der Fall war, desto deutlicher, – finden wir jene Erschei­ nung in den Zahlen der Konfessionsstatistik ausgeprägt. Nun ist freilich die relativ weit stärkere, d. h. ihren Prozentanteil an der Gesamtbevölkerung überragende Beteiligung der Protestanten am Kapitalbesitz5), an der Leitung und den oberen Stufen der Arbeit 1901 (Bd. IV, Heft 5 der volkswirtschaftlichen Abhandlungen der badischen Hochschulen).22 Die Tatsachen und Zahlen, die nachstehend zur Illustration vorgeführt werden, entstammen alle dieser Arbeit. 5)  Es kam z. B. im Jahre 189523 in Baden auf je 1 000 Evangelische ein Kapitalrentensteuerkapitalm 24 von 954 060 Mk. „ „ 1 000 Katholiken „ „ „ „ 589 000 „ Die Juden mit über 4 Millionen auf 1 000 marschieren freilich weit an der Spitze. (Die Zahlen nach Offenbacher a. a. O. S.  21.)25 l–l  Fehlt in A.   m  A, A1: Kapitalrentensteuerkapitel 1899, S.  31; daß die Schrift 1899 bereits eine 7. Auflage erreichte, zeigt ihre damalige Popularität.) 21  Die Polen, insgesamt zu 96% römisch-katholisch, siedelten v. a. in den östlichen preußischen Provinzen, so in Posen (61% der Bevölkerung), Westpreußen (35%), Schlesien (knapp 24%) und Ostpreußen (14%). Insgesamt lebten 1900 ca. 3 Mio. Polen in Preußen. 22  Offenbacher, Konfession, erschien bereits 1900 in den von Weber mitherausgegebenen „Volkswirtschaftlichen Abhandlungen der badischen Hochschulen“, S.  1–102 [409–510]. Weber bezieht sich auf diesen Text, nicht auf Offenbachers 1901 als kürzerer Sonderdruck erschienene Dissertation. – Er übernimmt Offenbachers Titel für den 1. Abschnitt, vgl. oben, S.  123. 23  Bezug ist die Volkszählung von 1895, vgl. oben, S.  125, Anm.  16. 24  Im Großherzogtum Baden verwandte man damals das Steuerkapitalsystem. Das Steuerkapital ist bei direkten Steuern die Summe, für die die Steuer so ausgeworfen ist, daß die relative Steuerhöhe (Steuerfuß) für alle steuerpflichtigen Personen oder Gegenstände gleich erscheint. Es handelt sich beim Steuerkapital also um eine rein rechnerische Größe der Steuerverwaltung, die den Vergleich zwischen verschiedenen Steuerarten (etwa Grund-, Häuser-, Gewerbe-, Einkommens-, Kapitalrentensteuer) erleichtern soll. Das Steuerkapital kann demnach ein Vielfaches des jeweils zu versteuernden Betrages sein. Die in dieser Tabelle ausgewiesenen Relationen zwischen den Steuerkapitalien der Konfessionen dürfen deshalb nicht ohne weiteres mit den Relationen zwischen den zu versteuernden Kapitalrenten gleichgesetzt werden (daher Kapitalrenten-Steuerkapital). 25  Leicht abweichende Zahlen bei Offenbacher, Konfession, S.  21: 954 900 Mk. (Protestanten) und 589 800 Mk. (Katholiken; bei den Israeliten 4 137 100 Mk.). – Nach der

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in den großen modernen gewerblichen und Handelsunternehmun­ gen6), zum Teil auf historischen Gründe zurückzuführen7), die weit in der Vergangenheit liegen und bei denen die konfessionelle Zugehörigkeit nicht als Ursache ökonomischer Erscheinungen, sondern, bis zu einem gewissen Grade, als Folge von solchen erscheint. Die Beteiligung an jenen ökonomischen Funktionen setzt teils Kapitalbesitz, teils kostspielige Erziehung, teils, und meist, beides ovoraus, ist heuteo an den Besitz ererbten Reichtums oder doch einer gewissen Wohlhabenheit gebunden. Gerade eine große Zahl der reichsten, durch Natur oder Verkehrslage begün­ stigten und wirtschaftlich entwickeltsten Gebiete des Reiches, ins­ besondere aber die Mehrzahl der reichen Städte, hatten sich aber im 16. Jahrhundert dem Protestantismus zugewendet, und die | Nachwirkungen davon kommen den Protestanten pnoch heutep im ökonomischen Kampf ums Dasein zugute. Es entsteht aber alsdann die historischeq Frage: welchen Grundr | hatte diese besonders starke Prädisposition der ökonomisch entwickeltsten Gebiete für eine kirchliche Revolution? Und da ist die Antwort keineswegsa so einfach[,] wie man zunächst glauben könnte. Gewiß erscheint die Abstreifung des ökonomischen Traditionalismus als ein Moment, welches die Neigung zum Zweifel auch an der religiösen Tradition 6)  Hierüber sind die gesamten Ausführungen der Offenbacherschen Arbeit zu ver­ gleichen. 7)  Auch hierfür nähere Darlegungen für Baden in den beiden ersten Kapiteln der Offenbacherschen Arbeit.26 |

n  A, A1: historische  o–o  A, A1: voraus und ist also  p–p A: noch heute  q A: historische  r A: Grund  a  A, A1: keineswegs amtlichen Statistik lauten die Zahlen für Baden im Jahr 1895 (vgl. Statistisches Jahrbuch für das Großherzogthum Baden, 29. Jg.: 1897 und 1898. – Karlsruhe: Mack­ lot’sche Druckerei 1898): 637 604 evangelische, 1 057 417 katholische, 25 903 israelitische Ortsanwesende am 2. Dez. 1895, Gesamtbevölkerung 1 725 464 (S.   28 f.), Kapitalrentensteuer (nach Kapitalien) für Evangelische und Israeliten 1895: 609 237 180 Mk. bzw. 107 149 910 Mk. (S.  508–512; für die Katholiken nicht angegeben), Kapitalrentensteuerkapital in Baden 1895 insges.: 1 342 541 540 Mk. (S.  465). Rechnet man mit den dort veröffentlichten Zahlen, weichen die Ergebnisse von Offenbachers und Webers Angaben leicht ab. 26  Nach Offenbacher, Konfession, wurden die badischen Protestanten durch historische Schicksale in ihrem wirtschaftlichen Fortkommen begünstigt („Natürliche und politisch-historische Einflüsse“, S.  4–15), was zu ihren im Vergleich zu den Katholiken besseren Vermögensverhältnissen beitrug und auch ihre Schul- und Berufswahl beeinflußte („Kulturelle Einflüsse“, S.  15–24).

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und zur Auflehnung gegen die traditionellen Autoritäten über­ haupt ganz wesentlich unterstützen mußte. Aber dabei ist zu berücksichtigen, was heute oft vergessen wird:b daß die Reforma­ tion jac nicht sowohl die Beseitigung der kirchlichen Herrschaft über das Leben überhaupt, als vielmehr die Ersetzung der bisheri­ gen Form derselben durch eine andere dbedeutete. Undd zwar die Ersetzung einer höchst bequemen, praktisch damals wenig fühlba­ ren, vielfach fast nur noch formalen Herrschaft durch eine im denkbar weitgehendsten Maße in alle Sphären des häuslichen und öffentlichen Lebens eindringende, unendlich lästige und ernstge­ meinte Reglementierung der ganzen Lebensführung. Die Herr­ schaft der katholischen Kirche, – „die Ketzer strafend, doch den Sündern mild“,27 wie sie früher noch mehr als heute war, – ertra­ gen in der Gegenwart auch Völker von durchaus moderner wirt­ schaftlicher ePhysiognomie und ebenso ertrugen sief die reichsten, ökonomisch entwickeltsten Gebiete, welcheg um die Wende des h15. Jahrhundertsh die Erde kannte. Diee Herrschaft des Calvinis­ mus, so wie sie im 16. Jahrhundert in Genf und Schottland, um die Wende des 16. und 17. in großen Teilen der Niederlande, im 17. in Neuengland und zeitweise in England selbst in Kraft stand, wäre für uns die schlechthin unerträglichste Form der kirchlichen Kon­ trolle des einzelnen, die es geben ikönnte. kGanz ebensoi wurde sie auch von lbreiten Schichtenl des alten Patriziats der damaligen Zeit, in Genf sowohl wie in Holland und England, empfunden.k Nicht ein Zuvielm, sondern ein Zuwenign von kirchlich-religiöser Beherrschung des Lebens war es ja, was ogerade diejenigeno Refor­ matoren, welche in den pökonomisch entwickeltsten Ländernp b A: wird,  c Fehlt in A.   d–d A: bedeute, und  e–e A: Physiognomie, die f  In A1 folgt: 〈damals〉  g  In A1 folgt: 〈Ende〉  h–h A1: 16 Jahr > 15 Jahrhunderts i–i A1: könnte, und ebenso > könnte. Ganz ebenso 〈aber〉  k–k  Fehlt in A.   l–l A1: der Überzahl > breiten Schichten  m A: Zuviel  n A: Zuwenig  o–o A: gerade diejenigen  p–p A: ökonomisch entwickel[t]sten Ländern   27  Die Wendung stammt aus Conrad Ferdinand Meyers Gedichtzyklus „Huttens letzte Tage“ (zuerst 1871, letzte Überarbeitung 1891). Im 40. Gedicht lauscht Ulrich von Hutten im Traum dem Mariengebet des Ignatius von Loyola. Darin heißt es (seit der 5.  Aufl. 1884): „Die Ketzer tötend, doch den Sündern mild, Bekehren wir die Welt zu Deinem Bild.“ Meyer, Conrad Ferdinand, Huttens letzte Tage. Eine Dichtung, in: ders., Sämtliche Werke. Hist.-krit. Ausg., besorgt von Hans Zeller und Alfred Zäch, 8. Band. – Bern: Benteli 1970, S.  85. – Die Wendung findet sich auch in Wittich, Elsaß, S.  20 (Wittich wird von Weber zitiert unten, S.  138, Fn.  15).

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erstanden, zu tadeln fanden. Wie kommt es nun, daß damals gerade diese ökonomisch entwickeltsten Länder, und, wie wir noch sehen werden,28 innerhalb ihrer grade die damalsq ökonomisch aufstei­ genden „bürgerlichen“ Mittelklassenr jene sihnen bis dahin unbe­ kanntes puritanische Tyrannei nicht etwa nur über sich ergehen ließen, sondern in ihrer Verteidigung ein Heldentum entwickelten, wie gerade bürgerliche Klassen als | solche es selten vorher und niemals nachher gekannt haben: „the last of our heroisms“, wie Carlyle nicht ohne Grund sagt?29 Aber weiter und namentlich: mag, wie gesagt, die stärkere | Beteiligung der Protestanten am Kapitalbesitz und den leitenden Stellungen innerhalb der modernen Wirtschaft heute zum Teil ein­ fach als Folge ihrer geschichtlich überkommenen durchschnittlich besseren Vermögensausstattung zu verstehen sein, so zeigen sich andererseits Erscheinungen, bei welchen das Kausalverhältnis unzweifelhaft so nicht liegt. Dahin gehören, um nur einiges anzu­ führen, u. a. die folgenden: Zunächst der ganz allgemein, in Baden ebenso wie in Bayern und z. B. in Ungarn, nachweisbare Unter­ schied in der Art des höheren Unterrichts, den katholische Eltern im Gegensatz zu protestantischen ihren Kindern zuzuwenden pflegen. Daß der Prozentsatz der Katholiken unter den Schülern und Abiturienten der „höheren“ Lehranstalten30 im ganzen hinter ihrem Gesamtanteil an der Bevölkerung beträchtlich zurück­

q  Fehlt in A.   r A: Klassen  s–s  Fehlt in A. 28  Siehe unten, bes. S. 471–484. 29  Thomas Carlyle leitete seine Ausgabe von „Oliver Cromwell’s Letters and Speeches“ folgendermaßen ein: „One wishes there were a History of English Puritans, the last of all our Heroisms; but sees small prospect of such a thing at present.“ Carlyle, Cromwell’s Letters and Speeches I, p.  1. – Die von Weber verwendete Kurzform findet sich auch bei Weingarten, Revolutionskirchen Englands, S.  435 (Weingarten wird von Weber zitiert unten, S.  265, Fn.  91). 30  Offenbacher unterscheidet für Baden fünf „‚höhere‘ Lehranstalten“ (auch: „Mittelschulen“): (neuhumanistisches) Gymnasium, (mathematisch-naturwissenschaftlich ausgerichtetes) Realgymnasium, Oberrealschule (ohne Latein, Abschluß mit der Reifeprüfung), Realschule und höhere Bürgerschule (7- oder 6-klassig bzw. 6-klassig, mit oder ohne Latein, ohne Reifeprüfung). Vgl. Offenbacher, Konfession, S.  16. Zu der Einteilung auch: Statistisches Jahrbuch für das Großherzogtum Baden, 28.  Jg.: 1895 und 1896. – Karlsruhe: Macklot’sche Druckerei 1897, S.  343–345.

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bleibt8), wird man zwar zum erheblichen Teile den erwähnten über­ kommenen Vermögensunterschieden zurechnen. Daß aber auch innerhalb der katholischen Abiturienten der Prozentsatz derjeni­ gen, welche aus den modernen,a speziell für die Vorbereitung zu technischenb Studien und cgewerblich-kaufmännischenc Berufen, überhaupt für ein bürgerliches Erwerbsleben bestimmten und geeigneten Anstalten: Realgymnasien, Realschulen, höheren Bür­ gerschulen usw. hervorgehen, wiederum auffallend stärker hinter dem der Protestanten zurückbleibt9), während diejenige Vorbil­ 8)  Von der Bevölkerung Badens waren 1895: 37,0 Proz. Protestanten,d 61,3 Proz. A, A 4, 1 Katholiken, 1,5 Proz. Juden. Die Konfessionalität der Schüler aber stellte sich 1885/95e BS, C 21 auf den über die Volksschulenf 31 hinausgehenden und nicht obligatorisch zu besuchen­ den Schulen wie folgt darg (nach Offenbacher a. a. O. S.  16):32

Gymnasien Realgymnasien Oberrealschulen Realschulen höhere Bürgerschulen

Protestanten Katholiken Juden 43 Proz. 46 Proz.   9,5 Proz. 69 „ 31 „   9 „ 52 „ 41 „   7 „ 49 „ 40 „ 11 „ 51 „ 37 „ 12 „

Durchschnitt

48 Proz.

42 Proz.

10 Proz.

  Genau die gleichen Erscheinungen in Preußen, Bayern, Württemberg, den Reichs­ landen,33 Ungarn (s. die Zahlen bei Offenbacher a. a. O. S.  18 f.). 9)  S[iehe] die Ziffern in voriger Note, wonach dieh hinter der katholischen Bevölke­ rungsquote um ein Drittel zurückbleibende katholische Gesamtfrequenz der mittleren Lehranstalten nur in den Gymnasien (wesentlich behufs Vorbildung zum theologi­

a  Komma fehlt in A, A1.  b A: technischen  c–c A: gewerblich-kaufmännischen d  Komma fehlt in A, A1.  e  A, A1, BS, C: 1885/91  f  A, A1: Volkschulen  g A, A1: folgt  Fehlt in BS, C; wiederholtes bzw. fehlendes Wort sinngemäß durch dar ersetzt bzw. ergänzt.   h  A, A1: die, 31 Die Volksschule gehörte zum niederen Schulwesen. In allen deutschen Staaten galt bis zum Alter von 14, mitunter auch bis zum Alter von 15 Jahren Schulpflicht. 32  Offenbacher legt für Protestanten und Katholiken (637 946 bzw. 1 057 075), nicht aber für die Juden (bei Offenbacher: Israeliten) und die Gesamtbevölkerung Badens von den offiziellen Statistiken leicht abweichende Zahlen zugrunde, die aber die gerundeten prozentualen Anteile nicht verändern. – In der von Weber im folgenden nach Offenbacher, Konfession, S.  16, wiedergegebenen Tabelle präsentiert Offenbacher den Zehnjahres-Durchschnitt von 1885 bis 1895 (dort ohne Hervorhebungen), macht aber in Zeile zwei einen Fehler, den Weber übernimmt: Die Prozente addieren sich auf 109. Vermutlich liegt der Anteil der Protestanten an den Schülern des Realgymnasiums um 10 Prozentpunkte zu hoch. 33  Elsaß-Lothringen wurde nach der Eingliederung in das Deutsche Reich nicht als Bundesstaat, sondern als reichsunmittelbares Gebiet behandelt und von einem vom Kaiser eingesetzten Statthalter verwaltet (seit 1919 Teil Frankreichs).

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dung, | welche die | humanistischen Gymnasien bieten, von ihnen bevorzugt wird, – das ist eine Erscheinung, die damit nichti erklärt ist, die vielmehr umgekehrt ihrerseitsk zur Erklärung der geringen Anteilnahme der Katholiken am kapitalistischen Erwerb herange­ zogen werden muß. Noch auffallender aber ist eine Beobachtung, welche die geringere Anteilnahme der Katholiken an der gelernten Arbeiterschaft der modernen Großindustrie verstehen hilft. Die bekannte Erscheinung, daß die Fabrik ihre gelernten Arbeitskräfte in starkem Maße dem Nachwuchs des Handwerksl entnimmt, die­ sem also die Vorbildung ihrer Arbeitskräfte überläßt und sie ihm nach vollendeter Vorbildung entzieht, zeigt sich in wesentlich stär­ kerem Maße bei den protestantischen als bei den katholischen Handwerksgesellen. Von den Handwerksgesellen zeigen m. a. W. die Katholiken die stärkere Neigung zum Verbleibenm im Hand­ werk, werden also relativ häufiger Handwerksmeister, während die Protestanten in relativ stärkerem Maße in die Fabriken abströmen, um hier die oberen Staffeln der gelernten Arbeiterschaft und des gewerblichen Beamtentums zu füllen10). In diesen Fällen liegt zwei­ fellos das Kausalverhältnis so, daß die anerzogene geistige Eigenart,

schen Studium)34 um einige Prozente überschritten wird. Als charakteristisch sei mit BS, C 22, Rücksicht auf spätere Ausführungenn 35 noch herausgeho|ben, daß in Ungarn die | ReA, A1 5 formierten die typischen Erscheinungen der protestantischen Mittelschulfrequenz in noch gesteigertem Maß aufweisen (Offenbacher a. a. O. S.  19 Anm. a[m] E[nde]).36 10)  S[iehe] die Nachweise bei Offenbacher a. a. O. S.  54 und die Tabellen am Schluß der Arbeit.37 i A: nicht  k A: ihrerseits  l A: Handwerks  m A: Verbleiben  n A, A1: Ausführungen,  34  Voraussetzung für das Studium der Theologie und der Alten Sprachen war das Abitur an einem humanistischen Gymnasium. Absolventen des Realgymnasiums oder der Oberrealschule konnten Theologie nur dann studieren, wenn sie eine Zusatzprüfung in den klassischen Sprachen ablegten (eingeführt 1902). 35  Siehe unten, S.  257–492, zur asketischen Lebensauffassung im Calvinismus. 36  Nach Offenbacher, Konfession, S.  18 f., waren im Jahre 1876 in Ungarn Juden und Reformierte, gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil, unter den Gymnasiasten überrepräsentiert, Protestanten (gemeint: Lutheraner), römische Katholiken und griechische Katholiken dagegen unterrepräsentiert. 37  Offenbacher, Konfession, verweist S.  54 f. auf die hohe Anzahl von Protestanten, die aus Handwerksberufen kamen und in die Großindustrie abströmten, besonders in den Maschinenbau. Die bessere soziale Lage und Bildung der Protestanten äußere sich auch darin, daß sie im Handwerk die geistig anspruchsvollen und Geschicklichkeit erfordernden Berufe wie etwa Setzer oder Drucker ausübten. – Die Tabellen ebd., S.  69–99.

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und zwar hier die durch die religiöse Atmosphäre der Heimat und des Elternhauses bedingte Richtung der Erziehung, die Berufswahl und die weiteren beruflichen Schicksale bestimmt hat. Die geringere Beteiligung der Katholiken am modernen Erwerbsleben in Deutschland ist nun aber um so auffallender, als sie der sonst ovon jeher11) o pund auchp in der Gegenwartq gemachten Erfahrung zuwiderläuft:r daß nationale oder religiöse Minderhei­ ten, welche als „Beherrschte“ einer anderen Gruppe als der „herr­ schenden“ gegenüberstehen, durch ihren freiwilligen oder unfrei­ willigen Ausschluß von politisch einflußreichen Stellungen gerade in besonders starkems Maße auf die Bahn des Erwerbes getrieben zu werden pflegen, daß ihre begabtesten Angehörigen hier den Ehrgeiz, der auf dem Boden des Staatsdienstes keine | Verwertung finden kann, zu befriedigen suchen. So verhieltt es sichu unverkenn­ bar mit den in zweifellosem ökonomischen Fortschreiten begriffe­ nen Polen in | Rußland und vim östlichenv Preußen38 – im Gegen­ satz zu dem von ihnen beherrschten Galizien39 –, so früher mit den Hugenotten in Frankreich unter Ludwig XIV.,40 den Nonkonfor­ misten und Quäkern41 in England und – last not least – mit den w 11)  Besonders gut an den später mehrfach zu zitierendena Stellen bin Sirc W[illiam] Petty’s Schriften.b w 42 |

o–o Fehlt in A einschließlich Index.   p–p Fehlt in A, A1.  q In A, A1 folgt: so häufig  r A, A1: zuwiderläuft,  s A: starkem  t A: verhält  u In A folgt: heute  In A1 folgt: 〈unter〉    v–v  Fehlt in A.   w–w  Fehlt in A.   a A1: besprechen­ den > zitierenden  b–b A1: Sir W. Petty’s  c BS, C: Sir. 38 Polen lebten in Rußland, hier vorwiegend in Russisch-Polen (Königreich Polen oder, nach 1815, Kongreß-Polen), in Österreich (Galizien, vgl. die folgende Anm.) und in Preußen (vgl. oben, S.  127, Anm.  21). 39  Galizien war österreichisches Kronland. Die Bevölkerung bestand 1900 zu 55% aus Polen (meist römisch-katholisch), v. a. in Westgalizien, und zu 42% aus Ruthenen (meist griechisch-katholisch), v. a. in Ostgalizien. Galizien besaß einen eigenen Landtag und eine eigene Verwaltung, wodurch sich das nationale Polentum behaupten konnte. 1890 war die Industrie noch wenig entwickelt, der Bildungsstand niedrig. 40  Frankreichs Protestanten, die „Hugenotten“, galten um die Mitte des 17. Jahrhunderts als Träger des Fortschritts und der Kultur in Staat, Industrie, Handel und Wissenschaft. Unter Ludwig XIV. (reg. 1661–1715) wurden sie systematisch aus ihren Ämtern und Berufen gedrängt und seit 1681 offen verfolgt. Nach dem Widerruf des Edikts von Nantes (1685) flohen hunderttausende Hugenotten ins Ausland. Näheres im Glossar, unten, S.  608 f. 41  Für die Quäker in England z. B. anschaulich Bernstein, Kommunistische Strömungen, S.  680–685. 42  Weber zitiert aus Pettys Schrifttum (ausgenommen der Stelle S.  134, Fn.  12) unten, S.  141, Fn.  66, S.  471, Fn.  371, und S.  482.

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Juden seit zwei Jahrtausenden. Aber bei den Katholiken in Deutsch­ land sehen wir von einer solchen Wirkung nichts oder wenigstens nichts in die Augen Fallendes, und auch in der Vergangenheit dhat­ ten sie im Gegensatz zu den Protestantend weder in Holland noch in England in den Zeiten, wo sie entweder verfolgt oder nur tole­ riert waren, irgendeine besonders hervortretende ökonomische Entwicklung aufzuweisen. e fVielmehr besteht die Tatsachef: daß die Protestanten (insbesondere gewisseg später besondersh zu behan­ delndei Richtungen unter ihnen)j 43 sowohl als herrschendek wie als beherrschte Schichtl, sowohl als Majorität wie als Minorität eine spezifische Neigung zum ökonomischen Rationalismus gezeigt haben, mwelche bei denm Katholiken weder in der einen noch in der anderen Lage in gleicher Weisen zu beobachten war und ist12).e Der Grund des verschiedenen Verhaltens muß also der Hauptsache onach in der dauernden inneren Eigenart und nicht nur in der p 12)  Denn die gelegentliche Exemplifikation Petty’s aufq Irland44 hat den sehr ein­ A, A1 6, BS, C 23 fachen Grund: daß dort dier protestantische Schicht snur als absentistisches Landlords saßt.45 Würdea sie mehr behaupten, so wäre sie (bekanntlich) irrig gewesen, wie die

d–d A: haben sie  e–e  Fehlt in A einschließlich Index.   f–f A1: Die Tatsache be­ steht > Vielmehr besteht die Tatsache  g A1: die > gewisse  h A1: gesondert i A1: behandelte > behandelnde  j  Klammer fehlt in A1.  k  In A1 folgt: 〈Majori­ tät〉  l A1: Minorität > Schicht  m–m A1: die > welche bei den  n A1: Art > Weise  o–o  (S.  135)  A: doch in der inneren Eigenart, nicht in der A1: doch wohl > in der dauernden [. . .]  p–p (S.  135)  Fehlt in A.   q A1: für > auf  r  In A1 folgt: herrschende  s–s A1: als  t A1: herkam > saß  a A1: Wollte > Würde   43  Gemeint sind die Richtungen des „asketischen Protestantismus“, vgl. dazu unten, S.  257–492. 44  Weber dürfte bei Petty Stellen wie die folgende im Blick haben (hier im Kontext seiner Beobachtung, daß sich drei Viertel des Welthandels in der Hand der Hetero­ doxie, d. h. zumeist von Nicht-Katholiken, befinde): „[. . .] nor it is to be denied but that in Ireland, where the said Roman Religion is not Authorized, there the Professors there­ of have a great part of the Trade“. Petty, Political Arithmetick, p.  26. 45  Die am irischen Feldzug Oliver Cromwells von 1649/50 (bis 1652) beteiligten englischen Soldaten, vor allem aber seine Finanziers, wurden nach der vollständigen Unterwerfung Irlands mit Landbesitz in Irland entschädigt. Ziel war es, durch Kolonisation aus Irland ein „englisches“ und protestantisches Land zu machen. Zur Zeit William Pettys, der von 1666 bis 1685 in Irland lebte, lag die wirtschaftliche Macht bei den Kolonisten, wobei die Großgrundbesitzer zu einem Viertel (mit zunehmender Tendenz) „Absentees“ waren, zumeist also in England und damit außerhalb Irlands residierten. Vgl. Bonn, Moritz Julius, Die englische Kolonisation in Irland, 2. Band. – Stuttgart: J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger 1906, S.  41 ff., bes. S.  128 und 162 f.

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Archiv, 20. Band, Heft 1, 1904, S.  6, mit handschriftlichen Überarbeitungen Max Webers (linker Rand: mit blaugraustichiger Tinte; Fußnoten: mit einer ein unregelmäßiges Schriftbild erzeugenden Feder und schwarzer Tinte) Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen (seit 2016: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446.B)

Archiv, 20. Band, Heft 1, 1904, S. 9, mit handschriftlichen Überarbeitungen Max Webers (rechter Rand: mit breiter Feder und dunkler Tinte; Fußnotenzusätze mit einer ein unregelmäßiges Schriftbild erzeugenden Feder und schwarzer Tinte) Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen (seit 2016: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446.B)

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jeweiligeno äußeren historisch-politischen Lage der Konfessionen gesucht werden13). | Stellungb der „Scotch-Irish“ beweist.46 cDie typische Beziehung zwischen Kapitalis­ mus und Protestantismus bestand in Irland ebenso wie anderwärts. (Über die „ScotchIrish“ in Irland s. C[harles] A. Hanna, The Scotch-Irish, 2 Bände, New-York, Put­ nam).c p 47 | 13)  Das schließt natürlich nicht aus, daß auch die letztere höchst wichtige Konse­ quenzen gehabt hat[,] und steht namentlich damit nicht im Widerspruch, daß es, wie späterhin zu erörtern,48 für die Entwicklung der ganzen Lebensatmosphäre mancher protestantischer Sekten von ausschlaggebender, auch auf ihre Beteiligung am Wirt­ schaftsleben zurückwirkenderd Bedeutung war, daß sie kleinee und deshalb homogene Minoritätenf repräsentierten,g wie dies z. B. bei den strengen Calvinisten außerhalb von Genf und Neu-England eigentlich überall, selbst da[,] wo sie politisch herrschten, der Fall war. h– Daßi Emigranten aller Konfessionen der Erde: indische, arabische, kchinesi­ sche, syrische, phönikische, griechischek, lombardische, „cawerzische“49 als Träger kaufmännischer Schulung hochentwickelter Länder in andere übersiedelten, warl eine ganz universellem Erscheinung undn hat mit unseremo Problem nichtsp zu tun. (Brentano in dem öfter zu zitierenden Aufsatz über „Die Anfänge des modernen | Kapitalismus“q BS, C 24 verweist auf seine eigene Familie.50 Aber: Bankiers fremder Provenienz rals vorzugs­ weise Träger kaufmännischer Erfahrung und Beziehungenr hat es zu allen Zeiten in b A1: Rolle  c–c Fehlt in A1.  p (S.  134)–p Fehlt in A.   d A, A1: zurückwir­ kender,  e A: kleine  f A: Minoritäten  g In A, A1 folgt Gedankenstrich. h–h (S.  136) Fehlt in A.   i In A1 folgt: 〈natürlich〉  k A1: syrische, chinesische, phönikische > chinesische, syrische, phönikische[,] griechische   l A1: ist > war m  In A1 folgt: 〈jedem〉  n  In A1 folgt: 〈weitgehend unabhängig〉  o A1: diesem > unserem  p A1: nicht unmittelbar etwas > nichts  q  In A1 folgt: (durch Exkurse vermehrte Festrede in der Münchener Akademie, München 1916   r–r  Fehlt in A1. 46  Bei den „Scotch-Irish“ handelt es sich um Nachkommen schottischer Presbyterianer, die sich seit Beginn des 17. Jahrhunderts in der nordirischen Provinz Ulster und benachbarten Provinzen angesiedelt hatten (vgl. Hanna, Scotch-Irish I, p.  498 ff.). Viele Presbyterianer aus Ulster wanderten im Verlauf des 18. Jahrhunderts nach Nord­ amerika aus. Dort ließen sie sich vor allem in Pennsylvania und Virginia nieder und erhielten die Bezeichnung „Scotch-Irish“. 47  Vgl. Hanna, Scotch-Irish I, II. In Irland hatten sich die schottischen Presbyterianer um die Produktion von Leinen und Wolle verdient gemacht, womit diese protestantische Gruppe nach 1660 einen „remarkable industrial spirit“ gezeigt habe, so Hanna, Scotch-Irish II, p.  173. Dieser wurde jedoch in der Folgezeit unterdrückt, so daß viele zwischen 1718 und 1730 und erneut 1780, auch aus religiösen Gründen, nach Nordamerika auswanderten. Vgl. Hanna, ebd., „The Repression of Trade in Ireland“, p.  172–175. 48 Siehe unten, S. 257–492, zur asketischen Lebensführung der Religionsgemeinschaften. 49  Zu „lombardisch“ und „cawerzisch“ vgl. das Glossar, unten, S.  612 und 601. 50  Brentano, Anfänge, S.  133 f., macht gegen Weber geltend, daß auch Katholiken in der Diaspora ihre Fähigkeiten betätigen und großen Wohlstand erlangen können. Er verweist dazu auf seine aus Norditalien stammenden katholischen Vorfahren, die seit dem 17./18. Jahrhundert in deutschen und niederländischen protestantischen Städten als Geschäftsleute und Bankiers Erfolg hatten.

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Es würde also darauf ankommen a, zunächst einmala zu untersu­ chen, welchesb diejenigen Elemente jener Eigenart der Konfessio­ nen sind oder waren, die in der vorstehend geschilderten Richtung gewirkt haben und teilweise noch wirken. Man könnte nun bei oberflächlicher Betrachtung und aus gewissen modernen Eindrüc­ ken heraus versucht sein, den Gegensatz so zu formulieren:c daß die größere „Weltfremdheit“d des Katholizismus, die asketischen Züge, welche seine höchsten Ideale aufweisen, seine Bekenner zu einer größeren Indifferenz gegenüber den Gütern dieser Welt erziehen müßten. Diese Begründung entspricht denn auch in der Tat dem heute üblichen populären Schema der Beurteilung beider Konfessionen. Von protestantischer Seite benutzt man diese Auf­ fassung zur Kritik jener (wirklichen oder angeblichen) asketischen Ideale der katholischen Lebensführung, von katholischer antwortet man mit dem Vorwurf des „Materialismus“, welcher die Folge der Säkularisation aller Lebensinhalte durch den Protestantismus sei.51 allen Ländern gegeben.e Sie sind kein Spezifikum des modernenf Kapitalismus gund wurden – s. später52 – von den Protestanten mit ethischem Mißtrauen betrachteth. An­ ders stand es mit den nach Zürich gewanderten Locarneser Protestantenfamilien Muralt, Pestalozzi usw., welche in Zürich sehr bald zu den Trägern einer spezifisch modernen kapitalistischen (industriellen) Entwicklung gehörten)g.h 53 |

a–a Fehlt in A.   b A: welches  c A, A1: formulieren,  d A, A1: „Weltfremdheit“  e In A1 folgt: 〈Die Hugenotten ragten〉  f In A1 nicht hervorgehoben. g–g  Fehlt in A1.  h BS, C: beachtet  h (S.  135) –h  Fehlt in A. 51 Vermutlich Anspielung auf die konfessionelle Polemik aus der Zeit des preußischen Kulturkampfs. Z. B. hieß es auf dem Deutschen Katholikentag 1872 (vgl. Verhandlungen der XXII. General-Versammlung der Katholiken Deutschlands zu Breslau 1872. – Breslau: G. P. Aderholz 1872): „Wir haben den modernen Staat, das ist der Staat ohne Gott“, dessen Glückseligkeit darin liege, „zum größten Reichthum“ zu führen (S.  187). Vor dem „Verfall in den Materialismus“ aber schütze die Welt allein der Papst (vgl. S.  130–134, Zitat S.  130). Oder während einer Landtagsdebatte über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen führte der Sprecher der Deutschen Fortschrittspartei „die Freiheit der individuellen, religiösen Ueberzeugung oder des reli­ giösen Glaubens“ gegen die Hierarchie der römisch-katholischen Kirche ins Feld. Abgeordnete der Zentrumspartei warfen ihm „Materialismus“ vor (vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Preußischen Landtags, Haus der Abgeordneten, 1. Band. – Berlin: W. Moeser 1873, 28. Sitzung am 17. Jan.  1873, S.  629–635, Zitat S.  633). 52  Siehe unten, S.  140, Fn.  17, und S.  415 f., Fn.  286. 53  Bei den Großindustriellen-Familien Muralt (aus Locarno) und Pestalozzi (aus dem lombardischen Chiavenna) handelte es sich um protestantischen Adel. Sie waren

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Auch ein moderner Schriftsteller glaubte den Gegensatz, wie er in dem Verhalten beider Konfessionen gegenüber dem Erwerbsleben zutage tritt, dahin formulieren zu sollen: „Der Katholik . . . ist ruhi­ ger; mit ge|ringerem Erwerbstrieb ausgestattet, gibt er auf einen möglichst gesicherten Lebenslauf, wenn auch mit kleinerem Ein­ kommen, mehr, als auf ein gefährdetes, aufregendes, aber eventuell Ehren und Reichtümer bringendes Leben. Der Volksmund meint scherzhaft: entweder gut essen, oder ruhig schlafen. Im vorliegen­ den Fall ißt der Protestant gern gut, während der Katholik ruhig schlafen will“14). In der Tat mag mit dem „gut essen wollen“ die Motivation für den kirchlich indifferenteren Teil der Protestanten in Deutschland und für die Gegenwart, zwar unvollständig, aber doch wenigstens teilweise richtig charakterisiert sein. Aber nicht nur lagen die Dinge in der Vergangenheit sehr anders: für die eng­ lischen, holländischen und amerikanischen | Puritaner war bekannt­ lich das gerade Gegenteil von „Weltfteude“ charakteristisch[,] und zwar, wie wir noch sehen werden,54 gradei einer ihrer für uns kwich­ tigsten Charakterzüge. Sondernk z. B. der französische Protestantis­ mus hat den Charakter, der den calvinistischen Kirchen überhaupt und zumal denen „unter dem Kreuz“55 in der Zeit der Glaubens­ kämpfe überall aufgeprägt wurde, lsehr lange und in gewisseml Maße bis heute bewahrt. Er ist dennoch – oder, so werden wir weiterhin zu fragen haben: vielleicht gerade deshalb? – bekanntlich einer der wichtigsten Träger der gewerblichen und kapitalistischen Entwicklung Frankreichs gewesen und in dem kleinen Maßstabe, 14) 

Dr. Offenbacher, a. a. O. S.  68.56 |

i  A, A1: sogar  k–k A: wichtigsten Charakterzüge, – sondern  l–l A: in hohem 1555 nach Zürich eingewandert. Vgl. Maliniak, Exportindustrie (von Weber zitiert unten, S.  187, Fn.  46), S.  106–109 und 113–115. 54  Siehe unten, S.  257–492, zur asketischen Lebensführung der Puritaner. 55  Bezeichnung für Kirchen, die verfolgt wurden und im Verborgenen bleiben mußten, wie die protestantischen Kirchen in Frankreich, in den Niederlanden oder auch am Niederrhein. So auch von Polenz für die erstgenannten gebraucht (vgl. Polenz, Calvinismus I, S.  434, 442, 503 und S.  600; Polenz wird von Weber zitiert unten, S.  264, Fn.  91). Vgl. auch das Glossar, unten, S.  610. 56  Mit dem „moderne[n] Schriftsteller“ (oben, Z.  1) ist vermutlich Offenbacher selbst gemeint. Bei Offenbacher, Konfession, S.  68, heißt es: „Der Katholik in Baden ist ruhiger; mit geringem Erwerbstrieb ausgestattet […]“ (bei Offenbacher kein Zitat).

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in welchem die Verfolgung es zuließ, geblieben.57 Wenn man diesen Ernst und das starke Vorwalten religiöser Interessen in der Lebens­ führung „Weltfremdheit“ nennen will, dann waren und sind die französischen Calvinisten mindestensm ebenso weltfremd wie nz. B.n die norddeutschen Katholiken, denen ihr Katholizismus unzweifel­ haft in einem Maße Herzenssache ist, wie keinem anderen Volke der oErde. Undo beide unterscheiden sich dann nach der gleichen Richtung von der vorherrschenden Religionspartei: den in ihren unteren Schichten höchst lebensfrohenp, in ihren oberen direkt religionsfeindlichen Katholiken Frankreichs und den heute im weltlichen Erwerbsleben aufgehenden und in ihren oberen Schich­ ten vorwiegend religiös indifferenten Protestanten Deutschlands15). Kaum etwas zeigt so | deutlich, wie diese Parallele, daß mit so vagen Vorstellungen, wie der (angeblichen!) „Weltfremdheit“ des Katho­ lizismus, der (angeblichen!) materialistischen „Weltfreude“ des Protestantismus und vielen ähnlichen hier nichts anzufangen ist, schon weil sie in dieser Allgemeinheit teils auch heute noch, teils wenigstens für die Vergangenheit gar nicht zutreffen. Wollteq man aber mit ihnen operieren, dann müßten außer den schon gemach­ ten Bemerkungen noch manche andere Beobachtungen, die sich ohne weiteres aufdrängen, sogar den Gedanken nahelegen, ob nicht der ganze Gegensatz zwischen rWeltfremdheit, Askeser und kirchlicher Frömmigkeit auf der einen Seite, Beteiligung am kapita|listischen Erwerbsleben auf der anderen Seite geradezu in eine innere Verwandtschaft umzukehren sei.

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15)  Ungemein feine Bemerkungen über die charakteristische Eigenart der Konfes­ sionen in Deutschland und Frankreich und die Kreuzung dieser Gegensätze mit den sonstigen Kulturelementen im elsässischen Nationalitätenkampf in der vortrefflichen | A, A1 8 Schrift von W[erner] Wittich, Deutsche und französische Kultur im Elsaß (Illustrierte Elsäss[ische]s Rundschau, 1900, auch als Sonderabdruck erschienen).58 |

m Fehlt in A.   n–n A: (im allgemeinen) die deutschen oder doch mindestens o–o A: Erde, – und  p  A, A1: „lebensfrohen“  q A: Wollte  r–r  A, A1: „Welt­ fremdheit“, „Askese“  s  A, A1, BS, C: Elsäß.  57   Gemeint sind die Hugenotten. Vgl. dazu oben, S.  133 mit Anm.  40, und das Glossar, unten, S.  608 f. 58 Wittich, Elsaß, S.  20, schreibt: „Der Protestantismus Frankreichs ist der strenge weltfeindliche Kalvinismus, der das ganze Leben erfüllt und seinen Anhänger zu einem tüchtigen, aber unduldsamen, der Weltfreude abgeneigten Menschen macht. Der französische Katholizismus ist die katholische Kirche der romanischen Länder, ‚die

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In der Tat ist nun schon auffallend – um mit einigen ganz äußer­ lichen Momenten zu beginnen –[,] wie groß die Zahl der Vertreter gerade der innerlichsten Formen christlicher Frömmigkeit gewe­ sena ist, die aus kaufmännischen Kreisen stammen. Speziell der Pietismus verdankt eine auffallend große Zahl seiner ernstesten Bekenner dieser Abstammung. Man könnte da an eine Art Kon­ trastwirkung des „Mammonismus“ auf innerliche und dem Kauf­ mannsberuf nicht angepaßte Naturen denken, und sicherlich hat, wie bei Franz von Assisi,59 so auch bei vielen jener Pietisten, sich der Hergang der „Bekehrung“ subjektiv dem Bekehrten selbst sehr oft so dargestellt. Und ähnlich könnte man dann die gleichfalls – bis auf Cecil Rhodes60 herab – so auffallend häufige Erscheinung, daß aus Pfarrhäusern kapitalistische Unternehmer größten Stils hervorgehen, als eine Reaktion gegen asketische Jugenderziehung zu erklären suchen. Indessen diese Erklärungsweise versagt da, wo ein virtuoser kapitalistischer Geschäftssinnb mit den intensivsten Formen einer das ganze Leben durchdringenden und regelnden Frömmigkeit in denselben Personen und Menschengruppen zusammentrifft, und diese Fälle sind nicht etwa vereinzelt, sondern sie sind geradezu bezeichnendes Merkmal für ganze Gruppen der historisch wichtigsten protestantischen Kirchen und Sekten. Spe­ ziell der Calvinismus zeigt, wo immer er aufgetreten ist16) c, diese d 16)  Danne natürlich, soll das heißen:f wenn die Möglichkeit kapitalistischer Ent­ B , C 26 S wicklung in dem betreffenden Gebiet überhauptg gegeben war.d |

a Fehlt in A.   b A: Erwerbssinn  c Index fehlt in A und zunächst an dieser Stelle in A1.  d–d  Fehlt in A.   e  In A1 geht voraus: 〈Dies: „wo immer er aufgetre­ ten ist“〉  f A1: heißen,  g  In A1 nicht hervorgehoben. Ketzer strafend, doch den Sündern mild.‘ Dabei hat die katholische Kirche über einen großen Teil ihrer Bekenner die Macht verloren, sie sind liberal oder sozialistisch, d. h. ungläubig und antikirchlich geworden. In Deutschland ist es gerade umgekehrt. Hier sind es gerade die Protestanten, die Anhänger der Staatskirche, die den politischen Liberalismus und die religiöse Gleichgültigkeit hauptsächlich vertreten, während die Katholiken streng religiös völlig der Kirche unterthan sind [.  .  .].“ 59   Franz von Assisi wuchs als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns auf und war der Legende nach Haupt der genußfreudigen Jugend in Assisi. Nach einem einschneidenden Erlebnis bekehrte er sich und wurde ein in freiwilliger Armut umherziehender Bußprediger, dann Ordensgründer. 60  Cecil Rhodes, ein Protagonist des britischen Imperialismus in Südafrika, der durch seine Gold- und Diamantengeschäfte zu einem der reichsten Männer seiner Zeit wur-

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Kombinationh. So wenig er in der Zeit der Ausbreitung der Refor­ mation in irgendeinem Lande (wie überhaupt irgendeine der pro­ testantischen Konfessionen) | an eine bestimmte ieinzelne Klassei gebunden war, so charakteristisch und in gewissem Sinn „typisch“ ist es doch z. B., daß ink französischen Hugenottenkirchen alsbald lMönche und Industriellel (Kaufleute, Handwerker) numerisch besonders stark unter den Proselyten vertreten waren und, nament­ lich in den Zeiten der Verfolgung, vertreten blieben17). Schonm | die Spanier wußten, daß „die Ketzerei“ (d. h. der Calvinismus der Nie­

17)  S[iehe] darüber nz. B.n: Dupin de St. André, L’ancienne église réformée de Tours. Les membres de l’église (Bull[etin] de la soc[iété] de l’hist[oire] du Pro­tes­t[an­tisme] 4. s[érie] t. 1o).61 Man könnte auch hier wieder – und namentlich katholischen Beurtei­ lern wird dieser Gedanke naheliegen – die Sucht nach Emanzipation von der klösterli­ chen oder überhaupt kirchlichen Kontrolle als das treibende Motiv ansehen. Aber dem steht nicht nur das Urteil auch gegnerischer Zeitgenossen (einschließlich Rabelais)62 BS, C 27 entgegen, sondern es zeigen z. B. die Gewissensbedenken | der ersten Nationalsynoden der Hugenotton (z. B. 1. Synode, C[as] partic[uliers], particle 11p bei Aymon, Synod[es] Nat[ionaux] p.  10),63 ob ein Bankierq Ältester einer Kirche werden dürfe[,] und die, trotz Calvins unzweideutiger Stellungnahme,64 auf den Nationalsynoden stets wieder­ kehrende Erörterung65 der Erlaubtheit des Zinsennehmens anläßlich der Anfrage be-

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h  In A1 folgt zunächst Index (für Fn.  16), dann gestrichen und verschoben (vgl. oben, S.  139).   i–i A: einzelne Klasse  k  In A folgt: den  l–l A: Mönche und Industrielle  m A: Und schon    n–n A: jetzt  o  A, A1, BS, C: 10  p–p  A, A1, BS, C: qu. 10  q  In A nicht hervorgehoben. de, stammte aus einem englischen Landpfarrhaus. Erwähnt z. B. in: Cecil Rhodes †, in: FZ vom 27. März 1902, Nr.  86, 2. Mo.Bl., S.  1. 61 Vgl. Dupin, Église réformée de Tours, in der von Weber genannten Zeitschrift, Quatrième série, tome I. 62  Anspielung auf die Zustandsbeschreibung des französischen Satirikers und Humoristen François Rabelais, die das Gegenteil eines reglementierten monastischen Lebens vermittelt (Trunk- und Freßsucht der Mönche). Vgl. z. B. Polenz, Calvinismus I, S.  169–173, 195–197. 63  Weber bezieht sich auf die Verhandlungen der Premier Synode, dort unter Faits speciaux, article XI, in: Aymon, Synodes Nationaux I, p.  10. Die erste Nationalsynode der französischen reformierten Gemeinden, d. h. der Hugenotten, fand in Zeiten schlimmster Verfolgung am 25. Mai 1559 in Paris statt. 64 Calvin billigte das Zinsennehmen, das von der römischen Kirche verboten war (vgl. im Glossar: Zinsverbot, kanonisches, unten, S.  622), allerdings mit Einschränkungen: So dürfe man mit Geldleihe keinen Wucher betreiben und keine Zinsen von den Armen und Bedürftigen nehmen. Der Staat habe die Aufgabe, die Obergrenze der Zinsen festzulegen. Nach Wiskemann, Nationalökonomische Ansichten, S.  80 f. (von Weber zitiert unten, S.  235, Fn.  65), auf den sich auch Kampschulte, Calvin I, S.  429, bezieht (eingeführt unten, S.  263, Fn.  91). 65  Vgl. etwa Aymon, Synodes Nationaux I, p.  26 (3. Synode), p.  35 und 39 (4. Synode), p.  86 (6. Synode), das Verbot exorbitanter Zinsen p.  153 (11. Synode) und weitere Fälle.

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derländer) „den Handelsgeist befördere“[,] und rdies entspricht durchaus den Ansichten, welche Sir W[illiam] Petty in seiner Erörterung über die Gründe dess kapitalistischen Aufschwungs der Niederlande vortrug.r 66 Gothein18) bezeichnet die calvinistische Diaspora mit Recht als die „Pflanzschule der Kapitalwirtschaft“19). denklicher Gemeindeglieder zwar die starke Beteiligung der hieran interessierten Kreise, zugleich aber doch wohl auch:t daß der Wunsch, die „usuraria pravitas“67 ohne Beichtkontrolle ausüben zu können, nicht maßgebend gewesen sein kann. a(Das glei­ che – s. u. – in Holland.68 Das kanonische Zinsverbot spielt, um dies ausdrücklich zu sagen, in diesen Untersuchungen überhaupt keinerlei Rolle.)a 18)  W[irtschafts-]G[eschichte] des Schwarzwalds I, 674b.69 19)  Daran anschließend die kurzen Bemerkungen Sombarts, Der moderne Kapitalis­ mus c, 1.  Aufl. Ic S.  380.70 dSpäter hat Sombart leider,e in dem in diesen Partien m. E. weitaus schwächsten seiner fgrößeren Werkef (Der Bourgeois, München 1913), unter der Einwirkung einer ebenfalls,g trotz hvieler guterh (aberi in dieser Hinsicht nicht neu­ er) Bemerkungen, unter dem Niveau anderer jmodern-apologetischj katholischer Ar­ beiten bleibenden Schrift von F[ranz] Keller (Unternehmung und Mehrwert, Schriften r–r  Fehlt in A.   s  In A1 folgt: 〈damals schon〉  t  A, A1: auch,  a–a  Fehlt in A, A1.  b  A, A1, BS, C: 67  c–c A: I A1: 1. Aufl. I BS, C: , 1. Aufl.  d–d  (S.  142)  Fehlt in A.   e A1: leider –  f–f A1: Bücher > größeren Werke  g  In A1 folgt: 〈unter der〉  h–h A1: guter einzelner > vieler guter  i  In A1 folgt: 〈nicht neuer〉   j–j A1: spezifisch apologetisch > modern-apologetisch   66  Pettys Beobachtung ist, daß sich drei Viertel des Welthandels in den Händen von „Dissenters“ oder des „Heterodox part“ befinden; vgl. ders., Political Arithmetick, p.  25 f. Über die Gründe, aus denen die Toleranz speziell in Holland günstig auf das Geschäft wirke, heißt es bei Petty, ebd., p.  23: „I now come to the first Policy of the Dutch, viz. Liberty of Conscience [. . .]. Dissenters of this kind, are for the most part, thinking, sober, and patient Men, and such as believe that Labour and Industry is their Duty towards God. (How erroneous soever their Opinions be.)“ – Von Weber bereits zitiert in: Weber, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, MWG I/9, S.  588 f. 67  usuraria pravitas (lat.), unerlaubte, strafbare Zinsnahme. Vgl. dazu auch im Glossar: „usura“, unten, S.  620. 68  Siehe unten, S.  415 f., Fn.  286. 69  Gothein, Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes, S.  674: „Wer den Spuren der kapitalistischen Entwickelung nachgeht, in welchem Lande Europas es auch sei, immer wird sich ihm dieselbe Thatsache aufdrängen: Die calvinistische Diaspora ist zugleich die Pflanzschule der Kapitalwirtschaft. Die Spanier drückten sie mit bitterer Resignation dahin aus: ‚Die Ketzerei befördert den Handelsgeist.‘“ 70  Sombart, Der moderne Kapitalismus I, S.  380 f.: „Unzureichend erscheint mir auch eine Begründung modern-kapitalistischen Wesens mit der Zugehörigkeit zu bestimmten Religionsgemeinschaften. Daß der Protestantismus, zumal in seinen Spielarten des Calvinismus und Quäkertums, die Entwicklung des Kapitalismus wesentlich gefördert hat, ist eine zu bekannte Thatsache, als daß sie des weiteren begründet zu werden brauchte.“ Dazu zitiert Sombart Gothein (wie vorherige Anm.) und fährt fort: „Wenn jedoch jemand gegen diesen Erklärungsversuch [.  .  .] einwenden wollte: die protestantischen Religionssysteme seien zunächst vielmehr Wirkung als Ursache des modern-kapitalistischen Geistes, so wird man ihm schwer die Irrtümlichkeit seiner Auf-

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Man könnte ja hier die Überlegenheit der französischen und hol­ ländischen wirtschaftlichen Kultur, welcher diese Diaspora über­ wiegend entstammte, für das Entscheidende ansehen, oder auch den gewaltigen Einfluß des Exils und der Herausreißung aus den traditionellen Lebensbeziehungen20). Allein in Frankreich selbst | der Görres-Gesellschaft, 12. Heft) eine völlig verfehlte „These“ verfochten, auf die gelegentlich zurückzukommen ist.d  71 20)  Denn daß die bloße Tatsache des Heimatwechsels bei der Arbeit zu den mäch­ tigsten Mitteln ihrer Intensivierung gehört, steht durchaus fest k(vgl. auch S.  135 Anm.  13)k. – Dasselbe polnische Mädchen, welches in der Heimat durch keine noch so günstigen Verdienstchancen aus seiner traditionalistischen Trägheit herauszubringen warl, wandelt scheinbar seine ganze Natur und ist ungemessener Ausnutzung fähig, wenn es als Sachsengängerin in der Fremde arbeitet.72 Bei den italienischen Wander­ arbeitern zeigtem sich genau die gleiche Erscheinung. nDaß hier keineswegs nurn der erziehende Einfluß des Eintrittes in ein höheres „Kulturmilieu“ das Entscheidende ist – so sehr er natürlich mitspielt, – zeigt sich darin, daß die gleiche Erscheinung ein­ tritt, auch wo – wie in der Landwirtschaft – die Art der Beschäftigung genau die | A, A1 10 gleiche ist wie in der Heimat und die Unterbringung in Wanderarbeiterkasernen usw. sogar ein temporäres Herabsteigeno auf ein Niveau der Lebenshaltung bedingt, wie es in der Heimat pnie ertragenp werden würde.q Die bloße Tatsache des Arbeitens in ganz anderen Umgebungen als den gewohnten bricht hier den Traditionalismus und ist das „Erziehliche“. Es braucht kaum angedeutet zu werden, wieviel von der amerikani­ schen ökonomischen Entwicklung auf solchen Wirkungen ruht. Für das Altertum ist die ganz ähnliche Bedeutung des babylonischen Exils73 für die Juden, man möchte sa­ BS, C 28 gen, mit Händen in den Inschriften zu greifen74 rund trifft | das Gleiche z. B. für die d  (S.  141)–d  Fehlt in A.  k–k  Fehlt in A; A1: (vgl. auch oben S.  6 Anm.  2) BS: (vgl. auch oben in Anm.  13)  l  A, A1: ist  m  A, A1: zeigt  n–n A: Und daß hier nicht nur   o A: Herabsteigen  p–p A: nie ertragen  q  A, A1: würde. –  r–r (S.  143)  Fehlt in A, A1. fassung darthun können, es sei denn mit Hilfe eines empirischen Nachweises konkrethistorischer Zusammenhänge, auf welche wir also immer wieder hingewiesen werden, sobald wir auch nur einigermaßen befriedigenden Aufschluß über die Entstehung des modernen Kapitalismus gewinnen wollen.“ 71  Mit Sombart, Bourgeois, und Keller, Unternehmung und Mehrwert, setzt sich Weber unten, S.  195–201, Fn.  51, auseinander. 72  Fast wörtlich in der zweiten Fassung von Webers Artikel „Entwickelungstendenzen in der Lage der ostelbischen Landarbeiter“ (1894), MWG I/4, S.  362–462. Dort heißt es S.  447: „Polnische Mädchen, welche in der Heimath kein noch so hoher Lohn zu energischer Arbeit anspornt, leisten auswärts Außergewöhnliches.“ Über die landwirtschaftlichen Wanderarbeiter („Sachsengänger“) ebd., S.  446–448. 73 Unter dem babylonischen König Nebukadnezar II. wurden 598/97 und 587/86 v. Chr. (Zerstörung Jerusalems und des ersten Tempels) die Bewohner des Staates Juda, vor allem die Jerusalemer Oberschicht, nach Babylonien zwangsdeportiert. Nach der Eroberung Babylons durch die Perser durften die Juden unter Kyros II. seit 538 v.Chr. in ihre Heimat zurückkehren; manche blieben jedoch in Babylonien (vgl. die folgende Anm.). 74  Wahrscheinlich Anspielung auf die Tontafel-Dokumente des Handels- und Kredit-

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stand, wie | aus Colberts75 Kämpfen bekannt ist, im 17. Jahrhundert die Sache ganz ebenso. Selbst Österreich hat – von anderen Län­ Parsen76 zur. – Aber für die Protestantens spielt, wie schon dert unverkennbare Unter­ schied in der ökonomischen Eigenart der puritanischen Neu-England-Kolonien gegen­ über dem katholischen Maryland, dem episkopalistischen Süden und dem interkonfes­ sionellen Rhode Island zeigt,77 der Einfluß ihrer religiösen Eigenart ganz offenbaru als selbständigerv Faktor eine Rolle w, ähnlich wie in Indien etwa bei den Jainaw.78

s  A, A1: Calvinisten  t  In A, A1 folgt: immerhin  u A: unverkennbar  v  In A, A1 nicht hervorgehoben.   w–w  Fehlt in A, A1.  hauses Muraschu in Nippur (ca. 455–403 v.Chr.). Darauf sind Geschäfte mit den Diaspora-Juden der Umgebung erwähnt, wie man an den Namen erkennen kann. Vgl. Hilprecht, H[ermann V.] und Clay, A[lbert T.], Business Documents of Murashû Sons of Nippur dated in the Reign of Artaxerxes I (464–424 B. C.) (The Babylonian Expedition of the University of Pennsylvania, Ser. A, vol.  9). – Philadelphia, PA: University of Philadelphia 1898; Clay, A[lbert T.], dass. dated in the Reign of Darius II (424–404 B. C.) (ebd., vol.  10), ebd., 1904. – Weber, Agrarverhältnisse3, verweist auf „die von Hilprecht edierten Ausgrabungen der Univ[ersity] of Pennsylvania“ (MWG I/6, S.  730; dazu S.  841). Ferner Weber, Antikes Judentum, MWG I/21, S.  707 (dazu Eckart Otto, Einleitung, MWG I/21, S.  127 mit Anm.  30). 75  Jean Baptiste Colbert war von 1661 an über 22 Jahre Finanzminister Ludwigs XIV. Neben der wirtschaftlichen Vereinheitlichung Frankreichs strebte er auch die religiöse an. Juden und Hugenotten wollte er vertreiben, obwohl man über die Hugenotten sagte, sie besäßen großes Kapital und hätten die tüchtigsten Kaufleute. Darüber hinaus stellten sie „einen sehr bedeutenden Anteil an der Verwaltung der Finanzen, den Staatspachtungen, dem Anleihewesen. Es ist bemerkenswert, mit welchem Eifer und Erfolg sie sich der aufkommenden Manufaktur widmeten. [.  .  .] Es bestand zu jener Zeit das Sprichwort: ‚riche comme un protestant.‘“ Hecht, Gustav Heinrich, Colbert’s politische und volkswirtschaftliche Grundanschauungen (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, 1. Band, 2. Heft). – Freiburg i.B., Leipzig und Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1898, Zitat S.  20 f. (von Weber zusammen mit einem Artikel von Gustav Cohn über Colbert als Literatur aufgeführt im Vorlesungs-Grundriß, MWG III/1, S.  82; vgl. ebd., S.  104). 76  Parsen sind die Anhänger der rigoristischen Religion Zarathustras, benannt nach ihrem Herkunftsland Persien. In Indien eine Minorität, waren sie wegen ihres strikten Wahrheitsgebotes erfolgreich im Handel, obwohl ihnen ursprünglich allein der Ackerbau als „Gott wohlgefällig“ galt. Vgl. Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22-2, S.  237, dazu S.  339; ferner ders., Hinduismus, MWG I/20, S.  52 und 505. 77  Einiges dazu unten, S.  162 f. mit Anm.  58 und 60. 78 Bei den Jaina handelt es sich um Anhänger einer indischen Erlösungsreligion, deren „absolutes Heilsziel“ allein durch äußerst strenge Askese erreicht werden kann. Wie die Parsen (vgl. oben, Anm.  76) sind sie eine Minderheit, die durch Handel reich wurde. Darin waren vor allem die Swetambara-Jaina aus rituellen Gründen (sie verboten die meisten gewerblichen Berufe und die Beteiligung am „politischen Kapitalismus“) aktiv (insbes. im Geldleihe-Geschäft). Aus asketischen Gründen galt der Genuß des Reichtums als verwerflich, nicht aber der Besitz als solcher, der für Wohltätigkeit oder als Erwerbskapital verwendet wurde. Vgl. Weber, Hinduismus, MWG I/20, S.  316– 324.

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dern zu schweigen – protestantische Fabrikanten gelegentlich direkt im­portiert.79 aNichtb alle protestantischen Denominationen scheinenc aber gleich stark in dieser Richtung zu wirken. Der Cal­ vinismus dtat diesd anscheinende auch in fDeutschland; dief „refor­ mierte“ gKonfession21) scheintg, im Wuppertal80 ebenso wie ander­ wärtsh, im Vergleich mit anderen Bekenntnisseni der Entwicklungk kapitalistischen Geistes förderlich gewesen zu sein. Förderlicher als z. B. das Luthertum, wie der Vergleich im großen ebensol wie im einzelnen, insbesondere im Wuppertal,m zu lehren scheint22). nFür Schottland haben Buckle81 und von den englischen Dichtern o 21)  Sie

ist bekanntlich in den meisten ihrer Formen ein mehr oder minder temperierter Calvinismus oder Zwinglianismus.o p 22)  In dem fasta rein lutherischen Hamburg ist das einzige bis in das 17. Jahrhundert

a–a (S.  145)  Fehlt in A einschließlich Indices.   b  In A1 geht voraus: 〈Aber – wovon später eingehend〉  c A1: sind > scheinen  d–d  Fehlt in A1.  e  In A1 folgt: 〈be­ sonders〉  f–f A1: Deutschland penetrant. Die  g–g A1: Kirche ist > Confession scheint  Index fehlt in A1.  h A1: in Calw > anderwärts  i A1: Denom > Confes­ sionen > Bekenntnissen 〈besonders prädisponiert zur〉  k A1: Begünstigung > Entwicklung  l A1: und > ebenso  m  In A1 folgt: 〈lehrt〉  n–n (S.  145)  Fehlt in A1 einschließlich Index.    o–o  Fehlt in A, A1.    p–p (S.  145)  Fehlt in A.    a A1: sonst 79  Protestanten wurden zur Ausübung ihres Gewerbes in Österreich angesiedelt, notiert z. B. Adler, Max, Die Anfänge der merkantilistischen Gewerbepolitik in Österreich, in: Wiener Staatswissenschaftliche Studien, hg. von Edmund Bernatzik und Eugen von Philippovich, 4. Band, 3. Heft. – Wien und Leipzig: Franz Deuticke 1903, S.  50. Ausführlicher später Otruba, Gustav, Die Wirtschaftspolitik Maria Theresias. – Wien: Bergland Verlag 1963, S.  33–36: Maria Theresia warb Facharbeiter aus Italien, aus Frankreich, aus den Niederlanden und besonders aus England (Stahlfabrikanten und Maschinisten) zum Aufbau von in Österreich noch nicht vorhandenen Fabrikzweigen an. Den Angeworbenen gewährte sie ökonomische Privilegien, auch freie Religionsausübung. Dasselbe galt für Zeugmacher, die aus Sachsen und der Lausitz angeworben wurden oder aus Preußisch-Schlesien nach Mähren einwanderten. 80 Das Wuppertal mit seinen zu Webers Zeit sehr bedeutenden Industriestädten Barmen und Elberfeld galt mit der dort ansässigen Textil- und Zulieferindustrie im 19. Jahrhundert als eine Art „deutsches Manchester“. Seit dem 16. Jahrhundert bestanden gemischt-konfessionelle Verhältnisse. Auf die unterschiedliche Lebensführung von Reformierten und Nichtreformierten im Wuppertal und ihre Wirkung auf das Geschäftsleben weist Weber bereits in ders., Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, MWG I/9, S.  586 f., hin. 81 Für den Engländer Henry Thomas Buckle besteht dieser Zusammenhang allerdings anders als für Max Weber: Die presbyterianischen Geistlichen hätten durch ihre tyrannische Verbreitung von „ascetischen Lehren“ im (abergläubischen) Volk und die Errichtung eines „Moralsystems“ das Leben des schottischen Volkes immensen Reglementierungen unterworfen, den Kampf um Freiheit und nationale Unabhängigkeit zwar befördert, jeglichen Fortschritt aber unterbunden. Vgl. Buckle, Geschichte der

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namentlich Keats82 diese Beziehungen betont23).n a Noch eklatanter ist, woran ebenfalls nur erinnert zu werden braucht, der Zusam­ menhang religiöser Lebensreglementierung mit intensivster Ent­ wicklung des geschäftlichen Sinnes bei einer ganzen Anzahl gerade zurückreichende Vermögen dasjenige einer bekannten reformierten Familie (freundli­ cher Hinweis von Prof. A[dalbert] Wahl).p 83 b 23)  „Neu“ ist also nicht, daß hier dieser Zusammenhang behauptet wird, über den schon Laveleyec,84 Matthew Arnold85 u. a. gehandelt haben, sondern umgekehrt seine ganz unbegründete Anzweiflung. Es gilt ihn zu erklären.b | a (S.  144) –a  Fehlt in A einschließlich Indices.   p (S.  144) –p  Fehlt in A.   b–b Fehlt in A, A1.  c BS, C: Lavaleye Civilisation II, S.  321–399, Zitate S.  374. Der dem theologischen und Adelsgeist ent­ gegengesetzte „Handels- und Erwerbsgeist“ (ebd., S.  303) und die Anfänge der industriellen Bewegung hätten erst nach der Union mit England (1707) und dem Niedergang des schottischen Adels Fuß fassen können; vgl. ebd., S.  302–320; dass. Buckle, History of Civilization II, p.  310–329, 330–409. 82  Der englische Dichter John Keats berichtet in einem Brief an seinen Bruder Thomas vom 6. Juli 1818 über die auf einer Wanderreise erlebte Gegensätzlichkeit des katholischen Irland und puritanischen Schottland: „Sie [ein irisches Zimmermädchen] ist lustig, freundlich und bereit zu lachen, weil sie außerhalb der schrecklichen Knechtschaft der schottischen Kirche steht. [. . .] Diese Kirchenmänner haben Schottland gut gethan. Sie haben Männer und Frauen, Alt und Jung, Knaben und Mädchen sorgsam gemacht, so daß sie sie in regelmäßigen Kolonnen von Sparern und Gewinnern formiert haben. Solch eine wirtschaftliche Armee mußte ihr Land bereichern und ihm einen größeren Anstrich von Wohlstand geben, als ihn die armen, unbesonnenen Nachbarn haben“. Zitat nach Gothein, Marie, John Keats. Leben und Werke, Band I. Leben. – Halle a.S.: Max Niemeyer 1897, S.  156 (engl.: Brief Nr. LXVI vom 3., 6. und 9. Juli 1818, in: The Letters of John Keats. Complete rev. edition [. . .], ed. by H. Buxton Forman. – London: Reeves & Turner 1895, p.  153–157). Von Weber bereits teilweise in ders., Antikritisches Schlußwort, MWG I/9, S.  733, Fn.  25a, zitiert. 83  Der Historiker Adalbert Wahl hatte Weber vermutlich auf die Hamburger Familie Godeffroy oder die Familie Chapeaurouge hingeweisen. Vgl. Weber, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, MWG I/9, S.  587 f. mit Anm.  77 und 78. 84  Vgl. Laveleye, Protestantisme et Catholicisme. (Auf die im selben Jahr – 1875 – auch auf Deutsch und Englisch erschienene Schrift Émile de Laveleyes weist auch Levy, Ökonomischer Liberalismus (von Weber zitiert unten, S.  235, Fn.  65), S.  43, Anm.  1, mit dem Zusatz hin, sie enthalte, „chronologisch genommen, die ersten Ausführungen über die Frage der Beziehungen der protestantischen Ethik zum Wirtschaftsleben“; auch Levy, Studien über das englische Volk (zitiert unten, S.  253, Fn.  84), S.  681.) 85  Gemeint sein dürfte Arnold, Culture and Anarchy (zuerst erschienen 1869), auch ders., St. Paul (zuerst erschienen 1870). (Auf beide Werke Arnolds verweist Levy, Studien über das englische Volk, S.  674–690, hier S.  681: „Er ist – neben Laveleye – der erste Schriftsteller, welcher überhaupt den Zusammenhang zwischen religiöser Ethik des Protestantismus und moderner Wirtschaftlichkeit erkannt und zu bestimmen versucht hat.“ Vgl. auch die Zitate aus der zuerst genannten Schrift Arnolds bei Levy, Ökonomischer Liberalismus, S.  93 f., 111 f., 115 und S.  128.)

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derjenigen Sekten, deren „Lebensfremdheit“ ebenso sprichwört­ lich geworden ist, wie ihr Reichtum: insbesondere den Quäkern und Mennoniten. Die Rolle, welche die ersteren in England und Nordamerika spielten, fiel den letzteren in den Niederlanden und Deutschland zu. Daß in Ostpreußen selbst Friedrich Wilhelm I. die Mennoniten trotz ihrer absoluten Weigerung, Militärdienst zu tun, als unentbehrliche Träger der Industrie gewähren ließ,86 ist nur eine, aber allerdings bei der Eigenart dieses Königs wohl eine der stärksten, von den zahlreichen wohlbekannten Tatsachen, die das illustrieren. Daß endlich für die Pietisten die Kombination von intensiver Frömmigkeit mit ebenso stark entwickeltem geschäft-| lichen Sinn und Erfolg ebenfalls galt24), ist bekannt genug: – man braucht nur an drheinische Verhältnisse und and Calw zu erinnern –;87 es mögen daher in diesen ja nur ganz provisorischen Aus­ 24)  Das schließt natürlich nicht aus, daß der offiziellee Pietismus, ebenso wie auch andere religiöse Richtungen, sich gewissen „Fortschritten“ kapitalistischer Wirtschafts­ verfassung – z. B. dem Übergang faus der Hausindustrief zum Fabriksystem – aus patri­ archalistischen Stimmungen heraus später widersetzt habeng. Es ist ebenh das, was eine

d–d Fehlt in A; A1: Rheinland – das > rheinische [. . .] und an  e Fehlt in A.   f–f  Fehlt in A.   g  Zu erwarten wäre: hat  h  Fehlt in A.  86  Die Mennoniten verweigerten Kriegsdienst und Eid. In Ostpreußen siedelten sie sich seit 1711 im Memelland an, und nach einem Aufruf Friedrich Wilhelms I. kamen sie 1721 nach Königsberg. Gegen Bezahlung wurden sie vom Wehrdienst befreit und durften Gottesdienste abhalten. In Königsberg machten sie sich v. a. durch ihre gewerblichen Tätigkeiten und durch das Kapital, das sie ins Land gebracht hatten, nahezu unersetzlich. Dies wurde deutlich, als es trotz der ihnen zugesicherten Privilegien in der Militärdienstfrage zu Zwischenfällen kam und ihnen 1732 Ausweisung drohte. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verdienste um Königsberg verzichtete der König auf ihre Ausweisung und gewährte ihnen erneut Wehrfreiheit – „unter der Bedingung, daß sie Woll- und Zeugfabriken anlegten“. Vgl. Mannhardt, W[ilhelm], Die Wehrfreiheit der Altpreußischen Mennoniten. Eine geschichtliche Erörterung. – Marienburg: Selbstverlag der Altpreußischen Mennonitengemeinden 1863, S.  116–120, S.  LXX–LXXV, Zitat S.  120. 87 Ein Hinweis auf Calw findet sich etwa bei Gothein, Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes, S.  675, 685–689; ausführlich bei: Troeltsch, Walter, Die Calwer Zeughandlungskompagnie und ihre Arbeiter. Studien zur Gewerbe- und Sozialgeschichte Altwürttembergs. – Jena: Gustav Fischer 1897, bes. S.  149–153, den Weber im Vorlesungs-Grundriß als Literatur nennt, vgl. MWG III/1, S.  104 (auf den Pietismus Calws geht Troeltsch allerdings nicht ein). – Die wirtschaftliche Blüte der Stadt war Folge der Geschäftstüchtigkeit der Calwer Zeughandlungs-Compagnie, von 1650 bis 1797 ein Familien- und Geschäftsverband von Calwer Färbern und Wollstoff-Händlern, der auch eine eigene „Manufaktur“ besaß und ausgedehnte Geldgeschäfte betrieb. Erfolgreich war sie v. a. in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts (vgl. Troeltsch, ebd., S.  149–153). Viele der Compagnieverwandten gehörten dem Pietismus an.

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führungen die Beispiele nicht weiter gehäuft werden. Denn schon diese wenigen zeigen alle das eine: der „Geist der Arbeit“, des „Fort|schritts“ oder wie er sonst bezeichnet wird, dessen Weckung man dem Protestantismus zuzuschreiben neigt, darf nicht, wie es heute zu geschehen pflegt, ials „Weltfreude“ oder irgendwie sonsti im „aufklärerischen“ Sinn verstanden werden. Der alte Protestan­ tismus der Luther, Calvin, Knox, Voët88 hatte mit dem, was man heute „Fortschritt“ nennt, herzlichk wenig zu schaffen. Zu ganzen Seiten des modernen Lebens, die heute der extremste Konfessio­ nelle nicht mehr entbehren möchte, stand er direkt feindlich. Soll also überhauptl eine innere Verwandtschaft mbestimmter Ausprä­ gungen desm altprotestantischen Geistes und moderner kapitalisti­ scher Kultur gefunden werden, so müssen wir wohl oder übel ver­ suchen, sie nicht in dessen (angeblicher) mehr oder minder materialistischer oder doch anti-asketischer „Weltfreude“, sondern vielmehr in seinen rein religiösen Zügen zu suchen. – Montesquieu sagt (Esprit des lois Buch XX cap.  7) von den Engländern, sie hät­ ten es „in drei wichtigen Dingen von allen Völkern der Welt am weitesten gebracht: in der Frömmigkeit, im Handel und in der Frei­ religiöse Richtung als Ideal erstrebte[,] und das, was ihr Einfluß auf die Lebensführung ihrer Anhänger faktisch bewirkte, scharf zu scheiden, wie wir noch oft sehen werden.89 n(Über die spezifische Arbeitseignung pietistischer Arbeitskräfte finden sich von mir errechnete Beispiele aus einer westfälischen Fabrik in dem Aufsatz: „Zur Psychophysik der gewerblichen Arbeit[“], oArchiv f[ür] Soz[ialwissenschaft] Band XXVIII, S.  263 und öftero).n 90 |

i–i  Fehlt in A.   k  Fehlt in A.   l  Fehlt in A.   m–m  Fehlt in A.   n–n  Fehlt in A.  o–o A1: dieses Archiv Band  88  John Knox, wichtigste Person der Reformation in Schottland; Gisbert Voet, Haupt der „Nadere Reformatie“ (bei Weber: des niederländisch-reformierten Pietismus), die die reformierte orthodoxe Lehre mit asketischer Frömmigkeitspraxis zu verbinden suchte und über 100 Jahre die einflußreichste Richtung in der niederländischen Kirche war. Vgl. die Einträge im Personenverzeichnis, unten, S.  573 und 593. 89  Dazu unten, S. 485–492. 90  Vgl. Weber, Psychophysik (dort im Titel: „[…] der industriellen Arbeit“), im Archiv, Band 28, S.  263–266 (MWG I/11, S.  278–281; auch ebd., S.  362 mit Fn.  95).

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heit“.91 Sollte ihre Überlegenheit auf dem Gebiet des Erwerbs – und, was pin einen anderen Zusammenhang gehörtp, ihre Eignung für freiheitliche politische Institutionen – vielleicht mit jenem Frömmigkeitsrekord, den Montesquieu ihnen zuerkennt, zusam­ menhängen? Eine ganze Anzahl möglicher Beziehungen steigen, dunkel emp­ funden, alsbald vor uns auf, wenn wir die Frage so stellen. Es wird nun eben die Aufgabe sein müssen, das, was uns hier undeutlich vorschwebt, so deutlich zu formulieren, als dies bei der unaus­ schöpfbaren Mannigfaltigkeit, die in jeder | historischen Erschei­ nung steckt, überhaupt möglich ist. Um dies aber zu können, muß das Gebiet der vagen Allgemeinvorstellungen, mit dem qwir bisher operiert habenq, notgedrungen verlassen und in die charakteristi­ sche Eigenart und die Unterschiede jener großen religiösen Gedankenwelten einzudringen versucht werden, die in den ver­ schiedenen Ausprägungen der christlichen Religion uns geschicht­ lich gegeben sind. Vorher aber sind noch einige Bemerkungen erforderlich:r zunächst über die Eigenart des Objektes, um dessen geschichtliche Erklärung es sich handelt;s dann über den Sinn, in welchem eine solche Erklärung überhaupt im Rahmen dieser Untersuchungen möglich ist.

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2. In der Überschrift dieser Studie ist der etwas anspruchsvoll klin­ gende Begriff: „Geist des Kapitalismus“ verwendet. Was soll dar­ unter verstanden werden? aBei dem Versuch, so etwas wie eine

p–p A: wir später in anderem Zusammenhang auch noch berühren werden  q–q A: bisher operiert worden ist  r A: erforderlich,  s A: handelt,  a–a (S.  149)  Fehlt in A. 91  C’est le peuple du monde qui a le mieux su se prévaloir à la fois de ces trois grandes choses: la religion, le commerce et la liberté.“ Montesquieu, Esprit des lois, p.  301, zitiert nach Webers Handexemplar (Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München). Livre XX, Chapitre VII ist überschrieben: „Esprit de l’Angleterre sur le commerce“. Da die wichtigsten deutschen Ausgaben „religion“ nicht mit „Frömmigkeit“, sondern mit „Religion“ wiedergeben, dürfte Weber den Satz selbst übersetzt haben.

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„Definition“ davon zu geben, bzeigen sich sofortb gewisse, im Wesen cdes Untersuchungszwecks liegendec Schwierigkeiten.a | Wenn überhaupt ein Objekt auffindbar ist, für welches der Ver­ wendung jener Bezeichnung irgendein Sinn zukommen kann, so kann es nur ein d„historisches Individuum“d sein, d. h. ein Komplex von Zusammenhängen in der geschichtlichen Wirklichkeit, die wir unter dem Gesichtspunkte ihrer Kulturbedeutung begrifflich zu einem Ganzen zusammenschließen.1 Ein solcher historischer Begriff aber kann, da er inhaltlich sich auf eine in ihrer individuellen Eigenarte bedeutungsvolle Erschei­ nung bezieht, nicht nach dem Schema: „genus proximum, differen­ tia specifica“ definiert (zu deutsch: „abgegrenzt“),2 sondern er muß aus seinen einzelnen[,] der geschichtlichen Wirklichkeit zu entneh­ menden Bestandteilen allmählichf komponiert werden. Die endgül­ tige begrifflicheg Erfassung kann daherh nicht am Anfang, sondern mußi am Schluß der Untersuchung stehen: es wird sich m. a. W. erst im Lauf der Erörterung und als deren wesentliches Ergebnis zu b–b A1: ergeben sich nun  c–c A1: 〈nicht der Sache, sondern〉 des Untersuchungs­ zwecks liegende,  a (S.  148) –a  Fehlt in A.   d–d  In A1 lautet Max Webers Satz­ anweisung: nicht sperren  e  In A1 lautet Max Webers Satzanweisung: 〈nicht sper­ ren!〉  f  Fehlt in A.   g A: begriffliche  h  Fehlt in A.   i A: nur   1  Der Begriff „historisches Individuum“ stammt von Heinrich Rickert und steht im Zusammenhang mit seiner Wertbeziehungslehre und der Lehre von der individualisierenden Begriffsbildung. Er bezeichnet Auswahl und Konstitution eines zu untersuchenden Objekts, das ein logisch Unteilbares wird („In-dividuum“). Vgl. Rickert, Heinrich, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften. – Tübingen und Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1902 (hinfort: Rickert, Grenzen), S.  336–370. Charakteristische Formulierung: „Wir fragen nur danach, wie die Einzigartigkeit den Grund der Einheit bilden kann, und da muß die Antwort lauten, daß In-dividuen auf einen Werth bezogene Individuen sind.“ Ebd., S.  351 f. Weber übernimmt diese Lehre vor allem in seinem „Objektivitäts“-Aufsatz, der parallel zur ersten Folge der „Protestantischen Ethik“ entstand (vgl. dazu Schluchter, Einleitung, MWG I/9, S.  12–22). Zum Begriff „historisches Individuum“ vgl. Weber, Objektivität, S.  53–59. 2  Abgekürzte Form; nach der mittelalterlichen Schullogik heißt es: „definitio fiat per genus proximum et differentias specificas“ (nach Aristoteles, bei dem jede Definition aus der Angabe der Gattungs- und Artmerkmale besteht; Topik VI, 5, 143 a 15). Vgl. Weber, Objektivität, S.  54. Auch hier folgt Weber Rickert, der zwischen individualisierender und generalisierender Begriffsbildung unterschied. Letztere ziele unter anderem auch auf Gattungsbegriffe. Vgl. Rickert, Grenzen (wie vorherige Anm.), S.  123– 146, wo er die Dreistufigkeit naturwissenschaftlicher Begriffsbildung als fortschreitende Entfernung von Anschaulichkeit durch Vereinfachung darstellt (empirische Allgemeinheit, Klassifikation, unbedingt allgemeine Geltung).

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zeigen haben, wie das, was wir hier unter dem „Geist“ des Kapita­ lismus verstehen, am besten – d. h. für die kuns hier interessieren­ denk Gesichtspunkte adäquatesten – zu formulieren sei. Diese Gesichtspunktel wiederum (von denen noch zu reden sein wird)3 sind nun nicht etwa die | einzig möglichen, unter denen jenem histo­ rischen Erscheinungen, die wir betrachten, analysiert werden kön­ nen. Anderen Gesichtspunkte der Betrachtung würden hier, wie bei jedero historischen Erscheinung, anderep Züge als die „wesentli­ chen“ ergeben: – woraus ohne weiteres folgt, daß man unter dem „Geist“ des Kapitalismus durchaus nicht notwendig nur das verste­ hen könne oder müsse, was sich uns als das für unsere Auffassung Wesentlicheq daran darstellen wird. Das liegt eben im Wesenr der „historischen Begriffsbildung“, welche für ihre methodischen Zwecke dies Wirklichkeit nicht in abstrakte Gattungsbegriffe ein­ zuschachteln, sondern in konkrete genetischet Zusammenhänge von stets und unvermeidlich spezifischu individueller Färbung ein­ zugliedern strebt. Soll gleichwohl eine Feststellung des Objektes, um dessen Ana­ lyse und historische Erklärung es sich handelt, erfolgen,a so kann es sich also nicht um eine begriffliche Definitionb, sondern cvorerst wenigstensc nur um eine provisorische Veranschaulichung dessen handeln, was hier mit dem „Geist“ des Kapitalismus gemeint ist. Eine solche ist nun in der Tat zum Zwecke einer Verständigung über den Gegenstand der Untersuchung unentbehrlich, und wir halten uns zu diesem Behufe an ein Dokument jenes „Geistes“, welches das, | worauf es hier zunächst ankommt, in nahezu klassi­ scher Reinheit enthält dund doch zugleich den Vorteil bietet, von aller direkten Beziehung zum Religiösen losgelöst, also – für unser Thema – „voraussetzungslos“ zu seind:4 k–k A: uns hier interessierenden  l A, A1: „Gesichtspunkte“  m A: die  n A: Andere  o A: jeder  p A: andere  q A, A1: „Wesentliche“  r A: Wesen s  In A folgt: geschichtliche  t  Fehlt in A.   u  Fehlt in A.   a A: gegeben werden, – wie dies ja notgedrungen geschehen muß, –  b  A, A1: „Definition“  c–c Fehlt in A.   d–d  Fehlt in A, A1.   3  Für die Rolle der gesichtspunktabhängigen Erkenntnis in den Kulturwissenschaften bezieht sich Weber in Protestantische Ethik I (1904) auf Weber, Objektivität, S.  46 ff. 4  Zu den Passagen aus Benjamin Franklins Werk vgl. Webers Angaben, unten, S. 154, Fn. 25. Weber folgt weitgehend der Textauswahl und der Übersetzung von Ferdinand Kürnberger in seinem Roman „Der Amerika-Müde“, S.  19–21, korrigiert die Überset-

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daß die Zeit Geld 6 ist; wer täglich zehn Schillinge durch seine Arbeit erwerben könnte7 und den halben Tag spazie­ ren geht, oder auf seinem Zimmer faulenzt, der darf, auch wenn er nur sechs Pence für sein Vergnügen ausgibt, nicht dies allein berechnen, er hat nebendem noch fünf Schillinge ausgegeben oder vielmehr weggeworfen. Bedenke, daß Kredit Geld ist.8 Läßt jemand sein Geld, nachdem es zahlbar ist, bei mir stehen, so schenkt er mir die Interessen, oder so viel als ich während dieser Zeit damit anfangen kann. Dies beläuft sich auf eine beträchtliche Summe, wenn ein Mann guten und großen Kredit hat und guten Gebrauch davon macht. Bedenke, daß Geld von einer zeugungskräftigen und fruchtbaren Natur ist.9 Geld kann Geld erzeugen und die Sprößlinge können noch mehr erzeugen und so fort. Fünf Schillinge umgeschlagen sind sechs, wieder umgetrieben sieben Schilling drei Pence und so fort bis es hundert Pfund Sterling sind. Je mehr davon vorhanden ist, desto mehr erzeugt das Geld beim Umschlag, so daß der Nut­ zen schneller und immer schneller10 steigt. Wer ein Mutterschwein tötet, vernichtet11 dessen ganze Nachkommenschaft bis ins tau­ sendste Glied. Wer ein Fünfschillingstückf umbringt, gmordet (!)g 12 e–e  (S.  154)  In A, A1, BS, C petit.   f  A, A1, BS: Fünfschillingsstück  g–g  A, A1: mordet zung aber auch anhand des Originals in der von Jared Sparks herausgegebenen Werk­ausgabe, vgl. ebd., unten. Bei der ersten Passage (S.  151, Z.  1 – S.  153, Z.  12) handelt es sich um einen Auszug aus dem Traktat „Advice to a young tradesman“ (Sparks, Works of Franklin II, p.  87–89), bei dem zweiten (S.  153, Z.  13 – S.  154, Z.  5) um einen Auszug aus Franklins „Necessary hints to those that would be rich“ (Sparks, ebd. II, p.  80 f.). Die Eingangssätze und Schlußpassagen beider „Essays“ fehlen bei Weber und Kürnberger. Franklin, Advice, p.  87, beginnt mit „To my Friend, A. B.“ und endet mit „An Old Tradesman“. 5  Der Text beginnt wie bei Kürnberger. Im Original folgt auf die Überschrift („Advice to a young tradesman. Written in the year 1748“) und die Widmung (vgl. vorherige Anm.) ein diese aufgreifender Eingangssatz. 6  Bei Franklin hervorgehoben: „time“, bei Kürnberger hervorgehoben: „Geld “. 7  Bei Kürnberger hervorgehoben: „könnte“, bei Franklin nicht hervorgehoben. 8  Bei Franklin hervorgehoben: „credit “, bei Kürnberger ohne Hervorhebung. 9  Weber folgt hier nicht Kürnberger, sondern dem Original („prolific, generating nature“). 10  Wiedergabe nach Franklin: „[.  .  .] so that the profits rise quicker and quicker“, während Kürnberger mit „höher und höher“ übersetzt. 11  Im Englischen: „kills“ („tötet“) und „destroys“ („vernichtet“). 12  Weber kommt darauf unten, S.  169, Fn.  35, zurück, weshalb er „mordet (!)“ hier gegenüber der Fassung von 1904 (vgl. oben, textkritische Anm.  g) hervorhebt.

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alles, was damit hätte produziert werden können:h ganze Kolonnen von Pfunden Sterling.13 | Bedenke, daß – nach dem Sprichwort14 – ein guter Zahler der Herr von jedermanns Beutel ist. Wer dafür bekannt ist, pünktlich zur versprochenen Zeit zu zahlen, der kann zu jeder Zeit alles Geld entlehnen, was seine Freunde gerade nicht brauchen.15 Dies ist bisweilen von großem Nutzen. Neben Fleiß und Mäßig­ keit16 trägt nichts so sehr dazu bei, einen jungen Mann in der Welt vorwärts zu bringen,17 als Pünktlichkeit und Gerechtigkeit bei allen seinen Geschäften.18 Deshalb behalte niemals erborgtes Geld eine Stunde länger als du versprachst, damit nicht der Ärger dar­ über deines Freundes Börse dir auf immer verschließe. Die unbedeutendsten Handlungen, die den Kredit i eines Man­ nes beeinflussen, müssen von ihm beachtet werden.19 Der Schlag deines Hammers, den dein Gläubiger um 5 Uhr morgens oder um 8 Uhr abends20 vernimmt, stellt ihn auf sechs Monate zufrieden; sieht er dich aber am Billardtisch oder hört er deine Stimme im Wirtshause, wenn du bei der Arbeit sein solltest,21 so läßt er dich am nächsten Morgen um die Zahlung mahnen, und fordert sein Geld, bevor du es zur Verfügung hast.22

h  A, A1: können,  i  In A, A1 nicht hervorgehoben. 13  Bei Franklin heißt es (Advice, p.  88): „He that murders a crown, destroys all that it might have produced, even scores of pounds.“ (Kürnberger, Der Amerika-Müde, S.  20, übersetzt: „Der Verschwender d. h. der Mörder von einem Schilling bringt seinen Enkel um eine Million.“) – Es folgt bei Franklin (ebd.) ein Abschnitt, der inhaltlich weitgehend mit der Passage übereinstimmt, die unten, S.  153, Z.  13 – S.  154, Z.  5], aus „Necessary hints“ zitiert ist. Der Abschnitt fehlt auch bei Kürnberger. 14  Einfügung Webers nach Franklin; „this saying“ fehlt bei Kürnberger. Der Wortlaut des Sprichworts ist bei Franklin hervorgehoben. 15  Ohne Absatz bei Franklin und Kürnberger. 16  Im Englischen: „industry and frugality“. 17  Hervorhebung von Weber. 18  Franklin: „in all his dealings“, Kürnberger: „in seinem Handel“. 19  Weber lehnt sich hier, anders als Kürnberger, eng an Franklin an („The most trifling actions that affect a man’s credit are to be regarded.“). 20  Bei Franklin und Kürnberger: 9 Uhr abends. 21  Der Nebensatz fehlt bei Kürnberger, Weber hält sich an das Original. 22  Nach Kürnberger. Franklin, Advice, p.  88: „[.  .  .] demands it, before he can receive it, in a lump.“

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Außerdem zeigt dies, daß du ein Gedächtnis für deine Schulden hast, es läßt dich als einen ebenso sorgfältigen wie ehrlichen Mann erscheinen und das vermehrt deinen Kredit.23 Hüte dich, daß du alles was du besitzest,k für dein Eigentum hältst und demgemäß lebst. In diese Täuschung geraten viele Leute, die Kredit haben. Um dies zu verhüten, halte eine genaue Rech­ nung24 über deine Ausgaben und dein Einkommen. Machst du dir die Mühe, einmal auf die Einzelheiten zu achten, so hat das fol­ gende gute Wirkung:25 Du entdeckst,l was für wunderbar kleine Ausgaben zu großen Summen | anschwellen26 und du wirst bemer­ ken, was hätte gespart werden können und was in Zukunft gespart werden kann.27 … Für28 6  £ jährlich kannst du den Gebrauch von 100  £ haben, vor­ ausgesetzt, daß du ein Mann von bekannter Klugheit und Ehrlich­ keit bist. Wer täglich einen Groschen nutzlos ausgibt, gibt an 6  £ jährlich nutzlos aus, und das ist der Preis für den Gebrauch von 100  £. Wer täglich einen Teil seiner Zeit zum Werte eines Groschen verschwendet (und das mögen nur ein paar Minuten sein), verliert, einen Tag in den andern gerechnet, das Vorrecht 100  £ jährlich zu gebrauchen.29 Wer nutzlos Zeit im Wert von 5 Schillingen vergeu­ k  Komma fehlt in A, A1.  l  Komma fehlt in A, A1. 23  Weber folgt Kürnberger; Franklin, Advice, p.  88: „[.  .  .] mindful of what you owe; [.  .  .] and that still increases your credit.“ Hervorhebungen von Weber. 24  Bei Franklin, Advice, p.  89 folgt: „for some time“. Auslassung, auch bei Kürnberger. 25  Weber bleibt im Vorangehenden gegenüber Kürnberger näher an Franklin. 26  Bei Franklin, Advice, p.  89: „[.  .  .] you will discover how wonderfully small, trifling expenses mount up to large sums [.  .  .]“. Weber folgt hier der Wiedergabe Kürnbergers. 27  Franklin, ebd., fährt fort: „[.  .  .] without occasioning any great inconveniance.“ Dies fehlt bei Weber und Kürnberger. – Der Schlußabschnitt von Franklin, Advice, in dem der „Old Tradesman“ seine Ratschläge zusammenfaßt, der Weg zum Reichtum gründe auf „industry and frugality ; that is, waste neither time nor money “ (p.  89), wird weder von Weber noch von Kürnberger wiedergegeben. 28  Oben, Z. 13 – unten S.  154, Z.  5, gibt Weber eine Passage aus Franklin, Necessary hints, p.  80 f., wieder. Bei Franklin folgt nach der Überschrift („Necessary hints to those that would be rich. Written in the Year 1736“) der Eingangssatz: „The use of money is all the advantage there is in having money“ (p.  80), den Weber ausläßt. Kürnberger wählt einen Einstieg, der an den ausgelassenen Abschnitt aus Franklin, Advice (vgl. vorherige Anm.), angelehnt ist. Bei Franklin bildet im folgenden jeder Satz einen eigenen Abschnitt. 29  Weber gibt die ersten drei Sätze von Franklin, Necessary hints, inkl. des bei Frank­ lin nicht enthaltenen Klammerzusatzes nahezu wörtlich nach Kürnberger wieder. Bei Weber und Kürnberger fehlt im letzten Satz die Wiedergabe von „idly“ („He that was­

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det, verliert 5 Schillinge und könnte ebensogut 5 Schillinge ins Meer werfen. Wer 5 Schillinge verliert, verliert nicht nur die Summe, sondern alles,m was damit bei Verwendung im Gewerbe hätte ver­ dient werden können, – was, wenn ein junger Mann ein höheres Alter erreicht, zu einer ganz bedeutenden Summe aufläuft.“e 30 Es ist Benjamin Franklin25), der in diesen Sätzen – den gleichen, dien Ferdinand Kürnberger in seinem geist- und giftsprühenden „amerikanischen Kulturbilde“26) als angeb|licheso Glaubensbe­ kenntnis des Yankeetums verhöhnt31 – zu uns predigt. Daß esp „Geist des Kapitalismus“ ist, der aus ihm in charakteristischer

25)  Der Schlußpassus aus: Necessary hints to those that would be rich (geschrieben A, A1 14, BS, C 32 1736), das übrige aus: Advice to a young tradesman (1748), Works ed. Sparks Vol. II p.  87. 26)  „Der Amerikamüde“ (Frankfurt 1855), bekanntlich eine dichterische Paraphra­ se der amerikanischen Eindrücke Lenau’s.32 Das Buch wäre als Kunstwerk heute etwas schwer genießbar, aber es ist als Dokument der (heute längst verblaßten) Gegensätze deutschen und amerikanischen Empfindens, man kann auch sagen: jenes Innenlebens,

m  Komma fehlt in A, A1.  e (S.  151)–e  In A, A1, BS, C petit.   n  In A folgt Index; die dort angebundene und in A1 gestrichene Fußnote lautet: In etwas freierer Übertra­ gung, die hier nach dem Original korrigiert ist.  o  Fehlt in A.   p  In A folgt: der tes idly a groat’s worth [.  .  .]“, Franklin, ebd., p.  81), und beide korrigieren „[.  .  .] wastes the privilege of using one hundred pounds each day“ (ebd.) zu „[.  .  .] jährlich“. 30  Weber folgt in den letzten beiden Sätzen Franklin, Necessary hints, während Kürnberger, Der Amerika-Müde, S.  21, zwei abweichende Schlußsätze hat. Bei Franklin, Necessary hints, p.  81, im zuletzt wiedergegebenen Satz: „[.  .  .] but all the advantage that might be made by turning it in dealing [.  .  .].“ – Die zweite Hälfte des Franklinschen Essays geben Weber und Kürnberger nicht wieder. 31 „Amerikanisches Kulturbild“ lautet der Untertitel von Kürnberger, Der AmerikaMüde. – Die Passagen aus dem Werk Franklins werden in Kürnbergers Roman im Schulunterricht einer New Yorker Schule gelesen, wobei der Lehrer sie den Schülern als eine Anweisung zum Geldverdienen empfiehlt. Kürnberger karikiert diese Szene. Der dem Unterricht beiwohnende „amerika-müde“ Protagonist Dr. Moorfeld bemerkt, an den Lehrer gewandt, Franklin habe durch sein Leben ein höheres Ideal aufgestellt und mehr als auf der Bank in der Wissenschaft hinterlassen, etwa mit der Erfindung des Blitzableiters. „Ohne sie würden wir die Doctrine eines Mannes vor uns haben, der sich so weit vergessen hätte, unsre Bestimmung dahin zu definiren: Aus dem Rinde macht man Talg, aus dem Menschen Geld. Mag sein, daß ein unfertiges Volk eine Zeitlang auf diesen Standpunkt sich herabstellen muß, ein fertiges aber sagt: Geist macht man aus dem Menschen, nicht Geld!“ (Kürnberger, Der Amerika-Müde, S.  21). 32  Der österreichische Dichter Nikolaus Lenau wollte sich 1832 als Farmer in Nord­ amerika niederlassen, kehrte aber bereits ein Jahr später enttäuscht nach Europa zurück. (Heute versteht man Kürnbergers Roman in erster Linie als kritische Gegenstimme zu Ernst Willkomms Roman „Die Europamüden“ (1838). Der Bezug auf Lenau tritt dagegen zurück.)

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Weise redet, wird niemand bezweifeln, so wenig etwa behauptet werden soll, daß nun alles, was man unter diesem „Geist“ verste­ hen kann, darin enthalten sei. Verweilen wir noch etwas bei dieser Stelle, deren Lebensweisheit Kürnbergers „Amerikamüder“ dahin zusammenfaßt: „Aus Rindern macht man Talg, aus Menschen Geld“,33 so fällt als das Eigentümliche in dieser „Philosophie des Geizes“ qdas Ideal des kreditwürdigen Ehrenmannes und vor allem:q der Gedanke der Verpflichtung des einzelnen gegenüber dem als Selbstzweck vorausgesetzten Interesse an der Vergröße­ rung seines Kapitalsr auf. sIn der tTat: daßt hier nicht einfach Lebenstechnika, sondern eine eigentümliche „Ethik“ gepredigt wird, deren Verletzung nicht nur als Torheit, sondern als eine Art von Pflichtvergessenheit bbehandelt wird: dies vor Allem gehörtb zum Wesen der Sache. cEs ist nicht nur „Geschäftsklugheit“d, was da gelehrt wird – dergleichen findet sich auch sonst oft genug: – es ist ein Ethos, welches sich äußert, und in eben dieser Qualität inter­ essiert es uns.c s Wenn Jakob Fugger einem Geschäftskollegen, der sich zur Ruhe gesetzt hat und ihm zuredet,e das gleiche zu tun, da er nun fdoch genug gewonnenf habe und andere auch gewinnen lassen | solle, dies als „Kleinmut“g verweist und antwortet: „er (Fugger) hätte viel einen andern Sinn, wollte gewinnen dieweil er könnte“27),

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wie es seit der deutschen Mystik des Mittelalters den deutschen Katholikenh und Pro­ testanten trotz alledem gemeinsam geblieben ist, gegen puritanisch-kapitalistische Tat­ kraft[,] schlechthin unübertroffen. i– Kürnbergers etwas freie Übersetzung der Frank­ linschen Traktate ist hier nach dem Original korrigiert.i | 27)  Sombart hat dies Zitatk dem Abschnitt über die „Genesis des Kapitalismus“ A, A 15, 1 (Der moderne Kapitalismus l1.  Aufl.l Band I, S.  193 cf. das. S.  396m) als Motto vorge­ BR, C 33 34 setzt. q–q  Fehlt in A, A1.  r  A, A1: Vermögens  s–s  Fehlt in A.   t–t A1: That: 〈Das Ethische〉 daß  Das letzte Wort mit Bleistift unterstrichen; BR: Tat, daß  a A1: Le­ bensklugheit  b–b A1: 〈angesehen〉 behandelt wird, gehört mit  c–c Fehlt in A1.  d BR: „Lebensklugheit“  e  Komma fehlt in A, A1, BR.  f–f  A, A1: „lang genug gewonnen“  g A: „Kleinmut“  h In A folgt: (K. war liberaler Katholik) i–i  Fehlt in A.   k  In A, A1 folgt: aus einem Fuggerschen Promemoria  l–l  Fehlt in A, A1.  m  A, A1, BR, C: 390 33  Zum Zitat vgl. oben, S. 154, Anm.  31. 34  Weber zitiert hier aus einem „Motto“ Sombarts zum Zweiten Buch: Sombart, Der moderne Kapitalismus I, überschrieben „Die Genesis des modernen Kapitalismus“ (ebd., S.  193; dass. S.  396). Für Sombart ist Jakob Fugger der mit kapitalistischem Geist beseelte neue Unternehmer. Er folge einem auf Kalkulation und Spekulation ba-

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so unterscheidet sich der „Geist“ dieser Äußerung offensichtlich von Franklin: was dort als Ausfluß kaufmännischen Wagemuts und einer persönlichen n, sittlich indifferenten,n Neigung geäußert wird28) o, nimmt hier den Charakter einer ethisch gefärbten Maxime der Lebensführung an. pIn diesem spezifischen | Sinne wird hier der Begriff „Geist desq Kapitalismus“ gebrauchtp 29).

r 28)  Was selbstverständlich weder bedeutet, daß Jakob Fugger ein sittlich indifferen­ ter oder irreligiöser Manns gewesen sei, noch, daß Benjamin Franklins Ethik überhaupt sich in jenent Sätzen erschöpfe. Es hätte wohla nicht der Zitate Brentanos (Die Anfän­ ge des modernen Kapitalismus, München 1916, S.  150 f.) bedurft, um diesen wohlbe­ kannten Philanthropenb dagegen zu schützen, so verkannt zu werden, wie Brentano es mir zuzutrauen scheint.35 Das Problem ist umgekehrt ja geradec: wie konnte ein sol­ cher Philanthrop eben diese Sätze (deren besondersd charakteristische Formung Bren­ tanoe wiederzugeben unterlassenf hat) im Stil eines Moralisteng vortragen?h r | 29)  Darauf beruht die gegenüber Sombarti andere Problemstellung hier. Die sehr BR, C 34 erhebliche praktische Bedeutung des Unterschieds wird später hervortreten.36 Esk sei schon hier bemerkt, daß Sombart diese ethische Seite des kapitalistischen Unterneh­ mersl keineswegs unbeachtet gelassen hat. Nur erscheint sie in seinem Gedankenzu­ sammenhangm als das vom Kapitalismus Bewirkte, während wir für unsere Zwecke hier die umgekehrte Hypothesen in Betracht ziehen müssen. Endgültig kann erst am Abschluß der Untersuchung Stellung genommen werden.37 Für Sombarts Auffassung cf. a. a. O. I S.  357, 38038 usw.  Seine Gedankengänge knüpfen hier an die glänzenden

n–n Kommata fehlen in A.   o Index fehlt in A.   p–p In A hervorgehoben. q In A1 folgt: 〈modernen〉  r–r Fehlt in A.   s A1: Mensch > Mann  t In A1 folgt: 〈charakter〉 〈Geschäfts〉  a A1: eigentlich > wohl  b  Menschenfreund > Philanthropen  c In A1 mit Bleistift unterstrichen.   d Fehlt in A1.  e In A1 folgt: , beiläufig bemerkt 〈sich〉  f A1: vermieden > vermieden  g  In A1 nicht hervorgehoben.  h A1: vortragen BR: vortragen.  i  In A folgt: etwas  k A: Übri­ gens  l  A, A1: Unternehmens  m  In A folgt: naturgemäß  n  In A folgt: als heu­ ristisches Mittel   sierenden Geschäftssinn: „Er wolle gewinnen, dieweil er könne – das wird die Devise des kapitalistischen Unternehmers“ (S.  397). 35  Brentano wirft Weber eine „arge Mißhandlung Franklins“ vor (vgl. ders., Anfänge, S.  148–153, Zitat S.  148). Er gibt weitere Zitate aus den Schriften Franklins wieder, um zu zeigen, daß dessen Ethik „starke Anklänge an die nikomachische Ethik des Aristoteles“ besitzt (ebd., S.  150–152, Zitat S.  152). Weber dagegen urteile, Franklins Gesinnung wäre „im Altertum wie im Mittelalter ebenso als Ausdruck schmutzigsten Geistes und einer schlechthin würdelosen Gesinnung proskribiert worden“ (ebd., S.  153). Damit sei diese Nähe zu Aristoteles verkannt. 36  Gemeint sein dürfte: unten, bes. S.    411–492. 37  Vermutlich bezieht sich Weber auf die geplante Fortsetzung, die er aber weder in den Jahren nach 1905 noch 1919/20 einlöste; vgl. dazu die Einleitung, oben, S.  49–51. 38  Die beiden angegebenen Seitenzahlen können nicht stimmen. Aus dem Zusammenhang zu schließen, dürfte sich Weber bei Sombart, Der moderne Kapitalismus I, auf S.  381–390 beziehen. Sombart skizziert hier die „konkret-historische[n] Zusam­ menhänge“ (S.  381), wie sie seiner Auffassung nach zur Entstehung des Kapitalismus

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oNatürlichp:

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des modernen Kapitalismus. qDenn daß hierq nur von diesemr westeuropäisch-amerikanischens Kapitalismus die Rede ist, versteht sicht angesichts der Fragestellung von selbst. „Kapita­ lismus“ hat es in China, Indien, Babylon, in der Antike und im Mittelalter gegeben. Aber eben jenes ueigentümliche Ethosu fehlte ihm v, wie wir sehen werdenv.o 39 Allerdings sind nun alle moralischen Vorhaltungen Franklins utilitarisch gewendet: die Ehrlichkeit ist nützlich, weil sie Kredit bringt, die Pünktlichkeit, der Fleiß, die Mäßigkeit ebenso, unda deshalb sind sie Tugenden: – woraus u. a. folgen würde, daß, wo z. B. der Schein der Ehrlichkeit den gleichen Dienst tut, dieser genügen und ein unnötiges Surplus an dieser Tugend als unproduktive Ver­ schwendung in den Augen Franklins verwerflich erscheinen müßte. Bilder in Simmels „Philosophie des Geldes“ (letztes Kapitel)40 an. bAuf c die von ihm in seinem „Bourgeois“ vorgetragene Polemik gegen mich komme ich weiterhin zu sprechen.b 41 An dieser Stelle muß zunächst jede eingehende Auseinandersetzung zu­ rückgestellt werden. o–o Fehlt in A.   p A1: Wohlgemerkt > Natürlich  q–q A1: Daß dabei > Denn daß hier  r A1: dem modernen > diesem  s A1, BR, C: westeuropäisch-amerika­ nischem  t In A1 folgt: 〈zwar von selbst, sei aber zur Sicherung gegen Mißver­ ständnisse〉  u–u A1: ethische Merkmal  v–v Fehlt in A1.  a In A folgt: nur b–b  Fehlt in A.   c A1: Gegen > Auf   führten. Auf S.  383 heißt es: „Damit aber war die Zeit erfüllet, daß sich jener merkwürdige psychologische Prozeß in den Menschen abermals vollzog, dessen Verlauf uns neuerdings mit gewohnter Meisterschaft Georg Simmel geschildert hat: die Erhebung des absoluten Mittels – des Geldes – zum höchsten Zweck. In dem Maße, wie man die Wirksamkeit des Geldbesitzes, seine Fähigkeit des Allesverschaffens sah [.  .  .], konzentriert sich von nun ab alles Streben in dem heißen, glühenden, unstillbaren Verlan­ gen nach Geld.“ 39  Zum fehlenden Ethos im Kapitalismus Chinas siehe Weber, Konfuzianismus, MWG I/19, bes. S.  282–284 und 469–478. – In Indien brachte das Kastensystem keinen eigenen Kapitalismus hervor, weshalb er dort als „Importprodukt“ bestand; siehe ders., Hinduismus, MWG I/20, bes. 194–197, das Zitat S.  54. – Babylon bildete „frühkapitalistische Geschäftsformen“ aus, es fehlte aber noch in neubabylonischer Zeit eine „systematische Rationalisierung zu einer Alltagsethik der Massen“; siehe ders., Antikes Judentum, MWG I/21, die Zitate S.  244 und 586. – Zur Antike und ihren Hemmnissen der kapitalistischen Entfaltung vgl. Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S.  350–360. Die Absicht, seine „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ auf die christlichen Antike und das Mittelalter auszudehnen, konnte Weber nicht mehr verwirklichen; vgl. dazu die Einleitung, oben, S.  49–51. 40  Vgl. Simmel, Philosophie des Geldes, 6. Kapitel, S.  455–554. Darin schildert er den „Stil des Lebens“ (Kapitelüberschrift), der mit der modernen Geldwirtschaft verbunden sei. 41  Siehe unten, S.  164–172, Fn.  35, und S.  195–201, Fn.  51.

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Und in der Tat: wer in seiner Selbstbiographie die Erzählung von seiner „Bekehrung“ zu jenen Tugenden30) oder | vollends die Aus­ führungen über den Nutzen, den die strikte Aufrechterhaltung des Scheines der Bescheidenheit, des geflissentlichen Zurückstellens der eigenen Verdienste[,] für die Erreichung allgemeiner Anerken­ nung31) habe, | liest, muß notwendig zu dem Schluß kommen, daß nach Franklin jene wie alle Tugenden auch nur soweit Tugenden sind, als sie in concreto dem einzelnen nützlichd sind[,] und das Surrogat des bloßen Scheins überall da genügt, wo es den gleichen Dienst leistet:e – eine für den strikten Utilitarismus in der Tat unentrinnbare Konsequenz. Das, was Deutsche an den Tugenden des Amerikanismus als „Heuchelei“ zu empfinden gewohnt sind, scheint hier in flagranti zu ertappen. – Allein so einfach liegen die

30)  In deutscher Übersetzung:42 „Ich überzeugte mich endlich, daß Wahrheit, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit im Verkehr zwischen Mensch und Mensch von höchster Wichtigkeit für unser Lebensglück seien, und entschloß mich von jenem Augenblick anf und schrieb auch den Entschluß in mein Tagebuch, sie mein Lebenlang zu üben. Die Offenbarung als solche hatte jedoch in der Tat kein Gewicht bei mir, sondern ich war der Meinung, daß, obschon gewisse Handlungen nicht schlecht, bloß weil die offenbar­ te Lehre sie verbietet, oder gut deshalb seien, weil sie selbige vorschreibt, doch – in Anbetracht aller Umstände – jene Handlungen uns wahrscheinlich nur, weil sie ihrer Natur nach schädlich43 sind, verboten, oder weil sie wohltätig sind, uns anbefohlen wor­ den seien.“ | 31)  „Ich rückte mich soviel wie möglich aus den Augen und gab es“ – nämlich die von A, A1 16 ihm angeregte Schöpfung einer Bibliothek44 – „für ein Unternehmen einer ,Anzahl von BR, C 35 Freunden‘ aus, welche mich gebeten hätten, herumzugehen | und es denjenigen Leuten vorzuschlagen, welche sie für Freunde des Lesens hielten. Auf diese Weise ging mein Geschäft glatter vonstatten, und ich bediente mich dieses Verfahrens hernach immer bei derartigen Gelegenheiten und kann es nach meinen häufigen Erfolgen aufrichtig45 empfehlen. Das augenblickliche kleine Opfer der Eigenliebe, welches man dabei bringt, wird später reichlich vergolten werden. Wenn es eine Zeitlang unbekannt bleibt, wem das eigentliche Verdienst gebührt, wird irgend jemand, der eitler als der betreffende ist, ermutigt werden, das Verdienst zu beanspruchen, und dann wird der Neid selbst geneigt

d  A, A1: „nützlich“  e  Doppelpunkt feht in A.   f BR, C: an, 42 Weber folgt der Übersetzung der Lebenserinnerungen Franklins von Berthold Auerbach, hg. von Friedrich Kapp; Zitat: Franklin, Sein Leben, S.  227. (Webers Handexemplar, das er von Kapp im Jugendalter geschenkt bekommen hatte, befindet sich in der Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München. Vgl. dazu Schluchter, Einleitung, MWG I/9, S.  52, Anm.  1). 43  Bei Franklin, ebd., heißt es: „schlecht“, nicht „schädlich“. 44  Franklin, ebd., S.  276 f. Franklin und seine Diskussions-Freunde des „Junto-Clubs“ gründeten 1731 die erste öffentliche Leihbibliothek in Amerika. 45  Bei Franklin, ebd., S.  276: „herzlich“, nicht „aufrichtig“.

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Dinge in Wahrheit keineswegs. Nicht nur Benjamin Franklins eige­ ner Charakter, wie er gerade in der immerhin seltenen Ehrlichkeit seiner Selbstbiographie zutage tritt, und der Umstand, daß er die Tatsache selbst, daß ihm die „Nützlichkeit“ der Tugend aufgegan­ gen sei, auf eine Offenbarung Gottes zurückführt, der ihn dadurchg zur Tugend bestimmen wollte,46 zeigen, daß hier doch noch etwas anderes als eine Verbrämung rein egozentrischer Maximen vor­ liegt. Sondern vor allem ist das „summum bonum“ dieser h„Ethik“: der Erwerb von Geldh und immer mehr Geld, unter strengster Ver­ meidung alles unbefangenen Genießens, so gänzlich aller eudämo­ nistischen oder gar hedonistischen Gesichtspunkte entkleidet, so irein als Selbstzwecki gedacht, daß es als etwas gegenüber dem „Glück“ oder dem „Nutzen“ des einzelnen Individuumsk jedenfalls gänzlich Transzendentes und schlechthin Irrationales32) l erscheint. sein, dem erstern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, indem er jene angemaßten Fe­ dern ausreißt und sie ihrem rechtmäßigen Eigentümer zurückgibt.“ m 32)  nBrentano (S.  125, 127 Anm.  1) nimmtn diese Bemerkungo zum Anlaß, um die späteren Ausführungen über jenep „Rationalisierung und Disziplinierung“, welche die innerweltliche Askese an dem Menschen vorgenommen habe, zu kritisierenq; das sei also eine „Rationalisierung“ rzu einer „irrationalenr Lebensführung“.47 In der Tat ist dem so. „Irrational“ ist etwas stets nicht an sich, sondern von einem bestimmten „ratio­ nalen“ Gesichtspunkte aus. Für den Irreligiösen ist jede religiöse, für den Hedoniker jede asketische Lebensführung „irrational“, mag sie auch, an ihrems letzten Wert ge­ messen, eine „Rationalisierung“ sein. Wenn zu irgend etwas, so möchte dieser Aufsatz dazu beitragen, den nur scheinbar eindeutigen Begriff des „Rationalen“ in seiner Viel­ seitigkeitt aufzudecken.m |

g A: dadurch  h–h A: „Ethik“, der Erwerb von Geld  i–i A: rein als Selbstzweck k A: Individuums  l Index fehlt in A.   m–m Fehlt in A.   n–n A1: Wie über Manches Andre in Brentano’s „Kritik“, so bin ich auch darüber 〈erstau〉 überrascht, daß er (S.  125, 127 Anm.  1)  o In A1 folgt: 〈in Verbindung mit〉  p A1: die > jene  q A1: diskreditieren  r–r A1: „zu einer irrationalen  s  In A1 nicht hervorgehoben.  t A1: Vieldeutigkeit   46 Zur „Offenbarung Gottes“ als Franklins Quelle der Tugend vgl. das Zitat oben, S.  158, Fn.  30. Vgl. auch Franklin, Sein Leben, S.  281 ff. 47  Brentano argumentiert gegenüber Weber (und Sombart), das Streben nach Geld um seiner selbst willen (als summum bonum) sei nichts Irrationales, sondern gehöre zum Wesen des Menschen (vgl. ders., Anfänge, S.  123) und müsse darum nicht durch eine „besondere Disziplinierung“, d. h. „also eigentlich eine Rationalisierung des Lebens zur einer irrationalen Lebensführung“, erst hervorgerufen werden (ebd., S.  125). Er konstatiert ferner bei Weber einen „Widerspruch“ zwischen seiner obigen Äußerung und der Stelle unten, S.  324 ff., an der es heiße, die Erziehung zum Streben nach Geld und immer mehr Geld setze die Überwindung des „,status naturae‘“ und der „,irratio­ nalen‘ Triebe“ (S.  325) voraus (Brentano, ebd., S.  127, Anm.  1).

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Der Mensch ist auf das | Erwerben als Zweck seines Lebens, nicht mehr das Erwerben auf den Menschen als Mittel | zum Zweck der Befriedigung seiner materiellen Lebensbedürfnisse bezogen. Diese für das unbefangene Empfinden schlechthin sinnlose Umkehrung des, wie wir sagen würden, „natürlichen“ Sachverhalts ist nun ganz offenbar ebenso unbedingt ein Leitmotiv des Kapitalismus, wie sie dem von seinem Hauche nicht berührten Menschen fremd ist. Aber sie enthält zugleich eine Empfindungsreihe, welche sich mit gewis­ sen religiösena Vorstellungen eng berührt. Fragt man nämlich: warum denn „aus Menschen Geld gemacht“ werden soll,48 so ant­ wortet Benjamin Franklin, obwohl selbst konfessionell farbloser Deist,49 in seiner Autobiographie darauf mit einem Bibelspruch, den, wie er sagt, sein streng calvinistischer Vater ihm in der Jugend immer wieder eingeprägt habe:50 „Siehst du einen Mann rüstig in seinem Beruf, so soll er vor Königen stehen“33).51 Der Gelderwerb ist – sofern er in legaler Weise erfolgt – innerhalb der modernen

33)  Spr. Sal. c. 22 v. 29. Luther übersetzt: „in seinem Geschäft“,52 die älteren eng­ A, A1 17, BR, C 36 lischen Bibelübersetzungen „business“. S[iehe] darüber bS.  209 Anm.  54b.53

a A: religiösen  b–b  A, A1, BR: weiter unten 48  Kürnberger, Der Amerika-Müde, S.  21; im Zitat oben, S.  155, dazu S.  154, Anm.  31. 49  Weber nimmt hier Franklins Selbstbezeichnung auf (Franklin, Sein Leben, S.  226: „vollkommener Deist“). Als Deist konnte Franklin von sich selbst sagen, er sei „niemals ohne einige religiöse Grundsätze“ gewesen. „Ich bezweifelte z. B. niemals das Dasein Gottes, bezweifelte nie, daß er die Welt geschaffen habe und durch seine Vorsehung leite; daß der passendste Gottesdienst darin bestehe, den Menschen Gutes zu erweisen [.  .  .]“ (S.  280). 50  Er habe „eine fromme Erziehung in den Grundsätzen der Lehre Calvin’s“ erhalten, schreibt Franklin (Sein Leben, S.  225), an anderer Stelle, er sei „gewissenhaft und fromm als Presbyterianer“ erzogen worden (S.  279 f.). 51  Franklin, ebd., S.  278, dort „redlich“, nicht „rüstig“. 52  In Spr 22,29 übersetzt Luther bereits 1524 in einer Teilausgabe des Alten Testaments, welche die Sprüche Salomos enthält (dass. 1545), „ynn seynem geschefft“ (vgl. Luther, WA.DB, Band  10/II, z.St.). Weber dürfte allerdings einer modernen Lutherbibel folgen (auch [1892]: „in seinem Geschäft“). Vgl. dazu den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  113 f. 53  „business“ übersetzen Coverdale 1535, Cranmer 1539, Geneva 1560 und Parker 1568 sowie die „authorised version“ von 1611, während Wyclif und das katholische, 1609 in Douay erschienene Alte Testament „werc“ bzw. „worke“ haben; bei Murray, James A. H., A New English Dictionary on Historical Principles, vol.  1. – Oxford: Clarendon Press 1887, s.v. business, p.  1205 f. Zu den englischen Bibeln vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  118 f. – Zu Spr 22,29 speziell vgl. unten, S.  211, Fn.  54, und S.  223, Fn.  56.

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Wirtschaftsordnung das Resultat und der Ausdruck der Tüchtigkeit im Beruf, und diese Tüchtigkeit ist, wie nun unschwer zu erkennen ist, das wirkliche A und O der Moral Franklins, wie sie in der zitier­ ten Stelle ebenso wie in allen seinen Schriften ohne Ausnahme uns entgegentritt34) c. In der Tat: jener eigentümliche, uns heute so geläufige und in Wahrheit doch so wenig selbstverständliche Gedanke der Berufs­ pflicht:d einer Verpflichtung, die der Einzelne empfinden soll und empfindet gegenüber dem Inhalt seiner „beruflichen“ Tätigkeit, gleichviel worin sie besteht, gleichviel insbesondere ob sie dem unbefangenen Empfinden als reine Verwertung seiner Arbeitskraft oder gar nur seines Sachgüterbesitzes (als „Kapital“) erscheinen muß:e – dieser Gedanke ist es, welcher der „Sozialethik“ der kapi­ talistischen Kultur charakteristisch, ja in gewissem Sinne für sie von konstitutiver Bedeutung ist. Nicht als ob er nur auf dem Boden des Kapitalismus gewachsen wäre: wir werden ihn vielmehr später in die Vergangenheit zurück zu verfolgen suchen. Und noch weni­ ger soll natürlich behauptet werden, daß für den heutigen Kapita­ lismus die subjektivef | Aneignung dieser ethischen Maxime durch seine einzelnen Träger, etwa die Unternehmer oder die Arbeiter der modernen kapitalistischen Betriebe, Bedingung der Fortexi­ stenz sei. Die heutigeg kapitalistische Wirtschaftsordnung ist ein ungeheurer Kosmos, in den der einzelne | hineingeboren wird und der für ihn, wenigstens als einzelnen, als faktisch unabänderliches Gehäuse, in dem er zu leben hat, gegeben ist. Er zwingt dem ein­ zelnen, soweit er in den Zusammenhang des Marktesh verflochten ist, die Normen seines wirtschaftlichen Handelns auf. Der Fabri­ kant, welcher diesen Normen dauernd entgegenhandelt, wird öko­ nomisch ebenso unfehlbar eliminiert, wie der Arbeiter, der sich i 34)  Gegenüber Brentanos (a. a. O. S.  150 f.)54 ausführlicher , aber ketwas unpräziser [] Apologiek des vermeintlichl von mir in seinen ethischen Qualitäten verkannten Frank­ lin verweise ichm lediglich auf diese Bemerkung, welche nm. E. hätte genügen dürfenn, jene Apologie unnötigo zu machen.i |

c Index fehlt in A.   d A, A1: Berufspflicht,  e A, A1: muß,  f A: subjektive g A: heutige  h A: „Marktes“  i–i  Fehlt in A.   k–k A1: wenig präziser „Apolo­ gie“  l A1: angeblich  m  In A1 folgt: 〈auf diesen Satz, aber〉  n–n A1: wohl ge­ nügte > wohl hätte genügen dürfen   o A1: überflüssig   54 Gemeint ist: Brentano, Anfänge, S.  150–153; vgl. dazu oben, S.  156, Fn.  28 mit Anm.  35.

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ihnen nicht anpassen kann oder will, als Arbeitsloser auf die Straße gesetzt wird.p Der heutige, zur Herrschaft im Wirtschaftsleben gelangte Kapi­ talismus also erzieht und schafft sich im Wege der qökonomischen Ausleseq 55 die Wirtschaftssubjekte – Unternehmer und Arbeiter –, deren er bedarf. Allein gerade hier kann man die Schranken des „Auslese“-Begriffes als Mittel der Erklärung historischer Erschei­ nungen mit Händen greifen. Damit jene der Eigenart des Kapita­ lismus angepaßter Art der Lebensführung und Berufsauffassungs „ausgelesen“ werden, td. h.:t über andere den Sieg davontragen konnte, mußte sie offenbar zunächst entstandena sein, und zwar nicht in einzelnen isolierten Individuen, sondern als eine Anschau­ ungsweise, die von Menschengruppenb getragen wurde. Diese Ent­ stehung ist also das eigentlich zu Erklärende. Auf die Vorstellung des naiven Geschichtsmaterialismus, daß derartige „Ideen“ als „Wiederspiegelung“ oder „Überbau“ ökonomischer Situationen ins Leben treten, werden wir eingehender erst später zu sprechen kommen.56 An dieser Stelle genügt es für unseren Zweck wohl, darauf hinzuweisen, daß jedenfalls ohne Zweifel im Geburtslande Benjamin Franklins (Massachusetts) der „kapitalistische Geist“ (in unserem hier angenommenen Sinn) vor der „kapitalistischen Ent­ wicklung“ da war c(es wird über die spezifischen Erscheinungen pro­

p  In A folgt Index; die dort angebundene und in A1 gestrichene Fußnote lautet: Wenn man den auf sozialdemokratischen Parteitagen gefallenen Satz: „wer nicht pariert, fliegt hinaus“, als „Kasernenton“ bezeichnet hat, so ist das ein arges Mißverständnis: aus der Kaserne fliegt der Renitente keineswegs „hinaus“, sondern erst recht „hinein“ – in die Arrestzelle nämlich. Sondern es ist das ökonomische Lebensschicksal des mo­ dernen Arbeiters, wie er es auf Schritt und Tritt erlebt, welches er in der Partei wieder­ findet und erträgt: Die Disziplin in der Partei ist Widerspiegelung der Disziplin in der Fabrik.  |  q–q A: „ökonomischen Auslese“  r A: „angepaßte“  s A: „Berufs“Auffassung  t–t Fehlt in A.   a A, A1: entstanden  b A1: Menschengruppen > Menschengruppen  c–c (S. 163)  Fehlt in A.   55  Weber verwendet mit dem Begriff „Auslese“ darwinistische Begrifflichkeit. Auf das Wirtschaftsleben bezieht er ihn bereits in seiner Vorlesung „Allgemeine (‚theoretische‘) Nationalökonomie“, MWG III/1, „Die natürliche Auslese beim Menschen“, S.  351–358. Er betont, daß nicht naturgesetzliche Ausleseprozesse, sondern „menschl[iche] Institutionen [und] Formen der W[irtschafts]Verfassung“ dabei von Bedeutung seien (ebd., S.  353). 56  Anspielung auf das Basis-Überbau-Schema des historischen Materialismus, etwa im „Kommunistischen Manifest“ (vgl. Weber, Objektivität, S.  42); dazu unten, S.  205.

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fitsüchtiger Rechenhaftigkeitd in Neuengland – im Gegensatz zu eanderen Gebieten Amerikase – schon 1632 geklagt)c,57 daß er z. B. in den Nachbarkolonien – den späteren Südstaaten der Unionf – ungleich unentwickelter geblieben war, und zwar trotzdem diese letzteren von großen Kapitalisten zu Geschäftszwecken,58 die Neu­ england-Kolonien aber von Predigern und Graduatesg in | Verbin­ dung mit Kleinbürgern, Handwerkern und Yeomen59 aus religiösen Gründen ins Leben gerufen wurden.60 In | diesem Falle liegt also das Kausalverhältnis jedenfalls umgekehrt[,] als vom „materialisti­ schen“ Standpunkt aus zu postulieren wäre. Aber die Jugend sol­ cher Ideenh ist überhaupt dornenvoller, als die Theoretiker des „Überbaues“ annehmen, und ihre Entwicklungi vollzieht sich nicht wie die einer Blume. Der kapitalistische Geist in dem Sinne, den wir für diesen Begriff bisher gewonnen haben, hat sich in schwe­ rem Kampf gegen eine Welt feindlicher Mächte durchzusetzen gehabt. Eine Gesinnung[,] wie sie in den zitierten Ausführungen Benjamin Franklins zum Ausdruck kam und den Beifall eines gan­ d A1: Rechenhaftigkeit  e–e A1: allen Nachbarkolonien > anderen Gebieten Ame­ rikas  c  (S.  162) –c  Fehlt in A.   f  In A1 folgt ein gestrichenes Einschubzeichen für den Klammerzusatz c–c.  g A: „Graduates“  h  A, A1: „Ideen“  i A: „Ent­ wicklung“ 57  So Weeden, Economic and social history I, p.  125 (dass. unten, S.  471, Fn.  370). 58  Vgl. Doyle, The English in America I (Doyle wird unten, S. 265, Fn.  91, eingeführt), p.  134: „Virginia was the offspring of economical distress, as New England was of ecclesiastical conflicts.“ Die Kolonialisierung Virginias z. B. erfolgte durch englische Handelsgesellschaften. Die ersten Kolonisten hofften, Gold und andere Bodenschätze zu finden und schnell zu Reichtum zu kommen (1606–1608). Nach Mißerfolgen sicherte schließlich der Tabakanbau und -export die Existenz der Siedler. Vgl. Doyle, ebd., „The Virginia Company“, p.  134–245. 59  Die Prediger namentlich bei Masson, Milton II, p.  554–563; der Hinweis auf „graduates“ (und die „yeomen“, die kleinen Grundbesitzer) auch bei Doyle, The English in America III (= The Puritan colonies II), p.  113 f. 60  Als Beispiele seien genannt: Plymouth, die erste Puritaner-Kolonie. Sie wurde von den „Pilgervätern“, die sich schon zuvor mit ihrer Flucht ins niederländische Leiden von der anglikanischen Staatskirche losgesagt hatten, zusammen mit anderen Auswanderern 1620 gegründet. Finanziert wurde die Unternehmung allerdings von Londoner Kaufleuten mit Gewinninteressen, doch konnte Plymouth sich bald wirtschaftlich selbst behaupten. Vgl. Doyle, The English in America II (= The Puritan colonies I), p.  14–108. – Massachusetts Bay etabilierte sich bereits 1629 als „exclusively Puritan settlement“ (Doyle, ebd., p.  129). – Rhode Island geht auf den Separatisten Roger Williams zurück, einen Salemer Prediger (1631/32), der gegenüber der sich in der Massachusetts Bay etablierenden Kirche das voluntaristische Prinzip und größere Freiheiten forderte. Vgl. Doyle, ebd., p.  154 ff., 240 ff.

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zen Volkes fand, wäre im Altertum wie im Mittelalter35) k ebenso als Ausdruck des schmutzigsten Geizes und einer | schlechthin würde­ l 35)  Ich benütze diese Gelegenheit, einige „antikritische“ Bemerkungen schon hier vorweg einzuflechten. – Es ist eine unhaltbare Behauptung, wenn Sombart (Der Bour­ geois, München und Leipzig 1913) gelegentlich versichert: diese „Ethik“ Franklins sei die „wortwörtliche“ Wiederholung von Ausführungen des großen Universalgenies der Renaissance: Leon Battista Alberti’s,61 der neben theoretischen Schriften über Mathe­ matik, Plastik, Malerei, (vor allem:) Architektur und über die Liebe (er war persönlich Frauenfeind) auch über den Haushalt (della famiglia) eine Schrift in 4 Büchern verfaß­ te (von der mir im Augenblick der Niederschrift leider nicht die Ausgabe von Mancini, sondern nur die ältere von Bonucci vorliegt).62 – Die Stelle Franklins steht ja wörtlich abgedruckt oben,63 – wo finden sich denn nun entsprechende Stellen aus Albertis Wer­ ken, insbesondere die Maxime, die an der Spitze steht: „Zeit ist Geld“[,] und die an­ schließenden Vermahnungen?64 Die einzige daran auch nur aus weitester Distanz erin­ nernde Stelle steht m. W. gegen Schluß des III.m Buchs della famiglia (Ausg. v[on] Bonucci Vol. II, p.  353)[,] wo ganz allgemein von dem Gelde als dem Nervus rerum des Haushalts die Rede ist, mit dem daher ganz besonders gut gewirtschaftet werden müs­ se65 – ganz wie schon bei Cato[,] de re rustica.66 Die Behandlung Albertis, der allen Nachdruck darauf legt, aus einer der vornehmsten Kavaliersfamilien von Florenz zu

k  Index fehlt in A; in A1 folgt Index und der Hinweis Max Webers: Fußnote auf Blatt a, b.  l–l (S.  172)  Fehlt in A; der Wortlaut A1 stand auf den Manuskriptblättern [19]a, b, die nicht überliefert sind; vgl. den Editorischen Bericht, oben, S.  79, Fn.  84.   m BR, C: I.   61  Für Sombart, Bourgeois, gilt Leon Battista Alberti (1404–1472) als der „vollendete Typus des ‚Bürgers‘ während des Quattrocento“ (ebd., S.  136) und als „[e]in Mann […], der mitten im Geschäftsleben stand und sicher schon vom kapitalistischen Geiste durchdrungen war“ (ebd., S.  44). In seinen in Dialogform verfaßten vier Büchern „Della famiglia“ stehe „in der Tat schon alles“, was später Daniel Defoe und Benjamin Franklin geschrieben hätten (ebd., S.  136). 62 Weber zitiert Alberti, Della famiglia, nach: Opere volgari, ed. Anicio Bonucci, tomo II (1844), und nicht nach: ders., I libri della famiglia […], ed. Girolamo Mancini. – Firenze: G. Carnesecchi & figli 1908 (danach zitiert Sombart, vgl. ders., Bourgeois, S.  473). Bei der Ausgabe Bonuccis handelt es sich um den ersten vollständigen Druck von „Della famiglia“, wovon die ersten drei Bücher ca. 1433/34 verfaßt wurden, das vierte einige Jahre später. 1734 war eine Bearbeitung des dritten Buchs, das von der Haushaltsführung handelt, unter dem Namen Agnolo Pandolfini (1360–1446) erschienen und öfters nachgedruckt worden. 63  Siehe oben, S.  151–154. 64  Dies richtet sich gegen Sombarts Zusammenstellung von Zitaten aus Alberti, Della famiglia, zu den Themen Seele, Körper, vor allem aber Zeit; vgl. ders., Bourgeois, S.  142 f. 65  Vgl. Alberti, Della famiglia, p.  353 (innerhalb des dritten Buchs): „Il danaio niuno dubita, quanto sia nervo di tutti i mestieri […].“ („Niemand zweifelt, daß das Geld der Nerv in allen Gewerben ist […].“ Die deutsche Übersetzung folgt, sofern angegeben: Alberti, Leon Battista, Über das Hauswesen [Della famiglia], übers. von Walther Kraus, eingeleitet von Fritz Schalk. – Zürich, Stuttgart: Artemis Verlag 1962 (hinfort: Alberti, Hauswesen), hier S.  320.) 66  Weber zitiert Cato, De agri cultura, stets mit dem älteren Titel Cato, De re rustica (vgl. Weber, Römische Agrargeschichte, MWG I/2, S.  297, Anm.  7).

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losen Gesinnung proskribiert worden, wie dies noch heute von allen denjenigen sozialen Gruppen regelmäßig | geschieht, welche stammen („nobilissimi cavalieri“: della famiglia p.  211n, 228, 247 in der Ausgabe von Bonucci),67 als eines Mannes mit „verpantschtem Blut“, eines mit Ressentiment gegen die Geschlechter erfüllten, weil – wegen seiner (ihn nicht im mindesten deklassieren­ den) außerehelichen Erzeugung – von den Signorengeschlechtern ausgeschlossenen Bürgerlichen, ist grundverkehrto.68 Für Alberti charakteristisch ist gewiß seine Emp­ fehlung großer Geschäfte, die allein einer nobile e onesta famiglia und eines libero e nobile animo würdig seien (das. p.  209)69 und: weniger Arbeit kosten (vgl. del governo della famiglia Vp, p.  55, ebenso in der Redaktion für die Pandolfini p.  166q: darum am besten Verlagsgeschäft in Wolle und Seide!),70 ferner einer geordneten und strengen Haushaltung, d. h. der Bemessung der Ausgaben nach den Einnahmen.71 Dies, also: pri­ mär ein Prinzip der Haushaltsführung, nicht aber: des Erwerbs (wie gerade Sombart recht gut hätte erkennen können)72 – ganz ebenso wie es sich bei der Diskussion über das Wesen des Geldes (a. a. O.) primär um Vermögensanlage (Geld oder possessioni) handelt,73 nicht um Kapitalverwertung –[,] ist die „santa masserizia“, deren Vertretung

n BR, C: 213  o BR: etwas schlimm  p BR, C: IV  q BR, C: 116   67 Vgl. Alberti, Della famiglia, p.  247 („notabilissimi cavalieri“), ähnlich p.  211 und 228. 68  Weber formuliert dies gegen Sombart, Bourgeois, S.  279 (dort: „,Verpantschung‘ des edlen Blutes“) und S.  439. Leon Battista Alberti wurde 1404 während der Verbannung der Familie aus Florenz als uneheliches Kind geboren. 69  Vgl. Alberti, Della famiglia, p.  209–211, „libero e nobile animo“ p.  209, die „Empfehlung großer Geschäfte“ p.  211. 70  Bei Alberti, Della familglia, p.  292, heißt es über das Verlagsgeschäft in Wolle und Seide: „[…] che sono exercizio di meno travaglio e di molta minore molestia […].“ („Das sind Beschäftigungen, die weniger Plage verursachen und viel weniger Beschwerlichkeit […].“ Alberti, Hauswesen (wie oben, S.  164, Anm.  65), S.  263.) – Fast wörtlich ist dies formuliert in den von Weber angegebenen Traktaten: Alberti, Del governo della famiglia (per la famiglia Pazzi), in: Opere volgari V, p.  9–113, hier p.  54 (sic!), und ders., Del governo della famiglia (per uso e utilità di Casa Pandolfini), in: ebd., p.  115–227, hier p.  166. Nach dem Vorwort des Herausgebers Anicio Bonucci (Opera volgari V, p.  5–8) schrieb Alberti diese Traktate, Bearbeitungen (Redaktionen) seines dritten Buches von Della famiglia, für die Familie Pazzi und für das Haus Pandolfini (zu dieser Bearbeitung auch oben, S.  164, Anm.  62). 71  Vgl. Alberti, Della famiglia, p.  373: „[…] siano le spese vostre più che l’ entrate non mai maggiori […]“ („[…] eure Ausgaben dürfen nie größer sein als euere Einnahmen“, Alberti, Hauswesen (wie oben, S.  164, Anm.  65), S.  339), variiert wiederholt ebd., p.  374, u. ö. Bei dieser Sentenz handelt es sich um die Quintessenz am Schluß des dritten Buches. 72  Sombart, Bourgeois, konstatiert bei Alberti (etwa durch das in der vorherigen Anm. wiedergegebene Zitat; Sombart, ebd., S.  139) die Verkehrung der Ausgabe- in eine „Einnahmewirtschaft“ (ebd.) und interpretiert dies als „grundsätzliche Verwerfung aller Maximen seigneurialer Lebensgestaltung“ (ebd., S.  138) und Fundamentierung der „bürgerlich-kapitalistischen Wirtschaftsführung“ (ebd., S.  139). 73  In dieser Fn. oben, S.  164, im Kontext der Erörterungen über Geld oder (Grund-) Besitz („possessioni“) bei Alberti, Della famiglia, p.  353–358.

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in die spezifisch moderne kapitalistische Wirtschaft am wenigsten verflochten oder ihr am wenigsten angepaßt | sind. Nichtr etwa des­

BR, C 39 dem Gianozzo in den Mund gelegt wird.74 Empfohlen | wird, – als Selbstschutz gegen die Unsicherheit der „Fortuna“,75 – die frühe Gewöhnung an stete, übrigens auch (della famiglia p.  73–74) allein dauernd gesund erhaltende,76 Tätigkeit in cose magni­ fiche e ample (p.  192)77 und Meidung des stets für die Erhaltung der eigenen Stellung gefährlichen Müßiggangs,78 daher auch fürsorglichess Lernen eines standesgemäßen Metiers für den Fall von Wechselfällen79 (aber: jede opera mercenaria ist unstandesge­ mäß: della famiglia l[ibro] IIt p.  209 das.).80 Sein Ideal der „tranquillità dell’ animo“81 und seine starke Hinneigung zum epikureischen „λάθε βιώσας“82 (vivere a sè stesso – das. p.  262),83 insbesondere die Abneigung gegen jedes Amt – das. p.  25884 – als Quelle von Unruhe, Feindschaft, Verwicklung in schmutzige Geschäfte, das Ideal des Lebens auf der ländlichen Villa, seine Speisung des Selbstgefühls durch den Gedanken an die Ahnen, und die Behandlung der Ehre der Familie (die deshalb auch ihr Vermögen nach Florentiner Art zusammenhalten, nicht teilen, soll)85 als des entscheidenden Maßstabs und Zieles: dies alles wäre in den Augen jedes Puritaners eine sündhafte „Kreatur­ vergötterung“, in Benjamin Franklins Augen aber eine diesem unbekannte aristokrati­ sche Pathetik gewesen. Man beachte noch die hohe Schätzung des Literatentums86

r A: Nicht  s  Zu erwarten wäre: vorsorgliches  t BR, C: I   74  Vgl. Alberti, Della famiglia, p.  234, „Santa cosa la masserizia!“, „Welch heilige Sache ist das Haushalten!“ (italien. masserizia, „Haushalt(sführung)“, „Haushalten“), ähnlich ebd., p.  237. Im dritten Buch erläutert die betagte Dialogfigur Gianozzo (bei Alberti: Giannozzo) die Kunst des Haushaltens, die er, der Illiterat (vgl. p.  235), nicht aus Büchern, sondern allein aus der Erfahrung und Praxis gelernt habe. 75  Etwa Alberti, Della famiglia, p.  113, u. ö., auch das Proemio, ebd., S.  3–20. 76  Vgl. Alberti, ebd., p.  73 f. (über Leibesübungen). 77  Alberti, ebd., p.  192 (dt. „in großartigen Unternehmungen“). 78  Alberti, ebd., bes. auch ebd., p.  112 f. und p.  186–192. 79  Alberti, ebd., p.  113. 80  Vgl. Alberti, ebd., p.  209 (opera mercenaria, dt. „Lohnarbeit“). 81  Anspielung auf das stoische Ideal und Albertis Schrift über die Seelenruhe: Alberti, Leon Battista, Della tranquillità dell’animo, in: Opere volgari […], ed. Anicio Bonucci, tomo I. – Firenze: Tipografia Galileiana 1843, p.  7–130. 82  Griech., Tl. „láthe bio´¯ sas“. Die ethische Maxime Epikurs lautet „Lebe im Verborgenen“. Sie betrifft das Verhältnis zum Staatsleben, von dem man sich weitgehend fernhalten solle, weil es Unruhe mit sich bringe und darum der Glückseligkeit abträglich sei. Vgl. Friedrich Ueberwegs Grundriß der Geschichte der Philosophie, fortgeführt von Max Heinze, 1. Teil: Das Altertum, hg. von Karl Praechter, 10. […] Aufl. – Berlin: Mittler 1909, S.  283. 83  Alberti, Della famiglia, p.  262 (aus der Gegenrede der Dialogfigur Lionardo: „vivere a sè stessi“, dt. „Euch selbst zu leben“). 84  Vgl. Alberti, ebd., p.  258. 85 Zum Zusammenhalt des Vermögens nach Florentiner Art vgl. allgemein Weber, Handelsgesellschaften, MWG I/1, S.  190–209 und 287–312, bes. S.  291; bei Alberti, Della famiglia, p.  274 f. 86 Über die seit alters in der Familie Alberti geschätzte und gepflegte literarische Bildung und Gelehrsamkeit vgl. ausführlich Alberti, Della famiglia, p.  103–106. Mögli-

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halb, weil „der Erwerbstrieb“ in den präkapitalistischenu Epochen noch etwas Unbekanntes oder Unentwickeltes gewesen wäre87 – (denn auf literarisch-wissenschaftliche Arbeit ist die „industria“ vor allem gerichtet,88 sie ist das eigentlich Menschenwürdige, und wesentlich nur dem Illiteraten Gianozzo wird die Vertretung der masserizia89 – im Sinn von „rationalem Haushalt“ als dem Mittel, von Andern unabhängig zu leben und nicht ins Elend zu kommen – als gleichwertig in den Mund gelegt und dabei der Ursprung des der Mönchsethik (s. u.)90 entstammenden Begriffs auf einen alten Priester zurückgeführt vp.  249v).91 Man stelle dies alles neben die Ethik und Lebensführung Benjamin Franklins und, vollends, seiner puritanischen Ahnen, die an die humanistischen Patriziate sich wendenden Schriften des Renaissanceliteraten neben die an die Massen des bürgerlichen Mittelstandes – ausdrücklich: der Commis – gerichteten Schriften Franklins und neben die Traktate und Predigten der Puritaner, um die Tiefe des Unterschieds zu ermessen. Der ökonomische Rationalismus Albertis, überall durch Zitate aus antiken Schriftstellern gestützt, ist am wesensähnlichsten der Behandlung ökonomischer Stoffe in u A: „präkapitalistischen“  v–v BR: [p.  249] cherweise bezieht sich Weber auf diese Stelle, doch ist dies unklar (vgl. unten, S.  167 Anm.  88). 87  Möglicherweise ist dies auch gegen Somart gerichtet. Nach diesem geht „das Erwachen des Erwerbstriebs“ (Sombart, Der moderne Kapitalismus I, S.  378–390, Kapitelüberschrift) mit einer während des Mittelalters intensivierten, die bisherigen Grenzen sprengenden „Wertung des Geldbesitzes“ einher (S.  381). Er meint, das überall und zu allen Zeiten vorhandene „Goldfieber“ habe zu bestimmten Zeiten „einen akuten Charakter“ angenommen (ebd.), so auch im ausgehenden Mittelalter. 88  Lat. und italien., „Fleiß“, „Betriebsamkeit“. Der Begriff „industria“ kommt bei Alberti, Della familgia, im Zusammenhang mit geistiger Arbeit (vgl. oben, S.  166 Anm.  86) nicht vor. Er thematisiert die „industria“ als ein Mittel des Erwerbs, um Reichtum zu erzielen, gleich der „masserizia“. Vgl. Alberti, Della famiglia, p.  207–210. – Weber entnimmt die hier beschriebene Richtung der „industria“ sehr wahrscheinlich Zitaten, die Keller, Unternehmung und Mehrwert, S.  63, aus dem Werk des Franziskaners Bernhardin von Siena anführt (er zitiert: Sancti Bernardini Senensis Opera Omnia synopsius ornata […], tomus II. – Paris: de LaHaye 1636, p.  683). Bernhardin stellt ein größeres Maß von „industria“ für die höheren Berufe fest: „Wenn zur rechten Durchführung der höheren Berufe eine größere Sachkenntnis und Industria und eine umfassendere geistige Sorgfalt verlangt wird, so kann eine solche Sachkenntnis und Industria auch nur mit vielem und langwierigem Studium, mit vieler und langwieriger Erprobung, Arbeit, mit vielem Wagemut und großen Kosten erworben werden.“ (Dt. wiedergegeben bei Keller, ebd.) Dieselbe Deutung der „industria“ (als „Bildungscapital“) mit Hinweis auf Bernhardin beschreibt Funk, [Franz Xaver], Ueber die ökonomischen Anschauungen der mittelalterlichen Theologen, in: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft, Band 25, Heft 1. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1869, S.  125–175 (hinfort: Funk, Ökonomische Anschauungen), hier S.  156 f., Zitat S.  156. 89  Vgl. in dieser Fn. oben, S.  165 f. mit Anm.  74. 90  In dieser Fn. unten, S.  168 f. 91  Vgl. Alberti, Della famiglia, p.  249: Der alte Priester, aus dessen Lehren Gianozzo die Kunst des Haushaltens („masserizia“) ableitet, spricht von drei Dingen, die dem Menschen als göttliche Gabe zum rechten Gebrauch gegeben sind: die Seele, der Leib und die Zeit.

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wie man so oft gesagt hat – oder weil die „auri sacra fames“,92 die Geldgier, damals – oder auch heute – außerhalb des bürgerlichen den Schriften Xenophons (den er nicht kannte),93 Catos, Varros und Columellas (die er zitiert),94 – nur daß insbesondere bei Cato und Varro das Erwerben als solches ganz anders als bei Alberti im Vordergrund steht. Im übrigen wirken die freilich nur sehr gelegentlichen Ausführungen Albertis über die Verwendung der fattori,95 ihre Arbeits­ teilung und Disziplin, über die Unverläßlichkeit der Bauern usw. in der Tat ganz wie eine Übertragung catonischer Lebensklugheit aus dem Gebiet des Sklavenfronhofs auf das der freien Arbeit in Hausindustrie und Teilbau.1 Wenn Sombart (dessen Bezugnah­ me auf die Ethik der Stoa entschieden verfehlt ist) den ökonomischen Rationalismus schon bei Cato „zu äußerster Konsequenz entwickelt“ findet,2 so ist das, richtig ver­ standen, nicht geradezu unrichtig. Man wird den „diligens pater familias“ der Römer mit dem Ideal des „massajo“ bei Alberti in der Tat unter die gleiche Kategorie bringen können.3 Charakteristisch ist bei Cato vor allem: daß das Landgut als Objekt einer Vermögens-„Anlage“ gewertet und beurteilt wird.4 Der Begriff der „industria“ ist al­ lerdings anders gefärbt infolge christlichen Einflusses. Und da zeigt sich eben der Un­ terschied. In der Konzeption der „industria“, die aus der Mönchsaskese stammt und von Mönchsschriftstellern entwickelt ist, liegt der Keim eines „Ethos“,5 der in der pro-

92  Redewendung nach Vergil, Aeneis 3,56 f.: „quid non mortalia pectora cogis, auri sacra fames“ („wozu treibst du nicht die Herzen der Menschen, verfluchter Hunger nach Gold“). Für das „Goldfieber“ gebraucht auch von Sombart, Der moderne Kapitalismus I, S.  383. 93  Alberti weist in der Vorrede zum dritten Buch dasselbe als (stilistische) Nachahmung des von ihm geschätzten Xenophon aus (gemeint ist: dessen „Oikonomikus“; vgl. ders., Della famiglia, p.  223), gibt daraus aber kein Zitat. (Aus anderen Werken Xenophons zitiert Alberti dagegen ebd., p.  73, 166, 443, 467 und 474.) Daß Alberti Xenophon nicht kannte, dürfte Weber gegen Sombart richten, der der Meinung ist, Alberti zitiere beinahe wörtlich aus Xenophons Werk, vgl. ders., Bourgeois, S.  289 f. 94  Im dritten Buch von „Della famiglia“ (p.  225–374) gibt es keine kenntlich gemachten Zitate aus Cato d.Ä., Varro und Columella, den „scriptores rei rusticae“ (römische Agrarschriftsteller). (Zu Varro vgl. aber ebd., p.  282, Anm.  5; Cato und Columella zitiert Alberti öfters in den übrigen Büchern.) 95  fattori (italien., Sgl. fattore), Gutsverwalter. 1  Pachtform, bei der der Verpächter dem Pächter die Nutzung überläßt und Aufwand und Ertrag in einem vereinbarten Verhältnis geteilt werden. 2  Nach Sombart enthält schon die Stoa den Gedanken der „Rationalisierung der gesamten Lebensführung“; vgl. ders., Bourgois, S.  285. Für die römischen Agrarschriftsteller, namentlich Cato, gelte: „Erwerbsstreben und ökonomischer Rationalismus sind hier schon in ihren letzten Konsequenzen entwickelt“ (ebd., S.  290). 3  diligens pater familias (lat.), „umsichtiger Hausvater“; massaio (italien.), „Hausvater“. 4  Vgl. Weber, Römische Agrargeschichte, I/2, S.  302: Bei Cato residierte der Gutsherr in Rom und bedurfte der Geldrente, die das Landgut einbrachte. 5  Vgl. die von Keller, Unternehmung und Mehrwert, S.  60–68, beigebrachten Zitate zur „industria“, v. a. aus den Werken Antonins von Florenz und Bernhardins von Siena. Sie bezeichnen mit „industria“ die „wertschaffende und deshalb gerechterweise Mehr­ wert verdienende Tätigkeit“ der Kaufleute oder Unternehmer (ebd., S.  65), ihre „Quali­ tätsleistung“ (ebd., S.  62), die diese aufwenden (müssen), um Gewinn zu erzielen, und

2.  Der „Geist“ des Kapitalismus

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Kapitalismus geringer wäre als innerhalb der spezifisch kapitalisti­ schen Sphäre, wie die Illusion moderner Romantiker sich die Sache vorstellt. An diesema Punkt liegt der Unterschied kapitalistischen und präkapitalistischen „Geistes“ nicht: Die Habgier des chinesi­ testantischen ausschließlich innerweltlichen „Askese“ (s. später!)6 voll entwickelt wurdeb (daher, wie noch oft zu betonen sein wird, die Verwandtschaft beider,7 die | übri­ BR, C 40 gens zur offiziellen Kirchenlehre des Thomismus geringer ist als zu den Florentiner und Sieneser Mendikanten-Ethikern).8 Bei Cato und auch in den eignen Darlegungen von Alberti fehlt dieses Ethos: um Lebensklugheitslehre handelt es sich bei beiden, nicht um Ethik. Um Utilitarismus handelt es sich auch bei Franklin. Aber die ethische Pathe­ tik der Predigt an die jungen Kaufleute ist ganz unverkennbar und ist – worauf es an­ kommt – das Charakteristische. Mangel an Sorgfalt mit dem Gelde bedeutet ihm, daß man – sozusagen – Kapital-Embryonen „mordet“[,]9 und ist deshalb auch ein ethischer Defekt.   Eine innere Verwandtschaft beider (Albertis und Franklins) liegt dabei lediglich in­ sofern tatsächlich vor, als bei Alberti – den Sombart „fromm“ nennt,10 der aber in Wahrheit zwar die Weihen und eine römische Pfründe hatte,11 wie so viele Humani­ sten, aber seinerseits religiöse Motive (von zwei gänzlich farblosen Stellen abgese­ hen)12 überhaupt nicht als Orientierungspunkt für die von ihm empfohlene Lebensfüh­ rung verwertet – noch nicht, bei Franklin nicht mehr religiöse Konzeptionen mit der Empfehlung der „Wirtschaftlichkeit“ in Beziehung gesetzt sind. Der Utilitarismus, – bei Albertis Empfehlung des Woll- und Seide-Verlagsbetriebs auch der merkantilisti­ sche Sozialutilitarismus (daß „viele Menschen in Arbeit gesetzt werden“ a. a. O.

a A: diesem  b BR: wird   die sich in der Zusammensetzung des „gerechten“ Preises wiederfindet. – Vgl. auch Funk, Ökonomische Anschauungen (wie oben, S.  167 Anm.  88), S.  156 f. 6  Unten, S.  257–492. 7  Siehe unten, S.  319–333 und S.  389–392, Fn.  256. 8  Gemeint sein dürften in erster Linie Antonin von Florenz und Bernhardin von Siena. Sie gehörten beide einem Bettelorden (Mendikanten) an; vgl. in dieser Fn. unten, S.  171, und S.  200, Fn.  51. 9  Nach Webers Übersetzung von Franklin, vgl. oben, S.  151, dazu ebd., Anm.  12. 10 Alberti beteuere „immer wieder seine Frömmigkeit und Kirchlichkeit“; Sombart, Bourgeois, S.  292. 11  1432 wurde Alberti, Sekretär der päpstlichen Kanzlei, zum „abbreviatore apostolico“ nominiert. Dieses Amt war nicht dotiert, weshalb er für seine Einkünfte das Priorat San Martino in Gangalandi bei Florenz erhielt, eine kirchliche Pfründe, die er zeitlebens innehatte. Dazu hatte es eines päpstlichen Dispenses mit der Annullierung seiner illegitimen Geburt bedurft, ohne den Alberti weder die Weihen – Mancini geht davon aus, daß er zum Priester geweiht wurde – noch kirchliche Benefizien erhalten konnte. 1448 wurde ihm außerdem das Pfarramt samt Pfründe des Borgo San Lorenzo in Mugello übertragen. Nach Mancini, Girolamo, Vita di Leon Battista Alberti. Seconda Edizione […]. – Florenz: G. Carnesecchi e Figli 1911, p.  88, p.  93, dort auch Anm.  4, und p.  495. 12  Gemeint sind die von Sombart, Bourgeois, S.  293, zitierten Stellen als Beleg für Albertis religiöse Motive der Lebensführung.

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schen Mandarinen, des altrömischen Aristokraten, desc modernen Agrariers hält jeden Vergleich aus. Und die „auri sacra fames“ des p.  292)13 – führt auf diesem Gebiete, formell wenigstens, allein das Wort, bei dem einen wie bei dem andern. Die hierhergehörigen Ausführungen Albertis sind ein sehr geeig­ netes Paradigma für diejenige Art von – sozusagen – immanentem ökonomischem „Rationalismus“, wie er als, in der Tat, „Wiederspiegelung“ ökonomischer Zuständed 14 bei rein „an der Sache selbst“ interessierten Schriftstellern sich überall und zu allen Zeiten, im chinesischen Klassizismus und in der Antike nicht minder als in der Renais­ sance und in der Aufklärungszeit, gefunden hat. Gewiß ist, wie in der Antike bei Cato, Varro, Columella, so hier bei Alberti und seinesgleichen, namentlich in der Lehre von der „industria“, wirtschaftliche ratio weitgehend entwickelt. Aber wie kann man nur glauben, daß eine solche Literatenlehre eine lebensumwälzende Macht entwickeln könne von der Art, wie ein religiöser Glaube, der Heilsprämien auf eine bestimmte (in diesem Fall: methodisch-rationale) Lebensführung setzt? Wie demgegenüber eine religiös orientierte „Rationalisierung“ der Lebensführung (und damit eventuell auch: der Wirtschaftsgebarung) aussieht, kann man außer an den Puritanern aller Denominatio­ nen, in unter sich höchst verschiedenem Sinn[,] an den Beispielen der Jaina,15 der Ju­ den, gewisser asketischer Sekten des Mittelalters, an Wyclif,16 den böhmischen Brü­ dern17 (einem Nachklang der Hussitenbewegung), den Skopzen und Stundisten18 in Rußland und zahlreichen Mönchsorden ersehen. Das Entscheidende des Unterschiec  In A folgt: rückständigsten  d BR, C: Zustände, 13  Alberti, Della famiglia, p.  292: „[…] e volentieri mi darei a tali esercizii, a quali si adoprano molte mani; perchè ivi in più persone il danaio si sparge, e così a molti poveri utilità ne viene“ („[…] gern würde ich mich solchen Beschäftigungen widmen, bei denen viele Hände zu tun haben, weil dadurch das Geld sich unter mehr Leute verteilt und viele Arme auf diese Weise Nutzen davon haben“; Alberti, Hauswesen (wie oben, S.  164, Anm.  65), S.  263). 14  Vgl. dazu oben, S.  162. 15  Über die Jaina vgl. oben, S.  143, Anm.  78. 16  Der englische Kirchenkritiker John Wyclif zielte gegen die weltlichen Herrschaftsrechte und den weltlichen Besitz der Kirche. Besondere asketische Anforderungen (nach Mt 10) stellte er an die Priester, später auch an ungeweihte Laienpriester, die „Lollarden“, die seine Forderungen und Kritiken verbreiteten. Vgl. Müller, Kirchengeschichte II, S.  54–63 (mit Markierungen Webers in seinem Handexemplar, Max WeberArbeitsstelle, BAdW München). Nach Brodnitz akzentuierte Wyclif bereits einen individualistisch-moralischen Zug der Lebensführung, der sich z. B. beim Gewinnstreben zeigte; ders., Englische Wirtschaftsgeschichte, S.  303 f. 17  Die auf äußere Einfachheit und strenge Heiligung nach dem göttlichen Gesetz bedachten böhmischen Brüder, die in ihren Anfängen Verbindung zur Hussitenbewegung (vgl. das Glossar, unten, S.  609) hatten, waren bestrebt, sich aus der Welt zurückzuziehen, insbesondere vom Handel und öffentlichen Leben, und als Bauern und Handwerker, später auch als Buchdrucker, im eigenen Kreis ihre Ideale zu verwirklichen. Vgl. Müller, Kirchengeschichte II, S.  151–153 (mit Markierungen Webers in seinem Handexemplar, Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München). 18  Die Skopzen (skopcy, „Selbstverstümmler“, so genannt wegen der Verstümmelung ihrer Geschlechtsorgane; seit Ende des 18. Jahrhunderts) waren oft im Handel vertreten oder als Wechsler zu finden und sollen es wegen ihrer „Beharrlichkeit“, „Regelmäßigkeit und Hartnäckigkeit“ zu Millionen gebracht haben. – Der Stundismus hat seinen

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neapolitanischen Kutschers oder Barcajuolo19 oder vollends des asiatischen Vertreters ähnlicher Gewerbe, ebenso aber auch des des ist (um das vorwegzunehmen):20 daß eine religiös verankerte Ethik auf das von ihr hervorgerufene Verhalten ganz bestimmte, und, so lange der religiöse Glaube lebendig bleibt, höchst wirksame psychologische Prämien (nicht ökonomischen Charakters) setzt, welche eine bloße Lebenskunstlehre wie die Albertis eben nicht zur Verfügung hat. Nur soweit diese Prämien wirken und – vor allem – in derjenigen, oft (das ist das Entscheidende) von der Theologen-Lehre (die ihrerseits ja auch nur „Lehre“ ist) weit abweichenden Richtung, in der sie wirken, gewinnt sie einen eigengesetzlichen Einfluß auf die Lebensführung und dadurch auf die Wirtschaft: dies ist, um es deutlich zu sagen, ja die Pointe dieses ganzen Aufsatzes, von der ich nicht erwartet hätte, daß sie so völlig übersehen werden würde. Auf die freilich von Sombart ebenfalls sehr stark miß­ ver|standenen relativ „kapitalfreundlichen“ theologischen Ethiker des Spätmittel­ BR, C 41 alters (Antonin von Florenz und Bernhardin von Siena insbesondere) komme ich ean andrem Orte zu sprechen.21 Jedenfalls gehörte L[eon] B[attista] Alberti absolut nicht in diesen Kreis. Nur den Begriff der „industria“ hat er mönchischen Gedankengängen, gleichviel durch welche Mittelhände, entnommen.22 Alberti, Pandolfini23 und ihresglei­ chen sind Repräsentanten jener, trotz aller offiziellen Obödienz, doch innerlich von dem überlieferten Kirchentum schon emanzipierten, und bei aller Gebundenheit an die geltende christliche Ethik weitgehend antik-„heidnisch“ orientierten Gesinnung, welche, wie Brentano meint, ich in ihrer Bedeutung für die Entwicklung der modernen Wirtschaftslehre (und auch: der modernen Wirtschaftspolitik) „ignoriert“ habe.24 Die Tatsache, daß ich diese Kausalreihe hier nicht behandle, ist nun zwar völlig richtig: in eine Abhandlung über die „protestantische Ethik und den Geist des Kapitalismus“ ge­ hört sie eben nicht hinein. Weit entfernt, – wie sich bei anderer Gelegenheit wohl zei-

e–e BR: weiter unten kurz   Ausgangspunkt in den erbaulichen „Stunden“ („štundy“, „štundisty“) nach schwäbisch-pietistischem Vorbild in der deutschen Kolonie Rohrbach in der Ukraine, wo sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts württembergische Kolonisten niedergelassen hatten. Man beschrieb sie als rechtschaffen, maßvoll, arbeitsam und wohlhabend. Vgl. LeroyBeaulieu, Das Reich der Zaren und die Russen. Autorisirte deutsche […] Ausgabe von L. Pezold und Joh. Müller, Band III. – Sondershausen: Fr. Aug. Eupel (Otto Kirchhoff) 1890, S.  451–465 (Zitate S.  462) und S.  478–482. 19  barcaiuolo (italien.), „Bootsmann“, „Schiffer“, „Fährmann“. 20  Siehe unten, S.  295–339. 21 Vermutlich für die Ausführungen zum Mittelalter geplant, die Max Weber nicht mehr verfaßte, vgl. dazu die Einleitung, oben, S.  49–51. 22  Vgl. zum Begriff „industria“ bei Alberti, Della famiglia, p.  207–210. 23  Zu Agnolo Pandolfini vgl. oben, S.  164, Anm.  62. 24 Brentano unterscheidet eine heidnische Emanzipation des ökonomischen Denkens von der kirchlichen Lehre und eine, die auf christlicher Grundlage im Zuge der Reformation erfolgt sei (vgl. ders., Anfänge, S.  122 f.). Die „völlige Ignorierung der heidnischen Emanzipation vom Traditionalismus“ hält er für den „Hauptmangel der Weberschen Darlegungen“ (ebd., S.  132). Sie sei mit dem Aufblühen des Handels in Italien entstanden und habe dort „zur glänzendsten Entfaltung des Kapitalismus“ geführt (ebd., S.  134).

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BR, C 42

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Handwerkersf südeuropäischer oder asiatischer Länder äußert sich, wie jeder an sich erfahren kann, sogar außerordentlich viel penetranter g, und insbesondere: skrupelloser,g als | hdiejenige etwa einesh Engländers im gleichen Falle36) i. jDie universelle Herrschaft

gen wird,25 – ihre Bedeutung zu leugnen, war und bin ich aber allerdings, aus guten Gründen, der Ansicht: daß ihre Wirkungssphäre und Wirkungsrichtung durchaus andere waren als die der protestantischen Ethik (deren praktisch keineswegs ganz unwich­ tige Vorläufer die Sekten und die Wyclifisch-hussitische Ethik gewesen sind).26 Nicht die Lebensführung (des entstehenden Bürgertums), sondern: die Politik der Staats­ männer und Fürsten hat sie beeinflußt, und diese beiden zwar teilweise, aber keines­ wegs überall konvergierenden Kausalreihen wollen zunächst einmal sauber auseinan­ dergehalten werden. Was Benjamin Franklin anlangt, so gehören seine – s.  Z. als Schullektüre in Amerika27 verwerteten – privatwirtschaftlichen Traktate in diesem Punkt, im Gegensatz zu Albertis kaum über die Gelehrtenkreise hinaus bekannt ge­ wordenem umfangreichem Werke,28 in der Tat der für die Lebenspraxis einflußreichen Kategorie an. Aber ausdrücklich ist er von mir hier als ein Mann zitiert, der ganz eben­ so schon jenseits der inzwischen verblaßten puritanischen Lebensreglementierung stand, wie die englische „Aufklärung“ überhaupt, deren Beziehungen zum Puritanis­ mus ja öfter dargestellt worden sind.l 29 | k 36)  Leider hat auch Brentano a. a. O. zunächst jede Art von Streben nach Erwerb A, A1 19, BR, C 42 (einerlei ob kriegerisch oder friedlich) in einen Topf geworfen und dann als Spezifikum des „kapitalistischen“ (im Gegensatz z. B. zum feudalen) Erwerbsstrebenl nur die Rich­ tung auf Geldm (statt auf Land) hingestellt, jede weitere Scheidung aber – die über­ haupt erst zu klaren Begriffen führen könnte – nicht nur abgelehnt, sondern (S.  131) auch von dem hier, für die Zwecke dieser Untersuchung, gebildeten Begriff „Geist“ des (modernen!) Kapitalismus die mirn unverständliche Behauptung aufgestellt: er nehme schon in seine Voraussetzungen das auf, was bewiesen werden solle.k 30 f  A, A1: Handwerkers  g–g  Interpunktionszeichen fehlen in A.   h–h A: etwa die­ jenige des  i Index fehlt in A.   j–j  (S.  173)  A: Die absolute  l (S.  164) –l Fehlt in A.   k–k  Fehlt in A.   l  Zu erwarten wäre: Erwerbsstrebens  m  In A1 folgt: 〈für〉  n  In A1 folgt: 〈ganz〉 25  Möglicherweise geplant für die Ausführungen zum Mittelalter, die Max Weber aber nicht mehr verfaßte, vgl. die Einleitung, oben, S.  49–51. 26  Vgl. oben, S.  170, Anm.  16. Wycflis Schriften und damit sein Gedankengut hatte sich schnell in Böhmen und Mähren verbreitet und gingen teilweise in die Hussitenbewegung ein. 27  Dazu oben, S.  154, Anm.  31. 28  Albertis vier Bücher „Della familglia“ sind in mehreren Handschriften überliefert. Die Agnolo Pandolfini zugeschriebene Bearbeitung des dritten Buches wurde im 18. Jahrhundert, das Werk vollständig erstmals im 19. Jahrhundert gedruckt; dazu oben, S.  164, Anm.  62. – Weber richtet sich hier gegen Sombart, der schreibt, wir wüßten, daß Albertis Familienbücher „schon zur ihrer Zeit bewundert und viel gelesen wurden“ und schon bald „als klassisches Traktat“ galten; ders., Bourgeois, S.  136. 29 Vgl. z. B. Troeltsch, Art. Moralisten; ders., Art. Deismus, in: RE3, 4.  Band, 1898, S.  532–559. 30  Brentano definiert den Begriff „Geist des Kapitalismus“ als „das Streben nach dem größtmöglichen Gewinn schlechthin“, wie es allgemein geschehe; ders., Anfänge,

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absoluter j Skrupellosigkeit der Geltendmachung des Eigeninteres­ ses obeim Gelderwerb waro gerade ein ganz spezifisches Charakte­ ristikum solcher Länder, deren bürgerlich-kapitalistische Entfal­ tungp q– an den Maßstäben der okzidentalen Entwicklung gemessen –q „rückständig“r geblieben wars. Wie jeder Fabrikant weiß, ist die mangelnde „coscienziosità“ der Arbeiter37) solcher Länder, etwa Italiens im Gegen|satz zu Deutschland, eines der Haupt­ hemmnissea ihrer kapitalistischen Entfaltung gewesen und in gewissem Maße noch immer. Der Kapitalismus kann den prak­ tischen Vertreter des undisziplinierten „liberum arbitrium“31 als Arbeiter nicht brauchen, so wenig er, wie wir schon von Franklin lernen konnten,32 den in seiner äußern Gebarung schlechthin skru­ pellosen Geschäftsmann brauchen kann. In der bverschieden star­ kenb Entwicklung irgendeines „Triebes“ nach dem Gelde also liegt der Unterschied nicht. Die auri sacra fames ist so alt wie die uns bekannte Geschichte der Menschheit;c wir werden aber sehen,33 daß diejenigen, die ihr als Trieb sich vorbehaltlos hingabend – wie etwa jener holländische Kapitän, der „Gewinnes halber durch die Hölle fahren wollte, und wenn er sich die Segel ansengte“e –[,]34

A, A1 20

37) Vgl. die in jeder Hinsicht treffenden Bemerkungen Sombarts, Dief deutsche Volkswirtschaft im neunzehnten Jahrhundert S.  123 oben.35 Überhaupt brauche ich – obwohl die nachfolgenden Studien in ihren gsämtlichen entscheidendeng Gesichts­ punkten auf viel ältere | Arbeiten zurückgehen – wohl nicht besonders zu betonen, A, A1 20 wievielh sie iin ihrer Formulierungi der bloßen Tatsache, daß Sombarts große Arbeiten

o–o A: ist  p A, A1: Entwicklung  q–q Fehlt in A.   r A, A1: „rückständig“ s A: ist  a A: Haupthemmnisse  b–b A: verschiedenen  c  A, A1: Menschheit, d  A, A1, BR: hingeben  e  In A1 folgt: 〈oder wie die ökonomischen „Übermenschen“ aller Zeiten, vom fernsten Altertum bis zu den modernen Trustmagnaten〉  f  A, A1, BR, C: die  g–g  Fehlt in A.   h Lies: wie viel  i–i  Fehlt in A; A1: in der Formu­ lierung   S.  131. Weber aber wolle darunter nur das Erwerbsstreben verstehen, das „den Charakter einer ethisch gefärbten Maxime der Lebensführung“ angenommen habe. Damit habe er das zu Beweisende in seinen Begriff aufgenommen, also eine „petitio principii“ begangen (ebd.). 31  liberum arbitrium (lat.), „freier Wille“, „freies Ermessen“. 32  Siehe oben, S.  151–154, dazu S.  154–161. 33  Siehe unten, bes. S. 411–492. 34  In der von Weber, unten, S. 264, Fn.  91, zitierten Literatur bei Fruin, Tien Jaren, S.  232: „‚Om winst zou de Hollandsche koopman door de hel varen, op gevaar af van er zijn zeilen te zengen‘, zoo pochte de koopman zelf.“ 35  Sombart, Deutsche Volkswirtschaft, S.  123, äußert sich bei der Frage nach spezifischen charakterlichen Eigenschaften, die die deutsche Bevölkerung in besonderem

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keineswegs die Vertreter derjenigen Gesinnung waren, aus welcher der jspezifisch modernej kapitalistische „Geist“ als Massenerscheinung – und darauf kommt es an – hervorbrach.k | lDen rücksichts­ losen, an keine Norm innerlich sich bindenden Erwerb hat es zu allen | Zeiten der Geschichte gegeben, wo und wie immer er tat­ sächlich überhaupt möglich war. Wie Krieg und Seeraub, so war auch der freie, nicht normgebundene Handel in den Beziehungen zu Stammfremden, Ungenossen,36 munbehindert; esm gestattete die „Außenmoral“n hier, was im Verhältnis „unter Brüdern“ verpönto mit ihren scharfen Formulierungen vorliegen, verdanken, auch – und gerade – da, wo sie andere Wege gehen.37 Auch wer durch Sombarts Meinungenp sich immer wieder zu entschiedenstem Widerspruch angeregt fühlt und manche Thesen direkt ablehnt, hat die Pflicht, sich dessen bewußt zu sein.q | j–j  Fehlt in A.   k  In A1 folgt zunächst: 〈Den ökonomischen „Übermenschen“ nach der Art des modernen amerikanischen „promoter“ finden wir in jeder dunkleren Peri­ ode der Wirtschaftsentwicklung, die überhaupt irgendwie den individuellen Erwerb zuläßt, vom fernsten Altertum angefangen. Allein 〈〈ihm ist charakteristisch〉, daß er in souveränem Gegensatz gegen die 〈wirtschaftsethische〉〉 nicht er ist es, der〉  Dann folgt: 〈Solche von jeder Bindung an ethische Normen freien ökonomischen Übermenschen und das ökonomische „Abenteuer“ hat es zu jeder Zeit der Geschichte gegeben, wel­ che überhaupt irgendwelchen individuellen Erwerb ermöglichte. Als „Außenmoral“, nur dem Stammfremden, dem Nicht-Bruder gegenüber, zulässig, stand daher* der freie Erwerb von Alters her den Traditionsnormen gewisser〉  Schließlich folgt der Hinweis Max Webers: ╒ Blatt 20a  l–l (S.  176)  Fehlt in A; in A1 auf einem eingelegten Ma­ nuskriptblatt, von Max Weber überschrieben: Blatt 20a / zu 〈S  20〉 XX S.  20 bei # m–m A1: beheimatet und  n A1: Außenmoral  o A1: verboten > verpönt p  A, A1: Formulierungen  q  In A folgt: Als geradezu blamabel muß das Verhalten der deutschen nationalökonomischen Kritik gegenüber diesen Arbeiten bezeichnet werden. Der erste und lange Zeit einzige, der eine eingehende sachliche Auseinander­ setzung mit gewissen historischen Thesen Sombarts unternommen hat, war ein Histori­ ker (v. Below in der Histor. Zeitschr. 1903). – Was aber gegenüber den eigentlich natio­ nalökonomischen Teilen von Sombarts Arbeiten an Kritik „geleistet“ worden ist, wäre mit dem Ausdruck „platt“ wohl noch zu höflich bezeichnet. | Maße zur Ausbildung des Kapitalismus befähigten: „Dem Südländer, der die Gebiete nordischer und insonderheit deutscher Kultur bereist, fällt nichts so sehr auf, wie diese unverdrossene Pflichterfüllung in allen Schichten der Bevölkerung, [.  .  .] diese Tüchtigkeit zu allen und in allen Dingen, diese durch nichts von ihrem Ziele abzubringende Gewissenhaftigkeit: die Coscienziosità, die den größten Unternehmer wie den letzten Tagelöhner in gleichem Maße erfüllt und die vielleicht ihren prägnantesten Ausdruck gerade in Deutschland in seinem Beamtentum findet.“ Im Handexemplar Max Webers (Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München) ist der Satz mit senkrechtem Randstrich markiert. 36  „Ungenossen“ bezeichnet Personen ungleichen Standes oder Rechts. 37  Gemeint sind: Sombart, Der moderne Kapitalismus I, II, und ders., Deutsche Volkswirtschaft. Zu Sombart vgl. auch Schluchter, Einleitung, MWG I/9, S.  35–39 u. ö.

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war.38 rUnd wie, äußerlich,r der kapitalistische Erwerb als „Aben­ teuer“s 39 in allen Wirtschaftsverfassungen heimisch war, welche geldartige Vermögensobjektet kannten und Chancen boten, sie gewinnbringend zu verwerten:a – durch Kommenda,40 Abgaben­ pacht, Staatsdarlehen,b Finanzierung von Kriegen, Fürstenhöfen, Beamten, – so fand sich auch jenec innerliche Abenteurer-Gesin­ nung, welche der Schranken der Ethik spottet, überall. Die abso­ lute und bewußte Rücksichtslosigkeit des Gewinnstrebens stand doft ganz hart gerade neben strengsterd Traditionsgebundenheit. Und mit dem Zerbröckeln der Tradition und dem mehr oder min­ der durchgreifenden Eindringen des freien Erwerbes auch in das Innere der sozialen Verbände pflegtee nicht eine ethische Bejahung und Prägung diesesf Neuen zu erfolgen, sondern es pflegte nurg faktisch tolerierth, ientweder alsi ethisch indifferent oder als zwar unerfreulich, aber leider unvermeidlich, behandeltk zu werden. Dies war nicht nur die normale Stellungnahme aller ethischen Lehre, sondern – worauf es wesentlich mehr ankommt – auch des praktischen Verhaltens der Durchschnittsmenschen der präkapita­ listischen Epoche:l – „präkapitalistisch“ in dem Sinn: daß die ratio­ nale betriebsmäßige Kapitalverwertung und die rationale kapitali­ stische Arbeitsorganisation noch nicht beherrschende Mächte für die Orientierungm des wirtschaftlichen Handelns geworden waren. r–r A1: Wie > Und wie äußerlich  s In A1 folgt: 〈allen〉  t In A1 folgt: 〈als〉  a Doppelpunkt fehlt in A1.  b A1: Staatslieferung, 〈Staatsfinanzierung und〉  c A1: die  d–d A1: 〈ganz〉 dergestalt oft hart neben der strengsten  e In A1 folgt: 〈nicht〉 〈in aller Regel〉  f A1: des > dieses  g A1: 〈eben〉 nur 〈ethisch〉  h  In A1 folgt: 〈zu werden〉  i–i A1: als entweder  k A1: angesehen > behandelt  l  Doppelpunkt fehlt in A1, BR.  m  In A1 folgt: 〈alles〉   38  Weber spricht die ökonomische (und Sozial-)Ethik des alten urwüchsigen Nachbarschaftsverbands an, die durch den Dualismus von Außen- und Binnenmoral gekennzeichnet gewesen sei, die später auf die religiöse Gemeinde, die Glaubensbrüder, übertragen wurde. So war z. B. die Pflicht zur Gewährung zinslosen Darlehns auf die Stammes-, Sippen- oder Hausgenossen, später auf die (Glaubens-)„Brüder“ beschränkt, galt aber nicht gegenüber Fremden. Vgl. Weber, Zwischenbetrachtung, MWG I/19, S.  486, auch ders., Antikes Judentum, MWG I/21, S.  700–702, inhaltlich bereits in ders., Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S.  534. 39  Den Begriff des „Abenteuers“ gebraucht Weber in diesem Kontext wahrscheinlich unter dem Eindruck eines Essays von Georg Simmel; dazu Weber, Vorbemerkung, oben, S.  109 f., Anm.  29. 40  „Kommenda“ bezeichnet eine Form der Kapitalbeteiligung im (Fern-)Handel, vgl. Weber, Vorbemerkung, oben, S.  107 mit Anm.  23, sowie das Glossar, unten, S.  611.

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Eben dies Verhalten aber war eines der stärkstenn innerlichen Hemmnisse, auf welche dieo Anpassung der Menschen an die Vor­ aussetzungenp geordneter bürgerlich-kapitalistischer Wirtschaft überallq stieß.l | Derr Gegner, mit welchem der „Geist“ des Kapitalismus sim Sinne teines bestimmtent, im Gewande einer „Ethik“ auftretenden, normgebundenen Lebensstilss in erster Linie zu ringen hatte, bliebu jene Art des Empfindens und der Gebarung, die man als vTraditionalismus bezeichnen kannv. Auch hier muß jeder Versuch einer abschließenden „Definition“ suspendiert werden, vielmehr machen wir uns – natürlich auch hier lediglich provisorisch – an einigen Spezialfällen deutlich, was damit gemeint ist, dabei von unten:w bei den Arbeitern, beginnend. | Eins der technischen Mittel, welches der moderne Unternehmer anzuwenden pflegt, um von „seinen“ Arbeitern ein möglichstes Maximum von Arbeitsleistung zu erlangen, die Intensitäta der Arbeit zu steigern, ist der Akkordlohnb. In der Landwirtschaft z. B. pflegt ein Fall, der die möglichste Steigerung der Arbeitsintensität | gebieterisch fordert, die Einbringung der Erntec zu sein, da, zumal bei unsicherem Wetter, an der denkbar größten Beschleunigung derselben oft ganz außerordentlich hohe Gewinn- oder Verlust­ chancen hängen. Demgemäß pflegt hier durchweg das Akkord­ lohnsystem verwendet zu werden. Und da mit Steigerung der Erträge und der Betriebsintensität das Interesse des Unternehmers an Beschleunigung der Ernte im allgemeinen immer größer zu wer­ den pflegt, so hat man natürlich immer wieder versucht, durch Erhöhung der Akkordsätze die Arbeiter, denen so sich Gelegen­ heit bot, innerhalb einer kurzen Zeitspanne einen für sie außerge­ wöhnlich hohen Verdienst zu machen, an der Steigerung ihrer Arbeitsleistung zu interessieren. Allein hier zeigten sich nun eigen­ tümliche Schwierigkeiten: Die Heraufsetzung der Akkordsätze bewirkte auffallend oft nicht etwa, daß dmehr, sondern: daß weni­ gerd an Arbeitsleistung in der gleichen Zeitspanne erzielt wurde, n A1: gewaltigsten > stärksten  o  In A1 folgt: 〈innere〉  p A1: Bedürfnisse > Vor­ aussetzungen  q Fehlt in A1.  l  (S.  174)–l Fehlt in A.   r A: Vielmehr ist der   s–s  Fehlt in A.   t–t A1: einer nach Franklin’s Art, > eines bestimmten  u  Fehlt in A; in A1 folgt: 〈daher〉  v–v A: „Traditionalismus“ zu bezeichnen pflegt  w A, A1: „unten“,  a A: „Intensität“  b  A, A1: Akkordlohn  c A: Ernte  d–d A: mehr, sondern daß weniger  Doppelpunkt fehlt in A1.  

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weil die Arbeiter die Akkorderhöhung nicht mit Herauf-e, sondern mit Herabsetzungf der Tagesleistung beantworteten.41 Der Mann, der z. B. bei 1 Mark gfür deng Morgen Getreidemähen bisher 21/2 Morgen täglich gemäht und so 21/2 Mk. amh Tag verdient hatte, mähte nach Erhöhung des Akkordsatzes ifür deni Morgen um 25 Pfg. nicht,k wie gehofft wurde, angesichts der hohen Verdienstgele­ genheit etwa 3 Morgen, um so l3,75 Mk.l zu verdienen – wie dies sehr wohl möglich gewesen wäre –[,] sondernm nur noch 2 Morgen amn Tag, weil er so ebenfalls 21/2 Mk. o, wie bisher,o verdiente und damit, nach biblischem Wort, „ihm genügen“42 ließ. Der Mehrver­ dienst reizte ihn weniger als die Minderarbeit; er fragte nicht: wie­ viel kann ich amp Tag verdienen, wenn ich das mögliche Maximum an Arbeit leiste, sondern: wieviel muß ich arbeiten, um denjenigen Betrag – 21/2 Mk. – zu verdienen, den ich bisher einnahm und der meine traditionellen Bedürfnisse deckt? Dies ist qeben ein Beispiel desjenigen Verhaltens, welchesq als „Traditionalismus“ bezeichnet werden soll: der Mensch will „von Natur“ nicht Geld und mehr Geld verdienen, sondern einfach leben, so leben[,] wie er zu leben gewohnt ist[,] und soviel erwerben, wie dazu erforderlich ist. Über­ all, wo der | moderner Kapitalismus sein Werk der Steigerung der „Produktivität“ der menschlichen Arbeit durch Steigerung ihrer e A: Herauf-  f A: Herabsetzung  g–g A: pro  h A: pro  i–i A: pro k  A, A1: nicht,  Komma fehlt in BR, C.   l–l  A, A1: 3 Mk. 75 Pfg.  m A: sondern n A: pro  o–o  Kommata fehlen in A.   p A: pro  q–q A: nun dasjenige Ver­ halten, welches – im Anschluß an den üblichen Sprachgebrauch –  r  Fehlt in A; A1: nordeurop > moderne   41  Dazu die Einsichten, die Weber aus der Landarbeiterenquête des Vereins für Socialpolitik gewonnen hatte. Dort schreibt er etwa über die Rübenarbeit in den mecklenburgischen Großherzogtümern und im Kreis Lauenburg: „Die Arbeiter verlangen meist, daß die Akkordsätze so angesetzt werden, daß ca. 50 Pf. bis 2 Mk. [sic] oder 25–50% des Lohnes mehr verdient werden können, und arbeiten dann häufig nicht mehr, sondern kürzen die Arbeitszeit entsprechend, – eine Erscheinung, die sich bei Arbeitern mit hoher Lebenshaltung häufig, so auch in Pommern, findet.“ Weber, Landarbeiter, MWG I/3, S.  867 und 869; ähnlich S.  224, S.  574 f. Vgl. auch Weber, Die Erhebung des Vereins für Sozialpolitik über die Lage der Landarbeiter, in: MWG I/4, S.  120– 153, hier S.  142 f. – Im folgenden handelt sich um ein „illustratives“ Rechenbeispiel (vgl. unten, S.  179, Fn.  38). Exakte Zahlen, die von Region zu Region schwanken, in: Weber, Landarbeiter, MWG I/3, passim. 42  Vgl. Sir 40,18 [1892]: „Wer sich mit seiner Arbeit nähret und läßt ihm genügen, der hat ein fein ruhig Leben. Das heißt einen Schatz über alle Schätze finden.“ Im Neuen Testament: 1 Tim 6,8 [1892]: „Wenn wir aber Nahrung und Kleidung haben, so lasset uns genügen.“ Vgl. dazu 2 Kor 12,9; 1 Tim 6,6.

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Intensität begann, stieß er auf den unendlich zähen Widerstand die­ ses Leitmotivs präkapitalistischer wirtschaftlicher Arbeit, und er stößt noch heute überall um so mehr darauf, je „rückständiger“ (vom kapitalistischen Standpunkt aus) die Arbeiter|schaft ist, auf die er sich angewiesen sieht. Es lag nun – um wieder zu unserem Beispiel zurückzukehren – sehr nahe, da der Appell an den „Er­­ werbssinn“a durch höhereb Lohnsätze versagte, es mit dem gerade umgekehrten Mittel zu versuchen: durch Herabsetzung der Lohn­ sätze den Arbeiter zu zwingen, zur Erhaltung seines bisherigenc Verdienstes mehr zu leisten als bisher. Ohnehin schien ja und scheint noch heute der unbefangenen Betrachtung niederer Lohn und hoher Profit in Korrelation zu stehen, alles, was an Lohn mehrd gezahlt wurde, eine entsprechende Minderung des Profits bedeuten zu müssen. Jenen Weg hat denn auch der Kapitalismus von Anfang an wieder und immer wieder beschritten, und Jahrhunderte lang galt es als Glaubenssatz, daß niedere Löhne „produktiv“ seien, d. h. daß sie die Arbeitsleistung steigerten, daß,e wie schon Pieter de la Courtf – in diesem Punkte,g wie wir sehen werden,43 ganz im Geist des alten Calvinismus denkend – gesagt hatte, das Volk nur arbei­ tet, weil und so lange es arm ist.44

a C: „Erwerbsinn“  b A: höhere  c A: bisherigen  d A: mehr  e Komma fehlt in A, A1.  f  A, A1, BR, C: Cour  g  Komma fehlt in A.   43  Siehe unten, S.  477–479; bei der variierten (Zitat-)Wiederholung auf Calvin zurückgeführt, S. 478 f. 44  Konnte für den niederländischen Textilfabrikanten und Staatstheoretiker Pieter de la Court nicht belegt werden. De la Court, der sich für größtmögliche Handelsfreiheit einsetzte, wandte sich gegen Gilden und Kompanien, die fähige und fleißige Leute vom Handel ausschlössen, wegen ihrer Privilegierung selbst aber zu Faulheit und Trägheit neigten. In diesem Zusammenhang heißt es etwa: „[.  .  .] we say that necessity makes the old wife trot, hunger makes raw beans sweet, and poverty begets ingenuity. And besides, it is well known, now especially when Holland is so heavily taxed, that other less burdened people, who have no fisheries, manufactures, trafick and freight ships, cannot long subsist but by their industry, subtilty, courage, and frugality.“ Daraus läßt sich Webers Zuspitzung allerdings nicht herleiten. Vgl. de la Courts Schrift „Interest van Holland“ (1662; die Schrift wird Hollands Ratspensionär Johan de Witt zugeschrieben, hier nach der englischen Übersetzung): The true Interest and Political Maxims, of the Republic of Holland [.  .  .]. Written by [.  .  .] John de Witt [.  .  .], translated from the Original Dutch [.  .  .] by John Campbell. – London: J. Nourse 1746, p.  60 f., Zitat p.  61.

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Allein die Wirksamkeit dieses anscheinend so probaten Mittels hat Schranken38). Gewiß verlangt der Kapitalismus zu seiner Ent­ faltung das Vorhandensein von Bevölkerungsüberschüssen, die er zu billigem Preis auf dem Arbeitsmarkth mieten kann. Allein ein Zuviel von „Reservearmee“45 begünstigt zwar unter Umständen sein quantitatives Umsichgreifen, hemmti aber seine qualitativek Entwicklung, namentlich den Übergang zu | Betriebsformen, wel­ che die Arbeit intensiv ausnützen. Niederer Lohn ist mit billiger Arbeit keineswegs identisch. Schon rein quantitativ betrachtet,

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38)  Auf die Frage, wo diese Schranken liegen, gehen wir hier natürlich so wenig ein A, A 22, 1 wie auf eine Stellungnahme zu der bekannten[,] von Brassey zuerst aufgestellten,46 von BR, C 45 Brentano theoretisch,47 von Schulze-Gävernitz historisch und konstruktiv zugleich,48 formulierten und vertretenen Theorie vom Zusammenhang zwischen hohem Lohn und hoher Arbeitsleistung. Die Diskussion wurdel durch Hasbachs eindringende Studien (Schmollers Jahrbuch 1903 S.  385–391 und 417 f.) wieder eröffnet49 mund ist nicht end­ gültig erledigtm. Für uns genügt hier die von niemand bezweifelte und auch nicht be­ zweifelbare Tatsache, daß niederer Lohn und hoher Profit, niederer Lohn und günstige Chancen industrieller Entwicklung jedenfalls nnicht einfach zusammenfallenn, – daß überhaupt nicht einfach mechanische Geldoperationen die „Erziehung“ zur kapitali­ stischen Kulturo und damit die Möglichkeit kapitalistischer Wirtschaft herbeiführen. Alle gewählten Beispiele sind rein illustrativp. |

h A: „Arbeitsmarkt“  i A: hemmt  k A: qualitative  l A: ist  m–m  Fehlt in A.  n–n A: nicht einfach zusammenfallen  o  A, A1, BR, C: Kultur,  p A: illustrativ   45  Anspielung auf die „industrielle Reservearmee“ bei Marx, die (arbeitslose, überschüssige, im Bedarfsfall bereitstehende und daher disponible) „Zuschuß“-Arbeiterbevölkerung auf dem Arbeitsmarkt. Vgl. Marx, Karl, Das Kapital. Kritik der politischen Oekonomie, Erster Band, Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals, 3. vermehrte Aufl. – Hamburg: Otto Meissner 1883, S.  646–664 (dass., in: Karl Marx Friedrich Engels Gesamtausgabe (MEGA), 2. Abt., Band  8. – Berlin: Dietz 1989, S.  590–608). 46  Vgl. Brassey, Thomas, Work and Wages. Practically illustrated, 2. ed. – London: Bell and Deldy 1872 (von Weber bereits als Literatur aufgeführt im Vorlesungs-Grundriß, MWG III/1, S.  109 und 114, und zur Lohntheorie herangezogen, so Weber, Vorlesungen über „Allgemeine (‚theoretische‘) Nationalökonomie“, MWG III/1, S.  589). 47  Vgl. Brentano, Lujo, Über das Verhältniß von Arbeitslohn und Arbeitszeit zur Arbeitsleistung, 2., völlig umgearbeitete Aufl. – Berlin: Duncker & Humblot 1893 (von Weber als Literatur bereits im Vorlesungs-Grundriß, MWG III/1, S.  110, genannt). 48  Gemeint sein dürfte: Schulze-Gävernitz, Gerhart v., Der Großbetrieb ein wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt. Eine Studie auf dem Gebiete der Baumwollindustrie. – Leipzig: Duncker & Humblot 1892 (hinfort: Schulze-Gävernitz, Großbetrieb; ebenfalls Literaturhinweis Webers bereits im Vorlesungs-Grundriß, MWG III/1, S.  109 f.). 49  Vgl. Hasbach, Charakteristik, S.  385–391, und den Anhang, S.  417–421, wo er sich kritisch mit Brassey und Brentano auseinandersetzt. Dort weist er auf die Faktoren hin, die den positiven Zusammenhang von Leistung und Lohnhöhe stören.

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sinktq die Arbeitsleistung unter allen Umständen mit physiolo­ gischr ungenügendem Lohn und bedeutet ein solcher auf die Dauer oft geradezu eine „Auslese der Untauglichsten“.50 Der heutige durchschnittliche Schlesier | mäht bei voller Anstrengung wenig mehr als zwei Drittel soviel Land in der gleichen Zeit wie der bes­ ser gelohnte und genährte Pommer oder Mecklenburger, der Pole leistet physisch, je weiter östlich er her ist, sdesto wenigers im Ver­ gleich zum Deutschen.51 Und auch rein geschäftlich versagt der niedere Lohn als Stütze kapitalistischer Entwicklung überall da, wo es sich um die Herstellung von Produkten handelt, welche irgendwelche qualifiziertet (gelernte) Arbeit oder etwa die Bedie­ nung kostspieliger und leicht zu beschädigender Maschinen oder überhaupt ein irgend erhebliches Maß scharfer Aufmerksamkeit und Initiative erfordern. Hier rentiert der niedere Lohn nicht und schlägt in seiner Wirkung in das Gegenteil des Beabsichtigten um. Denn hier ist nicht nur ein entwickeltes Verantwortlichkeitsgefühl schlechthin unentbehrlich, sondern überhaupt eine Gesinnung, welche mindestens während der Arbeit von der steten Frage: wie bei einem Maximum von Bequemlichkeit und einem Minimum von Leistung dennoch der gewohnte Lohn zu gewinnen sei, sich loslöst und die Arbeit so betreibt, als ob sie absoluter Selbstzwecku – „Beruf“ – wäre. Eine solche Gesinnung aber ist nichts Naturge­ gebenes. Sie kann auch weder durch hohe noch durch niedere Löhne unmittelbar hervorgebracht werden, sondern nur das Pro­ dukt eines lang andauernden Erziehungsprozessesv sein. Heute gelingt dem einmal im Sattel sitzenden Kapitalismus die Rekrutie­ rung seiner Arbeiter in allen Industrieländern und innerhalb der einzelnen Länder in allen Industriegebieten verhältnismäßig leicht. In der Vergangenheit war sie in jedem einzelnen Fall ein äußerst

q A: sinkt    r A: physiologisch    s–s A: destoweniger    t A: qualifizierte u A: Selbstzweck  v  A, A1: „Erziehungsprozesses“   50  Als Zitat nicht nachgewiesen; möglicherweise Umbildung nach „survival of the fittest“ (Darwin, Charles, Origin of Species by means of natural selection, or the preservation of favored races in the struggle for life. – New York: P. F. Collier & Son 1902, Chapter IV: „Natural selection; or the survival of the fittest“, p.  120–189; bei der Formulierung „survival of the fittest“ folgt Darwin Herbert Spencer, vgl. ebd., p.  99). 51  Beinahe wörtlich: Weber, Die Erhebung des Vereins für Sozialpolitik über die Lage der Landarbeiter, MWG I/4, S.  142 f.

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schwieriges Problem39). Und selbst | heute kommt er wenigstensw | nicht immer ohne die Unterstützung eines mächtigen Helfers zum Ziele, der, wie wir weiter sehen werden,52 ihm in der Zeit seines Werdens zur Seite stand. Was gemeint ist, kann man sich wieder an einem Beispiel klar machen. Ein Bild rückständiger traditionalisti­ scher Form der Arbeit bieten heute besonders oft die Arbeiter­ innen, besonders die unverheirateten. Insbesondere ihr absoluter Mangel an Fähigkeit und Willigkeit, überkommene und einmal erlernte Arten des Arbeitens zugunsten anderer, praktischerer, aufzugeben, sich neuen Arbeitsformen anzupassen, zu lernen und den Verstand zu konzentrieren oder nur überhaupt zu brauchen, ist eine fast allgemeine Klage von Arbeitgebern, die Mädchen, zumal deutschex Mädchen, beschäftigen.53 Auseinandersetzungen über

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39)  Die Einbürgerung auch kapitalistischer Gewerbe ist deshalb oft nicht ohne um­ fassende Zuwanderungsbewegungen aus Gebieten älterer Kultur möglich gewesen. So richtig Sombarts Bemerkungen über den Gegensatz der an die Person gebundenen „Fertigkeiten“ und Gewerbegeheimnisse des Handwerkers gegenüber der wissen­ schaftlich objektivierten modernen Technik sind:54 für die Zeit der Entstehung des Ka­ pitalismus ist der Unterschied kaum vorhanden, – ja, die (sozusagen) ethischena Quali­ täten des kapitalistischen Arbeiters (und in gewissem Umfang auch: Unternehmers) | standen an „Seltenheitswert“ oft höher als die in jahrhundertelangem Traditionalismus erstarrten Fertigkeiten des Handwerkers. Und selbst die heutige Industrie ist von sol­ chen durch lange Tradition und Erziehung zur intensiven Arbeit erworbenen Eigen­ schaften der Bevölkerung in der Wahl ihrer Standorte durchaus nochb nicht schlecht­ hin unabhängig. Es entspricht dem heutigen wissenschaftlichen Gesamtvorstellungskreis, daß, wo diese Abhängigkeit einmal beobachtet wird, man sie gernc auf ererbte Rassen­ qualitätd statt auf die Tradition und Er|ziehung schiebt, m. E. mit sehr zweifelhaftem Recht.e 55

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w  Fehlt in A.   x A: deutsche  a A: ethischen  b  Fehlt in A.   c  Fehlt in A; A1: durchweg  d  A, A1, BR, C: Rassenqualität,  e  In A folgt: Auch davon wird wohl später gelegentlich noch zu reden sein.   52  Siehe unten, S.  257–492. 53  Eine schriftliche Quelle zur Anpassungsunfähigkeit und zur Lernunwilligkeit junger Arbeiterinnen konnte nicht ermittelt werden. Die ältere, verheiratete Arbeiterin galt jedoch als „Ideal der ‚Arbeitswilligen‘“, und manche Unternehmer gaben ihr deshalb den Vorzug. Vgl. Handbuch der Frauenbewegung, hg. von Helene Lange und Gertrud Bäumer, IV. Teil: Die deutsche Frau im Beruf. – Berlin: W. Moeser 1902, S.  195 f. 54  Vgl. Sombart, Deutsche Volkswirtschaft, S.  153–171, bes. S.  165. 55 In seinem Handexemplar von Sombart, Deutsche Volkswirtschaft (Max WeberArbeitsstelle, BAdW München), notiert Weber zu dessen Äußerung, offenbar alle Europäer besäßen „im Gegensatz zu andern Rassen“ eine „Generalqualifikation zum Kapitalismus“: „alles nicht beweisbar“ (S.  121; „im Gegensatz zu andern Rassen“ ist unterstrichen und mit Fragezeichen am Rand versehen). – Allerdings heißt es bei Sombart, Der moderne Kapitalismus I, S.  380, auch: „Denn das Rassenmerkmal als Erklärung

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die Möglichkeit, sich die Arbeit leichter, vor allem einträglicher, zu gestalten, pflegen bei ihnen auf völliges Unverständnis zu stoßen, Erhöhung der Akkordsätze prallt wirkungslos an der Mauer der Gewöhnung ab. Andersf – und das ist ein für unsere Betrachtung nicht unwichtiger Punkt – pflegt es regelmäßig nur mit spezifisch religiösg erzogenen, namentlich mit Mädchen pietistischerh Prove­ nienz zu stehen. Man kann es oft hören,56 und igelegentliche rech­ nerische Nachprüfungen bestätigen es40) i, daß weitaus die günstig­ sten Chancen wirtschaftlicher Erziehung sich bei dieserk Kategorie eröffnenl. Die Fähigkeit der Konzentration der Gedanken sowohl als die absolut zentrale Haltung:m sich n„der Arbeit gegenüber verpflichtet“n zu fühleno, finden sich hier besonders oft vereinigt mit strenger Wirtschaftlichkeit, die mit dem Verdienst und seiner Höhe überhaupt rechnet[,] und mit einer nüchternen Selbstbeherr­ schung und Mäßigkeit, welche die Leistungsfähigkeit ungemein steigert. Der Boden für jene Auffassung der Arbeit als Selbstzweck, als „Beruf“p, wie sie der Kapitalismus fordert, ist hier am günstig­ sten, die Chance, den traditionalistischen Schlendrian zu überwin­ q 40) 

S[iehe] die oben rS.  147 Anm.  24r zitierte Arbeit.q 57 |

f A: Anders  g A: religiös  h A: pietistischer  i–i A: mir wurde es noch kürzlich durch einen Verwandten für die Leinenindustrie bestätigt  Index fehlt in A.   k A: dieser  l  A, A1: eröffnet  m  A, A1: Fähigkeit,  n–n A: der Arbeit gegenüber verpflichtet  o BR, C: führen  p A: „Beruf “  q–q  Fehlt in A.   r–r A1: S.   eines Phänomens benutzen, heißt den kausalen Regressus sehr früh abbrechen, heißt auf die Aufdeckung intimerer psychologischer Zusammenhänge verzichten, heißt im Grunde eine Bankerotterklärung aller wirklichen Motivierung.“ Man solle „bei der Feststellung socialer Kausalzusammenhänge das Rassenmoment immer lieber nur als bedingendes, aber nicht als verursachendes Moment in Betracht ziehen.“ 56 Verwandte Webers betrieben eine Leinenweberei in Oerlinghausen. Carl David Weber (1824–1907) war der Firmengründer; sein Sohn Carl (Carlo) Weber (1858– 1923) und sein Schwiegersohn Bruno Müller (1848–1913) leiteten noch während Webers Studie zur „Psychophysik“ (vgl. die folgende Anm.) die Firma. Eine persönliche Auskunft ist in den Briefen Max Webers nicht nachweisbar. 57  Weber kommt in seiner Untersuchung „Zur Psychophysik der industriellen Arbeit“ (Weber, Psychophysik, MWG I/11, S.  150–380), die er 1908/09 im Oerlinghauser Betrieb durchführte, zu einem ähnlichen Ergebnis. Dort heißt es, daß „die Arbeiterinnen, welche dem Kreise pietistischer Konventikel entstammen, qualitativ besonders“ hervortreten. „Es ist wohl unmöglich ein Zufall, daß die beiden Arbeiterinnen, welche es in den beiden Abteilungen der Säumerei [.  .  .] zu Meisterinnen gebracht haben [.  .  .], jenen religiösen Kreisen angehörten“, – daß ferner die pietistischen Taschentuchweberinnen Überdurchschnittliches leisten, „– und daß endlich in der verantwortlichen und schwer kontrollierbaren Schlichterei ebenfalls pietistische Arbeitskräfte figurieren“ (S.  278 f.).

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den, infolge der religiösen Erziehung | am größten. Schon diese Betrachtung aus der Gegenwart des Kapitalismus41) zeigt uns wie­ der, daß es sich | jedenfalls verlohnt, einmal zu fragen, wie diese Zusammenhänge kapitalistischer Anpassungsfähigkeit mit reli­ giösen Momenten sich denn in der Zeit seiner Jugend gestaltet haben mögen. Denn daß sie auch damals in ähnlicher Art bestan­ den, ist aus vielen Einzelerscheinungen zu schließen. Der Abscheu und die Verfolgung, welchen z. B. die methodistischen Arbeiter im 18. Jahrhundert von seiten ihrer Arbeitsgenossen begegneten, bezog sich, wie schon die in den Berichten so oft wiederkehrende Zerstörung ihres Handwerkszeugess andeutet,58 keineswegs nur oder vorwiegend auf ihre religiösen Exzentrizitäten:a – davon hatte England viel b, und Auffallenderes,b gesehen –, sondern auf ihre spezifische „Arbeitswilligkeit“, wie man heute sagen würde.

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41)  Die vorstehenden Bemerkungen könnten mißverstanden werden. Die Neigung B , C 48 R einesc bekannten Typus dvon Geschäftsleuten,d den Satz: „Dem Volke muß die Religi­ on erhalten bleiben“59 in ihrer Weise zu fruktifizieren[,] und die efrüher nicht seltene Neigunge breiter Kreise[,] speziell der lutherischen Geistlichkeit, aus einer allgemeinen Sympathie für das Autoritäref heraus sich ihnen als „schwarze Polizei“ zur Verfügung | zu stellen, wo es galtg, den Streik als Sünde, die Gewerkvereine als Förderer derh „Be­ A, A1 25 gehrlichkeit“ zu brandmarken usw.,60 – das sind Dinge, womit die Erscheinungen, von

s A: Handwerkzeuges  a  Doppelpunkt fehlt in A.   b–b  Kommata fehlen in A, A1, BR.  c  In A folgt: sattsam  d–d A: modernster Geschäftsleute    e–e A: Beflis­ senheit    f A: „Autoritäre“  g  A, A1: gilt  h  A, A1: der der   58  Im Zusammenhang der Verfolgungen von Anhängern der methodistischen Bewegung in den Anfangsjahren erwähnt Jacoby, Handbuch des Methodismus, S.   40 (Jacoby nennt Weber unten, S.  379, Fn.  240), unter den Verwüstungen auch die Zerstörung von Handwerkszeug in ihren Werkstätten. Im Exemplar der UB Heidelberg ist der entsprechende Satz von Weber unterstrichen, mit Randmarkierung und „NB!“ versehen. 59  „Geflügeltes Wort“ nach Kaiser Wilhelm I., der es am 6. November 1887 auf einem Gedenkblatt niederschrieb, das in die Altarbibel der Sieges-Dankkirche zu Altwasser in Schlesien eingelegt wurde. Bereits zuvor hatte Wilhelm I. Ähnliches gegenüber protestantischen Geistlichen in Züllichau geäußert (23. August 1878), vgl. die Notiz in: Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung vom 18. Nov. 1887, 20. Jg., Nr.  46. – Leipzig: Dörffling und Franke 1887, Sp.  1134. 60  Als „schwarze Polizei“ bezeichnet man die Zusammenarbeit von Pfarrerschaft und staatlichen Instanzen (vgl. auch Weber, Objektivität, S.  44). Konkret ist es möglich, daß Weber hier auf den Streik der Textilarbeiter in der sächsischen Kleinstadt Crimmitschau von August 1903 bis zur Niederschlagung im Januar 1904 anspielt. In einer Zuschrift in der von Martin Rade herausgegebenen „Christlichen Welt“ (18. Jg., Nr.  2 vom 8. Jan.  1904, Sp.  41–44) hatte der Crimmitschauer Pfarrer Franz Schink sich auf die Seite der Unternehmer gestellt und behauptet, er könne „weder in materieller noch in formeller Beziehung ein Recht finden, welches die Entfesselung eines so außeror-

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Doch wenden wir uns zunächst wieder der Gegenwart und zwar nunmehr den Unternehmern zu, um auch hier die Bedeutung des „Traditionalismus“ uns zu verdeutlichen. Sombart hat in seinen Erörterungen über die Genesis des Kapi­ talismus42) i als die beiden großen „Leitmotive“, zwischen denen sich die ökonomische Geschichte bewegt habe, „Bedarfsdeckung“ und „Erwerb“ geschieden, je nachdemk das Ausmaß des persönli­ chen Bedarfs oder das von den Schranken des letzteren unabhän­ gige Streben nach Gewinn und die Möglichkeit der Gewinnerzie­ lung für die Art und Richtung der wirtschaftlichen Tätigkeit maßgebend werden. Was er als „System der Bedarfsdeckungswirt­ schaft“61 bezeichnet, scheint sich auf den ersten Blickl mit dem, was hier als „ökonomischer Traditionalismus“ umschrieben wurde, zu decken. Das ist dannm in der Tat der Fall, wenn man den Begriff „Bedarf“ mit „traditionellem Bedarf “ n gleichsetzt. Wenn aber nicht, dann fallen breite | Massen von Wirtschaften, welche nach der Formo ihrer Organisation als „kapitalistische“ auch im Sinne der von Sombart an einer anderen Stelle seines Werkes43) gegebenen

denen hier die Rede ist, nichts zu tun haben. Es handelt sich bei den im Text berührten Momenten um nicht vereinzelte, sondern sehr häufige, und wie wir sehen werden,62 in typischer Art wiederkehrende Tatsachen. 42)  Der moderne Kapitalismus Band I a1.  Aufl.a S.  62.63 | 43)  S.  195 a. a. O.64 | BR, C 49 i  In A, A1 folgt Komma.   k Lies: nachdem, ob  l  A, A1: Blick,  m  In A1 lautet Webers Satzanweisung: nicht sperren!  n  In A, A1 Bedarf“ nicht hervorgehoben. o A: Form  a–a  Fehlt in A, A1.  dentlichen [.  .  .] Kampfes zu rechtfertigen vermöchte“ (Sp.  41). Gegen die Bericht­ erstattung in den Zeitungen müsse er die Behörden, d. h. die Polizei, verteidigen (vgl. Sp.  43). Sowohl der Vorfall als auch die Zuschrift wurden viel diskutiert und auch von anderen (neben Rade in der „Christlichen Welt“ etwa Lujo Brentano, Friedrich Naumann, Gottfried Traub, auch Alice Salomon) scharf zurückgewiesen. Vgl. dazu Schaarschmidt, Erich, Geschichte der Crimmitschauer Arbeiterbewegung. Inaugural-Diss. – Dresden: Risse 1934. 61  Vgl. unten, Anm.  63. 62  Siehe unten, bes. S.  257–492, passim. 63  Sombart, Der moderne Kapitalismus I, S.  62, unterscheidet „die beiden grossen Gruppen von Wirtschaftssystemen“: „Bedarfsdeckungswirtschaften“ und „Erwerbs­ wirtschaften“. 64 „Kapitalismus heissen wir eine Wirtschaftsweise, in der die specifische Wirtschaftsform die kapitalistische Unternehmung ist. […] Kapitalistische Unternehmung aber nenne ich diejenige Wirtschaftsform, deren Zweck es ist, durch eine Summe von Vertragsabschlüssen über geldwerte Leistungen und Gegenleistungen ein Sachver­

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Definition des „Kapitals“ zu betrachten sind, aus dem Bereich der „Erwerbs“-Wirtschaften heraus und gehören zum Bereich der „Bedarfsdeckungswirtschaften“. Auch Wirtschaften nämlich, die von | privaten Unternehmern in der Form eines Umschlags von Kapital (= Geld oder geldwerten Gütern) zu Gewinnzwecken durch Ankauf von Produktionsmitteln und Verkauf der Produkte, also zweifellos als „kapitalistische Unternehmungen“ geleitet wer­ den, können gleichwohl „traditionalistischen“b Charakter an sich ctragen. Diesc ist im Lauf auch der neueren Wirtschaftsgeschichte nicht nur ausnahmsweise, sondern – mit stets wiederkehrenden Unterbrechungen durch immer neue und immer gewaltigere Ein­ brüche des „kapitalistischen Geistes“ – geradezu regelmäßigd der Fall gewesen. Die „kapitalistische“ Forme einer Wirtschaft und der Geistf, in dem sie geführt wird, stehen zwar generell im Verhältnis „adäquater“g Beziehung, nicht aber in dem einer „gesetzlichen“ Abhängigkeit hvoneinander. Undh wenn wir trotzdem für diejenige Gesinnung, welche berufsmäßig isystematisch und rational legiti­ men Gewinni in der Art, wie dies an dem Beispiel Benjamin Frank­ lins verdeutlicht wurde,65 erstrebt, hier provisorisch den Ausdruck „Geist des (modernen)k Kapitalismus“44) l gebrauchen, so geschieht dies aus dem historischenm Grunde, weil jene Gesinnung in der modernenn kapitalistischen Unternehmung ihre adäquateste Form, die kapitalistische Unternehmung andererseits in ihr die adäquate­ ste ogeistige Triebkrafto gefunden hat.

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p 44)  Natürlich des dem Okzident spezifischen modernen qrationalen Betriebskapita- A, A 26 1 lismusq, nicht des seit 3 Jahrtausenden in der Welt, von China, Indien, Babylon, Hellas, Rom, Florenz bis in die Gegenwart verbreiteten Kapitalismus der Wucherer, Kriegslie­ feranten, Amts- und Steuerpächter, großenr Handelsunternehmer und Finanzmagna­ ten. sS[iehe] die Einleitung.s p 66 |

b A: traditionalistischen  c–c A, A1: tragen und dies  d A: regelmäßig  e A: Form  f A: Geist  g A: adäquater  h–h A: voneinander, und  i–i  A, A1: und systematisch Gewinn um des Gewinnens willen  k  Fehlt in A.   l  In A nicht her­ vorgehoben; Index fehlt in A.   m A: historischen  n  Fehlt in A.   o–o A: geistige Triebkraft  p–p  Fehlt in A.   q–q A1: Kapitalismus > rationalen*, Kapitalismus > rationalen Betriebs BR, C: rationalen Betriebs  r  In A folgt: 〈Bank-〉  s–s Fehlt in A1. mögen zu verwerten, d. h. mit einem Aufschlag (Profit) dem Eigentümer zu reproduzie­ ren. Ein Sachvermögen, das solcher Art genutzt wird, heisst Kapital.“ Sombart, Der moderne Kapitalismus I, S.  195. 65  Vgl. oben, S. 151–154. 66  Gemeint ist: Weber, Vorbemerkung, oben, S.  101–121.

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Aber an sich kann beides sehr wohl auseinanderfallen. Benjamin Franklin war mit „kapitalistischem Geist“ erfüllt zu einer Zeit, wo sein Buchdruckereibetrieb der Formt nach sich in nichts von irgendeinem Handwerkerbetrieb unterschied.67 Und wir werden sehen,68 daß überhaupt an der Schwelle der Neuzeit keineswegs allein oder vorwiegend die kapitalistischenu Unternehmer des Handelspatriziates, sondern vweit mehrv die aufstrebenden | Schich­ ten des gewerblichena Mittelstandes die Träger derjenigen Gesin­ nung waren, die wir hier als „Geist des Kapitalismus“ bezeichnet haben45). Auch im | 19. Jahrhundert sind nicht die vornehmen Gen­ tlemen von Liverpool und Hamburg mit ihrem altererbten Kauf­ mannsvermögen, sondern die aus oft recht kleinen Verhältnissen aufsteigenden Parvenüs von Manchester oder Rheinland-Westfa­ len ihreb klassischen Repräsentanten. cUnd ähnlich stand es schon 45) 

Es ist eben – nur das soll hier hervorgehoben werden – a priori durchaus nicht die Annahme geboten, daß deinerseits die Technikd des kapitalistischen Unternehmens und andererseitse der Geist der „Berufsarbeit“, der dem Kapitalismus seine expansive Energie zu verleihen pflegt, in denselben sozialen Schichten ihren ursprünglichen Nährboden finden mußtenf. Entsprechend liegt es mit den sozialen Beziehungen reli­ giö­ser Bewußtseinsinhalte. Der Calvinismus warg historisch einer derh Träger der Er­ ziehung zum „kapitalistischen Geist“. Aber geradei die großen Geldbesitzer waren, in den Niederlanden z. B., aus Gründen, die später zu erörtern sein werden,69 überwie­ gend nichtk Anhänger des Calvinismus strengster Observanz, sondern Arminianer. Das lzum Unternehmer aufsteigende Mittel-m undl Kleinbürgertum war hier und sonst „ty­ pischer“ Träger kapitalistischer Ethik und calvinistischen Kirchentums. nAber eben daso stimmt recht gut mit dem hier Vorgetragenen überein:p Große Geldbesitzer und Händler hat es zu allen Zeiten gegeben. Eine rationale kapitalistische Organisation der gewerblichen bürgerlichen Arbeit aber hat erst die Entwicklung vom Mittelalter zur Neuzeit gekanntq.n |

t A: Form  u A: „kapitalistischen“  v–v A: auch und sogar ganz besonders a Fehlt in A.   b Bezugswort ist: Gesinnung  c–c (S.  187) Fehlt in A, A1 einschließlich Index.   d–d A: die Technik  e  Fehlt in A.   f  Fehlt in A.   g A: ist   h In A folgt: zweifellosen  i Fehlt in A.   k A: nicht  l–l A: aufsteigende   m In A1 nicht hervorgehoben.   n–n Fehlt in A.   o In A1 folgt: 〈läßt sich als〉   p A1: überein.  q A1: gebr > gekannt   67  Benjamin Franklin betrieb von 1728 bis 1748 in Philadelphia eine eigene Druckerei. 68  Siehe unten, bes. S.  471–484. 69  Siehe unten, S.  455–457 mit Fn.  346.

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im 16. Jahrhundert: die damals neu entstehenden Industrien sind meist dem Schwerpunkt nach von Parvenüs geschaffen46).c Der Betrieb etwa einer Bank, oder des Exportgroßhandels, oder auch eines größeren Detailgeschäfts, oder endlich eines großen Verlagesr hausindustriell hergestellter Waren sinds zwar sicherlich nur in der Form der kapitalistischen Unternehmung möglich. Gleichwohl können sie alle in streng traditionalistischem Geiste geführt werden: die Geschäfte der großen Notenbanken dürfen gar nicht anders betrieben werden;t der überseeische Handel gan­ zer Epochen hat auf der Basis von Monopolen und Reglements streng traditionellen uCharakters geruht;u im Detailhandel – und es ist hier nichta von den kleinen kapitallosen Tagedieben die Rede, welche heute nach Staatshilfe schreien – ist die Revolutio­ nierung, welche dem alten Traditionalismus ein Ende macht, noch in vollem Gange:b – dieselbe Umwälzung, welche die alten For­ men des Verlagssystems gesprengt hat, mit dem ja die moderne Heimarbeit nur der Form nach Verwandtschaft besitzt. Wie cdiese Revolutionierungc verläuft und was sie | bedeutet, mag – so bekannt ja diese Dinge sind – wiederum an einem Spezialfall ver­ anschaulicht werden. Bis gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts war das Leben eines Verlegers wenigstens in manchen Branchen der kontinenta­ len Textilindustrie47) ein für unsere heutigen Begriffe ziemlich gemächliches.70 Man mag sich seinen Verlauf etwa so vorstellen: Die

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d 46)  S[iehe] darüber die gute Züricher Dissertation von eJ[ulian] Maliniak A, A 27 1 (1913)e.d 71 | 47)  Das nachstehende Bild ist aus den Verhältnissen verschiedener Einzelbranchen B , C 51 R an verschiedenen Orten „idealtypisch“ kompiliert; es ist für den illustrativen Zweck, dem es hier dient, natürlich gleichgültig, daß der Vorgang in keinem der Beispiele, an die gedacht ist, sich gerade ganz genau in der geschilderten Art abgespielt hat. |

r  A, A1, BR: Verlegers  s  Zu erwarten wäre: ist  t A: werden,  u–u A: Cha­ rakter gehabt,  a In A folgt: nur  b Doppelpunkt fehlt in A, A1.  c–c A: sie d–d  Fehlt in A, A1.  e–e BR:  70  Der im folgenden entwickelte „Idealtypus“ eines traditionalistisch gesinnten Verlegers in der Textilindustrie (vgl. dazu unten, S.  188 f.) trägt Züge von Max Webers Großvater, des Bielefelder Leinenhändlers Carl August Weber (1796–1872). Vgl. Roth, Familiengeschichte, S.  251. 71  Vgl. Maliniak, Exportindustrie. Maliniak, ebd., S.  128–135 („Die Emporkömmlinge aus den Zünften“), gibt Beispiele der „notorischen Self-made men“ (S.  128), auch ebd., S.  123–128 („Der angebliche Adel“, der aus den Zünften hervorging).

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Bauern kamen mit ihren Geweben – oft (bei Leinen) noch vorwie­ gend oder ganz aus selbstproduziertem Rohstoff hergestellt – in die Stadt, in der die Verleger wohnten[,] und erhielten nach sorgsa­ mer, oft amtlicher, Prüfung der Qualität die üblichen Preise dafür gezahlt. Die Kunden der Verleger waren für den Absatz auf alle weiteren Entfernungen Zwischenhändler, die ebenfalls hergereist kamen, fmeist noch nicht nach Mustern, sondern nach herkömmli­ chen Qualitäten undf vom Lager kauften oder, und dann lange vor­ her, bestellten,g woraufhin dann eventuell weiter bei den Bauern bestellt wurde. Eigenes | Bereisen der Kundschaft geschah, wenn überhaupt, dann selten einmal in großen Perioden, sonst genügte Korrespondenz und h, langsam zunehmend,h Muster­ver­sen­dung. Mäßiger Umfang der Kontorstundeni – vielleicht 5–6 am Tage, zeit­ weise erheblich weniger, in der Kampagnezeit, wo es eine solche gab, mehr, – leidlicher, zur anständigen Lebensführung und in guten Zeiten zur Rücklage eines kleinen Vermögens ausreichender Verdienst, im ganzen relativ große Verträglichkeit der Konkurren­ ten untereinander bei großer Übereinstimmung der Geschäfts­ grundsätzek, ausgiebiger täglicher Besuch der „Ressource“,72 dane­ ben je nachdem noch Dämmerschoppen, Kränzchen und gemächliches Lebenstempo überhaupt. Es war eine in jeder Hinsicht „kapitalistische“ Form der Orga­ nisation, wenn man auf den rein kaufmännisch-geschäftlichen Cha­ rakter der Unternehmenl, ebenso wenn man auf die Tatsache der Unentbehrlichkeit des Dazwischentretens von Kapitalienm, welche in dem Geschäft umgeschlagen wurden, ebenso endlich, wenn man auf die objektive Seite des ökonomischen Hergangs noder auf die Art der Buchführungn sieht. Aber es war | „traditionalistische“o Wirtschaft, wenn man auf den Geist sieht, der die Unternehmer beseelte: die traditionelle Lebenshaltung, die traditionelle Höhe des Profits, das traditionelle Maß von Arbeit, die traditionelle Art f–f A: nach Mustern oder herkömmlichen Qualitäten  g A: bestellten – A1: be­ stellten, –  h–h Fehlt in A.   i A: Comptoirstunden  k A: „Geschäftsgrund­ sätze“  l  A, A1, BR, C: Unternehmer  m A: Kapitalvorräten  n–n  Fehlt in A. o A: traditionalistische   72  Die „Geschlossene Gesellschaft Ressource“ war ein in Bielefeld 1795 vornehmlich von Leinenhändlern gegründeter Verein, der die Geselligkeit pflegte. Vgl. Roth, Familiengeschichte, S.  251, Anm.  32.

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der Geschäftsführung und der Beziehungen zu den Arbeitern und dem wesentlich traditionellen Kundenkreise, pdie traditionellep Art der Kundengewinnung und des Absatzes beherrschten den Geschäftsbetrieb, lagen – so kann man geradezu sagen – qdem „Ethos“q dieses Kreises von Unternehmern zugrunde. Irgendwann nun wurde diese Behaglichkeit plötzlich gestört, und zwar oft ganz ohne daß dabei irgendeine prinzipielle Ände­ rung der Organisationsform – etwa Übergang zum geschlossenen Betrieb, zum Maschinenstuhl und dgl. – stattgefunden hätte. Was geschah, war vielmehr oft lediglich dies:73 daß irgendein junger Mann aus einer der beteiligten Verlegerfamilien aus der Stadt auf das Land zog, die Weber für seinen Bedarf sorgfältig auswählte, ihre Abhängigkeit und Kontrolle zunehmendr verschärfte, sie so aus Bauern zu Arbeitern erzog, andererseits aber den Absatz durch möglichst direktes Herangehen an die letzten Abnehmer: die Detailgeschäfte, ganz in die eigene Hand nahm, Kunden persönlich warb, sie regelmäßig jährlich bereiste, vor allem aber die Qualität der Produkte ausschließlich ihren Bedürfnissen und Wünschen anzupassen, ihnen „mundgerecht“ zu machen wußte und zugleich den Grundsatz „billiger Preis, großer Umsatz“ durchzuführen begann. Alsdann nun wieder|holte sich, was immer und überall die Folge eines solchen „Rationalisierungs“-Prozesses ist: wer nicht hinaufstieg, mußte hinabsteigen. Die Idylle brach unter dem begin­ nenden erbitterten Konkurrenzkampf zusammen, ansehnliche Ver­ mögen wurden gewonnen und nicht auf Zinsen gelegt, sondern immer wieder im Geschäft investiert, die alte behäbige und behag­ liche Lebenshaltung wich harter Nüchternheit, bei denen, die mit­ machten und hochkamen, weil sie nicht verbrauchen, sondern erwerben wollten, bei denen, die bei der alten Art blieben, weil sie

p–p  A, A1, BR, C: der  q–q  A, A1: der „Ethik“  r  Fehlt in A.   73  Im folgenden lassen sich Bezüge zu Webers Onkel Carl David Weber (1824–1907), dem Sohn Carl August Webers, herstellen. Carl David Weber gründete 1850 in dem im Fürstentum Lippe gelegenen Dorf Oerlinghausen ein neues Unternehmen (später: Carl Weber & Co., seit 1907 GmbH). Dabei ließ er im Verlagssystem mit Hausindustrie hochwertiges Leinen herstellen. Die Bielefelder Leinenindustrie dagegen ging unter dem Druck der preußischen Regierung zu fabrikmäßiger Leinenproduktion über, woran die Firma „Weber, Laer & Niemann“, bei der Carl David Weber Teilhaber war, 1861 zu Grunde ging. Vgl. Roth, Familiengeschichte, S.  250–256.

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sich einschränken mußten48) s. Und – worauf es hier vor allem ankommt – es war in solchen Fällen in der Regel nicht etwa ein Zustrom | neuen Geldes, welcher diese Umwälzung hervorbrachte – mit wenigen Tausenden von Verwandten hergeliehenen Kapitals wurde in manchen mir bekannten Fällen der ganze Revolutionie­ rungs-Prozeßt ins Werk gesetzt –, sondern der neue Geist, eben der „Geist des modernenu Kapitalismus“, der eingezogen war. Die Frage nach den Triebkräften der Expansiona des modernenb Kapi­ talismus ist nicht in erster Linie eine Frage nach der Herkunft der kapitalistisch verwertbaren cGeldvorräte,74 sondern vor allemc nach der Entwicklung des kapitalistischen Geistes.d Wo er auflebt und sich auszuwirken vermag, verschaffte er sich die Geldvorräte als Mittel seines Wirkens, nicht aber umgekehrt49) f. Aber sein Ein­ zug pflegteg kein friedlicher zu sein. Eine Flut von Mißtrauen, gele­ gentlich von Haß, vor allem von moralischer Entrüstung stemmteh sich regelmäßig dem ersten Neuerer entgegen, oft – mir sind meh­ rere Fälle ider Arti bekannt – begannk eine förmliche Legendenbil­ dung über geheimnisvolle Schatten in seinem Vorleben.75 Es ist so

l 48)  Es ist auch aus diesem Grunde kein Zufall, daß diese erste Periode des begin­ A, A1 29, BR, C 52 nenden Rationalismus, der ersten Flügelschläge der deutschen Industrie z. B., mit ei­ nem gänzlichen Verfall des Stils der Bedarfsgegenständem des Alltagslebens Hand in Hand geht.l | n 49)  Damit sollo die Bewegung des Edelmetallbestandesp nicht etwa als ökonomisch BR, C 53 gleichgültig bezeichnet werden.q n |

s Index fehlt in A.   t A: „Revolutionierungs-Prozeß“  u Fehlt in A.   a A: Entwicklung  b Fehlt in A.   c–c A: Geldvorräte, sondern  d A: Geistes. In A1 folgt zunächst Index (für Fn.  49), dann gestrichen und verschoben.   e  A, A1: da schaffte  f Index fehlt in A und zunächst an dieser Stelle in A1.  g A: pflegt   h A: stemmt  i–i  A, A1, BR, C: derart  k A: beginnt  l–l  Fehlt in A.   m A1: Möbel* > Bedarfsgegenstände  n–n  Fehlt in A.   o  In A1 folgt: 〈jene andere Fra­ ge〉  p  In A1 folgt: 〈überhaupt nicht etwa als schlechthin〉  q  In A1 folgt: Darüber ev. später. 74  Dieser Frage geht Sombart nach, der die Grundrentenhypothese vertritt. Nach ihm bildete sich im Mittelalter ein „Urvermögen“, das in der Hand des städtischen Patriziats lag („Die Anfänge des bürgerlichen Reichtums“, Sombart, Der moderne Kapitalismus I, S.  282–324). „Jene Summen, mit denen in Italien und Flandern seit dem 13. Jahrhundert und noch früher, in den übrigen Ländern seit dem 14. Jahrhundert in größerem Stile Geld- und Handelsgeschäfte gemacht wurden, die also recht eigentlich als die Urvermögen anzusehen sind, aus denen sich das Kapital zu entwickeln vermochte: sie sind accumulierte Grundrente“ (S.  291). Dazu kamen Gewinne aus der ausbeuterischen Kolonialwirtschaft (vgl. S.  325–377). – Weber lehnte diese Grundrentenhypothese ab. 75  Nach Roth, Familiengeschichte, S.  251–253, wurde im Familien- und Bekannten-

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leicht niemand unbefangen genug zu bemerken, daß gerade einen solchen Unternehmer „neuen Stils“76 nur ein ungewöhnlich fester Charakter vor dem Verlust der nüchternen Selbstbeherrschung und vor moralischem wie ökonomischem Schiffbruch bewahren kannr, daß,s neben Klarheit des Blickes und Tatkraft, vor allem doch auch ganz bestimmte und sehr ausgeprägte „ethische“t Qua­ litäten es sind, welche bei solchen Neuerungen ihm das schlechthin unentbehrliche Vertrauen der Kunden und der Arbeiter gewinnen und ihm die Spannkraft zur Überwindung der ungezählten Wider­ stände erhalten, vor allem aber die so unendlich viel intensivere Arbeitsleistung, welche nunmehr von dem Unternehmer gefordert wird und die mit bequemem Lebensgenuß unvereinbar ist, über­ haupt ermöglicht haben: nur – eben ethische Qualitäten spezifisch anderer Art als die dem Traditionalismus der Vergangenheit adäquaten. | aUnd ebenso warenb es in der Regel nichtc waghalsige und skru­ pellose Spekulanten, ökonomische Abenteurernaturen, wie sie in allen Epochen der Wirtschaftsgeschichte begegnen, oder einfach „große Geldleute“, welche diese äußerlich unscheinbare und doch für die Durchsetzung des ökonomischen Lebens mit diesem neuen Geist dentscheidende Wendung schufend, sondern in harter Lebens­ schule aufgewachsene,e wägend und wagend zu|gleich, vor allem aber nüchtern und stetig, scharf und völlig der Sache hingegebene Männer mit streng bürgerlichenf Anschauungen und „Grund­ sätzen“.a gMan wird zu glaubeng geneigt sein, daß diese persönlichenh moralischen Qualitäten mit irgendwelchen ethischen Maximen oder gar religiösen Gedanken an sich nicht das geringste zu schaf­ fen haben, daß nach dieser Richtung wesentlich etwas Negatives: die Fähigkeit, sich der überkommenen Tradition zu entziehen, also r  A, A1, BR, C: können  s  Komma fehlt in A, A1.  t A: „ethische“  a–a  Fehlt in A.  b A1: sind > waren  c  In A1 folgt: 〈kühne und〉  d–d A1: in die Hände nah­ men  e  In A1 folgt: 〈stetig,〉  f  In A1 folgt: 〈Rechtlichkeits-〉  g–g A: Nun wird man freilich zu bemerken  h  In A1 lautet Max Webers Satzanweisung: nicht sper­ ren! kreis kolportiert, Carl David Weber habe sich durch einen geschäftlichen SpanienAufenthalt der preußischen Militärpflicht entzogen und sei deshalb mit seiner Neugründung in das Fürstentum Lippe ausgewichen. Vgl. auch oben, S.  189, Anm.  73. 76  Sombart spricht vom „neuen Stil des Wirtschaftslebens“ (Sombart, Der moderne Kapitalismus II, S.  68–89).

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am ehesten liberale „Aufklärung“i die adäquate Grundlage jeiner solchen geschäftlichenj Lebensführung sei. Und in der Tat ist dies heute im allgemeinen durchaus der Fall. Nicht nur fehlt regelmäßig eine Beziehung der Lebensführung auf religiöse Ausgangspunkte, sondern wo eine Beziehung besteht, pflegt sie wenigstens in Deutschland negativer Art zu sein. Solche vom „kapitalistischen Geist“ erfüllte Naturen pflegen heute, wenn nicht gerade kirchen­ feindlich, so doch indifferent zu sein. Der Gedanke an die kfromme Langeweilek des Paradieses77 hat für ihre tatenfrohe Natur wenig Verlockendes, die Religion erscheint ihnenl als ein Mittel, die Men­ schen vom Arbeiten auf dem Boden dieser Erde abzuziehen. Würde man sie selbst nach dem „Sinn“m ihres rastlosen Jagens fragen,n welches des eigenen Besitzes niemals froh wirdo und des­ halb gerade bei rein diesseitigerp Orientierung des Lebens so sinn­ los erscheinen muß, so würden sie, falls sie überhaupt eine Antwort wissen, zuweilen antworten: „die Sorge für Kinder und Enkel“,q häufiger aber undr – da jenes Motiv ja offenbar kein ihnen eigen­ tümliches ist, sondern bei sden „traditionalistischen“ Menschens ganz ebenso wirkte, – richtiger ganz einfach: daß ihnen das Geschäft mit seiner steten Arbeit „zum Leben unentbehrlich“ geworden sei. Das ist in der Tat die einzig zutreffende Motivierung, und sie bringt zugleich das t, vom persönlichen Glücksstandpunkt aus angesehen,u sot Irrationale dieser Lebensführung, bei welcher der Mensch für sein Geschäft da ist, nicht umgekehrt, zum Ausdruck. Selbstver­ ständlich spielt die Empfindung für die Macht und das Ansehen, welches die bloße Tatsache des Besitzes gewährt, dabei ihre Rolle: wo einmal die Phantasie eines ganzen Volkes in der Richtung auf das arein quantitativa Große gelenkt ist, wie in den Vereinigten Staaten, da wirkt diese Zahlenromantik mit unwiderstehlichem i A: Aufklärung  j–j A: jener  k–k A: „fromme Langeweile“  l In A1 folgt: 〈oft〉  m A: Sinn  n  Komma fehlt in A, A1.  o  A, A1, BR, C: wird,  p A: diesseitiger  q  A, A1: Enkel“, –  r A1: und,  s–s A: dem „traditionalistischen Men­ schen“  t–t  Fehlt in A.   u  In A1 folgt: 〈scheinbar so〉  a–a A: quantitativ   77  Sehr wahrscheinlich Anspielung auf Johann Wolfgang von Goethe. In seinen Erläuterungen zum West-östlichen Divan heißt es, die indische „edle reine Naturreligion“ habe sich durch Zoroaster in einen „umständlichen Cultus“ verwandelt, so daß man jetzt „ein verdüstertes Volk [erblicke], welches gemeine Langeweile durch fromme Langeweile zu tödten trachtet“. Goethe, Noten zum West-östlichen Divan, S.  19–24, Zitat S.  20.

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Zauber auf die „Dichter“ unter den bKaufleuten. Aberb sonst sind es im ganzen nicht die eigentlich führen|den und namentlich nicht die dauernd erfolgreichen Unternehmer, die sich davon einneh­ men lassen. Und vollends das Einlaufen in den Hafen des Fidei­ kommißbesitzes und Briefadels mit Söhnen, deren Gebarung auf der Universität und im Offizierkorps ihre Abstammung vergessen zu machen sucht, wie es der übliche Lebenslauf deutscher | kapita­ listischer Parvenü-Familien warc, stellt ein epigonenhaftes Déca­ denceprodukt dar.78 Der „Idealtypus“ des kapitalistischen Unter­ nehmers50), wie er auch bei uns in einzelnen hervorragenden Beispielen vertreten war, hat mit solchem gröberen oder feinerend Protzentum nichts Verwandtes. Er scheut die Ostentation und den unnötigen Aufwand ebenso wie den bewußten Genuß seiner Macht und die ihm eher unbequeme Entgegennahme von äußeren Zei­ chen der gesellschaftlichen Achtung, die er genießt. Seine Lebens­ führung trägt m. a. W. oft – und es wird geradee auf die geschicht­ liche Bedeutung dieser für uns wichtigenf Erscheinung einzugehen sein – einen gewissen asketischeng Zug an sich, wie er ja in der früher zitierten „Predigt“ Franklins deutlich zutage tritt.79 Es ist namentlich keineswegs selten, sondern recht häufig bei ihm ein Maß von kühler Bescheidenheit zu finden, welches wesentlich auf­ richtiger ist als jene Reserve, die Benjamin Franklin so klug zu empfehlen weiß. Er „hat nichts“ von seinem Reichtum für seine

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50)  Das soll nur heißen: derjenige Unternehmertypus, den wir hier zum Gegenstand A, A 31, 1 unserer Betrachtung machen, nicht irgendein empirischer Durchschnitt (über den BR, C 55 Begriff „Idealtypus“ s. m[eine] Ausf[ührungen] him Archiv f[ür] Sozialwissensch[aft]h Bd. XIX Heft 1).80 |

b–b A: Kaufleuten, – aber  c A, A1: ist  d A, A1: feinerem  e Fehlt in A.   f A: nicht unwichtigen  g A: asketischen  h–h A: in dieser Zeitschrift   78  Anspielung auf die damals weitverbreitete Neigung von zu Reichtum gekommenen bürgerlichen Kreisen, ein Rittergut zu erwerben und es durch eine Fideikommißstiftung an die Familie zu binden. Man hoffte, daraufhin einen Adelstitel – mittels eines Adelsbriefes – zu erlangen. Weber bekämpfte diese Tendenz heftig. Vgl. dazu Weber, Fideikommißfrage, MWG I/8, S.  81–188 (S.  175 spricht Weber vom „Parvenü-Fideikommiß“), 79  Zitiert oben, S. 151–154. 80 Weber bezieht sich auf seinen Objektivitäts-Aufsatz, S.  64 ff., wo er den „Ideal­ typus“ entwickelt. Vgl. dazu Schluchter, Einleitung, MWG I/9, S.  12–22, bes. S.  19 ff.

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Person, – außer:i der irrationalen Empfindung guterk „Berufs­ erfüllung“.l Das aber ist es eben, was dem präkapitalistischen Menschen so unfaßlich und rätselhaft, so schmutzig und verächtlich erscheint. Daß jemand zum Zweck seiner Lebensarbeit ausschließlich den Gedanken machen könne, dereinst mit hohem materiellen Gewicht an Geld und Gut belastet ins Grab zu sinken, scheint ihm nur als Produkt perverser Triebe: der „auri sacra fames“,m 81 erklärlich. In der Gegenwart, unter unseren politischen, privatrechtlichen und Verkehrsinstitutionen, bei den Betriebsformen und der Struk­ tur, die unserer Wirtschaft eigen ist, könnte nun dieser „Geist“ des Kapitalismus, wie gesagt,82 als ein reines Anpassungsproduktn ver­ ständlich sein. Die kapitalistische Wirtschaftsordnung obraucht die­ seo Hingabe an den „Beruf“ des Geldverdienens: | sie ist eine Art des Sichverhaltens zu den äußeren Gütern, welche jener Struktur so sehr adäquat, so sehr mit den Bedingungen des Sieges im öko­ nomischen Daseinskampfe verknüpft ist, daß von einem notwen­ digenp Zusammenhange jener „chrematistischen“83 Lebensfüh­ rungq mit | irgendeiner einheitlichen „Weltanschauung“r heute sin der Tat gars keine Rede mehr sein kann. Sie hat es namentlich nicht mehr nötig, sich von der Billigung irgendwelcher religiöser Potenzen tragen zu lassen[,] und empfindet die Beeinflussung des Wirtschaftslebens durch die kirchlichen Normen, soweit sie über­ haupt noch fühlbar ist, ebenso als Hemmnis, wie dessent staatliche Reglementierunga. Die handelspolitische und sozialpolitische Interessenlage pflegen dann die „Weltanschauung“ zu bestimmen. bWer sich in seiner Lebensführung den Bedingungen kapitalisti­ schen Erfolges nicht anpaßt, geht unter oder kommt nicht hoch.b i  Doppelpunkt fehlt in A, A1.  k A: der  l  In A folgt Index; die dort angebundene und in A1 gestrichene Fußnote lautet: Daß dieser „asketische“ Zug für die Entwicklung des Kapitalismus nichts Peripherisches, sondern von hervorragender Bedeutung war, kann erst die weitere Darstellung lehren. Nur sie kann überhaupt erweisen, daß es sich nicht um willkürlich herausgegriffene Züge handelt. |  m Komma fehlt in A, A1.   n A: Anpassungsprodukt  o–o A: braucht diese rücksichtslose  p A: notwendigen  q A: Lebensführung  r A: Weltanschauung  s–s Fehlt in A.   t A: die   a  In A folgt: desselben  b–b  Fehlt in A.   81  „Verfluchter Hunger nach Gold“. Vgl. oben, S.  168, Anm.  92. 82  Siehe oben, S. 181–183. 83  „Chrematistisch“ (von griech. χρῆμα, Tl. chre¯´ma, „Geld“), am Gelderwerb um seiner selbst willen orientiert.

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Aber das sind Erscheinungen einer Zeit, in welcher der modernec Kapitalismus, zum Siege gelangt, sich von den alten Stützen eman­ zipiert dhat. Wied er dereinst nur im Bunde mit der werdenden modernen Staatsgewalt die alten Formen mittelalterlicher Wirt­ schaftsregulierung sprengte, so könntee – wollen wir vorläufig sagen – das gleiche auch für seine Beziehungen zu den religiösen Mächten der Fall gewesen sein. Ob und in welchem Sinne es etwa der Fall gewesen ist, das eben soll hier untersucht werden. Denn daß jene Auffassung des Gelderwerbs als eines den Menschen sich verpflichtenden Selbstzweckesf, als „Beruf“, dem sittlichen Emp­ finden ganzer Epochen zuwiderlief, bedarf kaum des Beweises. In dem ginh das kanonische Recht übergegangenen, damals (ebenso wie die Stelle des Evangeliums vom Zins51))i 84 für echt gehalte­ k 51)  Es ist hier vielleicht der geeignete Ort, ganz kurz auf die Bemerkungen in der A 32a, 1 schon zitierten Schrift von F[ranz] Keller (Heft 12 der Schriften der Görres-Ges[ell­ BR, C 56 schaft]) und die daran anknüpfenden Bemerkungen Sombarts (iml „Bourgeois“) ein­ zugehen,85 soweit sie hergehörenm. Daß ein Schriftsteller neine Abhandlung,n in der das kanonische Zinsverbot (außer in einero beiläufigen Bemerkungp und ohne jede Beziehung zu der qganzen Argumentation)q überhaupt nicht erwähnt ist,86 unter der Voraussetzung kritisiert, daß eben dies Zinsverbot – welches doch rfast inr allen religiö­ sen Ethiken der Erde Parallelen findet! – es sei, was hier als Unterscheidungsmerkmal der katholischen von der reformatorischen Ethik in Anspruch genommen wur­ des,87 ist eigentlich ein starkes Stück: man darf doch Arbeiten nur kritisieren, die man

c  Fehlt in A.    d–d A: hat: wie    e A: könnte    f A: Selbstzweckes    g–g  (S.  196)  Fehlt in A einschließlich Index.   h  In A1 folgt: 〈das Dek〉  i  In A1 folgt der Hinweis Max Webers: Fußnote auf Blatt 32a bei #   k–k (S.  201)  Fehlt in A; in A1 auf eingelegten Manuskriptblättern, erstes Blatt von Max Weber überschrieben: 32a / Blatt 32a zu S.  32 / Fußnote bei #  l A1: (der > (im  m A1, BR: mich betreffen  n–n A1: einer Abhandlung wie dieser > eine Abhandlung,  o In A1 nicht hervorgehoben.   p A1: Anmerkung  q–q A1: Argumentation des Textes  Klammer fehlt in A1.   r–r A1: in fast  s A1: werde   84  Gemeint ist Lk 6, 34 f. nach der Fassung der Vulgata. Dazu Näheres unten, S.  202, Fn.  52 mit Anm.  28. 85  Vgl. Keller, Unternehmung und Mehrwert; von Weber bereits oben, S.  141 f., Fn.  19, zitiert. Auf Keller bezieht sich Sombart, Bourgeois, S.  314, 319 und S.  357. 86  Der „Schriftsteller“ ist Keller, und mit der „Abhandlung“ ist Weber, Protestantische Ethik I, II, MWG I/9, S.  97–215 und 222–425, gemeint; darin das Zitat „Deo placere non potest“ (ebd., S.  172; jetzt: „[…] vix potest“, unten, S.  196). Vgl. dazu ebd., Anm.  88. 87  Vgl. Keller, Unternehmung und Mehrwert, S.  14–16. „Das große Hemmnis der kapitalistischen Entwickelung auf katholischer Seite war nach Weber das Verbot des Zinsnehmens, das auf kalvinistischer Seite nicht bloß gestattet, sondern als etwas Gutes anerkannt worden sei“ (ebd., S.  14).

196 BR, C 57

Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. I.

neng Satz „Deo | placere vixt potest“, der von der Tätigkeit des Kaufmanns gebraucht wurde,88 uina der Bezeichnung des Gewinn­

wirklich gelesen oderb deren Darlegungen, wenn man sie gelesenc, man noch nicht wie­ der vergessen hatd. eDer Kampf gegen die usuraria pravitas89 durchzieht die hugenot­ tische ebenso wie die niederländische Kirchengeschichte des 16. Jahrhunderts.90 „Lom­ BR, C 57 barden“, also Bankiers, wurden oft als solche vom Abendmahl ausge|schlossen (fs. S.  135 f. Anm.  13f).91 Die freiere Auffassung Calvins (die übrigens nicht hinderte, daß im ersten Entwurf der Ordonnanzen noch Wucherbestimmungen vorgesehen waren)92 ist erst durch Salmasius zum Siege gelangt.93 Also hier lag der Gegensatz nicht: im Gegenteil. –e Aber noch üblerg sind die eignen hierher gehörigen Argumentationen des Verf[asser]sh,94 die gegenüber den (m. E. übrigens auch keineswegs nach Verdienst g (S.  195) –g  Fehlt in A einschließlich Index.   t A: non  u–u (S.  198)  Fehlt in A.   a  In A1 folgt: 〈dem vom〉  b A1: und > oder  c  In A1 folgt: 〈hat〉  d  In A1 folgt: 〈, und das ist in〉  e–e  Fehlt in A1.  f–f BR: auch Anm.  17  g A1: schlimmer > übler  h A1: Verf.   88  „[Ein Kaufmann] kann vor Gott kaum Gefallen finden“, insofern er das kanonische Zinsverbot (zu diesem vgl. das Glossar, unten, S.  622) übertritt (1904 hatte Weber formuliert: „[…] non potest“, d. h. „[…] keinen Gefallen finden“, vgl. oben, textkritische Anm.  t). Zitat aus dem Corpus Iuris Canonici, Decreti prima pars, Distinctio 88, C[aput] XI. Vgl. Friedberg, Aemilius, Corpus Iuris Canonici. Editio Lipsiensis secunda post Aemilii Ludouici Richteri curas ad librorum manu scriptorum [. . .], Pars Prior: Decretum Magistri Gratiani. – Leipzig: B. Tauchnitz 1879, Sp.  308: „Eiciens Dominus uendentes et ementes de templo, significauit, quia homo mercator uix aut numquam potest Deo placere.“ Das Decretum Gratiani (um 1140) fußt hier auf einer Kommentarstelle zum Matthäus-Evangelium, die lange Zeit Johannes Chrysostomos zugeschrieben wurde (heute: Ps.-Chrysostomos; zur Diskussion zu Webers Zeit vgl. unten, S.  202, Fn.  52 mit Anm.  30). 89  usuraria pravitas (lat.), unerlaubte, strafbare Zinsnahme. 90  Zur hugenottischen Kirchengeschichte vgl. oben, S.  140 f., Fn.  17; darauf bezieht sich auch BR, vgl. oben, textkritische Anm.  f. Zur niederländischen Kirchengeschichte vgl. Anm.  91. 91  Zu erwarten wäre ein Verweis auf unten, S.  415 f., Fn.  286. 92  Ein „Entwurf“ ließ sich nicht nachweisen. Laut Kampschulte, Calvin I, S.  451 f., enthielten die Ordonnanzen für die Genfer Landgemeinden (1547) noch Wucherbestimmungen (vgl. „Ordonnances sur la Police des Eglises de la Campagne“ vom 3. Fe­ bruar 1547, in: CR 38, Sp.  51–58, darin über „Usures“, Sp.  56 f.). Die „Ordonnances ecclésiastiques“ [Kirchenordnung] für Genf von 1541 enthalten wie die überarbeitete und erweiterte Fassung von 1561 keine Wucherbestimmungen; die Ordonnanzen für die Landgemeinden von 1547 gingen in die Fassung von 1561 nicht ein. 93  Wiskemann hebt Calvin als den „Vorgänger des Salmasius“ hervor (ders., Nationalökonomische Ansichten (von Weber zitiert unten, S.   240, Fn.   69), S.   80, auch S.  141), und Endemann spricht vom „Kampf und Sieg der von Salmasius vertretenen Ansicht“ (ders., Studien I (wie unten, S.  197, Anm.  96), S.  67). Der Niederländer Claudius Salmasius führte u. a. „Kreditleistung“ gegen das Zinsverbot ins Feld (vgl. Endemann, ebd.), in: ders., De Usuris Liber. – Lugd[unum] Batavor[um]: Ex officina Elseviriorum 1638. 94  Gemeint sind Kellers Ausführungen zum kirchlichen Zinsverbot; ders., Unternehmung und Mehrwert, bes. S.  23–26.

2.  Der „Geist“ des Kapitalismus

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strebensi durch | Thomas als turpitudo (mit derj selbst das unver­ meidliche und daher ethisch erlaubtek Gewinnmachenl belegt von ihm zitierten) Schriften vonm Funkn 95 und andren katholischen Gelehrteno und gegenüber den heute im einzelnen veralteten, aber noch immer grundlegenden Unter­ suchungen von Endemannp 96 peinlich durch ihre Oberflächlichkeit auffallen. Zwar qvon Exzessen, wie denq Bemerkungen Sombarts (a. a. O. p.  321): daß man den r„from­ men Männern“r (Bernhardin v[on] Siena und Antonin von Florenz sind die im wesent­ lichen gemeinten) förmlich anmerke, „wie sie auf alle Weise den Unternehmungsgeist anstacheln möchten“97 – indem sie nämlich, sganz ähnlich, wie das in aller Welt mit den Zinsverboten geschehen ist,s das Wucherverbot so interpretierten, daß die (in unserer Terminologie) „produktive“ Kapitalanlage unberührt blieb – hat sicht K[eller] ufreige­ halten. (Daßu bei Sombart einerseits die Römer zu den „Heldenvölkern“ gehören,98 andererseits – bei ihm sonst ein unversöhnlicherv Gegensatz – angeblich der ökonomi­ sche Rationalismus schon bei Cato „zur äußersten Konsequenz“ entwickelt war99 – S.  267100 –, sei nur nebenher als Symptom dafür notiert: daß hier eben ein „Thesen­ buch“ im schlechten Sinn des Wortes vorliegt). Aber die (hier nicht im einzelnen darzustellende, früher zunächst oft überschätzte, dann stark unterschätzte, jetzt, in der Ära auch katholischer Multimillionäre – zu apologetischen Zwecken – geradezu auf den Kopf gestellte) Bedeutungw des Zinsverbots, (welches bekanntlich – trotz biblischer i A1: Gewinnstreben  j A1, BR, C: dem  k In A1 hervorgehoben.   l A1: Ge­ winnstreben  m In A1 folgt: 〈F. X.〉  n A1, BR, C: Funck  o A1: Gelehrten – p A1, BR: Endemann –  q–q A1: solche Excesse, wie die  r–r A1: katholischen Ethikern > „frommen Männern“  s–s  Fehlt in A1.  t  In A1 folgt: 〈Fr.〉  u–u A1, BR: freigehalten (daß  v  In A1 folgt: 〈, in einem recht beklagenswert sch[?]〉  w A1: Rolle > Bedeutung 95 Keller, ebd., S.  30 f., zitiert Funk, Franz Xaver, Zins und Wucher. – Tübingen: Laupp’sche Buchhandlung 1868 (hinfort: Funk, Zins und Wucher). 96  Endemann, Wilhelm, Studien in der romanisch-kanonistischen Wirthschafts- und Rechtslehre bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts, 2 Bände. – Berlin: Guttentag (D. Collin) 1874–1883 (hinfort: Endemann, Studien I, II), hatte Weber in: ders., Handelsgesellschaften, MWG I/1, S.  169 u.ö, zugrunde gelegt. 97  Im Zitat bei Sombart, Bourgeois, S.  321: „die Unternehmungslust“ (dort im Kontext: „Unternehmungsgeist“). 98 Sombart, Bourgeois, unterscheidet im Kapitel „Die Veranlagung der Völker“, S.  266–281, zwischen Völkern mit kapitalistischer Unter- und solchen mit Überveranlagung. Erstere spielen auch bei Sombart keine Rolle. Bei letzteren unterscheidet er die Heldenvölker, die eine besondere Veranlagung zum „großzügige[n] Gewaltunternehmertum“ oder zur „Freibeuterei“ haben (ebd., S.  271), darunter „zunächst die Römer“ (ebd., S.  272), und die friedlichen Händlervölker, deren Geist die „besten Kenner als rational, als ‚praktisch‘“ bezeichneten (ebd., S.  274), etwa die Florentiner. Sombart betont, daß sich diese nicht etwa von den Römern herleiteten, sondern von den alten Handelsvölkern der Etrusker und Griechen. Auf den Römer Cato d.Ä. (vgl. die folgende Anm.) kommt Sombart bei dieser Einteilung nicht zu sprechen. 99  Das (hier mit kleinen Änderungen wiedergegebene) Zitat über Cato bei Sombart, ebd., S.  290 (vollständig zitiert oben, S.  168, Anm.  2). 100  Sombart schließt die Meinung aus, „die Anlage zum kapitalistischen Geist sei im Laufe der Geschichte ‚erworben‘ worden“, es handle sich vielmehr um eine „Urveran­ lagung“; ebd., S.  267 (vgl. auch oben, Anm.  98).

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198 BR, C 59

Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. I.

wurde),u 1 lag, gegen|über den radikal antichrematistischen Ansich­ ten2 aziemlich breitera Kreise, schon ein hoher Grad von EntgegenFundamentierung!3 – erst bim letztenb Jahrhundert durch Instruktionc der Congregatio S. Officii außer Kraft gesetzt wurde,4 und zwar nur temporum ratione habita und indirekt, nämlich:d durch Verbot, die Beichtkinder, wenne man sich ihres Gehorsamsf auch für den Fall der Wiederinkraftsetzung versehen könne,g fernerhin durch Recherchen nach usuraria pravitas5 zu beunruhigen), hat hauch er völligh verzerrt. iDenn jemandi, der irgendwelche eingehenderek Studien über die höchst verwickelte Geschichte der kirchlichen Wucherdoktrin gemacht hat, ldarf, angesichtsl der endlosen Kontroversen z. B. über die Erlaubtheit des Rentenkaufes, des Wechseldiskonts und der verschieden­ sten andern mVerträge (angesichtsm vor allem dessen, daß die oben erwähnte Verfügung der Congregatio S. Officii anläßlich einer Stadtanleihe erging)6 nicht (S.  24) behaupten,n

u  (S.  196) –u Fehlt in A.   a–a A: breitester  b–b A1: in diesem > im letzten c A1: Dekret > Instruktion  d  Doppelpunkt fehlt in A1.  e  In A1 folgt: 〈sich die Cu〉  f  In A1 folgt: 〈für〉  g  In A1 folgt: 〈damit zu beunruhi〉  h–h A1: er völlig > auch er völlig  i–i A1: Jemand > Denn jemand  k A1: eingehenden  l–l A1: darf (angesichts  m–m A1: Verträge, angesichts  n  In A1 folgt: 〈daß〉   1 Lat. turpitudo, hier: [etwas] „Schimpfliches“, „Schändliches“. Weber bezieht sich auf Thomas von Aquin, Summa theologica II-2, q. 77, art. IV („Ist es im Handel erlaubt, eine Sache teurer zu verkaufen, als man sie gekauft hat?“). Thomas unterscheidet zwischen dem Handel, der um der Bedürfnisse des Lebens willen notwendig ist, und dem eigentlichen Handel. Letzterer habe, weil er der Geldgier diene und keine (Gewinn-)Grenze kenne, etwas Schändliches („[…] quamdam turpitudinem habet […]“). (Thomas hält Gewinn darum nur im Hinblick auf ein notwendiges oder ehrenhaftes Ziel für gerechtfertigt.) Die Stelle in: Thomas von Aquin, Summa theologica, tomus IV; in der Parmenser Ausg., Band 3, 1853; in der (neuen) Römischen Ausg., Band 9, 1897. 2  „Antichrematistisch“, einen rein auf Bereicherung zielenden Gelderwerb ablehnend. 3  Das kirchliche Zinsverbot begründete man im wesentlichen mit Lk 6,34 f. in der Fassung der Vulgata. Dazu auch unten, S.  202, Fn.  52 mit Anm.  28. 4  Die Außerkraftsetzung des kanonischen Zinsverbots durch die Congregatio S. Officii (seit 1908 Bezeichnung für die höchste Behörde der römisch-katholischen Kirche in Glaubens- und Sittenfragen) erfolgte durch eine Reihe von Bescheiden an die Beichtväter und Antworten auf Anfragen von Pönitenten zwischen 1822 und 1838, denen die Absolution verweigert worden war. Vgl. Funk, Franz Xaver, Geschichte des kirchlichen Zinsverbotes. – Tübingen: Heinrich Laupp 1876 (hinfort: Funk, Zinsverbot), S.  68–72 (dort auch die Norm der Bescheide des Heiligen Offiziums – es handelt sich nicht um eine einzige Instruktion –, die Weber im folgenden skizziert). 5  Wie oben, S.  196, Anm.  89. 6  Im Jahr 1740 nahm die Stadt Verona ein großes, mit Zinsen verbundenes Anlehen (Anleihe oder Darlehen) auf. Dagegen erhob sich großer Widerspruch: Laien und Geistliche stritten über die Frage, ob jeder Darlehnszins wucherisch sei oder ab welcher Höhe er es sei. Auf diesen Streit reagierte Papst Benedikt XIV. 1745 mit dem Erlaß der Enzyklika „Vix pervenit“, in der er prinzipiell an der scholastischen Zinsauffassung festhielt, die Gegner der strengen Lehre aber auch nicht zensurierte. (Die Bescheide des Heiligen Offiziums an die Beichtväter ergingen erst im 19. Jahrhundert; vgl. oben, Anm.  4.) Vgl. Funk, Zinsverbot (wie oben, Anm.  4), S.  67 f.; ders., Zur Geschichte des

2.  Der „Geist“ des Kapitalismus

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kommen der katholischen Doktrin gegenüber den Interessen der das Darlehenszinsverbot habe sich onur auf den Notkredito bezogenp,7 es habe den Zweck der „Kapitalerhaltung“ verfolgt, ja es sei qder „kapitalistischenq Unternehmung förderlich“ gewesen (S.  25).8 Die Wahrheit ist, daß die Kirche sich erst ziemlich spät auf das Zinsverbot erneut besann, daß, als dies geschah, die rüblichen rein geschäftli­ chen Kapitalanlageformen nicht festverzinsliche | Darlehenshingabenr,s sondern foe­ A1 32b nus nauticum, commenda, societas maris und das dare ad proficuum de mari (nach der Risikoklasse in der Höhe dera Gewinn- und Verlustanteile tarifierte Darlehen)b waren (und bei dem Charakter des Unternehmerleihzinses sein mußten),9 die alle nicht (oder doch nur nach einzelnen rigorosen Kanonisten) betroffen wurden, daß aber dann, als festverzinsliche Kapitalanlagen sowohl als Diskontierungen möglich und üblich wur­ den, diesen c(auch später)c drecht fühlbared Schwierigkeiten von seiten des Zinsverbo­ tes erwuchsen: Schwierigkeiten, welche zu allerhand scharfen Maßregeln der Kauf­ mannsgilden (schwarze Listen!e)10 führten, daß aber dabeif die Behandlung des Zinsverbots durch die Kanonisteng normalerweise rein juristisch-formal war, jedenfalls ohne alle und jede von K[eller] ihnen unterstellte | „kapitalschützende“ Tendenz,11 BR, C 58 daß endlichh, soweit sich iüberhaupt einmali Stellungnahmen zum Kapitalismus als sol­ chem feststellen lassen, einerseits traditionalistische, meist mehr dumpf empfundene, Abneigung gegen die um sich greifende unpersönliche, daher der Ethisierung schwer zugängliche, Macht des Kapitals (wie sie ja noch Luthers Äußerung über die Fugger und über das Geldgeschäftk widerspiegeltl),12 andererseits die Notwendigkeit der Ak­ kommodation bestimmend einwirktem. – Doch das gehört nicht hierher, denn, wie

o–o A1: „nur auf den Notcredit“  p  In A1 folgt: 〈(!)〉  q–q A1: „der kapitalisti­ schen  r–r A1: übliche rein geschäftliche Kapitalanlage, ferner nicht festverzinsliche Darlehenshingabe  s  In A1 geht der Hinweis Max Webers voraus: 32b / (Forts. von 32a)  a  In A1 folgt: 〈Zinsen und〉  b  In A1 folgt: 〈mit〉  c–c A1: oft  d–d A1: größte > recht fühlbare  e  In A1 folgt: s. später  f  Fehlt in A1.  g  In A1 folgt: 〈den fast durchweg〉  h A1: aber > endlich  i–i A1: allgemei > überhaupt einmal k A1: Wechselgeschäft  l A1: widerspiegelt BR: widerspiegeln C: wiederspiegeln   m A1: einwirkten   Wucherstreites. [Sonderdruck aus] Festgabe für Albert Schäffle zur 70. Wiederkehr seines Geburtstags. – Tübingen: H. Laupp’sche Buchhandlung 1901, S.  4–14. 7  So Keller, Unternehmung und Mehrwert, S.  24. 8  Keller, ebd., S.  25: „Weit entfernt, eine antikapitalistische Tendenz zu haben, wirkte das Zinsverbot kapitalerhaltend “ (weil es den „Raubbau am Kapital eines Landes“ verhindert habe und der kapitalistischen Unternehmung in Landwirtschaft und Handwerk „förderlich“ gewesen sei). Das zweite Zitat ebd. 9  Die Darlehnsformen foenus nauticum (Seedarlehn: der Geldgeber trägt die Gefahr des Untergangs, wofür er erhöhte Zinsen nehmen darf), commenda (vgl. im Glossar: Kommenda, unten, S.  611), societas maris (eine auf den Seehandel abgestellte Gesellschaftsform) und dare ad proficuum de mari (nach Weber ein Spezialfall der Kommenda mit Bezügen zum Seedarlehn) behandelt Weber in seiner Dissertation; vgl. ders., Handelsgesellschaften, MWG I/1, speziell S.  551, 555 f., 563 und 267–269. 10  Vgl. dazu unten, S.  204 f., Fn.  53 mit Anm.  38. 11  Bei Keller: „kapitalerhaltend “, vgl. oben, Anm.  8. 12  Von Weber zitiert unten, S.  234, Fn.  64.

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. I.

mit der Kirche politisch so eng liierten Geldmächte der italieni­ gesagt:n 13 das Zinsverbot und sein Schicksal haben für uns höchstens symptomatische Bedeutung und auch diese nur begrenzt.  Dieo Wirtschaftsethik der scotistischenp und besonders gewisser quattrocentistischer mendikantischer Theologen, vor allem des Bernhardin von Siena und Antonin von Florenz:q spezifisch rational asketisch gerichteter Mönchsschriftsteller also,r verdient unzweifelhaft ein besonderes Blatt und kann in unserems Zusammenhang nicht neben­ her erledigt werden. Ich müßte sonst hier in einer Antikritik das vorwegnehmen, was ich erst bei der Darstellung der katholischen Wirtschaftsethik in ihrer positiven Bezie­ hung zum Kapitalismus zu sagen habe.14 Diese Schriftsteller bemühen sich – und sind darin Vorläufer manchert Jesuiten –[,] den Unternehmergewinn des Kaufmanns als Entgelt für dessen „industria“ ethisch als erlaubt (mehr kann auch K[eller] selbstver­ ständlich nicht behaupten) zu rechtfertigen.u 15   Der Begriff und die Schätzung der „industria“v ist selbstverständlich letztlich der Mönchsaskese entnommenw, xwohl auch derx nach eigenery, dem Gianozzo in den Mund gelegter, Angabe, aus dem priesterlichen in dena Sprachgebrauch Albertis über­ nommene Begriff der bmasserizia.16 Über die Mönchsethikb als Vorläuferin der inner­ weltlich asketischen Denominationen des Protestantismus cist eingehender erst später zu redenc 17 (in der Antike finden sich bei den Kynikern,18 auf späthellenistischen

n A1, BR: gesagt,  o  In A1 geht voraus: 〈〈Ganz〉 Anders 〈liegt〉 steht es〉  p A1: pietistischen > scotistischen  q A1: Florenz,  r In A1 folgt: 〈(Antonin’s 〈Bezie­ hungen〉 Verhältnis zu Savonarola 〈sind〉 ist [?]〉  s A1: diesem > unserem  t A1: der > mancher  u  In A1 folgt ein gestrichenes Einschubzeichen.   v A1: industria 〈, weiterhin auch der wohl auch der〉  w In A1 folgt: 〈(Antonin hatte Berührung mit Savona­rola)〉  x–x A1: 〈weiterhin,〉  y  In A1 folgt: 〈Angabe〉  a  In A1 folgt: 〈eigenen〉  b–b A1: masserizia, über deren [das Bezugswort ist: Mönchsaskese, Ed.] Rolle  c–c A1: eingehender […] zu reden ist   13  Siehe in dieser Fn. oben, S.  197–199, auch schon oben, S.  141, Fn.  17. 14 Vermutlich für die Ausführungen zum Mittelalter geplant, die Max Weber nicht mehr verfaßte, vgl. dazu die Einleitung, oben, S.  49–51. 15  Dazu oben, S.  167, Fn.  51 mit Anm.  88. 16  Dasselbe sagt Weber ebd. 17  Siehe unten, S.  324–335. 18  „[N]ur im Kynismus und in dem hellenistisch-orientalischen Kleinbürgertum“ fänden sich „leise Ansätze“ zu einer „ethische[n] Verklärung der Erwerbsarbeit“, notiert schon Weber, Agrarverhältnisse3, MWG I/6, S.  359. Im Kynismus galt „mühevolle Arbeit als Mittel zur Tugend“ (vgl. ebd., Anm.  39). Dieser und der folgende Hinweis (mit der folgenden Anm.) bereits in: Weber, Antikritisches Schlußwort, MWG I/9, S.  713, Fn.  18 mit Anm.  90 und 91.

2.  Der „Geist“ des Kapitalismus

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Grabschriften19 und – aus ganz andern Bedingungen heraus – in Ägypten20 Ansätze ähnlicher Konzeptionen). Was vollkommen fehlt (ebenso wie bei Alberti),d 21 ist gerade das für uns Entscheidende:e die, wie wir später sehen werden,22 für den fasketischen Protestantismusf charakteristische Konzeption der Bewährung des eigenen Heils, der certitudo salutis, im Beruf: die gpsychischen Prämien also, welche diese Religiosität auf die „industria“ setzte und welche dem Katholizismus notwendig fehlen mußteng, da seine Heilsmittel eben andere waren. Es handelth sich bei diesen Schriftstellerni dem Effekte nach um ethische Lehre, nicht um praktische durch Heilsinteressen bedingte individuelle Antriebe, und überdies um Akkommodation (wie sehr leicht zu sehen ist), nicht, wie bei der innerweltlichen Askese, um Argumentationenj aus zentralen reli­ giösen Positionen heraus. (Antonin und Bernhardin haben übrigens schon längst bes­ sere Bearbeitungen erfahren als durch F[ranz] Keller.)23 Und selbst diese Akkommo­ dationenk blieben bis in die Gegenwart hinein bestritten. Trotzdem ist die Bedeutung dieser mönchischenl ethischen Konzeptionen symptomatisch keineswegs gleich Null zu schätzen. Die wirklichen „Ansätze“ aber einer in den modernen Berufsbegriff einmün­ denden religiösen Ethik lagen bei den Sekten und bei der Heterodoxie, vor allem bei Wyclif m, wenn auch allerdings dessen Bedeutung von Brodnitz (Engl[ische] Wirt­ schaftsgeschichte), der meint:n sein Einfluß habe so stark gewirkt, daß der Puritanismus nichts mehr zu tun gefunden habe,24 odoch sehr starko überschätzt ist. Auf all das kann (und soll) hierp nicht eingegangen werden. Denn hier kann nicht nebenher auseinan­ dergesetzt werden, daß und inwiefern die christliche Ethik des Mittelalters tatsächlich bereitsq mit an der Schaffung der Vorbedingungen kapitalistischen Geistes gearbeitet hat.k | d  In A1 folgt: 〈– und dabei〉  e  In A1 folgt: 〈– ist〉  f–f A1: Puritanismus > asketi­ schen Protestantismus  g–g A1: psychische Prämie […] mußte BR: psychischen Prämien […] mußte  h A1: handelte  i  In A1 folgt: 〈also〉  j A1: Argumenta­ tion  k A1: Argumentationen > Akkomodationen  l In A1 folgt: 〈außerwelt〉   m A1: Wiclyf  n A1: meint,  o–o A1: ganz gewaltig > doch sehr stark  p  In A1 folgt: noch  q  Fehlt in A1.  k  (S.  195) –k  Fehlt in A.   19  Belege bei Deissmann, Adolf, Licht vom Osten. Das Neue Testament und die neuentdeckten Texte der hellenistisch-römischen Welt. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1908, S.  227 f. Weber, der sich bei Deissmann für das Buchgeschenk bedankt, schreibt am 4. Mai 1908 an den Kollegen zu dieser Stelle: „[…] zu dem S.  227 Gesagten hätte ich mancherlei zu bemerken, was hier zu weit führte.“ Wiedergabe des Briefes: Nottmeier, Christian, Ein unbekannter Brief Max Webers an Adolf Deißmann, in: Mitteilungen der Ernst-Troeltsch-Gesellschaft XIII. – Augsburg: o.V. 2000, S.  91–131, Zitat S.  130 (MWG II/11). 20  Die sich durch starke Pflichttreue und Pünktlichkeit auszeichnende Berufsethik in Ägypten skizziert Weber, Antikes Judentum MWG I/21, S.  591–593. 21  Gemeint ist: Alberti, Della famiglia. 22  Siehe unten, S.  295–339. 23  Weber zitiert keine Sekundärliteratur zu Antonin und Bernhardin. Deshalb muß offenbleiben, an welche Bearbeiter er im besonderen denkt. 24  Brodnitz, Englische Wirtschaftsgeschichte, sieht in Wyclif und seinen Anhängern, den Lollarden, die Vorläufer der Puritaner (vgl. ebd., S.  302–310). Durch ihre „sektenmäßige Abgeschlossenheit und ihre strenge Lebensanschauung“ seien sie „notwendig“ wirtschaftlich vorangekommen (ebd., S.  307). Brodnitz hält deshalb den späteren Calvinismus nicht für den „Ausgangspunkt“ der dem Kapitalismus „Schwungkraft“

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. I.

schen Städte52) r. Und auch wo die Doktrin noch mehr sich akkom­ modierte, wie namentlichs etwa bei Antonin von Florenz,t 25 schwand doch die Empfindung niemals ganz, daß es sich bei der auf Erwerb als Selbstzweck gerichteten Tätigkeit im Grunde um ein pudendum26 handle, welches nur die einmal vorhandenen Ordnun­ gen des Lebens zu tolerieren nötigten. u vEinzelne damalige Ethi­ ker vor allem der nominalistischen Schule27 nahmenv die entwic­ w 52)  xDie Wortex „μηδὲν ἀπελπίζοντες“ y(Luk. 6, 35) und diey Übersetzung der Vul­ A, A1 32, BR, C 59 gata „nihil inde sperantes“ sind vermutlich (nach A[dalbert] Merx) aus μηδένα ἀπελπίζοντες (= neminem desperantesz) entstellt,28 gebotena also das Darlehenb an jeden, auch den armen, Bruder, ohne überhaupt von Zins zu reden. Dem Satz Deo placere vix potest29, wird jetzt arianischer Ursprung nachgesagt30 c(was sachlich für uns gleichgültig ist)c.w |

r  Index fehlt in A und an dieser Stelle in A1, BR.  s  Fehlt in A.   t  In A1, BR folgt 203) Fehlt in A.   v–v A1: Man nahm > Einzelne Index (für Fn.   52).   u–u (S.   〈katholische〉 damalige […] nahmen  w–w  Fehlt in A.   x–x A1: Der Satz > Die Worte  y–y A1, BR: und die daran anknüpfende    z B: desperantes    a A1: ge­ bieten  b  In A1 folgt: 〈auch bei〉  c–c  Fehlt in A1.   verleihenden Geistesbewegung, sondern für einen ihrer „markanten Höhepunkte“ (ebd., S.  283, ähnlich S.  309). Der Calvinismus oder Puritanismus wird mit seiner Bedeutung für das Wirtschaftsleben Englands darum nicht mehr eigens thematisiert. 25  Antonin hielt am kirchlichen Zinsverbot (vgl. das Glossar, unten, S.  622) fest, erkannte aber bereits, daß Geld im Zusammenhang mit wirtschaftlicher Arbeit auch produktiv sein könne. Vgl. auch unten, S.  238, Anm.  57. 26  Lat., „etwas, dessen man sich schämen sollte“. 27  Weber dürfte die von Keller, Unternehmung und Mehrwert, S.  60–68, beigebrachten Zitate zur „industria“, v. a. aus den Werken der franziskanischen Moralphilosophen Antonin von Florenz und Bernhardin von Siena im Anschluß an Äußerungen von Johannes Duns Scotus, im Blick haben. Weber rechnet sie hier der spätmittelalterlichen nominalistischen Schule zu. 28  Der Heidelberger Alttestamentler Adalbert Merx weist darauf hin, daß „nihil inde sperantes“ („indem ihr davon keinen Gewinn (Zins) erhofft“) auf einem Textverderbnis beruht (griech. me¯dén apelpízontes, „an Nichts verzweifelnd“, lat. „nihil desperantes“, woraus „nihil inde sperantes“ wurde). Er zeichnet die Geschichte dieses Verderbnisses detailliert nach. Aufgrund seiner Erkenntnis formuliert er Lk 6,35 so: „Vielmehr aber liebet eure Feinde und thut ihnen wohl und leihet, und schneidet nicht ab die Hoffnung eines Menschen [. . .]“ (griech. me¯déna apelpízontes). Vgl. Merx, Adalbert, Die vier kanonischen Evangelien nach ihrem ältesten bekannten Texte […], 2. Teil, 2. Hälfte. – Berlin: Georg Reimer 1905, S.  223–226; Übersetzung in: dass. 1. Theil, ebd., 1897, S.  120. 29  Wie oben, S.  196 mit Anm.  88. 30  Z. B. von Rottmanner, P. Odiolo O.S.B., Ueber unrichtige patristische Zitate, in: Historisches Jahrbuch. Im Auftrag der Görres-Gesellschaft […] hg. von Joseph Weiß, 23.  Band, 1. Heft. – München: Herder & Co. 1902, S.  1–6. Rottmanner beanstandet an Lujo Brentanos Rektoratsrede von 1901 (vgl. Brentano, Lujo, Ethik und Volkswirtschaft

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keltend Ansätze kapitalistischer Geschäftsformen als gegeben hin, unde suchten sie als statthaft,f vor allem den Handel als nötig, die darin entwickelte „industria“g als legitime Gewinnquelle und ethisch unanstößig zu erweisen: – nicht ohne Widerspruch, – aber den „Geist“ desh kapitalistischen Erwerbes lehnte die herrschende Lehre als turpitudo ab oder konnte ihn mindestens nicht positiv ethisch werten.o Eine „sittliche“ Anschauung wie die Benjamin Franklins wäre einfach undenkbar gewesen. Dies war vor allem die Auffassung der beteiligten kapitalistischeni Kreise selbst: ihre Lebensarbeit war, kwenn sie auf dem Boden derl kirchlichen Tradi­ tion standen,k günstigenfalls, etwas sittlich Indifferentes, Tolerier­ tes, aber immerhin schon wegen der steten Gefahr, mit dem kirch­ lichen Wucherverbot zu kollidieren, für die Seligkeit Bedenkliches: ganz erhebliche Summen flossen, wie die Quellen zeigen, beim Tode reicher Leute als „Gewissensgelder“ an kirchliche Institute, unter Umständen auch zurück an frühere Schuldner als zu Unrecht ihnen abgenommene „usura“.31 mAnders standen – neben häreti­ d A1: vorhandenen > entwickelten  e A1: 〈und〉  f  In A1 folgt: 〈ja und〉  g A1: industria  h  In A1 folgt: 〈modernen Erwer〉  u (S.  202) –u  Fehlt in A.   i  Fehlt in A.  k–k  Fehlt in A.   l  In A1 folgt: 〈Kirche stan[?]〉  m–m (S.  204)  Fehlt in A.   in der Geschichte. Rede beim Antritt des Rektorats der Ludwig-Maximilians-Universität gehalten am 23. Nov. 1901. – München: Kgl. Hof- und Universitäts-Buchdruckerei C. Wolf & Sohn 1901), daß er das kirchliche Zinsverbot nach dem Decretum Gratiani zitiere und deshalb auf Chrysostomos zurückführe (vgl. Brentano, ebd., S.  6 f. mit Anm.  6), während die neueste Forschung zeige, daß das den Satz enthaltende Werk von einem (unbekannten) Arianer verfaßt und erst später Chrysostomos zugeschrieben worden sei (vgl. Rottmanner, ebd., S.  2). – Von einem „arianischen Verfasser“ spricht (daraufhin?) auch Funk, Franz Xaver, Über Reichtum und Handel im christlichen Altertum, in: Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland, 130.  Band, 12. Heft. – München: In Commission der literarisch-artistischen Anstalt 1902, S.  888–899, hier S.  888 u. ö. – Keller, Unternehmung und Mehrwert, S.  75, verweist zu dem „Arianer“ auf Bardenhewer, Otto, Patrologie, 2., bearb. Aufl. – Freiburg i. Br.: Herdersche Verlagsbuchhandlung 1901, S.  296. 31  usura (lat.), „Zins“, vgl. auch das Glossar, unten, S.  620. – Weber hatte sich für seine Dissertation mit verschiedenen italienischen Zunftstatuten beschäftigt (darunter auch die Statuten der „Arte di Calimala“, vgl. unten, S.   204 f. mit Fn.  53). Die Statuten bezogen „fast alle“ zum kirchlichen Wucherverbot „Stellung“, weil sie mit ihm kollidierten; vgl. Weber, Handelsgesellschaften, MWG I/1, S.  269–272, Zitat S.  272. – Kirchlicherseits war seit 1139 und 1179 vorgesehen, daß Wucherer exkommuniziert wurden und kein christliches Begräbnis erhielten, es sei denn, sie hatten vor ihrem Tod Ersatz geleistet oder diesen sichergestellt (dies bezog sich allerdings auf die gewerbsmäßige Wucherei, nicht auf jeden Einzelfall). Vgl. Funk, Zins und Wucher (wie oben, S.  197, Anm.  95), S.  261; Endemann, W[ilhelm], Die nationalökonomischen Grundsätze der

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schen odern als bedenklich angesehenen Richtungen – nur die innerlich ovon der Traditiono schon losgelösten ppatrizischen Kreisep.m qAber auchq skeptische und unkirchliche Naturen pflegten,r weil es zur Versicherung gegen die Ungewißheiten des Zustandes nach dem Tode immerhin | besser so war und weil ja (wenigstens nach der sehr verbreiteten laxeren Auffassung) die äußere Unterwerfung unter die Gebote der | Kirche zur Seligkeit genügte, sich durchs Pauschsummen mit ihr für alle Fälle abzufin­ den53). Gerade hierin tritt das entwedert Außersittliche aoder gera­ dezua Widersittliche, welches nach der eigenen Auffassung der Beteiligten ihrem Tun anhaftete, deutlich zutage. Wie ist nun aus die­ sem, im günstigen Fall, sittlich tolerierten Gebaren ein „Beruf“ im Sinne Benjamin Franklins geworden? Wie ist es historisch erklär­

53)  Wie man sich dabei mit dem Wucherverbot abfand, lehrt z. B. Buch I c. 65 des A, A1 33, BR, C 60 Statuts der Arte di Calimala (mir liegt augenblicklich nur die italienische Redaktion bei Emiliani-Giudici, Stor[ia] dei Com[uni] Ital[iani] Bd. III S.  246 vor):32 Procurino i consoli con quelli frati,b che parrà loro, che perdono si faccia e come fare si possa il meglio per l’amore di ciascuno, del dono, merito o guiderdono,33 ovvero34 interesse per l’anno presente e secondo che altra volta fatto fue. Also eine Art Beschaffung des Ablasses von seiten der Zunft für ihre Mitglieder von cAmts wegenc und im Submissi­ onswege. Höchst charakteristisch für den außersittlichen Charakter des Kapitalge­ winns sind auch die weiter folgenden Anweisungen, ebenso z. B. das unmittelbar vor­ hergehende Gebot (c. 63), alle Zinsen und Profite als „Geschenk“ zu buchen.35 Den heutigen schwarzen Listen der Börse gegen solche, die den Differenzeinwand erhe-

n In A1 folgt: 〈doch bede[?]〉  o–o A1: vom Kirchent[?] > von der Tradition p–p A1: Schichten > patrizischen Kreise  m (S.    203) –m Fehlt in A.   q–q A: Auch  r  In A1 folgt: 〈aber,〉  s  In A folgt: solche  t  Fehlt in A.   a–a A: und teilweise  b  Komma fehlt in A, A1.  c–c  A, A1, BR: Amtswegen   canonistischen Lehre, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 1.  Band, 1863, S.  26–48 u. ö., hier S.  32–34. 32  Statuto dell’Arte di Calimala, liber I, c. 65 („Di fare l’perdono dell’usure“), in: Emiliani-Giudici, Storia III, S.  246 f. Bei der „Arte di Calimala“ handelt es sich um die Florentiner Zunft der Tuchkaufleute. Ihre Statuten stammen in der vorliegenden Fassung aus dem Jahr 1331. Der von der Zunft alljährlich pauschal besorgte Ablaß diente dazu, für die Mitglieder die kirchliche Absolution bei Wuchersünden zu erwirken, die während ihrer Geschäfte entstanden waren. – Weber, der in seiner Dissertation intensiv die Statuten der Arte di Calimala herangezogen hatte, kommt darin allerdings auf den hier thematisierten Zusammenhang nicht zu sprechen (vgl. Weber, Handelsgesellschaften, S.  608). 33  Bei Emiliani-Giudici, Storia III: „guiderdone“ (gebräuchlich auch: guiderdono). 34  Bei Emiliani-Giudici, ebd.: „overo“ (im Italienischen allerdings bevorzugt: „ovvero“). 35  Statuto dell’Arte di Calimala, liber I, c. 63 („Di scrivere per dono quello che si dà per merito“), in: Emiliani-Giudici, Storia III, S.  246.

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lich, daß im Zentrum der kapitalistischend Entwicklung der dama­ ligem Welt, in Florenz im 14. und 15. Jahrhundert, dem Geld- und Kapitalmarkt aller politischen Großmächte, als sittlich bedenklich eoder allenfalls tolerabele galt, was in den hinterwäldlerisch-klein­ bürgerlichen Verhältnissen von Pennsylvanien im 18. Jahrhundert, wo die Wirtschaft aus purem Geldmangel stets in Naturaltausch zu kollabieren drohte,36 von größeren gewerblichen Unternehmun­ gen kaum eine Spur, von Banken nur die erstenf Anfänge zu bemerken waren, als Inhalt einer sittlich löblichen, ja gebotenen Lebensführung gelten konnte? – Hierg von einer „Wiederspiege­ lung“ der „materiellen“ Verhältnisse in dem „ideellen Überbau“ reden zu wollen,37 wäre ja barer Unsinn. – Welchem Gedanken­ kreise entstammteh also die Einordnung einer äußerlich rein auf Gewinni gerichteten Tätigkeit unter die Kategorie des „Berufs“, demgegenüberj sich der einzelne verpflichtet fühltek? Denn dieser Gedanke lwar esl, welcher der Lebensführung des Unternehmers „neuen Stils“ den ethischen Unterbau und Halt gewährtem. Man hat – so namentlich Sombart in oftn glücklichen und wir­ kungsvollen Ausführungen – als das Grundmotiv der modernen | Wirtschaft überhaupt den „ökonomischen Rationalismus“ bezeich­ net. Mit unzweifelhaftem Recht, wenn darunter jene Ausweitung ben,38 entsprach oft der Verruf gegen solche, die das geistliche Gericht mit der exceptio usurariae pravitatis39 angingen. |

d A, A1: „kapitalistischen“  e–e Fehlt in A.   f A: vorsintflutlichen  g In A nicht hervorgehoben.   h  A, A1, BR: entstammt  i BR, C: Gewinn  j  A, A1, BR: dem gegenüber  k  A, A1, BR: fühlt  l–l A: ist es ja auch hier  m A: gewährt   n A: höchst   36 Vgl. Sharpless, Quaker Experiment I, p.   105 f. (Sharpless wird unten, S.   472, Fn.  372, genannt); dazu auch Franklin, Sein Leben, S.  244–246. 37  Vgl. dazu oben, S.    162 f. 38  Ein Differenzeinwand konnte bei Termingeschäften vor Gericht erhoben werden, bei denen eine Effektiverfüllung – d. h. eine Bezahlung mit effektiven (wirklich vorhandenen) Waren oder Wertpapieren – von vornherein ausgeschlossen wurde, die vielmehr auf die Zahlung der Differenz zwischen dem Kurs zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und dem Kurs am Erfüllungstermin zielten. Diejenigen, die einen solchen Einwand erhoben, kamen zeitweise auf schwarze Listen der Börse. Vgl. Weber, Die Ergebnisse der deutschen Börsenenquete, in: MWG I/5, S.  175–550, hier S.  507 mit Anm.  14. 39  exceptio usurariae pravitatis (lat.), Einrede (Einwand) gegen unerlaubte, strafbare Zinsnahme nach dem kirchlichen Wucherverbot.

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der Produktivität der Arbeit verstanden wird, welche | durch die Gliederung des Produktionsprozesses unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten dessen Gebundenheit an die natürlich gegebe­ nen „organischen“ Schranken der menschlichen Person beseitigt hat.40 Dieser Rationalisierungsprozeß auf dem Gebiete der Tech­ nik und Ökonomik bedingt nun unzweifelhaft auch einen wichti­ gen Teil der „Lebensideale“ der modernen bürgerlichen Gesell­ schaft: die Arbeit im Dienste einer rationaleno Gestaltung der materiellen Güterversorgung der Menschheit hat den Vertretern des „kapitalistischen Geistes“ zweifellos immer auch als einer der richtungweisenden Zwecke ihrer Lebensarbeit vorgeschwebt.41 Man braucht z. B. Franklins Schilderung seiner Bestrebungen im Dienst der kommunalen improvements von Philadelphia nur zu lesen,42 um diese sehr selbstverständliche Wahrheit mit Händen zu greifen. Und die Freude und der Stolz, zahlreichen Menschen „Arbeit gegeben“, mitgeschaffen zu haben am ökonomischen „Aufblühen“ der Heimatstadtp in jenem, an Volks- und Handels­ zahlen orientierten, Sinn des Worts, den der Kapitalismus nun ein­ mal damit verbindet, – dies alles gehört selbstverständlich zu der spezifischen und unzweifelhaft „idealistisch“ gemeinten Lebens­ freude des modernen Unternehmertums. Und ebenso ist es natür­ lich eine der fundamentalen Eigenschaften der kapitalistischen o A: rationalen  p  A, A1, BR, C: Heimatsstadt   40  Sombart, Der moderne Kapitalismus I, S.  391–397, trägt die Kapitelüberschrift „Die Ausbildung des ökonomischen Rationalismus“. Als Voraussetzung des ökonomischen Rationalismus gilt Sombart die doppelte Buchführung. „Die moderne Buchführung ist so eingerichtet, daß sie nach inneren wissenschaftlichen Regeln unabhängig von dem Belieben und Können des einzelnen Wirtschaftssubjekts dem Laufe des Wirtschaftslebens ganz bestimmte, objektive Normen setzt“ (S.  394). 41  Vgl. Sombart, ebd., S.  397: „Wir beobachten nämlich, wie langsam sich das Verhältnis von Mittel und Zweck wieder umkehrt. Es war das Novum gewesen, die wirtschaftliche Thätigkeit als Mittel zum Zwecke des Erwerbes anzusehen. Langsam vollzieht sich nun abermals eine Wandlung des Inhalts, daß der neue Zweck seine fascinierende Wirkung einbüßt und die wirtschaftliche Thätigkeit selbst wieder als Zweck erscheint. Aber nun in der neugeprägten Form: als Kalkulation, Spekulation, als Geschäft.“ 42  Franklin richtete in Philadelphia nicht nur die erste öffentliche Leihbibliothek ein (vgl. oben, S.  158, Fn.  31 mit Anm.  44), sondern verbesserte die Stadtwache, gründete einen Feuerlöschverein, eine Akademie (die spätere Universität), unterstützte die Einrichtung eines öffentlichen Hospitals und anderes mehr. Vgl. Franklin, Sein Leben, S.  331–335, 366–371, 376 f. u. ö.

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Privatwirtschaft, daß sie auf der Basis streng rechnerischen Kalküls rationalisiert,q planvoll und nüchtern auf den erstrebten wirt­ schaftlichen Erfolg ausgerichtet ist, im Gegensatz zu dem rvon der Hand in den Mund Lebenr des Bauern,s dem privilegierten Schlendrian des altent Zunfthandwerkers uund dem „Abenteuer­ kapitalismus“,43 der an politischer Chance und irrationaler Speku­ lation orientiert waru. Es scheint also, als sei die Entwicklung des „kapitalistischen Gei­ stes“ am einfachsten als Teilerscheinung in der Gesamtentwicklung des Rationalismus zu verstehen und müsse aus dessen prinzipieller Stellung zu den letzten Lebensproblemen ableitbar sein. Dabei käme also der Protestantismus nur insoweit historisch in Betracht, als er etwa als „Vorfrucht“ rein rationalistischer Lebensanschauun­ gen eine Rolle gespielt hätte. Allein sobald man ernstlich den Ver­ such macht, zeigt sich, daß eine so einfache Problemstellung schon um deswillen nicht angeht, weil die Geschichte des Rationalismus keineswegs eine auf den einzelnen Lebensgebieten parallel fort­ schreitende Entwicklung zeigt. Die Rationalisierung | des Privat­ rechts z. B. ist, wenn man | sie als begrifflichea Vereinfachung und Gliederung des Rechtsstoffes auffaßt, in ihrer bisher höchsten Form im römischen Recht des späteren Altertums erreicht, sie bliebb am rückständigsten in einigen der ökonomisch am meisten rationalisierten Länder, speziell in England, wo die Renaissance des römischen Rechts seinerzeit an der Macht der großen Juristen­ zünfte scheiterte,44 während seine Herrschaft in den katholischen Gebieten Südeuropas stets fortbestanden hat. Die rein diesseitige rationale Philosophie hat im 18. Jahrhundert ihre Stätte durchaus nicht allein oder auch nur vorzugsweise in den kapitalistisch höchst q  In A folgt: – wie Sombart sich ausdrückt: „rechenhaft“ gestaltet, –  r–r Lies: Vonder-Hand-in-den-Mund-Leben  s  A, A1: Bauern und  t  Fehlt in A.   u–u Fehlt in A, A1.  a A: begriffliche  b  A, A1: ist 43  Zu „Abenteuerkapitalismus“ vgl. Weber, Vorbemerkung, oben, S.  109 f., Anm.  29, und S.  111 f., Fn.  2. 44 Englands Common law besteht nicht aus gesatztem Recht wie das römische Recht, sondern aus richterlichen Entscheidungen (Präjudizien). Es wurde im 16. Jahrhundert von den vier großen, in London ansässigen Anwaltsinnungen entwickelt (inns of court), die es lehrten und in den Gerichtshöfen praktisch anwandten. Es behauptete sich erfolgreich gegen das mit Wiedererwachen des klassischen Altertums an den Universitäten gelehrte römische Recht.

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entwickelten Ländern gefunden. Der Voltairianismus45 ist noch heute Gemeingut breiter oberer und – was praktisch wichtiger ist – mittlerer Schichten gerade in den romanisch-katholischen Län­ dern. Versteht man vollends unter c„praktischem Rationalismus“c jene Art Lebensführung, welche die Welt bewußt auf die diesseiti­ gen Interessen des einzelnen Ich bezieht und von hier aus beurteilt, so war und ist noch heute dieser Lebensstil erst recht typisched Eigenart der Völker des „liberum arbitrium“, wie es dem Italiener und Franzosen in Fleisch und Blut steckt; und wir konnten uns bereits überzeugen,46 daß dies keineswegs der Boden ist, auf wel­ chem jene Beziehung des Menschen auf seinen „Beruf“ als Auf­ gabe, wie sie der Kapitalismus braucht, vorzugsweise egediehen iste. Man kann eben f– dieser einfache Satz, der oft vergessen wird, sollte an der Spitze jeder Studie stehen, die sich mit „Rationalis­ mus“ befaßt –f das Leben unter höchst verschiedenen letzten Gesichtspunkten und nach sehr verschiedenen Richtungen hin g„rationalisieren“. Derg „Rationalismus“ ist ein historischer Begriff, der eine Welt von Gegensätzen in sich schließt, und wir werden gerade zu untersuchen haben, wes Geistes Kind diejenigeh kon­ krete Form „rationalen“ Denkens und Lebens war, aus welcher jener „Berufs“-Gedanke und jenes, – wie wir sahen,47 vom Stand­ punkt der rein eudämonistischen Eigeninteressen aus so irratio­ nalei – Sichhingeben an die Berufsarbeit erwachsen ist, welches einer der charakteristischsten Bestandteile unserer kapitalistischen Kultur war und noch immer ist. Uns interessiert hier gerade die Herkunft jenes irrationalen Elements, welches in diesem wie in jedem „Berufs“-Begriff liegt. |

c–c A: praktischem „Rationalismus“    d A, A1: „typische“    e–e A: gedeiht   f–f  Fehlt in A.   g–g A: „rationalisieren“, der  h A: diejenige  i A: irrationale  In A1, BR folgt Komma. 45 Bezeichnung einer nach Voltaire benannten Richtung. Voltaire gilt als einer der einflußreichsten französischen Vertreter der europäischen Aufklärung und in vorrevolutionärer Zeit als Vorkämpfer für Vernunft, Menschenwürde und Toleranz. 46  Dazu oben, S.  163–174. 47  Siehe oben, S.  159 und  192.

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3.  Luthers Berufskonzeption. Aufgabe der Untersuchung

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Nun ist unverkennbar, daß schon in dem deutschen Worte „Beruf“[,] ebenso wie in vielleicht noch deutlicherer Weise in dem englischen „calling“, eine religiöse Vorstellung:a – die einer von | Gottb gestell­ ten Aufgabe – wenigstens mitklingt und, je nachdrücklicher wir auf das Wort im konkreten Fall den Ton legen, desto fühlbarer wird. Und verfolgen wir nun das Wort geschichtlich und durch die Kul­ tursprachen hindurch, so zeigt sich zunächst, daß die cvorwiegend katholischenc Völker für das, was wir „Beruf“ (im Sinne von Lebensstellung, umgrenztes Arbeitsgebiet) nennen, einen Aus­ druck ähnlicher Färbung ebensowenig kennen wie das klassische Altertum54), während es bei | allen vorwiegendd protestantischen

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54) e  fVon den antiken Sprachen hat nur gdie hebräischeg hAusdrücke ähnlicher Fär­ A, A 36, 1 bung. Zunächst in dem Wort ‫ְמָלאכָה‬:h 1 Esi wird gebraucht für priesterliche Funktionen BR, C 63 (Ex. 35, 21;k Neh. 11, 22; 1 Chr. 9, 13;l 23, 4; 26, 30)[,] für Geschäfte im Dienst des Königs A1 36a (insbesondrem 1 Sam. 8, 16, 1 Chr. 4, 23; 29, 6),n Dienst eines königlichen Beamten (Esth. 3, 9; 9, 3), eines Arbeitsaufsehers (2. Reg. 12, 12o), eines Sklaven (Gen. 39, 11), von Feldarbeit (p1. Chr. 27, 26p), von Handwerkern (Ex. 31, 5; q35, 21q;2 1 Reg. 7, 14), rHändlern (Ps. 107, 23)r und für jedes „Berufsarbeit“ in dert zu besprechenden Stelle Sir. 11, 20. Das Wort ist vom Stamm ְ‫ = לאך‬senden, schicken, abgeleitet, bedeutete also uursprünglich „Aufgabe“u.3 Seine Herkunft aus der Fron- und Leiturgie-bürokrati­

a Doppelpunkt fehlt in A, A1.  b A: Gott  c–c A, A1: lateinisch-katholischen d  Fehlt in A, A1.  e  In A1 folgt zunächst der nicht eindeutig zuzuordnende Zusatz: 〈Nur die hebräische Sprache hat in dem Wort ‫ 〉 ְמלָכָה‬Nach der Fußnotenziffer folgt ein Einschubzeichen und der Hinweis Max Webers:╒  bes. Blatt / (36a)!  f–f  (S.  211)  Fehlt in A; in A1 auf einem eingelegten Manuskriptblatt, von Max Weber überschrieben: 36a / Zur Fußnote 1) auf S.  36, Anfang╒  g–g A1: das Hebräische  h–h A1: in dem 〈Ausdruck〉 Wort ‫ ְמָלאכָה‬einen Ausdruck ähnlicher Färbung. > Ausdrücke ähnlicher Fär­ bung [. . .] ‫   ְמָלאכָה‬i A1: Das Wort > Es  k A1: 21〈)〉,  l In A1, BR folgt: 13,30;   m A1, BR: Deut. 8, 27,  n  In A1 folgt: 〈Gott〉  o  In A1, BR folgt: ; 25,5  p–p A1, BR: Ps. 24, 27  q–q A1, BR: 35, 5  r–r  Fehlt in A1, BR.  s  In A1, BR folgt: Art von   t  In A1 folgt: bald  u–u A1: „Sendung“ > ursprünglich „Sendung“ 1  Hebr., Tl. mela¯’ka¯h. Die folgenden Bibelstellen (mit Ausnahme von Sir 11,20) dürften Gesenius, Handwörterbuch16, s. v., 1. „Arbeit“, folgen. Weber nimmt eine eigene Gliederung der speziellen Funktionen vor, in der die „kultischen Beschäftigungen“ (bei Gesenius zuletzt aufgeführt) an die erste Stelle rücken, und wählt nur einige Belegstellen aus. 2  Gemeint ist Ex 35,35. Ex 35,21 richtig bereits oben unter den „priesterlichen Funktionen“; Gesenius, Handwörterbuch16, hat an dieser Stelle: Ex 35,5 (der Begriff kommt dort aber nicht vor, weshalb Max Weber vermutlich Ex 35,21 wiederholt). Korrigiert ist der Fehler erst in der 18.  Aufl. des Handwörterbuchs (= 3. Lfg., 2003) zu Ex 35,35. 3  Hebr., Tl. l’k (vgl. Gesenius, Handwörterbuch16, das Verb kommt im Alten Testament nicht vor); die Bedeutung „Aufgabe“ dürfte Weber eingebracht haben.

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. I.

Völkern existiert. | Esv zeigt sich ferner, daß nicht irgendeine ethnisch bedingte Eigenart der | betreffendenw Sprachen, etwa der schena Begriffswelt bdes ägyptischen und nach ägyptischen Mustern angelegten salo­ monischen Fronstaatesb scheint nach den vorstehenden Zitaten evident. Gedanklich war, wie A[dalbert] Merx mich s. Z. belehrte,4 schon im Altertum dieser Stammbegriff völlig verloren gegangen,c das Wort wurde für jede „Arbeit“ gebraucht und war in der Tat ganz so farblos geworden wie unser „Beruf“, mit dem es auch das Schicksal teilted, primäre von geistlichen Funktionen gebraucht zu werden. Der Ausdruck ‫חׂק‬f = das „Be­ stimmte“, „Zugewiesene“, „Pensum“,5 welcher ebenfalls Sirach 11, 20 vorkommt und dort von der LXX mit „διαθήκη“ übersetzt wird,6 entstammt ebensog der Sprache der hFron-Bürokratie, wieh ‫דְּבַר־יוֹם‬7 (iEx. 5, 13, vgl. Ex. 5, 14, wo die LXX ebenfalls διαθήκη für „Pensum“ hatk.8 Sirach 43, 10 ist es in der LXX mit κρίμα übersetzt)l.9 Es wirdm Sirach 11, 20 offenbar von der Erfüllung von Gottes Geboten gebraucht,10 – also eben­ falls eine Verwandtschaft mit unseremn o„Beruf“. Übero die Sirach-Stelle sei hier auf Smends bekanntesp Buch über Jesus Sirach zu diesen Versen und auf dessen q„Index zur Weisheit des Jesus Sirach“, Berlinq 1907 zu den Worten διαθήκη, ἔργον, πόνος rver­ wiesen.11 (Bekanntlichr war der hebräische Text des Sirach-Buchs verloren, ist saber

v  A, A1: Und es  w  A, A1: germanischen  a A1: Leiturgie-staatlichen > Leiturgiebüro­kratischen  b–b Fehlt in A1.  c In A1 folgt: 〈und〉  d A1: teilt  e A1: speziell > primär  f BR, C: ‫  חק‬g A1: erst recht  h–h A1, BR: Frohn-Bürokratie (wie  i Klammer fehlt in A1, BR.  k A1, BR: hat)  l Klammer fehlt in A1, BR.   m  In A1 folgt: 〈offenbar von〉  n A1: dem > unserem  o–o A1: „Beruf“. Über > „Beruf (Über  p A1: Erläuterungen zu > bekanntes  q–q A1: „Index [. . .] Sirach〈)〉 Berlin BR: „Index [. . .] Sirach, Berlin  r–r A1: verwiesen 〈)〉. Bekanntlich  Klammer fehlt auch in BR.  s–s (S.  211)  A1:  nur bruchstückweise wiedergefunden 4  Die Mitteilung von Adalbert Merx erfolgte vermutlich mündlich. 5 Hebr., Tl. choq; bei den Übersetzungen könnte Weber Gesenius, Handwörterbuch16, s.v., folgen (unter 1. „etw[as] Bestimmtes, Festgesetztes“, auch „Zugemessenes Stück Arbeit, pensum“). 6 Griech., Tl. diathe¯´ke¯; nach Passow, Handwörterbuch5: „Anordnung, Disposition“, „Vergleich, Vertrag“; hier „Bündniss“. Der Hinweis auf die Übersetzung von hebr. choq mit griech. diathe¯´ke¯ entnimmt Weber Smend, Weisheit des Jesus Sirach, S.  108 (zu Sir 11,20); ders., Index, S.  47 (beide Schriften Smends sind von Weber in dieser Fn., unten, zitiert). 7  Hebr., Tl. debar-jo¯m, hier „das Gehörige, Anteil, Pensum“ (vgl. Gesenius, Handwörterbuch16, s.v. da¯bar, 2., e; dort der Hinweis auf Ex 5,13). 8  Ex 5,14: hebr. choq, griech. diathe¯´ke¯. Dies entnimmt Weber Smend, Weisheit des Jesus Sirach, S.  108 (zu Sir 11,20). 9 Sir 43,10: hebr. choq, griech. kríma (eigentl. krı¯´ma); nach Passow, Handwörterbuch5: „1) richterliche Entscheidung, Beschluss, Urtheil, Urtheilsspruch“; „2) Verur­ theilung, Verdammung“; 3) „Entscheidung, Urtheil“. – Der Hinweis auf Sir 43,10 bei Smend, Weisheit des Jesus Sirach, S.  108 (zu Sir 11,20). 10  Nach Smend, Weisheit des Jesus Sirach, S.  108 (zu Sir 11,20): „Gemeint ist entweder das (vorläufige) Schicksal (vgl. zu 14,12) oder wohl eher noch das Arbeitspensum (Ex 5,14, vgl. auch unten zu [Sir, Ed.] 43,10), d. h. die Erfüllung der Gebote Gottes.“ 11 Vgl. Smend, Weisheit des Jesus Sirach, und ders., Index; zu den griechischen Wörtern vgl. ebd., S.  47 f., 101 und S.  197.

3.  Luthers Berufskonzeption. Aufgabe der Untersuchung

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Ausdruck eines „germanischen Volksgeistes“ dabei beteiligt ist, sondern daß das Wort in seinem heutigen Sinn aus den Bibelübervon Schechter wiederentdeckts und z. T. aus talmudischen Zitaten ergänzt.t 12 Luther lag er nicht vor,a und auf seinen Sprachgebrauch haben die beiden hebräischen Begrif­ fe keine Wirkung bgeübt: s.b u. über Spr. Sal. 22, 29).13 –c f | Im Griechischen fehlt eine [A, A1 36] dem deutschen Wort in der ethischen Färbung entsprechende Bezeichnung überhaupt. Wo Luther unserem heutigen Sprachgebrauch schon ganz entsprechend (s. u.)14 bei Jesus Sirach 11, 20 u. 21: „bleibe in deinem Beruf“ übersetzt, hat die LXX das eine Mal: ἔργον, das andere Mal din einer allerdings, scheint es, völlig verderbten Stelle (im he­ bräischen Original ist vom Aufleuchten der | göttlichen Hilfe die Rede!)d:15 πόνος.16 BR, C 64

t A1: ergänzt. 〈)〉  a A1: vor 〈)〉  b–b A1: geübt: 〈Er übersetzt〉 〈(〉 s.  c Gedankenstrich fehlt in A1.  f (S.  209) –f  Fehlt in A.   d–d  Fehlt in A.   12  Simon Schechter identifizierte als erster Funde in einer Kairoer Synagoge als Fragmente hebräischer Sirach-Handschriften. Diese und weiterhin aufgefundene SirachFragmente wurden zwischen 1896 und 1900 veröffentlicht; vgl. Smend, Rudolf (Hg.), Die Weisheit des Jesus Sirach. Hebräisch und deutsch. Mit einem hebräischen Glossar. – Berlin: Georg Reimer 1906 (hinfort: Smend, Jesus Sirach, hebräisch-deutsch), S.  I–XXII, zu Ergänzungen aus dem Talmud ebd., S.  XXI. Zu „Jesus Sirach“ vgl. auch das Glossar, unten, S.  610. 13  Siehe unten, S.  223, Fn.  56. 14  Siehe unten, S. 217, Fn.  56. 15  Vgl. Smend, Weisheit des Jesus Sirach, S.  109, zu Sir 11,21: „Gemeint ist der Sonnenaufgang der göttlichen Hilfe.“ (Er übersetzt Sir 11,21: „[sei früh auf] für den Herrn und warte auf sein Licht [. . .]“; ders., Jesus Sirach, hebräisch-deutsch, wie oben, Anm.  12.) 16  Sir 11,20 f. lauten nach der Septuaginta (LXX) und nach Luthers Übersetzung von 1533 (ohne begriffliche Abweichungen 1545); Wiedergabe nach Luther, WA.DB, Band  12, z. St.

στῆθι ἐν διαθήκῃ σου καὶ ὁμίλει ἐν αὐτῇ, V. 20 Bleib jnn Gottes wort, vnd vbe dich

drinnen, καὶ ἐν τῷ ἔργῳ σου παλαιώθητι. vnd beharre jnn deinem beruff, μὴ θαύμαζε ἐν ἔργοις ἁμαρτωλοῦ, Vnd las dich nicht jrren, wie die Gottlosen nach gut trachten, πίστευε τῷ κυρίῳ καὶ ἔμμενε τῷ πόνῳ σου· V. 21 Vertrawe du Gott, vnd bleib jnn dei nem beruff, [.  .  .] [V. 22 Denn es ist dem HERRN gar leicht, einen armen reich zu machen.] Hervorgehoben sind hier die griechischen Begriffe ἔργον, Tl.  érgon (V. 20) – nach Passow, Handwörterbuch5: „Werk, 1) Arbeit, Geschäft, obliegende Sache; Verrichtung, Handthierung, Beschäftigung [.  .  .]“ – und πόνος, Tl.  pónos (V. 21) – „Arbeit, bes. saure, lästige, mühsame, ermattende, erschöpfende Arbeit, Anstrengung, Mühe“. In der unterschiedlichen Verseinteilung des Sirachbuchs folgt Weber hier und im folgenden der Lutherbibel. (Zitat aus der LXX hier nach: Vetus testamentum graece iuxta LXX interpres [.  .  .], ed. Constantinus de Tischendorf, tomus II, 7. ed. – Leipzig: F. A. Brockhaus 1887.)

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. I.

Sonst wird im Altertum τὰ προήκοντα in dem allgemeinen Sinn von „Pflichten“ ver­ wendet.17 In der Sprache der Stoa trägt gelegentlich κάματος (auf welches mich es. Z. Alb[recht]e Dieterich aufmerksam machte) eine ähnliche gedankliche Färbung bei sprachlichf indifferenter Provenienz.18 gAlleh anderen Ausdrücke (wie τάξις usw.)19 sind inicht ethisch gefärbti.g – Im Lateinischen drückt man das, was wir mit „Beruf“ übersetzen:k die arbeitsteilige dauernde Tätigkeit eines Menschen, welche (normaler­ weise) zugleich für ihn Einkommensquelle und damit dauernde ökonomische Exi­ stenzgrundlage ist, neben dem farblosen „opus“, mit einer dem ethischen Gehalt des deutschen Wortes wenigstens verwandten Färbung entweder durch officium (aus opifi­ cium, also ursprünglich ethisch farblos, später, so besonders bei Seneca[,] de benef[iciis] IV, 18 = Beruf)20 oder durch munus – von den Fronden der alten Bürgergemeinde ab­ geleitet, – oder endlich durch professio aus, welch letzteres Wort in dieser Bedeutung charakteristischerweise ebenfalls von öffentlichrechtlichenl Pflichten, nämlich den al­ ten Steuerdeklarationenm der Bürger abstammen dürfte, später speziell für die im mo­ dernen Sinn „liberalen Berufe“ (so: professio bene dicendi) verwendet wird und auf diesem engeren Gebiete eine unserem Wort „Beruf“ in jeder Hinsicht ziemlich ähnli­ che Gesamtbedeutung annimmt (auch im mehr innerlichen Sinn des Wortes; so wenn es bei Cicero von jemand heißt: non intelligit quid profiteatur, in dem Sinn von: „er erkennt seinen eigentlichen Beruf nicht“),21 – nur daß es eben natürlich durchaus dies­ seitig, ohne jede religiöse Färbung gedacht ist.n Dies ist bei „ars“, welches in der Kai­ serzeit für „Handwerk“ verwendet wird, natürlich erst recht der Fall. – Die Vulgata übersetzt die obigen Stellen bei Jesus Sirach das eine Mal mit „opus“, das andere Mal e–e  A, A1, BR: Herr Kollege  f A: sprachlich  g–g  Fehlt in A.   h A1: Auch > Alle  i–i A1: ethisch indifferent > nicht ethisch gefärbt  k  A, A1, BR: übersetzen, l A: öffentlichrechtlichen  m A: Steuerdeklarationen  n In A1 folgt: 〈Der Staat steht da, wo beim „Beruf“ Gott steht.〉  17 Griech., Tl. tá prose¯´ konta; nach Passow, Handwörterbuch5, s.v. προσήκω: „die Pflichten, Verpflichtungen“. 18  Griech., Tl. kámatos; nach Passow, Handwörterbuch5: „die schwere u. saure Arbeit, Mühe, Anstrengung“. – Weber bezieht sich vermutlich auf eine mündliche Auskunft des klassischen Philologen und Religionswissenschaftlers Albrecht Dieterich (1896–1908), seit 1903 Professor in Heidelberg und Mitinitiator des „Eranos“-Kreises, dem auch Weber angehörte (vgl. dazu den Editorischen Bericht zu Weber, Die protestantische Askese und das moderne Erwerbsleben, MWG I/9, S.  216–219). 19 Griech., Tl. táxis; nach Passow, Handwörterbuch5: „Ordnung, Stellung“, auch „Stand, Position“ oder „Posten im Leben, bürgerlicher Stand“. 20  Seneca, De beneficiis IV,18: „Nam quo alio tuti sumus, quam quod mutuis iuvamur officiis? hoc uno instructior vita contraque incursiones subitas munitior est, beneficiorum commercio.“ (Zit. nach: Seneca, Opera I/2.) – Zitiert auch bei Maurenbrecher, Thomas von Aquino (von Weber eingeführt unten, S.  228, Fn.  58), S.  37, Anm.  2. 21  „non intelligit quid profiteatur“ bei Cicero nicht nachweisbar; „professio bene di­ cen­di“ etwa in Cicero, De oratore I, 6, 20 f.: „etenim ex rerum cognitione efflorescat et redundet oportet oratio. [quae nisi sit ab oratore percepta et cognita, inanem quandam habet elocutionem et paene puerilem.] [.  .  .] quamquam vis oratoris professioque ipsa bene dicendi hoc suscipere ac polliceri videatur, ut omni de re, quaecumque sit proposita, ornate ab eo copioseque dicatur“. M. Tullii Ciceronis Opera rhetorica, recensuit C. L. Kayser, vol. II. (editio stereotypa). – Leipzig: Bernhard Tauchnitz 1860, z. St. (eckige Klammern mit Wortlaut im Text). Übersetzt: „[.  .  .] liegt nicht ein vom Redner voll

3.  Luthers Berufskonzeption. Aufgabe der Untersuchung

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(v. 21) mit „locus“,22 was in diesem Fall etwa „soziale Stellung“ bedeuten würde. o pVon einem Asketen wie Hieronymus stammt der Zusatz q„mandatorum tuorum“q p, was Brentano ganz richtig hervorhebt,23 ohne hier – wie auch sonst – zu bemerken: daß reben diesr charakteristisch für die asketische – vor der Reformation außerweltliche, nachher innerweltliche – Provenienz des Begriffs ist.s aEs ist im übrigen unsicher, nach welchem Text die hieronymische Übersetzung gemacht wurde;24 eine Einwirkung der alten leiturgischen Namenbedeutung von ‫ְמָלאכָה‬25 scheint nicht ausgeschlossen.a o – In den romanischen Sprachen hat nur das spanische „vocacion“26 im Sinne des inneren „Berufes“ zu etwas:b vom geistlichen Amt übertragen, eine dem deutschen Wortsinn teilweise entsprechende Färbung, wird aber nie vom „Beruf“ imc äußerlichen Sinn ge­ braucht. In den romanischen Bibelübersetzungen wird das spanische vocacion, das ita­

o–o  Fehlt in A.   p–p A1: 〈(Nur der Asket > Hieronymus 〈hat〉 〈– ein Asket!〉〉 Ein Asket wie Hieronymus übersetzt „opus mandatorum tuorum“  q–q BR: „mandatu­ ram tuoram“ C: „mandaturam tuorum“  r–r A1: eben auch > eben dies  s A1: ist).  a–a  Fehlt in A1.  b  A, A1, BR: etwas,  c  A, A1: in   erfasster und erkannter Gegenstand zugrunde, so beherrscht er nur leeres und beinahe kindisches Geschwätz. [.  .  .] gleichwohl scheint das Wesen des Redners und der Anspruch, gut zu reden, das auf sich zu nehmen und zu verheißen, dass er über jedes Thema, welches auch immer ihm gestellt wird, mit reichem Schmuck und Wort und gedankenreich sprechen kann.“ Zitiert nach Cicero, De oratore. Über den Redner. Lat.-dt., hg. und übers. von Theodor Nüßlein (Sammlung Tusculum). – Düsseldorf: Patmos, Artemis & Winkler 2007, z. St. 22  Die Vulgata übersetzt ἔργον (Tl.  érgon; Sgl.) mit opus (hier: Pl. opera) und πόνος (Tl.  pónos) mit locus, die Luther beidemale mit „Beruf“ wiedergibt (vgl. oben, S.  211, Fn.  54 mit Anm.  16): [V. 21] Sta in testamento tuo, et in illo colloquere, Et in opere mandatorum tuorum veterasce. [V. 22] Ne manseris in operibus peccatorum. Confide autem in Deo, et mane in loco tuo. (Hier mit Hervorhebung der entscheidenden Begriffe.) 23  Vgl. Brentano, Anfänge, S.  137. Die Vulgata gilt gemeinhin als Übersetzungs- oder Revisionswerk des Hieronymus (zum Sirach-Buch die folgende Anm.). Dem Wort „opera“, das dem Griechischen entspricht, fügt der Übersetzer „mandatorum tuorum“ hinzu. Weber bezeichnet Hieronymus, über Brentano hinausgehend, als Asketen (vgl. z. B. Zöckler, [Otto,] Art. Hieronymus, in: RE3, 8. Band, 1900, S.  42–54, auch Heussi, [Karl,] Art. Hieronymus, in: RGG, Band 3, 1912, Sp.  13–16: Hieronymus soll zeitweise als Eremit in der ostsyrischen Wüste, später in einer Einsiedlerzelle in Betlehem gelebt haben; jedenfalls brachte er das asketische Ideal durch seine Wirksamkeit in Rom sowie in seinen Schriften und Briefen zum Ausdruck). 24  Nach Smend, Weisheit des Jesus Sirach, S.  XXIX, will Hieronymus das hebräische Sirach-Buch gekannt haben, wobei es sich, wenn überhaupt, nur um einen Ausschnitt gehandelt haben dürfte. Seine Hebräisch-Kenntnisse sind umstritten; vgl. ebd., S. LVI, Anm.  1. (Das Sirach-Buch wurde vermutlich auch nicht von ihm übersetzt oder revidiert, denn spätere Vulgata-Ausgaben sollen eine ältere lateinische, d. h. vorhieronymische Fassung tradiert haben; vgl. Fritzsche, O.F., und Nestle, Eb[erhard], Art. Bibelübersetzungen, lateinische, in: RE3, 3. Band, 1897, S.  24–58, hier S.  39.) 25  Hebr., Tl. mela¯’ka¯h (wie oben, S.  209, Anm.  1). 26  vocación (span.), „Berufung, Bestimmung“.

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. I.

lienische vocazione und chiamamento27 sonst in einer dem gleich zu erörternden luthe­ rischen und calvinistischen Sprachgebrauch teilweise entsprechenden Bedeutung nur zur Übersetzung des neutestamentlichen κλῆσιςd,28 der Berufung durch das Evangeli­ A, A1 37 um zum ewigen Heil, | verwendet, wo die Vulgata „vocatio“ hat. e(Seltsamerweisef meint Brentano a. a. O.g, dieser von mir selbst hfür meine Ansichth angeführte Umstand spreche füri die Existenz des „Berufs“-Begriffs in seiner nachreformatorischen Bedeu­ tung auch schon vorher.29 Aber davon ist doch gar keine Rede: κλῆσις mußte ja durch „vocatio“ übersetzt werden, – aber wo und wann wärek es im Mittelalter in unserem heutigen Sinne gebraucht? Die Tatsache dieser Übersetzung und das Fehlen der inner­ weltlichen Wortbedeutung trotzl ihrer sind ja gerade das Beweisende)m.e „Chiamamen­ to“ verwendet in dieser Art z. B. die italienische Bibelübersetzung aus dem 15. Jahrhun­ dert, die in der Collezione di opere inedite on rare, Bologna 1887 abgedruckt ist,30 BR, C 65 neben „vocazione“, | welches die modernen italienischen Bibelübersetzungen benut­ zen.31 Die für „Beruf“ im äußerlichen o, innerweltlicheno Sinn von regelmäßiger Er­ werbstätigkeit verwendeten Worte in den romanischen Sprachen tragen dagegen, wie aus dem lexikalischen Material und aus einer freundlichen eingehenden Darlegung meines verehrten Freundes Professor Baist (Freiburg) hervorgeht,32 durchweg keiner­ lei religiöse Prägung an sich, mögen sie nun, wie die von ministerium oder officium abgeleiteten,p ursprünglich eine gewisse ethische Färbung gehabt haben oder[,] wie dieq d  A, A1: „κλῆσις“  e–e  Fehlt in A.   f A1: (Schwer verständlicher Weise  g In A1 folgt: deshalb  h–h  Fehlt in A1.  i A1: gegen > für  k A1: ist > wäre  l In A1, BR nicht hervorgehoben.   m A1: Beweisende 〈)〉) ; in A1 folgt: 〈Die Stelle 1 Cor. 7,17 aber braucht ihrerseits den Ausdruck κλῆσις überhaupt nicht von irgend einem „Beruf“ im heutigen Sinne des Worts.〉  n  A, A1, BR, C: e  o–o  Fehlt in A; A1: , innerweltlichen,  p  Komma fehlt in A.   q  A, A1, BR: die C: das 27  vocazione (italien.), „Rufen, Ruf; Berufung“ u. a.; chiamamento (italien., Substantiv), von chiamare, „rufen, berufen, nennen“). 28  Griech., Tl.  kle¯´ sis, „Ruf, Aufforderung, Einladung, Berufung“ (nach Cremer, Hermann, Biblisch-theologisches Wörterbuch der Neutestamentlichen Gräcität, 8. verm. und verb. Aufl. – Gotha: Friedrich Andreas Perthes 1895; hinfort: Cremer, Wörterbuch). 29 Brentano findet Webers Behauptung, die lateinisch-katholischen Völker hätten kein Wort für Beruf gehabt, „unbegreiflich“ (ders., Anfänge, S.  136 f., Zitat S.  136): „Beruf“ sei die Übersetzung von „vocatio“, und „vocatio“ werde von der Vulgata nicht nur für die Berufung zum ewigen Leben, sondern gerade für die „Lebensstellung“ gebraucht. Er verweist auf Sir 11,20 f. und hebt den Zusatz des Hieronymus hervor, vgl. oben, S.  213 Anm.  23. 30  In der „Bibbia volgare“ von 1471 (enthalten in der von Weber hier angegebenen „Collezione“ von 1887, vorhanden in der Heidelberger Universitätsbibliothek; hinfort: [HD]) ist lat. vocatio (Vulgata) mit „chiamamento“ in 1 Kor 1,26; 2 Thess 1,11; Hebr 3,1; 2 Petr 1,10 übersetzt (1 Kor 7,20: „E ciascuno che è chiamato“), aber auch mit „vocazione“ in Eph 1,18; 4,1 und 4,4. 31 Die bis heute maßgebliche italienische Bibelübersetzung der Protestanten geht auf Giovanni Diodati, Genf 1607 [HD], rev. 1641, zurück. In ihrer 1888 veröffentlichten Fassung enthält sie an sämtlichen in der vorhergehenden Anm.  genannten neutestamentlichen Stellen „vocazione“. Dasselbe gilt für die Bibelübersetzung Antonio Martinis (1760–1781), die Standardbibel der Katholiken, in der Ausgabe von 1821 [HD]. 32  Vermutlich mündliche Darlegung Gottfried Baists (1853–1920), seit 1891 Professor für Romanistik in Freiburg i. Br.

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setzungen stammt[,] und zwar aus dem Geist der Übersetzer, nicht aus dem Geist des Originals55). Es scheint in der lutherischen Bibel­ von ars, professio und implicare (impiego)33 abgeleiteten[,] auch dieser von Anfang an völlig entbehren. Die eingangs erwähnten Stellen bei Jesus Sirach, wo Luther „Beruf“ hat, werden übersetzt: französisch v. 20 office, v. 21 labeur (calvinistische Überset­ zung),34 spanisch v. 20 obra, v. 21 lugar (nach der Vulgata),r 35 neue Übersetzungen: „posto“ (protestantisch).36 sDen Protestanten der romanischen Länder ist es, infolge ihrer Minderzahl, nicht gelungen, resp. sie haben gar nicht versucht, einen solchen sprachschöpferischen Einfluß zu üben[,] wie Luther ihn auf die noch weniger akade­ misch rationalisierte deutsche Kanzleisprache ausüben konnte.s 55)  Dagegen enthält die Augsburger Konfession den Begriff nur teilweise entwickelt und implicite.37 Wenn Art. XVI (s. die Ausg. v[on] Kolde S.  43) lehrt: „Denn das Evan­ gelium . . . stößt nicht um weltlich Regiment, Polizei und Ehestand, sondern will, daß man solches alles halte als Gottes Ordnung und in solchen Ständen christliche Liebe und rechte gute Werke, ein jeder nach seinem Beruf, beweise“ (lateinisch heißt es nur:

r  In A folgt: italienisch: ältere Übersetzungen: luogo (nach der Vulgata),  s–s Fehlt in A, A1.  33  impiego (italien.), hier „Amt, Anstellung, Stellung“. 34  Belegt für französische protestantische Bibeln des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts: „office“ und „labeur“ Sir 11,20 f. übersetzen Pierre Robert Olivétan (1535; 1565 [HD]) und die calvinistische „Genfer Bibel“ von 1588, eine Revision der Übersetzung Olivétans durch die „Vénérable Compagnie“, die Genfer Geistlichkeit (1638 [HD]). (Anders später Jean Diodati in seiner Revision der „Genfer Bibel“ (1644): la­beur (V. 22), trauail (V. 23), und Jean Frédéric Ostervald (1724, rev. 1744, überprüft für die Ausgabe 1903): ouvrage (V. 20), travail (V. 21).) 35   Weber scheint sich hier auf die Übersetzung nach der Vulgata von Phelipe Scio de San Miguel (1790–1793, hier eingesehen die Ausgabe 1821 [HD]) zu stützen: obra (V. 21) und lugar (V. 22). (In der ersten gedruckten spanischen Vollbibel (Basel 1569 [HD]) übersetzt Cas(s)iodoro de Reina dagegen: obra (V. 21), trabajo (V. 22). Die Begriffe werden in der von Cipriano de Valera überarbeiteten Ausgabe dieser protestantischen Bibel (Amsterdam 1602 [HD]) beibehalten, während die Ausgabe von 1622 [HD] die Begriffe mit vocacion (!) (V. 21) und trabajo (V. 22) wiedergibt.) 36  Die „Bibbia volgare“ von 1471 [HD] (vgl. oben, S.  214, Fn.  54 mit Anm.  30) übersetzt: opera (V. 21), luogo (V. 22); ebenso Antonio Brucioli (1532, hier eingesehen die Ausgabe 1541). (Die 1562 erschienene protestantische Vollbibel, eine Neufassung von Bruciolis Text, hat dagegen: offitio (V. 21), fatica (V. 22). Giovanni Diodati (1607 [HD]; von ihm rev. 1641) hat: opera (dort V. 25, 1641: lauoro), fatica (dort V. 26); Mattia d’Erberg 1711 [HD] ebenfalls „opera“ und „fatica“.) – Der katholische Antonio Martini (1777 und 1821 [HD], dort V. 22) übersetzt mit „posto“. Für eine protestantische italienische Bibelausgabe konnte „posto“ dagegen nicht nachgewiesen werden. 37  Die Ausgabe von Kolde, Augsburgische Konfession, enthält eine Synopse der lateinischen Editio princeps von April/Mai 1531 und des deutschen Textes (nach einer Kopie aus der Mainzer Erzkanzlei), die 1580 in das Konkordienbuch eingegangen ist (die Originale von 1530 sind nicht erhalten). Abweichungen des deutschen Erstdrucks (Herbst 1531) führt Kolde im Apparat auf. Das 28 Artikel umfassende Bekenntnis hat Philipp Melanchthon entscheidend geprägt, redigiert und immer wieder überarbeitet;

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übersetzung zuerst an einer Stelle des Jesus Sirach (11, 20 u. 21) ganz in unserem heutigen Sinn verwendet zu sein56). Es hat dann 38 so zeigt die daraus [„]et in talibus ordinationibus exercere caritatem“[,] eod. S.  42), gezogene Konsequenz:a daß man der Obrigkeit gehorchen müsse, daß hier, wenigstens in erster Linie, an „Beruf“ als objektive Ordnung im Sinn bder Stelleb 1 Kor. 7, 20 ge­ dacht ist. Und Art. XXVII spricht (bei Kolde S.  83 unten) von „Beruf“ (lateinisch: in vocatione sua) nur in Verbindung mit den von Gott geordneten Ständen: Pfarrer, Ob­ rigkeit, Fürsten- und Herrenstand u. dgl., und auch dies im Deutschen nur in der Fas­ sung des Konkordienbuches, während in der deutschen Ed[itio] princeps der betreffen­ de Satz fehlt.39   Nur Art. XXVI (Kolde S.  81) wird in der Wendung . . . „daß Kasteiung dienen soll nicht damit Gnade zu verdienen, sondern den Leib geschickt zu halten, daß er nicht verhindere, was einem nach seinem Beruf (lateinisch: juxta vocationem suam) zu schaf­ fen befohlen ist“,40 – das Wort in einem unseren heutigen Begriff wenigstens mit um­ fassendenc Sinn gebraucht. 56)  Vor den lutherischen Bibelübersetzungen kommt, wie die Lexika ergeben | und A, A1 38 die Herren Kollegen Braune und Hoops mir freundlichst bestätigten,d 41 das Wort „Be­ ruf“, holländisch: „beroep“, englisch: „calling“, dänisch: „kald“, schwedisch: „kallelse“ in keiner der Sprachen, die es jetzt enthalten, in seinem heutigen weltlich gemeinten Sinn vor. Die mit „Beruf“ gleichlautenden mittelhochdeutschen, mittelniederdeutschen und mittelniederländischen Worte bedeuten sämtlich „Ruf“ in dessen heutiger deutscher BR, C 66 Bedeutung, einschließlich insbesondere auch – in spätmittelalterlicher | Zeit – der „Be­ rufung“ (= Vokation) eines Kandidaten zu einer geistlichen Pfründe durch den Anstel­

a A, A1: Konsequenz,    b–b A, A1: von κλῆσις    c A, A1, BR: umfassendem d  Komma fehlt in A, A1. er verantwortete auch die lateinische und deutsche Editio princeps. – Weber gibt im folgenden eine Analyse der wichtigsten Stellen, die den Berufsbegriff enthalten. 38  Der oben von Weber wiedergegebene deutsche Text der Synopse lautet an dieser Stelle in Art.  XVI („Von der Polizei und weltlichem Regiment“): „[.  .  .] daß man solches alles halte als wahrhaftige Ordnung [.  .  .]“. („Gottes Ordnung“ entnimmt Weber entweder der im Apparat aufgeführten deutschen Editio princeps (Kolde, Augsburgische Konfession, S.  42 f.) oder der lateinischen Fassung („ordinationes Dei“).) 39  Der Text der Synopse von Art.  XXVII („Von Klostergelübden“) enthält den Berufsbegriff: „Item daß man mehr verdienet mit dem Klosterleben denn mit allen andern Ständen, so von Gott geordnet sind, als Pfarrherr- und Predigerstand, Obrigkeit-[,] Fürsten-[,] Herrenstand und dergl., die alle nach Gottes Gebot, Wort und Befehl in ihrem Beruf ohne erdichtete Geistlichkeit dienen [.  .  .].“ In der deutschen Editio princeps weicht der Text ab: „Also rhümen sie das klosterleben, vnd setzens viel höher denn die Tauff, und sonst eusserliche Gottliche stende, als vber Oberkeit, Predigampt, Ehestand“ (Kolde, Augsburgische Konfession, S.  83). Lat.: „[.  .  .] qui in mandatis Dei sine factitiis religionibus suae vocationi serviunt“ (S.  84). 40  Im Art.  XXVI („Vom Unterschied der Speis“, d. h. über Speise- und Fastenregeln sowie Askese) bei Kolde, Augsburgische Konfession, S.  81: „[.  .  .] was einem jeglichen nach seinem Beruf [.  .  .]“. 41  Weber beruft sich auf die vermutlich mündlichen Mitteilungen des Germanisten Wilhelm Braune (1850–1926), seit 1888 Professor in Heidelberg, und des Anglisten Johannes Hoops (1865–1949), seit 1896 a.o. und seit 1902 o. Professor ebd.

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lungsberechtigten – ein Spezialfall, der auch bei den skandinavischen Sprachen in den Wörterbüchern hervorgehoben zu werden pflegt.42 In dieser letzteren Bedeutung braucht auch Luther das Wort gelegentlich. Allein, mag später diese Spezialverwen­ dung des Wortes seiner Umdeutung ebenfalls zugute gekommen sein, so geht doch die Schöpfung des modernen „Berufs“-Begriffs auch sprachlich auf die Bibelübersetzun­ gen, und zwar die protestantischen, zurück, und nur bei Tauler († 1361) finden sich spä­ ter zu erwähnende Ansätze dazu.43 eAlle Sprachen, welche durch die protestantischen Bibelübersetzungen beherrschend beeinflußt sind, haben das Wort gebildet, alle, bei denen dies fnicht der Fall ist (wie die romanischen)[,] nicht oder nicht in der heutigen Bedeutung. –f e  Luther übersetzt zweierlei zunächst ganz verschiedene Begriffe mit „Beruf“. Einmal die paulinische „κλῆσις“ im Sinne der Berufung zum ewigen Heil durch Gott. Dahin gehören: 1 Kor. 1, 26; Eph. 1, 18; 4, 1. 4; 2 Thess. 1, 11; Hebr. 3, 1; 2. Petri 1, 10.44 In allen diesen Fällen handelt es sich um den rein religiösen Begriff jener Berufung, die durch Gott vermittelstg des durch den Apostel verkündeten Evangeliums erfolgt ist,h und hat der Begriff κλῆσις nicht das Mindeste mit weltlichen „Berufen“ im heutigen Sinne zu tun. Die deutschen Bibeln vor Luther schreiben in diesem Fall: „ruffunge“ (so sämtli­ che Inkunabeln der Heidelberger Bibliothek),45 brauchen auch wohl statt „von Gott geruffet“: „von Gott gefordert“.46 – Zweitens aber übersetzt er – wie schon früher er­ wähnt – die in der vorigen Note47 wiedergegebenen Worte Jesus Sirachs: iin der Über­ tragung der LXXi ἐν τῷ ἔργῳ σου παλαιώθητι und καὶ ἔμμενε τῷ πόνῳ σου mit:

e–e  Fehlt in A.   f–f A1: nur zögernd und teilweise.  g A: vermittels  h Komma fehlt in A.   i–i  Fehlt in A; in A1 folgt zunächst: 〈στῆϑι ἔν διαϑήκῃ σου,〉   42  Z. B. Helms, Svenn Henrik, Neues vollst. Schwedisch-deutsches und deutschschwedisches Wörterbuch […], Stereotypausg., 5.  Aufl. – Leipzig: Otto Holzes Nachfolger 1904, S.  206: s.v. Kall: „der Beruf, das Amt, die Pflicht; der Pfarrdienst […]“, s.v. „Kallelse“: „die Berufung; der Ruf“, unter den Spezialbedeutungen: „– till ett pastorat, die Berufung od. der Ruf zu einem Pfarramt“; und: ders., Neues vollst. Wörterbuch der dänisch-norwegischen und deutschen Sprache […], Stereotypausg., 7.  Aufl., ebd. 1904, S.  196, s.v. Kald: „der Ruf zu Etwas, Beruf, die Berufung zum Amte; das Amt (namentlich das Predigeramt) […]“. 43  Siehe in derselben Fn. unten, S.  219. 44  Vgl. Luthers Übersetzung 1522–1545 mit „Beruf“ in: WA.DB, 7.  Band, z. St. (1522: 1 Kor 1,26: „ruff“). Vgl. dazu den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  112. 45  An den von Weber genannten Stellen haben sämtliche 14 hochdeutsche vorlutherische Bibeldrucke, darunter die Heidelberger Inkunabeln (dazu den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  117, Anm.  78), „ru° ffung“ (teilweise auch: ru° ffungen in Eph 1,18) oder „rúffunge“ (1 Kor 1,26) bzw. „rúffung“ (2 Petr 1,10). Vgl. Die erste deutsche Bibel, 2.  Band, hg. von W. Kurrelmeyer. – Tübingen: Gedr. für den Litterarischen Verein in Stuttgart [bei Laupp] 1905 (hinfort: Kurrelmeyer, Erste deutsche Bibel II). 46  Im 4. bis 14. Bibeldruck heißt es 1 Kor 7,17 f. 21 f.: „geuodert“, vgl. Kurrelmeyer, Erste deutsche Bibel II (wie vorherige Anm.), z. St. (von gevordern, auch belegt als gevodern, „fordern“, „verlangen“, vgl. s.v. in: Lexer, Matthias, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, 1.  Band. – Leipzig: S. Hirzel 1872). 47  Die „vorige Note“ bezieht sich auf Fn.  54, oben, S.  209–215, hier S.  211.

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k„beharre in deinem Beruf l“ und „bleibe in deinem Beruf“k,48 statt: bleibe bei deiner Arbeit, und die späteren (autorisierten) katholischen Bibelübersetzungen (z. B. die von Fleischütz, Fulda 1781) haben sich hier (wie in den neutestamentlichen Stellen) ihm einfach angeschlossen.49 Die lutherische Übersetzung bei dieser Sirachstelle ist, soviel ich sehe, der erste Fall, in welchem das deutsche Wortm „Beruf“ ganz in seinem heutigen rein weltlichen Sinn gebraucht wird. n(Die vorhergehende Mahnung – v. 20: – στῆθι ἔν διαθήκη σου50 übersetzt er mit „bleibe in Gottes Wort“, obwohl Sirach o14, 12o und 43, 10 zeigenp, daß – dem hebräischen Ausdruck ‫חׄק‬,51 den (nach Talmud-Zitaten) Si­ rach gebraucht hatte, entsprechend52 – διαθήκη53 in der Tat etwas unserem „Beruf“ Ähnliches, nämlich das „Schicksal“ oder die „zugewiesene Arbeit“ qbedeuten sollteq.)n 54 rIm späteren und heutigen Sinne existierte das Wort „Beruf“r vorher, wie oben erwähnt,55 in der deutschen Sprache nicht, auch – soviel ich sehe – nicht im Munde der älteren Bibelübersetzer oder Prediger. Die deutschen Bibeln vor Luther übersetzen in der Sirachstelle „Werk“.56 Berthold von Regensburg gebraucht in Predigten da, wo wir von „Beruf“ sprechen würden, das Wort „Arbeit“.57 Der Sprachgebrauch ist hier also

k–k  Anführungszeichen fehlen in A.   l  In A, A1, BR nicht hervorgehoben.   m Fehlt in A.   n–n Fehlt in A.   o–o A1, BR, C: 14,1  In A1 folgt: 〈zeigt, daß hier das〉   p  In A1 folgt: 〈hier〉  q–q A1: gemein ist > bedeuten sollte  r–r A: In diesem Sin­ ne existierte es   48  Vgl. oben, S.  211, Fn.  54 mit Anm.  16. 49 Die von Joseph Fleischütz herausgegebene katholische Bibel (6 Bände, 1778– 1781 [HD], hier 4. Band) verwendet in Sir 11,21 (dort V. 22) den Berufsbegriff: „Ferne von sündhaften Handlungen, vertraue Gott, und betreib fleißig deinen Beruf.“ Fleischütz verwendet „Beruf“ ebenfalls an den von Weber oben genannten neutestamentlichen Stellen (verbale Formulierung in Eph 4,4). 50  Griech., Tl. ste¯´ thi én diathe¯´ ke¯ sou, d. h. Sir 11,20 nach der LXX, vgl. oben, S.  211, Anm.  16. 51  Hebr., Tl. choq (wie oben, S.  210, Anm.  5). 52  Weber bezieht sich hier auf die Erläuterung von Smend, Weisheit des Jesus Sirach, S.  134 (zu Sir 14,12). 53  Griech., Tl. diathe¯´ ke¯ (wie oben, S.  210, Anm.  6). 54  Vgl. Smend, Weisheit des Jesus Sirach, S.  108 (zu Sir 11,20; mit Zitat oben, S.  210, Anm.  10). 55  Siehe in der derselben Fn., oben, S.  216 f. 56  Die erste gedruckte deutsche Bibel, die sog. Mentelin-Bibel 1466, überträgt die beiden Sirachverse: „Ste in deim gezeug vnd entzamt red in im: vnd er alt in den wercken deiner gebott. […] Wann versich dich an gott: vnd beleib in deiner stat.“ Statt „den wercken deiner gebott“ lesen die 4. bis 14. Bibel den Singular „dem werck […]“. Vgl. Die erste deutsche Bibel, 8.  Band, hg. von W. Kurrelmeyer. – Tübingen: Gedr. für den Litterarischen Verein in Stuttgart [bei Laupp] 1912, z. St. 57  Weber dürfte sich bei Berthold von Regensburg, dem bekanntesten mittelalterlichen Volksprediger, in erster Linie auf die Predigt „Von vier Dingen“ beziehen, in: ders., Vollständige Ausgabe seiner deutschen Predigten […] von Franz Pfeiffer, 1.  Band. – Wien: Wilhelm Braumüller 1862, S.  549–565. „Unde dâ von sült ir an der rehten arbeit funden werden, der bûman an sînem bûwe, der koufman an sînem koufe […], der hantwerkman an sînem hantwerke, der ritter an sîner ritterschaft, der geistlîche mensche an sîner arbeit, die im unser herre geordent hât. […] Alliu diu antwerk oder ander arbeit, sie sîn geistlich oder werltlich, die eht der werlte nützelich und êr-

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derselbe wie derjenige der Antike. Die erste mir bisher bekannte Stelle, wo zwar nicht „Beruf“, aber „Ruf“ (als Übersetzung von κλῆσις) auf rein weltliche Arbeit angewen­ det wird, findet sich in der schönen Predigt Taulers über Ephes. 4 (Basler Ausg. f[olio] 117 v): von Bauern, die „misten“ gehen: sie fahren oft besser, „so sie folgen einfeltiglich irem Ruff denn die geistlichen Menschen, | die auf ihren Ruf nicht Acht haben“.58 Dies A, A1 39 Wort ist in diesem Sinne in die Profansprache nicht eingedrungen. Und trotzdem Lu­ thers Sprachgebrauch anfangs (s. Werke, Erl[anger] Ausg. 51, S.  51) zwischen „Ruf“ und „Beruf“ schwankt,59 ist eine direkte Beeinflussung durch Tauler durchaus nicht sicher, obwohl manche An|klänge gerade an diese Predigt Taulers sich z. B. in der „Freiheit BR, C 67 eines Christenmenschen“ finden. Denn in dem rein weltlichen Sinn wie Tauler l. c. hat Luther das Wort zunächst nicht verwendet (dies gegen Denifle, Luther, S.  163).60   Offenbar nun enthält der Ratschlag bei Sirach, von der allgemeinen Mahnung zum Gottvertrauen abgesehen, sin der Fassung der LXX keines Beziehung auf eine spezifi­ sche religiöse Wertung der weltlichent „Berufs“-Arbeit u(der Ausdruck πόνος, Mühsal, in der verdorbenen zweiten Stelle wäreu eher das Gegenteil einer solchen v, wenn er nicht verderbt wäre)v.61 Was Jesus Sirach sagt, entspricht einfach der Mahnung des

s–s A: nicht die geringste  t  Fehlt in A.   u–u A: und der Ausdruck πόνος (Muh­ sal [lies: Mühsal]) wohl  v–v  Fehlt in A; Klammer fehlt in A1.   lich sind, die sint gote löbelich, die sol man arbeiten mit der triuwe unde mit der gerehtikeit, daz ez iu nütze werde an lîbe und an sêle“ (Zitat S.  562). In anderen Predigten gebraucht Berthold auch „amt“ (z. B. ebd., S.  11–28 und S.  140–156). 58  In der Predigt über Eph 4,1 ff. (Basler Ausg. 1521, fol.  116v–118r; von Weber wörtlich wiedergegebenes, modernisiertes Zitat nach fol.  117v) beschreibt Tauler, wie der Mensch seinem Ruf, seiner Berufung durch Gott zu einer Lebensaufgabe, gerecht wird. Hierzu betrachtet er drei nach dem Grad ihrer Vollkommenheit unterschiedene Menschengruppen. Die gewöhnlichen Menschen folgen ihrem Ruf, indem sie Gottes Gebote und Verbote halten (praecepta); die Menschen auf der zweiten Stufe (Mönche und Ordensleute) befolgen die „evangelischen Räte“ (consilia), d. h. Reinheit des Leibes, Besitzlosigkeit und Gehorsam. Auf der obersten (mystischen) Stufe folgen die Menschen dem Vorbild Christi, und zwar auf wirkende (aktive) und leidende (passive) Weise. – An der von Weber zitierten Stelle wird dem sich einseitig nach der geistlichen Seite bemühenden Menschen, der seiner Berufung nicht gerecht wird, der weltliche, sich redlich um die Ernährung seiner selbst und seiner Familie bemühende Mensch – Frau, Schuster, Bauer – als mahnendes gutes Beispiel gegenübergestellt. Zur Hochschätzung der weltlichen Arbeit vgl. auch die Predigt Taulers, Basler Ausg., fol.  94v– 96r, die jedoch anstelle des Begriffs „Ruf“ Dienst, Tätigkeit, Arbeit, Werk gebraucht. – Hinweise auf beide Predigten gibt Seeberg, Dogmengeschichte II, S.  165, Anm.  4. 59 Weber bezieht sich auf Luthers Auslegung von 1 Korinther 7 von 1523. Luther übersetzt κλῆσις (kle´¯ sis; V. 20) mit „Ruf“ (Luther, 1 Korinther 7, S.  51). In der Exegese des Verses paraphrasiert er: „[…] S. Paulus Wort, da er sagt, du sollest im Beruf bleiben, darin du berufen bist […]“ (S.  52). 60  Denifle zitiert aus der genannten Tauler-Predigt, in der Tauler die weltliche Arbeit als „Ruf Gottes“ adele. Er stört sich dabei an Walther Köhlers Interpretation, der dies als „spezifisch (!) Lutherisch klingende .  .  . betonte hohe Werthung der Erkenntniß des gottgegebenen Berufes“ werte. Denn Denifle meint, Luther habe nur allgemeines kirchliches Gedankengut übernommen (vgl. Denifle, Luther, S.  163, Anm.  1). 61  Zur Textverderbnis in Sir 11,21 vgl. oben, S.  211, Fn.  54 mit Anm.  15.

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Psalmisten (Ps. 37, 3): bleibe im Lande und nähre dich redlich, wie auch die Zusammen­ stellung mit der Mahnung (v. 21w), sich nicht xvon den Werken der Gottlosen blenden zu lassen, da Gott es leicht falle, einen Armen reich zu machen,x auf das deutlichste ergibt. aNur die Anfangsmahnung: in der ‫חׄק‬62 zu bleiben (v. 20), hat beine gewisseb Verwandtschaft mit der evangelischen κλῆσιςc,63 aber gerade hier verwendeted Luther (für das griechische διαθήκη)64 das Wort „Beruf“ nichte.a Die Brücke zwischen jenen beiden anscheinend ganz heterogenen Verwendungen des Wortes Beruf bei Luther schlägt die Stelle im ersten Korintherbrief und ihre Übersetzung.   Bei Luther (in den üblichen modernen Ausgaben) lautet der ganze Zusammenhang, in dem diese Stelle steht,f wie folgt: 1 Kor. 7, v. 17:65 „… ein jeglicher, wie ihn der Herr berufen hat, also wandle er … (18) Ist jemand beschnitten berufen, der zeuge keine Vorhaut. Ist jemand berufen in der Vorhaut, der lasse sich nicht beschneiden. (19) Die Beschneidung ist nichts und die Vorhaut ist nichts; sondern Gottes Gebot halten. (20) Ein jeglicher bleibe in dem Beruf, in dem er berufen ist (ἐν τῇ κλήσει ᾗ ἐκλήθη, – wie Geheimrat A[dalbert] Merx mir sagt, ein zweifelloser Hebraismus, – Vulgata: in qua vocatione vocatus est).66 (21) Bist du ein Knecht berufen, sorge des nicht; doch kannst du frei werden, so brauche des viel lieber. (22) Denn wer ein Knecht berufen ist, der ist ein Gefreiter des Herrn; desgleichen wer ein Freier berufen ist, der ist ein Knecht Christi. (23) Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht der Menschen Knechte. (24) Ein jeglicher, lieben Brüder, worinnen er berufen ist, darinnen bleibe er bei Gott.“ V. 29 folgt dann der Hinweis darauf, daß gdie Zeit „kurz“g sei, worauf die bekannten, durch eschatologische Erwartungen (v. 31) motivierten Anweisungen folgen, die Wei­ ber zu haben, als hätte man sie nicht, zu kaufen, als besitze man das Gekaufte nicht usw. In v. 20 hatte Luther im Anschluß an die älteren deutschen Übertragungen noch 1523 in seiner Exegese dieses Kapitels κλῆσις mit „Ruf“ übersetzt (Erl[anger] Ausgabe, hBd. 51,h S.  51)67 und damals mit „Stand“ interpretiert.

w A: 20  x–x A: die Weise der Gottlosen, nach Gut zu trachten, zum Muster zu nehmen,  a–a  Fehlt in A.   b–b A1: einen derart > eine gewisse  c A1: Mah­ nung > κλῆσις  d A1: übersetzt > verwendet  e  In A1 folgt: 〈, sondern übersetzte 〈es〉 sehr frei: „bleibe in Gottes Wort.“〉  f  Komma fehlt in A, A1.  g–g  A, A1: „die Zeit kurz“  h–h  A, A1: Bd., 51 BR, C: Bd. 51   62  Hebr., Tl. choq (wie oben, S.  210, Anm.  5). 63  Griech., Tl. kle´¯ sis (wie oben, S.  214, Anm.  28). 64  Griech., Tl. diathe´¯ ke¯ (wie oben, S.  210, Anm.  6). 65  Webers Wiedergabe von 1 Kor 7,17 ff. liegt sehr wahrscheinlich eine Bibelausgabe nach der Übersetzung Luthers zugrunde, die vor der revidierten Lutherbibel von 1892 erschienen war und deren Text Weber seinerseits geringfügig modernisiert. Vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  113 f. mit Anm.  64. 66  Mit Hebraismus dürfte hier die Nachbildung einer figura etymologica (Nomen und Verbum haben denselben Stamm) im Griechischen gemeint sein, wie sie im Hebräi­ schen (bzw. Semitischen) öfters verwendet wird. – Die Mitteilung von Adalbert Merx (1838–1909), Orientalist und biblischer Philologe, seit 1875 Professor für Altes Testament in Heidelberg, erfolgte vermutlich mündlich. 67  Vgl. Luther, 1 Korinther 7, S.  51, wie oben, S.  219, Anm.  59. Die deutschen Inkunabeln des 15. Jahrhunderts haben in 1 Kor 7,20 „rúffung“ (z. B. Mentelin und Eggestein) oder „beru° ffung“ (4.–14. Bibeldruck). Vgl. Kurrelmeyer, Erste deutsche Bibel II (wie oben, S.  217, Anm.  45).

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  In der Tat ist offenbar, daß das Wort κλῆσις an dieser – und nur an dieser – Stelle so ziemlich dem lateinischen „status“ und unserem „Stand“ (Ehestand, Stand des Knech­ tes, usw.)i entspricht.68 k(Aber doch gewißl nicht, wie Brentano a. a. O. p.  137 annimmt, im Sinn von „Beruf“ im heutigen Sinne.69 Br[entano] hat sowohl die Stelle selbst, wie was ich darüber sage, mschwerlich genaum gelesen.)k In einer wenigstens daran erin­ nernden Bedeutung findet sich dieses Wort – der Wurzel nach mit ἐκκλησίαn,70 „beru­ fene Versammlung“, verwandt – in der griechischen Literatur, soweit das lexikalische | Material reicht, nur einmal in einer Stelle des Dionysius von Halikarnaß, wo es dem A, A1 40 lateinischen classis – einem griechischen Lehnworte = die „einberufene“, aufgebotene Bürgerabteilung – entspricht.71 Theophylaktos (11./12. Jahrh.) interpretiert 1 Kor. 7, 20: ἐν οἵῳ βίῳ καὶ ἐν οἵῳ τάγματι καὶ πολιτεύματιo ὢν ἐπίστευσενp | (Herr Kollege Deiß- BR, C 68 mann machte mich auf die Stelle aufmerksam).72 – Unserem heutigen „Beruf“ ent­ spricht κλῆσις auch in unserer Stelle jedenfalls nicht. Aber Luther, der in der eschato­

i  In A folgt: wenigstens annähernd  k–k  Fehlt in A.   l A1: wahrhaftig  m–m A1: ungenau > 〈wenig〉 schwerlich genau  n  A, A1, BR: ἔκκλησια  o  A, A1: πσλιτεύ­ ματι   p  A, A1, BR: ἐπιστευσεν   68  Luther, 1 Korinther 7 von 1523 (Erlanger Ausgabe, Band  51, S.  1–69). Luther will der Höherstellung des Ordens- und Klerikerstands ein Ende machen, indem er den weltlichen Stand samt Eheleben aufwertet. Selig mache nicht der „Stand“, sondern allein der Glaube (S.  47 f.), was Luther über den Ehestand hinaus auch auf andere „Stände“ (bei Luther auch: „Beruf“) wie den des Knechtes (nach 1 Kor 7,21 f.), gleichgültig ob frei oder unfrei, ausweitet (vgl. S.  51). „[D]ieß Wörtlin, Ruf“ (griech. κλῆσις, Tl.  kle´¯ sis, lat. vocatio; 1 Kor 7,20) möchte er darum nicht (wie traditionell üblich) als Ruf in den Ehe- oder Priesterstand verstehen, sondern als den „evangelischen Ruf“ von Gott, was bedeute: „Wie dich das Evangelion trifft, und wie dich sein Rüfen findet, so bleibe. Rüft dirs im Ehestand, so bleibe in demselben Rüfen, darinnen dichs findet; rüft dirs in der Knechtschaft, so bleib in der Knechtschaft, darinnen du berufen wirst“ (Luther, 1 Korinther 7, S.  56 f.). 69 Brentano, Anfänge, S.  137, zitiert 1 Kor 11,20 f. nach der Vulgata als Beleg für „Beruf“ im Sinne von „Lebensstellung“ (S.  136). Vgl. auch oben, S.  214, Fn.  54 mit Anm.  29. 70  Griech., Tl. ekkle¯sía. 71  Vgl. hierzu z. B. Passow, Handwörterbuch5, s.v. κλῆσις: Bei Dionysius (Antiquitates 4,18) seien „κλῆσις u. κλῆσεις die Bürgerabtheilungen, die röm. classes, deren Benennung er davon richtig herleitet“. Ähnlich: Meyer, Heinr[ich] Aug[ust] Wilh[elm], Kritisch exegetisches Handbuch über den ersten Brief an die Korinther (Kritisch exegetischer Kommentar über das Neue Testament, begr. von dems., 5. Abth.), 5., verb. und verm. Aufl. – Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1870, S.  201 [dass., neu bearb. von C. F. Heinrici, 8.  Aufl. 1896, S.  230 f.]. Meyer verweist auf Dionysius und fügt hinzu, daß auch bei den griechischen Profanschriftstellern und im gesamten Neuen Testament κλῆσις (kle´¯ sis) niemals im Sinne von Beruf oder Stand vorkomme (ebd.). So auch Cremer, Wörterbuch (wie oben, S.  214, Anm.  28), s.v. κλῆσις. 72  Das griechische Zitat aus dem Schrifttum des Theophylaktos gibt auch Meyer (wie vorherige Anm.) z. St. wieder. Weber bezieht sich seinerseits vermutlich aber auf eine mündliche Auskunft von Adolf Deissmann (1866–1937), seit 1897 Professor für Neues Testament in Heidelberg und Mitbegründer des „Eranos“-Kreises, dem auch Weber angehörte.

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sehr | bald in der | Profansprache aller protestantischen Völker seine heutige Bedeutung angenommen, während vorher in der logisch motivierten Mahnung, daß jeder in seinem gegenwärtigen Stande bleiben sollte, κλῆσις mit „Beruf“ übersetzt hatte, hat dann, als er später die Apokryphen übersetzte, in dem traditionalistisch und antichrematistisch motivierten Rat des Jesus Sirach, daß jeder bei seiner Hantierung bleiben möge, schon wegen der sachlichen Ähnlichkeit des Ratschlages πόνος ebenfalls mit „Beruf“ übersetzt.73 q(Dasr ist das Entscheidende und Charakteristische. Die Stelle 1 Kor. 7, 17 braucht κλῆσις, wie gesagt,74 überhaupt nicht im Sinn von „Beruf“s = abgegrenztes Gebiet von Leistungen.)q Inzwischen (oder etwa gleichzeitig) war 1530 in der Augsburger Konfession das protestantische Dogma über die Nutzlosigkeit der katholischen Überbietung der innerweltlichen Sittlichkeit festge­ legt und dabei die Wendung „einem jeglichen nach seinem Beruf“ gebraucht worden (s. vor[ige] Anm.).75 Dies und jene gerade Anfang der 30er Jahre sich wesentlich steigern­ de Schätzung dert Heiligkeit der Ordnung, in die der einzelne gestellt ist, die ein Aus­ fluß seines immer schärfer präzisierten Glaubens an die ganz spezielle göttliche Fü­ gung auch in den Einzelheiten des Lebens war, zugleich aber seine sich steigernde Neigung zur Hinnahme der weltlichen Ordnungen als von Gott unabänderlich gewollt, treten hier in Luthers Übersetzung hervor.76 a„Vocatio“ war eben im überlieferten La­ tein = göttliche Berufung zu einem heiligen Leben, insbesondere im Kloster oder als Geistlicher, gebraucht[,]77 und diese Färbung nahm nun, unter dem Druck jenes Dog­ mas, für Luther die innenweltliche „Berufs“-Arbeit an.a Denn während er jetzt πόνος und ἔργον bei Jesus Sirach mit „Beruf“ übersetzt b, wofür vorher nur die aus der Mönchsübersetzung stammende (lateinische) Analogie vorlag,b 78 hatte er einige Jahre

q–q  Fehlt in A.   r A1: (Das   s  In A1 folgt: 〈=Arbeits-〉   t BR, C: der   a–a Fehlt in A.   b–b  Fehlt in A; A1: – wofür vorher nur bei Mönchsschriftstellern der älteren Zeit Analogien vorliegen – > – wofür vorher nur bei einem Mönchsschriftsteller eine (lateinische) Analogie vorliegt –  BR: – wofür vorher nur bei einem Mönchsschriftstel­ ler eine (lateinische) Analogie vorlag –   73  Luther übersetzt in den Bibelausgaben von 1522 bis 1545 κλῆσις (kle´¯ sis) in 1 Kor 7,20 stets mit „ruff“, nicht „Beruf“ (Ausnahme das von Weber beobachtete Schwanken zwischen „Ruf“ und „Beruf“ in der Exegese von 1523, vgl. oben, S.  219). Vgl. dazu den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  113. Im Sirachbuch (1533 = 1545) übersetzte er πόνος (pónos) und ἔργον (érgon) in Sir 11,20 (bzw. V. 21) dagegen mit „beruff“ (vgl. oben, S.  211, Fn. 54 mit Anm.  16). 74  Gemeint ist 1 Kor 7,17 ff., speziell V.  20; dazu oben, S.  214, Fn.  54, und in dieser Fn., S.  217 und 221. 75  Siehe dazu mit Zitaten oben, S.  215 f., Fn.  55. 76  Bei der Entwicklung von Luthers Berufsverständnis folgt Weber der Darstellung von Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf, worauf er selbst unten, S.  226, Fn.  57, hinweist. 77  Zu lat. vocatio (griech. kle´¯ sis) nach der Vulgata vgl. oben, S.  214, Fn.  54. Die Quelle, die Weber für die Begriffsbedeutung von vocatio vor Luther benutzt, ließ sich nicht identifizieren. Ähnlich wie Weber formuliert Brentano, Anfänge, S.  137 f. Vocatio ist im traditionellen Begriffsgebrauch auf den ordo spiritualis, d. h. das heilige oder vollkommene Leben der Mönche und Priester, bezogen. 78  Gemeint sein dürfte in erster Linie die Vulgata-Übersetzung (des Hieronymus), vgl. oben, S.  213, Fn.  54 mit Anm.  23 und 24.

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pro|fanen Literatur keines | derselben irgendein Ansatz zu einem derartigen Wortsinn zu bemerken war und auch in der Predigt-| vorher noch in Sprüche Salomon[is] 22, 29 das hebräische ‫ ְמָלאכָה‬,79 welches cdem ἔργονc des griechischen Textes von Jesus Sirachd zugrunde lage und – ganz wie das deutsche Beruf, und das nordische kald, kallelse,80 – insbesondere vom geistlichen „Be­ ruf“ ausgeht, febenso wie an anderen Stellen (Gen. 39,11)f mit „Geschäft“ übertragen81 (LXX: ἔργον, Vulg[ata]: opus, englische Bibeln: business,82 entsprechend auch die nor­ dischen und alle sonstigen gmir vorliegendeng Übersetzungen). h iDie nunmehr von ihm vollzogenei Schöpfung des Worts „Beruf“ in unserem heutigen Sinne bliebk zu­ nächst durchaus lutherisch. lDen Calvinisten galten die Apokryphen als unkanonisch.l 83 Sie haben erst im Gefolge jener Entwicklung, welche mdas „Bewährungs“-Interessem in den Vordergrund schob, den lutherischen Berufs-Begriff  n akzeptiert und nun scharf betont;o in den ersten (romanischen) Übersetzungen aber hatten sie ein entsprechen­ des Wort pnicht zur Verfügung84 und nicht die Macht, es qin der schon stereotypierten Sprache sprachgebräuchlichq zu schaffen.p h   Schon im 16. Jahrhundert ist dann der Begriff „Beruf“ in der außerkirchlichen Lite­ ratur im heutigen Sinne eingebürgert. Die Bibelübersetzer vor Luther hatten für κλῆσις das Wort „Berufung“ gebrauchtr (so z. B. in den Heidelberger Inkunabeln von c–c A: den „πόνος“ und „ἔργον“  d  In A folgt: zweifellos  e  In A folgt: und vom Stamm ְ‫ = לאד‬senden, schicken, also vom Begriff „Sendung“ abgeleitet ist,  f–f Fehlt in A.   g–g  Fehlt in A.   h–h A: Gedanklich war freilich bei ‫ ְמָלאכָה‬der Zusammen­ hang mit dem Stammbegriff, wie Herr Geh.-Rat Merx mich belehrt, schon im Altertum ebenso völlig verloren gegangen, wie für unser „Beruf“ etwa in dem Wort „Berufsstati­ stik“.  i–i A1: Die Leistung der > Die nunmehr […] vollzogene  k A1: ist > blieb   l–l A1: 〈(〉 Den […] unkanonisch.〈)〉  m–m A1: an den Prädestinatianismus anknüpf­ te und die fides efficax > das „Bewäh­rungs“-Interesse  n  In A1 folgt: 〈in ihrer Art, wie wir sehen werden,〉 〈entwickelt〉 〈betont.〉  o  In A1 folgt: 〈aber〉  p–p A1: noch nicht geschaffen. –  q–q BR: sprachgebräuchlich wirksam  r  A, A1: gebraucht,   79  Hebr., Tl. mela¯’ka¯h (wie oben, S.  209, Anm.  1). 80  Zu dänisch „kald“ und schwedisch „kallelse“ vgl. oben, S.  216, Fn.  56. 81  Zu Gen 39,11 vgl. oben, S.  209, Fn.  54. Luther übersetzt 1523/1545: „geschefft“/ „Geschefft“ (WA.DB, 8.  Band, z. St.), entsprechend in der lutherischen Bibelübersetzung [1892]: „Geschäft“. 82  Vgl. oben, S.  160, Fn.  33 mit Anm.  53. Auch zeitgenössisch heißt es „business“, z. B. The Holy Bible, containing the Old and New Testaments [. . .] appointed to be read in Churches. – Oxford: University Press, for the British and Foreign Bible Society 1898, z. St. 83  Die Apokryphen (zum Alten Testament) werden von allen Reformationskirchen als nicht zum Kanon der biblischen Bücher gehörend gewertet. Während sie für Luther als „nützlich und gut zu lesen“ gelten, urteilen die Confessio Gallicana (1559), die Confessio Belgica (1562), die englischen Articles of Religion (1562), die Confessio Helvetica posterior (1564) und die Dordrechter Synode (1618/19), sie seien für den Glauben nicht maßgebend (ähnlich urteilt die Westminster Confession von 1647). (Die anfangs in den calvinistischen Bibelausgaben enthaltenen Apokryphen entfielen darum seit dem 17. Jahrhundert in manchen Ausgaben.) Vgl. Strack, Herm[ann] L., Art. Kanon des Alten Testaments, in: RE3, 9.  Band, 1901, S.  741–768, hier S.  765 f., Zitat S.  765. 84  Zu den romanischen, insbesondere französisch-calvinistischen Bibelübersetzungen vgl. oben, S.  213–215, Fn.  54.

BR, C 67, A, A1 39

224 BR, C 68, A, A1 40

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literatur, soviel ersichtlich, | nur bei einem der deutschen Mystiker, deren Einfluß auf Luther bekannt ist.85 |

1462/66, 1485),86 die Ecksche Ingolstädter Übersetzung von 1537 sagt: „in dem Ruf, worin er beruft ist“.87 Die späteren katholischen Übersetzungen folgen meist direkt Luther.88 In England89 hat s– als erste von allen –s die Wyclifschet Bibelübersetzung (1382) hier „cleping“ (das altenglische Wort, welches später durch das Lehnwort „cal­ ling“ ersetzt wurde),90 a– also, was bei der Art der Lollarden-Ethik gewiß charakteri­ stisch ist: ein dem späteren reformatorischen Sprachgebrauch schon entsprechendes BR, C 69 Wort,91 –a | die Tindalescheb von 1534 wendet dagegenc den Gedanken ständischd: „in s–s  Fehlt in A.   t A: Wiclefsche  a–a  Fehlt in A.   b  A, A1, BR, C: Tindalsche c  Fehlt in A.   d  A, A1: weltlich   85  Weber spielt auf Tauler an; vgl. oben, S.  219, Fn.  54. 86  Weber bezieht sich mit 1462/66 auf die Eggesteinsche Bibel, den zweiten der 14 hochdeutschen vorlutherischen Bibeldrucke (Inkunabeln), der lange Zeit aufgrund der fehlerhaften Angabe 1462 im Stuttgarter Exemplar als erster Druck galt. Im Quartkatalog der UB Heidelberg ist sie einmal als erster Druck 1462–1466, das anderemal mit „nicht nach 24.5.1466“ aufgeführt. – Bei der Inkunabel von 1485 handelt es sich um den (zehnten) Druck, Straßburg, als Verleger gilt Grüninger. Zu den Inkunabeln vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  117, Anm.  78. – e  Die Inkunabeln geben vocatio 1 Kor 7,20 im 4. bis 14. Druck mit „beruffung“ wieder, Mentelin und Eggestein (sowie der 3. Druck) haben hier „rúffung“, zu den übrigen o  neutestamentlichen Stellen („ru ffung[en]“/„rúffung[e]“) vgl. oben, S.   217, Anm.   45. Nach Kurrelmeyer, Erste deutsche Bibel II (ebd.), z. St. 87  Johann Eck (1537 [HD]) folgt im Neuen Testament weitgehend der Übersetzung von Hieronymus Emser (1527), der seinerseits auf Luther fußt und in 1 Kor 7,20 wie oben zitiert überträgt. 88 Während Johann Dietenberger (1534 [HD]) 1 Kor 7,20 mit einer Verbform umschreibt, gebrauchen Kaspar Ulenberg [HD], die Mainzer Bibel, Fleischütz [HD] und Joseph Franz v. Allioli (hier eingesehen: 1838 und 1851) das Substantiv „Beruf“. – Zu den katholischen Bibeln vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  114 f. 89  Die genannten englischen Bibelübersetzungen waren zu Webers Zeit in Deutschland schwer erhältlich, weshalb Weber nach Murrays Wörterbucheintrag „calling“ zitiert (vgl. in dieser Fn., unten, S.  225). Murray gibt darin die englischen Übersetzungsvarianten von κλῆσις (kle´¯ sis) in 1 Kor 7,20 nach den in „The English Hexapla“ in Kolumnen abgedruckten Bibeln z. St. wieder. Als sechste Übersetzung folgt in der Hexapla die „Authorised“ oder King James Version von 1611 (mitaufgeführt bei Murray, s.v. calling). Sie übersetzt κλῆσις in 1 Kor 7,20 mit „calling“. Vgl. dazu den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  118 f. 90  Vgl. Murray, James A. H., A New English Dictionary on Historical Principles, vol.  2. – Oxford: Clarendon Press 1893, s.v. cleping, p.  490 (vgl. auch ders., s.v. calling, p.  39, unter [Nr.] 9). 91  Die Anhänger Wyclifs, die Lollarden, sollen bereits eine strenge Lebensanschauung gehabt haben und wirtschaftlich erfolgreich gewesen sein; vgl. oben, S.  201 f., Anm.  24. – Weber bestätigt hier die Beobachtung von Brodnitz, der zu dieser Stelle Webers von 1904 festhält: „Es ist bezeichnend, daß in Wyclifs englischer Bibelübersetzung auch zum ersten Male sprachlich der Begriff des ‚Berufs‘ erscheint“ (ders., Englische Wirtschaftsgeschichte, S.  304).

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Und wie die Wortbedeutung[,] so ist auch – das dürfte im ganzen ja bekannt sein – der Gedanke neu und ein Produkt der Reforma­ tion. Nicht als ob gewisse Ansätze zu jener Schätzung der weltli­ chen Alltagsarbeit, welche in diesem Berufsbegriff vorliegt, nicht schon im Mittelalter e, ja selbst im (späthellenistischen) Altertum,e vorhanden gewesen wären:f – davon wird später zu reden gsein.1

A, A1 41, BR, C 69

the same state wherein he was called“, ebenso die Geneva von 1557. Die offizielle | Cranmersche Übersetzung von 1539 ersetzte „state“ durch „calling“, während die (ka­ A, A1 41 tholische) Rheimser Bibel von 1582 ebenso wie die höfischen anglikanischen Bibeln der elisabethanischen Zeit2 charakteristischerweise wieder zu „vocation“ in Anleh­ nung an die Vulgata zurückkehren. Daß hfür Englandh die Cranmersche Bibelüberset­ zung die Quelle des puritanischen Begriffes „calling“ im Sinn von Beruf = trade ist, hat schon Murray s. v. calling zutreffend erkannt.3 Schon Mitte des 16. Jahrh[underts] findet sich calling in jenem Sinn gebraucht, schon 1588 sprach man von „unlawful callings“, 1603 von „greater callings“ im Sinne von „höhere“ Berufe usw. (s. Murray a. a. O.).4 i(Höchst merkwürdigk ist Brentanos Vorstellung – a. a. O. p.  139 –, daß man im Mittelal­ ter l„vocatio“ nicht als „Beruf“ übersetzt und diesen Begriff nicht gekannt habe, weill nur Freie einem „Beruf“ folgen konnten und freiem Leute damals n– in den bürgerli­ chen Berufen –n gefehlt hätten.5 Da die ganze gesellschaftliche Gliederung des mittel­ alterlichen Gewerbes im Gegensatz zur Antike auf freier Arbeit ruhte und die Kaufleu­ te vor allem fast durchweg Freie waren, verstehe ich diese Behauptung onicht rechto.)i e–e  Fehlt in A.   f  Doppelpunkt fehlt in A, A1.  g–g  (S.  226)  A: sein –, aber unbe­ dingt neu  h–h Fehlt in A.   i–i Fehlt in A.   k A1: seltsam > merkwürdig   l–l A1: von „Berufen“ deshalb nicht geredet habe, weil in der damaligen Gesellschaft die > „vocatio“ […], weil  m A1: diese > freie  n–n A1: (in […] Berufen) BR, C: – in […] Berufen: –  o–o A1: 〈schlechterdings〉 nicht  1  Für das Mittelalter siehe unten, S.  247 f.; zu den Kynikern und zum Späthellenismus oben, S.  200 f., Fn.  51 mit Anm.  18 und 19. Auf letztere kommt Weber in dieser Studie nicht mehr zu sprechen. 2  Was Weber unter den „höfischen anglikanischen Bibeln der elisabethanischen Zeit“ versteht, muß offen bleiben. Unter Elisabeth I. (reg. 1558–1603) erschien 1568 eine von Matthew Parker, dem Erzbischof von Canterbury, für den Gebrauch der anglikanischen Kirche bestimmte Bibelübersetzung, die sog. „Bishops’ Bible“. Sie hat in 1 Kor 7,20 allerdings „calling“. Dagegen übersetzt die „Geneva“ von 1560 (mit Abweichungen im Neuen Testament zur von Weber oben im Text zitierten Version von 1557) an dieser Stelle „vocation“; „vocation“ behält auch das 1576 von Laurence Tomson revidierte Neue Testament der Geneva Bible bei. Die Geneva Bible wurde auch für die Predigten im anglikanischen Gottesdienst, auch am Hof, verwendet. Vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  119. 3  „Calling“ unter der Wortbedeutung „II. Summons, call, vocations“ im speziellen Sinn von „position, estate, or station in life; rank“ (bei Murray, s.v. calling, p.   39, [Nr.] 10) gründet nach Murrays Wörterbucheintrag auf 1 Kor 7,20 („Founded on 1 Cor. vii. 20 […]“). Ebenso Wortbedeutung [Nr.] 11, „Hence, Ordinary occupation, means by which livelihood is earned, business, trade“, durch Murrays Hinzufügung: „Often etymologized in the same way as prec[eding]“, d. h. [Nr.] 10 (ebd.). 4  Vgl. Murray, s.v. calling, p.  39. 5  Vocatio im Sinne von „Berufung zu einem begrenzten Arbeitsgebiet“ setze die Frei-

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Unbedingt neug war jedenfalls zunächst eins: die Schätzung der Pflichterfüllung innerhalbp der weltlichen Berufe als des höchstenq Inhaltes, den die sittliche Selbstbetätigung überhauptr annehmen könne. Dies war es, was die Vorstellung von der religiösens Bedeu­ tung der weltlichen Alltagsarbeit zur unvermeidlichen Folge hatte und den Berufsbegriff tin diesem Sinn erstmaligt erzeugte. Es kommt also in dem Begriff „Beruf“ jenes Zentraldogma aller pro­ testantischen Denominationen zum Ausdruck, welches die katholi­ sche Unterscheidung der christlichen Sittlichkeitsgebote in „prae­ cepta“ und „consilia“ verwirft6 und als das einzigeu Mittel,a Gott wohlgefällig zu leben, nichtb eine Überbietung der innerweltlichenc Sittlichkeit durch mönchische Askese, sondern ausschließlich die Erfüllung der innerweltlichen Pflichten kennt,d wie sie sich aus der Lebensstellung des einzelnen ergeben, die dadurch eben sein „Beruf“ wird. Bei Luther57) entwickelt dieser Gedanke sich im Laufe des ersten Jahrzehntes seiner reformatorischen Tätigkeit. Anfangs | gehört ihm, durchaus im Sinne der vorwiegenden mittelalterlichen Tradi­

57)  Vgl. zum folgenden die lehrreiche Darstellung bei K[arl] Eger, „Die Anschauung Luthers vom Beruf“ (Gießen 1900),7 deren vielleicht einzige Lücke in der bei ihm, wie BR, C 70 bei fast allen anderen theologischen Schriftstellern, noch | nicht genügend klaren Ana­ lyse des Begriffes der „lex naturae“ bestehen dürfte (s. dazu E[rnst] Tröltsch in der Besprechung von Seebergs Dogmengeschichte, Gött[ingische] Gel[ehrte] Anz[eigen]

g (S.  225) –g A: sein – aber unbedingt neu  p A: innerhalb  q A: höchsten  r A: überhaupt  s A: religiösen  t–t  Fehlt in A; A1: erstmalig > in diesem Sinn erstma­ lig  u A: einzige  a  Komma fehlt in A, A1.  b A: nicht  c BR, C: inner-welt­ lichen  d  Komma fehlt in A.   heit voraus, einem Ruf Folge leisten zu können, weshalb vocatio „im Sinne von banausischer Tätigkeit“ im Mittelalter nicht gebraucht worden sei, argumentiert Brentano, Anfänge, S.  138. „Freie“ sind nach Brentano unter den Laien lediglich die Adligen oder Ritter, nicht aber die Hörigen, die Mandate von ihren Herren zugewiesen erhielten. Zu den Hörigen rechnet Brentano auch Handwerker und Kaufleute: „Sie hatten also keine vocatio im Sinne von freiem Beruf“ (ebd., S.  139). Erst mit der Vertreibung der bisherigen Stadtherren sei die Freiheit der Bürger und Handwerker sowie freie Berufsarbeit der zuvor abhängigen Gesellschaftsklassen entstanden (vgl. ebd., S.  140). 6  Bei den consilia evangelica („evangelische Räte“, Armut, Keuschheit und Gehorsam) handelt es sich nach der römisch-katholischen Moraltheologie um die Weisungen für das Mönchtum, während für Laien die im Alltagsleben zu befolgenden praecepta (Sittlichkeitsgebote und -verbote) galten. Vgl. auch das Glossar, unten, S.  603. 7  Gemeint ist: Eger, Die Anschauungen Luthers vom Beruf.

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tion, wie sie z. B. Thomas von Aquino repräsentiert58), die | weltliche Arbeit, obwohl von Gott gewollt, zum Kreatürlichen, sie ist die

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19028 eund nunmehr vor allem in den betreffenden Partien seiner „Soziallehren“ der christlichen Kirchene).9 58)  Denn wenn Thomas von Aquin die ständische und berufliche Gliederung der Menschen als Werk der göttlichen Vorsehungf hinstellt, so ist damit der objektive Kosmos der Gesellschaft gemeint. Daß der einzelneg aber sich einem bestimmten | konkre­ A, A1 42 ten „Beruf“ (wie wir sagen würden, Thomas sagt: ministerium oder officium) zuwendet, hat seinen Grund in „causae naturales“. Quaest[iones] quodlibetal[es] VII art. 17 c:10 „Haec autem diversificatio hominum in diversis officiis contingit primo ex divina pro­ videntia, quae ita hominum status distribuit, … secundo etiam ex causis naturalibus, ex quibus contingit, quod in diversis hominibus sunt diversae inclinationes ad diversa officia …“ hGanz ebenso geht z. B. Pascalsi Bewertung des „Berufs“ von dem Satz aus, daß der Zufall es sei, der über die Berufswahl entscheide (vgl.k über Pascal: A[dolph] Köster, Die Ethik Pascals, 1907).11 Von den „organischen“ religiösen Ethiken steht in dieser Hinsicht nur die geschlossenstel von ihnen allen: die indische, anders.h 12 Der Gegensatz mdes thomistischenm gegen den protestantischen (auch den sonst, namente–e  Fehlt in A; in A1 folgt zunächst auf einen Satzpunkt: Jetzt vor Allem E. Tröltsch in […] Kirchen  >  , und […] Kirchen  f  In A1 lautet Max Webers Satzanweisung: nicht sperren!  g A1: Einzelne  h–h  Fehlt in A.   i  In A1 folgt: 〈Berufs〉  k  In A1 folgt: 〈A. Köster〉  l  In A1 folgt: 〈allen〉  m–m  Fehlt in A.   8  Weber schließt sich der Kritik von Troeltsch, [Rez.] Seeberg, bes. S.  21 ff. (KGA 4, bes. S.  97 ff.), an. Nach Troeltsch stammt der Begriff „lex naturae“ aus der stoisch-eklektischen Popularphilosophie und muß mit dem christlichen Gesetz in Beziehung gesetzt werden. Weber ergänzt darum seine Darstellung der Entwicklung des Berufsbegriffs bei Luther um den bei Eger ungenügend berücksichtigten Begriff „lex naturae“; vgl. unten, S.  228 f., Fn.  59, S. 240 f., Fn.  70, S.  243, Fn.  73, S.  246, Fn.  76, S.  292 f., S.  311 f., S.  400, Fn.  268, und S.  443 f. mit Fn.  334. 9  Vgl. Troeltsch, Soziallehren, S.  52–58 (grundlegend), 158–165, 171–178 und weitere Stellen (KGA 9). Sie waren zwischen 1908 und 1910 als Aufsatzserie im „Archiv“ und 1912 in Buchform erschienen. 10 Das Zitat aus Quaestiones quodlibetales VII („De opere manuali“), art. 17 c[onclusio], entstammt: Thomas von Aquin, Opera Omnia IX/2, p.  566. Zitiert auch bei Maurenbrecher, Thomas von Aquino, S.  34 f., Anm.  6 (dort mit einem weiteren, inhaltlich ähnlichen Zitat, worin Thomas „ministerium“ anstelle von „officium“ verwendet). Aufgrund des providentiellen Charakters der Stände- und Berufsgliederung – so Maurenbrecher – „ist nun jede Teilarbeit, die der einzelne verrichtet, sein ‚Beruf‘, seine Pflicht, sein ‚Amt‘, eine Dienstleistung, die er der Gesamtheit gegenüber hat“ (S.  35). 11  Vgl. Köster, Ethik Pascals. Köster zitiert ebd., S.  16, Pascal: „Der Umstand, der für das Leben die grösste Bedeutung hat, ist die Wahl eines Berufes. Der Zufall verfügt darüber! Die Gewohnheit macht zu Maurern, Soldaten, Dachdeckern. […] Je nachdem man in seiner Jugend diese Berufsarten hat loben hören, und alle andern gering schätzen, trifft man seine Wahl! […] Ohne Zweifel ist die Natur nicht so gleichförmig. Also bewirkt das die Gewohnheit, die die Natur mit sich fortreisst.“ Max Weber markiert diese Passage in seinem Handexemplar (Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München) mit Randstrich, unterstreicht „Zufall“ sowie die beiden letzten Sätze und notiert: „cf* Thomas v. Aquin“. 12  Eine „organische“ Ethik relativiert im Gegensatz zu einer absoluten Ethik die An-

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unentbehrliche Naturgrundlagen des Glaubenslebens,o sittlich an sich indifferent wie Essen und Trinken59) p. Aber mit | der klareren lich in der Betonung des Providentiellen, nahe verwandten späteren lutherischen) Be­ rufsbegriff liegt so klar zutage, daß es vorläufig bei qdem obigenq Zitat bewenden kann, da auf die Würdigung der katholischen Anschauungsweise später zurückzukommen ist.13 S[iehe] über Thomas: Maurenbrecher, Th[omas] v[on] Aquinos Stellung zum Wirt­ schaftsleben seiner Zeit, 1898. Wo übrigens in Einzelheiten Luther mit Thomas über­ einzustimmen scheint, ist es wohl mehr die allgemeine Lehre der Scholastik überhaupt, als Thomas speziell, was ihn beeinflußt hat. Denn Thomas scheint er, nach Denifles Nachweisungen, tatsächlich nur unzulänglich gekannt zu haben (s. Denifle, Luther und Luthertum, 1903, S.  501 und dazu Köhler, Ein Wort zu Denifles Luther, 1904, S.  25 f.).14 59)  In „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ wird zunächst 1. die „zweierlei Natur“ des Menschen für die Konstruktion der innerweltlichen Pflichten im Sinne der lex naturae (hier = natürliche Ordnung der Welt) verwendet, die daraus folgt, daß (Erl[anger] Ausg. 27 S.  188) der Mensch faktisch an seinen Leib und die soziale Ge­ meinschaft gebunden ist.15 – 2. In dieser Situation wird er (S.  196), – das ist eine daran n A: Naturgrundlage  o In A folgt Index (für Fn.  59).   p Index fehlt an dieser Stelle in A.   q–q A: diesem sprüche des ethischen Postulats gegenüber den Eigengesetzlichkeiten der übrigen Wertsphären. Ein Beispiel für eine organische Ethik ist nach Weber die indische Kasten­ethik, die kastenspezifische Berufsethiken kennt. Ein Beispiel für eine absolute Ethik ist die Berufsethik des asketischen Protestantismus, die für alle Berufe gleichermaßen gilt. Vgl. dazu Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22-2, S.  396–401, und ders., Zwischenbetrachtung, MWG I/19, S.  495–497. 13  Siehe unten, S.  426–429. 14  Weber nimmt 1904 Bezug auf eine aktuelle Debatte. Der römisch-katholische Kirchenhistoriker Heinrich Denifle, ein ausgewiesener Kenner der Scholastik, stellt in seinem Werk „Luther und Luthertum in der ersten Entwickelung quellenmäßig dargestellt“, das Anfang 1904 (nicht: 1903) erschien, die These auf, Luther sei zu Beginn seiner Auseinandersetzung mit den Scholastikern in den Jahren 1515/16 lediglich „ein Halbwisser, ein Halbgebildeter“ gewesen (S.  501 u. ö.), habe nur die Spätscholastik, nicht aber ihre „Blüthezeit“ im 13. Jahrhundert und insbesondere nicht Thomas von Aquin aus den Quellen studiert (vgl. Denifles „Nachweisungen“, ebd., S.  502–568). Der Protestant Walther Köhler entgegnet ihm, Luther habe Thomas sehr wohl gekannt, als Anhänger von Wilhelm von Ockham ihn jedoch von vornherein antagonistisch gelesen (Köhler, Denifle, S.  25 f.). Daß er Thomas auch bei Übereinstimmungen nicht zitiere, liege an dem in der wissenschaftlichen Theologie der Zeit üblichen Umgang mit Quellen (S.  7 ff.). „Ein ‚Halbwisser‘ […] war er darnach gewiß vom modernen Standpunkte aus, nicht aber von dem seiner Zeit aus […]“ (S.  26). – Weber folgt hier dem Lutherkritiker Denifle. 15  Luthers Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ von 1520 gehört zu seinen zentralen reformatorischen Schriften. Nach Luther enthält sie „die ganze Summe eines christlichen Lebens“ (ebd., S.  173). Entsprechend der „zweierlei Natur“ (S.  176) des Christenmenschen, der geistigen und leiblichen, hat die Schrift zwei Teile. Teil  I: Vom innerlichen, durch den Glauben frei gewordenen Menschen gelte: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr uber alle Ding, und niemand unterthan“ (S.  176). Teil  II: Vom äußerlichen Menschen, genauer dem gerechtfertigten Menschen, der in dieser Welt und damit in sozialen Bezügen lebe, gelte: „Ein Christenmensch ist ein dienstbar

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Durchführung des „sola-fide“-Gedankens16 in seinen Konsequen­ zen und mit dem dadurch gegebenen, mit steigender Schärfe beton­ ten Gegensatz gegen die „vom Teufel diktierten“ katholischen „evangelischen Ratschläge“ des Mönchtums17 steigt die Bedeu­ tung des Berufs. Die mönchische Lebensführung ist nun nicht nur angeknüpfte zweite Begründung, – wenn er ein gläubiger Christ ist, den Entschluß fas­ sen, Gottes aus reiner Liebe gefaßten Gnadenentschluß durch Nächstenliebe zu vergelten.18 Mit dieser sehr lockeren Verknüpfung von „Glaube“ und „Liebe“ kreuzt sich 3. (S.  190) die alte asketische Begründung der Arbeit als eines Mittels, dem „inneren“ Menschen die Herrschaft über den Leib zu verleihen.19 – 4. Das Arbeiten sei daher, – so heißt es in Verbindung damit weiter, | und hier kommt wieder der Gedanke der „lex A, A1 43 naturae“ (hier = natürliche Sittlichkeit)20 in anderer Wendung zur Geltung, – ein schon Knecht aller Ding, und Jdermann unterthan“ (ebd.). Weber gibt im folgenden die Gedanken Luthers aus dem zweiten Teil (S.  188 ff.) in einer eigenen Systematik wieder. – Luthers Schrift wird ausführlich besprochen von Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf, S.  34–38, kritisch S.  39–43. – Zu „lex naturae“ vgl. oben, S.  226 f., Fn.  57 mit Anm.  8. 16  „sola fide“, zentraler Begriff Luthers reformatorischer Erkenntnis: Allein durch den Glauben, ohne verdienstliche Werke, werde dem Menschen Rechtfertigung zuteil. Vgl. auch das Glossar, unten, S.  618. 17 Hier deutsch wiedergegebene, oftmals paraphrasierte Formulierung (z. B. Seeberg, Dogmengeschichte II, S.  259) nach „De votis monasticis“ von 1521 (Luther, Opera latina varii argumenti, tomus VI, p.  234–376). Luther führt darin aus, daß das überkommene Mönchswesen und die mit ihm verbundene Scheidung in einen Stand der Vollkommenheit und einen Laienstand, basierend auf der Unterscheidung von consilia evangelica und praecepta (dazu das Glossar, unten, S.  603), keine biblische Grundlage habe: Das Evangelium enthalte keine besonderen „Räte“, wohl aber die Ermahnung an alle Getauften gleichermaßen, Gottes Gebote zu halten. Um zum Mönchsstand zu locken, habe der Satan ihn mit jenen perfectiones und consilia ausgeschmückt („Certe si rem tecum pensites, videri potest Satanas in hoc excogitasse figmentum de consiliis et statu perfectionis, ut adornaret istam perversam monasticen […]“, p.  256 [WA 8, S.  585, Z.  38 f., S.  586, Z.  1]). 18  Weber hat folgende Stelle von Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen, im Exemplar der UB Heidelberg am Rand markiert: „Ei, so will ich solchem Vater, der mich mit seinen uberschwenglichen Gutern also ubirschüttet hat, wiederumb frei, fröhlich und umbsonst thun, was ihm wohlgefället, und gegen meinen Nähsten auch werden ein Christen, wie Christus mir worden ist, und nichts mehr thun, denn was ich nur sehe, ihm noth, nützlich und seliglich sein; dieweil ich doch durch meinen Glauben allis Dings in Christo gnug habe“ (ebd., S.  196). Weber notiert am Rand: „loser Zus. hang zwischen Glauben u. Liebe“ (vgl. den folgenden Satz oben im Text). So auch Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf, S.  40 f. 19  Im Exemplar der UB Heidelberg von Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen, hat Weber die zweite Satzhälfte mit einer eckigen Klammer am Rand markiert und teilweise unterstrichen („arbeitet so viel er“): „Daraus denn ein Jglicher kann selbs nehmen die Maaß und Bescheidenheit den Leib zu casteien; denn er fastet, wachet, arbeit so viel er sicht dem Leib noth sein, seinen Muthwillen zu dämpfen“; ebd., S.  190. Weber kommentiert am Seitenrand: „ganz mönchisch“. 20  Zu „lex naturae“ vgl. oben, S.  226 f., Fn.  57 mit Anm.  8.

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zur Rechtfertigung vor Gott selbstverständlich gänzlich wertlos, sondern sie gilt ihm auch als Produkt egoistischer, den Weltpflich­ ten sich entziehender Lieblosigkeitr. Im Kontrast dazu erscheint die weltliche Berufsarbeit als äußerer Ausdruck der Nächstenliebe, und dies wird in allerdings höchst weltfremder Art und in einem fast grotesken Gegensatz zu Adam Smiths bekannten | Sätzen60) insbesondere durch den Hinweis darauf begründet, daß die Arbeits­ teilung jeden einzelnen zwinge, für andere zu arbeiten. Indessen diese, wie man sieht, wesentlich scholastische Begründung21 ver­

dem Adam (vor dem Fall) eigener, von Gott ihm eingepflanzter Trieb gewesen, dem er „allein Gott zu gefallen“ nachgegangen sei.22 – Endlich 5. (S.  191s und 199) erscheint im Anschluß an Matth. 7, 18 f. der Gedanke, daß tüchtige Arbeit im Berufe Folge des durch BR, C 71 den Glauben gewirkten neuen | Lebens sei und sein müsse,23 ohne daß jedoch daraus der entscheidendea calvinistische Gedanke der „Bewährung“ entwickelt würde. – Die mächtige Stimmung, von welcher die Schrift getragen ist, erklärt die Verwertung hete­ rogener begrifflicher Elemente. 60)  „Nicht vom Wohlwollen des Fleischers, Bäckers oder Brauersb erwarten wir unser Mittagessen, sondern von ihrer Rücksicht auf ihren eigenen Vorteil; wir wenden uns nicht an ihre Nächstenliebe, sondern an ihre Selbstsucht, und sprechen ihnen nie von unseren Bedürfnissen, sondern stets nur von ihrem Vorteil.“ (W[ealth] ofc N[ations] I, 2.)24 r A: Lieblosigkeit  s  A, A1, BR, C: 161  a  Fehlt in A.   b BR, C: Bauers  c A, A1: of.   21  Vgl. das Zitat von Thomas von Aquin und Maurenbrechers Interpretation, oben, S.  227, Fn.  58, Anm.  10; auch unten, S.  231 f., Fn.  61 mit Anm.  29. 22  „Nu war Adam von Gott frumm und wohlgeschaffen ohn Sund, daß er durch sein arbeiten und huten nit durft frumm und rechtfertig werden; doch daß er nit müßig gieng, gab ihm Gott zu schaffen, das Paradies zu pflanzen, bauen und bewahren. Wilchs wären eitel frei Werk gewesen, umb keins Dings willen gethan, denn allein Gott zu gefallen […]“ (Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen, S.  190). Diese Sätze markiert Weber im Exemplar der UB Heidelberg mit Randstrich, „allein Gott zu gefallen“ ist zusätzlich unterstrichen. Er vermerkt am Rand: „cf Adam in der Staatslehre“. Dabei dürfte es sich um einen Hinweis auf Jellineks Vortrag „Adam in der Staatslehre“ handeln, gehalten im historisch-philosophischen Verein zu Heidelberg (Heidelberg: G. Koester 1893; dass. in: ders., Ausgewählte Schriften und Reden, Band  2. – Berlin: O. Haering 1911, S.  23–44). In dem Vortrag gibt Jellinek einen Abriß über die verschiedenen Begründungen des Staates mit Hilfe des biblischen Adam, von Augustinus über das Mittelalter zu Luther und bis ins 19. Jahrhundert. 23  Vermutlich gemeint: Mt 7,18 ff. Luther zitiert Mt 7,18 und 20 (Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen, S.  191 und 193). – „Gute frumm Werk machen nimmermehr ein guten frummen Mann; sondern ein gut frumm Mann macht gute frumm Werk. […] Also, daß allweg die Person zuvor muß gut und frumm sein vor allen guten Werken, und gute Werk folgen und ausgahn von der frummen, guten Person“ (S.  191). Die Passage versah Weber im Exemplar der UB Heidelberg mit Randmarkierungen, einschließlich des darauf folgenden Zitats von Mt 7,18. 24  Smith, Adam, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations I, zuerst 1776, 2. Kapitel. Weber benutzt die Übersetzung von Wilhelm Loewenthal:

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3.  Luthers Berufskonzeption. Aufgabe der Untersuchung

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schwindet bald wieder, und es bleibt, mit steigendem Nachdruck betont, der Hinweis darauf, daß die Erfüllung der innerweltlichen Pflichten unter allen Umständen der einziged Weg sei, Gott wohl­ zugefallen, daß sie und nure sie Gottes Wille sei und daß deshalb jeder erlaubte Beruf vor Gott schlechterdings gleich viel gelte61). | 61)  Omnia enim per te operabitur (Deus), mulgebit per te vaccam et servilissima quaeque opera faciet, ac maxima pariter et minima ipsi grata erunt. (Exegese der Ge­ nesis, Op[era] lat[ina] exeg[etica] ed. Elsperger fVIII, 212f.)25 Der Gedanke findet sich vor Luther bei Tauler, der geistlichen und weltlichen „Ruf“ dem Wert nach prinzipiell gleichstellt.26 Der Gegensatz gegen den Thomismus ist der deutschen Mystik und Lu­ ther gemeinsam. In den Formulierungen kommt er darin zum Ausdruck, daß Thomas – namentlich um den sittlichen Wert der Kontemplation festhalten zu können, aber auch vom Standpunkt des Bettelmönchesg aus27 – sich genötigt fand, den paulinischen Satz: „wer nicht arbeitet, soll nicht essen“28 so zu deuten, daß den Menschen als Gat­ tungh, nicht aber allen einzelnen die Arbeit, die ja lege naturae unentbehrlich ist, auf­

d A: einzige  e A: nur  f–f  A, A1, BR, C: VII, 213  g A: Bettelmönches  h A: Gattung   Smith, Natur und Ursachen I, S.  16. In seinem Zitat verändert er die Reihenfolge von Fleischer, Brauer oder Bäcker, und er schreibt „Nächstenliebe“ statt „Menschenliebe“ (engl. humanity). 25  Bei Luther: „[…] ac maxima partiter et minima omnia ipsi grata erunt.“ Das Zitat von Luther, Genesisexegese VIII, p.  12 [WA 44, S.  6, Z.  23–25], entstammt seiner Genesis-Vorlesung, die er mit Unterbrechungen zwischen 1535 und 1545 hielt (zu Gen 31,3, vorgetragen ca. 1542/43; vgl. WA 42, S.  VIII). Es findet sich paraphrasiert auch bei Eger im Kontext der Ausführungen über die letzte Entwicklungsstufe von Luthers Berufsanschauung: „Das in der treuen Berufserfüllung sich beweisende Gottvertrauen ist eben die stetige Quelle der Gewißheit göttlichen Wohlgefallens […]. Das Volk Got­ tes gefällt Gott auch in den kleinsten und geringsten Dingen. Er wirkt selber alles durch dich; er melkt durch dich die Kuh und thut die allerniedrigste Knechtsarbeit“ (Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf, S.  155 f.). In der Auslassung findet sich bei Eger ein Zitat, dem der hier von Weber zitierte Beleg gilt (vgl. oben, textkritische Anm.  f). 26  Vgl. den oben, S.  219, Fn.  56 mit Anm.  58, wiedergegeben Inhalt der Predigt Taulers über Eph 4,1 ff. (Tauler, Predigten, Basler Ausg. 1521, fol.  116v–118r). 27  Thomas von Aquin gehörte den Dominikanern, einem Bettelorden, an. Die Dominikaner verzichteten aufgrund eines verschärften Armutsgelübdes auf persönlichen und gemeinschaftlichen Besitz sowie feste Einkünfte und lebten zumindest anfangs von Almosen und Schenkungen. Die Besitzlosigkeit wurde allerdings nie besonders hart durchgesetzt und war seit 1425 (Aufhebung des Gütererwerbsverbots durch Papst Martin V.) de jure hinfällig. Auch auf die für das abendländische Mönchtum seit der Benediktsregel (cap.  48) geltende Verpflichtung zur körperlichen Arbeit der Mönche wurde verzichtet. Vgl. Grützmacher, [Georg,] Art. Dominikus, Dominikaner, in: RE3, 4.  Band, 1898, S.  768–781. 28  2 Thess 3,10 schreibt Paulus über sich und seine Mitarbeiter [1892]: „Und da wir bei euch waren, geboten wir euch solches, daß, so jemand nicht will arbeiten, der soll auch nicht essen.“ Die Stelle wurde als „neutestamentliches Arbeitsgebot“ im abend-

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Daß diese sittliche Qualifizierung des weltlichen Berufslebens eine der folgenschwersten Leistungen der Reformation und also | speziell Luthers war, ist in der Tat zweifellos und darf nachgerade

erlegt sei.29 Die Gradation in der Schätzungi der Arbeit, von den „opera servilia“ der Bauernk 30 aufwärts, ist etwas, was mit dem spezifischen Charakter des aus materiellen Gründen an die Stadtl als Domizil gebundenen Bettelmönchtumsm zusammenhängt31 und den deutschen Mystikern wie dem Bauernsohn Luther,32 welche bei nunter sich BR, C 72 gleichern Schätzung der Berufe die oständische Gliederungo als gottgewollt be|tonten, gleich fernlag. – Die entscheidenden Stellen des Thomas s. bei Maurenbrecher, Th[omas] v[on] Aquinos Stellung zum Wirtschaftsleben seiner Zeit (Leipzig 1898, S.  65 f.). | i A: Schätzung  k A: Bauern  l A: Stadt  m A, A1, BR: Bettelmönchstums   n–n A: gleicher  o–o A: ständische Gliederung   ländischen Mönchtum immer wieder zitiert (schon bei Augustinus, De opere monachorum). 29 Vgl. Maurenbrecher, Thomas von Aquino, S.  64–66, mit Bezug auf das oben, S.  227, Fn.  58, wiedergegebene Zitat: Bei Thomas diene körperliche Arbeit drei Zwecken: Müßigkeit zu vermeiden, den Leib zu kasteien und den Lebensunterhalt zu beschaffen. Das neutestamentliche Arbeitsgebot (vgl. oben, S.  231 f., Anm.  28) beziehe sich nur auf die Erwerbsarbeit, denn die ersten beiden Zwecke ließen sich auch durch das Studium der Heiligen Schrift oder durch Fasten erfüllen. Die Verpflichtung zur Erwerbsarbeit bestehe sowohl nach göttlichem Recht als auch nach dem Naturrecht. Bezüglich des Naturrechts unterscheidet Thomas solche Gebote, die das Individuum betreffen, wie Essen und Trinken, von solchen, die sich auf die Gattung (Menschheit) beziehen. Zu letzteren zähle etwa das biblische Vermehrungsgebot („Seid fruchtbar und mehret euch“) sowie das Gebot der Erwerbsarbeit. Denn ein Mensch vermöge hier nicht alles allein, sondern bedürfe der Unterstützung durch andere. Die Arbeitsteilung, die Thomas als Grundlage der Gesellschaft voraussetzt, ermöglicht ihm also den Schluß, daß nicht jeder körperlicher Erwerbsarbeit nachgehen müsse. 30 opera servilia (lat.), antike Bezeichnung für die körperliche Arbeit der Sklaven. Nach Maurenbrecher, Thomas von Aquino, S.  67, übernimmt Thomas die Bezeichnung von Aristoteles, bezieht den Begriff auf jegliche körperliche, zweckbezogene Arbeit und stellt sie der geistigen Arbeit, den „freien Künsten“, gegenüber. 31  Geistige Arbeit beurteilt Thomas mit Bezug auf Aristoteles gegenüber körperlicher Arbeit als „vornehmer“ („nobilior“; vgl. Maurenbrecher, Thomas von Aquino, S.  67; zu Thomas’ Hierarchisierung der verschiedenen arbeitenden Klassen vgl. S.  68–75). Der geringe Wert, den er den Bauern und der Landbevölkerung zumesse (vgl. S.  71–73), liege in Thomas’ Anschauung von der „Stadt“ begründet: Sie gelte ihm als die vollkommenste Gemeinschaft, weil sie die bestmögliche Bedarfsdeckung sichere (vgl. S.  38– 51, hier S.  40). Das städtische Leben sei darum im Unterschied zum Landleben das natürliche Leben („homo sit naturaliter civilis“, S.  40, Anm.  1). 32  Luther hob seine Herkunft aus einer (im Dorf Möhra, heute in Thüringen, beheimateten) Bauernfamilie hervor, obwohl sein (nicht erbberechtigter) Vater im Mansfelder Kupferbergbau Hüttenmeister wurde und gesellschaftliches Ansehen gewann: „Ich bin eines Bauern Sohn; mein Vater, Großvater, Ahnherr sind rechte Bauern gewest.“ In dieser Form oft zitiert, hier nach Köstlin, Julius, Martin Luther. Sein Leben und seine Schriften, 5. neubearb. Aufl., fortges. von Gustav Kawerau, 1.  Band. – Berlin: Alexander Duncker 1903, S.  10 (eigentl. lat.-deutsch, WA.TR, 5.  Band, Nr.  6250, S.  557 f., Zitat S.  558, Z.  13 f.).

Archiv, 20. Band, Heft 1, 1904, S.   44, mit handschriftlichen Überarbeitungen Max Webers (Satzanweisungen mit sehr feiner Feder und braunstichiger Tinte; rechter Rand und neue Fußnote am linken Rand: mit derselben Tinte, mit derselben oder einer etwas breiteren Feder?) Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen (seit 2016: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446.B)

Archiv, 20. Band, Heft 1, 1904, S.  45, mit handschriftlichen Überarbeitungen Max Webers (Satzanweisungen und Zusatz am linken Rand: mit sehr feiner Feder und braunstichiger Tinte) Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen (seit 2016: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446.B)

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als ein Gemeinplatz gelten62) p. qWeltenfern steht diese Auffassung dem tiefen Haß, mit welchem Pascals kontemplativer Stimmung die, nach seiner tiefsten Überzeugung, nur aus Eitelkeit oder Schlauheit süberhaupt erklärbares, Schätzung des Wirkens in der Welt von sich wies63), t– noch fernert freilich dera weitherzigenb uti­ litarischen Anpassungc an die Welt, welche der jesuitische Proba­ bilismus33 vollzog.q Aber wie nun im einzelnen die praktisched Bedeutung jener Leistung edes Protestantismuse vorzustellen sei, das wird im allgemeinen wohl mehr dunkel empfundenf als klar erkannt. Zunächst ist kaum nötig zu konstatieren, daß nicht etwa Luther als mit dem „kapitalistischen Geist“ in dem Sinne, den wir hier bisher mit diesem Wort verbunden haben, g– oder, übrigens: in irgendeinem Sinn überhaupt –g innerlich verwandt angesprochen h 62)  Um so erstaunlicher ist, daß einzelne Forscher glauben: eine solche Neuschöp­ A, A 44 1 fung könne am Handeln der Menschen spurlos vorübergehen. Ich gestehe, das nicht zu verstehen.h i 63)  „Die Eitelkeit wurzeltk so tief im menschlichen Herzen, daß ein Troßknecht, ein Küchenjunge, ein Lastträger sich rühmt und seine Bewunderer haben will …“ (Faugères Ausgabel I, 208, vgl. Köster a. a. O. S.  17, S.  136 ff.)34 mÜber die prinzipielle Stellung von Port Royal und des Jansenismus zum „Beruf“, auf die später noch kurz zurückzukom­ men ist,35 vgl. jetzt die vorzügliche Schrift von Dr. Paul Honigsheim, „Die Staats- und Soziallehren der französischen Jansenisten im 17. Jahrhundert“ (Heidelberger histori­ sche Dissertation 1914, Teildruck aus einem umfassenden Werken über die „Vorge­ schichte der französischen Aufklärung“[;] vgl. insbes. p.  138 ff. des Teil­druckes).m  i   36

p Index fehlt in A, A1.  q–q Fehlt in A einschließlich Index.   r A1: gottinnige s–s A1: erklärbare > überhaupt erklärbare  t–t A1: noch weiter > noch ferner a A1: dem > der  b  In A1 folgt: 〈〈Probabilismus, mit w〉 der jesuitischen Ethik, wel­ che〉  c  In A1 nicht hervorgehoben.   d A: praktische  e–e  Fehlt in A.   f A, A1: empfunden,  g–g  Fehlt in A; A1: – oder, übrigens, […] überhaupt –  h–h Fehlt in A, A1.  i–i  Fehlt in A.   k A1: ist so groß > wurzelt  l  In A1 folgt: 〈in [?] P.* II, 56〉  m–m  Fehlt in A1.  n BR: Werke;   33  Zu „Probabilismus“ vgl. das Glossar, unten, S.  615 f. 34  Webers Zitat aus Faugère, [Pascal,] Pensées I, p.  208 [XCIII.], deutsch bei Köster, Ethik Pascals, S.  17, wiederholt im Abschnitt „Pascal und die Arbeit“, S.  135–139, hier S.  136., eingeleitet mit dem Satz: „Die Berufsarbeit scheint ihm einmal ganz niederen Motiven zu entspringen.“ Ab „einmal“ von Weber in seinem Handexemplar (Max We­ ber-Arbeits­stelle, BAdW München) unterstrichen und die gesamte Passage mit Randstrich markiert. 35  Siehe unten, S.  294 mit Fn.  121, auch S.  303, Fn.  133. 36 Vgl. Honigsheim, Jansenismus. (Honigsheim plante eine mehrbändige „Vorgeschichte der französischen Aufklärung“, deren übrige Teile aber nicht erschienen; vgl. ebd., S.  220–226.) Weber bezieht sich näherhin auf das Kapitel „Beruf“, ebd., S.  139– 155.

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BR, C 73

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werden darf. Schon diejenigen kirchlichen Kreise, welche jene „Tat“ der Reformation am eifrigsten zu rühmen pflegen, sind im ganzen heute keineswegs Freunde des Kapitalismus in irgendeinem Sinne. Erst recht aber würde Luther selbst ohne allen Zwei­ fel jede Verwandtschaft mit einer Gesinnung, wie sie bei Franklin zutage tritt,37 schroff o abgelehnt haben. Natürlichp darf man hier nicht seine Klagen über die großen Kaufleute, die Fugger64) u. dgl.[,] als Symptom heranziehen. Denn der Kampf | gegen die rechtlich oder faktisch privilegierte Stellung einzelner großer Han­ delskompagnien im 16. und 17. Jahrhundert kann am ehesten dem modernen Feldzug gegen die Trusts verglichen werden und ist ebensowenig wie dieser schon an sich Ausdruck traditionalistischer Gesinnung.38 qGegen diese, gegen die Lombarden, die „Trapezi­ ten“,39 die vom Anglikanismus r, denr Königen und Parlamenten in

64)  Bezüglich der Fugger meint er: es könne „nicht recht und göttlich zugehen, wenn bei eines Menschen Leben sollte so großes und königliches Gut auf einen Haufen ge­ bracht werden“.40 Das ist also wesentlich Bauernmißtrauen gegen das Kapital. Ebenso BR, C 73 ist ihm (Gr[oßer] Sermon v[om] Wucher, Erl[anger] Ausg. 20 S.  109) | der Rentenkauf sittlich bedenklich, weil er „ein neues, behendes erfunden Ding ist“, – also weil er ihm ökonomisch undurchsichtig ist,41 ähnlich wie dem modernen Geistlichen etwa der Terminhandel.

o  Fehlt in A.   p A: Zwar  q–q (S.  235)  Fehlt in A einschließlich Index.   r–r A1: und > , den   37  Vgl. dazu oben, S.  151–154. 38  Weber dürfte auf die Antitrust-Bewegung in den USA anspielen (seit 1873), die Monopole und Wettbewerbsbeschränkungen unter Verbot gestellt sehen wollte, was mit der Sherman Act 1890 auch geschah. 39  Zu den Begriffen Lombarden und „Trapeziten“ vgl. das Glossar, unten, S.  612 und 620. 40  Das von Weber an das Deutsch seiner Zeit angepaßte und mit kleineren Änderungen versehene Zitat entstammt Luther, Christlicher Adel (1520), S.  357. Die Augsburger Kaufmannsfamilie Fugger machte ihre Finanzgeschäfte mit Papst, Kurie und Habsburgern und verdiente am Ablaßhandel. Hinweis auf die von Weber zitierte Stelle etwa auch bei Wiskemann, Nationalökonomische Ansichten, S.  61, Anm.  7. 41  Als verbotener Zins oder Wucher (vgl. im Glossar: „Zinsverbot“, unten, S.  622) galt jede Leistung, die über die Rückerstattung der geliehenen Sache hinausreichte. Man versuchte, das Verbot z. B. mit dem Rentenkauf zu umgehen. Dieser wurde 1425 von Papst Martin V. gestattet: Der Schuldner überließ dem Gläubiger z. B. ein Grundstück zur Nutzung. Luther meinte, ob erlaubt oder nicht, der Renten- oder Zinskauf wirke dennoch wie „Wucher“, weil er Land und Leute beschwere (vgl. Luther, Großer Sermon vom Wucher, S.  110 – ein weiterer gegenüber dem von Weber im Text zitierten Einwand, ebd., S.  109). Vgl. dazu die von Weber unten, S.  240, Fn.  69, zitierte Literatur: Schmoller, National-ökonomische Ansichten, S.  554–571; Wiskemann, Nationalökonomische Ansichten, S.  55 f.

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England und Frankreich begünstigtens Monopolisten, Großspeku­ lanten und Bankiers führten auch die Puritaner ebenso wie die Hugenotten einen erbitterten Kampf65).q Cromwella schrieb nach der Schlacht von Dunbar (Sept. 1650)42 an das Lange Parlament: „Bitte stellt die Mißbräuche aller Berufe ab, und gibt es einen, der viele arm macht, um wenige reich zu machen: das frommt einem Gemeinwesen nicht“,43 – bdagegen wird manb ihn andererseits von ganz spezifisch „kapitalistischer“ Denkweise erfüllt finden66). cUn­ d 65)  Der Gegensatz ist von H[ermann] Levy (in seiner Schrift über „Diee Grundla­ gen des ökonomischen Liberalismus in fder Geschichte der englischen Volkswirtschaft“g Jena 1912)f zutreffend entwickelt.44 Vgl. auch z. B. die Petition der Leveller in Crom­ wells Heer gegen Monopole und Kompagnien von 1653 bei Gardiner, Commonwealth II S.  179.45 Das Laudsche Regime erstrebte dagegen eine von König und Kirche gelei­ tete „christlich-soziale“ Wirtschaftsorganisation – von welcher der König politische und fiskalisch-monopolistische Vorteile erwartete. Eben hiergegen richtete sich der Kampf der Puritaner.d 66)  Was hier darunter verstanden wird, magh an dem Beispiel des Manifestes an die Iren erläutert werden, mit dem Cromwell im Januar 1650 seinen Vernichtungskrieg

s  In A1 steht begünstigten doppelt.   q  (S.  234) –q  Fehlt in A einschließlich Index.   a A: Auch Cromwell  b–b A: und doch werden wir  c–c  (S.  236)  A: Unzweideu­ tiger schon tritt  d–d  Fehlt in A.   e  In A1 folgt: 〈ökonomischen〉  f–f A1: Eng­ land gut > der Geschichte […] 1912)  g  Ausführungszeichen fehlen in A1.  h In A folgt: vorläufig  In A1 folgt: 〈(vorläufig!)〉   42  In der Schlacht bei Dunbar (3. September 1650) besiegte die englische Armee unter Führung Oliver Cromwells die Schotten. 43  Am 4. September 1650 berichtet Oliver Cromwell dem Sprecher des Englischen Parlaments William Lenthall über die Schlacht. Wiedergegeben bei Carlyle, Cromwell’s Letters and Speeches II, p.  209–217, Zitat p.  215 f. („Be pleased to reform the abuses of all professions […]“; Zitat des Satzes auch bei Gardiner, Commonwealth I, p.  397; Ausschnitt in Übersetzung bei Hoenig, Cromwell III/4, S.  49). Weber übersetzt offensichtlich selbst aus dem Englischen, wobei er Carlyle folgen dürfte (Hoenig übersetzt abweichend: „Möge es Euch gefallen, die Mißbräuche aller Bekenntnisse zu reformiren […]“). 44 Vgl. Levy, Ökonomischer Liberalismus. Der Kampf des Parlaments, unterstützt durch zahlreiche Antimonopolschriften, richtete sich gegen das staatlich geförderte Monopolsystem in England, das erst mit der Bill of rights (1689) und der Beseitigung des königlichen Dispensationsrechts offiziell abgeschafft wurde. Vgl. Levy, ebd., Kap.  II. „Die Gewerbefreiheit der frühkapitalistischen Industrie“, S.  18–43 (darüber auch unten, S.  483 f. mit Fn.  385). 45  Die Petition der Leveller mit dem Titel „The onely right rule for regulating the lawes and liberties of the people of England“ stammt laut Titelblatt vom 28. Januar 1652, wird aber von Gardiner, Commonwealth II, p.  178 f., so besprochen, als ob sie von Anfang 1653 sei. Ein längeres Zitat mit der Forderung, die „monopolies“ zu beseitigen, gibt Gardiner, ebd., p.  179, Anm.  1 (zum Inhalt der Petition vgl. auch unten, S.  438 f., Fn.  385 mit Anm.  59).

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zweideutig tritt dagegenc | in Luthers | zahlreichen Äußerungen gegen den Wucher und das Zinsennehmen46 überhaupt seine,

gegen sie eröffnete und welches die Entgegnung auf die Manifeste des irischen (katho­ lischen) Klerus von Clonmacnoise vom 4. und 13. Dezember 1649 darstellte.47 Die Kernsätze lauten: „Englishmen had good inheritances (in Irland nämlich) which many of them purchased with their money … they had good leases from Irishmen for long time to come, great stocks thereupon, houses and plantations erected at their cost and A, A1 45 charge … You broke the union48 … | at a time when Ireland was in perfect peace and when throughi the example of English industry, through commerce and traffic, that which was in the natives’ j hands was better to them than if all Ireland had been in their possession … Is God, will God be with you? I am confident he will not.“49 Dies, an englische Leitartikel zur Zeit des Burenkrieges50 erinnernde, Manifest ist nicht deshalb c (S.  235)  –c A: Unzweideutiger schon tritt  i A, A1, BR: trough  j A: nations  A1: nations’ > nations BR, C: nations   46  Hauptsächlich in Luthers Schriften: Kleiner Sermon vom Wucher. 1519, in: Luther, Sämmtliche Werke. Erlanger Ausgabe, Band  20, S.  122–127 [WA 6, S.  1–8]; Luther, Großer Sermon vom Wucher (1520; in der Erlanger Ausgabe auf 1519 datiert); Von Kaufshandlung und Wucher. 1524, in: Luther, Sämmtliche Werke. Erlanger Ausgabe, Band  22, S.  199–226 [WA 15, S.  279–322]; An die Pfarrherrn, wider den Wucher zu predigen.  1540, in: ebd., Band  23, S.  282–338 [WA 51, S.  325–424]. 47  1649 setzte Cromwell nach Irland über, um den dort ausgebrochenen Aufstand niederzuschlagen. Wie die Massaker von Drogheda und Wexford zeigen, ging er äußerst brutal vor und tötete zahlreiche Zivilisten. Mit dem ersten Manifest vom 4. Dezember 1649 rief der irische Klerus die Bevölkerung zum Widerstand auf. Er befürchtete zu Recht, daß Cromwell die katholische Religion ausrotten wollte, was die Vernichtung oder Verbannung der irischen Bevölkerung bedeutet hätte. Im zweiten Manifest vom 13. Dezember 1649 wird eine „Union“ und damit der Zusammenhalt der zersplitterten Parteiungen Irlands gefordert. Vgl. zu den Manifesten Gardiner, Commonwealth I, p.  162 f.; Hoenig, Cromwell II/3, S.  373 f. 48  Vermutlich meint Cromwell die irische Rebellion, die im Oktober 1641 gegen die englische Herrschaft offen ausgebrochen war. Die katholischen Iren befürchteten weitere Übergriffe, nachdem ihnen bereits seit Jahrzehnten die besten Ländereien für englische und schottische Kolonisten (sog. Plantations) enteignet worden waren. Vgl. Gardiner, Samuel R., History of England from the Accession of James I. to the Outbreak of the Civil War 1603–1642, vol. X. – London: Longmans, Green, and Co. 1884, p.  43 ff.; Ranke, Englische Geschichte II, S.  505–513. 49  Weber zitiert den Auszug aus der Antwort Cromwells an die Iren – wie in derselben Fn. unten, S.  237, angegeben – nach Gardiner, Commonwealth I, p.  163 f.; dass. bei Carlyle, Cromwell’s Letters and Speeches II, p.  115 ff., Zitat p.  117 f. Bei Gardiner (und Carlyle) heißt es „natives’ hands“. Vollständig in deutscher Übersetzung bei Hoenig, Cromwell II/3, S.  373–394, Zitat S.  377. 50 Ein auslösendes Moment für den (zweiten) Burenkrieg (oder Südafrikanischen Krieg), den Großbritannien von Ende 1899 bis Mai 1902 gegen den Oranje-Freistaat (Burenrepublik) und Transvaal (Südafrikanische Republik) führte (die nach dem Sieg Großbritanniens 1902 in das British Empire eingegliedert wurden), waren die Gold- und Diamantenvorräte. Als Beispiel für das Überlegenheitsgefühl der Engländer („ignorance and gullibility of the uneducated Boer“) vgl. den Leitartikel „How the ignorant masses of the Boers […]“ in: The Times [London] vom 9. April 1901, Ausg. 36 424, p.  7.

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gegenüber der Spätscholastik, direkt (vom kapitalistischen Stand­ punkt aus) „rückständige“ Vorstellungsweise vom Wesen des kapi­ talistischen Erwerbes hervor67). Speziell das z. B. bei Antonin von Florenz bereits überwundene Argument von der Unproduktivität charakteristisch, weil hier das kapitalistische „Interesse“ der Engländer als Rechts­ grund des Krieges hingestellt wird, – das hätte natürlichk[,] bei einer Verhandlung etwa zwischen Venedig und Genua über den Umfang ihrer Interessensphäre im Orient, als Argument sehr wohl ebenfalls gebraucht werden können51 l(was – obwohl ich es hier hervorhob52 – seltsamerweise Brentano a. a. O. p.  142 mir entgegenhält)l.53 Sondern das Spezifische des Schriftstücks liegt ebenm darin, daß Cromwell – wie jeder,n der seinen | Charakter kennt, weiß, mit tiefster subjektiver Überzeugtheit – den Iren selbst gegen­ BR, C 74 über die sittliche Berechtigung ihrer Unterjochung unter Anrufung Gotteso auf den Umstand gründet, daß englisches Kapitalp die Iren zur Arbeitq erzogen haber. – (Das Manifest ist, außer bei Carlyle, im Auszug in Gardiners Hist[ory] of the Commonw[ealth] I, S.  163 f. abgedruckt und analysiert, und in deutscher Übersetzung auch in Hönigs Cromwell zu finden.)54 67)  Dies näher auszuführen ist hier noch nicht der Ort. Vgl. die in der zweitfolgen­ den Note zit[ierten] Schriftsteller.55 |

k  Fehlt in A.   l–l  Fehlt in A.   m  Fehlt in A.   n  Komma fehlt in A.   o  In A nicht hervorgehoben.   p  In A nicht hervorgehoben.   q  In A nicht hervorgehoben.  r  In A1 folgt: , 〈eine〉   51  Die beiden Seerepubliken Venedig und Genua konkurrierten seit dem letzten Viertel des 13. Jahrhunderts wegen des Orienthandels um die Vormachtstellung im östlichen Mittelmeer. Genua konnte sich zwar in der Seeschlacht bei Curzola (1298) behaupten, seit seiner Niederlage im Chioggia-Krieg (1378–1381) dominierte dann aber Venedig. 52  Weber bezieht sich auf die Fassung von 1904, vgl. ders., Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  198, Fn.  47. 53  Vgl. Brentano, Anfänge, S.  142. Brentano versteht Webers Zitation des Cromwellschen Manifests so, als ob es um das gefährdete, in Irland angelegte Kapital Englands ginge, worin sich das spezifisch kapitalistische „Interesse“ der Engländer zeige. Die Erziehung der Iren zur Arbeit durch das Beispiel englischen Fleißes („English in­ dustry“) spielt bei Brentano keine Rolle. 54  Vgl. oben, S.  236, Anm.  49. 55  Siehe unten, S.  240, Fn.  69. Vgl. z. B. eine ähnlich lautende Beurteilung Luthers bei Schmoller, National-ökonomische Ansichten, S.  563 f., 569 und S.  713–715; Wiskemann, Nationalökonomische Ansichten, S.  56; Ward, Darstellung, S.  100 f.

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des Geldess 56 gehört natürlich dahin.57 Doch brauchen wir hier auf t Einzelheiten gar nicht einzugehen, – denn vor allem: der Gedanke des „Berufes“u im religiösena Sinn war in seinen Konse­ quenzen für die innerweltliche Lebensführung sehr verschiedener Gestaltungb fähig. c–d Die Leistunge der Reformation als solcher war zunächst nur, daß,f im Kontrast gegen die katholische Auffas­ sung, der sittliche Akzentg und die religiöse Prämie für die inner­ weltliche, beruflich geordnete Arbeit mächtig schwoll. Wie der „Berufs“-Gedanke, der dies zum Ausdruck brachte, weiter entwic­ kelt wurde, das hing von der näheren Ausprägung der Frömmigkeit ab,h wie sie nunmehr in den einzelnen Reformationskircheni sich entfaltete.c Die Autorität der Bibel, aus der Luther kden Berufsge­ dankenk zu entnehmen glaubte, war lnun an sichl im ganzen einer traditionalistischenm Wendung günstiger. Speziell das Alte Testa­ ment, welches eine Überbietungn der innerweltlichen Sittlichkeit oin der genuinen Prophetie gar nicht und auch sonst nur in ganz vereinzelten Rudimenten undo Ansätzen kannte, hat einen ganzp ähnlichen religiösen Gedanken streng qin diesem Sinnq gestaltet: s A: Geldes  t  A, A1, BR, C: in  u A: „Berufes“  a  In A1 lautet Max Webers Satzanweisung zunächst: nicht sperren! Ersetzt durch: Setzer! „religiösen“ bleibt ge­ sperrt!  b  A, A1: Gestaltungen  c–c  Fehlt in A.   d  Gedankenstrich fehlt in A1.   e  In A1 folgt: 〈Luthers und der [?] war zunä〉  f  In A1 folgt: 〈der〉  g  In A1 folgt: 〈des Inner­weltlichen〉  h  In A1 folgt: 〈welche die〉  i A1: Religionskirchen > Re­ formationskirchen    k–k A: ihn    l–l Fehlt in A.    m A: traditionalistischen   n A: Überbietung  o–o A: nur in einzelnen asketischen  p  Fehlt in A.   q–q A: traditionalistisch   56  Das kirchliche Zinsverbot wurde seit dem 13. Jahrhundert mit der Unproduktivität des Geldes (vgl. das Glossar, unten, S.  620) begründet, auch bei Luther, der sich dazu auf Aristoteles’ Politik 1 [cap.  6] berief. „Geld ist von Natur unfruchtbar, und mehret sich nicht, darumb, wo sichs mehret, als im Wucher, da ists wider die Natur des Geldes. Denn es lebt noch trägt nicht, wie ein Baum und Acker thut, der alle Jahr mehr gibt, denn er ist; denn er liegt nicht mußig, noch ohn Frucht, wie der Gulden thut von Natur.“ Zitat aus: An die Pfarrherrn, wider den Wucher zu predigen (wie oben, S.  236, Anm.  46), S.  300. Zitiert bei Schmoller, National-ökonomische Ansichten, S.  568, vgl. auch S.  564; Wiskemann, Nationalökonomische Ansichten, S.  52 und 139. 57  „Pecunia ex se sola minime est lucrosa nec valet seipsam multiplicare; sed ex industria mercantium fit per eorum mercationes lucrosa.“ Zitat aus: Antonin von Florenz, Summa moralis, in: Opera omnia […], cura Thomae Mariae Mamachi et Dionysii Remedelli, tomus 2. – Florenz: P. C. Vivianus 1741, tit. 1 cap.  7 §  16, zit. bei Funk (s. u.), S.  151, Anm.  1. Weber verweist in seiner Vorlesung „Geschichte der Nationalökonomie“ (1896), MWG III/1, S.  682, unter anderem auf Funk, Ökonomischen Anschauungen (wie oben, S.  167, Anm.  88), bes. S.  145–151. Funk hebt die entscheidende Einsicht hervor, wonach nach Antonin Geld nur nur in der Verbindung mit Arbeit fruchtbar werde.

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ein jeder bleibe bei seiner „Nahrung“ und lasse die Gottlosen nach Gewinn streben:58 das ist der Sinn aller der Stellen, welche direkt von weltlicher Hantierung handeln. Erst der Talmud steht darin teilweiser – aber auch nicht grundsätzlich – auf anderem Boden.59 Die persönliche Stellung von Jesus ist mit sder typisch antik-orien­ talischen Bitte:s „Unser täglich Brot gib uns heute“t in klassischer Reinheit gekennzeichnet[,]60 und der Einschlag von radikaler WeltAblehnung, wie er in dem „μαμωνᾶς τῆς ἀδικίας“ zum Ausdruck gelangt,61 schloß jede direkte Anknüpfung des | modernen | Berufs­ gedankens an ihn persönlich aus68). Das im Neuen Testament zum Wort gelangende aapostolische Zeitaltera des Christentums, spezi­ ell auch Paulus, steht dem weltlichen Berufsleben, infolge der eschatologischen Erwartungen, die jene ersten Generationen von Christen erfüllten, entweder indifferent oder ebenfalls wesentlich traditionalistisch gegenüber: da alles auf das Kommen des Herrn wartet,62 so mag jeder in dem Stande und in der weltlichen Han­ tierung bleiben, in der ihn der „Ruf“ des Herrn gefunden hat[,] und arbeiten, wie bisher:63 so fällt er den Brüdern nicht als Armer blä­ stig, – undb es ist ja nur noch eine kurze Weile.64 Luther las die

BR, C 75, A, A1 46

68)  S[iehe] die Bemerkungen in Jülichers schönem Buch über die „Gleichnisreden A, A 46, 1 BR, C 75 Jesu“ Band II cS.  636, S.  108 f.c 65

r A: teilweise  s–s A: dem  t  In A1 folgt: 〈– dem typisch orientalischen〉 〈antikorientalischen〉    a–a  A, A1: „apostolische Zeitalter“    b–b A: lästig und    c–c A, A1: 636. S.  108 f. S.   58 Weber greift auf die besprochene Stelle Sir 11,20 f. zurück (vgl. oben, S.  211, Fn.  54 mit Anm.  16) und übersetzt „Beruf“ (Luther) in V. 20 mit „Nahrung“ (Ps 37,3, vgl. oben, S.  220, Fn.  56). 59  Vgl. die von Weber, Protestantische Ethik II, unten, S.  466, Fn.  362, genannten Beispiele aus dem Talmud. 60  Die Brotbitte aus dem „Vaterunser“-Gebet, Mt 6,11 par. Lk 11,3. 61  Griech., Tl. mamona´¯ s te´¯ s adikías, „ungerechter Mammon“ (Lk 16,9.11). Jülicher, Gleichnisreden II, S.  109, übersetzt mamona´¯ s mit „Gewinn, Reichtum“, „hier personifiziert als eine Art Götze zu denken“. „Ungerecht“ kennzeichne sein Wesen; „es giebt eben keinen andern als ungerechten Mammon“ (S.  110). 62  Im Neuen Testament: die Erwartung der Wiederkunft Christi (Parusie), womit das Reich Gottes beginnt und die Heilsgeschichte vollendet wird. 63  Nach 1 Kor 7,17–24. 64  Nach 1 Kor 7, 29. 65 Webers Seitenangaben betreffen Jülichers Exegese (1.) der Beispielerzählung „Vom reichen Mann und armen Lazarus“ (Lk 16,19–31; Jülicher, Gleichnisreden II, S.  617–641) und (2.) des Gleichnisses „Vom Doppeldienst“ (Mt 6,24 par. Lk 16,13; ebd., S.  108–115). Die Beispielerzählung zeige, daß Jesus Armut und Leid sowie die

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Bibel durch die Brille seiner jeweiligen Gesamtstimmung, und diese ist im Lauf seiner Entwicklung zwischen etwa 1518 und etwa 1530 nicht nur traditionalistisch geblieben, sondern immer traditio­ nalistischer gewordend 69). In den ersten Jahren seiner reformatorischen Tätigkeit herrsch­ tee bei ihm,f infolge der wesentlich kreatürlichen Schätzung des Berufes, in bezug auf die Art der innerweltlichen Tätigkeit eine der paulinischen eschatologischen Indifferenzg, wie sie 1 Kor. 7 69)  Zum folgenden vgl. wiederum vor allem die Darstellung bei Eger a. a. O.66 Schon hier mag auch auf Schneckenburgers noch heute nicht veraltetes schönes Werk (Ver­ gleichende Darstellung des lutherischen und reformierten Lehrbegriffes, herausgege­ ben von Güder, Stuttgart 1855) verwiesen werden.67 (Luthardts Ethik Luthers, S.  84 der ersten Auflage, die mir allein vorlag, gibt keine wirkliche Darstellung der Entwicklung.)68 Vgl. ferner Seebergs Dogmengeschichte Bd. II, S.  262 unten. – Wertlos ist der Artikel „Beruf“ in der Realenzyklopädie f[ür] prot[estantische] Theol[ogie] u. Kir­ che,69 der statt einer wissenschaftlichen Analyse des Begriffes und seiner Genesis aller­ hand ziemlich seichte Bemerkungen über alles mögliche, Frauenfrage u. dgl. enthält. – Aus der nationalökonomischen Literatur über Luther seien hier nur die Arbeiten Schmollers (Gesch[ichte] der nationalökon[omischen] Ansichten in Deutschland wäh­ rend der Reformationszeit, Z[eitschrift] f[ür] Staatswiss[enschaft] XVI, 1860), Wiske­ manns Preisschrift (1861) und die Arbeit von Frank G. Wardh (Darstellung und Würdi­ gung von Luthers Ansichten vom Staat und seinen wirtschaftlichen Aufgaben, Conrads Abh[andlungen] XXI, Jena 1898) genannt.70 iDie z. T. ausgezeichnete Lutherliteratur anläßlich der Jahrhundertwende der Reformation71 hat, jso vielj ich sehe, über diesen besonderen Punkt nichts entscheidend Neues gebracht. Über Luthers (und die lutheri­ sche) Sozialethik sind natürlich die betreffenden Partien in Troeltschs „Soziallehren“ vor allem zu vergleichen.i  72

d A: geworden  e  A, A1: herrscht  f  Komma fehlt in A, A1.  g A. Indifferenz   h A: Ward.  i–i  Fehlt in A, A1.  j–j Lies: soviel   Gesinnung des Armseinwollens als unerläßlich für den Eintritt ins Himmelreich erachtete (bes. S.  636 f.), und das Gleichnis vom Doppeldienst, daß er eine kompromißlose, radikal-ablehnende Stellung zum Reichtum bezog (bes. S.  108–110). 66  Vgl. Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf; zitiert oben, S.  226, Fn.  57. 67  Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, II; von Weber unten, S.  265, Fn.  91, S.  301, Fn.  129, S.  302, Fn.  131, S.  304 u. ö., zitiert. 68  Dort heißt es summarisch: „Luther wird nicht müde, die Lehre vom Beruf zu predigen […]“ (Luthardt, Ethik Luthers, S.  84), dazu eine systematische Zusammenstellung der Zitate zu „Beruf“ aus dem Werk Luthers, S.  85–88 (Anm.). 69  Gemeint ist: Lemme, Art. Beruf. 70 Vgl. Schmoller, National-ökonomische Ansichten; Wiskemann, Nationalökonomische Ansichten; Ward, Darstellung (dort im Titel: „[…] der Ansichten Luthers vom Staat […]“). 71  1917 waren seit Luthers 95 Thesen, dem Beginn der Reformation, 400 Jahre vergangen. 72  Vgl. Troeltsch, Soziallehren, III. Der Protestantismus, 2. Das Luthertum, S.  512–605, dazu auch 1. Das soziologische Problem des Protestantismus, S.  427–512 (KGA 9).

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zum Aus­druck kommt70), kinnerlich verwandtek Anschauung vor: | man | kann in jedem Stande selig werden, es ist auf der kurzen Pilgerfahrt des Lebens sinnlos, auf die Art des Berufes Gewicht zu legen. Und das Streben nach materiellem Gewinn, der den eigenen Bedarf übersteigt l, muß deshalb als Symptom mangelnden Gna­ denstandes und, da es jal nur auf Kosten anderer möglich erscheint,m direkt als verwerflich gelten71). Mit steigender Verflechtung in die Händel der Welt geht steigende Schätzung der Bedeutung der Berufsarbeit Hand in Hand. Damit zugleich wird ihm abern nun der konkrete Beruf des einzelnen zunehmend zu einem speziellen

BR, C 76, A, A1 47

70)  Auslegung des 7. Kap. des ersten Korintherbriefes 1523 Erl[anger] Ausg. 51 S.  1 f.73 Hier wendet Luther den Gedanken der oFreiheit „alleno Berufs“ vor Gott im Sinn dieser Stelle noch so, daß damit 1. Menschen-Satzung habe verworfen werden sollen (Mönchsgelübde, Verbot der gemischten Ehen usw.),p 2. die (vor Gott an sich indifferente) Erfüllung der übernommenen,q | innerweltlichen Verpflichtungen gegen | BR, C 76 den Nächsten als Gebot der Nächstenliebe eingeschärft werde. In Wahrheit handelt es A, A1 47 sich freilich bei den charakteristischen Ausführungen z. B. S.  55, 56 um den Dualismus der lexr naturae gegenüber der Gerechtigkeit vor Gott.74 71) Vgl. die von Sombart mit Recht als Motto vor seine Darstellung des „Hand­ werksgeistes“ (= Traditionalismus) gesetzte Stelle aus: „Von Kaufhandlung und Wu­ cher“ (1524): „Darum mußt du dir fürsetzen, nichts denn deine ziemliche Nahrung zu

k–k A: entsprechende  l–l A, A1: und also  m In A, A1 folgt: muß deshalb   n  Fehlt in A.   o–o  A, A1: „Freiheit allen  p  Komma fehlt in BR, C.   q Komma fehlt in A, A1.  r  In A, A1 nicht hervorgehoben.   73  Luther, 1 Korinther 7 (Erlanger Ausgabe, Band  51), S.  1–69, zielt in erster Linie darauf, das „Häuptstück“ (ebd., S.  3) der katholischen Ethik zu verwerfen – das biblische Kapitel diente der Kirche als Begründung der sittlichen Höherwertigkeit der Keuschheit gegenüber der Ehe („menschliche Satzunge“, S.  54) –, indem er die Ehe als natürlichen, gottgewollten Stand definiert. Selig mache nicht der Stand, sondern allein der Glaube (insbes. S.  48 f.). Die Ausweitung auf die „Freiheit aller Berufe“ oder Stände vor Gott erfolgt im Mittelteil; dort gegen die „Klösterei“ (S.  57) oder gegen das Verbot der Ehe von Christen mit Nicht-Christen (S.  54). – Nach Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf, stand zu Beginn der 1520er Jahre im Mittelpunkt von Luthers Theologie der Glaube des einzelnen Christen, gleich welchen Standes oder Berufs; diese spielten zu diesem Zeitpunkt für ein Leben im Glauben noch keine Rolle, sondern seien „gleichgültige Naturgrundlage“ (Eger, ebd., S.  148). Eger zitiert dazu markante Sätze, die der genannten Lutherschrift, S.  47 f., entstammen (Eger, ebd., Anm.  2). 74  Auf den von Weber ausgewiesenen Seiten (Luther, 1 Korinther 7, S.  55 f.) geht es um das Verhältnis des im Glauben freien Menschen zu Gott und zu seinen Mitmenschen: „Das ist Summa Summarum: Wir sind Niemand Nichts schüldig, denn lieben, und durch die Liebe dem Nähesten dienen. Wo Liebe ist, die macht zu eigen; also, daß kein Fahr des Gewissens oder Sund fur Gott sei, mit Essen, Trinken, Kleider, sonst oder so leben, ohn wo es wider den Nähesten ist: wider Gott kann man hie nicht sundigen, sondern wider den Nähesten“ (ebd., S.  56). – Zu „lex naturae“ vgl. oben, S.  226 f., Fn.  57 mit Anm.  8.

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. I.

Befehls Gottes an ihn, diese konkrete Stellung, in die ihn göttliche Fügung gewiesen hat, zu erfüllen. Und als nach den Kämpfen mit den „Schwarmgeistern“75 und den Bauernunruhen76 die objektivet historische Ordnung, in die der einzelne von Gott hineingestellt ist, für Luther immer mehr zum direkten Ausfluß göttlichen Willens wird72), führt die nunmehr immer stärkere Betonung des Providen­ tiellen auch in den Einzelvorgängen des Lebens zunehmend zu einer dem „Schickungs“-Gedanken entsprechenden traditionalisti­ schen Färbung: der einzelne soll grundsätzlich in dem Beruf und Stand bleiben, in den ihn Gott einmal gestellt hat, und sein irdi­ sches Streben in den Schranken dieser seiner gegebenen Lebens­ stellung halten. War der ökonomische Traditionalismus anfangs Ergebnis paulinischer Indifferenz, so ist er also später Ausfluß des suchen in solchem Handel, danach Kost, Mühe, Arbeit und Gefahr rechnen und über­ schlagen und also dann die Ware selbst setzen, steigern oder niedern, daß du solcher Arbeit und Mühe Lohn davon habst.“77 Der Grundsatz ist durchaus in thomistischem Sinn formuliert.78 72)  Schon in dem Brief an H[ans] v. Sternberg, mit dem er ihm 1530 die Exegese des 117. Psalms dediziert, gilt der „Stand“ des (niederen) Adels trotz seiner sittlichen Ver­ kommenheit als von Gott gestiftet (Erl[anger] Ausg. 40 S.  282 unten). Die entscheiden­ de Bedeutung, welche die Münzerschen Unruhen für die Entwicklung dieser Auffass A: Befehl  t A: objektive   75  Bezeichnung Luthers für spiritualistische Richtungen, mit denen er sich zwischen 1521 und 1525 auseinandersetzte, wie (1.) die „Zwickauer Propheten“, die die Kindertaufe ablehnten; (2.) Thomas Müntzer, der chiliastischen Vorstellungen anhing und 1524 die Reformation in Allstedt mit Gewalt durchsetzen wollte; (3.) Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt, der schon 1521 in Wittenberg (und 1524 in Orlamünde) einen deutschsprachigen Gottesdienst eingeführt hatte, was Luther nach seinem Wartburgaufenthalt als zu „voreilig“ wieder rückgängig machte. – Luther kritisierte an den „Schwarm­geistern“ oder „Schwärmern“ ihre falsch verstandene „evangelische Freiheit“, die „auf den Buchstaben der Schrift“ sehe und eine „neue religiöse Tyrannei“ errichte. Nach Müller, Kirchengeschichte II/1, S.  309–320, Zitate S.  311. 76  Die Bauernaufstände waren von Süddeutschland aus im Frühjahr 1525 bis nach Thüringen vorgedrungen. Luther mahnte zum Frieden. Nachdem Gewalt ausgebrochen war, wandte sich Luther an die Obrigkeit, die er zur Niederschlagung der „mörderischen Rotten der Bauern“ und Wiederherstellung der Ordnung berechtigt sah. Vgl. Müller, Kirchengeschichte II/1, S.  320–327, mit Betonung des Jahres 1525 als „Wendepunkt“ (S.  325; so auch andere) für Luther. 77  Sombart, Der moderne Kapitalismus I, S.  73, vorangestellt dem Ersten Buch „Die Wirtschaft als Handwerk“. Sombart zitiert Luther, Von Kaufshandlung und Wucher, nach WA 15, S.  296, Z.  33–36; von Weber hier wörtlich, aber modernisiert wiedergegeben. („Von Kaufshandlung und Wucher“ heißt die Schrift auch nach der von Weber benutzten Erlanger Ausgabe (vgl. oben, S.  236, Anm.  46, während sie andernorts auch als „Von Kaufhandlung […]“ zitiert wird.) 78  Vgl. dazu unten, S.  245 f., Fn.  76 mit Anm.  92.

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immer intensiver gewordenen Vorsehungsglaubens73), der | den bedingungslosen Gehorsam gegen | Gott74) mit der bedingungslosen Fügung in die gegebene Lage identifiziert. Zu einer auf grundsätz­

BR, C 77 A, A1 48

sung gehabt hatten, geht aus dem Brief (S.  282 oben) deutlich hervor.79 Vgl. auch Eger a. a. O. S.  150.80 73)  Auch in der Auslegung des 111. Psalms v. 5 und 6 (Erl[anger] Ausg. 40 S.  215 und 216) wird 1530 von der Polemik gegen die Überbietung der weltlichen Ordnung | durch A, A1 48 Klöster usw. ausgegangen. Aber jetzt ist die lex naturae81 (im Gegen|satz zum positiven BR, C 77 Recht, wie es die Kaiser und Juristen fabrizieren) direkt mit „Gottes Gerechtigkeit“ identisch: sie ist Stiftung Gottes, und umfaßt insbesondere die ständische Gliederung des Volks (S.  215 Abs.  2 a[m] E[nde]),82 wobei nur die Gleichwertigkeit der Stände vor Gott scharf betont wird.83 74)  Wie er insbesondere in den Schriften „Von Konzilien und Kirchen“ (1539) und „Kurzes Bekenntnis vom heiligen Sakrament“ (1545) gelehrt wird. 79  Der dem niederen Adel angehörende Ritter Hans von Sternberg war Pfleger der Veste Coburg, wo Luther 1530 während des Augsburger Reichstags die Auslegung von Ps 117 verfaßte. Für Luther folgt die göttliche Stiftung des Adelsstands daraus, daß er die von Müntzer ausgehenden Unruhen überdauert habe, während der geistliche Stand, der sich zu Beginn des reformatorischen Wirkens in einer vergleichbaren Situation befand, zu Fall gekommen sei (Luther, 117. Psalm, S.  282). Der Adel müsse darum seinen Standespflichten nachkommen und dem Volk vorbildlich begegnen; „Gott fordert es von ihnen“ (S.  283). Andernfalls drohe ihm Gefahr, „der Geistlichen Glück zu erben“ (S.  282). 80 Hinweis auf Luther, 117. Psalm, S.  282 f., bei Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf, S.  150. 81  Zu „lex naturae“ vgl. oben, S.  226 f., Fn.  57 mit Anm.  8. 82  Bei Luther, 111. Psalm, S.  216, heißt es: „Diese gottliche Stände und Ordnungen sind dazu von Gott geordnet, daß in der Welt ein beständig, ordenlich, friedlich Wesen sei, und das Recht erhalten werde. Darumb nennet ers hie Gottes Gerechtigkeit, die beständig ist und bleibt immer fur und fur; welchs die Juristen nennen das natürliche Recht“. – Zu Luthers Vorsehungsglaube vgl. Eger, der sich dabei auf Luthers Auslegung von Ps 111 (1530) bezieht: „Die Führungen Gottes vollziehen sich eben vorwiegend gerade in der Gestaltung bzw. Umgestaltung unserer natürlichen Lebensbedingungen und Lebensbeziehungen, und es ist Glaubenspflicht des Christen, diese Führungen auch in der Gestaltung seines äusseren Lebens anzuerkennen.“ Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf, S.  151. 83  Luther, Conciliis und Kirchen, und Luther, Kurzes Bekenntniß. Der Hinweis auf die beiden Schriften könnte durch Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf, S.  127, angeregt sein. Eger führt aus, daß seit Ende der 1520er Jahre bei Luther neben der Verbindung von „Glaube und Liebe“ diejenige von „Glaube und Gehorsam gegen Gott“ und damit die formale Autorität des göttlichen Wortes in den Vordergrund tritt (S.  124 f.). In diesem Zusammenhang zitiert Eger aus den auch von Weber angegebenen Schriften (S.  127). „Summa, wenn dich Gott hieße einen Strohhalm aufheben, oder eine Feder reißen, mit solchem Gebot, Befehl und Verheißung, daß du dadurch solltest aller Sunde Vergebung, seine Gnade und ewiges Leben haben: solltest du das nicht mit allen Freuden und Dankbarkeit annehmen […]?“ (hier wiedergegeben nach Luther, Conciliis und Kirchen, 382). „Darumb heißts, rund und rein, ganz und Alles gegläubt, oder Nichts gegläubt!“ (wiedergegeben nach Luther, Kurzes Bekenntniß, S.  415).

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lich neuer oder überhaupt prinzipieller Grundlage ruhenden Ver­ knüpfung der Berufsarbeit mit religiösen Prinzipien ist Luther auf diese Art überhaupt nicht ugelangt75). Dieu Reinheit der Lehre als 75)  Wie sehr namentlich der für uns so wichtige, den Calvinismus beherrschende Ge­ danke der Bewährung84 des Christen in seiner Berufsarbeit und Lebensführung bei Luther im Hintergrunde bleibt, zeigt die Stelle in „Von Konzilien und Kirchen“ (1539. Erl[anger] Ausg. 25 S.  376 unten):85 „Über diese sieben Hauptstücke“ (an denen man die rechte Kirche erkennt) „sind nun mehr äußerliche Zeichen, dabei man die heilige christliche Kirche erkennt, … wenn wir nicht unzüchtig und Säufer, stolz, hoffärtig, prächtig; sondern keusch, züchtig, nüchtern … sind.“ Diese Zeichen sind nach L[uther] deshalb nicht so gewiß als „die droben“ (reine Lehre,a Gebet usw.)[,] „weil auch etliche Heiden sich in solchen Werken geübt und wohl zuweilen heiliger scheinen als Chri­ sten“.86 – Calvin persönlich stand, wie weiterhin zu erörtern sein wird, nur wenig an­ ders, wohl aber der Puritanismus.87 Jedenfalls dient der Christ bei Luther Gott nur „inb vocatione“, nicht „per vocationem“ (Eger S.  117 ff.).88 – Gerade für den Bewährungsge­ danken (allerdings mehr in seiner pietistischen als in calvinistischer Wendung) finden

u–u A: gelangt,2) die  a  Komma fehlt in A, A1.  b  A, A1: „in   84  Vgl. dazu unten, S.  332, u. ö. 85  Luther, Conciliis und Kirchen, definiert das Wesen der Kirche oder das „christlich heilig Volk“ (in Gegenüberstellung zur päpstlichen Kirche) anhand von sieben äußerlichen Zeichen oder Merkmalen (sog. notae ecclesiae): Sie predigt Gottes Wort, spendet die Sakramente Taufe und Abendmahl, hat die Binde- und Lösegewalt (Schlüssel), bestellt ihre Kirchendiener (Bischöfe, Pfarrer etc.), gibt sich durch das öffentliche Gebet (Gottesdienst) und das Kreuz (Unglück und Verfolgung) zu erkennen (S.  359–376). Es handele sich um die Mittel des Heiligen Geistes, durch die nach der ersten Gesetzestafel Moses das Volk Gottes zum Glauben, zur Erkenntnis Gottes und zur Erfüllung seines Willens geführt werde (S.  376; darauf bezieht sich die erste Zitathälfte). – Der Heilige Geist heiligt das Volk Gottes auch nach der zweiten Tafel des Gesetzes. Die „Zeichen“, die sich hier auf den Lebensvollzug des Christen beziehen, faßt Luther summarisch zusammen. Weber zitiert nachfolgend in der zweiten Zitathälfte einen Ausschnitt der Aufzählung Luthers, ebd., S.  377. 86  Luther, ebd., S.  377. Darum bewertet Luther auch die Gebote der ersten Gesetzestafel höher: sie bewirkten größere Heiligkeit als die zweite (ebd.). – Weber ist hier möglicherweise angeregt von Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf, S.  158, der sich auf Luther, Conciliis und Kirchen, S.  375 f., bezieht, um daraus den passiven Zug der Praxis der lutherischen Kirche zu folgern: „Es liegt in der Linie einer ganzen Anzahl anderer Aussprüche Luthers über die Leiden, denen die Bekenner des wahren Glaubens in der Welt ausgesetzt sein müssen, wenn er in der Schrift ‚von Konzilien und Kirchen‘ (1539) das heilige Kreuz zu den unentbehrlichen Kennzeichen der Kirche Christi rechnet, während das religiös-sittliche Thun des Christen nach der andern Tafel Mosis als ein nicht so gewisses Zeichen angesehen werden muß.“ 87  Siehe unten, bes. S.  298–303, auch S.  301, Fn.  128. 88 Gemeint sein dürfte: Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf, S.   117 f. (Zitat S.  117). Dort ist die Unterscheidung auch Ausdruck dafür, daß der systematische Zusammenhang von christlichem Glauben und sittlichem Tun, Heilsgut und Heilsaufgabe, bei Luther nicht explizit hergestellt werde.

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einzig unfehlbares Kriterium der Kirche, wie sie nach den Kämp­ fen der 20er Jahre bei ihm immer unverrückbarer feststand, hemmte an sich schon die Entwicklung neuer Gesichtspunkte auf dem ethi­ schen Gebiet. So blieb also bei Luther der Berufsbegriff traditionalistisch gebunden76). Der Beruf ist das, was der Mensch als göttliche | Fü-

A, A1 49, BR, C 78

sich dagegen bei den deutschen Mystikern wenigstens einzelne Ansätze (s. z. B. die bei Seeberg, Dogmengesch[ichte] S.  165c oben zitierte Stelle aus Suso, ebenso die früher zit[ierten] Äußerungen Taulers),89 wenn schon rein psychologisch gewendet. 76)  Sein endgültiger Standpunkt ist dann wohl in einigen Ausführungen der Genesis­ exegese (in den Op[era] lat[ina] exeget[ica] ed. Elsperger) niedergelegt:90   Vol. IV p.  109: Neque haec fuit levis tentatio, intentum esse suae vocationi et de aliis non esse curiosum … Paucissimi sunt, qui sua sorte vivant91 contenti … (p.  111 eod.) Nostrum autem est, ut vocanti Deo pareamus … (p.  112) Regula igitur haec servanda est, ut unusquisque maneat in sua vocatione et suo dono contentus vivat, de aliis autem non sit curiosus. Das entspricht im Ergebnis durchaus der Formulierung des Traditiona­ lismus bei Thomas v. Aquin | (dSumma th[eologica] V, II-2 qu[estio]d 118 art. 1c):92 A, A1 49 c  A, A1, BR, C: 195  d–d  A, A1, BR, C: th. V, 2 gen.  Summa fehlt in A, A1, BR, C; hier sinngemäß ergänzt.   89  Seeberg, Dogmengeschichte II, S.  165, zitiert Heinrich Seuse (auch: Suso): „‚Wem Innerkeit wird in Ausserkeit, dem wird Innerkeit innerlicher als dem Innerkeit wird in Innerkeit‘“ (es entstammt: Seuse, Heinrich, Die deutschen Schriften. Nach den ältesten Handschriften in jetziger Schriftsprache, hg. von Heinrich Denifle. – München: Huttler 1880, S.  246). Das mystisch-ekstatische Moment der Einigung mit Gott im Grunde der Seele gelte es zu unterbrechen, wenn Not es erfordere. – Die Predigt Taulers – siehe oben, S.  219, Fn.  56 – bei Seeberg, ebd., Anm.  4. 90  Die Zitate entstammen Luther, Genesisexegese IV [WA 42, S.  639, Z.  11 f. und 28, S.  640, Z.  29 f. und 41 f.]. Bei Gen 17,9 stand Luther 1535 (vgl. WA 42, S.  VII). Paraphrasiert ist die „Regel“ (p.  112), die man in Gehorsam gegenüber Gott halten soll, auch bei Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf, S.  149: „Jeder muß in seinem Beruf bleiben und mit seiner Gabe zufrieden sein.“ 91  Bei Luther: „vivunt“. 92  Die Stelle nach: Thomas von Aquin, Summa theologica, tomus V (dass. in der Parmenser Ausg., Band  3, 1853; in der (neuen) Römischen Ausg., Band  9, 1897). Zitat auch bei Maurenbrecher, Thomas von Aquino, S.  48, Anm.  1, zum Kontext dort S.  48– 50. In Summa theologica II-2, quaestio 118, art. 1, wird erörtert, ob Habsucht (avaritia) Sünde sei. Der Mensch bedürfe der äußeren Güter zum Lebensunterhalt und strebe darum naturhaft nach ihnen. Diese hätten einen Nutzwert oder „Zweck“, wie es im Satz vor Webers Zitat heißt: „Bona autem exteriora habent rationem utilium ad finem […].“ Der natürliche Erwerbstrieb in bezug auf äußere Güter soll sich nach Thomas von Aquin innerhalb der vorgegebenen Standesgrenzen bewegen, in die der Mensch durch die göttliche Vorsehung hineingeboren werde. Er schlage dagegen in Habsucht um, wenn der Mensch nach Überfluß, d. h. nach mehr als standesgemäßem Auskommen strebe. Dies aber sei Sünde, weil es sich gegen den Nächsten richte; denn der eine könne nicht Überfluß an zeitlichen Gütern haben, ohne daß ein anderer Mangel leide (ebd., q. 118, art. 1 c[onclusio]).

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. I.

gung hinzunehmen, woreine er sich „zu schicken“ hat:f – diese Fär­ bung übertöntg den auch vorhandenen anderen Gedanken, daß die Berufsarbeit eine oder vielmehr die von Gott gestellte Aufgabeh sei77). Und die Entwicklung des orthodoxen Luthertums unterstrich Unde necesse est, quod bonum hominis circa ea consistat in quadam mensura, dum scilicet homo … quaerit habere exteriores divitias, prout sunt necessariae ad vitam ejus secundum suam conditionem. Et ideo in excessu hujus mensurae consistit peccatum, dum scilicet aliquis supra debitum modum vult eas vel acquirere vel retinere, quod BR, C 78 pertinet ad avaritiam.93 Das | Sündliche der Überschreitung des durch den eigenen standesgemäßen Bedarf gegebenen Ausmaßes im Erwerbstrieb begründet Thomas aus der lex naturae, wie sie im Zweck (ratio) der äußeren Güter zutage trete, Luther aus Gottes Fügung. Über die Beziehung von Glaube und Beruf bei Luther s. noch vol. VII p.  222i:94 … quando es fidelis, tum placent Deo etiam physica, carnalia, animaliak officia, sive edas, sive bibas, sive vigiles, sive dormias, quae mere corporalia et animalia sunt. Tanta res est fides … Verum est quidem, placere Deol etiam in impiis sedulitatem et industriam in officio (diese Aktivität im Berufsleben ist eine Tugend lege naturae).95 Sed obstat incredulitas et vana gloria, ne possint opera sua referre ad gloriam Dei (an cal­ vinistische Wendungen anklingend)96 … Merentur igitur etiam impiorum bona opera in hac quidem vita praemia sua (Gegensatz gegen Augustins „vitia specie virtutum pallia­ ta“)1 sed non numerantur, non colliguntur in utrem. 77)  In der Kirchenpostille (Erl[anger] Ausg. 10, S.  233, 235/6)n heißt es: „Jeder ist in irgendeinen Beruf berufen.“2 Dieses Berufes (S.  236 heißt es geradezu „Befehl“) soll er

e  A, A1: worin  f  A, A1: hat,  g A: übertönt  h A: Aufgabe  i  A, A1, BR, C: 225  k BR, C: animalia,  l  A, A1: Dei BR: Dei  m  A, A1, BR: altro C: altero   n  Klammer fehlt in A, A1, BR, C.   93  Bei Thomas von Aquin: „[…] pertinet ad rationem avaritiae“. 94  Das folgende Zitat entstammt Luther, Genesisexegese VII, p.  222 [WA 43, S.  620, Z.  2–4, 15–17 und 18 f.], Auslegung von Gen 29,1–3 (Vorlesung gehalten ca. 1542/43; vgl. WA 42, S.  VIII). Eger zitiert ebenfalls Luther, Genesisexegese VII, p.  222 (eine Stelle kurz vor dem Zitat Webers) und folgert: „Aus dem Gesagten ergiebt sich aber von selbst, daß man, um auf Gott vertrauen zu können, an dem Platz sich halten muss, an den uns Gott gestellt hat“ (Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf, S.  156). 95  Zu „lex naturae“ vgl. oben, S.  226 f., Fn.  57 mit Anm.  8. 96  Vgl. unten, S.  288–291, Fn.  116, und S.  291–294. 1  Bei Augustinus, De Civitate Dei XIX,25 (PL 41), heißt es über die Tugenden derer, die nicht nach Gott streben: „[…] vitia sunt potius quam virtutes“, und ders., Contra Julianum IV,20 (PL 44): „Ita omnibus virtutibus non solum sunt vitia manifesta discretione contraria […], verum etiam vicina quodam modo, nec veritate, sed quadam specie fallente, similia“. Möglicherweise als „geflügeltes Wort“ gedacht, das Weber auf Augustinus zurückführt. – Allerdings heißt es auch bei Jansenius, Cornelius, Augustinus […], tomus II. – Löwen: Zegerus 1641, p.  584 (De statu naturae lapsae IV, 8): „[…] Augustini doctrinam, qua Romanorum, Philosophorum, vel quorumcumque infidelium virtutes, non veras virtutes, sed vitia specie virtutum palliata fuisse tradit […]“ (zitiert auch bei Denifle, Luther, S.  386, Anm.  2). 2  Aus der Weihnachtspostille (enthalten in der Kirchenpostille von 1522). Luther verfaßte sie 1521 auf der Wartburg. Die angegebenen Seiten entstammen der Predigt:

3.  Luthers Berufskonzeption. Aufgabe der Untersuchung

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diesen Zug noch weiter. Etwas Negatives: Wegfall der Überbietung der innerweltlichen durch asketische Pflichten, verbunden aber mit Predigt des Gehorsams gegen die Obrigkeit und der Schickung in die gegebene Lebenslage, war hier also zunächst der einzige ethi­ sche Ertrag78). – Es war, wie | obei Besprechung der mittelalterli­ chen religiösen Ethiko noch zu erörtern sein wird,3 dem Berufsge­ danken in dieser lutherischen Prägung bei den deutschen Mystikern schon weitgehend vorgearbeitet, namentlich durch die prinzipielle Gleichwertungp geistlicher und weltlicher Berufe bei Tauler und warten und darin Gott dienen.4 Nicht an der Leistung, sondern an dem darin liegenden Gehorsam hat Gott Freude. 78)  Dem entspricht es, wenn – ein Gegenbild gegen das, was oben über die Wirkung des Pietismus auf die Wirtschaftlichkeit der Arbeiterinnen gesagt wurde5 – von moder­ nen Unternehmern zuweilen behauptet wird, daß z. B. streng lutherisch-kirchliche Hausindustrielle heute nicht selten, z. B. in Westfalen, in besonders hohem Maß tradi­ tionalistisch denken, Umgestaltungen der Arbeitsweise – auch ohne Übergang zum Fabriksystem – trotz des winkenden Mehrverdienstes abgeneigt seien und zur Begrün­ dung auf das Jenseits verwiesen, wo ja doch alles sich ausgleichen werde. Es zeigt sich, daß die bloße Tatsache der Kirchlichkeit und Gläubigkeit für die Gesamtlebensführung o–o A: später  In A folgt Index; die dort angebundene und in A1 gestrichene Fußnote lautet: „Später“ heißt in diesem ganzen Abschnitt: bei der geschichtlichen Zurückver­ folgung des puritanischen Berufsbegriffs nach dessen Darstellung.  p A: Gleichwer­ tung   Am St. Johannistage. Evangelium Joh. 21,19–24 (Luther, Kirchenpostille, S.  232–247 [WA 10/I/1, S.  305–324]). Weber paraphrasiert S.  233 (dort mitgeteilt als „Lehre“ des Evangeliums): „Unangesehen aller heiligen Exempel und Leben, soll ein jeglicher [wie Petrus im Evangelium Joh 21] warten, was ihm befohlen ist, und wahrnehmen seines Berufs.“ Dies wird anschließend ausgeführt für den Beruf (hier: „Stand“) von Ehemann, Ehefrau, Sohn und Tochter, Knecht und Magd, Fürst, Herr, Bischof, Prälat (vgl. S.  234 f.). Zusammenfassend heißt es: „Siehe, wie nun niemand ohne Befehl und Beruf ist, so ist auch niemand ohne Werke, so er recht thun will. Ist nun einem jeglichen drauf zu merken, daß er in seinem Stande bleibe, auf sich selbst sehe, seines Befehls wahrnehme, und darinne Gott diene […]“ (S.  235 f.). – Hinweis auf die Kirchenpostille bei Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf, S.  148 f. Eger spricht in diesem Zusammenhang von dem „angewandten Vorsehungsglauben“ bei Luther: „[W]ir haben in unserem Beruf auszuharren, weil wir so und nicht anders von Gott geführt worden sind “ (S.  149). 3  Siehe unten, S.  304–308 mit Fn.  135. 4  Vgl. Luther, Kirchenpostille, S.  236: „O nein, lieber Mensch, es ist Gott nicht um die Werke zu thun, sondern um den Gehorsam […]. Daher kommt’s, daß eine fromme Magd, so sie in ihrem Befehl hingehet, und nach ihrem Amt den Hof kehret, oder Mist austrägt […], stracks zu gen Himmel gehet […]“. – Paraphrasiert auch bei Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf, S.  146. 5  Siehe oben, S.  182. Auch das folgende könnte über den Oerlinghauser Familien­ betrieb vermittelt worden sein.

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die geringere Bewertung der überlieferten Formen asketischen Werkverdienstes79) infolge der allein entscheidenden Bedeutung der ekstatisch-kontemplativen Aufnahme des göttlichen Geistes durch | die Seele. Das Luthertum bedeutet sogar in einem bestimm­ ten Sinne gegenüber den Mystikern einen Rückschritt, insofern bei Luther – und mehr noch bei seiner Kirche – die psychologischenq Unterlagen für eine rationale Berufsethik gegenüber den Mysti­ kern (derenr Anschauungen über diesen Punkt mehrfach teils an die pietistische, teils an die quäkerische Glaubenspsychologie erin­ nern80))s ziemlich unsichere geworden sind[,] und zwar, wie noch zu zeigen sein wird,6 gerade weil der Zug zur aasketischen Selbstdis­ ziplinierunga ihm als Werkheiligkeit verdächtig war und daher in seiner Kirche immer mehr in den Hintergrund treten mußte.

noch nicht von irgend wesentlicher Bedeutung ist: es sind viel konkretereb religiöse A, A1 50 Lebensinhalte, deren Wirkung | in der Zeit des Werdens des Kapitalismus ihre Rolle gespielt haben und – in beschränkterem Maße – noch spielen. 79)  Vgl. Tauler, Basler Ausg. Fol[io]c 161 f.7 | 80)  Vgl. die eigentümlich stimmungsvolle Predigt Taulers a. a. O. und Fol[io] 17. 18 v. BR, C 79 20.8

q A: psychologischen  r  A, A1: – deren  s–s  A, A1: erinnern3),  a–a A: asketischen Selbstdisziplinierung  b A: konkretere  c  A, A1, BR, C: Bl.   6  Siehe unten, S.  316–320 und S.  367 mit Fn.  233. 7  Taulers Predigt (vgl. Tauler, Predigten, Basler Ausg. 1521, fol.  161r–163r) handelt von den äußerlichen und innerlichen Übungen der Frömmigkeit. Dabei bleibe man, so Tauler, nicht an den äußerlichen, asketischen Übungen haften (Tauler nennt Fasten, Wachen, Schweigen, deren Maß an den individuellen Bedürfnissen orientiert werden solle), sondern wende sich nach innen, denn nur in der Innerlichkeit könne die Einigung mit Gott geschehen. Dazu dienten das Gebet in stiller, abendlicher Ruhe, die Erkenntnis der eigenen Fehler und das Vertrauen auf Gott. 8  Die erste Angabe bezieht sich auf die oben, Fn.  79, genannte Predigt Taulers. Die Folio-Angaben zur zweiten Predigt (fol.  17. 18v. 20) ließen sich in der Basler Ausgabe von 1521 nicht verifizieren, noch in einer anderen Ausgabe der Predigten Taulers wie angegeben ermitteln. Mit dem Thema in Verbindung bringen ließe sich jedoch Tauler, Basler Ausg. 1521, fol.  121r: „So sollen diese edlen Menschen, wenn sie sich des Nachts gar wohl in dieser innerlichen Einkehr und auch des Morgens ein wenig geübt haben, in gutem Frieden ihre Arbeit verrichten, jeder wie Gott es ihm fügt, und Gott während ihrer Tätigkeit im Sinn haben, denn man darf sicher sein: es kann dir bei deiner Arbeit mehr Gutes geschehen als bei jener Beschauung.“ Hier zit. nach: Johannes Tauler. Predigten. Vollst. Ausg. Übertragen und hg. von Georg Hofmann, Band  II. – Einsiedeln: Johannes Verlag 1979, S.  540 f. – Möglicherweise ist auch die oben, S.  219, Fn.  56 (mit Anm.  58), erwähnte Predigt Taulers gemeint.

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Der bloße Gedanke des „Berufes“ im lutherischen Sinn also – das allein sollte schon hier festgestellt werden81) d – war, soviel wir bisher sehen können, von jedenfalls nur problematischer Tragweite für das, was wir suchen. Damit ist nun nicht im mindesten gesagt, daß eine praktische Bedeutung auch der lutherischen Form der Neuordnung des religiösen Lebens für die Gegenstände unserer Betrachtung nicht bestanden hättee. fGanz im Gegenteil.f Nur ist sie offenbar nicht unmittelbar aus der Stellung Luthers und seiner Kirche zum weltlichen Beruf ableitbar und überhaupt nicht so leicht greifbar[,] wie dies vielleicht bei anderen Ausprägungen des Protestantismus der Fall sein könnte. Es empfiehlt sich daher für uns, zunächst solche Formen desselben zu betrachten, bei denen ein Zusammenhang der Lebenspraxis mit dem religiösen Aus­ gangspunkt leichter als beim Luthertum zu ermitteln ist. Schon früher wurde nun die auffällige Rolle des Calvinismus und der pro­ testantischen Sekten in der Geschichte der kapitalistischen Ent­ wicklung erwähnt.9 | Wie Luther in Zwingli einen „anderen Geist“ lebendig fand als bei sich selbst,10 so seine geistigen Nachfahren speziell im Calvinismus. Und erst recht hat der Katholizismus von jeher, und bis in die Gegenwart, den Calvinismus als den eigentli­ chen Gegner betrachtet. Zunächst hat das ja nun grein politischeg Gründe: wenn die Reformation ohne Luthers ganz persönliche religiöse Entwicklung nicht vorstellbar und geistig dauernd von seiner | Persönlichkeit bestimmt worden ist, so wäre ohne den Cal­ vinismus dochh sein Werk nicht von äußerer Dauer gewesen. – i 81)  Weil dies an dieser Stelle der alleinige Zweck dieserk Bemerkungen über Luther ist, begnügen sie sichl mit einer so dürftigen vorläufigen Skizze m, die natürlich vom Standpunkt einer Würdigung Luthers aus in keiner Art befriedigen kannm.i |

d Index fehlt in A.   e A, A1, BR: hätten  f–f Fehlt in A.   g–g A: politische   h  Fehlt in A.   i–i  Fehlt in A.   k  In A1 folgt: 〈ganz v〉  l  In A1 folgt: 〈vorläufig〉   m–m  Fehlt in A1.   9  Siehe oben, S.  129 f. und 139–149. 10  Oft zitiert, lat.: „Vos habetis alium spiritum quam nos.“ Luther bezieht sich mit „vos“ auf Zwingli und Johannes Oecolampad als Repräsentanten der Schweizer und Oberdeutschen, die eine abweichende, spiritualistische Abendmahlsauffassung vertraten. Zitat Martin Luthers im Brief an den Bremer Superintendenten Jakob Probst vom 1. Juni 1530 über das Marburger Religionsgespräch (1.–3.10.1529), hier nach: de Wette, Wilhelm Martin Leberecht (Hg.), Dr. Martin Luthers Briefe, Sendschreiben und Bedenken. Vierter Theil. – Berlin: G. Reimer 1827, S.  28 [WA.Br, 5.  Band, Nr.  1577, S.  338–342, hier S.  340, Z.  54].

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BR, C 80

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Aber der Grund des, Katholiken und Lutheranern gemeinsamenn, Abscheues liegt doch auch in der ethischeno Eigenart des Calvinis­ mus begründet. Schon der oberflächlichste Blick lehrt, daß hier eine ganz andersartige Beziehung zwischen religiösem Leben und irdischem Handeln hergestellt ist, als sowohl im Katholizismus wie im Luthertum. Selbst in der nurp spezifisch religiöseq Motive ver­ wendenden Literatur tritt das hervor. Man nehme etwa den Schluß der Divina Commedia, wo dem Dichter im Paradiese im wunsch­ losen Schauen der Geheimnisse Gottes die Sprache versagt,11 und halte daneben den Schluß jenes Gedichtes, welches man die „Gött­ liche Komödie des Puritanismus“ zu nennen sich gewöhnt hat.12 Milton schließt den letzten Gesang des „Paradise lost“ nach der Schilderung der Ausstoßung aus dem Paradiese wie folgt:13

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r„Sie

wandten sich und sah’n des Paradieses Östlichen Teil, – noch jüngst ihr sel’ger Sitzs – Von Flammengluten furchtbar überwallt, Die Pforte selbst von riesigen Gestalten, Mit Feuerwaffen in der Hand, umschart. Sie fühlten langsam Tränen niederperlen, – Jedoch sie trockneten die Wangen bald: Vor ihnen lag die große weite Welt, Wo sie den Ruheplatz sich wählen konnten, Die Vorsehung des Herrn als Führerin. Sie wanderten mit langsam zagem Schritt Und Hand in Hand aus Eden ihres Weges.“r

Und wenig vorher hatte Michael zu Adam gesagt: n A: gemeinsamen  o A: ethischen  p  Fehlt in A.   q A: religiöse  r–r  In A, A1, BR, C petit.   s  A, A1: Sitz,   11  Vgl. Dante, Göttliche Komödie, 33. [= letzter] Gesang, S.  393–397. Dante Alighieris „La Commedia“ entstand in den ersten beiden Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts (Erstdruck 1472). 12  Die Bezeichnung konnte nicht nachgewiesen werden. Miltons „Paradise Lost“ und Dantes „Divina Commedia“ werden allerdings häufig miteinander verglichen, z. B. bei Masson, Milton VI, p.  518–522 und 532–536; Stern, Milton II/4, S.  101–103. Auch Troeltsch, Art. Moralisten, S.  447, hält Milton für den „Dante“ des „protestantisch-reformierten Kulturideals“. 13  Weber zitiert (nach der Übersetzung Adolf Böttgers) Milton, Das verlorene Paradies, zunächst S.  313, dann S.  311 f. Miltons Epos „Paradise Lost“ erschien zuerst 1667 und in zweiter, endgültiger, zwölf Gesänge umfassender Version 1674.

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t„…

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Nur füge zu dem Wissen auch die Tat; Dann füge Glauben, Tugend und Geduld Und Mäßigkeit hinzu und jene Liebe, Die einst als christliche gepriesen wird, Und Seele wird von allen Tugenden. Dann läßt du ungern nicht dies Paradies, Du trägst in dir ja ein viel sel’geres.“t | Jeder empfindetu sofort, daß dieser mächtigste Ausdruck der ern­ sten puritanischen Weltzugewendetheitv, das heißt: Wertung des innerweltlichena Lebens als Aufgabe, im Munde eines mittelalter­ lichen Schriftstellers unmöglich gewesen wäre. Aber auch dem Luthertum, wie es etwa in Luthers und Paul Gerhardtsb Chorälen sich gibt,14 ist er ganz ebenso wenig kongenial. An die Stelle dieser unbestimmten Empfindung gilt es nun hier eine etwas genauere gedankliche Formulierung zu setzen und | nach den inneren Grün­ den dieser Unterschiede zu fragen. Die Berufung auf den „Volks­ charakter“ ist nicht nur überhaupt lediglich das Bekenntnis des Nichtwissensc, sondern in unserem Fall auch gänzlich hinfällig. Den Engländern des 17. Jahrhunderts einen einheitlichen „Volks­ charakter“ zuzuschreiben wäre einfach historisch unrichtig. „Kava­ liere“ und „Rundköpfe“ empfanden sich nicht einfach als zwei Parteien, sondern als radikal verschiedene Menschengattungen,15 und wer aufmerksam zusieht, muß ihnen darin recht geben82). Und

A, A1 52

BR, BR1, C 81

82)  Wer freilich die Geschichtskonstruktion der Leveller teilte, wäre in der glückli­ A, A 52, 1 chen Lage,d auch dies wieder auf Rassendifferenzen zu reduzieren: sie glaubten als BR, BR1, C 81

t–t In A, A1, BR, C petit.   u A: empfindet  v A: Weltfreudigkeit  a Fehlt in A.  b  A, A1, BR, C: Gerhards  c  In A1 folgt gestrichener Index und Max Webers Hinweis: 〈x) Note auf bes. Blatt!〉  d  Komma fehlt in A, A1.   14  Luther, der „Vater des evangelischen deutschen Kirchenliedes“, verfaßte für den von ihm eingerichteten deutschsprachigen Gottesdienst Lieder, aber auch für Schule und Öffentlichkeit, und gab Gesangbücher heraus. Seine Lieder dienten der Verbreitung der reformatorischen Lehre. – Paul Gerhardt gilt mit seinen über 130 Liedern als bedeutendster Kirchenlieddichter des Protestantismus nach Luther. Er dichtete nach den Erfahrungen des Dreißigjährigen Krieges und wollte seinen Zeitgenossen in seinen Lob-, Dank- und Trostliedern gelassenes Gottvertrauen vermitteln. Vgl. Hering, Hermann, Art. Kirchenlied III, deutsches, in: RE3, 10.  Band, 1901, S.  419–426, Zitat S.  421. 15  Während des Englischen Bürgerkrieges (1642–1649) bezeichnete man die Anhänger der Parlamentspartei als „Roundheads“, die Royalisten als „Cavaliers“. Die Bezeichnung „Roundheads“ rührte von der Kurzhaarfrisur her, die parlamentsparteiische Puritaner, besonders Lehrlinge, im Gegensatz zu den schulterlangen Locken(-Perücken) der „Cavaliers“ trugen.

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andrerseits:e ein charakterologischer Gegensatz der englischen merchant adventurers gegen die alten Hanseaten ist ebensowenig auffindbar,16 wie überhaupt keinf anderer tiefergehenderg Unter­ schied englischer von deutscher Eigenart am Ende des Mittelalters zu konstatieren ist, als er sich durch die verschiedenen politischenh Schicksale unmittelbar erklären läßt83) i. Erst die Macht religiöserk Vertreter der Angelsachsen ihr „birthright“ gegen die Nachfahren Wilhelms des Er­ oberers und der Normannen zu verfechten.17 lErstaunlich genug, daß uns bisher noch niemand die plebejischen „Roundheads“ als „Rundköpfe“ im anthropometrischen Sinn gedeutet hat!l m 83)  Insbesondere der englische Nationalstolz, eine Folge der Magna Charta18 und A1 [52a] e  Fehlt in A.   f  A, A1, BR, BR1, C: ein  g  Fehlt in A.   h A: politischen  i Index fehlt in A.   k A: religiöser  l–l  Fehlt in A; A1: Der Himmel weiß, ob uns nicht schließlich noch einmal die > Erstaunlich genug, daß 〈man〉 uns bisher noch 〈nicht〉 Niemand […] 〈werden.〉 hat!  m–m (S.  253)  Fehlt in A; in A1 52 geht voraus: 〈Insbe­ sondere der englische Nationalstolz – eine Folge der Magna Charta und der großen Kriege – der dann 〈in bestimmten typischen Äußerungen〉 auch 〈bis in die〉 über nur indirekt davon berührte 〈Äußerungen〉 Objekte (z. B. 〈auch〉 über die Schönheit der Frauen des eignen Volkes) 〈in〉 schon im 15. Jahrhundert in Äußerungen auftritt, wie sie die Engländer zu machen pflegen.〉 | Ersetzt durch den Wortlaut der Fn. auf dem ursprünglich diese Streichung überklebenden, dann eingelegten Manuskriptblatt [52a] (vgl. dazu den Editorischen Bericht, oben, S.  79).   16  Die Company of Merchant Adventurers of London, eine Art Gilde der Überseehändler, hatte während des 16. und 17. Jahrhunderts das Monopol des Tuchexports nach Nordeuropa inne. Ihre Hauptniederlassung auf dem Festland befand sich in Antwerpen. Nach Ausbruch des Niederländischen Krieges verlegte sie den Sitz ihrer Niederlassung in andere Städte, im Jahre 1567 nach Hamburg, wo die Engländer 1654 vom Senat dieselben Handelsrechte wie die Hansekaufleute erhielten und bis Anfang des 19. Jahrhunderts als „Hamburg Company“ aktiv waren. Vgl. Lingelbach, W[illiam] E[zra], The Merchant Adventurers of England. Their Laws and Ordinances with other Documents. – Philadelphia: Longman, Green & Co. 1902, p. xv–xxxix. 17 Die politische Partei der Leveller (engl. Levellers; Näheres im Glossar, unten, S.  612) vertrat unter Berufung auf das Naturrecht weitreichende Demokratie- und religiöse Toleranzvorstellungen. Ihrem Geschichtsverständnis nach wurden ihren angelsächsischen Vorfahren von den Normannen (Eroberung unter Wilhelm im Jahr 1066) ein fremdes Recht und eine neue Herrschafts- und Sozialordnung oktroyiert. Es gelte nun, das normannische Joch zu beseitigen und zur altenglischen Freiheit zurückzukehren. – Zur Berufung auf das „birthright“ vgl. z. B. John Lilburnes Manifest „Englands birth-right justified“ (London, Oktober 1645) die Putney Debates (1647) (vgl. dazu: The Clarke Papers. Selections from the Papers of William Clarke, ed. by C. H. Firth, vol. I. – London: Printed for the Camden Society 1891, p. lx ff.). 18  Die Magna Charta (1215) gestand den Baronen des Lehnsstaates ständische Freiheiten und Vorrechte zu, die die königliche Gewalt einzuschränken suchten. Daraus leitete man später die Auffassung ab, nationale Freiheitsrechte stünden allen englischen Untertanen zu. Vgl. Weber, Entwicklungsbedingungen des Rechts, MWG I/22-3, S.  598.

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Archiv, 20. Band, Heft 1, 1904, S.  52, mit handschriftlichen Überarbeitungen Max Webers (Satzanweisungen mit braunstichiger Tinte und sehr feiner Feder; Wortzusätze am Rand und Fußnoten: mit derselben Tinte, mit derselben oder einer etwas breiteren Feder?) Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen (seit 2016: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446.B)

Von Max Weber handbeschriebenes Manuskriptblatt 52a (mit braunstichiger Tinte); ursprünglich die gestrichene Fußnote 2) überklebend an S.  52 angebracht Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen (seit 2016: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446.B)

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Bewegungen – nicht sie allein, aber sie zuerst – hat hier jene Unter­ schiede geschaffen, die wir heute empfinden84) n. Wenn wir demgemäß bei der Untersuchung der Beziehungen zwischen der altprotestantischen Ethik und der Entwicklung des kapitalistischen Geistes von den Schöpfungen Calvins, des Calvi­ nismus und der anderno „puritanischen“p Sekten ausgehen, so darf das nun aber nicht dahin verstanden werden, als erwarteten wir,q bei einem der Gründer oder Vertreter dieser Religionsgemein­ schaften die Erweckung dessen, was wir hier „kapitalistischen Geist“ nennen, in irgendeinem Sinn als Ziel seiner Lebensarbeit der großen Kriege.19 Die heute so typische Äußerung: „She looksr like an English girl“ beim Anblick ausländischers Mädchenschönheit wird ebenso schon aus dem 15. Jahr­ hundert berichtet.m 20 t 84) Diese Unterschiede sind natürlich auch in England bestehen geblieben. Na­ mentlichu die „Squirearchie“21 blieba Träger des „merry old England“ bis in die Ge­ genwart hinein, und die ganze Zeit seit der Reformation kann als ein Kampf der beiden Typen des Engländertums miteinander aufgefaßt werden. bIn diesem Punkt gebe ich den Bemerkungen M[oritz] J[ulius] Bonns (in der „Frankf[urter] Zeitung“) zu der schönen Schrift von v. Schulze-Gävernitz über den britischen Imperialismus recht.22 cVgl. H[ermann] Levy im A[rchiv] f[ür] Soz[ial]-Wiss[enschaft] 46, 3.c b t 23 | n  Index fehlt in A.   o  Fehlt in A, A1: andren  p A: puritanischen  q  In A, A1, BR, BR1, C folgt: daß  r A1: is > lookes BR, BR1: lookes  s A1: schöner > ausländi­ scher  t–t  Fehlt in A; in A1 auf einem ursprünglich an A 52 angeklebten, dann eingelegten Manuskriptblatt [52a].   u A1: Die > Namentlich die  a A1: war stets > blieb  b–b  Fehlt in A1.  c–c  Fehlt in BR; BR1: Vgl. jetzt H. Levy im Archiv f. S. w. 19  Dabei spielte besonders der Sieg über die spanische Armada (1588) eine große Rolle. 20  Ein Beleg ließ sich hierfür nicht finden. 21  Squirearchy (engl.), „Landjunkertum“. 22  Vgl. Schulze-Gaevernitz, Britischer Imperialismus, dazu Bonn, [Rez. Schulze-Gaevernitz,] Britischer Imperialismus. Bonn stimmt Schulze-Gaevernitz zu, daß das moderne industrielle England ein Werk der Puritaner und Nonkonformisten sei, hebt darüber hinaus aber hervor, daß die englische Geschichte „seit mehr als drei Jahrhunderten“ „ein Kampf […] zwischen ‚Rundköpfen‘ und ‚Kavalieren‘“ gewesen und das „‚Merry England‘“ des Elisabethanischen Zeitalters „entgegen den Schulzeschen Ausführungen“ nie verschwunden sei: Es habe in der „‚Squirearchie‘ lustig fortgelebt“, die England bis um 1850 beherrscht habe, und mache sich besonders in der Gegenwart geltend. 23  Gemeint ist: Levy, Studien über das englische Volk (Weber kannte den Aufsatz, der im 3. Heft des 46.  Bands des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ erschien, das Mitte Januar 1920 ausgeliefert wurde; vgl. Verlags-Bericht von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) und der H. Laupp’schen Buchhandlung in Tübingen. 1. Jan. – 31. Dez. 1919, S.  4. Levy beschreibt die ab dem 17. Jahrhundert sich herausbildende ökonomische Mittelklasse als neuen „Typus des Engländers“ gegenüber dem „Typus des ‚merry old England‘“ (Zitate ebd., S.  638 und 640). Die „alt-englischen Eigenschaf-

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vorzufinden. Daß das Streben nach weltlichen dGütern, als Selbst­ zweckd gedacht, irgendeinem von ihnen | geradezu als eethischer Werte gegolten hätte, werden wir nicht wohl glaubenf können. Undg es ist überhaupt vor allem eins ein für allemal festzuhalten: | ethischeh Reformprogramme sind bei keinem der Reformatoreni – zu denen wir für unserek Betrachtung auch Männer wie Menno, George Fox, Wesley zu rechnen haben24 – jemals der zentralel Gesichtspunkt gewesen. Sie warenm keine Gründer von Gesell­ schaften für „ethische Kultur“25 oder Vertreter humanitärer sozia­ ler Reformbestrebungenn oder Kulturideale. Das Seelenheilo und dies alleinp war der Angelpunkt ihres Lebens und Wirkens. Ihre ethischen Ziele und die praktischen Wirkungen ihrer Lehre warenq alle hier verankert und nurr Konsequenzen rein religiöser Motive. Und wir werden deshalb darauf gefaßt sein müssen, daß die Kul­ turwirkungen der Reformation zum guten Teil – vielleicht sogar für unsere speziellen Gesichtspunkte überwiegend – unvorhergese­ hene und geradezu ungewollte Folgens der Arbeit der Reformato­ ren waren, oft weit abliegend oder geradezu im Gegensatz stehend zu allem, was ihnen selbst vorschwebte. So tkönnte die nachfolgende Studiet an ihrem freilich bescheide­ nen Teil vielleicht auch einen Beitrag bilden zur Veranschaulichung der Art, in der überhaupt die „Ideen“ in der Geschichte wirksam

d–d A: Gütern als Selbstzweck  e–e A: ethischer Wert  f  A, A1: vermuten  g A, A1, BR: Aber  h A: ethische  i A, A1: „Reformatoren“  k A: unsere  l A: zentrale  m  A, A1: sind  n  A, A1: Reformprogramme  o A: Seelenheil  p A: allein  q  A, A1: sind  r  Fehlt in A.   s A: Konsequenzen  t–t A: könnten die nachfolgenden Studien   ten der derben Sinnlichkeit, der brutalen Vergnügungssucht“ etc. bestanden aber neben dem „Puritanismus des Lebensstils“ der neuen Mittelklasse fort (Zitate ebd., S.  655). 24  Menno Simons gab den gemäßigten Täufern ihre organisatorische Gestalt („Mennoniten“). – George Fox, Gründervater der „Society of Friends“ (Quäker). – John Wesley, (Mit-)Begründer des Methodismus. Vgl. auch das Personenverzeichnis, unten, S.  578, 562 und 594. 25  Gesellschaften für ethische Kultur gründen in der „ethischen Bewegung“, deren Anliegen die Pflege einer Ethik in erklärter Unabhängigkeit und Selbständigkeit gegenüber einer Religion und einem persönlichen Bekenntnis war (Näheres im Glossar, unten, S.  606). Weber stand der Bewegung kritisch gegenüber (vgl. ders., Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik. Akademische Antrittsrede, in: MWG I/4, S.  535–574, hier S.  573 mit Anm.  58; dazu S.  538, Anm.  12).

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3.  Luthers Berufskonzeption. Aufgabe der Untersuchung

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werden.a 26 Damit aber nicht schon von vornherein Mißverständ­ nisse über den Sinn, in dem hier ein solches Wirksamwerden rein ideeller Motive überhaupt behauptet wird, entstehen, mögen dar­ über als Abschluß dieser einleitendenb Erörterungen noch einige wenige Andeutungen gestattet sein. Es handelt sich bei solchen Studien – wie vor allem ausdrücklich bemerkt sein mag – in keiner Weise um den Versuch, den Gedan­ kengehalt der Reformation in irgendeinem Sinn, sei es sozialpoli­ tisch, sei es religiös zu werten. Wir haben es für unsere Zwecke stets mit Seiten der Reformation zu tun, welche dem ceigentlich religiö­ senc Bewußtsein als peripherisch und geradezu äußerlich erschei­ nen müssen. Denn es soll ja lediglich unternommen werden, den Einschlag, welchen religiöse Motive in das Gewebe der Entwick­ lung unserer aus zahllosen historischen Einzelmotiven erwachse­ nen modernen dspezifisch „diesseitig“ gerichtetend Kultur geliefert haben, etwas deutlicher zu machen. Wir fragen alsoe lediglich, was von gewissen charakteristischen Inhalten dieser Kultur dem Ein­ fluß der Reformation als historischer Ursache etwa zuzurechnen sein möchte. Dabei | müssen wir uns freilich von der Ansicht emanzipieren:f man könne | aus ökonomischen Verschiebungen die Reformation als „entwicklungsgeschichtlich notwendig“ deduzie­ ren. Ungezählte historische Konstellationen, die nicht nur in kein g„ökonomisches Gesetz“g, sondern überhaupt in keinen ökonomi­ schen Gesichtspunkt irgendwelcher Art sich einfügen, namentlich rein politische Vorgänge, mußten zusammenwirken, damit die neu geschaffenen Kirchen überhaupt fortzubestehen vermochten. Aber andererseits soll ganz und gar nicht eine so töricht-doktrinäre These85) h verfochten werden wie etwa die: daß der „kapitalistische

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i 85)  Eben diese ist mir – trotz dieser kund der folgenden, unverändert stehengeblie­ A, A 54, 1 benenk m. E. hinlänglich deutlichen lBemerkungen – seltsamerweisel immer wieder un­ BR, C 83 terstellt worden.i  27 |

a  In A folgt: Gerade aus diesem Zweck wird das Recht abgeleitet, sie in diese Zeit­ schrift, welche ihrem Programm gemäß an rein historischer Arbeit sich im allgemeinen nicht selbst beteiligt, aufzunehmen.  In A1 mit Bleistift gestrichen.   b A: langwieri­ gen  c–c A: religiösen  d–d A: materiellen  e  Fehlt in A.   f  A, A1: emanzi­ pieren,  g–g  A, A1: ökonomisches „Gesetz“  h  Index fehlt in A.   i–i  Fehlt in A.  k–k  Fehlt in A1.  l–l A1: Bemerkung –   26  Gemeint ist Teil II, unten, S.  257–492. 27  Z. B. von H. Karl Fischer, Kritische Beiträge zu Prof. M. Webers Abhandlung: „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“, abgedruckt in: MWG I/9,

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Geist“ (immer in dem provisorisch hier verwendeten Sinn dieses Wortes)m nur als Ausfluß bestimmter Einflüsse der Reformation habe entstehen können noder wohl gar: daß der Kapitalismus als Wirtschaftssystemo ein Erzeugnis der Reformation sein. Schon daß gewisse wichtige Formen kapitalistischen Geschäftsbetriebs noto­ rischp erheblich älter sind als die Reformation, stände einer solchen qAnsicht ein für allemalq im Wege. Sondern es soll nur fest­ gestellt werden:r ob und wieweits religiöse Einflüsse bei der qualitativen Prägung und quantitativen Expansion jenes „Geistes“ über die Welt hin mitbeteiligt gewesen sindt und welche konkreten Seiten der uauf kapitalistischer Basis ruhenden Kulturu auf sie zurückgehen. Dabei kann nun angesichts des ungeheuren Gewirrs gegenseitiger Beeinflussungen zwischen den materiellen Unterla­ gen, den sozialen und politischen Organisationsformen und dem geistigen Gehalte der reformatorischen Kulturepochen nur so ver­ fahren werden, daß zunächst untersucht wird, ob und in welchen Punkten bestimmte „Wahlverwandtschaften“v zwischen gewissen Formen des religiösen Glaubens und der Berufsethik erkennbar sind. Damit wird zugleich die Art und allgemeine Richtung, in wel­ cher infolge solcher Wahlverwandtschaften die religiöse Bewegung auf die Entwicklung der materiellen Kultur einwirkte, nach Mög­ lichkeit verdeutlicht. Alsdann erst w, wenn dies leidlich eindeutig feststeht, könntew der Versuch gemacht werden, abzuschätzen, in welchem Maße moderne Kulturinhalte in ihrer geschichtlichen Entstehung jenen religiösen Motiven und inwieweit anderen zuzu­ rechnen sind. |

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m  In A folgt: oder wohl gar: der Kapitalismusma überhaupt,  ma  In A1 folgt ein gestrichenes Einschubzeichen.   n–n Fehlt in A.   o In A1 nicht hervorgehoben.   p  Fehlt in A.   q–q A: These A1: 〈lächerlichen〉 Ansicht ein für alle Mal  r  A, A1: werden,  s  In A folgt: hier tatsächlich  t A: sind  u–u A: kapitalistischen Kul­ tur  v A: Wahlverwandtschaften  w–w A: kann  S.  469–477, hier S.  473 f., und von Felix Rachfahl, Kalvinismus, in: MWG I/9, bes. in den Abschnitten II bis IV, S.  532–562, und ders., Nochmals Kalvinismus, in: MWG I/9, bes. S.  651 f. Weber hatte darauf schon in seinen Antikritiken Bezug genommen, vgl. (zu Fischer) ders., Kritische Bemerkungen zu den vorstehenden „Kritischen Beiträgen“, MWG I/9, hier S.  479 f. und 485, und ders., Bemerkungen zu der vorstehenden „Replik“, MWG I/9, hier S.  503 f., und (zu Rachfahl) ders., Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, MWG I/9, S.  602 mit Fn.  22a und S.  609 f., und ders., Antikritisches Schlußwort, MWG I/9, S.  669 f.

II.a Die Berufsethikb des asketischen Protestantismus.

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Inhalt: 1. Die religiösen Grundlagen der innerweltlichen Askese cS.  257c. – 2. Askese und dkapitalistischer Geistd eS.  411e.

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Die geschichtlichen Träger des asketischen Protestantismus (im hier gebrauchten Sinn des Ausdrucks) sind in der Hauptsache viererlei: 1. der Calvinismus in der Gestalt, welche er in den westeuropäischenf Hauptgebieten seiner Herrschaft im Lauf insbesondere des 17. Jahrhunderts annahm; 2. der Pietismus; 3. der Methodismus; 4. die aus der täuferischen Bewegung hervorgewachsenen Sekten86). Den Zwinglianismus behandeln wir nicht gesondert, da er nach kurzer großer A, A1 1, Machtstellung schnell an Bedeutung zurückging.1 – Der „Arminianismus“, dessen dog­ BR, C 84 matische Eigenart in der Ablehnung des Prädestinationsdogmas in seiner schroffen Formulierung bestand gund der die „innerweltliche Askese“ ablehnteg, ist als Sekte nur in Holland (und den Ver[einigten] Staaten) konstituiert2 und in diesem Kapitel für uns ohne Interesse hbzw. nur von dem negativen Interesse: daß er die Konfession des kaufmännischen Patriziatsi in Holland war (s. darüber später)h.3 Seine Dogmatik galt in der 86) 

a  In A geht voraus (in A1 mit Bleistift – vermutlich vom Setzer – gestrichen): Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus. / Von Max Weber.  In A1 folgt nach Kapitalismus. ein gestrichener Index, an den die ebenfalls gestrichene Fußnote an­ bindet: 〈Veröffentlicht im 〈Jaffé’schen〉 „Archiv f. Sozialwissenschaft und Sozialpo­litik“ (J.  C.  B. Mohr, Tübingen) XX, XXI, 1904 bzw. 1905.〉    b A, A1: Berufsidee   c–c  Fehlt in A, A1; BR: S.     d–d  A, A1: Kapitalismus  e–e  Fehlt in A, A1; BR: S.     f  Fehlt in A.   g–g  Fehlt in A.   h–h  Fehlt in A.   i A1: Patriziats   1  Die von Zürich ausgehende Reformation war mit der Niederlage im zweiten Kappe­ lerkrieg (1531), in dem Zwingli fiel, an das Ende ihrer Ausbreitung gekommen. Nähe­ res im Glossar unter „Zwinglianismus“, unten, S.  622. 2  Der Arminianismus (vgl. auch das Glossar, unten, S.  599) mit seinem gegenüber Calvin und dem orthodoxen Calvinismus moderaten Prädestinationsverständnis wurde auf der Dordrechter Synode (1618/19) verurteilt. Seine Anführer und ihm anhängende Pfarrer wurden verbannt. Vor ihrer Exilierung gründeten sie 1619 in Antwerpen die noch heute bestehende „Remonstrantische Bruderschaft“. (Eine spezifisch arminianische Sekte in den USA ließ sich nicht ermitteln; vgl. aber unten, S.  258, Anm.  6). – Weber hat das Kapitel über den Arminianismus bei Schneckenburger, Kirchenparteien, S.  4–26, gelesen, wie einzelne Marginalien im Exemplar der UB Heidelberg belegen. 3  Siehe unten, S.  455–457, Fn.  346.

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Keine dieser Bewegungen stand der anderen absolut gesondert gegenüber, und auch die Absonderung von den nicht asketischen Reformationskirchen ist keine streng durchgeführte. Der Methodismus ist erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts innerhalb der englischen Staatskirche entstanden, wollte nach der Absicht seiner Begründer4 nicht sowohl eine neue Kirche, als eine Neuerweckung des asketischen Geistes innerhalb der alten sein, und wurde erst im Lauf seiner Entwicklung, insbesondere beim Übergreifen nach Amerika, | von der anglikanischen Kirche getrennt. Der Pietismus ist auf dem Boden des Calvinismus in England und besonders Holland zuerst erwachsen, blieb durch ganz unmerkliche Übergänge mit der Orthodoxie verknüpft, und vollzog dann gegen Ende des 17. Jahrhunderts in der Wirksamkeit Speners seinen Eintritt in das Luthertum, teilweise dogmatisch umfundamentiert.5 Er blieb eine Bewegung innerhalb der Kirche, und nur die an Zinzendorf anknüpfende,j durch Nachklänge hussitischer und calvinistischer Einanglikanischen Kirche und in den meisten methodistischen Denominationen.6 kSeine „erastianische“ (d. h. die Souveränität des Staates auch in Kirchensachen vertretende) Haltung7 war aber die aller rein politisch interessierten Instanzen, des Langen Parlaj  Komma fehlt in BR, C.   k–k (S.  259)  Fehlt in A, A1; in A1 folgt: 〈– Es ist überall zu be­ achten, daß „reformiert“ (nach deutschem Sprachgebrauch) nicht einfach 〈als〉 schlecht­hin gleich calvinistisch, 〈noch weniger gleich〉 〈calvinistisch〉 vollends nicht in dem hier verwendeten etwas engeren (spezifisch asketischen Sinn) gesetzt werden darf.〉 | 4 In erster Linie John und Charles Wesley sowie George Whitefield; vgl. dazu die Einträge im Personenverzeichnis, unten, S.  549 f. 5  Weber dürfte hier auf Heppe, Pietismus, fußen, dessen Werk er erst unten, S.  364 f., Fn.  214, einführt. Heinrich Heppe bezieht den Puritanismus Englands (er spricht vom „puritanische[n] Pietismus Englands“, S.  14–73) und dessen Einflüsse auf Holland in seine Darstellung mit ein; zu Holland als Entstehungsland des Pietismus vgl. neben Heppe v. a. Albrecht Ritschl, Pietismus I. Vgl. auch Webers Ausführungen unten, S.  346–349. 6  Einfluß gewann der Arminianismus auch in England, wo er später mit dem Unitaris­ mus zusammenging. Innerhalb der Church of England verband er sich mit dem hoch­ kirchlichen Anglikanismus von William Laud, seit 1633 Erzbischof in Canterbury, aller­ dings in einer Weise, die seinen ursprünglichen Intentionen kaum noch entsprach. Vgl. auch unten, S.  267, Anm.  60. – Später berief sich John Wesley auf ihn, der im Gegensatz zu George Whitefield die Prädestinationslehre ablehnte. Seit 1741 gab es daher eine „arminianische“ und eine „prädestinatianische“ Richtung des Methodis­ mus (vgl. Friedrich Loofs, Art. Methodismus, S.  765; auf Loofs bezieht sich Weber un­ ten, S.  379, Fn.  240); letztere löste sich nach 1777 auf. Der Methodismus war in Eng­ land und vor allem in den USA verbreitet. Vgl. auch unten, S.  340 f. und 382–385. 7  Zu „erastianisch“ vgl. auch das Glossar, unten, S.  605.

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flüsse in | der mährischen Brüdergemeinde mitbestimmte Richtung („Herrnhuter“) wurde, wie der Methodismus, gegen ihren Willen zu einer eigentümlichen Art von Sektenbildung gedrängt. Calvinismus und Täufertum standen im Anfang ihrer Entwicklung sich schroff getrennt gegenüber, aber im Baptismus des späteren 17. Jahrhunderts berührten sie einander dicht, und schon in den independentischenl Sekten Englands und Hollands zu Anfang desselben war der Übergang ein stufenweiser. Wie der Pietismus zeigt, ist auch der Übergang zum Luthertum ein allmählicher, und ebenso steht es zwischen demm Calvinismus und der in ihrem äußeren Charakter und dem Geist ihrer konsequentesten Bekenner dem Katholizismus verwandten anglikanischen Kirche. Jene asketische Bewegung, welche im weitesten Sinn dieses vieldeutigen Wortes als „Puritanismus“ bezeichnet wurde87), griff zwar in der Masse ihrer Anhänger und namentlich in ihren konsequenten Verfechtern die Grundlagen des Anglikanismus an, aber auch hier verschärften sich die Gegensätze erst allmählich im Kampf. Und auch wenn wir die hier zunächstn nicht interessierenden Fragen der Verfassung und Organisation vorerst gänzlich beiseite lassen – ja dann erst recht –[,] bleibt der Sachverhalt der gleiche. Die dogmatischen Differenzen, selbst die wichtigsten, wie die über die Prädestina­tionsund Rechtfertigungslehre, gingeno in den mannigfaltigsten Kombi-

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ments in England ganz ebenso wie der Elisabeth und der niederländischen Generalstaaten, vor allem: Oldenbarneveldts.k 8 | 87)  Über die Entwicklung des Begriffs „Puritanismus“ s. statt Andrer Sanford in den A, A 2, 1 „Studies and Reflections of the Great Rebellion“ S.  65 f.9 Wir brauchen hier den Aus- BR, C 85 druck, wo wir ihn überhaupt anwenden, stets in dem Sinn, den er in der populären Sprache des 17. Jahrhunderts angenommen hatte: die asketisch gerichteten religiösen Bewegungen in Holland und England, ohne Unterschied der Kirchenverfassungsprogramme und Dogmen, also mit Einschluß der „Independenten“, Kongregationalisten, Baptisten, Mennoniten und Quäker. | l BR, C: indepedentischen  m A, A1, BR: den  n A: noch  o A, A1, BR: gehen  k  (S.  258)–k  Fehlt in A, A1.   8  Zu Johan van Oldenbarnevelts Haltung vgl. unten, S.  267, Anm.  59. 9  Gemeint ist: Sanford, Great Rebellion; dort im Titel: „Studies and Illustrations . . .“. Weber bezieht sich auf das gesamte Kapitel II „Puritanism: Religious and Social“, p.  64–102. John Langton Sanford gibt darin eine Definition des Puritanismus, indem er 1. dessen religiöse Theorie aus den Gedanken ableitet, die in den verschiedenen Phasen seiner Geschichte bestimmend waren, und ihn 2. in seiner Sozialgestalt be­ trachtet. Durch diese Art der Definition will Sanford vermeiden, den Puritanismus dog­ matischer zu zeichnen, als er nach seiner Auffassung war (ebd., p.  64).

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nationen ineinander über und hinderten schon zu Anfang des 17. Jahrhunderts die Aufrechterhaltung kirchlicher Gemeinschaft zwar regelmäßig, aber doch nicht ausnahmslos. Und vor allem: | die für uns wichtigen Erscheinungen der sittlichen Lebensführung finden sich bei den Anhängern der verschiedensten, aus einer der oben verzeichneten10 vier Quellen oder einer Kombination mehrerer von ihnen hervorgegangenen Denominationen in gleich­artiger Weise. Wir werden sehen,11 daß ähnliche ethische Maximen mit verschiedenen dogmatischen Unterlagen verknüpft sein konnten. pAuch die für den Betrieb der Seelsorge bestimmten einflußreichen literarischen Hilfsmittel, vor allem die casuistischen | Kompendienp der verschiedenen Konfessionen,q beeinflußten sich rim Lauf der Zeitr gegenseitig, und man findet in ihnen große Ähnlichkeiten trotz notorisch sehr verschiedener Praxis der Lebensführung. Es könnte also fast scheinen, als täten wir am besten, die dogma­tischen Unterlagen ebenso wie die ethische Theorie ganz zu ignorieren und uns rein an die sittliche Praxis zu halten, soweit sie feststellbar ist. – Allein dem ist seben dennochs nicht so. Die tuntereinander verschiedenent dogmatischen Wurzeln der asketischen Sittlichkeit starben freilich, nach fürchterlichen Kämpfen, ab. Aber die ursprüngliche Verankerung an jenen Dogmen hat nicht nur in der „undogmatischen“ späteren Ethik mächtige Spuren hinterlassen, sondern nur die Kenntnis des ursprünglichen Gedankengehalts lehrt verstehen, wie jene Sittlichkeit mit dem die innerlichsten Menschen jener Zeit absolut beherrschenden Gedanken an das Jenseits verknüpft war, ohne dessen alles überragende Macht damals keinerlei die Lebenspraxis ernstlich beeinflussende sittliche Erneuerung ins Werk gesetzt worden ist. Denn selbstverständlichu nicht auf das, was etwa in ethischen Kompendien der Zeit theoretisch aund offiziella gelehrtb wurde, – so gewiß auch dies durch den Einfluß von Kirchenzucht, Seelsorge und Predigt praktische Bedeutung p–p A: Und auch die ethischen Kompendien  A1: Auch […] bestimmten zuweilen einflußreichen litterarischen Hilfsmittel, vor allem die Kompendien,  q  Komma fehlt in A, A1.  r–r  Fehlt in A.   s–s Fehlt in A.   t–t Fehlt in A.   u Fehlt in A.   a–a  Fehlt in A.   b  In A1 unterstrichen, aber ohne zusätzliche Satzanweisung zur Hervorhebung. 10  Siehe oben, S.  257. 11  Im folgenden, S.  260–411.

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hatte, – kommt es cfür uns an88), sondern auf etwas ganz anderes:c auf die Ermittelung dderjenigen durch den religiösen Glauben und die Praxis des religiösen Lebens geschaffenend psychologischen Antriebe, welche der Lebensführung die Richtung wiesen und das Individuum in ihr festhielten. Diese Antriebe aber entsprangen enun einmal in hohem Maß auch der Eigenart dere religiösen Glaubensvorstellungen. Der damalige Mensch grübelte über scheinbar abstrakte Dogmen in feinem Maße, welches seinerseitsf wieder nur verständlich wird, wenn wir dereng Zusammenhang mit praktischreligiösen Interessen durchschauen. Der Weg durch einige dogmatische Betrachtungen89), welcher dem | nicht theo|logischen Leser ebenso mühsam wie dem theologisch Gebildeten hastig und oberflächlich erscheinen muß, ist unvermeidlich. Dabei können wir freilich nur so verfahren, daß wir die religiösen Gedanken in einer h 88)  Das ist in den Erörterungen dieser Fragen sehr arg verkannt worden. Namentlich Sombart, aber auch Brentano, zitieren stets die ethischen Schriftsteller (meist solche, die sie bei mir kennen lernten) wie Kodifikationen von Lebensregeln,12 ohne je zu fragen, für welche von diesen denn die psychologisch allein wirksamen Heilsprämien gegeben waren.h 89)  Ich brauche kaum besonders zu betonen, daß diese Skizze, soweit sie sich auf rein dogmatischem Gebiet bewegt, überall an die Formulierungen der kirchen- und dogmengeschichtlichen Literatur, also an die „zweite Hand“ angelehnt ist und insoweit schlechterdings keinerlei „Originalität“ beansprucht. Selbstverständlich habe ich mich nach Vermögen in die Quellen der Reformationsgeschichte zu | vertiefen gesucht. Aber dabei die intensive und feinsinnige theologische Arbeit vieler Jahr|zehnte ignorieren zu wollen, statt sich – wie das ganz unvermeidlich ist – von ihr zum Verständnis der Quellen leiten zu lassen, wäre eine starke Anmaßung gewesen. Ich mußi hoffen, daß die notgedrungene Kürze der Skizze nicht zu inkorrekten Formulierungen geführt hat und daß ich wenigstens sachlich erhebliche Mißverständnisse vermieden habe. „Neues“ enthält die Darstellung für jeden mit der wichtigsten theologischen Literatur Vertrauten sicherlich nur insofern, als natürlich Alles auf die für uns wichtigen Gesichtspunkte abgestellt ist, von denen manche geradek entscheidend bedeutsame, – wie z. B. der ra­ tionale Charakter der Askese und ihre Bedeutung für den modernen „Lebensstil“, –

c–c A: in erster Linie für uns an; sondern zunächst  Index fehlt in A, A1.  d–d A: der A1: derjenigen 〈religiös〉 durch 〈die Religion〉 den religiösen Glauben […] geschaffenen  e–e A: eben vorwiegend rein  f–f A: einer Art, die ihrerseits  g A: ihren  h–h  Fehlt in A, A1.  i A: kann nur  k A, A1: für uns 12  Das ist besonders bei der Zitation von Einzelsätzen aus Richard Baxters „Christian Directory“ der Fall, die Sombart, Bourgeois, S.  324–328, auch S.  329, 334 f. und S.  352, zusammenstellt; ebenso zitiert er aus den Schriften Benjamin Franklins, ebd., S.  152– 157, 159 f., 163 und S.  197–199, und Daniel Defoes, ebd., S.  200 f. und 205–208 u. ö. – Brentano, Anfänge, zitiert Baxter S.  143 f., John Bunyan S.  144–146 und Franklin S.  148–153.

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„idealtypisch“ kompilierten Konsequenz vorführen, wie sie in der historischen Realität nur selten anzutreffen war.13 Denn gerade wegen der Unmöglichkeit, in der | historischen Wirklichkeit scharfe Grenzen zu ziehen, können wir nur bei Untersuchung ihrer kon­ sequentesten Formen hoffen, auf ihre spezifischen Wirkungen zu stoßen. – theologischen Darstellern naturgemäß ferner lagen. lAuf diese und überhaupt auf die soziologische Seite der Sache ist, seit dieser Aufsatz erschien,14 durch das schon oben zitierte Werk von E[rnst] Tröltsch15 – dessen „Gerhard und Melanchthon“16 sowie zahlreiche Rezensionen in den Gött[ingischen] Gel[ehrten] Anz[eigen]17 bereits manche Vorläufer seiner großen Arbeit enthalten, – systematisch eingegangen worden. –l Zitiert ist, schon aus Raumgründen, nicht alles Mitbenutzte, sondern jeweils nur diejenigen Arbeiten, denen der betreffende Teil des Textes folgt oder an die er anknüpft. Dies sind nicht selten gerade ältere Autoren, wenn ihnen die hier interessierenden Gesichtspunkte näher lagen. Die ganz ungenügende pekuniäre Ausstattung der deutschen Bibliotheken bringt es mit sich, daß man in der „Provinz“ die allerwichtigsten Quellenschriften und Arbeiten nur auf kurze Wochen leihweise von Berlin oder anderen großen Bibliotheken erhalten kann. So etwa Voët,18 Baxter,19 Tyermans Wesley,20 alle l–l A: Manche andere Gesichtspunkte – z. B. die S.  15 f. gestreiften – sind hier auch um deswillen nur andeutungsweise behandelt, weil hoffentlich E. Tröltsch in seinem Beitrag zu dem Hinnebergschen Sammelwerke auf diese Dinge (lex naturae etc.), denen er, wie außer seinem „Gerhard und Melanchthon“ besonders auch seine zahlreichen Rezensionen in den Gött. Gel. Anzeigen beweisen, seit Jahren nachgeht, eingehen und sie dann, als Fachmann, natürlich besser erledigen wird als ich beim besten Willen könnte. A1: Für diese und überhaupt für die soziologische Seite der 〈Kirche〉 Sache ist, seit dieser Aufsatz erschien, 〈die erstmalig〉 durch das 〈Werk von E. T〉 im Vorwort zitierte Werk von E. Tröltsch – 〈auf〉 dessen „Gerhard und Melanchthon“ 〈und〉 sowie zahlreiche Rezensionen […] manche Vorläufer 〈dieser〉 seiner […] eingegangen worden. 13  Vgl. dazu oben, S.  193 f. mit Fn.  50. 14  Gemeint ist: Weber, Protestantische Ethik I und II, MWG I/9, S.  97–215 und 222–425. 15  Troeltsch, Soziallehren, von Weber zitiert oben, S.  125, Fn.  1, u. ö. (KGA 9). 16 Troeltschs Dissertation erschien, stark überarbeitet, 1891 als Monographie (Troeltsch, Vernunft und Offenbarung; KGA 1, S.  73–338). Zu „lex naturae“ dort bes. S.  154 ff. (KGA 1, S.  266 ff.) und passim. 17  Vgl. u. a. Troeltsch, Rez. Seeberg (KGA 4, S.  87–111), dazu Weber, oben, S.  226 f., Fn.  57 mit Anm.  8 und 9 bes. zum Begriff „lex naturae“. Vgl. ferner Troeltschs zahlrei­ che Rezensionen in der von Weber genannten Zeitschrift, ediert in: KGA 2 (1894– 1900) und KGA 4 (1901–1914). 18  Weber zitiert Voet, Selectae Disputationes theologicae IV, unten, S.  416, Fn.  286, und Voet, Politica Ecclesiastica I/1–2, in Weber, Sekten, unten, S.  515, Fn.  24. Er refe­ riert Gisbert Voet außerdem nach Ritschl, Pietismus I, so unten, S.  346–348, Fn.  194; vgl. dazu Webers Äußerung in ders., Protestanische Ethik II, MWG I/9, S.  368, Fn.  2; hier unten, S.  413, textkritische Anm.  d. 19 In erster Linie: Baxter, Christian Directory I–IV. Weber hatte hiervon ein Exzerpt angefertigt; vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik II, MWG I/9, S.  236; hier oben, S.  92. 20  Vgl. Tyerman, Wesley I–III.

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Der Glaube90) nun, um welchen in den kapitalistisch höchst entwickelten Kulturländern: den Niederlanden, England, Frank|reich im 16. und 17. Jahrhundert die großen politischen und Kulturkämpfe geführt worden sind mund dem wir uns deshalb zuerst zuwendenm, war der Calvinismus91). Als sein am | meisten | charak-

BR, C 88

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methodistischen, baptistischen und Quäker-Schriftsteller und viele nicht im Corpus Reformatorum21 enthaltenen Schriftsteller der ersten Zeit überhaupt. Vielfachn ist der Besuch englischer und namentlicho amerikanischer Bibliotheken für jedes eingehende Studium unerläßlich.22 Für die nachstehende Skizze mußte (und konnte auch) natürlich im allgemeinen genügen, was in Deutschland erhältlich war. – In Amerika führt pseit einiger Zeitp die charakteristische geflissentliche Verleugnungq der eigenenr „sektiererischen“ Vergangenheit durch die Universitäten dazu, daß die Bibliotheken wenig oder oft geradezu nichts Neues an derartiger Literatur anschaffen, – ein Einzelzug aus jener allgemeinen Tendenz zur „Säkularisation“ des amerikanischen Lebens, welche in nicht langer Zeit den historisch überkommenen Volkscharakters aufgelöst und den Sinn mancher grundlegenden Institutionen des Landes völlig und endgültig verändert haben wird. Man muß zu den orthodoxen kleinen Sekten-Colleges auf das Land gehen.23 | 90)  Wir interessieren uns nachstehend zunächst in keiner Weise für Herkunft, Ante- A, A 5 1 zedentien und Entwicklungsgeschichte der asketischen Rich|tungen, sondern nehmen BR, C 88 ihren Gedankengehalt so, wie er, voll entwickelt, war, als gegebene Größe hin. 91)  Über Calvin und den Calvinismus im allgemeinen unterrichtet neben der grundlegenden Arbeit von Kampschulte24 mitt am besten die Darstellung von Erich Marcks m–m Fehlt in A.    n A, A1, BR: Für Vieles    o Fehlt in A; A1: , namentlich,   p–p A: leider jetzt  q A: Verläugnung  r  Fehlt in A.   s  A, A1: „Volkscharakter“  t  A, A1: wohl   21  Das Corpus Reformatorum (CR; begründet von Karl Gottlieb Bretschneider), des­ sen Bände von 1834 bis 1963 erschienen, enthält die Werke Philipp Melanchthons (Bände 1–28), Jean Calvins (Bände 29–87) und Ulrich Zwinglis (Bände 88–101). Zur Zeit der Abfassung der „Protestantischen Ethik II“ (1905) lagen die Werke Melanch­ thons und Calvins im CR vollständig vor. 22  Max Weber plante eine zweite Reise in die USA, um Bibliotheken zu besuchen. Die Reise kam nicht zustande. Daß er die mit Marianne Weber unternommene Reise nach England 1910 für Bibliotheksbesuche nutzte, ist unwahrscheinlich. Vgl. den Editori­ schen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik II, MWG I/9, S.  229, Anm.  39, auch ders., Antikritisches Schlußwort, MWG I/9, S.  689, Fn.  10. – Weber gibt im Folgenden Hinweise auf amerikanische und englische Bibliotheken; auch unten, S.  380, Fn.  240, und S.  389, Fn.  255. 23  Diese Erfahrung hatte Weber in der Bibliothek der Brown University in Providence, RI, gemacht, wie er im Brief an Helene Weber und Familie vom 6. Nov. 1904 (in: Brief vom 6. – 16. Nov. 1904, MWG II/4, hier S.  380 f.) festhält: „Ich wollte auf der Bibliothek nach historischer Baptisten-Litteratur suchen, aber – wieder charakteristisch – die Leute dort wollen ihren jetzigen Charakter als nicht-mehr-‚Sectarian University‘ so stark betonen, daß sie moderne Litteratur über die Geschichte derselben Denomination, die sie ge­ gründet hat, überhaupt nicht anschaffen. Ich werde wohl ein kleines Baptisten-College auf dem Lande aufsuchen müssen.“ Zu Webers Bibliotheksbesuchen vgl. auch den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik II, MWG I/9, S.  222 f. mit Anm.  5. 24  Vgl. Kampschulte, Calvin I, II. – Im folgenden werden die Kurztitel aufgeführt, aus­

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teristisches Dogma galt damals und gilt im allgemeinen auch heute (in seinem „Coligny“).25 Nicht überall kritisch und tendenzfrei ist Campbell, The Puritans in Holland, England aand Americaa (2 Bde.).26 Eine starkb anticalvinistische Parteischrift sind Piersons Studien over Johan Calvijn.27 Für die holländische Entwicklung sind neben Motley28 die niederländischen Klassiker, speziell cGroen van Prinste­ rer, Geschied[enis] v[an] h[et] Vaderland; – La Hollande et l’influence de Calvin (1864); – Le parti antirévolutionnaire et confessionnel dans l’église des P[ays-]B[as] (1860: für das moderne Holland);29 – ferner vor allemc Fruin’sd Tien jaren uit den tachtigjarigen oorlog30 unde besonders Naber’sf Calvinist of Libertijnsch31 zu vergleichen, gdaneben W.  J.  F. Nuyens, Gesch[iedenis] der kerkel[ijke] an pol[itieke] geschillen in de Rep[u­ bliek] de Ver[eenigde] Prov[incien] h(Amst[erdam] 1886);h 32 A. Köhler, Die nieder­ l[ändische] ref[ormirte] Kirche (Erlangen i1856)33 für das 19. Jahrhunderti,g für Frankreich neben Polenz34 jetzt Bairdj, Rise of the Huguenots,35 für England neben Carlyle,36 Macaulay,37 Masson38 und – last not least – Ranke39 jetzt vor allem die verschiedenen später zu zitierenden Arbeiten von Gardiner40 und Firth,41 ferner z. B. Taylerk, A retro-

a–a  A, A1, BR, C: und Amerika  b  A, A1: reine BR: starke  c–c  Fehlt in A, A1. d  In A, A1 nicht hervorgehoben.   e  In A folgt: jetzt  f  In A, A1 nicht hervorgeho­ ben.  g–g  Fehlt in A, A1.    h–h BR: (Ausg. 1886); –  i–i BR: 1856: für das 19. Jahrhundert)  j  In A, A1 nicht hervorgehoben.   k  A, A1, BR, C: Taylor führliche Angaben im „Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur“, unten, S.  623–658. 25  Vgl. Marcks, Coligny. 26  Der Titel lautet: Campbell, The Puritan in Holland, England, and America I, II. 27  Vgl. Pierson, Studien I–III. 28 Weber benennt nachfolgend keine Werke von Motley; in Frage kämen: Motley, John Lothrop, The Rise of the Dutch Republic, 3 vols., 1856; History of the United Netherlands, 4 vols., 1860–1867; The life and death of John of Barneveld […], 2 vols., 1874. 29  Vgl. Groen van Prinsterer, Geschiedenis van het Vaderland; ders., La Hollande; und ders., Le parti anti-révolutionnaire. 30  Vgl. Fruin, Tien jaren. 31  Vgl. Naber, Calvinist. 32  Vgl. Nuyens, Geschiedenis I, II, 1886/87. 33  Vgl. Köhler, Niederländische Kirche. 34  Vgl. Polenz, Calvinismus I–V. 35  Vgl. Baird, Huguenots I, II. 36  Lediglich zitiert: Carlyle, Cromwell’s Letters and Speeches II, oben, S.  237, Fn.  66; vgl. auch S.  130 mit Anm.  29. 37  Weber gibt unten, S.  272, Fn.  96, und S.  286, Fn.  115, die beiden Essays Macaulay, Milton, und ders., Bunyan, an. 38  Masson, Milton I–VI, genannt unten, S.  272, Fn.  96. 39  Vgl. Ranke, Englische Geschichte I–VII. 40  Die Verweisformulierung ist unklar, denn Gardiner, Commonwealth I, ist bereits zi­ tiert oben, S.  237, Fn.  29, und unten, S.  449, Fn.  340, wird lediglich Gardiner, Docu­ ments, genannt. 41  Firth, Cromwell’s Army, zitiert unten, S.  327, Fn.  167.

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die Lehre von der Gnadenwahl. Man hat zwar darüber gestritten, ob sie „das wesentlichste“ Dogma der reformierten Kirche oder spect of the religious life in England (1845l)42 und das vortreffliche Buch von Weingar­ ten über „Diem englischen Revolutions-Kirchen“, dazu der Aufsatz über die englischenn „Moralisten“ von E[rnst] Tröltsch in der Realenzyklopädie für Protest[antische] Theol[ogie] u. Kirche 3.  Aufl. o,43 ferner – selbstverständlich – dessen „Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen“o 44 und Ed[uard] Bernsteins ausgezeichneterp Essay in der q„Geschichte des Sozialismus“q (Stuttgart 1895, Bd. I S.  506 f.)r.45 Beste Bibliographie (über 7000 Nummern) bei Dexter, Congregationalism of the last 300 years (freilich vornehmlich – aber doch nicht ausschließlich – Kirchenverfassungsfragen).46 Das Buch steht ganz wesentlich höher als Price (Hist[ory] of Nonconformism),47 Skeats48 und andere Darstellungen. sFür Schottland z. B. Sack, K[irche] von Schottland (1844)49 und die Literatur über John Knox.s 50 Für die amerikanischen Kolonien ragtt aus der zahlreichen Einzelliteratur das Werk von Doyleu, The English in Americav 51 hervor. aFerner: Daniel Wait Howe, The Puritan Republic (Indianapolis, The BowenMerrill-Cy publishers),52 J. Brown, The pilgrim fathers of New England and their Puritan successors (3d ed. Revell).53 Weitere Zitate am gegebenen Ort.a Für die Lehrunterschiede ist die nachfolgende Darstellung ganz besonders Schneckenburgers schon früherb zitiertem Vorlesungszyklus verpflichtet.54 – Ritschls grundlegendes Werk: Die christliche Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung (3 Bde.[,] hier nach der 3. Auflage zitiert)55 zeigt in der starken Untermischung der historischen Darstellung mit Werturteilen die ausgeprägte Eigenart des Verfassers, welche bei aller Großartig-

l BR, C: (1854  m A, A1: „die  n A, A1: Englischen  o–o Fehlt in A, A1.   p A, A1: ausgezeichnetes  q–q In A, A1, BR ohne Anführungszeichen.   r In A folgt: , auf welches in einem späteren Zusammenhang eingehend zurückzukommen sein wird  s–s  Fehlt in A, A1.  t  In A folgt: jetzt  u  In A, A1 nicht hervorgeho­ ben.  v BR, C: Amerika  a–a  Fehlt in A, A1.  b A: im ersten Artikel 42  Vgl. Tayler, Retrospect. 43  Zu Weingarten, Revolutionskirchen Englands, und Troeltsch, Art. Moralisten, vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  98. 44  Vgl. Troeltsch, Soziallehren (KGA 9). 45  Gemeint ist: Bernstein, Kommunistische Strömungen (in: Geschichte des Sozia­ lismus, S.  507–718); vgl. hierzu den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S.  98. Von Weber zitiert unten, S.  406, Fn.  273, und S.  466, Fn.  363. 46  Vgl. Dexter, Congregationalism. 47  Der Titel lautet: Price, The History of Protestant Nonconformity in England. 48  Vgl. Skeats, Free Churches. 49  Vgl. Sack, Kirche von Schottland I, II. 50  Weber zitiert keine Literatur über John Knox. Vgl. deshalb die bibliographischen Angaben in: Clemen, O[tto], Art. Knox, John, in: RGG, 3.  Band, 1912, Sp.  1547 f. 51  Vgl. Doyle, The English in America I–III. 52  Vgl. Howe, Puritan Republic. 53  Vgl. Brown, John, Pilgrim Fathers. 54 Vgl. Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, II; dazu Webers Hinweis oben, S.  240, Fn.  69. 55  Vgl. Ritschl, Rechtfertigung und Versöhnung I–III.

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ein „Anhängsel“ sei.56 Urteile über die Wesentlichkeitc einer historischen Erscheinung sind nun aber entweder Wert- und Glaubensurteile – dann nämlich, wenn das an ihr allein „Interessierende“ oder allein dauernd „Wertvolle“ damit gemeint ist. Oder es ist das wegen seines Einflusses auf andere historische Hergänge kausal Bedeutsamed gemeint: dann handelt es sich um historische Zurechnungsurteile. Geht man nun, wie dies hier zu geschehen hat, von diesem letzteren Gesichtspunkt aus und fragt also nach der Bedeutung, welche jenem Dogma nach seinen kulturgeschichtlichen Wir­ kungen zuzumessen ist, so müssene diese sicherlichf hoch angekeit der gedanklichen Schärfe dem Benutzer nicht immer die volle Sicherheit der „Objektivität“ gibt. Wo er z. B. Schneckenburgers Darstellung ablehnt,57 ist mir das Recht dazu oft zweifelhaft geblieben, so wenig ich mir im übrigen ein eigenes Urteil anmaße. Was ferner z. B. für ihn aus der großen Mannigfaltigkeit der religiösen Gedanken und A, A1 6 Stimmungen, schon bei Luther selbst, als „lutherische“ Lehre | gilt, scheint oft durch Werturteile festgestellt: es ist dasg, was für Ritschl dauernd wertvoll am Luthertum ist. BR, C 89 Es ist Luthertum, wie es (nach R[itschl]) sein sollte, nicht | immer, wie es war. Daß die Werke von Karl Müller, Seeberg58 u. ä. überall benutzt sind, bedarf wohl nicht der besonderen Erwähnung. – Wenn ich nachstehend dem Leser ebenso wie mir selbst die Pönitenz einer bösenh Fußnotengeschwulst auferlegt habe, so iwar dafür ebeni die Nötigung entscheidend, eine wenigstens vorläufige Nachprüfung der Gedanken dieser Skizze, auch durch Andeutung mancher weiter daran sich anschließenden Gesichtspunkte, speziell den nicht theologischen Lesern zu ermöglichenj. c A: „Wesentlichkeit“  d  A, A1: bedeutsame  e  A, A1: muß  f  In A folgt: sehr g  A, A1: Das  h A: entsetzlichen  i–i A: waren dafür einerseits absolut zwingen­ de Gründe der Raumersparnis, andererseits aber A1: war dafür aber  j A: ermög­ lichen, damit sie in ihrer Kürze nicht zu sehr den Eindruck eines gelegentlichen Einfalles mache 56  Die zeitgenössische Kontroverse wird wiedergegeben bei Scheibe, Calvins Präde­ stinationslehre, S.  1–5 (dazu auch S.  112–121; die Schrift Max Scheibes zitiert Weber unten, S.  276, Fn.  99). Max Scheibe nennt Alexander Schweizer, der die weit verbrei­ tete Auffassung vertrete, Calvins Lehre von der unbedingten Prädestination bilde das Zentrum seines theologischen Systems. Albrecht Ritschl dagegen sei der Meinung, es handele sich um ein „,sehr wichtiges Anhängsel seiner Lehre von der Erlösung‘“ (Scheibe, ebd., S.  3). Ein Hinweis auf beide Positionen findet sich auch bei Seeberg, Dogmengeschichte II, S.  397 f. 57  Ritschl kritisiert Schneckenburgers subjektivistischen Ansatz (vgl. ders., Rechtfer­ tigung und Versöhnung I, S.  59 und 207) sowie seine Überbetonung des Gegensatzes zwischen der lutherischen und der reformierten Lehre, wobei er zuweilen letztere be­ günstige (ebd., S.  263 f.). Außerdem habe Schneckenburger Calvin und die reformier­ te Lehre in manchen Punkten nicht richtig verstanden und mitunter falsch bewertet (vgl. ebd., S.  264–268, S.  278; vgl. ferner S.  212, S.  296 f. sowie dass. III, S.  461). 58 Vermutlich hier gemeint: Müller, Kirchengeschichte I, II/1 (Müller, E. F. Karl, Be­ kenntnisschriften, zitiert Weber unten, S.  269, Fn.  94); Seeberg, Dogmengeschichte I, II.

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schlagen werden92). Der Kulturkampf, den Oldenbarneveldt führte, zerschellte an ihm,59 die Spaltung in der englischen Kirche wurde unter Jakob I. unüberbrückbar, seit Krone und Puritanismus auch dogmatisch – eben über diese Lehre – differierten,60 und überhaupt wurde sie in erster Linie als das Staatsgefährliche am Calvi92) 

Zu der folgenden Skizze mag von vornherein nachdrücklich darauf hingewiesen werden, daß wir hier nicht die persönlichen Ansichten Calvins, sondern denk Calvinis­ mus betrachten, lund auch diesen in derjenigen Gestalt, zu welcher er sichl Ende des 16. und im 17. Jahrhundert in den großen Gebieten seines beherrschenden Einflusses, diem zugleich Träger kapitalistischer Kultur waren, entwickelt hat. Deutschland bleibt vorerst ganz beiseite, da der reinen Calvinismus hier nirgends große Gebiete beherrscht hat. o„Reformiert“ ist natürlich keineswegs identisch mit „calvinistisch“.o 61

k A: die Lehre des  l–l A: wie er sich  m A: die, wie Holland und England,   n  Fehlt in A.   o–o  Fehlt in A; A1: „Reformiert“ ist natürlich 〈erst recht〉 keineswegs 〈einfach〉 identisch mit „calvinistisch“.   59  Gemeint ist der Konflikt zwischen Arminianern und Gomaristen, der über die Prä­ destinationsauffassung beider Parteien (genannt „Remonstranten“ und „Contra-Re­ monstranten) entstanden war und der auf der Dordrechter Synode 1618/19 zu Gun­ sten letzterer entschieden wurde. Johan van Oldenbarnevelt, seit 1586 Landesadvokat (Ratspensionär) von Holland und leitender Minister der dominierenden Provinz in der jungen niederländischen Republik, hatte die von den Contra-Remonstranten geforder­ te Generalsynode im Interesse der Souveränität der Provinz abgelehnt. (Sie wurde erst nach der Verhaftung Oldenbarnevelts durch Moritz von Oranien (1618), die zu Olden­ barnevelts Enthauptung führte (1619), von den Generalstaaten (ohne Holland und Ut­ recht) einberufen.) 60  Als der Puritanismus im englischen Parlament erstarkte, dessen Vertreter sich für bürgerliche Freiheit einsetzten, stützte sich Jakob I., seit 1603 König von England und Schottland, zur Sicherung seiner Herrschaft zunehmend auf hochkirchliche Prinzipien. Sanford führt die hochkirchliche Orientierung am Arminianismus auf dessen gnaden­ universalistische Ausrichtung zurück, worin er der römisch-katholischen Kirche ver­ wandt war, während die „Doctrinal Puritans“ die calvinistische, gnadenpartikularisti­ sche Prädestinationslehre vertraten, akzentuiert aber folgendermaßen: „It was, then, on the point of personal religion, and not of religious exclusiveness, that Puritanism assumed the features of Calvinism; it was on the idea of the possibility of a human depository of authority, and not of religious catholicity, that King James adopted Ar­ minianism“ (p.  77 f.). Die kirchenpolitischen Auseinandersetzungen zwischen Parla­ ment und Krone brachen allerdings erst unter Karl I. voll aus. – Die Beschlüsse der Dor­drechter Synode (vgl. unten, S.  268, Anm.  62) wurden in der englischen Staatskir­ che allerdings nicht anerkannt. Jakob I. verbot sogar 1622, über die Prädestinations­ lehre zu predigen. Vgl. Ranke, Englische Geschichte II, S.  212 f.; Weingarten, Revolu­ tionskirchen Englands, S.  440. 61  „Reformiert“ bezieht sich auf eine Konfessionsgemeinschaft oder -familie (staats­ kirchenrechtlich anerkannt im Westfälischen Frieden 1648) und bezeichnet einen be­ stimmten, auf die Schweizer Reformation zurückgehenden Typus. An dessen Bildung und Ausbreitung waren Calvin, der Calvinismus, aber auch andere Reformatoren wie Zwingli und die Züricher beteiligt.

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nismus aufgefaßt und obrigkeitlich bekämpft93) p. Die großen Synoden des 17. Jahrhunderts, vor allem Dordrecht62 und Westminster,63 daneben zahlreiche kleinere, stellten ihre Erhebung zu kanonischer Gültigkeit | in den Mittelpunkt ihrer Arbeit; unzähligen der q 93)  Schon die von der Universität Cambridge mit dem Erzbischof von Canterbury vereinbarte Deklaration des 17. Artikels des anglikanischen Bekenntnisses, die sog. Lambeth-Artikel von 1595, welche (im Gegensatz zur offiziellen Fassung) ausdrücklich auch die Prädestination zum Tode lehrten, wurde von der Königin nicht ratifiziert.64 Auf die ausdrückliche Prädestination zum Tode (nicht nur: die „Zulassung“ der Verdammnis, wie die mildere Lehre wollte)r legten gerade die Radikalen entscheidendes Gewicht (so die Hanserd Knollys Confession).q 65 |

p  Index fehlt in A, A1.  q–q  Fehlt in A, A1.  r BR, C: wollte), 62  Die Dordrechter Synode (vgl. auch das Glossar, unten, S.  604) fand vom 13. No­ vember 1618 bis zum 9./29. Mai 1619 statt. Sie sollte den Streit um die Lehre der re­ formierten Kirche, insbesondere um die Prädestination, beilegen. Die am 23. April 1619 nach diskutierten Entwürfen aufgestellten Dordrechter Canones enthalten die Lehre von der Erwählung und Verwerfung in einer wesentlich schrofferen Form als von den Remonstranten intendiert. Sie waren fortan Grundlage der niederländischen refor­ mierten Kirche. Vgl. Rogge, H. C., Art. Dordrecht, Synode zu, in: RE3, 4.  Band, 1898, S.  798–802. 63  Die Einberufung der Westminster-Synode (vgl. auch das Glossar, unten, S.  621) zum 1. Juli 1643 – sie tagte bis März 1652 – durch das Lange Parlament war Folge des Konflikts zwischen der puritanischen, auf Kirchenreform dringenden Parlamentsmehr­ heit und den Stuarts, die dem Episkopalismus anhingen, der ihre Macht stützte. Die Synode erarbeitete ein Bekenntnis (Westminster Confession), das u. a. die calvinisti­ sche Prädestinationslehre in ihrer strengsten Form enthielt (vgl. unten, S.  270–272). 64  Die von Elisabeth I. nicht ratifizierten neun Lambeth-Artikel von 1595 beginnen: „I. Deus ab aeterno praedestinavit quosdam ad vitam, et quosdam ad mortem repro­ bavit.“ Müller, E. F. Karl, Bekenntnisschriften, S.  525 f., Zitat S.  525. Die von führenden Puritanern der Universität Cambridge ausgearbeiteten Artikel sollten das „korrektcalvinische Verständnis des 17. anglik[anischen] Artikels“ zum Ausdruck bringen (Müller, ebd., S. XLIV). Der Erzbischof von Canterbury John Whitgift hatte sie mitunter­ zeichnet. – Mit der „offiziellen Fassung“ (Weber) sind die 39 Artikel der anglikanischen Kirche (von 1552 und 1562), zuletzt revidiert 1571, gemeint, deren 17. Artikel „De Praedestinatione et Electione“ lautet, vgl. Müller, E. F. Karl, Bekenntnisschriften, S.  505–522, hier S.  511 f. Dieser Artikel enthält lediglich eine „Praedestinatio ad vitam“ und hält fest, daß die Lehre für die Reprobierten einen gefährlichen Absturz in Ver­ zweiflung oder in die gefährliche Sicherheit eines unreinen Lebens bedeute. 65  Es verhält sich allerdings umgekehrt: In der calvinistisch-baptistischen Londoner Confession of Faith von 1688/89, von Max Weber als „Hanserd Knollys Confession“ bezeichnet (vgl. das Glossar, unten, S.  607), heißt es in Chap. III. Of God’s decrees: „3. By the decree of God, for the manifestation of his glory, […] some men and angels are predestinated or foreordained to eternal life, through Jesus Christ, to the […] praise of his glorious grace; others being left to act in their sin to their […] just con­ demnation, to the praise of his glorious justice.“ Zitiert nach: Underhill, Confessions of Faith, das Bekenntnis p.  169–246, Zitat p.  185. (Ähnlich schon in einem calvinistischbaptistischen Bekenntnis, London 1644/46, vgl. Underhill, ebd., p.  28; und unverän­

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Helden der „ecclesia militans“66 hat sie als | fester Halt gedient sund im 18. ebenso wie im 19. Jahrhundert hat sie Kirchenspaltungen hervorgerufen und bei großen Neuerweckungen das Schlachtgeschrei abgegebens.67 Wir können an ihr nicht vorbeigehen und lernen zunächst ihren Inhalt, – da er heute nicht mehr als jedem Gebildeten bekannt gelten darf, – authentisch aus den Sätzen der „Westminster confession“ von 1647 kennen,68 welche in diesem Punkt sowohl von independentischen als von baptistischen Glaubensbekenntnissen einfach wiederholt worden istt 94):69

A, A1 7

94)  Den Wortlaut der hier und weiterhin zitierten calvinistischen Symbole s. bei Karl A, A 7, 1 Müller, Die Bekenntnisschriften der reformierten Kirche. Leipzig 1903. aWeitere Zita- BR, C 90 te am gegebenen Ort.a |

s–s  Fehlt in A, A1.  t  A, A1: sind  a–a  Fehlt in A, A1. dert übernommen in die amerikanische baptistische „Philadelphia Confession of Faith“ von 1742, auf die sich Weber unten, S.  272, Fn.  95, bezieht.) – Die „Prädestina­ tion zum Tode“ (Weber) lehren dagegen die Westminster Confession von 1647 und die Savoy Declaration von 1658: „By the Decree of God, for the Manifestation of his Glory, some Men and Angels are predestinated unto everlasting Life, and others foreordained to everlasting Death“ (Müller, E. F. Karl, Bekenntnisschriften, S.  549 f.; von Weber deutsch zitiert unten, S.  270). 66  „ecclesia militans“ (lat.), die sowohl geistlich als auch historisch-politisch gegen ihre Feinde „streitende Kirche“. 67  Es ist nicht ganz klar, welche „Kirchenspaltungen“ Max Weber meint. Im Methodis­ mus, der sich anfangs allerdings nur als kirchliches Revival (Erweckung) der engli­ schen Staatskirche verstand, kam es im Verlauf des 18. Jahrhunderts zwischen John Wesley, der die Prädestinationslehre ablehnte, und den Prädestinatianern um George Whitefield und Lady Huntingdon zum sog. „calvinistischen Streit“ (1770 bis ca. 1777); vgl. unten, S.  340 mit Anm.  76. Für die niederländische reformierte Kirche Anfang des 19. Jahrhunderts führt Weber unten, S.  295, Fn.  122 mit Anm.  82, die de Cocksche Separation an; er könnte sich aber auch auf die spätere Separation unter dem Neocal­ vinisten Abraham Kuyper beziehen. 68  Die Westminster Confession oder „Confession of Faith“ war eines der auf der West­ minster Synode erarbeiteten Dokumente (fertiggestellt: 29. April 1647). Darin ist die Lehre von der unbedingten Souveränität Gottes und von der doppelten Prädestination festgehalten. Die Westminster Confession mit ihren 33 Artikeln wurde die Bekenntnis­ grundlage der Church of England bis zur Restauration (1660) und blieb es in der presbyterianischen Kirche Schottlands. Sie diente als Vorlage für die „Savoy Declara­ tion of Faith and Order“ (1658) der Kongregationalisten und für die „Second London Baptist Confession“ (1689) der calvinistischen Baptisten. Auch der amerikanische Presbyterianismus stützte sich auf sie. 69  Müller, E. F. Karl, Bekenntnisschriften (zitiert oben, Fn.  94), gibt in dem Kapitel „Die Westminster-Confession von 1647 mit den Abweichungen der kongregationalistischen Savoy-Declaration von 1658 […]“, S.  542–612, den lateinischen und englischen Wort­ laut der Konfession wieder; im einzelnen: Kap.  9, Nr.  3, S.  564; Kap.  3, Nr.  3, S.  549 f.; Nr.  5, S.  551; Nr.  7, S.  552; Kap.  10, Nr.  1, S.  565 (mit größeren Auslassungen an den

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bKapitel

9. (Vom freien Willen.) Nr.  3: Der Mensch hat durch seinen Fall in den Stand der Sünde gänzlich alle Fähigkeit seines Willens zu irgend etwas geistlich Gutem und die Seligkeit mit sich Führendem verloren, so sehr, daß ein natürlicher Mensch, als gänzlich abgewandt vom Guten und tot in Sünde, nicht fähig ist sich zu bekehren oder sich auch nur dafür vorzubereiten.70 Kapitel 3. (Von Gottes ewigem Ratschluß.) Nr.  3: Gott hat zur Offenbarung seiner Herrlichkeit durch seinen Beschluß einige Menschen … bestimmt (predestinated) zu ewigem Leben und andere verordnet (foreordained) zu ewigem Tode.71 Nr.  5: Diejenigen aus dem Menschengeschlecht, welche bestimmt sind zum Leben, hat Gott, bevor der Grund der Welt gelegt wurde, nach seinem ewigen und unveränderlichen Vorsatz und dem geheimen Ratschluß und der Willkür seines Willens72 erwählt in Christus zu ewiger Herrlichkeit, und dies aus reiner freier Gnade und Liebe, nicht etwa so, daß die Voraussicht von Glauben oder guten Werken oder Beharrlichkeit in einem von beiden, oder irgend etwas anderes in den Geschöpfen, als Bedingung oder Ursache, ihn dazu bewogen hätten, sondern alles zum Preise seiner herrlichen Gnade. Nr.  7: Es gefiel Gott, die übrigen des Menschengeschlechts gemäß dem unerforschlichen Rat seines Willens, wonach er Gnade erteilt

b–b (S.  272 )  In A, A1, BR, C petit. von Weber gekennzeichneten Stellen); Kap.  5, Nr.  6, S.  556. – Es ist sehr wahrschein­ lich, daß Weber die deutsche Übersetzung von Karl Heinrich Sack heranzieht, die enthalten ist in: ders., Kirche von Schottland II (erst in der Fassung von 1920 zitiert oben, S.  265, Fn.  91), S.  61–125, hier S.  67–69, 72 und 80 f. (Das Exemplar der UB Heidelberg enthält Marginalien und Unterstreichungen Webers.) Weber folgt Sack mit­ unter wörtlich (vgl. etwa Kap.  5, Nr.  6). 70 Sack, Kirche von Schottland II, S.  80: „[…] zu irgend einem geistlichen Guten, welches die Seligkeit mit sich führt, verloren; so daß ein natürlicher Mensch […] und todt in Sünden […]“ (von Weber im Exemplar der UB Heidelberg ab „so daß ein natür­ licher Mensch“ bis Satzende mit Randmarkierung versehen); Müller, E. F. Karl, Be­ kenntnisschriften, S.  564: „[…] to any spiritual Good accompanying Salvation: so as, a natural Man […]“. Weber ergänzt: „auch nur“. 71  Müller, ebd., S. 549 f. (zitiert oben, S.  268 f., Anm.  65). Sack, ebd., S.  67, annotiert die beiden auch von Weber eingebrachten englischen Begriffe. 72  Müller, ebd., S.  551: „good Pleasure of his Will“ (entsprechend Sack, ebd., S.  68: „Wohlgefallen seines Willens“).

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oder vorenthält, wie es ihm gefällt, zur Verherrlichung seiner unumschränkten Macht über seine Geschöpfe zu übergehen und sie zu ordnen zu Unehre und Zorn für ihre Sünde, zum Preise seiner herrlichen Gerechtigkeit.73 Kapitel 10. (Von wirksamer Berufung.) Nr.  1: Es gefällt Gott, alle die, welche er bestimmt hat zum Leben, und nur sie,74 zu der von ihm festgesetzten und passenden Zeit75 durch sein Wort und seinen Geist wirksam zu berufen … indem er hinwegnimmt ihr steinernes Herz und ihnen gibt ein fleischernes Herz, indem er ihren Willen erneuert und durch seine allmächtige Kraft sie für das, was gut ist, entscheidet … Kapitel 5. (Von der Vorsehung.) Nr.  6: Was die bösen und gott­ losen Menschen betrifft, welche Gott als ein gerechter Richter um früherer Sünden willen verblendet und verhärtet, so entzieht er ihnen nicht allein seine Gnade, durch welche ihr Verstand hätte erleuchtet und ihre Herzen ergriffen werden können, sondern zuweilen entzieht er ihnen auch die Gaben, die sie hatten, und bringt sie mit solchen Gegenständen in Beziehung, aus welchen ihrec 76 Verderbnis eine Gelegenheit zur Sünde macht, und übergibt sie außerdem ihren eigenen Lüsten, den Versuchungen der Welt und der Macht Satans, wodurch es geschieht, daß sie sich |

c BR, C: ihr 73  Abschnitt bei Sack, ebd., S.  69, von Weber im Exemplar der UB Heidelberg mit Randmarkierung versehen, außerdem von „unerforschlichen Rathe“ bis „wie ihm ge­ fällt“ [sic] sowie „zu übergehen“ unterstrichen. 74  Müller, ebd., S.  565: „and those only“ (Sack, ebd., S.  81: „und diese allein“). Mit Randmarkierung Webers im Exemplar der UB Heidelberg zu: „indem er hinwegnimmt […] fleischernes Herz“. 75  Müller, ebd.: „accepted time“ (Sack, ebd.: „angenehmen Zeit“). 76 „[I]hre Verderbnis“ heißt es bei Sack, ebd., S.  72, auch englisch, Müller, ebd., S.  556: „[…] and exposeth them to such Objects as their Corruption makes Occasions of Sin […]“.

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selbst verhärten, sogar durch dieselben Mittel, deren Gott sich zur Erweichung anderer bedient95) d.b | „Mag ich zur Hölle fahren, aber solch ein Gott wird niemals meine Achtung erzwingen“ – war bekanntlich Miltons Urteil über die Lehre96).77 Aber nicht auf eine Wertung, sondern auf die

e 95)  Vgl.f die Savoy und die (amerikanische) Hanserd Knollys Declaration.g 78 Über den Prädestinatianismus der Hugenotten s. u. a. Polenz I 545 ff.e 79 | 96)  Über Miltons Theologie s. den Aufsatz von Eibach in den Theol[ogischen] StudiBR, C 91 en und Kritiken 187980 (oberflächlich ist darüber Macaulays Essay anläßlich der Sumnerschen Übersetzung der 1823 wiedergefundenen „Doctrina Christiana“,81 Tauchnitz Ed. 185 S.  1 f.),82 für alles Nähere natürlich das, etwas allzu schematisch gegliederte, sechsbändige englische Hauptwerk von Masson und die auf ihm ruhende deutsche Biographie Miltons von Stern.83 – Milton begann früh über die Prädestinationslehre in der Form des doppelten Dekrets herauszuwachsen bis zu der schließlich ganz freien Christlichkeit seines Greisenalters.84 In seiner Loslösung von aller Gebundenheit an die ei-

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d  Index fehlt in A.   b (S.  270)–b  In A, A1, BR, C petit.   e–e  Fehlt in A.   f A1: Ebenso  g  Interpunktionszeichen fehlt in A1; BR, C: Declaration,   77  Als Zitat bei John Milton nicht nachgewiesen. Zu Miltons sich wandelnder Einstel­ lung zur Prädestinationslehre vgl. unten, Anm.  84. 78  Die „Savoy Declaration of Faith and Order“ (1658), das Bekenntnis der Kongrega­ tionalisten, hat die Westminster Confession von 1647 zur Grundlage. Sie wurde in bezug auf die Kirchenverfassung modifiziert (bei Müller, E. F. Karl, Bekenntnisschrif­ ten, S.  542–612, sind die Abweichungen annotiert). Das von Max Weber als „Hanserd Knollys Confession“ bezeichnete Londoner calvinistisch-baptistische Bekenntnis von 1688/89 basiert ebenfalls auf der Westminster Confession. Es wurde von der amerika­ nischen „Baptist Association“ als „Philadelphia Confession of Faith“ 1742 angenom­ men und mit zwei zusätzlichen Artikeln versehen (enthalten in der von Weber, Sekten, unten, S.  522, Fn.  29, und S.  539, Fn.  60, zitierten Ausgabe der [Philadelphia] Con­ fession of Faith, West-Chester, PA, 1827; zur Abweichung in Kap.  3, Nr.  3 vgl. oben, S.  268 f., Anm.  65). 79  Vgl. Polenz, Calvinismus I, 545 ff., im Kontext seiner Darstellung von Calvins Prä­ destinationslehre, S.  523–560. 80  Eibach, Milton. 81  Vgl. Milton, John, A Treatise on Christian Doctrine, compiled from the Holy Scriptu­ res alone. Translated from the original by Charles R. Sumner. – Cambridge: Cambridge University Press 1825 (dass. von Sumner auf Latein ediert: Cambridge: Smith 1825; dass., Braunschweig: Vieweg 1827). – Miltons Manuskript seiner lateinisch verfaßten „Doctrina Christiana“ galt bis 1823 als verschollen (vgl. Eibach, Milton, S.  715–717). Nach Rudolf Eibach erregte der Fund „das größte Aufsehen“, da Milton bis dahin von seinen Biographen als „durchaus orthodox“ dargestellt worden war (S.  716). 82  Vgl. Macaulay, Milton (enthalten in der im Leipziger Verlag Tauchnitz erschienenen „Collection of British Authors“, vol.  185, p.  1–61). Im Hinblick auf Sumners Überset­ zung von Miltons „Doctrina Christiana“ urteilt Thomas Babington Macaulay: „The book itself will not add much to the fame of Milton“ (p.  2), weshalb er sich allein auf den Dichter und Politiker Milton konzentriere (p.  4 ff.). 83  Vgl. Masson, Milton I–VI; Stern, Milton I/1–II/4. 84  Milton entfernte sich mit seiner Deutung der Prädestinationslehre „immer weiter

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geschichtliche Stellung des Dogmas kommt es für uns hier an. Nur kurz können wir bei der Frage verweilen: wie diese Lehre entstand und welchen Gedankenzusammenhängen in der calvinistischen Theologie sie sich einfügte. Zwei Wege zu ihr waren möglich. Das Phänomen des religiösen Erlösungsgefühls verknüpft sich gerade bei den aktivsten und leidenschaftlichsten jener großen Beter, wie sie die Geschichte des Christentums seit Augustin immer wieder gesehen hat, mit der sicheren Empfindung, alles der ausschließlichen Wirksamkeit einer objektiven Macht, nicht das geringste dem eigenen Wert zu danken zu haben: Die mächtige Stimmung froher Sicherheit, in welche sich der ungeheure Krampf des Sündengefühls bei ihnen entladet, bricht scheinbar gänzlich unvermittelt über sie herein und vernichtet jede Möglichkeit der Vorstellung, daß dieses unerhörte Gnadengeschenk irgendwelcher eigenen Mitwirkung verdankt werden oder mit Leistungen oder Qualitäten des eigenen Glaubens und Wollens verknüpft sein könnte. In jenen Zeiten seiner höchsten religiösen Genialität, in welcher Luther seine „Freiheit eines Christenmenschen“ zu schreiben fähig war,85 stand auch ihm der „heimliche Ratschluß“ Gottes als absolut alleinige grundlose Quelle seines religiösen Gnadenstandesh am | festegene Zeit läßt er sich in gewissem Sinn mit Sebastian Francki vergleichen.86 Nur war Milton eine praktisch-positive, Franckj eine wesentlich kritische Natur.k Milton ist „Puritaner“ nur in jenem weitern Sinn rationaler Orientierung des Lebens innerhalb der Welt am göttlichen Willen, welche die dauernde Erbschaft des Calvinismus für die Nachwelt dargestellt hat. In ganz ähnlichem Sinne könnte man Franckl einen „Puritaner“ nennen. Beide bleiben, als „Einspänner“, für uns mim einzelnenm außer Betracht. | h BR, C: Gnadenbestandes  i A1: Frank > Franck  j A1: Frank > Franck  k A, A1: hat. –  l A1: Frank > Franck  m–m  Fehlt in A.   vom Standpunkte der calvinistischen Orthodoxie“, urteilt Alfred Stern, Milton II/4, S.  157. In der „Doctrina Christiana“ heißt es: „Gott beschloß in seiner Weisheit, Mensch und Engel als vernünftige Wesen zu schaffen, d. h. als solche, die frei handeln. Aber er sah zugleich voraus, wohin sich in der Benutzung ihrer ungehemmten Freiheit der Antrieb ihres Willens neigen würde. Wie also, werden wir sagen, daß diese Voraussicht oder dies Vorherwissen auf Seiten Gottes ihnen die Nothwendigkeit auferlegte, in ir­ gend einer bestimmten Weise zu handeln? Nicht mehr, als wenn der künftige Erfolg von irgend einem menschlichen Wesen vorhergesehen gewesen wäre“ (zitiert nach Stern, ebd., S.  158, der sich hier auf Milton, Doctrina Christiana IV, 38–41, bezieht). Zum Kontext vgl. Stern, ebd., S.  156–159; Eibach, Milton, S.  724. 85  Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen, von 1520 gehört zu seinen zen­ tralen Schriften zu Beginn seiner reformatorischen Tätigkeit (von Weber zitiert oben, S.  282–230, Fn.  59). 86  Sebastian Franck (gest. 1542) vertrat die Auffassung, daß man Gotteserkenntnis

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sten97). Er gab ihn auch später nicht förmlich auf, – aber nicht nur gewann der Gedanke keine zentrale Stellung bei ihm, sondern | er tritt immer mehr in den Hintergrund, je „realpolitischer“ er als verantwortlicher Kirchenpolitiker notgedrungen wurde. Melan­ chthon vermied es ganz absichtlich, die „gefährliche und dunkle“ Lehre in die Augsburger Konfession aufzunehmen[,]87 und für die Kirchenväter des Luthertums standn es dogmatisch fest, daß die Gnade verlierbar (amissibilis) ist und durch bußfertige Demut und gläubiges Vertrauen auf Gottes Wort und die Sakramente neu gewonnen werden kann.88 Gerade umgekehrt verlief o der Prozeß bei Calvin98) in einer fühlbaren Steigerung der Bedeutung der

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97)  „Hic est fidei summus gradus: credere Deum esse clementem, qui tam paucos salvat, – justum, qui sua voluntate nos damnabiles facit“ – lautet die berühmte Stelle in der Schrift de servo arbitrio.89 | 98)  Beide, Luther und Calvin, kannten eben im Grunde – s. Ritschls Bemerkungen in BR, C 92 der Geschichte des Pietismus90 und Köstlin s. v. „Gott“ R[ealencyklopädie] f[ür] Pro­

n  A, A1, BR: steht  o  A, A1, BR: verläuft nur durch die Suche in sich selbst gewinne (die biblische Offenbarung galt ihm in er­ ster Linie als historisches Zeugnis), wozu es die Welt zu verlassen gelte, da sie mit ihren Unsicherheiten die Gottessuche hindere. Zugleich müsse Christus Vorbild für das praktische Verhalten sein. 87  Philipp Melanchthon äußert sich in einem Brief an Johannes Brenz vom 30. Sep­ tember 1531 (mit „Apologia“ ist die in erster Linie von Melanchthon formulierte Vertei­ digung des Augsburger Bekenntnisses, zugleich eine Widerlegung der Confutatio der Altgläubigen – ihrerseits eine Widerlegung des evangelischen Bekenntnisses – ge­ meint): „Sed ego in tota Apologia fugi illam longam et inexplicabilem disputationem de praedestinatione. Ubique sic loquor, quasi praedestinatio sequatur nostram fidem et opera. Ac facio hoc certo consilio: non enim volo conscientias perturbare illis inexpli­ cabilibus labyrinthis“ (zitiert nach CR 2, Sp.  547, No.  1010; auch von Seeberg, Dog­ mengeschichte II, S.  336). 88  Entfaltet von Schneckenburger in Entgegensetzung zum reformierten Verständnis der Unverlierbarkeit der Gnade: Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, §  13: „Verlierbarkeit und Unverlierbarkeit des Gnadenstandes. Perseverantia sanctorum“, S.  233–265. 89  Vollständig bei Luther, De servo arbitrio, S.  154 (WA 18, S.  633): „[…] credere illum esse clementem, qui tam paucos salvat, tam multos damnat, credere iustum, qui sua voluntate nos necessario damnabiles facit […].“ „De servo arbitrio“ (1525) hatte Luther als Entgegnung auf die Schrift „De libero arbitrio“ (1524) des Erasmus verfaßt. Es ist die einzige Schrift Luthers, in der er die Prädestination erörtert. Auch wenn Luther die Prädestinationslehre nicht aufgab, verwies er später darauf, man solle nicht über die verborgenen Räte oder Werke Gottes grübeln oder sie erforschen wollen, sondern sich an den im Wort offenbaren Willen Gottes halten (vgl. z. B. WA.TR, Band  6, Nr.  6533, S.  23; dass. schon am Ende von „De servo arbitrio“). 90  Weber bezieht sich auf Ritschl, Pietismus I, S.  132–135. Der „deus revelatus“ wolle die Freiheit und Selbstbestimmung des Menschen und die Rettung der Menschheit.

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Lehre im Verlauf seiner polemischen Auseinandersetzung mit dogmatischen Gegnern. Sie ist erst in der dritten Auflage seiner „Institutio“ voll entfaltet91 und gewinnt ihre zentrale Stellung erst posthump in den großen Kulturkämpfen, welche die Synoden von Dordrecht und Westminster abzuschließen suchten.92 Bei Calvin ist eben das „decretum horribile“93 nicht wie bei Luther erlebt, sont[estantische] Theol[ogie] und K[irche] 3.  Aufl.94 – einen doppelten Gott:q den geoffenbarten gnädigen und gütigen Vater des N[euen] T[estaments], – denn dieser beherrscht die ersten Bücher der Institutio Christiana, – und dahinter den „Deus absconditus“ als willkürlich schaltenden Despoten. Bei Luther behielt der Gott des Neuen Testaments ganz die Oberhand, weil er die Reflexion über das Metaphysische, als nutzlos und gefährlich, zunehmend mied, bei Calvin gewann der Gedanke an die transzendente Gottheit Macht über das Leben. In der populären Entwicklung des Calvinismus freilich konnte sie sich nicht halten, – aber nicht der himmlische Vater des Neuen Testaments, sondern der Jehova des Alten1 trat nunmehr an ihre Stelle. p  Fehlt in A.   q  A, A1: Gott, Um gegen Erasmus aber die Unfreiheit des menschlichen Willens zum Guten oder Bösen behaupten zu können, greife Luther in „De servo arbitrio“ auf die nominalisti­ sche Theologie zurück, die von einem dominium dei absolutum ausgehe. So entwickle er die Vorstellung eines „deus absconditus“. – Calvin habe diese Gottesvorstellung von Luther übernommen, allerdings erst im dritten Buch seiner „Institutio“ (1559) und dort in der Prädestinationslehre. Sie widerspreche auch bei ihm jenem Gottesbegriff, den er im ersten Buch seiner „Institutio“ (in Webers Fn. oben als „Institutio Christiana“ bezeichnet) entfalte und der seine Erlösungslehre leite (Ritschl betrachtet Calvins Prä­ destinationslehre als deren „Anhang“; vgl. oben, S.  266 mit Anm.  56). 91  Calvins Prädestinationslehre findet sich in der 3. Auflage seiner „Institutio Christia­ nae Religionis“ (1559, diese Aufl. im folgenden: Calvin, Inst.) im III. Buch, cap.  21–24; CR 30, Sp.  678 ff. – Die Entwicklung der Lehre von der 1. (1536) bis zur 3. Auflage stellt Scheibe, Calvins Prädestinationslehre, S.  5–85, dar (Scheibe ist zitiert unten, S.  276, Fn.  99). Calvin definiert den Begriff seit der 2. Auflage folgendermaßen (hier nach Inst. III,21,5 in der Übersetzung von Otto Weber): „Unter Vorbestimmung verstehen wir Gottes ewige Anordnung, vermöge deren er bei sich beschloß, was nach seinem Wil­ len aus jedem einzelnen Menschen werden sollte! Denn die Menschen werden nicht alle mit der gleichen Bestimmung erschaffen, sondern den einen wird das ewige Le­ ben, den anderen die ewige Verdammnis vorher zugeordnet. Wie also nun der einzel­ ne zu dem einen oder anderen Zweck geschaffen ist, so – sagen wir – ist er zum Le­ ben oder zum Tode ‚vorbestimmt‘.“ 92  Zu den Synoden zu Dordrecht und Westminster vgl. oben, S.  268, Anm.  62 und Anm.  63, sowie das Glossar, unten, S.  604 und 621. 93  Die Bezeichnung stammt von Calvin, Inst. III,23,7. Oftmals zitiert, auch bei Schei­ be, Calvins Prädestinationslehre, S.  55 f. 94  Vgl. Köstlin, Art. Gott, S.  791. 1  Jehova wird in den puritanischen Schriften des 17. Jahrhunderts für den hebräi­ schen, mit den Konsonanten JHWH (sog. Tetragramm) geschriebenen Gottesnamen gebraucht (nach Forschungen zur Aussprache hatte sich, längst vor Webers Zeit, „Jahwe“ durchgesetzt).

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dern erdacht, und deshalb in seiner Bedeutung gesteigert mit jeder weiteren Steigerung der gedanklichen Konsequenz in der Richtung seines lediglich Gott, nicht den Menschen, zugewendeten religiö­ sen Interesses99). Nicht Gott ist um der Menschen, sondern die Menschen sind um Gottes willen da, und alles Geschehen – also auch die für Calvin zweifellose Tatsache, daß nur ein kleiner Teil der Menschen zur Seligkeit be|rufen ist – kann seinen Sinn ausschließlich als Mittel zum Zweck der Selbstverherrlichung von Gottes Majestät haben.2 Maßstäbe irdischer „Gerechtigkeit“ an seine souveränen Verfügungen anzulegen, ist sinnlos und eine Verletzung seiner Majestät100), da er, und er allein, frei, d. h. keinem Gesetz unterstellt ist,3 und seine Ratschlüsse uns nur soweit verständlich und | überhaupt bekannt sein können, als er es für gut befand, sie uns mitzuteilen. An diese Fragmente der ewigen Wahrheit allein können wir uns halten, alles andere: – der Sinn unseres individuellen Schicksals, – ist von dunklen Geheimnissen umgeben, die zu ergründen unmöglich und vermessen ist.4 Wenn etwa die

99)  Vgl. zum Folgenden: Scheibe, Calvins Prädestinationslehre, Halle 1897. Zur calvinistischen Theologie überhaupt: Heppe, Dogmatik der evangelisch-reformierten Kirche. Elberfeld 1861.5 | 100)  Corpus Reformatorum Vol. 77 p.  186 ff.6 | A, A1 10

2  Vgl. Scheibe, Calvins Prädestinationslehre, S.  78 (beinahe wörtlich auch bei Kamp­ schulte, Calvin I, S.  261 f.). Scheibe erörtert Calvins Motiv, seine Prädestinationslehre auszubilden und in der dritten Auflage seiner „Institutio“ (1559) in ihrer „vollen Schär­ fe“ (S.  79) vorzutragen: Calvin beantworte mit seiner Prädestinationslehre nicht allein die Frage, „worin das Heilsleben des Einzelnen begründet sei“, sondern es gehe ihm auch darum, „die ‚Souveränität‘ Gottes über seine Geschöpfe, die Bestimmung der Menschen als Mittels [sic] zur Verherrlichung Gottes zu deutlichem Ausdrucke“ zu bringen (S.  78). – Bei der Zusammenstellung der folgenden Aussagen folgt Weber weitgehend Scheibes Darstellung. 3  Vgl. Calvin, Inst. III,23,2 (bei Scheibe, Calvins Prädestinationslehre, S.  56 f.), auch Inst. III,21,6. 4  Vgl. Calvin, Inst. III,21,1 (Übersetzung Otto Weber): „Denn es ist nicht billig, daß der Mensch ungestraft durchforscht, was nach des Herrn Willen in ihm selber verborgen bleiben soll, und daß er die Hoheit seiner Weisheit, die er angebetet und nicht begrif­ fen wissen wollte und um deretwillen er uns ja eben wunderbar sein will, geradezu von der Ewigkeit her durchwühlt. Die Geheimnisse seines Willens, die er uns kundzuma­ chen für gut erachtete, die hat er uns durch sein Wort vor Augen gestellt. Er hat das aber soweit für gut erachtet, als es nach seiner Vorsehung zu unserem Besten dient und uns nützlich ist.“ Ähnlich bei Scheibe, Calvins Prädestinationslehre, S.  23, 28, 44, 58 u. ö. 5  Vgl. Scheibe, Calvins Prädestinationslehre; Heppe, Dogmatik. 6  Weber bezieht sich auf Calvins Erläuterung zu Röm 9,21 („Annon habet potestatem figulus?“), in: Calvin, Ad Romanos (in: CR 77), Sp.  186 f. Calvins Erläuterung des Ver­

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Verworfenen über das ihrige als unverdient klagen wollten, so wäre das ähnlich, als wenn die Tiere sich beschweren würden, nicht als Menschen geboren zu sein.7 Denn alle Kreatur ist durch eine unüberbrückbare Kluft von Gott geschieden und verdient vor ihm, soweit er nicht zur Verherrlichung seiner Majestät ein anderes beschlossen hat, lediglich den ewigen Tod.8 Was wir wissen, ist nur: daß ein Teil der Menschen selig wird, ein anderer verdammt bleibt. Anzunehmen, daß menschliches Verdienst oder Verschulden dieses Schicksal mitbestimme,9 hieße Gottes absolut freie Entschlüsse, die von Ewigkeit her feststehen, als durch menschliche Einwirkung wandelbar ansehen: ein unmöglicher Gedanke. Aus dem menschlich verständlichen „Vater im Himmel“ des Neuen Testaments, der sich über die Wiederkehr des Sünders freut, wie ein Weib über den wiedergefundenen Groschen,10 ist hier ein jedem menschlichen Verständnis entzogenes transzendentes Wesen geworden, welches von Ewigkeit her nach gänzlich unerforschlichen Ratschlüssen jedem einzelnen sein Geschick zugeteilt und über alles Kleinste im Kosmos verfügt hat101). Gottes Gnade ist, da seine Ratschlüsse 101)  Man kann die vorstehende Darstellung des calvinistischen Lehrbegriffes ziem- B , C 93 R lich in der hier gegebenen Form z. B. in Hoornbeeks Theologia practica (Utrecht 1663) L[iber] II c. 2r: de praedestinatione – der Abschnitt steht charakteristischerweise direkt hinter dem Titel: De Deo – nachlesen. Schriftgrundlage ist bei H[oornbeek] hauptsächlich das erste Kapitel des Epheserbriefes.11 – Die verschiedenen inkonsequenten Versuche, mit der Prädestination und Vorsehung Gottes die Verantwortlichkeit des Individuums zu kombinieren und die empirische „Freiheit“ des Willens zu retten s, – wie sie schon beim ersten Ausbau der Lehre bei Augustin begannen –s, haben wir hier nicht nötig zu analysieren. |

r  A, A1, BR, C: 1  s–s A: usw. A1: – wie sie 〈seit〉 schon […] begannen –   ses endet: „Tantum illud memoria tenendum, spoliari Deum honoris sui parte, nisi tales in homines imperium ei conceditur, ut sit arbiter vitae et mortis.“ – Scheibe zitiert die Verserläuterung, Calvins Prädestinationslehre, S.   78  f. (mit Hinweis auf: CR 77, Sp.  186 f.). 7 Die Vorzüglichkeit der Menschen gegenüber den Tieren zitiert Scheibe, ebd., S.  53 f. und 56, und verweist auf Calvin, Inst. III,22,1. 8  Vgl. Calvin, Inst. III,23,3; vgl. Scheibe, Calvins Prädestinationslehre, S.  37 f. 9  Vgl. ebd., bes. S.  54 f.; vgl. Calvin, Inst. III,21,6–7; III,21,1 („unter Beiseitelassen je­ der Rücksicht auf die Werke“); III,21,7 („ohne jede Rücksicht auf menschliche Würdig­ keit“). 10  Vgl. Lk 15,8–10. Hier folgt Weber weder Calvin noch Scheibe. 11  Bei Johannes Hoornbeek, Theologia practica I, lautet in liber II, cap.  I „De Deo“ (p.  85–140) und cap. II „De Dei Praedestinatione“ (p.  141–164). Unter der Kapitelüber­ schrift p.  141 ist Eph 1,11 f. ([1892:] „Durch welchen [Christus] wir auch zum Erbteil

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unwandelbar feststehen, ebenso unverlierbar für die, welchen er sie zuwendet, wie unerreichbar für die, welchen er sie versagt. | In ihrer pathetischen Unmenschlichkeit mußte diese Lehre nun für die Stimmung einer Generation, die sich ihrer grandiosen Konsequenz ergab, vor allem eine Folge haben: ein Gefühl einer unerhörten inneren Vereinsamung des einzelnen Individuums102).12 In der für die Menschen der Reforma|tionszeit entscheidendsten Angelegenheit des Lebens:t der ewigen Seligkeit, war der Mensch darauf verwiesen, seine Straße einsam zu ziehen, einem von Ewigkeit her feststehenden Schicksal entgegen. Niemand konnte ihm helfen. Kein Prediger: – denn nur der Erwählte kann das Gotteswort spiritualiter verstehen.13 Kein Sakrament: – denn die Sakra-

102)  „The deepest community (mit Gott) is found not in institutions or corporations A, A1 11 BR, C 94 or churches, but in the secrets of a solitary heart“, formuliert Dowden in | seinem schönen Buch: „Puritan and Anglican“ (S.  234)14 den entscheidenden Punkt. uDiese tiefe innere Vereinsamung des einzelnen ist ganz ebenso auch bei den Jansenisten von Port Royal eingetreten, welche Prädestinatianer waren.u 15

t A: Lebens,  u–u  Fehlt in A, A1. kommen sind, die wir zuvor verordnet sind nach dem Vorsatz des, der alle Dinge wir­ ket nach dem Rat seines Willens, auf daß wir etwas seien zu Lob seiner Herrlichkeit“) vorangestellt (vgl. auch die häufigen Bezüge auf Eph im Kapitel, passim). Eph 1 han­ delt von der Prädestination (der Kirche), die – durch Christus – schon „vor Grundle­ gung der Welt“ erfolgte, daß wir heilig und untadelig vor Gott leben (Eph 1,4) zum „Lob seiner herrlichen Gnade“ (Eph 1,6). 12  Weber lehnt sich an Edward Dowdens Beschreibung des „inward drama“ an, das sich nach der Darstellung John Bunyans in „The Pilgrim’s Progress“ im einsamen Pil­ ger auf der Reise zur himmlischen Stadt abspielt. Dort heißt es z. B.: „Institutions, churches, ordinances, rites, ceremonies, could help him little, or not at all. The journey from the city of Destruction to the Celestial City must be undertaken on a special sum­ mons by each man for himself alone.“ Dowden, Puritan and Anglican, im Kapitel über John Bunyan, S.  232–278, hier S.  234. 13 Vgl. Heppe, Dogmatik, S.  367–370: „Diese Berufung wird nur den Erwählten zu Teil, indem Gott denselben sein Wort nicht nur durch Menschen verkündigen läßt (vo­ catio externa), sondern dieses auch durch den heil[igen] Geist in die Herzen dersel­ ben einführt und daselbst die lebendige Gemeinschaft mit Christo aufrichtet (vocatio interna)“ (Zitat S.  368). (Dazu auch Calvin, Inst. III,2,33.) 14  Bei Dowden, Puritan and Anglican, S.  234: „[…] of the solitary heart“. 15  Die Prädestinationslehre der Jansenisten skizziert Honigsheim, Jansenisten (von Weber zitiert oben, S.  233, Fn.  63), S.  120 u. ö. Nach ihrer Sozialethik gebe es „nur lauter getrennte Einzelne“ (ebd., S.  27, auch S.  62), und ihre Seelsorge richte sich auf die Rettung der Einzelseele oder „Gewinnung des einzelnen Auserwählten“ (ebd., S.  27, auch S.  95 u. ö.). Manche Jansenisten lebten darum vorzugsweise als weltabge­ wandte asketische Einsiedler („Solitaires“, Honigsheim: „Anachoreten“) im Chevreuse­ tal in der Nähe des Zisterzienserinnen-Klosters Port Royal des Champs.

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mente sind zwar von Gott zur Mehrung seines Ruhms verordnet und deshalb unverbrüchlich zu halten, aber kein Mittel, Gottes Gnade zu erlangen,16 sondern subjektiv nur „externa subsidia“ des Glaubens.17 Keine Kirche: – denn es gilt zwar der Satz „extra ecclesiam nulla salus“18 in dem Sinne, daß, wer sich von der wahren Kirche fernhält, nimmermehr zu den von Gott Erwählten gehören kann103); aber zur (äußeren) Kirche gehören auch die Reprobierten, ja sie sollen dazu gehören und ihren Zuchtmitteln unterworfen werden, nicht um dadurch zur Seligkeit zu gelangen, – das ist unmöglich, – sondern weil auch sie zu Gottes Ruhm zur Innehaltung seiner Gebote gezwungen werden müssen.19 Endlich auch: – kein Gott: denn auch Christus ist nur für die Erwählten gestorben104),a denen Gott seinen Opfertod zuzurechnen von Ewigkeit 103)  Contra qui hujusmodi coetum (nämlich eine Kirche, in der reine Lehre, Sakramente und Kirchenzucht bestehen) contemnunt … salutis suae certi esse non possunt; et qui in illo contemtu perseverat electus non est. Olevian, de subst[antia] foed[eris] p.  222.20 b 104)  „Man sagt wohl, daß Gott seinen Sohn gesandt habe, um das Menschengeschlecht zu erlösen, – aber das war sein Zweck nicht, er wollte nur einigen aus dem Fall aufhelfen … und ich sage euch, daß Gott nur für die Auserlesenen gestorben ist …“ (Predigt, gehalten 1609 zu Broek[,] bei Rogge, Wtenbogaert II p.  9. Vgl. Nuyens a. a. O.

a  Index fehlt in A, A1; Komma fehlt in C.   b–b (S.  280)  Fehlt in A, A1. 16  Vgl. Heppe, Dogmatik, S.  428 f.: Die Sakramente sind ohne den heiligen Geist un­ wirksam. Für den, der nicht glaubt, haben sie sowieso keine Bedeutung. (Bei Calvin, Inst. IV,1,1.) 17  „Äußerliche Hilfsmittel“ (Calvin, Inst. IV,1,1). Im Grunde sind dem Gläubigen die Sakramente entbehrlich. Die Verzagtheit und Kleingläubigkeit des menschlichen Her­ zens machen sie jedoch notwendig, „welches sich so oft nur dann zum freudigen Glauben erheben kann, wenn es die ihm gegebene Verheißung augenfällig versiegelt sieht“ (Heppe, Dogmatik, S.  430 f.). 18  „Außerhalb der Kirche kein Heil“. Zitat nach einer Formulierung von Cyprian von Karthago (vgl. Seeberg, Dogmengeschichte I, S.  141), dogmatisiert 1442 und durch die Kirchengeschichte hindurch kontrovers ausgelegt. (Bei Calvin, Inst. IV,1,4 (Über­ setzung Otto Weber): „Zudem ist außerhalb des Schoßes der Kirche keine Vergebung der Sünden zu erhoffen und kein Heil […].“) 19  Weber fußt hier auf der Unterscheidung der ecclesia visibilis, d. h. der empirischen Kirche, zu der auch „Heuchler“ und außerhalb des Gnadenbundes stehende „todte Glieder“ gehören, von der ecclesia invisibilis, d. h. der Gemeinschaft der Erwählten. „Unsichtbar“ ist die wahre Kirche, „weil nur das Auge Gottes die Wiedergeborenen von den Heuchlern untrüglich zu unterscheiden vermag“. Vgl. Heppe, Dogmatik, S.  480 f., letztes Zitat S.  481. (Bei Calvin, Inst. IV,1,7, dazu IV,1,4.) 20  Das Zitat entstammt Olevian, De substantia foederis I, p.  222, zitiert bei Heppe, Dogmatik, S.  495. Bei Caspar Olevian (und Heppe) heißt es: „[…] salutis suae certus esse non potest […]“.

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her beschlossen hatte.21 cDies: dder absolute (im Luthertum noch keineswegs in allen Konsequenzen vollzogene) Fortfalld kirchlichsakramentalen Heils, war gegenüber dem Katholizismus das absolut Entscheidende. Jener große religionsgeschichtliche Prozeß der Entzauberung der Welt105), welcher mit der altjüdischen | Prophetie einsetzte und,e im Verein mit dem hellenischen wissenschaftlichen Denken, alle magischen Mittel der Heilssuche als Aberglaube und Frevel verwarf, fand hier seinen Abschluß. Der echte Puritaner verwarf f ja sogar jedeg Spur von religiösen Zeremonien am Grabe undh begrub diei ihm Nächststehenden sang- und klanglos, um nur II S.  232.)22 Verwickelt ist auch die Begründung der Mittlerschaft Christi in der Hanserd Knollys Confession.23 Daß Gott dieses Mittels eigentlich gar nicht bedurft hätte, wird eigentlich überall vorausgesetzt.b k 105)  Über diesen Prozeß ls. diel Aufsätze über die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“.24 mSchon diem Sonderstellung der altisraelitischen Ethik gegenüber der ihr inhaltlich nahe verwandten ägyptischen und babylonischen und ihre Entwicklung seit der Prophetenzeit beruhte, wie sich dort zeigen wird, ganz und gar auf diesem Grundsachverhalt: der Ablehnung der sakramentalenn Magie als Heilsweg.k 25 | c–c  (S.  281)  Fehlt in A einschließlich Indices.   d–d A1: das absolute Fehlen > der absolute (im Luthertum […]) Fortfall  e  In A1 folgt: 〈unterstützt durch das〉  f In A1 folgt: 〈selbst〉  g A1: die > jede  h In A1 folgt: 〈war〉    i A1: seine > die   b (S.  279)–b Fehlt in A, A1.  k–k Fehlt in A.   l–l A1: 〈samt〉 s. die 〈folgenden〉   m–m  A1: Die > Schon die  n  Fehlt in A1.   21  Vgl. etwa Heppe, Dogmatik, S.  328: „Dabei steht aber freilich fest, daß Christus nicht für alle Menschen, sondern nur für Diejenigen Genugthuung geleistet und die Mitteilung des heiligen Geistes verdient hat, für welche er mit des Vaters Zustimmung als Bürge eingetreten ist. Denn wennschon Christus sufficienter für alle Menschen gestorben, und wennschon Christi Gehorsam und Leiden so absolut vollkommen ist, daß der Vater um dieser Genugthuung willen die Sünden des ganzen Menschenge­ schlechtes hätte vergeben können, so kann efficaciter das Verdienst Christi doch nur für diejenigen wirklich gelten, […] für welche Christus, seiner eignen Intention nach, hatte sterben wollen und gestorben ist.“ 22  Nuyens, Geschiedenis II (von Weber genannt oben, S.  264, Fn.  91), S.  232, Anm., zitiert die von Weber hier auf Deutsch wiedergegebene niederländische Predigt nach Rogge, Wtenbogaert II, S.  9. 23  Zur Begründung der Mittlerschaft Christi vgl. das oben, S.  268 f., Fn.  93, in Anm.  65 wiedergegebene Zitat aus der „Hanserd Knollys Confession“ (der Bezug zur Mittler­ schaft Christi fehlt an dieser Stelle in der Westminster Confession und Savoy Declara­ tion; vgl. dazu Webers Wiedergabe ebd. und oben, S.  270). 24  Gemeint sind Weber, Konfuzianismus, MWG I/19; ders., Hinduismus, MWG I/20; ders., Antikes Judentum, MWG I/21. Zum Prozeß der Entzauberung der Welt vgl. bes. Weber, Kategorien, S.  258; ders., Einleitung, MWG I/19, S.  114; ders., Konfuzianismus, ebd., S.  450, und ders., Zwischenbetrachtung, ebd., S.  512. 25  Vgl. Weber, Antikes Judentum, MWG I/21. Er vergleicht ebd., bes. S.  584–606, die altisraelitische Ethik (inkl. Karität) mit der ägyptischen und babylonischen Ethik.

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ja keinerlei „superstition“: kein Vertrauen auf Heilswirkungen magisch-sakramentaler Art, aufkommen zu lassen106) o.26 Es gab nicht nur kein magisches, sondern überhaupt kein Mittel, die Gnade Gottes dem zuzuwenden, demp Gott sie zu versagen sich entschlossen hatte.c Verbunden mit der schroffen Lehre von der unbedingten Gottferne und Wertlosigkeit alles rein Kreatürlichen enthält diese innere Isolierung des Menschen einerseits den Grund für die absolut negative Stellung des Puritanismus zu allen sinnlichgefühlsmäßigen Elementen in der Kultur und subjektiven Religiosität – weil sie für das Heil unnütz und Förderer sentimentaler Illusionen und des kreaturvergötternden Aberglaubens sind – und damit zur grundsätzlichen Abwendung von aller Sinnenkultur überhaupt107). Andrerseits aber bildet sie eine der | Wurzeln jenes illusionslosenq und pessimistischr gefärbten Individualismuss 108),

A, A1 12

a 106)  Ebenso war nach der konsequentesten Ansicht die Taufe nur kraft positiver B , C 95 R Vorschrift verbindlich, aber nichts heilsnotwendiges. Deshalb vermochten ja die streng puritanischen schottischen und englischen Independenten den Grundsatz durchzu­ führen: daß Kinder von offenbar Reprobierten nicht getauft werden sollten (z. B. Kinder von Trunkenbolden).27 Einen Erwachsenen, der die Taufe begehrte, aber noch nicht „reif“ zum Abendmahl ist, empfahl die Synode von Edam 1586 (Art.  32, 1) nur dann zu taufen, wenn sein Wandel tadellos sei und er das Begehren „sonder superstitie“ stelle.a 28 107)  Dies negative Verhältnis zur „Sinnenkultur“ ist, wie Dowden a. a. O. schön ausgeführt hat, geradezu ein konstitutives Element des Puritanismus.29 | 108)  Der Ausdruck „Individualismus“ umfaßt das denkbar Heterogenste. Was hier A, A 12 1 darunter verstanden ist, wird hoffentlich durch die weiter folgenden Andeutungen klar. Man hat – in einem anderen Sinne des Wortes – das Luthertum „individualistisch“ genannt, weil es eine asketische Lebensreglementierung nicht kennt.30 Wieder in einem

o  Index fehlt in A1.  p  In A1 folgt: 〈sein〉 [oder: 〈sie〉]  c (S.  280)–c  Fehlt in A ein­ schließlich Indices.   q A: illusionslosen  r A: pessimistisch  s A: Individualis­ mus  a–a  Fehlt in A, A1.   26  Vgl. dazu Dexter, Congregationalism, p.  458, bei dem diese Begräbnispraxis mit Zitaten für den neuenglischen Kongregationalismus des 17. und ersten Drittel des 18. Jahrhunderts belegt ist. „There shall be no Prayer nor Sermon at Funerals; to shun Superstition“, zitiert Dexter aus einer Schrift (1726) des amerikanischen Puritaners Cotton Mather. Vgl. auch Dexter, ebd., p.  458 f., Anm.  169. 27  Dieser Fall wird von Sack, Kirche von Schottland I, S.  256 f., beschrieben. 28  Mit Zitat („sonder superstitie“) belegt in Reitsma, Acta I, Synode zu Edam 1586, Art.  32, 1., S.  138 f. (Reitsma, Acta, wird von Weber unten, S.  453, Fn.  344, u. ö., zitiert). 29  Dowden, Puritan and Anglican, passim, dazu auch sein einführendes Kapitel „Pu­ ritanism and English Literature“, p.  1–34. 30  Vgl. dazu Webers Äußerung über das Luthertum im Brief an Adolf Harnack vom 5. Febr. 1906, MWG II/5, S.  32 f.

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wie er in dem „Volkscha|rakter“ und den Institutionen der Völker mit puritanischer Vergangenheit sich noch heute auswirkt, – in so auffälligem Gegensatz zu der ganz andersartigen Brille, durch welche später die „Aufklärung“ die Menschen ansah109) b. Wir finden

ganz anderen Sinne braucht z. B. Dietrich Schäfer das Wort, wenn er in cseiner Schrift: Zur Beurteilung des Wormser Konkordats (Abh[andlungen]c d[er] Berl[iner] Aka­d[e­ mie] 1905)31 das Mittelalter die Zeit „ausgeprägter Individualität“ nennt, weil für das für den Historiker relevante Geschehen irrationale Momente damals von einer Bedeutung gewesen seien, wie heute nicht mehr. Er hat Recht, aber diejenigen, denen er seine Beobachtungen entgegenhält, vielleicht auch, denn beide meinen etwas ganz Verschiedenes, wenn sie von „Individualität“ und „Individualismus“ sprechen. – Jakob Burckhardts geniale Formulierungen32 sind heute teilweise überholt, und eine gründliche, historisch orientierte Begriffsanalyse wäre gerade jetzt wieder wissenschaftlich höchst wertvoll. Das gerade Gegenteil davon ist es natürlich, wenn der Spieltrieb gewisse Historiker veranlaßt, den Begriff, nur um eine Geschichtsepoche mit ihm als Etikette bekleben zu können, im Plakatstil zu „definieren“.33 | d 109)  Und ebenso in – natürlich weniger scharfem – Gegensatz gegen die spätere BR, C 96 katholische Lehre.34 Der tiefe, gleichfalls auf der Gnadenwahllehre ruhende, Pessimismus Pascal’s dagegen ist jansenistischer Provenienz und sein daraus hervorgehender b  Index fehlt in A.   c–c A: einer höchst lehrreichen Schrift (Zur […] Konkordats, Abh.  d–d (S.  283)  Fehlt in A.   31  Schäfer, Wormser Konkordat, S.  94, faßt seine Untersuchung zur Entstehung und Bedeutung des Wormser Konkordats folgendermaßen zusammen: „Der Einzelfall durchbricht immer wieder das Gesetz und macht es zum Brauch (jus – mos). Dem Individuum und den Umständen kommt eine Bedeutung zu, die ihnen die Neuzeit im öffentlichen Leben längst geraubt hat.“ Daß die Renaissance es war, die die Individua­ lität in die abendländische Kultur eingeführt habe, sei ein Schlagwort und nur richtig für die „Entwickelung künstlerischer Gestaltungskraft“, nicht aber darüber hinaus. „So­ weit öffentliches Leben im weitesten Sinne in Staat und Kirche, in Stadt und Land, in Recht und Wirtschaft in Frage kommt, ist das Mittelalter die Zeit ausgeprägtester Indi­ vidualität und selbständigster Persönlichkeit in Wollen und Handeln.“ 32 Weber bezieht sich auf den Abschnitt „Die Entwickelung des Individuums“, in: Burckhardt, Cultur der Renaissance I, S.  141–181. 33  Anspielung auf Lamprecht, Deutsche Geschichte VII/1, überschrieben: „Neuere Zeit. Zeitalter des individuellen Seelenlebens“. Zur Auseinandersetzung mit Karl Lam­ precht vgl. auch unten, S.  355 f., Fn.  200, S.  370, Fn.  224, S.  380, Fn.  241 mit Anm.  59, und S.  490, Fn.  393 mit Anm.  85. 34 Worauf sich Weber genau bezieht, ist unklar. Der nachtridentinische Katholizis­ mus, besonders die Jesuiten, seine Hauptvertreter, lehnte eine strenge Erbsündenleh­ re, wie sie die Jansenisten vertraten (vgl. unten, S.  283, Anm.  36), ab und setzte mehr als diese den Akzent auf die Willensfreiheit des Menschen, Gottes Gnade anzuneh­ men oder ihr zu widerstehen (vgl. Gothein, Eberhard, Staat und Gesellschaft des Zeit­ alters der Gegenreformation, in: Die Kultur der Gegenwart, hg. von Paul Hinneberg, Teil II, Abt. V, 1. – Berlin und Leipzig: B.G. Teubner 1908, S.  137–230, hier S.  154–157). Im Ganzen kam er damit zu einer „relativen Lebensbejahung“ (Honigsheim, Jansenis­ mus, S.  216). Möglich ist aber auch, daß Weber an liberale Strömungen im Katholizis­ mus seit dem 18. Jahrhundert denkt.

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die Spuren dieses Einflusses der Gnadenwahllehre in der uns beschäftigenden Zeit deutlich in elementaren Erscheinungen der Lebensführung und Lebensanschauung wieder, und zwar auch da, wo ihre Geltung als Dogma schon im Schwinden war: sie war ja eben auch nur die extremste Form jener Exklusivität des Gottvertrauens, auf deren Analyse es hier ankommt. So z. B. in der auffallend oft wiederkehrenden Warnung namentlich der englischen puritanischen Literatur vor jedem Vertrauen auf Menschenhilfe und Menschenfreundschaft110) e. Tiefes Mißtrauen auch gegen den nächsten Freund rät selbst der milde Baxter an,35 und Bailey empfiehlt direkt, niemandemf zu trauen und niemanden etwas Komproweltflüchtiger Individualismus stimmt mit der offiziellen katholischen Stellungnahmeg keineswegs zusammen.36 hS[iehe] darüber die S.   233 Anm.   63 zitierte Schrift von Honigs­heim über die französischen Jansenisten.h d i 110)  Ganz ebenso die Jansenisten.i 37

e Index fehlt in A, A1.  f BR, C: niemanden  g A1: Lehre > Stellungnahme h–h  Fehlt in A1; BR: S. darüber die sehr gute Schrift von Honigsheim (Heidelb. Diss.) über […] Jansenisten.  d  (S.  282)–d  Fehlt in A.   i–i  Fehlt in A, A1.   35  Vgl. Baxter, Christian Directory IV, chap. XXV. „Cases and Directions about Trusts and Secrets“ (p.  238–240), Tit. 1. Aus den Antworten zu den dortigen Fragen: „You must not trust man for more than his proportion, and what belongs to man to do: You must not expect that from him which God alone can do. […] But having to do with a corrupted World we must live in it with some measure of distrust to all men. […] But we must trust men as men, according to the principles of Veracity that are left in corrupted nature […]. And the skilfuller and faithfuller any man is, the more he is to be trusted“ (Zitat p.  238). Das bei Richard Baxter angeratene Mißtrauen reicht nicht ganz so tief wie bei Lewis Bayly (Weber schreibt stets: Bailey; die Literaturangabe lautet: Bayli, Praxis pietatis), vgl. unten, S.  284, Fn.  111 mit Anm.  38. 36  Nach Honigsheim, Jansenismus, speist sich Blaise Pascals „weltflüchtiger Indivi­ dualismus“ (Weber) aus der jansenistischen Lehre, nach der die Menschen in wenige Auserwählte und eine Masse der Verworfenen eingeteilt werden (Honigsheim, Janse­ nismus, S.  120 (u. ö.), identifiziert dies mit der Lehre von der „Prädestination“; Pascals Überzeugung ebd., S.  27–33). Ihr zugrunde liege das ausgeprägte (augustinisch-) jansenistische Erbsündenverständnis (vgl. ebd., S.  29, 33 u. ö.), welches Pascal zur „Ueberzeugung von der absoluten Minderwertigkeit der menschlichen Natur“ (ebd., S.  9), zu einem „tiefen Pessimismus“ (ebd., S.  33, vgl. S.  36) und einem zeitweiligen weltabgewandten Leben als „Solitaire“ (Einsiedler) im Chevreusetal führte. – Daß der Jansenismus (und Pascal) mit seiner Forderung einer „esoterische[n] Gemeinschaft der Heiligen“ (ebd., S.  196) in den Gegensatz zum universalkirchlich orientierten nachtridentinischen Katholizismus trete, schildert Honigsheim, ebd., S.  196 ff. 37  Vgl. Honigsheim, Jansenismus, bes. S.  66–68 („Der Einzelne und seine Mitmen­ schen“).

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mittierendes wissen zu lassen: nur Gott soll der Vertrauensmann sein111). Im auffälligsten Gegensatz gegen | das | Luthertum ist denn

111)  Bailey, Praxis pietatis (deutsche Ausg., Leipzig 1724) S.   187.38 Auch Ph[ilipp] J[akob] Spener in seinen „Theologischen Bedenken“ (hier nach der 3. Ausgabe, Halle 1712 zitiert) steht auf ähnlichem Standpunkt: der Freund gibt seinen Rat selten mit Rücksicht auf die Ehre Gottes, sondern meist aus fleischlichen (nicht notwendig egoi­ stischen) Absichten.39 – „He“ – the „knowing man“ – „is blind in no man’s cause, but A, A1 13 best sightedk in his own. He confines himself to the circle of his own | affairs, and thrusts not his fingers in needless fires … He sees the falseness of it (der Welt) and therefore learns to trust himself ever, others so far, as not to be damaged by their disappointment“, philosophiert Th[omas] Adams (Works of the Puritan Divines p. LI).l 40 – Bailey (Praxis pietatis, a. a. O. S.  176) empfiehlt ferner, sich jeden Morgen vor dem Ausgehen unter die Leute vorzustellen, man gehe in einen wilden Wald voller Gefahren[,] und Gott um den „Mantel der Vorsicht und Gerechtigkeit“ zu bitten.41 – Die Empfindung geht schlechterdings durch in allen asketischen Denominationen und führte bei manchen Pietisten direkt zu einer Art Einsiedlerleben innerhalb der Welt. Selbst Spangenberg in der (herrnhuterischen) Idea fidei fratrumm p.  382 erinnert nachdrücklich an

k  A, A1, BR: sightet  l  A, A1, BR, C: LI.)  m  A, A1: frateum   38  Bayli, Praxis pietatis I, S.  187, warnt vor der Freundschaft, weil sie auch in Feind­ e schaft umschlagen könne: „Fu rs ander, so thue nichts in Gegenwart eines andern, e e  daß, wenn es lautbar wu rde, dir eintzige Gefahr auf den Halß ziehen konnte; Oder e  e wann derselbe dein Feind werden solte, du Ursach hattest ihn deßwegen zu fu rchten. Hast du etwan einen Fehler begangen, so bitte GOtt um Verzeihung, und sey lieber selbst dein bester Rath, als daß du einen andern darum zu Rath ziehen soltest. Dann was du wilt verschwiegen haben, das verschweig zuvorderst selbst, und sey beneben versichert, daß alle Freundschafft (die nicht auf den rechten Grund des Christen­ e thums, und der wahren Religion gegru ndet ist) bey der ersten Ungelegenheit dahin fält […]“. 39  Spener, Theologische Bedenken I, S.  524 (aus: Cap. II, Artic.  II, Sectio XII, S.  523– e 526): Spener berichtet im Nachhinein von Bedenken (ob „ein go ttlicher beruff oder e  versuchung“) bei der Berufung in sein Frankfurter Pfarramt: „Nechst dem ware das e  nachste mittel gewesen/ mit guten freunden/ dero so von verwandten als sonsten/ die e  mich liebten/ in Straßburg nicht wenig hatte/ die sache zu u berlegen/ und dero rath zu folgen: Ich fande aber auch solchen weg nicht sicher/ als der ich durch so viel exem­ pel wahrgenommen/ wie gute freunde so selten pur lauter aus reiner absicht auf das e  gewissen und gottliche ehre rathen/ sondern wie gemeiniglich einige fleischliche ab­ sichten aus menschlicher liebe zugleich mit unterlauffen. Daher ich von der sachen e  niemanden/ auch meiner nachsten freund/ part gegeben.“ Von Weber im Exemplar der UB Heidelberg ab „Ich fande […]“ mit Randmarkierung versehen sowie der Mar­ ginalie: „Mistrauen g[e]g[en] Freunde“. 40  Zitate nach: William Hendry Stowell, Introduction to Adams’ Works (im angegebe­ nen Band der Schriften von Thomas Adams, Works of the English Puritan Divines V, p.  ix–lxiii), p. l und li. – Im Exemplar der UB Heidelberg unterstrich Weber die hier zi­ tierten Sätze. 41  Bayli, Praxis pietatis I, S.  176 (aus dem XV. Capitel „Fernere Betrachtung und gott­ e  selige Gedancken u ber das Gebet eines Christen […]“, S.  169–177): „Rock der Vor­ sichtigkeit und Gerechtigkeit“.

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auch nim Zusammenhang mit dieser Lebensstimmungn in den Gebieten des voll entwickelten Calvinismus die Privatbeichte, gegen welche Calvin selbst nur der möglichen sakramentalen Mißdeutungo wegen Bedenken hatte,42 stillschweigend verschwunden p: ein Vorgang von größter Tragweite. Zunächstq als Symptom für die Art der Wirkung dieser Religiosität. Dann aber auch als rpsychologischer Entwicklungsreizr für ihre ethische Haltung. Das Mittel zum periodischen „Abreagieren“ des affektbetonten Schuldbewußtseins112) wurde beseitigt. Von den Konsequenzen für die sittJer. 17, 5: „Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verläßt“.43 – Man beachte, um die eigentümliche Menschenfeindlichkeit dieser Lebensanschauung zu ermessen, auch etwa die Erläuterungen Hoornbeeks Theol[ogia] pract[ica] I p.  88244 über die Pflicht der Feindesliebe: Denique hoc magis nos ulciscimur, quo proximum, inultum nobis, tra­ dimus ultori Deo … Quo quis plus se ulciscitura, eo minus id pro ipso agetb Deus: cdie gleiche „Verschiebung der Rache“[,] wie sie sich in dend nachexilischen Teilen des A[lten] T[estaments] efindet: einee c raffinierte | Steigerung fund Verinnerlichung des BS, C 97 Rachegefühlsf 45 gegenüber dem alteng: „Auge um hAuge“.46 Über die „Nächstenliebe“ s. auch weiter unten S.  292 Anm.  120.h i 112)  Freilich hat der Beichtstuhl durchaus nicht nur als ein solches gewirkt;k die Formulierungenl z. B. von Muthmann, Z[eitschrift] f[ür] Rel[igions-]Psych[ologie] I,

n–n Fehlt in A.   o A: Deutung  p–p (S.  286) Fehlt in A einschließlich Index.   q  In A1 folgt: 〈symptomatisch〉  r–r A1: psychologisches Agens > psychologische[r] Entwicklungsreiz  a  A, A1, BR: ulciscituur  b  A, A1, BR, C: agit  c–c A: Welche  d  In A1 folgt: 〈exil〉  e–e A1: findet und eine  f–f  Fehlt in A.   g A: altjüdischen  h–h A: Auge“, und welches specimen christlicher „Nächstenliebe“! Über diese s. auch unten Anm.  21b. A1: Auge“. Über diese s. auch unten Anm.  21b. BS: Auge“. […] s. auch unten S.   Anm.     i–i (S.  286)  Fehlt in A.   k  Semikolon fehlt in C.   l  In A1 folgt: 〈nur〉 42  U.a. Hinweis bei Kampschulte, Calvin I, S.  460 mit Anm.  3, und S.  461. 43  August Gottlieb Spangenberg, Idea fidei fratrum, S.  382 (im Kapitel „Von der Liebe zu GOtt“, S.  369–437). Zitat Jer 17,5 im Exemplar der UB Heidelberg von Weber mit Randmarkierung sowie der Marginalie „Baxter“ versehen (vgl. dazu oben, S.  283 mit Anm.  35). 44  Hoornbeek, Theologia practica I, p.  882 (aus liber VII, cap. IX „De Amore proximi“, p.  875 ff.). 45  Vgl. dazu Weber, Antikes Judentum, MWG I/21, S.  601 f., sowie ders., Pharisäer, ebd., S.  814 f. 46 Die Formel des (auch im Altbabylonischen Reich bekannten) Talionsrechts be­ gegnet im Alten Testament in den wichtigsten Gesetzeskorpora, dem Bundesbuch (hier Ex 21,24), dem Heiligkeitsgesetz (hier Lev 24,20) und deuteronomischen Gesetz (hier Dtn 19,21). Schon der älteste Text, das (vorexilische) Bundesbuch, zeigt, daß es in Ex 21, 22–25 um Schadensersatz (vermutlich durch Zahlung) bei Körperverletzung geht. In Lev und Dtn wird die Talionsformel im übertragenen Sinn gebraucht. Vgl. dazu Weber, Antikes Judentum, MWG I/21, S.  323 f. mit Anm.  17 und 24.

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liche Alltagspraxis wird noch zu reden sein.47 Auf der Hand aber liegen die Folgen für die religiöse Gesamtlage der Menschenp. In tiefer innerlicher Isolierung vollzogm sich, trotz der Heilsnotwendigkeit der Zugehörigkeit zur wahren Kirche113), der Verkehr des Calvinisten mit seinem Gott. Wer die spezifischen Wirkungen114) n dieser eigentümlichen Luft empfinden will, der sehe in dem weitaus gelesensten Buch der ganzen puritanischen Literatur: Bunyans „Pilgrim’s progress“115), die Schilderung von „Christians“o Verhalten an, nachdem ihm das Bewußtsein, in der „Stadt des VerderHeft 2 S.  65 sind allzu einfach für das höchst komplizierte psychologische Problem der Beichte.i 48 113) Gerade diese Kombination ist für die Beurteilung der psychologischen Unterlagen der calvinistischen sozialen Organisationen so wichtig. Sie ruhen alle auf innerlich „individualistischen“ p, „zweck-“ oder „wertrationalen“p Motiven. Nie gehtq das Individuumr gefühlsmäßig in sie ein. „Gottes Ruhm“ und das eigene Heil bleiben stets über der „Bewußtseinsschwelle“. Das prägt der Eigenart der sozialen Organisation bei Völkern mit puritanischer Vergangenheit noch heute bestimmte charakteristische Züge auf. s 114) Der antiautoritäre Grundzug der Lehre, der ja im Grunde alle und jede kirchliche und staatliche Fürsorge für Ethik und Seelenheil als zwecklos entwertete, führte stets erneut zu ihrem Verbot, so namentlich durch die niederländischen Generalstaaten. Die Folge war stets: Konventikelbildung (so nach 1614).s 49 115)  Über Bunyan vgl. die Biographie von Froude in der Morleyschen Sammlung (English Men of Letters), ferner Macaulays (oberflächliche) Skizze (Miscell[aneous] Works II p.  227)50 – B[unyan] ist indifferent gegenüber den denominationellen Differenzen innerhalb des Calvinismus, seinerseits jedoch strikter calvinistischer Baptist. | p (S.  285)–p  Fehlt in A.   m  A, A1, BS: vollzieht  n  Index fehlt in A, A1.  o A, A1: „Christian’s“  i (S.  285)–i Fehlt in A.   p–p Fehlt in A; A1: , 〈oder〉 „zweck-“ oder „wertrationalen“  q  In A folgt: – wir werden die Folgen noch später betrachten –  r  A, A1, BS, C: Individium  s–s  Fehlt in A und A1 an dieser Stelle; vgl. dazu unten, S.  288, textkritische Anm.  g.   47  Siehe unten, S.  301–339. 48  Muthmann, Psychiatrisch-theologische Grenzfragen, S.  65, sagt, die Beichte vor dem Priester sei eine von der römisch-katholischen Kirche geschaffene kultivierte Form des „Abreagierens“, als solche bringe sie seelische Erleichterung. 49 Das Verbot, über die Prädestinationslehre zu predigen, ist in der „Resolutie tot vrede der Kerken“ enthalten, welche die Staaten von Holland von November 1613 bis Februar 1614 ausarbeiteten. Vgl. Nuyens, Geschiedenis I, p.  201. – Zur Konventikelbil­ dung der Kontraremonstranten nach 1614 kam es, als für geraume Zeit die remon­ strantische Minderheit in Holland die Oberhand behielt. Sie mieden den Gottesdienst remonstrantischer Prediger in den Kirchen; ihre eigenen Prediger waren aus dem Amt vertrieben, und sie trafen sich in Häusern oder Scheunen oder gingen auf das Land. Vgl. Nuyens, Geschiedenis I, p.  209; Groen van Prinsterer, Handboek, S.  201 f. (§  256). 50  Vgl. Froude, Bunyan; Macaulay, Bunyan (der Titel der Ausgabe lautet: Miscella­ neous Writings II, darin p.  227–243).

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bens“ zu weilen, aufgegangen ist und ihn der Ruf, die Pilgerfahrt zur himmlischen Stadt unverweilt anzutreten, ereilt hat. Weib und Kinder hängen sich an ihn, – aber quer|feldein, die Finger in die Ohren steckend, mit dem Rufe: a„Life, eternal life!“a stürzt er fort,51 und kein Raffinement könnte besser, als die naive Empfindung des in seinem Gefäng|nis dichtenden Kesselflickers,52 der dabei den Beifall einer gläubigenb Welt fand, die Stimmung des im Grunde allein mit sich selbst beschäftigten, allein an sein eigenes Heil denkenden puritanischen Gläubigen wiedergeben, wie sie zum Ausdruck kommt in den etwasc an Gottfried Kellers „Gerechte Kammacher“ erinnernden salbungsvollen Gesprächen,53 die er mit Gleichstrebenden unterwegs führt. Erst als er selbst geborgen ist, erwacht der Gedanke, daß es schön wäre, nun auch die Familie bei sich zu dhaben.54 Es istd dieselbe qualvolle Angst vor dem Tode und edem Nachhere, die wir bei Alfons von Liguori, wie Döllinger ihn uns geschildert hat,55 so penetrant überall empfindenf, – weltweit entfernt von jenem Geist stolzer Diesseitigkeit, dem Macchiavelli in dem Ruhm jener Florentiner Bürger Ausdruck gibt, denen – im Kampf gegen Papst und Interdikt – „die Liebe zur Vaterstadt a–a A: „Leben, ewiges Leben“  b A: ganzen  c  A, A1: fatal  d–d A: haben: es ist doch  e–e A, A1: Dem nachher  f In A folgt Index mit der zugehörigen Fußnote: Nur freilich sind eben die Wirkungen dieser Angst bei Bunyan und Liguori so charakteristisch verschieden: dieselbe Angst, welche diesen zu jeder erdenklichen Selbstquälerei treibt, spornt jenen zu männlicher rastloser und systematischer Lebensarbeit an. Vgl. dazu unten, S.  288 mit textkritischer Anm.  i.   51  Vgl. Bunyan, Pilgrim’s Progress, p.  3 f. 52  John Bunyan, gelernter Kesselflicker und Laienprediger, schrieb den ersten Teil seines Hauptwerks (erschienen 1678, erweitert 1679, 2. Teil  1684) vermutlich 1675 im Gefängnis von Bedford. Nach zwölf Jahren Gefängnisaufenthalt (1660–1672) war Bunyan erneut für sechs Monate inhaftiert, weil er sich dem Predigtverbot widersetzt hatte, das für Nonkonformisten bestand. 53  Keller, Die drei gerechten Kammacher, nach Webers Urteil eine Erzählung, deren geschilderter „Vorgang […] im Grund in fünf Zeilen abzufertigen und teilweise uner­ quicklich und possenhaft“ sei (Brief Max Webers an Helene Weber vom 17. Febr. 1886, GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr.  3, Bl.  116–118; MWG II/1), erschien 1856 in der Sammlung „Die Leute von Seldwyla“. 54  Bei Bunyan ist es allerdings die Initiative von Christians Ehefrau. Sie begibt sich mit ihren Kindern auf die Pilgerreise, ihrem Mann entgegen. Vgl. Bunyan, Pilgrim’s Progress, p.  185 ff. (2. Teil). 55  Döllinger/Reusch, Moralstreitigkeiten I, berichten über den katholischen Moralleh­ rer Alphons Maria de’ Liguori (1696–1787), den Gründer der Redemptoristen, S.  356– 476. Über Liguoris lebenslange Skrupel, Ängste und Gewissensqualen ebd., S.  374– 377.

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höher stand, als die Angst um das Heil ihrer Seelen“g 56 hund, freilich, noch weiter entfernt von Empfindungen, wie sie Richard Wagner Siegmund vor dem Todesgefecht in den Mund legt: „Grüße mir Wotan, grüße mir Wallhall … Doch von Wallhall’s spröden Wonnen sprich du wahrlich mir nicht“h.57 iNur freilich sind eben die Wir­ kungen dieser Angst bei Bunyan und Liguori so charakteristisch verschieden: dieselbe Angst, welche diesen zu jeder erdenklichen Selbsterniedrigung treibt, spornt jenen zu rastlosem und systematischem Kampf mit dem Leben. Woher dieser Unterschied?i Es scheint zunächst ein Rätsel, wie mit jenerj Tendenz zur innerlichen Lösung des Individuums aus den engsten Banden, mit denen es die Welt umfangen hält, die unbezweifelbare Überlegenheit des Calvinismus in der sozialen Organisation sich verknüpfen konnte116). 116)  kDer Hinweis auf die unzweifelhaftk große Wichtigkeit des calvinistischen Ge[A, A1 14,] BS, C 98 dankens von der aus dem Erfordernis der „Einverleibung in Christi Körper“ (Calvin,

g  In A1 folgt Index mit der zugehörigen Fußnote: Der antiautoritäre Grundzug der Lehre […] Die Folge war stets: Konventikelbildung (so nach 1614).  Es handelt sich um Fn.  114, in BS, C oben, S.  286.   h–h  Fehlt in A, A1.  i–i  Text fehlt an dieser Stelle in A; in A1 Einfügung des überarbeiteten und ergänzten Textes, der in A als Fußnote angebunden ist, vgl. oben, S.  287, textkritische Anm.  f.   j A: dieser  k–k  A: Die 56  Freies Zitat. Bei Machiavelli, Florentinische Geschichten I, S.  195, heißt es: „Umso­ viel höher schlugen jene Bürger das Wohl des Vaterlandes an, als ihr Seelenheil, und zeigten der Kirche, daß die Florentiner, wie sie als Freunde sie geschützt, als Gegner sie bedrängen konnten“. Machiavelli schildert hier die Konflikte zwischen Florenz und dem Kirchenstaat im 14./15. Jahrhundert. In deren Verlauf wurde über Florenz mehr­ mals das Interdikt verhängt (hier 1375–1378). Dies bedeutete offiziell: kein Gottes­ dienst, keine Spendung der Sakramente und keine christlichen Begräbnisse. Das In­ terdikt wurde aber „wenig beachtet“ (ebd.). Der Klerus wurde z. B. genötigt, die Messe abzuhalten. 57  Es handelt sich um zwei Zitate aus Richard Wagners „Walküre“ (2. Aufzug, 4. Sze­ ne), einem Teil der Tetralogie „Der Ring des Nibelungen“, näherhin aus Siegmunds Antwort auf Brünnhildes Übermittlung, daß Wotan seinen Tod beschlossen habe und sie ihn nun nach dem Heldenhimmel Walhall bringe: „So grüße mir Walhall, / grüße mir Wotan, / […] zu ihnen folg’ ich dir nicht“, und: „[…] nur von Walhall’s spröden Wonnen / sprich du wahrlich mir nicht!“ Wagner, Ring des Nibelungen/Walküre, S.  51 und 53. – Weber kannte den Text schon (vgl. auch Weber, Politik als Beruf [Stichwortmanu­ skript], MWG I/17, S.  151; hier enthalten in den Superrevisionsbogen vom 3. Dezem­ ber 1919, vgl. den Editorischen Bericht, oben, S.  80), bevor er und Marianne Weber die „Walküre“ zusammen mit Else Jaffé am Ostermontag (5. April) 1920 im National­ theater München besuchten. Vgl. dazu Max Webers Brief an Else Jaffé vom 6. April 1920, MWG II/10, S.  968 f., hier S.  968 mit Anm.  1.

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Allein gerade sie folgt, so seltsam es zunächst | scheint, | aus der spezifischen Färbung, welche die christliche „Nächstenliebe“ unter

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Instit[utio] III, 11, 10)58 folgenden Heilsnotwendigkeit der Aufnahme in eine den göttlichen Vorschriften entsprechende Gemeinschaft für den sozialen Charakter des reformierten Christentums lliegt nahe.l Für unsere speziellen Gesichtspunkte liegt aber der Schwerpunkt des Problems etwas anders. Jener dogmatischem Gedanke hätte auch bei einem rein anstaltsmäßigen Charakter der Kirche sich ausbilden können und hat dies n, wie bekannt,n getan. oEr hat an sich nicht die psychologische Kraftp, gemeinschaftsbildende Initiative zu wecken und ihr vollends eine solche Kraft zu verleihen, wie der Calvinismus sie besaß.o Geradeq auch außerhalb der göttlich vorgeschriebenen r, kirchlichen Gemeindeschemata in der „Welt“ wirkte sich diese seiner gemeinschaftsbildende Tendenz aus. Hier ist eben der Glaube:s daß der Christ durch Wirken „in majorem Dei gloriam“ seinen Gnadenstand bewähre59 (s. u.),60 maßgebend, und die | scharfe BS, C 99 Perhorreszierung der Kreaturvergötterung aund alles Haftens an den persönlichen Beziehungen zu Menschena mußte diese Energie unvermerkt in die Bahnen bsachlichen (unpersönlichen)b Wirkens lenken. cDer Christ, dem die Bewährung seines Gnadenstandes am Herzen liegt, wirkt für die Zwecke Gottes, und diese können nur unpersönliche sein.c Jede rein dgefühlsmäßige – also: nicht rationald bedingte – | persönliche A, A1 15 Beziehung von Mensch zu Mensch verfällt ebene in der puritanischen, wie in jeder asketischen, Ethik sehr leicht dem Verdacht, Kreaturvergötterung zu sein. Für die Freundschaft zeigt dies – neben dem ffrüher schon Gesagtenf 61 – z. B. folgende War-

l–l A: wird, wie ich annehme, E. Tröltsch in seinem schon früher erwähnten Aufsatz entwickeln. –  m  Fehlt in A.   n–n  Fehlt in A.   o–o  Fehlt in A.   p A1: Tatkraft > Kraft  q A: Und gerade  r–r A: Gemeindeschemate [lies: Gemeindeschemata] wirkt sich jene  s A: allgemeine Gedanke,  a–a  Fehlt in A.   b–b  A, A1: sachlichen (unpersönlichen)  c–c Fehlt in A.   d–d A: gefühlsmäßige – also nicht rational A1: gefühlsmäßige [Hervorhebung durch Satzanweisung Max Webers: „nicht sperren!“ aufgehoben] – also nicht rational  e Fehlt in A.   f–f A, A1: Anm.  17 schon gesagten BS: Anm.  17 schon Gesagten   58  Calvin, Inst. III,11,10 heißt es (Übersetzung Otto Weber): „Bei uns steht also jene Verbindung des Hauptes mit den Gliedern, jene Einwohnung Christi in unseren Her­ zen, kurz, jene verborgene Einung (mystica unio) an höchster Stelle, daß also Christus unser eigen wird und uns der Güter, die er selber inne hat, teilhaftig macht! Wir schau­ en ihn also nicht außer uns, von fern an, damit uns seine Gerechtigkeit zugerechnet werde; nein, weil wir ihn angezogen haben und in seinen Leib eingefügt sind, kurz, weil er sich herabgelassen hat, uns mit sich eins zu machen, darum rühmen wir uns, daß wir Gemeinschaft der Gerechtigkeit mit ihm haben.“ 59  Alles menschliche Handeln soll nach Calvin der Ehre oder dem Ruhm Gottes die­ nen, so Scheibe, Calvins Prädestinationslehre, S.   112–120; Seeberg, Dogmenge­ schichte II, S.  386, mit Hinweis auf Calvin, Inst. I,16,1 ff. Die Formel „in majorem Dei gloriam“, die Weber hier gebraucht (vgl. auch das in der „Institutio“ Calvins häufig vorkommende „gloria Dei“), soll dies zum Ausdruck bringen. 60  Siehe unten, S.  291–294 und 310–316, die Formel außerdem unten, S.  291 (dort: „in majorem gloriam Dei “), S.  430, Fn.  320, u. ö. 61  Siehe oben, S.  283 f.

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dem Druck der inneren Isolierung des einzelnen durch den calvinistischen Glaubeng annehmen mußte. hSie folgt daraus zunächst nung deutlich genug: It is an irrational act and not fit for a rational creature to love any one farther than reason will allow us … It very often taketh up mens minds so as to hinder their love of God. (Baxter, Christian Directory IV p.  253.)i 62 Wir werden solchen Argumenten immer wieder begegnen. jDen Calvinisten begeistert der Gedanke: daß Gott in der Weltgestaltung, auch der sozialen Ordnung, das sachlich Zweckvolle als Mittel der Verherrlichung seines Ruhms wollen müsse: nicht die Kreatur um ihrer selbst willen, aber die Ordnung des Kreatürlichen unter seinem Willen. Der durch die Gnadenwahllehre entbundene Tatendrang der Heiligen strömt daher ganz ink das Streben nach Rationalisierung der Welt ein.j Namentlich auch der Gedanke, daß der „öf­ fentliche“ Nutzen, oder auch „lthe good of l the many“, wie Baxter (Christian Directory IV p.  262 mit dem etwas gezwungenen Citat Röm. 9, 3)63 es ganz im Sinne des späteren liberalen Rationalismus formuliert, allem „persönlichen“ oder „privaten“ Wohl Einzelner voranzustellen sei, folgte – so wenig erm an sich neu war – für den Puritanismus aus der Ablehnung der Kreaturvergötterung. – Die traditionellen amerikanische Perhorreszierung persönlicher Dienstleistungen hängt oneben anderen massiven Gründen, die ausp „demokratischen“ Empfindungen folgen, immerhino (in indirekter Art) wohlq auch mit jener Tradition zusammen. Ebenso aber die relativ große Immunität puritanisch gewesener Völker gegen den Cäsarismus, und überhaupt die innerlich freiere, einerseits mehr zum „Geltenlassen“ der Großen geneigte, andererseits aber alle hysterische rVerliebtheit in sier und den naiven Gedanken: man könne jemandems zu politischer Obödienz aus „Dankbarkeit“ verpflichtet sein, ablehnende Stellung der Engländer zu ihren großen Staatsmännern, – gegenüber manchemt, was wir davonu von 1878 an in Deutschland v, positiv und negativ,v erlebten.64 – Über die Sündhaftigkeit des Autoritätsglaubens, – der eben nur als unpersönlicher, auf den Inhalt der Schrift gerichteter zulässig ist, – und ebenso der übermäßigen Schätzung selbst der heiligsten und

g A: Gottesbegriff  h–h (S.  291)  Fehlt in A einschließlich Index.   i  A, A1, BS, C: 253).  j–j  Fehlt in A; in A folgt ein Gedankenstrich.   k  In A1 folgt: 〈dieser Richtung〉  l–l  In A, A1 nicht hervorgehoben.   m  A, A1, BS, C: es  n A: moderne   o–o  Fehlt in A.   p  In A1 folgt: 〈dieser Ursp〉  q A: natürlich  r–r A: „Verliebtheit“  s Fehlt in A; A1: Jemandem BS, C: jemanden  t A, A1: Manchem C: manchen  u  A, A1: z. B.  v–v  A: – positiv und negativ – 62  Baxter, Christian Directory IV, chap. XXVIII. „Special Cases and Directions for Love to Godly persons as such“ (p.  245–256), Tit. 6. „Cases and Directions for intimate special Friends“, aus den Antworten zu Frage 9 („Why should we restrain our Love to a bosome friend […] and what sin or danger is in loving him too much?“), p.  253. Dort: „It is an irrational act, and therefore not […]“, „mens minds“ [sic, Ed.] und „Love to God“. 63  Baxter, Christian Directory IV, chap.  XXX. „Cases and Directions about works of Charity“ (p.  258–268), heißt es in der Antwort zu Tit. 1, Fragen 6 und 7, auf p.  262: „The good of many is to be preferred before the Good of few, and publick good to be valued above private, Rom. 9.3 “. – Röm 9,3 lautet nach der Lutherbibel [1892]: „Ich habe gewünschet, verbannet zu sein von Christo für meine Brüder, die meine Gefreundeten sind nach dem Fleisch.“ 64  Weber spielt auf die „konservative Wende“ von 1878/79 nach dem Zerfall der libe­ ralen Regierungspartei an.

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dogmatisch117).h Die Welt ist wdazu – und nur dazu – bestimmt:w der Selbstverherrlichung Gottesa zu | dienen, der erwählteb Christ cist dazu – und nur dazu –c da, den Ruhm Gottes in der Welt durch Vollstreckung seiner Gebote an seinem Teil zu mehren. Gott aberd will die soziale Leistung des Christen, denn er will, daß die soziale Gestaltung des Lebens seinen Geboten gemäß und so eingerichtet werde, daß sie jenem Zweck entspreche. Die sozialee 118) Arbeit des Calvinisten in der Welt ist lediglich Arbeit „in majorem gloriam Dei“.65 Diesenf Charakter trägt daherg auch die Berufsarbeit, welche im Dienste des | diesseitigen Lebens der Gesamtheit steht. Schon bei Luther fanden wir die Ableitung der arbeitsteiligen Berufsarbeit aus der „Nächstenliebe“.66 Aber was bei ihm ein unsicherer h, rein konstruktiv-gedanklicherh Ansatz blieb, wurde nun bei den Calvinisten ein charakteristischer Teil ihres ethischen Systems. Die „Nächstenliebe“ äußert sich – da sie ja nur Dienst am

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hervorragendsten Menschen, – weil dadurch eventuell der Gehorsam gegen Gott gefährdet wird, – s. Baxter, Christian Directory (2.  Aufl. 1678) I p.  56.67 – Was die Ablehnung der „Kreaturvergötterung“ und das Prinzip, daß, zunächst in der Kirche, letztlich aber im Leben überhaupt, nur Gott „herrschen“i solle, politisch bedeutete, jgehört nicht in unseren Zusammenhangj. k 117) Über das Verhältnis dogmatischer und praktisch-psychologischer „Konsequenzen“ wird noch oft zu reden sein.68 Daß beides nicht identisch ist, bedarf wohl kaum der Bemerkung.k | 118)  „Sozial“ natürlich ohne jeden Anklang an den modernen Sinn des Wortes, ledig- B , C 100 S lich im Sinn der Betätigung innerhalb der politischen, kirchlichen und anderer Gemeinschafts-Organisationen. |

w–w A: bestimmt, A1: dazu […] bestimmt,  a A: Gottes  b Fehlt in A. c–c A: dazu  d Fehlt in A.   e A: soziale  f A: Diesen  g Fehlt in A. h–h  Fehlt in A.   i  A, A1: „herrschen“  j–j A: davon später  k–k  Fehlt in A. 65  Vgl. oben, S.  289, Fn.  116 mit Anm.  59. 66  Vgl. oben, S.  230. 67  Baxter, Christian Directory I, chap. II. „Directions to young Christians or Beginners in Religion, for their establishment and safe proceeding“ (p.  30–57). Dort heißt es auf p.  56 zu Direction 20 („See that your religion be purely Divine […]“): „Even good men, whom you must love and honour, and whose communion and help you must highly value, yet may be made the object of your sin, and may become your snare. […] If you do, you will find that while you are too much eying man, you are losing God, and cor­ rupting your Religion at the very heart.“ – Weber zitiert Baxter, Christian Directory I–IV, stets nach der 2. Auflage von 1678. 68  Besonders im weiteren Verlauf dieses Abschnitts, S.  291–411, aber auch unten, S.  411–492.

292 BS, C 101 A, A1 17 A, A1 16

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Ruhme Gottes119) l, mnicht: der Kreatur,m sein darf120) – in | erster | Linie in Erfüllung der durch die lex naturae gegebenen Berufsaufn 119)  Gute Werke, die zu irgendeinem andern Zweck, als umo der Ehre pGottes willen,p getan werden, sind sündhaft, Hanserd Knollys Confession ch. XVI.n 69 120)  Was eine solche durch die alleinige Beziehung des Lebens auf Gott qbedingte „Unpersönlichkeit“q der „Nächstenliebe“ auf dem eignen Gebiet des religiösen Gemeinschaftslebens bedeutet, kann man sich recht gut etwa an dem Gebahren der „China Inland Mission“ und der „International Missionaries’ Alliance“ verdeutlichen (s. hierüber Warneck, Gesch[ichte] d[er] prot[estantischen] Mission 5.  Aufl. S.  99, 111).70 Mit riesigenr Kosten wurdens gewaltige Scharen von Missionaren ausgerüstet, z. B. an die 1000 für China allein, um durch Wanderpredigt das Evangelium allent Heiden im strikt wörtlichen Sinne „anzubieten“u, weil Christus dies geboten und seine Wiederkunft davon abhängig gemacht hat. Ob die dergestalt Angepredigten dem Christentum gewonnen und also der Seligkeit teilhaftig werden, vja ob sie selbst die Sprache des Missionars auch nur grammatisch verstehen, – dasv ist wprinzipiell durchaus nebensächlichw und Angelegenheit Gottes, der ja darüber allein verfügt. China habe, meint Hudson Taylor (s. Warneck a. a. O.)[,]71 ca. 50 Millionen Familien. 1000 Missionare könnten 50 Familien täglich (!) „erreichen“a und so das Evangelium in 1000 Tagen oder weniger als 3 Jahren allen Chinesen „angeboten“b sein. – Es ist genau das Schema, nach welchem der Calvinismus z. B. seine Kirchenzucht betrieb: nicht das Seelenheil der Zensurierten – welches lediglich Gottes (und in praxi:c ihre eigene) Sache dwar und durch kirchliche Zuchtmittel ja in gar keiner Weise beeinflußt werden konnte –,d sondern die Mehrung des Ruhmes Gottes ewar der Zwecke.72 – Für jene modernenf Missionsleistungen ist, da sie auf interdenominationeller Grundlage ruhen, nichtg der Calvinismus als solcher verantwortlich. (Calvin selbst lehnt die Pflicht zur Heidenmission ab, da die

l  Index fehlt in A, A1.  m–m  Interpunktionszeichen fehlen in A.   n–n  Fehlt in A, A1.  o  Fehlt in BS, C; um sinngemäß ergänzt.   p–p BS: Gottes, sollen  q–q A, A1: „bedingte „Unpersönlichkeit“ BS, C: „bedingte Unpersönlichkeit“  r A, A1: gewaltigen  s A: werden  t A: allen  u A: „anzubieten“  v–v Fehlt in A, A1.  w–w A: prinzipiell durchaus nebensächlich  a A: „erreichen“  b A: „an­ geboten“  c Doppelpunkt fehlt in A, A1.  d–d A, A1: ist, –  e–e A, A1: ist Hauptzweck  f A: modernen  g A: nicht   69  In der Hanserd Knollys Confession (1688/89), Chapter XVI. Of good works, heißt es über die „Works done by unregenerate men“, [Art.] 7: „[…] because they proceed not from a heart purified by […] faith, nor are done in a right manner according to the […] word, nor to a right end, the […] glory of God, they are therefore sinful and cannot please God, nor make a man meet to receive grace from […] God; and yet their neg­ lect of them is more sinful and […] displeasing to God“ (Underhill, Confessions of Faith, p.  204–206, Zitat p.  205 f.). 70  Der Titel lautet: Gustav Warneck, Geschichte der protestantischen Missionen; dar­ in wird S.  98–100 die „China Inland Mission“ und S.  111 f. die „International Missiona­ ries’ Alliance“ besprochen. 71  Weber übernimmt hier wörtlich einen Ausspruch des Begründers der „China In­ land Mission“ Hudson Taylor (1832–1905), bei Warneck, Missionen, S.  99 f. 72  Schon bei Calvin, Inst. IV,12,5, geht es bei der Kirchenzucht in erster Linie um den „Leib Christi“, d. h. um das christliche Gemeinwesen und seine Reinhaltung, und erst nachgeordnet um die Reue und Umkehr des Einzelnen. Ähnlich formuliert für die refor­ mierte Kirche bei Heppe, Dogmatik, S.  487.

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gaben, und sie nimmt dabei einen eigentümlich hsachlich-unpersönlichenh Charakter an:i den eines Dienstes an der rationalenk Gestaltung des uns umgebenden gesellschaftlichen Kosmosl. Denn die wunderbar zweckvolle Gestaltung und Einrichtung dieses Kosmos, welcher ja nach der Offenbarung der Bibel und ebenso nach der natürlichen Einsicht augenscheinlich darauf zugeschnitten ist, dem „Nutzen“ des Menschengeschlechtes zu dienen, läßt die Arbeit weitere Ausbreitung der Kirche „unius Dei opus“ sei.)73 Aber allerdings entstammen sie offensichtlich jenem durch die puritanische Ethik sich hinziehenden Vorstellungskreis, wonach man der Nächstenliebem Genüge leistet, wenn man Gottes Gebote zu dessen Ruhme erfüllt. Damit ist | auch dem Nächsten gegeben, was ihm gebührt, und BS, C 101 das weitere ist nun Gottes eigene Angelegenheit. – Die „Menschlichkeit“ der Beziehungen zum „Nächsten“ ist sozusagen abgestorben. Das äußert sich in den verschiedensten Verhältnissen. So etwa, – um noch ein solches Rudiment jener Lebensluft anzuführen, – auf dem Gebiet der in gewisser Beziehung mit Recht berühmten reformierten charitas: Die Amsterdamer Waisen, mit ihren noch nim 20. Jahrhundertn senkrecht in eine schwarze und rote, oder rote und grüne Hälfte gespaltenen Röcken und Hosen – einer Art Narrenkleidung74 – angetan und in Parade zur Kirche geführt, waren für die Empfindung der Vergangenheit sicher ein höchst erbauliches Schauspiel, und sie dienten in eben demo Grade zum pRuhme Gottesp, als alle persönlich„menschliche“ Empfindung dabei sich hätte beleidigt fühlen müssen. Und so – wir werden das noch sehen75 – bis in alle Einzelheiten der privaten Berufstätigkeitq. – Natürlich bezeichnet das alles nur eine Tendenzr, und wir werden | später selbst bestimmte A, A1 17 Einschränkungen zu machen haben.76 Aber als eine – und zwar sehr wichtige – Tendenzs dieser asketischen Religiosität mußte sie hier festgestellt werden. |

h–h A: sachlich-unpersönlichen  In A1 nicht hervorgehoben.   i A, A1, BS: an,   k A: rationalen  l A: Kosmos  m A: „Nächstenliebe“  n–n A: jetzt  o A, A1: den  p–p A: „Ruhme Gottes“  q A: „Berufstätigkeit“  r A: „Tendenz“  In A1 nicht hervorgehoben.   s A: „Tendenz“ 73  Warneck, Missionen, S.  19, zitiert Calvin (dort ohne bibliographischen Nachweis): „Docemur, non hominum industria vel promoveri vel fulciri Christi regnum, sed hoc unius Dei esse opus, quia ad solam eius benedictionem confugere docentur fideles.“ Gustav Warneck folgert daraus, es bedürfe nach Calvin keiner „besonderen Veranstal­ tung zur Ausbreitung des Christentums, d. h. der Mission“ (ebd.). Das Zitat entstammt Calvins Auslegung zu Ps 118, 25 f. (Commentarii in librum psalmorum pars posterior: Ps XCI ad CL; CR 60, Sp.  213). 74  Vgl. Webers Schilderung der Gottesdienste in der Oude und der Nieuwe Kerk in Amsterdam im Brief an Marianne Weber vom 14. Juni 1903, MWG II/4, S.  101–104, hier S.  102: „Auf den Estraden die Waisenkinder in mächtigen Schaaren u. in unendlich bunten u. in ihrer Art malerischen, nur etwas verdrehten Costümen: die Jungen (auch große von 11 Jahren) Röcke, die rechts knallroth, links schwarz sind, ähnlich die Mäd­ chen – es ist doch eine Art Narrentracht!“ 75  Siehe den gesamten 2. Abschnitt, unten, S.  411–492. 76  Auf Einschränkungen kommt Weber in der „Protestantischen Ethik“ nicht mehr zu sprechen.

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im Dienst dieses unpersönlichena gesellschaftlichen Nutzens als Gottes Ruhm fördernd und also gottgewollt erkennen. bDie völlige Ausschaltung des Theodizeeproblems und aller jener Fragen nach dem „Sinn“ der Welt und des Lebens, an welcher sich andere zerrieben, verstand sich für den Puritaner ganz von selbst wie – aus ganz andern Gründen – für den Juden. Und übrigens in gewissem Sinn für die nichtmystische christliche Religiosität überhaupt. Zu dieser Kräfteökonomie trat beim Calvinismus noch ein weiterer in gleicher Richtung wirkender Zug hinzu.b cDer Zwiespalt zwischen dem „Einzelnen“ und der „Ethik“ (in Sören Kierkegaards Sinn)77 existierted für den Calvinismus nicht, obwohl er den Einzelnen in religiösen Dingen ganz auf sich selbst stelltee. Die Gründe dafür undc die Bedeutung dieser Gesichtspunkte für den politischen und ökonomischen Rationalismus des Calvinismus zu analysieren fist hier nicht der Ort. Dief Quelle des utilitarischen Charakters der calvinistischen Ethik liegt daring, und ebenso gingen wichtige Eigentümlichkeiten hder calvi|nistischen Berufskonzeptionh daraus hervor121) i. – Hier kehren wir aber zunächst noch einmal zur Betrachtung speziell der Prädestinationslehre zurück. k 121)  In all diesen Hinsichten ganz anders steht die prädestinatianisch determinierte Ethik von Port Royal infolge ihrer mystischen und außerweltlichen, insoweit also: katholischen, Orientiertheit (s. Honigsheim a. a. O.).k 78

a  Fehlt in A.   b–b  Fehlt in A, A1.  c–c A: Wir werden späterhin  d A1: existiert  e A1: stellt  f A: haben: die  g A: hier  h–h A, A1: des calvinistischen Berufsbegriffes  i  Index fehlt in A, A1.  k–k  Fehlt in A, A1.   77  Nach Søren Kierkegaard kann der „Einzelne“ der ethischen Forderung (im ethi­ schen Stadium) niemals voll genügen und wird deshalb schuldig. Die Aufhebung sei­ ner Schuld gelingt nur im religiösen Stadium (Existenzweise oder Lebensform), d. h. durch den „Sprung“ in den Glauben. 78  Vgl. Honigsheim, Jansenismus (von Weber zuerst zitiert oben, S.  233, Fn.  63), bes. das Kapitel „Beruf“, S.  139–155: Die Jansenisten Port Royals, bei denen die Kontem­ plation eine große Rolle spielt, bevorzugen das „klösterliche“ Leben. Die Berufung, die nur an wenige einzelne ergehe, beziehe sich – so Honigsheim – auf ein Leben der zur Seligkeit Prädestinierten und nicht auf die Berufsarbeit. Ihre Berufsethik sei eine „eso­ terische“ (wie im mittelalterlichen und nachtridentinischen Katholizismus) und keine „universelle“ (wie im Luthertum), d. h. nicht für alle verbindlich. Die jansenistische Prä­ destination habe also „keinerlei soziologische Bedeutung“ (ebd., S.   143 f., Zitate S.  143).

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Denn das für uns entscheidende Problem ist erst: wie wurde diese Lehre ertragen122) in einer Zeit, welcher das Jenseits | nicht | 122)  Hundeshagen (Beitr[äge] z[ur] Kirchenverfassungsgesch[ichte] u. Kirchenpolitik 1864 I S.  37)79 vertritt den – seitdem oft wiederholten – Standpunkt, daß das Prädestinationsdogmal Theologenlehre, nicht Volkslehre gewesen sei. Das ist doch nur richtig, wenn man den Begriff „Volk“ mit der Masse der bildungslosen unteren Schichten identifiziert. mUnd selbst da trifft es nur höchst begrenzt zu. Köhler (a. a. O.) fand in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts gerade die „Massen“ (gemeint ist: das Kleinbürgertum in Holland) streng prädestinatianisch gesonnen; jeder, der das doppelte Dekret leugnete, war ihnen ein Ketzer und Verworfener.80 Er selbst wurde nach dem Zeitpunkt seiner (prädestinatianisch gefaßtenn) Wiedergeburt gefragt.81 Da Costa und die de Kocksche Separation waren dadurch mitbedingt.m 82 Nicht nur Cromwell,o – an dem schon Zeller (Das theologische System Zwinglis S.  17)83 als an einem Paradigmap die Wirkung des Dogmas exemplifiziert hatte, – sondern auch seine Heiligenq wußten aller sehr wohl,84 um was es sich handelte, und die Canones der Synoden von Dor-

l  In A folgt: stets    m–m  Fehlt in A, A1.    n BS: gefußten BS1: gefaßten    o Kom­ ma fehlt in A, A1.  p A, A1, BS: Pardigma  q A: „Heiligen“  r Fehlt in A; A1: aber   79  Hundeshagen, Beiträge I, S.  37, stützt seine Ansicht darauf, daß in den reformier­ ten Bekenntnisschriften mit Ausnahme jener, die unmittelbar von Calvin beeinflußt sei­ en, „die aktive Beziehung der göttlichen Prädestination auf die Ungläubigen“ nicht thematisiert werde, insbesondere nicht im Heidelberger Katechismus (1563), der welt­ weit in den reformierten Kirchen verbreitet sei. – Eine andere Erklärung gibt Hundes­ hagen, ebd., S.  49 f., Anm.  1, worauf sich Weber im folgenden Satz bezieht. Dort setzt sich Karl Bernhard Hundeshagen mit Eduard Zeller (vgl. unten, Anm.  83) auseinander und statuiert einen Unterschied zwischen den großen Theologen und Vorbildern des reformierten Glaubens auf der einen, „der breiten Basis der Menschheit“ (S.  50) auf der anderen Seite. Jene könnten aufgrund ihres starken Charakters anders als diese am Prädestinationsdogma einen religiösen Anhalt finden, weshalb die Prädestina­ tionslehre in der reformierten Theologie erhalten geblieben sei. 80  Vgl. Köhler, Niederländische Kirche (von Weber zitiert oben, S.  264, Fn.  91), S.  111. 81  Vgl. Köhler, ebd., S.  115. 82  Isaac da Costa war einer der Protagonisten des niederländischen, literarisch-ro­ mantischen und zugleich biblisch-christlichen „réveil“ (Erneuerungsbewegung). Aus der Einwirkung des réveils auf kirchliche Kreise, etwa Hendrik de Cock, ging die „Af­ scheiding“ – in Form einzelner, sich von der Hervormde Kerk (niederländische Refor­ mierte Kirche) seit 1834 abspaltender Gemeinden – hervor. Die orthodoxe, an der Dordrechter Synode orientierte de Cocksche Separation skizziert Köhler, ebd., S.  82– 85. 83  Zeller, System Zwingli’s, S.  17 f., mit besonderem Bezug auf Cromwell, ebd., S.  18, Anm.  1 (referiert auch bei Hundeshagen, Beiträge I, S.  49 f., Anm.  1). 84  Die „Heiligen“ („Saints“) Cromwells, d. h. seine frommen Puritaner-Anhänger, aus denen sich seine New Model Army (seit 1645; bald überwiegend Independents, vgl. Firth, Cromwell’s Army (von Weber zitiert unten, S.  327, Fn.  167), p.  319) und aus deren Armeerat sich 1653 das sog. „Parlament der Heiligen“ (auch: Barebone’s Parliament) rekrutierte.

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nur wichtiger, sondern in vieler Hinsicht auch sicherer war, als alle drecht und Westminster über die Lehre waren nationale Angelegenheit großen Stils.85 sCromwells tryers und ejectors ließen nur Prädestinatianer zu,86 und Baxter (Life I p.  72) beurteilt, obwohl sonst Gegner, ihre Wirkung auf die Qualität des Klerus als erheblich.s 87 Daß die reformierten Pietisten, die Teilnehmer der englischen und holländischen Konventikel, über die Lehre im Unklaren gewesen wären, ist ganz ausgeschlossen; eben sie war es ja, die sie zusammentrieb, um die certitudo salutis zu suchen. Was die Prädestination bedeutete resp. nicht bedeutete, wot sie Theologenlehreu war, kann der vkirchlich korrektev Katholizismus, dem sie ja als esoterische Lehre und in schwankender Form keineswegs fremd geblieben ist, zeigen. (Das Entscheidende war dabeia, daß die Ansicht: der Einzelne habe sich für erwählt zu halten und zu bewähren, stets verworfen wurde. Vgl. die katholische Lehre z. B. bei Ad[rian] van Wyck, Trac­ t[atus] de praedestinatione Cöln 1708.88 bInwieweit Pascals Prädestinationsglaube s–s  Fehlt in A.   t  A, A1: wo  u  In A, A1 nicht hervorgehoben.   v–v  Fehlt in A.   a  A, A1: freilich  b–b (S.  297)  Fehlt in A.   85  Vgl. oben, S.  268 f. 86  Die aus Laien und Klerikern zusammengesetzte Untersuchungskommission von 38 „triers“ und die „ejectors“ wurden bei der Neuordnung des Kirchenwesens unter Cromwell 1654 in England und Wales eingeführt. Sie überprüften die religiöse und moralische Eignung von Bewerbern für den Predigt- oder Schuldienst und entfernten Anstoß erregende Prediger oder Lehrer aus ihren Ämtern. Ausführlich bei Neal, Puri­ tans IV, p.  93 ff. (von Weber allerdings nur unten, S.  327, Fn.  166, zitiert); Gardiner, Commonwealth II, p.  320–323. Tayler, Retrospect, p.  209, charakterisiert die „triers“ and „ejectors“ als „strongly Calvinistic“, was sich auf ihre Auswahl der Kandidaten niederschlug. An erster Stelle ihrer Beurteilung stand stets, ob diese „the grace of God“ in sich hatten (Neal, ebd., p.  93 u. ö.); nach John Goodwin hatten sie ihre eige­ nen „narrow Calvinian sentiments“ (Neal, ebd., p.  96), und Richard Baxter beobachtet, daß die sich aus überwiegend Presbyterianern, einigen Independenten und zwei oder drei Baptisten zusammensetzenden „triers“ teilweise zu streng mit „Arminians“ verfuh­ ren (vgl. Neal, ebd., p.  98 f.). 87  Vgl. Baxter, Life I, p.  72 (die Zusammenfassung lautet: „[…] they did abundance of good to the church […]“); mit vollständigem Zitat und bibliographischer Angabe auch bei Neal, Puritans IV, p.  98 f. 88  Die Aussage Webers entspricht dem Dekret über die Rechtfertigung der 6. Sessio (13. Januar 1547) des Konzils von Trient (1545–1563), in dem die Anmaßung, mit Sicherheit zu behaupten, zu den Prädestinierten zu gehören (cap.   12; can.   15 [DH 1540; 1565]), verworfen wird. „Nemo, quamdiu in hac mortalitate vivitur .  .  . certo statuat, se omnio esse in numero praedestinatorum; .  .  . nam, nisi ex speciali revelatio­ ne, scire non potest, quos Deus sibi elegerit“. Zit. nach: Müller, E. F. Karl, Art. Prädesti­ nation. II. Kirchenlehre, in: RE3, 15.  Band, 1904, S.  586–602, hier S.  597. Nach Müller bleibt die katholische Prädestinationslehre „grundsätzlich unentschieden“ (ebd.). We­ ber bezieht sich bei Adrian van Wyck, De Praedestinatione (nachweisbar ist nur der Druck Köln 1706), möglicherweise besonders auf die Erörterung des Satzes (p.  63–65) „De illo : si non es praedestinatus, fac ut praedestineris“ (S.  63; fälschlich, auch nach Meinung van Wycks, Augustinus zugeschrieben; vgl. auch unten, S.  315, Fn.  149). Van Wyck lehnt die direkte Aussage des Satzes im Sinne des Tridentinum ab. – Der Satz S.  63 ist im Exemplar der UB Heidelberg mit einem lilafarbenen Stift markiert. Auch Weber benutzte einen solchen Stift.

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korrekt war,89 ist hier nicht zu untersuchen.b) – H[undeshagen], dem die Lehre unsympathisch ist, schöpft seine Eindrücke offenbar vorwiegend aus deutschen Zuständen. Jene seine Antipathie hat ihren Grund in der rein deduktiv | gewonnenen Meinung, sie A, A1 18 müsse zum sittlichen Fatalismus und Antinomismus führen.90 Diese Meinung hat schon Zeller a. a. O. widerlegt.91 Daß eine solche Wendung möglich war, ist andererseits nicht zu leugnen, Melanchthon wie Wesley sprechen von ihr: aber es ist charakteristisch, daß in beidenc Fällen es sich um eine Kombination mit der gefühlsmäßigen „Glaubens“Religiosität handelte. Für diese, welcher der rationale Bewährungsgedanke fehlte, lag diese Folged in der Tat im Wesen der Sache. – eIm Islam sind diese fatalistischen Kon­ sequenzen eingetreten. Aber weshalb? Weil die islamische Vorherbestimmung präde­ terministisch,92 nicht prädestinatianisch, auf die Schicksale im Diesseits, nicht auf das jenseitige Heil bezogen war, weil infolgedessen das ethisch Entscheidende: die „Bewährung“ als Prädestinierter, im Islam keine Rolle spielte, also nur die kriegerische Furchtlosigkeit (wie bei der „Moira“),93 nicht aber lebens|methodische Konsequenzen daraus BS, C 103 folgen konnten, für die ja die religiöse „Prämie“ fehlte. S[iehe] die (Heidelberger) theol[ogische] Diss[ertation] von F[riedrich] Ulrichf, Die Vorherbest[immungs-] L[ehre] im Isl[am] und Chr[istentum], 1912).f 94 –e Die Abschwächungeng der Lehre, welche die Praxis – z. B. Baxter – brachte, traten ihrem Wesen so lange nicht zu nahe, als der Gedanke des auf das konkrete Einzelindividuum bezüglichen Erwählungsentschlusses Gottes und dessen Erprobung nicht berührt wurde. – Vor allem sind endlich aber doch alle großen Gestalten des Puritanismus (im weitesten Sinne des Wortes) von c A: beiden  d A, A1: Anschauung  e–e Fehlt in A, A1.  f BS, C: Ullrich g A: Abschwächungen   89  Vgl. dazu oben, S.  282 f., Fn.  109 mit Anm.  36. 90  Vgl. Hundeshagen, Beiträge I, S.  49 f., Anm.  1. 91  Vgl. Zeller, System Zwingli’s, S.  18 f.: „Die wesentliche religiöse Bedeutung dieser Lehre […] liegt nicht in der Überzeugung von der Unbedingtheit des göttlichen Wir­ kens als solchen, sondern in dem Glauben an seine Unbedingtheit in seiner Richtung auf dieses bestimmte Subjekt, in jener persönlichen Gewißheit der Erwählung […], und eben darauf beruht es auch, daß die theoretisch ganz richtigen Konsequenzen des Prädestinatianismus in Beziehung auf die Nutzlosigkeit und Gleichgültigkeit des eigenen Thuns den Reformirten nicht blos nicht stören, sondern gar nicht für ihn vor­ handen sind. […] die Erwählung ist hier nur die Unterlage für das praktische Verhalten des Frommen, der Mensch verzichtet nur desshalb im Dogma auf die Kraft und Frei­ heit seines Willens, um sie für das wirkliche Leben und Handeln von der Gottheit, an die er sich ihrer entäußert hat, als eine absolute, als die Kraft des göttlichen Geistes, als die unerschütterliche Selbstgewißheit des Erwählten zurückzuerhalten.“ (Zitiert auch bei Hundeshagen, Beiträge I, S.  49, Anm.  1.) 92 „Prädeterminismus“ definiert Ulrich, Vorherbestimmungslehre (zitiert in Webers Fn., oben), als eine radikal diesseitig bezogene, fatalistische „Abhängigkeit von Gott und Bestimmung des Einzelnen durch den absoluten göttlichen Willen“ oder „Unterwerfung unter Gott im Islam“, worin er sich von der auf die jenseitige Erlösung bezo­ gene christliche Prädestinationslehre unterscheidet (ebd., Zitate S.  130). 93  „Moira“ ist die (unpersönlich gedachte) Schicksalsgöttin (griech. Μοῖρα, „Anteil“, „Los“, „Schicksal“), die „Irrationalität des ‚Schicksals‘“ oder „der Gedanke eines unbe­ stimmt deterministisch gedachten ,Verhängnisses‘“, das den menschlichen Helden Ruhm oder Tod zuteil werden läßt. Weber, Einleitung, MWG I/19, Zitate S.  105. 94  Vgl. Ulrich, Vorherbestimmungslehre, bes. S.  129–132.

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Interessen des diesseitigen Lebens123). Die eine Frage mußte ja alsbald für jeden einzelnen Gläubigen entstehen und alle anderen Interessen in den Hintergrund drängen: Bin ich denn erwählt? Und wie kann ich dieser Erwählung sicher werden124)? – Für Calvin selbst war dies kein Problem. Er fühlte sich als „Rüstzeug“1 und war seines Gnadenstandes sicher. Demgemäß hat er auf die Frage, wodurch der einzelne seiner eigenen Erwählung gewiß werden könne, im Grunde genommen nur die Antwort:h daß wir uns an der Kenntnis des Beschlusses Gottes und an dem durch den wahren Glauben bewirkten beharrlichen Zutrauen auf Christus genügeni lassen sollen.2 Er verwirft prinzipiell die Annahme:j man könne bei anderen aus ihrem Verhalten erkennen,3 ob sie erwählt oder verdieser Lehre, deren finsterer Ernst ihre Jugendentwicklung beeinflußte, ausgegangen: Milton ebenso wie k– in freilich zunehmend sich abschwächendem Maße –k Baxter und noch lder später sehr freidenkendel Franklin.4 Ihre spätere Emanzipation von ihrer strikten Interpretation entspricht im einzelnen ganz der Entwicklung, welche min gleicher Richtung auchm die religiöse Bewegung als Ganzes durchmachte. nAlle großen kirchlichen Revivals mindestens in Holland und die meisten auch in England knüpften aber stets wieder gerade an sie an.n 5 123)  Wie dies wiederum in so überwältigender Weise noch in Bunyans: The Pilgrim’s progress die Grundstimmung bildet. 124) Diese Frage schon lag dem Lutheraner der Epigonenzeit o, auch abgesehen vom Prädestinationsdogma,o ferner als dem Calvinisten, nicht weil er sich weniger für sein Seelenheil interessiert hätte, sondern weil bei der Entwicklung, die das lutherische Kirchentum genommen hatte, der Heilsanstaltscharakter der Kirche in den Vordergrund trat, der einzelne alsop sich als Objekt ihrer Tätigkeit qund in ihr geborgenq fühlte. Erst der Pietismus erweckte – charakteristischerweise – auch im Luthertum das Problem. rDie Frage der certitudo salutis selbst aber war für jegliche nicht sakramentale Erlöh A, A1: Antwort,  i A, A1: begnügen  j A, A1: Annahme,  k–k Fehlt in A, A1.  l–l  Fehlt in A, A1.  m–m  Fehlt in A.   n–n  Fehlt in A, A1.  o–o  Fehlt in A; Kommata fehlen in A1.  p  Fehlt in A.   q–q  Fehlt in A.   r–r  (S.  299)  Fehlt in A, A1.   1  Nach Apg 9,15; vgl. auch das Glossar, unten, S.  618. 2  Nach Scheibe, Calvins Prädestinationslehre, S.  9, war das Ziel der 1. Auflage von Calvin, Institutio (1536), die Unverlierbarkeit des Heils zu zeigen: „Die Gewißheit dar­ über jedoch, daß man erwählt sei, erlangt man nicht dadurch, daß man in den göttli­ chen Ratschluß einzudringen und zu ergründen sucht, wer erwählt und wer verworfen sei – das ist vielmehr ein gefährliches und vergebliches Beginnen –, sondern durch die gläubige Aufnahme Christi und seiner Botschaft und durch die Gemeinschaft mit ihm.“ Auch in der 3. Auflage der „Institutio“ (1559), vgl. Scheibe, ebd., S.  60–62. 3  Vgl. Scheibe, ebd., S.  8 und 30. 4  Zu Miltons Prädestinationslehre vgl. oben, S.  272 f., Fn.  96 mit Anm.  84; zu Baxter vgl. etwa Webers Bemerkung, unten, S.  411–413 mit Fn.  280; zu Franklins religiöser Erziehung vgl. oben, S.  160 mit Anm.  50. 5  Wie oben, S.  268 mit Anm.  62.

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worfen seien, als einen vermessenen Versuch, in die Geheimnisse Gottes einzudringen.6 Die Erwählten unterscheiden sich in diesem Leben äußerlich in nichts von den Verworfenen125), und | auch alle subjektiven Er|fahrungen der Erwählten sind – als „ludibria spiritus sancti“ – auch bei den Verworfenen möglich, mit einziger Ausnahme jenes „finaliter“ beharrenden gläubigen Vertrauens.7 Die Erwählten sind und bleiben also Gottes unsichtbare Kirche. Anders ganz naturgemäß die Epigonen – schon Beza8 – und vor allem die breite Schicht der Alltagsmenschen. Für sie mußte die „certitudo salutis“ im Sinn der Erkennbarkeit des Gnadenstandes zu absolut überragender Bedeutung aufsteigen126),s und so ist denn auch über-

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sungsreligion – mochte sie Buddhismus, Jainismus oder was immer sein – schlechthin zentral;9 das möge man nicht verkennen. Hier entsprangen alle psychologischen Antriebe rein religiösen Charakters.r 125)  So ausdrücklich in dem Brief an Bucer , Corp[us] Ref[ormatorum] 29, 883 f. Vgl. [] dazu wiederum Scheibe a. a. O. S.  30.10 | t 126)  Die Westminster Confession stellt denn auch (XVIII, 2)11 den Erwählten die A, A 19, 1 untrügliche Gnadengewißheit in Aussicht, obwohl wir mit allem unserm Tun „unnütze BS, C 104 s  Index fehlt in A, A1; Komma fehlt in BS, C.   t–t (S.  300)  Fehlt in A, A1.   6  Vgl. Scheibe, Calvins Prädestinationslehre, S.  58 (bei Calvin, Inst. III,21,1 u. ö.). 7  Fast wörtlich nach Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, S.  53: „Bekannt­ lich setzt Calvin alle subjektiven Erfahrungen und Gefühle eines Wiedergebornen und Erwählten auch im Verworfenen als möglich, so daß sie sich unter Umständen durch ein gewisses ludibrium [Spiel, Ed.] spiritus sancti […] für Erwählte halten können. Hie­ nach kann die Unmittelbarkeit der innern Erfahrung […] nie ein sicheres Merkmal da­ von sein, daß ich ein Erwählter, somit wahrhaft Glaubiger [sic] sei, da ich möglicher­ weise in meiner Glaubensstimmung und Glaubensbethätigung nicht beharre, sondern weiter nichts als einen Zeitglauben habe. Ich bin ein Erwählter, meine Gnadenempfin­ dungen sind Wahrheit, mein Glaube ist der ächte, wenn ich finaliter beharre.“ 8  Zu Theodor Bezas Prädestinationsverständnis vgl. unten, S.  309, Fn.  138. 9  Zum Jainismus oder den Jaina vgl. oben, S.  143 mit Anm.  78; zur Frage der Heilsge­ wißheit (certitudo salutis) im Buddhismus vgl. Webers Ausführungen in ders., Hinduis­ mus, MWG I/20, S.  353–355, und im Jainismus ebd., S.  327 f. 10  Es handelt sich nicht um einen Brief Calvins an Martin Bucer. Weber entnimmt den Hinweis auf CR 29, Sp.  883 ff. (gemeint: Sp.  883–885): Scheibe, Calvins Prädestinati­ onslehre, S.  30 f., Anm.  1. Scheibe zitiert dort eine Stelle aus der 2. Auflage von Calvin, Institutio (1539), Kap.  14, VIII („De praedestinatione et providentia Dei“) (= CR 29, Sp.  883–885). Calvin, so Scheibe, hebe dort die „gleiche Unwürdigkeit und Verderbt­ heit aller“ scharf hervor. Damit vertrete er eine andere Auffassung als Bucer, „wonach die electi bereits vor ihrer Berufung vermöge eines in ihnen keimenden semen electio­ nis sich zur Furcht Gottes hingezogen fühlten“ (Scheibe verweist dazu auf zwei Stellen aus exegetischen Werken Bucers; der Bezug auf Bucer findet sich nicht bei Calvin, ebd.). 11 Westminster Confession, Chap. XVIII, [Nr.] 2, bei Müller, E. F. Karl, Bekenntnis­ schriften, S.   579; in der Übersetzung von Sack, Kirche von Schottland II, S.   94

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all da, wo die Prädestinationslehre festgehalten wurde, die Frage nicht ausgeblieben, ob es sichere Merkmale gebe, an denen man die Zugehörigkeit zu den „electi“ erkennen könne. Nicht nur in der Entwicklung des auf dem Boden der reformierten Kirche zuerst erwachsenen Pietismus hat diese Frage dauernd eine zentrale Bedeutung gehabt, ist in gewissem Sinne für ihn zeitweisea geradezu konstitutiv gewesen, sondern wir werdenb, wenn wir die politisch und sozial so weittragende Bedeutung der reformierten Abendmahlslehre und Abendmahlspraxis betrachten, noch davon zu reden haben,12 welche Rolle auch außerhalb des Pietismus die Feststellbarkeit des Gnadenstandes des einzelnen z. B. für die Frage seiner Zulassung zum Abendmahl, d. h. zu der zentralen, für die soziale Stellung der Teilnehmer entscheidenden Kulthandlung, während des ganzen 17. Jahrhunderts gespielt hat. Es war zum mindesten, soweit die Frage des eigenen Gnadenstandes auftauchte, unmöglich, bei Calvins von der orthodoxen Doktrin wenigstens im Prinzip nie förmlich aufgegebener127) VerKnechte“ bleiben (XVI, 5c)13 und der Kampf gegen das Böse lebenslang dauert (XVIII, 3).14 Nur hat auch der Erwählte oft lange zu ringen, um die certitudo zu erlangen, die das Bewußtsein der Pflichterfüllung ihm gibt, deren der Gläubige nie völlig beraubt sein wird.t 127) S[iehe] z.  B. Olevian, De substantia foederis gratuiti inter Deum et electos (1585) 257.15 – Heidegger, Corpus Theologiae XXIV, 87 f. und andere Stellen bei Hep­ pe, Dogmatik der ev[angelisch-]ref[ormirten] Kirche (1861) p.  425.16 a  Fehlt in A.   b  In A folgt: später  c BS, C: 2  t  (S.  299)–t  Fehlt in A, A1. (18. Kapitel „Von der Versicherung der Gnade und Seligkeit“): „Diese Gewißheit ist nicht eine Ueberzeugung der Vermuthung und der Wahrscheinlichkeit […]; sondern eine untrügliche Versicherung des Glaubens, gegründet auf die göttliche Wahrheit der Verheißung der Seligkeit, die innerliche Gewißheit der ewigen Gnaden […].“ 12  Siehe Weber, Sekten, unten, bes. S.  517 ff. 13  Chap. XVI, [Nr.] 5, bei Müller, E. F. Karl, Bekenntnisschriften, S.  575 f. Das Zitat in der Übersetzung von Sack, Kirche von Schottland II, S.  91 (16. Kapitel „Von den guten Werken“). 14  Chap. XVIII, [Nr.] 3, bei Müller, ebd., S.  579; Sack, ebd., S.  95: „Diese untrügliche Versicherung gehört nicht so zu dem Wesen des Glaubens, daß nicht ein wahrer Gläu­ biger lange warten könnte und zu kämpfen hätte mit manchen Schwierigkeiten, ehe er derselben theilhaftig würde […].“ Das Folgende ebd. 15  Olevian, De substantia foederis II, p.  257. Bei Caspar Olevian gehört die certitudo salutis zu den wesentlichsten Eigenschaften des Glaubensbewußtseins: „Porro hinc primum videmus, quanta sit fidei certitudo, quae est velut essentialis eius proprietas. […].“ Zitiert bei Heppe, Dogmatik, S.  424 f. 16 Zitate aus Johann Heinrich Heidegger, Corpus Theologiae Christianae, Locus XXIV, 87–90 und 94 (bei Heidegger, ebd., p.  416–419), bei Heppe, Dogmatik, S.  425.

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weisung auf das Selbstzeugnis des beharrenden Glaubens, den die Gnade im Menschen wirkt, stehenzubleiben128). Vor allem | die Praxis der Seelsorge, welche auf Schritt und Tritt mit den durch die Lehre geschaffenen Qualen zu tun hatte, konnte es nicht. Sie fand sich mit diesen Schwierigkeiten in verschiedener Art ab129). Soweit dabei nicht die Gnadenwahl uminterpretiert, gemildert und im Grunde aufgegeben wurde130), treten namentlich zwei miteinander

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128)  Die genuine calvinistische Lehre verwies auf den Glauben und das Bewußtsein der Gemeinschaft mit Gott in den Sakramenten und erwähnte die „anderen Früchte des Geistes“ nur nebenher. S[iehe] die Stellen bei Heppe, Dogmatik d[er] ev[angelisch-] reform[irten] Kirche p.  425. Mit großem Nachdruck hat Calvin selbst die Werke, obwohl sie ihm, wie den Lutheranern, Früchte des Glaubens sind, als Merkmale der Geltung vor Gott abgelehnt (Instit[utio] III, 2, 37, 38).17 Die praktische Wendung zu der Bewährung des Glaubens in den Werken, welche eben die Askese charakterisiert, geht parallel mit der allmählichen Abwand|lungd der Lehre Calvins, wonach (wie bei Lu- BS, C 105 ther) in erster Linie reine Lehre und Sakramente die wahre Kirche kennzeichnen, zur | Gleichstellung der „disciplina“ als Merkmale mit jenen beiden.18 Diese Entwicklung A, A1 20 mag man etwa in den Stellen bei Heppe a. a. O. p.  f494/495f verfolgen, ebenso auch in der Art, wie schon Ende des 16. Jahrh[undert]s in den Niederlanden die Gemeindemitgliedschaft erworben wurde (ausdrückliche vertragsmäßige Unterwerfung unter die Disziplin als zentrale Bedingung).19 129)  S[iehe] darüber u. a. die Bemerkungen Schneckenburgers a. a. O. S.  48.20 130)  So tritt bei Baxter z. B. der Unterschied zwischen „mortal“ und „venial sin“ wieder – ganz in katholischer Art – hervor.21 Erstere ist Zeichen fehlenden bzw. nicht ak-

d  A, A1: Verwandlung  e  A, A1: Merkmals  f–f  A, A1, BS, C: 194/195   17  Nachdem Calvin, Inst. III,2,37, über die Glaubenszuversicht bei Anfechtungen ge­ handelt hat, heißt es Inst. III,2,38 (Übersetzung Otto Weber): „Sollten wir nun freilich aus unseren Werken entnehmen, wie der Herr gegen uns gesinnt sei, so würden wir es allerdings nicht einmal mit der leisesten Vermutung feststellen können!“ 18  Bei Calvin (Inst. IV,1,10) gibt es zwei Merkmale der wahren Kirche (notae eccle­ siae): „Symbola ecclesiae dignoscendae verbi praedicationem sacramentorumque observationem posuimus.“ Bei den von Heppe, Dogmatik, S.  494 f., zitierten reformier­ ten Dogmatikern des 16.–18. Jahrhunderts tritt zunehmend zur Lehre (doctrina) und zum stiftungsgemäßen Sakramentsgebrauch die Disziplin (disciplina) hinzu. 19  Vgl. unten, S.  393, Fn.  259. 20  Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, berichtet S.  48 über „zweierlei Er­ fahrungen“ der reformierten Seelsorge: 1. Gegenüber den Gewissenhaften, die um die Unzulänglichkeit ihres „studium obedientiae“ gegenüber der göttlichen Norm wüß­ ten, so daß sich keine „Freudigkeit der Zuversicht“ einstellen könne, verweise die See­ lenleitung darauf, „daß man doch das Verlangen, den Wunsch nach dem rechten Stu­ dium, der rechten Liebe habe“. 2. Die „Sitte der Tagebücher“ wende man bei jenen an, die sich mit „ihrem im Allgemeinen guten Willen“ selbst trösteten. 21  Vgl. Baxter, Christian Directory I, chap. VII. „Directions for the Government of the Passions“ (p.  274–301), Tit. 10 „Directions against sinful Despair (and Doubting)“, Direction 7: „Understand well the difference between mortal sins and Infirmities, that

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verknüpfte Typen seelsorgerischer Ratschläge als charakteristisch hervor. Es wird einerseits schlechthin zurg Pflicht gemacht, sich für erwählt zu halten, und jeden Zweifel als Anfechtung des Teufels abzuweisen131), da ja mangelnde Selbstgewißheit Folge unzulänglichen Glaubens, also unzulänglicher Wirkung der Gnade sei. Die Mahnung des Apostels zum „Festmachen“22 der eigenen Berufung wird also hier als Pflicht, im täglichen Kampf sich die sub­ jektive Gewißheit der eigenen Erwähltheit und Rechtfertigung zu erringen, gedeutet. An Stelle der demütigen Sünder, denen Luther, wenn sie in reuigem Glauben sich Gott anvertrauen, die Gnade verheißt, werden so jene selbstgewissen „Heiligen“ gezüchtet132) h, die wir in den stahlharten puritanischen Kaufleuten jenes heroischen Zeitalters des Kapitalismus und in einzelnen Exemplatuellen Gnadenstandes, und nur eine „conversion“ des ganzen Menschen kann alsdann die Gewähr seines Besitzes geben. Letztere ist mit dem Gnadenstand nicht unvereinbar. 131)  So – in mannigfacher Abschattierung – Baxter, Bailey, Sedgwick, Hoornbeek. S[iehe] ferner die Beispiele bei Schneckenburger a. a. O. S.  262.23 i 132)  Die Auffassung des „Gnadenstandes“ als einer Art von ständischer Qualität (so etwa wie die des Asketenstandes in der alten Kirche) findet sich oft, u. a. noch bei Schortinghuis (Het innige Christendom 1740, – von den Generalstaaten verboten!).i 24

g BS, C: zu  h  Index fehlt in A, A1.  i–i  Fehlt in A, A1.   you may not think that every sin is a sign of death or gracelesness [sic] […].“ Darin heißt es p.  299: „[…] yet the distinction between Mortal and Venial sin, is of very great necessity: that is, between sins which prove a man in a state of death, or unjustified, and sins which consist with a state of Grace and justification: between sins which the Gospel pardoneth not, and those which it pardoneth, that is, all that stand with true Repentance. […] It is of great use to the peace of our Consciences to discern the difference between these two, for one sort require a Conversion to another state, and the other require but a particular repentance […].“ 22  Weber bezieht sich auf 2 Petr 1,10 [1892]: „Darum, lieben Brüder, thut desto mehr Fleiß, euren Beruf und Erwählung fest zu machen; denn wo ihr solches thut, werdet ihr nicht straucheln.“ 23  Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, S.  262, faßt die Beispiele zusam­ men: „Kurz, es läuft am Ende Alles darauf hinaus, nie den Gedanken aufkommen zu lassen, daß man verworfen, sondern durch sein Verhalten immer wieder zu erproben, ob man nicht doch ein Erwählter sei, immer so zu leben, als ob man es wirklich sei, und zu dem Ende auch zu glauben, daß man es sei […].“ 24  Die Unterscheidung eines Standes der „Begnadigten“ und eines Standes der „Un­ begnadigten“ bei Willem Schortinghuis, Het innige Christendom, tritt sowohl in der Darstellung von Heppe, Pietismus, S.  428–459, als auch bei Ritschl, Pietismus I, S.  327–335, hervor. Beide schildern die Streitigkeiten zwischen Groninger Theologi­

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ren bis in die Gegenwart wiederfinden. Und andererseits wurde, um jene Selbstgewißheit zu erlangen, als hervorragendstes Mittel rastlose Berufsarbeit eingeschärft133). Sie und sie | allein verscheuche den religiösen Zweifel und gebe die Sicherheit des Gnadenstandes.

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133)  So – wie später zu erörtern sein wird25 – in zahllosen Stellen des Baxterschen Christian Directory und in dessen Schlußpassus.26 j– Diese Empfehlung der Berufsarbeit zur Ablenkung von der Angst vor der eignen sittlichen Minderwertigkeit erinnert an Pascals psychologische Interpretation des Geldtriebes und | der Berufsaskese als BS, C 106 zur Hinwegtäuschung über die eigne sittliche Nichtigkeit erfundener Mittel.27 Bei ihm ist ebenk der Prädestinationsglaube zusammen mit der Überzeugung von der erbsündlichenl Nichtigkeit alles Kreatürlichen ganz in den Dienst der Absage an die Welt und der Empfehlung der Kontemplation gestellt, als des einzigen Mittels der Entlastung vom Sündendruckm und der Erlangung der Heilsgewißheit.28 – Über die korrekt katholische und die jansenistische Ausprägung des Berufsbegriffs hat Dr. Paul Honigs­ heim in nseiner schon zitierten Dissertation (Teil einer größeren, hoffentlich fortgesetztenn Arbeit)29 eindringende Bemerkungen gemacht.o pEs fehlt bei den Jansenisten jede Spur einer Verknüpfung der Heilsgewißheit mit innerweltlichem Handeln. Ihre „Berufs“-Konzeption hat noch weit stärker als die lutherische und selbst die genuin katholische durchaus den Sinn eines Sich-Schickens in die gegebene Lebenslage, geboten nicht nur, wie im Katholizismus, durch die soziale Ordnung, sondern durch die eigene Stimme des Gewissens (Honigsheim a. a. O. S.  139 f.).p j  30 |

j–j  Fehlt in A.   k A1: aber  l A1: kreatürlichen > erbsündlichen  m A1: Sündengefühl  n–n A1: einer (Heidelberger) Dissertation (1913 〈)〉, Teil […] fortgesetzten,  o  In A1 folgt: 〈Hier lassen wir das bei Seite.〉  p–p  Fehlt in A1.   scher Fakultät, Classis (kirchenleitendes Gremium mehrerer Gemeinden) und Provin­ zialsynode um die Veröffentlichung des Werks wegen „mystischer“ Sätze, dessen erste und zweite Auflage 1740 und dritte Auflage 1742 erschienen. 1745 untersagten die Synode und die Stände von Overijssel (nicht die Generalstaaten) die weitere Verbrei­ tung der damals populären Schrift. Die um Zustimmung gebetenen Synoden von Gro­ ningen, Gelderland, Nordholland, Utrecht und Südholland wiesen diese Verurteilung im Jahr 1746 gleich zweimal zurück (vgl. Heppe, ebd., S.  455 f.). 25  Siehe unten, S.  421 ff. 26  Zum Schlußpassus von Baxter, Christian Directory IV, vgl. unten, S.  313 f., Fn.  144 mit Anm.  78. 27 Vgl. dazu die von Köster, Ethik Pascals (von Weber zuerst zitiert oben, S.  227, Fn.  58), S.  22–26, zusammengestellten Äußerungen Pascals; speziell zum Geldtrieb ebd., S.  24. 28  Dies läßt sich Köster, Ethik Pascals, entnehmen. 29 Weber zitiert Honigsheim, Jansenismus, oben, S.   233, Fn.   63; vgl. dort auch Anm.  36. 30  Honigsheim, Jansenismus, S.  139–155 (Kapitel „Beruf“), vergleicht hierzu die jan­ senistische, katholische, lutherische und calvinistische Berufsauffassung miteinander.

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Daß die weltliche Berufsarbeit zu dieser Leistung für fähig qgalt, – daß sie, sozusagen, als das geeignete Mittel zum Abreagieren der religiösen Angstaffekte behandelt werden konnte –q hat nun aber seinen Grund in tiefliegenden Eigentümlich|keiten des in der reformierten Kirche gepflegten religiösen Empfindens, welche in ihrem Gegensatz gegen das Luthertum am deutlichsten in der Lehre von der Natur des rechtfertigenden Glaubens zutage treten. Diese Unterschiede sind in Schneckenburgers schönem Vorlesungszyklusr so fein und mit einer solchen Zurückstellung aller Werturteile rein sachlich analysiert134) s,31 daß die nachfolgenden kurzen Bemerkungen im wesentlichen einfach an seine Darstellung anknüpfen können. Das höchste religiöse Erlebnis, welchem die lutherische Frömmigkeit, wie sie sich im Verlauf namentlich des 17. Jahrhunderts entwickelte, zustrebt, ist die „Unio mystica“ mit der Gottheit135). |

134) Ant seine Gesichtspunkte knüpft auch die sehr durchsichtig geschriebene Skizze Lobsteins in der Festgabe für H[einrich] Holtzmann an,32 die zum Folgenden ebenfalls zu vergleichen ist. Man hat ihr die zu scharfe Betonung des Leitmotives der „certitudo salutis“ vorgeworfen. Allein hier ist eben Calvins Theologie von dem Calvinismus und das theologische System von den Bedürfnissen der Seelsorge zu unterscheiden. Von der Frage „wie kann ich meiner Seligkeit gewiß werden“? gingen alle religiösen Bewegungen aus, welche breitere Schichten erfaßten. uSie spielt, wie gesagt,33 nicht nur in diesem Falle, sondern in der Religionsgeschichte überhaupt, z. B. auch in der indischen,34 eine zentrale Rolle. Und wie könnte es auch anders sein?u 135)  Es ist allerdings wohl nicht zu leugnen, daß die Vollentwicklung dieses Begriffes erst in spätlutherischer Zeit (Praetorius, Nicolai, Meisner) erfolgt ist. (Vorhanden ist er BS, C 107 auch bei Johannes Gerhard[,] und zwar ganz | in dem hier erörterten Sinne.)35 Ritschl

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q–q A: gilt,  r  In A folgt Index (für Fn.  134).   s  Index fehlt an dieser Stelle in A.   t  In A geht voraus: Um den Titel nochmals zu wiederholen: Vergleichende Darstellung des lutherischen und reformierten Lehrbegriffs, herausg. von Güder Stassfurt [lies: Stuttgart] 1855. –  u–u  Fehlt in A; A1: Sie spielt nicht nur in diesem Fall, […] eine zentrale Rolle.   31  Vgl. Matthias Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, II. 32  Gemeint ist: Lobstein, Evangelisches Lebensideal. 33  Siehe oben, S.  298 f. mit Fn.  124. 34  Die „certitudo salutis“ thematisiert Weber, Hinduismus, MWG I/20, explizit für die orthodoxen Veda-Schulen Samkhya und Vedanta, vgl. ebd., S.  284 f., die BhagavataReligiosität, ebd., S.  303, für den Jainismus und allgemein für die indischen Religio­ nen, ebd., S.  327 f., den Buddhismus, ebd., S.  334, 342 und 353–355, und für das „Bhakti“, ebd., S.  492–494. 35  Zum Begriff „unio mystica“ bei Stephan Praetorius, Philipp Nicolai und Balthasar Meisner vgl. Ritschl, Pietismus II, S.  12–32 (vgl. unten, S.  305, Anm.  37). Johann Ger­

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Wie schon die Bezeichnung, die in dieser Fassung | der reformierten Lehre unbekannt ist, andeutet, handelt es sich um ein substantielles Gottesgefühl:v die Empfindung eines realen Eingehens des Göttlichen in die gläubige Seele,36 welches qualitativ mit den Wirkungen der Kontemplation der deutschen Mystiker gleichartig ist, im vierten Buch seiner „Geschichte des Pietismus“ (Bd. II S.  3 f.)37 nimmt daher die Einführung dieses Begriffs in die lutherische Religiosität als Wiederaufleben bzw. Übernahme katholischer Frömmigkeit in Anspruch. Er bestreitet nicht (S.  10),a 38 daß das Problem der individuellen Heilsgewißheit bei Luther und den katholischen Mystikern das gleiche gewesen sei, glaubt aber, daß die Lösung auf beiden Seiten die gerade entgegengesetzte sei. Ich darf mir sicherlich kein eignes Urteil darüber zutrauen. Daß die Luft, welche in der „Freiheit eines Christenmenschen“ weht,39 eine andere ist, als einerseitsb das süßliche Tändeln mit dem „lieben Jesulein“ in der späteren Literatur, und andererseitsc auch als Taulers religiöse Stimmung, empfindet natürlich jeder. Und ebenso hat das Festhalten des mystisch-magischen Elementes in der lutherischen v  A, A1: Gottesgefühl,  a  Komma fehlt in A, A1.  b  Fehlt in A.   c  Fehlt in A.   hard kennt hierfür die „spiritualis unio“, „gratiosa Dei inhabitatio“ u. a., so Hoennicke, Studien (von Weber zitiert unten, S.  341, Fn.  190), S.  70–72. 36  Nach Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, §  11. „Die realen innern Po­ tenzen des christlichen Lebens. Lehre von der mystischen Inwohnung“, S.  182–225, hier bes. S.  184–188. – Die reformierte Lehre kenne die Bezeichnung nicht, weil sie wegen des „finitum non est capax infiniti“ (vgl. unten, S.  307 f. mit Anm.  46) keine es­ sentielle, sondern eine operative Inwohnung des Göttlichen im Menschlichen anneh­ me (S.  206), so auch Webers Argumentation nach Schneckenburger im Fortgang. Schneckenburger hebt aber zugleich hervor, daß „das mystische Verhältniss […] die stillschweigend vorausgesetzte Grundanschauung für alle Glaubenssprüche der [re­ formierten] Dogmatik“ sei. Dies zeige sich auch in der Bezeichnung der Kirche als „unio cum Christo“ oder „[Christus] mysticus“ (Zitate S.  194; vgl. auch das Calvin-Zi­ tat, oben, S.  288 f., Fn.  116 mit Anm.  58). 37 Das vierte Buch trägt die Überschrift: „Mystik in der lutherischen Kirche des 17. Jahrhunderts“, in: Ritschl, Pietismus II, S.  1–93. Im Kapitel über die „Herkunft der Lehre von der mystischen Vereinigung mit Christus in der jüngern lutherischen Theo­ logie“ (S.  3–32) stellt er dar, wie sich die bei Luther und in der Confessio Augustana (Art.  XVI) mit der Rechtfertigungslehre verbindende Lehre von der christlichen Voll­ kommenheit zunehmend von ersterer löse und sich mit der Rezeption mittelalterlicher mystischer Tradition auf den Begriff „unio mystica“ zubewege. 38  „Die Bereitwilligkeit der Lutheraner, auf die mittelaltrige Mystik einzugehen, ist im Ganzen daraus zu erklären, daß das Problem der individuellen Heilsgewißheit in der Mystik wie bei dem Reformator Luther dasselbe ist. […] Die Mystik stützt sich ebenso bestimmt auf die Gnade Gottes, wie es das Lutherthum thut, und die Verneinung des eigenen Willens, welche die Mystik vorschreibt, ist wörtlich im Einklang mit dem luthe­ rischen Lehrsatze von der Unfreiheit des Willens. Aber der Sinn dieser Combination ist auf beiden Seiten verschieden“, so Ritschl, Pietismus II, S.  10, wobei beide in der „Anschauung der christlichen Freiheit“ gipfelten. 39 Zu Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen, vgl. oben, S.  228–230 mit Fn.  59.

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und durch seinen passiven, auf die Erfüllung der Sehnsucht nach Ruhe in Gott ausgerichteten Charakter und seine rein stimmungsmäßige Innerlichkeit gekennzeichnet ist. dNun ist an sich einee mystisch gewendete Religiosität nicht nur, – wie aus der Geschichte der Philosophie bekannt, – mit ausgeprägtf realistischem Wirklichkeitssinn gauf dem Gebietg des empirisch Gegebenen sehr gut vereinbar, ja, zufolge der Ablehnung dialektischer Doktrinenh oft seine direkte iStütze. Sonderni ebenso kann die Mystik auch indirekt der | rationalen Lebensführungj geradezu zugute kommen. Immerhin mangelt ihrer Beziehung zur Welt naturgemäß die posiAbendmahlslehre40 gewiß andere religiöse Motive als jene „bernhardinische“ Frömmigkeit – die „Hohe-Lied-Stimmung“ –[,] auf welche Ritschl immer wieder als Quelle der Züchtung des „bräutlichen“ Verkehrs mit Christus zurückgreift.41 Aber sollte nicht dennoch u. a. auch jene Abendmahlslehre das Wiedererwachen mystischer Stimmungsreligiosität mitbegünstigtk haben? l– Es ist ferner, um dies gleich hier zu bemerken,l keinesfalls zutreffend, daß (S.  11 a. a. O.)42 die Freiheit des Mystikers schlechthin in der

d–d (S.  307) Fehlt in A.  e A1: die > eine  f A1: 〈realistischer〉 ausgeprägt〈em〉 〈Realis〉 〈Empirismus in Bezug auf die〉    g–g A1: innerhalb des Gebiets > auf dem Gebiet  h  In A1 folgt: 〈wohl seine [?]〉  i–i A1: Stütze, – sondern  j  In A1 folgt: 〈direkt〉  k A: mitbedingt  l–l A: Es ist   40  Luther wandte sich zwar gegen die römische Lehre von der Transsubstantiation, der Wandlung der Substanzen Brot und Wein in Leib und Blut Christi, hielt aber, in Absetzung von einem symbolischen Verständnis, an der leiblichen Realpräsenz Chri­ sti im Abendmahl fest. Realpräsent werde Christus durch die Verheißungsworte (Abendmahls- oder Einsetzungsworte), indem er sich selbst unter den Zeichen Brot und Wein schenke. Seine Gabe sei das Verdienst seines Kreuzestodes, die Sünden­ vergebung, die den Gläubigen mit dem Sakramentsempfang zum Heil gereiche. Vgl. auch Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, S.  192: nach der lutherischen Abendmahlsauffassung werde die Anteilhabe (oder: unio) am realen Gottmenschen vermittelt. 41  Bezug: Ritschl, Pietismus I, S.  46–61. – Bernhard von Clairvaux verfaßte 86 „Ser­ mones super Cantica canticorum“ (Predigten über das „Hohelied“ des Alten Testa­ ments). Indem er ihm die Deutung eines Liebeslieds zwischen Christus und Seele, himmlischem Bräutigam und irdischer Braut gab, griff er eine mystische Auslegung des biblischen Buches auf. Seine Christus- und Brautmystik wurde einflußreich. Auch Luther gebrauchte das Bild von der Verlobung oder der Ehe zur Veranschaulichung des Rechtfertigungsgedankens (Bild des „fröhlichen Wechsels“: Übernahme der Sün­ den durch Christus – Gabe Christi Gerechtigkeit als Heilsgut an den Gläubigen). 42  Weber bezieht sich auf Ritschl, Pietismus II, S.  11: „Die Freiheit ist nach Luther die geistige Beherrschung der Welt, welche aus der Versöhnung mit Gott oder der Recht­ fertigung durch Christus dem Gläubigen zusteht […]. Die Freiheit des Mystikers ist die Abgezogenheit von der Welt, welche seiner Vereinigung mit Gott entspricht; denn Gott ist eigentlich nur die Verneinung der Welt.“ Die Freiheit werde durch diätetische und asketische Übungen erworben.

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tive Wertung äußerer Aktivitätd. mNun war aber im Luthertum überdies die „unio mystica“m kombiniert mit jenem tiefen Gefühl erbsündlicher Unwürdigkeit, welches die auf Erhaltung der für die Sündenvergebung unentbehrlichen Demut und Einfalt gerichtete „poenitentia quotidiana“ des lutherischen Gläubigen sorgsam bewahren sollten.43 Die spezifisch reformierte Religiosität odagegen stand der quietistischen Weltflucht Pascal’s44 wie dieser lutherischeno rein nach innen gerichteten Stimmungsfrömmigkeit von Anfang an pablehnend gegenüberp. Das reale Eingehen des Göttlichen in die Menschenseele warq durch die absolute Transzendenz Gottes gegenüber allem Kreatürlichen ausgeschlossen: „finitum Abgezogenheit vonr der Welt bestanden habe. Speziell Tauler hat in religions-psychologisch sehr interessanten Ausführungen als praktischen Effekt jener nächtlichen Kontemplationen, die er u. a. bei Schlaflosigkeit empfiehlt, die Ord|nung, welche dadurch A, A1 22 auch in die der weltlichen Berufsarbeit zugewandten Gedanken gebracht werde, hingestellt: „Nur hierdurch (durch die mystische Vereinigung mit Gott in der Nacht vor dem Schlafen) wird die Vernunft geläutert und das Hirn wird dadurch gestärkt und der Mensch allen den Tag desto friedlicher und göttlicher gefaßt von der innerlichen Übung, daß er sich wahrlich mit Gott vereint hat: dann werden alle seine Werke geord­ net. Und darum wenn der Mensch sich also vorgewarnet (= vorbereitet) hat seiner Werk und sich also auf die Tugend hat gestiftet, – wenn ess dann zu der Wirklichkeit kommt, so werden die Werke tugendlich und göttlich“. (Predigten Fol. 318.)t 45 Man sieht jedenfalls uund wir werden darauf noch zurückkommenu: mystische Kontemplation und rationale Berufsauffassungv schließen sich wan sichw nicht aus. Das Gegenteil tritt erst da ein, wo die Religiosität direkt hysterischen Charakter annimmt, was weder bei allen Mystikern noch gar bei allen Pietisten der Fall war. |

d  (S.  306)–d  Fehlt in A.   m–m A: Es ist im Luthertum   A1: Nun ist aber […] überdies 〈jenes Gottesgefühl〉 die „unio mystica“  n A, A1: soll  o–o A: nun kennt diese A1: dagegen steht der […] lutherischen  p–p A: nicht  q  A, A1: ist  r A, A1, BS: vor  s  A, A1, BS, C: er  t  A, A1, BS, C: 318).  u–u  Fehlt in A.   v A: Berufsaskese  w–w  Fehlt in A. 43  Vgl. Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, S.  188–190, über die tägliche Buße („poenitentia quotidiana“) S.  189. 44  Weber spielt auf Pascals zeitweiliges Leben als Einsiedler („Solitaire“) unter den Jansenisten des Chevreuse-Tals an (Honigsheim: „Anachoreten“), das von passiv-in­ differenter Haltung allen weltlichen Institutionen gegenüber gekennzeichnet war. Vgl. dazu auch oben, S.  303, Fn.  133. (Von einem „Quietismus“ Pascals spricht auch Kö­ ster, Ethik Pascals, S.  134, 156, 160 u. ö.) 45 Tauler, Predigten, Basler Ausg. 1521, fol.  161r–163r, Zitat fol.  162r, das Weber e  ziemlich wortgetreu wiedergibt, Ausnahme: bei Tauler: „fridlicher vnd gutlicher gefas­ o set“, d. h. gütlicher, nicht: „göttlicher“ (so Weber); und „wenn es denn zu der wircklich­ keit kompt“. – Auf dieselbe Predigt hat Weber bereits oben, S.  248 mit Fn.  79, Bezug genommen. (Webers Angabe „Fol.  318“ konnte hingegen in keiner der verbreiteten Ausgaben der Predigten Taulers verifiziert werden.)

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non est capax infiniti“.46 Die Gemeinschaft Gottes mit seinen Begnadeten konntea vielmehr nur so stattfinden und zum Bewußtsein kommen, daß Gott in ihnen wirkteb („operatur“) und daß sie sich dessen bewußt wurdenc, – daß also ihr Handeln aus dem durch Gottes Gnade gewirkten Glauben entsprangd und dieser Glaube wiederum sich durch die Qualität jenes Handelns als von Gott gewirkt legitimiertee. fTiefgehende, für die Klassifikation aller praktischen Religiosität überhaupt geltende Unterschiede der entscheidenden Heilszuständlichkeiteng 136) kommen darin zum Ausdruck: Der religiöse Virtuose kann seines Gnadenstandes sich versichern entweder, indem erh sich als Gefäß, oder, indem er sich als Werkzeug göttlicheri Macht fühlt. Im ersten Fall neigt sein religiö­ ses Leben zu mystischer Gefühlskultur, im letzterenj zu asketischem Handeln. Dem ersten Typus standk Luther näher, dem lletztern gehörtel der Calvinismus an.f „Sola fide“ wolltem auch der Reformierte selig nwerden.47 Abern da schon nach Calvins Ansicht alle bloßen Gefühle und Stimmungen, mögen sie noch so erhaben zu sein scheinen, trügerisch sind137),48 muß der Glaube sich in seio 136)  Darüber die folgenden Aufsätze über die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“, Einleitung.o 49 137)  In dieser Voraussetzungp berührt sich der Calvinismus mit dem offiziellenq Ka­ A, A1 23 tho­lizis|mus. Aber für die Katholiken ergabr sich daraus die Notwendigkeit des Bußsa-

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a  A, A1: kann  b  A, A1: wirkt  c  A, A1: werden  d  A, A1: entspringt  e A, A1: legitimiert  f–f Fehlt in A einschließlich Index.   g A1: Heilszuständlichkeit h  In A1 folgt: 〈an sich auch〉    i A1: der göttlichen  j A1: letzten  k  In A1 folgt: 〈das〉  l–l A1: letzten gehört  m  A, A1: will  n–n A: werden, aber  o–o Fehlt in A; A1: Darüber s. die […] Einleitung.  p BS, C: Voraussetzung,  q  Fehlt in A.   r  A, A1: ergibt   46  Die von Weber zitierte Formel auch bei Schneckenburger, Vergleichende Darstel­ lung I, S.  206. Lobstein, Evangelisches Lebensideal, S.  165 f., erläutert: „finitum capax infiniti (non per se, sed per Christum)“ sei das lutherische Postulat, „welchem nur die vollkommene Durchdringung des Menschlichen und des Göttlichen, die reale Versöh­ nung des irdisch Kreatürlichen und des Himmlischen und Ewigen genügen kann“ (S.  165), während „finitum non est capax infiniti “ Ausdruck des reformierten Glaubens sei, „welcher nur in der unbedingten Erhabenheit Gottes über die Welt die Bürgschaft seiner absoluten Gewißheit finden kann. Die reformierte Konfession vertritt den Stand­ punkt der religiösen Transcendenz“ (S.  166). 47  Vgl. Schneckenburger, ebd., S.  206 f. 48  Vgl. dazu oben, S.  298–300. 49  Vgl. Weber, Einleitung, MWG I/19, bes. S.  97–109, zu der Unterscheidung von „Ge­ fäß-“ und „Werkzeuggefühl“ ebd., S.  107 f. und 114 f.

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nen objektiven | Wirkungen bewähren,50 um der certitudo salutis als sichere Unterlage dienen zu können:51 er muß eine „fides efficax“138) s,52 die Be|rufung zum Heil ein „effectual calling“ (Aus-

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kramentes, für die Reformierten die der praktischen Bewährung durch Wirken innerhalb der Welt.53 138)  S[iehe] z. B. schon Beza: (De praedestinat[ionis] doct[rina] ex praelect[ionibus] in Rom[anos] 9. at Raph[aele] Eglino exc[epta] 1584) p.  133:54 … „sicut ex operibus vere bonis ad sancti|ficationis donum, a sanctificatione ad fidem … ascendimus: ita ex BS, C 109 certis illis effectis non quamvis vocationemu, sed efficacem illam, et ex hac vocatione electionem et ex electione demumv praedestinationemw in Christo tam firmam quam immotus est Dei thronus certissima connexione effectorum et causarum colligimus …“ Nur bezüglich der Zeichen der Verwerfung müsse man, da es auf den Finalzustand ankomme, vorsichtig sein. (Hierin dachte erst der Puritanismus anders.) – S[iehe] ferner darüber die eingehenden Erörterungen Schneckenburgers a. a. O.,55 der freilich nur eine begrenzte Kategorie von Literatur zitiert. In der ganzen puritanischen Literatur tritt dieser Zug immer wieder hervor. „It will not be said: did you believe? – but: were

s–s (S.  310) Fehlt in A.  t BS, C: a.  u  A, A1, BS, C: vocationen  v  A, A1, BS, C: donum  w  A, A1, BS, C: praedestinationis   50  Vgl. Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, S.  48 f., der dort den grundle­ genden Unterschied von lutherischem Glauben („unmittelbare Selbstgewißheit“) und reformiertem Glauben („Habitus“, „Qualität“; Selbstgewißheit entstehe erst durch die Reflexion auf die Werke) thematisiert. „Ist diese unmittelbare Selbstgewißheit des Glaubens [des Lutheraners], welche wie alles Unmittelbare eine Gefühlsgewißheit sein muß, nicht in viel höherem Grade den Täuschungen der Eigenliebe, dem Betruge der schwelgenden Phantasie ausgesetzt? […] Wo ist das Criterium, das mir [dem Reformierten] Gewißheit gibt […]? Es gibt kein anderes als das der realen Bethätigung dieses Glaubens, der Auswirkung meines Glaubens in meinem praktischen Verhal­ ten.“ 51  Vgl. Schneckenburger, ebd., S.  271 f. „Es ist die certitudo salutis also eine reflektir­ te Gewißheit: weil ich in mir Spuren finde vom Beginn des ewigen Lebens, nämlich in meinem nicht bloß receptiven, sondern eben praktischen Verhalten, so darf ich auf seine Vollendung, die endliche Seligkeit hoffen.“ 52  Vgl. Schneckenburger, ebd., §  3. „Die guten Werke im Zusammenhange mit der subjektiven Glaubensgewißheit“, S.  38–74, Zitat S.  41: „Nun aber daß ich glaube, be­ darf selbst wieder des Beweises, da die bloße Wahrnehmung einer Glaubensstim­ mung ja auf Täuschung beruhen könnte. […] der wahre Glaube ist efficax [wirksam, Ed.]; der meinige erweißt sich als ein solcher, denn ich übe Werke des Gehorsams aus Glauben; folglich habe ich den wahren Glauben und ich bin gerechtfertigt.“ (Einge­ gangen in den Heidelberger Katechismus, Frage 86, vgl. ebd., S.  39.) 53  Vgl. Schneckenburger, ebd., S.  267. 54 Beza, De praedestinationis doctrina (erschienen 1582, nicht 1584), p.  133. Das Exemplar der UB Heidelberg enthält Markierungen mit einem lilafarbenen Stift, eine Stiftart, die auch Weber öfters verwendete, so im Kontext ebd., p.  134 f. u. ö. 55  Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, II (zitiert oben, S.  265, Fn.  91, auch oben, S.  304).

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druck der Savoy declaration)s 56 sein. Stellt man nun weiter die Frage, an welchen Früchten der Reformierte denn den rechten Glauben unzweifelhaft zu erkennen vermöge, so wird darauf x you Doers, or Talkers only?“ sagt Bunyan.57 Der Glaube ist nach Baxter (The saints’ everlasting rest Kap. XII),58 der die mildeste Form der Prädestination lehrt, die Unterwerfung unter Christus von Herzen und mit der Tat. „Do what you are able first, and then complain of God for denying you grace if you have cause“ antwortete er auf den Einwand, daß der Wille unfrei und Gott allein es sei, der die Fähigkeit zur Heiligung vorenthalte. (Works of the Puritan Divines IV. p.  155.)59 aDie Examination Fullers (des Kirchenhistorikers) beschränkte sich auf die eine Frage bnach der praktischen Bewährung und den Selbstzeugnissen seines Gnadenstandes im Wandelb.a 60 Nicht anders Howe in der anderwärts schonc zitierten Stelle.61 Jede Durchmusterung der Works of the Puritan Divines ergibt auf Schritt und Tritt Belege. Nicht selten warend es direkt katholische asketische Schriften, welche die „Bekehrung“ zum Puritanismus zur Folge s (S.  309)–s Fehlt in A.   x A, A1: wiederum  a–a Fehlt in A; in A1 ohne klare Zuordnung zum Text.   b–b  Fehlt in A1.  c  A, A1, BS: (Anm.  65)  d  A, A1: sind   56  Vermutlich bezieht sich Weber auf die sog. „Platform“ der Savoy Declaration von 1658, vgl. das Zitat unten, S.  312 f., Fn.  141, dazu Anm.  71 – allerdings fehlt „effectual“ im Original. – Über das „effectual calling“ hat die Savoy Declaration (aber auch die Westminster Confession und die Hanserd Knollys Confession) ein eigenes Kapitel: Chap. X. „Of Effectual Calling“, vgl. Müller, E. F. Karl, Bekenntnisschriften, S.  565 f. Über die Westminster Confession hinaus gebraucht die Savoy Declaration (ebenso die Hanserd Knollys Confession) den Begriff in Chap. XV. „Of Repentance unto life and salvation“, [Art.] 1: „[…] God in their effectual calling giveth them Repentance unto life.“ Müller, ebd., S.  572. 57  Bunyan, Pilgrim’s Progress, p.  85, dort mit Bezug auf das apokalyptische Gericht: „[…] and let us assure ourselves, that at the day of Doom, men shall be judged accor­ ding to their Fruit: It will not be said then, Did you believe? But were you Doers, or Talkers only? And accordingly shall they be judged.“ 58  Im angegebenen Kapitel in der von Benjamin Fawcett gekürzten Fassung von Bax­ ter, Saints’ Everlasting Rest, so nicht zu finden (die in den „Practical Works“ XXII und XXIII enthaltene Langfassung hat kein Kapitel XII). Unter der Überschrift zu Kapitel XII. „Directions how to lead a heavenly life upon earth“ (p.  203–225) werden die Hindernis­ se und Pflichten beschrieben, die es im Hinblick auf den Genuß des himmlischen Le­ bens zu überwinden bzw. zu befolgen gilt. Darin heißt es z. B.: „Will thy heart get up­ wards, except thou drive it? Thou knowest that heaven is all thy hopes […]“ (p.  212), und: „I know, so far as you are spiritual, you need not all this striving and violence; but in part you are carnal, and as long as it is so, there is need of labour“ (p.  213). 59 Zitat aus Baxters Schrift „A Call to the Unconverted to Turn and Live“ (Baxter, Works of the English Puritan Divines IV, p.  41–195), p.  155. 60  Thomas Fuller wurde in seiner Examination durch Cromwells „triers“ (zu dieser In­ stitution vgl. oben, S.  296, Fn.  122 mit Anm.  86) lediglich gefragt: „,Whether he had ever had any experience of a work of grace on his heart?‘“, woraufhin er geantwortet haben soll: „,He could appeal to the searcher of hearts, that he made conscience of his very thoughts‘“, womit man sich zufrieden gab. Price, History of Protestant Non­ conformity II, p.  539; ferner Neal, Puritans IV, p.  97. 61  Gemeint ist: unten, S.  333, Fn.  177.

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geantwortet: an einer Lebensführung des Christen, die zur Mehrung von Gottes Ruhm dient. Was dazu dient, ist aus seinem, direkt in der Bibel offenbarten oder indirekt aus den von ihm geschaffehatten, – so bei Baxter ein jesuitischer Traktat.62 e– Eine völlige Neuerung waren diese Konzeptionen gegenüber Calvins eigner Lehre nicht (cf. Inst[itutio] Christ[ianae] c. I, Orig[inal-]Ausg. v[on] 1536 fp.  97, 112).63 Nur war die Gnadengewißheit bei Calvin selbst auch auf diesem Wege nicht sicher zu erlangen (147 das.)f.64 Üblicherweise berief man sichg auf 1. Joh. 3, 5 und ähnliche Stellen.65 hDas Verlangen der fides efficax ist – um dies hier vorwegzunehmen – nicht auf die Calvinisten i. e. S. beschränkt. Baptisti­ sche Glaubensbekenntnisse behandeln im Artikel über die Prädestination ganz ebenso die Früchte des Glaubens („and that its“ – der regeneration – „proper evidence appears in the holy fruits of repentance and faith and newness of life“: – Art.  7 des in The Baptist Church Manual by J.   N. Brown D. D. Philadelphia, Am[erican] Bapt[ist] Publ[ication] Soc[iety] abgedruckten Bekenntnisses).i 66 Ebenso beginnt der mennonie–e  (S.  312)  Fehlt in A.   f–f  A1: p.  112 (Nur war die Gnadengewißheit bei ihm auch […] zu erlangen 〈[??]〉 p.  147 das.)  g  In A1 folgt: 〈dafü〉 〈für die〉  h–h  (S.  312)  Fehlt in A1.  i BS, C: Bekenntnisses.)   62  Es handelt sich um das „Booke of Christian Exercise appertaining to Resolution“, verfaßt von dem Jesuiten Robert Parsons, in einer Überarbeitung des Puritaners Ed­ mund Bunny (1585), das Baxter mit 15 Jahren las. Darüber berichtet Jenkyn, Essay on Baxter’s Life (Baxter, Works of the English Puritan Divines IV), p. iv. 63  Vgl. Calvin, Institutio (1536), cap. I, p.  97 f. (= CR 29, Sp.  53 f. (darin mit Angabe der Paginierung von 1536): Gott dienen schließt das Tun guter Werke, auch wenn man mit ihnen kein Verdienst erwerben kann, mit ein). Möglicherweise ist auch der gesam­ te Zusammenhang über das Tun guter Werke, Calvin, Institutio (1536), p.  94 ff., ge­ meint. An der zweiten Stelle (allerdings: cap.  II), p.  112 (= CR 29, Sp.  60), handelt Calvin davon, „[w]ie Gott in den Verworfenen wirke“: „Subijciamus, in eodem facto respiciendum peruersi hominis, ac iusti Dei opus.“ („Wir wollen zur Richtigstellung zunächst geltend machen, dass man bei einer und derselben That das Werk des schlechten Menschen und dasjenige des gerechten Gottes sauber auseinanderhalten muss.“ Dt. nach: Joh. Calvins Christliche Glaubenslehre nach der ältesten Ausgabe vom Jahr 1536 […] übersetzt von Bernhard Spiess. – Wiesbaden: Chr. Limbarth 1887 (hinfort: Joh. Calvins Christliche Glaubenslehre), S.  80). 64  Vgl. Calvin, Institutio (1536), p.  147 (= CR 29, Sp.  77): „Quanquam autem, dum adhuc incertum est nobis Dei iudicium, censere singulatim non licet, qui ad ecclesiam pertineant, nec ne […].“ („So lange also noch Gottes Urteil ungewiss ist, steht es nicht in unserer Befugnis, ein Einzelurteil über die Zugehörigkeit zur Kirche zu fällen.“ Dt. nach: Joh. Calvins Christliche Glaubenslehre (wie vorherige Anm.), S.  108.) Mögli­ cherweise ist auch der gesamte Zusammenhang über die Erkennbarkeit der zur Kir­ che als Gemeinschaft der Heiligen gehörenden Erwählten, Calvin, Institutio (1536), p.  142 ff., gemeint. 65  1 Joh 3,5 [1892]: „Und ihr wisset, daß Er ist erschienen, auf daß er unsere Sünden wegnähme, und ist keine Sünde in ihm.“ Vermutlich ist aber gemeint: 1 Joh 3,9 [1892] (vgl. auch unten, S.  383): „Wer aus Gott geboren ist, der thut nicht Sünde, denn sein Same bleibet bei ihm; und kann nicht sündigen, denn er ist von Gott geboren.“ 66  Zitat nach Brown, J. Newton, Baptist Church Manual, art. VII. „Of Grace in Regen­ eration“, p.  11.

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nen zweckvollen Ordnungen der Welt (lex naturae)139) | ersichtlichen, Willen zu entnehmen. Speziell durch Vergleichung des eigenen Seelenzustandes mit dem, welcher nach der Bibel den Erwählten, z. B. den Erzvätern eignete, kann man seinen eigenen Gnadenstand kontrollieren140). Nur ein Erwählter hat wirklich die fides efficax141) j, nur er ist fähig, vermöge der Wieder|geburtk (rege-

tisch beeinflußte Traktat: Olijf-Tacxken, den die Harlemerl Synode 1649 annahm,67 S.  1 mit der Frage: woran erkennt man die Kinder Gottes, und antwortet (p.  10): Nu al is’t dat mdusdanigh vruchtbaer m ghelove alleene zii het seker fundamentale kennteeken … om de conscientien der gelovigen in het nieuwe verbondt der genade Gods te versekeren.h e  68 139)  Über die Bedeutung dieser für den materiellen Inhalt der sozialen Ethik wurde schon obenn einiges angedeutet.69 Hiero kommt es uns nicht auf den Inhalt, sondern auf den Antrieb zum sittlichen Handeln an. | 140)  Wie diese Vorstellung das Eindringen alttestamentlich-jüdischen Geistes in den BS, C 110 Puritanismus befördern mußte, liegt auf der Hand. p 141)  So sagt die Savoy Declaration von den members der ecclesia qpura:70 sie seienq „saints by effectual calling, visibly manifested by their profession and walking“.p 71 | j Index fehlt in A.   k A, A1, BS: Widergeburt  l Zu erwarten wäre: Haarlemer   m–m BS, C: dasdanigh vruchtbare  h (S.  311)–h  Fehlt in A1.  e (S.  311)–e Fehlt in A.   n  In A, A1 folgt: (S.  15)  o A: Vorerst  p–p  Fehlt in A.   q–q A1: pura, sie seien: 67  Die Vereinigten flämischen und (hoch-)deutschen Täufergemeinden verständigten sich auf der Versammlung in Haarlem 1649 auf gemeinsame Bekenntnisse, darunter das den „Flemish“, einem Zweig der niederländischen Mennoniten, entstammende Bekenntnis „Olijf-Tacxken“ (dt. Ölzweig) von 1627, zuerst gedruckt 1629. Die Bekennt­ nisse sind gedruckt in der Sammlung: Handelinge, der ver-eenigde Vlaemse, en Duytse doops-gesinde gemeynten: gehouden tot Haerlem, A[nn]o 1649. in iunio, met de dry confessien aldaer geapprobeert, of aengenomen. – Vlissingen: Geleyn Jansz 1666 (hinfort: Handelinge; auch enthalten in: De algemeene Belydenissen der Vereenighde Vlaamsche, Vriesche, en Hooghduytsche Doopgesinde Gemeynte Gods […]. – Amsterdam: Pieter Arentsz 1665; hinfort: Algemeene Belydenissen). 68 Im Erstdruck des „Olijf-Tacxken“ von 1629 steht die Frage auf der ersten Seite (= S. [13]), das Zitat entstammt der Antwort, hier S.  27 f., in der Ausgabe von 1636: S.  11 und 22 (beide mit sprachlichen Abweichungen zu dem von Weber wiedergege­ benen Wortlaut). In den Algemeene Belydenissen (wie vorhergehende Anm.) steht das Bekenntnis auf S.  17–54, das Zitat auf S.  32 f. lautet: „Nu al is’t dat dusdanigh vruchtbaer Geloove / alleene zy het seecker fondamentele ken-teeken […]. […] om de conscientien der geloovigen / in het nieuwe verbont der genaden Godts te verseecke­ ren.“ Die von Weber benutzte Ausgabe konnte nicht identifiziert werden (die Ausga­ ben des „Olijf-Tacxken“ von 1631, 1647 und 1661 und die Sammlung Handelinge (wie vorhergehende Anm.) konnten nicht eingesehen werden). 69  Siehe oben, S.  288–294. 70  Lat., „reine Kirche“; vgl. auch das Glossar, unten, S.  604. 71  Das Zitat entstammt der zur Savoy Declaration von 1658 gehörenden „Platform“ (sie handelt von den independentischen Grundsätzen der Kirchenleitung) und lautet dort (ohne „effectual“): „VIII. The Members of these Churches are Saints by Calling,

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neratio) und der aus dieser folgenden Heiligung (sanctificatio) seines ganzen Lebens Gottes Ruhm durch wirklich, nicht nur scheinbar, gute Werke zu mehren. Und indem er sich dessen bewußt ist, daß sein Wandel – wenigstens dem Grundcharakter und konstanten Vorsatz (propositum oboedientiae) nach72 – auf einer in ihm lebenden Kraft142) zur Mehrung des Ruhmes Gottes ruht, also rnicht nur gottgewollt, sondernr vor allem gottgewirkt ist143), erlangt er jenes höchste Gut, nach dem diese Religiosität strebte:s die Gna142)  „A principle of goodness“ , Charnock in den Works of the Pur[itan] Div[ines] A, A 24 [] 1 p.  175.73 143)  Die Bekehrung ist, wie Sedgwick gelegentlich es ausdrückt, eine „gleichlautende Abschrift des Gnadenwahldekretes“.74 – Und: wer erwählt ist, der ist auch zum Gehorsam berufen und befähigt, lehrt Bailey.75 – Nur diejenigen, welche Gott zum (im Wandel zum Ausdruck kommenden) Glauben beruft, sind wirkliche Gläubige, nicht bloße „temporary believers“[,] lehrt die (baptistische) Hanserd Knollys confession.76

r–r A: gottgewollt und  s  A, A1: strebte,   visibly manifesting and evidencing (in and by their profession and walking) their ob­ edience unto that Call of Christ […]“. Müller, E. F. Karl, Bekenntnisschriften, S. XLVIII, S.  652–654, Zitat S.  653. Zu „effectual calling“ vgl. auch oben, S.  309 f. mit Anm.  56. 72  Vgl. Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, S.  53, dort auch „propositum obedientiae“; und S.  272. 73  Stephen Charnock, Self-Examination (Charnock, Works of the English Puritan Divi­ nes VI, 159–180), hier p.  175: „But we must judge ourselves by what we are in our re­ tirements, in our hearts. He only is a good man, and doth good, that doth it from a principle of goodness within, and not from fear of laws, or to gain a good opinion in the world.“ 74 Das Zitat entstammt Obadiah Sedgwick, Buß- und Gnaden-Lehre, S.  877: „Die wahre Bekehrung ist eine gewisse Wirckung der Gnadenwahl GOttes. Ob schon die Bekehrung keine Ursach der Erwehlung/ so ist sie doch eine Frucht der Erwehlung/ sie ist eine wahre gleichlautende Abschrifft der Gnadenwahl.“ 75  Weber bezieht sich auf Bayli, Praxis pietatis I, S.  113: „Aber man muß hergegen wissen, daß GOttes Versehung sowohl auf die Mittel und den Weg, dadurch man zum e  Zweck, das ist, zur Seligkeit kommet, als auf den Zweck selbsten gerichtet sey. Wel­ chen nun GOTT zur Seligkeit, welches das Ende ist, versehen hat, den hat er auch e  versehen, und verordnet das, daß er beruffen, und daß er dem gottlichen Beruff folgen werde, welches das Mittel ist. Und die, so erwehlet sind zur Seligkeit (sagt S. Petrus) die sind auch erwehlet, das ist, kräfftiglich und fruchtbarlich beruffen, durch die Heili­ gung des Geistes zum Gehorsam.“ 76  In der calvinistisch-baptistischen „Hanserd Knollys Confession“ von 1688/89 (zum Bekenntnis vgl. das Glossar, unten, S.  607) heißt es in Chap. XIV („Of saving faith“): „The grace of faith, whereby the elect are enabled to believe to the saving of their souls, is the work of the Spirit of Christ; […]. […] This faith, although it be different in degrees, and may be weak […], or strong, yet it is in the least degree of it different in the kind, or nature of it (as is all other saving grace) from the faith […] and common grace of temporary believers; and therefore though it may be many times assailed,

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dengewißheit144). Daß sie zu erlangen sei, wurde aus 2. Kor. 13, 577 erhärtet145). So absolut ungeeignet also gute Werke sind, als Mittel zur Erlangung der Seligkeit zu dienen – denn auch der Erwählte bleibt Kreatur, und alles, was er tut,t bleibt in unendlichem Abstand hinter Gottes Anforderungen zurück, – so unentbehrlich sind sie Man vergleiche etwa den Schluß von Baxter’s Christian Directory.78 z. B. bei Charnock, Self-examination p.  163u,79 zur Widerlegung der katholischen Doktrin von der „dubitatio“.80 144) 

145)  So

t  Komma fehlt in BS, C.   u  A, A1, BS, C: 183   and weakened, yet it gets […] the victory, growing up in many, to the attainment of a full […] assurance through Christ […].“ Zitiert nach: Underhill, Confessions of Faith, das Bekenntnis p.  169–230, Zitat p.  201 f. („temporary believers“ im selben Kapitel auch in der Savoy Declaration von 1658, vgl. Müller, E. F. Karl, Bekenntnisschriften, S.  571). 77  2 Kor 13,5 [1892]: „Versuchet euch selbst, ob ihr im Glauben seid; prüfet euch selbst. Oder erkennet ihr euch selbst nicht, daß Jesus Christus in euch ist? Es sei denn, daß ihr untüchtig seid.“ 78  Vgl. Baxter, Christian Directory IV, chap.  XXXIV. „Cases and Directions about Selfjudging“ (p.  274–276), Tit. 3, Direction 28: „Spend much more time in doing your duty, than in trying your estate: Be not so much in asking, How shall I know that I shall be saved? as in asking, What shall I do to be saved? […] Give up your selves to a Holy Heavenly life, and do all the good that you are able in the World: Seek after God as revealed in and by our Redeemer: And in thus doing, 1. Grace will become more no­ table and discernable. 2. Conscience will be less accusing and condemning […]. Even so a serious holy person, hath more sensible pleasures in the right exercise of Faith and Love, and Holiness, in Prayer and Meditation, and converse with God and with the Heavenly hosts, than the bare discerning of sincerity can afford. […] And he […] shall know by experience the excellencies of Christianity and Holiness, and in his way on Earth, have both a prospect of Heaven, and a foretaste of the Everlasting Rest and Pleasures“ (Zitat p.  276). 79  Charnock, Self-Examination (Charnock, Works of the English Puritan Divines VI), p.  161–163 (Auslegung von 2 Kor 13,5). „The Protestants confirm the doctrine of the possibility of assurance, and a man’s knowledge of himself to be in a state of grace from this text, which doctrine the papists impugn. It is strange, that some of the school­ men, who assert that a man may by the strength of pure naturals, love God above all things, yet deny that a man can know that he loves God above all“ (p.  163). 80  Nach Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, S.  267, bedeutet die „katho­ lische dubitatio“ (Bezug ist das Dekret über die Rechtfertigung der 6. Sessio des Tri­ dentinum, cap.  9; DH 1534) trotz Versicherung der Gewißheit des Seligwerdens für alle, die in der Kirche sind, zum Sakrament und zur Beichte gehen, „immer eine Unge­ wissheit, welche bloss Hoffnung zulässt und die darin besteht, dass es sich eben frägt, ob das Subjekt von seiner Seite Alles gethan habe, um die rechte Disposition zum Busssakramente in sich zu erwecken, mithin die Vergebung der Todsünden und damit die Befreiung von der Hölle wirklich zu erlangen. Es ist eine Unsicherheit des Subjekts als solchen, dem zuletzt doch nur die allgemeine Gnadengarantie der Kirche übrig bleibt.“ Dagegen setzte der Protestantismus das Bewußtsein der Seligkeit

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als Zeichen der Erwählung146). vSie sind das technische Mittel, nicht: die Seligkeit zu erkaufen, sondern: die Angst um die Seligkeit loszuwerden.v In diesem Sinn werden sie gelegentlich direkt als „zur Seligkeit unentbehrlich“ bezeichnet147) oder die „possessio salutis“ an sie geknüpft148).81 Das bedeutet nun | aber praktisch, im Grunde:a daß Gott dem hilft, der sich selber hilft149), daß also der Calvinist, wie es auch gelegentlich ausgedrückt wird, seine Seligkeit – korrekt müßte es heißen: die Gewißheit von derselben – selbst „schafft“150), daß aber dieses | Schaffen nicht wie im Katholizismus

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146)  Diese Argumentation kehrt z. B. bei Joh[annes]b Hoornbeek, Theologia practica immer wieder, z. B. II p.  70, 72, 182 I p.  160.82 147)  Z. B. sagt Conf[essio] Helvet[ica] 16 „et improprie his (den Werken) salus adtri­ buitur“.83 148)  S[iehe] zu allem Vorstehenden Schneckenburger S.  80 f.84 | 149)  „Si non es praedestinatus fac ut praedestineris“ sollte angeblich schon Augustin B , C 111 S gesagt haben.85 150) Man wird an Goethes dem Wesen nach gleichbedeutenden Spruch erinnert: „Wie kann man sich selbst kennen lernen? Durch Betrachten niemals, wohl aber durch

v–v  Fehlt in A.   a  A, A1: Grunde,  b  A, A1: Joh.   „gleichsam als primus gradus glorificationis schon in das diesseitige Glaubensleben […], eben weil es nicht die eigenen genugthuenden und verdienstlichen Thaten sind, sondern die Gnade Gottes in Christo, glaubig angeeignet, was die Seligkeit oder doch das Recht der Seligkeit verschafft“. 81  „So sind also gute Werke zwar nicht nöthig zum Anfange der Seligkeit, ad appre­ hendendam salutem, ad aquirendum jus salutis, d. h. zur Justification, wohl aber zur Vollendung derselben, zur wirklichen possesio [sic] des ewigen Lebens.“ Schnecken­ burger, Vergleichende Darstellung I, S.  78 f. 82  Vgl. Hoornbeek, Theologia practica II, p.  70, 72, 182, und Hoornbeek, Theologia practica I, p.  160. 83  Weber zitiert aus der Confessio helvetica posterior von 1562 (dt., „[so] wird die Seligkeit nur im uneigentlichen Sinn [improprie] mit ihnen [d. h. den Werken] in Verbin­ dung gebracht“, dort fortgesetzt: „ganz eigentlich wird sie nur der Gnade zugeschrie­ ben“). Das Gemeinte ergibt sich aus dem Kontext bei Schneckenburger, Vergleichen­ de Darstellung I, S.  77 f.: „Sehr vorsichtig und milde spricht sich die Conf. Helv. 16 aus: non sentimus per bona opera nos servari, illaque ad salutem ita esse necessaria, ut absque illis nemo unquam sit servatus. Vielmehr ist es allein die Gnade und Wohlthat Christi, durch welche wir selig werden. Allein die Werke erzeugen sich mit Nothwen­ digkeit aus dem Glauben, ac improprie his salus adtribuitur, quae propriissime adscri­ bitur gratiae. […] Hienach also sind gute Werke nothwendig zum Heil, weil sie nothwendig aus dem Glauben fließen, weil der Glaube sich nothwendig wenigstens zum propositum derselben erschließt.“ 84  Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, §  4. „Die Nothwendigkeit der gu­ ten Werke zur Erlangung der Seligkeit“, S.  74–92, hier S.  80 ff. 85  Als Zitat in diesem Wortlaut bei Augustinus nicht nachgewiesen, aber oftmals auf ihn zurückgeführt (vgl. Ps.-Augustin, Sermo 29, §  2; PL 39,1802), was auch Adrian van

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in einem allmählichen Aufspeichern verdienstlicher Einzelleistungen bestehen kann, sondern in einer zu jeder Zeit vor der Alternative: erwählt oder verworfen? stehenden systematischen Selbstkon­ trolle. Damit gelangen wir zu einem sehr wichtigen Punkt unserer Betrachtungen. Immer wieder ist bekanntlich jenem in den reformierten Kirchen und Sekten mit steigender Deutlichkeit151) sich herausarbeitenden Gedankengang von lutherischer Seite der Vorwurf der „Werkheiligkeit“ gemacht worden152). Und, – so berechtigt | der

Handeln. Versuche, deine Pflicht zu tun, und du weißt gleich, was an dir ist. – Was aber ist deine Pflicht? Die Forderung des Tages.“86 | 151)  Denn bei Calvin selbst steht zwar fest, daß die „Heiligkeit“ auch in die Erschei­ A, A1 25 nung treten muß (Instit[utio] IV, 1, §  2, 7, 9),87 aber die Grenze zwischen Heiligen und Unheiligen bleibt für menschliches Wissen unerforschlich. Wir haben zu glauben, daß da, wo Gottes Wort in einer nach seinem Gesetz organisierten und verwalteten Kirche rein verkündet wird, auch Erwählte – wenn auch für uns unerkennbar – vorhanden sind. 152)  Die calvinistische Frömmigkeit ist ceines der vielen in der Religionsgeschichte sich findenden Beispielec für das Verhältnis logisch und psychologisch vermittelter Konsequenzen aus bestimmten religiösen Gedanken für das praktisch-religiöse Sichverhalten. Logisch wäre natürlich der Fatalismus als Konsequenz der Prädestination ddeduzierbar. Died psychologische Wirkung war aber infolge der Einschaltung des „Bewährungs“-Gedankens die gerade umgekehrte. e(Ausf prinzipiell gleichartigem Grundeg nehmen bekanntlich die Anhänger Nietzschesh für den Gedanken der ewigen Wiederkehr positive ethische Bedeutung in Anspruch.88 Nur handelt es sich hieri um die Verantwortlichkeit für ein mit dem Handelnden durch keinerlei Bewußtseinskontinuität verbundenes Zukunftslebenj, – währendk es bei dem Puritaner hieß: Tua res agic–c A: ein Beispiel A1: eins der vielen […] Beispiele  d A: deduzierbar, die   e–e (S.  317)  Fehlt in A.   f  In A1 folgt: 〈ganz dem gleichen〉    g  In A1 folgt: 〈den〉   h  In A1 folgt: 〈die ethische Bedeutung des Gedankens〉    i  In A1 folgt: 〈ein〉  j In A1 folgt, mit Bleistift gestrichen: 〈und ist deshalb die behauptete 〈Wirkung〉 „sittliche“ Bedeutung ein Phantasma〉  k  In A1 folgt: 〈das〉   Wyck, De Praedestinatione, bekannt war, der den Satz p.  63 zitiert; vgl. dazu oben, S.  296, Fn.  122 mit Anm.  88. 86 Aus der Spruchsammlung „Betrachtungen im Sinne der Wanderer. Kunst, Ethi­ sches, Natur“ am Ende des 2. Buchs von „Wilhelm Meisters Wanderjahre“. Die Spruch­ sammlungen wurden nach Goethes Tod von Johann Peter Eckermann separat ediert und finden sich darum in: Goethe, Ethisches. Maximen und Reflexionen, „Hempel’sche Ausgabe“ (ca. 1870), S.  20 (dass. in der Weimarer oder „Sophien-Ausgabe“, 1. Abth., 42.  Band/2. Abth. (1907), S.  167). 87  Calvin, Inst. IV, 1, 2. 7. 9. 88  Weber dürfte sich auf Simmel, Georg, Schopenhauer und Nietzsche. Ein Vortrags­ zyklus. – Leipzig: Duncker & Humblot 1907, S.  246–263 (mit Unterstreichungen und Marginalien Max Webers, auch auf diesen Seiten, im Handexemplar, Max Weber-Ar­ beitsstelle, BAdW München), beziehen. Simmel erörtert die ethische und metaphysi­

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Widerspruch | der Angegriffenen gegen die Identifikation ihrer dogmatischen Stellung mit der katholischen Lehre war, – sicherlich

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tur.)e 89 Hübsch setzt das lVerhältnis von Gnadenwahl und Handelnl schon – in der Sprache der Zeit – Hoornbeekm (Theol[ogia] pract[ica] Vol. I p.  157n) auseinander:90 Die electi sind eben kraft ihrer Erwählung dem Fatalismus unzugänglich, gerade in ihrer Abweisung der fatalistischen Konsequenzen bewähren sie sich, „quoso ipsa electio sollicitos reddit et diligentes officiorum“. pDie praktische Interessenverschlingung zerschneidet die logisch zu erschließenden (übrigens trotz allem gelegentlich auch faktisch eingetretenen) fatalistischen Konsequenzen.p – Andererseits aber ist der Gedankenge­ halt einer Religion – wie gerade der Calvinismus zeigt – von weitaus größerer Bedeutung, als z. B. William James (The varieties of religious experience, 1902, p.  444 f.)91 zuzugestehen geneigt ist. Gerade die Bedeutung des Rationalen | in der religiösen BS, C 112 Metaphysik zeigt sich in klassischer Weise in den grandiosen Wirkungen, welche speziell die gedanklicheq Struktur des calvinistischenr Gottesbegriffs auf das Leben geübt hat. Wenn der Gott der Puritaner in der Geschichte gewirkt hat wie nur irgendein anderer vor oder nach ihm, so haben ihn dazu vornehmlichs jene Attribute befähigt, mit denen die Macht des Gedankens ihn ausgestattet hatte. (James’t „pragmatische“ Wertung der Bedeutung religiöser Ideen nach dem Maß ihrer Bewährung im Leben ist übrigens ja selbst ein echtes Kind jener Gedankenwelt der puritanischen Heimat dieses hervorragenden Gelehrten.)u Das religiöse Erlebnis als solches ist selbstverständlich irrational wie jedes Erlebnis. In seiner höchsten, mystischen Form ist es geradezu das Erlebnis κατ’ ἐξοχήν92 und – wie James sehr schön ausgeführt hat93 – durch seine l–l  Fehlt in A.   m  A, A1: Hoornbeeck  n  A, A1, BS, C: 159  o  In A, A1 nicht hervorgehoben.  p–p Fehlt in A.   q A, A1: gedankliche  r A: reformatorischen  s  Fehlt in A.   t  Klammer fehlt in A, A1.  u  A, A1: Gelehrten. – sche Tragweite von Nietzsches Gedanken der ewigen Wiederkehr oder „Wiederkunft“ (des Gleichen), den Nietzsche in „Also sprach Zarathustra“ entfaltet. 89  Lat., „es geht um deine Sache!“ 90  Mit folgendem Zitat bei Hoornbeek, Theologia practica I, p.  157 (im Kapitel über „De Dei Praedestinatione“, p.  141–164). 91 James skizziert in der XVIII. Vorlesung über „Philosophy“ (James, Varieties, p.  430–457; hier vermutlich p.  444 ff. gemeint) das Verhältnis von Denken, Glauben und Handeln aus pragmatischer Sicht: „Thought in movement has for its only concei­ vable motive the attainment of belief, or thought at rest. Only when our thought about a subject has found its rest in belief can our action on the subject firmly and safely begin. Beliefs, in short, are rules for action; and the whole function of thinking is but one step in the production of active habits. […] To develop a thought’s meaning we need therefore only determine what conduct it is fitted to produce; that conduct is for us its sole significance.“ (p.  444). Die Anwendung dieser Methode auf die metaphysi­ schen Attribute Gottes (Ansichheit Gottes, seine Notwendigkeit etc.) zeige, daß sich hier kein Bezug zu unserem Dasein herstellen lasse (vgl. p.  445–447). Allerdings stün­ den die moralischen Attribute Gottes (Heiligkeit, Allmächtigkeit, Gerechtigkeit, Liebe u. a., vgl. p.  447 f.) zu unserem praktischen Dasein in Bezug. Dem damit verbundenen religiösen Gefühl könne die dogmatische Theologie aber keine sichere Grundlage schaffen, da sich nicht beweisen lasse, daß es einen Gott mit jenen Attributen gebe, weshalb man sich von ihr verabschieden müsse. 92  Griech., Tl. kat’ exoche¯´n, „vorzugsweise“, „im eigentlichen Sinne“. 93  Weber bezieht sich auf die Vorlesungen XVI und XVII über „Mysticism“; James,

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B, C 113

Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

mit Recht, sobald die praktischen Konsequenzen für das Alltagsleben der reformierten Durchschnittschristen damit gemeint usind153). Dennu es hat vielleicht nie eine intensivere | Form religiöser Schät-

absolute Inkommunikabilitätv ausgezeichnet: es hat spezifischen Charakter und tritt als Erkenntnis auf, läßt sich aber nicht adäquat mit den Mitteln unseres Sprach- und Begriffsapparates reproduzieren. Und es ist ferner richtig:w daß jedes religiöse Erlebnis A, A1 26 bei dem Versuch rationaler Formulierung als|bald an Gehalt einbüßt, um so mehr, je weiter die begriffliche Formulierung vorschreitet. Darin liegt der Grund zu tragischen Konflikten aller rationalen Theologie, wie bereits im 17. Jahrhundert die täuferischen Sekten wußten. – Aber jenea Irrationalität, – welche ja übrigens keineswegs nur dem religiösen „Erlebnis“ eignet,b sondern (in verschiedenem Sinn und Maße) jedem – hindert nicht, daß es gerade praktisch von der allerhöchsten Wichtigkeit ist, von welcher Art das Gedankensystem ist, welches das unmittelbar religiös „Erlebte“ nun für sich, sozusagen, konfisziert und in seine Bahnen lenkt; denn darnach entwickelnc sich din Zeiten intensiver Beeinflussung des Lebens durch die Kirche und starker Entwicklung dogmatischer Interessen in der letzterend die meisten jener praktisch so wichtigen Unterschiede in den ethischen Konsequenzen, wie sie zwischen den verschiedenen Religionen der Erde bestehen. eWie ganz unglaublich intensiv – mit heutigem Maßstab gemessen – das dogmatische Interesse auch des Laien im Zeitalter der großen Religionskämpfe war, weiß jeder, der die historischen Quellen kennt. Man kann damit nur dief im Grunde auch abergläubische Vorstellung des heutigen Proletariats von dem, was „die Wissenschaft“ leisten und beweisen könne, in Parallele stellen.e 153)  Baxter, The Saints’ Everlasting rest I, 6,94 antwortet auf die Frage: Whetherg to make salvation our end be not mercenary or legal? – It is properly mercenary when we expect it as wages for work done … Otherwise it is only such a mercenarinessh as Christ commandeth … and if seeking Christ be mercenary, I desire to be so mercenary … Übrigens fehlt bei manchen als orthodox geltenden Calvinisten auch der Collaps in ganz krasse Werkheiligkeit nicht. Nach Bailey, Praxis pietatisi p.  2621 sind Almosen ein u–u A: sind49): –  v  A, A1: Inkommunikabilitität  w  A, A1: richtig,  a A: diese b  A, A1: eignet –  c A: richten  d–d  Fehlt in A.   e–e  Fehlt in A.   f  In A1 folgt: 〈die höchst respektable aber〉  g  A, A1, BS, C: Wether  h  A, A1, BS, C: mercenarism  i  A, A1, BS: pietaits   Varieties, p.  379–429. Mystische Bewußtseinszustände, die James durch Erzählungen veranschaulicht, zeichnen sich nach ihm durch „ineffability“ und „noetic quality“ (p.  380 f.) aus. „This incommunicableness of the transport is the keynote of all mysti­ cism. Mystical truth exists for the individual who has the transport, but for no one else. In this, as I have said, it resembles the knowledge given to us in sensations more than that given by conceptual thought“ (p.  405). Versprachlicht werde die privat auftreten­ de religiöse Erfahrung mittels philosophischer und theologischer Formeln (sekundäre Produkte), die die Vernunft definiere, um die allgemeinen Fakten der religiösen Erfah­ rung allgemein zustimmungsfähig zu machen. 94  Weber zitiert Baxter, Saints’ Everlasting Rest (First Part, chapter II, Sect. 6), hier nach Dowden, Puritan and Anglican, p.  241, Anm.  1, was u. a. aus dem Wortlaut der einleitenden Frage, einer Zusammenfassung nach Baxter, hervorgeht (das Zitat, von Dowden mit Hinweis auf Baxters Schrift „I. vi.“ ausgewiesen, bei Baxter in: Practical Works, vol. XXII, p.  32; dort: „It is properly called mercenary […]“). 1  Bei seinem Hinweis auf Bayli, Praxis pietatis I, p.  262, folgt Weber Schneckenbur­

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zung des sittlichen Handelns gegeben, als die, welche der Calvinismus in seinen Anhängern erzeugte. Aber entscheidend für die praktische Bedeutung dieser Art „Werkheiligkeit“ ist erstk die Erkenntnis der Qualitäten, welche die ihr entsprechende Lebensführung charakterisiertenl und sie von dem Alltagsleben eines mittelalterlichen Durchschnittschristen unterschiedenm. Man kann sie wohl etwa so zu formulieren versuchen: Der normalen mittelalterliche okatholische Laieo 154) lebtep in ethi|scher Hinsicht gewissermaßen „von der Hand in den Mund“. Er erfüllteq zunächst gewissenhaft die traditionellen Pflichten. Seine darüber hinausgehenden

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Mittel zur Abwendung zeitlicher Strafe. Andere Theologen2 empfahlen den Verworfe­ nen gute Werke mit der Motivierung, daß die Verdammnis dann doch vielleicht erträglicher würde, den Erwählten aber, weil Gott sie dann nicht nur grundlos, sondern ob causam lieben würde, was irgendwie schon seinen Lohn finden werde. Gewisse leise Konzessionen an die Bedeutung guter Werke für den Grad der Seligkeit hatte doch auch die Apologie gemacht (Schneckenburger a. a. O. S.  101).3 | 154)  Auch hier muß, um zunächst die charakteristischen Differenzen herauszuheben, B, C 113 notgedrungen in einer „idealtypischen“ Begriffssprache geredet werdenr,4 welche der historischen Realität im gewissen Sinn Gewalt antut, – aber ohne dies wäre vor lauter Verklausulierung eine klare Formulierung überhaupt ausgeschlossen. Inwieweit die hier möglichst scharf gezeichneten Gegensätze nur relative sind, swäre gesonderts zu erörtern.5 tEs versteht sich von selbst, daß die katholische offizielle Lehre schonu im Mittelalterv auch ihrerseits das Ideala der systematischen Heiligung des gesamten Le­ bens aufstellte. Aber ebenso zweifellos ist es, daß 1. die kirchliche Alltagspraxis, gerade durch ihr wirksamstes Zuchtmittel: die Beichte, die im Text angezogeneb „unsystematische“ Lebensführung erleichtertec,d ferner daß 2. der grundlegende rigoristisch kalte Stimmungsgehalt und die gänzliche auf sich selbst gestellte Isoliertheit der Calvinisten dem mittelalterlichen Laienkatholizismus dauerndf fehlen mußten.t |

k A: nun  l A, A1: charakterisieren  m A, A1: unterscheiden  n Fehlt in A. o–o A: Katholik  p A, A1: lebt  q A, A1: erfüllt  r A, A1: werde  s–s A, A1: ist später  t–t  Fehlt in A; A1: – Es versteht […] mußten.  u A1: auch  v In A1 folgt: 〈sich mit〉  a  In A1 folgt: 〈des heiligen Leben〉  b A1: angegebene  c In A1 nicht hervorgehoben.    d In A1 folgt: und    e In A1 folgt: 〈prinzipielle〉   f A1: durchaus   ger, Vergleichende Darstellung I, S.  100 (dabei übernimmt Weber die Seitenangabe von Schneckenburger, der nach der Ausgabe Bayly, Praxis pietatis, Bern 1703, zitiert). 2  Vgl. Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, S.  99 f. 3  Schneckenburger, ebd., S.  101, Anm.  *, zitiert aus der von Melanchthon verfaßten Apologie zum Augsburger Bekenntnis (1530): „Docemus bona opera meritoria esse, non remissionis peccatorum, gratiae aut justificationis, haec enim tantum fide conse­ quimur, sed aliorum praemiorum corporalium et spiritualium in hac vita et post hanc vitam“, heißt es in Art.  IV, der von der Rechtfertigung handelt. 4  Dazu oben, S.  193 f., Fn.  50 mit Anm.  80. 5  In der „Protestantischen Ethik“ nicht mehr ausgeführt.

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„guten Werke“ aber bliebeng normalerweise eine hnicht notwendig zusammenhängende, zum wenigsten eine nicht notwendigerweise zu einem Lebenssystem rationalisierteh Reihe einzelner Handlungen, die er ije nach Gelegenheit, etwai zur Ausgleichung konkreter Sünden oder unter dem Einfluß der Seelsorge oder gegen Ende seines Lebens gewissermaßen als Versicherungsprämie vollzogj. k lNatürlich war die katholische Ethik „Gesinnungs“ethik. Aber die konkrete „intentio“ der einzelnen Handlung entschied über deren Wert. Und die einzelne – gute oder schlechte – Handlung wurde den Handelnden angerechnet, beeinflußte sein zeitliches und ewiges Schicksal. mGanz realistischm rechnete die Kirche damit, daß der Mensch keine absolut eindeutig determinierte und zu bewertende Einheit, sondern daß sein sittliches Leben (normalerweise) ein durch streitende Motive beeinflußtes[,] oft sehr widerspruchvolles Sichverhalten sei. Gewiß forderte auch sie von ihm als Ideal prinzipielle Wandlung des Lebens. Aber eben diese Forderung schwächte sie (für den Durchschnitt) durch eines ihrer allerwichtigsten Macht- und Erziehungsmittel wieder ab: durch das Bußsakrament, | dessen Funktion tief mit der innersten Eigenart der katholischen Religiosität verknüpft war.l Dien „Entzauberung“ der Welt: die Ausschaltung der Magie als Heilsmittelo 155), warp in der katholischen Frömmigkeit nicht zu den Konsequenzen durchgeführt, wie in der puritanischen (und vor ihr nur in der jüdischen) Religiosität. Dem Katholiken156) standq die Sakramentsgnader seiner Kirche als Ausgleichsmittel eigner Unzu-

s 155)  Die absolut zentrale Bedeutung dieses Moments wird, wie schon einmal erA, A1 27, BS, C 114 wähnt, erst in dent Aufsätzen über die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ allmählich hervortreten.s 6 u 156)  Und, in gewissem Maßa, auch dem Lutheraner. Luther wollte diesen letzten Rest vonb sakramentaler Magie nicht ausrotten.u 7

g A: sind  h–h A: planlose A1: 〈unzusammenhängende〉 nicht notwendig zusammenhängende […] Lebenssystem 〈gebrachte〉 rationalisierte  i–i  Fehlt in A.   j A, A1: vollzieht  k–k (S.   321) Fehlt in A einschließlich Indices.   l–l Fehlt in A1.   m–m BS: In hohem Grade  n A1: Denn die  o A1: Heilsweg > Heilsmittel   p A1: ist  q A1: steht  r In A1 folgt: 〈für〉  s–s Fehlt in A.   t In A1 folgt: 〈späteren〉  u–u  Fehlt in A.    a A1: Sinn > Maß  b  In A1 folgt: 〈Magie auf dem〉   6  Siehe oben, S.  280, Fn.  105 mit Anm.  24. 7  Zum Abendmahl vgl. oben, S.  305 f., Fn.  135, zu Luthers Beichtverständnis im Glos­ sar: „Beichte“, unten, S.  600.

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länglichkeit zur Verfügung: der Priester warc ein Magier, der das Wunder der Wandlung vollbrachted und in dessen Hand die Schlüsselgewalt gelegt ware. Man konnte sich in Reue und Bußfertigkeit an ihn wenden,f er spendete Sühne, Gnadenhoffnung, Gewißheit der Vergebung undg gewährte damit die Entlastung von jener ungeheuren Spannung, in welcher zu leben das unentrinnbare und durch nichts zu lindernde Schicksal des Calvinisten warh. Für diesen gabi es jene freundlichen und menschlichen Tröstungen nicht und er konnte auch nicht hoffen, Stunden der Schwäche und des Leichtsinns durch erhöhten guten Willenk in andern Stunden wettzumachen, wie der Katholik und auch der Lutheraner.k Der Gott des Calvinismus verlangtel von den Seinigenm nicht einzelne „gute Werke“, sondernn eine zum System gesteigerte Werkheiligkeit157). 157)  Vgl. z. B. Sedgwick, Buß- und Gnadenlehre (deutsch v[on] Rötchero 1689):8 der Bußfertige hat „eine feste Regel“, an die er sich genau hält und wonach er sein ganzes Leben einrichtet und wandelt (S.  591).9 Er lebt, – klug, wachsam und vorsichtig, – nach dem Gesetze (S.  596). Nur eine dauernde Veränderung des ganzen Menschen kann, weil Folge der Gnadenwahl, dies bewirkenp (S.  852).10 qWirkliche Buße drückt sich stets im Wandel aus (S.  361).q 11 – Der Unterschied der nur „moralisch“ guten Werke und der „opera spiritualia“ liegt, wie z. B. Hoornbeek, a. a. O. l[iber] IX c. 212 ausführt, eben darin, daß diese Folge eines wiedergeborenen Lebens sind, daß (a. a. O. Vol. I

c A1: ist  d A1: vollbringt  e A1: ist  f  In A1 folgt: 〈und〉  g  In A1 folgt: 〈damit〉  h A1: ist > war  i A1:  giebt > gab  k  In A1 folgt: 〈oder〉  k  (S.  320)– k  Fehlt in A einschließlich Indices.   l A: dagegen verlangt A1: verlangt  m  In A folgt: und bewirkt in ihnen  n  In A folgt: ein „heiliges Leben“, d. h.  o  A, A1, BS, C: Röscher  p  A, A1: bewirken,  q–q  Fehlt in A.   8  Bei Sedgwick, Buß- und Gnadenlehre, S.  591: „eine gewisse Regul“. 9  Weber bezieht sich auf die Charakterisierung des christlichen „Wandels“ bei Sedg­ wick, ebd., S.  590–597. 10  Vgl. Sedgwick, ebd., S.  852–855. In diesem Abschnitt wird die Veränderung, die von Gottes Gnade herrührt, derjenigen gegenübergestellt, die dem unruhigen, ängst­ lichen und instabilen Gewissen entspringt. 11 Vgl. Sedgwick, ebd., S.  361: Bei einem wahren bußfertigen Sünder „muß die e Wirckung der Gnaden sich in ihm beweisen/ mit Abschaffung der Sunden/ mit einem Wandel in den Steigen der Gerechtigkeit“. 12  Hoornbeek, Theologia practica II, liber IX, cap. II („De bonis operibus“), p.  178– 183, besonders p.  180: „Ergo non naturae sunt bona opera, sed Spiritus sancti, neque quod civiliter bonum, est vere bonum, sed duntaxat quod spirituale, sive non quod merae rationis, naturae, honestatis civilis aut ethicae, sed quod fructus est spiritus. […] Magna utique est differentia, et sedulo semper inculcanda, inter opus bonum morale, quod vel apud Gentiles reperire est, et Pharisaei jactant ac Publicani; et spiri­ tuale, quod supra illud habet magnum περισσόν […]. Et non gradibus tantum inter se differt, sed integris formis.“

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rVon

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dems katholischen, echt menschlichen Auf und Ab zwischen Sünde, Reue, Buße, Entlastung, neuer Sünde toder vont einem | durch zeitliche Strafen abzubüßenden, durch kirchliche Gnadenmittel zu begleichenden Saldo des Gesamtlebens wara keine Rede.r Die ethische Praxis des Alltagsmenschen bwurde sob ihrer Planund Systemlosigkeit entkleidet und zu einer konsequenten Methode der ganzen Lebensführung ausgestaltet. Es ist ja kein Zufall, daß der Name der „Methodisten“ ebenso an den Trägern der letzten großen Wiederbelebung puritanischer Gedanken im 18. Jahrhundert haften geblieben ist, wie die dem Sinne nach durchaus gleichwertige Bezeichnung „Präzisisten“ auf ihre geistigen Vorfahren im 17. Jahrhundert angewendet worden war158). Denn nur in einer fundamentalen Umwandlung des Sinnes des ganzen Lebens in jeder

S.  160)13 ein stetiger Fortschritt darin wahrnehmbar ist, wie er nur durch die übernatürliche Einwirkung der Gnade Gottes (a. a. O. S.  150)14 erzielt werden kann. Die Heiligkeit ist Verwandlung des ganzen Menschen durch Gottes Gnade (das. S.  190 f.),15 – Gedanken, die ja dem ganzen Protestantismus gemeinsam sind, cdie sich natürlich ebenso auch in den höchsten Idealen des Katholizismus finden;c aber deben in den auf inner­ weltliche Askese abgesteckten puritanischend Richtungen erst ihre Konsequenzen efür die Welt zeigen konnten und, vor allem, nur dort hinlänglich stark psychologisch prä­ miiert warene. | 158)  Der letztere Name ist in Holland allerdings speziell von dem präzis nach den BS, C 115 Vorschriften der Bibel geführten Lebenf der „Feinen“ abgeleitet (so bei Voët).16 – Übrigens kommt auch für die Puritaner im 17. Jahrh[undert] vereinzelt der Name „Methodisten“ vor.17

r–r  Fehlt in A.   s A1: einem > dem  t–t A1: und von 〈nur〉  a A1: ist  b–b A: wird A1: wird so  c–c  Fehlt in A.   d–d A: in den asketischen A1: eben in […] abgestellten puritanischen  e–e A: zeigen A1: zeigen konnten  f  A, A1: Lebens   13 Hoornbeek, Theologia practica I, liber II, cap. II („De Dei Praedestinatione“), p.  160: „Hinc sequitur, ad confirmandam in nobis magis magisque electionem nostram gratuitam, necesse esse ut indies bene agendo promoveamus, hoc enim faciunt elec­ ti […]“ (dort hervorgehoben). 14  Vgl. Hoornbeek, ebd., p.  150. 15 Vgl. Hoornbeek, Theologia practica II, liber IX, cap. IV („De sanctitate“), hier p.  190 f. 16  Die Bezeichnung „Präzisismus“ rührt von Voets Disputation „De Praecisitate“ her; vgl. Ritschl, Pietismus I, S.  112. Vgl. dazu auch unten, S.  346, Fn.  194 mit Anm.  8. 17  Nach Tyerman, Wesley I, p.  66 f., wurde die Bezeichnung schon in Traktaten von 1639 und 1693 gebraucht, bevor sie – im Spott über ihr frommes Verhalten – auf die Mitglieder der Oxforder Vereinigung („holy club“) um Charles und John Wesley ange­ wandt und dann von ihnen übernommen wurde. – Vgl. auch Loofs, Art. Methodismus, S.  755, zur gleichen Bedeutung im Sinne eines geregelten Frömmigkeitsverhaltens von „Methodisten“, „Precisians“ oder „Präzisianern“ und „Pietisten“.

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Stunde und jeder Handlung159) konnteg sich das | Wirken der Gnade als einer Enthebung des Menschen aus dem status naturae in den status gratiae bewähren. Das Leben des „Heiligen“ warh ausschließlich auf ein transzendentes Ziel:i die Seligkeit, ausgerichtet, aber eben deshalb in seinem diesseitigen Verlauf durchwegk ratio­ nalisiert und beherrscht von dem ausschließlichen Gesichtspunkt:l Gottes Ruhm auf Erden zu mehren; – und niemals ist mit dem Gesichtspunkt „omnia in majorem Deim gloriam“ so bitterer Ernst gemacht worden160). Nur ein durch nkonstante Reflexionn geleitetes Leben aber konnteo als Überwindung des status naturalis gelten: Descartes’ „cogito ergo sum“ wurde in pdieser ethischenp Umdeutung von den zeitgenössischen Puritanern übernommen161). Diese |

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159)  Denn – wie die puritanischen Prediger (z. B. Bunyan in „The Pharisee and the Publican[“], W[orks] of Pur[itan] Div[ines] S.  126)18 hervorheben: – jede einzelne Sünde vernichtet alles, was im Lauf eines ganzen Lebens an „Verdienst“ durch „gute Werke“ aufgehäuft sein könnte, wenn – undenkbarerweise – der Mensch überhaupt von sich aus dazu fähig wäre, etwas zu leisten, was Gott ihm als Verdienst | anrechnen müßte,q A, A1 28 oder gar dauernd vollkommen leben könnte. Es findet eben nicht, wie im Katholizismus, eine Art Kontokorrent mit Saldo-Abrechnung rstatt – ein Bild, das schon dem Altertum geläufig war –,r sondern für das ganze Leben gilt das schroffe Entweder – Oder: Gnadenstand oder Verwerfung. – sAnklänge an die Kontokorrent-Auffassung s. Anm.  188 S.  338–340.s 160)  Darin liegt der Unterschied gegen die bloße „Legality“ und „Civility“, welche bei Bunyan als Genossen des Mr. „Worldly-Wiseman“ in der City, welche „Morality“ genannt ist, hausen.19 161)  Charnock, Self-examination (Works of the Pur[itan] Div[ines] S.  172):20 Reflec­ tion and knowledge of self is a prerogative of a rational nature. Dazu die Fußnote: Cogito, ergo sum, is the first principle of the new philosophy. |

g  A, A1: kann  h  A, A1: ist  i  A, A1: Ziel,  k  Fehlt in A.   l  A, A1: Gesichtspunkt,  m  A, A1, BS, C: dei  n–n A: konstante Reflexion  o  A, A1, BS: kann p–p A: dieser ethischen    q  Komma fehlt in A, A1.    r–r A: statt, A1, BS, C: statt, – ein Bild […] war –  s–s A: S. freilich andererseits unten Anm.  72.  In A1 ersetzt durch: Bei dem unten (Anm.  72) erwähnten „seligen* Handel“ Baxter’s [?] > Anklänge an 〈den〉 〈die katholische Art der〉 〈diese〉 die Kontokorrent-Auffassung s. Anm.  72.   18  Weber bezieht sich im folgenden auf Bunyans Zitat und Auslegung von Hes 33,13; Bunyan, Pharisee and Publican (Bunyan, Works of the English Puritan Divines I), p.  126: „When I shall say to the righteous, that he shall surely live; if he trust to his own righteousness, and commit iniquity, all his righteousness shall not be remembered: but for his iniquity that he hath committed, he shall die for it.“ Vgl. auch p.  127: „Note hence further. […] That there is more virtue in one sin to destroy, than in all thy righ­ teousness to save thee alive.“ 19  Vgl. Bunyan, Pilgrim’s Progress, p.  10–19. 20 Bei Charnock, Self-Examination (Charnock, Works of the English Puritan Divines VI), p.  172: „[…] in the new philosophy“.

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Rationalisierung nun gaba der reformierten Frömmigkeit ihren spezifisch asketischen Zug und begründeteb ebenso ihre innere Verwandtschaft162) c wie ihren spezifischen Gegensatz zum Katholizismus. dDenn natürlich war ähnliches dem Katholizismus nicht etwa fremd.d Die christliche Askese eenthielt in sich zweifellos sowohl der äußeren Erscheinung wie dem Sinn nach höchst Verschieden­artiges. Im Okzident aber trug siee in ihren höchsten Erscheinungsformen bereits im Mittelalter durchaus fund in manchen Erscheinungen schon in der Antikef geinen rationaleng Charakter. Die welthistorische Bedeutung der mönchischen Lebensführung im Okzident in ihrem Gegensatz zum orientalischen Mönchtum h– nicht: seiner Gesamtheit, aber seinem allgemeinen Typus –h beruht darauf i. Sie wark im Prinzip schon in der Regel des heiligen Benedikt, noch mehr bei den Cluniazensern l, wiederum mehr bei denl Zisterziensern, am entschiedensten endlich bei den Jesuiten, emanzipiert von planloser Weltflucht und virtuosenhafter Selbstquälerei. Sie m 162)  Es ist hier noch nicht der Ort, die Verwandtschaft der – nie zur Herrschaft gelangten, stets nurn geduldeten, zuweilen nur verketzerten – Theologie des Duns Scotus mito gewissen Gedankengängen des asketischen Protestantismus zu erörtern.21 Die spätere spezifische Abneigung der Pietisten gegen die aristotelische Philosophie22 teilte, wie – in etwas anderem Sinn – Luther, auch Calvin in bewußtem Gegensatz gegen den Katholizismus (cf. Inst[itutio] Chr[istianae] II c. 2, s. 4, IV c. 17, s. 24).23 Der „Primat des Willens“, – wie Kahl das genannt hat,24 – ist allen diesen Richtungen gemeinsam.m

a  A, A1: gibt  b  A, A1: begründet  c  Index fehlt in A.   d–d  Fehlt in A; in A, A1 folgt kein Absatz.   e–e A: trägt ja A1: enthält sowohl der äußeren Erscheinung […]  f–f  Fehlt in A.   g–g  A, A1: diesen rationalen  h–h  Fehlt in A.   i  A, A1: auf ihm  k  A, A1: ist  l–l A: und  m–m  Fehlt in A.   n  Fehlt in A; A1: 〈[?]〉 o  In A1 folgt: 〈den〉   21  Dies sah Max Weber vermutlich für die Fortsetzung seiner religionssoziologischen Studien vor, die er aber nicht mehr verfaßte. Vgl. dazu die Einleitung, oben, S.  49–51. 22  Vgl. dazu Webers Ausführung unten, S.  373 f., Fn.  231. 23  Calvin, Inst. II, 2, 4 und IV, 17, 24 (die Stellenangaben auch bei Kampschulte, Cal­ vin I, S.  260 mit Anm.  3 und 4). 24  Gemeint ist: Kahl, Die Lehre vom Primat des Willens bei Augustinus, Duns Scotus und Descartes. Duns Scotus, so Kahl, schreibe dem Willen den Primat zu, nicht dem Verstand (wie im Thomismus). Er bestimme den Willen als „das Vermögen der freien Selbstbestimmung […], der seine durch nichts beschränkte Macht gerade dadurch bekunde, dass er nicht nur den Lockungen der Sinne widerstehen, sondern auch den Annehmlichkeiten und Gütern, welche der Verstand ihm vorhält, entgegenhandeln kann“ (ebd., S.  81).

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warp zu einer systematisch durchgebildeten Methode rationaler Lebensführung geworden, mit dem Ziel, den status naturae zu überwinden, den Menschen der Macht der irrationalen Triebe und der Abhängigkeit von Welt und Natur zu entziehen, der Suprematie des planvollen Wollens zu unterwerfen163), seine Handlungen beständiger Selbst|kontrolle und der Erwägung ihrer ethischen Tragweite zu unterstellen und so den Mönchq – objektiv – zu einem Arbeiter im Dienst des Reiches Gottes zu erziehen, und dadurch wiederumr – subjektiv – seines Seelenheils zu versichern. Diese s– aktive –s Selbstbeherrschung wart, wie das Ziel der exercitia des heiligen Ignatius und der höchsten Formen rationaler mönchischer 163)  Ganz so definiert z. B. der Artikel „Ascese“ des katholischen „Kirchenlexikons“ ihren Sinn, durchaus in Übereinstimmung mit ihren höchsten historischen Erscheinungsformen. Ebenso Seeberg in der R[eal-]E[ncyklopädie] f[ür] Prot[estantische] Th[eologie] u. K[irche].25 uEs muß gestattet sein, für die Zwecke dieser Abhandlung den Begriff so zu verwenden, wie es hier geschieht. Daß man ihn anders – weiter sowohl wie enger – fassen kann und meist zu fassen pflegt, ist mir wohlbekannta.u 26 |

p  A, A1: ist  q  In A1 folgt Index (für Fn.  164).   r A: auch  s–s  A, A1: unbedingte  t  A, A1: ist  u–u  Fehlt in A.   a C: wohl bekannt   25  Gemeint sind: Pruner, Art. Ascese, und Seeberg, Art. Askese. Weber betont hier die Gemeinsamkeiten und nicht die Unterschiede in den Definitionen, die in einem katholischen („Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon“; Pruner) bzw. protestantischen Hand­ wörterbuch („Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche“; Seeberg) erschienen. Pruner definiert: „Ascese ist das geordnete und beharrliche Ringen des von der Gnade getragenen freipersönlichen Willens gegen alle Hindernisse der sittli­ chen Vollkommenheit, welche in der Concupiscenz, in der Welt und in der dämoni­ schen Versuchung ihm entgegentreten, in Verbindung mit dem rechten Gebrauche der Mittel zur Heiligung und mit eifriger Übung aller Tugenden“ (Sp.  1461). Seeberg definiert: „Askese ist dasjenige christlich sittliche Handeln, welches sich auf die natür­ lichen Kräfte und Gaben des Menschen richtet mit dem Zweck diese zu Organen des neuen sittlichen Lebens zu gestalten“ (S.  140). Es handele sich um „Disciplinierung des natürlichen Menschen“ mit dem Ziel, „Selbstbeherrschung (in eigentl[ichem] Sinn) zu erlangen“ (ebd.), in der „Stetigkeit und Regelmäßigkeit guten Handelns“ (S.  141). Denn das Gute müsse „habituell“ werden (ebd.). 26  Vgl. dazu schon die Auseinandersetzung mit Felix Rachfahl: Rachfahl, Kalvinis­ mus, MWG I/9, S.  537–554, und die Erwiderung von Weber, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, MWG I/9, S.  577–584; Rachfahl, Nochmals Kalvinismus, MWG I/9, S.  639–643, und Weber, Antikritisches Schlußwort, ebd., S.  724–728.

A, A1 29

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

Tugen|den überhaupt164) b,27 so auch das entscheidende praktische Lebensideal des Puritanismus165) c. Schon in der tiefen Verachtung, mit der in den Berichten über die Verhöre seiner Märtyrer das fassungslose Poltern der adligen Prälaten und Beamten der kühlen

d 164)  Im Hudibras wurdene die Puritaner (1. Gesang 18. 19) den Barfüßern vergliA, A1 29, BS, C 117 chen.28 Einf Bericht des genuesischeng Gesandten Fieschi nennt Cromwells Heer eine Versammlung von „Mönchen“.d 29 h 165) Angesichts dieser ganz ausgesprochenermaßen von mir behaupteten innerlicheni Kontinuität zwischen außerweltlicher Mönchsaskese und innerweltlicher Berufsaskese bin ichk überrascht, von Brentano (a. a. O. p.  134 und sonst)l die Arbeitsaskese der Mönche und ihre Empfehlung gegen mich angeführt zu finden! Sein ganzer „Exkurs“m gegen mich kulminiert darin.30 Eben jenen Kontinuität ist aber, wie jeder sehen kanno, eine Grundvoraussetzung meiner ganzen Aufstellungp: die Reformation

b  Index fehlt in A und in A1 an dieser Stelle (vgl. oben, S.  325).   c  Index fehlt in A.   d–d  Fehlt in A.   e A1: werden  f A1: Der > Ein  g A1: campanischen* > genuesischen  h–h (S.  327)  Fehlt in A.   i  In A1 folgt: 〈nicht〉  k  In A1 folgt: 〈einigermaßen erstaunt〉 〈doch etwas〉  l In A1 folgt: 〈sehr oft*〉  m Anführungszei­ chen fehlen in A1.  n A1: diese > jene  o A1: mußte  p A1: Auffassung   27  Bei den „Exercitia spiritualia“ („Geistliche Übungen“) von Ignatius von Loyola, des Gründers des Jesuitenordens, handelt es sich um eine methodische Handreichung für den Exerzitienleiter und Übenden (entstanden wohl 1522/23, gedruckt lat. Rom 1548, span.  1615). Die Exercitia dienten zur Einübung geistiger Askese, u. a. durch genaue Selbstprüfung, mit dem Ziel, Selbstbeherrschung zu erlangen (in den Worten Gotheins: Aufhebung ungeregelter Affekte), die ihm als wichtigste Tugend galt. Vgl. Gothein, Eberhard, Ignatius von Loyola und die Gegenreformation. – Halle: Max Nie­ meyer 1895 (hinfort: Gothein, Ignatius von Loyola), S.  228–244, bes. S.  228 f. Weber hat das Werk gelesen (wobei offen bleiben muß, wann), vgl. den Brief an Willy Hell­ pach vom 29. Jan.  1906, MWG II/5, S.  29; das erhaltene Handexemplar (Max WeberArbeitsstelle, BAdW München) enthält keine Markierungen. 28  Samuel Butler nimmt in seiner dreiteiligen Verssatire „Hudibras“ (1663–1678) die Puritaner aufs Korn. Nach dem Vorbild von Cervantes’ „Don Quijote“ verspottet er sie in den Abenteuern des Hudibras und seines Knappen Ralph. In einer älteren deut­ schen Übersetzung von Butler, Hudibras, heißt es im 1. Gesang, S.  18 f.: „Dieser Bart [des Helden bzw. der Held Hudibras, ein Presbyterianer, ebd. S.  16; Ed.] war ein Or­ dens-Mann, und durch ein scharfes Gelübde einer Regel zugethan, die so verdrüßlich und strenge war, als die Regel der Barfüsser […]“ (Zitat ebd., S.  19). 29  In dem Bericht Ugo Fieschis (Fiescos), des genuesischen Botschafters in London, heißt es über die Armee Oliver Cromwells (in: ders., Oliviero Cromwell dalla battaglia di Worcester alla sua morte. Corrispondenza dei rappresentanti Genovesi a Londra, hg. von Carlo Prayer (Atti della società ligure di storia patria, vol. XVI). – Genua: R. I. de’ Sordo-Muti 1882, p.  263–281, hier p.  279): „Questa Armata che, per esser ben pagata et ottimamente disposta, non deve desiderar mutatione, e per esser così ben regolata dà mostra più d’ un esercito di religiosi che di soldati, che senza vitii di be­ stemmie, lussurie, ubriachezze e latrocinii, severamente castigati […].“ 30  Vgl. Brentano, Anfänge, S.  134 f. u. ö., im Exkurs(-teil) „Puritanismus und Kapitalis­ mus“, S.  117–157.

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reservierten Ruhe seiner Bekenner entgegengehalten wird166), tritt jene in den besten Typen noch des heutigen englischen und angloamerikanischen „gentleman“ vertretene Schätzung reservierter Selbstkontrolle hervor167). In der uns geläufigen Sprache168): Die trug die rationale christliche Askese und Lebensmethodik aus den Klöstern hinaus in das weltliche Berufslebenq. Vgl. die folgenden, unverändert stehen gebliebenen Ausführungen.h 166)  So in den vielen in Neal’s „History of the Puritans“ und in Crosby’s „English Baptists“ wiedergegebenen Berichten über die Verhöre der puritanischen Häretiker.31 167)  Schon Sanford a. a. O. (und vor wie nach ihm viele andere) haben die Entstehung des Ideals der „reserve“ aus dem Puritanismus abgeleitet.32 Vgl. über jenes Ideal etwa auch die Bemerkungen von James Bryce über das amerikanische College in Bd. II seiner „American Commonwealth“.33 – Das asketische Prinzip der „Selbstbeherrschung“ machte den Puritanismus auch mit zum Vater der modernen militärischen Dis­ ziplin. (S[iehe] über Moritz von Oranien als Schöpfer moderner Heeresinstitutionen: Roloff in den Preuß[ischen] Jahrb[üchern] 1903 Bd. 111r S.  255.)34 Cromwells „Ironsides“, mit der gespannten Pistole in der Hand, ohne Schuß, in scharfema Trabe an den Feind geführt, waren nicht durch derwischartigeb Leidenschaft, sondern umgekehrt durch ihre nüchterne Selbstbeherrschung, welche sie stets in der Hand des Führers bleiben ließ, den „Cavalieren“ überlegen, deren ritterlich-stürmische Attacke jedesmal die eigene Truppe in Atome auflöste. Manches darüber bei Firth, Cromwell’sc Army.35 168)  S[iehe] dafür besonders: Windelband, Über Willensfreiheit, S.  d87 f.d 36 |

q A1: „Berufs“-Leben  r  A, A1, BS, C: III  a  A, A1: scharfen  b  A, A1: Derwisch-artige  c  A, A1, BS, C: Cromwells  d–d  A, A1, BS, C: 77 f.   31  Z. B. Neal, Puritans I, p.  434–437; Crosby, English Baptists II, p.  185–209. 32  „Those, therefore, who deride the ‚moroseness‘ of the Puritan, should recollect that they are to some extent ridiculing that ‚reserve‘ upon which modern Englishmen are generally accustomed to pride themselves. […] Place an Englishman of acknowl­ edged high principle and good sense, and at the same time a social favourite of the present day, among the questions and feelings of the days of Charles I., and would he, in any essential point, differ from the Eliots and Hampdens of the Puritan party?“ San­ ford, Great Rebellion, p.  92 f. 33  Vgl. Bryce, American Commonwealth II, „The Universities“, p.  541–569 (Markierun­ gen Webers im gesamten Kapitel, Exemplar der UB Heidelberg). 34  Moritz von Oranien führte das Exerzieren, gesteigerte Disziplin und das Offiziers­ wesen in das Heer ein (dem folgten später Schweden und Preußen). Vgl. Roloff, Moritz von Oranien, S.  255–276. 35  Beschrieben von Charles Harding Firth, Cromwell’s Army, im Kapitel V. „The Caval­ ry“, p.  110–144. – „Ironsides“ („Eisenseiten“) waren die Kavallerie der New Model Army Oliver Cromwells. Zu den „Cavalieren“ (Royalisten) vgl. oben, S.  251 mit Anm.  15. 36  Windelband, Über Willensfreiheit, fünfte Vorlesung über „Die Freiheit des Wählens. (Schluß.)“, S.  68–91, bes. S.  87 f. Wilhelm Windelband erläutert hier, daß zur Freiheit des Wählens neben situativen auch konstante Motive gehören, die der Persönlichkeit eines Menschen entspringen und also auf sie schließen lassen (Kausalität der Persön­ lichkeit; S.  77 f.). Wo aber Affekte vorherrschen, ist der Mensch unfrei, und sein eigent­

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puritanische – wie jede „rationale“ – Askese arbeitetee daran, den Menschen zu befähigen, seine f„konstanten Motive“,f insbesondere diejenigen, welche sie selbst ihm „einübte“,g gegenüber den „Affekten“ zu behaupten und zur Geltung zu bringen:h – daran also, ihn zu einer „Persönlichkeit“ in diesem, formal-psychologischen Sinne des Worts zu erzieheni. Ein waches bewußtes helles Leben führen zu können, war, im Gegensatz zu manchen populären Vorstellungen, das Zielk, – die Vernichtung der Unbefangenheitl des triebhaften Lebensgenusses die dringendste Aufgabem, – Ord­ nung in die | Lebens|führung derer, die ihr anhingenn, zu bringen, das wichtigste Mittel der Askese. Alle diese entscheidenden Gesichtspunkte finden sich in den Regeln des katholischen Mönchtums ganz ebenso169) ausgeprägt wie in den Grundsätzen der Lebensführung der Calvinisten170). Auf dieser methodischen Erfas-

169)  Nur nicht so unvermischt. Kontemplationo, gelegentlich mit Gefühlsmäßigkeit A, A1 30, BS, C 118 verbunden, istp mit diesen rationalen Elementen mehrfach gekreuzt. Aber dafür ist wiederum auch die Kontemplation methodisch reglementiert. 170)  Sündig ist nach Richard Baxter alles, was gegen die von Gott als normgebend uns anerschaffene „reason“ ist: nicht etwa nur inhaltlich sündige Leidenschaften, sondern alle irgendwie sinn- oder maßlose Affekte als solche, weil sie die „countenance“ vernichten und als rein kreatürliche Vorgänge uns von der rationalen Beziehung alles Handelns und Empfindens auf Gott abziehen und ihn beleidigen. Vgl. z. B. was über die Sündlichkeit des Ärgers gesagt ist (Christian Directory 2.  Aufl. 1678 I S.  285.37 Dazu wird S.  287 Tauler zitiert).38 Über die Sündlichkeit der Angst ebenda S.  287 Sp.  2.39 Daß es Kreaturvergötterung (idolatry) ist, wenn unser Appetit die „rule or measure of eating“ ist, wird sehr nachdrücklich das. I S.  310, 316 Sp.  1 und öfter auseinandergesetzt.40

e A, A1: arbeitet  f–f A: „konstanten Motive“,   In A, A1 folgt Gedankenstrich. g A: „einübt“,    In A, A1 folgt Gedankenstrich.   h  A, A1: bringen,  i A: erziehen k A: Ziel  l A: Unbefangenheit  m A: Aufgabe  n  A, A1: anhängen  o BS, C: Kontemplationen  p  A, A1, BS, C: sind   liches Wesen kann nicht zur Geltung kommen. Darum ist es „Aufgabe aller Erziehung, daß der Mensch über seine Affekte Herr werde“ (S.  88). 37  Baxter, Christian Directory I, chap. VII. „Directions for the Government of the Pas­ sions“ (p.  274–301), Tit. 7: „Directions against sinful Wrath and Anger“, p.  285–287. Dort heißt es p.  285: „But it [Anger] is sinful, 1. When it riseth up against God or any Good […]. 2. When it disturbeth Reason, and hindereth our judging of things aright […]“, und: „Observe how unlovely and unpleasing it rendereth you to beholders: de­ forming the countenance, and taking away the amiable sweetness of it, which appea­ reth in a calm and loving temper.“ 38  Baxter, Christian Directory I, p.  287, zitiert aus „D. Ioannis Thavleri Flores de veris virtvtibvs“ (Köln, 1588). 39  Vgl. Baxter, ebd., chap. VII, Tit. 8: „Directions against sinful Fear“, p.  287–293, hier p.  287 f. 40  Vgl. Baxter, Christian Directory I, chap. VIII. „Directions for the Government of the

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sung des ganzen Menschen beruht bei beiden ihre ungeheure weltüberwindende Macht, speziell beim Calvinismus gegenüber dem Luthertum seine Fähigkeit, als „ecclesia militans“ den Bestand des Protestantismus zu sichern.41 Worin andererseits der Gegensatz der calvinistischen gegen die mittelalterliche Askese bestandq, liegt auf der Hand: es war der Wegfall der „consilia evangelica“42 und damit die Umgestaltung der Askese zu einer rein innerweltlichen. Nicht als ob innerhalb des Katholizismus das „methodische“ Leben auf die Klosterzellen Zitiert werden bei Gelegenheit solcher Ausführungen neben den überall in erster Reihe stehenden Sprüchen Salomos auch Plutarchs de tranquillitate animi, nicht selten aber auch die asketischen Schriften des Mittelalters, S[ankt] Bernhard, Bonaventura u. a.43 – Der Gegensatz gegen das „Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang …“44 konnte kaum schärfer formuliert werden als durch die Ausdehnung des Begriffes der idolatry auf alle Sinnenfreuden, soweit sie sich nicht durch hygienische Gründe rechtfertigen, in welchem Fall sie (wie, innerhalb dieser Grenzen, der Sport, aber auch andere „recreations“)r statthaft sind (darüber noch weiter unten).45 sMan wolle beachten, daß die hier und sonst zitierten Quellen weder dogmatische noch erbauliche Werket, sondern aus der Praxis der Seelsorge erwachsen46 und also ein gutes Bild der Richtung sindu, in welcher diese wirkte.s | q A, A1: besteht  r A, A1, BS, C: „recreations“),  s–s Fehlt in A.    t In A1 folgt: sind  u  Fehlt in A1.   Senses“ (p.  302–342), Part IV. „Directions for Governing the Taste and Appetite“, p.  310–330, p.  310 und 316 (p.  312: „Luxury and Gluttony is a sin exceeding contrary to the Love of God: It is Idolatry […]“). 41  Zu „ecclesia militans“ vgl. das Glossar, unten, S.  604. – Dazu etwa Schneckenbur­ ger, Vergleichende Darstellung I, S.  161 f. „Beide Formen der Frömmigkeit bilden mit ihrer aktiven socialen Richtung einen bestimmten Unterschied von der lutherischen. Dieser geht so weit, daß man schon nicht ohne Grund die Frage aufgeworfen hat, ob die Reformation überhaupt in nur lutherischer Besonderheit durchzuführen und zu be­ haupten gewesen wäre gegen das thatkräftige, gesellschaftsbildende Princip im Ka­ tholicismus, wenn die specifisch reformirte ihr nicht zur Seite gestanden hätte?“ (Zitat S.  161). 42  Vgl. oben, S.  226; zu „consilia evangelica“ vgl. das Glossar, unten, S.  603. 43 Plutarch mit Nennung des Werkes bei Baxter, Christian Directory I, im Kontext p.  313 (vgl. auch p.  310, 312, 321 u. ö.), die Sprüche Salomos (Prov.) p.  313, 318 ff. Mit Bernhard von Clairvaux und Bonaventura dürfte Weber über Baxters Werk hinauswei­ sen (Bernhard mit Zitat bei Baxter nur ebd., p.  11 und 63, und ders., Christian Directo­ ry III, p.  79, Bonaventura lediglich ebd., p.  199, unspezifisch). 44 „[…] Der bleibt ein Narr sein Lebenlang“. Auf Martin Luther zurückgeführter Spruch, bei ihm nicht nachweisbar; vgl. Büchmann, Georg, Geflügelte Worte. Der Ci­ tatenschatz des Deutschen Volkes, 13. vermehrte und umgearb. Aufl. – Berlin: Haudeund Spener’sche Buchhandlung 1882, S.  55 f. 45  Siehe unten, S.  449 ff. 46  Vgl. dazu unten, S.  411–413.

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beschränkt geblieben wäre. Das war theoretisch keineswegs und auch in der Praxis nicht der Fall. Es ist vielmehr aschon hervorgehobena, daß trotz der größeren moralischen Genügsamkeit des Katholizismus ein ethisch systemloses Leben nicht an die höchsten Ideale heranreicht, welche | er – auch für das innerweltliche Leben – gezeitigt hat171) b. Der Tertiarierorden des heiligen Franz war cz. B.c ein mächtiger Versuch in der Richtung asketischer Durchdringung des | Alltagslebens, und bekanntlichd nicht etwa der einzige.47 Werke freilich, wie die „Nachfolge Christi“, zeigen gerade durch die Art ihrer starken Wirkung, wie die in ihnen gepredigte Weise der Lebensführung als ein Höheres gegenüber der als Minimum genügenden Alltagssittlichkeit empfunden wurde,48 und daß diese letztere eben nicht an Maßstäben, wie sie der Puritanismus bereit hielt, gemessen wurde. Und die Praxis gewisser kirchlicher Institutionen, vor allem des Ablasses, der auche deshalb in der Reformationszeit nicht als ein peripherischer Mißbrauch, sondern als der entscheidende Grundschaden schlechthin empfunden wurde, mußte immer wieder die Ansätze systematischer innerweltf 171)  Ich würde es, beiläufig gesagt, bedauern, wenn aus der Darstellung irgendwelche Bewertung, es sei der einen oder der anderen Form von Religiosität, herausgelesen würde. Sie liegt hier ganz fern. Es kommt nur auf die Wirkung bestimmter, vielleicht für die rein religiöse Bewertung relativ peripherischer, für das praktische Verhalten aber wichtiger, Züge an.f |

a–a A, A1: vollständig zuzugeben  b Index fehlt in A, A1.  c–c Fehlt in A, A1.   d  Fehlt in A.   e A: eben  f–f  Fehlt in A, A1.    47  Auch Ritschl, Pietismus I, S.  13–16. Franz von Assisi wollte das ursprüngliche Chri­ stentum wiederherstellen, wozu das Vollkommenheitsideal des Mönchtums mit dem „passiven“ Christentum der Laien zum Ausgleich zu bringen sei. Deshalb empfahl er auch letzteren das asketische Ideal (im folgenden die „Werke“ der „‚Nachfolge Chri­ sti‘“ nach Mk 1,16–20 und weiteren Evangelien-Stellen, d. h. ein den Forderungen Jesu an seine Jünger entsprechendes, von Wanderschaft und Besitzlosigkeit geprägtes Leben). Er suchte „das asketische Leben aus den Mauern der Klöster in die Gesell­ schaft der Weltleute zu übertragen“ (S.  15). Zu diesem Zweck habe er die Laienverei­ nigung der Tertiarier (Terziarier) und Tertiarierinnen (Terziarierinnen), den franziskani­ schen Dritten Orden, gegründet. 48  Formuliert im „Tractatus de indulgentiis“ (1517) und insbesondere in den „95 The­ sen“, die Luther vermutlich für eine akademische Disputation an der Wittenberger Schloßkirche anbringen ließ (als Datum gilt der 31. Okt. 1517). Luther kritisierte die spätmittelalterliche Bußpraxis, für Geld oder den käuflichen Erwerb eines Ablaßbriefes Sündenstrafen nachzulassen. Dadurch werde eine falsche Heilssicherheit erzeugt, denn Buße sei eine lebenslange Haltung des Christen (These 1). – Vgl. auch im Glos­ sar: „Ablaß“ und „Buße“, unten, S.  598 und 601.

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licher Askese kreuzen. Das Entscheidende aber war:g daß der him religiösen Sinnh methodisch lebende Mensch par excellence eben doch allein der Mönch war und blieb, daß also die Askese, je intensiver sie den einzelnen erfaßte, desto mehr ihn aus dem Alltags­ leben herausdrängte, weil eben in der Überbietung der innerwelt­ lichen Sittlichkeit172) das spezifisch heilige Leben lag. Das hatte zunächst,i – und zwar nicht als Vollstrecker irgendeiner „Entwicklungstendenz“, sondern aus ganz persönlichen Erfahrungen heraus, janfänglich übrigens in den praktischen Konsequenzen noch schwankend,j dann durch die politische Situation weitergedrängt,k – Luther beseitigt, und der Calvinismus hat dies von ihm einfach übernommen173). lEs traf für dessen Art von Religiosität in der Tat 172)  S[iehe] hierzu namentlich den Artikel „Moralisten, englische“, von E[rnst] A, A 31 1 Tröltsch in der R[eal-]E[ncyklopädie] f[ür] Prot[estantische] Th[eologie] u. K[irche] 3.  Aufl.49 173)  Wie sehrm ganz konkrete religiöse Bewußtseinsinhalte nund Situationenn, die als „historische Zufälligkeit“ erscheinen, gewirkt haben, zeigt sich besonders deutlich darin, daß in den Kreisen des auf reformierter Grundlage entstandenen Pietismus z. B. das Fehlen der Klöster gelegentlich direkt bedauert wurde und daß die „kommunistischen“ Experimente Labadies u. a. ja lediglich ein Surrogat für das Klosterleben waren.50 |

g A, A1: war,  h–h Fehlt in A.   i Komma fehlt in A, A1.  j–j Fehlt in A, A1. k Komma fehlt in A, A1.  l–l (S.  332) Fehlt in A; A1: Es traf 〈somit〉 für […] lang.   m  In A folgt: hier  n–n  Fehlt in A.   49  Troeltsch, Art. Moralisten. Troeltsch stellt bes. S.  437–440 dar, wie es im „großen Amalgamierungsprozeß“ von Christentum und antiker Kulturwelt zur Ausbildung einer Zwei-Stufen-Ethik in der Kirche, zu einer „unaufheblichen Spannung zwischen mönchisch-klerikaler und laienhaft-bürgerlicher Moral “ kam (Zitate S.  437). – Die prote­ stantische Ethik relativierte die Spannung durch Fortbildung des Autonomie-Gedan­ kens. Sie behauptete „für die normale Welt- und Lebensanschauung die völlige, natürliche und wesenhafte Deckung der religiösen Vollkommenheit und der natürlichkreatürlichen Wesensausstattung.“ Sie verzichte auf „jede Überbietung und Ergän­ zung von Dekalog und lex naturae durch besondere, aus überkreatürlichen Zielen folgende religiös-kirchliche Sittengesetze und consilia evangelica“ (Zitate S.  439). 50  Zu Jean de Labadie vgl. Ritschl, Pietismus I, S.  194–268. Labadie, zunächst Jesu­ it und nach seinem Übertritt zum Calvinismus Pfarrer, geriet aufgrund seines Kirchen­ verständnisses in Konflikt mit der Kirche. Nach seinem Tätigkeitsverbot gründete er nacheinander Hausgemeinden in Veere bei Middelburg und in Amsterdam, Herford und Altona. Seit seiner Herforder Zeit waren die Hausgemeinden zugleich als Güter­ gemeinschaften organisiert. Labadie war der Auffassung, man könne nur die Gemein­ schaft der Wiedergeborenen als Kirche anerkennen; diese müßten sich von der Welt separieren und die weltlich Gesinnten von sich fernhalten. Ritschl bemerkt: „Aber in­ dem die geistige Entfremdung gegen die Welt die Hauptsache ist, so ist ein wohlge­ ordnetes Hauswesen, das den Sinn der Welt nicht hat, eine schöne Art eines christlichen Klosters! Das also ist das Ideal von Labadie“ (Zitat S.  252; vgl. S.  257).

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den Kern der Sache, wenn schon Sebastian Francko die Bedeutung der Reformation darin fand, daß nun jeder Christ ein Mönch sein müsse sein Leben lang.l Dem Herausfluten der Askese aus dem welt|lichen Alltagsleben warp ein Damm vorgebaut, und jene leidenschaftlich ernsten innerlichen Naturen, die bisher dem Mönchtum seine besten Repräsentanten geliefert hatten, waren nunq darauf hingewiesen, innerhalb des weltlichen Berufslebens asketischen Idealen nachzugehen. Der Calvinismus fügter aber im Verlauf seiner Entwicklung etwas Positives: den Gedanken der Notwendigkeit der Bewährung des Glaubens im weltlichen Berufsleben174) hinzu. Er gab damit sden breiteren Schichten der religiös orientierten Naturens den positiven Antrieb zur Askese, | und mit der Verankerung seiner Ethik an der Prädestinationslehre trat so an die Stelle der geistlichen Aristokratie der Mönche außer und über der Welt die geistliche Aristokratiet der durch Gott von Ewigkeit her prädestinierten Heiligen in der Welt175) u, eine Aristokratie, die mit ihrem character indelebilis von der übrigen von Ewigkeit her verworfenen Menschheit durch eine prinzipiell unüberbrückbarere

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174)  Und zwar schon in manchen Bekenntnissen des Reformationszeitalters selbst. Auch Ritschl (Pietismus I S.  258 f.) bestreitet, trotzdem er die spätere Entwicklung als A, A1 32 Entartung der reformatorischen Gedanken ansieht, dennoch nicht, daß z. B. | Con­f[es­ sio] Gall[icana] 25, 26, Conf[essio] Belg[ica] 29, Conf[essio] Helv[etica] post[erior] 17 „die reformierte Partikularkirche mit ganz empirischen Merkmalen umschrieben und daß zu dieser wahren Kirche die Gläubigen nicht ohne das Merkmal sittlicher Aktivität gerechnet werden.“51 (S[iehe] dazu aS.  301 Anm.  128a.) 175)  Bless God that we are noneb of the many (Th[omas] Adams, W[orks] of the Pur[itan] Div[ines] p.  138).52

o A1: Frank  l  (S.  331)–l  Fehlt in A; A1: Es traf 〈somit〉 für […] lang.  p  In A folgt: damit  q  Fehlt in A.   r  In A folgt: nun  s–s  Fehlt in A; A1: auch den […] Naturen  t In A folgt Index (für Fn.  175).   u Index fehlt an dieser Stelle in A.   a–a  A, A1: oben Anm.  27  b  A, A1, BS, C: not   51  Zitat Ritschl, Pietismus I, S.  258, der ebd., Anm.  1, seine Aussage durch Zitation der Confessio Gallicana und Verweis auf die anderen, von Weber genannten refor­ mierten Bekenntnisse stützt (über diese vgl. das Glossar, unten, S.  602 f.). 52  Zitat aus Adams’ Traktat „The Fool and his Sport“ (Adams, Works of the English Puritan Divines V, 131–147), p.  138 (bei Adams: „There is but one truth, but innumer­ able errors, which should teach us – 1. Not to follow a multitude in evil. […] 2. To bless God that we are none of the many; as much for our grace, whereby we differ from the fools of the world […]“ ebd., p.  138 f.). Im Exemplar der UB Heidelberg möglicher­ weise von Weber mit Randmarkierung und Unterstreichungen, u. a. teilweise des Text­ zitats, versehen; Weber verwies auf diese Seite in Notizen, die er ebd., p.  289, an­ brachte.

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und in ihrer Unsichtbarkeit unheimlichere Kluft getrennt war176), als der äußerlich von der Welt abgeschiedene Mönch des Mittelalters, – eine Kluft, die in harter Schärfe in alle sozialen Empfindungen einschnitt. Denn diesem Gottesgnadentum der Erwählten und deshalb Heiligen war angesichts der Sünde des Nächsten nicht nachsichtige Hilfsbereitschaft im Bewußtsein der eigenen Schwäche, sondern der Haß und die Verachtung gegen ihn als einen Feind Gottes, der das Zeichen ewiger Verwerfung an sich trägt, adäquat177). 176)  Der historisch so wichtige „birthright“-Gedanke erfuhr dadurch cin Englandc eine erhebliche Unterstützung: „The first born which are written in heaven … As the first born is not to be defeated in his inheritance and the enrolled names are never to be obliteratedd, so certainly shall they inherit eternal life“ (Th[omas] Adams, W[orks] of Pur[itan] Div[ines] p. XIXe).53 177)  Das lutherische Gefühl bußfertiger Reue ist dem fasketisch entwickeltenf Calvinismus zwar nicht in der Theorie, wohl aber in der Praxis innerlich fremd: Es ist ja für ihn ethisch wertlos, nutzt den Verworfenen nichts, und für den seiner Erwählung Sicheren ist die eigene Sünde, die er sich etwa eingesteht, Symptom rückständiger Entwicklung und unvollständiger Heiligung, die er, | statt sie zu bereuen, zu Gottes Ruhme BS, C 121 durch die Tat zu überwinden trachtet und haßt. Vgl. die Ausführungen Howes (Cromwells Kaplan 1656–58) in „Of man’sg enmity against God and of reconciliationh between God and Man“, Works of the English Puritan Divines p.  237: „The carnal mind is enmityi against God. It is the mind, therefore, not as speculative merely, but as practical and active, that must be renewed.“ (eod. p.  246): „Reconciliationj … must begin in 1) a deep conviction … of your former enmityk … I have been alienated from God … 2) (p.  251) a clear and lively apprehension … of the monstrous iniquity and wickedness thereof“.54 Hier wird nur von Haß gegen die Sünde, nicht den Sünder, gesprochen. Aber schonl der berühmte Brief der Herzogin Renata von Este („Leonorens“ Mutter)55 an Calvin, – worin sie u. a. von dem „Haß“ spricht, den sie | gegen Vater und A, A1 33

c–c  Fehlt in A.   d  A, A1, BS, C: oblitterated  e  A, A1, BS, C: XIV  f–f  Fehlt in A.  g  A, A1, BS, C: men’s  h  A, A1, BS: reconcilitation  i BS, C: enemity  j A, A1, BS: „Reconcilation  k  A, A1, BS, C: enemity  l  Fehlt in A.   53  Weber zitiert nach Stowell, Introduction to Adams’ Works (Adams, Works of the English Puritan Divines V, p. ix–lxiii), p. xix. Stowell zitiert dort die Passage als Beleg für Adams’ nonkonformistische Überzeugung („Doctrinal Puritanism“). Sie entstammt Adams’ „Meditations on some Parts of the Creed“ (vgl. p. xxi; nicht in den Band der „Works […]“ aufgenommen). Bei Adams sind die Erstgeborenen zugleich die Erwähl­ ten und bilden die (unsichtbare) Kirche (der Bezug zum historischen „birthright“-Ver­ ständnis (vgl. oben, S.  251 f., Fn.  82) wird von Adams und Stowell nicht hergestellt). 54  Bei Howe, Man’s Enmity against God (Howe, Works of the English Puritan Divines III), p.  246: „1. A thorough conviction […]“. Weber unterstreicht im Exemplar der UB Heidelberg „enmity“ und „alienated“ und notiert dazu am Rand: „statt Sündenge­ fühle“; die zitierten Sätze p.  237 und 246 sind mit senkrechtem Randstrich markiert (ohne Markierung p.  251). 55  Anspielung auf Prinzessin Leonore von Este in Goethes Schauspiel „Torquato Tas­ so“, deren historisches Vorbild die Tochter von Renata d’Este (Renée de France) ist.

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

Diese Empfindungsweise war einer solchen | Steigerung fähig, daß sie unter Umständen in Sektenbildung ausmünden konnte. Dies war dann der Fall, wenn – wie bei denm „independentischen“ Richtungen des 17. Jahrhunderts – der genuin calvinistische Glaube: daß Gottes Ruhm es erfordere, die Verworfenen durch die Kirche unter das Gesetz zu beugen,56 überwogen wurde durch die Überzeugung:n daß es Gott zur Schmach gereiche, wenn in seiner Herde ein Unwiedergeborener sich befinde und an den Sakramenten teilnehme oder sie gar – als angestellter Prediger – overwalte178). pWenno also, mit einem Wort, der donatistische Kirchenbegriff57 als Konsequenz des Bewährungsgedankens auftauchte, wieq dies bei den calvinistischen Baptisten der Fall war.p Und auch wo die voller Konsequenz der sForderung der „reinen“ Kirche als der Gemeinschaft der als wiedergeboren Bewährten: dies Sektenbildung,a nicht gezogen wurde, gingen mannigfacheb Ausgestaltungen der KirGatten hegen würde, falls sie überzeugt sein müßte, daß sie zu den Reprobierten gehörten,58 – zeigt die Übertragung auf die Person und ist zugleich ein Beispiel für das, was oben (S.  286 f.) von der inneren Loslösung des Individuums aus den Banden der durch das „natürliche“ Gefühl geknüpften Gemeinschaften durch die Gnadenwahllehre gesagt wurde. 178)  „None but those who give evidence of beingc regenerated or holy persons, ought to be receivedd or counted fit members of visible churches. Where this is wanting, the m  A, A1: gewissen  n  A, A1: Überzeugung,  o–o A1: verwalte,65a) wenn   p–p Fehlt in A.   q  In A1 folgt: 〈was〉  r  Fehlt in A.   s–s  Fehlt in A.   a  Komma fehlt in A.  b A: die mannigfachsten  c  A, A1, BS: beeing  d  A, A1, BS: recieved   56  Vgl. dazu oben, S.  279 mit Anm.  19. 57  Die Donatisten (vgl. auch das Glossar, unten, S.  603) verstanden sich im 4. und beginnenden 5. Jahrhundert als Fortführung der legitimen nordafrikanischen Kirche. Für ihren Bischof oder Priester forderten sie sittliche Qualitäten, d. h. keinen Abfall vom christlichen Glauben während der diokletianischen Verfolgungen, als Voraussetzung für die Wirksamkeit der von ihm gespendeten Sakramente (anders die römische Kirche, die den Amtscharakter und die objektive Wirksamkeit der Sakramente beton­ te). Vgl. Weber, Diskussionsbeiträge zu Troeltsch, Stoisch-christliches Naturrecht, MWG I/9, S.  748 mit Anmerkungen. 58  Renata d’Este (Renée de France) stand der neuen Glaubensrichtung aufgeschlos­ sen gegenüber und mit Calvin brieflich in Kontakt. Im Brief der Herzogin an Calvin vom 21. März 15[64] (in: CR 48, No.  4085, Sp.  266–273) heißt es: „[…] car combine que je n’eusse point oublié l’article de vostre lettre que David a hay les ennemis de Dieu de haine mortelle, je n’entend point de contrevenir de deroger en rien a cela: car quand je sçaurois que le Roy mon pere, et la Royne ma mere, et feu monsieur mon mary, et tous mes enfans seroient reprouvez de Dieu, je les voudrois hayr de hayne mortelle et leur desirer l’enfer, et me conformer à la volonté de Dieu entierement, s’il luy plaisoit m’en faire la grace […]“ (Sp.  270).

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chenverfassunge aus dem Versuch hervor, wiedergeborene und unwiedergeborene, zum Sakrament nicht reife, Christen zu scheiden f, den ersteren das Kirchenregiment vorzubehalten oder ihnen sonst eine Sonderstellung vorzubehalten,f und nur wiedergeborene Prediger zuzulassen179) g. – Ihre feste Norm, an der sie sich stetig orientieren konnte und deren sie ja offensichtlich bedurfte, empfing nun diese asketische | Lebensführung natürlich durch die hBibel. Undh zwar ist an der oft geschilderten „Bibliokratie“ des Calvinismus für uns das Wichtige:i daß das Alte Testament, weil ebenso inspiriert wie das Neue, in seinen Moralvorschriften, soweit sie nicht ersichtlich nur für die historischen Verhältnisse des Judentums bestimmt oder durch Christus ausdrücklich abrogiert waren, an Dignität dem Neuen durchaus gleichstand. Gerade für die Gläubigen war das Gesetz als ideale, nie ganz erreichbare, aberj doch geltende Norm gegeben180), während Luther umgekehrt – ursprünglich – die Freiheit von der Gesetzes-

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very essence of a church is lost“, formuliert Owen, der kindependentisch-calvinistischek Vize-Kanzler von Oxford unter Cromwell, den Grundsatz (Inq[uiry]l into the origin of Ev[angelical] Ch[urches]).59 mS[iehe] ferner den folgenden Artikel.m 60 n 179)  S[iehe] den folgenden Artikel.n 61 | 180)  Cat[echismus] Genev[ensis] 149. Bailey, Praxis pietatis S.  125: „Im Leben sollen B , C 122 S wir tun, als ob Niemand als Moses über uns zu gebieten habe.“62 e  In A folgt: , wie wir später sehen werden,  f–f  Fehlt in A.   g  Index fehlt in A, A1.  h–h  A, A1: Bibel, und  i  A, A1: Wichtige,  j  In A folgt: eben  k–k A: independentische (calvinistische)  l A, A1, BS, C: (Inv.  m–m Fehlt in A, A1. n–n  Fehlt in A, A1.   59 Zitiert bei Tayler, Retrospect, p.  235. – Tayler weist das Zitat mit dem auch von Weber angegebenen Werk Owens nach („An Enquiry [dagegen bei Tayler: „Inquiry“] Into the Original […] of Evangelical Churches“) und fügt hinzu: „quoted by Orme, p.  427“ (ebd., Anm.  *). Tayler bezieht sich dabei auf: Orme, William, Memoirs of the Life, Writings, and Religious Connexions, of John Owen […]. – London: Hamilton 1820, p.  427. Orme, der Owen mit obigem Zitat nur indirekt wiedergibt, bezieht sich aller­ dings auf den zweiten Teil von Owens „Enquiry […]“, erschienen unter dem Titel: Owen, True Nature of a Gospel Church (vgl. darin bes. „The Subject Matter of the Church“, p.  1–19). 60  Siehe Weber, Sekten, unten, S.  493–545, bes. S.  513 ff. 61  Siehe ebd., unten, bes. S.  513 ff. 62  Die Belege entnimmt Weber Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, §  6. „Die Werkthätigkeit vermöge der Geltung des Gesetzes für den Gläubigen“, S.  109– 133. Schneckenburger zitiert S.  115 f. aus Calvins Catechismus Genevensis (1545) einen Abschnitt über das Gesetz (nach: Collectio confessionum in ecclesiis reformatis publicatarum [Teil  1], ed. A. H. Niemeyer. – Leipzig: Klinkhardt 1840, darin auf p.  149): „Tametsi ergo in hac terrena peregrinatione legi numquam satisfacimus, non tamen

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knechtschaft als göttliches Privileg der Gläubigen gepriesen hatte181). Die Wirkung ogottinniger und doch völligo nüchterner hebräischer Lebensweisheit, | welche in den von den Puritanern am meisten gelesenen Büchern: den Sprüchen Salomos und manchen Psalmen, niedergelegt ist, fühlt man in ihrer ganzen Lebensstimmung. Speziell der rationale Charakter:p die Unterbindung der qmystischen, überhaupt derq Gefühlsseite der Religiosität istr schon von Sanford182) mit Recht auf die Einwirkung des Alten Testamentes zurückgeführt worden. Immerhin wars an sich dieser alttestamentliche Rationalismus tals solchert wesentlich kleinbürgerlich traditionalistischen Charakters, und nicht nur das mächtige Pathos der Propheten und vieler Psalmen standa daneben, sondern auch Bestandteile, welche für die Entwicklung spezifischer Gefühlsreligiosität schon im Mittelalter die Anknüpfungspunkte gegeben hatten183). Es war

181)  b„Den Reformierten schwebt das Gesetz als ideale Norm vor, den Lutheraner | A, A1 34 schlägt es als unerreichbare Norm nieder“.b Im lutherischen Katechismus steht es, um die nötige Demut zu erwecken, voran, in den reformierten Katechismen regelmäßig hinter dem Evangelium. Den Lutheranern warfen die Reformierten vor, daß sie eine „wahre Scheu vor dem Heiligwerden haben“ (Möhler), die Lutheraner den Reformierten „unfreie Gesetzesknechtschaft“ und Hochmut.63 182)  Studies and reflections of the Great Rebellion p.  79 f.64 183)  Von solchen ist dabei namentlich das – von den Puritanern meist einfach ignorierte – Hohe Lied nicht zu vergessen, dessen orientalische Erotik ja z. B. die Entwicklung des Frömmigkeitstypus des hl. Bernhard mitbestimmtc hat.65 |

o–o Fehlt in A.   p A, A1: Charakter,  q–q Fehlt in A.   r A, A1, BS, C: sind   s  A, A1: ist  t–t  Fehlt in A.   a  A, A1: steht  b–b  Anführungszeichen fehlen in A, A1.  c A: bestimmt   hoc supervacaneum esse censebimus, quod tam exactam a nobis perfectionem flagi­ tet. Scopum enim, ad quem nos collimare, et metam, ad quem eniti convenit, demon­ strat […]“. – Schneckenburger zitiert weiterhin S.   116 Bayly (Weber übernimmt Schneckenburgers Seitenangabe („S.  125“), wobei sich dieser auf die Ausgabe Bayly, Praxis pietatis, Bern 1703, bezieht). 63  Zu Webers Fn. vgl. Schneckenburger, ebd., S.  113–116, der lutherische Vorwurf gegen die reformierte Frömmigkeit als „eine knechtische, gesetzliche, nicht evange­ lisch freie“ S.  116. – Webers Zitat nach Schneckenburger, ebd., S.  171, der hierzu auf Möhler verweist (vgl. dazu: Möhler, Johann Adam, Symbolik oder Darstellung der dog­ matischen Gegensätze der Katholiken und Protestanten nach ihren öffentlichen Be­ kenntnißschriften, neueste Aufl. (6. Abdruck). – München, Regensburg: Nationale Ver­ lagsanstalt 1895, §  14. Lehre der Protestanten von der Rechtfertigung und Heiligung, S.  135–145). 64  Gemeint ist: Sanford, Great Rebellion, p.  79–81. Der Titel lautet: „Studies and Illu­ strations . . .“. 65  Dazu oben, S.  304–307, Fn.  135.

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also letztlich doch wieder der eigene d, und zwar eben: der asketische,d Grundcharakter des Calvinismus selbst, welcher die ihm kongenialen eBestandteile alttestamentlicher Frömmigkeite auslas und sich assimilierte. – | Jene Systematisierung der ethischen Lebensführung nun, welche die Askese des calvinistischenf Protestantismus mit den rationalen Formen des katholischen Ordenslebens gemeinsam hat, tritt schon rein äußerlich in der Art zutage, wie der „präzise“ puritanischeg Christ seinen Gnadenstand fortlaufend kontrollierteh 184). iZwar dasi religiöse Tagebuch, in welches Sünden, Anfechtungen und die in der Gnade gemachten Fortschritte fortlaufend oder auch tabellarisch eingetragen wurdenj, war der, in erster Linie von den Jesuiten geschaffenen,66 modern-katholischen Frömmigkeit (namentlich Frankreichs) mit derjenigen der kirchlich eifrigsten reformierten Kreise185) gemeinsam. Aber während es im Katholizismus dem Zweck der Vollständigkeit der Beichte diente oder dem „directeur de l’âme“ die Unterlage zu seiner autoritären Leitung des Christenk bzw. (meist) der | Christinl mbot, „fühltem sich“ der reformierte Christ mit seiner Hilfe selbst „den Puls“.67 Von allen bedeu-

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184)  Über die Notwendigkeit dieser Selbst-Kontrolle s. z. B. die schon zitierte Predigt B , C 123 S Charnocks über 2. Cor. 13,5 Works of the Pur[itan] Div[ines] p.  161 f.68 185)  Die meisten Moraltheologen raten es an. So Baxter, Christ[ian] Directory II, p.  77 ff., der jedoch die „Gefahren“ nicht verhehlt.69

d–d A: asketische  e–e A: alttestamentlichen Elemente  f A: reformierten g A: reformierte    h  A, A1: kontrolliert    i–i A: Das    j  A, A1: werden    k Fehlt in A.   l A: Gläubigen  m–m  A, A1: bietet, „fühlt   66  Über den Einsatz des religiösen Tagebuchs bei den jesuitischen „Exercitia spiri­ tualia“ zur Berechnung des Sittlichkeitszustands vgl. Gothein, Ignatius von Loyola (wie oben, S.  326, Anm.  27), S.  234. 67 Auf die Sitte der Tagebücher als Teil der reformierten Seelsorge weist auch Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, S.  48, hin; dort auch die Wendung „sich gleichsam fortwährend den Puls zu fühlen“. 68  Die Predigt Charnocks, Self-Examination (Charnock, Works of the English Puritan Divines VI), p.  161–180, oben, S.  314 mit Fn.  145. 69  Baxter, Christian Directory II, in chap. XVII. „Directions for each particular Member of the Family how to spend every ordinary day of the Week“, p.  77–80. In Direction 19 heißt es: „Some think it best to keep a daily Catalogue or Diurnal of their sins and mercies. If you do so, be not too particular in the enumeration of those that are the matter of every dayes return; for it will be but a temptation to waste your time, and neglect greater duty, and to make you grow customary and sensless of such sins and mercies, when the same come to be recited over and over from day to day“ (Zitat p.  80).

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tenden Moraltheologen wird es erwähnt, noch Benjamin Franklins tabellarisch-statistische Buchführung über seine Fortschritte in den einzelnen Tugenden gibt ein klassisches Beispiel dafür186) n.70 Und andererseits wurde das alte mittelalterliche (und schon antike) Bild von der Buchführung Gottes71 bei Bunyan bis zu der charakteristischen Geschmacklosigkeit gesteigert, daß das Verhältnis des Sünders zu Gott mit dem eines Kunden zum shopkeeper verglichen wird: wer einmal in die Kreide geraten ist, wird mit dem Ertrag all seiner eigenen Verdienste allenfalls die auflaufenden Zinsen, niemals aber die Hauptsumme abtragen können187) o.72 Wie sein eigenes Verhalten, so pkontrollierte aberp der spätere Puritaner auch dasjenige Gottes und sahq in allen Einzelfügungen des Lebens seinen Finger. Und, im Gegensatz zu Calvins genuiner Lehre, wußter er daher, warum Gott diese oder jene Verfügung trafs. Die Heiligung des Lebens | konntet so fast den Charakter eines Geschäftsbetriebs annehmen188). Eine penetrante Christiani-

a 186)  Die sittliche Buchführung ist natürlich auch sonst weit verbreitet gewesen. Aber der Akzent, der darauf lag: alleiniges Erkenntnismittel der von Ewigkeit her beschlossenen Erwählung oder Verwerfung zu sein, fehlte und damit die entscheidende psychologische Prämie auf die Sorgfalt und Beachtung dieser „Kalkulation“.a b 187)  Dies war der entscheidende Unterschied gegen andere äußerlich ähnliche Verhaltungsweisen.b 188)  Auch Baxter (Saints’ everlastingc rest c. XII) erläutert Gottes Unsichtbarkeit BS, C 124 durch die Bemerkung: wie man im Wege der Korrespondenz gewinnbringenden Handel mit einem nicht gesehenen Fremden treiben könne, so könne man auch durch einen

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n Index fehlt in A, A1.  o Index fehlt in A, A1.  p–p A, A1: kontrolliert eben   q  A, A1: sieht  r  A, A1: weiß  s  A, A1: trifft  t  A, A1: kann  a–a  Fehlt in A, A1.  b–b  Fehlt in A, A1.  c  A, A1, BS: evalasting   70  Franklin, Sein Leben, S.  284–301. 71  Hier nach Apk 20,11–15: Im letzten Gericht werden Bücher aufgeschlagen, in de­ nen das Tun jedes Menschen verzeichnet ist. Die Vorstellung begegnet schon in anti­ ken und orientalischen Religionen. 72 Bei Bunyan, Pilgrim’s Progress, p.  156, unterrichtet „Hope“ den Pilger Christian über ihre Gedanken, bevor sie von der Zurechnung der Gerechtigkeit Christi erfuhr: „I further thought thus: If a man runs a hundred pounds into the shop-keeper’s Dept, and after that shall pay for all that he shall fetch; yet his old Debt stands still in the Book uncross’d, for the which the shop-keeper may sue him, and cast him into Prison, till he shall pay the dept. […] I have by my Sins run a great way into God’s Book, and that my now Reforming will not pay off that score […].“ Im Exemplar der UB Heidelberg sind die zitierten Sätze mit Randmarkierung versehen, „shop-keeper’s Dept“ und „God’s Book“ sind unterstrichen. Dies könnte von Weber stammen, aber nähere Anhaltspunk­ te gibt es nicht.

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sierung des ganzen Daseins ward die Konsequenz dieser Methodik der ethischen Lebensführung, welche der Calvinismus im Gegensatz zum Luthertum erzwang.e fDaß diese Methodik für die Beeinflussung des Lebens das Entscheidende war, hat man sich zum richtigen Verständnis der Art der Wirkung des Calvinismus stets vor Augen zu halten. Einerseits ergibt sich daraus, daß eben erst dieseg Ausprägung jenen Einfluß üben konnte, andererseits aber: daß auch andere Bekenntnisse, wenn ihre ethischen Antriebe in diesem entscheidenden Punkt: dem Bewährungsgedanken, die gleichen waren,h in der gleichen Richtung wirken mußten.f Wir haben bisher uns auf dem Boden der calvinistischen Reli­ giösität bewegt und demgemäß die Prädestinationslehre als dogmatischen Hintergrund der puritanischen Sittlichkeit im Sinn methodisch rationalisierter ethischer Lebensführung vorausgesetzt. Dies geschah ideshalb, weil jenes Dogmai tatsächlich auch weit über die Kreise derjenigen religiösen Partei, welche in jeder Hinsicht streng auf dem Boden Calvins sich gehalten hat:j der „Presbyterianer“, als Eckstein der reformierten Lehre festgehalten wurde: nicht nur die | independentische Savoydeklaration von 1658,73 sondern ebenso die baptistische Hanserd Knollys confes„seligen Handel“ mit dem unsichtbaren Gott die „eine köstliche Perle“ erwerben.74 – Diese kommerziellen anstatt der bei den älteren Moralisten und im Luthertum üblichen forensischen Gleichnisse sind recht charakteristisch für den Puritanismus, der im Effekt eben den Menschen selbst seine Seligkeit „erhandeln“ läßt. – Vgl. ferner etwa folgende Predigtstelle: We reckon the value of a thing by that which a wise man will give for it, who is not ignorant of it nor under necessity. Christ, the Wisdom of God, gave himself, his own precious blood, to redeem souls and he knew what they were and

d  A, A1: ist  e A: erzwang. –  f–f  Fehlt in A.   g  In A1 nicht hervorgehoben.   h  In A1 folgt: 〈diegl〉 〈dieselb〉  i–i  A, A1: zunächst, weil jene Lehre  j  A, A1: hat,   73  Bei der Savoy Declaration (1658; vgl. auch das Glossar, unten, S.  618) handelt es sich um das grundlegende Bekenntnis des Kongregationalismus. Grundlage ist die Westminster Confession, die in bezug auf die Kirchenverfassung modifiziert wurde. Ihre Prädestinationslehre ist mit jener identisch (bei Müller, E. F. Karl, Bekenntnisschrif­ ten, S.  542–612, sind die Abweichungen der Savoy Declaration von der Westminster Confession annotiert). 74  Vgl. Baxter, Saints’ Everlasting Rest, chap. XII, p.  203–225. Weber folgt hier einer Übersetzung Otto v. Gerlachs: Baxter, Ewige Ruhe der Heiligen, im 12. Abschnitt: „[…] sollte nicht ein Christ durch weise Benutzung der ihm eröffneten Straßen in diesem seligen Handel die ‚Eine, köstliche Perle‘ sich erwerben können?“ (S.  200; dass., 6.  Aufl., S.  304 f.). (Im Englischen heißt es in der von Benjamin Fawcett gekürzten Fas­ sung lediglich: „[…] and may not a Christian, in the wise improvement of duties, drive

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sion von 1689 enthieltenk sie,75 und auch innerhalb des Methodismus war zwar John Wesley, das große organisatorische Talent seiner Bewegung, Anhänger der Universalität der Gnade, der große Agitator der ersten methodistischen Generation und ihr konsequentester Denker aber:l Whitefield, ebenso wie der um Lady Huntingdon gescharte, zeitweise doch recht einflußreiche Kreis[,] Anhänger des „Gnadenpartikularismus“.76 In ihrer grandiosen Geschlossenheit war es diese Lehre, welche in der schicksalvollsten Epoche des | 17. Jahrhunderts den Gedanken:m Rüstzeug Gottes und Vollstrecker seiner providentiellen Fügungen zu sein189), in den kämpfenden Vertretern des „heiligen Lebens“ aufrecht erhielt und

hadn no need of them (Matthew Henry, The worth of the soul, Works of the Pur[itan] Div[ines] p.  313).77 | 189)  Demgegenüber sagteo schon Luther selbst: „Weinen geht vor Wirken und LeiA, A1 36, BS, C 125 den übertrifft alles Tun.“78 |

k  A, A1: enthalten  l A: aber,  m  A, A1: Gedanken,  n  A, A1: hat  o  A, A1: sagt   on his happy trade for rest?“ Baxter, Saints’ Everlasting Rest, p.  219, ebenso in der Langfassung: Baxter, Saints’ Everlasting Rest, in: Practical Works XXIII, darin Part IV, chap. V, p.  299). 75  Zu dem von Weber als „Hanserd Knollys confession“ bezeichneten Bekenntnis der Londoner (calvinistischen) Particular Baptists von 1688/89 vgl. oben, S.  313 f., Fn.  143 mit Anm.  76, sowie das Glossar, unten, S.  607. Auch dieses Bekenntnis hat die West­ minster Confession zur Grundlage und folgt ihr in der Prädestinationslehre. Es ist wie­ dergegeben bei: Underhill, Confessions of Faith, p.  169–230. 76  John Wesley lehnte die Prädestinationslehre in ihrer partikularen Form ab und ver­ trat den Gedanken der freien Gnade für alle Menschen. Darüber kam es in den Jahren 1739–1740 zum Konflikt mit George Whitefield, der während seines zweiten AmerikaAufenthalts von amerikanischen Kongregationalisten in seiner streng partikularen Hal­ tung unterstützt wurde. Es gab somit Anhänger der universalen (um Wesley) und der partikularen Erlösungslehre (um Whitefield). Vgl. Loofs, Art. Methodismus, S.  762 (auch Tyerman, Wesley I, p.  312–335); auch im Glossar: „Gnadenuniversalismus/-par­ tikularismus“, unten, S.  607. – Zur Auseinandersetzung um die Prädestinationslehre kam es wieder von 1770 bis ca. 1777. Nach Loofs, ebd., S.  774–776 (auch Tyerman, Wesley III, p.  80 ff.), handelte es sich dabei um die Auseinandersetzung wesleyani­ scher Methodisten mit dem von Whitefield beeinflußten, calvinistisch gesonnenen Kreis um Lady Huntingdon (eigentl. Selina Hastings, Countess of Huntingdon; löste sich nach 1777 auf). Der „calvinistische Streit“ wurde mittels Publikationen und auf methodistischen Konferenzen ausgetragen. 77  Henry, Worth of the Soul (Henry, Works of the English Puritan Divines VIII), p.  313. 78  Zitiert bei Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, S.  140, Anm.  *. Das Zitat entstammt Luthers Auslegung der sieben Bußpsalmen, hier zu Ps 6,8 (1517: vgl. Lu­ ther, Erlanger Ausgabe, Band  37, S.  355 [WA 1, S.  165, Z.  16 f.; 2. Bearb. 1525: WA 18, S.  484, Z.  12 f.]).

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den vorzeitigen Kollaps in eine rein utilitarische Werkheiligkeit mit nur diesseitiger Orientierung hinderte, die ja zu so unerhörten Opfern um irrationaler und idealer Ziele willen niemals fähig gewesen wäre. Und die Verbindung des Glaubens an unbedingt geltende Normen mit absolutem Determinismus und völliger Trans­zendenz des Übersinnlichen, welche sie in einer in ihrer Art genialen Form herstellte, war ja gleichzeitig – im Prinzip – außerordentlich viel „moderner“, als die dem Gefühl mehr zusagende mildere Lehre, welche auch Gott dem Sittengesetz unterstellte. Vor allem aber war der, wie sich immer wieder zeigen wird, für unsere Betrachtungen fundamentale Bewährungsgedanke als psychologischer Ausgangspunkt der methodischen Sittlichkeit gerade an der Gnadenwahllehre und ihrer Bedeutung für das Alltagsleben so sehr in „Reinkultur“ zu studieren, daß wir, da dieser Gedanke als Schema der Verknüpfung von Glauben und Sittlichkeit bei den weiterhin zu betrachtenden Denominationen sehr gleichmäßigp wiederkehrt, von jener Lehre als der konsequentesten Form auszugehen hatten. Innerhalb des Protestantismus bildetenq die Konsequenzen, welche sie bei ihren ersten Anhängern für die asketische Gestaltung der Lebensführung haben mußte, die prinzipiellster Antithese der (relativen) sittlichen Ohnmacht des Luthertums. Die lutherische „gratia amissibilis“,79 welche durch bußfertige Reue jederzeit wiedergewonnen werden skonnte, enthielts an sich offenbar keinerlei Antrieb zu dem, was für uns hier als Produkt des asketischen Protestantismus wichtig ist: zu einer systematischen,t | rationalen Gestaltung des ethischen Gesamtlebens190). | Die luthe-|

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190)  Auch in der Entwicklung der ethischen Theorie des Luthertums zeigt sich dies A, A 37 1 aufs deutlichste. Über diese siehe Hoennicke, Studien zur altprotestantischen Ethik, Berlin 1902 und dazu die lehrreiche Besprechung von E[rnst] Tröltsch, Gött[ingische] Gel[ehrte] Anz[eigen] 1902 Nr.  8.80 Die Annäherung der lutherischen Doktrin namentlich an die ältere orthodox-calvinistische wara dabei in der Fassung oft sehr weitgehend. Aber die andersartige religiöse Orientierung brachb sich immer wieder Bahn. Durch Melanchthon war, um für die Anknüpfung der Sittlichkeit an den Glauben eine

p  A, A1: regelmäßig  q  A, A1: bilden  r  A, A1: prinzipielle  s–s  A, A1: kann, enthält  t  Komma fehlt in BS, C.   a  A, A1: ist  b  A, A1: bricht   79  „Verlierbare Gnade“, vgl. dazu oben, S.  274 mit Anm.  88, und im Glossar: „Gnade“, unten, S.  606. 80  Vgl. Gustav Hoennicke, Studien; dazu Troeltsch, Rez. Hoennicke.

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

rische Frömmigkeit ließ demgemäß die unbefangene Vitalität triebmäßigen Handelns und naiven Gefühlslebens un|gebrochener:c

Handhabe zu gewinnen, der Bußbegriff in den Vordergrund gestellt worden.81 Die durch das Gesetz gewirkte Buße muß dem Glauben vorangehen, gute Werke aber ihm BS, C 126 nachfolgen, sonst kann er – fast puritanisch for|muliert – nicht der wahre rechtfertigende Glaube sein. Ein gewisses Maß relativer Vollkommenheit galtd ihm auch auf Erden für erreichbar, ja Melanchthon hat ursprünglich sogar gelehrt:e die Rechtfertigung erfolge, umf den Menschen zu guten Werken tüchtig zu machen, und in der steigenden Vervollkommnung liege wenigstens dasjenige Maß schon diesseitiger Seligkeit, welches der Glaube gewähren könne.82 Und auch bei den späteren lutherischen Dogmatikern83 wurdeg der Gedanke, daß gute Werke die notwendigen Früchte des Glaubens sind, daß der Glaube ein neues Leben wirke, äußerlich ganz ähnlich wie bei den Reformierten ausgeführt. Die Frage, was „gute Werke“ seien, beantwortete schon Melanchthon, noch mehr aber die späteren Lutheraner, zunehmend durch Verweisung auf das Gesetz. Als Reminiszenz an Luthers ursprüngliche Gedanken blieb nunmehr nur der geringere Ernst, der mit der Bibliokratie, speziell mit der Orientierung an den Einzelnormen des alten Testaments gemacht wurde. Wesentlich der Dekalog bliebh, – als Kodifikation der wichtigsten Grundsätze des natürlichen Sittengesetzes, – Norm für das menschliche Handeln.84 – Aber: es führtei keine sichere Brücke von seiner statutarischen Geltung hinüber zu der immer wieder eingeschärften ausschließlichen Bedeutung des Glaubens für die Rechtfertigung, schon weil dieser Glaube eben – s. o.85 – einen ganz anderen psychologischen Charakterk hatte als der calvinistische. Der genuine lutherische Standpunkt der ersten Zeit war verlassen, und mußte von einer Kirche, die sich als Heilsanstalt betrachtete, verlassen werden, ein anderer aber nicht gewonnen. Speziell konnte man, schon aus Scheu, die dogmatische Grundlage („sola fide“!) zu verlieren, nicht zur asketischenl Rationalisierung des Gesamtlebens als sittlicher Aufgabe des einzelnen kommen. Denn es fehlte eben ein Antriebm, den Bewäh­ rungs-Gedanken zu einer solchen Bedeutung aufwachsen zu lassen, wie dies im Calvinismus die Gnadenwahllehre bewirkte. Auch die – mit dem Ausfallen dieser Lehren zusammenstimmende – magische Deutung der Sakramente, namentlich die Verlegung der regeneratio – oder doch ihres Anfanges – in die Taufe[,] mußte, bei Annahme des Gnadenuniversalismus, der Entwicklung methodischero Sittlichkeit entgegen wirken, weil sie den Abstand des status naturalis vom Gnadenstand, zumal bei der starken lutherischen Betonung der Erbsünde, für das Empfindenp qabschwächte. Nichtq minder

c A, A1: ungebrochener,  d A, A1: gilt  e A, A1: gelehrt,  f A, A1, BS: um g A, A1: ist  h A, A1: bleibt  i A, A1: führt  k A: Charakter  l A: asketi­ schen  m A: Antrieb  n A: Lehr  In A, A1 nicht hervorgehoben.   o A: metho­ discher  p A: Empfinden  q–q  A, A1: abschwächte, nicht   81  Weber referiert Hoennicke, Studien, S.  15–35 („Der Bußbegriff“), hier S.  20: „Con­ tritio, bonum propositum ist zum Glauben notwendig, denn, wo keine Buße vorhergeht und keine Werke folgen, kann auch nicht von Rechtfertigung die Rede sein“ (nach CR 3, Sp.  179 f.). 82  Vgl. Hoennicke, ebd., S.  25. 83  Z. B. bei Johann Gerhard und Johann Andreas Quenstedt; vgl. Hoennicke, ebd., S.  42. 84  Vgl. Hoennicke, ebd., S.  76–83. 85  Siehe oben im Haupttext, S.  341–345.

1.  Die religiösen Grundlagen der innerweltlichen Askese

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es fehlte jener Antrieb zur konstanten Selbstkontrolle und damit überhaupt zur planmäßigen Reglementierung des eigenen Lebens, die ausschließlich forensische Deutung des Rechtfertigungsakts,86 welche die Wandelbarkeit der Entschlüsse Gottes durch die Einwirkung des kon|kretenr Bußaktes des A, A1 38 bekehrten Sünders voraussetztes. Gerade sie aber wurde von Melanchthon zunehmend betont.87 Jene ganze Wandlung seiner Lehre, welche in tdem zunehmenden Gewichtt der Buße hervortritt, hinga eben auch mit seinem Bekenntnis zur „Willensfreiheit“ innerlich zusammen.88 All das entschied den unmethodischen Charakter der lutherischen Lebensführung. Konkrete Gnadenakte für konkrete Sünden mußten in der Vorstellung des Durchschnittslutheraners – schon infolge des Fortbestandes der Beichte – den Inhalt des Heils ausmachen, nicht die Entwicklung einer ihre Heilsgewißheit sich selbst schaffenden Heiligenaristokratie. So konnte es weder zu einer gesetzesfreien Sittlichkeit noch zu einer am Gesetz orientierten rationalen Askese kommen, sondern das Gesetz blieb unorganisch neben dem „Glauben“ als Statut und ideale Forderung bestehen, überdies, da man die strikte Bibliokratie als Werkheiligkeit scheute, recht unsicher und unpräzis, vor allem unsystematisch in seinem näheren Inhalt. – Das Leben aber blieb, ebenso wie Tröltsch (a. a. O.)89 es von der ethischen Theorie gesagt hat, eine „Summe bloßer niemals ganz gelingender Anläufe“, welche in der „Zerstückelung einzelner unsicherer Anweisungen fest|gehalten“, nicht auf „Auswirkung in einem zusam- BS, C 127 menhängenden Lebensganzen“ gerichtet waren, sondern im wesentlichen, gemäß der Entwicklung, die schon Luther selbst (s. o.)90 genommen hatte, ein Sich-Schicken in die gegebeneb Lebenslage im Kleinen wie im Großen darstellten. – Das so viel beklagte „Sich-Schicken“ des Deutschen in fremde Kulturen, ihr schneller Nationalitätswechselc ist, – neben bestimmten politischen Schicksalen der Nation, – auch recht wesentlich auf Rechnung dieser, in allen unseren Lebensbeziehungen noch heute nachwirkendend Entwicklung zu setzen. Die subjektive Aneignung der Kultur bliebe schwach, weil sie

r  In A, A1 nicht hervorgehoben.   s  A, A1: voraussetzt  t–t A: der zunehmenden Betonung  a  A, A1: hängt  b  A, A1: gegebenene  c  A, A1: Nationalitätswechsel,  d  A, A1: nachwirkender  e  A, A1: bleibt   86 Gemeint ist die objektive Seite des mit dem Glauben verbundenen Rechtferti­ gungsaktes, die Gerechtsprechung des Sünders durch Gott (über die Zurechnung einer fremden Gerechtigkeit, d. h. Christi Gerechtigkeit), ohne daß mit dem Begriff die Auswirkung des Rechtfertigungsgeschehens im Menschen betrachtet wird. 87 Melanchthon akzentuiert zunehmend die forensische Deutung des Rechtferti­ gungsaktes (seit 1531) und versteht die Rechtfertigung als Trost für die vorangehende Buße, welche die Predigt des Evangeliums im angefochtenen Gewissen des Sünders hervorruft. Dies führt auch dazu, daß die nach Luther (und dem frühen Melanchthon) mit der Rechtfertigung zugleich erfolgende Wiedergeburt (regeneratio), die Erneue­ rung des Menschen und seine Ertüchtigung zu guten Werken, sich zunehmend von jener löst, so daß später Wiedergeburt und Taufe miteinander verbunden werden. Die ethische Erneuerung bindet Melanchthon darum an den Bußbegriff. Vgl. Hoennicke, Studien, S.  25 f. 88  Vgl. Hoennicke, ebd., S.  28, 60, 64 f. „[…] liberum arbitrium est in homine facultas applicandi se ad gratiam“ (Melanchthon, zitiert bei Hoennicke, ebd., S.  64). 89  Troeltsch, Rez. Hoennicke, Zitate (mit Auslassungen einzelner Wörter durch We­ ber) alle S.  581 (KGA 4, S.  221). 90  Siehe oben, S.  240–248.

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wie ihn die unheimliche Lehre des Calvinismus enthielt. Der religiöse Genius, wie Luther, lebte in dieser Luft freier Weltoffenheit unbefangen undf – solange die Kraft seiner Schwingen reichte! – ohne Gefahr des Versinkens in den „status naturalis“. Und jene schlichte, feine und eigentümlich stimmungsvolle Form der Frömmigkeit, welche manche der höchsteng Typen des Luthertums geschmückt hat, findet, ebenso wie ihre gesetzesfreie Sittlichkeit, auf dem Boden des genuinen Puritanismus selten, weit eher dagegen z. B. innerhalb des milden Anglikanismus der Hooker, Chillingworthh u. a., ihre Parallele.91 Aber für den lutherischen Alltagsmenschen, auch den tüchtigen, war nichts sicherer[,] als daß er aus dem status naturalis nur temporär – solange der Einfluß der einzelnen Beichte | oder Predigt reichte – herausgehoben wurde. Bekannt ist ja der den Zeitgenossen so auffällige Unterschied zwischen dem ethischen Standard der reformierten Fürstenhöfe gegenüber den so oft in Trunk und Rohheit versunkenen lutherischen191), ebenso die Hilflosigkeit der lutherischen Geistlichkeit mit ihrer reinen Glaubenspredigt gegenüber der asketischen Bewegung des Täufertums. Was man an den Deutschen als „Gemütlichkeit“ und „Natürlichkeit“ empfindet, im Gegensatz zu der – bis auf die Physiognomiei der Menschen – noch heute unter der Nachwirkung jener gründlichen Vernichtung der Unbefangenheit des „status naturalis“ stehenden angloamerikanischen Lebensluft, und was Deutsche an dieser letzteren regelmäßig als jEnge, Unfreiheitj und innerliche Gebundenheit zu befremden pflegt, – das sind Gegensätze der Lebensführung, welche kganz wesentlich auchk jener geringeren

wesentlich auf dem Wege passiver Entgegennahme des „autoritär“ Dargebotenen erfolgtel. | 191)  S[iehe] über diese Dinge etwa das Plauderbuch von Tholuck: Vorgeschichte des A, A1 39 Rationalismus.92 |

f  A, A1: und,  g  A, A1: besten  h  A, A1, BS, C: Chillingsworth  i A1: Physionomie  j–j  A, A1: „Enge“, „Unfreiheit“  k–k  Fehlt in A.   l  A, A1: erfolgt   91  Zur Position Richard Hookers vgl. etwa Neal, Puritans I, p.  446–449, zu der von William Chillingworth ders., Puritans III, p.  81–83. 92 Vgl. Tholuck, Vorgeschichte II/1, S.   225–231 über die lutherischen Höfe und S.  301–312 über die reformierten Höfe. Ferner für die 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts ders., Vorgeschichte II/2, S.  190–199 über das höfische Leben im Luxus trotz Staats­ bankrott (z. B. in Kursachsen) gegenüber dem sittlichen Leben der deutschen refor­ mierten Fürsten, S.  239–265.

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asketischen Durchdringung des Lebens durch das Luthertum im Gegensatz | zum Calvinismus entstammen.93 Die Antipathie des unbefangenen „Weltkindes“ gegen das Asketische spricht sich in jenen Empfindungen aus. Dem Luthertum fehltem eben, und zwar infolge seiner Gnadenlehre, der psychologische Antrieb zum Systematischen in der Lebensführung, der ihre methodische Rationalisierung erzwingt. Dieser Antrieb, dern den asketischen Charakter der Frömmigkeit bedingt, konnte an sich zweifelloso durch verschieden geartete religiöse Motive erzeugt werden, wie wir bald sehen werden:94 die Prädestinationslehre des Calvinismus warp nur eine von verschiedenen Möglichkeiten. Aber allerdings überzeugten wir uns, daß sie in ihrer Art nicht nur von ganz einzigartiger Konsequenz war, sondern auch von ganz eminenter psychologischer Wirksamkeit192) q. Die nicht calvinistischen asketischen Bewegungen erscheinen danach, rein unter dem Gesichtspunkt der religiösen Motivierung ihrer Askese betrachtet,r als Abschwächungen der innerens Konsequenz des Calvinismus. Aber auch in der Wirklichkeit der geschichtlichen Entwicklung lagen die Dinge, zwart nicht durchweg, aber doch meist, so, daß die reformierte Form der Askese von den übrigen asketischen Bewegungen entweder nachgeahmt oder bei der Entwicklung der eigenen davon abweichenden oder darüber hinausgehenden Grundsätze vergleichend und ergänzend herangezogen wurde. uWo trotz andersartiger Glaubensfundamentierung dennoch die gleiche asketische Konsequenz auftrat, war dies regelmäßig Folge der Kir-

BS, C 128

a 192)  Über die ganz andersartige Wirkung der islamischen Prädestinations- (richti- B , C 128 S ger: Prädeterminations-)Lehre und ihre Gründe s. die früher zitierte (Heidelberger theologische) Dissertation von F[riedrich] Ulrich: Die Vorherbestimmungslehre im Islam und Christentum, 1912.1 Über die Prädestinationslehre der Jansenisten s. P[aul] Honigsheim a. a.O.a 2

m  A, A1: fehlt  n  In A folgt: eben  o  Fehlt in A.   p  A, A1: ist  q  Index fehlt in A, A1.    r  In A folgt: für uns    s  Fehlt in A.    t  Fehlt in A.    u–u  (S.  346)  Fehlt in A, A1 einschließlich Index.   a–a  Fehlt in A, A1.   93  Vgl. dazu den Brief Max Webers an Adolf Harnack vom 5. Febr. 1906, MWG II/5, S.  32 f. 94  Siehe unten, S.  346–411. 1 Ulrich, Vorherbestimmungslehre, von Weber bereits zitiert oben, S.  297, Fn.  122, dort auch über die Wirkung der islamischen Prädeterminationslehre. 2 Vgl. Honigsheim, Jansenisten, bes. S.  120 zur Prädestinationslehre der Janseni­ sten; auch oben, S.  278, Fn.  102 mit Anm.  15, und S.  303, Fn.  133.

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chenverfassung, von der in anderm Zusammenhang zu reden ist193).u Historisch ist der Gedanke der Gnadenwahl jedenfalls der Aus|gangspunkt für die üblicherweise als „Pietismus“ bezeichnete asketische Richtung gewesen. Es ist, soweit sich diese Bewegung innerhalb der reformierten Kirche gehalten hat, nahezu unmöglich, eine bestimmte Grenze zwischen pietistischen und nichtpietistischen Calvinisten zu ziehen194). Fast alle pro|nonzierten Vertreter

b 193)  S[iehe] darüber den folgenden Artikel dieser Sammlung.b 3 | 194)  Ritschl, Geschichte des Pietismus I S.  192c sucht sie für die Zeit vor Labadie A, A1 40 BS, C 129 (übrigens nur auf Grund niederländischer specimina) darin, daß bei | den Pietisten I. Konventikel gebildet, – II. der Gedanke der „Nichtigkeit des geschöpflichen Daseins“ in einer „dem evangelischen Seligkeitsinteresse widersprechenden Weise“ gepflegt – III. „die Versicherung der Gnade in dem zärtlichen Umgang mit dem Herrn Jesus“ in unreformatorischer Weise gesucht worden sei.4 Das letzte Merkmal trifft für diese Frühzeit nur auf einen der von ihm behandelten Vertreter zu,5 der Gedanke der „Nichtigkeit der Kreatur“ ward an sich echtes Kind calvinistischen Geistes,6 und erst wo er zur praktischen Weltflucht eführte, lenktee er aus den Bahnen des normalen Protestantismus heraus. Die Konventikel endlich hatte die Synode von Dordrecht in bestimmtem Umfang (insbesondere zu katechetischen Zwecken) selbst angeordnet.7 – Von den in Ritschls vorangehender Darstellung analysierten Merkmalen pietistischer Frömmigkeit kämen etwa in Betracht: 1. der „Präzisismus“ in dem in allen Äußerlichkeiten des Lebens stärker dem Bibelbuchstaben verknechteten Sinn, den Gisbert Voët zuweilen vertritt;8 – 2. die Behandlung der Rechtfertigung und Versöhnung mit Gott nicht als Selbstzweck, sondern als bloßes Mittel zum asketisch heiligen Leben, wie sie bei Lodensteyn vielleicht zu finden,9 aber bei Melanchthon z. B. auch angedeutet (S.  341–344 A[nm.]  190) ist; – 3. die hohe Schätzung des „Bußkampfes“ als Merkmalf echter Wie-

u (S.  345)–u  Fehlt in A, A1 einschließlich Index.   b–b  Fehlt in A, A1.  c  A, A1, BS, C: 152  d  A, A1: ist  e–e  A, A1: führt, lenkt  f  A, A1: Merkmals   3  Siehe Weber, Sekten, unten, S.  493–545. 4  Die Merkmale mit (teils freien) Zitaten nach Ritschl, Pietismus I, S.  192. Nach Ritschl manifestierte sich der Pietismus erstmals in der niederländischen reformierten Kirche. 5  Jodocus van Lodenstein, vgl. Ritschl, ebd., S.  192 und passim. 6 Den Grundsatz der Selbstverleugnung vertrat nach Ritschl in besonderer Weise Lodenstein (ebd., S.  168 f.). Aus Calvins Verständnis der Selbstverleugnung als des Verzichts auf den eigenen Vorteil „nach dem Fleisch“ (ebd., S.  169), um alles zur Ehre Gottes zu tun (vgl. Inst. III,7,1), werde bei Lodenstein der Grundsatz: Gott ist alles und das Geschöpf ist nichts. 7  Vgl. Ritschl, ebd., S.  117 f., mit Hinweis auf die 17. Session der Dordrechter Synode; vgl. auch S.  121 f. 8  Voet formuliert in seiner kasuistisch ausgeführten Moral direkte Handlungsregeln; vgl. Ritschl, ebd., S.  103 ff., bes. S.  112 f. In seiner Disputation „De Praecisitate“ (1643) verlangt Voet, daß die Regeln präzise befolgt und ausgeführt werden. (Daher „Präzi­ sismus“ oder „Präzisisten“, vgl. oben, S.  322, Fn.  158 mit Anm.  i.) 9  Bei Ritschl ausgeführt für Lodenstein, vgl. ebd., S.  157 f.

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des | Puritanismus sind gelegentlich unter die Pietisten gerechnet worden,10 und es ist eine Auffassung durch|aus statthaft, welche

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dergeburt, wie sie als erster W[ilhelm] Teellinckg lehrte;11 –h 4. die Abstinenz vom Abendmahl bei Teilnahme unwiedergeborener Personen daran (von der in anderem Zusammenhang noch zu reden sein wird)12 und die damit zusammenhängende[,] nicht in den Schranken der Dordrechter canones sich haltende Konventikelbildung mit Wiederbelebung der „Prophetie“, d. h. der Schriftauslegung auch durch Nichttheologen, selbst Frauen (Anna Maria Schürmanni).13 Alles das sind Dinge, die Abweichungen, zum Teil erheblicher Art, von der Lehre und Praxis der Reformatoren jdarstellen. Aberj gegenüber den von Ritschl in seine Darstellung nicht einbezogenen Richtungen, besonders der englischen Puritaner, stellen sie, außer Nr. III, doch nur eine Steigerung von Tendenzen dar, welche in der ganzen Entwickelung dieser Frömmigkeit lagen. Die Unbefangenheit von Ritschls Darstellung leidet daran, daß der große Gelehrte seine kirchen- oder vielleicht besser gesagt: religionspolitisch orientierten Werturteile hineinträgt und in seiner Antipathie gegen alle spezifisch asketische Religiosität überall da, wo die Wendung zu dieser hin sich vollzieht, Rückfälle in den „Katholizismus“ hineininterpretiert.14 Aber wie der Katholizismus, so schließt auch der alte Protestantismus an sich „all sorts and conditions of men“15 ein, und doch hat den Rigorismus der innerweltlichen Askese die katholische Kirche in Gestalt des Jansenismus ebenso abgelehnt, wie der Pietismus den spezifisch katholischen Quietismus des 17. Jahrhunderts zurückwies.16 – Für unserek | speziellen Betrachtungen schlägt jedenfalls der Pietismus erst da A, A1 41 in etwas nicht graduell, sondern qualitativ anders Wirkendesl um, wo die gesteigerte Angst vor der „Welt“ zur Flucht aus dem privatwirtschaftlichen Berufsleben, also zur Konventikelbildung auf klösterlich-kommunistischer Grundlage (Labadie),17 oder –

g A, A1: Teelinck  h Gedankenstrich fehlt in A, A1.  i A, A1, BS: Schurmann j–j  A, A1: darstellen, aber  k A: unsere  l A: Wirkendes   10  Weber dürfte Heppe, Pietismus, folgen, dessen Werk er unten, S.  364 f., Fn.  214, nennt. Heppe sieht die ersten Anfänge des Pietismus in England und Schottland (S.  VIII) und bezieht darum den „puritanische[n] Pietismus Englands“ (S.  14–73) in sei­ ne Darstellung, die v. a. dem niederländischen Pietismus gilt, mit ein (anders Ritschl, dessen „Geschichte des Pietismus“ im Anschluß an die Prolegomena mit dem nieder­ ländisch-reformierten Pietismus beginnt). 11 Willem Teellinck in seiner Schrift „Soliloquium“ (1653), vgl. Ritschl, Pietismus I, S.  124–128. 12  Wie auch die strengen, Voets Auffassung folgenden Christen, vgl. Ritschl, ebd., S.  114–117. – Dazu Weber, Sekten, unten, S.  513 ff. 13  Vgl. Ritschl, ebd., S.  120. Anna Maria Schürmann (zumeist: van Schurman) war Schülerin Voets und lebte später in der Hausgemeinschaft Labadies. 14 Zu Webers Kritik an Ritschl vgl. auch oben, S.  265 f., Fn.  91, und S.  304–307, Fn.  135. 15  Dazu Weber, Vorbemerkung, oben, S.  105 mit Anm.  18. 16  Zum „Jansenismus“ und katholischen „Quietismus“ vgl. das Glossar, unten, S.  609 und 616, zum „Jansenismus“ in diesem Zusammenhang außerdem unten, S.  434–436, Fn.  321 mit Anm.  44. Die Ablehnung des katholischen Quietismus des 17. Jahrhun­ derts begegnet, folgt man Ritschl, v. a. bei Zinzendorf (vgl. Ritschl, Pietismus III, S.  408, dazu S.  436 f.). 17  Vgl. Ritschl, Pietismus I, S.  220 ff., dazu oben, S.  331, Fn.  173 mit Anm.  50.

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alle jene Zusammenhänge zwischen Prädestination und Bewährungsgedanken, mit dem ihnen zugrunde liegenden Interesse an der Gewinnung der subjektiven „certitudo salutis“, wie sie oben dargestellt wurden,18 bereits als pietistische Fortbildung der genui­ nen Lehre Calvins ansieht.m nDie Entstehung asketischer revivals innerhalb der reformierten Gemeinschaften ist, namentlich in Holland, ganz regelmäßig mit einem Wiederaufflammen der zeitweilig in Vergessenheit geratenen oder abgeschwächten Gnadenwahllehre verbunden gewesen.n Für England pflegt man deshalb den Begriff „Pietismus“ meist gar nicht zu brauchen195) o. Aber auch der wie dies einzelnen extremen Pietisten von den Zeitgenossen nachgesagt wurde – zur absichtlichen Vernachlässigung der weltlichen Berufsarbeit zugunsten der Kontemplation führte.19 Diese Folge trat naturgemäß besonders häufig da ein, wo die Kontemplation jenen Zug anzunehmen begann, den Ritschl als „Bernhardinismus“ bezeichnet, weil er in der Auslegung des „Hohenp Liedes“ durch den hl. Bernhard zuerst qanklingt:20 eineq mystische Stimmungsreligiosität, rwelche die krypto-sexuell gefärbter BS, C 130 „unio mystica“ serstrebt. Sie | stellts schon rein religions-psychologisch gegenüber der reformierten Frömmigkeit,t aber auch gegenüber aderen asketischera Ausprägung bei Männern wie Voët, unzweifelhaft ein „aliud“ darb.21 Ritschl sucht nun aber überall diesen Quietismus mit der pietistischen Askese zu kopulieren und so die letzere in die gleiche Verdammnis zu bringen, und er legt den Finger auf jedes Zitat aus der katholischen Mystik oder Asketik, welches er in der pietistischen Literatur findet. Allein auch ganz „unverdächtige“ englische und niederländische Moraltheologen zitieren Bernhard, Bonaventura, Thomas a Kempis. – Das Verhältnis zu der katholischen Vergangenheit warc bei allen Reformationskirchen ein sehr komplexes, und je nach dem Gesichtspunkt, den man in den Vordergrund stellt, erscheint hier die eine, dort die andere als die dem Katholizismus – resp. bestimmten Seiten desselben – näherstehende. 195) Derd recht lehrreiche Artikel „Pietismus“ von Mirbt in der 3.  Aufl. der Real­ enz[yklopädie] f[ür] Prot[estantische] Theol[ogie] u. K[irche] ebehandelt unter gänzlicher Beiseitelassung der reformierten Antezedenziene die Entstehung des Pietismus

m In A folgt Index (für Fn.  195).   n–n Fehlt in A, A1.  o Index fehlt an dieser Stelle in A.   p A, A1: „hohen  q–q A: deutlich entwickelt ist: eine hysterischsinnlich fundamentierte  r–r A: – die durch sexuelle Anklänge vergröberte   s–s A: erstrebend –, welche    t A: Frömmigkeit, –    a  A, A1: ihrer asketischen   b A: darstellt  c  A, A1: ist  d A: So behandelt denn auch der  e–e  Fehlt in A.   18  Siehe oben, S.  298 ff. 19  Als Beispiel nennt Weber unten, S.  356, Fn.  201, Willem Schortinghuis und seine Anhänger. 20  Zu den Hohelied-Predigten Bernhards von Clairvaux und einer entsprechenden Frömmigkeit vgl. Ritschl, Pietismus I, S.  46–61, sowie I–III passim (ohne die Bezeich­ nung „Bernhardinismus“), dazu bereits Webers Ausführungen oben, S.   304–307, Fn.  135. 21  Zu Voet vgl. Ritschl, Pietismus I, S.  101–130, über die vorsichtige Distanz Voets zur mystischen Frömmigkeit ebd., S.  122 ff.

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kontinentale reformierte (niederländisch-niederrheinische) Pietismus war wenigstens dem Schwerpunkt nach ganz ebenso wie etwa die Religiosität Baileys zunächst einfach Steigerung der reformierten Askese.f 22 Auf die „praxis pietatis“ rückteg der entscheidende Nachdruck so stark, daß darüber die dogmatische Rechtgläubigkeit in den Hintergrund trath, zuweilen | direkt indifferent erschieni. Dogmatische Irrtümer konntenj die Prädestinierten ja gelegentlich ebenso befallen wie andere Sünden, und es lehrtek die Erfahrung, daß zahlreiche über die Schultheologie gänzlich unorientierte Christen die offenbarsten Früchte des Glaubens zeitigtenl, während sich auf der anderen Seite zeigtem, daß das bloße theologische Wissen keineswegs die Sicherheit der Bewährung des Glaubens im Wandel | mit sich führten 196). Am theologischen Wissen | konnteo

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lediglich als ein persönliches religiöses Erlebnis Speners,23 was doch etwas befremdend wirkt. – Lesenswert ist zur Einführung in den Pietismus noch immer Gustav Freytags Schilderung in den „Bildern aus der deutschen Vergangenheit“.24 pFür die Anfänge des englischen Pietismus in der zeitgenössischen Literaturq vgl. etwa: W[illiam] Whitaker, Prima institutio disciplinaque pietatis (1570).p 25 | 196)  Diese Anschauung hat den Pietismus bekanntlich befähigt, einer der Hauptträ- A, A 42, 1 ger des Toleranzgedankens zu sein. rÜber diesen sei bei dieser Gelegenheit einiges BS, C 131 eingeschaltet.r Historisch sentsprang er im Okzidents, wenn wir die humanistisch-aufklärerische Indifferenz hier einmal beiseite lassen:t – für sich allein hat sie nirgends große praktische Wirkungen geübt,a – folgenden Hauptquellen: 1. rein politischer f  In A1 folgt zunächst Index (für Fn.  195), dann gestrichen und verschoben (vgl. oben, S.  348).   g  A, A1: rückt  h  A, A1: tritt  i  A, A1: erscheint  j  A, A1: können   k  A, A1: lehrt  l  A, A1: zeitigen  m  A, A1: zeigt  n  A, A1: führt  o  A, A1: kann  p–p  Fehlt in A, A1.  q  In BS, C folgt: zu  r–r  Fehlt in A.   s–s A: entspringt derselbe A1: entspringt er im Occident  t Doppelpunkt fehlt in A, A1.   a  Komma fehlt in A, A1.   22  Vgl. Lewis Baylys „Practice of Piety“ (3. ed. 1613, dt. „Praxis pietatis“). Das Erbau­ ungsbuch des Puritaners gibt konkrete Handlungsanleitungen für das Leben. Es war populär und durch Übersetzungen weit verbreitet, besonders in Deutschland. 23  „Die Geschichte der Entstehung des Pietismus ist zum großen Teil die Geschichte des Lebens von Philipp Jakob Spener“, so Mirbt, Art. Pietismus, S.  775. 24  Freytag, Bilder IV, behandelt die Zeit von 1700 bis zur Deutschen Revolution von 1848 und in diesem Zusammenhang den Pietismus. Max Webers Handexemplar (Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München) enthält im Kapitel über den Pietismus, über­ schrieben „Die Stillen im Lande“ (S.  9–69), einzelne Unterstreichungen und Randmar­ kierungen. 25  William Whitaker wird von Heppe, Pietismus, S.  23, als erster puritanischer Pietist hervorgehoben. Den 1570 erschienenen Katechismus schreibt Heppe ihm zu. Tat­ sächlich aber übersetzt Whitaker den Katechismus seines Onkels Alexander Nowell (Nowell, Catechismus, sive prima institutio, disciplinaque pietatis) 1573 vom Lateini­ schen ins Griechische.

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Staatsraison (Archetypos: Wilhelm von Oranien)26 – 2. dem Merkantilismus (so z. B. besonders deutlich bei der Stadt Amsterdam und bei den zahlreichen Städten, Grundherren und Potentaten, welche die Sektirer als schätzenswerte Träger des ökonomischen Fortschrittes aufnahmen) – 3. der radikalen Wendung calvinistischer Frömmigkeit.27 Die Prädestination schloß es ja im Grunde aus, daß der Staat durch Intoleranz die Religion wirklich förderte. Er vermochte ja dadurch doch keine Seelen zu retten;b nur der Gedanke an Gottes Ehre veranlaßte die Kirche, seinen Beistand zur Unterdrückung der Häresie zu beanspruchen. Je größerer Nachdruck nun aber auf die Zugehörigkeit des Predigers und aller Abendmahlsgenossen zu den Erwählten gelegt wurde, desto unerträglicher wurdec jede staatliche Einmischung in die Besetzung des Predigtamts und jede Vergebung der Pfarrstellen als Pfründen an vielleicht unwiedergeborne Zöglinge der Universitäten, nur weil sie theologisch gebildet waren, düberhaupt jede Einmischung der ofte in ihrem Wandel anfechtbaren politischen Machthaber in die Gemeindeangelegenheitend. Der reformierte Pietismus stärkte diesen Gesichtspunkt durch Entwertung der dogmatischen Korrektheit und allmähliche Durchlöcherung des Satzes „Extra ecclesiam nulla salus“.28 Calvin hatte die Unterwerfung auch der Verworfenen unter die göttliche Stiftung der Kirche als allein mit Gottes Ruhm verträglich erachtet;29 in Neu-England suchte man die Kirche als Aristokratie der bewährten Heiligen zu konstituieren; schon die radikalen Independenten aber lehnten jede Einmischung der bürgerlichen und ebenso irgendwelcher hierarchischer Gewalten in die nur innerhalb der Einzelgemeinde mögliche Prüfung der „Bewährung“ ab. Der Gedanke, daß Gottes Ruhm es erfordere, auch die Reprobierten unter die Zucht der Kirche zu bringen, wurde durch den – von Anfang an ebenfalls vorhandenen[,] aber allmählich immer leidenschaftlicher betonten – Gedanken verdrängt, daß es Gottes Ruhm verletze, mit einem von Gott Verworfenen das Abendmahl zu teilen. Das mußte zum Voluntarismus führen, denn es führte zur „believers’ Church“, der nur die Wiedergeborenen

b  A, A1: retten, und  c A: mußte  d–d A: sein  e  In A1 folgt: 〈ungläubigen〉   26  Wilhelm I. von Oranien, seit 1559 Territorialstatthalter der unter spanischer Herr­ schaft stehenden Provinzen Holland, Seeland und Utrecht, hatte folgendes Ideal: „Ver­ treibung der fremden Soldaten, Verknüpfung aller siebzehn Provinzen zu einer ge­ meinsamen freien Organisation unter einem erblichen Oberhaupt und einer allgemeinen Landesvertretung, eine freisinnige Politik der Toleranz und Aufhebung jedweden Gewissenszwanges – das waren die grossen Ziele […]“. Motley, John Lothrop, Der Abfall der Niederlande und Die Entstehung des Holländischen Freistaats, 3.  Band. – Dresden: Rudolf Kuntze 1860, S.  67 (im Englischen – vgl. oben, S.  264, Fn.  91 mit Anm.  28 – ohne den Begriff „toleration“). Für kurze Zeit gelang es ihm mit der „Genter Pazifikation“ vom 8. November 1576, die alte Einheit der südlichen und nördlichen Provinzen auf Basis der Forderung des Abzugs der spanischen Truppen und der „Gewissensfreiheit“ bis zu einer Entscheidung der Generalstaaten wieder her­ zustellen. Sie zerbrach jedoch schnell, und am 6. Januar 1579 schlossen sich die südlichen, katholischen Provinzen in der Union von Atrecht (Arras) und am 29. Januar 1579 die nördlichen, überwiegend protestantischen Provinzen in der Union von Ut­ recht zusammen. Diese erklärte 1581 ihre Unabhängigkeit von Spanien. 27  So in der Westminster Confession, oben, S.  265–272, und in den Dordrechter Ca­ nones, oben, S.  268 mit Anm.  62. 28  „Außerhalb der Kirche kein Heil“. Vgl. das Glossar, unten, S.  605. 29  Vgl. Calvin, Inst. IV,1,7; dazu oben, S.  279 mit Anm.  19.

1.  Die religiösen Grundlagen der innerweltlichen Askese

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umfassenden religiösen Gemeinschaft.30 Der calvinistische Baptismus, dem z. B. der Leiter des „Parlamentes der Heiligen“, Praisegod Barebone, angehörte, zog die Konsequenzen aus dieser Gedankenreihe am entschlossensten.31 Cromwells Heer trat für die Gewissensfreiheit,f und das Parlament der „Heiligen“ sogar für Trennung von Staat und Kirche ein, weil seine Angehörigen fromme Pietisten waren, also | aus positiv-reli- A, A1 43 giösen Gründen. – 4. Die gnachher zu erörternden täuferischen Sekten, 32 und sie weitaus am stärksten und innerlich konsequentesten,g haben von Beginn ihres Bestehens anh stets an dem Grundsatz festgehalten:i daß nur persönlich Wiedergeborene in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen werden können[,] und daher jeden „Anstalts“Charakter der Kirche und jede Einmischung der weltlichen Macht perhorresziert. Auch hier warj es also ein positiv-religiöser Grund, der die Forderung unbedingter Toleranz erzeugtek. – lDer erste, der aus solchen Gründen, fast eine Generation vor den Baptisten, zwei Generationen vor Roger Williams, für unbedingte Toleranz und Trennung von Staat und Kirche eintrat, war wohl Robertm Browne.33 Die erste Erklärung einer Kirchengemeinschaft in diesem Sinne scheint die Resolution der englischen Baptisten in Amsterdam von 1612 oder 1613 zu sein: „the magistrate is not to meddlen with | religion or matters of conscience …because Christ is the King and lawgiver of the BS, C 132 Church and conscience“.34 Das erste offizielle Dokument einer Kirchengemeinschaft,

f Komma fehlt in A, A1.  g–g A: täuferischen Sekten  Kommata fehlen in A1. h In A folgt: , wie wir noch sehen werden,  i A, A1: festgehalten,  j A, A1: ist k  A, A1: erzeugt  l–l (S.  352) Fehlt in A.   m A1, BS, C: John  n BS, C: middle   30 Weber gebraucht den von ihm hier definierten Begriff „believers’ church“ auch unten, S.  392 u. ö. Eine Übernahme des Begriffs aus der genannten Literatur ließ sich nicht ermitteln (den Begriff verwendet auch Troeltsch, Ernst, Protestantisches Chri­ stentum und Kirche in der Neuzeit, in: Die Kultur der Gegenwart, Teil   I, Abt.   IV [1. Hälfte]: Die Christliche Religion mit Einschluß der israelitisch-jüdischen Religion, hg. von Paul Hinneberg. – Berlin und Leipzig: B.G. Teubner 1906, S.  253–458, hier S.  417 (KGA 7, S.  414). 31  Das „Parlament der Heiligen“ wurde auch „Barebone’s Parliament“ genannt, vgl. oben, S.  295, Fn.  122 mit Anm.  84. Als Particular Baptist samt den weitreichenden For­ derungen dieser Gemeinschaft tritt Praisegod Barebone, Mitglied des Langen Parla­ ments 1653, z. B. in Masson, Milton III, p.  147–149, hervor. – Zu den calvinistischen Baptisten vgl. unten, S.  388, Fn.  255. 32  Siehe unten, S.  388–409. 33  Gemeint ist der Puritaner Robert Browne, der 1581 in Norwich die erste von der Staatskirche unabhängige (separatistische) Kirche in England gründete. Das Verhält­ nis von Staat und Kirche Brownes stellt Dexter, Congregationalism, p.  100–103, dar. 34  Aus John Smyths Bekenntnis (proposition 84): „That the magistrate is not by vir­ tue of his office to meddle with religion or matters of conscience, to force or compel men to this or that form of religion or doctrine, but to leave (the) christian religion free to every man’s conscience and to handle only civil transgressions […] for Christ only is the king and lawgiver of the church and conscience.“ Barclay, Inner Life, p.  111 f. (Vollständig unter dem Titel „Propositions and Conclusions concerning true Christian Religion, containing A Confession of Faith of certain English people, living at Amster­ dam“ abgedruckt in Barclay, ebd., Appendix to Chapter VI, p.  VII ff., zur Datierung ebd., p.  I.)

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

welches den opositiven Schutzo der Gewissensfreiheit durch den Staat als Recht forderte, war wohl Art.   48p der Confession der (Particular) Baptists von 1644.l 35–q A1 43a rNachdrücklich sei nochmals bemerkt: daß die gelegentlich vertretene Ansicht: die Too–o A1: positiven Schutz  p A1, BS, C:  44  l (S.  351)–l  Fehlt in A.   q  In A, A1 folgt: Roger Williams, der Gründer der ersten aus diesen positivreligiösen Gründen toleranten und jeden Rest von Staatskirchentum ablehnenden Kolonie Rhode-Island, wurde dort neu getauft und war dann – zeitweilig – Baptistenprediger, aber es scheint nicht exakt nachweisbar, woher er seine schon vorher entwickelten antistaatskirchlichen Grundsätze hatte. Die von dem katholischen Lord Baltimore gegründete Kolonie Maryland proklamierte die Toleranz – welche die katholische Kirche als exclusive Heilsanstalt als Prinzip nicht zugestehen kann – lediglich aus Opportunitätqa, weil eine offiziell katholische Kolonie unterdrückt worden wäre. Pennsylvanien hatte natürlich von Anfang an den Grundsatz der Toleranz und der Trennung von Staat und Kirche aus religiösen Gründen. – Die vorstehenden Bemerkungen qb, auf die ja weiterhin eingehender zurückzukommen sein wird,qb sind hier u. A. auch deshalb eingeflochten, weil letzthinqc wieder einmal der Abg. Gröber im Reichstag für Maryland die Priorität der „Toleranz“ gegenüber Rhode Island in Anspruch genommen hat. Toleranz aus politischen (ev. kirchenpolitischen) Opportunitätsgründen und Toleranz als religiöses Prinzip sind aber sehr zweierlei. Die letztere kann die katholische Kirche nicht akzeptieren, weil sie als Stiftung Gottes die Pflicht hat, die Menschen vor der Verdammnis, in welche die Häresie sie unfehlbar führt, zu bewahren. – Es steht mit der Toleranz nicht anders als mit der modernen „liberalen“ Idee überhaupt: die religiöse Verankerung des Prinzips der Verwerfung aller menschlichen Autoritäten als „Kreaturvergötterung“ und Entwertung der allein Gott und seinem Gesetz geschuldeten unbedingtenqd Unterwerfung des eigenen Willens, – wie sie am schärfsten bei den Quäkern, in minder konsequenter Form aber bei allen asketischen Sekten auftrat, – diese Ableitung der „Autoritätsfeindschaft“ aus positiv-religiösen Motiven war die historisch entscheidende „psychologische“ Grundlage der „Freiheit“ in den puritanischen Ländern. Mag man die historische Bedeutung der „Aufklärung“ noch so hoch einschätzen, so fehlte ihren freiheitlichen Idealen jene, deren Fortbestand erst sichernde, Verankerung an solchen positiven Antrieben, wie sie auch Gladstone’s politischer Arbeit überhaupt erst die „construktive“qe Note gaben. Für die Geschichte der Entstehung und politischen Bedeutung der „Gewissensfreiheit“ ist bekanntlich Jellinek’s „Erklärung der Menschenrechte“ grundlegend. Auch ich persönlich verdanke dieser Schrift die Anregung zur erneuten Beschäftigung mit dem Puritanismus.qf  qa A, A1: Opporunität  qb– qb  In A1 gestrichen.   qc  In A1 folgt: (geschrieben: 1904)  qd  A, A1: unbedingter  qe Anführungszeichen in A1 gestrichen.   qf In A1 folgt Gedankenstrich, ferner der Hinweis Max Webers (nach Absatz): ╒  Blatt 43a  r–r (S.  353)  Fehlt in A; in A1 auf einem eingelegten Manuskriptblatt, von Max Weber überschrieben: 43a / Zu Anm.  78, S.  42/43 a. E.   35 Art.  48 des Bekenntnisses der sieben Londoner calvinistisch-baptistischen Ge­ meinden von 1644 ist zitiert bei Vedder, Baptists – von Weber genannt unten, S.  388, Fn.  255 – p.  145 f. (Art.  48 sei „the first publication of the doctrine of freedom of con­ science in an official document“, ebd., p.  145). Darin heißt es: „So it is the magistrate’s duty to tender the liberty of men’s consciences […] (which is the tenderest thing unto all conscientious men, and most dear unto them, and without which all other liberties will not be worth the naming, much less the enjoying) […]“ (Zitat ebd.). (Art.  48 in der zweiten Ausgabe von 1646 ist zitiert bei Underhill, Confessions of Faith, p.  11–60, hier p.  44 f., und Crosby, English Baptists I, Appendix, p.  7–26, hier p.  23 f.).

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also die Er|wählung überhaupt nicht bewährt werden197). | Daher beganns der Pietismus in tiefem Mißtrauen gegen die Theologen-

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leranz als solche sei dem Kapitalismus zugute gekommen, natürlich völlig irrig ist.36 Religiöset Toleranz ist nichts spezifisch Modernes oder Okzidentales. Sie hat in China, in Indien, in den großen vorderasiatischen Reichen im Zeitalter des Hellenismus, im Römerreich, in den islamischen Reichen,a während langer Zeiträume in einem nur durch Gründe der Staatsraison (die auch heute die Schranke bilden!b) begrenzten so weiten Umfang geherrscht, wie nirgends auf der Welt im 16. und 17. Jahrhundert, am allerwenigsten aber in den Gebieten, wo der Puritanismus herrschte, wie z. B. in Holland und Seelandc in der Zeit desd politisch-ökonomischen Aufstieges, oder im puritanischene Alt- oder Neuengland. Dem Okzident fwar geradef – gnach wie vorg der Reformation – ähnlich wie z. B. dem Sassanidenreich die konfessionelle Intoleranz charakteristischh,37 wie sie auch in China, Japan, Indien iwährend einzelner Epochen, aberi meist aus politischen Gründen, geherrscht hat. jFolglich hat Toleranz als solche mit Kapitalismus gewiß nicht das geringste zu tun. Es kam darauf an: wem sie zugute kam. – Über die Konsequenzen bei Forderung der „believers’“k Church ist in dem folgenden Artikel weiter zu reden.j r 38 | 197)  In seiner praktischen Anwendung tritt dieser Gedanke z. B. bei den Cromwell- [A, A 43] 1 schen „tryers“, den Examinatoren der Predigtamts-Kandidatenl, zutage. Sie | suchten A, A1 44 nicht sowohl die fachlich-theologische Bildung, als den subjektiven Gnadenstand des Kandidatenm festzustellen. nS[iehe] auch den folgenden Artikel.n 39

s  A, A1: beginnt  t A1: Die > Religiöse  a  Komma fehlt in A1.  b Ausrufungs­ zeichen fehlt in A1.  c  In A1 folgt: 〈, England〉  d  In A1 folgt: 〈Aufstiegs〉  e In A1 folgt: 〈England〉  f–f A1: 〈〈wie〉 ebenso wie den Persern〉 〈[?]〉 war im Ganzen g–g A1: vor wie nach > nach wie vor  h A1: charakteri > gemeins > charakteristisch i–i A1: zeitweilig, > während andrer Epochen, aber  j–j  Fehlt in A1.  k  In BS, C ohne Apostroph.   r  (S.  352)–r  Fehlt in A.   l  A, A1: Predigtamts-Kanditaten   m A, A1: Kanditaten  n–n  Fehlt in A.   36  Weber wandte dies bereits gegenüber Felix Rachfahl ein. Dieser findet, daß für die kapitalistische Entwicklung das Prinzip der religiösen Toleranz, das er für Holland und England geltend macht, wesentlich entscheidender als eine Berufsethik sei. Vgl. Rachfahl, Kalvinismus, MWG I/9, S.  560 f. und 562–572, dazu Weber, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, MWG I/9, S.  585–590; Rachfahl, Nochmals Kalvinismus, MWG I/9, S.  635–637 und 643 f., dazu Weber, Antikritisches Schlußwort, MWG I/9, S.  684–692. 37 Im Reich der persischen Herrscherdynastie der Sassaniden (224/26–642/51 n.Chr.) war der Zoroastrismus Staatsreligion. (Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22-2, S.  199, nennt dessen geschlossene religiöse Organisation im Sassani­ denreich eine „politische ,Konfession‘“.) Die Christen wurden wegen ihrer Verbindung mit dem großen Gegner, dem (ost-)römischen Reich, über längere Zeiträume hinweg verfolgt, zeitweise auch die Juden, außerdem die Manichäer und Mazdakiten. Vgl. Lehmann, Edv[ard], Die Perser, in: Lehrbuch der Religionsgeschichte, hg. von P. D. Chantepie de la Saussaye, 3., vollst. neu bearb. Aufl., 2.  Band. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1905, S.  161–233, hier S.  227–230. 38  Siehe Weber, Sekten, unten, bes. S.  513 ff. 39  Zu der Funktion von Cromwells „triers“ vgl. auch oben, S.  296, Fn.  122 mit Anm.  86, zur Feststellung des subjektiven Gnadenstands vgl. das Beispiel Thomas Fullers,

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kirche198) o, welcher er – das gehört zu seinen Merkmalen – offiziell dennoch angehörig bliebp, die Anhänger der „praxis pietatis“40 in Absonderung von der Welt in „Konventikel“ zu sammeln199) q. Er wollter die unsichtbare Kirche der Heiligens sichtbar auf die Erde herabziehen und, ohne doch die Konsequenz der Sektenbildung zu ziehen, in dieser Gemeinschaft geborgen[,] ein den Einflüssen | der Welt abgestorbenes, in allen Einzelheiten an Gottes Willen orientiertes Leben führen und dadurcht der eigenen Wiedergeburt auch in täglichen äußeren Merkmalen der Lebensführung sicher bleiben. Die „ecclesiola“ der wahrhaft Bekehrten41 möchte so – das u 198)  Das für den Pietismus charakteristische Mißtrauen gegen Aristoteles und die klassische Philosophie überhaupt findet sich schon bei Calvin vorgebildet (vgl. Instit[utio] II c. 2 s.v 4; III c. 23 s.w 5; IV c. 17 s.a 24).42 Bei Luther war es in seinen Anfängen bekanntlich nicht geringer, ist aber dann durch den humanistischen Einfluß (vor allem Melanchthons) und zwingende Bedürfnisse der Schulung und Apologetik wieder zurückgedrängt worden. Daß das zur Seligkeit Nötige auch für Ungelehrte deutlich genug in der Schrift enthalten sei, lehrte natürlich auch die Westminster Confession (c. I, 7)43 in Übereinstimmung mit den protestantischen Traditionen.u b 199)  Hiergegen wendete sich der Protest der offiziellen Kirchen, z. B. auch noch der (kürzere) Katechismus der schottischen presbyterianischen Kirche von 1648 S. VII:44 Teilnahme von nicht derselben Familie angehörigen Personen an den Hausandachten wird, als Eingriff in die Befugnisse des Amtes, verpönt. Auch der Pietismus löste, wie jede asketische Gemeindebildung, das Individuum aus den Banden des mit dem Interesse des Amtsprestiges verbündeten Hauspatriarchalismus.b |

o  Index fehlt in A, A1.  p  A, A1: bleibt  q  Index fehlt in A, A1.  r  A, A1: möchte  s  A, A1: „Heiligen“  t A: so  u–u  Fehlt in A, A1.  v BS, C: S.  w BS, C: S.  a BS, C: S.  b–b  Fehlt in A, A1.   oben, S.  310, Fn.  138 mit Anm.  60. – In diesen Kontext gehört auch die Forderung nach einer speziellen Qualifikation des Predigers. Siehe Weber, Sekten, unten, S.  534–537. 40 Praxis pietatis, „(Aus- oder auch Ein-)Übung der Frömmigkeit“, meint die Wert­ schätzung eines verinnerlichten und entsprechend gelebten Glaubens. Sie kenn­ zeichnet die gesamte pietistische Bewegung. (Vgl. auch den Buchtitel von Bayly, „Practice of Piety“, dt. „Praxis pietatis“, dazu oben, S.  349 mit Anm.  22.) 41  Die vollständige Formel bei Spener: „ecclesiola in ecclesia“. Spener versteht dar­ unter (statt äußerer Reform des Kirchenwesens) die Sammlung und Förderung der Frommen, z. B. in Konventikeln zu gegenseitiger Belehrung, Erbauung und Übung des geistlichen Priestertums, um auf diese Weise von innen nach außen zu wirken. Vgl. Ritschl, Pietismus II, S.  135 f. 42 Vgl. Calvin, Inst. II, 2, 4; III, 23, 5; IV, 17, 24 (vgl. auch oben, S.  324, Fn.  162; die Stellenhinweise auch bei Kampschulte, Calvin I, S.  260 mit Anm.  3 und 4 und S.  265 mit Anm.  2). 43  Westminster Confession, Chap. I „Of the Holy Scripture“, [Nr.] 7, vgl. Müller, E. F. Karl, Bekenntnisschriften, S.  545 f., dt. Sack, Kirche von Schottland II, S.  64. 44  Gemeint ist die „Anweisung zum Familiengottesdienste […]“ von 1647 (nicht ent­ halten im „Kürzeren Katechismus“ von 1648), vgl. Sack, ebd., S.  217–229, [Nr.] VII,

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warc ebenfalls allem spezifischen Pietismusd gemeinsam – in gesteigerter Askese eschon im Diesseitse die Gemeinschaft mit Gott in ihrer Seligkeit kosten. fDies letzteref Bestreben hatteg nun etwas mit der lutherischen „unio mystica“45 innerlich Verwandtes und führteh sehr oft zu einer stärkeren Pflege der Gefühlsseite der Religion, als sie dem reformierten Durchschnittschristentum normalerweise eignetei. Dies wäre dann auf dem Boden der reformierten Kirche als das entscheidende Merkmal des „Pietismus“ anzusprechen, soweit unsere Gesichtspunkte in Betracht kommen. Denn jenes der calvinistischen Frömmigkeit im ganzen ursprünglich fremde, dagegen gewissen Formen mittelalterlicher Religiosität innerlich verwandte Gefühlsmoment lenktek die praktische Religiosität in die Bahn ldiesseitigen Genussesl der Seligkeit statt des asketischen Kampfes um ihre Sicherung für die jenseitige Zukunftm. Und das Gefühl konntea dabei eine solche Steigerung erfahren, daß die Religiosität direkt hysterischen Charakter annahmb und dann durch jene aus zahllosen Beispielen bekannte, neuropathischc begründete, Abwechslung von halbsinnlichen Zuständen religiöser Verzückung mit Perioden nervöser Erschlaffung, die als „Gottferne“ empfunden wurdend, im Effekt das direkte Gegenteil der nüchternen und strengen Zucht, in welche das systematisierte eheilige Lebene des Puritaners den Menschen fnahm, erzielt wurdef: eine Schwächung jener „Hemmungen“,g welche die rationale Persönlichkeit des Calvinisten gegenüber den „Affekten“ stütztenh 200). 200)  Es wird hier aus guten Gründen absichtlich unterlassen, auf die – im fachwissen- B , C 133 S schaftlichen Sinn des Wortes – „psychologischen“ Beziehungen dieser | religiösen Be- A, A1 45 wußtseinsinhalte einzugehen, und selbst die Verwendung der entsprechenden Terminologie ist möglichst vermieden. Der wirklichi gesicherte Begriffsvorrat der Psychologie k, einschließlich der Psychiatrie,k reicht vorerst lnoch nicht ausl, um für die Zwecke der

c  A, A1: ist  d  A, A1: „Pietismus“  e–e A: schon im Diesseits  f–f A: Dies letz­ tere  g  A, A1: hat  h  A, A1: führt  i  A, A1: eignet  k  A, A1: lenkt  l–l A: diesseitigen Genusses  m A: Zukunft  a A, A1: kann  b A, A1: annimmt   c A: psychophysisch A1: psychopathisch  d  A, A1: werden  e–e  A, A1: „heilige Leben“  f–f A, A1: nimmt, erzielt wird  g Komma fehlt in A, A1.  h A, A1: stützen  i A: einigermaßen  k–k  Fehlt in A; Kommata fehlen in A1.  l–l A: ent­ fernt nicht aus   S.  224: „[…] so sind doch […] solche Versammlungen von Personen aus verschiede­ nen Familien […] zu mißbilligen, insofern sie auf die Verhinderung der Religionsübung in jeder Familie für sich, die Beeinträchtigung des öffentlichen Amtes, die Zertrennung der Familien, der besonderen Gemeinen, und […] der ganzen Kirche hinzielen.“ 45  Vgl. oben, S.  304–308.

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Ebenso konntem dabei | der calvinistische Gedanke an die Ver­ worfenheit des Kreatürlichen, gefühlsmäßig – z. B. in der Form des sog. „Wurmgefühls“46 – erfaßt, zu einer Ertötung der Tatkraft im Berufs­leben führen201). Und auch der Prädestinationsgedanke

historischen Forschung auf dem Gebiet unserer Probleme unmittelbarn nutzbar gemacht zu werden o, ohne die Unbefangenheit des historischen Urteils zu trübeno. Die Verwendung ihrer Terminologie würde lediglich die Versuchung schaffen, unmittelbar verständlichen und oft geradezu trivialen Tatbeständen einen Schleier dilettantischer Fremdwörtergelehrsamkeit umzuhängen und so den falschen Anschein erhöhter begrifflicher Exaktheit zu erzeugen, wie dies z. B. für Lamprecht leider typisch gewesenp ist.47 – Ernster zu nehmende Ansätze zur Verwertung psychopathologischer Begriffe BS, C 134 für die Deutung gewisser historischer Massenerscheinungen s. bei W[illy] Hell|pach, Grundlinien zu einer Psychologie der Hysterie, 12. Kapitel,q sowie dessen „Nervosität und Kultur“. Ich kann hier nicht versuchen auseinanderzusetzen, daß m. E. auch diesen sehr vielseitig orientierten Schriftsteller die Beeinflussung durch gewisse Theorien Lamprechts geschädigt hat.48 – Wie völlig wertlos, gegenüber der älteren Literatur, Lamprechts schematische Bemerkungen über den Pietismus (im 7.  Band der Deutschen Geschichte) sind,49 weiß wohl jeder, der auch nur die gangbare Literatur kennt. 201) So etwa bei den Anhängern des Schortinghuis’schen „Innigen Christendom’s“.50 r– Religionsgeschichtlich geht das zurück auf die deuterojesajanische Gottesknechts-Perikope und den 22. Psalm.r 51 m A, A1:  kann  n  Fehlt in A.   o–o  Fehlt in A.   p  A, A1: geworden  q Kom­ ma fehlt in A, A1.  r–r  Fehlt in A, A1.   46  Nach Jes 41,14 (Israels Selbstgefühl während des babylonischen Exils). 47  Zu Karl Lamprecht vgl. auch unten, Anm.  48 und 49. – Seinen Anspruch an eine Psychopathologie und ihre Begriffe für sein Erkenntnisinteresse formuliert Weber in ders., Roscher und Knies III, S.  87, Fn.  1. Verlangt sei „[…] die Verknüpfung des einfüh­ lend nacherlebten seelischen Zusammenhanges mit den aus der allgemeinen psych­ iatrischen ‚Erfahrung‘ gewonnenen Begriffe“. Und er fährt fort: „Sie sind ‚Intuitionen‘ des dafür begabten Forschers ‚über‘ das Objekt, aber inwieweit sie objektiv gelten, bleibt prinzipiell unkontrollierbar und daher ihr wissenschaftlicher Wert durchaus un­ sicher“ (ebd.). Vgl. ferner den Brief Max Webers an Else Jaffé vom 13. Sept. 1907, MWG II/5, S.  393–403. 48  Das 12. Kapitel von Hellpach, Grundlinien, lautet: „Das sozialpathologische Hyste­ rieproblem“, ebd., S.  469–494. Das Handexemplar Webers (Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München) enthält zahlreiche Marginalien, An- und Unterstreichungen von der Hand Max Webers, auch im angegebenen Kapitel. Weber notiert zu Hellpachs Aus­ führung zum Stichwort „Subjektivismus“, er folge „in diesen Dingen durchaus der Ter­ minologie Lamprechts“ (S.  473), am Rand: „leider!“; Auseinandersetzung mit Lam­ precht marginal S.  479 (und S.  101). 49  Weber bezieht sich auf Lamprecht, Deutsche Geschichte VII/1, S.  162–185 (die Abschnitte „Der eigentliche Pietismus“ und „Zinzendorf, Herrnhut“). 50 Nach Ritschl, Pietismus I, S.  327 ff., mit Anspielung auf die Schrift von Willem Schortinghuis „Het innige Christendom“ (Groningen 1740, 3.  Aufl. 1743). Zum Gefühl der Nichtigkeit bes. S.  327 f., zum „Vorwurf, die Frommen pflegten ihren bürgerlichen Beruf zu vernachlässigen“, S.  331. 51  Mit der Gottesknechts-Perikope ist Jes 52,13 bis 53,12 gemeint. Zu dem schuldlos

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konntes zum Fatalismus werden, wenn er – im Gegensatz zu den genuinen Tendenzen der calvinistischen rationalen Religiosität – Gegenstand stimmungs- und gefühlsmäßiger Aneignung wurdet 202). Und endlich der Trieb zur Abgeschiedenheit der Heiligen von der Welt konntea bei starker gefühlsmäßiger Steigerung zu einer Art von klösterlicher Gemeinschaftsorganisation halb kommunistischen Charakters führen, wie sie der Pietismus immer wieder und auch in der reformierten Kirche gezeitigt hat203). Aber solange dieser extreme, eben durch jene Pflege der Gefühlsmäßigkeit bedingte Effekt nicht erzielt wurdeb, der reformierte Pietismus also innerhalb des weltlichen Berufslebens seiner Seligkeit sich zu versichern cstrebte, warc der praktische Effekt pietistischer Grundsätze lediglich eine noch striktere asketische Kontrolle der Lebensführung im Beruf und eine noch festere religiöse Verankerung der Berufssittlichkeit, als sie die von den „feinen“ Pietisten als Christentum zweiten Ranges angesehene | bloße weltliche „Ehrbarkeit“ der normalen reformierten Christen zu entwickeln vermochted. Die religiöse Aristokratie der Heiligen, die ja in der Entwicklung aller reformierten Askese, je ernster sie genommen wurdee, um so sicherer fhervortrat, wurdef alsdann – wie dies in Holland geschahg – 202)  Dies trat bei holländischen Pietisten vereinzelt, und dann unter spinozistischen Einflüssen, auf.52 203)  Labadie, Tersteegen u. a.53 |

s A, A1: kann  t A, A1: wird  a A, A1: kann  b A, A1: wird  c–c A, A1: strebt, ist  d A, A1; vermag  e A, A1: wird  f–f A, A1: hervortritt, wird g  A, A1: der Fall war   leidenden Gottesknecht in der Soteriologie Deuterojesajas und zu Psalm 22 vgl. die Ausführungen von Weber, Antikes Judentum, MWG I/21, S.  742–748. 52  Vgl. Ritschl, Pietismus I, S.  334: „Das Versinken des Gefühls in die Wunden Christi, welches als das göttliche Complement der Nichtigkeit des Menschen geschätzt wer­ den soll, kann […] nicht als die richtige Form der christlichen Religion gelten. Denn die Voraussetzung derselben ist die vernünftige Selbstverantwortlichkeit des Menschen, während die Prätension seiner Nichtigkeit gegen Gott und der vollen Passivität in der Bekehrung nach der Consequenz des Spinozismus hinweist.“ Nach Heppe waren die Verschooristen (oder Schooristen), Hattemisten und Friedrich von Leenhof spinozi­ stisch oder pantheistisch beeinflußt, vgl. Heppe, Pietismus, S.  375–379 und 381 f. We­ ber notiert im Exemplar der UB Heidelberg S.  376 marginal ihre „rein determinist[ische] Wendung“ und S.  379 „Fatalist[ische] Wendung“ sowie (ein daraus resultierendes) „passives Christentum“. 53  Über die „Gemeinde Labadie’s“ vgl. Ritschl, Pietismus I, S.  220–246, auch oben, S.  331, Fn.  173 mit Anm.  50, und über Gerhard Tersteegen ebd., S.  455–494, hier S.  478 ff.

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innerhalb der Kirche voluntaristisch in der Form der Konventikelbildung organisiert, während sie im englischen Puritanismush teils zur förmlichen Unterscheidung von Aktiv- und Passivchristen in der Verfassung der Kirche, teils – entsprechend dem schon früher Gesagten54 – zur Sektenbildung drängte. | Die Entwicklung des mit den Namen Spener, Francke, Zinzendorf verknüpften, auf dem Boden des Luthertums stehenden deut­ schen Pietismus führt uns nun vom Boden der Prädestinationslehre ab. Aber damit keineswegs notwendig aus dem Bereich jener Gedankengänge, deren konsequente Krönung sie bildete, wie denn speziell Speners Beeinflussung durch den englisch-niederländischen Pietismus von ihm selbst bezeugt ist und z. B. in der Lektüre von Bailey in seinen ersten Konventikeln zutage trat204). Für |

204)  Am deutlichsten tritt sie vielleicht hervor, wenn er – man denke: Spener! – die A, A1 46, BS, C 135 Kompetenz der Obrigkeit zur Kontrolle der Konventikel, außer bei Unordnungen und Mißbräuchen, bestreitet, weil es sich um ein durch die apostolische Ordnung garantiertes Grundrecht der Christen handle (Theologische Bedenken II S.  81 f.).55 Das ist – prinzipiell – genau der puritanische Standpunkt bezüglich des Verhältnisses und Geltungsbereichs der ex jure divino folgenden und daher unveräußerlichen Rechte des einzelnen. Ritschl ist denn auch weder diese (Pietismus II S.  157)56 noch die weiterhin im Text erwähnte Ketzerei (das. S.  115)57 entgangen. So unhistorisch namentlich die positivistische (um nicht zu sagen: philiströse) Kritik ist, die er an dem „Grundrechts“-

h  In A folgt: , wie später zu erörtern sein wird,   54  Siehe oben, S.  334 f. 55  Spener, Theologische Bedenken II (3. Cap., Artic.  I, Sectio XIX: „Von der obern e  e  gewalt uber besondere zusammenkunfften zur erbauung/ in dero umstanden“, S.  80– 87), hier S.  81 ff. Spener begründet das Grundrecht zur Versammlung in Konventikeln (Collegia pietatis, dazu unten, S.  359, Anm.  58) mit Apg 4,19 und 5,29. Die Obrigkeit habe keine Macht, jene zu verbieten; „dann wie sie allein ihre gewalt von GOTT hat/ ist ihr dieselbe nicht anders vertrauet/ als mit steter unterwerffung unter ihn/ und also daß e  ihre befehle den seinigen niemal zu wider seyn dorffen“ (S.  81). 56  Weber bezieht sich im folgenden auf Ritschl, Pietismus II, S.  157 f., der Spener (vgl. vorherige Anm.) bespricht: „Zunächst hat Spener hiebei vergessen, daß die Obrigkeit der Stand in der Kirche ist, welcher für deren Rechtsordnung sorgt, und daß alle so genannten Grundrechte nur dann Rechtswirkung haben, wenn sie in die positive Ord­ nung aufgenommen sind. […] Denn die Aufnahme eines vorgeblichen Instituts der apostolischen Kirche bedeutet die Zersetzung der unter anderen Bedingungen ent­ standenen und bestehenden lutherischen Kirchenverfassung. […] Conventikel dieser Art also verrathen vielmehr Gleichgiltigkeit gegen das Zusammenwirken des dritten Standes mit den beiden anderen, als eine Vorbereitung zum Einklang mit ihnen. […] Die in ihnen versammelten rechtschaffenen Christen werden gerade dazu angeleitet, sich selbst als die ausschließlichen Träger des Rechtes in der Kirche anzusehen.“ 57  Anspielung auf Ritschls Rückverweis, Pietismus II, S.  159, auf S.  116 (lies: S.  115 f.).

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unsere speziellen Gesichtspunkte jedenfalls bedeutet der Pietismus lediglich das Eindringen methodisch gepflegter und kontrollierter,i d. h. also asketischer Lebensführung auch in die Gebiete der nicht

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Gedanken übt, dem wir schließlich doch nicht viel weniger als Alles verdanken, was heute auch demj „Reaktionärsten“ als Minimum seiner individuellen Freiheitssphäre vorschwebt, – so ist ihm natürlich darin ganz beizustimmen, daß in beiden Fällen eine organische Einfügung in Speners lutherischen Standpunkt fehlt. –   Die Konventikel (collegia pietatis) selbst, die Speners berühmte „Pia desideria“ theoretisch begründeten und die er praktisch ins Leben rief,58 entsprachen im Wesen durchaus den englischen „prophesyings“, wie sie sich zuerst in Joh[annes] v[on] Lasco’s Londoner Bibelstunden (1547)59 fandenk und seitdem zum stehenden Inventar der als Auflehnung gegen die kirchliche Autorität verfolgten Formen puritanischer Frömmigkeit gehörten. Die Ablehnung der Genfer Kirchenzucht endlich wird bei ihm bekanntlich damit begründet, daß ihr berufener Träger, der „dritte Stand“ (status oeconomicus: die christlichen Laien), in der lutherischen Kirche nicht in die Kirchenorganisation eingefügt sei.60 Schwächlich lutherisch ist andrerseits – bei | Erörterung der Exkommu- A, A1 47

i  Komma fehlt in A, A1.  j  A, A1: den  k  A, A1: finden   58  Es handelt sich um regelmäßig stattfindende Versammlungen der Gemeindeglie­ der zur gemeinsamen Lektüre und Schriftauslegung. Ihre Ursprünge liegen in dem Collegium, das seit 1670 im Pfarrhaus Speners in Frankfurt am Main abgehalten wur­ de. Hier las man anfangs auch Baylys „Praxis pietatis“ (vgl. oben, S.  349 mit Anm.  22) und andere Erbauungsschriften. Spener beschrieb sie in seinen „Pia desideria“ (er­ schienen 1675), die sein Kirchenreformprogramm enthalten (vollständiger Titel: „Pia desideria: Oder Hertzliches Verlangen nach Gottgefälliger Besserung der wahren evangelischen Kirchen“). Zweck sei die Förderung der innerlichen Frömmigkeit durch die wechselseitige Erbauung der Gemeindeglieder, um eine Besserung des christli­ chen Lebens zu erreichen. Spener erachtete gegenüber Regier- und Lehrstand den dritten Stand (Luther: „status oeconomicus“) als Träger der Reform. Vgl. Ritschl, Pie­ tismus II, S.  125 ff. 59  Vgl. die Notiz bei Ritschl, Pietismus I, S.  120 (auch Heppe, Pietismus, S.  15). Dem­ nach fanden in der niederländischen Fremdengemeinde zu London unter Johannes a Lasco (Jan Łaski) seit 1550 Schriftauslegungen statt, die die öffentlichen Predigten der Woche begleiteten und auf praktische Ausübung zielten. Ritschl bezeichnet sie als „Prophetie (Prophezei)“ (ebd.). (Webers Jahreszahl 1547 konnte nicht belegt wer­ den; Johannes a Lasco kam 1548/49 das erste Mal nach England und war seit Juli 1550 (bis 1553) Superintendent der Londoner Fremdengemeinden.) 60  Nach dem Genfer Modell war die Kirchenzucht Aufgabe der Presbyterien, d. h. der Gemeinde (Laien), genauer: der von ihr gewählten Ältesten, zusammen mit den Pfar­ rern. Spener schätzte die Genfer Kirchenzucht, lehnte ihre Einführung im deutschen Luthertum aber ab, weil sich dort eine Gemeindeorganisation, bei der Selbstbestim­ mung und -verwaltung ihrer Mitglieder im Mittelpunkt steht, nicht verwirklichen ließe. Zu Speners Haltung vgl. Ritschl, Pietismus II, S.  132–135. – Seit 1560 war die Kirchen­ zucht im Luthertum auf die Konsistorien (vgl. das Glossar, unten, S.  611) übergegan­ gen, die nicht den „dritten Stand“ repräsentierten, sondern das landesherrliche Kir­ chenregiment ausübten.

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calvinistischen Religiösität205). Das Luthertum mußte aber diese rationale Askese als Fremdkörper empfinden, und die mangelnde Konsequenz der deutschen pietistischen Doktrin war Folge der daraus erwachsenden Schwierigkeiten. Für die dogmatische Fun­da|mentierung der systematischen religiösen Lebensführung sind bei Spener lutherische Gedankengänge kombiniert mit dem spezifisch reformierten Merkmal der guten Werke als solcher,l die mit der „Absicht auf die Ehre Gottes“ unternommen sind206)[,] und mit dem ebenfalls reformiert anklingenden Glauben an die Möglichkeit für die Wiedergeborenen, zu einem relativen Maße christlicher Vollkommenheit zu gelangen207).61 Nur fehltem eben die Konse-

nikation – die Anerkennung der landesherrlich deputierten weltlichen Mitglieder des Konsistoriums als Repräsentanten des „dritten Standes“.62 205)  Schon der in den Gebieten des Luthertums zuerst aufgekommene Name „Pietismus“ besagt ja, daß nach der Auffassung der Zeitgenossen es das Charakteristische war, daß aus der „pietas“n hier ein methodischer Betrieb gemacht wird.63 | 206)  Zuzugebeno ist freilich, daß diese Motivierung zwar vorzugsweise, aber nicht BS, C 136 nur dem Calvinismus eignet. Gerade in den ältesten lutherischen Kirchenordnungen findet sie sich auch besonders oft.64 207)  Im Sinn von Hebr. 5, 13. 14. Vgl. Spener, Theol[ische] Bedenken I 306.65

l  Komma fehlt in BS, C.   m  A, A1: fehlt  n  A, A1: „Pietät“  o A: Zugegeben   61  Mit Zitat nach Ritschl, Pietismus II, S.  115. 62 Zu Speners Zeit war die Ausübung der Kirchenzucht im Luthertum weitgehend verfallen und aus den Konsistorien waren, mehr oder weniger, Staatsbehörden gewor­ den. Dennoch denkt Spener als zweitbeste Lösung an die Reaktivierung der Konsisto­ rien. Vgl. Ritschl, ebd., S.  132–135 „Schwächlich lutherisch“ nennt Weber dies, weil Spener damit den Einfluß der Obrigkeit auf die Gemeinden akzeptiere. 63  Vgl. Ritschl, ebd., S.  144 f. 64 Im „Unterricht der visitatoren an die pfarrherrn im kurfürstenthum zu Sachsen“ (1528) heißt es: „Gott hat auch kein wolgefallen an denen, die sie nicht thun, wie Mi­ chee am 6. steht […]“. Deutlicher im „Merseburger Synodalunterricht 1544 […]“: „Das sie auch die exclusivam allein der glaube […] wol deuten, das es die leut nicht dohin vorstehen, als solten die guten werk also darmit ausgeschlossen sein, das man die nicht thun dorfe […]. Darbei auch die ursachen anzuzeigen, das damit gott die ehre gegeben, als der warhaftig und es allein thue, erkant und gegleubt wirt, und wir unse­ rer selickeit dadurch gewisser werden […]. So aber die selickeit auf unser wirdickeit und vordinst der werke stunde, als dan wurde die ehr gotte entzogen und den werken zugelegt, welchs ein warhaftige abgötterei ist.“ Die Evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts, 1. Abth.: Sachsen und Thüringen, nebst angrenzenden Gebie­ ten, 1. Hälfte, hg. von Emil Sehling. – Leipzig: O. R. Reisland 1902, S.  153; dass., 2. Hälfte, ebd., 1904, S.  14 f. 65  Bei Spener, Theologische Bedenken I (1. Cap., Sectio LXVI. „Von tituln. […] von e  Quackern. Von der widergeburt. Von der vollkommenheit. […]“, S.  302–313), S.  306:

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quenz der Theorie: der systematische Charakter der christlichen Lebensführung, der auch für seinen Pietismus wesentlich ist, wurdep bei dem stark durch die Mystiker beeinflußten208) Spener in ziemlich unbestimmter, aber wesentlich lutherischer Weise mehr zu beschreibenq als zu begründen versucht, die certitudo salutis nicht aus der Heiligung abgeleitet, rsondern für sier statt des Bewährungsgedankens die früher erwähnte66 lockere lutherische Verknüpfung mit dem Glauben gewählt209). Aber immer wieder er208)  Neben

Bailey und Baxter (s. Consilia theologica III, 6, 1, dist. 1, 47, das. dist. 7s)67 schätztea Spener speziell Thomas a Kempis und vor allem Tauler (von dem er nicht alles verstandb: Consilia theologica III, 6, 1 dist. c1, 16c).68 Eingehend über den letzteren speziell Cons[ilia] theol[ogica] I, 1, 1 Nr.  71d.69 Luther ist für ihn aus Tauler hervorgegangen. 209)  S[iehe] bei Ritschl a. a. O. II, S.  113.70 Den „Bußkampf“ der spätern Pietisten (und Luthers) lehntee er als allein maßgebendes Kennzeichen wahrer Bekehrung ab (Theol[ogische] Bedenken III S.  476).71 Über die Heiligung als Frucht der Dankbarkeit aus dem Versöhnungsglauben:f – eine spezifisch lutherische (s. gAnm.  59 S.  228– 230g) | Formulierung – s. die bei Ritschl a. a. O. S.  115 Anm.  2 angeführten Stellen.h 72 A, A1 48 s3,

p  A, A1: wird  q  A, A1: beschreiben,  r–r A: ebenso für diese selbst  s–s A, A1, BS, C: 3, 6  a  A, A1: schätzt  b  A, A1: versteht  c  A, A1, BS, C: 1, 1  d A, A1, BS, C: 7  e  A, A1: lehnt  f  Doppelpunkt fehlt in A.   g  A, A1: dies Archiv XX S.  42, Anm.  1  h A: Stellen. –    „Deutlicher zu reden/ ich glaube/ daß unter Christen vollkommene seyen/ welche nach art zu reden der schrifft Hebr 5/ 13.14. und sonsten den kindern in Christo entgegen gesetzet werden/ und diejenige sind/ so in ihrem Christenthum nach allen dessen e  stucken weit gekommen sind/ ob sie wol nichts destoweniger stets ferner zu wachsen noth haben: Hingegen glaube ich nicht/ daß hier in dem fleisch noch solche vollkom­ e  mene seyen/ die absolute also genennet werden konten […]“. Passage von Weber im Exemplar der UB Heidelberg am Rand markiert. 66  Siehe oben, S.  242–247, auch S.  229, Anm.  18. 67  Vgl. Spener, Consilia theologica III, Cap. VI, Artic. I, Distinct. I, Sectio XLVII, hier p.  137; dass., Distinct. III, Sectio VII, hier p.  351 f. 68  Vgl. Spener, Consilia theologica III, Cap. VI, Artic. I, Distinct. I, Sectio XVI, hier p.  48. 69  Vgl. Spener, Consilia theologica I, Cap. I, Artic. I, Sectio LXXI, p.  180–182. 70  Vgl. Ritschl, Pietismus II, S.  113, dazu auch die folgende Anm. 71 Auf Spener, Theologische Bedenken III, S.  476, verweist Ritschl, Pietismus II, S.  113, Anm.  1 (Spener handelt auf dieser Seite jedoch davon, daß die Wiedergeburt oftmals nicht ohne Schmerzen zu erlangen sei). Weber dürfte sich darum auf folgen­ des Zitat Speners bei Ritschl beziehen: „Daß ein jeder zu seiner Wiedergeburt durch eine solche Verwesung gehen müsse, daß die Seele eine Weile ebenso wenig Labsal empfinde als Christus an dem Kreuz, saget mir die Schrift nirgends“ (ebd., S.  113, mit Hinweis, ebenfalls in Anm.  1, auf Spener, Theologische Bedenken III, S.  588). 72  Vgl. Ritschl, Pietismus II, S.  115, Anm.  2, dazu auch unten, S.  362, Anm.  73.

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zwangen sich, so|weiti das rational-asketische Element im Pietismus über die Gefühlsseite die Oberhand behielt, die für unsere Gesichtspunkte entscheidenden Vorstellungen ihr Recht:k daß nämlich 1. methodische Entwicklung der eigenen Heiligkeit zu immer höherer, am Gesetz zu kontrollierender Befestigung und Vollkommenheit Zeichen des Gnadenstandes sei210) und daß 2. Gottes Vorsehung es sei, | welche in den so Vervollkommneten wirkel, indem er bei geduldigemm Harren und methodischer Über­ legung ihnen seine Winke geben 211). Die Berufsarbeit waro auch für

Über die Certitudo salutis einerseits Theol[ogische] Bedenken I 324: der wahre Glaube werde nicht sowohl gefühlsmäßig empfunden, als an seinen Früchten (Liebe und Gehorsam gegen Gott) erkannt,p 73 – andrerseits Theol[ogische] Bedenken I S.  335 f.: „Was aber die Sorge betrifft, worüber Sie ihres Heils- und Gnadenstandes versichert sein sollen, wird sicherer“ – als aus den „englischen Skribenten“ – „aus unsern“ – den lutherischen – „Büchern geschöpft“.74 Über das Wesen der Heiligung stimmteq er aber den Engländern bei. 210)  Die religiösen Tagebücher, welche A[ugust] H[ermann] Francke rempfahl, waBS, C 137 renr auch hier das äußere Zeichen dafür.75 – Die methodische Übung und Gewohn|heit der Heiligung soll das Wachstum derselben und die Scheidung der Guten von den Bösen erzeugen:s – dies etwa ist das Grundthema von Franckes Buch „Von des Christen Vollkommenheit“.76 211)  In charakteristischer Weise trat die Abweichung dieses rationalen pietistischen Vorsehungsglaubens von dessen orthodoxer Deutung bei dem berühmten Streit zwi-

i  A, A1, BS, C: so | weit  k  A, A1: Recht,  l  A, A1: wirkt  BS, C: wirke“  m A, A1: geduldigen  n  A, A1: gibt  o  A, A1: ist  p  Komma fehlt in A, A1.  q A, A1: stimmt  r–r  A, A1: empfiehlt, sind  s  Doppelpunkt fehlt in A, A1.   73  Spener, Theologische Bedenken I (1. Cap., Sectio LXXIII), S.  323 f.: „Daß ihm vor­ gekommen/ er habe diejenige kennzeichen nicht/ […] daß/ ob wol der glaube das haubt-kennzeichen und versicherung der gnaden kindschafft und seligen standes ist/ dennoch derselbe nicht allemal so wol aus der empfindlichkeit des trostes und ge­ e  e  schmack der gottlichen süßigkeit/ als vielmehr aus seinen fruchten des gehorsams und liebe zu GOtt/ zu erkennen seye.“ Im Exemplar der UB Heidelberg von Weber mit Randmarkierung versehen, ab „als vielmehr […]“ außerdem unterstrichen (mit beson­ derer Hervorhebung von „vielmehr“), am Rand „Nb!“ – Hinweis auf diese Stelle auch bei Ritschl, Pietismus II, S.  115, Anm.  2. 74 Vgl. Spener, Theologische Bedenken I, S.  335–337, das (freie) Zitat S.  337 (bei Spener: „was aber die sachen betrifft […]“). Von Weber mit doppeltem Randstrich im Exemplar der UB Heidelberg markiert. Hinweis auf diese Stelle bei Ritschl, Pietismus II, S.  111, Anm.  2. 75  Vgl. Ritschl, Pietismus II, im Kapitel über August Hermann Francke (S.  249–294), Hinweis auf die zu führenden Tagebücher S.  258. 76  Franckes kleine Abhandlung „Von der Christen Vollkommenheit“ stammt von 1691 und wurde 1702, 1707 u. ö. im Anhang zu anderen Werken Franckes veröffentlicht. Bei dem hier skizzierten Inhalt folgt Weber Ritschl, ebd., S.  262.

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A[ugust] H[ermann] Francke das aske|tische Mittel par ex­ cel­ schen den Hallenser Pietisten und dem Vertreter der lutherischen Orthodoxie Löscher hervor. Löscher geht in seinem „Timotheus Verinus“ so weit, alles was durch menschli­ ches Tun erreicht wird, den Fügungen der Vorsehung entgegenzusetzent.77 Franckes immer festgehaltener Standpunkt war dagegen:a jenes Aufblitzen der Klarheit über das, was zu geschehen hat, welches das Ergebnis ruhigen Wartens auf den Entschluß ist, als „Gottes Wink“ anzusehen:78 – ganz analog der quäkerischen Psychologie und entsprechend der allgemein asketischen Vorstellung, daß rationale Methodik der Weg seib, Gott näher zu kommen. – Zinzendorf freilich, der in einem der entscheidendstenc Entschlüsse das Schicksal seiner Gemeindebildung dem Losd anheimstellte,79 steht der Franckeschen Form des Vorsehungsglaubens fern. – Spener, Theol[ogische] Bedenken I S.  314 hatte sich für die Charakteristik der christlichen „Gelassenheit“, in welcher man sich den göttlichen Wirkungen überlassene, sie nicht durch hastiges eigenmächtiges Handeln kreuzen sollte – im wesentlichenf auch der Standpunkt Franckes – auf Tauler bezogen.80 Die gegenüber dem Puritanismus doch wesentlich abgeschwächte, den (diesseitigen) Frieden suchende, Aktivität der pietistischen Frömmigkeit tritt überall deutlich hervor. „First righteousness, theng peace“,h formulierte im Gegensatz

t A: entgegenzusetzen  a  A, A1: dagegen,  b  A, A1: ist  c  A, A1: entscheidensten  d A1: Loos  e A: überlassen  f  A, A1, BS: wesentlich  g  A, A1, BS, C: than  h  Komma fehlt in A, A1.   77  Gemeint ist: Löscher, Nachricht von dem Weysen-Hause. Es handelt sich um eine Replik Valentin Ernst Löschers auf Franckes „Segensvolle Fußstapfen des noch leben­ den und waltenden liebreichen und getreuen Gottes […]“. Löschers Replik erschien allerdings nicht in seinem „Timotheus Verinus“ (eigentl.: Vollständiger Timotheus Veri­ nus […], 2 Theile. – Wittenberg: Samuel Hannauer 1718–1722), sondern in seinen „Unschuldigen Nachrichten“ (1701 ff., hier Jg. 1707, Leipzig 1709, S.  898–905), wie Ritschl, Pietismus II, S.  277 f., richtig angibt: Löscher beanstande Franckes Darstel­ lung, das Hallenser Waisenhaus sei ein „göttliches Werk“, „das ohne Gottes besonde­ re Vorsehung nicht erhalten und vor dem Untergang bewahrt werde“. Löscher meine, „[m]an soll sich der Annahme, alles sei im eminenten Sinne Gottes Werk, entschlagen, da menschliche Mittel, Bitte, Fürbitte, Erinnerungen an Gaben, Privilegien, Buchhand­ lung, Apotheke u. s. w. eingerechnet werden müssen“. Ritschl fährt fort: „Das Auffallen­ de dabei ist Löscher’s Gesichtspunkt, daß etwas in dem Maße aus dem Umfang der göttlichen Providenz heraustrete, als es mit menschlichen Mitteln zu Stande gebracht wird“ (Ritschl, ebd., S.  278). 78 Vgl. Ritschl, ebd., S.  279: „Zu dem hervorragenden Gottvertrauen, in welchem Francke so Großes bewirkt hat, ist seine […] ganz ungemeine Passivität zu rechnen, deren Übung er Allen empfahl. Er hat diese Eigenschaft so verstanden, daß man sich durch sein Gottvertrauen nicht zu voreiligem Handeln verleiten lassen, sondern damit warten solle, bis ein offenbarer Wink oder Fingerzeig Gottes eintrete.“ 79  Vgl. unten, S.  370. 80  Spener, Theologische Bedenken I (1. Cap., Sectio LXVII, „Von Tauleri schrifften“, e S.  313 f.), S.  314: „Er [Taulerus] lehret auch sehr herrlich die materie der pru fung unser selbs/ und wie wir in unsern grund gehen sollen; so dann von der gelassenheit/ wie e man sich den go ttlichen wirckungen darstellen/ sie nicht hindern/ sondern vielmehr e sich denselben in ihrer ordnung u berlassen solle […].“ Von Weber im Exemplar der UB Heidelberg mit doppeltem Randstrich markiert und der Randnotiz „Luther“ versehen.

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lence212); daß Gott selbst es sei, der durch den Erfolg der Arbeit die Seinen isegne, standi ihm ebenso fest, wie wir dies bei den Puritanern sehen kwerden.81 Undk als Surrogat des „doppelten Dekrets“ schuf sich der Pietismus Vorstellungen, welche in wesentlich gleicher, nur matterer Weise wie jene Lehre eine auf Gottes besonderer Gnade beruhende Aristokratie der Wiedergeborenen213) mit all den oben für den Calvinismus geschilderten psychologischen Konsequenzen etablierten. Dazu gehört z. B. der von den Gegnern des Pietismus diesem (freilich zu Unrecht) generell imputierte sog. „Terminismus“214),l d. h. die Annahme, daß zwar die Gnade universell | angeboten werde, aber für jeden entweder nur einmal in

dazu noch 1904 ein leitender Baptist (G[eorge] White in einer noch weiterhin zu zitierenden Adresse) das ethische Programm seiner Denomination (Baptist Handbook 1904 p.  106m).82 | 212)  Lect[iones] paraenet[icae] IV. S.  271.83 A, A1 49 213) Gegen diese immer wiederkehrende Vorstellung richtet sich vornehmlich ­Ritschls Kritik. – S[iehe] Franckes in der drittletzten Anmerkung zitierte Schrift, welche die Lehre enthält.84 214) Er findet sich auch bei englischen nicht prädestinatianischen Pietisten, z.  B. Goodwin. Vgl. über ihn und andere Heppe, Gesch[ichte] des Pietismus in der refor-

i–i  A, A1: segnet, steht  k–k BS: werden, und  l  Komma fehlt in A, A1.  m A, A1, BS, C: 107   81  Siehe unten, S.  432–440, mit dem Ausdruck „God blesseth his trade“ (S.  438). 82  Es handelt sich um die Inauguraladresse 1903 des Präsidenten der Baptist Union of Great Britain and Ireland, siehe unten, S.  438, Fn.  325. – White, Nonconformist Con­ science, in: The Baptist Hand-Book 1904, p.  106 (nicht p.  107; dort ist „then“ sogar hervorgehoben). 83  Bei Francke, Lectiones Paraeneticae IV, heißt es in der 12. Lectio „De cupiditatibus iuvenilibus fugiendis“ (S.  253–272), S.  271 f.: „Wenn man aber in seinem ordentlichen e Beruf bliebe, und seine Arbeit fein ordentlich verna hme und einrichtete, zu rechter Zeit e e e e schlafen ginge, und zu rechter Zeit wiederum aufstu nde, ma ßig a ße und tra ncke, den e e Mu ßiggang meidete, und sich mit einem herzlichen Gebet wapnete: so wu rde man vor solchen Stricken des Satans bewahret bleiben.“ Auf die Stelle weist Ritschl, Pietis­ mus II, S.  260 mit Anm.  2, hin. 84  Francke, Von der Christen Vollkommenheit, zitiert oben, S.  362, Fn.  210. – Weber dürfte hier auf Ritschl, Pietismus II, S.  262, fußen: „Wenn nämlich überhaupt von der Grundlage der lutherischen Lehre aus die Aufgabe des Lebens positiver gefaßt wer­ den sollte, als in der fahrlässigen Satzung, daß die guten Werke des Wiedergebore­ nen nun einmal unvollkommen bleiben, so konnte nichts anderes erreicht werden, als was der Calvinismus auf der gemeinsamen Grundlage schon formulirt hatte. […] Daß jene sich für die Wiedergeborenen, und die Anderen eigentlich nicht für Christen ach­ ten, ist die Neuerung, welche der Pietismus in der lutherischen Kirche aufrichtete […], und welche durch diesen Aufsatz Francke’s nur in Einklang mit der Calvinischen Lehr­ formel gesetzt worden ist.“

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einem ganz bestimmten Moment im Leben oder doch irgendwann ein letztes Mal215). Wer diesen Moment verpaßt hatten, dem halfo also der Gnadenuniversalismus nicht pmehr: er warp in der Lage des von Gott Übergangenen in der calvinistischen Lehre. Im Effekt kamq dieser Theorie auch die z. B. von Francke aus persönlichen Erlebnissen abstrahierte85 und im Pietismus sehr weit verbreitete – man kann wohl sagen: vorherrschende – Annahme, daß die Gnade nur unter spezifischen einmaligen und einzigartigen Erscheinungen, nämlich nach vorherigem „Bußkampf“ zum „Durchbruch“ gelangen könne, ziemlich nahe216). Da zu jenem Erlebnis nach der mierten Kirche, Leiden 1879,86 ein Buch, welches, auch nach dem Ritschlschen standard work,87 für England, und hie und da auch für die Niederlande, noch nicht entbehrlich geworden ist. rNoch im 19. Jahrhundert wurde Köhler | (nach seinem zum folgen- BS, C 138 den Artikel zu zitierenden Buch) in den Niederlanden oft nach dem Zeitpunkt seiner Wiedergeburt gefragt.r 88 215)  Man suchte dadurch die laxe Konsequenz der lutherischen Lehre von der Wiedererlangbarkeit der Gnade (speziell die übliche „Bekehrung“ in extremis) zu bekämpfen.89 – 216)  Gegen die damit verbundene Notwendigkeit, Tag und Stunde der „Bekehrung“ zu wissen, als unbedingtes Merkmal ihrer Echtheit Spener[,] Theol[ogische] Bed[enken] II, 6, 1 p.  197.90 Ihm war eben der „Bußkampf“ ebenso unbekannt,91 wie Melanchthon Luthers terrores conscientiae.92 |

n  A, A1: hat    o  A, A1: hilft    p–p  A, A1: mehr, er ist    q  A, A1: kommt    r–r Fehlt in A, A1.   85  Zum Bußkampf bei Francke vgl. Ritschl, Pietismus II, S.  258 f. 86  Über Thomas Goodwin vgl. Heppe, Pietismus, S.  39–42. 87  Gemeint ist: Ritschl, Pietismus, I–III. 88 Vgl. Köhler, Niederländische Kirche, S.  115 (von Weber bereits oben, S.  264, Fn.  91, bibliographiert). Weber verweist auf Köhler, in ders., Sekten, unten, S.  521, Fn.  26, aber auch schon oben, S.  295, Fn.  122, und unten, S.  441, Fn.  329. 89 Dargestellt ist der „terministische Streit“ – auch Spener kennt einen „Gnaden­ termin“ (er richtete sich gegen leichtfertigen Lebenswandel und Aufschub der Bekeh­ rung bis zur Todesstunde) – bei Ritschl, Pietismus II, S.  210–212. 90  Vgl. Spener, Theologische Bedenken I, Cap. II, Artic. VI, Sectio I, p.  197. Spener grenzt sich dort von „einigen Englischen autoren“ ab; grundsätzlich ist er der Auffas­ e sung: „Ich halte es aber auch mu glich zu seyn/ daß bey solchen leuten/ die vorher e lang nach der gemeinen art dahin gelebet/ und sich gute Christen gedu ncket zu seyn e e […] der gu tige Vater allgemach sein werck anfa nget und forttreibet/ daß das buch­ e sta bliche wesen erst lebendig wird/ und alsdenn das neue wesen nach und nach zu­ nimmet.“ Von Weber im Exemplar der UB Heidelberg mit Randmarkierung und teilwei­ se mit Unterstreichungen versehen. Hinweis auf die Stelle Speners auch bei Ritschl, Pietismus II, S.  114, Anm.  1. 91  Vgl. oben, S.  361, Fn.  209 mit Anm.  71. 92  Vgl. die Notiz zu Melanchthon bei Ritschl, Pietismus II, S.  111 f.

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eigenen Ansichts der Pietisten nicht jeder disponiert twar, bliebt derjenige, welcher es trotz der nach pietistischer Anweisung auf seine Herbeiführung zu verwendenden asketischen | Methode nicht an sich erfuhra, in den Augen der Wiedergeborenen eine Art passiver Christ. Andererseits wurdeb durch die Schaffung einer Methode für die Herbeiführung des „Bußkampfs“ im Effekt auch die Erlangung der göttlichen Gnade Objekt rationaler menschlicher Veranstaltung. Auch die nicht von allen – z. B. von Francke nicht93 –[,] aber doch von vielen Pietisten, namentlich aber, wie die immer wiederkehrenden Anfragen bei Spener zeigen, gerade von pietistischen Seelsorgern gehegten Bedenken gegen die Privatbeichte,94 welche dazu beitrugen, auch im Luthertum ihr die Wurzeln abzugraben, gingen aus diesem Gnadenaristokratismus hervor: die sichtbare Wirkung der durch Buße erlangten Gnade im heiligen Wandel mußte ja über die Zulässigkeit der Absolution entscheiden, und es war also unmöglich, sich für deren Erteilung mit der bloßen „contritio“c zu begnügen217).95 – | 217)  Daneben spielte natürlich auch die aller Askese eigentümliche antiautoritative Deutung des „allgemeinen Priestertums“ mitd. – Gelegentlich wurde dem Pfarrer Aufschiebung der Absolution bis zur „Bewährung“ der echten Reue empfohlen, was Ritschl mit Recht als im Prinzip calvinistisch bezeichnet.96 |

s  A, A1: Einsicht    t–t  A, A1: ist, bleibt    a  A, A1: erfährt    b  A, A1: wird    c A, A1: „attritio“  d  In A folgt: , worüber später   93 Während die Privatbeichte für Spener kein notwendiges kirchliches Institut war (vgl. dazu unten, Anm.  95), erachtete Francke sie als „Mittel zur Sittenzucht“ mit Kon­ sequenzen für die Zurückhaltung oder den Ausschluß vom Abendmahl. Vgl. Ritschl, Pietismus II, S.  267 f. 94 Zu den Bedenken Speners und seines Umkreises gegen die Privatbeichte vgl. Ritschl, ebd., S.  201–207. 95 Nach römisch-katholischer Dogmatik genügt für die Wirksamkeit des Bußsakra­ ments, das aus Reue (contritio), Sündenbekenntnis (confessio) (mit Absolution) im Beichtakt und anschließenden genugtuenden Leistungen (satisfactio) besteht, als Vor­ aussetzung auch die unvollkommene Reue (attritio). Schon Luther, der die Privat­ beichte grundsätzlich empfahl, auch wenn das ganze Leben Buße sein solle und wah­ re Beichte vor Gott stattfinde, verlangte echte Reue im Glauben (vgl. Seeberg, Dogmengeschichte II, S.  217–223). – Zur Zeit Speners gehörte der Gottesdienstbe­ such zur gesellschaftlichen Gepflogenheit und war mit bürgerlicher Ehre verbunden. Entsprechend schätzte man die Beichte als politische, nicht aber religiöse Einrichtung und gab sich wiederum mit der „attritio“ ([von Weber während der Korrektur?] zu „con­ tritio“ geändert, vgl. oben, textkritische Anm.  c) zufrieden. Nach Ritschl, Pietismus II, S.  202 und 206. 96  Ritschl, ebd., S.  205 f., bezieht sich auf eine Empfehlung Speners: „Indem er näm­ lich bei einer gewissen Klasse von Gemeindegenossen die Sorge hegt, daß sie un­

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Zinzendorfs religiöse Selbstbeurteilung mündetee, wenn schon schwankend gegenüber den Angriffen der Orthodoxie, immer wieder in die „Rüstzeug“-Vorstellungf gein.97 Aberg im übrigen freilich scheint der gedankliche Standpunkt dieses merkwürdigen „religiösen Dilettanten“, wie Ritschl ihn nennt,1 in den für uns wichtigen Punkten kaum eindeutig erfaßbar218). Er selbst hat sich wiederholt als Vertreter des „paulinisch-lutherischen Tropus“ gegen den „pietistisch-jakobischen“, der am Gesetz hafte, bezeichnet.2 Die Brüdergemeinde selbst aber und ihre Praxis, die er trotz seines stets betonten Luthertums219) zuließ und förderte,3 standh schon in

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Die für uns wesentlichen Punkte finden sich am bequemsten bei Plitt, Zinzen- BS, C 139 dorfs Theologie (3 Bände, Gotha 1869 f.) Bd. I S.  325, 345, 381, 412, 429, 433 f., 444, 448, Bd. II S.  372, 381, 385, 409 f., Bd. III S.  131, 167, 176.4 – Vgl. auch Bernh[ard] Becker, Zinzendorf und sein Christentum (Leipzig 1900) 3. Buch, Kap. III.5 – 219)  Freilich hielt er die Augsburger Konfession nur dann für eine geeignete Urkunde lutherisch-christlichen Glaubenslebens, wenn man, – wie er in seiner ekelhaften Terminologie es ausdrückt, – eine „Wundbrühe“ darüber ausgegossen habe.6 Ihn zu lesen ist eine Pönitenz, weil seine Sprache in der weichlichen Zerflossenheit der Gedanken 218) 

e  A, A1: mündet  f  Bindestrich fehlt in BS, C.   g–g  A, A1, BS: ein, aber  h A, A1: steht   bußfertig sein möchten, obgleich an ihnen keine offenbare Laster vorhanden sind, und indem er bei solchen die Absolution bis zur deutlichen Erprobung ihrer Buße aufge­ schoben zu sehen wünscht, theilt er den Standpunkt der Feinen in der reformirten Kirche […].“ 97  Nach Apg 9,15; dazu auch das Glossar, unten, S.  618. 1  Ritschl, Pietismus III, S.  404, spricht im Blick auf Zinzendorfs Rhetorik und Methodik von „absichtlichem Dilettantismus in der Theologie“. 2 Die beiden Bezeichnungen gebraucht Zinzendorf nach Plitt, Zinzendorfs Theologie I, S.  412 f., für die Charakterisierung des Verhältnisses zu John Wesley und dessen Anhängern; zu „Tropus“ bzw. „Tropen“ („Erziehungsweisen“) vgl. unten, S.   368, Anm.  8; „jakobisch“ nach dem Jakobus-Brief in der Bedeutung, daß Glaube ohne Wer­ ke tot sei (Jak 2,14–26). 3  Die Herrnhuter Brüdergemeine war durch Ansiedlung (seit 1722) mährischer Exu­ lanten, Nachfahren der Böhmischen Brüder, und weiterer Erweckter auf dem Grund des Gutes Berthelsdorf in der Oberlausitz entstanden. Grundherr und Patron der lu­ therischen Parochie war Reichsgraf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf. 4  Vgl. Plitt, Zinzendorfs Theologie I–III, erschienen 1869–1874; zu den Seitenanga­ ben: Plitt, ebd., S.  409–411. 5  Das Kapitel bei Becker, Zinzendorf, lautet: „Kirchlicher und unkirchlicher Pietismus“, S.  211–315. 6  Das Zitat Zinzendorfs (aus: Discurse über die Augsburger Confession, 1748, S.  203) findet sich bei Ritschl, Pietismus III, S.  404: „‚Wenn man eine Wundenbrühe darüber [über die Augsburger Konfession als einfältiges, herzliches etc. System] macht, so ist es leicht accommodirt, so kann alles, was drinnen ist, angewendet werden, so kriegt es einen Geschmack; man kann Wort für Wort beibehalten, man kann es anwenden,

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ihrem notariellen Protokoll vom 12. August 1729 auf einem Stand-| punkt, welcher dem der calvinistischen Heiligenaristokratie in vieler Hinsicht durchaus entsprachi 220). Die viel erörterte Übertragung des Ältestenamts auf Christus am 12. November 1741 brachte etwas Ähnliches auch äußerlich zum Ausdruck.7 Von den drei „Tropen“ der Brüdergemeinde war überdies der calvinistische und der mährische von Anfang an im wesentlichen an der reformierten Berufsethik orientiert.8 Auch Zinzendorf sprach ganz nach puritanischer Art John Wesley gegenüber die Ansicht aus, daß, wenn auch nicht immer der Gerechtfertigtek selbst, so doch andere an der

noch übler wirkt, als jenesl „Christoterpentinöl“, welches F[riedrich] Th[eodor] Vischer (bei seiner Polemik mit der Münchener „Christoterpe“) so fürchterlich war.9 | 220)  „Wir erkennen in keiner Religion einige für Brüder, die nicht durch die BeA, A1 51 sprengung des Blutes Christi gewaschen und durchaus verändert in der Heiligung des Geistes fortfahren. Wir erkennen keine offenbare (= sichtbare) Gemeinde Christim, als wo das Wort Gottes rein und lauter gelehrt wird und sie auch heilig als die Kinder Gottes danach leben“.10 – Der letzte Satz ist zwar Luthers kleinemn Katechismus entnom-

i  A, A1: entspricht  k  A, A1, BS: Gerechtfertigste  l A: das  m  A, A1: Christ n  A, A1, BS: kleinen   mit Blut besprengen, und so recht saftig und kräftig aufs Herz zum Genuß des Her­ zens accommodiren.‘“ 7  Die (symbolische) Übertragung des Ältestenamts auf Christus (da es keinen geeig­ neten Nachfolger des seitherigen Generalältesten gab) fand am 16. September 1741 auf der Londoner Konferenz der Herrnhuter Brüdergemeine statt, das erste „Ältesten­ fest“ mit Christus als Generalältestem am 12. (andere: am 13.) November 1741. Man glaubte sich dadurch Christus näher als andere Partikularkirchen, so Ritschl, Pietis­ mus III, S.  318–320. 8  Die Mitglieder der Herrnhuter Brüdergemeine behielten ihre Konfession oder Zuge­ hörigkeit zu ihrer religiösen Gruppierung bei. Es gab darum einen mährischen, einen lutherischen und einen reformierten „Tropus“. Gemäß der von Zinzendorf in den 40er Jahren des 18. Jahrhunderts entfalteten „Tropenlehre“ (von griech. trópoi paideías, „Erziehungsweisen“ [Gottes]) erstrebte man keine Einheit, sondern sollten die Konfes­ sionen in Toleranz und wechselseitiger Anerkennung und Förderung koexistieren. 9  Weber bezieht sich auf eine Kritik von Friedrich Theodor Vischer an dem von dem Pietisten Albert Knapp (u. a.) herausgegebenen religiösen Jahrbuch „Christoterpe“ (griech., „Christenfreude“), das seit 1833 in Tübingen (nicht: München, wie Weber schreibt) erschien. In der Kritik Vischers von 1838 heißt es: „Nichts soll in sich, in der Grenze und Bestimmtheit seines Wesens Theil haben an Gott, es soll erst dieser Thran priesterlicher Salbung, dieses Christoterpentinöl darüber gegossen werden.“ Hier zi­ tiert nach Vischer, Kritische Gänge, S.  59 (zuerst in: Hallische Jahrbücher, Jg. 1838, Nr.  57 ff.). 10  Aus dem Notariatsinstrument von 1729, in dem die Eigenständigkeit der Herrnhu­ ter als Gemeinde in mährischer Tradition innerhalb der lutherischen Parochie zum Ausdruck kommt, zitiert bei Ritschl, Pietismus III, S.  247.

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Art seines Wandels seine Rechtfertigung erkennen könnten221). Aber | andererseits tritt in der spezifisch herrnhuterischeno Frömmigkeit das Gefühlsmoment sehr stark in den Vordergrund und suchte speziell Zinzendorf persönlich die Tendenz zur asketischen Heiligung in puritanischem Sinn in seiner Gemeinde immer wieder geradezu zu durchkreuzen222) und die Werkheiligkeit lutherisch umzubiegen223). Auch entwickelte sich, unter dem Einfluß der Verwerfung der Konventikel und der Beibehaltung der Beichtpraxis,

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men; aber – wie schon Ritschl hervorhebt – dient er dort der Antwort auf die Frage, wiep der Name Gottesq geheiligt werde, hier dagegen der Abgrenzung der Kirche der Heiligenr.11 221)  S[iehe] Plitt I p.  346.12 – Noch entschiedener die bei Plitt I p.  381 zitierte Antwort auf die Frage: „ob die guten Werke nötig zur Seligkeit?“ – „Unnötig und | schäd- BS, C 140 lich zur Erlangung der Seligkeit, nach erlangter Seligkeit aber so nötig, daß wer sie nicht tut, auch nicht selig ist.“13 sAlso auch hier: nicht Realgrund, aber – einziger! – Erkenntnisgrund.s 222)  Z. B. durch jene Karikaturent der „christlichen Freiheit“, welche Ritschl a. a. O. III S.  381 geißelt.14 223)  Vor allem durch verschärfte Betonung des Strafsatisfaktionsgedankens in der Heilslehre,den er, nach der Ablehnung seiner missionierenden Annäherungsversuche durch die amerikanischen Sekten, auch zur Grundlage der Heiligungsmethode machte.15 Die Erhaltung der Kindlichkeit und der Tugenden des demütigen Sich-Bescheidens wird von ihm seitdem als Ziel der herrnhutischena Askese in den Vordergrund gestellt, in scharfemb Gegensatz gegen die durchaus der puritanischen Askese analogen Tendenzen in der Gemeinde. |

o A, A1: Herrnhuterischen    p A, A1: wie    q In A, A1 nicht hervorgehoben. r  In A, A1 nicht hervorgehoben.   s–s  Fehlt in A, A1.  t  A, A1, BS: Karrikaturen a  A, A1: Herrnhutischen  b  A, A1, BS, C: scharfen   11  Aus der Antwort zur ersten Bitte des Vaterunsers; dazu der Kommentar bei Ritschl, ebd., S.  248. 12  „Aber Andere können erkennen, daß er gerechtfertigt ist, an seiner Kraft über die Sünde, an seinem Ernst, an seiner Liebe zu den Brüdern, und seinem Hunger und Durst nach Gerechtigkeit, der allein beweist, daß das geistliche Leben begonnen hat.“ Plitt, Zinzendorfs Theologie I, S.  346 f. (im Exemplar der UB Heidelberg auf S.  346 am Rand zweifach markiert, möglicherweise von Max Weber). 13  Im Zitat bei Plitt, ebd., S.  381: „[…] noch nicht selig ist.“ Die Unterstreichung der zweiten Satzhälfte samt Randmarkierung im Exemplar der UB Heidelberg dürfte von Max Weber stammen. 14  Möglicherweise wurde die Seitenangabe zu Plitt (vgl. oben, Fn.  221) irrtümlich wie­ derholt. Weber dürfte sich auf Ritschl, Pietismus III, S.  400 ff., beziehen. 15  Vgl. Ritschl, ebd., S.  398 ff.; Plitt, Zinzendorfs Theologie II, S.  384 f. „Strafsatisfak­ tion“ heißt: Christi Leiden ist die Strafe, mit der dem zornigen Gott Genüge getan wird. Nach Ritschl meint Zinzendorf, daß die Anschauung der sinnlichen Umstände des (Straf-)Leidens Christi (z. B. seiner „Wunden“), wodurch er die sündige Menschheit mit Gott versöhnte, der einzige Antrieb zur Heiligung sein sollte.

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eine wesentlich lutherisch gedachte Gebundenheit an die sakramentale Heilsvermittlung. Dann wirkte auch der spezifisch Zinzendorfsche Grundsatz:c daß die Kindlichkeit des religiösen Empfindens Merkmal | seiner Echtheit sei, ebenso z. B. der Gebrauch des Losesd als Mittele der Offenbarung von Gottes Willen,16 doch dem Rationalismus der Lebensführung so stark entgegen, daß im ganzen, soweit der Einfluß des Grafen reichte224),f die antirationalen, gefühlsmäßigen Elemente in der Frömmigkeit der Herrnhuterg weit mehr als sonst im Pietismus überwogenh 225). Die Verknüpfung von Sittlichkeit und Sündenvergebung in Spangenbergs17 „Idea 224)  Der aber eben seine Grenzen hatte. Es ist schon aus diesem Grunde verfehlt, Z[inzendorf]s Religiosität in eine „sozialpsychische“ Entwicklungsstufe einschachteln zu wollen, wie es bei Lamprecht geschieht.18 Überdies aber ist seine ganze Religiosität durch nichts stärker beeinflußt, als durch den Umstand:i daß er ein Graf mit im Grunde feudalen Instinkten war. Grade die Gefühlsseite derselben würde ferner „sozialpsychisch“ in die Zeit der sentimentalen Dekadence des Rittertums ganz ebensogut wie in die der „Empfindsamkeit“ passen. Sie ist in ihrem Gegensatz gegen den westeuropäi­ schen Rationalismus, wenn überhaupt „sozialpsychisch“, dann am ehesten durch die patriarchale Gebundenheit des deutschen Ostens verständlich zu machenj. 225)  Zinzendorfs Kontroversen mit Dippel ergeben dies ebenso,19 wie – nach seinem Tode – die Äußerungen der Synode von 1764 den Heilsanstalts-Charakter der Herrn-

c  A, A1: Grundsatz,  d A1: Looses  e BS, C: Mittels  f  Komma fehlt in BS, C. g  In A folgt: doch  h  A, A1: überwiegen  i  A, A1: Umstand,  j  In A folgt: , wie wir später sehen werden   16 Zur Kindlichkeit, die sogar in Albernheit umschlug, vgl. Ritschl, Pietismus III, S.  399 ff., und zum Los, ebd., S.  392–395. 17  August Gottlieb Spangenberg, seit 1762 als Nachfolger Zinzendorfs führende Per­ sönlichkeit der Herrnhuter Brüdergemeine und mit „Idea fidei fratrum“ einer ihrer be­ deutendsten Theologen. 18  Weber bezieht sich auf das gesamte Kapitel über Zinzendorf bei Lamprecht, Deut­ sche Geschichte VII/1, S.   176–185. Lamprecht vertritt eine kollektivistische Ge­ schichtswissenschaft, die sozialpsychische Faktoren erforscht (er nennt: Sprache, Wissenschaft, Kunst, Sitte, Moral, Recht, wozu, wie das hier zitierte Kapitel zeigt, auch Frömmigkeit oder Religion treten), um den geistigen Gesamthabitus einer Zeit zu cha­ rakterisieren. „Die Kulturgeschichte ist mithin die vergleichende Geschichte der sozi­ alpsychischen Entwicklungsfaktoren […].“ Lamprecht, Karl, Was ist Kulturgeschichte? Beitrag zu einer empirischen Historik, in: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissen­ schaft, N. F. 1, 1896/97. – Freiburg i.B. und Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1897, S.  75–145, hier S.  145. 19  Der radikale Pietist Johann Konrad Dippel lehnte die Lehre von der Strafsatisfak­ tion (vgl. dazu oben, S.  369 mit Anm.  15) ab. Sie sei mit seinem Christentum nicht vereinbar, das er als eine „Anleitung zur sittlichen Selbstbearbeitung“ des Individuums ansah (S.  429). Zinzendorfs Ansichten dazu änderten sich: Für ihn stand anfangs die erlösende Liebe im Vordergrund, die Christus im Leiden zur Versöhnung mit Gott be­ währt habe und die dankbare Gegenliebe erwecke. Zu Dippels Überzeugung verhielt

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fidei fratrum“ ist ebenso locker226) wie | im Luthertum überhaupt. Zinzendorfs Ablehnung des methodistischen Vollkommenheitsstrebens entspricht – hier wie überall – seinem im Grunde eudämonistischen Ideal, die Menschen schon in der Gegenwart227) k die

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hutergemeindel deutlich zum Ausdruck bringen. S[iehe] Ritschls Kritik daran a. a. O. III S.  443 f.20 226)  Vgl. z. B. §  151, 153, 160. Daß das Ausbleiben der Heiligung trotz wahrer Reue und Sündenvergebung möglich ist, geht speziell aus den Bemer|kungen S.  311 hervor BS, C 141 und entspricht der lutherischen Heilslehre ebenso, wie es der calvinistischen (und methodistischen) widerspricht.21 227)  Vgl. Zinzendorfs bei Plitt Im S.  345 zitierte Äußerungen.22 Ebenso Spangenberg, Idea fidei p.  325.23 k  Index fehlt an dieser Stelle in A, A1.   l  A, A1, BS: Herrenhutergemeinde   m A, A1, BS, C: II   sich das indifferent. Seit 1729 neigte Zinzendorf dem Gedanken zu, Christus habe zur Errettung der Menschheit aus der Gewalt des Teufels ein Lösegeld (lytron) zahlen müssen, und überzeugte sich von der Bedetung der Strafsatisfaktionslehre: In den Wunden Christi erkenne der Gläubige seine Schuld und Strafwürdigkeit und schaue die Gnadenwahl an. Nach Ritschl, Pietismus III, S.  263–265, 287–291 und S.  429–435 (bei Becker, Zinzendorf, S.  263–315, bes. S.  268–281). 20  Nach den Beschlüssen der Synode von 1764 sollten Disziplinarmaßnahmen oder Exkommunikation über diejenigen nicht verhängt werden, die zwar kein gemeindli­ ches Engagement, wohl aber gottesdienstlichen Eifer zeigten. Man solle mit ihnen Geduld haben und „sie mit Erbarmen selig machen“ (woran Ritschls Kritik anknüpft). Vgl. Ritschl, ebd., S.  443 f., Zitat S.  444. 21  Die angegebenen Paragraphen finden sich bei Spangenberg, Idea fidei fratrum, im Kapitel „Von der Heiligung“, S.  311 ff. Dort heißt es S.  311: „Es ist aber die Heiligung mit der Rechtfertigung so genau verbunden, daß, wenn ein Mensch, dem seine Sün­ den vergeben worden, sich der Heiligung nicht befleißiget, sondern dagegen faul und unfruchtbar ist in der Erkentniß unsers HErrn JEsu Christi; so heißt es von ihm: er ist blind […]. Wir müssen noch dieses hinzuthun, daß ein Mensch, auch nach seiner Be­ kehrung, die Rechtfertigung immer nöthig hat […]; und das hört nicht auf, solange er in der Welt lebt.“ Von Weber existieren zwei kleine Marginalien sowie Markierungen im Exemplar der UB Heidelberg, auch über die genannten Paragraphen hinaus. Auf S.  311 sind die hier zitierten Stellen mit Randmarkierungen versehen; bei „dem seine Sünden vergeben worden“ hat Weber „worden“ unterstrichen. 22  Vgl. das Zinzendorf-Zitat bei Plitt, Zinzendorfs Theologie I, S.  345: „Man hätte sie so gern selig in der Zeit, daß ihnen das Leben schon hier leichter würde, und an den Seelen zum Preise des Heilandes möchte gesehen werden, wie er sagt: ‚Kommt her zu mir Alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken!‘ Das gönnte man den Leuten so gern in der Zeit, und sähe seine Freude mit dran, wie im Himmel darüber Freude entstehet, wenn eine solche Seele zur Gnade und auf seine Achsel mit Freuden kommt, die vorher lange in der Irre war.“ – Weber versah diese und die vorhergehen­ den Zeilen im Exemplar der UB Heidelberg mit einer Randmarkierung, unterstrich „Das gönnte man den Leuten so gern in der Zeit“ und notierte dazu am Rand: „präsent “*. 23  Auch bei Spangenberg, Idea fidei fratrum, p.  325, mit Webers Markierung der be­ treffenden Stelle im Exemplar der UB Heidelberg.

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Seligkeitn (er sagt: „Glückseligkeit“) gefühlsmäßig empfinden zu lassen, statt sie anzuleiten, ihrer durch rationales Arbeiten an sich für das Jenseits sicher zu werden228). Andererseits ist der Gedanke, daß der entscheidende | Wert der Brüdergemeinde im Gegensatz zu anderen Kirchen in der Aktivität des christlichen Lebens, in Mission und – was damit in Verbindung gebracht wurde – Berufsarbeit229) liege, auch hier lebendig geblieben. Zudem war doch die praktische Rationalisierung des Lebens unter dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit ein ganz wesentlicher Bestandteil auch von Zinzendorfs Lebensanschauung230). Sie folgte für ihn – wie für andere Vertreter des Pietismus – einerseits aus der entschiedenen Abneigung gegen die dem Glauben gefährlichen philosophischen Spekulationen und der dementsprechenden Vorliebe für das empirische

228) Vgl. z. B. die bei Plitt III S.  131 zitierte Äußerung Z[inzendorf]s zu Matth. 20, 28[:] „Wenn ich einen Menschen sehe, dem Gott eine feine Gabe gegeben hat, so freue ich mich und bediene mich der Gabe mit Vergnügen. Wenn ich aber merke, er ist mit dem Seinen nicht zufrieden, sondern will es noch feiner herausbringen, so halte ich das für den Anfang des Ruins einer solchen Person“.24 – Z[inzendorf] leugnete eben – insbesondere bei seinem Gespräch mit John Wesley 1743 – den Fortschritt in der Heiligung, weil er diese mit der Rechtfertigung identifizierteo und allein in dem gefühlsmäßig gewonnenen Verhältnis zu Christus fand. Plitt I S.   413.25 pAn Stelle des „Werkzeug“-Gefühls tritt das „Haben“ des Göttlichen: Mystik, nicht Askese (in dem qin der Einleitung zuq den späteren Aufsätzen zu besprechenden Sinn).26 r– Natürlich ist (wie ebendort erörtert wird)27 auch für den Puritaner der gegenwärtige, diesseitige, Habitus das, was er wirklich erstrebt. Aber dieser als certitudo salutis gedeutete Habitus ist bei ihm das aktive Werkzeuggefühl s.r p | 229)  Die aber eben wegen dieser Ableitung nicht konsequent ethisch begründet wurA, A1 53 de. Z[inzendorf] lehnt Luthers Idee vom „Gottesdienst“ im Beruf als dem maßgeben­ den Gesichtspunkte für die Berufstreue ab. Dieselbe sei vielmehr Entgelt für des „Heilands Handwerkstreue“. (Plitt II S.  411.)t 28 230)  Bekannt ist sein Ausspruch: „Ein vernünftiger Mensch soll nicht ungläubig und ein gläubiger Mensch nicht unvernünftig sein“ in seinem „Sokrates, d. i. Aufrichtige

n In A, A1 folgt Index (für Fn.   227; vgl. oben, S.   371).    o A, A1: idenfizierte   p–p Fehlt in A.   q–q A1: 〈frühe〉 〈spät〉 in  r–r Fehlt in A1.  s BS, C: Werk­ zeugsgefühl  t BS, C: 411).   24  Bei Plitt, Zinzendorfs Theologie III, S.  131, mit kleineren Abweichungen. 25  Das Gespräch von Zinzendorf und John Wesley fand am 3. September 1741 in London statt; vgl. z. B. Tyerman, Wesley I, p.  339 („Frühjahr 1743“ schreibt Plitt, Zin­ zendorfs Theologie I, S.  413). 26  Siehe Weber, Einleitung, MWG I/19, bes. 98–100. 27  Siehe ebd., bes. S.  98 f., 107 f. und 114 f. 28  Bei Plitt, Zinzendorfs Theologie II, S.  411, abschließend zum „Berufsfleiß“ (S.  409– 411): „Die Ursach davon ist des Heilandes Handwerkstreue.“ Die Randmarkierung im Exemplar der UB Heidelberg zu diesem Satz könnte von Weber stammen.

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Einzelwissen231),u anderer|seitsa aus | dem weltklugen Sinn des berufsmäßigen Missionars. Die Brüdergemeinde war als Missions-

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Anzeige verschiedener nicht sowohl unbekannter als vielmehr in Abfall geratener Hauptwahrheiten“ (1725),29 ferner seine Vorliebe für Schriftsteller wie Bayle.30 231)  Die ausgeprägte Vorliebe der protestantischen Askese für den durch mathematische Fundamentierung rationalisierten Empirismus ist bekannt und | hier noch nicht BS, C 142 näher zu erörtern. Vgl. über die Wendung der Wissenschaften zur mathematisch-rationalisierten „exakten“ Forschung, die philosophischen Motive dazu, und deren Gegensatz gegen die Gesichtspunkte Bacons: Windelband, Gesch[ichte] d[er] Philos[ophie] S.  305–307, speziell die Bemerkungen S.  305 unten, welche den Gedanken, die moderne Naturwissenschaft sei als Produkt materiell-technologischer Interessen zu begreifen, treffend ablehnt.31 Höchst wichtige Beziehungen sind natürlich vorhanden,b aber weit komplizierter. S[iehe] ferner Windelband, Neuere Philos[ophie] I S.  40 f.32 – Der für die Stellungnahme der protestantischen Askese entscheidende Gesichtspunkt, wie er wohl am deutlichsten in Speners Theol[ogische] Bedenken Ic S.  232,d III S.  260 hervortritt,33

u  A, A1: Einzelwissen, 108),  a BS, C: anderer – | seits  b  Komma fehlt in A, A1, BS.  c  A, A1: I.  d  Komma fehlt in A, A1.   29 Zinzendorf veröffentlichte Ende oder nach 1726 in einem Band 32 gesammelte Einzelstücke „Socrates“, die 1725/26 periodisch ausgegeben worden waren. Mit Titel und Zitat folgt Weber: Ritschl, Pietismus III, S.  220 (dass. in der Neuausgabe: Der Teutsche Socrates […]. – Leipzig: Samuel Benjamin Welther 1732, S.  133). 30  Zur Schätzung von Pierre Bayles „Dictionnaire critique“ vgl. Ritschl, ebd., S.  218– 220. 31 Vgl. Windelband, Geschichte der Philosophie, S.  305–307, über Francis Bacon, der die Aufgabe der Naturerkenntnis darin sah, „das Erfinden“ nicht mehr dem Zufall zu überlassen, sondern selbst zu einer „bewußt auszuübenden Kunst“ zu machen: „In seiner Hand war die Philosophie in Gefahr, aus der Herrschaft des religiösen Zwecks unter diejenige der technischen Interessen zu fallen. […] In der Hast der Utilität ver­ fehlte Bacon sein Ziel, und die geistigen Schöpfungen, welche die Naturforschung befähigt haben, die Grundlage unsrer äußeren Cultur zu werden, gingen von den vor­ nehmeren Denkern aus, die reinen Sinnes und ohne Weltverbesserungsgelüste die Ordnung der Natur, welche sie bewunderten, verstehen wollten.“ 32  Vgl. Windelband, Neuere Philosophie I, §  7. Die Anfänge der Naturwissenschaft, S.  40–54. 33  Vgl. Spener, Theologische Bedenken I (Cap. I, Sectio XLVI. „Von einrichtung der Philosophischen wissenschafften/ sonderlich der Physic, zur Christlichen erbauung“, S.  232 f.), beginnt auf S.  232: „Was die materie anlangt/ wie zur praxi selbs geschritten/ e und alle philosophische wissenschafften recht zur auferbauung mo chten gerichtet e  werden/ achte ich es wol vor eine der vornehmsten und wurdigsten […]. Und halte ich e es vor eine in dem 2. geboth ernstlich verbotene entheiligung go ttlichen namens/ wo man dessen wercke in der natur also ansihet/ daß man auf denselben bloß stehen e bleibet/ und nicht ihrem eigenen zweck gema ß/ als welche ja zu der ehr und preiß ih­ e res GOttes erschaffen sind/ in ihnen auch den Scho pffer erkennen zu lernen trachtet/ und also solche erkantnus ferner zu seinem dienst und liebe richtet. Aller fleiß und arbeit/ so hieran gethan wird/ wird wohl und tausendmal besser angelegt seyn/ als alle e in Physicis unnu tzliche Aristotelische Metaphysische grillen […]“. Die Passage enthält im Exemplar der UB Heidelberg teilweise Unterstreichungen Webers, der dazu am

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mittelpunkt zugleich Geschäftsunternehmen und leitete so ihre Glieder in die Bahnen der innerweltlichen Askese, welche auch im Leben überall zuerst nach „Aufgaben“ fragt und es im Hinblick auf diese nüchtern und planmäßig gestaltet. Nur steht als Hemmnis wieder die aus dem Vorbild des Missionslebens der Apostel hergeleitete Glorifizierung des Charisma der apostolischen Besitzlosigwar eja: daß,e wie man den Christen an den Früchten seines Glaubens erkennt, so auch die Erkenntnis Gottes und seiner Absichten nur aus der Erkenntnis seiner Werke heraus gefördert werden könne. Die bevorzugte Disziplin alles puritanischen, täuferischen und pietistischen Christentums war demgemäß die Physik und demnächst andere mit gleichartiger Methode arbeitende mathematisch-naturwissenschaftliche Disziplinen. Man glaubte eben, aus der empirischen Erfassung der göttlichen Gesetze in der Natur zur Kenntnis des „Sinnes“ der Welt emporsteigen zu können, der auf dem Wege begrifflicher Spekulationen bei dem fragmentarischen Charakter der göttlichen Offen­ barung:f – ein calvinistischer Gedanke,g – doch nie zu erfassen sein werde. Der Empirismus des 17. Jahrhunderts war der Askese das Mittel, „Gott in der Natur“ zu suchen. Er schien zu Gott hin-, die philosophische Spekulation von Gott abzuführen. Speziell die aristotelischeh Philosophie ist nach Spener der Grundschaden für das Christentum A, A1 54 gewesen.34 Jede andere sei besser, insbesondere die | „platonische“: Cons[ilia] Theo­l[o­ gica] III, 6, 1, Dist. 2, Nr.  13.35 Vgl. ferner folgende charakteristische Stelle: Unde pro Cartesio quid dicam non habeo (er hat ihn nicht gelesen), semper tamen optavi et opto, ut Deus viros excitet, qui veram philosophiam vel tandem oculis sisterent, in qua nulli­ us hominis attenderetur auctoritas, sed sana tantum magistri nescia ratio, Spener[,] Cons[ilia] Theol[ogica] II, 5, Nr.  1i.36 – Welche Bedeutung jene Auffassungen des asketischen Protestantismus für die Entwicklung der Erziehung, speziell des Realunterrichts, gehabt haben, ist bekannt.37 Kombiniert mit der Stellung zur „fides implicita“38 ergaben sie sein pädagogisches Programm. e–e A, A1: ja, daß  f Doppelpunkt fehlt in A, A1.  g Komma fehlt in A, A1.   h  A, A1: Aristotelische  i  A, A1, BS, C: 2   Rand notiert: „also: die Früchte des Schöpfers das Entscheidende“, und: „Deshalb gegen die Metaphysik  Dies Grundlage der Wissenschaftslehre des Pietismus* [oder: Puritanismus, Ed.]“. Ähnlich zur Erkenntnis Gottes aus seinen Werken in der Natur Spener, Theologische Bedenken II (3. Cap., Artic. II, Sectio XX), S.  260. 34  Vgl. etwa im Zitat oben, S.  373 f., Anm.  33. 35  Vgl. Spener, Consilia theologica III, Cap. VI, Artic. I, Distinctio II, Sectio XIII, hier p.  185. 36  Im Zitat von Spener, Consilia theologica II, Cap. V, Artic. II, Sectio I, p.  196, heißt es: „Unde qui pro Cartesio […]“. 37  „Dagegen legte er auf Physik und Mathematik einen weit höheren Wert; jene förde­ re auf ihre Weise die Erkenntnis Gottes […]. Ist nicht auch hierin schon der Punkt er­ kennbar, an welchem später die Entstehung der Realschulen mit dem Pietismus zu­ sammenhieng?“, schreibt etwa Palmer, [Christian,] Art. Spener, in: Encyklopädie des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesens […], hg. […] von K.  A. Schmid, 9.  Band, 2., verb. Aufl. – Leipzig: Fues’ Verlag (R. Reisland) 1887, S.  4–13, Zitat S.  10. 38  „Fides implicita“ bezeichnet die Unterordnung der eigenen Glaubensüberzeugung unter eine als maßgeblich erachtete Autorität. Vgl. auch das Glossar, unten, S.  606.

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keit bei den von Gott durch „Gnadenwahl“ erwählten „Jüngern“232) da, | welches eben doch im Effekt eine teilweise Repristination der „consilia evangelica“ bedeutete. Die Schaffung einer rationalen Berufsethik nach Art der calvinistischen wurde dadurch immerhin hintangehalten, jwenn schonj – wie das Beispiel der Umwandlung der Täuferbewegung zeigt – nicht ausgeschlossen k, vielmehr durch den Gedanken der Arbeit lediglich „um des Berufes willen“, innerlich stark vorbereitetk. Alles in allem werden wir, wenn wir den deutschen Pietismus unter den für uns hier in Betracht kommenden Gesichtspunkten betrachten, in der religiösen Verankerung seiner Askese ein Schwanken und eine Unsicherheit zu konstatieren haben, welche

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232)  „Es ist das eine Art Menschen, die ihre Glückseligkeit ohngefähr in vier Stücke setzen: 1. gering, verachtet, geschmäht … zu werden … 2. alle Sinne, die sie nicht brauchen zum Dienst ihres Herrn, … zu vernachlässigen … 3. entweder nichts zu haben oder, was sie bekommen, wieder wegzugeben … 4. tagelöhnermäßig zu arbeiten, nicht um Verdienstes, sondern um des Berufes und um der Sache des Herrn willen und ihres Nächsten …“ (Rel[igiöse]l Reden II, S.  180, Plitt I S.  445.)39 Nicht alle können und dürfen | „Jünger“ werden, sondern nur die,m welche der Herr beruft, – aber nach Zinzen- BS, C 143 dorfs eigenem Eingeständnis (Plitt I S.  449) bleiben dann doch Schwierigkeiten, da die Bergpredigt sich formell an alle wendet.40 Die Verwandtschaft dieses „freien Akosmismus der Liebe“ mit den alten täuferischen Idealen fällt in die Augen.41 |

j–j  A, A1: wennschon  k–k  Fehlt in A; A1: , sondern sogar innerlich oft stark vorbereitet > vielmehr, durch 〈die〉 〈den〉 den Gedanken […] vorbereitet  l  A, A1: (Berl.   m  Komma fehlt in A, A1.   39  Das Zitat in Webers Fn. nach Plitt, Zinzendorfs Theologie I, S.  445. Plitts Nachweis dieses Zitats ist mißverständlich: Es entstammt Zinzendorf, Büdingische Sammlung I/ III, S.  326 f. (vgl. Plitt, ebd., S.  444, Anm.  4). Ein anderes Zitat bei Plitt, dem Max We­ bers Formulierungen zur „Gnadenwahl“ der Jünger oben im Text folgen, entstammt dagegen Zinzendorfs „Berliner Reden II“ (vgl. oben, textkritische Anm.  l; vgl. Plitt, ebd., S.  445, Anm.  1 (mit Seitenangabe); den Titel Zinzendorf, Religiöse Reden II, gibt es nicht). Im Exemplar von Plitt in der UB Heidelberg finden sich, vermutlich von We­ ber, eine Randmarkierung zu 4) und Unterstreichung von „sondern um des Berufes“. 40 Vgl. den gesamten Kontext bei Plitt, Zinzendorfs Theologie I, S.  444–453, zur „Gnadenwahl“ der „Jünger“ S.  444 und 450, der (von Plitt allerdings abgewehrte) Ver­ dacht einer Zwei-Stufen-Ethik („consilia evangelica“) im römischen Sinn S.  452, und das S.  449 bei Plitt wiedergegebene Zinzendorf-Zitat (mit doppelter Randmarkierung im Exemplar der UB Heidelberg, die von Weber stammen könnte): „‚Die Jüngerschaft, die etwas Allgemeines ist, zu etwas Besonderem machen, ist mißlich. Denn die Berg­ predigt erfordert das Thun von allen Hörern, die nicht auf den Sand bauen.‘“ (Die Bergpredigt: Mt 5–7.) 41  Der „freie Akosmismus der Liebe“ ist Zitat bei Plitt, ebd., S.  451 (ohne Bezug zum Täufertum; Unterstreichung der zitierten Worte im Exemplar der UB Heidelberg ver­ mutlich von Weber).

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gegen die eherne Konsequenz des Calvinismus erheblich abfällt und teils durch lutherische Einflüsse, teils durch den Gefühlscharakter seiner Religiosität bedingt ist. Denn es ist zwar eine große Ein|seitigkeit, dieses gefühlsmäßige Element als das demn Pietismus im Gegensatz zum Luthertum Spezifische hinzustellen233). Aber im Vergleich mit dem Calvinismus mußte allerdings die Intensität der Rationalisierung des Lebens notwendig geringer sein, weil der innere Antrieb des Gedankens an den stets von neuem zu bewährenden Gnadenstand, der die ewige Zukunft verbürgt, gefühlsmäßig auf die Gegenwart abgelenkt und an Stelle der Selbstgewißheit, welche der Prädestinierte in rastloser und erfolgreicher Berufsarbeit stets neu zu erwerben trachteteo, jene Demut und Gebrochenheit234) des Wesens gesetzt wurde, welche teils die Folge der rein auf innere Erlebnisse gerichteten Gefühlserregung, teils des vom Pietismus zwar vielfach mit schweren Bedenken betrachteten, | aber doch meist geduldeten lutherischen Beicht­instituts war235). Denn in alledem manifestiert sich eben jene spezifisch lutherische Art, das Heil zu suchen, für welche die „Ver-

233)  Denn die gefühlsmäßige Verinnerlichung der Frömmigkeit warp dem Luthertum auch der Epigonenzeit keineswegs einfach fremd. Das Asketische:q die in den Augen der Lutheraner nach „Werkheiligkeit“ schmeckende rLebensreglementierung, warr hier vielmehr der konstitutive Unterschied. 234)  Eine „herzliche Angst“ sei ein besseres Zeichen der Gnade als die „Sicherheit“, meint Spener[,] Theol[ogische] Bedenken I, 324.42 Auch bei puritanischen Schriftstellern finden wir natürlich nachdrückliche Warnungen vor „falscher Sicherheit“, aber wenigstens die Prädestinationslehre wirkte, soweit ihr Einfluß die Seelsorge bestimmte, stets in der entgegengesetzten Richtung. | 235)  Denn der psychologische Effekt des Bestehens der Beichte war überall Entla­ BS, C 144 stung der Eigenverantwortung des Subjekts für seinen Wandel: – deshalb wurdes sie ja gesuchtt – und damit der rigoristischena Konsequenz der asketischen Anforderungen. |

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n  A, A1: den  o  A, A1: trachtet  p  A, A1: ist  q  A, A1: Asketische,  r–r  A, A1: Lebensreglementierung ist  s  A, A1: wird  t  A, A1: gesucht,  a A: rigorosen   42  Spener, Theologische Bedenken I (1. Cap., Sectio LXXIII. „Anfechtung eines Chri­ sten/ ob er die zeichen der wiedergeburt habe […]“, S.  323–326), S.  324: „Deucht auch eine seele/ sie finde gleichwol solchen freudigen trieb zu dem guten nicht/ wie e sie verlange/ mag es wol seyn/ aber zu dero beruhigung dieses ihr gnu gen/ daß gleichwol die begierde GOtt zu gefallen redlich seye/ und die herzliche angst/ welche e e e sie daru ber fu hlet/ daß sie zu jenem gefu hl nicht nach verlangen kommen kan/ ist ein e  e viel sicherers zeugnus ihrer aufrichtigkeit/ als manches fu hlen selbs/ in welchem sich auch betrug/ und etwas von dem fleisch/ einmischen kan.“ Weber unterstrich im Ex­ emplar der UB Heidelberg „herzliche angst“, markierte die Passage am Rand und notierte: „Piet[istisch] konstruiert*!“.

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gebung der Sünden“, nicht:b die praktische „Heiligung“, das Entscheidende ist. An Stelle des planmäßigen rationalen Strebens darnach: das sichere Wissen von der künftigen (jenseitigen) Seligkeit zu erlangen und festzuhalten, steht hier das Bedürfnis, die Versöhnung und Gemeinschaft mit Gott jetzt (diesseitig) zu füh­ len. Wie aber im ökonomischenc Leben die Neigung zum Gegenwartsgenuß streitet gegen die rationale Gestaltung der „Wirtschaft“, die ja eben an der Fürsorge für die Zukunft verankert ist, – so verhält es sich, in gewissem Sinne, auch auf dem Gebiet des religiösen Lebens. Ganz offenbar enthielt also die Ausrichtung des religiösen Bedürfnisses auf eine gegenwärtige innerliche Gefühlsaffektion ein minus an Antrieb zur Rationalisierung des innerweltlichen Handelns gegenüber | dem nur auf das Jenseits ausgerichteten Bewährungsbedürfnis der reformierten „Heiligen“, während sie freilich gegenüber der traditionalistisch an Wort und Sakrament haftenden Gläubigkeit des orthodoxen Lutheraners immerhin ein Mehrd an methodischer religiöser Durchdringung der Lebensführung zu entwickeln geeignet war. Im ganzen bewegte sich der Pietismus von Francke und Spener zu Zinzendorf hin in zunehmender Betonung des Gefühlscharakters. Es ware aber nicht irgendeine ihm immanente „Entwicklungstendenz“, welche sich darin fäußerte. Sondernf jene Unterschiede folgteng aus Gegensätzlichkeiten des religiösen h(und: sozialen)h Milieus, dem ihre führenden Vertreter entstammten. iDarauf kann an dieser Stelle nicht eingegangenk, ebenso auch nicht davon gesprochen werden:i wie die Eigenart des deutschen Pietismus in seiner sozialen und geographischen Verbreitung zum Ausdruck kommt236). Hier haben wir uns noch einmal daran zu erinnern, daß natürlich die Abschat-

A, A1 56

236)  Wie stark dabei – auch für die Art der pietistischen Frömmigkeit – rein politische A, A 56 1 Momente mitspieltenl, hat schon Ritschl in seiner Darstellung des württembergischenm Pietismus (Bd. III des oft zit[ierten] Werkes) angedeutet.43 |

b Doppelpunkt fehlt in A, A1.  c A: äußeren, „materiellen“  d A, A1: plus e A, A1: ist  f–f A, A1: äußert, sondern B: äußerte, sondern  g A, A1: folgen h–h  A, A1: und sozialen  i–i  A: Davon in anderen [lies: anderem] Zusammenhang. Erst später wird auch davon zu reden sein, A1: Darauf kann […] gesprochen werden,   k  In A1 folgt: 〈werden〉  l  A, A1: mitspielen  m  A, A1: Württembergischen   43  Vgl. Ritschl, Pietismus III, „Die sociale und politische Eigenthümlichkeit des Pietis­ mus in Württemberg“, S.  3–42.

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tierung dieses Gefühls­pietismus gegenüber der religiösen Lebensführung der puritani|schen Heiligen sich in ganz allmählichen Übergängen vollzieht. Wenn eine praktische Konsequenz des Unterschiedes wenigstens provisorischn charakterisiert werden soll, so kann man die Tugenden, welche der Pietismus züchtete, mehr als solche bezeichnen, wie sie einerseits der „berufstreue“ Beamte,o Angestellte, Arbeiter und Hausindustrielle237) p und andererseits vorwiegend patriarchal gestimmte Arbeitgeber in Gott wohlgefälliger Herablassung (nach Zinzendorfs Art)44 entfalten konnten. Der Calvinismus erscheint im Vergleich damit dem harten rechtlichen und aktiven Sinn bürgerlich-kapitalistischer Unternehmer wahlverwandter238). Der reine Gefühlspietismus endlich ist – wie schon Ritschl239) hervorgehoben | hat – eine religiöse Spielerei für „leisure classes“.45 So wenig erschöpfend diese Charakterisierung ist,q so entsprechen ihr doch noch heute gewisse

S[iehe] den S.  375 Anm.  232 zitierten Ausspruch Zinzendorfs.r Selbstverständlich ist auch der Calvinismus, jedenfalls der genuine, „patriarchalisch“. Und der Zusammenhang des Erfolges z. B. von Baxters Tätigkeit mit dem hausindustriellen Charakter des Gewerbes in Kidderminster tritt in seiner Autobiographie deutlich hervor. S[iehe] die in den Works of the Pur[itan] Divines p.  XXXVIII zit[ierte] Stelle: „The town liveth upon the weaving of Kidderminster stuffs, and as they stand in their loom, they can set a book before them, or edify each other …“46 Indessen ist doch der Patriarchalismus auf dem Boden der reformierten und erst recht der täuferischen Ethik anders geartet als auf dem Boden des Pietismus. Dies Problem skann nur in anderem Zusammenhang erörtert werdens.47 239) Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung, 3.   A, A1 57 Aufl., I S.  598.48 – | Wenn Friedrich Wilhelm I. den Pietismus überhaupt als eine für Rentiers geeignete Angele-

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r 237) 

238) 

n  In A folgt: schon hier  o  Fehlt in A.   p  Index fehlt in A, A1.  q A: ist – wie sich noch zeigen wird –  r–r  Fehlt in A, A1.  s–s  A, A1: wird uns erst im anderen Zusammenhang beschäftigen BS: kann nur im anderen Zusammenhang […] werden   44  Als Beispiel hierfür etwa Ritschl, Pietismus III, S.  287, auch S.  362 und 381. 45  Mit „leisure classes“ spielt Weber vermutlich auf den Titel von Veblen, Thorstein, The theory of the leisure class. An economic study in the evolution of institutions. – New York: Macmillan Company 1899 (hinfort: Veblen, Theory of the leisure class), an. (In der deutschen Übersetzung lautet der Titel: „Theorie der feinen Leute“.) 46  Bei Jenkyn, Essay on Baxter’s Life, im angegebenen Band (Baxter, Works of the English Puritan Divines IV), p.  xxxviii: „[…] or edifie one another“. Jenkyn zitiert an der Stelle aus Baxters Autobiographie. – Die Stelle wurde im Exemplar der UB Heidelberg (es enthält keine Marginalien), möglicherweise von Weber, am Rand markiert. 47  Bezug unklar. Auf die Ausübung des Patriarchalismus kommt Weber allenfalls indi­ rekt zu sprechen. 48  Bei Ritschl, Rechtfertigung und Versöhnung I, S.  598, heißt es: „Die contemplative Art des Umganges mit dem Heilande brachte es mit sich, daß allein die höheren Ge­

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Unterschiede auch in der ökonomischen Eigenart der Völker, die unter dem Einfluß der einen oder anderen dieser beiden asketischen Richtungen gestanden haben. – Die Verbindung gefühlsmäßiger und dabei doch asketischer Religiosität mit zunehmender Indifferenz oder Ablehnung der dogmatischen Fundamente der calvinistischen Askese charakterisiert nun auch das englisch-amerikanische Seitenstück des kontinentalen Pietismus: den Methodismus240). Schon | sein Name zeigt, was den Zeitgenossen als Eigenart seiner Anhänger auffiel: die „methodische“ Systematik der Lebensführung zum Zweck der Erreichung der certitudo salutis: denn um diese handelt es sich von genheit bezeichnete, so ist das freilich mehr für diesen König als für den Pietismus der Spener und Francke bezeichnend,49 und aucha der König wußte wohl, warum er ihm durch sein Toloranzedikt seine Staaten öffnete.50 240)  Zur orientierenden Einführung in die Kenntnis des Methodismus ist der vorzügliche Artikel „Methodismus“ von Loofs in der Real-Encykl[opädie] f[ür] Prot[e­ stan­tische] Theol[ogie] u. K[irche] 3.  Aufl. ganz besonders geeignet.51 Auch die Arbeiten von Jacoby (speziell das „Handbuch des Methodismus“), Kolde, Jüngst b, Southey52 sindb brauchbar. Über Wesley: Tyerman, Lifec and times of John W[esley] London

a  Fehlt in A.   b–b  A, A1: sind dazu  c  A, A1, BS, C: life   sellschaftsclassen auf die Erweckung eingingen.“ Hatte sich Spener noch an alle Ge­ sellschaftsklassen gewandt, so habe der seit 1817 entstandene moderne Pietismus Adel und Klerus okkupiert, die „niederen Gesellschaftsklassen“ aber nicht gewinnen können. „Diese behaupten den Boden der Aufklärung, und sind in zunehmendem Maße der Kirche entfremdet worden, seitdem die Pietisten es als zweckmäßig erkannt haben, sich als die Vertreter der lutherischen Kirche darzustellen. Die Bekehrung, wel­ che in dem modernen Pietismus zugemuthet wird, trägt die Farbe der Brüdergemein­ de“ (S.  599). 49  Friedrich Wilhelm I. äußerte gegenüber Francke, dessen Hallesche Anstalten er 1713 und 1719 besucht hatte und die ihn beeindruckten, „wie schwierig es für einen Weltmann, besonders einen Regenten, sei, immer nach den strengen Vorschriften des Gewissens zu handeln; wer von seinen Renten lebe, für den sei die Frömmigkeit eine leichte Sache“. Ritschl, Pietismus II, S.  289; dass. S.  292. 50  Es ist nicht ganz klar, worauf Weber sich mit dem „Toleranzedikt“ bezieht. Vermut­ lich ist die „Öffnung des Landes für den Pietismus“ gemeint, vgl. etwa Thadden, Ru­ dolf von, Die Geschichte der Kirchen und Konfessionen, §  6, in: Handbuch der Preußi­ schen Geschichte, hg. von Wolfgang Neugebauer, Band  III. – Berlin, New York: Walter de Gruyter 2001, S.  570–572. Demnach verband Friedrich Wilhelm I. den Halleschen Pietismus mit Staatsinteressen, wodurch dieser öffentliche Anerkennung und große Wirksamkeit erfuhr. 51  Vgl. Loofs, Art. Methodismus. 52  Weber bezieht sich, abgesehen von Jacoby, Handbuch des Methodismus, wahr­ scheinlich auf Jacoby, Geschichte des Methodismus, ferner auf Jüngst, Amerikani­ scher Methodismus (2.  Aufl.: ders., Methodismus in Deutschland I, II), und Southey,

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Anfang an auch hier, und sie blieb Mittelpunkt des religiösen Strebens. Die trotz aller Unterschiede unbezweifelbare Verwandtschaft mit gewissen Richtungen des deutschen Pietismus241) zeigt sich nun vor allem darin, daß diese Methodik speziell auch auf die Herbeiführung des gefühlsmäßigen Aktes der „Bekehrung“ übertragen 1870 f.53 Das Buch von Watson (Life of W[esley], auch in Übersetzung) ist populär.54 – Eine der besten Bibliotheken zur Geschichte des Methodismus hat die Northwestern BS, C 146 University | in Evanston bei Chicago.55 dEine Art von Kette vom klassischen Puritanismus zum Methodismus bildetee der religiöse Dichter Isaac Watts, ein Freund des Kaplans Oliver Cromwells (Howe), dann Richard Cromwells, dessen Rat Whitefield gesucht haben soll (cf. Skeats p.  254 f.).d 56 241)  Sie ist – wenn man von den persönlichen Beeinflussungen der Wesleys57 absieht – historisch durch das Absterben des Prädestinationsdogmas einerseits und durch das wuchtige Wiedererwachen des „sola fide“ bei den Gründern des Methodismus andererseits bedingt,58 vor allem aber durch fdessen spezifischenf Missionscharakterg motiviert, der eine (umbildende) Repristination gewisser mittelalterlicher Methoden der „Erweckungs“-Predigt herbeiführte und diese mit pietistischen Formen kombinierte. In eine allgemeine Entwicklungslinie zum „Subjektivismus“ gehört die Erscheinungh – die in dieser Hinsicht nicht nur hinter dem Pietismus, sondern auch hinter der bernhardinischen Frömmigkeit des Mittelalters zurückstandi – sicherlich nicht hinein.59 |

d–d  Fehlt in A.   e  In A1 folgt: 〈wohl〉  f  A, A1: den  g  In A, A1 folgt: des Methodismus  h  A, A1: Erscheinung,  i  A, A1: zurückstand,   Life of Wesley. Der Hinweis auf Kolde bezieht sich wahrscheinlich auf den Vortrag Kolde, Methodismus. 53  Vgl. Tyerman, Wesley I–III (vgl. dazu Webers Bemerkung, oben, S.  262, Fn.  89). 54  Vgl. Watson, Life of Wesley; deutsch: ders., Leben Wesley’s (mit der Bewertung „kurz, mehr populär“ bei Loofs, Art. Methodismus, S.  748). 55  Weber erwähnt seinen Besuch der Northwestern University in Evanston bei Chica­ go während seiner USA-Reise im Brief an Helene Weber vom 20. September 1904 (in: Brief vom 19. und 20. Sept. 1904, MWG II/4, S.  285–297, hier S.  293 f.), geht aber auf die dortige Bibliothek nicht ein. 56  Skeats, Free Churches, p.  254–258, hier p.  257 mit dem Hinweis: „He [Isaac Watts] is the link which unites the later Puritans to the founders of Methodism.“ Der durch seine Hymnen und sein puritanisches Schrifttum bekannte Isaac Watts soll in jungen Jahren mit John Howe, von 1656 bis 1658 Oliver Cromwells Kaplan, und mit dem be­ tagten Richard Cromwell, dem Sohn Oliver Cromwells und dessen Nachfolger als Lord Protector (1658/59), befreundet gewesen sein und später George Whitefield, einen der Gründungsväter des Methodismus, beraten haben. 57  Charles und John Wesley, vgl. das Personenverzeichnis, unten, S.  594. 58  Zum methodistischen Rechtfertigungs- und Glaubensverständnis vgl. Schnecken­ burger, Kirchenparteien, S.  114–120, im Kapitel über den Methodismus, S.  103–151. 59 Vermutlich Anspielung auf Lamprecht, Deutsche Geschichte VII/1, der die Ge­ schichte anhand von sozialpsychischen Merkmalen in Zeitalter einteilt und im Pietis­ mus den Übergang vom Zeitalter des Individualismus zum Zeitalter des Subjektivis­ mus sieht (vgl. auch oben, S.  356, Fn.  200, und S.  370, Fn.  224). Auf den Methodismus kommt Lamprecht allerdings nicht zu sprechen.

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wurde. Und zwar nahm hier die – bei John Wesley durch | herrnhuterisch-lutherischej Einflüsse erweckte – Gefühlsmäßigkeit,60 da der Methodismus von Anfang an auf Mission unter den Massen abgestellt war, einen stark emotionellen Charakter an, speziell auf amerikanischem Boden. Ein unter Umständen bis zu den fürchterlichsten Ekstasen gesteigerter Bußkampf, in Amerika mit Vorliebe auf der „Angstbank“ vollzogen,61 führte zum Glauben an Gottes unverdiente Gnade und zugleich damit unmittelbar zum Bewußtsein der Rechtfertigung und Versöhnung. Diese emotionelle Religiosität ging nun, unter nicht geringen inneren Schwierigkeiten, mit der durch den Puritanismus ein für allemal rational abgestempelten kasketischen Ethik eine eigentümlichek Verbindung ein. Zunächst wurde im Gegensatz zum Calvinismus, der alles nur Gefühlsmäßige für der Täuschung verdächtig hielt,62 prinzipiell eine rein gefühlte, aus der Unmittelbarkeit des Geisteszeugnisses fließende, absolute Sicherheit des Begnadeten – deren Entstehung wenigstens normalerweise auf Tag und Stunde feststehen sollte – als das einzig zweifellose Fundament der certitudo salutis angesehen.63 Ein dergestalt Wiedergeborener kann nun nach der Lehre Wesleys, die eine konsequente Steige|rung der Heiligungsdoktrin, aber eine entschiedene Abweichung von der orthodoxen Fassung j A: Herrenhuterisch-lutherische A1: herrenhuterisch-lutherische  k–k A: Ethik eine 60  John Wesley war anfangs von den Herrnhutern tief beeindruckt. Er war ihnen zu­ erst auf der Überfahrt und dann in Nordamerika (1735/36–1738, dort z. B. August Gott­ lieb Spangenberg) begegnet und pflegte nach der Rückkehr in London intensive Kon­ takte zu dort lebenden „Brüdern“. In den Sommermonaten 1738 war Wesley in Deutschland, besuchte Zinzendorf in Marienborn und fuhr nach Herrnhut. Ab 1740 trennten sich ihre Wege, und in Gesprächen, wie etwa mit Zinzendorf am 3. Septem­ ber 1741, stellte man bei gegenseitigem Respekt die Unterschiede fest (vgl. oben, S.  372, Fn.  228). Vgl. Loofs, Art. Methodismus, S.  756–758 und 761 f.; auch unten, S.  384, Fn.  248. 61 Schneckenburger schildert den Bußkampf: Er gilt als Voraussetzung des Glau­ bens und der Wiedergeburt. Bei mehrtägigen oder -wöchigen Zusammenkünften wur­ de er durch Erweckungspredigten hervorgerufen und vollzog sich auf Kniebänken (maurnes bench, „Sünderangstbank“), die am Abend vor die Kanzel gestellt wurden. Schneckenburger, Kirchenparteien, S.  122 f., Zitat S.  122. Zum Begriff vgl. etwa: Ne­ vin, Johann W., Die Angst-Bank. Übers. aus dem Englischen nach der 2., vermehrten Aufl. – Chambersburg, PA: Druckerei der „Christlichen Zeitschrift“ […] 1844 (im engl. Titel: „The anxious bench“). 62  Vgl. oben, S.  308, dazu S.  298 f. 63  Ausführlich bei Schneckenburger, Kirchenparteien, S.  124–131.

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derselben darstellt, schon in diesem Leben kraft des Wirkens der Gnade in ihm durch einen zweiten, regelmäßig gesondert eintretenden und ebenfalls oft plötzlichen inneren Vorgang, die „Heiligung“, zum Bewußtsein der Vollkommenheit im Sinne der Sündlosigkeit gelangen.64 So schwer dies Ziel erreicht wird – meist erst gegen Ende des Lebens –, so unbedingt ist danach – weil es die certitudo salutis endgültig verbürgt und frohe Sicherheit an die Stelle der „mürrischen“ Sorge der Calvinisten setzt242) – zu streben, und es muß jedenfalls der wirklich Bekehrte sich als solcher vor sich selbst und anderen dadurch ausweisen, daß zum mindesten die Sünde „keine Macht mehr über ihn hat“.65 Trotz der entscheidenden Bedeutung des Selbstzeugnisses des Gefühls wurdel daher natürlich doch der am Gesetz orientierte heilige Wandel festgehalten. Wo Wesley gegen die Werkgerechtigkeit seiner Zeit mkämpfte, belebtem er lediglich den altpuritanischen Gedanken wieder, daß die Werke nicht Realgrund, sondern nur Erkenntnisgrund des Gnadenstandes sind,66 und auch dies nur dann, wenn sie ausschließlich zu Gottes Ruhm getan werden. Der kor|rekte Wandel allein tatn es nicht – wie er an sich selbst erfahren hatteo –: das Gefühl des Gnadenstandes mußtep dazu treten. Er selbst bezeichneteq gelegentlich die Werke als „Bedingung“ der Gnade67 und

242)  So hat Wesley selbst gelegentlich den Effekt des methodistischen Glaubens geA, A1 58, BS, C 147 kennzeichnet. Die Verwandtschaft mit der Zinzendorfschen „Glückseligkeit“ liegt zutage.68 |

l  A, A1: wird  m–m  A, A1: kämpft, belebt  n  A, A1: tut  o  A, A1: hat  p A, A1: muß  q  A, A1: bezeichnet   64  Vgl. Schneckenburger, Kirchenparteien, S.  136–142. 65  Nach Röm 6. 66  Vgl. dazu oben, S.  308–316. 67  Dies ist der Fall auf der Londoner Konferenz vom 7. August 1770, auf der Wesley sich gegen die Prädestinationslehre und ihre methodistischen Anhänger wandte (vgl. oben, S.  340 mit Anm.  76). Wesley wollte einem zu starken „Hinneigen zum Calvinis­ mus“ entgegentreten. Im Protokoll heißt es: „Wir haben als Grundsatz angenommen, ‚daß der Mensch zur Erlangung der Rechtfertigung nichts zu thun vermöge‘. Nichts kann aber unrichtiger sein, als diese Behauptung; denn Jeder, der Gnade bei Gott zu finden wünscht, sollte ‚vom Bösen abstehen und lernen Gutes zu thun‘ […]. Nicht durch das Verdienst der Werke, sondern durch die Werke als eine Bedingung“. Wat­ son, Leben Wesley’s, S.  317 ff., Zitat S.  322 (zitiert auch bei Loofs, Art. Methodismus, S.  775; ausführlich bei Tyerman, Wesley III, p.  72 f.). 68  „Freude durch den heiligen Geist und die Zuversicht“ oder „Freudigkeit“ heißt es bei Schneckenburger, Kirchenparteien, S.  141. Zu Zinzendorfs Begriff „Glückseligkeit“ vgl. oben, S.  372 und 375, Fn.  232.

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betonter auch in der Deklaration vom 9. August 1771243), daßs wer keine guten Werke tuet, kein wahrer Gläubiger sei u, und stets ist von den Methodisten betont worden, daß sie sich nichta in der Lehre, sondern durch die Art der Frömmigkeit von derb offiziellen Kirche unterscheidenc. Die Bedeutung der „Frucht“d des Glaubens wurde meist aus 1. Joh. 3, 9 begründet69 und der Wandel als deutliches Zeichen der Wiedergeburte hingestelltu. Trotz alledem ergaben sich Schwierigkeiten244). Für diejenigen Methodisten, welche Anhänger der Prädestinationslehre waren, bedeutete die Verlegung der certitudo salutis statt in das aus der asketischen Lebensführung selbst in stets neuer | Bewährung folgende Gnadenbewußtsein in das unmittelbare Gnaden- und Vollkommenheitsgefühl 245) f – weil ja dann an den einmaligen Bußkampf sich die Sicherheit der „perseverantia“ knüpfte –,g eins von zwei Dingen: entweder, bei schwachen Naturen, antinomistische Deutung der „christlichen Freiheit“, also Kollaps der methodischen Lebensführung, – oder, wo diese Konsequenz abgelehnt wurde, eine zu

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S[iehe] dieselbe z. B. in Watsons Leben Wesleys (deutsche Ausg.) S.  331.70 A, A1 59 Schneckenburger, Vorlesungen über die Lehrbegriffe der kleinen protestantischen Kirchenparteien. Herausg[egeben] von Hundeshagen. Frankfurt 1863, S.  147.71 | 245)  Whitefield, der Führer der prädestinatianischen Gruppe, welche nach seinem B , C 148 S Tode, weil unorganisiert, zerfiel, lehnte Wesleys „Vollkommenheits“-Lehre im wesentlichen ab.72 In der Tat ist dieselbe ja nur ein Surrogat des Bewährungsgedankensi der Calvinisten. 243) 

244) M.h

r  A, A1: betont  s  A, A1: daß,  t  A, A1: tut  u–u  Fehlt in A.   a  In A1 folgt: 〈durch〉    b In A1 folgt: 〈andren〉    c A1: unterschieden    d A1: „Früchte“   e  In A1 folgt: 〈an〉  f  In A, A1 folgt Komma.   g  Komma fehlt in A, A1.  h  A, A1, BS, C: J.  i  A, A1: „Bewährungsgedankens“   69  1 Joh 3,9 [1892]: „Wer aus Gott geboren ist, der thut nicht Sünde, denn sein Same bleibet bei ihm; und kann nicht sündigen, denn er ist von Gott geboren.“ 70  Bei Watson, Leben Wesley’s, S.  331 f., steht die Erklärung vom 9. August 1771, die, während des „calvinistischen Streits“, Wesley zusammen mit 50 Predigern unterzeich­ nete: „Und obgleich, wer keine guten Werke thut, wo sich ihm Zeit und Gelegenheit dazu darbieten, kein wahrer Christgläubiger ist (und folglich auch nicht erlöst werden kann); so haben doch unsere Werke keinen Theil an dem Verdienste oder der Erlan­ gung unserer Rechtfertigung […]“ (Zitat S.  332). 71 Vgl. Schneckenburger, Kirchenparteien (dort im Titel: „[…] der kleineren prote­ stantischen Kirchenparteien“). 72  Über George Whitefields Ablehnung der Vollkommenheitslehre Wesleys vgl. Loofs, Art. Methodismus, S.  762. Whitefield starb am 30. September 1770, und nach Beendi­ gung des „calvinistischen Streits“ (1770 bis ca. 1777) begannen sich die calvinisti­ schen Kreise des Methodismus aufzulösen; vgl. Loofs, ebd., S.  774.

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schwindelnder Höhe sich aufgipfelnde Selbstgewißheit des Heiligen246): eine gefühlsmäßige Steigerung des puritanischen Typus. Diesen Folgen suchte man, angesichts der Angriffe der Gegner, einerseits durch gesteigerte Betonung der normativen Geltung der Bibel und der Unentbehrlichkeit der Bewährung entgegenzutreten247), andererseits aber führten sie im Erfolg zu einer Verstärkung der anticalvinistischen, die Verlierbarkeit der Gnade lehrenden Richtung Wesleys innerhalb der Bewegung.73 Die starken lutherischen Einflüsse, denen, unter Vermittlung der Brüdergemeinde, Wesley ausgesetzt gewesen war248), verstärkten diese Entwicklung und ver|mehrten die Unbestimmtheit der religiösen Orientierung der methodistischen Sittlichkeit249). Im Ergebnis wurde schließlich

246)  Schneckenburger a. a. O. S.  145. Etwas anders Loofs a. a. O.74 jBeide Konsequenzen sind aller ähnlich gearteten Religiosität typisch.j 247)  So die Konferenz von 1770. Schon die erste Konferenz von 1744 hatte anerkannt, daß die Bibelworte „bis auf Haaresbreite“ den Calvinismus einerseits, den Antinomismus andererseits streiften.75 Bei ihrer Dunkelheit solle man um doktrineller Differenzen willen sich nicht voneinander scheiden, solange die Geltung der Bibel als praktischerk Norm festgehalten bleibe. 248)  Von den Herrnhutern schied die Methodisten ihre Lehre von der Möglichkeit sündloser Vollkommenheit, welche speziell auch Zinzendorf ablehnte, während andeA, A1 60 rerseits Wesley das Gefühlsmäßige der herrnhuterischenl Religiosität als | „Mystik“ empfand und Luthers Ansichten über das „Gesetz“ als „blasphemisch“ bezeichnete.76 mHier zeigt sich die Schranke, welche zwischen jeder Art von rationaler religiöser Lebensführungn und dem Luthertum unvermeidlich fortbestando.m 249)  John Wesley hebt gelegentlich hervor, daß man überall: bei Quäkern, Presbyterianern und Hochkirchlern, Dogmen glauben müsse, nur bei den Methodisten nicht. –

j–j Fehlt in A; A1: Die Konsequenz ist für jede > Beide Konsequenzen […] typisch.   k A, A1: praktische  l A, A1: herrenhuterischen  m–m Fehlt in A.   n In A1 folgt: 〈gegenüber〉  o A1: bestand   73  Über die Verlierbarkeit der Gnade bei Wesley vgl. Schneckenburger, Kirchenpar­ teien, S.  131–133. 74  Weber nach Schneckenburger, Kirchenparteien, S.  144 f. – Loofs, Art. Methodis­ mus, S.  774 f., vertritt dagegen die Auffassung, Wesley habe sich von Beginn seines Wirkens an mit antinomistischen Regungen im Sinne libertinistischer Tendenzen von Erweckungspredigern auseinandergesetzt und stets eine klare Stellung dagegen be­ zogen. Diese Erweckungsprediger seien in ihren Kreisen erstarkt und hätten versucht, gegenüber Wesleys autokratischer Leitung ihre Selbständigkeit zu bewahren. Doch habe Wesley letztlich die Oberhand behalten. 75  Bei Skeats, Free Churches, p.  374, heißt es über die erste Konferenz der Methodi­ sten im Jahr 1744: „It was decided that the truth of the Gospel was very near both to Calvinism and to Antinomianism, even ‚within a hair’s breadth‘ […]“. 76  Weber zitiert in dieser Fußnote Plitt, Zinzendorfs Theologie I, S.  412, dort Zinzen­ dorfs Protest gegen Wesleys Vollkommenheitslehre, Wesleys Kritik an den „Moravi­

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wesentlich nur der Begriff der „regeneration“:p – einer unmittelbar als Frucht des Glaubens auftretenden gefühlsmäßigen Sicherheit der Errettung – als unentbehrlichen Fundamentsq der Heiligung mit ihrer Konsequenz der (wenig|stens virtuellen) Freiheit von der Macht der Sünde als des aus jener folgenden Erweises des Gnadenstandes konsequent festgehalten und die Bedeutung der äußeren Gnadenmittel, insbesondere der Sakramente,77 entsprechend entwertet. aUnd jedenfalls bezeichnet das „general awakening“ im Gefolge des Methodismus überall, auch z. B. in Neu-England, eine Steigerung der Lehre von Gnade und Erwählung250).a Der Methodismus erscheint danach für unsere Betrachtung als ein in seiner Ethik ähnlich schwankend fundamentiertes Gebilde wie der Pietismus. Aber bauch ihmb diente das Streben nach dem „higher life“, dem „zweiten Segen“, als eine Art Surrogat der Prädestinationslehre und, auf dem Boden Englands erwachsen, orientierte sich die Praxis seiner Ethik durchaus an derjenigen des dorti-

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Vgl. zu dem Vorstehenden auch die freilich summarische Darstellung bei Skeats, History of the free churches of England 1688–1851.78 | c 250)  Vgl. z. B. Dexter, Congregationalism, p.  455 f.c 79 BS, C 149 p  Doppelpunkt fehlt in A, A1.  q  In A, A1, BS, C folgt: und  a–a  Fehlt in A ein­ schließlich Index; A1: 〈Immerhin〉 Und jedenfalls bezeichnet […] des Methodismus 〈z. B.〉 überall auch 〈in〉 z. B. in Neu England eine Steigerung […] Erwählung120a).  b A, A1: immerhin  c–c  Fehlt in A.   ans“ und eine Paraphrase aus Wesleys Tagebuchnotiz zu Luthers Auslegung des Ga­ laterbriefes. (Letztere stammt vom 15. Juni 1741.) 77  Vgl. Schneckenburger, Kirchenparteien, S.  147 f. 78  Vgl. Skeats, Free Churches, mit folgenden Zitaten über die „Methodist societies“ aus Wesleys Schrifttum: „They do not impose […] any opinions whatever. People might hold particular or general redemption, absolute or conditional decrees. They think and let think“ (p.  387). Und: „[…] you cannot be admitted into the Church, or society of the Presbyterians, Anabaptists, Quakers, or any others, unless you hold the same opini­ ons with them, and adhere to the same mode of worship. The Methodists alone do not insist on your holding this or that opinion“ (p.  387 f.). 79  Die Seitenangaben können nicht stimmen. Gemeint sein könnte Dexter, Congrega­ tionalism, p.  502 f. Dexter hält dort die widersprüchlichen Folgen des „Great Awake­ ning“ [sic] der Methodisten (1734–1742) in Neuengland fest: Auf der einen Seite führ­ te es mehrere Tausende, darunter auch „ungenerate men“, der Kirche zu. „On the other hand, it thrust out to greatly increased prominence as pulpit themes the distin­ guishing doctrines of grace, and in so doing, and by its vigorous antagonism to Armi­ nianism, Pelagianism and the Socianism which was already springing here, it began that cleavage which […] effected the gathering of ‘Churches out of Churches.’“ (Zitat p.  503.) Möglicherweise hat Weber mit seiner Formulierung „Steigerung der Lehre von Gnade und Erwählung“ den ersten Teil dieser Stelle im Auge.

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gend reformierten Christentums, dessen „revival“ er ja sein wollte. Methodisch wurdee der emotionelle Akt der Bekehrung fherbeigeführt. Und,f nachdem er erzielt gwar, fandg nicht ein frommes Genießenh der Gemeinschaft mit Gott nach Art des gefühlsmäßigen Pietismus Zinzendorfs statt,80 sondern alsbald wurdei das erweckte Gefühl in die Bahn jrationalen Vollkommenheitsstrebensj geleitet. Der emotionelle Charakter der Religiosität führte daher nicht zu einem innerlichen Gefühlschristentum nach Art des deutschen Pietismus. Daß dies mit derk (zum Teil gerade infolge des emotionellen Ablaufs der Bekehrung)l geringerenm Entwicklung des Sündengefühls zusammenhingn, hat schon Schneckenburger gezeigt81 und ist ein stehender Punkt in der Kritik des Methodismus geblieben. Hier blieb der reformierte Grundcharakter des religiösen Empfindens maßgebend. Die Gefühlserregung nahmo den Charakter eines nur gelegentlich, dann aber „korybantenartig“ geschürten Enthusiasmus an,82 der den rationalen Charakter der Lebensführung im übrigen keineswegs beeinträchtigtep 251). Die „regeneration“ des Methodismus | schuf so lediglich eine Ergän­ zung der reinen Werkheiligkeit: eine religiöse Verankerung der asketi|schen Lebensführung, nachdem die Prädestination aufgegeben worden war. Die Kennzeichen des Wandels, unentbehrlich als 251) 

Natürlich aber beeinträchtigen kann, wie er dies heute bei den amerikanischen A, A1 61 Negern tut. – Im übrigen hängt der oft ausgeprägt pathologische Charakter | der methodistischen Emotion im Gegensatz zu der relativ milden Gefühlsmäßigkeit des Pietismus wohl – neben rein historischen Gründen und der Publizität des Vorgangs – viel­ leicht auch mit stärkerer asketischer Durchdringung des Lebens in den Verbreitungsgebieten des Methodismus näher zusammen. Das zu entscheiden wäre aber nur Sache der Neurologen.q |

d  Fehlt in A.   e  A, A1: wird  f–f  A, A1: herbeigeführt und,  g–g  A, A1: wird, findet  h A: Genießen  i  A, A1: wird  j–j  A: rationalen Vollkommenheitsstre­ bens  k A, A1: der,  l A, A1: Bekehrung),  m A, A1: geringeren  n A, A1: zusammenhängt  o A, A1: nimmt  p A, A1: beeinträchtigt  q In A folgt: (Manche geistreich durchgeführten Hypothesen über die Wirkung von „Affektverdrängungen“ usw. in den [lies: dem] früher zit. Werk von W. Hellpach).   80  Vgl. oben, S.  371 f. 81  Vgl. Schneckenburger, Kirchenparteien, S.  108 ff., bes. S.  111, und S.  135 f. 82  Schneckenburger, ebd., S.  122, weist auf die Ausartung der methodistischen Er­ weckungspredigten zu einem „christianisirten Corybantenwesen“ hin. – Korybanten heißen in der griechischen Mythologie die origiastische, wilde Tänze vollführenden Priester der Kybele.

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Kontrolle der wahren Bekehrung, als ihre „Bedingung“, wie Wesley gelegentlich sagt,83 warenr in der Sache ganzs die gleichen wie im Calvinismus. Als einen Spätling252) können wir den Methodismus im folgenden bei der Erörterung der Berufsidee, zu deren Entfaltung er nichts Neues beisteuerte253) t, im wesentlichen beiseite lassen.u Der Pietismus des europäischen Kontinents und der Methodismus der angelsächsischen aVölker sind,a nach ihrem Gedankengehalt sowohl als nach ihrer geschichtlichen Entwicklung betrachtet, sekundäre Erscheinungen254) b. Dagegen steht als zweiter selbstän­ 252)  Loofs a. a. O. S.  750 hebt nachdrücklich hervor, daß der Methodismus sich von B , C 150 S anderen asketischen Bewegungen dadurch unterscheidet, daß er nach der englischen Aufklärungsepoche liegt[,] und stellt ihn zu der (freilich sehr viel schwächlicheren) Renaissance des Pietismus im ersten Drittel dieses Jahrhunderts bei uns in Parallele.84 – Aber immerhin wird, im Anschluß an Ritschl, Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung, Bd. I c588 f.c,85 doch wohl auch die Parallelisierung mit der Zinzendorfschen Spielart des Pietismus, die ja – im Gegensatz zu Spener und Francke – auch schon Reaktion gegen die Aufklärung ward, erlaubt bleiben. Nur nimmt eben diese Reaktion im Methodismus, wie wir sahen, eine sehr andere Richtung als im Herrnhutertume, wenigstens soweit es von Zinzendorf beeinflußt war.86 f 253)  Die er aber, wie die Stelle aus John Wesley (unten gS.  474 f.g) zeigt, ganz ebenso und mit genau gleicher Wirkung entwickelte wie die andern asketischen Deno­ minationen.f h 254) Und – wie sich zeigte87 – Abschwächungen der konsequenten asketischen Ethik des Puritanismus: während, wenn man, nach beliebter Art, diese religiösen Konzeptionen nur als „Exponenten“ oder „Wiederspiegelungen“ der kapitalistischen Entwicklung deuten wollte,88 ja doch das gerade Umgekehrte eingetreten sein müßte.h

r  A, A1: Völker, sind  s  A, A1: dabei  t  Index fehlt in A.   u  In A folgt: Wichtig für unsere Probleme wird er erst wieder, wo wir zur Betrachtung der Sozialethik und damit der Reglementierung des Berufslebens durch die kirchlichen Organisationen gelangen. Denn in der Art der Organisation liegt das Eigenartige seiner Wirksamkeit begründet. –  a–a  Völker, sind  Komma fehlt in BS, C.   b Index fehlt in A, A1.   c–c  A, A1, BS, C: 568 f.  d  A, A1: ist  e  A, A1: Herrenhutertum  f–f  Fehlt in A.   g–g A1: S.    BS: S.  1.  h–h  Fehlt in A, A1.   83  Vgl. z. B. oben, S.  382 f. 84  Der Methodismus wollte ursprünglich als Evangelisationsbewegung innerhalb der englischen Staatskirche deren rationalen Supranaturalismus überwinden. Loofs, Art. Methodismus, S.  750 f., parallelisiert ihn mit der deutschen Erweckungsbewegung im 19. Jahrhundert. 85  Vgl. Ritschl, Rechtfertigung und Versöhnung I, S.  588 f. 86  Siehe oben, S.  369–372 und 379–382. Während zum emotionellen Charakter des Methodismus die rationale Ethik hinzutrat, bewegte sich der „Gefühlspietismus“ Zin­ zendorfs von der methodischen Durchdringung der Lebensführung weg. 87  Siehe dazu oben, S.  375–379 und 385–387. 88 Anspielung auf den „historischen Materialismus“ oder die „materialistische Ge­ schichtsauffassung“.

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diger Träger protestantischer Askese neben dem Calvinismus das Täufertum und die aus ihm im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts direkt oder durch Aufnahme seiner religiösen Denkformen hervorgegangenen Sekten255) der Bap|tisten, Mennoniten und, vor | allem,

255)  Von den Baptisten gehen nur die sog. „General Baptists“ auf die alten Täufer zurück.89 Die „Particular Baptists“ wareni – wie schon früher gesagt90 – Calvinisten, A, A1 62 welche die Kirchenzugehörigkeit prinzipiell auf die Wiedergeborenen oderk | doch auf persönliche Bekenner beschränktenl, daher prinzipielle Voluntaristen und Gegner aller Staatskirchen bliebenm, – in der Praxis freilich unter Cromwell nicht immer konsequent. nSie, abern auch die General Baptists, so historisch wichtig sie als Träger der täuferischen Tradition sind, bieten für uns hier keinen Anlaß zu besonderer odogma­ tischer Analyseo. pDaß die Quäker,p formell eine Neustiftung von George Fox und seinen Genossen, in ihren Grundgedanken lediglich Fortsetzer täuferischer Tradition warenq, ist fraglos. Die beste Einführung in ihre Geschichte, zugleich unter Veranschaulichung ihrer Beziehung zu Baptisten und Mennoniten, gibt Robert Barclay, The BS, C 151 inner life of the | religious societies of the Commonwealth, 1876.91 aZur Geschichte der Baptisten vgl. u. a.: H. M. Dexter, The true story of John Smyth, the Se-Baptist, as told by himself and his contemporaries, Boston 1881 (dazu J. C. Longb in Bapt[ist] Quart[erly] R[eview] 1883, p.  1 f.).1 J. Murch, A hist[ory] of the Presb[yterian] and Gen[eral] Bapt[ist] Ch[urch] in the W[est] of Engl[and], London 1835.2 A. H. Newman, Hist[ory] of the Bapt[ist] Ch[urches] in the U[nited] S[tates], New York 1894 (Am[erican] Church Hist[ory] Ser[ies] Vol. 2);3 Vedder, A short hist[ory] of the Baptists, London 1897;4 E. B. Bax, Rise and fall of the Anabaptists, New York 1902;5 G. Lorimer, Baptists in history, 1902;6 J. A. Seiss, Baptist system examined Luth[eran] Publ[ication] S[ociety]

i A, A1: sind,    k A, A1: resp.    l A, A1: beschränken,    m A, A1: bleiben   n–n A: Sie interessieren uns daher erst in anderem Zusammenhang. Aber   o–o A: Berücksichtigung  p–p  A, A1: Uns gehen wesentlich die Mennoniten und – besonders – die Quäker an. Daß diese,  q A, A1: sind  a–a (S.  389) Fehlt in A, A1.   b BS, C: Lang   89  Die General (oder Arminian) Baptists vertraten die allgemeine, universale Gnaden­ wahl, die Particular (oder Calvinistic) Baptists die partikulare Gnadenwahl. Letztere, die sich 1633 von den seit 1611 in England heimischen Baptisten trennten, wuchsen rasch und waren bald zahlenmäßig den General Baptists überlegen. (Vgl. Hofmann, Art. Baptisten, S.  386.) 1644 sollen die Particular Baptists bereits sieben Londoner Gemeinden und 47 innerhalb Englands gehabt haben, außerdem zahlreiche Anhän­ ger in der Parlamentsarmee; vgl. z. B. Masson, Milton III, p.  147–149. 90  Siehe oben, S.  350–352, Fn.  196. 91  Vgl. Barclay, Inner Life. 1 Vgl. Dexter, John Smyth; dazu Long, [Rez. Dexter,] John Smyth, in: The Baptist Quarterly Review V, 1883, p.  1–23. 2  Vgl. Murch, Presbyterian and General Baptist Churches. 3  Vgl. Newman, Baptist Churches. 4  Vgl. Vedder, Baptists. 5  Bax, Anabaptists, erschien 1903. 6  Lorimer, Baptists in History, hier zitiert nach: Boston 1893 (eine Ausgabe New York 1902 ließ sich nicht ermitteln).

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der Quäker256). Mit ihnen gelangen wir zu religiösen Ge|mein­schaf­ ten, deren Ethik | auf einer prinzipiell gegenüber der reformierten Lehre heterogenen Grundlage ruht. Die nachfolgende Skizze, die 1902;7 ferneres Material in Baptist Handbook, London 1896 ff.;8 Baptist Manuals, Paris 1891/3;9 der Baptist Quart[erly] Review;10 der Bibliotheca sacra (Oberlin 1900).a 11 Die beste Baptisten-Bibliothek scheint sich in Colgate College im Staat New York zu befinden.12 cFür die Quäkergeschichte gilt als beste Sammlung die in Devonshire House in London13 (von mir nicht benutzt). Das moderne offizielle Organ der Orthodoxie ist der von Prof. Jones herausgegebene „American Friend“,14 die beste Quäkergeschichte die von Rowntree.15 Im übrigen: Rufus M.d Jones, George Fox, Ane autobiography, Phil[adelphia] 1903;16 Allenf C. Thomas, A Hist[ory] of the S[ociety] of Friends in America, Phil[delphia] 1895;17 Edwardg Grubb, Social Aspects of Quaker Faith, London 1899.18 Dazu die große und sehr gute biographische Lite­ra­tur.c – 256)  Es ist eins der vielen Verdienste von Karl Müllers Kirchengeschichte, der in ihrer Art großartigen, wennschon äußerlich unscheinbaren, Täuferbewegung die ver-

a  (S.  388)–a Fehlt in A, A1.  c–c Fehlt in A, A1.  d BS, C: B.  e BS, C: an   f  BS, C: Alton  g BS, C: Eduard   7  Vgl. Seiss, Baptist system examined (1.–3. ed. erschien: Baltimore: T. N. Kurtz 1854, 1858, 1859; new ed.: Philadelphia: General Council Publication House 1907; eine für die Lutheran Publication Society gedruckte Ausgabe ließ sich nicht ermitteln). 8  Vgl. Baptist Hand-Book, 1896 ff. 9  Möglicherweise ist gemeint: Baptist Manuals, London. Von dieser Serie erschienen zwei Bände, beide 1895. (Einen der Bände – Culross, Hanserd Knollys – zitiert Weber in ders., Sekten, unten, S.  510, Fn.  19.) 10  Vgl. The Baptist Quarterly Review. 11  Vgl. Bibliotheca Sacra, 1900. 12  Über Webers Besuch der Bibliothek der Brown University in Providence, RI, um historische Literatur zum Baptismus zu suchen, vgl. das Briefzitat, oben, S.  263, Anm.  23. Die Bibliothek der Colgate University in Hamilton, NY, scheint Weber bei sei­ ner USA-Reise nicht besucht zu haben. 13 Notiert auch in: Weber, Notizen zur Quäker-Literatur, GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr.  31, Band 6, Bl. 47r: „Collection in Devonshire House in London beste Sammlung der Welt“. Die Sammlung wurde 1673 gegründet und befand sich seit 1674 in Devonshire House, Bishopsgate, London (heute in: The Library of the Religious Society of Friends in Britain, Friends House, Euston Road, London). 14  Vgl. American Friend, ed. by Rufus M. Jones (Titel und dieselbe Charakterisierung notiert in: Weber, Notizen zur Quäker-Literatur, ebd., Bl. 47r). 15  Gemeint ist: Rowntree, Quakerism („Rowntree“ notiert in: Weber, ebd.). 16  Vgl. Jones, Rufus M., George Fox I, II (Titel notiert in: Weber, ebd., Bl. 47v). 17  Vgl. Allen C. Thomas/Richard H. Thomas, History of the Society of Friends (Titel notiert in: Weber, ebd., Bl. 44v). 18  Vgl. Edward Grubb, Social Aspects. Im Titel heißt es: „[…] of the Quaker Faith“ (Titel notiert in: Weber, ebd., Bl. 44r).

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ja nur das für uns hierh Wichtige heraushebt, vermag von der Vielgestalt dieser Bewegung keinen Begriff zu geben. Wir legen natürdiente Stellung innerhalb der Darstellung eingeräumt zu haben.19 Wie keine andere hat sie unter der erbarmungslosen Verfolgung von seiten aller Kircheni gelitten, – weil sie eben Sekte im spezifischen Sinn des Worts sein wollte. Sie war durch die Katastrophe der aus ihr hervorgegangenen eschatologischen Richtung in Münster20 noch nach 5 Generationen in der ganzen Welt (England z. B.) diskreditiert.21 Und sie ist, immer wieder zerdrückt und in die Winkel gescheucht, vor allem erst lange nach ihrem Ent­ stehen zu einer zusammenhängenden Formulierung ihres religiösen Gedankengehalts gelangt. So hat sie noch weniger „Theologie“ produziert,k als mit ihren an sich dem fachmäßigen Betrieb des Glaubens an Gott als einer „Wissenschaft“ feindseligen Grundsätzen vereinbar gewesen wäre. Das berührte die ältere Fachtheologie – schon ihrer eigenen Zeitl – wenig sympathisch und imponierte ihr auch sehr wenig. Aber selbst bei manchen Neueren steht es nicht andersm. Bei Ritschl, Pietismus I S.  22 f.,n 22 z. B. sind die „Wiedertäufer“ wenig unbefangen, ja in geradezu schnöder Weise behandelt: man fühlt sich versucht, von einem theologischen „Bourgeoisstandpunkt“ zu sprechen. Dabei lag das schöne Werk von Cornelius (Geschichte des Münsterschen Aufruhrs) seit Jahrzehnten vor.23 Ritschl konstruiert auch hier überall einen Kollaps – von seinem Standpunkt aus – ins „Katholische“ und wittert direkte Einflüsse der Spiri­ tualen und Franziskaner-Observanten.24 Wären solche vereinzelt nachweisbar, so wären diese Fäden doch sehr dünn. Und vor allem ist der historische Sachverhalt doch wohl der, daß die offizielle katholische Kirche die innerweltliche Askese der Laien:o wo h A: vorläufig  i A: „Kirchen“  k Komma fehlt in BS, C.   l A, A1: Zeit,   m  A, A1: andres  n  Komma fehlt in A, A1.  o  A, A1: Laien,   19  Bei Müller, Kirchengeschichte II/1, §  207 „Die Anfänge der schwärmerischen und täuferischen Bewegung“, S.  309–320; §  209 „Entwicklung des Täufertums zu einer ei­ genen religiösen Bewegung“, S.  327–335; §  216 „Die Katastrophe des Täufertums […], bis 1536“, S.  389–404. 20  Über das Münsteraner Täufertum vgl. im Glossar: „Täufertum“, unten, S.  619; bei Müller, Kirchengeschichte II/1, S.   392–394; Cornelius, Münsterischer Aufruhr II, S.  210 ff. 21  Vgl. etwa Barclay, Inner Life, p.  12 f.: „[…] it is doubtful whether any churches or societies of purely English Baptists had a distinct consecutive existence prior to 1611“ (Zitat p.  13). 1611 kehrte Thomas Helwys nach England zurück, der zwischen 1604 und 1606 mit einer Gemeinde um John Smyth nach Holland geflohen war, wo sie mit mennonitischem Gedankengut in Berührung gekommen waren. In England gründete er die erste baptistische Gemeinde, der bald weitere folgten. Vgl. Barclay, ebd., p.  68– 73 und 76 f. 22  Weber bezieht sich auf Ritschl, Pietismus I, „Die Eigenthümlichkeit und die Ab­ stammung der Wiedertäufer“, S.  22–36. 23  Die beiden Bände von Cornelius, Münsterischer Aufruhr I und II, waren 1855 und 1860 veröffentlicht worden, während der geplante dritte Band nicht erschien. 24  Nach Ritschl, Pietismus I, S.  22–36, näherten sich die Wiedertäufer, die größten­ teils dem niederen Handwerkerstand der Städte entstammten und von den Bettelor­ den, besonders von den franziskanischen Richtungen, für das franziskanisch-asketi­ sche Ideal des Christentums gewonnen worden waren, zunächst Luther und Zwingli an, wandten sich aber alsbald wieder ab, weil sie dort eine asketisch-sittliche Reform

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lich wieder das Hauptgewicht auf die Entwicklung in den altkapitalistischen Ländern. – Der historisch und prinzipiell wichtigste immer sie es bis zur Konventikelbildung brachte, mit äußerstem Mißtrauen behandelte und in die Bahn der Ordensbildung – also aus der Weltp heraus – zu lenken suchte, oder doch geflissentlich als Askese zweiten Grades den Vollordenq angliederte und ihrer Kontrolle unterordnete. Wo dies nicht gelang, witterte sie ganz ebenso die Gefahr, daß die Pflege subjektivistischer asketischer Sittlichkeit zur Autoritätsverneinung und Häresie führe, wie dies – mit gleichem | Recht – die Kirche Elisabeths gegenüber den BS, C 152 „prophesyings“, den halbpietistischen Bibelkonventikeln, auch wo sie in bezug auf „conformism“ durchaus | korrekt waren, tatr 25 und wie es die Stuarts in ihrem Book of A, A1 63 sports – worüber später26 – zum Ausdruck brachten. Die Geschichte zahlreicher Ket­ zerbewegungen, aber auch z. B. der Humiliaten und Beghinen,27 und ebenso das Schicksal des heiligen Franz sind Belege dafür.s 28 Die Predigt der Bettelmönche, zumal der Franziskaner, hat für die asketische Laiensittlichkeit des reformiert-täuferischen Protestantismus wohl mehrfach den Boden bereiten helfen. Aber die massenhaften Züge von Verwandtschaft zwischen der Askese innerhalb des Mönchtums des Okzidentes und der asketischen Lebensführung innerhalb des Protestantismust – die geradea in unserem Zusammenhang, als höchst lehrreich, immer wieder zu betonen sein werdenb 29 – haben ihren schließlichen Grund doch darin:c daß natürlich jede auf dem Boden des biblischen Christentums stehende Askese eben notwendig gewisse wichtige gemeinsame Züge haben muß, – und weiterhin darin, daß überhaupt jede Askese irgendwelchen Bekenntnisses bestimmte probate Mittel zur „Abtötung“ des Fleisches benötigt. – Zu der folgenden Skizze ist noch zu bemerken, daß ihre Kürze dem Umstand zuzuschreiben ist, daß dfür das in dieser Abhandlung speziell zu erörternde Problem: die Entwicklung derd religiösen Grundlagen der „bürgerlichen“ Berufsidee,

p A: „Welt“  q  A, A1: Bettelorden  r  A, A1: tat,  s  A, A1: dafür. –  t  A, A1: Protestantismus,  a  A, A1: auch  b  A, A1: werden,  c  A, A1: darin,  d–d A: eben für das in diesem Kapitel zu erörternde Problem: die   des christlichen Lebens vermißten. Es handele sich also um „eine Neubelebung der Reformation des heiligen Franz“ (S.  30). 25  Elisabeth I. begann 1574, die sich seit 1571 ausbreitenden „prophesyings“ zu un­ terdrücken, und intensivierte dies 1577, obwohl die „prophesyings“, um bei Hof keinen Anstoß zu erregen, kurz zuvor reguliert worden waren. Vgl. Neal, Puritans I, p.  262–264 und 283–488. Die Besucher der Konventikel galten generell als Nonkonformisten oder Puritaner. 26  Siehe unten, S.  449–451. 27  Vgl. im Glossar: „Humiliaten“ und „Beghinen (Beginen)“, unten, S.  609 und 600. 28  Um als Bußprediger nicht den „Ketzern“ zugerechnet zu werden, pilgerte Franz von Assisi 1209 oder 1210 nach Rom, um eine päpstliche Autorisierung der sich bil­ denden Büßer-Gemeinschaft zu erlangen. Erst Jahre später wandelte sich die Bruder­ schaft zum (Bettel-)Orden. Die ursprüngliche Radikalität der Brüder ließ sich trotz Be­ mühungen ihres Gründers nicht bewahren, als sich die Bewegung zu einem Massenphänomen entwickelte. Hier nach Müller, Kirchengeschichte II/1, S.  565–567 und 607 f. 29  Siehe oben, S.  324–333, und unten, S.  410 f. und 422 f. (Arbeit als alterprobtes as­ ketisches Mittel).

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Gedanke aller dieser Gemeinschaften, dessen Tragweite für die Kulturentwicklung freilich erst in einem anderen Zusammenhang ganz deutlich werden kann, ist uns in Ansätzen bereits begegnet: die „believers’ church“257). Das heißt:e daß die religiöse Gemeinschaft, die „sichtbare Kirche“ nach dem Sprachgebrauch der Reformationskirchen258), nicht mehr aufgefaßt wurdef als eine Art Fideikommißstiftungg zu überirdischen Zwecken, eine, notwendig Gerechte und Ungerechte umfassende, Anstalt h – sei es zur Mehrung des Ruhmes Gottes (calvinistisch), sei es zur Vermittlung von Heilsgütern an die Menschen (katholisch und ilutherisch) –,i sondern ausschließlich als eine Gemeinschaft der | persönlich Gläubi­ gen | und Wiedergeborenen und nur dieser: mit anderen Worten nicht als eine „Kirche“, sondern als eine „Sekte“259). Nur dies sollte

die täuferische Ethik nur von sehr begrenzter Bedeutung kist. Sie hat ihr nichts unbedingt Neues hinzugefügt. Die weit wichtigerek soziale Seite der Bewegung wird lhier vorerst nochl beiseite gelassen. Infolge der Problemstellung kann von dem historischen Gehalt der älteren Täuferbewegung auch nur das hier zur Darstellung gelangen, was nachher auf die Eigenart der für uns im Vordergrunde stehenden Sekten: Baptisten,m Quäker und (mehr nebenher) Mennoniten, eingewirkt hat. 257)  S[iehe] oben Anmerkung 178 S.  334 f. 258)  Über dessen Ursprung und Wechsel s. A[lbrecht] Ritschl in seinen „Gesammelten Aufsätzen“ S.  69 f.30 | 259)  Natürlich haben die Täufer die Bezeichnung als „Sekte“ stets abgelehnt. Sie A, A1 64, BS, C 153 sind die Kirche im Sinne des Epheserbriefes (5, 27).31 Aber sie sind für unsere Terminologie „Sekte“ nicht nur, weil sie jeder Beziehung zum Staat entbehren. Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat in der ersten Zeit des Christentums war freilich, noch bei den Quäkern (Barclay), ihr Ideal,32 da ihnen, wie manchen Pietisten (Tersteegen),33

e A: heißt,  f  A, A1: wird  g  A, A1, BS, C: Fideikomisstiftung  h  A, A1: An­ stalt,  i–i  A, A1: lutherisch), –  k–k A: ist. – Die  l–l  A, A1: vorerst geflissentlich  m  Fehlt in A.   30  Gemeint ist: Ritschl, Begriffe: Sichtbare und unsichtbare Kirche, in: ders., Gesam­ melte Aufsätze I, S.  68–99. (Der Aufsatz im Exemplar der UB Heidelberg enthält Mar­ kierungen, u. a. lilafarbene Anstreichungen, die von Max Weber stammen könnten.) 31  Schon Menno Simons berief sich auf diese Bibelstelle; vgl. Cramer, Art. Menno Simons, S.  593. Eph 5,27 lautet [1892]: „Auf daß er sie ihm selbst darstellte eine Ge­ meine, die herrlich sei, die nicht habe einen Flecken oder Runzel oder des etwas, sondern daß sie heilig sei und unsträflich.“ 32  Dies resultiert aus Robert Barclays Kirchenbegriff, vgl. Barclay, Apology (Proposi­ tion X. „Concerning the Ministry“, p. 271–343), hier p. 271–279: Gemessen an dem Ideal der Kirche in apostolischer Zeit fielen alle späteren Kirchen ab. 33  Vgl. Ritschl, Pietismus I, S.  482 f. und 488 ff.: Tersteegen vertrete „die Ansicht, daß seitdem die Vollkommenheit des ursprünglichen Christenthums mit dem Aufhören der Verfolgungen aus der Kirche so gut wie verschwunden ist und dem Weltsinne Platz

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ja auch das an sich rein äußerliche Prinzip, ausschließlich Erwachsene, die persönlich den Glauben sich innerlich erworben und nur die Reinheit der Kirchen unter dem Kreuz unverdächtig war. Aber unter einemn ungläubigen Staat, oder gar unter dem Kreuz, mußten auch die Calvinisten, faute de mieuxo 34 – ähnlich wie im gleichen Fall selbst die katholische Kirchep – für Trennung von Staat und Kirche sein. Auch nicht deshalb sind sie eine „Sekte“, weil die Aufnahme in die Kirchenmitgliedschaft de facto durch einen Aufnahmevertrag zwischen Gemeinde und Katechumenen erfolgte. Denn das war formell z. B. auch in den niederländischen reformierten Gemeinden (als Folge der ursprünglichen politischen Lage) nach der alten Kirchenverfassung der Fall (s. darüber v. Hoffmann, Kirchenverfassungsrecht der niederl[ändischen] Reformierten, Leipzig 1902).35 – Sondern deshalb, weil qdie religiöse Gemeinschaftq überhaupt nur voluntaristisch r: als Sekte, nicht anstaltsmäßig: als Kirche,r organisiert sein durfte, sollte sie nicht Unwiedergeborene in sich schließen und also von dem altchristlichen Vorbild abweichen. Bei den täuferischen Gemeinschaften alag dasa im Begriff der „Kirche“, was bei den Reformierten als faktischer Zustand vorkam. Daß freilich auch bei diesen ganz bestimmte religiöse Motive zur „believers’ church“ drängten, wurde schon angedeutetb. cS[iehe] überd „Kirche“ und „Sekte“ nähere den folgenden Aufsatz.36 Den hier verwendeten Begriff der „Sekte“ hat etwa gleichzeitig mit und – ich nehme anf – unabhängig von mirg auch Kattenbusch in der R[eal-]E[ncyklopädie] f[ür] Pr[otestantische] Th[eologie] u. K[irche] (Art. „Sekte“) verwendet.37 Troeltsch in seinen „Soziallehren der christlichen Kirchen“ akzeptierth ihn und spricht eingehender darüber.38 S[iehe] auch unten die Einleitung in die Aufsätze über „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“.c 39

n  A, A1: einen  o  A, A1: mieux,  p  A, A1: Kirche,  q–q A: gemäß ihren gleich zu erörternden Grundsätzen die Kirche  r–r Fehlt in A.   a–a A: liegt es A1: liegt das  b In A folgt: und wird uns in seinen Folgen später noch beschäftigen c–c  Fehlt in A.   d  In A1 folgt: 〈die Begriffe〉  e A1: auch  f A1: an: –  g A1: mir –  h A1: billigt > akzeptiert   gemacht hat […]“ (Zitat S.  488). Um nicht mit Gottlosen Abendmahl feiern zu müssen, enthielt er sich dessen sein Leben lang (vgl. S.  482 f.). 34  Frz., „in Ermangelung eines Besseren“. 35 Vgl. Hoffmann, Kirchenverfassungsrecht, in §  4. „Die Mitgliedschaft“, S.  69–83, über den Erwerb der Gemeindemitgliedschaft durch Vertrag, S.  75–77. 36  Siehe Weber, Sekten, unten, S.  493–545. 37 Offensichtlich eine Verwechslung, denn der Artikel stammt nicht von Ferdinand Kattenbusch, sondern von Gustav Kawerau. Weber, „Kirchen“ und „Sekten“, und Ka­ werau, Art. Sektenwesen in Deutschland, waren beide im Frühjahr 1906 erschienen: Das Erscheinen der Faszikel der RE3, 18.  Band, die Kaweraus Artikel (S.  157–166) enthalten, wurde im „Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel“ am 21. April (73. Jg., Nr.  91, S.  4014: RE3, 18.  Band, S.  1–160) und 12. Juni 1906 (73. Jg., Nr.  133, S.  5812: RE3, 18.  Band, S.  161–320) angezeigt; Weber, „Kirchen“ und „Sekten“, wurde am 13. und 15. April in der FZ und überarbeitet am 14. und 21. Juni 1906 in der „Christlichen Welt“ veröffentlicht; vgl. den Editorischen Bericht, MWG I/9, S.  432. 38  Die Ausführungen zum Sektenbegriff in: Troeltsch, Soziallehren, S.  358–426, mit Be­ zug auf Weber, „Kirchen“ und „Sekten“, ebd., S.  364, Anm.  164 (KGA 9). 39  Zum Sektenbegriff siehe Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  111–116.

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bekannt haben, zu taufen, symbolisieren260). Die „Rechtfertigung“ durch diesen Glauben wari nun bei den Täufern, wie sie bei allen Religionsgesprächen beharrlich wiederholt haben, radikal verschieden von dem Gedanken einer „forensischen“ Zurechnung des Verdienstes Christi, wie er die orthodoxe Dogmatik des alten Protestantismus beherrschtek 261). Sie bestandl vielmehr in der innerli­ chen Aneignung seines Erlösungswerkes. Diese aber erfolgtem durch individuelle nOffenbarung: durchn die Wirkung des göttlichen Geistes im einzelnen, und nur durch | diese. Sie wurdeo jedem angeboten, und es genügtep, auf den Geist zu harren und nicht durch sündliches Kleben an der Welt seinem Kommen zu widerstreben. Die Be|deutung des Glaubens im Sinn der Kenntnis der Kirchenlehre, ebenso aber auch im Sinn bußfertigen Ergreifens der göttlichen Gnade, trat demgegenüber folglichq ganz zurück,r und es fand eine – natürlich stark umbildende – Renaissance urchristlicher pneumatisch-religiöser Gedanken statt. Die Sekte sz. B.s, wel260)  Wie wichtig das Symbol geschichtlich für die Konservierung der Gemeinschaft der Kirchen war, – weil es für diese ein unzweideutiges und unverkennbares Merkmal schuf –, hat Cornelius a. a. O. sehr klar ausgeführt.40 261) Gewisse Annäherungen daran in der Rechtfertigungslehre der Mennoniten können hier außer Betracht bleiben.41 |

i  A, A1: ist  k  A, A1: beherrscht  l  A, A1: besteht  m  A, A1: erfolgt  n–n A: Offenbarung,  o  A, A1: wird  p  A, A1: genügt  q  A, A1: natürlich  r Kom­ ma fehlt in BS, C.   s–s  Fehlt in A.   40  Vgl. etwa Cornelius, Münsterischer Aufruhr II, S.  28: „In der That war die Behaup­ tung von der Nothwendigkeit der Wiedertaufe unter allen Lehren eines biblischen Ra­ dicalismus die radicalste: sie sprach der gesammten Christenheit die Christlichkeit ab und zerschnitt das letzte Band mit Vergangenheit und Gegenwart. Durch die wirkliche Einführung der Wiedertaufe wurde darum nicht bloß eine Kirche begründet und abge­ grenzt, sondern die tief innerliche Sonderung ihrer Glieder von allem, was nicht zu ihrer Gemeinschaft gehörte, zur höchsten Vollkommenheit erhoben.“ 41  Vgl. etwa auch Ritschl, Rechtfertigung und Versöhnung I, S.  317: „Hingegen die Partei der Taufgesinnten (Mennoniten) […] verbindet mit der Aufgabe, eine Gemeinde activ Heiliger herzustellen, die Anerkennung des reformatorischen Grundsatzes von der Rechtfertigung durch Christi vollkommenen Gehorsam als dem einzigen Grunde des Heiles, zu welchem sich die Werke nur als nothwendige Folgen des Glaubens verhalten.“ – Zur Ablehnung der Lehre von der stellvertretenden Genugtuung bei den Quäkern vgl. Ritschl, ebd.: „Gott hat doch nicht Christus den Sündern gleich gerech­ net, […] Christi Tod bietet deshalb die Versöhnung nur an, ist nur Vorbild und Symbol derjenigen wahren Erlösung und Veränderung, welche Christi Geist, das göttliche Licht dem Menschen innerlich abringt. Diese ist auch die reale Justification […]“. (Zur forensischen Deutung des Rechtfertigungsaktes vgl. oben, S.  343, Fn.  190, Anm.  86.)

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cher Menno Simons in seinem Fondamentboek (1539) als erster eine leidlich geschlossene Lehre schuf,42 wollte ebenso wie die anderen täuferischen Sekten die wahre unsträfliche Kirche Christi sein:t wie die Urgemeinde ausschließlich aus persönlich von Gott Erweckten und Berufenen bestehend. Die Wiedergeborenen und nur sie sind Christi Brüder, weil, wie er, von Gott geistig direkt gezeugt262). Strenge Meidung der „Welt“, d. h. alles nicht unbedingt 262)  Auf diesem Gedanken beruht vielleicht das religiöse Interesse an den Erörte- A, A 65, 1 rungen der Fragen, wie die Inkarnation Christi und seine Beziehung zur Jungfrau Ma- BS, C 154 43 ria zu denken sei, welche, oft als einziger rein dogmatischer Bestandteil, sich so seltsam schon in den ältesten Dokumenten der Täufer (z. B. den bei Cornelius, Appendix zu Band II,a a. a. O. abgedruckten „Bekenntnissen“)44 ausnehmenb (s. darüber u. a. K[arl] Müller, K[irchen-]G[eschichte] II, 1, S.  330).45 Der Differenz in der Christologie der Reformierten und der Lutheraner (in der Lehre von der sog. communicatio idiomatum) lagen ja ähnliche religiöse Interessen zugrunde.46

t  A, A1: sein,  a  Komma fehlt in A, A1.  b  A, A1, BS, C: ausnimmt   42  Mit Kurztitel und Inhaltsangabe nach Cramer, Art. Menno Simons, S.  590. Gemeint ist: Menno Simons, Dat fundament des Christelycken leers (Erstdruck 1539/40). 43  Nach Cramer, Art. Menno Simons, war die Frage der Menschwerdung Christi „die einzige dogmatische Streitfrage“ (S.  591), in die Menno Simons verwickelt wurde. Menno folge dabei den Hoffmannschen Brüdern (vgl. die folgende Anm.); Christus sei von Gott allein erzeugt; „denn nichts Irdisches vermag auch nur das geringste zu un­ serem Heile beizutragen, und in seiner irdischen Erscheinung [war er] nichts als Mensch, in welchem [sic!] das Wort verwandelt worden war. Lehrte die Kirche, wir seien Christi Brüder dem Fleische nach, weil er unser Fleisch angenommen, so lehrte dagegen M[enno], nur die Wiedergeborenen seien Christi Brüder, und dies nur aus dem Grunde, weil sie als solche gleich ihm von Gott gezeugt sind“ (S.  591 f.). Vgl. auch Cramer, Art. Mennoniten, S.  607 f. 44  Laut Cornelius, Münsterischer Aufruhr II, S.  279–282, heißt es in den „Nikolsburger Artikeln“ von 1527 und 1528: „Die junckfraw Maria sei nicht ein mutter Gottes, si sei allein ein mutter Christi. Cristus [sic, Ed.] sei nit Got, sunder ein prophet […]“ (S.  280). Dieselben Sätze finden sich nach Cornelius bei den „Augsburger neuen Christen“ und wurden öfters gedruckt (vgl. S.  281). – Melchior Hoffmann (auch: Hofmann), eine füh­ rende Gestalt im Täufertum, bekennt (ebd., S.  285): „Wahrhaftige zeucknus gegen die nachtwechter und sternen, das der dot mensch Jesus Christus am kreutz und im grab nit ein angenomen fleisch und blut aus Maria sei, sunder allein das ware und ewige wort und der unendliche sun des Allerhöchsten.“ 45  Müller, Kirchengeschichte II/1, S.  330: „Eine Theologie hat das Täufertum nie be­ sessen, nur einzelne wenige Theologen; alles erschöpft sich in den praktischen Auf­ gaben. […] Sie fordern den innern Christus und sein heiligendes Werk in uns. […] Sie legen allen Nachdruck auf das innere Wort und den Geist […]“. 46  Die Lehre von der communicatio idiomatum („Austausch der Eigenschaften“) setzt eine göttliche und menschliche Natur Christi in seiner Person voraus, deren Eigen­ schaften wechselseitig ausgetauscht oder mitgeteilt werden, so daß die göttliche Na­ tur Anteil an den Eigenschaften der menschlichen hat und umgekehrt. Während die Reformierten göttliche und menschliche Natur streng scheiden, kann Luther mit Hilfe

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nötigen Verkehrs mit den Weltleuten, in Verbindung mit striktester Bibliokratie im Sinn der Vorbildlichkeit des Lebens der ersten Christengeneration ergaben sich daraus für die ersten Täufergemeinschaften, und dieser Grundsatz der Weltmeidung ist, solange der alte Geist lebendig blieb, nie ganz verschwunden263). Als bleibenden Besitz nahmen die täuferischen Sekten aus diesen ihre Anfänge beherrschenden Motiven jenes Prinzip mit, welches wir – etwas anders begründet – schon beim Calvinismus kennen lernten und dessen fundamentale Wichtigkeit immer wieder hervortreten wird: die unbedingte Verwerfung aller „Kreaturvergötterung“ als einer Entwertung der Gott allein geschuldeten Ehrfurcht264).47 263)  Er drücktec sich namentlich in der ursprünglich strengen Meidung der Exkommuniziertend auch im bürgerlichen Verkehr aus,48 – ein Punkt, in welchem selbst die Calvinisten der Auffassung, daß die bürgerlichen Verhältnisse grundsätzlich von den geistlichen Zensuren nicht berührt werden, starkee Konzessionen machten. fS[iehe] den folgenden Aufsatz.f 49 264)  Wie sich dieser Grundsatz in den scheinbarg unwichtigen Äußerlichkeiten bei den Quäkern äußerte (Ablehnung des Hutabnehmens, Knieensh, Sich-Verbeugens und BS, C 155 ebenso der Pluralanredei)[,] ist bekannt.50 Aber der Grund|gedanke ist an sich jeder Askese in gewissemj Umfang eigen, die deshalb in ihrer genuinen Gestalt stets „autoriA, A1 66 tätsfeindlich“ ist. Im Calvinismus äußerte er sich in dem Prinzip, | daß in der Kirche nur Christus herrschen solle. Was denk Pietismus anlangt, so denke man an Speners Mühe, die Titulaturen biblisch zu rechtfertigen.51 – Die katholische Askese hat diesen Zug,

c A, A1: drückt  d A: Exkomunizierten  e Fehlt in A, A1.  f–f  A: Darüber später.  Fehlt in A1.  g  A, A1, BS, C: scheinbaren  h  A, A1: Knieens  i  A, A1, BS, C: Pluralaranrede  j  A, A1: gewissen  k  A, A1: der   dieser Lehre von einer rea­len Gemeinschaft der beiden Naturen sprechen: „Gott war ganz und gar Mensch geworden […]. Alles Tun und Leiden des Menschen ist auch Gottes Tun und Leiden […].“ Seeberg, Dogmengeschichte II, S.  311. 47  Siehe oben, S.  288–291, Fn.  116. 48  Menno Simons lehrt in einer Schrift von 1550 („Klaer bericht van de Excommunica­ tie“), die Meidung Gebannter beziehe sich auch auf gebannte Ehegatten („Ehemei­ dung“). Dies bedeute aber nicht Eheauflösung; das Gewissen solle man diesbezüg­ lich nicht beschweren. Vgl. Cramer, Art. Menno Simons, S.  593. 49  Siehe Weber, Sekten, unten, S.  493–545, bes. S.  529–532 mit Fußnoten. 50 Beschrieben von Barclay, Apology (Proposition XV. „Concerning Salvations and Recreations“, p.  512–571), hier p.  519–532. 51  Weber bezieht sich auf Spener, Theologische Bedenken I (1. Cap., Sectio LXVI. e „Von tituln. […] von Qua ckern. Von der widergeburt. Von der vollkommenheit […]“, S.  302–313), bes. S.  302 f. „Der ort Joh. 5/44. kan auch gegen die titul selbs nicht an­ e ders gefu hret werden/ als so fern jemand eigentlich ehre darinnen suchet […]. Daher e halte ich die titul als mittelding/ deren gebrauch gut/ der mißbrauch aber […] stra flich ist.“ (Zitat S.  303.) – Im Exemplar der UB Heidelberg unterstrich Weber „mittelding“ und markierte die Zeile am Rand.

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Die | biblische Lebensführung war | bei der ersten schweizerischoberdeutschen Täufergeneration ähnlich radikal gedacht, wie ursprünglich beim heiligen Franz: als ein schroffer Bruch mit aller Weltfreude und ein Leben strikt nach dem Vorbild der Apostel. Und wirklich erinnert das Leben vieler ihrer ersten Vertreter an dasjenige des heiligen Aegidius.52 Aber diese strikteste Bibelobservanz265) stand gegenüber dem pneumatischen Charakter der Religiosität auf nicht allzu festen Füßen. Was Gott den Propheten und Aposteln offenbart lhatte, warl ja nicht alles, was er offenbaren mkonnte und wolltem. Im Gegenteil: die Fortdauer des Worts, nicht als einer geschriebenen Urkunde, sondern als einer im täglichen Leben der Gläubigen wirkenden Kraft des Heiligen Geistes, der direkt zu dem einzelnen, der ihn hören will, spricht, warn – wie schon Schwenckfeld gegen Luther und später Fox gegen die Presbyterianer lehrte53 – nach dem Zeugnis der Urgemeinden das alleinige Kennzeichen der wahren Kirche. Es hat sich aus diesem Gesoweit die kirchliche Obrigkeit in Betracht kommt, durch das Gehorsamsgelübde gebrochen, indem sie den Gehorsam selbst asketisch deutete. Jene „Umstülpung“ dieses Prinzips in der protestantischen Askese ist die historische Grundlage der Eigenart noch der heutigen Demokratie puritanisch beeinflußter Völker und ihres Unterschiedes von derjenigen des „lateinischen Geistes“. Sie ist es auch, welche jener „Respektlosigkeit“ der Amerikaner historisch zugrunde liegt,54 die – je nachdem – den einen abstoßend, den andern erfrischend berührt. 265)  Freilich galt diese bei den Täufern von Anfang an wesentlich nur dem Neueno, nicht in gleicher Weise dem Altenp Testament. Speziell die Bergpredigt55 erfreuteq sich bei allen Denominationen einer spezifischen Schätzung als sozialethisches Programm.

l–l A: hat, ist  m–m A: kann und will  n  A, A1: ist  o  A, A1: neuen  p A, A1: alten  q  A, A1: erfreut   52  Aegidius stammte der Legende nach aus einer vornehmen griechischen Familie („ex Graecia, unde oriundus ex regia stirpe erat“, ActaSS 9,1, p.  290), lebte ab Anfang des 8. Jahrhunderts als Eremit in der Provence und gründete später ein Kloster (SaintGilles). Ähnlich später Franz von Assisi, vgl. oben, S.  139 mit Anm.  59. 53 Nach Barclay, Inner Life, p.  221–252. (Kaspar von Schwenkfeld war Spiritualist, George Fox war Quäker.) 54  Vgl. auch Bryce, American Commonwealth II, Chapter CV: „Equality“, p.  615–626, der dasselbe Phänomen beobachtete und u. a. mit der „equality of estimation“ (p.  615) einer jeden Person begründet: „There is no rank in America, that is to say, no external and recognized stamp, marking one man as entitled to any social privileges, or to deference and respect from others“ (p.  618); ähnlich Münsterberg, Hugo, Die Ameri­ kaner, Band  1, 1.–3.  Aufl. – Berlin: Ernst Siegfried Mittler und Sohn 1904, S.  84. 55  Die Bergpredigt: Mt 5–7.

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danken der fortdauernden Offenbarung die bekannte, später bei den Quäkern konsequent entwickelte Lehre von der in letzter Instanz entscheidenden Bedeutung des innerlichen Zeugnisses des Geistes in Vernunft und Gewissen ergeben.56 Damit war nicht die Geltung, wohl aber die Alleinherrschaftr der Bibel beseitigt und zugleich eine Entwicklung eingeleitet, welche mit allens Resten der kirchlichen Heilslehre, schließlich, bei den Quäkern, auch mit Taufe und Abendmahl, radikal aufräumte266). tDie täuferischen Denominationen voll|zogena, neben den Prädestinatianern, vor allem den strengen Calvinisten, die radikalste Entwertung aller Sakramente als Heilsmittel und führten so die religiöse „Entzauberung“ der Welt in bihren letzten Konsequenzenb durch.t 57 | Nur das „innere Licht“ cder fortdauernden Offenbarungc befähigted überhaupt zum wahren Verständnis auch der biblischen Offenbarungen Gottes267).

266)  Schon Schwenckfeld hatte die äußere Verrichtung der Sakramente für ein AdiaBS, C 156 phoron gehalten, während die „General Baptists“ und die Mennoniten | an Taufe und Abendmahl, edie Mennoniten danebene an der Fußwaschung, strikt festhielten.58 fSehr stark war aber die Entwertung, ja man kann für alle mit Ausnahme des Abendmahls geradezu sagen: – die Verdächtigkeit, der Sakramente wie bei den Prädestinatianern. S[iehe] den folgenden Aufsatz.f 59 | 267)  Hierfür beriefeng sich die täuferischen Denominationen, speziell die Quäker A, A1 67 (Barclay, Apology for the true Christian Divinity, 4.  Aufl. London 1701h – mir durch Ed[uard] Bernsteins Liebenswürdigkeit zur Verfügung gestellti),60 auf Calvins Äuße-

r A: Alleinherrschaft  s In A folgt: äußeren und magischen  t–t Fehlt in A.   a A1: waren* > vollzogen  b–b A1: ihre letzte Konsequenz  c–c Fehlt in A.   d A, A1: befähigt  e–e A, A1: daneben die Mennoniten  f–f Fehlt in A, A1.   g  A, A1: berufen  h  A, A1: 1701,  i  A, A1: gestellt –   56  Vgl. unten, S.  398 f. mit Fn.  267. 57  Zu diesem Prozeß vgl. auch Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  113–115. 58  Vgl. zu Schwenckfelds religiös-neutraler Haltung in dieser Hinsicht Barclay, Inner Life, p.  235 f. – Barclay betont das strikte Festhalten an Taufe und Abendmahl bei den genannten Täufergemeinschaften (vgl. p.  222 und p.  83), erwähnt allerdings auch, daß die General Baptists oftmals, zusammen mit dem Abendmahl, die Fußwaschung hiel­ ten (vgl. p.  222), welche die niederländischen Waterlander Mennonites als „command of the Lord“ erachteten (vgl. p.  83). 59 Siehe Weber, Sekten, unten, S.  493–545, darin über die Entwertung der Taufe S.  515, Fn.  24 (nach der Auffassung Abraham Kuypers), oder S.  523 und 524 mit Fn.  24 (in Amsterdam und Neuengland). 60  Von Barclay, Apology, 4. Auflage, existieren Exzerpte, die Max Weber sich ange­ fertigt hat. Sie befinden sich in: GStA PK Berlin, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr.  31, Band  6,

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Seine Wirkung konntej sich andererseits, wenigstens nach der Lehre der Quäker, welche hier die vollek Konsequenz zogen, erstrecken auf Menschen, die niemals die biblische Form der Offenbarung kennengelernt hatten. Der Satz: „extra ecclesiam nulla salus“61 galtl nur für diese unsichtbare Kirche der vom Geist Erleuchteten.62 Ohne das innere Licht bliebm der natürliche, auch der von rung in der Inst[itutio] Christ[ianae] Rel[igionis]n III, 2,o wo sich in der Tat ganz unverkennbare Annäherungen an die täuferische Lehre finden.63 Auch die ältere Unterschei­ dung der Dignität des „Wortes Gottes“ – als dessen, was Gott den Patriarchen, Propheten, Aposteln geoffenbart hat – und der „Heiligenp Schrift“ als dessen, was sie davon aufgezeichnet haben, berührte sich, wohl ohne daß ein geschichtlicher Zusammenhang stattfände, doch innerlich mit der Auffassung der Täufer vom Wesen der Offenbarung.64 Die mechanische Inspirationslehre und damit die strikte Bibliokratie bei den Calvinisten warq ebenso erst Produkt einer im Lauf des 16. Jahrhunderts eingetretenen Entwicklung in der einen Richtung, wie die Lehre vom „inneren Licht“ in der auf täuferischer Grundlage ruhendenr Lehre der Quäker das Resultat einer gerade entgegengesetzt verlaufenden Entwicklung war. Die scharfe Scheidung war hier zum Teil wohl auch Folge konstanter Auseinandersetzung.

j  A, A1: kann  k  A, A1: letzte  l  A, A1: gilt  m  A, A1: bleibt  n  A, A1, BS, C: Theol.  o  Komma fehlt in A, A1.  p  A, A1: „heiligen  q  A, A1: ist  r  A, A1: ruhender   Bl.  28–42 (hinfort: Weber, Exzerpt). Vgl. dazu den Editorischen Bericht zu Weber, Pro­ testantische Ethik II, MWG I/9, S.  240; hier oben, S.  91 f. mit Anm.  53. 61  „Außerhalb der Kirche kein Heil“, vgl. auch im Glossar, unten, S.  605. 62  In einem Exzerpt zu Barclay, Apology (Proposition X. „Concerning the Ministry“, p.  271–343), hier p.  271–275, notiert Weber: „Unsichtbare Kirche: Die eine kathol[ische] Kirche umfaßt alle (ob Christen oder nicht), welche das innere Licht haben […], 〈welche〉 Rechtschaffenheit lieben u. so durch die verborgene Berührung des heiligen Lichts in ihren Seelen im 〈Geheimen〉 Verborgnen mit Gott vereint sind. Außer­ halb dieser Kirche ist allerdings kein Heil (aber sie umfaßt Türken u. Heiden). Die sichtbare Kirche ist e[ine] Versammlung v[on] 〈Mit-〉Gliedern der unsichtbaren K[irche], welche auch äußerlich bekennen, Christen zu sein.“ Webers Zusammenfassung: „Also hier die unsichtbare Kirche größer als die sichtbare.“ Weber, Exzerpt, Bl.  35r. 63  Aus Calvin, Inst. III,2, wird Abschnitt 39 über „the Spirit’s In-dwelling in us“ vollstän­ dig (engl.) zitiert von: Barclay, Apology (Proposition II. „Of Immediate Revelation“, p.  18–67), hier p.  44–46. Weber notiert die Calvin-Stelle (Inst. III,2) „für den ‚Spirit‘“ (Weber, Exzerpt, Bl.  39). 64  Zur Lehre vom „inneren Licht“ und zum Schriftverständnis der Quäker vgl. Weber, Exzerpt, Bl.  32r, 32v, 39, 40v, 41r und 41v (zu Barclay, Apology, Proposition II. „Of Im­ mediate Revelation“, p.  18–67, und III. „Concerning the Scriptures“, p.  67–94). Der Vorrang der Geistoffenbarung zeigt sich etwa in Webers Zusammenfassung: „Certitudo salutis nur in der inneren Stimme, nie d[urch] die Schrift oder das eigne ‚Herz‘ zu erlangen. Nur Gott giebt sie. Was gegen die Schrift ist, kann nicht richtig sein[.] Aber die Schrift allein genügt nicht“ (Bl.  32r mit Bezug auf Barclay, Apology, p.  77 f.).

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der natürlichen Vernunft geleitete268), | Mensch rein krea­tür|liches Wesen, dessens Gottferne die Täufer, auch die Quäker, fastt noch schroffer empfandenu als der Calvinismus. Die Wiedergeburt andererseits, welche der Geist, wenn wir auf ihn harren und uns ihm innerlich hingeben, herbeiführt, kann, weil gottgewirkt, zu einem

268)  Dies wurdea scharf gegen gewisse Tendenzen der Sozinianer betont. Die „natürliche“ Vernunft weiß gar nichts von Gott (Barclay a. a. O. p.  102).65 Damit warb die Stellung, welche die „lex naturae“ sonst im Protestantismus einnimmt, wiederum verschoben.66 Es konntec prinzipiell keine „general rules“, keinen Moralkodex geben, denn den „Beruf“, den jeder hat, und der für jeden ein individueller ist, dzeigte ihmd Gott durch das Gewissen. Nicht „das Gute“ – im generalisierenden Begriffe der „natürlichen“ Vernunft –,e sondern Gottes Willen sollen wir tun, wie er uns im neuen Bund in die Herzen geschrieben ist und im Gewissen sich äußert (Barclay p.  73 f., 76).67 Diese – aus der gesteigerten Gegensätzlichkeit des Göttlichen und Kreatürlichen folgende – Irrationalität des Sittlichen spricht sich in den für die Quäkerethik grundlegenden Sätzen aus: what a man does contrary to his faith, though his faith may be wrong, is no ways acceptable to God … though the thing might have been lawful to another (Barclay BS, C 157 p.  487).68 Sie war in der Praxis natürlich nicht festzuhalten. Die „moral | and perpetual statutes acknowledged by all Christians“ sind z. B. bei Barclay sogar die Schranke der Toleranz.69 Praktisch haben die Zeitgenossen ihre Ethik als – mit einigen Besonderheiten – derjenigen der reformierten Pietisten gleichartig empfunden. „Alles Gute in der Kirche werde als Quäkertum verdächtigt“, hebt Spener wiederholt hervor. Sp[ener]

s  In A, A1 folgt: völlige  t  Fehlt in A, A1.  u  A, A1: empfanden,  a  A, A1: wird   b  A, A1: ist  c  A, A1: kann  d–d  A, A1: zeigt uns  e  Komma fehlt in A, A1.   65  „Die bloß natürliche Vernunft kann gar nichts von Gott wissen“, notiert Weber, Ex­ zerpt, Bl.  32r,  zu Barclay, Apology (Proposition IV. „Concerning the Condition of Man in the Fall“, p.  94–108), p.  102. Die Sozinianer lehnten ab, was der vernunftmäßig zu deutenden Offenbarung widersprach (vgl. auch das Glossar, unten, S.  618). Gegen ihren Rationalismus setzt Barclay die erleuchtete Vernunft: „as the things of a Man cannot be known, but by the spirit of a Man; so the things of God, no Man knoweth, but by the Spirit of God“. Paulus sage in 1 Kor 2,11 nicht, „that they [Men] are Rationally, but Spiritually discerned “ (Barclay, Apology, p.  102). 66  Zu „lex naturae“ vgl. oben, S.  226 f., Fn.  57 mit Anm.  8. 67  Diese Sätze, die auf Barclay, Apology (Proposition III. „Concerning the Scriptures“, p.  67–94), p.  73 f. und 76, beruhen, finden sich nahezu wörtlich schon als Notizen im Exzerpt Webers, Bl.  32v. Sie sind überschrieben: „Antibibliokratie der Quäker“. 68  Weber zitiert (inkl. der Auslassung) nach seinem Exzerpt, Bl.  29r: Barclay, Apology (Proposition XIV. „Concerning the Power of Civil Magistrate […]“, p.  486–512), p.  487, und ergänzt im Zitat „may“. Das Gemeinte ist bei Barclay durch den Bezug auf Röm 14,23 („some kind of Meats“) veranschaulicht: In Webers Auslassung wäre nach Barclay zu ergänzen: „Whatsoever is not of Faith, is sin; and he that doubteth, is damned, if he eat “ (d. h. wenn jüdisch lebende Christen gegen ihre Überzeugung nichtgeschächtetes Fleisch essen, das sie, anders als ihre Tischgenossen, als „un­ rein“ erachten). 69 Zitat: Barclay, Apology (Proposition XIV, wie oben, Anm.  68), p.  488 (dort: „[…] generally acknowledged by all Christians“); bei Weber, Exzerpt, Bl.  29r.

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Zustand so völliger Überwindung der Macht der Sünde führen269), daß Rückfälle oder gar der Verlust des Gnadenstandes faktisch unmöglich werden, obwohl, wie später im Methodismus, die Erreichung jenes Zustandes nicht als die Regel, der Grad der Vollkommenheit des einzelnen vielmehr als der Entwicklung unterworfen fgalt. Allef täuferischen Gemeinschaften wollteng aber „reine“ Gemeinden im Sinn des tadellosen Wandels ihrer Mitglieder sein. Die innere Abscheidung von der Welt und ihren Interessen und die unbedingte Unterstellung unter die Herrschaft des im Gewissen zu uns redenden Gottes warh auch allein untrügliches Merkmal wirklicher Wiedergeburt und der dementsprechende Wandel also Erfordernis der Seligkeit. Sie konntei nicht verdient werden, sondern wark Gnadengeschenk Gottes, aber nur der nach seinem möchte daher die Quäker um diesen Ruf beneiden. Cons[ilia]l Theol[ogica] III, | 6, 1, A, A1 68 Dist. 2 (Nr.m  64).70 – Die Ablehnung des Eides wegen eines Bibelworts zeigt schon, wie wenig weit die wirkliche Emanzipation vom Schriftwort ging.71 Die sozialethische Bedeutung des von manchen Quäkern als Inbegriff der ganzen christlichen Ethik angesehenen Satzes: „Tut anderen nur, was ihr wollt, daß sie euch tun“ nhat uns hier nicht zun beschäftigen.72 269)  Die Notwendigkeit der Annahme dieser Möglichkeit begründet Barclay damit, weil ohne sie „there should never be a place known by the Saints wherein they might be free of doubting and despair, which … is most absurd“. Man sieht: die certitudo salutis hängt daran. So Barclay a. a. O. p.  269o.73 | f–f  A, A1: gilt: alle  g  A, A1: wollen  h  A, A1: ist  i  A, A1: kann  k  A, A1: ist   l  A, A1, BS, C: Cas.  m  A, A1, BS, C: N.  n–n A: – wird uns später A1: – hat uns hier nicht  o  A, A1, BS, C: 20   70  Spener, Consilia theologica III, Cap. VI, Artic. I, Distinct. II, Sectio LXIV, überschrie­ ben: „Quackerismi mox suspecta, quae sunt bona“. Darin heißt es: „Ego saepe Quackeris illum invideo honorem, quod quicquid vel boni non apud omnes obvii, spe­ ciem habet communionis, cum ipsis arguitur, ac si soli illi essent, quibus vita ex praescripto Domini esset propria“ (p.  299). Vgl. auch ders., Theologische Bedenken I, S.  304, und dass. III, S.  766. 71  Vgl. Barclay, Apology, p.  542–556, der sich hierzu auf Mt 5,33 f. und Jak 5,12 (vgl. p.  542) bezieht. 72  Gemeint ist die „goldene Regel“ (im Neuen Testament: Mt 7,12; Lk 6,31); bei Barc­ lay, Apology, p.  8, notiert von Weber, Exzerpt, Bl.  41r. 73  Das Zitat bei Barclay, Apology (Proposition IX. „Concerning Perseverance, and the Possibility of falling from Grace“, p.  263–270), hier p.  269: „It appears such a Condition is attainable […]. And since, where assurance is wanting, there is still a place left for doubtings and despairs; if we would affirm it never attainable, then should there never be a place known by the Saints in this World, wherein they might be free of doubting and despair: Which as it is most absurd in it self […].“ Das im Text wiedergegebene Zitat (mit Auslassung) samt der Feststellung: „Die Möglichkeit, nicht zu sündigen, wird behauptet“, hatte Weber, Exzerpt, Bl.  37r, festgehalten.

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Gewissen Lebende durftep sich als wiedergeboren ansehen. Die „guten Werke“ in diesem Sinn warenq „causa sine qua non“.74 rMan sieht:r diese letzteren Gedankenreihen Barclays, an den wir uns gehalten haben, kamens der reformierten Lehre praktisch doch wieder gleich und warena sicherlich entwickelt nochb unter dem Einfluß der calvinistischen Askese, welche die täuferischen Sekten in England und den Niederlanden vorfanden und deren ernstliche und innerliche Aneignung zu predigen die ganze erste Zeit der Missionstätigkeit von G[eorge] Fox75 ausfüllte. | Psychologisch ruhtec aber – da die Prädestination verworfen wurded – der spezifisch methodische Charakter der täuferischen Sittlichkeit vor allem auf dem Gedanken des „Harrens“ auf die Wirkung des Geistes, welcher noch heute dem quäkerischen „meeting“ seinen Charakter aufprägt und von Barclay schön analysiert | ist: Zweck dieses schweigenden Harrens ist die Überwindung des Triebhaften und Irrationalen, der Leidenschaften und Subjektivitäten des „natürlichen“ Menschen: er soll schweigen, um so jene tiefe Stille in der Seele zu schaffen, in welcher allein Gott zu Worte kommen kann.76 Freilich konntee die Wirkung dieses „Harrens“ in fhysterische Zuständef, Prophetie und, solange eschatologische Hoffnungen bestanden, unter Umständen selbst in einen Ausbruch von enthusiastischem Chiliasmusg ausmünden, wie dies hbei allen ähnlich p  A, A1: darf  q  A, A1: sind  r–r  A, A1: Man, sieht,  s  A, A1: kommen  a A: ist A1: sind  b  Fehlt in A; A1: mit  c  A, A1: ruht  d  A, A1: wird  e A: kann f–f A: hysterischen Zuständen  g A: Reformeifer  h–h (S.  403) Fehlt in A; A1: bei allen […] möglich 〈war〉 und   74  Im Hintergrund mag Barclay, Apology (Proposition VII. „Concerning Justification“, p.  196–241), hier p.  207, stehen. Weber zitiert und notiert im Exzerpt, Bl.  37v: „.  .  . yet can we not .  .  . exclude works from justification: for, though properly we be not justified 〈by〉 for them, yet are we justified in them and they are necessary even as causa sine qua non“. Er schließt daran mit Bezug auf Barclay, ebd., an: „Die guten Werke, die zum Zweck der Erfüllung des outward law gethan werden, sind freilich ‚defiled and pollut­ ed‘, auch die besten, aber […] die als 〈natürliche〉 unvermeidliche Folge der Spiritual Birth gethanen sind heilig u. Gott rechtfertigt uns ‚in them‘ und ‚rewards us for them‘.“ 75  Über den „heilige[n] Ernst der Ethik“ in den Predigten von George Fox, in denen er dazu auffordert, das äußere Leben immer mehr zum Spiegel des „inneren Lichts“ wer­ den zu lassen, berichtet z. B. Weingarten, Revolutionskirchen Englands, S.  212 (im Kontext des Wanderlebens von Fox nach seiner Erfahrung des „inneren Lichts Christi“ 1648 und vor der ersten Organisation der Quäker). 76  Weber spricht von dem „silent meeting“ der Quäker, wie es Barclay, Apology, in Proposition XI. „Concerning Worship“, p.  343–409, beschreibt; Notizen hierzu in We­ ber, Exzerpt, Bl.  38r.

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fundamentierten Arten von Frömmigkeit möglich ist undh bei der in Münster vernichteten Richtung itatsächlich eintrati.77 Aber mit dem Einströmen des Täufertums in das normale weltliche Berufsleben bedeutete kder Gedanke:k daß Gott nur redet, wo die Kreatur schweigt, offenbar eine Erziehung zur ruhigen Erwägung des Handelns und zu dessen Orientierung an sorgsamer individueller Gewis­ senserforschung270). Diesen ruhigen, nüchternen, hervorragend gewissenhaften Charakter hat denn auch die Lebenspraxis der späteren täuferischen Gemeinschaften, in ganz spezifischem Maße die der Quäker, sich zu eigen gemacht. lDie radikale Entzauberung der Welt ließm einen anderen Weg als die innerweltliche Askese ninnerlich nicht zu. Für Gemeinschaften, welche mit den politischen Gewalten und ihrem Tun nichts zu schaffen haben wollten, folgte daraus auch äußerlichn das Einströmen dieser asketischen Tugenden inl die Berufsarbeit. Während die Führer der ältesten Täuferbewegung in ihrer Weltabgewandtheit rücksichtslos radikal gewesen waren, war natürlich doch schon in der ersten Generation die strikt apostolische Lebensführung nicht unbedingt bei allen als erforderlich für den Erweis der Wiedergeburt festgehalten worden. Schon | dieser Generation gehörten wohlhabende bürgerliche Elemente an, und schon vor Menno, der durchaus auf dem Boden der

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270)  Es bleibt also eine Differenz in der Tonart zwischen der calvinistischen und der A, A 69, 1 quäkerischen Rationalisierung des Lebens bestehen. Aber wenn Baxter dieseo dahin BS, C 158 formuliert, daß der „Geist“ bei den Quäkern auf die Seele wirken solle wie auf einen Kadaver, während der (charakteristisch formulierte) reformierte Grundsatz sei: „reason and spirit are conjunct principles“ (Christ[ian] Dir[ectory] II S.  76),78 so galt der Gegensatz in dieser Art für seine Zeit praktischp nicht mehr. |

i–i A: der Fall war A1: tatsächlich der Fall war  k–k A: andererseits der Gedanke, l–l A: Damit ging Hand in Hand die Akkommodation an  m In A1 folgt: 〈auch〉 n–n A1: für Gemeinschaften, welche […] nichts zu schaffen haben wollten, nicht zu. Folgte daraus > innerlich nicht zu. Für Gemeinschaften, […] folgte daraus auch äußerlich  o  A, A1, BS, C: diesen  p A: jedenfalls   77  Zum Münsteraner Täuferreich und dessen Untergang vgl. im Glossar: „Täufertum“, unten, S.  619. – Weber notiert in seinem Barclay-Exzerpt, Bl.  38r (aus Proposition XI, wie vorherige Anm.): „Das silent meeting kann ein Schlachttag sein“. 78 Bei Baxter, Christian Directory II, chap. XVI. „Directions for holy Conference of Fellow-Servants, or others“ (p.  75–77), p.  76: „It is a distracted conceit of the Quakers and other Fanaticks, to think that Reason and the Spirit of God are not conjunct prin­ ciples in the same act. Doth the Spirit work on a Man as on a Beast or a Stone? […] No; the Spirit of God supposeth Nature, and worketh on Man as Man; by exciting your own Understanding and Will to do their parts.“

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innerweltlichen Berufstugend und der Privateigentumsordnung stand, hatte die ernste Sittenstrenge der Täufer sich diesem durch die reformierte Ethik gegrabenen Bette praktisch zugewendet271), weilq eben die Entwicklung zur außerweltlichenr, mön|chischen Form der Askese seit Luther, dem hierin auch die Täufer folgten, als unbiblisch und werkheilig ausgeschlossen war. Immerhin hat – von den hier nicht zu erörternden halbkommunistischen Gemeinschaften der Frühzeit abgesehen – nicht nur bis in die Gegenwart eine täuferische Sekte – die sog. „Tunker“ (dompelaers, dunckards) – an der Verwerfung der Bildung und sjedes dess zur Lebensfristung Unentbehrliche übersteigenden Besitzes festgehalten,79 sondern es ist z. B. auch bei Barclay die Berufstreue nicht in calvinistischer oder auch nur lutherischer, sondern eher in thomistischer Art80 als „naturali ratione“ unvermeidliche Konsequenz der Verflochtenheit des 271)  S[iehe] die sehr sorgfältigen Artikel „Menno“ und „Mennoniten“ von Cramer in der R[eal-]E[ncyklopädie] f[ür] Pr[otestantische] Th[eologie] u. K[irche],t speziell S.  604.a 81 So gut dieseb eben genannten Artikel sind, so wenig eindringend und z. T. direkt ungenau ist der Art. „Baptisten“ daselbst.82 Sein Verf[asser] kennt z. B. die für die Geschichte des Baptismus unentbehrlichen „Publications of the Hanserd Knollys Society“ nicht.83 |

q  In A, A1 nicht hervorgehoben.   r  In A, A1 nicht hervorgehoben.   s  A, A1: jedes, das BS, C: jedes das  t  Komma fehlt in A, A1.  a  In A folgt: Wir werden bei der Besprechung der Klassenbeziehungen der protestantischen Askese darauf zurückkommen.  b A: übrigens die   79  Daß die Anfang des 18. Jahrhunderts in der Grafschaft Wittgenstein entstandenen neutäuferischen, niederdeutsch als „Tunker“ oder „dompelaers“ bezeichneten Grup­ pen die Bildung verwerfen, erwähnt Hofmann, Art. Baptisten, S.  389. – Die Old Order Brethren, eine Untergruppe der duncards (bei Carroll, s. u.: „Dunkards“) in den USA – einige der Tunker-Familien waren 1719 nach Pennsylvania ausgewandert –, hielten noch Ende des 19. Jahrhunderts an den alten Idealen fest; sie lehnten v. a. das eta­ blierte Bildungssystem ab und bevorzugten eine schlichte Lebensweise. Vgl. Carroll, Religious Forces, p. xxviii–xxix und p.  129–138 (bei Carroll handelt sich um den ersten Band der American Church History Series, die Weber, Sekten, unten, S.  494, Fn.  3, hervorhebt). 80  Vgl. oben, S.  226 f. mit Fn.  58. 81  Vgl. Cramer, Art. Menno Simons, und ders., Art. Mennoniten. Hier schreibt Cramer, S.  604, daß zwar durch den Druck der Obrigkeit die noch nach 1538 „blühenden“ hessischen Täufergemeinden verschwanden, man aber um 1600 zum Täufertum Übergetretenen „überall, auch in der Schweiz […] sogar in dem Beamtenstande und anderen angesehenen Stellungen“ begegnete. 82  Gemeint ist: Hofmann, Art. Baptisten. 83  Es handelt sich um 10 Bände, die von der 1845 in London gegründeten „Hanserd Knollys Society“ „for the Publication of the Works of Early English and other Baptist

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Gläubigen in die Welt aufgefaßt272). Lag in diesen Anschauungen eine ähnliche Abschwächung der calvinistischen Berufskonzeptionc, wie in vielen Äußerungen Speners und der deutschen Pietisten,84 so wurde andererseits die Intensität des ökonomischen Berufsinteresses bei den täuferischen Sekten durch verschiedene Momente wesentlich gesteigert. Einmal durch die, ursprünglich als eine aus der Abscheidung von der Welt folgende religiöse Pflicht 272)  So wird von Barclay a. a. O. S.  404 ausgeführt, daß Essen, Trinken und Erwerb A, A 70 1 natural, nicht spiritual, acts seien, welche auch ohne Gottes speziellen Ruf getan werden können.85 – Die Ausführung ist die Antwort auf den (charakteristischen) Einwand, daß, wenn man, wie die Quäker lehren, nicht ohne spezielle „motion of the spirit“ beten dürfe, man auch nicht ohne solchen speziellen Antrieb Gottes würde pflügen dürfen.86 – Daß auch in modernen Resolutionen von Quäkersynoden der Rat vorkommt, sich nach Erwerb genügenden Vermögens vom Erwerbsleben zurückzuziehen, um in der Ruhe vor den Getrieben der Welt ganz dem Reiche Gottes leben zu können,87 ist natürlich auch bezeichnend, wennschon solche Gedanken sich sicherlich dauch in andernd Denominationen, auch der calvinistischen, gelegentlich finden. Es kommte auch darin zum Ausdruck, daß die Annahme der bürgerlichen Berufsethik seitens ihrerf Träger gdie innerweltliche Wendungg einer ursprünglich weltflüchtigen Askese war. |

c A: Berufsidee  d–d A: in den  e  In A folgt: eben  f  A, A1: der  g–g A: Akkomodation Writers“ zwischen 1846 und 1854 herausgegeben wurden. Aus dieser Reihe benutzte Weber, soweit ersichtlich: Underhill, Confessions of Faith, den er aber nicht explizit nennt, vgl. oben, S.  268, Fn.  93 mit Anm.  65, S.  292, Fn.  119 mit Anm.  69, S.  313 f., Fn.  143 mit Anm.  76, auch S.  538, Fn.  58 mit Anm.  51. 84  Vgl. oben, S.  375–379. 85  Bei Barclay, Apology (Proposition XI. „Concerning Worship“, p.  343–409), p.  404: „[…] seeing there is a great difference betwixt Natural Acts, such as eating, drinking, sleeping, and seeking Sustenance for the body (which things Man hath common with Beasts) and Spiritual Acts. […]“. Weber folgt in der Formulierung seinem Exzerpt, Bl.  38v. 86  Vgl. Barclay, ebd., das Fußnoten-Zitat auch in Weber, Exzerpt, Bl.  38v. 87  Ein entsprechender Hinweis findet sich in: Advices and Minutes issued and adopt­ ed by the Yearly Meeting of the Religious Society of Friends in Ireland, in relation to Christian Doctrine, Practice and Discipline, 3rd ed. – Dublin: Depository of the Society of Friends 1864. Dort heißt es (p.  126 f.): „We would tenderly invite those who may have acquired a competency of outward substance, to watch the proper period at which they may withdraw from the cares of business, and when disengaged from the regular concerns of trade, to beware how they employ their property in investments which may involve them anew in care and anxiety. We affectionately desire that neither these nor other cares may disqualify them from acting the part of faithful stewards in the employ­ ment of their time, their talents, and their substance, or from being concerned above all things, through watchfulness unto prayer […]“. Die bibliographische Angabe inkl. „p.  126“ findet sich in: Weber, Notizen zur Quäker-Literatur, Bl.  45; vgl. dazu den Edi­ torischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik II, MWG I/9, S.  240 f.; hier oben, S.  91 f. mit Anm.  53.

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aufgefaßte, Ablehnung der Übernahme | von Staatsämtern, welche, auch nach der Aufgabe als Prinzip, doch wenigstens bei Mennoniten und Quäkern praktisch fortbestand infolge der strikten Ablehnung des Waffengebrauchs und Eides,88 da hieraus die Disqualifikation für öffentliche Ämter sich ergab.89 Mit ihr ging die bei allen täuferischen Denominationen unüberwindliche Gegnerschaft gegen jede Art aristokratischen Lebensstils Hand in Hand, teils, wie bei den Calvinisten, eine Folge des Verbotes der Kreaturverherrlichung, teils ebenfalls Konsequenz jener unpolitischen oder geradezu antipolitischen Grundsätze. Die ganze nüchterne und gewissenhafte Methodik der täufe|rischen Lebensführung wurde dadurch in die Bahn des unpolitischen Berufslebens gedrängt. Dabei prägte nun die ungeheure Bedeutung, welche die täuferische Heilslehre auf die Kontrolle durch das Gewissen, als die individuelle Offenbarung Gottes, legte, ihrer Gebarung im Berufsleben einen Charakter auf, dessen große Bedeutung für die Entfaltung wichtiger Seiten des kapitalistischen Geistes wir erst hweiterhin näher90 und auch dann nur soweith kennen lernen werden i, als dies ohne Erörterung der gesamten politischen und Sozialethik der protestantischen Askese hier möglich isti. Wir werden dann – um wenigstens dies vorwegzunehmen – sehen, daß die spezifische Form, welche jene innerweltliche Askese bei den Täufern, speziell den Quäkern, annahm273),

273)  Es sei schon hier nochmals nachdrücklich auf die vortrefflichen Ausführungen A, A1 71, BS, C 160 E[duard] Bernsteins a. a. O. hingewiesen.91 Auf Kautskys jäußerst schematischej Darstellung der wiedertäuferischen Bewegung und seine Theorie des „ketzerischen Kom-

h–h A: bei Betrachtung der Sozialethik der protestantischen Askese näher   i–i  Fehlt in A.   j–j  Fehlt in A.   88  Ausführlich dazu Barclay, Apology (Proposition XV. „Concerning Salutations and Recreations, etc.“, p.  512–571), p.  542 ff., p.  556 ff. Für die Mennoniten vgl. Cramer, Art. Mennoniten, S.  611 ff. 89  Vgl. auch Bernstein, Kommunistische Strömungen, im Kapitel „Die ökonomische Seite des Quäkerthums“, S.  680–685, S.  682: „Öffentliche Ämter können sie [die Quä­ ker], infolge ihrer Stellung zum Eid etc. nicht bekleiden, auf alle einträglichen Staats­ stellen, Pfründen etc. müssen sie verzichten, das Trinken und der Sport sind bei ihnen verpönt – wie könnte es da anders sein, als daß sich ihre ganze Energie auf das Erwerbsleben richtete […]“. Für die Mennoniten vgl. Cramer, Art. Mennoniten, S.  611. 90  Weber kommt unten, S.  431, auf die „Gewissenhaftigkeit“ der Quäker im Berufsle­ ben zu sprechen; dazu auch das Zitat aus Rowntree, Quakerism, unten, S.  485, Fn.  387. 91  Vgl. Bernstein, Kommunistische Strömungen, von Weber oben, S.  265, Fn.  95, ge­ nannt; hier bes. S.  663 ff.

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schon nach dem Urteil des 17. Jahrhunderts in der praktischen Bewährung jenes wichtigen Prinzips der kapitalistischen „Ethik“ sich äußerte, welches man dahin zu formulieren pflegt: „honesty is the best policy“274), und welches ja auch in Franklins früher zitiertem Traktat92 sein klassisches Dokument gefunden hat. Dagegen werden wir die Wirkungen des Calvinismus mehr in der Richtung der Entfesselung der privatwirtschaftlichen Energie des Erwerbs vermuten: denn trotz aller formalen Legalität des „Heiligen“ galt im Ergebnis doch oft genug auch | für den Calvinisten der Goethesche Satz: „Der Handelnde ist immer gewissenlos, es hat niemand Gewissen als der Betrachtende“275).93

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munismus“ überhaupt (im ersten Bande des gleichen Werkes) wird kbei anderer Gelegenheit einmalk einzugehen sein.94 274)  Veblen (Chicago), in seineml anregenden Buch: Theory of business enterprise, ist der Meinung, daß diese Parole lediglich „frühkapitalistisch“m sei.95 Allein wirtschaftliche „Übermenschen“, die, wie die heutigen „captains of industry“, jenseits von Gut und Böse stehen,1 hat es immer gegeben, und in der breiten darunterliegenden Schicht kapitalistischen Gebahrens gilt jener Satz noch heute. | 275)  In civil actions it is good to be as the many, in religious, to be as the best, meint B , C 161 S z. B. Th[omas] Adams (Works of the Pur[itan] Div[ines] p.  138).2 – Das klingt freilich etwas weittragender[,] als es gemeint ist. Es bedeutet, daß die puritanische Redlichkeit formalistische Legalität ist, ebenso wie die von den puritanisch gewesenen Völkern gern als Nationaltugend in Anspruch genommene „Wahrhaftigkeit“ oder „uprightness“ etwas spezifisch Anderes, formalistisch und reflexiv Umgemodeltes gegenüber der deutschen „Ehrlichkeit“ ist. Gute Bemerkungen darüber von seiten eines Pädagogen in den Preuß[ischen] Jahrb[üchern] Bd. 112 (1903) S.  226.3 Der Formalismus der puritanischen Ethik ist seinerseits die ganz adäquate Folge der Bindung an das Gesetz. |

k–k A: erst später  l  A, A1: seinen  m  A, A1: „frühkapitalisch“   92  Zum Zitat aus Franklin, Advice, und Franklin, Necessary hints, vgl. oben, S.  151– 154. 93  Zitat: Goethe, Ethisches. Maximen und Reflexionen, „Hempel’sche Ausgabe“ (ca. 1870), S.  45 (dass. in der Weimarer oder „Sophien-Ausgabe“, 1. Abth., 42.  Band/ 2. Abth. (1907), S.  138). 94  Vgl. Kautsky, Wiedertäufer, hier bes. S.  104 ff. 95  Veblen, Business Enterprise, p.  52 (er gebraucht auch die Bezeichnung „captains of industrie“, ebd., p.  30 u. ö.). 1  „‚Übermenschen‘“, „jenseits von Gut und Böse“: rhetorische Verwendung von Aus­ drücken Friedrich Nietzsches. 2 Adams, The Fool and his Sport (Adams, Works of the English Puritan Divines V, p.  131–147), p.  138: „In civil actions it is good to do as the most; in religious, to do as the best.“ Im Exemplar der UB Heidelberg unterstrich Weber den Satz und markierte die Passage am Rand. 3  Weber bezieht sich auf Schmidt, Nationale Jugend, S.  226–248, hier bes. S.  234 f. und 246.

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Ein weiteres wichtiges Element, welches der Intensität der | innerweltlichen Askese der täuferischen Denominationen zugute kam, kann in seiner vollen Bedeutung ebenfalls nurn in anderem Zusammenhang zur Erörterung gelangen. Immerhin seien auch darüber einige Bemerkungen, zugleich zur Rechtfertigung des hier gewählten Ganges der Darstellung, vorangeschickt. Es ist hier ganz absichtlich vorläufig nicht von den objektiven sozialen Institutionen der altprotestantischen Kirchen und deren ethischen Einflüssen ausgegangen worden, insbesondere nicht von der so wichtigen Kirchenzucht, sondern von den Wirkungen, welche die subjektive Aneignung der asketischen Religiosität seitens der einzelnen auf die Lebensführung hervorzubringen geeignet war. Dies nicht nur deshalb, weil diese Seite der Sache bisher die weitaus weniger beachtete ist. Sondern auch, weil die Wirkung der Kirchenzucht keineswegs immer in der gleichen Richtung lag. Die kirchenpolizeiliche Kontrolle des Lebens des einzelnen, wie sie in den Gebieten der calvinistischen Staatskirchen bis dicht an die Grenze der Inquisition getrieben wurde, konnte vielmehr jener Entbindung der individuellen Kräfte, welche durch das asketische Streben nach methodischer Heilsaneignung bedingt war, geradezu entgegenwirken und hat dies unter Umständen tatsächlich getan. Genau wie die merkantilistische Reglementierung des Staats zwar Industrien züchten konnte, aber, wenigstens für sich allein, nicht den kapitalistischen „Geist“o – den sie vielmehr, wo sie polizeilich-autoritären Charakter annahm, vielfach direkt plähmte –,p so konnte die gleiche Wirkung auch von der kirchlichen Reglementierung der Askese ausgehen, wenn sie sich allzu überwiegend polizeilich entwickelte: sie erzwang dann ein be|stimmtes äußeres Verhalten, lähmte aber unter Umständen die subjektiven Antriebe zur methodischen Lebensführung. qJede Erörterung dieses Punktes276) mußq den gror 276) 

Einiges darüber in der nächstfolgenden Abhandlung.r 4

n A: erst  o  A, A1: „Geist“,  p–p  A, A1: lähmte, –  q–q A: Wir werden auch auf diesen Punkt bei Betrachtung der Sozialpolitik des asketischen Protestantismus zu sprechen kommen und dann  Index fehlt in A; A1: Auch dieser Punkt kann nur bei Betrachtung der Sozialpolitik des asketischen Protestantismus erörtert werden. > Jede […] muß  r–r  Fehlt in A.   4  Siehe Weber, Sekten, unten, S.  493–545.

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ßen Unterschied beachtens, welcher zwischen der Wirkung der autoritären Sittenpolizei der Staatskirchen und der auf freiwilliger Unterwerfung ruhenden Sittenpolizei der Sekten bestand. Daß die Täuferbewegung in allen ihren Denominationen grundsätzlich „Sekten“, nicht „Kirchen“ schuf,5 kam jedenfalls der Intensität ihrer Askese ebenso zustatten, wie dies – in verschieden starkem Maße – auch bei jenen calvinistischen, pietistischen, methodistischen Gemeinschaften der Fall war, die faktisch auf die Bahn der voluntaristischen Gemeinschaftsbildung gedrängt wurden277) t. | Wir haben nunmehr die puritanische Berufsidee in ihrer Wirkung auf das Erwerbsleben zu verfolgen, nachdem die vorstehende Skizze ihre religiöse Fundamentierung zu entwickeln versucht hat. Bei allen Abweichungen im einzelnen und bei aller Verschiedenheit in dem Nachdruck, welcher bei den verschiedenen asketischen Religionsgemeinschaften auf den für uns entscheidenden Gesichtspunkten liegt, zeigten sich diese letzteren doch bei ihnen allen vorhanden und wirksam278) a. Entscheidend aber für unsere Betrachtung war immer wieder, um es zu rekapitulieren, die bei allen Denominationen wiederkehrende Auffassung des religiösen „Gnadenstandes“ eben als eines Standes (status), welcher den Menschen von der Verworfenheit des Kreatürlichen, von der „Welt“, abscheidet279), dessen

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b 277)  Hier liegt der Grund für die penetrante ökonomische Wirkung (asketisch-) protestantischer, nicht aber katholischer, Minoritäten.b 6 c 278)  Daß die Verschiedenheit der dogmatischen Fundamentierung mit der Einfügung des entscheidenden „Bewährungs“-Interesses vereinbar war, hat seinen letzten, hier noch nicht zu erörternden Grund in der religionsgeschichtlichen Eigenart des Christentums überhaupt.c 7 | 279)  „Since God hath gathered us to be a people“ … sagt z. B. auch Barclay a. a. O. A, A 73 1 S.  357,8 und ich selbst hörte noch eine Quäkerpredigt din Haverford Colleged, welche den ganzen Nachdruck auf die Interpretation von „saints“e = separati legte.9 |

s A: zu beachten haben   t  Index fehlt in A, A1.   a  Index fehlt in A, A1.   b–b Fehlt in A, A1.  c–c  Fehlt in A, A1.  d–d  Fehlt in A, A1.  e  In A, A1 folgt: = sancti 5  Vgl. dazu die Definitionen in: Weber, Sekten, unten, S.  513 ff. 6  Vgl. dazu Webers Ausführungen oben, S.  133 f. 7  Vermutlich war dies für den Schlußband der religionssoziologischen Studien vorge­ sehen, den Max Weber aber nicht mehr verfaßte. Vgl. dazu die Einleitung, oben, S.  49–51. 8  Die zitierte Wendung bei Barclay, Apology (Proposition XI. „Concerning Worship“, p.  343–409), hier p.  357, dort bezogen auf die vom Geist erleuchteten Quäker im Un­ terschied zu den in der „Power of Darkness“ Befangenen (p.  356). Zum Zitat bemerkt Weber, Exzerpt, Bl.  38r: „(sie fühlen s[ich] als e[in] Volk für sich)“. 9  Weber bezieht sich auf das Haverford Friends Meeting, das er und Marianne Weber

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Besitz aber – wie immer er nach der Dogmatik der betreffenden Denomination erlangt wurdef – gnicht durch irgendwelche magischsakramentalen Mittel oder durchh Entlastung in der Beichte oder durch einzelne fromme Leistungen garantiert werden konntei, sonderng nur durch die Bewährung in einem spezifisch gearteten[,] von dem Lebensstil | des „natürlichen“ Menschen unzweideutig verschiedenen Wandelk. Daraus folgte für den einzelnen der Antrieb zur methodischen Kontrolle seines Gnadenstandes in der Lebensführung und damit zu deren asketischer Durchdringung. Dieser asketische Lebensstil aber bedeutete eben, wie wir sahen,10 eine an Gottes Willen orientierte rationale Gestaltung des ganzen Daseins. Und diese Askese warl nicht mehr ein opus supererogationis,11 sondern eine Leistung, die jedem zugemutet wurdem, der seiner Seligkeit gewiß sein wollten. oJenes religiös geforderte, vom „natürlichen“ Leben verschiedene Sonderleben der Heiligen spielte sich – das ist das Entscheidende – nicht mehr außerhalb der Welt in Mönchsgemeinschaften, sondern innerhalb der Welt und ihrer Ordnungen ab.o Diese Rationalisierung der Lebensführung innerhalb der Welt im Hinblick auf das Jenseits pwar die Wirkung der Berufs­ konzeptionp des asketischen Protestantismus. – Die christliche Askese, anfangs aus der Welt in die Einsamkeit flüchtend, hatte bereits aus dem Kloster heraus, indem sie der Welt entsagte, die Welt kirchlich beherrscht. Aber dabei hatte sie im ganzen dem weltlichen Alltagsleben seinen natürlich unbefangenen f  A, A1: wird  g–g  Fehlt in A.   h  In A1 folgt: 〈Beichte und〉  i A1: kann  k In A folgt: garantiert werden kann  l A, A1: ist  m A, A1: wird  n A, A1: will o–o  Fehlt in A; A1: 〈Das〉 Jenes religiös geforderte […] Sonderleben der 〈im〉 Heiligen spielt sich […] ab.  p–p  A, A1: ist die Berufsidee   auf ihrer USA-Reise im Haverford College bei Philadelphia am 27. Oktober 1904 be­ suchten. Max Weber berichtet darüber im Brief an Helene Weber und Familie am 1. oder 2. November 1904 (in: Brief vom 27. Okt. – 2. Nov. 1904, MWG II/4, S.  356–369, hier S.  366). Max Weber schreibt, der „Bibliothekar des College, ein tüchtiger[,] ziem­ lich lederner Philologe“, habe nach anfänglicher Stille das Wort ergriffen. „Der Geist trieb ihn, eine Anfangs recht lederne, dann aber recht hübsch praktisch gewendete, Interpretation der verschiedenen Bezeichnungen, die das Neue Testament den Chri­ sten giebt, zu liefern, – sorgsam präpariert […].“ College-Bibliothekar war damals Al­ len Clapp Thomas, zugleich Professor of History (vgl. Scaff, Lawrence, Max Weber in America. – Princeton: Princeton University Press 2011, p.  143–145). 10  Siehe oben, S.  257–411, bes. S.  316 ff. 11  Lat., „überpflichtiges Werk“; Mehrleistung, die über das geforderte Maß hinaus­ geht. Vgl. auch das Glossar, unten, S.  614.

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Charakter gelassen. Jetzt trat sie auf den Markt des Lebens, schlug die Türe des Klosters hinter sich zuq und unternahm es, gerade das weltliche Alltagsleben mit ihrer Methodik zu durchtränken, es zu einem rationalen Leben in der Welt und doch nicht von dieser Welt oder für diese Welt umzugestalten. Mit welchem Ergebnis, wollen unsere weiteren Darlegungenr zu zeigen versuchen. | 2.

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Um die Zusammenhänge der religiösen Grundvorstellungen des asketischen Protestantismus mit den Maximen des ökonomischen Alltagslebens zu durchschauen, ist es nötig, vor allem solche theologischen Schriften heranzuziehen, die sich als aus der seelsorgerischen Praxis herausgewachsen erkennen lassen. Denn in einer Zeit, in welcher das Jenseits alles war, an der Zulassung zum Abendmahl die soziale Position des Christen hing, die Einwirkung des Geistlichen in Seelsorge, Kirchenzucht und Predigt einen Einfluß übte, von dem – wie jeder Blick in die gesammelten „consilia“, „casus conscientiae“a usw. ergibt12 – wir | modernen Menschen uns ein­ fach keine Vorstellung mehr zu machen vermögen, sind die in dieser Praxis sich geltend machenden religiösen Mächte die entscheidenden Bildner des „Volkscharakters“. – Wir können nun für die Erörterungen dieses Abschnittes, im Gegensatz zu späteren Erörterungen, den asketischen Protestantismus als eine Gesamtmasse behandeln. Da aber der aus dem Calvinismus hervorgewachsene englische Puritanismus die konsequenteste Fundamentierung der Berufsidee bietet, stellen wir unserem Prinzip gemäß einen seiner Vertreter in den Mittelpunkt. Richard Baxter zeichnet sich vor vielen anderen literarischen Vertretern der puritanischen Ethik durch seine eminent praktische und irenische q  A, A1: zu,  r A: Kapitel  a  A, A1, BS: conscentiae“ 12  Lat., hier: „Ratschläge“ und „Gewissensfälle“. Gemeint sind seelsorgerliche Kom­ pendien, in denen pastorale Anweisungen für Not- oder Krisenfälle, für Gewissensfra­ gen sowie Orientierungen für den Alltag gesammelt sind. – Vgl. dazu die Titel: Spener, Theologische Bedencken und andere Brieffliche Antworten auf geistliche/ sonderlich zur erbauung gerichtete materien […]; ders., Consilia et iudicia theologica latina […]; Baxter, A Christian Directory: Or, a Summ of Practical Theologie, and Cases of Con­ science […].

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Stellung, zugleich auch durch die universelle Anerkennung seiner immer wieder neu aufgelegten und übersetzten Arbeiten aus. Presbyterianer und Apologet der Westminster-Synode, dabei aber – wie so viele der besten Geister der Zeit – dogmatisch allmählich dem Hochcalvinismus entwachsend, innerlich ein Gegner der Usurpation Cromwells, weil jeder Revolution, dem Sektentum und zumal dem fanatischen Eifer der „Heiligen“ abhold, aber von großer Weitherzigkeit gegenüber äußerlichen Sonderheiten und objektiv gegenüber dem Gegner, suchte er sein Arbeitsfeld ganz wesentlich in der Richtung der praktischen Förderung des kirchlich-sittlichen Lebens, und hat sich – einer der erfolgreichsten Seelsorger, welche die Geschichte kennt – im Dienst dieser Arbeit der Parlamentsregierung ebenso wie Cromwell und der Restauration zur Verfügung gestellt280), bis er unter der letzteren – | schon vor dem „Bartholomäustage“ – aus dem Amte wich.13 Sein „Christian Directory“14 ist das umfassendste Kompendium der puritanischen Moraltheologie und dabei überall an den praktischen Erfahrungen der eigenen

280)  S[iehe] die schöne Charakteristik bei Dowden a. a. O.15 – Über Baxters Theo­ A, A1 74, BS, C 164 logie,b nachdem er von dem strikten Glauben an das „doppelte Dekret“ allmählich abgekommen war, orientiert leidlich die Einleitung zu seinen verschiedenen[,] in den A, A1 75 „Works | of the Puritan Divines“ abgedruckten Arbeiten (von Jenkyn).16 – Sein Versuch, „universal redemption“ und „personal election“ zu kombinieren, hat niemand befriedigt. Für uns ist lediglich wesentlich, daß er eben doch auch damals an der perso­ nal election festhielt, d. h. an dem ethisch entscheidenden Punkte der Prädestina-

b  Komma fehlt in A, A1.   13  Baxter lehnte die „Act of Uniformity“, die am 24. August 1662 in Kraft trat, ab. Sie bestimmte die englische Staatskirche endgültig als Episkopalkirche, sah den strikten Gebrauch des Book of Common Prayer und die bischöfliche Ordination ihrer Geistli­ chen vor. Wer sich ihr widersetzte, wurde seines Amtes enthoben. Nach Jenkyn, Essay on Baxter’s Life (Baxter, Works of the English Puritan Divines IV), p. xvi, hielt Baxter seine letzte Predigt bereits am 25. Mai, zum einen, weil dies der letzte Termin war, an dem er als „Lecturer“ (wie seine offizielle Amtsbezeichnung für eine Art Assistent des Pfarrers in Kidderminster lautete) predigen durfte, zum anderen, weil er, der ja ein bekannter Prediger der englischen Staatskirche war, seine Nonkonformität demon­ strieren wollte. – Der 24. August ist der „Bartholomäustag“ im Gedenken an die „Bar­ tholomäusnacht“ (zum 24. August), in der 1572 in Frankreich Tausende Hugenotten auf grausame Weise getötet wurden. 14  Baxter, Christian Directory I–IV. 15  Vgl. Dowden, Puritan and Anglican, über Baxter, den „Puritan Eirenicon“ (p.  197), p.  214–231. 16  Vgl. Jenkyn, Essay on Baxter’s Life (Baxter, Works of the English Puritan Divines IV, p. i–lviii).

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Archiv, 21. Band, Heft 1, 1905, S.  43, mit handschriftlichen Überarbeitungen Max Webers (mit Feder mittlerer Stärke und schwarzer Tinte) Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen (seit 2016: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446.B)

Archiv, 21. Band, Heft 1, 1905, S.  75, mit handschriftlichen Überarbeitungen Max Webers (rechter und unterer Rand: mit breiterer Feder und zum Verblassen neigenden Tinte; linker Rand, Zusatz: mit einer ein unregelmäßiges Schriftbild erzeugenden Feder und schwarzer Tinte; neue Fußnote: mit schwarzer Tinte) Privatbesitz Wolfgang J. Mommsen (seit 2016: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446.B)

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Seelsorge orientiert. – Als Repräsentant des deutschen Pietismus werden Speners „Theologische Bedenken“,17 für das | Quäkertum Barclays „Apology“18 und daneben andere Vertreter der asketischen Ethik281), der Raumersparnis halber möglichst unter dem Strich, vergleichend herangezogen282).

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tionslehre.19 Wichtig ist andererseits seine Abschwächung der forensischen Auffassung der Rechtfertigung,20 als eine gewisse Annäherung an die Täufer. | 281)  Traktate und Predigten von Th[omas] Adams, John Howe, Matthew Henry, B , C 165 S J[ames] Janeway, St[ephen] Charnock, Baxter, Bunyan sind in den 10 Bänden der „Works of the Puritan Divines“ (London 1845–48) in einer oft etwas willkürlichen Auswahl gesammelt.21 Die Ausgaben der Arbeiten von Bailey, Sedgwick, Hoornbeekc sind bereits oben je beim erstmaligen Zitieren angegeben.d 22 282)  eEbensogut hätten Voët oder andere kontinentale Vertreter der innerweltlichen Askese herangezogen werden können. Die Ansicht Brentanos, daß diese Entwicklung f„nur angelsächsisch“f gewesen sei,23 ist gänzlichg irrig.e Die Auswahl beruht auf dem Wunsch: nicht ausschließlich, aber doch möglichst die asketische Bewegung der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, unmittelbar vor dem Umschlag in den Utilitarismus, zu Wort kommen zu lassen. Auf die reizvolle Aufgabe, den Lebensstil des asketischen Protestantismus auch aus der biographischen Literatur anschaulich zu machen – namentlich die quäkerische wäre hier, als bei uns noch relativ unbekannt, hheranzuziehen –,h hati im Rahmen dieser Skizzek leider verzichtet werden müssen.24

c C: Hoornbeck  d  In A folgt: Gisbert Voëts Ἀσκητικά, welche ebenfalls heranzuziehen gewesen wären, standen mir leider während der Niederschrift des Aufsatzes nicht zur Verfügung.  e–e Fehlt in A.   f–f Anführungszeichen fehlen in A1. g A1: durchaus  h–h  A, A1: heranzuziehen, –  i  In A folgt: vorläufig,  k  A, A1: Skizze,   17  Spener, Theologische Bedenken I–IV. 18  Barclay, Apology. 19  Baxters Harmonisierungsversuch läuft nach Jenkyn, Essay on Baxter’s Life, p. li– liii, darauf hinaus, daß er das Besondere (personal election) als Anwendung des All­ gemeinen (universal redemption) verstanden wissen wollte. 20  Baxter vertritt die Auffassung, daß nur der Glaube des Sünders an Christi Gerech­ tigkeit zur Rechtfertigung führt, nicht aber, daß dem Gläubigen (Sünder) Christi Ge­ rechtigkeit wie in einer Art Gerichtsverfahren (forensisch) rechtfertigend zugerechnet wird. Vgl. Jenkyn, Essay on Baxter’s Life, p. liii–lv, über Baxters „justification by faith“. 21  Vgl. die Übersicht im Literaturverzeichnis, Works of the English Puritan Divines I–X, unten, S.  657; hier aufgeführt die Verfasser der Traktate und Predigten von vol. I–VIII. 22  Vgl. Bayli, Praxis pietatis I (siehe oben, S.  284, Fn.  111); Sedgwick, Buß- und Gna­ den-Lehre (siehe oben, S.  321, Fn.  157); Hoornbeek, Theologia practica I, II (siehe oben, S.  277, Fn.  101). 23  Kein wörtliches Zitat. Brentano hält die Entwicklung in der „Nordwestecke Euro­ pas“, in der „das Banausentum und seine Lebensführung die Grundlage einer ethischreligiösen Lebensanschauung abgegeben hat“, für „ein bemerkenswertes Curiosum“ (ders., Anfänge, S.  146 f.). 24  Möglicherweise hätten dazu manche von Webers bibliographischen Notizen, GStA PK Berlin, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr.  30, Band  6, Bl.  43–48v, dienen sollen, die er sehr

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

Nimmt man nun Baxters „Ewige Ruhe der Heiligen“ und sein „Christian Directory“ oder auch verwandte Arbeiten anderer283) l zur Hand, so fällt auf den ersten Blick in den Urteilen über den Reichtum284) m und seinen Erwerb die Betonung gerade der ebionitischen Elemente der neutestamentlichen Verkündigung25 auf285). n 283)  Denn man könnte ebensowohl die oSchriften des Gisbert Voët oder Verhandlungeno der Hugenottensynoden oder die holländische Baptistenliteratur zur Hand nehmen. In höchst unglücklicher Art haben Sombart und Brentano gerade jene von mir selbst stark hervorgehobenen „ebionitischen“ Bestandteile aus Baxter herausgegriffen, um die zweifellose (kapitalistische) „Rückständigkeit“ seiner Lehrep mir entgegenzuhalten.26 Man muß aber 1. diese ganze Literatur wirklich gründlich kennen, um sie richtig zu benutzen,q 2. nicht übersehen, daß ich ja gerade nachzuweisen trachte: wie trotz der „antimammonistischen“ Lehre doch der Geist dieser asketischen Religiosität, ganz ebenso wie in den Klosterwirtschaften, den ökonomischen Rationalismus geboren hat r, weil sie das Entscheidende: die, asketisch bedingten, rationalen Antriebe prämiierte. Darauf ganz allein kommt es ja an, und eben dies ist ja doch die Pointe des hier Vorgetragenenr.n s 284)  Ebenso bei Calvin, der durchaus kein Liebhaber bürgerlichen Reichtums war (s. die heftigen Angriffe auf Venedig und Antwerpen Comm[entarii] in Jes[aiam] tOpp. IIIt 140 a, 308 a).s 27 285)  Saints’ everlasting rest cap. X, XII.28 – Vgl. aBailey, Praxis pietatis p.  182, oder etwaa Matthew Henry (The worth of the soul, Works of Pur[itan] Div[ines] p.  319)b:

l  Index fehlt in A.   m  Index fehlt in A.   n–n  Fehlt in A.   o–o A1: Ἀσκητικά des Gisbert Voët oder die Beschlüsse  p  In A1 nicht hervorgehoben.   q A1: benutzen, –  r–r Fehlt in A1.  s–s  Fehlt in A.   t–t A1: (Opp. ed. A. III) p.   a–a  Fehlt in A.   b  Klammer fehlt in A, A1, BS, C.   wahrscheinlich in der Bibliothek des Haverford College anfertigte (vgl. den Editori­ schen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik II, MWG I/9, S.  240 f.; hier oben, S.  91 f. mit Anm.  53). Auf Bl.  48r etwa notiert Weber „Life of“ verbunden mit verschiedenen Namen von Quäkern; vgl. auch die Notiz auf Bl.  46v: „Friends Miscellany […] (Allerlei 〈persönl[iche]〉 bemerkenswerthe Ereignisse aus dem Leben v[on] Quäkern)“; biogra­ phische Werke auch auf Bl.  48v. 25  Von hebr. ’äbjo¯ n, „bedürftig“, „arm (sein)“, seit nachexilischer Zeit zugleich mit der vertieften Bedeutung: „fromm“. Hier: reichtumverachtend; vgl. Jülicher, Gleichnisre­ den II, S.  506. 26  Sombart sucht mittels Baxter-Zitaten „die anti-kapitalistischen Tendenzen, die der kalvinistisch-puritanischen Ethik innewohnten“, zu belegen (ders., Bourgeois, S.  324– 328, Zitat S.  324). Sie zeigten, daß die puritanische Ethik in ihrer Haltung zu und Be­ wertung von Armut und Reichtum, Gewinnstreben und Besitz hinter den Thomismus zurückfalle. Dieser habe mehr mit dem Reichtum, jene mit dem „Armutsideal “ sympathisiert (ebd.; zu „ebionitisch“ vgl. vorherige Anm.). – Nach Brentano waren die puritanischen Lehren, insbesondere Baxters Äußerungen, „statt kapitalistisch zu sein, geradezu traditionalistisch“ (ders., Anfänge, S.  143). 27 Vgl. Calvin, Commentarii in Iesaiam, in: Opera omnia [Amsterdamer Ausg.] III, p.  140 a [cap.  19] und p.  308 a [cap.  47]. Webers Calvin-Belege folgen Kampschulte, Calvin I, S.  430 mit Anm.  4. 28  Gemeint sind (in der von Benjamin Fawcett gekürzten Fassung): Baxter, Saints’

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Der Reichtum | als solcher ist eine schwere Gefahr, seine | Versuchungen sind unausgesetzte, das Streben286) c danach nicht nur sinn-

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Those that are eager in pursuit of worldly wealth despise dtheir soulsd, not only because the soul is neglected and the body preferred before it, but because it is employed in these pursuits: Psalm 127, 2.29 (Auf derselben Seite aber steht die später zu zitierende Bemerkung über die Sündhaftigkeit der Zeitvergeudung aller Arte und besonders derjenigen durch recreations.)30 Ebenso wohl in der ganzen religiösen Literatur des englisch-holländischen Puritanismus. S[iehe]f z. B. Hoornbeeksg (a. a. O. l[iber] X c. 18 u. 19h) Philippika gegen die | avaritia.31 (Beii | diesem Schriftsteller wirken übrigens sen- BS, C 166, timental-pietistische Einflüsse mit ein: s. das Lob der Gott wohlgefälligen tranquillitas A, A1 76 animi gegenüber der „sollicitudo“ dieser Welt.)32 „Ein Reicher wird nicht leicht selig“, meint – in Anlehnung an eine bekannte Bibelstelle – auch Bailey (a. a. O. S.  182).33 Auch die methodistischen Katechismen mahnen davon ab, „sich Schätze auf Erden zu sammeln“.34 Beim Pietismus versteht sich dies vollends von selbst. Und bei den Quäkern stand es nicht anders. Vgl. Barclay a. a. O. S.  517: … and therefore beware of such temptation as to use their callings jas anj engine to be richer.35 k 286) Denn nicht nur der Reichtum, sondern auch das triebhafte Gewinnstreben (oder was dafür galt) wurde ähnlich scharf verurteilt. In den Niederlanden wurde lvon

c Index fehlt in A.    d–d A, A1, BS: there soul C: their soul    e A, A1: Art,   f  A, A1: (S.  g C: Hoornbecks  h  A, A1, BS, C: 18  i  Klammer fehlt in A, A1.   j–j  A, A1, BS, C: and  k–k (S.  416)  Fehlt in A.   l–l (S.  416)  Fehlt in A1.   Everlasting Rest, p.  160–181 und p.  203–225. Die Kapitel sind überschrieben: „The Saints’ rest is not to be expected on earth“ und „Directions how to lead a heavenly life upon earth“. 29  Das Zitat bei Henry, The Worth of the Soul (Henry, Works of the English Puritan Divines VIII), p.  319, mit Bezug auf Ps 127,2 [1892]: „Es ist umsonst, daß ihr früh auf­ stehet, und hernach lange sitzet, und esset euer Brot mit Sorgen; denn seinen Freun­ den giebt er’s schlafend.“ 30  Siehe unten, S.  419, Fn.  293. 31  Die „Habsucht“ (avaritia) – sie gilt nach römisch-katholischer Lehre als eine der sieben Todsünden – behandelt auch Hoornbeek, Theologia practica II, liber X, cap. XVIII „De Avaritia“, p.  551–555; auch in cap. XIX „De Contentatione“, p.  555–560. 32  Vgl. Hoornbeek, ebd., liber X, cap. XIX, hier p.  558 f. 33  Bayli, Praxis pietatis I, zitiert auf S.  182 1 Tim 6,7–9 (V. 9 [Bayly]: „Denn die da reich werden wollen, die fallen in Versuchung und Stricke des Satans […]“). Webers Formu­ lierung hat allerdings Anklänge an Mt 19,23 f. (V. 23 [1892]: „[…] Ein Reicher wird schwer ins Himmelreich kommen.“) 34  Formulierung nach Mt 6,19, bei Jacoby, Handbuch des Methodismus, S.  350, im Exemplar der UB Heidelberg von Max Weber unterstrichen und die gesamte Passage mit Randstrich markiert. 35  Bei Barclay, Apology, p.  517: „And therefore beware of such a Temptation, as to use their [those Brethren, who have greater abundance, Ed.] Calling as an Engine to be Richer, knowing, they have this advantage beyond the Rich and Noble that are called […].“ Weber hatte dem Textzitat (aus Proposition XV. „Concerning Salutations and Recreations, etc.“, p.  512–571) in seinem Exzerpt vorangestellt: „such as God calls in 〈at〉 a low degree, to be content with their condition …“, und das Zitat fortge­ setzt: „Die Armen sollen stolz auf ihre spirituelle Erhebung sein“ (Bl.  31r).

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los gegenüber der überragenden Bedeutung des Gottesreichs, sondern auch sittlich bedenklich. Weit schärfer als bei Calvin, der in dem Reichtum der Geistlichen kein Hindernis für ihre Wirksamkeit, im Gegenteil eine durchaus erwünschte Steigerung ihres Ansehens erblickte,36 ihnen gestattete, ihr Vermögen gewinnbringend anzulegen, nur unter Vermeidung von Ärgernis, scheint hier der südholländischen Synode 1574 auf eine Anfrage erklärt: daß „Lombardierer“, obwohl das Geschäft ja gesetzlich gestattet sei, nicht zum Abendmahl zuzulassen seien;37 die Provinzialsynode Deventer von 1598 (Art.  24) erstreckte dies auf die Angestellten von „Lombarden“,38 die Synode zu Gorinchemm von 160639 statuierte scharfe und erniedrigende Bedingungen, unter denen Frauen von „Wucherern“ zugelassen werden durften, und es wurde nochl 1644 und 1657 erörtert, ob Lombardenn zum Abendmahl zugelassen werden dürfen40 (dies ogegenüber namentlicho Brentano, der seine katholischen Vorfahren zitiert41 – obwohl es doch in der ganzen europäisch-asiatischen Welt seit Jahrtausenden fremdbürtige Händler und Bankiers gegeben hat), und noch Gisbert Voët (Disp[utationes] theol[ogicae] IV Amst[elodamum]p 1667 de usuris S.  665)42 möchte die „Trapeziten“ (Lombarden, Piemontesen)43 von der Kommunion ausschließen. qIn den Hugenottensynoden stand es nicht anders.q 44 Diese rArten von kapitalistischenr Schichten waren durchauss nicht die typischen Träger der Gesinnung und Lebensführung, um die es sich hier handelt. tSie waren auch, gegenüber der Antike und dem Mittelalter, nichts Neues.t k m BS, C: Gorichem  l  (S.  415)–l  Fehlt in A1.  n A1: Lombarden  o–o A1: an die Adresse von  p BS, C: Anst.  q–q  Fehlt in A1.  r–r  Fehlt in A1.  s  In A1 folgt: 〈[?]!〉  t–t  Fehlt in A1.  k  (S.  415)–k  Fehlt in A.   36  Nach Kampschulte, Calvin I, S.  402 f., hatte Calvin „ein ansehnliches Einkommen“ (S.  402), das er auch für seine Amtskollegen forderte. Der Rat der Stadt Genf kam Anfragen um ein besseres Gehalt der Geistlichen stets nach (bei Kampschulte mit Belegen für die Jahre seit 1542). 37  Vgl. Reitsma, Acta II, S.  148 (unter 23). 38  Vgl. Reitsma, Acta V, S.  246 (unter 24). 39  Vgl. Reitsma, Acta III (Synode zu Gorinchem – bei Reitsma: „Gorichum“ – 1606), S.  252, [Art.] 34. „Vroupersoen een lombardier getrout.“ Dies galt als Skandal: Die Frau solle ein Schuldbekenntnis vor der Gemeinde ablegen, ihre Besserung unter Beweis stellen, ihre Demut äußerlich zum Ausdruck bringen und ihren Ehemann zu einem ehr­ lichen, christlichen Gewerbe anhalten. Dann werde sie zum Abendmahl zugelassen. 40 Über die 1644 und 1657 entstandenen Erörterungen berichtet z. B. Laspeyres, Etienne, Geschichte der volkswirthschaftlichen Anschauungen der Niederländer und ihrer Litteratur zur Zeit der Republik. – Leipzig: S. Hirzel [1863] (hinfort: Laspeyres, Volkswirtschaftliche Anschauungen der Niederländer), S.  258–260. (Laspeyres wird von Weber genannt in ders., Vorlesungs-Grundriß, MWG III/1, S.  106.) 41  Dazu oben, S.  135 f. mit Anm.  13. 42  Vgl. Voet, Selectae disputationes theologicae IV, De usuris, p.  555 ff., darin De Tra­ pezitis, p.  575–589, hier speziell p.  585 (die von Weber angegebene Seitenzahl stimmt nicht). 43 Zu den Bezeichnungen „Trapeziten“, „Lombarden“ und „Piemontesen“ für Ban­ kiers vgl. das Glossar, unten, S.  620, 612 und 614 f. 44  Vgl. dazu oben, S.  140 f., Fn.  17.

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die Askese gegen jedes Streben nach Erwerb zeitlicher Güter gerichtet. uMan kann die Beispiele der Verdammung des Strebens nach Geld und Gut aus puritanischen Schriften ganz beliebig häufen und mit der darin viela unbefangeneren spätmittelalterlichen bethischen Literaturb kontrastieren.u Und es ist mit diesen Bedenken auch durchaus ernst gemeint, – nur bedarf es etwas näheren Zusehens, um ihren entscheidenden ethischen Sinn und Zusammenhang zu bemerken. Das sittlich wirklich Verwerfliche ist nämlich das Ausruhen auf dem Besitz287), der Genuß des Reichtums mit seiner Konsequenz | von Müßigkeit und Fleischeslust, vor allem von Ablenkung von dem Streben nach „heiligem“ Leben. Und nur weil der Besitz die Gefahr dieses Ausruhens mit sich bringt, ist er bedenklich. Denn die „ewige Ruhe der Heiligen“ liegt im Jenseits,45 auf Erden aber muß auch der Mensch, um seines Gnadenstands sicher zu werden, „wirken die Werke dessen, der ihn gesandt hat, solange es Tag ist“.46 Nicht Muße und Genuß, sondern nur Handeln dient nach dem unzweideutig geoffenbarten Willen Gottes zur Mehrung seines Ruhms288). Zeitvergeudung | ist also die erste und

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287)  Eingehend entwickelt im 10. Kapitel der „Saints’c everlasting rest“: Wer in der „Herberge“,47 als welche Gott den Besitz gibt, dauernd ausruhen wollte, den schlägt Gott auch in diesem Leben. Fast stets ist satte Ruhe auf dem er|worbenen Reichtum BS, C 167 Vorbote des Zusammenbruchs. – Hätten wir alles, was wir in der Welt haben könnten, würde dies auch schon alles sein, was wir zu haben hofften? Wunschlosigkeit ist auf Erden nicht zu erreichen, – weil sie eben nach Gottes Willen nicht sein soll. 288)  Christ[ian] Dir[ectory] I S.  d376/7d:48 It is for action that God maintaineth us and our abilitiese: work is the moral as well as the natural end of f power … It isg action that God is most served and honoured by … The public welfare or the good of many is to be valued above our own. Hier zeigt sich der Ansatzpunkt für den | Umschlag aus dem A, A1 77 Willen Gottes zu den rein utilitarischen Gesichtspunkten der späteren liberalen Theo-

u–u Fehlt in A.   a A1: weit  b–b A1: kirchlichen Ethik > ethischen Litteratur c  Anführungszeichen fehlen in BS, C.   d–d  A, A1: 376/5 BS, C: 375/6  e  A, A1, BS, C: activities  f  In A, A1 nicht hervorgehoben.   g  In A, A1 nicht hervorgehoben.   45  Anspielung auf Baxter, Ewige Ruhe der Heiligen (deutscher Titel von: Saints’ Ever­ lasting Rest). 46  Zitat nach Joh 9,4. 47  Baxter, Saints’ Everlasting Rest, chap. X, p.  160–181, heißt es p.  166 „inn“ („Her­ berge“ in der Übersetzung Otto v. Gerlachs: Baxter, Ewige Ruhe der Heiligen, S.  218). 48  Baxter, Christian Directory I, aus den „Directions about our Labour and Callings“ (p.  376–387), die folgenden Zitate p.  376 und 377. Baxter erläutert vorangehend: „Naturally action is the end of all our Powers; and the Power were vain, but in respect to the act: To be able to understand, to read, to write, to go, etc. were little worth, if it were not that we may Do the things that we are enabled to“ (p.  376).

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prinzipiell schwerste aller Sünden. Die Zeitspanne des Lebens ist unendlich kurz und kostbar, um die eigene Berufung „festzumachen“.49 Zeitverlust durch Geselligkeit, „faules Gerede“289), rie. Über die religiösen Quellen des Utilitarismus siehe weiter unten him Texth 50 und schon oben S.  373 f. Anm.  231. 289)  Das Gebot zu schweigen ist ja – ausgehend von der biblischen Strafandrohung für „jedes unnütze Wort“51 – namentlich seit den Cluniazensern ein bewährtes asketisches Mittel der Erziehung zur Selbstkontrolle.52 Auch Baxter verbreitet sich eingehend über die Sünde des unnützen Redens.53 Die charakterologische Bedeutung hat schon Sanford a. a. O. S.  90 f. gewürdigt.54 Die von den Zeitgenossen so tief empfundene „melancholy“ und „moroseness“ der Puritaner wari eben Folge der Brechung der Un­ befangenheit des „status naturalis“, und im Dienst dieser Zwecke stand auch die Verpönung gedankenlosen Redens. – Wenn Washington Irving („Bracebridge Hall“ cap.  XXX)55 den Grund teils in dem „calculating spirit“ des Kapitalismus, teils in der Wirkung der politischen Freiheit, welche zur Selbstverantwortlichkeit führe, sucht, so ist dazu zu sagen, daß für die romanischen Völker der gleiche Effekt ausblieb und für England die Dinge wohl so lagen: 1. Der Puritanismus befähigte seine Bekenner, freie Institutionen zu schaffen und doch eine Weltmacht zu werden[,] und 2. er verwandelte jene „Rechenhaftigkeit“ (wie Sombart jenen „spirit“ nennt),56 die in der Tat für den h–h  A, A1: Anm.  27 BS: S.   Anm.     i  A, A1: ist   49  Nach 2 Petr 1,10; vgl. oben, S.  302, Anm.  22. 50  Siehe unten, S.  492 f., Fn.  312. 51  Mt 12,36 [1892]: „[…] die Menschen müssen Rechenschaft geben am jüngsten Gericht von einem jeglichen unnützen Wort, das sie geredet haben.“ 52 Vgl. etwa Sackur, Ernst, Die Cluniacenser in ihrer kirchlichen und allgemeinge­ schichtlichen Wirksamkeit bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts, 1.  Band. – Halle a.S.: Max Niemeyer 1892, S.  50–55. Das bereits in der Benediktsregel enthaltene Schweig­ samkeitsgebot, das allerdings bald kaum mehr eingehalten worden sei, habe man, so Sackur, in der ersten Zeit der (Benediktiner-)Abtei Cluny (gegr. 910) wieder befolgt. (Wegen der Unvermeidlichkeit der Verständigung entwickelte sich aus Hand- und Ge­ sichtsbewegungen eine Zeichensprache (signa loquendi), die bereits im 11. Jahrhun­ dert in Cluny in Gebrauch gestanden habe.) 53 „Idle talk is a sinful consumer of time.“ Baxter, Christian Directory I, p.  365, aus chap. IX. „Directions for the Government of the Tongue“ (p.  342–375), Tit. 4 „Special Directions against Idle talk, and Babling“ (p.  362–367). Dass., ebd., p.  244. 54  Sanford, Great Rebellion, p.  90 f., inkl. der von Weber im folgenden zitierten Be­ griffe. 55  Weber bezieht sich mit „cap.  XXX“ auf Irvings Kurzgeschichte „English Gravity“ der Sammlung „Bracebridge Hall“ (1822). Darin fährt der Erzähler fort, nachdem der Old English Squire über die Veränderungen des „national character“ lamentiert hatte: „It may be still more attributed to the universal spirit of gain, and the calculating habits that commerce has introduced; but I am inclined to attribute it chiefly to the gradual increase of the liberty of the subject, and the growing freedom and activity of opinion.“ Irving, Bracebridge Hall, p.  173 (dass. bei Sanford, Great Rebellion, p.  91). 56  Vgl. Sombart, Der moderne Kapitalismus I, im Kapitel „Die Ausbildung des ökono­ mischen Rationalismus“, S.  391–397, bes. S.  395: Die Erfindung der doppelten Buch­ führung brachte „Rechenhaftigkeit und Schematistik“ mit sich.

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Luxus290), selbst durch mehr als der Gesundheit nötigen Schlaf291) – 6 bis höchstens 8 Stunden – ist sittlich absolut verwerflich292). Es heißt noch nicht wie bei Franklin: | „Zeit ist Geld“,57 aber der Satz gilt gewissermaßen im spirituellen Sinn: sie ist unendlich wertvoll, weil jede verlorene Stunde der Arbeit im Dienst des Ruhmes Gottes entzogen ist293). Wertlos und eventuell direkt | verwerflich ist daher auch untätige Kontemplation, mindestens wenn sie auf

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Kapitalismus konstitutiv ist, aus einem Mittel der Wirtschaft in ein Prinzip der ganzen Lebensführung. 290)  A. a. O. I S.  k243 f.k 58 291)  A. a. O. I S.  l242 f.l 59 292)  Ähnlich über die Kostbarkeit der Zeit Barclay a. a. O. S.  14.60 | 293)  Baxter a. a. O. S.  79:61 „Keep up a high esteem of time and be every day more B , C 168 S careful that you lose none of your time, thanm you are that you lose none of your gold n and silver. And if vain recreations , dressings, feastings, idle talk, unprofitable company, or sleep, be any of them temptations to rob you of any of your time, accordingly heighten your watchfulness.“ – „Those that are prodigal of their time despise their own souls“ meint Matthew Henry (Worth of the soul, W[orks] of Pur[itan] Div[ines] p.  319o).62 Auch hier bewegt sich die protestantische Askese in altbewährten Bahnen. Wir sind gewohnt, als dem modernen Berufsmenschen spezifisch anzusehen, daß er „keine Zeit hat“, und messen z. B. etwa – so schon Goethe in den „Wanderjahren“63 – das Maß der kapitalistischen Entwicklung daran, daß die Uhren die Viertelstunden

k–k  A, A1, BS, C: 111  l–l  A, A1, BS, C: 383 f.  m  A, A1, BS, C: then  n  A, A1, BS, C: recreation  o  A, A1, BS, C: 315   57  Vgl. oben, S.  151. 58  Vgl. Baxter, Christian Directory I, p.  243 f., über den „Time-wasting Thief  “, „unnecessary pomp“ etc., aus chap. V, Tit. 4 „The Thieves or Times-wasters to be watchfully avoided“ (p.  242–245). Die fehlerhafte Seitenangabe „111“ (vgl. textkritische Anm.  k) bezieht sich auf das unten, S.  420, Fn.  294 mit Anm.  66, wiedergegebene Zitat aus Baxter, Christian Directory I. 59  Vgl. Baxter, Christian Directory I, p.  242 f., über den „Thief or Time-waster“ „Excess of sleep. […] What is exceß? I answer, All that is more than is needful to our health and busineß “ (p.  242). Der Seitenbeleg „383 f.“ (vgl. textkritische Anm.  l) ist falsch. (Er könnte sich auf den „Idle Talk“ beziehen, vgl. oben, S.  418, Fn.  289 mit Anm.  53; in der den Editoren vorliegenden Ausgabe von Baxter, Christian Directory I, sind p.  363 f. falsch als 383 f. paginiert.) 60  Barclay, Apology, p.  14 (Proposition XV. „Concerning Salutations and Recreations, etc.“) benennt, was dazu verführt „to pass away the Precious Time“; Weber, Exzerpt, Bl.  30. 61  Das folgende Zitat: Baxter, Christian Directory II, p.  79, aus chap. XVII. „Directions for each particular member of the Family how to spend every ordinary day of the Week“ (p.  77–80). 62  Henry, The Worth of the Soul (Henry, Works of the English Puritan Divines VIII), Zitat p.  319. Dazu oben, S.  414 f., Fn.  285. 63  Vgl. Goethe, Wanderjahre, S.  211.

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Kosten der Berufsarbeit erfolgt294). Denn sie ist Gott minder wohlgefälligp als das aktive Tun seines Willens im Beruf 295). Überdies ist für sie der Sonntag da, und es sind nach Baxter immer diejenigen, A, A1 78 schlagen (so auch Sombart in seinem „Kapitalismus“).64 – Wir wollen aber | doch nicht vergessen, daß der erste Mensch, der (im Mittelalter) mit eingeteilter Zeit lebte, der Mönch war,q und daß die Kirchenglocken seinem Bedürfnis der Zeiteinteilung zuerst zu dienen hatten.65 294)  Vgl. Baxters Erörterungen des Berufes a. a. O. I p.  108 f.66 Darin folgende Stelle: Question: But may I not cast off the world that I may only think of my salvation? – Answer: You may cast off all such excess of worldly cares or business as unnecessarily hinder you in spiritual things. But you may not cast off all bodily employment and mental labour in which you may serve the common good. Every one as a member67 of Church or Commonwealth must employ their parts to the utmost for the good of the Church and the Commonwealth.68 To neglect this and say: I will pray and meditate, is as if your servant should refuse your greatest work and tye himself to some lesser easier part. And God hath commandeth you some way or other to labour for your daily bread and not to live as drones ons the sweat of others only. Gottes Gebot an Adam: „Im Schweiße deines Angesichtes“ … und Paulus’ Anweisung: „Wer nicht arbeitet, soll nicht essen“,t werden dazu zitiert.69 aVon den Quäkern war von jeher bekannt, daß auch ihre wohlhabendsten Kreise ihre Söhne zur Erlernung von Berufen anhielten70 (aus ethischen, nicht – wie dies Alberti empfiehlt71 – aus utilitarischen Gründen).a 295)  Hier liegen Punkte, in denen der Pietismus seines Gefühlscharakters wegen abweicht. Für Spener (s. Theol[ogische] Bedenken III p.  445) steht es, trotzdem er ganz im lutherischen Sinn betont, daß die Berufsarbeit Gottesdienst sei, doch – und auch das ist

p  A, A1: wohlgefällig,  q  Komma fehlt in A, A1.  r  A, A1, BS, C: easier  s A, A1, BS, C: of  t  Komma fehlt in A, A1.  a–a  Fehlt in A, A1.   64  Sombart, Der moderne Kapitalismus I, S.  395, handelt von den „Fortschritte[n] der öffentlichen Zeitmessung“, an denen man unter anderem den zunehmenden „Sinn für das Exakte“ sehen könne, und belegt aus der Literatur, ab wann es in Italien und Lon­ don öffentliche Uhren gab, „die die 24 Stunden schlagen“ (ebd., Anm.  5). 65  Glocken sind als Rufzeichen zum Gottesdienst und zu den „horae canonicae“ erst­ mals sicher von Gregor von Tours (gest. 595) belegt. Vgl. Müller, Nikolaus, Art. Gloc­ ken, in: RE3, 6.  Band, 1899, S.  703–709, hier S.  704. 66 Aus den „Directions for faithful serving Christ, and doing Good“, wie die Über­ schrift bei Baxter, Christian Directory I, für p.  108–117 lautet, das folgende Zitat aus Direction 21, p.  111. 67  Im Baxter-Zitat heißt es: „Every one that is a member […].“ 68  Auslassung Webers im Baxter-Zitat vor: „To neglect this […]“. 69  Gen 3,19 und 2 Thess 3,10.12, zitiert bei Baxter, Christian Directory I, p.  111. 70  Vgl. dazu das Zitat aus dem „Book of Disclipline“ der Quäker bei Clarkson, Portrai­ ture (zitiert von Weber, Sekten, unten, S.  512, Fn.  21), p.  121. „,Friends of all degrees […] are advised to take due care to bring up their children in some useful and neces­ sary employment, that they may not spend their precious time in idleness […]‘.“ 71  Vgl. Alberti, Della famiglia, p.  113; auch oben, S.  166, Fn.  35 mit Anm.  79.

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die in ihrem Berufe müßig sind, welche auch für Gott keine Zeit haben, wenn die Stunde dafür da ist296). | Demgemäß zieht sich eine immer wiederholte, zuweilen fast leidenschaftliche Predigt harter, stetiger, körperlicher oder geistiger Arbeit durch Baxters Hauptwerk297). Zwei Motive wirken hier

A, A1 79, BS, C 169

lutherisch – fest, daß die Unruhe der Berufsgeschäfte von Gott abziehe,72 – eine höchst charakteristische Antithese gegen den Puritanismus. 296)  A. a. O. p.  242:b 73 It’s they that are lazy in their callings that can find no time for holy duties. Daher die Ansicht, daß vorzugsweise die Städte – der | Sitz des rationalem BS, C 169 Erwerbe zugewendeten Bürgertums – Sitze der asketischen Tugenden seien. So sagt Baxter von seinen Handwebern in Kidderminster: And their constant converse and traffic with London doth much to promote civility and piety among tradesmen[,] in seiner cAutobiographie (Excerptc in den W[orks] of the Pur[itan] Div[ines] p.  XXXVIII).d 74 Daß die Nähe der Hauptstadt tugendstärkend sein soll, wird heutige – wenigstens deutsche – Geistliche in Erstaunen setzen. Aber auch der Pietismus zeigt ähnliche Anschauungen. So schreibt Spener gelegentlich einem jungen Amtsbruder: „Aufs wenigste wird sich zeigen, daß unter der starken Zahl in Städten, da zwar das Meiste ganz verrucht ist, doch immer noch einige gute Seelen sich hinwieder finden, an denen Gutes auszurichten; da besorglich in Dörfern zuweilen kaum etwas rechtschaffen gutes in einer ganzen Gemeinde sich findet.“ (Theol[ogische] Bed[enken] I, 66 p.  303.)75 – Der Bauer qualifiziert sich eben wenig für die as|ketische rationale Lebens- A, A1 79 führung. Seine ethische Glorifizierung ist sehr modern. Auf die Bedeutung dieser und ähnlicher Äußerungen für die Frage der Klassenbedingtheit der Askese gehen wir hiere nicht ein. 297)  Man nehme etwa folgende Stellen (a. a. O. p.  336 f.):76 „Be wholly taken up in diligent business of your lawful callings when you are not exercised in the more immediate service of God.“ – „Labour hard in your callings“ – „See that you have a calling which will find you employment for all the time which Gods immediate service spareth.“

b  Doppelpunkt fehlt in A, A1.  c–c  A, A1: Autobiographie, Excerpt  d Klammer fehlt in A, A1; BS, C: XXXVIII.)  e  In A folgt: noch   72  Aus Spener, Theologische Bedenken II (3. Cap., Artic.  IV, Sectio XVI., S.  440–450), S.  445, mit Unterstreichungen Webers im Exemplar der UB Heidelberg, besonders von „unruhe“ mit Randnotiz „lutherisch“. 73 Baxter, Christian Directory I, p.  242 (aus chap. V, Tit. 4 „The Thieves or Timewasters to be watchfully avoided“, p.  242–245). 74  Zitat nach Jenkyn, Essay on Baxter’s Life (Baxter, Works of the English Puritan Di­ vines IV, p. i–lviii), p.  xxxviii. 75  Spener, Theologische Bedenken I (1. Cap., Sectio LXVI), S.  303 (dort: „Aufs wenig­ ste wird sichs gemeiniglich zeigen“, „etwas gutes“ und „in einer ganzen Gemeinde sich antreffen laeßt.“). Satz von Weber im Exemplar der UB Heidelberg mit Randmar­ kierung versehen. 76  Baxter, Christian Directory I, p.  336 ff. (aus chap. VIII. „Directions for the Govern­ ment of the Senses“, p.  302–342), p.  336: „Take heed of Idleness, and be wholly […]“, die beiden folgenden Zitate p.  340 (mit leichten sprachlichen Änderungen).

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

zusammen298). Die Arbeit ist zunächst das alterprobte asketische Mittel, als welches sie in der Kirche des Abendlandes f, in scharfem Gegensatz nicht nur gegen den Orient, sondern gegen fast alle Mönchsregeln der ganzen Welt299),f von jeher geschätzt war300). Sie ist namentlich das spezifische Präventiv gegen alle jene Anfechtungen, welche der Puritanismus unter dem Begriff „unclean life“ zusammenfaßt,77 – und deren Rolle ist keine geringe. Die sexuelle 298) Daß die spezifische ethische Schätzung der Arbeit und ihrer „Würde“ nicht etwa ein dem Christentum ursprünglich eigener, oder gar eigentümlicher, Gedanke war, hat noch kürzlich wieder Harnack scharf betont (Mitt[eilungen] des Ev[angelisch]Soz[ialen] Kongr[esses] 14. Folge, 1905, Nr.  3/4, S.  48).78 g 299) Worauf dieser wichtige Gegensatz, der seit der Benediktinerregel offensichtlich vorliegt, beruht, kann erst eine viel umfassendere Betrachtung lehren.g 79 300)  So auch im Pietismus (Spener a. a. O. III p.  429, 430).80 Die charakteristisch pietistische Wendung ist: daß die Berufstreue, die uns wegen des Sündenfalls als Strafe auferlegt ist, der Ertötung des eignen Willens dient. Die Berufsarbeit ist als Liebesdienst am Nächsten eine Pflicht der Dankbarkeit für Gottes Gnade (lutherische Vorstellung!), und es ist daher Gott nicht wohlgefällig, wenn sie widerwillig und mit Verdruß getan wird (a. a. O. III p.  272).81 Der Christ wird sich also „so fleißig in seiner Arbeit erzeigen wie ein Weltmensch“ (III p.  273).h 82 Das bleibt offensichtlich hinter der puritanischen Anschauungsweise zurück. |

f–f  Fehlt in A einschließlich Index.   g–g  Fehlt in A.   h  A, A1: 278) BS, C: 278). 77 „There is some uncleanness in the best on Earth […]“; Baxter, Christian Directory II, p.  41 (aus chap. VII. „The mutual Duties of Husbands and Wives, towards each other“, p.  40–48, unter Direction 1 über die eheliche Liebe). 78  Gemeint ist Harnacks Beitrag „Der Wert der Arbeit nach urchristlicher Anschau­ ung“. Harnack, Wert der Arbeit, erschien in der angegebenen Ausgabe von „Evange­ lisch-Sozial. Mitteilungen des Evangelisch-Sozialen Kongresses“ vom 25. März 1905, worauf sich das bei der Überarbeitung nicht korrigierte „noch kürzlich“ (Weber) be­ zieht. 79 In der Regel Benedikts von Nursia heißt es im 48. Kapitel („Von der täglichen Handarbeit“), daß der Müßiggang ein Feind der Seele sei, weshalb sich die Brüder zu bestimmten Stunden mit Handarbeit, zu bestimmten Stunden mit geistiger Lesung be­ schäftigen müßten. Die Benediktsregel setzte sich mit der karolingischen Reform ge­ genüber anderen Mönchsregeln im Abendland durch. 80  Vgl. Spener, Theologische Bedenken II (3. Cap., Artic.  IV, Sectio XIV. „Antwort auff einige scrupul/ betreffend die kauffmannschafft“, p.  428–432), darin die Aussagen des folgenden Satzes von Weber im Exemplar der UB Heidelberg auf S.  429 unterstrichen und mit Marginalie „anders Baxter“ sowie Randmarkierung auf S.  430 versehen. 81  Vgl. Spener, Theologische Bedenken II (3. Cap., Artic.  III, Sectio I. „Fragen von der liebe des nechsten/ und beruffsarbeit“, S.  270–274), mit Webers Randmarkierung der entsprechenden Sätze auf S.  272 im Exemplar der UB Heidelberg. 82  Aus der Zusammenfassung des Abschnitts, Spener, ebd., S.  273. Das Zitat ist von Weber im Exemplar der UB Heidelberg unterstrichen und mit Randmarkierung verse­ hen.

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2.  Askese und kapitalistischer Geist

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Askese ist ja im Puritanismus nur dem Grade, nicht dem zugrundeliegenden Prin|zip nach von der mönchischen verschieden und infolge der Erfassung auch des ehelichen Lebens weitreichender als jene. Denn der Geschlechtsverkehr ist auch in der Ehe nur als das von Gott gewollte Mittel zur Mehrung seines Ruhmes, entsprechend dem Gebot: „Seid fruchtbar und mehret euch“,83 zulässig301).

BS, C 170

301)  „A sober procreation of children“ ist ihr Zweck nach Baxter.84 Ähnlich Spe- B , C 170 S ner,85 indessen mit Konzessionen an die grobe lutherische Ansicht, wonach Vermeidung der – sonst ununterdrückbaren – Unsittlichkeit Nebenzweck ist. Die Concupiszenz ist als Begleiterscheinung der Begattung auch in der Ehe sündlich und nach der Auffassung z. B. Speners erst Folge des Sündenfalles, der so einen natürlichen und gottgewollten Vorgang in etwas unvermeidlich mit sündlichen Empfin|dungen Ver- A, A1 80 knüpftes, und damit in ein pudendum, verwandelte. Nach der Auffassung auchi mancher pietistischer Richtungen ist die höchste Form der christlichen Ehe diejenige mit Bewahrung der Virginität,86 die nächsthöchste diejenige, in welcher der Geschlechtsverkehr ausschließlich der Kindererzeugung dientk 87 und so fort bis zu denen, die aus rein erotischen oder rein äußeren Gründen geschlossen werden und ethisch betrachtet als Konkubinate gelten. Dabei wird in diesen unteren Stufen die aus rein äußerlichen Gründen geschlossene Ehe (weil immerhin rationaler Erwägung entspringend) der erotisch bedingten vorgezogen. Die Herrnhuterl Theorie und Praxis mag hier außer Betracht bleiben. Die rationalistische Philosophie (Chr[istian] Wolff)88 übernahm die asketische Theorie in der Fassung: daß, was als Mittel zum Zweck verordnet sei: die

i  Fehlt in A.   k  A, A1: dient,  l  A, A1: Herrenhuter   83  Gen 1,28. 84  Baxter, Christian Directory II, p.  41 (aus chap. VII. „The mutual Duties of Husbands and Wives, towards each other“, p.  40–48), Direction 2: „Another Duty of Husbands and Wives is, Cohabitation and (where age prohibiteth not) a sober and modest conjunction for procreation.“ 85  Die Ausführungen Speners in Theologische Bedenken II (3. Cap., Artic. III, Sectio e  VIII. „Von der gebu hr christlicher eheleute unter einander […]“, S.  305–319), im folgen­ den S.  307–309. 86  So etwa der Pietist Ernst Christoph Hochmann von Hohenau (1670–1721), wobei er, wie auch andere Pietisten, das höchste Ideal in der Ehelosigkeit sieht, in der die Seele Christus als Braut oder Bräutigam erkennt. Vgl. Ritschl, Pietismus I, S.  423 f. 87  Vgl. Plitt, Zinzendorfs Theologie II, S.  372 f. (vgl. S.  328, Fn.  99), mit Zitat einer Äu­ ßerung Zinzendorfs: „Es liegt einmal im Ehestand eine Realität; für die grosseurs, die fleischlichen Leute, dasjenige grobe Gefühl, das sie darin suchen; für die subtilen Leute die Schöpfersidee, da die Menschen durch diesen Stand gewürdigt werden, ihre Menschlichkeit über die ordinaire Länge des menschlichen Lebens hinaus zu verlängern […].“ Der „Credit der Ehe“ hänge daran, daß Kinder gezeugt werden (Zita­ te S.  373). 88  Vgl. z. B. Wolff, Christian von, Grundsätze des Natur- und Völckerrechts worinn alle Verbindlichkeiten und alle Rechte aus der Natur des Menschen in einem beständigen Zusammenhange hergeleitet werden. Aus dem Lateinischen übers. von Gottlieb ­Samuel Nicolai. – Halle: Renger 1754, §§  854–874 („Von der Ehe, oder ehelichen Ge­ sellschaft“, S.  627–642), bes. §  854, S.  627 f. (Auf diese Schrift Wolffs verweist auch

424 BS, C 171, A, A1 80

Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

Wie | gegen religiöse Zweifel und skrupulöse Selbst|quälerei so wird auch gegen alle sexuellen Anfechtungen – neben | Konkupiszenz und ihre Stillung, nicht zum Selbstzweck gemacht werden dürfe. – Der Umschlag in den reinen hygienischm orientierten Utilitarismus ist schon bei Franklin vollzogen, der etwa auf dem ethischenn Standpunkt moderner Ärzte steht, unter „Keuschheit“ die Einschränkung des geschlechtlichen Verkehrs auf das gesundheitlich Wünschenswerte verstehto und sich über das Wie? bekanntlich auch theoretisch geäußert phat.89 Es istp, sobald diese Dinge überhaupt zum Gegenstand rein rationaler Erwägungen gemacht werden, diese Entwicklung noch überall eingetreten. Der puritanische und der hygienische Sexualrationalist gehen sehr verschiedene Wege, nur hier „verstehen sie sich gleich“: In einem Vortrage motivierte ein eifriger Vertreter der „hygienischen Prostitution“ – es handelte sich um Bordell- und Reglementierungseinrichtungen – die sittliche Statthaftigkeit des (als hygienisch nützlich angesehenen) „außerehelichen Geschlechtsverkehrs“ durch Bezugnahme auf seine dichterische Verklärung durch Faust und Gretchen.90 Die Behandlung Gretchens als einer Prostituierten und die Gleichwertungq des mächtigen Waltens menschlicher Leidenschaften mit dem Geschlechtsverkehr gesundheitshalberr, – dies beides entspricht durchaus dem puritanischen Standpunkt, ebenso z. B. die von sehr hervorragenden Ärzten gelegentlich vertretene echt fachmenschliches Auffassung, daß eine so in die subtilsten Persönlichkeits- und Kulturprobleme eingreifende Frage, wie die Bedeutung der sexuellen Abstinenz, „ausschließlich“ vor das Forum des Arztes (als des Fachmannest) gehöre:

m A: „hygienisch“  n A: „ethischen“  o  A, A1: versteht,  p–p A: hat. – Es ist eben  q A: Gleichstellung  r A: „gesundheitshalber“  s A: „fachmenschliche“  t A: „Fachmannes“   Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung. Eine Einführung. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1907, S.  297 und 405.) 89  In Franklins Tugendkatalog (Franklin, Sein Leben, S.  286–288) heißt es über die „Keuschheit“ (chastity): „Übe geschlechtlichen Umgang selten, nur um der Gesund­ heit oder Nachkommenschaft willen, niemals bis zur Stumpfheit, Schwäche oder zur Schädigung deines eigenen oder eines fremden Seelenfriedens oder guten Rufes“ (S.  287 f.). Zu dem Weiteren vgl. etwa ders., On early Marriage, in: The Works of Ben­ jamin Franklin, ed. by Jared Sparks, vol.  7. – Boston: Hillard, Gray, and Company 1838, p.  413–415. 90  Wegen der Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten vor allem in den Städten wa­ ren in Deutschland um die Jahrhundertwende die Reglementierung der Prostitution und ihre hygienischen Bedingungen ein auch unter Ärzten heftig diskutiertes Thema. Aus der Fülle an Schriften ließ sich zu Webers Bezugnahme auf Faust und Gretchen nur ein Vortrag von Max Fleischer ermitteln, den dieser 1904 im staatswissenschaftli­ chen Seminar der Frankfurter Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften gehal­ ten und später publiziert hat (vgl. Fleischer, Max, Zur Reglementierungsfrage der Pro­ stitution. – München: Seitz & Schauer 1905; das Vorwort stammt von März 1905). Der Autor, ein überzeugter Verfechter des reglementierten Bordellwesens, stellt der „hygie­ nischen Prophylaxis“ eine „moralische Prophylaxe für die Frauen“ an die Seite (S.  63). In diesem Zusammenhang erwähnt er Valentins Worte an Gretchen aus Goethes „Faust“: „Du fingst mit einem heimlich an, / Bald kamen ihrer mehre dran, / Und wenn Dich erst ein Dutzend hat, / So hat Dich auch die ganze Stadt“ (S.  64; dass. in: Goethe, Faust I, V. 3736–3739, S.  189 f.), die Weber im nachfolgenden Satz aufgreifen könnte.

2.  Askese und kapitalistischer Geist

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nüchterner Diät, Pflanzenkost und kalten Bädern – verschrieben: „Arbeite hart in deinem Beruf“302).

A, A1 81

bei den Puritanern ist der „Fachmann“ der moralistische, hier der hygienische Theoretiker, dagegen ist das auns leicht banausisch anmutendea Prinzip bder „Kompetenz“c zur Erledigung der Frageb – mit umgekehrtemd Vorzeichen natürlich – edasselbe. Dere mächtige Idealismus der puritanischen Anschauung fmit allen ihren Prüderien hatte aberf auch unter rassenkonservierendeng Gesichtspunkten und rein „hygienisch“ betrachtet, positive Erfolge aufzuweisenh, während die moderne Sexualhygienei wegen des für sie nun einmal unvermeidlichen Appells an die „Vorurteilslosigkeit“k in Gefahr | gerät, dem Faß, in welches sie schöpft, gleichzeitig den Boden auszuschlagen. – BS, C 171 Wie bei jener rationalen Deutung der geschlechtlichen Beziehungen bei den puritanisch beeinflußten Völkern schließlich doch jene Verfeinerung und geistig-ethische Durchdringung der ehelichen Beziehungen und jenel Blüten ehelicher | Ritterlichkeit A, A1 81 erwachsen sindm – im Gegensatz zu demn patriarchalen Brodem, der bei uns bis in die Kreise der Geistesaristokratieo noch in oft sehr fühlbaren Rückständen vorhanden pist –,p das bleibt hier natürlich außer Erörterung. (Täuferischeq Einflüsse sind rbei der „Emanzipation“s der Fraur mit beteiligt; der Schutz der Gewissensfreiheit der Frau und die Ausdehnung des Gedankens des „allgemeinen Priestertums“ auf sie waren auch hier die ersten Breschen im Patriarchalismus.)t 302)  Kehrt bei Baxter immer wieder.91 Biblische Unterlage ist regelmäßig entweder die uns von Franklin her bekannte (Sprüche Sal[omos] 22, 29)92 oder der Ruhm der Arbeit in Sprüche Sal[omos] 31, 10u. Cf. a. a. O. I S.  382, S.  377 usw.93

a–a Fehlt in A; möglicherweise sollte in A1 zunächst folgen (Zuordnung des inter­ linearen, gestrichenen Zusatzes nicht eindeutig): 〈rein menschlich angesehen, banau­ sische〉  dann folgt in A1: 〈bei uns〉 uns […]  b–b Fehlt in A.   c Anführungs­ zeichen fehlen in A1.  d A: teilweise umgekehrten  e–e A: dasselbe: fachmenschliches Banausentum mit sexuellem Banausentum verknüpft. Nur daß der A1: dasselbe 〈: die Kompetenz vom Standpunkt〉  möglicherweise sollte in A1 hier folgen: 〈rein menschlich angesehen, banausische〉  Zuordnung beider Streichungen zum Text nicht eindeutig.   f–f A: – mögen ihre Prüderien uns eng, oft lächerlich, zuweilen widerlich, erscheinen – A1: 〈– mögen ihre Prüderien uns 〈heute leicht〉 eng […] erscheinen –〉 mit allen ihren Prüderien hatte aber  g A: rassenkonservierenden   h  In A folgt: hatte  i A: „Sexualhygiene“ schon  k  In A folgt: überall  l A: die feinen  m  A, A1: sind,  n A: jenem bäurisch A1: jenem  o A: „Geistesaristokratie“  p  A, A1: ist, –  q  Klammer fehlt in A, A1.  r–r A: dabei entscheidend   s  Anführungszeichen fehlen in A1.  t  Klammer fehlt in A, A1.  u C: 16   91 Vgl. etwa Baxter, Christian Directory I, p.  340, von Weber zitiert oben, S.  421, Fn.  297 mit Anm.  76; zu Diät, Pflanzenkost und kalten Bädern vgl. Baxter, ebd., p.  335 f. (aus den „Directions against inward filthy Lusts“, p.  335–339). 92  Vgl. oben, S.  160 mit Fn.  33. 93  Ausführungen zu Spr 31,10–31 bei Baxter, Christian Directory I, p.  381 (aus „Direc­ tions about our Labour and Callings“, p.  376–387); p.  377 (ohne Bezug auf Spr) heißt es etwa: „Labour is needful to our health and life: […] Next to abstinence, labour is the chief preserver of health.“

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

Aber die Arbeit ist darüber hinaus, und vor allem, von Gott vorgeschriebener Selbstzweck des Lebens überhaupt303). Der paulinische Satz: „Wer nicht arbeitet, soll nicht essen“,94 gilt bedingungslos und für jedermann304). Die Arbeitsunlust ist Symptom fehlenden Gnadenstandes305). Deutlich zeigt sich hier die Abweichung von der mittelalterlichen Haltungv. Auch Thomas von Aquin hatte jenen Satz interpretiert. Aber nach ihm306) ist die Arbeit nur naturali ratione notwendig zur Erhaltung des Lebens des einzelnen und der Gesamtheit. Wo dieser Zweck wegfällt, zessiert auch die Geltung der Vorschrift. Sie trifft nur die Gattung, nicht jeden einzelnen. Wer ohne Arbeit von seinem Besitz leben kann, auf den bezieht | sie sich nicht, und ebenso steht natürlich die Kontemplation als eine geistliche Form | des Wirkens im Gottesreich über dem Gebot in seiner wörtlichen Auslegung. 303)  Selbst

Zinzendorf sagt gelegentlich: „Man arbeitet nicht allein, daß man lebt, sondern man lebt um der Arbeit willen,a und wenn man nichts mehr zu arbeiten hat, so leidet man oder entschläft“ (Plittb I S.  428).1 304) Auch einc Symbol der Mormonen schließt (nach Zitaten) mit den Worten: „Aber ein Träger oder Fauler kann kein Christ sein und selig werden. Er ist bestimmt, totgestochen und aus dem Bienenkorb herausgeworfen zu werden.“2 Indeß hier war es doch vorwiegend die grandiose, zwischen Kloster und Manufaktur die Mitte haltende Disziplin, welche den einzelnen vor die Wahl: Arbeit oder Ausmerzung, stellte und – verbunden freilich mit religiösem Enthusiasmus und nur durch ihn ermöglicht – die erstaunlichen ökonomischen Leistungen dieser Sekte hervorgebracht hat. 305)  Sie wird daher a. a. O. I S.  380 sorgsam in ihren Symptomen analysiert. – „Sloth“ und „idleness“ sind deshalb so eminent schwere Sünden, weil sie kontinuierlichen Charakter haben. Sie werden von Baxter geradezu als „Zerstörer des Gnadenstandes“ angesehen (a. a. O. I S.  d379/80d).3 Sie sind eben die Antithese des methodischen Lebens. 306)  S[iehe] obene S.  227 Anm.  58. | v  A, A1: Doktrin  a  Komma fehlt in A, A1.  b  A, A1: Plitt,  c  In A folgt: – mir nicht vorliegendes –  d–d  A, A1, BS, C: 279/80  e  In A, A1, BS folgt: Band XX   94  2 Thess 3,10. 1  Das Zitat Zinzendorfs bei Plitt, Zinzendorfs Theologie I, S.  428. 2  Schlußsatz im Glaubensbekenntnis (d. h. „Symbol“) der Mormonen, von Orson Hyde formuliert und 1849 veröffentlicht (die deutsche Übersetzung in verschiedenen Dar­ stellungen über die Mormonen). Vgl. Schlaginweit, Robert von, Die Mormonen oder die Heiligen vom jüngsten Tage. Von ihrer Entstehung bis auf die Gegenwart, 2.  Aufl. – Köln, Leipzig: Eduard Heinrich Mayer 1878, S.  136–138, S.  138 (dort: „[…] und nicht selig werden. Er ist eine Drohne und bestimmt, todtgestochen und hinausgeworfen zu werden aus dem Bienenstocke“). 3  Vgl. Baxter, Christian Directory I (aus „Directions against Idleness and Sloth“ [Mü­ ßiggang und Fauhlheit, Ed.], p.  379–383), p.  380: „Idleness is a temporary destruction […] of all the faculties of mind and body which should be exercised. […] Idleness and sloth are consumers of all the mercies of God […]“.

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Für die Populartheologie vollends lag ja die höchste Form mönchischer „Produktivität“ in der Mehrung des „thesaurus ecclesiae“4 durch Gebet und Chordienst. Nicht nur diese Durchbrechungen der ethischen Arbeitspflicht aber fallen bei Baxter selbstverständlich fort, sondern mit größtem Nachdruck schärft er den Grundsatz ein, daß auch der Reichtum von jener bedingungslosen Vorschrift nicht entbinde307). Auch der Besitzende soll nicht essenf ohne zu arbeiten, denn wenn er auch zur Deckung seines Bedarfs der Arbeit nicht benötigt, so besteht doch Gottes Gebot, dem er ebenso zu gehorchen hatg wie der Arme308). Denn für jeden ohne Unterschied hält Gottes Vorsehung einen Beruf (calling) bereit, den er erkennen und in dem er arbeiten soll, und dieser Beruf ist nicht wie im Luthertum309) eine Schickung, in die man sich zu fügen und mit der man 307)  Baxter a. a. O. I p.  108 ff.5 Speziell fallen folgende Stellen ins Auge: Question: But A, A 82, 1 will not wealth excuse us? – Answer: It may excuse you from some sordid sort of work, BS, C 172 by making you more serviceable to another, but you are no more excused from service of work … thanh the poorest man … Dazu a. a. O. I p.  376:6 Thoughi they (die Reichen) have no outward want to urge them, they have as great a necessity to obey God … God had strictly commandeth it (die Arbeit) to all. kS[iehe] Anm.  133 S.  303.k 308)  Ebenso Spener (a. a. O. III, 338, 425),7 der aus diesem Grunde namentlich die Neigung, vorzeitig in Pension zu gehen, als sittlich bedenklich bekämpft und – in Abwehr eines Einwands gegen die Rechtmäßigkeit des Zinsennehmens: der Zinsgenuß führe zur Faulheit – betont, daßl wer von seinen Zinsen leben könne, nach Gottes Befehl dennoch zur Arbeit verpflichtet sei.8 309)  Einschließlich des Pietismus. Spener operiert, wo es sich um die Frage des Berufswechsels handelt, stets damit, daß, nachdem einmal ein bestimmter Beruf ergriffen sei, das Verbleiben und Sich-Schickenm in diesem Pflicht des Gehorsams gegen Gottes Vorsehung sei. |

f A, A1: essen,    g A, A1: hat,    h A, A1, BS, C: then    i A, A1: „Though   k–k Fehlt in A, A1; BS, C: S. Anm.  1 f. S.  105/6 [lies: S. Anm.  5 S.  105/6]  l A, A1: daß,  m BS, C: Sich-schicken   4  Vgl. das Glossar, unten, S.  620. 5  Vgl. Baxter, Christian Directory I, p.  108–117 („Directions for faithful serving Christ, and doing Good“), das folgende Zitat p.  111 (dort: „serviceable in other“ und „from service and work […]“). 6 Webers Zitat aus den „Directions about our Labour and Callings“, Baxter, ebd., p.  376–379, p.  376 (dort: „necessity of obeying God“). 7  Vgl. Spener, Theologische Bedenken II (3. Cap., Artic. III, Sectio XI. „Ob zinse von ausgeliehnem geld zu nehmen“, S.  327–339), S.  338, sowie Spener, ebd. (3. Cap., Ar­ e tic. IV, Sectio XII. „Uber das verlangen eines Politici die welt-gescha ffte mit ruhigerem leben zu verwechseln“, S.  424 f.), S.  425. Die einschlägigen Stellen auf den ausgewie­ senen Seiten versah Weber im Exemplar der UB Heidelberg mit Randmarkierung. 8  Speners Auffassung vgl. unten, S.  432, Fn.  317.

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

sich zu bescheiden hat,9 sondern ein Befehl Gottes an den einzelnen, zu seiner Ehre zu wirken. Diese scheinbar leichte Nuance hatten weittragende psychologischeo Konsequenzen und hingp mit einer Weiterbildung jener providentiellen Deutung des ökonomischen Kosmos zusammen, welche schon der Scholastik geläufig war. Das Phänomen der Arbeitsteilung und Berufsgliederung der Gesellschaft hatte, wie andere, schon Thomas von Aquin, an den wir wieder am bequemsten anknüpfen,10 als direkten Ausfluß des göttlichen Weltplanes aufgefaßt. Aber die Eingliederung der | Men­ schen in diesen Kosmos erfolgt ex causis naturalibus und ist | zufällig („contingent“, nach dem scholastischen Sprachgebrauch).11 Für Luther wurde, wie wir sahen,12 die aus der objektiven historischen Ordnung folgende Eingliederung der Menschen in die gegebenen Stände und Berufe zum direkten Ausfluß göttlichen Willens und also das Verharren des einzelnen in der Stellung und in den Schranken, die Gott ihm zugewiesen hat, religiöse Pflicht310) q. Dies um so mehr, als eben die Beziehungen der lutherischen Frömmigkeit zur

r 310)  Mit welcher die ganze Lebensführung beherrschenden höchsten Pathetik die A, A1 83, BS, C 173 indisches Heilslehre den Berufstraditionalismus mit den Wiedergeburtschancen verknüpft, ist in dent Aufsätzen über die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ ausgeführt.13 Gerade daran kann man den Unterschieda bloßer ethischer Lehrbegriffeb von der Schaffung psychologischerc Antriebe bestimmter Art durch die Religion kennen lernen. Der fromme Hindu konnte günstige Wiedergeburtschancen nur durch streng traditionelle Erfüllung der Pflichten seiner Geburtskaste erlangen: die denkbar festeste religiöse Verankerung des Traditionalismus. Die indische Ethik ist tatsächlichd in diesem Punkt die konsequenteste Antithese der puritanischen, ebenso wie sie in anderer Hinsicht (ständischere Traditionalismus) die konsequenteste Antithese des Judentums ist.r 14

n  A, A1: hat  o  Fehlt in A.   p  A, A1: hängt  q  Index fehlt in A.   r–r  Fehlt in A.  s  In A1 nicht hervorgehoben.   t  In A1 folgt: 〈späteren〉  a  In A1 folgt: 〈der〉 b  In A1 nicht hervorgehoben.   c A1: psychischer*  d  In A1 folgt: 〈die〉  e A1: so* deren* > ständischer 9  Vgl. oben, S.  240–247. 10  So auch oben, S.  426. 11  Vgl. oben, S.  227, Fn.  58, mit Zitat Webers aus Thomas’ Quaestiones quodlibetales. 12  Wie oben, Anm.  9. 13  Vgl. Weber, Hinduismus, MWG I/20, bes. S.  205–208. 14  Im Hinduismus führt die Erfüllung der Kastenpflichten zu der Verbesserung der persönlichen Wiedergeburtschancen, im Judentum die Erfüllung der göttlichen Gebo­ te zur Erhöhung des gedrückten Volkes („Pariastellung“) zur „Herrenstellung in der Welt“. Vgl. Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22-2, S.  256 f., Zitate S.  256.

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„Welt“ überhaupt von Anfang an unsichere waren und blieben. Ethische Prinzipienf waren von Luthers, die paulinische Weltindifferenzg niemals ganz abstreifenden, Gedankenkreisenh aus für die Gestaltungi der Welt nicht zu gewinnen, und man mußte sie deshalb eben nehmen jwie sie warj und konnte nur dies zur religiösen Pflicht stempeln. – Wiederum anders nuanciert sich der providentielle Charakter des Ineinanderspielens der privatwirtschaftlichen Interessen in der puritanischen Anschauung. Welches der providentielle Zweck der Berufsgliederung ist, erkennt man, getreu dem puritanischen Schema pragmatischerk Deutung, an ihren Früchten. Über diese nun läßt sich Baxter in Ausführungen aus, welche in mehr als einem Punkte direkt an Adam Smiths bekannte Apotheose der Arbeitsteilung15 erinnern311). Die Spezialisierung der Berufe führt, weil sie die Übung (skill) des Arbeiters ermöglicht, zur quantitativen und qualitativen Steigerung der Arbeitsleistung und dient also dem allgemeinen Wohl (common best), welches mit dem Wohl möglichst vieler identisch ist. Ist soweit die Motivierung rein utilitarisch und durchaus verwandt mit manchen in der weltlichen Literatur der Zeit bereits üblichen Gesichtspunkten312), so Baxter a. a. O. I S.  377.16 deshalb lnicht etwal aus ihnen historisch ableitbarm. Vielmehr wirkt sich die ganz genuine calvinistische Vorstellung, daß der Kosmos der | „Welt“ dem Ruhmen BS, C 174 Gottes, seiner Selbstverherrlichung, diene, darin aus. Die utilitarischeo Wendung, daß der ökonomische Kosmos demp Zweck der Lebensfristung allerq (good of the many, common good etc.) dienen sollte, warr Konsequenz des Gedankens, daß jede andere Deutung zur (aristokratischen) Kreaturvergötterung führes, oder doch nicht Gottes Ruhm, sondern kreatürlichen „Kulturzwecken“ dienet. Gottes Wille aber, wie er sich 311) 

312)  Aber

f A: Prinzipien  g A: Welt-Indifferenz  h  A, A1: Gedankenkreise  i A: Gestal­ tung  j–j A: wie sie war  k A: „pragmatischer“   l–l A: nicht etwa  m A: ableitbar  n A: Ruhme  o A: utilitarische  p  A, A1, BS, C: den  q A: Aller r  A, A1: ist  s  A, A1: führt  t  A, A1: dient   15  Vgl. oben, S.  230 mit Fn.  60. Die Arbeitsteilung steigere, so Adam Smith, die Pro­ duktivität der Arbeit und führe zum Wohlstand. Die, welche am Wirtschaftsleben teil­ hätten, suchten ihren eigenen Vorteil, handelten aus Eigeninteresse und nicht aus Wohlwollen für andere. 16  Nach Baxter, Christian Directory I, Zitat p.  377 (aus „Directions about our Labour and Callings“, p.  376–387), gilt es, das öffentliche Wohl über das eigene zu stellen („The publick welfare, or the good of many, is to be valued above our own.“). Die Arbeit diene in erster Linie dem Vorteil des Individuums und sei ihm nützlich: Sie diene dem Erhalt seiner Geistes- und Körperfähigkeiten, sei die beste Medizin für Leben und Gesundheit und halte Versuchungen fern.

430 BS, C 174, A, A1 84

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tritt der charakteristisch puritanische Einschlag | als|bald hervor, wenn Baxter an die Spitze seiner Auseinandersetzungen das Motiv stellt: „Außerhalb eines festen Berufs sind die Arbeitsleistungen eines Menschen nur unstete Gelegenheitsarbeit und er verbringt mehr Zeit in Faulheit als in Arbeit“, und wenn er sie folgendermaßen beschließt: „und er (der Berufsarbeiter) wird seine Arbeit in Ordnung vollbringen, während ein anderer in ewiger Verwirrung steckt und sein Geschäft nicht Ort noch Zeit kennt313) … darum ist ein fester Beruf (,certain calling‘, an anderen Stellen heißt es ,stated calling‘) für jedermann das beste.“17 Die unstete Arbeit, zu welcher der gewöhnliche Tägelöhner gezwungen ist, ist ein oft unvermeidlicher, aber stets unerwünschter Zwischenzustand. Es fehlt eben dem Leben des „Beruflosen“ der systematisch-methodi-

(s. o. uAnm.  292 f. S.  120u) in der zweckvollen Gestaltung des ökonomischen Kosmos ausdrückt, kann eben, soweit diesseitige Zwecke dabei überhaupt in Betracht kommen, nur das Wohl der „Gesamtheit“:a die unpersönliche „Nützlichkeit“ sein. Der UtilitarisA, A1 84 mus ist alsob, wie früher gesagt,18 Konsequenz der unpersön|lichen Gestaltung der „Nächstenliebe“ und der Ablehnung aller Weltverherrlichung durch die Exklusivität des puritanischen „in majorem Dei gloriam“.19 Denn wiec intensiv dieser Gedanke: daß jede Kreaturverherrlichungd Gottes Ruhm Abbruch tuee und daher unbedingt verwerflich sei, den ganzenf asketischen Protestantismus beherrschte, zeigt sich deutlich in den Bedenken und der Mühe, die es selbst deng doch wahrlich nicht „demokratisch“ angehauchten Spener kostete, gegenüber den zahlreichen Anfragen den Gebrauch der Titel als ἀδιάφορονh 20 aufrecht zu erhalten. Er beruhigt sich schließlich damit, daß selbst in der Bibel der Prätor Festus vom Apostel mit κράτιστος tituliert werde.21 – Die politische Seite der Sache gehört inicht in dieseni Zusammenhang. 313) The inconstant man is a stranger in his own house , sagt auch Th[omas] Adamsk [] (Works of the Pur[itan] Div[ines] p.  77).22

u–u A, A1: I, Anm.  21    a A, A1: „Gesamtheit“,    b A, A1: eben    c A: wie d A: Kreaturverherrlichung  e  A, A1: tue,  f A: ganzen  g  A, A1: dem  h A, A1: ἀδιάφον  i–i A: in einen späteren  k  A, A1: Adams:   17 Weber übersetzt Baxter, Christian Directory I, p.  377 (aus „Directions about our Labour and Callings“, p.  376–387), die originalen Sätze dort unter Direction 2. 18  Siehe oben, S.  288–294. 19  Zum Zitat vgl. oben, S.  289, Fn.  116 mit Anm.  59 und 60, und S.  291. 20  Griech., Tl.  adiáphoron, wörtl. „Nicht-Unterschiedenes“. 21 Vgl. Spener, Theologische Bedenken I, S.  302 f. (vgl. oben, S.  396, Fn.  264 mit Anm.  51). – Tl.  (griech.) krátistos, „hochansehnlich, hochverehrt“, in Apg 26,25 ehren­ de Anrede des Prokurators von Judäa. 22  Adams, Semper Idem, or the Immutable Mercy of Jesus Christ (Adams, Works of the English Puritan Divines V, p.  69–86), p.  77 (von Weber mit Unterstreichung und Randmarkierung im Exemplar der UB Heidelberg versehen). Das christliche Leben solle „an imitation of Christ’s constancy“ sein (p.  76).

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sche Charakter, den, wie wir sahen,23 die innerweltliche Askese verlangt. Auch nach der Quäkerethik soll das Berufsleben des Menschen eine konsequente asketische Tugendübung, eine Bewährung seines Gnadenstandes an seiner Gewissenhaftigkeit sein, die in der Sorgfalt314) und Methode, mit welcher er seinem Beruf nachgeht, sich auswirkt. Nicht Arbeit an sich, sondern rationale Berufsarbeit ist eben das von Gott Verlangtel. Auf diesem methodischen Charakter der Berufsaskese liegt bei der puritanischen | Berufsidee stets der Nachdruck, nicht, wie bei Luther, auf dem Sichbescheiden mit dem einmal von Gott zugemessenen Los315) m. Daher wird nicht nur die Frage, ob jemand mehrere callings kombinieren dürfe, unbedingt bejaht – wenn es für das allgemeine Wohl oder das eigene316) zuträglich und nie|mandem sonst abträglich ist und wenn esn nicht dazu führt, daß man in einem der kombinierten Berufe ungewissenhaft („unfaithful“) wird.24 Sondern es wird auch der

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314)  S[iehe] speziell darüber George Fox’ Äußerungen in The Friends’ Library (ed. W[illiam] & Th[omas] Evans Philadelphia 1837 ff.) Vol. I p.  130.25 | o 315)  Vollends kann natürlich diese Wendung der religiösen Ethik nicht als Reflex B , C 175 S der tatsächlichen ökonomischen Verhältnisse angesehen werden. Die Berufsspezialisierung war im italienischen Mittelalter natürlich eher weitergehend alsp in England in jener Periode.o 316)  Denn Gott hatq – wie in der puritanischen Literatur sehr oft hervor|gehoben A, A 85 1 wirdr – nirgends befohlen, daß man den Nächsten mehr lieben sollte als sich selbst, sondern wie sich selbst.26 Man hat also auch die Pflicht der Selbstliebe. Wer z. B. weiß, daß er selbst seinen Besitz zweckmäßiger und also mehr zu Gottes Ehre verwendets als der Nächste es könnte, ist durch die Nächstenliebe nicht verpflichtet, diesem davon abzugeben.

l A, A1: verlangte  m Index fehlt in A.   n In A folgt: auch  o–o Fehlt in A. p  In A1 folgt: 〈im〉  q  A, A1: hat,  r  A, A1: wird,  s  A, A1: verwendet,   23  Siehe oben, S.  257–411. 24  Weber referiert Baxter, Christian Directory I, p.  377 (aus „Directions about our La­ bour and Callings“, p.  376–387), unter Direction 2. 25 Vgl. George Fox’ verschiedentliche Ratschläge zu „Trade and Business“, vgl. Friends’ Library I, p.  131 f. (Die Zeitschrift erschien in Philadelphia: Joseph Rakestraw 1837–1850.) 26  Baxter, Christian Directory IV, bes. chap. XXVII. „Cases and Directions for loving our Neighbour as our selves“ (p.  242–245), differenziert p.  243: „Must I love any one more than my self ? Answ. Yes; every one that is and appeareth better than your self. Your sensitive Love to another cannot be as much as to your self: And your beneficence (ordinarily) must be most to your self, because God in nature and his Laws hath so appointed it: And your benevolence to your self and to others must be alike; but your rational estimation, and Love or complacence (with the honor and praise atten­

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Wechsel des Berufs als keineswegs an sich verwerflich angesehen, wenn er nicht leichtfertig, sondern um einen Gott wohlgefälligeren317)[,] und das heißt dem allgemeinen Prinzip entsprechend: nützlicheren Beruf zu ergreifen[,] erfolgt.27 Und vor allem: die Nützlichkeit eines Berufs und seine entsprechende Gottwohlgefälligkeit richtet sich zwar in erster Linie nach sittlichen und demnächst nach Maßstäben der Wichtigkeit der darin zu produzierenden Güter für die „Gesamtheit“, aber alsdann folgt als dritter und natürlich praktisch wichtigster Gesichtspunkt: die privatwirtschaftliche „Profitlichkeit“318). Denn wenn jener Gott, den der Puritaner in allen | Fügungen des Lebens wirksam sieht, einem der Seinigen eine Gewinnchance zeigt, so hat er seine Absichten dabei. Und mithin hat der gläubige Christ diesem Rufe zu folgen, indem er sie 317)  Auch Spener kommt diesem Standpunkt nahe. Aber er bleibt doch selbst in dem Fall, daß es sich um den Übertritt aus dem (sittlich besonders gefährlichen) Kaufmannsberuf zur Theologie handelt, höchst zurückhaltend und eher abmahnend (III S.  435, 443, I S.  524).28 Die häufige Wiederkehr der Beantwortung gerade dieser Frage (nach der Erlaubtheit des Berufswechsels) in Speners naturgemäß stark gesichteten Gutachten zeigt, beiläufig bemerkt, wie eminent praktisch im Alltagsleben die verschiedene Art der Deutung von 1. Kor. 7 war.29 318)  Derartiges findet sich wenigstens in den Schriften der führenden kontinentalen Pietisten nicht. Speners Stellung zum „Gewinn“ schwankt zwischen Luthertum („Nahrungs“-Standpunkt)30 und merkantilistischen Argumentationen von der Nütz-

ding it) must be more to every one that is better than your self: For that which is best is most amiable: and that which hath most of God.“ 27  Vgl. Baxter, Christian Directory I, p.  377, mit Verweis auf die Ausführungen zum Berufswechsel unter „Directions for faithful serving Christ, and doing Good“, p.  108– 117, hier p.  110 f., unter Direction 20. 28 Vgl. Spener, Theologische Bedenken II (3. Cap., Artic. IV, Sectio XV. „Von dem vorhaben die kauffmannschafft zu verlassen“, S.  432–440), gemeint vermutlich S.  439 mit dem Rat zum Verbleiben im Kaufmannsberuf, weil alle Dinge unter der göttlichen Providenz stünden, es sich also um eine göttliche Berufung handele (von Weber mit Randmarkierung im Exemplar der UB Heidelberg und Marginalie: „anders Baxter“ ver­ sehen). Ähnlich in der folgenden Sectio XVI. „Ob man die handlung/ um sich der welt e loßzureissen/ bey noch habenden schulden/ verlassen ko nne“ (S.  440–450), S.  443 e  (dort in der Passage zum „gottlichen beruff“, der das Gewissen binde und eine freie Wahl hindere, notiert Weber: „Lutherisch“); Spener, Theologische Bedenken I, S.  524 (vgl. oben, S.  284 f., Fn.  111 f.). 29  Vgl. Spener, Theologische Bedenken II, S.  426, der in diesem Kontext 1 Kor 7 zi­ tiert. 30  Vgl. oben, S.  238 f.; dazu oben, S.  177 mit Anm.  42.

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sich zunutze macht319). | „Wenn Gott Euch einen Weg zeigt, auf dem Ihr ohne Schaden für Eure Seele oder für andere in gesetzmäßiger Weise mehr gewinnen könnt a als auf einem anderen Wege

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lichkeit des „Flors der Commerzien“ u. dgl. (a. a. O. III S.  330, 332,31 vgl. I S.  680b:32 der Tabakbau bringt Geld ins Land und ist daher nützlich, also nicht sündlich!) hin und her (vgl. III S.  426, 427, 429, 434),33 verfehlt aber nicht darauf hinzuweisen, daß, wie das Beispiel der Quäker und Mennoniten zeige, man Profit machen und doch fromm bleiben könne, ja daß besonders hoher Profit sogar – worüber wir später noch zu reden haben werden34 – direktes Produkt frommer Redlichkeit sein könne (a. a. O. S.  435).35 | 319)  Diese Ansichten sind bei Baxter nicht etwa eine Wiederspiegelungc des ökono- B , C 176 S mischen Milieus, in dem er lebte. Im Gegenteil hebt seine Autobiographie hervor, daß für die Erfolge seiner inneren Missionsarbeit mit entscheidend gewesen | sei, daß die- A, A1 86 jenigen Händler, welche in Kidderminster angesessen waren, nicht reich gewesen seien, sondern nur „food and raiment“ verdient und daß die Handwerksmeister nicht besser als ihre Arbeiter, „from hand to mouth“, zu leben gehabt hätten.36 „It is the poor that receive the glad tidings of the Gospel.“ – Th[omas] Adams bemerkt über das Streben nach Gewinn: „He (the knowing man) knows … that money may make a man richer,

a  A, A1: könnt,  b  A, A1, BS, C: 418  c  A, A1: Widerspiegelung   31  „Flor der Commerzien“, etwa: Blühen der Wirtschaft, u. a. im Merkantilismus häufig gebraucht. Zu Spener, Theologische Bedenken II (3. Cap., Artic. III, Sectio XI. „Ob zinse von ausgeliehnem geld zu nehmen“, S.  327–339), S.  330 und S.  332, hier S.  330: „[. . .] nicht zwahr nur reichthum vor sich zu sammeln/ sondern immer in dem stande zu e e seyn/ daß er auch mo ge an guten wercken desto reicher werden. Es ist eine u bung der liebe gegen das publicum, welchem an beforderung der commercien ein grosses ge­ e legen ist/ die aber menschlicher weise ohne dergleichen zinse nicht wol mo chten zu stand gebracht oder erhalten werden.“ Weber versah die Stellen auf den angegebe­ nen Seiten im Exemplar der UB Heidelberg mit Randmarkierungen, auf S.  330 von e „daß er auch mo ge“ bis „grosses gelegen ist“. 32  Zu dem einträglichen Tabakbau vgl. Spener, Theologische Bedenken I, S.  680 (ein Bezug zu S.  418 – vgl. textkritische Anm.  b – ist nicht erkennbar). Diese Stelle ist von Weber im Exemplar der UB Heidelberg unterstrichen und mit doppelter Randmarkie­ rung versehen. 33 Vgl. Spener, Theologische Bedenken II, auf den ausgewiesenen Seiten: S.  426, 427 (aus: 3. Cap., Artic. IV, Sectio XIII. „Gefahr unsrer zeiten. Regeln eines christlichen kauffmanns: absonderlich wegen zoll und accise“, S.  425–428), S.  429 (aus Sectio XIV. „Antwort auff einige scrupul/ betreffend die kauffmannschafft“, S.  428–432) und S.  434 (aus Sectio XV. „Von dem vorhaben die kauffmannschaft zu verlassen“, S.  432–440). Im Exemplar der UB Heidelberg weisen die Seiten Markierungen und Unterstreichun­ gen von Weber auf. 34  Siehe unten, S.  466: „Kapitalbildung durch asketischen Sparzwang“. 35  Passage von Spener, Theologische Bedenken II, S.  435, von Weber im Exemplar der UB Heidelberg mit Randmarkierung versehen. 36 Sehr wahrscheinlich entnimmt Weber die Zitate aus Baxters „Autobiographie“: Jenkyn, An Essay on Baxter’s Life, Ministry, and Theology (Baxter, Works of the English Puritan Divines IV, p. i-lviii), p. xl; Passage möglicherweise von Weber im Exemplar der UB Heidelberg mit einer Randmarkierung versehen.

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und Ihr dies zurückweist und den minder gewinnbringenden Weg verfolgt, dann kreuzt Ihr einen der Zwecke Eurer Berufung (calling), Ihr weigert Euch, Gottes Verwalter (stewardd) zu sein und seine Gaben anzunehmen, um sie für ihn gebrauchen zu können, wenn er es verlangen sollte. Nicht freilich für Zwecke der Fleischeslust und Sünde, wohl aber für Gott dürft Ihr arbeiten, um reich zu sein“320). Der Reichtum ist eben nur als Versuchung zu faulem Ausruhen und sündlichem Lebensgenuß bedenklich und das Streben danach nur dann, wenn es geschieht, um später sorglos und lustig leben zu können. Als Ausübung der Berufspflicht aber ist es sittlich nicht nur gestattet, sondern geradezu geboten321). Das not better, and thereforee chooseth rather to sleep with a good conscience than a full pursef … therefore desires no more wealth than an honest man may bear away“ – aber soviel will er eben doch auchg (Th[omas] Adams, Works of Pur[itan] Div[ines] LI)h i,37 und das heißt: daß jeder formal redliche Verdienst auch legitim ist.i 320)  So Baxter a. a. O. I ch. X tit. 1 Dir[ection]j 9 (§  24)k S.  378 Spalte 2.38 Sprüche Sal[omos] 23, 4: „Arbeite nicht, um reich zu sein“ bedeute nur: riches for our fleshly ends must not ultimately be intended.39 Der Besitz in der feudal-seigneurialen Form seiner Verwendung ist eben das Odiöse (cf. die Bemerkung a. a. O. I p.  380 über den debauched part ot the gentry),40 nicht Besitz an sich. – Milton in der ersten defensio prol populo Anglicano hat die bekannte Theorie, daß nur der „Mittelstand“ Träger der Tugend sein könne – wobei „Mittelstand“ als „bürgerliche Klasse“ im Gegensatze gegen „Aristokratie“ gedacht ist, wie die Begründung zeigt, daß sowohl „Luxus“m als „Not“ die Tugendübung hindere.41 321)  Dies ist das Entscheidende. – Dazu nochmals die allgemeine Bemerkung: Es kommt natürlich hier für uns nicht sowohl darauf an, was die theologische ethische BR, C 177 Theorie begrifflich entwickelten, sondern darauf, was im praktischen | Leben der Gläu-

d  A, A1, BS, C: (stewart  e  A, A1, BS, C: thereupon  f BS, C: pure  g  A, A1: auch.  h  A, A1, BS, C: LI.)  i–i  Fehlt in A, A1.  j  A, A1, BS, C:  Dis.  k  In A, A1, BS, C folgt: Vol. I  l  A, A1, BS: par  m  A, A1: „Luxus“  n  A, A1: entwickelt   37  Einen ähnlichen Kommentar schrieb Weber an den Rand des Exemplars in der UB Heidelberg („NB! das selbe* will er auch!“). Das Zitat entstammt Stowell, Introduc­ tion to Adams’ Works (Adams, Works of the English Puritan Divines V, p. ix–lxiii), p. li. Die zitierten Sätze sind außerdem von Weber unterstrichen. 38  Webers Übersetzung von Baxter, Christian Directory I, aus den „Directions about our Labour and Callings“, p.  376–387, Direction 9 (§  24), p.  378. 39  Spr 23,4 und die Deutung (es handelt sich um ein Zitat) bei Baxter, ebd. 40  Vgl. Baxter, ebd., aus den „Directions about our Labour and Callings“, p.  376–387, über den „debauched [ausschweifenden, Ed.] part of the gentry“, p.  380. 41  Bezug ist nach der Erstausgabe: Milton, Pro populo anglicano defensio, Cap. VII, p.  139 f. Milton definiert die „mittlere“ Schicht des englischen Volkes bei seiner Vertei­ digung der Volkssouveränität als diejenige, „aus deren Zahl fast die klügsten und in Staatssachen erfahrensten Männer sind. Die Übrigen hat einerseits Luxus und Reich­

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Gleichnis ovon jenem Knechto, der ver|worfen | wurde, weil er mit demp ihm anvertrauten Pfunde nicht gewuchert hatte,42 schien das

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bigen geltende Moral qwar, wie alsoq die religiöse Orientierung der Berufsethik praktisch wirkte. Man kann wenigstens gelegentlich in der kasuistischen Literatur des Katholizismus, namentlich des jesuitischen, Erörterungen lesen, welche – z. B. über die Frage der Erlaubtheit des Zinses, auf welche wir rhier nichtr eingehen – denjenigens vieler protestantischert Kasuisten ähnlich klingen, ja | in dem, was für „erlaubt“ oder A, A1 87 für „probabel“u gilt, darüber hinauszugehen scheinen43 a(den Puritanern ist später oft genug die jesuitische Ethik als im Grunde der ihrigen ganz gleichartig entgegengehalten worden)a. Wie die Calvinisten katholische Moraltheologen, nicht nur Thomas von Aquino, Bernhard v[on] Clairvaux, Bonaventura, sondern auch zeitgenössische zu zitieren pflegen, so nahmen – was wir hier nicht näher erörtern – die katholischen Kasui­ sten von der häretischen Ethik regelmäßig Notiz. bVon dem entscheidenden Umstande der religiösen Prämiierung des asketischen Lebens für den Laien ganz abgesehen aber ist der gewaltige Unterschied schon in der Theorie ebenb der: daß diese latitudinarischen Ansichten im Katholizismus von der kirchlichen Autorität nicht sanktionierte Produkte spezifisch laxer ethischer Theorien waren, denen gerade die ernstesten und strengsten Anhänger der Kirche fernstanden, während umgekehrt die protestantischec Berufsidee gerade die ernstestend Anhänger asketischen Lebens edem Erfolg nache in den Dienst des kapitalistischen Erwerbslebens stellte. Das was dort bedingungsweise erlaubt sein konnte, erschien hier als etwas positiv sittlich Gutes. Die praktisch sehr wichtigen grundlegenden Differenzen der beiderseitigen Ethik waren fauch für die Neuzeitf seit dem Jansenistenstreit und der Bulle „Unigenitus“ endgültig festgelegt.44

o–o A: vom Schalksknecht    p In A folgt: von Gott    q A, A1: war und wie   r–r A: in einem späteren Kapitel A1: hier 〈auch〉 〈noch gar〉 nicht  s  A, A1, BR, C: derjenigen ; lies: denjenigen Erörterungen  t  A, A1, BR, C: protestantischer  u A, A1: „probabl“  a–a Fehlt in A.   b–b A: Der gewaltige Unterschied ist aber   c A: protestantische  d In A nicht hervorgehoben; in A1 unterstrichen, aber ohne zusätzlich Satzanweisung zur Hervorhebung.   e–e  Fehlt in A.   f–f  Fehlt in A.   thum, andererseits Armuth und Mangel von der Tugend und dem Studium der Staats­ wissenschaft größtentheils abwendig gemacht“. Zitiert nach: Milton, Vertheidigung, S.  274. 42  Das Gleichnis: Mt 25,14–30; Lk 19, 11–27. 43  Beispiele dafür gibt Huber, Johannes, Der Jesuiten-Orden nach seiner Verfassung und Doctrin, Wirksamkeit und Geschichte. – Berlin: C. G. Lüderitz’sche Verlagsbuch­ handlung Carl Habel 1873 (Webers Handexemplar in der Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München; hinfort: Huber, Jesuiten-Orden), S.  284–304. Der Jesuitismus pflegte eine kasuistische Behandlung der Moraltheologie, und diese war stark vom Probabi­ lismus beeinflußt, der zu einer oftmals als „lax“ bezeichneten Beichtpraxis führte (vgl. dazu ausführlich Döllinger/Reusch, Moralstreitigkeiten I). Vgl. oben, S.  233, zu „Proba­ bilismus“ das Glossar, unten, S.  615 f. 44  Vgl. dazu etwa Huber, Jesuiten-Orden (wie vorherige Anm.), S.  438–495 („Der Jan­ senismus“). Huber beschreibt den ca. 120 Jahre währenden unerbittlichen Streit zwi­ schen den Jansenisten und den Jesuiten: Er entzündete sich an der von Cornelius Jansen in seinem „Augustinus“-Buch (1640) vertretenen Gnadenlehre, und Blaise Pascal wandte sich in den sog. „Lettres provinciales“ (1656/57) mit großer Wirkung

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ja auch direkt auszusprechen322). Arm sein wollen hieße, wie häufig argumentiert wurde, dasselbe wie krank sein wollen323), es wäre als Werkheiligkeit verwerflich und Gottes Ruhm abträglich. Und vollends das Betteln eines zur Arbeit Befähigten ist nicht nur als Träg322)  You may labour in that manner as tendeth most to your success and lawful gain. You are bound to improve all your talents … Folgt die oben im Text übersetzte Stelle.45 – Direkte Parallelisierung des Strebens nach Reichtum im Gottesreich mit dem Streben nach Erfolg im irdischen Beruf z. B. bei Janeway, Heaven upon earth (in den Works of the Pur[itan] Div[ines]g p.  275 unten)h.46 323)  Schon in der (lutherischen) Konfession Herzog Christophs von Württemberg, die dem Konzil von Trient eingereicht wurde, wird gegen das Gelübde der Armut geltend gemacht: Wer nach seinem Stand arm ist, solle es tragen, aber wenn er gelobt[,] es zu bleiben, so ist dies dasselbe, als ob er gelobte, dauernd krank zu sein oder üblen Leumund zu haben.47

g  A, A1, BR: Div.)  h  Klammer fehlt in A, A1, BR.   gegen die jesuitische Morallehre (wie 1643 schon Antoine Arnauld). Um die ihm ver­ haßten Jansenisten auszuschalten, betrieb der französische König Ludwig XIV. die Veröffentlichung der Konstitution (in Form einer Bulle) „Unigenitus“ (1713) durch Papst Clemens XI. Der Streit dauerte jedoch fort; nun stritten die „Acceptanten oder Consti­ tutionisten“ mit den „Appellanten“, die der Meinung waren, die Konstitution verstoße gegen die katholische Glaubens- und Sittenlehre. 45  Baxter, Christian Directory I, p.  378, Dir. 9 (dort: „your Masters Talents“); die Stelle hier oben, S.  433 f. 46  Janeway, Heaven upon Earth (Janeway, Works of the English Puritan Divines VII), p.  275: „If you intend to do anything in religion to any purpose, you must buckle to your business at another guess rate than most of the professors of the world do: you must take as much pains about your souls as men do about their bodies or estates.“ 47  Im Bekenntnis von Herzog Christoph heißt es in Artikel 26 „Von Kloster Glübden“ über das Armutsgelübde: „Also ists auch nicht recht, Armut zugloben. Denn eintweder bist du deines Stands oder Herkommens halben arm, und besitzest nicht zeitliche Güter, so soltu das Creutz, das dir von Gott auffgelegt ist, gedultiglich tragen. Und so du über das die Armut globest, thust du nichts anders, denn so du in der Kranckheit globen wölltest, für und für kranck zu sein. Oder so du ein böß Geschrey hast, globen wölltest, dein Lebenlang ein böß Geschrey zuhaben […]“. Hier zitiert nach: Vollst., hi­ storisch und kritisch bearb. Sammlung der württembergischen Geseze, hg. von A. L. Reyscher, 8.  Band. – Tübingen: Ludw. Friedr. Fues 1834, S.  150. – Das im Auftrag Herzog Christophs 1551, d. h. während des „Interim“ von 1548, im wesentlichen von Johannes Brenz verfaßte Bekenntnis wurde am 24. Januar 1552 „im Namen“ des Her­ zogs dem Konzil von Trient zum Vortrag und zur Verteidigung der protestantischen Sache übergeben, wurde dort allerdings nicht behandelt. Es ging 1553 in die Kleine und 1559 in die Große Württembergische Kirchenordnung ein.

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heit sündlich, sondern auch nach des Apostels Wort gegen die Nächstenliebe324).48 | 324)  So bei Baxter49 und z. B. in der Konfession Herzog Christophs.50 Vgl. ferner Stellen wie: „… the vagrant rogues whose lives are nothing but an exorbitant course: the main begging“ etc. (Th[omas] Adams, W[orks] of Pur[itan] Div[ines] p.  259).51 iSchon Calvin hatte das Betteln strikt verboten,52 und die holländischen Synoden eifern gegen die Bettelbriefe und Attestationen für Zwecke des Bettels.53 Während die Epoche der Stuarts, insbesondere das Regime Lauds unter Karl I. das Prinzip der behördlichen Armenunterstützung und Arbeitszuweisung an Arbeitslose systematisch ausgebildet hatte,54 war das Feldgeschrei der Puritaner: „Giving | alms is no charity[“] BR, C 178 (Titel der späteren bekannten Schrift Defoes)55 und begann gegen Ende des 17. Jahrhunderts das Abschreckungssystem der „Workhouses“ für Arbeitslose56 (vgl. Leonard,

i–i (S.  438) Fehlt in A, A1.   48  Gemeint ist das „neutestamentliche Arbeitsgebot“ 2 Thess 3,10 [1892]: „[…] so jemand nicht will arbeiten, der soll auch nicht essen.“ Dazu oben, S.  231, Fn.  61 mit Anm.  28. 49  Das „neutestamentliche Arbeitsgebot“ 2 Thess 3,10 wird mehrfach eingeschärft von Baxter, Christian Directory I, „Directions about our Labour and Callings“ (p.  376– 387): „If any man will not work, neither should he eat“ (hier p.  376, p.  377, p.  380 f. u. ö.). Baxter unterscheidet die Armen, die aus Not betteln, von denjenigen, die aus Faulheit von ihrem Bettel leben. Letztere seien nach den Reichen „the second rank of Idle persons in the Land“ (p.  382, ohne nähere Erläuterung; unter „Idleness“, einer Sünde, versteht Baxter Pflichtvernachlässigung und -vergessenheit, vgl. p.  379). 50  Im Artikel „Von Kloster Glübden“ (wie oben, S.  436, Anm.  47, ebd.): „Oder hastu zeittliche Güter, und globest, du wöllest sie verlassen, in Armut leben, und dich mit dem Bettel erneeren, das du auß Verdienst dises Glübdts, das ewige Leben erlangest. Als dann so ist diß Glübdt stracks wider die Liebe des Nächsten, wölche erfordert, das du ausserthalb der not, niemandts mit Betteln beschwärlich sein sollest.“ 51 Zitat: Adams, Politic Hunting (Adams, Works of the English Puritan Divines V, p.  227–260), p.  259, im Exemplar der UB Heidelberg von Weber durch Unterstrei­ chung („vagrant rogues“) und Randstrich markiert. 52  Vgl. Kampschulte, Calvin I, S.  429 (dort ohne Quellenangabe). Das Bettelverbot war bereits in Calvins Entwurf der Genfer Kirchenordnung von 1541 und in den „Or­ donnances ecclésiastiques“ von 1561 enthalten (vgl. CR 38/I, Sp.  25; ebd., Sp.  103). 53  Reitsma, Acta VI (aus den Akten der Synode zu Bolsward 1601), S.  119 [Nr.  25]; auch z. B. Reitsma, Acta II, S.  17, 120 f. u. ö. 54  Nach Levy, Ökonomischer Liberalismus (im in dieser Fn. unten, S.  438 mit Anm.  57, genannten Kapitel), S.  73–75, wurde die Armengesetzgebung, die seit Elisabeth I. be­ stand, unter Karl I. durch eine administrative Organisation unterstützt. Ziel waren Ren­ ten für Witwen, Waisen und Kranke, während die Arbeitslosen Arbeitsgelegenheiten erhalten sollten. Zuständig für die Durchführung war ein „Council“, der seit 1630 loka­ le „Committees“ (Sonderausschüsse) bildete, welche die Armenpflege in die Hand nahmen. Vgl. auch unten, S.  479 f. mit Anm.  50. 55  Der Titel lautet: Defoe, Giving alms no charity. Die 1704 erschienene Schrift Daniel Defoes zitiert auch Levy, Ökonomischer Liberalismus, im in dieser Fn. unten, S.  438 mit Anm.  57, genannten Kapitel (z. B. Levy, ebd., S.  70–72, S.  79). 56 Nach der puritanischen Auffassung galt Armut infolge von Arbeitslosigkeit bei Menschen, die zur Arbeit im Stande waren, nicht mehr als unverschuldetes Los, dem

438 BR, C 178

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

Wie die Einschärfung der asketischen Bedeutung des festen Berufs das moderne Fachmenschentum ethisch verklärt, so die providentielle Deutung der Profitchancen den Geschäftsmenschen325). Die vornehme Läßlichkeit des Seigneurs und die | parvenumäßige Ostentation des Protzen sind der Askese gleichermaßen verhaßt. Dagegen trifft ein voller Strahl ethischer Billigung den nüchternen bürgerlichen Selfmademan326): „God blesseth his trade“ ist eine

Early History of English poor relief, Cambridge 1900 und H[ermann] Levy, Die Grundlagen des ökonomischen Liberalismus in der Gesch[ichte] d[er] engl[ischen] Volks­ w[irtschaft], Jena 1912, S.  69 ff.).i 57 325)  Mit Nachdruck sagte der Präsident der Baptist Union of Great Britain and Ireland, G[eroge] White, in seiner Inauguraladresse für die Assembly in London 1903 (Baptist Handbook 1904 S.  104):58 [„]The best man on the roll of our Puritan churches were men of affairs, who believed, that religion should permeate the whole of life.“ | 326)  Eben hierin liegt der charakteristische Gegensatz gegen alle feudale Auffassung. A, A1 88 Nach dieser kann erst dem Nachkommen des (politischen oder sozialen) Parvenus dessen Erfolg und die Weihe des Blutes zugute kommen. (Charakteristisch im spanischen Hidalgo = hijo d’algo – filius kde aliquo: – wobei das „aliquid“ eben ein von Vorfahren ererbtes Vermögen ist –k ausgedrückt.)59 So sehr diese Unterschiede heute bei der rapiden Umwandlung und Europäisierung des amerikanischen „Volkscharakters“ im Verblassen sind, so ist die gerade entgegengesetzte spezifisch bürgerliche Anschauung, welche den geschäftlichen Erfolg und Erwerb als Symptoml der geistigen Leistung glorifiziert, dem bloßen (ererbten) Besitz dagegen keinerlei Respekt entgegenbringt, doch noch heute dort mgelegentlich vertreten, währendm in nEuropa (wien schon James Bryce

i (S.  437)–i Fehlt in A, A1.  k–k A: alicujus A1: de aliquo  l A, A1: Sympton m–m A: ebenso zu Hause wie umgekehrt  n–n  A, A1: Europa, – wie   man – wie unter den Stuarts – mit staatlich organisierter Fürsorge begegnete, sondern wurde als Folge gottloser Faulheit oder Trägheit angesehen. (Anderes galt für Witwen, Waisen oder Kranke.) Für diese Arbeitslosen richtete man in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sog. „Workhouses“ (Arbeitshäuser) ein, die den Sinn für Arbeit wec­ ken sollten. „In den Workhouses sollte der ‚Arbeitslose‘ das Unangenehme, Degradie­ rende, die Unfreiheit seines Zustandes kennen lernen und auf Besserung desselben sinnen.“ Levy, Ökonomischer Liberalismus, S.  78–83, Zitat S.  82 f. 57  Vgl. Leonard, English poor relief. Auf Leonard stützt sich und zitiert ihn auch Levy, Ökonomischer Liberalismus, im Kapitel „Armut und Arbeitslosenunterstützung“, S.  69– 87. 58 White, Nonconformist Conscience (Baptist-Handbook 1904), p.   104–125, Zitat p.  106. 59 „Hidalgo“ bezeichnet einen spanischen Adligen niederer Klasse, der aus alter christlicher Familie stammt. Zur Wortform gibt es zwei Erklärungen, von denen Weber hier die zweite wählt: a) von hijo, „Sohn“, und algo (lat. aliquis), „jemandes Sohn“ (filius alicujus), und b) algo (nach lat. aliquod (Max Weber nennt das substantivierte Prono­ men indefinitum: aliquid), „etwas“), „Sohn von Vermögen“ (filius de aliquo oder filius alicujus).

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2.  Askese und kapitalistischer Geist

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stehende Wendung für diejenigen Heiligen327), welche mit Erfolg jenen göttlichen Fügungen gefolgt waren, und die ganze Wucht des alttestamentlichen Gottes, der den Seinen gerade in diesem Leben ihre Frömmigkeit entgilt328), mußte ja für den Puritaner, | der, nach Baxters Rat, den eigenen Gnadenstand durch Vergleich mit der

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einmal bemerkt hat)o für Geld im Effekt ziemlich jede soziale Ehre käuflich ist,60 – wenn nur der Besitzer nicht selbst hinter dem Ladentisch gestanden hat und die nötigen Metamorphosen seines Besitzes (Fideikommißstiftung usw.) vollzieht. S[iehe] gegen die Ehre des Blutes z. B. Th[omas] Adams, Works of the Pur[itan] Div[ines] p.  216. –61 327)  So z. B. schon für den Gründer der Familistensektep Hendrik Niklaes, der Kaufmann war. (Barclay, Inner life of the religious communities of the Commonwealth p.  34.)62 328)  Dies steht z. B. für Hoornbeek durchaus fest, da auch Matth. 5, 5 und 1. Tim. 4, 8 rein irdische Versprechungen für die Heiligen gemacht seien (a. a. O. Vol. I p.  193).63 Allesq ist Produkt von Gottes Providenz, speziellr aber sorgt er für die Seinen: a. a. O. p.  192:64 Super alios autem summa cura et modis singularissimis versatur Dei providentia circa fideles. Es folgt dann die Erörterung, worans man erkennen könne, daß ein Glücksfall nicht der „communis providentia“,t sondern jener Spezialfürsorgea entstamme. Auch Bailey (a. a. O. | S.  191)65 verweist auf Gottes Vorsehung für den Erfolg der BR, C 179 Berufsarbeit. Daß prosperity „oft“ der Lohn des gottseligen Lebens sei, ist in den Schriften der Quäker durchaus stehende Wendung (s. z. B. eine solche Äußerung noch aus dem Jahre 1848 in Selection from the Christian Advices issued by the general mee-

o  A, A1: hat –,    p A: „Familisten-Sekte“    q A: Alles    r A: speziell    s A: woran  t  Komma fehlt in A, A1.  a A: Spezialfürsorge   60 Vgl. Bryce, American Commonwealth II, chap. CV. „Equality“, p.  615–626, hier p.  619 f. 61  Vgl. Adams, God’s Bounty (Adams, Works of the English Puritan Divines V, p.  169– 226), p.  216, mit Markierungen Webers im Exemplar der UB Heidelberg. 62  So Barclay, Inner Life (dort im Titel: „religious societies“), p.  34, um den Erfolg des „mercantile business“ des niederländischen Kaufmanns Hendrik Niclaes zu unterstrei­ chen. – Niclaes, der sich als Prophet verstand, gründete um die Mitte des 16. Jahrhun­ derts die Familisten, deren Anhänger die Liebe Gottes in ihrer Seele mystisch zu er­ fahren meinten (vgl. auch das Glossar, unten, S.  605). 63  Die Stellen, auf die sich Hoornbeek, Theologia practica I, liber II, cap. IV „De Dei Providentia“, p.  177–201, hier p.  193, bezieht, lauten: Mt 5,5 [1892]: „Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen“; 1 Tim 4,8 [1892]: „Denn die leibliche Übung ist wenig nütz; aber die Gottseligkeit ist zu allen Dingen nütz, und hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens.“ 64  Das folgende Zitat: Hoornbeek, ebd., p.  192. e  65  Vgl. Bayli, Praxis pietatis I, S.  191, im Kapitel „Wie man den Tag uber vor GOtt heiliglich wandeln solle“: „Wann du in deinem Beruffe etwas Gutes dir vornimmest, so e  e  vertraue der gottlichen Fursehung, ob du schon das Mittel etwan schwach und gering befindest […]“.

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A, A1 89

Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

Seelenverfassung der biblischen Helden kontrollierte329) und dabei die Aussprüche der Bibel „wie die Para|graphen eines Gesetzbuches“ interpretierte, in der gleichen Richtung wirken. – Ganz eindeutig waren die Aussprüche des Alten Testaments an sich ja nicht. Wir sahen, daß Luther sprachlich den Begriff „Beruf“ im weltlichen Sinn zuerst bei der Übersetzung einer Sirachstelle anwendete.66 Das Buch Jesus Sirach gehört aber nach der ganzen Stimmung, die darin lebt, btrotz seiner hellenistischen Beeinflussung doch zu denb traditionalistisch wirkenden Bestandteilen des (erwei-

ting of the S[ociety] of Fr[iends] in London VIth Ed. London 1851, S.  209).67 Auf den Zusammenhang mit der Quäkerethik kommen wir noch zurück.68 329) Als ein Beispiel dieser Orientierung an den Erzvätern – welches zugleich für A, A1 89 die puritanische Lebensauffassung charakteristisch ist – kann Thomas | Adams’ Analyse des Streites zwischen Jacob und Esau gelten. (Works of the Pur[itan] Div[ines] p.  235:)c 69 [,,]His (Esaus) folly may be argued from the base estimation of the birthright“d (die Stelle ist auch für die Entwicklung des birthright-Gedankense wichtig, wovon später),f 70 „that he would so lightlyg pass from it and on so easy conditionsh as a pottage.“ Perfide aber war es, daß er dann wegen Übervorteilung den Kauf nicht gelten lassen wollte. Er ist eben ein „cunning hunter, ia mani of the fields“: die irrational lebende Unkultur, – während Jakob, „a plain man, dwelling in tents“,j den „man of grace“ repräsentiert.71 kDas Gefühl einer inneren Verwandtschaft mit dem Judentum,

b–b A: unzweifelhaft zu den am meisten  c  A, A1, BR, C: 235):  d  A, A1: birthright,“  e  A, A1: birthright Gedankens  f  Komma fehlt in A, A1.  g  A, A1, BR, C: lightely  h  A, A1, BR, C: condition  i–i C: aman  j  Komma fehlt in A, A1.   k–k (S.  441)  Fehlt in A, A1.   66  Siehe oben, S.  215 f. auch S.  216 ff., Fn.  56 (Sir 11,20 f.). 67  In den Ratschlägen der englischen Quäker heißt es mit dem Datum 1848: „[…] should the Lord crown your honest industry and your prudent and contented economy with that prosperity which is often the blessing of the upright, be persuaded not to re­ gard the fruits of this success as fairly your own […]“ (Society of Friends, Christian Advices, p.  209). 68  Siehe unten, S.  464 mit Fn.  361. 69 Gemeint ist: Adams, Politic Hunting (Adams, Works of the English Puritan Divines V, p.  227–260), p.  235 ff., das folgende Zitat p.  237. Satz im Exemplar der UB Hei­ delberg möglicherweise von Weber am Rand markiert, der erste Satzteil ist zusätzlich unterstrichen. Biblischer Bezug ist der Streit zwischen Jakob und Esau, Gen 25, 21– 34; 27. 70  Die Schätzung des (Erst-)Geburtsrechts hat ihre Parallele darin, Gottes auserwähl­ tes Volk zu sein oder zu den Erwählten zu gehören. Siehe unten, S.  447. Vgl. dazu auch oben, S.  333, Fn.  176 mit Anm.  53, und S.  251 f., Fn.  82 mit Anm.  17. 71  Die Charakterisierungen zu Jakob bei Adams, Politic Hunting (wie oben, Anm.  69), p.  243, im Exemplar der UB Heidelberg „men of grace“ mit Unterstreichung, Randmar­ kierungen, möglicherweise von Weber.

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2.  Askese und kapitalistischer Geist

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terten) Altenl Testaments.72 Es ist charakteristisch, daß bei den lutherischen deutschen Bauern noch bis in die Gegenwart dies wie es sich noch in dem bekannten Schreiben Roosevelts aussprach,73 fand Köhler (a. a. O.)74 auch in Holland bei den Bauern weitgehend verbreitet. – Auf der anderen Seite aber war sich der Puritanismus des Gegensatzes der jüdischen Ethik in ihrer praktischen Dogmatik wohl bewußt, wie Prynnes Schrift gegen die Juden (anläßlich der Cromwellschen Toleranzpläne) deutlich zeigt.75 S[iehe] unten mS.  445 A[nm.]  337 a[m] E[nde].m k

l  A, A1: alten  m–m BR: S.  Anm.   k  (S.  440)–k  Fehlt in A, A1.   72  Das Sirachbuch ist im hebräischen Kanon, der um die Wende vom 1. zum 2. Jahr­ hundert n.Chr. festgelegt wurde, nicht enthalten, wohl aber in der griechischen (Sep­ tuaginta), lateinischen (Vulgata) und syrischen (Peschitta) Bibelübersetzung. Von Lu­ ther wurde es in die Apokryphen zum Alten Testament eingereiht (dieser Tradition folgten andere Reformationskirchen, darunter die anglikanische Kirche), während das Konzil von Trient es als kanonisch, d. h. als alttestamentliches Buch, wertete. 73  Mit dem „bekannten Schreiben“ Theodore Roosevelts dürfte Weber dessen Gruß­ wort – einen an Jacob H. Schiff gerichteten Brief – zur 250-Jahr-Feier jüdischer Ein­ wanderung in die Vereinigten Staaten meinen, die an Thanksgiving 1905 in der New Yorker Carnegie Hall stattfand. Die Grußworte wurden vom Festtagspräsidenten Schiff verlesen. Sombart, Juden, S.  39, referiert den Inhalt und zitiert daraus: „,the Jews par­ ticipated in the upbuilding of this country‘“. Möglicherweise verwechselt Weber Roo­ sevelts mit Grover Clevelands Grußwort zum selben Anlaß, aus dem die „innere Ver­ wandtschaft“ deutlicher hervorgeht. Sombart, ebd., zitiert auch Cleveland: „,I believe that it can be safely claimed that few, if any, of those contributing nationalities have directly and indirectly been more influential in giving shape and direction to the Ame­ ricanism of to day‘“. Die Grußworte in: The Two Hundred and Fiftieth Anniversary of the Settlement of the Jews in the United States 1655–1905 […]. – New York: The New York Co-Operative Society 1906, p.  11–17 (Cleveland, Zitat p.  12; dort heißt es etwa auch: „[…] we also feel the touch of Jewish relationship“, ebd.) und p.  18–20 (Roosevelt, Zitat p.  18). 74  Köhler, Niederländische Kirche (von Weber oben, S.  264, Fn.  91, bibliographiert), S.  111. 75  Gemeint ist: William Prynne, A Short Demurrer to the Jewes. Prynne verfaßt die Schrift gegen Cromwells Bestrebung, die Juden wegen ihrer „Profitlichkeit“ wieder in England anzusiedeln, womit dieser der jungen Republik ein stabiles ökonomisches Fundament geben wollte. Prynne befürchtete – so Levy, Ökonomischer Liberalismus, S.  51 –, daß mit den jüdischen Kaufleuten das Großkapitalistentum der Stuartschen Monopolisten wieder erstarke und den Handel und das Gewerbe des Mittelstands verdränge. So heißt es bei Prynne, ebd., p.  101, etwa: „The introduction of the Jews into England and other Nations, never advanced the publike wealth of the Natives and Republike, but much impaired it by their Vsuries and Deceits, clipping and falsifying monies, ingrossing all sorts of commodities into their hands, usurping the Natives tra­ des, and becomming such intolerrable grievances to them, that they were never quiet till they were banished […].“ – Zu Prynne vgl. auch unten, S.  483 f. mit Anm.  60.

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

Buch sich oft besonderer Beliebtheit zu erfreuen scheint330), wie auch der lutherisch gebundene Charakter breiter Strömungen im deutschen Pietismus sich in der Vorliebe für Jesus Sirach zu äußern pflegte331). Die Puritaner verwarfenn die Apokryphen als nicht inspiriert,76 gemäß | ihrem schroffen Entweder-Oder zwischen Göttlichem und Kreatürlichem332). Um so stärker wirkte unter den kanonischen Büchern das Buch Hiob mit seiner Kombination einerseits einer großartigen Verherrlichung von Gottes absolut souveräner, menschlichen Maßstäben entzogener Majestät, die ja

330)  Zur bäuerlichen Glaubens- und Sittenlehre. Von einem thüringischen Landpfarrer. 2.  Aufl. Gotha 1890. S.  16.77 Die Bauern, welche hier geschildert werden, sind in charakteristischer Weise Produkte lutherischen Kirchentums. Ich habe mir wieder und wieder „lutherisch“ an den Rand geschrieben, wo der vortreffliche Verfasser allgemein-„bäuerliche“ Religiosität vermutet. 331)  Vgl. z. B. das Zitat bei Ritschl, Pietismus II S.  158.78 Spener gründet seine Bedenken gegen Berufswechsel und Gewinnstreben ebenfalls mit auf Aussprüche Jesus Sirachs. Theol[ogische] Bed[enken]o III S.  426.79 | 332)  Freilich empfiehlt z. B. Bailey trotzdem ihre Lektüre,80 und es kommen Zitate BR, C 180 aus den Apokryphen wenigstens hie und da vor, aber naturgemäß doch selten. Ich erinnere mich (vielleichtp zufällig) keines solchen aus Jesus Sirach. |

n  In A folgt: nun  o  A, A1, BR, C: Bd.  p  Fehlt in A.   76  So z. B. nach der Westminster Confession, Chap. I, [Nr.] 3 (bei Müller, E. F. Karl, Bekenntnisschriften, S.  544). 77  Der thüringische Landpfarrer (Hermann Gebhardt, in der Schrift anonym) äußert sich über Bibellektüre und -kenntnis der thüringischen Bauern seines Dorfes: „[…] früher war Jesus Sirach, zum Teil unter Verwechselung mit Jesus Christus, der gele­ senste Teil der Bibel; – aber eigentliche Bibelleser sind unsere Bauern meist nicht, sind es auch in dem Maße wie manche in anderen Gegenden zu keiner Zeit gewesen […]“ (Gebhardt, Glaubens- und Sittenlehre, S.  16). (Weber äußerte sich über die Schrift bereits 1892, vgl. Zur Rechtfertigung Göhres, MWG I/4, S.  106–119, hier S.  115.) 78  Ein Zitat über das Sirach-Buch oder ein Sirach-Zitat ist ebd. nicht nachweisbar. Allerdings zeigt Ritschl, daß in der pietistischen Kindererziehung einer separatisti­ schen Gruppierung das Sirach-Buch eine hervorgehobene Rolle spielte (vgl. Ritschl, Pietismus II, S.  198). 79  Vgl. Spener, Theologische Bedenken II (3. Cap., Artic. IV, Sectio XIII „Gefahr uns­ rer zeiten. Regeln eines christlichen kauffmanns […]“, S.  425–428), S.  426. Spener zi­ tiert dort mit Sir 27,1 und 4 zwei Regeln, die der Kaufmann als eine Gewissenssache beachten möge: nicht begehren, reich zu werden, und sich von der Furcht Gottes re­ gieren lassen. – Zu Speners Bedenken gegen einen Berufswechsel des Kaufmanns dient ihm dort vorrangig 1 Kor 7,21 (vgl. oben, S.  432, Fn.  317). 80  Bayli, Praxis pietatis I, S.  156, kommt bei seiner Empfehlung einer täglichen Bibel­ lektüre auf die Apokryphen zu sprechen. Man solle sie „mit grossem Fleiß“ lesen, „weil e  e  darinnen herrliche Anmahnungen zu allerhand scho nen Tugenden vielfa ltig gefunden werden […]“.

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calvinistischen Anschauungen so höchst kongenial war, mit der im Schluß doch wieder hervorbrechenden, für Calvin ebenso nebensächlichen, wie für den Puritanismus wichtigen, Gewißheit, daß Gott die Seinigen auch qund gerade – im Buch Hiob: nur! –q in diesem Leben | und auch in materieller Hinsicht zu segnen pflege333). Der orientalische Quietismus, welcher in manchen der stimmungsvollsten Verse der Psalmen und der Sprüche Salomos hervortritt, wurde ebenso weggedeutet, wie Baxter dies mit der traditionalistischen Färbung der für den Berufsbegriff konstitutiven Stelle des 1. Korintherbriefes tat.81 Dafür legte man um so mehr den Nachdruck auf jene Stellen des Alten Testaments, welche die formale Rechtlichkeit als Kennzeichen gottwohlgefälligen Wandels rühmen. Die Theorie, daß das mosaische Gesetz durch den neuen Bund nur soweit seiner Geltung entkleidet sei, als es zeremonielle oder geschichtlich bedingte Vorschriften für das jüdische Volk enthalte, im übrigen aber als Ausdruck der „lex naturae“ seine Geltung von jeher besessen und daher auch behalten habe334),82 ermöglichte

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333)  Wo den offenbar Verworfenen äußerlicher Erfolg beschieden ist, beruhigt sich A, A 90 1 der Calvinist (so z. B. Hoornbeekr) gemäß der „Verstockungstheorie“ mit der Gewißheit, daß Gott ihnen denselben zuteil werden lasse, um sie zu verhärten und so desto sicherer zu verderben.83 334)  Eingehender kommen wir auf diesens Punkt tin diesem Zusammenhang nichtt zu sprechen. Hiera interessiert nur der formalistischeb Charakter der „Rechtlichkeit“.

q–q Fehlt in A.   r C: Hoornbeeck  s A: diesen  t–t A: erst in anderem Zusammenhang  a A: Hier  b A: formalistische   81 Zu 1 Kor 7,20 und der traditionalistischen Interpretation des „Bleibe in deinem Beruf“ vgl. oben, S.  238–240; zu Baxters Berufsauffassung vgl. oben, S.  421–426, be­ sonders das von Weber oben, S.  425, wiedergegebene Zitat. 82  Zu „lex naturae“ vgl. oben, S.  226 f., Fn.  57 mit Anm.  8 und 9. 83  Bezug bei Hoornbeek ist Theologia practica I, liber II, im Kapitel „De Dei Praede­ stinatione“, p.  163. Die „Verstockungstheorie“ beruht auf biblischen Aussagen, die Hoornbeek in seinen Ausführungen über die doppelte Prädestination zur Begründung der Reprobation heranzieht. Er zitiert (lat.) z. B. Röm 2,4 f. [1892]: „Oder verachtest du [d. h. der Mensch] den Reichtum seiner Güte, Geduld und Langmütigkeit? Weißt du nicht, daß dich Gottes Güte zur Buße leitet? Du aber nach deinem verstockten und unbußfertigen Herzen häufest dir selbst den Zorn auf den Tag des Zorns und der Of­ fenbarung des gerechten Gerichtes Gottes“, und er zitiert (lat.) Jes 6,9 f., den „Ver­ stockungsauftrag“ des Propheten Jesaja [1892], V. 10: „Verstocke das Herz dieses Volks, und laß ihre Ohren hart sein, und blende ihre Augen, daß sie nicht sehen mit ihren Augen, noch hören mit ihren Ohren, noch verstehen mit ihrem Herzen, und sich bekehren, und genesen.“

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

einerseits die Eliminierung solcher Vorschriften, welche in das moderne Leben schlechterdings nicht einzufügen waren, und ließ doch der mächtigen Verstärkung jenes Geistes selbstgerechter und nüchterner Legalität, welcher der innerweltlichen Askese dieses Protestantismus eigen war, durch die zahlreichen verwandten Züge der alttestamentlichen Sittlichkeit freie Bahn335). Wenn also, wie | mehrfach schon die Zeitgenossen, so auch neuere Schriftsteller die ethische Grundstimmung speziell des englischen Puritanismus als „English Hebraism“ bezeichnen336), so ist dies, richtig verstanden, durchaus zutreffend. Man darf dabei nur nicht an das palästinensische Judentum aus der Zeit der Entstehung der alttestamentlichen Schriften, sondern an das Judentum, wie es unter dem Einfluß der vielen Jahrhunderte formalistisch-gesetzlicher und talmudischer Erziehung allmählich wurde, cdenken und muß auch dann äußerst vorsichtig mit Parallelen sein. Diec im ganzen der unbefangenen Schätzung des Lebens als solchen zugewendete Stimmung des alten Juden|tums lagd weit ab von der spezifischen Eigenart des Puritanismus. eEbenso fern lag ihm – und auch das darf nicht überfÜber

die Bedeutung der alttestamentlichen Ethik für die lex naturae vieles in Tröltschs „Soziallehren“.f 84 335)  Die Verbindlichkeit der ethischen Normen der Schrift reicht nach Baxter (Christian Directory III p.  173 f.)85 so weit,g als sie 1. nur ein „transcript“ des Law of nature sind oder 2. den „express character of universality und perpetuity“ an sich tragen. | 336)  Z. B. Dowden (mit Bezug auf Bunyan) a. a. O. p.  34h.86 | BR, C 181

c–c A: denken. Denn die A1: denken und 〈auf den〉 muß […]. Die  d  A, A1, BR: liegt  In A folgt: doch ziemlich  e–e  (S.  445)  Fehlt in A, A1; in A, A1 folgt kein Ab­ satz.  f–f  Fehlt in A, A1.  g  Komma fehlt in A, A1.  h  A, A1, BR, C: 39   84  Bei Troeltsch, Soziallehren, ist die alttestamentliche Ethik zusammengefaßt im De­ kalog oder der Lex Mosis. Über das Verhältnis zur Lex naturae vgl. ebd., S.  144 f., S.  147–150, Anm.  69, S.  158 f. und 289 (im Frühkatholizismus), S.  261 ff. (in der thomi­ stischen Ethik), S.  380 (bei den Sekten), S.  494 ff., 529–531 und S.  543 (bei Luther und im Luthertum) und S.  643 f. und 657–663, 688 und 692 (bei Calvin und im Calvinismus) (KGA 9). 85  Vgl. Baxter, Christian Directory III, p.  173 f. (Antwort auf Frage 136 „How shall we know what parts of Scripture Precept or Example, were intended for universal constant obligations, and what were but for the time and persons that they were then directed to“), Zitate p.  173. 86  Dowden, Puritan and Anglican, p.  34, über Bunyan: „Perhaps it was also an advan­ tage that, being unlearned in the culture of Greece and Rome, he drew no robe of Hellenism around his Hebraic ideas. The ‚Pilgrim’s Progress‘ is derived from only one of the two antiquities; it is the prose-epic of English Hebraism.“

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sehen werden – die Wirtschaftsethik des mittelalterlichen und neuzeitlichen Judentums in den Zügen, welche für die Stellung beider innerhalb der Entwicklung des kapitalistischen Ethos entscheidend waren. Das Judentum stand auf der Seite des politisch oder spekulativ orientierten „Abenteurer“-Kapitalismus:i sein Ethos war, mit einem Wort, das des Paria-Kapitalismus,87 – der Puritanismus trug das Ethos des rationalen bürgerlichen Betriebs und der rationalen Organisation der Arbeit. Er entnahm der jüdischen Ethik nur, was in diesen Rahmen paßte.e Die charakterologischen Folgen der Durchdringung des Lebens mit alttestamentlichen Normen aufzuzeigenj – eine reizvolle Aufgabe, die aber bisher nicht einmal für das Judentum selbst wirklich gelöst ist337) k –[,] wäre im Rahmen | dieser Skizze unmöglich. Neben

BR, C 182

337)  l Näheres darüber in den Aufsätzen über die „Wirtschaftsethik der Welt­reli­gio­ A, A 91 1 nen“.l 88 Der ungeheure Einfluß z. B., den auf die charakterologische Entwicklung des Judentums, seinen rationalen, der Sinnenkultur fremden Charakter, speziell das zweite Gebot („Du sollst dir kein Bildnis“ usw.) gehabt hat,89 kann hier nicht analysiert werden. Als charakteristisch darf mvielleicht immerhinm erwähnt werden, daß mir einer der Leiter der „Educational Alliance“ in den Vereinigten Staaten,90 einer Organisation, welche mit erstaunlichem Erfolg und großartigen Mitteln die Amerikanisierungn der jüdischen Immigranteno betreibt, als erstes Ziel der Kulturmenschwerdungp, welches durch alle Arten künstlerischen und geselligen Unterrichts erstrebt wird, die „Emanzipation vom zweiten Gebot“ bezeichnete.91 – Beim Puritanismus entspricht der israeli-

i  In BR folgt Gedankenstrich.   e  (S.  444)–e  Fehlt in A, A1; in A, A1 folgt kein Ab­ satz.  j A, A1: im einzelnen aufzuzeigen,  k A, A1: ist49),  l–l Fehlt in A; A1: 〈Einiges〉 Näheres […] 〈zur〉 über die „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“.  m–m A: aber vielleicht  n A: „Amerikanisierung“  o  A, A1: Immigraten  p A: „Kulturmenschwerdung“   87  Vgl. dazu auch Weber, Antikes Judentum, MWG I/21, S.  703 f. – Zu Max Webers Bezeichnung des nachexilischen Judentums als bürgerliches „Pariavolk“ vgl. Otto, Eckart, Einleitung, ebd., S.  66–71. 88  Siehe bes. Weber, Antikes Judentum, MWG I/21. 89  Ex 20,4; Dtn 5,8. Das Bilderverbot gehört nach der jüdischen Tradition zum zwei­ ten Gebot (Fremdgötter- und Bilderverbot), als selbständiges zweites Gebot zählen es die reformierte und anglikanische (und orthodoxe) Kirche. Die lutherische und rö­ misch-katholische Kirche kennen in ihren Katechismen kein spezielles Bilderverbot (es wird dem ersten Gebot zugerechnet). 90  David Blaustein, mit dem Max Weber 1904 in New York zusammentraf, vgl. die folgende Anm. 91  Max Weber berichtet im Brief an Helene Weber und Familie vom 16. Nov. 1904 (in: Brief vom 6.–16. Nov. 1904, MWG II/4, S.  376–390, hier S.  389) über Blausteins Arbeit: „Der gewaltigste Eindruck war der des Judenviertels und der jüdischen Erziehungsan­ stalten für Immigranten[.] Das absolute self-government der Kinder, mit Clubs, in die

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

den angedeuteten Beziehungen kommt für den inneren Gesamthatischen Verpönung jeder Gottvermenschlichung (s[it] v[enia] v[erbo]!) das etwas anders, aber doch in verwandter Richtung wirkende Verbot der Kreaturvergötterung. – qWas das talmudische Judentum anlangt, so sind gewiß auchq prinzipielle Züge der puritanischen Sittlichkeit ihmr verwandt. Wenn z.  B. im Talmud (bei Wünsche, Babyl[onischer] Talmud II,s S.  34) eingeschärft wird: es ist besser und wird von Gott reicher belohnt, wenn man aus Pflicht etwas Gutes tut, als eine gute Tat, zu der man BR, C 182 durch das | Gesetz nicht verpflichtet ist,92 – m. a. W.: lieblose Pflichterfüllung steht ethisch höher als gefühlsmäßige Philanthropie, –a so würde die puritanische Ethik das dem Wesen nach ebenso akzeptieren, wie Kant, der von Abkunft Schotte und in seiner Erziehung stark pietistisch beeinflußt war,93 im Ergebnis dem Satze nahe kommt94 (wie denn, was hier nicht erörtert werden kann, mancheb seiner Formulierungen direkt an Gedanken des asketischen Protestantismus anknüpfen). Aber einmal ist die talmudische Ethik tief in orientalischen Traditionalismus getaucht: „R[abbi] Tanchum ben

q–q A: Gewiß sind auch zahlreiche  r A: dem taldmudischen Judentum  s Kom­ ma fehlt in A, A1.  a Gedankenstrich fehlt in A, A1, BR, C; sinngemäß ergänzt.   b A: zahlreiche   sie Niemand hineinreden u. Fremde auch nicht hineinsehen lassen, ist doch das we­ sentlichste Amerikanisierungsmittel. Die absolute Autoritätslosigkeit der Jugend trägt im Kampf ums Dasein hier ihre Früchte. Als Kinder von Schnorrern, die streng an allem Rituellen der Religion festhalten, kommen sie hierher, als ‚gentlemen‘ verlassen sie diese Trainierungsanstalt und – stürzen sich auf die Neger des Südens, die sie fürch­ terlich auswuchern.“ – Über das Amerikanisierungsprogramm der Educational Alli­ ance (vgl. dazu auch das Glossar, unten, S.  604) äußerte sich Blaustein, David, The Making of Americans [1903], in: Memoirs of David Blaustein, Educator and Communal Worker, arranged by Miriam Blaustein. – New York: McBride, Nast & Company 1913, p.  127–137. 92  Daß die Handlung aus Pflicht gegenüber der aus Neigung die bedeutendere sei, wird in dem Talmudtext auf Rabbi Chanina zurückgeführt und von Rab Joseph bestä­ tigt (im Gegensatz zur Ansicht Rabbi Jehudas, der die Freiheit von den Vorschriften der Tora lehrt und auf diese Weise zum freiwilligen Handeln in der Erwartung höheren Lohns von Gott anregen möchte). – Aus Traktat Baba Kamma, bei Wünsche, Babylo­ nischer Talmud II/2, Nr.  63, S.  33 (Bava Qamma [Folio] 86b und 87a). 93  Kant äußert in einem Brief an [Bischof] Iacob Lindblom vom 13. Oktober 1797, sein Großvater, der in Tilsit lebte, sei Anfang des 18. Jahrhunderts aus einem ihm unbe­ kannten Grund mit vielen anderen zusammen aus Schottland emigriert (vgl. Kant, Im­ manuel, Ges. Schriften, hg. von der Kgl. Preußischen Akademie der Wissenschaften, Band  XII, 2. Abth.: Briefwechsel, 3.  Band: 1795–1803 (Akademie-Ausg.). – Berlin: Rei­ mer 1902, S.  204 f. [744]). (Die schottische Herkunft gilt allerdings als nicht belegbar und nachweisbar; vgl. die Literaturhinweise seit 1899 bei: Cassirer, Ernst, Kants Leben und Lehre. – Berlin: Bruno Cassirer 1921, S.  9, Anm.  2.) – Kants Königsberger Eltern­ haus sowie das Collegium Fridericianum, das er von 1732 bis 1740 besuchte, waren vom Pietismus geprägt. 94  Kant: „Pflicht ist die Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung fürs Gesetz“. Eine moralische Handlung geschieht aus Pflicht. Geschieht sie aus Neigung, so hat sie keine moralische Qualität. Kant, Immanuel, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in:

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bitus des Puritaners vor allem auch in Betracht, daß der Glaube, das auserwählte Volk Gottes zu sein, in ihm eine grandiose RenaisChanilai hat gesagt: Niemalsc ändere der Mensch einen Brauch“ (Gemara zu Mischna VII, 1 Fol. 86 b, Nr.  93 bei Wünsche: es handelt sich um Kost der Tagelöhner),95 nur den Fremden gegenüber gilt diese Bindung nicht. – Dann aber ergab die puritanische Auffassung der „Gesetzlichkeit“ als Bewährung, gegenüber der jüdischen als Gebotserfüllung schlechthin, offenbar weitd stärkere Motive zum positiven Handeln. eDer Gedanke, daß der Erfolg Gottes Segen offenbare, ist dem Judentum natürlich nicht etwa fremd. Die grundstürzend fabweichende religiös-ethische Bedeutung aber, die er zufolge der doppelten (Innen- und Außen-)Ethik imf Judentum gewann, schloß jede Verwandtschaft der Wirkung gerade in diesem entscheidenden Punkt aus. Dem „Fremden“ gegenüber war erlaubt, was dem „Bruder“ gegenüber verboten war.96 Unmöglich konnte (schon deshalb) der Erfolg auf dem Gebiet dieses nicht „Gebotenen“[,] sondern „Erlaubten“g Merkmal religiöser Bewährung und Antrieb methodischer Lebensgestaltung in jenem Sinn sein, wie beim Puritaner. Über dies ganze, von Sombart in seinem Buch h„Die Juden und das Wirtschaftsleben“h ivielfach nichti richtig behandelte Problem s. die oben zitierten Aufsätze.1 Das einzelne gehört nicht hierher. Die jüdische Ethik,j so befremdlich es zunächst klingt, bliebk sehr stark traditionalistisch.e Auf die gewaltige Verschiebung, welche die innere Stellung zur Welt durch die in eigentümlicher Art stets den Keim neuer Entwicklungsmöglichkeiten in sich bergende christliche Fassung der Gedanken von „Gnade“ und „Erlösung“ erlitt, ist lhier ebenfalls noch

c BR, C: „Niemals  d  Fehlt in A.   e–e  Fehlt in A.   f–f A1: 〈andre〉 abweichende religiös-ethische 〈Lage der〉 Bedeutung aber, die er, zufolge der doppelten (〈Bruder-〉 Binnen- und Außen-) 〈Fremden-〉Ethik im 〈und durch die Gestaltung* von〉 〈im〉   g In A1 Wiederholung von „Erlaubten“ zur Markierung des Satzanschlusses.   h–h A1, BR: „Judentum und Wirtschaftsleben“  i–i  A1: nicht überall  j In A1 folgt: auch die Wirtschaftsethik,  k A1: ist  l–l  (S.  448)  A: es nicht meine Sache hier   Ges. Schriften, Band  IV, 1. Abth.: Werke, 4.  Band (Akademie-Ausg.). – Berlin: Reimer 1903, Zitat S.  420. 95  Vgl. Wünsche, Babylonischer Talmud II/2, Nr.  93, S.  103 f., Zitat aus der Gemara (Mischnakommentar) S.  103, dort in der Form: „Niemals ändere ein Mensch den Brauch (weiche von der herkömmlichen Sitte ab)“; aus Traktat Baba Mezia (Bava Mezi’a [Folio] 86b). Die beigegebene Ergänzung und Erläuterung Webers nach ebd., S.  101–104. (Der Mischnatext lautet an dieser Stelle: „[…] Geh und miethe uns Arbei­ ter! Er ging und bestimmte ihnen zugleich die Kost. Als er wieder zu seinem Vater kam, sprach dieser zu ihm: Selbst wenn du ein Mahl bereiten wolltest wie das von Salomo zu seiner Zeit, so wärest du nicht aus deiner Schuld (Pflicht) gegen sie heraus­ getreten, denn sie sind Kinder Abrahams, Jizchaks und Jacobs“, Zitat ebd., S.  101 f.) 96  Zum Dualismus von Binnenmoral (gegenüber dem „Bruder“) und Außenmoral (ge­ genüber dem „Fremden“) und seiner ökonomischen Bedeutung vgl. Weber, Antikes Judentum, MWG I/21, S.  700–704. 1  Siehe oben, S.  445, Fn.  337. Weber dürfte hier ders., Antikes Judentum, MWG I/21, im Blick haben. Explizit nennt er Sombart darin nicht. Vgl. seine Auseinandersetzung mit Sombart, Juden, von Eckart Otto zusammengestellt in der Einleitung, ebd., S.  28– 38.

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

sance erlebte338). Wie | selbst der milde Baxter Gott dafür dankt, daß er ihn in England und in der wahren Kirche habe zur Welt kommen lassen und nicht anderswo,2 so durchdrangm dieser Dank für die eigene durch Gottes Gnade gewirkte Tadellosigkeit die

nichtl einzugehen.3 Über die alttestamentliche „Gesetzlichkeit“ vgl. nauch z. B.n Ritschl, Rechtf[ertigung] und Vers[öhnung] II S.  265.4   oDen englischen Puritanern waren die Juden ihrer Zeit Vertreter jenes an Krieg, Staatslieferungen, Staatsmonopolen, Gründungsspekulationen und fürstlichen Bauund Finanzprojekten orientierten Kapitalismus, den sie selbst perhorreszierten.5 In der Tat läßt sich der Gegensatz im ganzen, mit den stets unvermeidlichen Vorbehalten, wohl so formulieren: daß der jüdische Kapitalismus spekulativer Paria-Kapitalismus war, der puritanische: bürgerliche Arbeitsorganisation.o 338) Die Wahrheit der Heiligenp Schrift folgt für Baxter in letzter Instanz aus | der A, A1 92 „wonderful difference of the godly and ungodly“, der absoluten Verschiedenheit des „renewed man“ von anderenq und der offensichtlichen[,] ganz speziellen Fürsorge Gottes für das Seelenheil der Seinen (welche sich natürlich auch inr „Prüfungen“ äußern kann). Christ[ian] Dir[ectory] I p.  165, Sp.  2 marg.6 | m  A, A1: durchdringt    l  (S.  447)–l A: es nicht meine Sache hier    n–n  A: noch   o–o  Fehlt in A, A1.  p  A, A1: heiligen  q  A, A1: anderen,  r  A, A1: im   2  Als Aussage nicht nachgewiesen. Möglicherweise dachte Weber aber an die fol­ gende Stelle, die Jenkyn, Essay on Baxter’s Life (Baxter, Works of the English Puritan Divines IV, p. i–lviii), p.  xxxvi, zitiert. Baxters Äußerung stammt aus der Zeit, in der er noch als Geistlicher in der englischen Staatskirche amtierte: „For my part, I bless God who gave me, even under an usurper [gemeint ist Cromwell, Ed.] whom I opposed, such liberty and advantage to preach his Gospel with success […]; yea [liberty and advantage] which no age, since the Gospel came into this land, did before possess, as far as I can learn from history.“ (Eckige Klammern bei „liberty and advantage“ von Jenkyn.) 3  Möglicherweise plante Weber, darauf in einem der noch nicht verfaßten Bände seiner religionssoziologischen Studien einzugehen; vgl. dazu die Einleitung, oben, S.  49–51. 4  Vgl. Ritschl, Rechtfertigung und Versöhnung II, S.  265–379 („Die Gerechtigkeit als Attribut der Gläubigen“), bes. S.  265–274. Ritschl diskutiert das Verständnis von Ge­ rechtigkeit bei Jesus und bei den Pharisäern. Bei Jesus meine Gerechtigkeit die ge­ sinnungsmäßige Orientierung am Willen Gottes, wie ihn das mosaische Gesetz (Ex bis Num) erkennen lasse. Dies entspreche der Tradition der Psalmen und Propheten, die das sittlich-gerechte und gemeinnützige Leben mit dem mosaischen Gesetz ver­ bunden hätten. Darin zeige sich ein fortgebildetes Gesetzesverständnis. Denn die Erfüllung der zeremoniellen und sittlichen Vorschriften des mosaischen Gesetzes habe ursprünglich nicht auf sittliche Gerechtigkeit, sondern auf Heiligkeit gezielt. Die Pharisäer dagegen insistierten auf der wörtlichen Bedeutung der zeremoniellen und sittlichen Vorschriften des mosaischen Gesetzes. Unter der (römischen) Fremdherr­ schaft sei das Bestreben entstanden, sich durch genaue Beobachtung dieser Vor­ schriften (als „gerechtes Handeln“ verstanden) von der nicht-jüdischen Umwelt zu unterscheiden. 5  Angedeutet mit dem Verweis auf William Prynne, oben, S.  440 f., Fn.  329. 6  Vgl. Baxter, Christian Directory I, p.  165, in dem von Weber bezeichneten Marginal­ text unter den „Directions against Unbelief“ (chap. IV, Part I, p.  164–170).

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Lebens|stimmung339) des puritanischen Bürgertums und bedingtes jenen formalistisch korrekten harten Charakter, wie er den Vertretern jener heroischen Epoche des Kapitalismus eigen war. Wir suchen uns nun noch speziell die Punkte zu verdeutlichen, in welchen die puritanische Auffassung des Berufs und die Forderung asketischer Lebensführung direkt die Entwicklung des kapitalistischen Lebensstilst beeinflussen mußte. Mit voller Gewalt wendet sich die Askese, wie wir sahen,7 vor allem gegen eins: das unbefangene Genießen des Daseins und dessen, was es an Freuden zu bieten hat. Am charakteristischsten kommt dieser Zug wohl in dem Kampf um das „Book of sports“340), welches Jacob I. und

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339)  Man braucht als Charakteristikum dafür nur zu lesen, wie gewunden sich selbst B , C 183 R Bunyan – bei demu immerhin gelegentlich eine Annäherung an die Stimmung von Luthers „Freiheit eines Christenmenschen“ zu finden ista (z. B. in Of the Law and a Christian, W[orks] of Pur[itan] Div[ines] p.  254 unten)8 – mit dem Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner abfindet (s. die Predigt The Pharisee and the Publican, a. a. O. p.  100 f.).9 Warum wird der Pharisäer verworfen? – Er hält in Wahrheit Gottes Gebote nicht, denn – er ist offenbar ein Sektierer, der nur auf äußere Kleinigkeiten und Zeremonien bedacht ist (p.  107);10 vor allem aber schreibt er sich selbst das Verdienst zu und dankt dennochb, „wie die Quäker es tun“,11 unter Mißbrauch des Namens Gottes diesem für seine Tugend, auf deren Wert er (p.  126) in sündhafter Weise bautc und dadurch impli­ cite Gottes Gnadenwahl bestreitet (p.  139 f.). Sein Gebet ist also Kreaturvergötterung, und das ist das Sündhafte daran. – Dagegen ist der Zöllner, wie die Aufrichtigkeit seines Bekenntnisses zeigt, innerlich wiedergeboren, dennd – wie es in charakteristisch puri­ tanischer Abschwächung des lutherischen Sündengefühles heißt – to a right and sincere confessione of sin there must be a conviction of the probability of mercy (p.  209).f 12 340)  Abgedruckt z. B. in Gardiners „Constitutional Documents“.13 Man kann diesen

s  A, A1: bedingt  t  A, A1: Lebenstils  u  A, A1: den  a  A, A1: ist,  b A: den­ noch  c A: baut, A1: baut,  d A: denn  e A, A1, BR, C: conviction  f A, A1: 209). –   7  Siehe oben, S.  327 f. und S.  417–420. 8  Die Zeilen bei Bunyan, Of the Law and a Christian (Bunyan, Works of the English Puritan Divines I), p.  254, handeln von der Freiheit des Glaubenden vom Gesetz dank seiner durch den Glauben erworbenen „righteousness“. – Zu Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen, vgl. oben, S.  228 f., Fn.  59. 9 Vgl. Bunyan, Pharisee and Publican (Bunyan, Works of the English Puritan Divines I), p.  100 ff. (als Textgrundlage dient das Gleichnis Lk 18,10–13). 10 Der Pharisäer als Sektierer: Bunyan, ebd., p.  100 f., über seine „Gerechtigkeit“ (righteousness) p.  107 ff., bes. p.  110 f. 11  Vgl. Bunyan, ebd., p.  122 f. (kein wörtliches Zitat). 12  Zitat: Bunyan, ebd., p.  209 (mit kleinen Abweichungen). 13  Das „Book of Sports“, oder formaler: die „Declaration of Sports“, wurde erstmals 1617/18 unter Jakob I. und dann 1633 unter Karl I. proklamiert (Fassung von 1633 abgedruckt bei Gardiner, Constitutional Documents, No.  8, p.  31–35). Entgegen der zunehmend von den Puritanern betriebenen Sonntagsheiligung nach dem Vorbild des

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Karl I. zu dem ausgesprochenen Zweck der Bekämpfung des Puritanismus zum Gesetz erhobeng und dessen Verlesung von allen Kanzeln der letztere | anbefahl, zum Ausdruck. Wenn die Puritaner die Verfügung des Königs, daß am Sonntag gewisse volkstümliche Vergnügungen außerhalb der Kirchzeit gesetzlich erlaubt sein sollten, wie rasend bekämpften, so war es nicht nur die Störung der Sabbatruhe, sondern die ganze geflissentliche Ablenkung von der geordneten Lebensführung des Heiligen, was sie aufbrachte. Und wenn der König jeden Angriff auf die Gesetzlichkeit jener Sports mit schwerer Strafe bedrohte, so war der Zweck gerade, jenen dem Staat gefährlichen, weil antiautoritären asketischen Zug zu brechen. Die monarchisch-feudale Gesellschaft schützte | die „Vergnügungswilligen“ gegen die entstehende bürgerliche Moral und das autoritätsfeindliche asketische Konventikel ebenso, wie heute die kapitalistische Gesellschaft die „Arbeitswilligen“ gegen die Klassenmoral der Arbeiter und den autoritätsfeindlichen Gewerkverein zu schützen pflegt. Dieh Puritaner vertraten demgegenüber iihre entscheidendste Eigenart: das Prinzipi asketischer Lebensführung. Denn im übrigen war die Abneigung des Puritanismus gegen den Sport, selbst bei den Quäkern, keine schlechthin grundsätzliche. Nur mußte er keinem rationalenk Zweck l: der für die physische LeiKampf gegen die (autoritätsfeindliche)m Askese etwa mit Ludwigs XIV. Verfolgung von Port Royal und der Jansenisten in Parallele setzen.14 |

g  A, A1: erhoben,  h A: Und die  i–i A: das Prinzip  k–k A: dem rationalen   l–l (S.  451)  Interpunktionszeichen fehlen in A, A1.  m  Fehlt in A.   jüdischen Sabbats, welche die strikte Enthaltung von Tanz und Vergnügungen ver­ langte, erlaubte die „Declaration“ nach dem Besuch des Gottesdienstes Tanz, Bogen­ schießen und andere in England traditionell an Sonn- und Feiertagen ausgeübte kör­ perliche Ertüchtigungen. Nach Skeats, Free Churches, p.  46–48, ging es bei diesen Veranstaltungen meist recht roh und grob zu, und der Alkoholkonsum war reichlich. (1644 wurde das „Book of Sports“ vom Parlament außer Kraft gesetzt.) 14 Anschaulich bei Huber, Jesuiten-Orden (wie oben, S.  435, Anm.  43), im Kapitel „Der Jansenismus“, S.  438–495: Wegen ihres „moralischen Rigorismus“ (S.  488), der sie sogar das Theater als unsittlich verwerfen ließ, zogen die Jansenisten den Haß von Ludwig XIV. auf sich (vgl. ebd., S.  488 f.). Das Kloster Port Royal des Champs, das Zentrum der Jansenisten, wurde im Zuge der Jansenistenverfolgung 1709 aufge­ hoben.

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stungsfähigkeit erforderlichen Erholung,l dienen.15 Als Mittel rein unbefangenen Sich-Auslebens ungebändigter Triebe dagegenn war er ihm verdächtig, und soweit er zum reinen Genußmittel wurde oder gar den agonalen Ehrgeiz, rohe Instinkte oder die irrationale Lust zum Wetten weckte, war er selbstverständlich schlechthin verwerflich. Der triebhafte Lebensgenuß, der von der Berufsarbeit wie von der Frömmigkeit gleichermaßen abzieht, war eben als solcher der Feind der rationalen Askese, mochte er sich als „seigneurialer“ Sport oder als Tanzboden- und Kneipenbesuch des gemeinen Mannes darstellen341). Mißtrauisch und vielfach feindlich ist demgemäß auch die Stellung | zu den nicht direkt religiös zu wertenden Kulturgüterno. Nicht als ob ein düsteres kulturverachtendes Banausentum im

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341)  Der Standpunkt Calvins war darin noch wesentlich milder, wenigstensp soweit A, A 93, 1 die feinerenq aristokratischen Formen des Lebensgenusses in Betracht kamen. Nur die BR, C 184 r s Bibel ist Schranke; wer sich an sie hält und sich ein gutes Gewissen erhält, ist nicht genötigt, mit Ängstlichkeit jedet Regung zum Lebensgenuß in sich zu beargwöhnen. Die hierher gehörigen Ausführungen in Kap. X der Inst[itutio] Christ[ianae] Rel[igionis] (z. B.: nec fugere ea quoque possumus quae videntur oblectationia magis quam necessitati inservire)16 hätten an sich einer sehr laxen Praxis Tür und Tor öffnen bkönnen. Hierb machte sich eben neben der steigenden Angst um die certitudo salutis bei den Epigonen auch der Umstand geltend – den wir candern Ortsc würdigen werden17 –,d daß in dem Gebiete der „ecclesia militans“18 die Kleinbürger es waren, welche Träger der ethischen Entwicklung des Calvinismus wurden. |

n A, A1: freilich  o A: „Kulturgütern“  p Fehlt in A.   q A: feineren  r A: Bibel  s A: Gewissen  t A: jede  a BR, C: oblecttationi  b–b A: können. – Hier  c–c A: späterhin  d  Komma fehlt in A, A1.   15  Vgl. hierzu Baxter, Christian Directory I, „Directions about Sports and Recreations, and against excess and sin therein“ (p.  387–391). – Für die Quäker äußert sich Barclay, Apology, p.  536–542 (aus Proposition XV. „Concerning Salutations and Recreations, etc.“, p.  512–571) zu Sports and Gamings allerdings ziemlich ablehnend, weil sie Gott vergessen ließen (p.  539–542), und benennt ausdrücklich „recreations“, die dies nicht tun (p.  540 f.). Daß die Ablehnung dennoch keine grundsätzliche war, könnte Weber seinem Exzerpt zu Proposition XV. (die Proposition bei Barclay, Apology, p.  14) entnom­ men haben: „… the unprofitable plays […] divert the mind from the witness of God … and from the evangelical spirit […]; in which, as we abide, the blessing of the Lord is felt to attend us in those actions in which we are necessarily engaged, in order 〈that〉 to the taking care for the sustenance of the outward man“ (Bl.  30). Vgl. auch Barclay, Apology, p.  540. 16  Vgl. Calvin, Inst. III,10; Zitat III,10,1 (in: CR 30, Sp.  528; Übersetzung Otto Weber: „Wir können auch dem nicht aus dem Wege gehen, was mehr dem Genuß als der Notdurft zu dienen scheint.“). 17  Die Ausführung sah Weber nicht mehr für die „Protestantische Ethik“ vor; siehe dazu auch unten, S.  471–484. 18  Die „streitende Kirche“; vgl. auch das Glossar, unten, S.  604.

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Lebensideal des Puritanismus enthalten gewesen wäre. Das gerade Gegenteil ist wenigstens für die Wissenschaft – mit Ausnahme der verabscheuten Scholastike – richtig. Und die größten Vertreter der puritanischen Bewegung sind überdies tief in die Bildung der Renaissance getaucht: die Predigten des presbyterianischen Flügels fder Bewegungf triefen von Klassizismen342), | und selbst diejenigen der Radikalen verschmähen, trotzdem sie allerdings gerade daran Anstoß nahmen, derartige Gelehrsamkeit doch in der theologischen Polemik nicht. Nie vielleicht ist ein Land so überreich an „graduates“ gewesen, wie Neu-Englandg in der ersten Generation seines Bestehens.19 Die Satire der Gegner, wie z. B. Butlers „Hudibras“,20 setzt ebenfalls gerade bei der Stubengelehrsamkeit und geschulten Dialektik der Puritaner ein: dies hängth teilweise mit der religiösen Schätzung des Wissens zusammen, welche aus der Stellung zur katholischen „fides implicita“21 folgte. – Schon anders steht es, sobald man das Gebiet der nicht wissenschaftlichen Literatur343) und weiterhin der Sinnenkunsti betritt. Hier freilich legte

342)  Th[omas] Adams (Works of the Pur[itan] Div[ines] p.  3)22 z. B. beginnt eine Predigt über „the three divine sisters“ („Die Liebe aber ist die größte unter ihnen“) mit dem Hinweis: – daß auch Paris der Aphrodite den Apfel gereicht habe! | 343)  Romane u. dgl. sollen als „wastetimes“ nicht gelesen werden (Baxter, Christ[ian] BR, C 185 Dir[ectory] I p.  51 Sp.  2).23 – Das Eintrocknen der Lyrik und des Volksliedes, nicht nur

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e A: „Scholastik“  f–f  Fehlt in A.   g  A, A1: Neu England  h A: hängt, wie wir später sehen werden,  i A: „Sinnenkunst“   19  Vgl. dazu oben, S.  163 mit Anm.  59. 20  Vgl. Butler, Hudibras. Samuel Butler nimmt in seiner dreiteiligen Verssatire (1663– 1678) nach dem Vorbild von Cervantes’ „Don Quijote“ die Puritaner in Gestalt der Abenteuer des Hudibras und seines Knappen Ralph aufs Korn. Vgl. dazu Dowden, Puritan and Anglican, bes. p.  296–310, der Hudibras als „man of narrow brain“ charak­ terisiert: „His Puritan school-divinity has made him a master in twisting theological ro­ pes of sand, and in solving unprofitable questions in the wrong way“ (Zitat p.  302 f.). 21  „Impliziter Glaube“ heißt, sich in Glaubensfragen einer als maßgeblich erachteten Autorität zu unterstellen. Vgl. auch das Glossar, unten, S.  606. 22  Weber bezieht sich auf Adams, Three Divine Sisters (Adams, Works of the English Puritan Divines V), p.  3. Mit den „three divine sisters“ sind Glaube, Liebe und Hoffnung gemeint, von denen Paulus 1 Kor 13,13 die Liebe (bei Adams: „charity“) die größte nennt. Adams parallelisiert seinen Predigttext mit der griechischen Mythologie, indem er auf das Urteil des trojanischen Königssohns Paris anspielt. – Weber notiert im Exemplar von Adams in der UB Heidelberg, p.  289 (freie Seite): „Überall antike Bei­ spiele – z. B. das Urteil des Paris für* [oder: auf] d[ie] Liebe S.  1“ (gemeint ist die un­ paginierte erste Seite des Textes, eigentlich p.  3). 23 Baxter, Christian Directory I, gibt in den „Directions for young Christians […]“

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sich die Askese wie ein Reif auf das Leben des fröhlichen alten England.j kUnd nicht nur die weltlichen Feste wurden davon be­troffen. Der zornige Haß der Puritaner gegen alles, was nach „superstition“ roch, gegen alle Reminiszenzen von magischer oder hierurgischerl Gnadenspendung verfolgte das christlichem Weihnachtsfest ganz ebenso wie den Maibaum344) n und die unbefangene kirchliche Kunstübung. Daßk in Holland für die Entwickdes Dramas, nach dem elisabethanischen Zeitalter in England ist bekannt. An bildender Kunst hat der Puritanismus vielleichto nicht allzuviel zu unterdrücken vorgefunden. Auffallend ist aberp der Absturz von einer anscheinend ganz guten musikalischen Veranlagung q(die Rolle Englands in der Musikgeschichte war nicht unbedeutend)q 24 zu jenem absoluten Nichts, welches wir bei den angelsächsischen Völkern später und noch heute in dieser Hinsicht bemerken.25 Außer in den Negerkirchenr – und seitens jener Berufssänger, die sich jetzt die Kirchen als „attractions“ (Trinity Church in Boston 1904s für 8000 $ pro Jahr) engagieren – hört man auch in Amerika meist nur eina für deutsche Ohren unerträglichesb Gekreisch als „Gemeindegesang“.26 (Teilweise analoge Vorgänge auch in Holland.)27 c 344)  In Holland ganz ebenso, wie die Verhandlungen der Synoden erkennen lassen. (S[iehe] die Beschlüsse über den Maibaum in der Reitsma’schen Sammlung VI, 78. 139 u. ö.)c 28 j A: England, und daß  k–k  Fehlt in A einschließlich Index.   l  In A1 folgt: oder sakramentaler  m A1: fürstliche*  n  Index fehlt in A1; in A1 folgt: 〈, den Kunstges〉  o  A, A1: wohl noch  p  Fehlt in A.   q–q  Fehlt in A.   r  A, A1: Negerkirchen,  s  Fehlt in A.   a A: das  b A: unerträgliche  c–c  Fehlt in A, A1.   (p.  30–57), Direction 16, p.  51 f., eine Abstufung, welche Literatur nach der Heiligen Schrift empfehlenswert sei und welche nicht. 24  Weber spielt sehr warscheinlich auf den in England und Frankreich beheimateten „musikgeschichtlich so wichtigen Terzen- und Sextengesang“ an (später engl. als „Faburdon“ und frz. als „Fauxbourdon“ bezeichnet), der für die Entwicklung der mit­ telalterlichen Mehrstimmigkeit bedeutend war. Vgl. Weber, Zur Musiksoziologie, MWG I/14, S.  226 (Zitat) und 230 f. mit Anm.  38. 25  Die Herausgeber Christoph Braun und Ludwig Finscher bemerken in der Einlei­ tung in Weber, Zur Musiksoziologie, MWG I/14, S.  1–126, daß Weber, aber auch ande­ ren Zeitgenossen, die um die Jahrhundertwende einsetzende Renaissance der engli­ schen Musik mit den Komponisten Edward Elgar, Frederick Delius, Gustav Holst und Ralph Vaughan Williams unbekannt geblieben war. Vgl. ebd., S.  112, Anm.  30. 26  Dies dürfte Weber selbst auf seiner USA-Reise 1904 erfahren haben. – Im Brief an Helene Weber und Familie vom 1. oder 2. November 1904 (in: Brief vom 27. Okt. – 2. Nov. 1904, MWG II/4, S.  356–367, hier S.  363 f.) berichtet Weber von seinem Gottes­ dienstbesuch in einer nicht näher benannten Bostoner Baptistenkirche der Afroameri­ kaner, schreibt aber nichts über den Gemeindegesang. – Bei der Trinity Church, Bo­ ston, handelt es sich um eine Episcopal Church. 27  Während seines Holland-Aufenthalts im Sommer 1903 berichtet Weber aus Am­ sterdam: „sehr starker Gemeindegesang“, erläutert dies aber nicht näher. Brief Max Webers an Marianne Weber vom 14. Juni 1903, MWG II/4, S.  101–104, hier S.  102. 28  Vgl. Reitsma, Acta VI (Synode zu Bolsward 1594), S.  78, Nr.  2, und Reitsma, ebd. (Synode zu Dokkum 1604), S.  139 f., Nr.  15.

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lung einer großen, oft derb realistischen, Kunst Raum blieb345), beweist lediglich, wie | wenig exklusiv die | dortige autoritär gehandhabte Sittenreglementierung nach diesen Richtungen gegenüber dem Einfluß des Hofes und des Regentenstandes d(einer Rentner­ schicht)d, aber auch der Lebenslust reich gewordener Kleinbürger zu wirken vermochte, nachdem die kurze Herrschaft der calvi­

345)  Daß die „Renaissance des Alten Testaments“ eund die pietistische Orientierung an gewissen, letztlich auf Deuterojesaja und den 22. Psalm29 zurückgehenden schönheitsfeindlichen christlichen Empfindungene in der Kunst dazu beigetragen haben müssenf, das Häßliche als künstlerisches Objekt möglicherg zu machen und daßh auch die puritanische Ablehnung der Kreaturvergötterungi dabei mitspielte, liegt nahe.30 Aber alles Einzelne scheint noch unsicher. In der römischen Kirche führten ganz andeA, A1 95 re (demagogische) Motive äußerlich verwandte Erscheinungen herbei, – aber | allerdings mit künstlerisch ganz anderem Resultat. Wer vor Rembrandtsj „Saul und David“ (im Mauritshuisk) steht, glaubt die mächtige Wirkung lpuritanischen Empfindensl diBR, C 186 rekt zu spüren.m 31 Die geist|volle Analyse der holländischen Kultureinflüsse in Carl Neumanns „Rembrandt“ dürfte wohl das Maß dessen bezeichnen, was man zur Zeit darüber wissen kann,32 inwieweit dem asketischen Protestantismus positiven, die Kunst befruchtende, Wirkungen zuzuschreiben sind.

d–d  Fehlt in A.   e–e  Fehlt in A; A1: 〈einerseits,〉 und die pietistische Orientierung 〈an den〉 an gewissen, […] Empfindungen  f  A, A1, BR, C: muß  g A: „möglicher“   h Fehlt in A.   i A: „Kreaturvergötterung“  j In A folgt: wunderbaren  k A: Haag  l–l A: jenes puritanischen Gedankens  m A: spüren. –  n A: positive   29  Vgl. dazu oben, S.  356 f., Fn.  201 mit Anm.  51 30 Weber lehnt sich mit dieser Aussage möglicherweise an Neumann, Rembrandt (vgl. in dieser Fn.), an. Neumann spricht nicht direkt von der „Renaissance des Alten Testaments“, geht aber auf die wirklichkeitsbejahende Darstellung des „Häßlichen“ ein, die die Niederländer, insbesondere Rembrandt, dem „Kult des Schönen“ der ita­ lienischen (und französischen) Kunst entgegengestellt hätten. Ermöglicht habe dies die sich der Gnade Gottes gewisse (protestantische) Religiosität der Niederländer (vgl. S.  184–188). – Neumann betont außerdem, daß sich das calvinistische Holland mit dem Judentum des Alten Testaments als dem „auserwählten Volk“ wesensver­ wandt fühlte, weshalb das Alte Testament im holländischen Leben (S.  531) und in der Kunst Rembrandts (S.  573 f.) sehr präsent gewesen sei. 31  Weber berichtet über den Eindruck des Gemäldes, das sich seit 1898 in Het Mau­ ritshuis in Den Haag befindet, im Brief an Marianne Weber vom 8. Juni 1903, MWG II/4, S.  81–84, hier S.  81 f.: „Das schönste[,] was ich bisher fand, ist Rembrandt’s ‚Saul u. David‘ (auf der Harfe spielend). Daß man zwei Knalljuden, den König als Sultan oben­ drein, in geschmacklosestem Costüm, David als richtigen Schwung aus dem Delika­ teßladen, so malen kann, daß man nur die Menschen und die ergreifende Macht der Töne sieht, ist fast unbegreiflich“. – Ähnlich im Brief an dies. vom 10. Juni 1903, MWG II/4, S.  89–91, hier S.  90: „Der ‚Saul u. David‘ wirkt jedesmal mächtiger.“ – Das Gemäl­ de wird heute überwiegend Rembrandts Werkstatt zugeschrieben. 32  Neumann, Rembrandt, war 1902 erschienen (die 2. Auflage dieses Buches hatte Weber im November 1905 erhalten; vgl. Brief Max Webers an Carl Neumann vom 24. Nov. 1905, MWG II/4, S.  602).

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2.  Askese und kapitalistischer Geist

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nistischen Theokratie sich in ein nüchternes Staatskirchentum aufgelöst und damit der Calvinismus oan asketischer Werbekraft merklicho verloren hatte346). Das | Theater warp dem Puritaner ver346)  Für das relativ geringere Eindringen der calvinistischen Ethik in die Lebenspraxis und die Abschwächung des asketischen Geistes in Holland qschon Anfang des 17. Jahrhunderts (den 1608 nach Holland geflüchteten englischen Kongregationalisten war die unzulängliche holländische Sabbatruhe anstößig),33 vollends aberq unter dem Statthalter Friedrich Heinrich,r 34 und für die geringere Expansionskraft des holländischen Puritanismus überhaupt waren die mannigfachsten s, hier unmöglich aufzuführendens Ursachen maßgebend. Sie lagen zum Teil auch in der politischen Verfassung (partikularistischer Städte- und Länderbund) und in der weit geringeren Wehrhaftigkeit (der Freiheitskrieg wurde bald in der Hauptsache mit dem Gelde von Amsterdam und mit Soldheeren geführt: die englischen Prediger illustrierten die babylonische Sprachverwirrung durch Verweisung auf das holländische Heer). Dadurcha war der Ernst des Glaubenskampfes zum guten Teil auf andere abgewälzt, damit aber auch die Teilnahme an der politischen Macht verscherzt. Dagegen fühlte sich Cromwells Heerb – obwohl teilweise gepreßtc – als Bürgerheer.35 (Umso charakteristischer ist dabei freilich, daß eben dies Heer die Beseitigung der Wehrpflicht in sein Programm aufnahm, – weil man eben nur zu Gottes Ruhm für eine im Gewissen alsd gut erkannte Sache, nicht aber für die Laune der Fürsten kämpfen darf. Die nach traditionellene deutschen Begriffen „unsittliche“f englische Heeresverfassung hatteg historisch anfänglichh sehr „sittliche“ Motive und war einei Forderung niemals besiegter kSoldaten, welche erst nach der Restauration in den Dienst der Interessen der Krone gestellt wurde.)k Die holländischen schutterijen, die Träger des Calvinismus in der Periode des großen Krieges, sieht man schon eine halbe Generation nach der Dordrechter Synode auf den Halsschen Bildern sich recht wenig „asketisch“ gebärden.36 lProteste der Synoden ge-

o–o A: seine asketische Werbekraft A1: an […] 〈inner〉 merklich    p A, A1: ist q–q Fehlt in A.   r Komma fehlt in A, A1.  s–s Fehlt in A; Komma fehlt in A1. a A: Damit  b  A, A1: Heer,  c  A, A1: gepreßt,  d  Fehlt in A, A1, BR, C; als sinngemäß ergänzt.    e Fehlt in A.    f In A1 Anführungszeichen gestrichen.   g A: hat  h  Fehlt in A.   i  A, A1: die  k–k  A: Soldaten.) –  l–l  (S.  456)  Fehlt in A, A1.   33  Doyle, The English in America II (= The Puritan Colonies I), p.  47, gibt dies als einen der Hauptgründe für die englischen Puritaner an, die 1608 mit John Robinson nach Amsterdam geflüchtet, von dort nach Leiden gezogen und schließlich mit der Mayflower nach Nordamerika übergesetzt waren. 34  Friedrich Heinrich war von 1625 bis 1647 Statthalter der Vereinigten Niederlande. 35  Von Cromwell heißt es, daß er seine „Ironsides“ nach ihrem Freiheitsverlangen und ihrer Festigkeit im Glauben ausgesucht habe. „Das war der Stolz von Cromwell’s Trup­ pen, daß sie nicht Söldner seien, sondern freie Bürger des Landes, die aus eigenem Antriebe die Waffen ergriffen hätten für ihre Freiheit und für ihren Glauben.“ Weingar­ ten, Revolutionskirchen Englands, S.  117 mit Anm.  1. 36  Schutterij (ndl.), hier „Bürgerwehr“, von schutter (ndl.), „Schütze“. – Mitglied einer Schützengilde zu sein und die junge Republik – in erster Linie die Stadt – zu verteidi­ gen, war für das regierende Patriziat und andere Ehrenmänner zur Zeit des Achtzig­ jährigen Krieges (1568–1648) nahezu „Pflicht“. Um den Bürgersinn zu demonstrieren, ließ man sich gruppenweise in Schützenstücken porträtieren. – Von Frans Hals sind

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gen ihre Lebensführung finden sich immer wieder.l 37 Der holländische Begriff der „Deftigkeit“ ist ein Gemisch von bürgerlich-rationaler „Ehrbarkeit“ und patrizischemm Standesbewußtsein.38 Die Klassenabstufung der Kirchenplätze in den holländischen Kirchen zeigt den aristokratischen Charakter dieses Kirchentums noch heute.39 n oDer Fortbestand der Stadtwirtschaft hemmte die Industrie. Sie nahm fast nur durch Refugiés und daher stets nur zeitweilig einen Aufschwung.o Wirksam gewesen war aber auch in Holland, pin ganz gleicher Richtungp wie anderwärts, die innerweltliche Askese des Calvinismus und Pietismus (auch in qdem gleich zu erwähnenden Sinnq „asketischen Sparzwangs“,r wie Groen van sPrinsterer an der Anm.  365 S.  468 zitierten Stelle bezeugt.s tDas fast völlige Fehlen schöner Literatur im calvinistischen Holland ist natürlich kein Zufall.t n S[iehe] über Holland z. B.: Busken-Huët, Het land van uRembrandt, auchu deutsch herausgegeben durch von der Ropp).40 aDie Bedeutung der holBR, C 187 ländischen Religiosität | als „asketischer Sparzwang“ trittb noch im 18. Jahrhundert c, z. B. in den Aufzeichnungen von Albertus Haller,c 41 deutlich hervor. dFür die charaktel  (S.  455)–l Fehlt in A, A1.  m A, A1: partrizischem  n–n A: – Davon später.   o–o  Fehlt in A1.  p–p A1: ganz ebenso > in ganz gleicher Richtung  q–q A1: der gleich zu erwähnenden Form  r  In A1 folgt: 〈der〉  s–s A1: Prinsterer, Geschiedenis van het vaderland bezeugt) BR: Prinsterer […] Anm.  S.  zitierten Stelle bezeugt).  t–t  Fehlt in A1.  u–u  A, A1, BR: Rembrandt (auch  a–a  (S.  457)  Fehlt in A.   b  In A1 folgt: 〈in den〉  c–c  Kommata fehlen in A1.  d–d  (S.  457)  Fehlt in A1.   fünf Haarlemer Schützenstücke aus der Zeit von 1616 bis 1639 überliefert (Frans Hals Museum, Haarlem). In Hals’ Schützenstücken kommt im Gegensatz zur steifen nieder­ ländischen Porträtmalerei vitale, natürliche Lebensfreude zum Ausdruck. 37  Vgl. z. B. Reitsma, Acta III, S.  393 und 447; ders., Acta VI, S.  355. Die „schutterijen“ („Bürgerwehren“) störten v. a. die Sonntagsruhe. 38  Wohl eingedeutscht, deftigheid (ndl.), „Stattlichkeit“, „Würde“, „Anstand“, „Vortreff­ lichkeit“. Vgl. s.v., in: Neues vollst. Holländisch-deutsches und Deutsch-holländisches Taschen-Wörterbuch […], bearb. von J. Mieg, 4.  Aufl. – Bielefeld, Leipzig: Velhagen & Klasing 1887. – Weber dürfte hier von Neumann, Rembrandt, S.  83–85, angeregt sein, der sich über die Provinzen der Vereinigten Republik nach ihrer Trennung von den südlichen Provinzen äußert: „Das plebejische Element hatte hier gekämpft und ge­ siegt, und von den derben Formen dieses old merry Holland war es noch weit bis zu jener aristokratischen Gemessenheit, die man später als holländische ‚Deftigheit‘ so charakteristisch fand. Diese Deftigheit war erst das Erzeugnis jener sozialen Umbil­ dung und Erhebung, aus der ein Patriziat hervorging“ (Zitat S.  83). 39  Weber berichtet über die von ihm besuchten holländischen Gottesdienste in einem Brief an Marianne Weber vom 14. Juni 1903, MWG II/4, S.  101–104, hier S.101: „Alles sitzt nach Rang u. Stand, am ausgeprägtesten in der Nieuwe Kerk im Haag, wo die Königin ihre Loge u. die Minister ihre Bank haben, aber auch hier: an der einen Bank steht: Regenten, an der andren krijgsraad, an der dritten wijk-meesters u. s. w.“. Ähn­ lich äußerte er sich im Brief an dies. vom Tag zuvor (ebd., MWG II/4, S.  96–100, hier S.  99) nach seiner Besichtigung der Nieuwe Kerk in Delft. 40  Gemeint sind: Busken Huet, Rembrand I–II/2, dt. Busken-Huet, Rembrandt’s Hei­ math I, II. 41  Gemeint sind: Haller, Tagebücher. Der Schweizer Universalgelehrte Albrecht (lati­ nisiert: Albertus) von Haller beobachtete während seines Aufenthalts in den Nieder­ landen (1725–1727) das einfache Leben, die „Sparsamkeit“ (ebd., S.  29 und 32; zitiert

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werflich347) e, und bei der strikten Ausscheidung des Erotischen und der Nuditäten aus dem Kreise des Möglichenf blieb in Literatur wie Kunst die radikalere Auffassung nicht stehen. Die Begriffe des ristischen Eigenarten holländischen Kunsturteils und deren Motive zu vergleichen sindg z. B. die autobiographischen Aufzeichnungen von Const[antijn] Huyghens (1629– 31 geschrieben) in Oud Holland 1891.42 (Die schon zitierte Arbeit von Groenh van Prinsterer, La Hollande et l’influence de Calvin (1864)43 bietet für unsre Probleme nichts Entscheidendes.)d – Die Nieuw-Nederland-Kolonie in Amerika war sozial eine halbfeudale Herrschaft von „Patronen“:i – Händlern, die das Kapital vorschossen –[,] und im Gegensatz zu Neu-England hielt es schwer, „kleine Leute“ zur Übersiedelung dorthin zu bewegen.a 44 k 347)  Es sei daran erinnert: wie die puritanische Stadtbehörde das Theater in Stratford-on-Avonl noch bei Shakespeares Lebzeiten und Aufenthalt dort in seiner letzten Lebenszeit schloß.45 (Shakespeares Haß und Verachtung gegen die Puritaner tritt ja bei jeder Gelegenheit hervor.)46 Noch 1777 lehnte die Stadt Birmingham die Zulassung eines Theaters als der „Faulheit“ förderlich und daher dem Handel abträglich ab (Ashley am mS.  473 f. Anm.  374m a[ngegebenen] O[rt] S.  7. 8).k 47 |

e  Index fehlt in A, A1.  f A: „Möglichen“  g  Fehlt in BR, C; sind sinngemäß er­ gänzt.  h  In BR, C nicht hervorgehoben.   d  (S.  456)–d  Fehlt in A1.  i Doppel­ punkt fehlt in A1.  a  (S.  456)–a  Fehlt in A.   k–k  Fehlt in A, A1.  l  Zu erwarten wäre: Stratford-upon-Avon  m–m  Fehlt in BR; in C folgt Komma.   auch von Busken-Huet, Rembrandt’s Heimath, S.  171), die Arbeitsamkeit und den „Fleiß“ (ebd., S.  32) der Holländer (vgl. auch Busken-Huet, ebd., S.  169–171). 42  Gemeint ist das aus den Jahren 1629 bis vermutlich 1631 stammende autobiogra­ phische Fragment des Staatsbeamten und Dichters Constantijn Huygens, veröffent­ licht in der Zeitschrift „Oud-Holland“; vgl. Worp, Constantyn Huygens over de schil­ ders van zijn tijd (das lateinische Fragment dort auch in niederländischer Übersetzung). 43  Vgl. Groen van Prinsterer, Hollande (von Weber genannt oben, S.  264, Fn.  91). 44  Darüber berichtet Laspeyres, Volkswirtschaftliche Anschauungen der Niederlän­ der (wie oben, S.  416, Fn.  40), bes. S.  103–105. Die „Patroncolonisation“ (ebd., S.  103) hatte sich in Nieuw Nederland ab 1630 etabliert. 45  Vgl. Brandes, Georg, William Shakespeare, 2. verbesserte Aufl. – Paris, Leipzig, München: Albert Langen 1898, S.  973 f.: Schon 1602 war in Stratford-upon-Avon – Shakespeares Geburtsstadt, in der er von 1610 bis zu seinem Tod 1616 wieder lebte –, das Schauspielverbot (man spielte in der Guildhall) ergangen und 1612 durch verschärfte Geldbußen bekräftigt worden. 46  Ähnlich äußert sich Weber schon in ders., Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalis­ mus, MWG I/9, S.  589, Fn.  12, dazu ebd., Anm.  81. Shakespeares Verachtung der Pu­ ritaner zeigt sich besonders auch in der Figur des „Malvolio“ in der Komödie „Twelfth Night, or What You Will“ (dt. „Was ihr wollt“). 47  Vgl. Ashley, Birmingham Industry and Commerce, p.  7 f., hier p.  7: „The belief that a legal theatre would ‘check Industry, promote Idleness, and do other Mischiefs to Trade’ was too prevalent to be overcome […].“ (Ashley, p.  7 f., wird auch von Levy, Studien über das englische Volk, S.  649 mit Anm.  75, zitiert.)

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„idle talk“,48 der | „superfluities“348), der „vain ostentation“n – alles Bezeichnungen eines irrationalen, ziellosen, daher nicht asketischen und überdies nicht zum Ruhme Gottes, sondern des Menschen dienenden Gebarenso 49 – waren schnell bei der Hand, um gegen jedep Verwendung künstlerischer Motive die nüchterne Zweckmäßigkeit entschieden zu begünstigen. Vollends galt dies da,q wo es sich um den direkten Schmuck der Person, z. B. die Tracht349),r handelte. Jene mächtige Tendenz zur Uniformierung des 348)  Entscheidend ist auch hier, daß es für den Puritaner nur das Entweder-oder gab: göttlicher Wille oder kreatürliche Eitelkeit. Deshalb konnten für ihn keine „Adiaphora“ existieren. Anders stand in dieser Beziehung, wie schon gesagt,50 Calvin: Was man ißt, was man anzieht u. dgl. ists – wenn nur keine Verknechtung der Seele unter die Macht der Begierdet die Folge istu – gleichgültig. Die Freiheita von der „Welt“ soll sich – wie bei den Jesuiten – in Indifferenz, d. h. aber bei Calvin: in unterschiedslosem, begierdelosem Gebrauch der Güter, welche die Erde bietet, äußern (p.  409 ff. der Originalausgabe der Institutio Christianae Relig[ionis]),51 – ein Standpunkt, der dem lutherischen offensichtlich im Effekt näher standb als derc Präzisismus der Epigonen. 349)  Das Verhalten der Quäker in dieser Hinsicht ist bekannt.52 Aber schon Anfang des 17. Jahrhunderts durchtobtend die Exulantengemeinde in Amsterdam ein Jahrzehnt lang die schwersten Stürme wegen der modischen Hüte und Trachten einer Pfarrersfrau. (Ergötzlich geschildert in Dexters Congregationalism of the last 300 years.)e 53 – Schon Sanford a. a. O.54 hat darauf hingewiesen, daß die heutige männliche „Haartour“

n  A, A1: ostentation“,  o  A, A1: Gebahrens,  p A: die  q  Komma fehlt in A, A1.  r  Komma fehlt in A, A1.  s  A, A1: ist,  t  A, A1: Begierde  u  A, A1: ist, a A: Freiheit  b  A, A1: steht  c  Zu erwarten wäre: dem  d  A, A1: durchtobte   e  A, A1, BR, C: years).   48  Vgl. etwa Baxter, Christian Directory I, p.  244: „idle talk“ als „Time-wasting sin“, und p.  362–366: „Special Directions against Idle talk, and Babling“. Vgl. oben, S.  418, Fn.  289 mit Anm.  53. 49  Über „Vanity and Superfluity of Apparel “ äußert sich z. B. Barclay, Apology (Propo­ sition XV. „Concerning Salutations and Recreations, etc.“, p.  512–571), hier p.  532– 536. 50  Vermutlich gemeint: oben, S.  451, Fn.  341. 51  Weber zitiert die Erstausgabe von Calvin, Institutio (1536), p.  409, in Cap. VI: „De Libertate Christiana […]“: „[…] Quare perverse interpretantur, vel qui suis cupiditati­ bus ipsam praetexunt ut bonis Dei donis abutantur in suam libidinem […]. Aiunt res esse indifferentes. Fateor, modo iis indifferenter quis utatur“ (hier zitiert nach: CR 29, Sp.  200). 52  Vgl. Barclay, Apology (Proposition XV. „Concerning Salutations and Recreations, etc.“, p.  512–571), p.  534 f. Über die keinem modischen Wandel unterworfene Tracht („breitkrämpiger Hut, der Rock ohne Kragen“ etc.), von der abzuweichen „den Ver­ dacht des Abfalls vom Glauben“ hervorrufen würde, äußert sich u. a. Weingarten, Re­ volutionskirchen Englands, S.  399 mit Anm.  1. 53  Vgl. Dexter, Congregationalism, p.  287–289, 292–296. 54  Vgl. Sanford, Great Rebellion, p.  99–101.

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Lebensstils, welcher heute das kapitalistische Interesse an der „standardization“ der Produktion350) | zur Seite steht, hattef in der Ablehnung der „Kreaturvergötterung“ ihre ideelle Grundlage351). Gewiß darf man dabei nicht vergessen, daß der Puritanismus eine Welt von Gegensätzen in sich schloß, daß der instinktive Sinn für das zeitlos Große in der Kunst bei seinen Führerng sicher höher standh als in der Lebensluft der „Kava|liere“352), und daß ein ein-

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diejenige der vielverspotteten „Roundheads“ ist und daß die ebenfalls verspottete männliche Tracht der Puritaner der heutigen jedenfalls in dem zugrunde liegenden Prinzip wesensgleich ist. 350)  Darüber s. wiederum Veblens schon zitiertes Buch: The theory of business enterprise.55 | 351)  Auf diesen Gesichtspunkt kommen wir stetsi zurück.56 Aus ihm erklären sich B , C 188 R Aussprüche wie diese: Every penny, which is paid upon yourselves and children and friends must be done as by Gods own appointment and to serve and please him. Watch narrowly, or else that thievish carnal self will leave God nothing. (Baxter a. a. O. I S.  108 unten rechts.)57 Das ist das Entscheidende: was man persönlichen Zwecken zuwendet, wird dem Dienst zu Gottes Ruhm entzogen.58 | 352)  Mit Recht pflegt man z. B. daran zu erinnern (so Dowden a. a. O.),j 59 daß Crom- A, A 97 1 well Raffaels Cartons und Mantegnas Triumph Caesars vor dem Untergang rettete, Carl II. sie zu verkaufen suchte. Zur englischen Nationalliteratur stand die Gesellschaft der Restauration bekanntlich ebenfalls durchaus kühl oder direkt ablehnend. An den Höfen war der Einfluß von Versailles eben überall allmächtig. – Die Ablenkung von den unreflektierten Genüssen des Alltagslebens in ihremk Einfluß auf den Geist der höchsten Typen des Puritanismus und der durch seine Schule gegangenen Menschen im einzelnen zu analysieren ist eine Aufgabe, die jedenfalls im Rahmen dieser Skizze nicht gelöst werden könnte. Washington Irving (Bracebridge Hall a. a. O.)60 formuliert in der üblichen englischen Terminologie die Wirkung dahin: „it (die politische Freiheit, meint er, – der Puritanismus, sagen wir) evinces less play of the fancy, but more power

f  A, A1: hat  g  A, A1: Führeren  h  A, A1: stand,  i  A, A1: noch oft  j Kom­ ma fehlt in A, A1.  k  A, A1, BR, C: ihren   55  Dazu das zweite Kapitel „The Machine Process“ in: Veblen, Business Enterprise, p.  5–19, zur „standardization“ p.  12–15. Veblens Schrift führt Weber oben, S.  407, Fn.  274, ein. 56  Auch unten, S.  463, zuvor S.  451 ff. 57  Zitat aus den „Directions for faithful serving Christ, and doing Good“, unter Direction 7, Baxter, Christian Directory I, p.  108, dort: „[…] penny which is laid out upon your selves […]“. 58  Vgl. den Eingangssatz bei Baxter, ebd., zu Direction 7: „Take special heed that the common Thief, your carnal-self […], do not rob God of his expected due, and devour that which he requireth.“ 59  Vgl. Dowden, Puritan and Anglican, p.  25. 60  Irving, Bracebridge Hall, das folgende Zitat p.  174, aus der Kurzgeschichte „Eng­ lish Gravity“ (bereits oben, S.  418, Fn.  289, eingeführt). Zitiert auch bei Sanford, Great Rebellion, p.  92.

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zigartiger Genius wie Rembrandt, so wenig sein „Wandel“ durchweg vor den Augen des puritanischen Gottes Gnade gefunden hätte, doch in der Richtung seines Schaffens durch sein sektiererisches Milieu ganz wesentlich mitbestimmt wurde353). Aber am Gesamtbild ändert das insofern nichts, als die mächtige Verinnerlichung der Persönlichkeit, welche die weitere Fortbildung der puritanischen Lebensluft mit sich bringen konnte und tatsächlich mitbestimmt hat, doch vorwiegend der Literatur und auch da erst späteren Geschlechtern zugute gekommen ist. | Ohne auf die Erörterung der Einflüsse des Puritanismus nach all diesen Richtungen hier näher eingehen zu können, vergegenwärtigen wir uns nur, daß die Statthaftigkeit der Freude an den rein dem ästhetischen oder sportlichen Genuß dienenden Kulturgütern jedenfalls immer eine charakteristische Schranke findet: sie dürfen nichts kosten. Der Mensch ist ja nur Verwalter der durch Gottes Gnade ihm zugewendeten Güter, er hat, wie der Knechtl der Bibel,61 von jedem anvertrautenm Pfennig Rechenschaft abzuleof imagination.“ Man braucht nur an die Stellung der Schotten in Wissenschaft, Literatur, technischen Erfindungen und auch im Geschäftsleben Englands zu denken, um zu empfinden, daß diese etwas zu eng formulierte Bemerkung an das Richtige streift. – Auf die Bedeutung für die Entwicklung der Technik und der empirischen Wissenschaften kommen wir nhier nichtn zu sprechen. Die Beziehung selbst tritt auch im Alltagsleben überall hervor: Für den Quäker z. B. sind erlaubte „recreations“ (nach Barclay):o 62 Besuch von Freunden, Lektüre historischer Werke, mathematischep und physikalische Experimente, Gärtnerei, Besprechung der geschäftlichen und sonstigen Vorgänge in der Welt u. dgl. – Der Grund ist der früher erörterte.63 353)  Hervorragend schön analysiert in Carl Neumanns „Rembrandt“, der überhaupt zu den obigen Bemerkungen zu vergleichen ist.64 |

l  A, A1: Schalksknecht  m  Fehlt in A, A1.  n–n A: später  o  A, A1: Barc­lay:)   p  A, A1: mathemathische   61  Mt 25,14–30; Lk 19, 11–27; von Weber auch oben, S.  435, angeführt. 62  Vgl. Barclay, Apology (Proposition XV. „Concerning Salutations and Recreations, etc.“, p.  512–571), p.  540 f. Weber notiert die den Quäkern „Erlaubte[n] recreations“ in seinem Exzerpt (wie oben, S.  398 f., Anm.  60), Bl.  33. 63  Siehe oben, S.  450 f. 64  Rembrandt soll Luxus und Verschwendung geliebt haben. Wegen zu hoher Ausga­ ben für seine Kunstsammlung wuchsen seine Schulden, so daß er 1656–1658 bankrott war; vgl. Neumann, Rembrandt, S.  574 f. und 582–597. – Die zahlreichen biblisch-reli­ giösen Stoffe seiner Werke führt Neumann auf das den Künstler umgebende religiöse Leben zurück, das ihn zu intensivem Bibelstudium anregte. (Nach Neumann nahm Rembrandt als nicht-asketischer, freisinniger Mennonit selbst am religiösen Leben teil; heute überholt.) Vgl. ebd., S.  523–581.

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gen354), und es ist zum mindesten bedenklich, davon etwas zu | verausgaben zu einem Zweck, der nicht Gottes Ruhm, sondern dem eigenen Genuß gilt355). Wem, der die Augen offen hat, wären Repräsentanten dieser Auffassung nicht bis in die Gegenwart hinein begegnet?356) Der Gedanke der Verpflichtung des Menschen gegenüber seinem anvertrauten Besitz, dem er sich als dienender Verwalter oder geradezu als „Erwerbsmaschine“ unterordnet, legt sich mit seiner erkältenden Schwere auf das qLeben. Jeq größer der Besitz wird, desto schwerer wirdr – wenn die asketische Lebensstimmung die Probe bestehts – das Gefühl der Verantwortung dafür, ihn zu Gottes Ruhm ungeschmälert zu erhalten und durch rastlose Arbeit zu vermehren. Auch die Genesis dieses Lebensstils reicht in einzelnen Wurzeln, wie so viele Bestandteile des modernent kapitalistischen Geistes, in das Mittelalter zurück357), aber erst | in

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So Baxter in der oben zitierten Stelle I S.  108 unten.65 | BR, C 189 Vgl. z. B. die bekannte Schilderung des Colonel Hutchinson (oft zitiert, z. B. bei A, A1 98 Sanford a. a. O. S.  97a)66 in der von seiner Witwe verfaßten Biographie. Nach Darlegung aller seiner ritterlichen Tugenden und seiner zu heiterer Lebensfreude neigenden Natur heißt es: „He was wonderfully neat, cleanly and genteel in his habit, and had a very good fancy in it; but he left off very early the wearing of anything that was costly.“ … – Ganz ähnlich ist das Ideal der weltoffenen und feingebildeten Puritanerin, die aber mit zwei Dingen: 1. Zeit und 2. Ausgaben für „Pomp“ und Vergnügen, kargt, in Baxters Leichenrede auf Mary Hanmerb (Works of the Pur[itan] Div[ines] p.  253c)67 gezeichnet. 356)  Ich erinnere mich – neben vielend anderen Beispielen – speziell eines in seinem Geschäftsleben ungewöhnlich erfolgreichen und in seinem Alter sehr begüterten Fabrikanten, der, als ihm ärztlicherseits bei einer hartnäckigen Verdauungsschwäche der Genuß von einigen Austern täglich angeraten wurde, dazu nur mit der größten Schwierigkeit zu bewegen war. Sehr erhebliche Stiftungen zu wohltätigen Zwecken, die er schon bei Lebzeiten vornahm, und eine „offene Hand“ zeigten andererseits, daß es sich dabei lediglich um einen Rückstand jenes „asketischen“ Empfindens handelte, welches den eigenen Genuß des Besitzes für sittlich bedenklich hält, nicht etwa um irgend etwas mit „Geiz“ Verwandtes. 357) Die Trennung von Werkstatt, Kontor, überhaupt „Geschäft“, und Privatwohnunge – von Firma und fName –,f von gGeschäftskapital und Pri|vatvermögeng, die Ten- BR, C 190 354)  355) 

q–q  A, A1: Leben, je  r  A, A1: wird,  s  A, A1: besteht,  t  Fehlt in A.   a A, A1, BR, C: 57  b  A, A1, BR, C: Hammer  c  A, A1, BR, C: 533  d  In A nicht her­ vorgehoben.  e  A, A1: Privatwohnung,  f–f  A, A1: Name, –  g–g  A, A1: Geschäftsvermögen und Privatbesitz   65  Baxter, Christian Directory I, p.  108; zitiert oben, S.  459, Fn.  351. 66  Aus den „Memoirs of the Colonel Hutchinson“ seiner Ehefrau Lucy Hutchinson wird zitiert bei Sanford, Great Rebellion, das folgende Zitat ebd., p.  97. 67 Vgl. Baxter, Last Work of a Believer (Works of the English Puritan Divines IV), p.  253. (Die in der Begräbnisrede als tugendhafte Puritanerin charakterisierte Mary Hanmer war die Mutter von Richard Baxters Ehefrau Margaret.)

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der Ethik des asketischen Protestantismus fand er seine konsequente ethische Unterlage. Seine Bedeutung für die Entwicklung des Kapitalismus liegt auf der Hand358). | denz, das „Geschäft“ zu einem „corpus mysticum“ zu machen (zunächst wenigstens das hGesellschaftsvermögen), lagenh alle in dieser Richtung. S[iehe] darüber meine „Handelsgesellschaften im Mittelalter“.68 358)  Zutreffend hattei schon Sombart in seinem „Kapitalismus“ k(1.  Aufl.)k gelegentlich auf dies charakteristische Phänomen hingewiesen.69 Zu beachten ist nur, daß VerA, A1 99 mögensakkumulationl aus zwei | sehr verschiedenen psychologischen Quellen stammt. Die eine reicht in ihrer Wirksamkeit weit in das graueste Altertum zurück und kommt in Stiftungen, Stammgütern, Fideikommissen usw.m ganz ebenso oder vielmehr sehr viel reiner und deutlicher zum Ausdruck wie in dem gleichartigen Streben, dereinst mit hohem materiellem Eigengewicht belastet zu sterben und, vor allem, den Bestand des „Geschäftes“ zu sichern, sei es auch unter Verletzung der persönlichen Interessen der Mehrzahl der miterbenden Kinder. Es handelt sich in diesen Fällen neben dem Wunsch, in der eigenen Schöpfung ein ideelles Leben über den Tod hinaus zu führen, darum, den „splendor familiae“70 zu erhalten, also um eine Eitelkeit, die sozusagen der erweiterten Persönlichkeit des Stifters sich zuwendet, in jedem Fall um im Grunde egozentrische Ziele. Nicht so liegt es bei jenem „bürgerlichen“ Motiv, mit welchem wir es hier zu tun haben: da steht der Satz der Askese: „Entsagen sollst du, sollst entsagen“,71 ins Positiv-Kapitalistischen gewendet: „Erwerben sollst du, sollst erwerben“, in seiner Irrationalität schlicht und rein als eine Art kategorischer Imperativ vor uns. Nur Gotteso Ruhm und die eigene Pflicht, nicht die Eitelkeit des Menschen, ist hier bei den Puritanern das Motiv, und heute: nur die Pflicht gegen den „Beruf“. Wer Freude daran hat, sich einen Gedanken an seinen extremen Konsequenzen zu illustrieren, erinnere sich etwa jener Theorie gewisser amerikanischer Milliardäre, daß man die erworbenen Milliarden nicht den Kindern hinterlassen solle, damit diesen die sittliche Wohltat, selbst h–h  A, A1: Gesellschaftsvermögen) liegen  i A: hat  k–k  Fehlt in A.   l A: dasselbe  m  A, A1: etc.  n  A, A1: positiv-kapitalistische  o A: Gottes   68  Vgl. Weber, Handelsgesellschaften, MWG I/1, bes. S.  316 f. und 325. – „Corpus mysticum“ bezeichnet eine mit eigener Rechtsfähigkeit ausgestattete juristische Per­ son, etwa eine Korporation oder Körperschaft, also ein „unsichtbares“ Rechtssubjekt (vgl. ebd., S.  556). 69  Vgl. Sombart, Der moderne Kapitalismus I, im Kapitel „Die Anfänge des bürgerli­ chen Reichtums“, S.  282–324. Über die Wandlung der durch Grundrentenakkumulati­ on reich Gewordenen zu Handelsherren S.  292 f.: „Sparsamere Hausväter hingegen (vielleicht gerade die reichsten?) wollten ihre vermehrten Einkünfte nicht völlig verzeh­ ren. Sie legten sie zurück und zwar […] zunächst wieder in der Form von Grundbesitz außerhalb der Stadt oder im Ankauf von Renten in der Stadt […]. Es stellt sich eine Art von Geldplethora ein, und der Gedanke, es in anderer Weise nutzbringend anzulegen, mußte langsam Wurzel schlagen […]. Jetzt kommt die Zeit, da gelegentlich Beträge vielleicht noch erst unentgeltlich der bedürfenden Stadtgemeinde, bald aber auch gegen Entgelt vornehmen Herren leihweise überlassen werden. Es kommt die Zeit, da man einem Faktor Summen anvertraut, mit denen er auswärts Handelsgeschäfte be­ treiben soll […].“ 70  Lat., Glanz (Ansehen) einer Familie. 71 Zitat nach Goethes „Faust“, V. 1549: „Entbehren sollst du! sollst entbehren!“ (Goethe, Faust I, S.  76.)

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Die innerweltliche protestantische Askese – so können wir das bisher Gesagte wohl zusammenfassen – wirktep also mit voller Wucht gegen den unbefangenen Genuß des Besitzes, sie schnürteq die Konsumtion, speziell die Luxuskonsumtion, ein. Dagegen entla­ steter sie im psychologischens Effekt den Gütererwerb von den Hemmungen der traditionalistischen Ethik, sie sprengt die Fesseln des Gewinnstrebensa, indem sie es nicht nur legalisierteb, sondern (in dem dargestellten Sinn) direkt als gottgewollt ansahc. Der Kampf gegen Fleischeslust und das Hängen an äußeren Gütern ward, wie neben den Puritanern auch der große Apologet des Quäkertums, Barclay, ausdrücklich bezeugt, kein Kampf gegen erationalen Erwerbe, sondern gegen firrationale Verwendung des Besitzesf.72 Diese aber lagg vor allem in der Wertschätzung der als Kreaturvergötterung359) | verdammlichen ostensiblen Formen des Luxus, wie sie dem feudalen Empfinden so nahe lagenh, anstatt der von Gott gewollten rationalen und utilitarischen Verwendung für die Lebenszwecke | des einzelnen und der Gesamtheit. Nicht Kasteiung360) wolltei sie dem Besitzenden aufzwingen, sondern

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arbeiten und erwerben zu müssen, nicht entzogen werde: heute freilich eine wohl jnur nochj „theoretische“ Seifenblase.73 359)  Dies ist – wie immer wieder hervorzuheben ist – das letzte entscheidende reli­ giöse Motiv (neben denk rein asketischen Gesichtspunkten der Fleischabtötung),l was ganz besonders deutlich bei den Quäkern hervortritt. | 360)  Diese lehnt Baxter (Saints’ everl[asting] rest 12) ganz mit den bei den Jesuiten A, A 100, 1 üblichen Motiven ab: dem Leib soll gewährt werden, was er bedarf, sonst wird man BR, C 191 74 sein Knecht. p  A, A1, BR: wirkt  q  A, A1, BR: schnürt  r  A, A1, BR: entlastet  s  Fehlt in A. a  A, A1: Erwerbsstrebens  b  A, A1, BR: legalisiert  c  A, A1, BR: ansieht  d A, A1, BR: ist  e–e  A, A1: Reichtum und Erwerb  f–f  A, A1: die damit verbundenen Versuchungen B: die Versuchungen des Besitzes  g  A, A1, BR: liegen  h  A, A1, BR: liegen  i A, A1, BR: will  j–j A: wesentlich  k A, A1: dem  l Komma fehlt in A, A1.   72  Zu Barclay vgl. Webers Ausführungen unten, S.  464 f., Fn.  361. 73  Nach Bryce sind amerikanische Milliardäre wesentlich geneigter als europäische, ihr Vermögen in Projekte von öffentlichem Nutzen statt in die Familie zu investieren. Vgl. Bryce, American Commonwealth II, Chapter CXV. „Social and economic future“, p.  719–734, hier p.  720. Dennoch gelte: „[…]  though the wealthy do not seek to keep their wealth together after their death by artificial means, many are the sons of the rich who start with capital enough to give them a great advantage for further accumulation“ (ebd.). 74  Baxter, Saints’ Everlasting Rest, chapter XII, darin p.  224 f. – Das Exerzitien-Pro­ gramm des Ignatius enthalte keine Kasteiungen und keine Askese, die den Körper angreife, so Gothein, Ignatius von Loyola (wie oben, S.  326, Anm.  27), S.  416–419.

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Gebrauch seines Besitzes für notwendige und praktisch nützliche Dinge. Der Begriff des „comfort“ umspannt in charakteristischer Weise den Kreis der ethisch statthaften Verwendungszwecke, und es ist natürlich kein Zufallm, daß man die Entwicklung des Lebensstils, der sich an jenen Begriff heftet, gerade bei den konsequentesten Vertretern dieser ganzen Lebensanschauung:n den Quäkern, am frühesten und deutlichsten beobachtet hat. Dem Flitter und Schein chevaleresken Prunkes, der, auf unsolider ökonomischer Basis ruhend, die schäbige Eleganz der nüchternen Einfachheit vorzieht, setzten sie die saubere und solide Bequemlichkeit des bürgerlichen „home“ als Ideal entgegen361). Auf der Seite der Produktion des privatwirtschaftlichen Reichtums kämpfte die Askese gegen Unrechtlichkeit ebensoo wie gegen 361)  Dies Ideal ist speziell im Quäkertum schon in der ersten Epoche seiner Entwicklung klar vorhanden, wie dies in wichtigen Punkten schon Weingarten in seinen „Englischen Revolutionskirchen“ entwickelt hat.75 Auch die eingehenden Auseinandersetzungen Barclays a. a. O. S.  p517 ff.p, 533 veranschaulichen dies aufs deutlichste.76 Zu meiden ist: 1. kreatürliche Eitelkeit, also alle Ostentation, Flitterkram und Verwendung von Dingen, die keinen praktischen Zweck haben oder nur um ihrer Seltenheit wegen (also aus Eitelkeit) geschätzt werden – 2. ungewissenhafte Verwendung des Besitzes, wie sie in einer gegenüber den notwendigen Lebensbedürfnissen und der Vorsorge für die Zukunft unverhältnismäßigen Ausgabe für minder notwendige Bedürfnisse liegt: der Quäker qwar alsoq sozusagen das wandelnde „Grenznutzgesetz“.77 „Moderate use of the creation“r 78 ist durchaus statthaft, namentlich aber durftea man auf Qualität und Solidität der Stoffe usw.b Gewicht legen, soweit dies nicht zur „vanity“ führtec. dVgl. über all dies: Morgenblatt für gebildete Leser 1846 Nr.  216 ff.79 (Ins-

m  A, A1: „Zufall“  n  A, A1, BR: Lebensanschauung,  o  A, A1: ebenso,  p–p A, A1, BR, C: 519 ff.  q–q A: ist A1, BR: ist also  r  A, A1, BR, C: creature“  a A, A1, BR: darf  b  A, A1: etc.  c  A, A1, BR: führt  d–d (S.  465)  Fehlt in A, A1; BR, C: Vgl. […] S.  96 f.).   75  Mit dem Begriff „comfort“ z. B. Weingarten, Revolutionskirchen Englands, S.  396– 400. Weingarten äußert sich dort über „das Behagen des englischen Hauses“, das an die Stelle von Theater, Tanz und Konzert trete und „in der Regel als Ideal englischer Ordnung, englischer Reinlichkeit und englischen Comforts“ erschien (Zitat S.  398). 76 Zum folgenden Barclay, Apology (Proposition XV. „Concerning Salutations and Recreations, etc.“, p.  512–571), hier p.  517 ff. und p.  533. Dazu existieren Notizen in Weber, Exzerpt, Bl.  31r und 31v (Weber hatte sich die Seiten 517 und 533 notiert und Bl.  31r überschrieben: „Moderate use of the creation“). 77  Nach Weber funktioniert das Grenznutzgesetz in der Verkehrswirtschaft „als Regulator der Art, wie die Einzelwirtschaften ihre Geldvorräte wirtschaftlich verwenden (auf die Befriedigung ihrer Bedürfnisse verteilen)“. Weber, Vorlesungs-Grundriß, Erstes Buch. Die begrifflichen Grundlagen der Volkswirtschaftslehre, MWG III/1, S.  142. 78 Emendation (vgl. textkritische Anm.   r) nach der korrekten Zitatwiedergabe in Weber, Exzerpt, Bl.  31r (vgl. oben, Anm.  76). 79  Gemeint ist der Artikel (ohne Angabe des Verfassers): o.V., Die Quäker in London.

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rein triebhafte Habgier, – denn diese ware es, welche sie als „covetousness“, als „Mammonismus“ fusw. verwarff: das Streben nach Reichtum zu dem Endzweck, reich zu sein.80 Denn der Besitz als solcher war Versuchung. Aber hier war nun die Askese die Kraft, g„die stets das Gute will und stets das Böse“ – das in ihrem Sinn Böse: den Besitz und seine Ver|suchungen – „schafft“g.81 Denn nicht nur sah sie, mit dem Alten Testamenth und in voller Analogie zu der ethischen Wertung der „guten Werke“, zwar in dem Streben nach Reichtum als Zweck den Gipfel des Verwerflichen, in der Erlangung des Reichtums als Frucht der Berufsarbeit aber den | Segen Gottes. Sondern, was noch wichtiger war:i die religiöse Wertung der rastlosen, stetigen, systematischen, weltlichen Berufsarbeit als schlechthin höchsten asketischen Mittels und zugleich sicherster und sichtbarster Bewährung des wiedergeborenen Menschen und seiner Glaubensechtheit mußte ja der denkbar mächtigste Hebel der Expansion jener Lebensauffassung sein, die wir hier als „Geist“ des Kapitalismus bezeichnet haben362). Und halten wir nun noch jene Einschnürung der Konsumtion mit dieser Entfesse-

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besondere: Komfort und Solidität der Stoffe bei den Quäkern, vgl. Schneckenburger, Vorlesungen S.  96 f.)d 82 | 362)  Es ist schon früher gesagt, daß wir auf die Frage der Klassenbedingtheit der re- A, A 101, 1 ligiösen Bewegungen khier nichtk eingehen83 l(darüber s. die Aufsätze über die „Wirt- BR, C 192 l 84 m schaftsethik der Weltreligionen“) . Um aber zu sehen, daß z. B. Baxter, der hier vornehmlich nbenutzt istn, nicht etwa durch die Brille der „Bourgeoisie“ der damaligen Zeit blickte, genügt es,o sich gegenwärtig zu halten, daß auch bei ihm in der Reihenfolge der Gottgefälligkeit der Berufe nach den gelehrten Berufen zuerst der husbandman e  A, A1, BR: ist  f–f  A, A1, BR: etc. verwirft  g–g  Anführungszeichen fehlen in A, A1, BR.    h A, A1: Testament,    i A, A1: war,    k–k A: später gesondert   l–l Fehlt in A.   m A, A1, BR: den wir  n–n A, A1, BR: benutzten  o Komma fehlt in A, A1.   80  Explizit z. B. bei Baxter, Christian Directory I, „Directions against Covetousneß, or Love of Riches, and against worldly Cares“, p.  214–222. 81  Umkehrung von Mephistopheles’ Antwort auf Fausts Frage (V. 1336): „Nun gut, wer bist du denn“: „Ein Theil von jener Kraft, Die stets das Böse will und stets das Gute schafft“. (Goethe, Faust I, S.  67.) 82  Vgl. Schneckenburger, Kirchenparteien, S.  96–102, hier S.  98. Er folgt dabei dem Artikel (wie oben, S.  464 f., Fn.  361) im „Morgenblatt für gebildete Leser“ (vgl. Schnec­ kenburger, ebd., S.  96, Anm. *). 83  Siehe oben, S.  421, Fn.  296. 84  Gemeint sind: Weber, Konfuzianismus, MWG I/19; ders., Hinduismus, MWG I/20; und ders., Antikes Judentum, MWG I/21; hier bes. Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  86– 88, dazu auch S.  101–108. Weber spricht hier allerdings von (sozialen) „Schichten“.

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lung des Erwerbsstrebens zusammen, so ist das äußere Ergebnis naheliegend: Kapitalbildung durch asketischen Sparzwang363). Die kommt, dann erst mariners, clothiers, booksellers, tailors usw.p in buntem Gewimmel.85 Auch die (charakteristisch genug) erwähnten „mariners“ sind vielleicht mindestens ebenso als Fischer wie als Schiffer gedacht. – Anders stehen in dieser Hinsicht schon manche Aussprüche des Talmud. Vgl. z. B. bei Wünsche, Babyl[onischer]q Talmud rII 1r S.  20, 21,s 86 die, freilich nicht unwidersprochenen, Aussprüche Rabbi Eleasars, alle mit dem Sinn: Geschäftsverkehr ist besser als Ackerbau. (Vermittelnder II 2 S.  6887 über ratsame Kapitalanlage: 1/3 in Grund und Boden, 1/3 in Waren, 1/3 als Barschaft.)t   Für diejenigen, deren akausales Gewissena ohne ökonomische („materialistische“, wie man leider noch immer sagt) Deutungb nicht beruhigt ist, sei hiermit bemerkt:c daß ich den Einfluß der wirtschaftlichen Entwicklung auf das Schicksal der religiösen Gedankenbildungen für sehr bedeutend halte und später darzulegen suchen werde, wie in unserem Falle die gegenseitigen Anpassungsvorgänge und Beziehungen beider sich gestaltet haben.88 Nur lassen sich jene religiösend Gedankeninhalte nun einmal schlechterdings nicht „ökonomisch“ deduzieren, sie sind – daran läßt sich nichts ändern – eben ihrerseits die mächtigsten plastischen Elemente der „Volkscharaktere“ und tragen ihre eEigengesetzlichkeit unde zwingende Macht fauch reinf in sich. Und die wichtigsten Differenzen – die zwischen Luthertum und Calvinismus – sind überdies vorwiegend politisch bedingt, soweit außerreligiöse Momente hineinspielen. 363)  Daran denkt Ed[uard] Bernstein, wenn er in seinem schon früher zitierten Aufsatz (S.  681 und S.  525g)89 sagt: „Die Askese ist eine bürgerliche Tugend.“ Seine Ausfüh-

p  A, A1: etc.  q  A, A1, BR, C: babyl.  r–r  A, A1, BR, C:  II1  s  Komma fehlt in A, A1.  t  A, A1: Barschaft). – BR, C: Barschaft).  a–a A: „kausales Gewissen“   b A: „Deutung“    c A, A1, BR: bemerkt,    d Fehlt in A.    e–e A: eigene   f–f  Fehlt in A.   g  A, A1, BR, C: 625   85  Weber bezieht sich auf Baxter, Christian Directory I, p.  378 (unter „husbandmen“ subsumiert Baxter z. B. Pflüger, Viehzüchter und Hirten), aus den „Directions about our Labour and Callings“ (p.  376–387). 86  Wünsche, Babylonischer Talmud II/1, Nr.  37, die Sprüche Rabbi Eleasars, die das Geschäftsleben über den Ackerbau stellen, S.  20, die anderslautenden Sprüche an­ derer Rabbinen S.  21, aus dem Traktat Jebamoth (Jevamot [Folio] 63a). 87  Vgl. Wünsche, Babylonischer Talmud II/2, Nr.  34, S.  68, aus dem Traktat Baba Me­ zia (Bava Mezi’a [Folio] 42a). 88  In der „Protestantischen Ethik“ nicht ausgeführt. Vgl. dazu die Einleitung, oben, S.  49–51. 89  In der gesamten Fußnote bezieht sich Weber auf Bernstein, Kommunistische Strö­ mungen (zitiert bereits oben, S.  265, Fn.  91, und S.  406 f., Fn.   273). Das Zitat, S.  681, lautet vollständig: „Der Asketismus ist bürgerliche Tugend, namentlich vor dem Auf­ kommen der eigentlichen großen Industrie, wo neue Kapitalien in der That oft genug durch Sparen gebildet werden.“ Diese Feststellung gewinnt Bernstein aus der Be­ trachtung der „ökonomisch-soziale[n] Seite des Quäkerthums“ (S.  680–685). Er be­ zieht durch einen Rückverweis, dem auch Weber folgt, die Lollarden (Anhänger der Lehren Wyclifs, Vorläufer der Reformation in England) ein: Auf S.  524–526 skizziert er die Entwicklung, wie in England mit Ausbreitung des Handels und Geldverkehrs die bereits von den Lollarden geübte Sparsamkeit und Enthaltsamkeit bei den Puritanern zur „soziale[n] Tugend“ (S.  525) wurde.

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Hemmungen, welche dem konsumtiven | Verbrauch | des Erworbenen entgegenstanden, mußten ja seiner produktiven Verwendung: als Anlagekapital, zugute kommen. Wie stark diese Wirkung gewesen ist, entzieht sich ziffernmäßig naturgemäß jeder exakten Bestimmung. In Neu-England tritt der Zusammenhang so greifbar hervor, daß er bereits dem Auge eines so vortrefflichen Historikers wie Doyle nicht entgangen ist364). Aber auch in dem vom strikten

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rungen a. a. O. sind die ersten, die diese wichtigen Zusammenhänge überhaupt angedeutet haben. Nur ist der Zusammenhang ein viel um|fassenderer, als er vermutet. Denn BR, C 193 nicht die bloße Kapitalakkumulation, sondern die asketische Rationalisierung des gesamten Berufslebens warh das Entscheidende. i– Für die amerikanischen Kolonien ist der Gegensatz des puritanischen Nordens, wo infolge des „asketischen Sparzwangs“ stets anlagebedürftiges Kapital vorhanden war, gegen die Verhältnisse des Südens schon bei Doyle klar betont.i 90 | 364)  Doyle, The English in America Vol. II ch. 1.91 Die Existenz von Eisenwerks- A, A 102 1 Gesellschaften (1643), Tuchweberei k(1659)92 für den Markt (und übrigens auchk die hohe Blüte des Handwerks)l in Neu-England in der ersten Generation nach der Gründung der Kolonie sind, rein ökonomisch betrachtet, Anachronismen und stehen zu den Verhältnissen im Süden sowohlm als auch zu dem nicht calvinistischen, sondern volle Gewissensfreiheit genießenden Rhode Island in auffallendstem Gegensatz, wo trotz des vorzüglichen Hafens noch 1686 der Bericht von Governor und Council sagte: „The great obstruction concerning trade is the want of merchants and men of considerable Estates amongst us“ (Arnold, Hist[ory] of the State of R[hode] I[sland] p.  490).93 Daß

h  A, A1: ist  i–i  Fehlt in A.   k–k A: für den Markt (1659) und  l  Klammer fehlt in A.   m  A, A1: sowohl,   90  Vgl. Doyle, The English in America III (= The Puritan Colonies II), p.  35: „The pros­ perous New Englander, who already farmed as much land as he could personally supervise, must keep his money in a strong box or else employ it in trade“; der Gegen­ satz von Nord- und Südkolonien ebd., p.  33–35 (mit möglicherweise von Max Weber stammenden Randmarkierungen im Exemplar der UB Heidelberg). 91  Vgl. Doyle, ebd., Chapter I. „New England in 1650“, p.  1–125 (mit Marginalien Max Webers, ebd.). 92  Darüber berichtet Doyle, ebd., p.  37–40 (mit möglicherweise von Max Weber stam­ menden Randmarkierungen, ebd.). Die erste „fulling mill“ (Walkmühle) wurde von Siedlern aus Yorkshire errichtet, die 1639 das Städtchen Rowley in Massachusetts gegründet hatten (ohne weitere Jahreszahl), p.  40 (1659 eventuell Lesefehler). 93  Zitat aus „Answer of Rhode Island to the Inquiries of the Board of Trade“ von Mai 1680 auf 27 Fragen desselben, wiedergegeben bei Arnold, Rhode Island I, p.  488– 491, Zitat p.  490. – Den „vorzüglichen Hafen“ Newport (RI) beschreibt Doyle, ebd., p.  22 f., als finanzkräftig, obgleich noch 1680 mit seinen Blockhütten gegenüber dem Wohlstand von Boston und Ipswich (MA) sichtlich abfallend. Weber könnte Doyle in der Datierung des Berichts auf 1686 folgen (vgl. dort p.  23 und 37, p.  37 mit Unterstrei­ chung und Randmarkierung, die von Max Weber stammen könnten, ebd.). Er über­ nimmt dann aber nicht Doyles Ansicht, daß Rhode Island im Bericht die gute finanziel­ le Situation gegenüber dem Board of Trade verschleiern wollte.

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Calvinismus nur 7 Jahre wirklich beherrschten Holland94 führte die in den religiös ernsteren Kreisen herrschende größere Einfachheit des Lebens bei enormen Reichtümern zu einer exzessiven Kapitalaufsammlungssucht365). Daß ferner die zu allen Zeiten und überall vorhanden gewesene, auch bei uns heute recht wirksame,95 Tendenz zur „Veradligung“ bürgerlicher Vermögen durch die Antipathie des Puritanismus gegen feudale Lebensformen fühlbar gehemmt werden mußte, liegt auf der Hand. Englische merkantilistische Schriftsteller des 17. Jahrhundertsn 96 führten die Überlegenheit der holländischen Kapitalmacht gegenüber England darauf zurück, daß dort nicht wie hier neu erworbene Vermögen regelmäßig durch Anlage in Land und – denn darauf, nicht auf den der Zwang, erspartes Kapital immer wieder neu anzulegen, den die puritanische Einschränkung des Konsums übte, dabei mitspielte, ist in der Tat kaumo zu bezweifeln. pDazu trat die hier noch nicht zu erörternde Rollep der Kirchenzuchtq.97 365)  Daß diese Kreise freilichr in den Niederlanden rasch abnahmen, zeigt BuskenHuëts Darstellung (a. a. O. Bd. II, K[apitel] IIs und IV).98 tImmerhin sagt Groen van Prinsterer (Handb[oek] d[er] Gesch[iedenis] v[an] h[et] V[aderland] 3.  Aufl., §  303 Anm., S.  254): „De Nederlanders verkoopen veel en verbruiken weinig“u, noch von der Zeit nach dem westfälischen Frieden.t 1 | n  A, A1: Jahrhundert  o  A, A1: nicht  p–p A: Die Rolle, welche  q  In A folgt: dabei zukam, werden wir später erörtern  r A, A1: aber  s A, A1, BR, C: III   t–t  Fehlt in A, A1.  u BR, C: wenig“   94 Gemeint sein dürfte die Zeit vor dem Statthalter Friedrich Heinrich (vgl. oben, S.  455, Fn.  346 mit Anm.  34), d. h. von der Dordrechter Synode 1618/19 bis zum Tod von Moritz von Oranien im April 1625. 95  Ähnlich Weber, Fideikommiß, MWG I/8, S. 185, 187 f. („heute“ bezieht sich auf 1905). 96  In Frage kommen Josiah Child, Thomas Mun, William Petty, William Stafford und James Steuart, die Weber namentlich in seinen Vorlesungen über „Allgemeine (‚theo­ retische‘) Nationalökonomie“, MWG III/1, S.  544, „Geschichte der Nationalökonomie“, MWG III/1, S.  691 f., und „Praktische Nationalökonomie“ (GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr.  31, Band  2, 1. Buch, §  3 über den Merkantilismus, Bl.  47v; MWG III/2) nennt. 97  Dazu Weber, Sekten, unten, S.  493–545. 98 Die „altväterische Einfachheit wich einem beträchtlichen Aufwande“, und „[d]ie Lustbarkeiten nehmen bei reichen Emporkömmlingen leicht den Charakter von Aus­ schweifungen an“, schildert Busken-Huet den Wandel, der mit wachsendem Wohl­ stand einherging. Vgl. Busken-Huet, Rembrandt’s Heimath II, Buch IV „Sitten und Per­ sonen“ (S.  166–218), Zitate S.  167. – Gemeint ist nicht Buch III, „Wissenschaft und Literatur“, sondern Buch II, „Der Handel“ (S.  56–110), das den Aufstieg der Niederlan­ de zur Handelsmacht vor allem durch den nachhaltigen Gewinn der Ostindien- (und Westindien-)Kompanie zeigt. (In der niederländischen Ausgabe: Busken Huet, Rem­ brand II/1, S.  154 ff., und II/2, S.  192 ff.) 1 Zitat: Groen van Prinsterer, Handboek, [§] 303, S.  254, mit Bezug auf die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts. Hinweis auf dieses Zitat bereits in Weber, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, MWG I/9, S.  591–595 mit Anm.  20.

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Landankauf allein kommt es an – den Übergang zu feudalen Lebensgewohnheiten Nobilitierung suchten und dadurch | der kapitalistischen Verwertung entzogen würden366). Die auch bei den | Puritanern nicht fehlende Schätzung der Landwirtschaft als eines besonders wichtigen, auch der Frömmigkeit besonders zuträglichen Erwerbszweigs galt (z. B. bei Baxter) nicht dem Landlord, sondern dem Yeoman und Farmer,2 und im 18. Jahrhundert nicht dem Junker, sondern dem „rationellen“ Landwirt367). aDurchb die

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366)  Für England befürwortete eine z.  B. von Ranke, Englische Geschichte IV, BR, C 194 S.  127,c 3 zitierte Eingabe eines adligen Royalisten nach dem Einzug Carls II. in London ein gesetzliches Verbot des Erwerbs von Landgütern durch das bürgerliche Kapital, welches dadurch gezwungen werden sollte, sich nur dem Handel zuzuwenden. – Der Stand der holländischen „Regenten“ sonderte sich als „Stand“ | aus dem bürgerlichen A, A1 103 Patriziat der Städte durch den Aufkauf der alten Rittergüter aus.4 d(S[iehe] darüber die bei Fruin, Tien jaren uit den tachtigjarigen oorlog zitierte Klage aus dem Jahre 1652, daß die Regenten Rentiers und keine Kaufleute mehr seien.)d 5 Diese Kreise sind freilich nie innerlich ernstlich calvinistisch gesinnt gewesen. Und die notorische Adelsund Titelsucht in breiten Kreisen des holländischen Bürgertums in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zeigt allein schon, daß man jedenfalls für diese Periode jene Entgegensetzung der englischen gegen die holländischen Verhältnisse nur mit Vorsicht zu akzeptieren hate. Die Übermacht des fererbten Geldbesitzesf brach hier den asketischen Geist.g 367)  Auf den starken Aufkauf der englischen Landgüter durch bürgerliches Kapital folgte die große Epoche der englischen Landwirtschaft.

a–a (S.  470)  Fehlt in A einschließlich Indices; in A folgt kein Absatz.   b  In A1 folgt: 〈die große〉    c A, A1: 197 BR, C: 197,    d–d  Fehlt in A, A1.    e A, A1: ist f–f A: Geldes  g  A, A1: Geist. –   2  Weber schließt dies offensichtlich aus Baxters Rangfolge der Gott wohlgefälligen Berufe, oben, S.  465 f., Fn.  362. Allerdings spricht Baxter, Christian Directory I, p.  378, nicht vom „yeoman“ oder „farmer“, sondern vom „husbandman“ (inkl. Pflüger, Vieh­ züchter, Hirten). 3 Ranke schildert die Maßnahmen, die zur Wiedererlangung der autonomen Herr­ schaft der englischen Krone führen sollten. An erster Stelle nennt er eine Eingabe General Monks, des „Geburtshelfer[s] der Restauration“ (Ranke, Englische Geschich­ te IV, S.  126), die Karl II. wieder in den Besitz der Domänen und Kronländer setzen sollte, denn „in seinem Reichthum aber bestehe seine Macht“ (S.  127). Den Adel solle der König durch strenge Gesetze an sein Streben nach Besitzsicherung binden, und „[d]en Bürgerlichen soll verboten werden, liegende Gründe bis über einen gewissen Werth hinaus zu erwerben: ihre Capitalien würden sie besser auf Handel und Wandel verwenden“ (S.  127). 4  Anschaulich bei Neumann, Rembrandt, S.  84 f. 5  Die Klage bei Fruin, Tien jaren, S.  43: „En reeds vroeger, in 1652, hooren wij den handelsstand van Amsterdam klagen, dat de heeren regenten geen kooplieden zijn, en geen belang bij den handel hebben, maar van de opbrengst hunner huizen, landen en renten bestaan.“

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englischeh Gesellschaft der Zeit seit dem 17. Jahrhundert zieht sich der Zwiespalt zwischen der „Squirearchie“,6 der Trägerin des „fröhlichen alten England“,i und den in ihrer gesellschaftlichen Macht stark schwankenden puritanischen Kreisen368) k. Beide Züge: lder einerl ungebrochenen naiven Lebensfreude und der einer streng geregelten und reservierten Selbstbeherrschung undm konventionellen ethischen Bindungn stehen noch heute im Bilde des englischen „Volkscharakters“ nebeneinander369) o. Und ebenso zieht sich durch die älteste Geschichte der nordamerikanischen Kolonisation der scharfe Gegensatz der „adventurers“, die mit der Arbeitskraft von indented | servants Plantagen einrichten und seigneurial leben wollten, gegen diep spezifisch bürgerliche Gesinnung der Puritaner370).a

q 368)  Anglikanische Landlords haben sich noch bis in dieses Jahrhundert nicht selten geweigert[,] Nonconformisten als Pächter anzunehmen.7 (Zur Zeit sind beide kirchlicher Parteien an Zahl annähernd gleich stark,8 früher waren die Nonconformisten stets die Minderheit.)q s 369)  Mit Recht macht H[ermann] Levy (in dem soeben erschienenen Aufsatz im Archiv f[ür] Sozialwiss[enschaft] 46 S.  t636 f.t) darauf aufmerksam, daß nach der aus zahlreichen Zügen zu erschließenden „Charakteranlage“ des englischen Volkes dies für die Rezeption eines asketischen Ethos und bürgerlicher Tugenden wohl eher weni­ ger disponiert war, als andere Völker: derbe und rohe Lebenslust war (und ist) ein Grundzug seines Wesens.9 Die Macht der puritanischen Askese in der Zeit ihrer Herrschaft zeigt sich gerade in dem erstaunlichen Grade, in welchem dieser Charakterzug bei ihren Anhängern temperiert wurde.s | a 370)  Kehrt auch in der Darstellung Doyles immer wieder. Stets wirkte in der StelBR, C 195 lungnahme der Puritaner das religiöse Motiv entscheidend (nicht immer natürlich: al­ lein entscheidend) mit. Die Übersiedelung von Gentlemen nach Massachusettsb, selbst ein Oberhaus mit Erbadel, war die Kolonie (unter Winthrops Führung) geneigtc zuzulassen, wenn nur die Gentlemen der Kirche beitreten würden.10 Um der Kirchenzucht

h A1: [?] > ländliche > englische  i Komma fehlt in A1.  k Index fehlt in A1. l–l A1: die eines > der einer  m  In A1 folgt: 〈ethisch〉  n A1: Bändigung  o In­ dex fehlt in A1; in A1 folgt ein nicht zuzuordnendes Einschubzeichen: #  p  In A1 folgt: 〈Puritaner〉  a (S.  469)–a  Fehlt in A einschließlich Indices; in A folgt kein Ab­ satz.  q–q  Fehlt in A, A1.  r BR, C: kirchlichen  s–s  Fehlt in A, A1.  t–t BR, C: 605 f.  a–a (S.  471)  Fehlt in A.   b BR, C: Manachusetts  c BR, C: geneigt,   6  Squirearchy (engl.), „Landjunkertum“. 7  Hierfür ließ sich in der von Max Weber zitierten Literatur kein Beleg finden. 8  1913 soll es 7,2 Mio. Sitzgelegenheiten in englischen Kirchen für Anglikaner und 8,0 Mio. für Freikirchler gegeben haben. Vgl. Levy, Studien über das englische Volk (vgl. die folgende Anm.), S.  682, Anm.  148. 9  Vgl. Levy, Studien über das englische Volk, S.  636–690, bes. S.  655 f. Levys Aufsatz erschien im 3. Heft des 46. „Archiv“-Bandes, d. h. Mitte Januar 1920. 10  Vgl. Doyle, The English in America II (= The Puritan Colonies I), p.  191. Weber re­

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Soweit die Macht puritanischer Lebensauffassung reichte, kam sie unter allen Umständen – und dies ist natürlich weit wichtiger als die bloße Begünstigung der Kapitalbildung – der Tendenz zu bürgerlicher, ökonomisch rationaler Lebensführung zugute; sie war ihr wesentlichster und dvor allem: ihrd einzig konsequenter Träger. Sie stand an der Wiege des modernen „Wirtschaftsmenschen“. Gewiß: diese puritanischen Lebensideale versagten bei einer allzu starken Belastungsprobe durch die den Puritanern selbst ja sehr wohlbekannten „Versuchungen“ des Reichtums. Sehr regelmäßige finden wir die genuinsten Anhänger puritanischen Geistes in den Reihen der erst im Aufsteigen begriffenen Schichten371) f der Kleinwillen wurde auf geschlossene Siedelung gehalten. g(Die Kolonisation von New-Hampshire und Maine erfolgte durch anglikanische große Kaufleute, welche große Viehplantagen anlegten. Hier bestand sehr geringer sozialer Zusammenhang.)g 11 Über die starke „Profitgier“ der Neuengländer wurde schon 1632 geklagt (s. z. B. Weedens Economic and social history of New England I p.  125).a 12 h 371)  Dies betont schon Petty a. a. O.,13 und alle zeitgenössischen Quellen ohne Ausnahme sprechen insbesondere von den puritanischen Sektierern: Baptisten, Quäkern, Mennoniten, als von einer teils mittellosen, teils kleinkapitalistischen Schicht und stellen sie in Gegensatz sowohl zu der Großhändler-Aristokratie wie zu den Finanz-Abenteurern. Aus eben dieser kleinkapitalistischen Schicht aber, und nicht etwa aus den Händen der großen Finanzleute: Monopolisten, Staatslieferanten, Staatsgeldgeber, Kolonialunternehmer, promoters usw. ging das hervor, was dem Kapitalismus des Okzidents charakteristisch war: die bürgerlich-privatwirtschaftliche Organisation der gewerblichen Arbeit. (S[iehe] z. B. Unwin, Industrial Organization in the 16th and 17th

d–d  Fehlt in A.   e  In A folgt: – wir werden das später noch verfolgen –  f Index fehlt in A, A1.    g–g Klammern fehlen in A1, BR.    a (S.  470)–a Fehlt in A.   h–h  (S.  472)  Fehlt in A, A1.   feriert die unter oder von dem Gouverneur John Winthrop selbst verfaßte Antwort auf einen Verfassungsvorschlag für Massachusetts, der von den Patentinhabern für (un­ klar definiertes) amerikanisches Land Lord Brook (Robert Greville, 2nd Baron Brooke), Lord Say and Sele (William Fiennes, 1st Viscount Saye and Sele) u. a. stammte. Für diese schien zunächst attraktiv, sich Massachusetts anzuschließen, sie fürchteten aber ein religiöses Regiment und wollten auf ihre ständischen Rechte nicht verzichten; vgl. ebd., p.  189–191. 11  Vgl. Doyle, ebd., p.  268–270 (bei den Kaufleuten handelt es sich um John Mason (New Hampshire) und Ferdinando Gorges (Maine); über den sozialen Zusammenhang ebd., p.  269). 12  Die Klage wird zitiert von Weeden, Economic and Social History I, p.  125: „[…] ‘profit being the chief aim and not the propagation of religion.’“ 13  Die Holländer seien „a poor and oppressed People, living in a Country naturally cold, and unpleasant: and were withal persecuted for their Heterodoxy in Religion“. Petty, Political Arithmetick (Weber weist auf Petty oben, S.  133, Fn.  11, und S.  141 mit Anm.  66, hin), p.  21, dazu p.  23–26.

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bürger und Farmer und die „beati possidentes“,14 selbst bei den Quäkern, recht oft zur Verleugnung der alten Ideale bereit372). Es war das ja das gleiche Schicksal, welchem die iVorgängerin der innerweltlichen Askese: diei klösterliche Askese des Mittel|alters,k immer wieder erlag: wenn die rationelle Wirtschaftsführung hier, an der Stätte streng geregelten Lebens und gehemmter Konsumtion, ihre Wirkung voll entfaltet hatte, so verfiel der gewonnene Besitz entweder direkt – wie in der Zeit vor der Glaubensspaltung – der Veradligungl oder es drohte doch die klösterliche Zucht in die Brüche zu gehenm und eine der zahlreichen „Reformationen“ mußte eingreifen. Ist doch die ganze Geschichte der Ordensregeln in gewissem Sinne ein stets erneutes Ringen mit dem Problem der | säkularisierenden Wirkung des Besitzes. Das gleiche gilt centuries, London 1914 S.  196 ff.)15 Daß dieser Gegensatz schon den Zeitgenossen selbst genau bekannt war, dafür vgl. Parkers Discourse concerning Puritans von 1641, wo gleichfalls der Gegensatz gegen Projektenmacher und Höflinge betont ist.h 16 372)  S[iehe] über die Art, wie sich dies in der Politik Pennsylvaniens im 18. Jahrhundert, speziell auch im Unabhängigkeitskrieg, äußerte:n Sharpless, A Quaker experiment in Government[,] Philadelphia 1902.17 |

i–i  Fehlt in A.   k  Komma fehlt in A, A1.  l A: „Veradligung“  m  A, A1: gehen,  h  (S.  471)–h  Fehlt in A, A1.  n A: äußerte,   14  Lat., „Glücklich die Besitzenden“. 15  Vgl. Unwin, Industrial Organization (erschienen Oxford 1904), „The Antecedents of the Trade Union“, p.  196–227 (vgl. auch Levy, Studien über das englische Volk, S.  637, Anm.  43a inkl. des Zitats von Unwin, ebd., p.  196, über die Klein- und Großkapitalisten; auch Levy zitiert Unwin nach einer Ausg. „London 1914“, die sich aber nicht ermitteln ließ). 16  Auf den von Henry Parker, Discourse concerning Puritans, p.  53, beschriebenen Gegensatz verweist Levy, Ökonomischer Liberalismus, S.  61 (mit Zitat der „Höflinge“ und „,modernen Projektenmachern‘“; Parker, ebd., p.  53f: „[…] that Court-flatterers and time-serving Projectors, and the ravenous Caterpillars of the Realme, do so viru­ lently prosecute them [the Puritans] with defamations and contumelies […]“). 17  Um für religiöse Toleranz und politische Freiheit einzutreten, übernahmen die Quä­ ker Pennsylvaniens politische Ämter. Bis 1756 bildete die „Quaker Party“ in der As­ sembly die – auch von Nicht-Quäkern gewählte – große Mehrheit. Dies änderte sich, als die Frage einer aktiven oder passiven Kriegsbeteiligung aufkam, insbesondere mit Ausbruch des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs (1775–1783): Auf das politi­ sche Engagement wurde zugunsten der pazifistischen Haltung (auch ein altes Quä­ ker-Ideal) verzichtet, 1756 durch Niederlegung der politischen Ämter und während des Unabhängigkeitskriegs durch die Bekundung strikter Neutralität (nur ein kleiner Teil der Männer trat in die amerikanische Armee ein). William Penn’s „Holy experiment“ der Vereinbarkeit von Religion und Politik kam damit endgültig an ein Ende. Vgl. Sharpless, Quaker Experiment II, explizit p.  225 f.

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in grandiosem Maßstabe auch für die innerweltliche Askese des Puritanismus. Der mächtige „revival“ des Methodismus, welcher dem Aufblühen der englischen Industrie gegen Ende des 18. Jahrhunderts vorangeht, kann mito einer solchen Klosterreformation recht wohl verglichen werden. pVon John Wesley selbst möge nunq hier eine Stelle373) Platz finden, welche wohl geeignet wäre, als Motto über allem bisher Gesagten zu rstehen: Dennr sie zeigt, wies die Häupter der asketischen Richtungen selbst sich über die hier dargelegtent scheinbar so paradoxen Zusammenhänge avollkommen, und zwara durchaus in dem hier entwickelten Sinn klar waren374) b. Er schreibt:c d 373) 

S[iehe] dieselbe in Southeys Leben Wesleys Kap.  29.18 Den Hinweis – ich kann- A, A1 104, te sie nicht – eerhielt ich durch einene Brief Prof. Ashleys (1913).19 fE[rnst] Troeltsch BR, C 196 (dem ich sie zu diesem Zweck mitteilte) hat sie gelegentlich schon zitiert.f d  20 g 374)  Die Stelle sei hallen denenh zur Lektüre empfohlen, welchei heutek über diese Dinge informierter und klüger sein wollen als die Führer und Zeitgenossen jener Bewegungen selbstl, die,m wie man sieht,n sehro genau wußten, was sie taten und – gefährdeten. Es geht wirklich nicht an,p so, wie qeinzelne meiner Kritiker,q ganz unbestreitbare und bisher auch von niemand bestritten gewesene,r von mir lediglich etwas mehrs auf ihre inneren Triebkräfte untersuchte,t aTatbestände so leichthin zu bestreiten,a bwie dies leider geschehen ist. Kein Mensch hat im 17. Jahrhundert diese Zusammenhänge

o A: – cum grano salis! – mit  Fehlt in A1, BR.  p–p (S.  475)  Fehlt in A einschließlich Indices; in A folgt kein Absatz.   q Fehlt in A1.  r–r A1: stehen, 〈und welche 〈zuglei〉 zeigt〉 weil  s A1: daß > wie  t A1: behaupteten > dargelegten  a–a A1: vollkommen 〈und ganz〉 und zwar  b  In A1 folgt: 〈, wie sie hier dargestellt worden sind 75b)〉; Index anschließend nach waren angebracht.   c  In A1 folgt der Hinweis Max Webers: (s. beigelegtes Blatt!) #  d–d  Fehlt in A.   e–e A1: verdanke ich einem  f–f  Fehlt in A1.  g–g (S.  474) Fehlt in A.   h–h A1: noch allen „Kritikern“ > allen denen  i  In A1 folgt: 〈besser als〉  k  In A1 folgt: 〈die Zeitgenossen zu wissen〉    l  In A1 nicht hervorgehoben.   m A1: die –  n A1: sieht –  o  In A1 folgt: 〈wohl〉  p  In A1 folgt: 〈eine aus [?] professoralem Eigensinn〉  q–q A1: meine Herren Kritiker, 〈nur〉  r  In A1 folgt: 〈und〉  s  In A1 folgt: 〈Nähe*〉  t Kom­ ma fehlt in A1, BR.  a–a  A1: 〈Dinge〉 Tatbestände zu bestreiten.  b–b  (S.  474)  Fehlt in A1.   18  Es handelt sich vermutlich um Webers eigene Übersetzung von Southey, Life of Wesley, p.  516 f. (aus Chap. XXIX). Er bezieht sich auf diese Stelle auch in: Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22-2, S.  416, und ders., Konfuzianismus, MWG I/19, S.  473. 19  Ein Briefwechsel von Sir William James Ashley und Max Weber ist nicht überliefert. 20 Troeltsch zitiert dieselbe Stelle (engl.) in: Troeltsch, [Rez.] Hermann Levy: Die Grundlagen des ökonomischen Liberalismus in der Geschichte der englischen Volks­ wirtschaft, in: Theologische Literaturzeitung, 38. Jg., Nr.  22 vom 25. Okt. 1913. – Leip­ zig: J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Sp.  689 f., hier Sp.  690 (KGA 4, S.  747–751, hier S.  749 f.).

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„Ichc fürchte: wo immer der Reichtum sich vermehrt hat, da hatd der Gehalt an Religion in gleichem Maße abgenommen. Daher sehe ich nicht,e wie es, nach der Natur der Dingef, möglich sein soll, daß irgendeine Wiedererweckung echter Religiosität lange Dauer haben kann. Denn Religion muß notwendig sowohl Arbeitsamkeitg (industry) als Sparsamkeit (frugality) er|zeugen, und diese können hnichts anderesh als Reichtum hervorbringen. Aber wenn Reichtum zunimmt, so nimmt Stolz, Leidenschafti und Weltliebe in all ihren Formen zu. Wie soll es also möglich sein, daß der Methodismus, jdas heißtj eine Religion des Herzens, mag sie jetzt auchk wie je bezweifelt (vgl. noch: Manley, Usuryl of 6 % examined 1669 S.  25m).21 Außer den schon früher zitierten modernen Schriftstellern haben Dichter wie H[einrich] Heine und Keats22 ganz ebenso wie Vertreter der Wissenschaft wie Macaulay, Cunningham, Rogers oder Schriftsteller wie Mathew Arnold sie als selbstverständlich behandelt. Aus der neuesten Literatur s. Ashley, Birmingham Industry and Commerce (1913), der mir s. Z. auch brieflich sein völliges Einverständnis aussprach.23 Vgl. zu dem ganzen Problem jetzt den nAnm.  470 S.  369n zitierten Aufsatz von H[ermann] Levy.b g  24 |

c In A1 auf einem eingelegten Manuskriptblatt, von Max Weber überschrieben: Zu S.  104 bei #  d A1: ist > hat  e Komma fehlt in A1.  f A1: Sache > Dinge g A1: Fleiß wie > Arbeitsamkeit  h–h A1: nicht anders  i  Fehlt in A1, dort Lücke. j–j A1: also > das heißt  k  In A1 folgt: jetzt  l BR, C: Usurry  m BR, C: 137   n–n BR: soeben  b  (S.  473)–b  Fehlt in A1.  g  (S.  473)–g  Fehlt in A.   21  Vgl. Manley, Usury at six per cent, p.  25. Manley verweist auf die in England sie­ delnden Niederländer und Wallonen, die zu Wohlstand gekommen seien. „‚Alle Städte, in denen sie wohnen, wie Colchester, Canterbury, Sandwich, Maidstone, Southampton usw. sind durch ihren Fleiß und ihr Gewerbe die Geschäftszentren der Nation gewor­ den und so einfach und regelmäßig ist ihre Lebensweise, daß es schwer fallen dürfte, ihnen irgendeinen Bettler nachzuweisen.‘ ,Ehrlich wie ein Hugenotte‘, wurde ein geflü­ geltes Wort.“ Übersetzt zitiert von Levy, Ökonomischer Liberalismus, S.  47, mit Nach­ weis des ersten Zitats (Manley) ebd., Anm.  2 (das zweite Zitat – „Ehrlich wie ein Huge­ notte“ – entstammt Smiles, Samuel, The Huguenots […], 6th ed. – London: John Murray 1889 (hinfort: Smiles, Huguenots), p.  137; vgl. Levy, ebd., Anm.  3. Bei der Seitenanga­ be (vgl. oben, textkritische Anm.  m) hat sich Weber um eine Zeile vertan). 22  Auf den englischen Dichter John Keats verweist Weber bereits oben, S.  145 mit Anm.  82; zu Heinrich Heine und den im folgenden genannten Autoren vgl. unten, Anm.  24. 23 Vgl. den Artikel: Ashley, Birmingham Industry and Commerce (zitiert auch von Levy, Studien über das englische Volk, S.  647 u. ö.). Korrespondenz von Weber mit Ashley ist nicht überliefert. 24  Gemeint ist: Levy, Studien über das englische Volk. Levy zitiert zu diesen Zusam­ menhängen Heinrich Heine (ebd., S.   664 f.), Thomas Babington Macaulay (ebd., S.   667), William Cunningham (ebd., S.   642, Anm.   53, S.   647, Anm.   67), James E. Thorold Rogers (ebd., S.  646, 648) und ausführlich Matthew (Levy schreibt stets und Weber folgt ihm: Mathew) Arnold (ebd., S.  674 ff.).

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ein grünender Baum blühen, in diesem Zustand verharrt?o Die Methodisten werden überall fleißig und sparsam; folglich vermehrt sich ihr Güterbesitz. Daher wachsen sie entsprechend an Stolz, Leidenschaftp, an fleischlichen und weltlichen Gelüsten undq Lebenshochmut. So bleibt zwar die Form der Religion, der Geist aber schwindet allmählich. Gibt es keinen Weg, diesen fortgesetzten Verfall der reinen Religion zu hindern? Wir dürfen die Leute nicht hindern,r fleißig und sparsam zu sein. Wir müssen alle Christen ermahnen,s zu gewinnen was sie können und zu sparen was sie kön­ nen, das heißt t im Ergebnis:a reich zu werden.“ (Folgt die Ermahnung, daß die,b die „alles gewinnen was sie können und alles sparen was sie können“ auch „alles was sie können, geben“ sollen, um so in der Gnade zu wachsen und einen Schatz im Himmel zu sammeln.)25 – Man sieht, es ist das bis in alle Einzelheiten der hier beleuchtetec Zusammenhang375).p | Ihre volle ökonomische Wirkung entfalteten d, ganz wie es hier Wesley sagt,d jene mächtigen religiösen Bewegungen, deren Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung ja in erster Linie in ihren asketischen Erziehungswirkungen lag, regelmäßig erst, nachdem die Akme des rein religiösen Enthusiasmus bereits überstiegen war, der Krampf des Suchens nach dem Gottesreich sich allmählich in nüchterne Berufstugend aufzulösen begann, die religiöse Wurzel langsam abstarb und utilitarischer Diesseitigkeit Platz machte, – wenn, um mit Dowden zu reden, in der populären Phantasie „Robinson Crusoë“, der isolierte Wirtschaftsmensch, welcher

[A, A1 104]

e 375)  Daß genau die gleichen Zusammenhänge schon den Puritanern der klassi- A 104[a], 1 schen Zeit selbstverständlichf waren, wird vielleicht durch nichts deutlicher belegtg als BR, C 197 dadurch, daß bei Bunyanh „Mr. Money-Love“ geradezu argumentiert: „man dürfe religiös werden, um reich zu werden, z. B. um seine Kundschaft zu vermehren“, denn: wes­ halb man religiös geworden sei, sei gleichgültig (S.  114 der Tauchnitz Ed.).e 26 |

o In A1 folgt: 〈Denn〉  p A1: an  Es folgt eine Lücke.   q In A1 folgt: 〈Stolz d〉   r Komma fehlt in A1.    s Komma fehlt in A1.    t A1: heißt,  a A1: Ergebnis,   b  Komma fehlt in A1.  c A1: behauptete > beleuchtete  p (S.  473)–p  Fehlt in A einschließlich Indices; in A folgt kein Absatz.   d–d  Fehlt in A.   e–e  Fehlt in A.   f A1: bewußt > selbstverständlich  g A1: belegt,  h A1, BR, C: Bunyan,   25  Im Zitat Wesleys, der Mt 6,20 aufgreift; Southey, Life of Wesley, p.  517. 26  Weber formuliert nach Bunyan, Pilgrim’s Progress, p.  114: „Suppose such a one [Tradesman, Ed.] to have but a poor employ in the world, but, by becoming Religious, he may mend his market, perhaps get a rich wife, or more and far better customers to his shop. For my part, I see no reason but this may be lawfully done.“

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

nebenher Missionsarbeit treibt376), an die Stelle des in innerlich einsamem Streben nach dem Himmelreich durch den „Jahrmarkt der | Eitelkeit“ eilenden Bunyanschen „Pilgers“ getreten wari.27 Wenn dann weiterhin der Grundsatz herrschend wurde: „to make the best of both worlds“, so mußte schließlich – wie ebenfalls schon Dowden bemerkt hat28 – das gute Gewissen einfach in die Reihe der Mittel komfortablen bürgerlichen Lebens eingereiht werden, wie dies ja auch das deutsche Sprichwort vom „sanften Ruhekissen“29 recht hübsch zum Ausdruck bringt. Was jene religiös lebendige Epoche des 17. Jahrhunderts ihrer utilitarischen Erbin vermachte, war aber eben vor allem ein ungeheuer gutes – sagen wir getrost:k ein pharisäisch gutes – Gewissen beim Gelderwerb, wenn anders er sich nur in legalen Formen vollzog. Jeder Rest des „Deo placere vixl potest“30 warm verschwunden377). nEin spezifisch bür­ 376) 

Defoe war eifriger Nonkonformist. | Auch Spener (Theol[ogische] Bedenken a. a. O. S.  426 f., 429, 432 ff.)31 hält zwar den Beruf des Kaufmanns für voll von Versuchungen und Fallstricken,32 aber er erklärt doch auf eine Anfrage: „Mir ist lieb, daß ich sehe, daß der liebe Freund, was die Kaufmannschaft selbst anlangt, keine Skrupel kennt, sondern sie für eine Lebensart erkennt, wie sie auch ist, damit dem menschlichen Geschlecht vieles genützt und also nach Gottes Willen die Liebe geübt wird.“33 Dies wird an verschiedenen anderen Stellen durch merkantilistische Argumente näher motiviert. Wenn Spener gelegentlich 377) 

i A, A1, BR: ist  k Doppelpunkt fehlt in A.   l A, A1: non  m A, A1, BR: ist n–n  (S.  477)  A, A1: Eine spezifisch bürgerliche Berufsethik ist   27  Weber folgt Dowden, Puritan and Anglican, p.  274–278: In der Zeit der englischen Restauration erschafft Daniel Defoe mit seinem „Robinson Crusoe“ (erschienen 1719) den allegorischen Gegenentwurf zu Bunyan, Pilgrim’s Progress („Jahrmarkt der Eitel­ keiten“, bei Bunyan „Vanity-Fair“, ebd., p.  95 ff.). 28  Zitat Dowden, Puritan and Anglican, p.  275. Dowden umschreibt die Einbettung des guten Gewissens in das komfortable bürgerliche Leben: „The middle classes ad­ vanced in wealth, in power, and in influence. After the jagged precipices and forlorn valleys – scenes of spiritual exaltation or despair – a table land was reached – safe, if unheroic – where men might plough and build. To make the best of both worlds was the part of prudence […].“ 29  „Ein gut Gewissen, ein sanftes Ruhekissen.“ Deutsches Sprichwörter-Lexikon, hg. von Karl Friedrich Wilhelm Wander, 1.  Band. – Leipzig: F. A. Brockhaus 1867, S.  1669 (mit Belegen). 30  „[Ein Kaufmann] kann vor Gott kaum Gefallen finden.“ Vgl. oben, S.  196, Anm.  88. 31  Die Seiten bei Spener, Theologische Bedenken II, wie oben, S.  432, Fn.  317. 32  Wegen der Begierde, reich zu werden, vgl. Spener, ebd., S.  434, mit Randmarkie­ rung Webers im Exemplar der UB Heidelberg. 33  Zitat bei Spener, ebd., S.  429 (mit kleinen Abweichungen).

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gerliches | Berufsethos warn entstanden. Mit dem Bewußtsein, in Gottes voller Gnade zu stehen und von ihm sichtbar gesegnet zu werden, vermochteo der bürgerliche Unternehmer, wenn er sich innerhalb der Schranken formaler Korrektheit hieltp, sein sittlicher Wandel untadelig und der Gebrauch, den er von seinem Reichtum machteq, kein anstößiger warr, seinen Erwerbsinteressen zu folgen und solltes dies tun.a Die Macht der religiösen Askese stellte ihm überdies nüchterne, gewissenhafte, ungemein arbeitsfähige und an der Arbeit als gottgewolltem Lebenszweck klebende Arbeiter zur Verfügung378). Sie gab ihm dazu die beruhigende Versicherung,

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ganz lutherisch die Begierde[,] reich zu werden, gemäß 1. Tim. 6, 8 und 9 und mit Berufung auf Jesus Sirach – s. o.!34 – als den Hauptfallstrick und unbedingt abzulegen bezeichnet und den „Nahrungsstandpunkt“ ein|nimmt (Theol[ogische] Bed[enken]b III A, A1 105 S.  435 oben),35 so schwächt er dies andererseits durch den Hinweis auf die prosperierenden und doch gottselig lebenden Sektierer (S.  432 f. A[nm].  318) wieder ab. Als Ef­ fekt fleißiger Berufsarbeit ist auch ihm der Reichtum unbedenklich. Der Standpunkt ist infolge des lutherischen Einschusses weniger konsequent als der Baxters. 378)  Baxter a. a. O. II S.  1636 warnt vor der Anstellung von „heavy, flegmatickc, sluggish, fleshly, slothful persons“ als „servants“ und empfiehlt die Bevorzugung von „godly“ servants, nicht nur weil „ungodly“ servants bloße „eye-servants“ sein würden, sondern vor allemd weil „a truly godly servant will do all your service in obedience to God, as if God himself had bid him do it.“ Andere dagegen seien geneigt, „to make no great matter of conscience of it“. Und umgekehrt sei beim Arbeiter nichte das äußere Bekennenf der Religion, | sondern die „conscience to do their duty“ das Merkmal der Heilig- BR, C 199 keit. Man sieht, das Interesse Gottes und dasjenige des Arbeitgebers gehen hier bedenklich ineinander über: auch Spener (Theol[ogische] Bed[enken] III S.  272),37 der o  A, A1: vermag  p  A, A1: hält  q  A, A1: macht  r  A, A1: ist  s  A, A1: soll a A: tun. –  b A, A1, BR, C: Bd.  c A, A1, BR, C: flegmatik  d A, A1: allen e A: nicht  f A: Bekennen   34  Sirach-Zitate bei Spener, ebd., S.  426; siehe oben, S.  442, Anm.  331. 35 Vgl. Spener, Theologische Bedenken II (3. Cap., Artic. IV, Sectio XV. „Von dem vorhaben die kauffmannschaft zu verlassen“, S.  432–440), S.  434 f., mit Zitat 1 Tim 6,8 e  auf S.  435: „wenn wir nahrung und kleider haben/ so lasset uns begnu gen“, von Weber im Exemplar der UB Heidelberg unterstrichen und mit Randmarkierung versehen. – Zu dem von Weber so bezeichneten „Nahrungsstandpunkt“, der bei Spener unentschie­ den bleibe, vgl. oben, S.  432 f., Fn.  318. 36  Aus den „Directions for the right choice of Servants“ (p.  15 f.) in Baxter, Christian Directory II, hier p.  15, die folgenden Zitate alle p.  16 (dort: „For they make no great […]“). 37  Vgl. Spener, Theologische Bedenken II (3. Cap., Artic. III, Sectio I. „Fragen der liebe des nechsten/ und beruffsarbeit“, S.  270–274), auf S.  272 von Weber im Exem­ plar der UB Heidelberg mit doppeltem Randstrich markiert: „Welche in anderer dien­ e ste/ und unter ihrem befehl stehen/ mu ssen darmit zu frieden seyn/ wo sie von ihren e  arbeiten nur so viel u brig behalten/ als die eusserste nothdurfft erfordert/ sonderlich

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daß | die ungleiche Verteilung der Güter dieser Welt ganz spezielles Werk von Gottes Vorsehung sei, der mit diesen Unterschieden ebenso wie mit der nur partikulären Gnade seine geheimen, uns unbekannten Ziele verfolge379). Schon Calvin hatte den oft zitierten Ausspruch getan, daß nurg wenn das „Volk“, d. h. die Masse der Arbeiter und Handwerker, arm erhalten werde, es Gott gehorsam bleibe380).38 Die | Niederländer (Pieter de la Court und andere)39 sonst dringend mahnt, sich Zeit zum Denken an Gott zu lassen, setzt als selbstverständlich voraus, daß die Arbeiter sich mit dem äußersten Mindestmaß freier Zeit (selbst sonntagsh) zufrieden geben müssen. – iMit Recht nannten englische Schriftsteller die protestantischen Immigranten die „Pioniere der gelernten Arbeit“.40 S[iehe] auch die Nachweise bei H[ermann] Levy, Die Grundl[agen] des ökonom[ischen] Liberalismus S.  53.i 41 379)  Die Analogie zwischen der nach menschlichem Maßstab „ungerechten“ Prädestination nur einiger und der ebenso ungerechten, aber ebenso gottgewolltenk Güterverteilung – die ja unendlich nahe lag –,l z. B. bei Hoornbeek a. a. O. Vol. I S.  153.42 Überdies ist ja – so Baxter a. a. O. I S.  38043 – die Armut sehr oft Symptom der sündlichen Faulheit. 380) Gott läßt – meint auch Th[omas] Adams (Works of the Pur[itan] Div[ines] p.  158)44 – insbesondere vermutlich deshalb so viele arm bleiben, weil sie nach seiner Kenntnis den Versuchungen, welche der Reichtum mit sich bringt, nicht gewachsen wären. Denn der Reichtum treibt nur allzuoft die Religion aus dem Menschen. | g  A, A1: nur,  h  A, A1, BR, C: Sonntags  i–i  Fehlt in A, A1.  k  A, A1: Gott-gewollten  l  Komma fehlt in A, A1.   e

an dem darzu von GOTT gewidmeten sonntag: ko nnen sie aber auch mehr zeit mit e bitten und sonst desto gro sserem fleiß/ da sie es ein andermal wieder einbringen/ von den herrschafften erlangen/ so haben sie sich nicht zu spahren […]“ (Zitat S.  272 f.). 38  Weber hatte dieses Zitat bereits in seiner Vorlesung „Praktische Nationalökono­ mie“ (GStA PK, VI. HA, Nl. Max Weber, Nr.  31, Band  2, Bl.  46r; MWG III/2) im Abschnitt über Calvin verwendet, ohne es allerdings auf diesen zurückzuführen. Zitiert auch bei Kampschulte, Calvin I, S.  430. 39  Weber nennt Pieter de la Court im selben Zusammenhang oben, S.  178; Näheres zu dieser Äußerung ebd., Anm.  44. 40  „Pioniere der gelernten Arbeit“ ist Zitat nach Smiles bei Levy, Ökonomischer Libe­ ralismus, S.  53. Es entstammt Smiles, Huguenots (wie oben, S.  474, Anm.  21), p.  115 („In short, wherever the refugees took up their abode, they acted as so many missio­ naries of skilled work […].“) 41  Levy, ebd., S.  53 f., mit weiteren Zitaten englischer Autoren zur ökonomischen Be­ deutung protestantischer Immigranten in England. 42  Vgl. Hoornbeek, Theologia practica I, liber II, cap. II „De Dei Praedestinatione“, p.  141–164, hier p.  153. 43  Explizit in den „Directions against Idleness and Sloth“ (p.  379–383), Baxter, Christi­ an Directory I, p.  381: „Idleness usually bringeth Poverty […]“. 44  Weber versah im Exemplar der UB Heidelberg einzelne Zeilen der hier referierten Passage bei Adams, The Christian’s walk (Adams, Works of the English Puritan Divines V, p. 131–147), p.  158, mit Randmarkierungen.

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hatten dies dahin „säkularisiert“:m daß die Masse der Menschen nur arbeite, wenn die Not sie dazu treibe, und diese Formulierung eines Leitmotivs kapitalistischer Wirtschaft mündete dann weiterhin in den Strom der Theorie von der „Produktivität“ niederer Löhne.45 Auch hier schobn sich die utilitarische Wendung dem Gedanken unvermerkt mit dem Absterben seiner religiösen Wurzel unter, ganz nach dem Entwicklungsschema, welches wir immer wieder beobachtet haben.o 46 pDie mittelalterliche Ethik hatteq den Bettel nicht nur geduldet, sondernr in den Bettelorden geradezu sglorifiziert. Auchs die weltlichen Bettler wurden, dat sie ja dem Besitzenden Gelegenheit zu guten Werken durch Almosen gaben,47 gelegentlich geradezu als „Stand“ bezeichnet und gewertet. Noch die anglikanische Sozialethik der Stuarts stand dieser Haltung innerlich sehr nahe. Es war der puritanischen Askese vorbehalten,u an jener harten englischen Armengesetzgebung mitzuarbeiten, welche hierin grundsätzlichen Wandel schuf. vUnd sie konnte das, weil die protestantischen Sekten und die streng puritanischen Gemeinschaf|ten überhaupt in ihrer eigenen Mitte den Bettel tatsächlich nicht kannten381)a. b 381) 

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S[iehe] oben Anm.  324 S.  437 f. und die dort zitierte Arbeit von H[ermann] BR, C 200

m  A, A1: „säkularisiert“,  n  A, A1, BR: schiebt  o  In A1 folgt der Hinweis Max We­ bers: ╒ Blatt 106a  p–p (S.  480) Fehlt in A einschließlich Index; in A ohne Absatz. In A1 auf einem eingelegten Manuskriptblatt, von Max Weber überschrieben: Blatt 106a / Einschiebung auf XXI S.  106 ╒  q  In A1 folgt: 〈die〉  r  In A1 folgt: 〈weitgehendem Maß〉    s–s A1, BR: glorifiziert, auch    t A1: – da    u In A1 folgt: 〈die〉   v–v (S.  480) Fehlt in A1 einschließlich Index.   a In BR statt Anmerkungsziffer .   b–b (S.  480)  Fehlt in A, A1; in BR statt Anmerkungsziffer ; es folgt: S. oben Anm.   S.   und die dort zitierte Arbeit von H. Levy.   45  Dazu oben, S.  179 mit Fn.  38. 46  Siehe etwa oben, S.  288–294. 47  Thomas von Aquin z. B. lehrt, daß Almosen von dem zu geben, was zum standes­ gemäßen Auskommen gehöre, ein verdienstliches Werk sei. Alles, was man darüber hinaus besitze, gehöre ohnehin den Armen, d. h. es bestehe diesbezüglich die Pflicht des Almosengebens. Vgl. Maurenbrecher, Thomas von Aquino, S.  48–50 und 117– 119. Das entspricht der hochmittelalterlichen Almosenlehre.

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Denn andererseits:v p Von der anderenc Seite, derjenigen der Arbeiterd, gesehen, glorifiziertee z. B. die Zinzendorfsche Spielart des Pietismus den berufstreuen Arbeiter, der nicht nach Erwerb trachtet, als nach dem Vorbild der Apostel lebend und also mit dem Charisma der Jüngerschaft begabt382).48 Noch radikaler waren ähnliche Anschauungen anfangs bei den Täufern verbreitet gewesen.49 Nun ist natürlich die gesamte asketische Literatur fastf aller Konfessionen von dem Gesichtspunkt durchtränkt, daß treue Arbeit auch bei niederen Löhnen seitens dessen, dem das Leben sonst keine Chancen zugeteilt hat, etwas Gott höchst Wohlgefälliges sei.

Levy.50 gGanz das Gleiche wird von allen Schilderungen hervorgehoben (so durch Manley für die Hugenotten).g b 51 382) h  Ähnliches hat auch in England nicht gefehlt. Dorthin gehört z. B. auch jener A, A1 106 Pietismus, welcher, anknüpfend an Laws „Serious call“ (1728) Armut,i Keuschheit und – ursprünglich – auch Isolierung von der Welt predigte.52

v (S.  479)–v  Fehlt in A1 einschließlich Index.   p (S.  479)–p  Fehlt in A einschließlich Index; in A ohne Absatz.   c A: anderen  d A: Arbeiter  e A, A1: glorifiziert   f  Fehlt in A.    g–g BR: 2) Dies wird […] Hugenotten).  In BR Anbindung an begabt , oben, Z.  5.   b–b (S.  479)  Fehlt in A, A1; in BR statt Anmerkungsziffer ; es folgt: S. oben Anm.   S.   und die dort zitierte Arbeit von H. Levy.  h  In BR Anbindung an werden , unten, S.  481, Z.  7.   i  Komma fehlt in BR, C.   48  Vgl. dazu oben, S.  375 mit Fn.  232. 49  Vgl. oben, S.  397. 50 Vgl. Levy, Ökonomischer Liberalismus (von Weber zuerst zitiert oben, S.  438, Fn.  324, auch S.  478, Fn.  378), hier das Kapitel „Armut und Arbeitslosenunterstüt­ zung“, S.  69–87. Die Sozialpolitik der frühen Stuarts (Jakobs I. und Karls I.) sah eine regelrechte staatliche „Organisation“ der Armenpflege samt Schaffung von Arbeitsge­ legenheiten für Arbeitslose vor (vgl. dazu oben, S.  437 f., Fn.  324 mit Anm.  54). Diese behördliche Arbeitslosenfürsorge wurde während des Bürgerkriegs und Common­ wealths eingestellt und nach der Restauration trotz steigender Arbeitslosigkeit nicht erneuert. Aufgrund des „Settlement Act“ (1662) konnten Arbeitslose aus der lokalen Gemeinde ausgewiesen bzw. ihr Zuzug verhindert werden. Dem Problem selbst mein­ te man durch das „wirtschaftspolitische Zuchtmittel“ (ebd., S.  82) der sog. „Work­ houses“ (Arbeitshäuser) begegnen zu können (vgl. dazu oben, ebd. mit Anm.  56). 51  Vgl. dazu oben, S.  474, Fn.  374, Anm.  21, mit der dort zitierten Feststellung Tho­ mas Manleys, daß man unter den Immigranten in England keine Bettler finde. 52  William Law, Serious Call (gedruckt 1729, nicht 1728) formuliert das Ideal von „Ge­ sellschaften“ (societies) Freiwilliger zur Förderung ihrer Selbsterbauung und ihres Hei­ ligungsstrebens durch die von Weber genannten Mittel, explizit auf p.  134–138. (Loofs, Art. Methodismus, spricht S.  752 von „mönchische[m] Pietismus“.)

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Darinj brachte die protestantische Askese an sich keine Neuerung. Aber: sie vertiefte knicht nurk diesen Gesichtspunkt aufs mächtigste l, sondern sie erschufl jener Norm mdas, worauf es ja schließlich doch für deren Wirkung allein ankam:m den psychologischen Antriebn durch die Auffassung dieser Arbeit als Beruf, als ovorzüglichsten, ja letztlich oft also einzigen Mittels, des Gnadenstandes sicher zu pwerden383). Undp sie legalisierte auf der anderen Seite die Ausbeutung dieser spezifischen Arbeitswilligkeit, indem sie auch den Gelderwerb des Unternehmers als „Beruf“ deutete384) q. Es liegt | auf | der Hand, wie mächtig das ausschließliche Streben nach dem Gottes-

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383) r  Baxters Tätigkeit in der bei seiner Hinkunft absolut verlotterten Gemeinde Kidderminster, in dem Grade ihres Erfolges fast beispiellos in der Geschichte der Seelsorge, ist zugleich ein typisches Beispiel dafür, wie die Askese die Massen zur Arbeit, marxistisch gesprochen: zur „Mehrwert“-Produktions,53 erzog und so ihre Verwertung im kapitalistischen Arbeitsverhältnis (Hausindustrie, Weberei) überhaupt erst möglich machte.54 So liegt das Kausalverhältnis ganz allgemein. – Von Baxters Seite aus gesehen, nahm er die Einfügung seiner Pfleglinge in das Getriebe des Kapitalismus in den Dienst seiner religiös-ethischen Interessen. Von der Seite der Entwicklung des Kapitalismus aus gesehen, traten die letzteren in den Dienst der Entwicklung kapitalistischen „Geistes“. 384) t  Und noch eins: Man kann ja zweifeln, wie stark die „Freude“ des mittelalterlichen Handwerkers an dem „von ihm Geschaffenen“, mit der so viel operiert | wird, als A, A1 107

j  In A, A1 nicht hervorgehoben.   k–k  Fehlt in A.   l–l A: und schuf A1: sondern sie erst schuf  m–m Fehlt in A.   n In A folgt: zur Wirkung  o–o Fehlt in A.   p–p  A, A1: werden,82) und  q  In BR statt Anmerkungsziffer .  r  In BR ohne Text­ anbindung.  s A: „Mehrwert“-Produktion  t  In BR statt Anmerkungsziffer .   53  Nach Marx entsteht der „Mehrwert“ aus unbezahlter Arbeit. Nach seiner Werttheo­ rie bemißt sich der Wert einer Ware (Preis) nach der für ihre Herstellung gesellschaft­ lich notwendigen Arbeitszeit. Demgemäß kauft der Kapitalist die Ware Arbeitskraft zu einem Preis (Lohn), der es dem Arbeiter erlaubt, seine Arbeitskraft (wieder)herzustel­ len (formaler Äquivalententausch). Die dafür notwendigen Mittel zum Leben zu produ­ zieren erfordert eine bestimmte Zeit. Die besondere Qualität der Ware Arbeitskraft besteht darin, daß sie länger als diese Zeit einsetzbar ist, also einen Mehrwert schaf­ fen kann. Diesen eignet sich der Kapitalist unentgeltlich an („Ausbeutung“). – Weber bestritt die Gültigkeit der Arbeitswerttheorie, die sowohl von den klassischen Ökono­ men wie Adam Smith und David Ricardo als auch von Karl Marx vertreten wurde. Vgl. seine Vorlesungen „Allgemeine (‚theoretische‘) Nationalökonomie“, MWG III/1, §  14 „Die Theorie des wissenschaftlichen Sozialismus“, S.  553–562, sowie zur „Arbeiterfra­ ge und Arbeiterbewegung“, MWG III/4, bes. S.  178 und 226. 54  Vgl. Jenkyn, Essay on Baxter’s Life (Baxter, Works of the English Puritan Divines IV, p. i–lviii), p. xxvi, p.  xxx–xliv, anschaulich über Methode und Erfolg von Baxters Wirken in Kidderminster, dessen Pfarrgemeinde, als Baxter sich dort nach dem Bürgerkrieg im Jahr 1649 endgültig niederließ, einer „disorderly mass and an unruly rabble“ (p.  xxxi) glich.

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reich durch Erfüllung der Arbeitspflicht als Beruf und die strenge Askese, welche die Kirchenzucht naturgemäß gerade den besitzlosen Klassen aufnötigte, die „Produktivität“ der Arbeit im kapita­ listischen Sinn des Wortes fördern mußte. Die Behandlung der Arbeit als „Beruf“ wurdea für den modernen Arbeiter ebenso charakteristisch wie für den Unternehmer die entsprechende Auffassung des Erwerbes. bEs warc eine Wiedergabe diesesd damals neuen Tatbestandes, wenn ein so scharfer anglikanischere Beobachter wie Sir William Petty die holländische Wirtschaftsmacht des 17. Jahrhunderts darauf zurückführte, daß dief dort besonders zahl­reichen „Dissenters“ (Calvinisten und Baptisten)g Leute seien, welche „Arbeit und Gewerbfleiß für ihre Pflicht gegen Gott“ ansahen.h 55 Deri „organischen“ Sozialverfassung in jener fiskalisch-monopolistischen Wendung, welche sie im Anglikanismus unter den Stuarts, namentlich in den Konzeptionen Lauds annahm:k 56 – diesem Bündnis von Staat und Kirche mit den „Monopolisten“ auf dem Boden eines christlich-sozialen Unterbaus[,] stellte der Puritanismus, dessen Vertreter durchweg zu den leidenschaftlichen Gegnern dieser

psychologisches Agens ins Gewicht gefallen ist. Etwas war immerhin zweifellosl daran. Jedenfalls aber entkleidete nun die Askese die Arbeit dieses – heute durch den Kapitalismus für immer vernichteten – diesseitigen weltlichen Reizes und richtete sie auf das BR, C 201 Jenseits aus. Die berufliche Arbeit | als solche ist gottgewollt. Die Unpersönlichkeitm der heutigen Arbeit: ihre, vom Standpunkte des einzelnen aus betrachtet, freudenarme Sinnlosigkeit, ist hier noch religiös verklärt. Der Kapitalismus in der Zeit seiner Entstehung brauchten Arbeiter, die um des Gewissens willen der ökonomischen Ausnutzung zur Verfügung standen. oHeute sitzt er im Sattel und vermagp ihre Arbeitswilligkeit qohne jenseitige Prämienq zu erzwingen.o a  A, A1, BR: ist  b–b (S.  484)  Fehlt in A einschließlich Indices.   c  In A1 folgt: 〈da­ her nur〉  d A1: des > dieses  e A1: englischer > anglikanischer  f  In A1 folgt: 〈dortigen Dissenter〉  g In A1 folgt: 〈„denkende〉  h A1: ansahen. –  In A1 folgt der Hinweis Max Webers: (Fortsetzung auf Blatt 106a bei ╒  i  In A1 auf dem ein­ gelegten Manuskriptblatt 106a; voraus geht der Hinweis Max Webers: Einschiebung auf XXI S.  107 ╒    k A1: annahm,    l Fehlt in A.    m A: Unpersönlichkeit n A: brauchte  o–o  Fehlt in A.   p  In A1 folgt: 〈sie zu〉  q–q  Fehlt in A1.   55  „Dissenters of this kind, are for the most part, thinking, sober, and patient Men, and such as believe that Labour and Industry is their Duty towards God.“ Petty, Political Arithmetick, p.  23 (Klammerzusatz in der deutschen Wiedergabe von Weber). Auch (engl.) zitiert in: Weber, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, MWG I/9, S.  588. 56  Die Wandlung von der anglikanischen Staatsphilosophie des Erzbischofs William Laud, die die Unterordnung jeglicher Privatinteressen des einzelnen unter den abso­ lutistischen Staat („,Organismus‘ sozialer Art“) vorsah, zu einer mechanisch-optimisti­ schen Anschauung des Wirtschaftslebens beschreibt Levy, Ökonomischer Liberalis­ mus, S.  88–95, Zitat S.  92.

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Art von staatlich privilegiertem Händler-,r Verleger- und Kolonialkapitalismus gehörten, die individualistischen Antriebes des rationalen legalent Erwerbsu kraft eigener Tüchtigkeit und Initiative gegenüber, welche – während diea staatlich privilegierten Monopolindustrien in England baldb sämtlich wieder verschwanden – am Aufbau derc ohne, zum Teil trotz und gegen die obrigkeitlichen Gewalten entstehenden Industrien entscheidend mitbeteiligt waren385).d eDie Puritaner (Prynne, | Parker) lehnten jede Gemeinschaft mit den „Höflingen und Projektenmachern“ großkapitalisti-

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f 385)  S[iehe] über diese Gegensätze und Entwicklungen H[ermann] Levy in dem frü- A 106a 1 her zitierten Buch.57 gDie für England charakteristische und sehr mächtige monopolfeindliche Haltung der öffentlichen Meinung ist geschichtlich aus einer Verbindung politischen Machtkampfes gegen die Krone – das Lange Parlament schloß die Monopolisten vom Parlament aus58 – mit ethischen Motiven des Puritanismus und mit den ökonomischen Interessen des bürgerlichen Klein- und Mittelkapitalismus gegen die Finanzmagnaten im 17. Jahrhundert entstanden. Die Declaration of the Army vom 2. Aug. 1652 und ebenso die Petition der Leveller vom 28. Jan. 165359 fordern neben Beseitigung der Akzisen, Zölle, | indirekten Steuern und der Einführung einer Single BR, C 202

r  In A1 folgt: 〈und〉  s A1: Motive  t A1: rechtlichen > legalen  u  In A1 folgt: 〈auf der Basis der als „Bewährung gegenüber〉  a A1: jene > die  b A1: fast   c In A1 folgt: 〈neben〉  d In A1 folgt Gedankenstrich.   e–e (S.  484) Fehlt in A1 einschließlich Index.   f–f (S.  484)  Fehlt in A.   g–g (S.  484)  Fehlt in A1.   57 Vgl. Levy, Ökonomischer Liberalismus (von Weber zuerst zitiert oben, S.  438, Fn.  324, auch S.  478, Fn.  378), hier das Kapitel „Die Gewerbefreiheit der frühkapitali­ stischen Industrie“, S.  18–43, und „Der Anteil der freiheitlichen Errungenschaften an dem wirtschaftlichen Aufsteigen Englands“, S.  96–112. In England entstand durch die eigenmächtige Politik der Stuarts ein beinahe sämtliche Gewerbe und frühe Industrien umfassendes Monopolsystem. In dem Maß, wie Monopolgewährungen in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts zunahmen, erstarkte aus verschiedenen Gründen (Preissteigerung, Rückgang der Warenqualität, Wettbewerbsbeschränkungen) eine von breiten Kreisen der Bevölkerung unterstützte Antimonopol-Agitation. Diese schaff­ te es, mit der „Bill of rights“ (1689) das königliche Dispensationsrecht zu beseitigen, womit auch die Monopolorganisation fiel, die „,Gewerbefreiheit‘“ (ebd., S.  42) erkämpft war und die produktive Entwicklung Englands einsetzte (vgl. ebd., S.  100–106). 58  Als nach seiner Auflösung das Lange Parlament 1640 wieder zusammentrat, setz­ te es den schon 1597 begonnenen Kampf gegen Monopole fort. Es beschloß, die meisten Stuartschen Monopole für ungültig zu erklären und Monopolisten aus dem Parlament auszuschließen. Vier Monopolisten wurden tatsächlich entfernt. Vgl. Gardi­ ner, Samuel Rawson, The Fall of the Monarchy of Charles I. 1637–1649, vol. II: 1640– 1642. – London: Longmans, Green, and Co. 1882 (hinfort: Gardiner, Fall of the Monar­ chy II), p.  25. Levy, Ökonomischer Liberalismus, S.  32 f. 59  Die im folgenden genannten Forderungen sind in der „army petition“ vom 2. Au­ gust 1652 und der Petition der Leveller vom 28. Januar 1653 enthalten, vgl. die Aus­ züge bei Gardiner, Commonwealth II, p.  167 f. und 178 f.; über die Forderung des „free trade“ bes. p.  179, Anm.  1.

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schen Gepräges als hmit einer ethisch verdächtigenh Klasse ab, im Stolz auf ihre eigne überlegene bürgerliche Geschäftsmoral, welche den wahren Grund der Verfolgungen bilde, denen sie von jenen Kreisen ausgesetzt seien.60 Den Kampf gegen den Dissent schlug noch Defoe vor, durch Boykott gegen die Bankwechsel und durch Depotkündigungen zu gewinnen.61 Der Gegensatz der beiden Arten kapitalistischer Gebarung ging sehr weitgehend mit den religiösen Gegensätzen Hand in Hand. Die Gegner der Nonkonformisten haben auch im 18. Jahrhundert immer wieder diese als die Träger des „spirit of shopkeepers“62 verhöhnt und als den Verderb der altenglischen Ideale verfolgt. Hier lag auch der Gegensatz des puritanischen gegen das jüdische Wirtschaftsethos verankert, und schon die Zeitgenossen (Prynne) wußten, daß das erstere, nicht das letztere, das bürgerliche Wirtschaftsethos war386).e b 63 | iEiner der konstitutiven Bestandteile des moderneni kapitalistischen Geistes, und nicht nur dieses, sondern der modernen Kultur: tax auf estates vor allem:j „free trade“, d. h. die Beseitigung aller monopolistischen Schranken des Erwerbs (trade) nach innen und außen alsk von Verletzungen der Menschenrechte. Ähnlich schon die „große Remonstranz“.g f  64 l 386)  Vgl. dazu H[ermann] Levy, Ökon[omischer] Liberal[ismus] S.  51 f.l 65 | h–h BR: gegen eine ethisch verdächtige  e (S.  483)–e Fehlt in A1 einschließlich Index.   b (S.  482)–b  Fehlt in A einschließlich Indices.   i–i  A: Ein konstitutiver Bestandteil des  j  Doppelpunkt fehlt in BR.  k Lies: als Beseitigung  g (S.  483)–g  Fehlt in A1.  f (S.  483)–f  Fehlt in A.   l–l  Fehlt in A, A1.   60  Mit den Verweisen auf William Prynne (vgl. unten, Anm.  63) und Henry Parker (vgl. oben, S.  472, Fn.  371 mit Anm.  16) folgt Weber Levy, Ökonomischer Liberalismus, S.  61. 61  Levy, ebd., S.  63, zitiert dazu einen „Ausruf“ Daniel Defoes von 1702: „‚Laßt uns unsere Schiffe für uns verfrachten, unser Geld aus Euren Banken ziehen, keine von Euren Wechseln annehmen und uns so von Euch im öffentlichen Leben trennen, wie Ihr von uns im religiösen, und dann seht zu, ob Ihr ohne uns weiterkommt !‘“ (Engl. Defoe, The genuine works I, p.  394.) 62  Mit dem Ausdruck „Spirit of Shopkeepers“ der Gegner: Levy, ebd., S.  63. 63 William Prynne befürchtete, Cromwells Wiederansiedlung der Juden in England einschließlich ihrer Zulassung zu Geschäften bereichere „wenige Granden […], wel­ che an ihrem Raub und unrechtem Gewinnen teilnehmen“, und verdränge die engli­ schen Kaufleute (Prynne, A Short Demurrer to the Jewes, p.  101 f.; 2. ed., p.  122; übers. zitiert von Levy, ebd., S.  51). Vgl. dazu auch oben, S.  441, Fn.  329 mit Anm.  75. 64  Die „Great Remonstrance“ des Langen Parlaments von 1641 enthält an die Regie­ rung Karls I. gerichtete Forderungen angesichts unzähliger Mißbräuche (abgedruckt in Gardiner, Constitutional Documents, p.  127–154 [3. ed., p.  202–232]). 65  Levy, Ökonomischer Liberalismus, angesichts der gesamten Textpassage vermut­ lich S.  51–69.

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die rationale Lebensführung auf Grundlage der Berufsidee, ist – das sollten diese Darlegungen erweisen – geboren aus dem Geist der christlichen Askese. Man lese jetzt noch einmal den im Eingang dieses Aufsatzes zitierten Traktat Franklins nach,66 um zu sehen, daß die wesentlichen Elemente der dort als „Geist des Kapitalismus“ bezeichneten Gesinnung eben die sind, die wir vorstehend als Inhalt der puritanischen Berufsaskese ermittelten387), nur ohnem die religiöse | Fundamentierung, die ebenn bei Franklin schon abgestorben waro. – Der Gedanke, daß die moderne Berufsarbeit ein asketisches Gepräge trage, ist ja auch nicht neu. Daß die Beschränkung auf Facharbeit, mit dem Verzicht auf die faustische Allseitigkeit des Menschentums, welchen sie bedingt, in der heutigen Welt Voraussetzung wertvollen Handelns überhaupt ist, daß also „Tat“ und „Entsagung“ einander heute unabwendbar bedingen: dies asketischep Grundmotiv des bürgerlichen Lebensstils –

BR, C 203

387)  Daß auch die hier noch nicht auf ihre religiösen Wurzeln zurückgeführten Be- [A, A 107] 1 standteile, namentlich der Satz: honesty is the best qpolicy (Franklin’sq Erörterungen über den Kredit)r 67 puritanischen Ursprungs sind, sgehört in einen tetwas anderent Zusammenhangs. u(S[iehe] dazu den folgenden Aufsatz.)v 68 Hier möge darüber nur folgende Bemerkung J. S.w Rowntree’s (Quakerism, past and present p.  95/6)x, auf die mich Ed[uard] Bernstein aufmerksam machte, wiedergegeben werden:69 „Is it merely a coincidence, or is it a consequence, that the lofty profession of spirituality made by the Friends has gone hand in hand with shrewdness and tact in the transaction of mundane affairs? Real piety favours the success of a trader by insuring his integrity, and fostering habits of prudence and forethought: – important items in obtaining that standing and credit in the commercial world, which are requisite for the steady accumulation | of BR, C 203 wealth.“ (S[iehe] den folgenden Aufsatz.)70 „Ehrlich wie ein Hugenotte“ war im 17. Jahrhundert ebenso sprichwörtlich71 wie die Rechtlichkeit der Holländer, die Sir

m A: ohne  n  Fehlt in A.   o  A, A1: ist  p A: asketische  q–q  A, A1, BR: policy, und die   r  A, A1, BR: Kredit,  s–s A: werden wir in anderen [lies: anderem] Zusammenhang sehen   t–t A1: andersartigen > etwas anderen   u–u  (S.  486)  Fehlt in A, A1.  v BR, C: Aufsatz).  w BR, C: A.  x  Klammer fehlt in BR, C.   66  Siehe oben, S.  151. 67 Zum Sprichwort vgl. oben, S.   407 mit Anm.   92; Franklins Erörterungen oben, S.  151–154. 68  Siehe Weber, Sekten, unten, S.  493–545, bes. S.  512. 69  Möglicherweise in der (nicht überlieferten) Antwort Eduard Bernsteins auf Webers Brief an dens. vom 10. Dezember 1904, MWG II/4, S.  412–414; dazu auch Weber, Sekten, unten, S.  512, Fn.  21 mit Anm.  4. – Weber zitiert nachfolgend John Stephenson Rowntree, Quakerism, p.  95 f. (die Hervorhebungen auch bei Rowntree). 70  Siehe Weber, Sekten, S.  493–545, speziell zu den Quäkern S.  512, Fn.  21. 71  Als „geflügeltes Wort“ von Levy, Ökonomischer Liberalismus, S.  47, sowie ders., Studien über das englische Volk, S.  642, zitiert. Levy folgt dabei Smiles, Huguenots (wie oben, S.  474, Anm.  21), p.  137.

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wenn er eben Stil und nicht Stillosigkeit sein will – hat auf der Höhe seiner Lebensweisheit, in den „Wanderjahren“ und in dem Lebensabschluß, den er seinem Faust gab, auch Goethe uns lehren | wollen388). Für ihn bedeutete diese Erkenntnis einen entsagenden Abschied von einer Zeit vollen und schönen Menschentums, welche im Verlauf unserer Kulturentwicklung ebensowenig sich wiederholen wird, wie die Zeit der Hochblüte Athens im Altertum. Der Puritaner wollte Berufsmensch sein, – wir müssen es sein. Denn indem die Askese aus den Mönchszellen heraus in das Berufsleben übertragen wurde und die innerweltliche Sittlichkeit zu beherrschen begann, half sie aan ihrem Teile mit daran,a jenen mächtigen Kosmos der modernen, an die technischen und ökonomischen Voraussetzungen mechanisch-maschineller Produktion gebundenen, Wirtschaftsordnung erbauen, der heute den Lebens-

W[illiam] Temple bewunderte, und – ein Jahrhundert später – die der Engländer,72 verglichen mit Kontinentalen, welche diese ethische Schule nicht durchgemacht hatten.u 73 | 388)  Gutb analysiert in Bielschowskys Goethe, Bd. II Kap.  18.74 – Für die EntwickA, A1 108 lung des wissenschaftlichen „Kosmos“ hat einem verwandten Gedanken z. B. auch Windelband am Schlusse seiner „Blütezeit der deutschen Philosophie“ (II. Bd. der „Gesch[ichte] d[er] neuerenc Philosophie[“]) Ausdruck gegeben.75

a–a  Fehlt in A.   u (S.  485)–u  Fehlt in A, A1.  b A: Sehr schön  c  A, A1: neuere   72  Temple äußert sich über die holländischen Kaufleute: „[…] where they deal with Men that understand like themselves, and are under the reach of Justice and Laws, they are the plainest and best dealers in the World“, was letztlich auf ihrer „Common Honesty“ beruhe. Ders., Observations upon the United Provinces of the Netherlands, p.  160 f. Mit Teilzitat (dt.) auch bei Levy, Studien über das englische Volk, S.  642, doch geht die „Rechtlichkeit“ der Holländer deutlicher aus dem Original hervor. – Der Groß­ teil der Engländer sei „ehrlich und redlich“, heißt es in Reisebriefen von 1780, die Levy, ebd., S.  642 f., zitiert. 73  Dazu der Brief Max Webers an Adolf Harnack vom 5. Febr. 1906, MWG II/5, S.  32 f. 74 „Arbeit und Entsagung“ (zum Erwerb von „Sachkenntnis […] durch Beschränkung auf ein kleines Gebiet“, S.  562) sind, so Bielschowsky, die beiden großen Grundge­ danken von „Wilhelm Meisters Wanderjahren“ (S.   518). Von diesen handelt Biel­ schowsky, Goethe II, im 18. Kapitel, S.  513–568. – Zum Lebensabschluß des „Faust“ (bei Goethe, Faust II, Fünfter Akt; in der Weimarer oder „Sophien-Ausgabe“: 1. Abth., 15.  Band, 1888, S.  290–337) in Bielschowskys Worten: „Selbsterkenntnis [über die Maßlosigkeit des faustischen Strebens, Ed.] ist Selbstbefreiung und Selbstbeschrän­ kung, weise Selbstbeschränkung aber ist das Gegenteil von dem, was Mephistophe­ les mit ihm [Faust] gewollt hat“ (S.  662). 75  Windelband, Blütezeit (Geschichte der neueren Philosophie II), S.  408 f.: „Zweifel­ los ist dem Gesamtwissen jener Zeit [der universalistischen Bildung, Ed.] das der Gegenwart weit überlegen: aber dafür zersplittert es sich jetzt in die einzelnen Köpfe

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stil aller einzelnen, die in dies Triebwerk hineingeboren werden – nicht nur der direkt ökonomisch Erwerbstätigen –, mit überwältigendem Zwange bestimmt und vielleicht bestimmen wird, bis der letzte Zentner fossilen Brennstoffs verglüht ist. Nur wie „ein dünner Mantel, den man jederzeit abwerfen könnte“, sollte nach Baxters Ansicht die Sorge um die äußeren Güter um die Schultern seiner Heiligen liegen389). Aber aus dem Mantel ließ das Verhängnis ein stahlhartes Gehäuse werden. Indem die Askese die Welt umzubauen und in der Welt sich auszuwirken unternahm, gewannen die äußeren Güter | dieser Welt zunehmende und schließlich unentrinnbare Macht über den Menschen, wie niemals zuvor in der Geschichte. Heute ist ihr Geist – ob endgültig, wer weiß es? – aus diesem Gehäuse entwichen. Der siegreiche Kapitalismus jedenfalls bedarf, seit er auf mechanischer Grundlage ruht, dieser Stütze nicht mehr. Auch die rosige Stimmung ihrer lachenden Erbin: der Aufklärung, scheint endgültig im Verbleichen, und als ein Gespenst ehemals religiöser Glaubensinhalte geht der Gedanke der „Berufspflicht“ in unserm Leben um. Wo die „Berufserfüllung“ nicht direkt zu den höchsten geistigen Kulturwerten in Beziehung gesetzt werden kannd – oder wo nicht umgekehrt sie auch subjektiv einfach als ökonomischer Zwang empfunden werden emuß –,e da verzichtet der einzelne heute meist auf ihre Ausdeutung überhaupt. Auf dem Gebiet seiner höchsten Entfesselung, in den Vereinigten Staaten, neigt das seines religiös-ethischenf Sinnes entkleidete | Erwerbsstreben heute dazu, sich mit rein agonalen Leidenschaften zu 389) 

Saints’ everlasting rest,g cap. XII.76 |

d  A, A1: kann,  e–e  A, A1: muß, –  f A: metaphysischen  g  A, A1, BR, C: rest.   und Tätigkeiten, und das Individuum, unfähig seine Bildung aus dem Ganzen heraus­ zuarbeiten, muß sich für die Einseitigkeit seiner Berufsarbeit meist durch einen eitlen Dilettantismus entschädigen, der von allem kostet, um sich von nichts zu nähren.“ 76 Die Metapher nach Baxter, Saints’ Everlasting Rest, chap. XII, p.  203–225, hier p.  206. In dem Abschnitt geht es um das Ablegen der weltlichen Gesinnung (earthly mind), welche die „Heiligen“ hindere, bereits auf Erden ein himmlisches Leben zu führen: „They thrust themselves into a multitude of employments, till they are so loaded with labours, and clogged with cares […]. If once thou come to this, that thou wilt be rich, thou fallest into temptation, and a snare, and into many foolish and hurtful lusts. Keep these things loose about thee, like thy upper garments, that thou mayest lay them by whenever there is need; but let God and glory be next thy heart.“ (Als wört­ liches Zitat ist Webers Formulierung in einer gängigen deutschen Übersetzung nicht nachweisbar.)

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assoziierenh, die ihm nicht selten geradezu den Charakter des Sports aufprägen390). Niemand weiß noch, wer künftig in jenem Gehäuse wohnen wirdi und ob am Ende dieser ungeheuren Entwicklung ganz neue Propheten oder eine mächtige Wiedergeburt alter Gedanken und Ideale stehen werden, oder aber – wenn keins von beiden – mechanisiertek Versteinerung, lmit einerl Art von krampfhaftem Sich-wichtig-nehmen verbrämt. Dann allerdings könnte für die „letzten Menschen“ dieser Kulturentwicklung77 das Wort zur Wahrheit werden: „Fachmenschen ohne Geist, Genußmenschen ohne Herz:m dies Nichts bildet sich ein, eine nie vorher erreichte Stufe des Menschentums erstiegen zu haben.“78 – Doch wir geraten damit auf das Gebiet der Wert- und Glaubens­ urteile, mit welchen diese rein historische Darstellung nicht belastet werden soll.n Die Aufgabe owäre vielmehr:o die in der vorstehenden Skizze ja nur angeschnittene Bedeutung des aske|tischen Rationalismus nun auch für den Inhalt der sozialpolitischenp Ethik,

390)  „Könnte der Alte nicht mit seinen 75000 $ jährlich sich zur Ruhe setzen? – Nein! A, A1 109, BR, C 204 die Warenhausfront muß nun auf 400 Fuß verbreitert werden. Warum? – That beats everything, meint er. – Abends, wenn Frau und Töchter gemeinschaftlich lesen, sehnt er sich nach dem Bett, sonntagsq sieht er alle 5 Minuten nach der Uhr, wann der Tag zu Ende sein wird: – so eine verfehlte Existenz!“ – dergestalt faßte der (raus Deutschlandr eingewanderte) Schwiegersohn des führenden dry-good-mana aus einer Stadt am Ohio sein Urteil über den letzteren zusammen, – ein Urteil, welches dem „Alten“ seinerseits wiederum zweifellos als gänzlich unbegreiflich und ein Symptom deutscher Energielosigkeit erschienen wäre.79 |

h  A, A1: assozieren  i  A, A1: wird,  k  A, A1: „chinesische“  l–l A: durch eine   m  A, A1: Herz,  n  A, A1: soll. –  o–o A: ist vielmehr nun, A1: wäre nun,  p A, A1: sozialökonomischen  q A, A1, BR, C: Sonntags  r–r Fehlt in A.   a In A folgt: (deutscher Abkunft)   77  Nach Nietzsche, Friedrich, Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen, in: ders., Werke, 1. Abth., Band  6. – Leipzig: C. G. Naumann 1899, darin Zarathustra’s Vorrede. Vom Übermenschen und vom letzten Menschen, S.  9–30, hier 5., S.  18–21. 78  Als Zitat nicht nachgewiesen. Es findet sich allerdings ähnlich bei Gustav Schmol­ ler, der die folgende Äußerung auf einen von ihm namentlich nicht genannten „große[n] Techniker“ zurückführt, der „vor einigen Jahren“ geäußert haben soll: „Genußmen­ schen ohne Liebe und Fachmenschen ohne Geist, dies Nichts bildet sich ein, auf einer in der Geschichte unerreichten Höhe der Menschheit zu stehen!“ (ders., Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre, 1. Teil, 1.–3. Aufl. – Leipzig: Duncker & Humblot 1900, im Abschnitt „Die Entwickelung der Technik in ihrer volkswirtschaftlichen Bedeu­ tung“, hier S.  225). Weber könnte es in abgwandelter Form von Schmoller übernom­ men haben. Dazu Kraus, Hans-Christof, „Dieses Nichts von Fachmenschen und Ge­ nussmenschen“, in: FAZ, Nr.  74 vom 30. März 2016, S.  3. 79  Dies könnte Weber auf seiner USA-Reise 1904 berichtet worden sein (die Episode ist durch Max Webers Briefe nicht belegt).

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also für die Art der Organisation und der Funktionen der sozialen Gemeinschaften vom Konventikel bis zum Staat aufzuzeigen. Alsdann müßteb seine Beziehung zu dem humanistischen Rationalismus391) c und dessen Lebensidealen und Kultureinflüssen, ferner zur Entwicklung des philosophischen und wissenschaftlichen Empirismus, zu der technischen Entwicklung und zu den geistigen Kulturgütern analysiert werdend. Dann endlich wäree sein geschichtliches Werden von den mittelalterlichen Ansätzen einer innerweltlichen Askese aus und seine Auflösung in den reinen Utilitarismus histo­ risch und durch die einzelnen Verbreitungsgebiete der asketischen Religiosität hindurch zu verfolgen. Daraus erst fkönnte sich das Maß derf Kulturbedeutung des asketischen Protestantismus im Verhältnis zu anderen plastischen Elementen der modernen Kultur gergeben. Hier ist ja erst Tatsache und Art seiner Einwirkung in einem, wenn auch wichtigen, Punkt auf ihre Motive zurückzuführen versucht worden.g | hWeiter aber müßteh dann auch die Art, wie die protestantische Askese ihrerseits durch die Gesamtheit der gesellschaftlichen Kulturbedingungen, insbesondere auch der öko­ nomischen, in ihrem Werden und ihrer Eigenart beeinflußt worden ist, zutage treten392) i. Denn obwohl der moderne Mensch im ganzen

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j 391)  Schon diese (hier unverändert stehengebliebene) Bemerkung hätte Brentano B , C 205 R (a. a. O.)80 zeigen können, daß ich dessen selbständige Bedeutung nie bezweifelt habe. Daß auch der Humanismus nicht reiner „Rationalismus“ war, betont neuerdings wieder stark Borinski in den Abhandl[ungen] der Münchener Ak[ademie] der Wiss[enschaften] 1919.j 81 | k 392)  Nicht mit diesem Problem, sondern mit dem der Reformation überhaupt, ins- A, A 110 1 besondere Luthers, befaßt sich die Akademische Rede v. Belows: Die Ursachen der 82 Reformation (Freiburg 1916). Für das hier behandelte Thema, insbesondere die Kon-

b A: muß  c Index fehlt in A, A1.  d A, A1, BR: worden  e A: ist  f–f A: kann sich die  In A1 fehlt: der  g–g A: ergeben. A1: ergeben; hier ist […] Punkt 〈darzulegen〉 auf ihre Motive […] worden.  h–h A: Dabei aber muß A1: Dabei aber müßte  i  Index fehlt in A, A1.  j–j  Fehlt in A, A1.  k–k (S.  490)  Fehlt in A, A1.   80  Weber bezieht sich auf die von Brentano beschriebene „heidnische Emanzipation“ des ökonomischen Denkens von der kirchlichen Lehre, die Italien in der zweiten Hälfte des Mittelalters zum reichsten Land Europas gemacht habe, die aber Weber ignoriert habe (vgl. Brentano, Anfänge, S.  132). 81 Gemeint ist: Borinski, Streit um die Renaissance. Der Humanismus der Renais­ sance habe mystische Elemente gehabt, die Philosophie der Renaissance sei ihrem „Gesamtcharakter nach Mystik“. Dies habe Burckhardt, Cultur der Renaissance, nicht beachtet. Borinski, ebd., S.  22–24 und 56 f., Zitat S.  22. 82  Vgl. Below, Ursachen der Reformation.

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selbst beim besten Willen nicht imstande zu sein pflegt, sich die Bedeutung, welche religiöse Bewußtseinsinhalte fürl die Lebensführung, die Kulturm und die Volkscharakteren gehabt haben, so groß vorzustellen, wie sie tatsächlich gewesen isto, – so kann es dennoch natürlich nicht die Absicht sein, an Stelle einer einseitig „materialistischen“ einep ebenso einseitig spiritualistische kausale Kultur- und Geschichtsdeutung zu setzen. Beide sind gleich mög­ lich393), | aber mit beiden ist, wenn sie nicht Vorarbeitq, sondern

troversen, die sich an diese Studie anschlossen, sei schließlich auf die Schrift von Her­ melink, Reformation und Gegenreformation, verwiesen,83 die allerdings in erster Linie anderen Problemen zugewendet ist.k 393)  Denn die vorstehende Skizze hat mit Bedacht nur die Beziehungen aufgenomBR, C 206 men, in welchen eine Einwirkung religiöser Bewußtseinsinhalte auf | das „materielle“ Kulturleben wirklich zweifellos ist.84 Es wäre ein Leichtes gewesen, darüber hinaus zu einer förmlichen „Konstruktion“, die alles an der modernen Kultur „Charakteristische“ aus dem protestantischen Rationalismus logisch deduzierter, fortzuschreiten. Aber derartiges bleibt besser jenem Typus von Dilettanten überlassen, die an die „Einheitlichkeit“ der „Sozialpsyche“ und ihre Reduzierbarkeit auf eine Formel glauben.85 – Bemerkt sei nur noch, daß natürlich die vor der von uns betrachteten Entwicklung liegende Periode der kapitalistischen Entwicklung überall mitbedingt war durch christliche Einflüsse, hemmende ebenso wie fördernde. Welcher Art diese waren, gehört in ein späteres Kapitel.86 Ob übrigens von den oben umrissenen weiteren Problemen das eine oder das andere noch im Rahmen dieser Zeitschrift87 erörtert werden kann, ist bei dem Aufgabenkreis derselben nicht sicher.88 Dem Schreiben dicker Bücher aber, die so

l  A, A1, BR, C: auf  m A: „Kultur“  n A: „Volkscharaktere“  o A: ist  p A, A1: ein  q A: Vorarbeit  k  (S.  489)–k  Fehlt in A, A1.  r  A, A1: deduziert   83 Hermelink, Reformation und Gegenreformation, darin speziell der Überblick S.  196 –198 (darauf verweist auch Below, Ursachen der Reformation, S.  85, Anm.  61). 84 Weber hatte die Richtung seiner Untersuchung bereits oben, S.  254–256, be­ schrieben. 85 Anspielung auf Karl Lamprecht; vgl. auch oben, S.  282, Fn.  108 mit Anm.  33; S.  356, Fn.  200, S.  370, Fn.  224, und S.  380, Fn.  241. Dazu die ausführliche Dar­legung in Weber, Roscher und Knies I, S.  7 f. mit Fn.  2 (ebenfalls mit Bezug auf Lamprechts „Deutsche Geschichte“) mit der Aussage: Das „historisch Zufällige“ werde dadurch eliminiert. 86  Weber läßt den schon in der Fassung der „Protestantischen Ethik“ von 1905 formu­ lierten Vorausverweis stehen, möglicherweise weil er dieses „Kapitel“ für den Schluß­ band seiner religionssoziologischen Studien vorsah, den er aber nicht mehr verfaßte. Vgl. dazu die Einleitung, oben, S.  49–51. 87  Gemeint ist das „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“, in dem Webers Protestantismus-Aufsätze 1904/05 erschienen. Auch dies änderte Weber bei der Überarbeitung nicht (vgl. dazu Webers Äußerung in dieser Fn., unten). 88 Vgl. dazu das „Geleitwort“ der Herausgeber Werner Sombart, Max Weber und Edgar Jaffé zur Übernahme des „Archivs“ und Webers Interpretation der Aufgaben der Zeitschrift in Weber, Objektivität, S.  39–41.

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2.  Askese und kapitalistischer Geist

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Abschlußs der Untersuchung zu sein beanspruchen, der historischen Wahrheit gleich wenig gedient394)a. | stark, wie es hier der Fall sein würde, an fremde (theologische und historische) Arbeiten angelehnt werden müßten, bin ich nicht sehr zugetan. b(Ich lasse diese Sätze hier unverändert stehen.) –c Für die Spannung zwischen Lebensideal und Realität in der „frühkapitalistischen“ Zeit vor der Reformation jetzt Strieder, Studien zur Geschichte der kapitalist[ischen] Organisationsformen (1914) Buch II (auch gegen die früher zitierte[,] von Sombart benutzte Schrift von Keller).b 89 d 394)  Ich finde, daß dieser Satz und die unmittelbar vorausgehenden eBe- und Anmerkungen wohle hätten genügen dürfen, um jedes Mißverständnis dessen, was diese Abhandlung fleisten wolltef, gauszuschließen[,] und findeg keinen Anlaß zu irgendeinem Zusatz. Statt der ursprünglich beabsichtigten unmittelbaren Fortsetzung im Sinn des weiter oben stehenden Programms90 habe ich mich, teils aus zufälligen Gründen, insbesondere wegen des Erscheinens von E[rnst] Troeltschs „Soziallehren der christlichen Kirchen“ (derh manches von mir zu Erörternde in einer Art erledigte, wiei ich als Nicht-Theologe es nicht gekonnt hätte),91 teils aberk auch, um diese Ausführungen ihrer Isoliertheit zu entkleiden und in die Gesamtheit der Kulturentwicklung hinein­ zustellen,l seinerzeit entschlossen, mzunächst die Resultate vergleichenderm Studien über die universalgeschichtlichen Zusammenhänge von Religion und Gesellschaft niederzuschreiben. nDiese folgen hier.n 92 Ihnen vorangestellt ist nur ein kurzer Gelegen-

s A: Abschluß  a Index fehlt in A.   b–b Fehlt in A, A1.  c Gedankenstrich fehlt in BR.  d–d (S.  492)  Fehlt in A.   e–e A1: 〈Darlegungen〉 Bemerkungen vollauf  f–f A1: wollte > leisten wollte  g–g A1: auszuschließen 〈. Ich habe〉 und finde   h A1: (die  i A1: die > wie  k  Fehlt in A1.  l  In A1 folgt: 〈mich〉  m–m A1: 〈die〉 zunächst jahrelange vergleichende  n–n A1: 〈Sie folgen〉   89  Der Titel lautet: Strieder, Studien zur Geschichte kapitalistischer Organisationsfor­ men, darin Zweites Buch: Kirche, Staat und Frühkapitalismus, S.  53–92. Zur Auseinan­ dersetzung von Strieder mit Keller, Unternehmung und Mehrwert (von Weber zitiert oben, S.  141 f., Fn.  19, und S.  195–201, Fn.  51), vgl. bes. S.  60 f. (Strieder wendet ge­ gen Keller ein, dieser habe das kanonische Zinsverbot auf den Konsumtivkredit redu­ ziert und damit seine Bedeutung abgeschwächt) und S.  89 f. (Daß manche mittelalter­ liche Theologen und Philosophen den Unternehmergewinn rechtfertigten – wie von Keller zitiert –, dürfe nicht überbewertet werden: Gerechtfertigt werde der kapitalisti­ sche Geist, nachdem er sich schon gegen die hemmenden Wirkungen der mittelalter­ lichen Wirtschaftsethik durchgesetzt habe.) 90  Webers Skizzierung des Programms: oben, S.  488 f. Zur geplanten, aber nicht aus­ geführten Fortsetzung der Protestantismus-Aufsätze nach 1905 vgl. Schluchter, Einlei­ tung, MWG I/9, S.  66 f., und den Anhang zur Einleitung, ebd., S.  90–96. 91  Vgl. Troeltsch, Soziallehren. – Eine ähnliche Begründung schon in Weber, Antikriti­ sches zum „Geist“ des Kapitalismus, MWG I/9, S.  576. 92  Webers Aufsätze zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“, veröffentlicht in: Weber, Gesammelte Aufsätzen zur Religionssoziologie (GARS) I–III; im einzelnen: Weber, Konfuzianismus, MWG I/19; Weber, Hinduismus, MWG I/20; und Weber, Antikes Ju­ dentum, MWG I/21.

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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. II.

heitsaufsatz zur Klärung des oben verwendeten „Sekten“-Begriffs93 ound zugleich zur Darlegung der Bedeutung der puritanischen Kirchen-Konzeption für den kapitalistischen Geist der Neuzeito.d 94 |

o–o  Fehlt in A1.  d  (S.  491)–d  Fehlt in A.   93  Zum „Sekten“-Begriff vgl. oben, S.  392 f. mit Fn.  259, u. ö. 94  Vgl. Weber, „Kirchen“ und „Sekten“ (1906), MWG I/9, S.  426–462, dass. in neuer Ausarbeitung: Weber, Sekten, unten, S.  493–545.

II. Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus1).

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Die Vereinigten Staaten haben seit geraumer Zeit das Prinzip der „Trennung von Staat und Kirche“. So streng wird es durchgeführt, daß selbst eine amtliche Statistik der Konfessionalität nicht existiert, weil es als gesetzwidrig gelten würde, den Bürger von Staats wegen nach seiner Konfession auch nur zu fragen.1 Die praktische Bedeutung dieses Grundsatzes für die Stellung der Kirchengemeinschaften zum Staat2) soll hier nicht erörtert werden. Vielmehr 1)  Neue und stark erweiterte Niederschrift eines in der „Frankfurter Zeitung“, B , C 207 R Osternummer 1906, dann, etwas erweitert, in der „Christlichen Welt“ 1906 S.  558 ff., 577 ff. unter dem Titel „Kirchen und Sekten“ veröffentlichten Aufsatzes,2 auf den ich als Ergänzung des vorstehenden wiederholt Bezug genommen habe. Die Umarbeitung ist dadurch motiviert, daß der von mir entwickelte Sektenbegriff (als Gegensatz zum Begriff der „Kirche“) inzwischen von Tröltsch in seinen „Soziallehren der christlichen Kirchen“ zu meiner Freude übernommen und eingehend behandelt worden ist,3 so daß diese begrifflichen Erörterungen hier um so mehr fortfallen können, als schon in dem vorstehenden Aufsatz aS.  392 f. Anm.  259a das Nötige gesagt ist. Der Aufsatz enthält nur die notdürftigsten Daten als Ergänzung des vorstehenden. 2)  In dieser Hinsicht steht der Satz vielfach – aus Gründen der Bedeutung der Katholiken als Wähler – nur auf dem Papier (Subventionen an Konfessionsschulen kommen vor).4

a–a BR: S.   Anm.     1  Die religiöse Neutralität der USA wird mit Artikel VI der Bundesverfassung von 1789 und dem ersten Verfassungszusatz (Amendment) von 1791 begründet: „Art. VI. No religious test shall ever be required as a qualification to any office or public trust under the United States.“ „Amendment I. Congress shall make no law respecting an estab­ lishment of religion or prohibiting the free exercise therof“ (zitiert nach Bryce, Ameri­ can Commonwealth II, p.  570). Bei einem Census wurde deshalb nicht nach der Reli­ gionszugehörigkeit gefragt. Die statistisch ausgewerteten Zahlen stammen von den Kirchen oder Denominationen selbst (vgl. unten, S.  494 Anm.  6). 2 Weber, „Kirchen“ und „Sekten“, ediert in MWG I/9, S.  426–462, die bibliographi­ schen Angaben im Editorischen Bericht, oben, S.  94, Anm.  62. 3  Vgl. Troeltsch, Soziallehren, S.  358–426 (KGA 9), mit Bezug auf Weber, „Kirchen“ und „Sekten“, ebd., S.  364, Anm.  164. Weber beanspruchte schon in seiner ersten Rachfahl-Antikritik, den Sektenbegriff vor Troeltsch entwickelt zu haben; vgl. Weber, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, MWG I/9, S.  574 f. 4  So heißt es bei Bryce, American Commonwealth II, p.  573: „In some States, and particularly in New York, State or city legislatures have often been charged with giving money to Roman Catholic institutions for the sake of securing the Catholic vote.“ New

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interessiert uns zunächst der Umstand, daß noch vor etwa 21/2 Jahrzehnten5 trotz der absoluten Ignorierung der Konfessionen durch den Staat und trotz des Fehlens aller jener höchst wirksamen Prämien, welche damals die meisten europäischen Staaten auf die Zugehörigkeit zu gewissen privilegierten Kirchen setzten, die (damalige) Zahl der „Konfessionslosen“ in den Vereinigten Staaten trotz ihrer ungeheuren Einwanderung nur auf etwa 6   % 6 3) geschätzt wurde . | Dabei bedeutete nun aber die Zugehörigkeit zu einer kirchlichen Gemeinschaft dort ganz ungleich höhere Lasten, namentlich für die Minderbemittelten, als irgendwo bei uns. Publizierte Haushaltsbudgets beweisen es, und mir persönlich wurde u. a. eine fast ganz aus eingewanderten deutschen ungelernten Holzarbeitern in einer Stadt am Erie-See bestehende Gemeinde bekannt, in welcher bei einem Durchschnittsverdienst der Arbeiter von gegen 1000 $ im Jahr deren regelmäßige Abgaben für kirchliche Zwecke fast 80 $ betrugen,7 – während jedermann weiß, daß schon ein kleiner Bruchteil dieser finanziellen Zumutung bei uns 3) Alles Nähere interessiert hier nicht. Es sei auf die Einzelbände der American Church History Series verwiesen (freilich recht verschiedenwertig!).8 |

Yorks römisch-katholische Schulen und karitative Einrichtungen erhielten im Jahr 1870 400 000 US-Dollar, während man andere denominationelle Einrichtungen mit insge­ samt nur 72 000 US-Dollar bedachte. (1910 gingen sogar 1,5 Mio. US-Dollar an rö­ misch-katholische Einrichtungen; vgl. Bryce, James, The American Commonwealth, vol. II. New Edition. – New York: The Macmillan Company 1917 (hinfort: Bryce, Ameri­ can Commonwealth II, 1917), p.  767, Anm.  1.) 5  D.h. zur Zeit der USA-Reise von Max und Marianne Weber von August bis Novem­ ber 1904. Dieser Reise entstammen die im folgenden wiedergegebenen Beobachtun­ gen (vgl. unten, S.  496, Z.  5–7). Sie sind größtenteils in Max und Marianne Webers Reisebriefen dokumentiert; vgl. MWG II/4, S.  261 ff. 6  Carroll, Religious Forces, p.  xxxvi, bezieht sich allerdings auf den Census von 1890 (zu Carroll vgl. unten, Anm.  8). Danach gehörten 5 630 000 von 62 622 250 US-Ameri­ kanern keiner christlichen Religion an. Zieht man „Jews and other religious bodies“ ab, so dürften 5 Millionen zu „non-religious and anti-religious classes, including free-thin­ kers, secularists, and infidels“ gehören. Das entspricht ca. 8%. 7  Die Information verdankt Weber Hans Haupt, Pfarrer in dem Städtchen North Tona­ wanda bei Buffalo. Vgl. Max Webers Brief an Helene Weber vom 8. September 1904 (in: Brief vom 8. – 11. Sept. 1904, MWG II/4, S.  274–284, hier S.  276; dort heißt es aller­ dings: kirchliche Abgaben der Arbeiter „ca 20–30 $ (80–120 Mk) jährlich, daneben Collekten“). 8  Die von Max Weber zitierten Bände der „American Church History Series“, darunter Carroll, Religious Forces (wie oben, Anm.  6), sind im Literaturverzeichnis, unten, S.  624 bzw. 630, bibliographiert. (Die oben, Anm.  6, angegebenen Zahlen sind in Car­ roll, Religious Forces von 1912, unverändert gegenüber der Ausgabe von 1893.)

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Massenaustritte aus der Kirche zur Folge gehabt haben würde. Aber davon ganz abgesehen, konnte niemandem, der vor 15–20 Jahren, ehe die letzte akute Europäisierung der Vereinigten Staaten einsetzte, das Land besuchte, die selbst damals noch sehr intensive Kirchlichkeit, welche in allen nicht ganz unmittelbar von europäischen Immigranten überschwemmten Gebieten herrschte, entgehen4). Sie war, wie jeder ältere Reisebericht ergibt, früher noch viel stärker und selbstverständlicher als in den letzten Jahrzehnten. Uns interessiert hier nun vor allem eine Seite dieses Tatbestandes. Selbst in Brooklyn, der Schwesterstadt von New York,9 aber bis vor kurzem mit einer fühlbar stärkeren Erhaltung älterer Tradition, erst recht aber in anderen, weniger dem Einfluß der Immigration ausgesetzten Orten, pflegte es vor kaum einem Menschenalter Geschäftsleuten, die sich neu einführten, stets zu widerfahren, daß bei Anknüpfung gesellschaftlicher Beziehungen unauffällig und scheinbar gelegentlich, aber ersichtlich nie zufällig, die Frage gestellt wurde: „To what church do you belong?“10 – ähnlich wie etwa an einer typischen schottischen Table d’hôte noch vor einem Vierteljahrhundert dem Kontinentalen sonntagsb fast immer die Frage einer Dame drohte: „What service did you attend today?“5). Und bei näherem Zusehen konnte | man sich leicht über-

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4)  Daß nicht nur jede Sitzung des Supreme Court of the U[nited] St[ates], sondern B , C 208 R auch jede Partei-„Convention“ mit Gebet eröffnet wurde,11 war freilich längst zur lästigen Floskel geworden. 5)  Oder, wenn er zufällig als ältester Gast oben am Tisch saß, das Ersuchen des Kellners beim Auftragen der Suppe: „Sir, the prayer, please“. – Auf die im Text genannte typische Frage wußte ich mir in Portree (Skye) an einem herrlichen Sonntag nicht an-

b BR, C: Sonntags   9  Brooklyn wurde 1898 Stadtbezirk von New York City. Weber stellt hier Brooklyn und „New York“ = Manhattan einander gegenüber. Nach Brooklyn strömten damals die Einwanderer aus den verschiedensten europäischen Ländern. Wegen seiner 490 kirchlichen Gebäude hatte es auch den Beinamen „City of Churches“ (vgl. Baedeker, K[arl], Nordamerika. Die Vereinigten Staaten nebst einem Ausflug nach Mexiko. Hand­ buch für Reisende, 2.  Aufl. – Leipzig: Karl Baedeker, 1904, S.  60). 10  Wörtlich im Brief Max Webers an Helene Weber und Familie vom 19. November 1904 (in: Brief vom 19. und 26. Nov. 1904, MWG II/4, S.  398–407, hier S.  405, Fn.  1). Bei den deutsch-amerikanischen, in Brooklyn lebenden Ehepaaren Clara und Paul sowie Johanna und Alfred Lichtenstein waren Max und Marianne Weber am 11. bzw. am 17. November 1904 zu Gast. 11  Auch Bryce, American Commonwealth II, p.  176 und 186, berichtet dies über ame­ rikanische Parteiversammlungen.

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zeugen, daß, während die amerikanische Behörde als solche die Frage nach der Konfessionszugehörigkeit, wie gesagt, nie stellte,12 der private gesellschaftliche und auch der auf Dauer und Kreditge­ währung abgestellte geschäftliche Verkehr sie – man durfte annähernd sagen: – immer stellte. Warum? – Eine Reihe kleiner, persönlicher Beobachtungen (1904) mag das zunächst zu veranschaulichen suchen.13 Der Schreiber dieser Zeilen fuhr im (damaligen) Indian Territory14 eine lange Fahrt mit einem Handlungsreisenden in „Undertakers hardware“ (eisernen Leichensteinaufschriften) zusammen im Abteil und erhielt, als er (beiläufig) die Tatsache der immer noch auffällig starken Kirchlichkeit erwähnte, von jenem die Bemerkung gemacht: „Herr, meinethalben mag jedermann glauben oder nicht glauben, was immer ihm paßt; aber: wenn ich einen Farmer oder Kaufmann sehe, der überhaupt keiner Kirche angehört, so ist er mir nicht für 50 Cts gut: – was kann ihn veranlassen, mich zu bezahlen, wenn er an garnichts glaubt? (why pay me, if he doesn’t c believe in anything?)“15 Das war nun eine immerhin etwas vage Motivierung. Etwas deutlicher wurde der Sachverhalt schon aus der Erzählung eines deutschgeborenen Nasen- und RachenSpezialisten, der sich in einer großen Stadt am Ohio niedergelassen ders zu helfen als durch die Bemerkung: „ich sei Mitglied der badischen Landeskirche und hätte keine Chapel dieser Kirche in Portree auffinden können“, – was von den Damen dernst undd gut aufgenommen wurde („Oh, he doesn’te attend any service except of his own denomination“!).16 | c BR, C: does’n’t  d–d BR: ersichtlich  e BR, C: does’n‘t   12  Siehe oben, S.  493. 13  Dazu oben, S.  494 mit Anm.  5. 14 Das 1904 von Max Weber besuchte Indian Territory (vgl. Brief Max Webers an Helene Weber vom 28. Sept. – 3. Okt. 1904, MWG II/4, S.  310–324) wurde 1907 zu­ sammen mit dem Oklahoma Territory zum Bundesstaat Oklahoma erhoben. 15  In Max und Marianne Webers Reisebriefen von 1904 nicht enthalten. 16  Max und Marianne Weber reisten im August und September 1895 nach England, Schottland und Irland. Weber spielt hier auf das starke denominationelle Leben an, dem er dort begegnete. In seinen Briefen berichtet Max Weber vom „toten schotti­ schen Sonntag“ (Brief Max Webers an Fritz Baumgarten vom 24. Aug. 1895, MWG II/3, S.  112 f., Zitat S.  113). Marianne Weber schildert den mit „nicht weniger als sechs Kir­ chen“ ausgestatteten kleinen Ort Portree auf der Isle of Skye (Marianne Webers Notiz zum Brief Max Webers an Helene Weber vom selben Tag, ebd., S.  114–116, Zitat S.  114). Die Konversation ist nicht mitgeteilt. Ähnlich bereits in Weber, Antikritisches Schlußwort, MWG I/9, S.  721.

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hatte und von dem Besuch seines ersten Patienten erzählte. Sich auf Aufforderung des Arztes auf dem Sopha niederstreckend, um mit dem Nasenspiegel untersucht zu werden, habe dieser sich erst noch einmal aufgerichtet und mit Würde und Nachdruck bemerkt: „Herr, ich bin Mitglied der … Baptist Church in der … Street.“ Ratlos, was diese Tatsache wohl für das Nasenleiden und dessen Behandlung für eine Bedeutung haben könne, habe er (der Arzt) einen ihm bekannten amerikanischen Kollegen vertraulich darüber befragt und die lächelnde Auskunft erhalten: das bedeute nur: „seien Sie wegen des Honorars ohne Sorgen.“17 – Warum bedeutete es nun aber eben dies? Das wird vielleicht aus einem dritten Vorgang klarer. An einem schönen klaren Sonntag Nachmittag Anfang Oktober wohnte ich mit einigen Verwandten – Farmern im Buschwald einige Meilen von M. (Hauptort einer County) in North Carolina – an einem Tümpel, durch den ein von den in | der Ferne sichtbaren Blue Ridge Mountains kommender Bach floß, einer Baptistentaufe bei.18 Es war kalt und hatte die Nacht etwas gefroren. Ringsum an den Hängen der Hügel standen massenhaft Farmerfamilien, die in ihren leichten zweiräderigen Wagen aus der Nachbarschaft, teilweise aber auch von weither, gekommen waren. In dem Tümpel stand, bis an den Leib, in schwarzer Kleidung, der Prediger. In den Tümpel hinein traten – nach Vorbereitungen verschiedener Art – nacheinander ca. 10 Personen beiderlei Geschlechts in gesellschaftlicher Kleidung, wurden auf den Glauben verpflichtet, tauchten dann, die Frauen im Arm des Predigers, gänzlich unter das Wasser, kamen prustend hoch, schlotterten mit angeklatschter Kleidung aus dem Teich, wurden allseitig „beglückwünscht“, dabei schleunigst in dicke Plaids gehüllt und von dannen nach Hause gefahren6). 6) 

„Faith“ schütze unfehlbar gegen Schnupfen, bemerkte ein Verwandter.19

17  In den Reisebriefen ebenfalls nicht enthalten. 18  Max und Marianne Weber besuchten im Oktober 1904 die Verwandten Jefferson (Jeff) und James (Jim) Miller mit ihren Familien auf ihren Farmen in oder bei Mount Airy (hier mit „M.“ abgekürzt), North Carolina. Die folgende Schilderung der Baptistentaufe findet sich im Brief Max Webers an Helene Weber und Familie vom 19. Oktober 1904 (in: Brief vom 14.–21. Okt. 1904, MWG II/4, S.  335–350, hier S.  343). 19  Die Bemerkung James Millers findet sich ebenfalls im Brief vom 19. Oktober 1904 (ebd.).

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Ein Verwandter,20 der neben mir stand und, deutschen Traditionen gemäß unkirchlich, verächtlich über die Achsel spuckend zusah7), wurde beim Eintauchen eines der jungen Männer aufmerksam: „Look at him, – I told you so!“ – Auf die Frage (nach Beendigung der Zeremonie): Warum hast Du Dir das, wie Du sagst, vorausgedacht? kam die Antwort: „Weil er eine Bank in M. aufmachen will.“ – Sind denn so viele Baptisten in der Gegend, um davon zu leben? – „Durchaus nicht, aber er bekommt ja, nun er getauft ist, die Kundschaft der ganzen Umgegend und wird alles niederkonkurrieren.“ Die Rückfragen, warum? und wodurch?, ergaben: daß die Rezeption in die dortige, noch streng an der religiösen Tradition haftende, Baptistengemeinde, welche erst nach sorgsamster „Er­probung“ und nach peinlichsten, sich bis in die frühe Kindheit zurückerstreckenden Recherchen über den „Wandel“ („disorderly conduct“? Wirtshausbesuch? Tanz? Theater? Kartenspiel? unpünktliche Zahlung von Verbindlichkeiten? sonstige Leichtfertigkeiten?) erfolgte, als eine derart absolute Garantie der ethischen Qualitäten eines Gentleman, vor allem: der geschäftlichen, gelte, daß dem Betreffenden die Depots der gesamten Umgegend und schrankenloser Kredit konkurrenzlos sicher seien. Er sei ein „gemachter Mann“. Weitere Beobachtung ergab, daß diese oder | doch sehr ähnliche Erscheinungen sich in den verschiedensten Gegenden ähnlich wiederholten. Es kamen diejenigen (und im allgemeinen nur diejenigen) geschäftlich hoch, welche methodistischen oder baptistischen oder anderen Sekten (oder sektenartigen Konventikeln) angehörten. Verzog ein Sektenmitglied in einen anderen Ort oder war er Handlungsreisender, so führte er das certificate21 seiner Gemeinde mit sich und hatte dadurch nicht nur Anschluß bei 7)  Er sprach einen Getauften an: „Halloh, Bill, wasn’tf the water pretty cool?“ und erhielt die sehr ernste Antwort: „Jeff, I thought of some pretty hot place (die Hölle!), and so I didn’tg care for the cool water.“22 |

f BR, C: was’n’t  g BR: d’n’t C: did’n’t   20  Jefferson Miller. Weber erwähnt dessen Unkirchlichkeit – sein Bruder James war Methodist – im selben Brief vom 19. Oktober 1904 (wie oben, S.  497, Anm.  18, S.  342 f.). Das folgende Gespräch ist im Brief nicht wiedergegeben. 21  Gemeint ist das im folgenden beschriebene „Qualifikationsattest“. 22  Der Wortwechsel findet sich auch im Brief vom 19. Oktober 1904 (wie oben, S.  497, Anm.  18, S.  343).

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Sektengenossen, sondern vor allem: Kredit bei aller Welt. Geriet er (unverschuldet) in ökonomische Schwierigkeiten, so arrangierte die Sekte seine Verhältnisse, sicherte die Gläubiger und half ihm in jeder Art, oft noch nach dem biblischen Prinzip „mutuum date nihil inde sperantes“.23 Aber nicht diese Erwartung der Gläubiger, daß die Sekte um ihres Prestiges willen sie nicht zu Schaden kommen lassen werde, war das letztlich für seine Chancen Ausschlag­gebende, sondern die Tatsache, daß in eine einigermaßen reputierliche Sekte nur aufgenommen wurde, wessen „Wandel“ ihn als zweifelsfrei ethisch qualifiziert erscheinen ließ. Daß also die Sektenmitgliedschaft – im Gegensatz zur Mitgliedschaft einer „Kirche“, in die man „hineingeboren“ wird und die ihre Gnade über Gerechte und Ungerechte scheinen läßt24 – ein ethisches, insbesondere auch ein geschäftsethisches, Qualifikationsattest für die Persönlichkeit bedeutete. Eine „Kirche“ ist eben eine Gnadenanstalt, welche religiöse Heilsgüter wie eine Fideikommißstiftung verwaltet und zu welcher die Zugehörigkeit (der Idee nach!) obligatorisch, daher für die Qualitäten des Zugehörigen nichts beweisend, ist, eine „Sekte“ dagegen ein voluntaristischer Verband ausschließlich (der Idee nach) religiös-ethisch Qualifizierter, in den man freiwillig eintritt, wenn man freiwillig kraft religiöser Bewährung Aufnahme findet8). Ausschluß aus der Sekte wegen ethischer Verstöße bedeutete wirtschaftlich Verlust der | Kreditwürdigkeit und soziale Deklassierung. Vielfache Beobachtungen in den folgenden Monaten bestätigten

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8)  Daß der konkurrierende Seelenfang der Sekten – stark durch materielle Interes- B , C 211 R sen der Prediger mitbedingt – dieser Auslese oft sehr stark entgegenwirkte, gerade in Amerika, steht natürlich fest. Vielfach waren daher Kartelle zwischen den konkurrierenden Denominationen üblich, um diesen Seelenfang zu begrenzen25 (so z. B. zur Ausschließung der eine starke Anziehungskraft ausübenden leichtfertigen Trauung eines ohne – nach religiösen Grundsätzen – zureichenden Grund Geschiedenen)h. Hier sollten, angeblich, einige Baptistengemeinschaften zeitweise lax gewesen sein, während

h  Klammer fehlt in BR, C.   23  Anspielung auf das kirchliche Zinsverbot, das auf einer falschen Lesung von Lk 6,35 nach der Vulgata fußt: „indem ihr davon keinen Gewinn (Zins) erhofft“. Dazu We­ ber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  202, Fn.  52 mit Anm.  28. 24  Abwandlung von Mt 5,45 [1892]: „Auf daß ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel; denn er läßt seine Sonne aufgehen über die Bösen und über die Guten, und läßt reg­ nen über Gerechte und Ungerechte.“ 25  Zur Konkurrenz der Denominationen bereits Weber, „Kirchen“ und „Sekten“, MWG I/9, S.  441 (dazu S.  444), wiederholt in Weber, Antikritisches Schlußwort, MWG I/9, S.  718.

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nicht nur die zwar anscheinend schnell absterbende, aber (damals) noch immer recht wichtige Bedeutung der Kirchlichkeit als solcher9), sondern auch gerade dieses besonders wichtigen Zuges. Die Art des Glaubensbekenntnisses wari ziemlich gleichgültig10). Ob sowohl der katholischen wie der lutherischen (Missouri-)Kirche26 korrekte Strenge nachgerühmt wurde, die aber bei beiden den Mitgliederbestand (angeblich) schmä­ lerte. | 9)  In mehreren Fällen in Großstädten wurde mir (spontan) erzählt, daß ein Bau­ BR, C 212 terrainspekulant regelmäßig zuerst ein (oft äußerst bescheidenes) „Kirchengebäude“ herzustellen, dann einen Zögling eines der verschiedenen theologischen Seminare mit 5–600 $ Gehalt zu engagieren und ihm eine glänzende Lebensstellung als Prediger in Aussicht zu stellen pflege, falls er eine Gemeinde um sich sammle und ihm den Bauplatz „voll predige“.27 Es wurden verfallene kirchenartige Baulichkeiten gezeigt, welche Mißerfolge kennzeichneten. Meist aber hätten sie Erfolg. Der nachbarschaftliche Anschluß, Sunday School28 usw. wärenk eben dort dem Neusiedler unentbehrlich, vor allem aber: der Anschluß an „ethisch“ verläßliche Nachbarn. 10)  Die Sekten stehen untereinander trotz der – auch durch die Art der materiellen und geistigen Darbietungen bei den Gemeinde-Thee-Abenden, in vornehmen Kirchen auch der Gesangsdarbietungen (ein Tenor in Trinity Church, Boston, der angeblich nur sonntagsl zu singen hatte, erhielt damals 8000 $)29 – scharfen Konkurrenz oft in recht guten Beziehungen. Auf jene Baptistentaufe z. B. wurde in der Methodistenkirche im Gottesdienst, dem ich beiwohnte, als auf ein für jedermann erbauliches Schauspiel hingewiesen.30 „Unterscheidungslehren“,31 überhaupt Dogmatik, anzuhören lehnten die Gemeinden meist völlig ab. Nur Ethik durfte gebracht werden. Diese war in den Fällen, wo ich Predigten für den Mittelstand hörte, die typische bürgerlich anständige und tüchtige Moral, freilich von der hausbackensten und nüchternsten Art, aber mit sichtlicher innerlicher Überzeugung, oft: Bewegtheit, vorgetragen. i  In BR, C folgt: heute  k BR: waren  l BR, C: Sonntags   26  Die lutherische (Missouri-)Kirche oder Missouri-Synode (vgl. das Glossar, unten, S.  613), eine Gründung deutscher Einwanderer, war streng konfessionell. Als „Fels der Orthodoxie“ bezeichnet Max Weber die römisch-katholische und diese Kirche im Brief an Helene Weber vom 20. September 1904 (in: Brief vom 19. und 20. Sept. 1904, MWG II/4, S.  285–297, hier S.  290). 27  Darüber berichtet Max Weber in seinen Reisebriefen nicht. 28  In den USA der am Sonntag stattfindende, von den Denominationen organisierte Religionsunterricht oder Gottesdienst mit katechetischem Charakter für Kinder und Jugendliche. Max Weber bezeichnete die „Sonntagsschule“ für die Kinder in seinem Brief an Helene Weber und Familie vom 6. November 1904 als „pièce de résistance“ (Herzstück) der amerikanischen Gottesdienste (in: Brief vom 6. – 16. Nov. 1904, MWG II/4, S.  376–390, hier S.  380). 29  Darüber berichtet Max Weber in seinen Reisebriefen nicht; aber auch erwähnt in Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  453, Fn.  343 mit Anm.  26. 30  Zur Baptistentaufe vgl. oben, S.  497 f. Seinen Besuch des methodistischen Gottes­ diensts erwähnt Max Weber im Brief an Helene Weber vom 19. Oktober 1904 (in: Brief vom 14. – 21. Okt. 1904, MWG II/4, S.  335–350, hier S.  342). 31  Lehrhafte Formulierungen dogmatischer Unterschiede von Konfessionen oder De­ nominationen.

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Freimaurer11), ob Christian Science,32 ob Adventist,33 Quäker oder was immer, war einerlei. Wenn nur das Entscheidende vorlag: die Aufnahme nur durch „ballot“34 nach vorheriger Prüfung und ethischer Bewährung im Sinn jener Tugenden, welche die innerweltliche Askese des Protestantismus, also: die alte puritanische Tradition, prämiierte, dann war die gleiche Wirkung zu beobachten. Näheres Zusehen ergab dann das stetige Fortschreiten jenes charakteristischen „Säkularisations“-Prozesses, dem solche aus reli­ giösen Konzeptionen geborene Erscheinungen in moderner Zeit überall verfallen. Nicht nur mehr religiöse Verbände: Sekten also, waren es, welche diese Wirkung entfalteten. Vielmehr diese in stetig abnehmendem | Anteil. Bei einiger Aufmerksamkeit fiel (noch vor 11)  Ein „assistant“ der semitischen Sprache einer östlichen Universität sagte mir:35 er bedaure, nicht „Meister vom Stuhl“36 geworden zu sein, denn dann würde er in das Geschäftsleben zurückgehen. Auf die Rückfrage: was ihm denn das nützen könne, wurde geantwortet: wenn er als Handlungsreisender oder Verkäufer sich als solcher ausweisen könne, schlage er, als notorisch reell, jede Konkurrenz und werde mit Gold aufgewogen. |

32 Religiöse Bewegung, deren zentraler Gedanke die Geistheilung kraft Gebet ist (vgl. das Glossar, unten, S.  602). In New York besuchte Max Weber 1904 einen Gottes­ dienst der „Christian Science“ (dazu Scaff, Max Weber in America, p.  164–167) und berichtet darüber ausführlich im Brief an Helene Weber vom 6. November 1904 (in: Brief vom 6. – 16. Nov. 1904, MWG II/4, S.  376–390, hier S.  378–380; vgl. auch den Brief an dies. vom 20. Sept. 1904, in: Brief vom 19. und 20. Sept. 1904, MWG II/4, S.  285–297, hier S.  291). 33  Die aus dem Baptismus hervorgegangenen Adventisten halten den Sabbat heilig und richten sich nach einer strengen Ethik (vgl. das Glossar, unten, S.  598). 34  Über die Aufnahme in einen Verein oder Club wurde durch „ballot“ oder „Ballotage“ (Kugelverfahren) entschieden, d. h. die Urteilenden gaben eine weiße oder eine schwarze Kugel ab (für ja bzw. nein); vgl. den Brief Max Webers an Helene Weber und Familie vom 26. November 1904 (in: Brief vom 19. und 26. Nov. 1904, MWG II/4, S.  398– 407, hier S.  404, auch im Brief an dies. vom 2. Okt. 1904, in: Brief vom 28. Sept. – 3. Okt. MWG II/4, S.  310–324, hier S.  321). 35  David Blaustein, Leiter der „Educational Alliance“, eines Zentrums zur Unterstüt­ zung osteuropäischer jüdischer Einwanderer, hatte in den 1890er Jahren als „assistant professor“ für semitische Sprachen an der Brown University (Providence, RI) unter­ richtet (vgl. Scaff, Max Weber in America, p.  177 f.). Max Weber lernte ihn 1904 in New York City kennen. Vgl. die Wiedergabe der Unterhaltung über die gesellschaftliche Position der Freimaurer im Brief Max Webers an Helene Weber und Familie vom 19. November 1904 (in: Brief vom 19. und 26. Nov. 1904, MWG II/4, S.  398–407, hier S.  403 f., auch mit Hinweis auf den Nutzen der Position für Handelsreisende). 36  Bezeichnung für den Vereinsvorsitzenden oder Logenmeister bei den Freimaurern, der als solcher auch Vorbildfunktion hat. Vgl. Großmann, Gerhard, Logen, Großlogen, Forschungslogen, in: Reinalter, Helmut, Handbuch der freimaurerischen Grundbegrif­ fe. – Innsbruck u. a.: StudienVerlag 2002, S.  18–22, bes. S.  19.

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15 Jahren) in die Augen: daß im amerikanischen bürgerlichen Mittelstand (immer: außerhalb der ganz modernen Großstädte und Immigrationszentren) auffällig viele Männer im Knopfloch ein kleines Abzeichen (verschiedener Färbung) trugen,37 welches am ehesten etwa an eine Ehrenlegionsrosette erinnerte. Auf Befragen: was das sei? wurde regelmäßig ein Verband mit einem zuweilen abenteuerlichen Phantasienamen mgenannt. Undm als dessen Sinn und Zweck stellte sich heraus: daß er fast stets die Funktion einer Sterbekasse, daneben sehr verschiedene andere Leistungen darbot, oft aber auch, und zwar gerade in den Gebieten, die von der modernen Zersetzung am unberührtesten waren, dem Mitglied den (ethischen) Anspruch auf brüderliche Nothilfe seitens jedes bemittelten Verbandsbruders bei unverschuldeter ökonomischer Gefährdung gab, und zwar in mehreren mir damals bekannt gewordenen Fällen wiederum geradezu noch nach dem Grundsatz: mutuum date nihil inde sperantes[,]38 oder doch zu einem sehr niedrigen Zinssatz. Ein Anspruch, der anscheinend auch willig von den Verbandsbrüdern erfüllt wurde. Überdies aber, – und dies war auch hier die Hauptsache: – beruhte eben die Mitgliedschaft wiederum auf Ballotage nach vorheriger Recherche und Feststellung der ethischen Bewährung. Und die Rosette im Knopfloch bedeutete also: „ich bin ein nach Recherche und Bewährung patentierter und kraft meiner Mitgliedschaft garantierter Gentleman“: – vor allem wieder in dem geschäftlichen Sinn der erprobten Kreditwürdigkeit. Auch hier konnte festgestellt werden, daß die geschäftlichen Chancen durch diese Legitimierung oft völlig entscheidend beeinflußt wurden.

m–m BR: genannt, und   37  Über die Abzeichen („badges“) als Zugehörigkeitsmerkmal zu einem „Club“ oder „Orden vgl. Max Weber an Helene Weber und Familie in den Briefen vom 19. Oktober und 19. November 1904 (in: Brief vom 14. – 21. Okt. 1904, MWG II/4, S.  335–350, hier S.  344 mit Fn.  3, und in: Brief vom 19. und 26. Nov. 1904, MWG II/4, S.  398–407, hier S.  404). Im Brief vom 19. Oktober 1904 hält er außerdem die Beobachtung fest (ebd., S.  344): Die „Orden“ seien, ähnlich wie die alten Sekten, „Kranken-[,] Sterbe- und Witt­ wenkasse“ und verpflichteten ihre Mitglieder „zur gegenseitigen Hülfe im Falle unver­ schuldeter wirtschaftlicher Noth durch Creditgeben“. 38  Lat., „indem ihr davon keinen Gewinn (Zins) erhofft“; dazu Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  202, Fn.  52 mit Anm.  28; als Grundsatz der Sekten, oben, S.  499.

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Alle diese Erscheinungen, die – zum mindesten die religiösen – in ziemlich schnellem Verfall zu sein schienen12), waren wesentlich auf den bürgerlichen Mittelstand beschränkt. Sie waren insbesondere das typische Vehikel des Aufstiegs in den Kreis des mittleren bürgerlichen Unternehmertums und der Verbreitung und Erhaltung des bürgerlichen kapitalistischen Geschäftsethos innerhalb der breiten Kreise dieses mittleren | Bürgerstandes (mit Einschluß der Farmer). Zwar gehörten bekanntlich nicht ganz wenige (wohl: die Mehrzahl der älteren Generation) der amerikanischen „promoters“, „captains of industry“, der Multimillionäre und auch der Trustmagnaten formell Sekten, besonders den Baptisten,39 an. Diese indessen naturgemäß oft nur aus konventionellen Gründen, wie bei uns, und nur zur persönlich-gesellschaftlichen, nicht aber zur geschäftlichen, Legitimation. Denn wie schon in der Zeit der Puritaner bedurften naturgemäß solche „ökonomischen Übermenschen“40 einer derartigen Krücke nicht, und ihre „Religiosität“ war natürlich oft von mehr als zweifelhafter Aufrichtigkeit. Der Mittelstand: die in und aus ihm aufsteigenden Schichten vor allem, waren ebenso wie im 17. und 18. Jahrhundert Träger jener spezifisch religiösen Orientierung, die man sich sehr hüten muß, bei ihnen als nur opportunistisch bedingt anzusehen13). Aber es darf eben nie

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12)  Von manchen gebildeten Amerikanern wurden diese Tatbestände oft mit einer B , C 213 R gewissen ärgerlichen Verachtung als „Humbug“ oder Rückständigkeiten kurz abgetan oder geradezu geleugnet; vielen waren sie auch – wie mir William James bestätigte41 – wirklich völlig unbekannt. Auf den verschiedensten Gebieten aber waren diese Rudimente noch in zuweilen grotesk wirkenden Formen lebendig. | 13)  „Heuchelei“ und konventioneller Opportunismus war in diesen Dingen drüben B , C 214 R schwerlich stärker entwickelt als bei uns, – wo schließlich der „konfessionslose“ Offizier oder Beamte auch eine Unmöglichkeit war und ein Berliner („arischer“!)42 Bür-

39  John D. Rockefeller z. B. war Baptist. 40 Anklang an Friedrich Nietzsches „Übermenschen“, vgl. Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  407, Fn.  274. 41  Über die Unterhaltung mit William James, den Weber am 30. Oktober 1904 bei Hugo und Selma Münsterberg in Cambridge, MA, kennenlernte, ist nichts Näheres bekannt. Vgl. Scaff, Max Weber in America, p.  147 und 151. 42  „Arisch“ ist hier im Sinne von „nichtjüdisch“ gebraucht. Weber hielt nichts von der Idee einer arischen Rasse, gar ihrer Überlegenheit. Vgl. auch Max Webers Brief an Lujo Brentano vom 18. August 1908, MWG II/5, S.  643 f. („dümmste ‚arische‘ Impotenz“ werde bei Lehrstuhlbesetzungen „den tüchtigsten Juden vorgezogen“, S.  644). – Zum Begriffsgebrauch allgemein vgl. Art. Arier, in: Deutsches Fremdwörterbuch, begonnen von Hans Schulz, fortgeführt von Otto Basler, 2.  Aufl., völlig neubearb., Band 2. – Ber­ lin, New York: Walter de Gruyter 1996, S.  199–205.

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übersehen werden, daß ohne diese universelle Verbreitung jener Qualitäten und Prinzipien methodischer Lebensführung, welche durch diese religiösen Gemeinschaften gestützt wurden, der Kapitalismus noch heute sogar in Amerika nicht das wäre, was er ist. Es gibt keine nicht ganz streng feudal oder patrimonial gebundene Epoche der Geschichte irgendeines Wirtschaftsgebiets der Erde, in welcher kapitalistische Figuren von der Art Pierpont Morgans, Rockefellers, Jay Goulds43 usw. gefehlt hätten, und nur die erwerbstechnischen Mittel, deren sie sich bedienten, haben (natürlich!) gewechselt. Sie standen und stehen „jenseits von Gut und Böse“,44 – aber: nicht sie, so hoch man ihre wirtschaftsumwälzende Bedeutung sonst anschlagen mag, haben jemals den Ausschlag dafür gegeben: welcher Wirtschaftsgeist in einer Epoche und einem Gebiet herrschend war. Nicht sie, vor allem, waren die Schöpfer und nicht sie wurden die Träger des spezifisch okzidentalen bürger­ lichen „Geistes“. Es soll nun hier nicht auf die politische und soziale Bedeutung dieser und der zahlreichen ähnlichen exklusiven, sich durch Ballotage ergänzenden Verbände und Klubs in Amerika | eingegangen werden. Vom Boys’ club auf der Schule angefangen zum Athletic Club oder zur Greek Letter Society45 oder zu einem anderen studentischen Klub gleichviel welcher Art und dann zu einem der zahlreichen Honoratioren-Klubs der Geschäftsleute und des Bürgertums oder schließlich zu den Klubs der Plutokratie in den Großstädten geleitete den typischen Yankee noch der letzten Generation eine Serie von solchen exklusiven Gesellschaften durch das germeister nicht bestätigt wurde, weil er ein Kind nicht taufen ließ.46 Nur die Richtung, in der sich diese konventionelle „Heuchelei“ bewegte, war verschieden: Beamtenavancement bei uns, Geschäftschancen dort. | 43  Zu den Genannten vgl. das Personenverzeichnis, unten, S.  579, 585 und 565. 44  Rhetorische Verwendung eines Ausdrucks Friedrich Nietzsches, vgl. Weber, Prote­ stantische Ethik 1920, oben, S.  407, Fn.  274. 45  Eine Art Studentenverbindung („fraternity“ oder „sorority“), die sich mit zwei oder zumeist drei griechischen Lettern (z. B. Phi Beta Kappa Society, seit 1776) bezeichnet (zumeist die Anfangslettern eines griechischen Mottos, unter dem die Verbindung firmiert); dazu der Brief Max Webers an Helene Weber vom 20. September 1904 (in: Brief vom 19. und 20. Sept. 1904, MWG II/4, S.  285–297, hier S.  294). 46  Gemeint ist der freisinnige Gustav Kauffmann, der 1901 zweimal zum zweiten Ber­ liner Bürgermeister gewählt, von Kaiser Wilhelm II. aber nicht bestätigt wurde. Weber gibt schon im Brief an Robert Michels vom 4. August 1908 (MWG II/5, S.  615–620, hier S.  618 mit Anm.  11) als Grund dafür die unterlassene Taufe seiner Kinder an.

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Leben. Zu ihnen Zutritt zu erlangen war gleichbedeutend mit einem Billet zum Aufstieg, vor allem mit der Bescheinigung vor dem Forum seines eigenen Selbstgefühls: sich „bewährt“ zu haben. Ein Student, der im College in keinem Klub (oder klubartiger Gesellschaft) irgendwelcher Art Eintritt fand, war in der Regel eine Art von Paria47 (es sind mir Selbstmorde wegen Nichtrezeption bekannt geworden), ein Geschäftsmann, Commis, Techniker, Arzt, der das gleiche Schicksal hatte, war meist von fragwürdiger Verwendungsfähigkeit. Heute sind zahlreiche derartige Klubs Träger jener ständischen Aristokratisierungstendenzen, welche, neben und – was wohl zu beachten ist – zum Teil im Gegensatz zur nackten Plutokratie, der amerikanischen Entwicklung der Gegenwart charakteristisch sind14). Aber in der Vergangenheit und bis in die Gegenwart hinein war es ein Merkmal gerade der spezifisch amerikanischen Demokratie: daß sie nicht ein formloser Sandhaufen von Individuen,48 sondern ein Gewirr streng exklusiver, abern voluntaristischer, Verbände war. Wenn sie, bis vor nicht langer Zeit, Das bloße „Geld“ kauft auch in Amerika an sich zwar Macht, aber nicht: soziale BR, C 215 Ehre. Natürlich ist es ein Mittel dazu. Ebenso bei uns und überall. Nur war bei uns der gewiesene Weg: Ankauf eines Rittergutes, Fideikommißstiftung, Briefadel, der dann die Rezeption der Enkel in die adlige „Gesellschaft“ ermöglichte. Drüben achtete die alte Tradition den Mann, der selbst erworben hatte, höher als den Erben,49 und war der Weg zu sozialer Ehre: vornehme Verbindung in vornehmem College, früher: vornehme Sekte (z. B. Presbyterianer, in deren Kirchen in New York man auf den Kirchenstühlen weiche Pfühle50 und Fächer finden konnte),51 jetzt vor allem: vornehmer Klub. Da14) 

n BR: aber:   47  Von Weber hier im übertragenen Sinn gebraucht; statt außerhalb der indischen Kaste hier außerhalb der Clubs, d. h. der Gesellschaft, stehend. 48  In derselben Weise verwendet Weber die Metapher für die amerikanische Demo­ kratie, in: Weber, „Kirchen“ und „Sekten“, MWG I/9, S.  454; ders., Geschäftsbericht der Deutschen Gesellschaft für Soziologie am 20. Okt. 1910, MWG I/13 S.  277; und ders., Staat und Hierokratie, MWG I/22-4, S.  674. 49  Dazu Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  462 f., Fn.  358. 50  Pfühle (ahd., mhd.; Sgl. Pfühl), Kissen. 51  Aus den Reisebriefen Max Webers von 1904 geht nicht hervor, welche presbyteria­ nischen Kirchen er in New York City besuchte. Am bekanntesten sind die First Presby­ terian, die Fifth Avenue Presbyterian und die Madison Avenue Presbyterian Church. Möglicherweise schließt er die niederländisch-reformierte Marble Collegiate Church mit ein, die benachbart zum „Holland House“ lag, wo das Ehepaar Weber zeitweise wohnte. Max Weber charakterisiert den von Marianne Weber dort besuchten Gottes­ dienst als „presbyterianisch“, die Kirche als „fashionableste“, vgl. den Brief an Helene Weber und Familie vom 6. November 1904 (in: Brief vom 6. – 16. Nov. 1904, MWG II/4, S.  376–390, hier S.  380).

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das Prestige der Geburt und des | ererbten Reichtums, des Amts und der diplomierten Erziehung nicht oder doch nur in einem so geringen Grade anerkannten, wie dies sonst in der Welt nur sehr selten der Fall war und ist, so war sie doch weit davon entfernt, jeden Beliebigen mit offenen Armen als gleichgestellt zu rezipieren. Gewiß: ein amerikanischer Farmer hätte (noch vor 11/2 Jahrzehnten) seinen Gast nicht über sein Feld an einem pflügenden (eingeborenen!) Arbeiter vorübergeführt, ohne ihn mit diesem nach förmlicher Vorstellung „die Hände schütteln“ zu machen.52 Gewiß: in einem typischen amerikanischen Klub hörte früher jegliche Erinnerung daran, daß z. B. die beiden Mitglieder, welche Billard miteinander spielten, etwa im Verhältnis von Chef und Commis standen, absolut auf: hier herrschte die Gleichheit des Gentleman15).53

neben jetzt die Art der Wohnung (in „der“ Street,54 die in Mittelstädten fast nie fehlt), der Kleidung, des Sports. Erst neuerdings: Abstammung von den Pilgrim Fathers, von dero Pocohontas55 oder anderen indianischen Damen u. dgl.56 Näher kann hier darauf nicht eingegangen werden. Massenhaft sind die mit der Ergründung von pedigrees der Plutokratie befaßten Dolmetschbureaus und Agenturen aller Art. Alle diese oft höchst grotesken Erscheinungen gehören in das weite Gebiet der Europäisierung der amerikanischen „Gesellschaft“. | 15)  Nicht immer so in den deutschamerikanischen Klubs. Auf die Frage an New YorBR, C 216 ker junge deutsche Kaufleute (mit den besten hanseatischen Namen): warum sie alle die Aufnahme in einen amerikanischen – statt den recht hübsch eingerichteten deutschen – Klub erstrebten, war die Antwort: daß zwar auch ihre (deutsch-amerikani-

o C: den   52  In Max Webers Reisebriefen von 1904 nicht mitgeteilt. 53  Vgl. dazu Max Webers Mitteilung im Brief an Gustav Schmoller vom 14. Dez. 1904 (MWG II/4, S.  415–417, hier S.  416): „Dem Ideal der Gleichheit des Gentleman kommt jeder amerikanische Salon, so weit ich sehen konnte, näher als irgend ein deutscher. Die Öde des deutschen im Vergleich mit dem amerikanischen Clubleben z. B., ein wichtiges Moment unsrer Schwäche im Ausland, rührt lediglich von dem Umstand her, daß die geschäftlichen Abhängigkeitsverhältnisse etc. im amerikanischen Salon igno­ riert werden, im deutschen nie.“ 54  Darüber äußert sich Max Weber im Brief Max Webers an Helene Weber vom 8. Sep­ tember 1904 (in: Brief vom 8. – 11. Sept. 1904, MWG II/4, S.  274–284, hier S.  278). 55  Von Pocohontas, der Tochter eines Indianerhäuptlings, bekannter als Pocahontas (ca. 1595–1617), die nach ihrer Gefangennahme durch englische Kolonisten zum Christentum konvertierte, einen weißen Pflanzer heiratete und 1616 am englischen Hof empfangen wurde, leiten manche angesehene First Families of Virginia (FFV) ihre Her­ kunft ab. Vgl. auch Weber, Gemeinschaften, MWG I/22-1, S.  261. 56  Die Beobachtung macht auch Bryce, American Commonwealth II, p.  618 f. „There is at present almost a passion among Americans for genealogical researches“ (Zitat p.  618).

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Gewiß: die Frau des amerikanischen Arbeiters, welche der Gewerkschaftler, mit dem man luncht, mitbrachte, hatte – etwas einfacher und linkischer – sich gänzlich der Kleidung und dem Benehmen der bürgerlichen Lady angepaßt. Aber wer, es sei in welcher Stellung immer, in dieser Demokratie als vollwertig gelten wollte, mußte nicht nur sich den Konventionen der bürgerlichen society fügen, einschließlich der sehr strengen Herrenmode, sondern er mußte auch, in aller Regel, sich darüber ausweisen können, daß es ihm gelungen war, in eine der als ausreichend legitimiert anerkannten Sekten, Klubs oder Gesellschaften gleichviel welcher Art hineinballotiert zu werden und sich darin, durch Bewährung als Gentleman, zu behaupten16). Wem das nicht gelang, der war kein Gentleman, wer es verschmähte – wie die Deutschen meist17) –, der hatte einen schweren Weg, vor allem auch: geschäftlich. | Indessen, wie gesagt,57 die soziale Bedeutung dieser jetzt in tiefgreifender Umbildung begriffenen Zustände soll hier nicht untersucht werden. Uns interessiert zunächst: daß die moderne Stellung der weltlichen, durch Ballotage sich ergänzenden Klubs und Gesellschaften weitgehend Produkt eines Säkularisationsprozesses von der ehemaligen weit ausschließlicheren Bedeutung des Prototyps dieser voluntaristischen Verbände: der Sekten, ist. Und zwar gerade im Heimatgebietp des echten Yankeetums: in den nordatlantischen Staaten. Erinnern wir uns doch zunächst einmal: daß innerhalb der schen) Chefs gelegentlich mit ihnen Billard spielten, aber nicht ohne daß man fühle, daß sie dies von sich selbst „recht nett“ fänden.58 16)  Parallele bei uns: die Bedeutung der Couleuren59 und des Reserveoffizierspatentsq für commerciumr und connubium60 und die hohe ständische Bedeutung der „Satisfaktionsfähigkeit“. Die Sache ist die gleiche: aber die Richtung und materielle Wir­ kung sind charakteristisch verschieden. 17)  S[iehe] aber die vorige Anmerkung. Das Einpassieren in einen amerikanischen Klub (auf der Schule oder später) ist stets der entscheidende Augenblick für den Verlust des Deutschtums. |

p BR, C: Heimatsgebiet  q BR, C: Reserveoffizierpatents  r BR, C: communium   57  Siehe oben, S.  504. 58  In Max Webers Reisebriefen von 1904 nicht mitgeteilt. 59  An den Farben, die an Band und Mütze getragen werden, erkennt man die studen­ tische Verbindung. 60  „commercium“ (lat.), hier: „gesellschaftlicher“ Verkehr; „connubium“ (lat.), (recht­ lich vollgültige) Ehe; Ausdruck der Standesgleichheit von Gruppen, vgl. Weber, Einlei­ tung, MWG I/19, S.  127; auch ders., Soziologische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  196.

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amerikanischen Demokratie das allgemeine gleiche Wahlrecht (der Nicht-Farbigen! denn für Neger und alle Mischlinge besteht es ja auch heute de facto nicht)61 und ebenso die „Trennung von Staat und Kirche“ erst Errungenschaft einer jungen Vergangenheit, im wesentlichen Anfang des 19. Jahrhunderts beginnend, sind, und daß in der Kolonialzeit in den Zentralgebieten Neu-Englands, vor allem in Massachusetts, Voraussetzung des Vollbürgerrechts im Staat (neben einigen anderen Bedingungen vor allem:) das Vollbürgerrecht in der Kirchengemeinde war, die ihrerseits über Zulassung oder Nichtzulassung verfügte18). Und zwar verfügten sie darBR, C 217

18)  Die Bildung der Kirchengemeinde ging bei der Einwanderung nach Neu-England oft der politischen Vergesellschaftung (nach Art des bekannten Pakts der Pilgerväter) voran.62 So schlossen die Dorchesterer Immigranten von 1619 sich zunächst – ehe sie auswanderten – zu einer Kirchengemeinde zusammen und wählten Pastor und Lehrer.63 In der Kolonie Massachusetts war die Kirche eine formell völlig selbständige Korporation, die freilich nur Bürger als Mitglieder rezipierte und deren Mitgliedschaft andererseits Voraussetzung des Bürgerrechts war.64 Ebenso war anfänglich in New Haven (vor der gegen Widerstand erfolgten Einverleibung in Connecticut) die Kirchenmitgliedschaft und guter Wandel (= Zulassung zum Abendmahl) Vorbedingung des

61 Mit dem 13. Amendment zur US-amerikanischen Verfassung (1865) wurde die Sklaverei aufgehoben, mit dem 14. Amendment (1868) auch den ehemaligen Sklaven das Bürgerrecht zugesprochen; im 15. Amendment (1870) heißt es dann: „The right of citizens of the United States to vote shall not be denied or abridged by the United States or by any State on account of race, color, or previous condition of servitude.“ Dennoch behinderten weiterhin (noch bis in die 1960er Jahre) manche Bundesstaaten die Registrierung der Afroamerikaner für die Wahl. Vgl. Du Bois, W. E. Burghardt, Die Negerfrage in den Vereinigten Staaten, in: AfSSp, 22.  Band, 1906, S.  31–79, bes. S.  66 f.; auch Bryce, The American Commonwealth II, 1917 (wie oben, S.  494, Anm.  4), p.  544–546. 62  Weber folgt darin möglicherweise Burrage, Church Covenant Idea (von Weber zi­ tiert unten, S.  511, Fn.  19), p.  79–95; vgl. aber auch schon Dexter, Congregationalism, p.  378, Anm.  64. Der Mayflower Compact wurde mit der Ankunft in Nordamerika 1620 geschlossen. 63  Es handelte sich um einen Teil der Kolonisten der Massachusetts Bay Colony, die aus dem englischen Dorchester (Dorset) 1628 nach Nordmerika gekommen waren. Als einer der Organisatoren gilt der puritanische Pfarrer von Dorchester, John White. In Nordamerika gründeten sie 1629 (mit Hilfe eines „Church Convenant“, d. h. Bundes oder Paktes), die Salem Church und 1630 die amerikanische Siedlung Dorchester: „Furthermore, the company settling Dorchester in 1630 was formed into a church estate through Rev. John White’s influence, even before it left the shores of England.“ Burrage, ebd., p.  87. (Statt 1619 muß es darum, zumindest nach Burrage, „1628“ oder „1629“ lauten.) 64  Dies war seit 1631 der Fall. Vgl. Doyle, The English in America II (= The Puritan Colonies I), p.  146 f.: Als „freeman“ oder „citizen“ konnte nur gelten, wer Mitglied einer Kirche war.

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über je nach der Bewährung der religiösen Qualität durch den Wandel, wie alle – im weiten Sinne des Worts – puritanischen Sekten. Nicht minder waren | in Pennsylvanien bis einige Zeit vor dem Unabhängigkeitskrieg die Quäker Herren des Staats, wenn auch Bürgerrechts.65 In Connecticut war dagegen (1650) die township verpflichtet, die Kirche zu erhalten (ein Abfall von den strengen Prinzipien des Independentismus ins Presbyterianische).66 Das bedeutete sofort eine etwas laxere Praxis: nach Einverleibung von New Haven wurde dort die Kirche auf die Erteilung von Zertifikaten darüber beschränkt, daß der Betreffende religiös unanstößig und hinlänglich bemittelt sei.67 Massachusetts mußte schon im 17. Jahrhundert gelegentlich der Einverleibung von Maine und New Hampshire von der vollen Strenge der religiösen Qualifikation für die politischen Rechte abgehen.68 Und auch in der Frage der Kirchenmitgliedschaft mußten Kompromisse geschlossen werden, deren berühmtester der Halfway-Covenant von 1657 ist.69 Auch die nicht nachweislich Wiedergeborenen wurden zur membership zugelassen, aber – bis Anfang des 18. Jahrhunderts – nicht zur Kommunion.70 |

65  Vgl. Doyle, ebd., p.   194. Für den Anschluß an Connecticut (1664) forderte New Haven, daß eine religiöse Qualifizierung für das Bürgerrecht beibehalten werde. Vgl. Doyle, The English in America III (= The Puritan Colonies II), p.  158. 66  Vgl. Doyle, The English in America III (= The Puritan Colonies II), p.  89, mit der Beurteilung, der Weber hier folgt: „This was […] a violation of the strict theory of Inde­ pendence […]“ (mit Randmarkierung der Passage und „Nb!“ Max Webers im Exem­ plar der UB Heidelberg). 67  Als Voraussetzung für das Bürgerrecht (vgl. oben, Anm.  65) galt nach 1664 die Praxis: „Church-membership was not to be required from freemen, but they were to produce a certificate from the Deacons and Select-men of the town stating that they were of a religious carriage and competent estate.“ Doyle, ebd., p.  158. 68  New Hampshire gehörte von 1641 bis 1679 und von 1691 bis 1741 zu Massa­chu­ setts, Maine von 1652 bis 1820. Auch in Massachusetts ging man 1664 für die „freeman’s privileges“ zur Zertifikatausstellung über: „[…] ‘henceforth all Englishmen presenting a cirtifficat, vnder the hands of the ministers or minister of the place where they dwell, that they are orthodox in religion & not vitious in theire liues’, & also a certi­ ficat, vnder the hands of the selectmen […] that they are freeholders […].“ Massa­chu­ setts Records IV/II, p.  117 f., Zitat p.  118. Dazu unten, S.  539, Fn.  60 mit Anm.  58. 69  Die Mehrzahl der zweiten und der dritten Generation der Neuengländer war ge­ tauft, führte einen rechtschaffenen Lebenswandel, ließ aber keine Zeichen der „Wie­ dergeburt“ erkennen. Als nicht zu den „visible saints“ gehörend, konnten sie auch nicht am Abendmahl teilnehmen. Die Frage war, ob man ihre Kinder taufen sollte. Eine Bostoner Theologenkonferenz kam 1657 zu dem Ergebnis, es gebe keinen Grund, die Kinder der „not Scandalous“ nicht zu taufen; ähnlich eine Synode von Massachusetts 1662. Da es nun implizit neben den Vollmitgliedern auch anerkannte Halbmitglieder der Kirche gab, sprach man spöttisch von einem „Half-Way Covenant“. Vgl. Dexter, Congregationalism, p.  469–473, Zitat p.  470; Loofs, Art. Kongregationalisten, in: RE3, 10.  Band, 1901, S.  680–693, hier S.  689 f.; zur Ausgangsfrage notiert Weber im Exem­ plar der UB Heidelberg von Doyle, The English in America III (= The Puritan Colonies II), p.  98: „Kirche oder Sekte“. 70 In Connecticut und Massachusetts sollen seit 1706 alle Kirchenmitglieder zum Abenmahl zugelassen worden sein; vgl. Loofs, ebd., S.  690.

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nicht formell allein politische Vollbürger71 (sondern nur noch kraft einer weitgehenden Wahlkreisgeometrie).72 Die ungeheure soziale Bedeutung der Zulassung zum Vollgenuß der Sektengemeinderechte, insbesondere: zum Abendmahl, wirkte bei den Sekten in der Richtung der Züchtung jener asketischen Berufsethik, welche dem modernen Kapitalismus in der Zeit seiner Entstehung adäquat war. Denn genau so, wie dies an der Hand jener persönlichen Erlebnisse für Amerika veranschaulicht wurde,73 hat die Religiosität der asketischen Sekten mehrere Jahrhunderte lang nachweislich überall, auch in Europa, gewirkt. Blicken wir nämlich in die kirchliche Vorgeschichte dieser protestantischen Sekten zurück19), so finden wir in deren Dokumenten, vor allen bei den Quäkern und Baptisten, bis in das 17. Jahrhundert hindurch (und gerade damals) immer wieder den Jubel darüber, BR, BR1, C 218

19)  Einiges aus der in Deutschland nicht sehr bekannten älteren Literatur sei noch angeführt: Einen Abriß der Baptisten-Geschichte gibt: sVedder, A short history of the Baptists (2.  Aufl. 1897, London).74 Über Hanserd Knollys: Culross: H[anserd] Kn[ollys] Vol. II der Baptist Manuals ed.t by P. Gould (London 1891).s 75 Zur Täufergeschichte: E. B. Bax, Rise and fall of the Anabaptists, New York 1902.76 Über Smyth: Henry M. Dexter, The true story of John Smyth, the Se-Baptist, as told by himself and his contemporariesa, Boston 1881.77 Die wichtigen Publications der Hanserd Knollys Society (printed for the Society by J. Haddonb, Castle Street, Finsbury 1846–1854) wurden

s–s BR: Culross: H. Kn. Vol. II […] (London 1891). Vedder, A short history […]. Über Hanserd Knollys:  Umstellung in BR1 mit Bleistift markiert.  t BR, BR1, C: und  a BR, BR1, C: contemporains  b BR, BR1, C: Hadden   71  Die pazifistischen Quäker Pennsylvanias hatten vor dem amerikanischen Unabhän­ gigkeitskrieg (1775–1783) von 1682 bis 1756 die große Mehrheit in der Assembly. 1756 verzichtete die kompromißlose Quäkerfraktion über der Frage einer möglichen (aktiven oder passiven) Kriegsbeteiligung auf ihre politischen Ämter. Zu der Zeit soll der Quä­ keranteil in Pennsylvania nach dem Zuzug von Nicht-Quäkern nur noch (geschätzte) 41 bis 61% betragen haben (in der Stadt Philadelphia waren sie ohnehin in der Minder­ heit), während die Quäker 1755 noch mit 28 von 36 Abgeordneten (12 pro county) in der Assembly überproportional vertreten waren. Vgl. Sharpless, Quaker Experiment I, p.  72–77. Vgl. auch Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22-2, S.  392 mit Anm.  43. 72  Unter „Wahlkreisgeometrie“ versteht man (bei Mehrheitswahlrecht) die manipulati­ ve Einteilung der Wahlkreise zugunsten einer Partei. 73  Siehe oben, S.  493–507. 74  Vgl. Vedder, Baptists. 75  Culross, Hanserd Knollys (Baptist Manuals, vol. II, ed. by Geo[rge] P. Gould), er­ schienen 1895. 76  Bax, Anabaptists, erschienen 1903. 77  Vgl. Dexter, John Smyth.

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daß die sündigen „Kinder der Welt“ einander gegenseitig selbst geschäftlich mißtrauen, daß sie dagegen der religiös bedingten Rechtlichkeit der Frommen vertrauen20), deshalb | ihnen und nur

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schon zitiert.78 Weitere offizielle Dokumente in The Baptist Church Manual by J. Newton Brown D. D. Philadelphia, American Baptist Pub[lication] Soc[iety] 530c Arch Street.79 Über die Quäker außer dem früher zitierten Werk von Sharpless:80 A. C. Applegarth, The Quakers in Pennsylvania X Ser[ies] Vol. VIII, IX der Johns Hopkins University Studies in History and political Science.81 G. Lorimer, Baptists in history, New York 1902.82 J.  A. Seiss, Baptist system examined (Lutheran Public[ation] S[ociety] 1902).83 Über Neu-England (außer Doyle):84 die Massachusetts Historical Collections,85 ferner:d Weeden, Economic and social history of New-England 1620–1789 (2 Bde.).86 Daniel W. Howe, The Puritan Republic (Indianapolis, Bowen Merrill Cy Publ[ishers]).87 – Für die Entwicklung der „Covenant“-Idee im älteren Presbyterianismus, seine Kirchenzucht und sein Verhältnis zur offiziellen Kirche einerseits, den Congregationalisten und Sektierern anderseits: Burrage, The Church Covenant Idea 1904; ders. The early English Dissenters 1912,88 ferner: W. M. Macphail, The Presbyterian Church 1918;89 J. Brown, The English Puritans 1910;90 wichtige Dokumente bei: Usher, The Presbyterian movement 1584–89. eCam[den] Soc[iety]e 1905.91 Hier wird nur eine äußerst provisorische Feststellung des für unsf Wesentlichen geboten. 20)  Für so völlig selbstverständlich galt dies im 17. Jahrhundert, daß – wie schon früher erwähnt92 – Bunyan (Pilgrims Progress, Tauchnitz Ed. S. | 114) den „Mr. Money- BR, C 219 c BR, BR1, C: S.  30  d BR, BR1, C: ferner:,  e–e BR, BR1: Conv. Soz. C: Com. Soc.  f  In BR, BR1 nicht hervorgehoben.   78  Siehe den Hinweis von Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  404 f., Fn.  271, darunter Underhill, Confessions of Faith. 79  Brown, J. Newton, Baptist Church Manual, erschienen 1853 (im eingesehenen Ex­ emplar ist der Sitz der American Baptist Publication Society mit 1420 Chestnut Street [Philadelphia] ausgewiesen; der offizielle Sitz der Gesellschaft lautete allerdings wäh­ rend des 19. Jahrhunderts lange Zeit: 530 Arch Street); dass. 1903. 80  Sharpless, Quaker Experiment I, II, zitiert von Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  472, Fn.  372. 81  Vgl. Applegarth, Quakers in Pennsylvania. 82 Vgl. Lorimer, Baptists in History; hier zitiert ist die Ausgabe Boston 1893 (eine Ausgabe New York 1902 ließ sich nicht ermitteln). 83  Vgl. Seiss, Baptist system examined (1.–3. ed. erschienen: Baltimore: T. N. Kurtz 1854, 1858, 1859; new ed.: Philadelphia: General Council Publication House 1907; eine für die Lutheran Publication Society gedruckte Ausgabe ließ sich nicht ermitteln). 84  Gemeint ist: Doyle, The English in America I-III. 85  Gemeint sind: Massachusetts Records; möglicherweise auch: Collections of the Massachusetts Historical Society. 86  Vgl. Weeden, Economic and Social History I, II. 87  Vgl. Howe, Puritan Republic. 88  Vgl. Burrage, Church Covenant Idea, und ders., Dissenters I, II. 89  Vgl. Macphail, Presbyterian Church (erschienen 1908, nicht 1918). 90  Vgl. Brown, John, English Puritans. 91  Im Titel von Usher, Presbyterian Movement: 1582–1589. 92  Siehe Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  475 mit Anm.  375.

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ihnen Kredit und ihr Geld ins Depot geben, in ihren Läden ihre Einkäufe machen, weil sie dort und nur dort reell und zu festen Preisen bedient werden, – was zuerst zum Prinzip erhoben zu haben die Baptisten1 bekanntlich von jeher für sich in Anspruch nahmen21). Daß die Götter den, der ihnen wohlgefällig ist, sei es durch Opfer, sei es durch die Art seiner Lebensführung, mit Reichtum segnen, war nun freilich eine über die ganze Welt verbreitete Vorstellung. Daß dies jedoch mit dieser Art der religiösen Lebensführung, gemäß dem frühkapitalistischen Prinzip: „honesty is the best policy“,2 bewußt in Verbindung gebracht wird, findet sich zwar nicht absolut ausschließlich, allerdings aber in dieser Kontinuität und Konsequenz nur bei diesen protestantischen Sekten22). Aber love“ geradezu argumentieren läßt, daß man fromm werden dürfe, um reich zu werden, insbesondere um seine Kundschaft zu vermehren; denn weshalb man fromm geworden sei, müsse ja gleichgültig sein.3 21)  Außer ihnen auch die Quäker, wie folgende mir s. Z. von Herrn E[duard] Bernstein nachgewiesene Stelle belegt:4 „But it was not only in matters which related to the law of the land where the primitive members held their words and engagements sacred. This trait was remarked to be true of them in their concerns in trade. On their first appearance as a Society they suffered as tradesmen, because others, displeased with the peculiarity of their manners, withdrew their custom from their shops. But in a little time the great outcry against them was, that they got the trade of the country into their hands. This outcry arose in part from a strict executiong of all commercial agreementsh between them and othersi, and because they never asked two prices for the commodities they sold.“   Thomas Clarkson, A Portraiture of the Christian Profession and Practice of the Society of Friends. 3d ed. London 1867, p.  276.5 (Die erste Auflage erschien um 1830.)6 22) Die gesamte typisch bürgerliche Ethik war bei allen asketischen Sekten und Konventikeln von Anfang an gemeinsam und identisch mit der, welche sie noch bis in g BR, C: exemtion  h BR: appindments and agreements  i BR, C: other   1  Hierfür ließ sich in der von Weber zitierten Literatur kein Beleg finden. Möglicherwei­ se nach Barclay, Inner Life, p.  319, Anm. †, der die festen Preise auf die ältesten Bap­ tisten und Mennoniten zurückführt. 2  Dazu Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  407. 3  Vgl. Bunyan, Pilgrim’s progress, p.  114. 4  Bernstein, Kommunistische Strömungen, S.  682 mit Anm., schreibt dort über das quäkerische System der festen Preise. Weber fragt Eduard Bernstein im Brief vom 10. Dezember 1904 (MWG II/4, S.  412–414, hier S.  412 f.) nach der Quelle dafür (eine Briefantwort ist nicht überliefert). 5  Im Zitat von Clarkson, Portraiture (die 3. ed. erschien 1869), p.  276, sind über die textkritischen Anmerkungen g, h (lies: appointments and agreements) und i hinaus noch diese Korrekturen nötig: „laws of the land“, „commodities which they sold“. 6  Die erste Auflage erschien unter dem Titel: Clarkson, A portraiture of Quakerism, 3 vols., 1806 (das Zitat schon dort in vol. III, p.  191 f.).

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nicht nur diese Ethik, von der ja schon im vorigen Aufsatz näher die Rede war,7 sondern vor allem die sozialen Prämien und Zuchtmittel und überhaupt die gesamte organisatorische Grundlage des protestantischen Sektentums mit allen ihren Wirkungen reichen in die Anfänge der asketischen Sektenbildung zurück. Jene heutigen Rudimente in Amerika sind die Ausläufer einer einstmals überaus penetrant wirkenden Organisation kirchlicher | Lebensreglementierung. Machen wir uns deren Art, Wirkungsweise und Wirkungsrichtung in kurzem Überblick klar. Innerhalb des Protestantismus tauchte das Prinzip der „believers’k church“:8 der streng auf „wahre“ Christen beschränkten, daher voluntaristischen, von der Welt abgeschiedenen Gemeinschaft eines wirklich heiligen Volkes zuerst deutlich bei den Täufern in Zürich 1523/4 auf23), welche 1525 im Anschluß an Th[omas] Mün-

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die Gegenwart in Amerika pflegten. Als verboten galt z. B. den Methodisten:9 1. viel Worte beim Kaufen und Verkaufen machen („feilschen“), – 2. Handel mit unverzollten Waren, – 3. höhere Zinsen als das Landesgesetz erlaubte, – 4. „sich Schätze auf Erden zu sammeln“10 (= Verwandlung von Kapital in „Vermögen“), – 5. Kreditnehmen ohne Sicherheit, zurückzahlen zu können, – 6. Aufwand jeder Art. | 23)  Quellen sind Zwinglis Aussagen (Füßli I, 228, vgl. 243, 253, 263)11 und sein B , C 220 R

k  Apostroph fehlt in BR, C.   7  Siehe Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, bes. S.  257–592. 8  Zum Begriff vgl. ebd., oben, S.  350 f., Fn.  196 mit Anm.  30. 9  Das Folgende nach Jacoby, Handbuch des Methodismus, S.  350, hier mit Numerie­ rung und Klammerzusätzen von Weber (Nr.  6 entspricht Jacobys Beispielen, die er wie folgt einleitet: „das thun, wovon wir wissen, daß es nicht zur Ehre Gottes dient“); mit Unterstreichungen und Randmarkierungen Max Webers mit lilafarbenem Stift im Ex­ emplar der UB Heidelberg, außerdem den Marginalien zu 2. und 3.: „Hugenotten [?]“ sowie „cf. Hugenotten“. 10  Zitat (auch bei Jacoby) nach Mt 6,20. e  11  Das Anliegen der (Wieder-)Täufer geht aus „Huldrich Zwinglins Aussage uber die e  e  Widertauffer vor den Nachgangern“ (d. h. Untersuchungsrichtern) hervor, Füßli, Bey­ träge I, S.  228–240: Sie wollten „eine besondere Kirche aufrichten […], darinnen ein e  Christliches Volck ware, das auf das allerunschuldigste lebte, dem Evangelio vest an­ hieng, weder mit Zinsen noch anderm Wucher beladen […]“ (Zitat ebd., S.  228–230). Zur Ablehnung der Kindertaufe und Einführung der Wiedertaufe bei Erwachsenen vgl. e  „Conrad Grebels“ sowie „Felix Mantzen Verantwortung vor den Nachgangern“, ebd., S.  243–252 und 253–263, ferner das „Bekanntniß Georg Blaurocks“, ebd., S.  263 f. (Die Verhöre fanden mit großer Wahrscheinlichkeit nach der dritten Täuferdisputation vom 6. –  8. November 1625 und vor dem 7. März 1626 statt, als die genannten Täufer inhaf­ tiert waren; vgl. Quellen zur Geschichte der Täufer in der Schweiz, Band 1: Zürich, hg. von Leonhard v. Muralt und Walter Schmid. – Zürich: S. Hirzel 1952, S.  120 f., Anm.  1.)

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zer – der die Kindertaufe verworfen, aber nicht die letzte Konsequenz: die nochmalige Taufe von als Kinder getauften Erwachsenen (Wiedertaufe) gefordert hatte – die Erwachsenentaufe (einschließlich der – eventuellen – Wiedertaufe) einführten.12 Wandernde Handwerksburschen, die Hauptträger der Täuferbe­Elenchus contra catabaptistas (Werke III, 357, 362).13 Zwingli hatte in seiner eigenen Gemeinde charakteristischerweise sehr viel mit Antipädobaptisten zu schaffen,14 welche ihrerseits in der täuferischen „Separation“, also im Voluntarismus, das nach der Schrift Verwerfliche erblickten. Den Ausschluß aller „wicked liars“ von der Kirche und die Zulassung nur der „faithful“ und ihrer Kinder forderte eine brownistische Eingabe an König Jacob I. von 1603.15 Aber auch das (presbyterianische) Directory of Church Government von (wahrscheinlich) 1584 nach (nachl dem Original erstmalig publ[iziert] in der Heidelb[erger]m Dissertation von A. F.n Scott Pearson 1912)o Art.  37p fordert Zulassung nur von Leuten, die sich der Disziplin unterworfen hatten oder „literas testimoniales idoneas aliunde attulerint“q, zum Abendmahl.16 l  Klammer fehlt in BR.  m BR: (Heidelb.)  n BR, C: f.  o BR: (1912)  p BR, C: 37.  q BR, C: attuleriut“   12 Felix Manz und Konrad Grebel gehörten anfangs zu den Züricher Anhängern Zwinglis, waren aber, wie auch Wilhelm Reublin in Höngg, Simon Stumpf in Witikon u. a., radikaler gesonnen. Nach dem schon 1523 vollzogenen Bruch mit dem Reforma­ tor setzte man sich – nach Müller (s. u.) hierin beeinflußt durch Thomas Müntzer – mit Zwingli über die „Kindertaufe“ auseinander, die die Radikaleren verwarfen. Nachdem einige Züricher Kinder nicht mehr getauft wurden, gebot der Züricher Rat bei Strafe von Inhaftierung und Verbannung die Kindertaufe und verbot Konventikelversammlun­ gen. Grebel taufte dennoch am 21. Januar 1525 den ehemaligen Prämonstratenser Georg Blaurock, und es kam zu weiteren Gläubigentaufen von Erwachsenen („Wieder­ taufe“, auf die seit 1526 die Todesstrafe stand). Nach Müller, Kirchengeschichte II/1, S.  316 f. 13  Vgl. Zwingli, In Catabaptistarum strophas elenchus [„Widerlegung der Ränke der Wiedertäufer“ vom 31. Juli 1527], in: Huldreich Zwingli’s Werke III, p.  357–437 (aus p.  362 f. zitiert in Übersetzung Füßli, Beyträge I, S.  228–230, Anm.). Zwingli, ebd., p.  362 f., handelt von dem Voluntarismus und der Absonderung der Täufer. 14  Antipädobaptisten, Gegner der Kindertaufe. Zu diesen in Zwinglis Züricher Ge­ meinde und im nahen Umland vgl. oben, Anm.  12. 15  Aus der bei Dexter, Congregationalism, p.  307 f., abgedruckten Eingabe der in den Niederlanden exilierten englischen Brownisten (benannt nach dem Separatisten Robert Browne; Näheres im Glossar, unten, S.  601) zum Regierungsantritt Jakobs I. 1603 geht hervor, daß sie die „true visible Church“ auf Basis des Freiwilligkeitsprinzips sein wollten. „And that therfore no knowne Atheist, vnbelever, Heretique or wicked liver [sic!], be received or reteined a member in the Church of Christ […]“ (unter III., p.  307). Sie wollten ausschließlich „discreet, faithfull, and able men“ aufgenommen wissen (un­ ter IV., p.  307), ebenso die Sakramente „only to the faithfull“ ausgeben, „and Baptisme to their seed or those vnder their government“ (unter X., p.  308). 16  „literas testimoniales idoneas aliunde attulerint“ (lat.), [diejenigen, die] „von an­ derswoher ein geeignetes Empfehlungsschreiben beibrachten“, in Art.  37 des „Direc­ tory of Church Government“, abgedruckt in Pearson, Presbyterianismus, S.  80–95, hier S.  87 (zur Datierung – wahrscheinlich 1584 – vgl. ebd., S.  74–79).

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wegung, trugen sie nach jeder Unterdrückung in neue Gebiete. Es soll nun hier nicht auf die Ausprägungen dieser voluntaristischen innerweltlichen Askese: die alten Täufer, die Mennoniten, die Baptisten, die Quäker, einzeln eingegangen werden und auch nicht erneut dargelegt werden, wie jede asketische Denomination, auch der Calvinismus24) und Metho|dismus, immer wieder in die gleiche

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24)  Die Problematik des aus der Forderung der ecclesia pura logisch folgenden sektiererisch-voluntaristischen Prinzips für die reformierte (calvinistische), das Sektenprinzip ablehnende Kirche tritt in moderner Zeit dogmatisch besonders deutlich hervor bei A[braham] Kuyper (dem bekannten späteren Ministerpräsidenten). Vor allem in seiner abschließenden Programmschrift: Separatie en doleantie (Amsterdam 1890).17 Das Problem gilt ihm als Konsequenz des Fehlens des unfehlbaren Lehramts in der nichtkatholischen Christenheit, welches bedinge, daß der „Körper“ der sichtbaren Kirche nicht das „Corpus Christi“ im Sinn der alten Reformierten sein könne, sondern notwendig nach Raum und Zeit geteilt und mit menschlichen Mängeln behaftet bleiben müsse. Eine sichtbare Kirche entstehe lediglich durch Willensakt der Gläubigen kraft der von Christus ihnen gegebenen Befugnis, und die potestas ecclesiastica liege daher weder bei Christus selbst, noch bei den ministri, sondern nur bei der gläubigen Gemeinde (Anknüpfung an Voët).18 Durch rechtlich freiwilligen Zusammentritt von Gemeinden – der aber eine religiöse Pflicht sei – entstehe die größere Gemeinschaft. Der römische Grundsatz: daß, wer Kirchen|glied sei, dadurch eo ipso auch Ge- BR, C 221 meindeglied seines Wohnortes sei, sei abzulehnen. Die Taufe mache nur zum passiven „membrum incompletum“ und gebe keine Rechte.19 Nicht schon die Taufe, sondern erst „belijdenis en stipulatie“ machen zum aktiven Gemeindemitglied im Rechtssinne, und die Gemeindemitgliedschaft (und nur sie) sei identisch mit der Unterstellung unter die disciplina ecclesiae (wiederum Anknüpfung an Voët).20 Das Kirchenrecht behandle eben die von Menschen geschaffenen, zwar an Gottes Ordnungen gebundenen, aber nicht diese selbst darstellenden Satzungen der sichtbaren Kirche (cf. Voët, Pol[itica] eccles[iastica] Vol. I p.  1 und 11).21 All das sind independentische Abwandlungen des genuinen reformierten Kirchenverfassungsrechts (wie es besonders gut von Rieker dargestellt worden ist)22 im Sinn einer aktiven Mitwirkung der Gemeinde, also: der Laien, bei der Aufnahme. Diese Mitwirkung der ganzen Gemeinde war auch in

17  Weber bezieht sich im folgenden auf Kuyper, Separatie, dort auf den ersten Ab­ schnitt „De geïnstitueerde kerk in haar onstaan, voortbestaan en reformatie“, S.  1–21. Hintergrund ist der Auszug eines Teils der Orthodoxen aus der Hervormde Kerk (nie­ derländische Reformierte Kirche) unter Abraham Kuyper Anfang 1886, die daraufhin eigene Gottesdienste feierten. Aus der Separation ging 1892 die „Gereformeerde Ker­ ken in Nederland“, eine Freikirche, hervor. 18  Vgl. Kuyper, Separatie, S.  9–11, hier mit Anknüpfung an Voet, bei Kuyper, ebd., S.  10 f. 19  Vgl. Kuyper, ebd., S.  14 (inkl. der lat. Bezeichnung nach Voet, dort im Plural). 20  Soweit Kuyper, ebd., S.  13–16, die zitierten Wörter („Bekenntnis und (vertragliche) Übereinkunft“) ebd., S.  15 (vgl. auch S.  13; beide Male hervorgehoben), die Anknüp­ fung mit letztem Gedankengang an Voet, ebd., S.  15 mit Anm.  2. 21  Voet, Politica Ecclesiastica I, p.  1 und p.  11, zitiert auch von Kuyper, ebd., S.  3–5, mit Zitat S.  4. 22  Gemeint ist: Rieker, Grundsätze reformierter Kirchenverfassung.

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Bahn gedrängt wurde: entweder das Konventikel der exemplarischen Christen in der Kirche (Pietismus), oder aber die Gemeinschaft der als tadellos legitimierten kirchlichen Vollbürger als Herrn über die Kirche, der die andern nur als ein passiver, der Neu-England ein immer wieder in stetem Kampf gegen die erfolgreich eindringende r„johnsonistische“, dier Kirchenherrschaft der „ruling elders“ svertretende Richtung festgehaltenes Programms zuerst der brownistischen Independenten.23 Daß nur „regenerates“ aufgenommen werden sollten („von 40 nur Einen“ nach Baillie),24 verstand sich von selbst. Ähnlich im 19. Jahrh[undert] auch die Kirchentheorie der schottischen Independenten (Sack a. a. O.), die auch den besonderen Aufnahmebeschluß fordertent.25 Die Kuypersche Kirchentheorie selbst ist aber im übrigen natürlich nicht „kongregationalistisch“. Die von ihm statuierte religiöse Verpflichtung der Einzelgemeinden, der Gesamtkirche beizutreten und anzugehören, fällt nur dann fort, und die Verpflichtung zur „separatie“26 tritt – da es an einem Ort nur eine rechtmäßige Kirche geben kann – erst dann ein, wenn die „doleantie“:27 der Versuch, durch aktiven Protest und passive Obstruktion die verderbte Gesamtkirche zu bessern (doleeren = protestieren kommt als Terminus schon im 17. Jahrh[undert] vor),28 endgültig nach Erschöpfung

r–r BR: „johnsonistische“  s–s BR: vertretenes entscheidendes (brownistischer) Programm  Satz in BR defekt.   t BR: forderten)   23  Die Johnsonisten (benannt nach Francis Johnson) übertrugen im Gegensatz zu den Brownisten sämtliche Vollmachten und Entscheidungsbefugnisse der Kirchenlei­ tung den sog. „ruling elders“ (drei oder vier Laien). Vgl. Dexter, Congregationalism, p.  325 f., sowie unten, S.  520, Fn.  25 mit Anm.  53; zu beiden Richtungen auch das Glossar, unten, S.  601 und 610. – Zu dem Kampf der Richtungen in Neuengland vgl. Dexter, ebd., p.  423–464. 24  „They will admitt of none to be members of their congregations of whose true grace and regeneration they have no good evidences. By this means they would keep out all the Christian church, fourty for one of the members of the best Reformed churches.“ In dem Zitat äußert sich der schottische Presbyterianer und Teilnehmer der WestminsterSynode Robert Baillie über die Besonderheiten der Independenten (1644), vgl. Baillie, Letters and Journals II, p.  254; zitiert bei Dexter, Congregationalism, p.  460. 25 Die schottischen Independenten (Kongregationalisten) nahmen neue Mitglieder nur auf, nachdem Einwände ausgeräumt waren und die gesamte Gemeinde zuge­ stimmt hatte. Vgl. Sack, Kirche von Schottland I (zitiert von Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  265, Fn.  91), S.  276. 26  separatie (ndl.), Trennung, Separation. 27  doleantie (ndl.), Klage, Beschwerde. 28  Ndl. doleeren (heute: doleren), „leiden“, „klagen“, „sich beklagen“, außerdem für die „dolerende kerk“ (seit 1886) gebraucht. – Zwischen 1610 und 1618 wurden die Kontraremonstranten, die sich von der offiziellen, in dieser Zeit von den Remonstran­ ten dominierten Kirche, insbesondere nach 1614, separierten und eigene Gottesdien­ ste oder Konventikel abhielten und dabei verfolgt wurden, als „doleerenden“ bezeich­ net. Vgl. Nuyens, Geschiedenis I, p.   211. Zum Begriff vgl. Woordenboek der Nederlandsche Taal, drede deel, hg. von J. A. N. Knuttel. – ’s-Gravenhage, Leiden:

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Zucht unterworfener Stand von Minderchristen angehören (Independentismus). Der äußere und innere Konflikt der beiden Strukturprinzipien: „Kirche“ als uGnadenanstalt oder „Sekte“u als Verein der religiös Qualifizierten, geht im Protestantismus durch die Jahrhunderte von Zwingli bis zu Kuyper und Stöcker.29 Hier aber wollen wir lediglich die für die Beeinflussung der Lebensführung praktisch wichtigen Konsequenzen des voluntaristischen Prinzips | uns vor Augen führen. Wir erinnern uns nur noch: daß der entscheidende Gedanke der Reinhaltung des Abendmahls – dessen zentrale soziale Bedeutung für die christlichen Gemeinschaften darin hervortritt – von der Teilnahme Unheiliger zwar auch in den nicht die Konsequenz der Sektenbildung ziehenden Denominationen, besonders bei den prädestinatianischen Puritanern, zu einer Art der Behandlung der Kirchenzucht führte, welche im Effekt der Zucht der Sekten nahe kam25), daß er aber bei den | Sekten selbst

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aller Mittel vergeblich geblieben ist und der Gewalt gewichen werden muß. Dann freilich ist, da es in der Kirche „Untertanen“ nicht gibt, sondern die Gläubigen als solche ein gottgegebenes Amt verwalten, die selbständige Konstituierung Pflicht. Denn: Revolutionen können Pflicht gegen Gott sein (Kuyper, De conflict gekomen S.  30/1).30 – Auch Kuyper steht (wie Voët) auf dem alten independentischen Standpunkt: daß nur die am Abendmahl kraft Zulassung Beteiligten Vollglieder der Kirche sind und nur sie imstande sind, für ihre Kinder in der Taufe die Bürgschaft zu übernehmen:31 Gläubig im geistlichen Sinn ist der innerlich Bekehrte, im rechtlichen Sinn nur der zum Abendmahl Zugelassene. | 25)  Auch für Kuyper (Dreigend conflict, 1886) ist die Grundvoraussetzung: daß es B , C 222 R Sünde sei, das Abendmahl nicht von Ungläubigen rein zu erhalten (S.  41; Berufung auf 1. Kor 11, 26. 27. 29; 1. Tim. 5, 22; Apoc. 18, 4).32 Zwar über den Gnadenstand „vor Gott“ habe die Kirche – im Gegensatz zu den „Labadisten“ (radikalen Pietisten) – nie geur-

u–u BR, C: Gnadenanstalt, oder „Sekte“,   Martinus Nijhoff, A. W. Sijthoff 1916, Sp.  2765 f., auch dort heißt es: „Het woord werd ontleend aan de geschiedenis der Remonstrantsche en Contraremonstrantsche twi­ sten“ (Sp.  2766). 29  Zum Konflikt zwischen Zwingli und den Täufern in Zürich vgl. oben, S.  513 f. mit Fn.  23, zu Kuypers Separation oben, S.  515–517, Fn.  24. Der sozialkonservative preu­ ßische Kirchenpolitiker Adolf Stoecker strebte eine „Rechristianisierung“ der Gesell­ schaft durch Stärkung ihrer „Volkskirchlichkeit“ an. Dabei avisierte er eine dem Staat gegenüber selbständige, presbyterial-synodal verfaßte Kirche. 30  Vgl. Kuyper, Het conflict gekomen I, S.  30 f., wörtlich S.  30 (auch S.  29). 31  Vgl. hierzu Kuyper, Separatie, S.  17 (mit Bezug auf Voet). 32  Vgl. die Abendmahlsauffassung Kuypers im Kontext der Vorgänge in Amsterdam 1885/Anfang 1886 (unten, S.  526–528, Fn.  37): Kuyper, Dreigend conflict, S.  40–43, die Begründung dort mit Hilfe der auch von Weber zitierten Bibelstellen ebd., S.  41 f.

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teilt.33 Aber für die Zulassung zum Abendmahl entscheide nur Glaube und Wandel. Die Verhandlungen der niederländischen Synoden des 16. und 17. Jahrhunderts sind angefüllt mit Erörterungen der Vorbedingungen der Zulassung zum Abendmahl: Südholl[ändische] Syn[ode] v[on] 1574:34 keine Verabreichung des Abendmahls da, wo keine organisierte Gemeinde besteht, deren Älteste und Diakone Sorge tragen, daß kein Unwürdiger zugelassen wird; Synode von Rotterdam 1575:35 Nichtzulassung aller derer, die ein offenbar ärgerliches Leben führen (die Zulassung erfolgte durch die Äl­ testen der Gemeinde, nicht einseitig durch den Prediger, und fast stets ist es die Ge­ meinde, welche – oft gegen die laxere Behandlung durch den Prediger – solche Bedenken erhebt: vgl. z. B. den Fall bei Reitsma II S.  231);36 Frage, ob ein Mann, der eine Anabaptistin zur Frau hat, zum Abendmahl zugelassen werden dürfe: Syn[ode] zu Leiden 1619 Art.  114;37 ob der Knecht eines „Lombarden“ zuzulassen sei Prov[inzial-]a Syn[ode] zu Deventer 1598b Art.  24;38 ob „Bankrotteure“ (Syn[ode] v[on] Alkmaar 1599 Art.  11, das. von 1605 Art.  28)39 und Leute, die einen Akkord geschlossen haben (Nordholl[ändische] Syn[ode] v[on] Enkhuizen 1618 Grav[amina] Class[is] Amstel[o­ damensis] Nr.  12c)[,]40 zuzulassen sind. Die letztere Frage wird bejaht für den Fall, daß das Konsistorium das Vermögensverzeichnis ausreichend und den dabei gemachten Vorbehalt von Nahrung und Kleidung für den Schuldner selbst und die Familie angemessen findet, insbesondere aber dann, wenn die Gläubiger erklären, mit dem Akkord zufrieden zu sein, und er ein Schuldbekenntnis ablegt.41 Über die Nichtzulassung von

a BR:   b BR, C: 1595  c BR, C: 16   33 Weber übernimmt diese Entgegensetzung von Kuyper, Dreigend conflict, S.  40. Jean de Labadie wollte nur die Gemeinschaft der Wiedergeborenen als Kirche an­ erkennen. Er organisierte für seine Anhänger Haus- und Gütergemeinschaften; vgl. Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  331, Fn.  173 mit Anm.  50, und S.  347, Anm.  17. 34  Weber referiert Acta des sijnodi provincialis von 1574, bei Reitsma, Acta II, S.  138, [Art.] 68. 35  Synode von Rotterdam 1575, bei Reitsma, ebd., S.  164, unter der Überschrift „Van ouderlingen oft kerckenregierders“. 36 Die Synode zu ’s-Gravenhage (Den Haag) 1583 entschied (vgl. Reitsma, ebd., S.  231): „[…] dat den dienare des woordts niet toe en staet den man, die zijner huijsvrouwe bastaertsuster heeft, ten avondtmael toe te laten […].“ 37  Synode zu Leiden 1619, bei Reitsma, Acta III, S.  402, Art.  114 „Casus van een, die versoeckt ten avondtmael te gaen, wiens kinderen onghedoopt zijn.“ Beschrieben wird der Fall eines Gemeindemitglieds, dessen Frau „Wederdoops gesint“ ist. (In der Antwort heißt es, er solle unter dem Versprechen, seine Kinder bei Gelegenheit taufen zu lassen, zugelassen werden.) 38 Die Frage wird auf der Synode zu Deventer 1598, bei Reitsma, Acta V, S.  246, [Art.] 24, verneint. 39 Synode zu Alkmaar 1599, bei Reitsma, Acta I, S.  273, unter den „Gravamina“ [Art.] XI; zu Alkmaar 1605, ebd., S.  380, [Art.] 28. 40  Synode zu Enkhuizen 1618, bei Reitsma, Acta II, aus den Gravamina classis Am­ stelodamensis, S.  24, [Art.] XII. 41  Der besondere Fall bei Reitsma, ebd., S.  23 f., [Art.] XI.

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gerade in der ersten Zeit ihres Enststehens unmittelbar ausschlag„Lombardierern“d s. frühere 42. Ausschluß von Ehegatten bei Unverträglichkeit: Reitsma III S.  93f,43 Erfordernis der Versöhnung der Prozeßgegner vor der Zulassung, Fernhaltung so lange der Streit dauert, bedingte Zulassung eines im Injurienprozeß Unterlegenen, der appelliert hat[,] das. III S.  176.44 – Den Ausschluß vom Abendmahl in Ermangelung eines befriedigenden Ergebnisses der Prüfung der Würdigkeit (aber damals noch: durch den Seelsorger, nicht: die Gemeinde) hatte Calvin wohl zuerst in der Straßburger französischen Emigrantengemeinde durchgesetzt.45 Die Exkommunika­ tion hätte nach seiner genuinen Lehre (Inst[itutio] Chr[istianae] Rel[igionis] IV. c. 12 s.g 4, wo sie als Promulgation der göttlichen Sentenz bezeichnet wird) rechtmäßig eigentlich nur über Reprobierte verhängt werden sollen, wird aber (s. 5 das.) doch auch als Mittel der „Besserung“ behandelt.46 In Amerika ist förmliche Exkommunikation heute bei den Baptisten mindestens in den großen Städten sehr selten und wird in der Praxis durch „dropping“: einfaches stillschweigendes Streichen, ersetzt.47 Immer waren bei den Sekten und Independenten die Laien die typischen Träger der Kirchenzucht, während die ursprünglich calvinistisch-|presbyterianische Kirchenzucht eine BR, C 223 ausgesprochen planvolle Herrschaft über Staat und Kirche erstrebte. Immerhin zog schon das „Directory“ der englischen Presbyterianer von 1584 (hAnm.  23 S.  513 f.h) die Laienältesten in gleicher Zahl wie die Geistlichen zur classis und den oberen Instanzen des Kirchenregiments zu.48   Verschieden aber war dabei zuweilen die Stellung der Ältesten und der Gemeinde zueinander geregelt. Wie das (presbyterianische) Lange Parlament 1645 die Ausschließung vom Lord’si Supper in die Hand der (Laien-)Ältesten legte,49 so die „Cambridge

d BR: „Lombardianern“    e BR: S.   Anm.       f BR, C: 91    g BR, C: S.   h–h BR: Anm.   S.     i BR, C: Lords   42  Siehe Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  415 f., Fn.  286. 43  Vgl. Reitsma, Acta III, S.  93 (Synode zu Schoonhoven 1597), [Art.] 42: Nach Unter­ suchung des Kirchenrats soll der am Unfrieden Schuldige ausgeschlossen, der ver­ söhnliche Ehegatte zugelassen werden. 44 Vgl. Reitsma, ebd., S.  175 f. (Synode zu Gouda 1601), unter [Art.] XLV. „Casus, roerende het toelaten eens beschuldichdens tot den avontmale“. 45  Weber entnimmt dies Kampschulte, Calvin I, S.  323 f. (Calvin wirkte 1538 bis 1541 als Prediger und Seelsorger der französischen Emigrantengemeinde in Straßburg und führte dort die Kirchenzucht ein). 46 Weber folgt den Formulierungen und dem Bezug auf Calvins „Institutio“ (Inst. IV,12,4 und 5) bei Kampschulte, Calvin I, S.  267, Anm.  4. 47  Vermutlich erfuhr Weber dies auf seiner USA-Reise 1904; in seinen Briefen berich­ tet er darüber allerdings nicht. 48  Laut dem bei Pearson, Presbyterianismus, wiedergegebenen „Directory of Church Government“, [Art.] 73, 80 und 85, ebd., S.  93–95. 49  Das Parlament beschloß 1645, „that the right of exclusion from participation in the Lord’s Supper should rest, as the Assembly had desired, in the eldership – that is to say, in the lay elders combined with the minister“. Gardiner, Samuel R., History of the Great Civil War 1642–1649, vol. II: 1644–1647. – London: Longmans, Green, and Co. 1889 (hinfort: Gardiner, Civil War II), p.  368 („Assembly“ bezieht sich auf die Westmin­ ster Assembly).

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gebend war26). Gleich der erste konsequente Voluntarist, Browne, Platform“ um 1647 in Neu-England.50 Die schottischen Independenten aber pflegten noch Mitte des 19. Jahrh[underts] Anzeige wegen schlechten Lebenswandels an eine Kommission zu leiten, auf deren Bericht hin die ganze Gemeinde über den Ausschluß beschloß, entsprechend der strengeren Auffassung der solidarischen Verantwortung aller einzelnen.51 Dies entsprach durchaus dem schon oben zitierten brownistischen, an König Jakob I. 1603 eingereichten Bekenntnis (Dexter a. a. O. S.  308),52 während die „Johnsonisten“ die Souveränität der (gewählten) elders als biblisch ansahen, die auch entgegen dem Gemeindebeschluß sollten exkommunizieren können (Anlaß der Sezession Ainsworths).53 Über die entsprechenden Verhältnisse bei den frühenglischen Presbyterianern s. die in jAnm.  19 S.  510 f.j a[m] E[nde] zitierte Literatur und die in kAnm.  23 S.  513 f.k zit[ierte] Dissertation von Pearson.54 26)  Den gleichen Grundsatz vertraten übrigens auch die niederländischen Pietisten. Lodensteynl z. B. stand auf dem Standpunkt, daß man mit Nichtwiedergeborenen, und das sind bei ihm ausdrücklich: solche, die nicht die Zeichen der Wiedergeburt an sich

j–j BR: Anm.   S.     k–k BR: Anm.   S.     l BR, C: Lodensteijn   50  Vgl. die Cambridge Platform (die Synode der neuenglischen Kongregationalisten zu Cambridge, MA, fand 1648 statt), Chap. VII. „Of Ruling Elders, and Deacons“. Zu den Aufgaben der Ruling Elders gehört es (ebd., 2.): „I. To open and shut the dores of Gods house, by the Admission of members approved by the Church; […] by excommunication of notorious and obstinate offenders renounced by the Church: and by restoring of penitents […]“ (nach der von Weber unten S.  538, Fn.  58, zitierten Ausg.: Cambridge Platform, 1653, p.  9; zitiert bei Dexter, Congregationalism, p.  439). 51  Vgl. Sack, Kirche von Schottland I, S.  276. 52  Zur brownistischen Eingabe siehe oben, S.  514, Fn.  23 mit Anm.  15. Weber bezieht sich hier auf [Art.] VIII. „That all particular Churches ought to be so constituted, as having their owne peculiar Officers, the whole body of every Church may meet to­ geather in one place, and iointly performe their duties to God and one towards an­ other. And that the censures of admonition and excommunication be in due maner executed […].“ Dexter, Congregationalism, p.  308. 53  Francis Johnson hatte mit seiner Vorstellung vom Ältestenamt in der Amsterdamer Gemeinde englischer Exulanten die Mehrheit hinter sich: Die Gemeinde tritt mit der Wahl der Laienältesten sämtliche Rechte, Pflichten und Verantwortlichkeiten der Kir­ chenleitung an diese ab. Besonders umstritten war, daß diese auch gegen den Willen der Gemeinde(-Mehrheit) sollten exkommunizieren dürfen: „[…] the Elders had the power of excommunicating church members, without, and even against, the consent of the body“ (Dexter, Congregationalism, p.  326). Henry Ainsworth dagegen lehnte eine so weitreichende Übertragung der Rechte und Aufgaben der Gemeinde an die Ältesten ab: „[…] the power to receiue in or to cut off any member, is giuen to the whole bodie together or euery Christian Congregation“ (Dexter, ebd., p.  336), weshalb er Ende 1610 mit seiner Anhängerschaft aus der Amsterdamer „Ancient Church“ aus­ schied. Vgl. Dexter, ebd., p.  324–332. 54  Gemeint ist: Pearson, Presbyterianismus.

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hebt in seinem Treatise of Reformation without tarying for anie (vermutlich 1582) als Hauptmotiv für die Ablehnung des Episkopalismus und Presbyterianismus den Zwang zur Abendmahlsgemeinschaft mit „wicked men“ hervor27). In der presbyterianischen Kirche bemühte man sich vergeblich, mit dem Problem fertig zu werden. Schon unter Elisabeth (Konferenz von Wandsworth)55 war tragen, nicht kommunizieren dürfe,56 ja er ging soweit, zu widerraten, daß man mit Kindern zusammen das Vaterunser bete, da sie doch noch nicht „Kinder Gottes“ geworden seien.57 Noch Köhler fand in den Niederlanden gelegentlich die Ansicht vertreten: der Wiedergeborene sündige überhaupt nicht.58 Calvinistische Orthodoxie und erstaunliche Bibelfestigkeit warenm gerade in den kleinbürgerlichen Massen vertreten. Gerade die Orthodoxie war es auch hier, welche – der theologischen Bildung mißtrauend – noch gegenüber dem 1852er Kirchenreglement (neben dem Fehlen einer hinlänglich strengen „Censura morum“) die zu geringe Vertretung von Laien in der Synode beklagte,59 – was damals gewiß keiner lutherisch orthodoxen Kirchenpartei in Deutschland eingefallen wäre. 27)  Zitiert bei Dexter, Congregat[ionalism] of the last three hundred years as seen in its litt[erature] (New York 1880) p.  97.60

m BR, C: war   55  Die Konferenz von Wandsworth ist eine der ersten unabhängigen frühpresbyteria­ nischen Versammlungen. Sie fand Ende 1572 statt; vgl. Brown, John, English Puritans, p.  88 f.; Pearson, Presbyterianismus, S.  8–10. Dort wurden elf Älteste gewählt und eine Ordnung ausgearbeitet. Nach Brown und Pearson ging es bei diesem „presbytery“ nicht um separatistische Bestrebungen. Man wollte grundsätzlich in der Staatskirche verbleiben. (Mißverständlich bei Neal, Puritans I, p.  243 f.: Er spricht von „the first pres­ byterian church in England“, p.  244.) 56  Vgl. Heppe, Pietismus, S.  197–199 (Jodocus van Lodenstein nahm selbst, um nicht mit „Unreinen“ Abendmahl feiern zu müssen, seit 1665 an diesem nicht mehr teil); vgl. auch Ritschl, Pietismus I, S.  184. 57  Vermutlich entnimmt Weber dies einer Predigt Lodensteins in: ders. u. a., Het ver­ valle Christendom […]. – Utrecht: Justus van Stuyvezant 1711, S.  347–351; zitiert auch von Proost, Pieter Jzn., Jodocus van Lodenstein. Academisch proefschrift […]. – Am­ sterdam: J. Brandt en Zoon 1880, S.  155–157. 58  Vgl. Köhler, Niederländische Kirche (zitiert in Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  264, Fn.  91), S.  111. 59  Vgl. Köhler, ebd., S.  97 f., die lateinische Bezeichnung für die altreformierte Kir­ chenzucht S.  98. 60 Dexter, Congregationalism, p.  97, zitiert allerdings einen Abschnitt aus Robert Brownes „True and Short Declaration“ (1582), in dem dieser sich gegen jegliche „wickedness“ in der Kirche ausläßt. Zum Zitat verweist Dexter ebd., Anm.  148, auf die (inhaltlich parallelen) Schlußsätze von Browne, Treatise of Reformation, sein im Middelburger Exil 1582 verfaßtes Manifest (vgl. Browne, Treatise of Reformation, Ab­ schnitt „Of their wicked answer, that they can not remedie things, an therefore they will tolerate“).

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dies der entscheidende Punkt28). Die Frage, wer vom Abendmahl ausschließen dürfe, spielte dann im eng|lischen Revolutionsparlament immer erneut eine Rolle. Zuerst (1645) sollten minister und elders (also: Laien) darüber frei verfügen.61 Dabei versuchte das Parlament, die Fälle, in denen der Ausschluß zulässig sein sollte, festzustellen und alle anderen an den Konsens des Parlamentsn zu knüpfen: – ein „Erastianismus“, gegen den die Westminster-Versammlung scharf protestierte.62 Die Partei der Independenten zeichnete sich dadurch aus, daß sie außer ortsansässigen und als religiös vollwertig anerkannten Gemeindemitgliedern nur Personen mit Ausweisen (tickets) zur Kommunion zuließ; Auswärtigen wurden tickets nur bei Empfehlung durch Qualifizierte verabfolgt. Die beim Umzug in andre Orte und für Reisen ausgestellten Qualifikationszeugnisse (letters of recommendationo) gehören ebenfalls schon dem 17. Jahrhundert an29). Innerhalb der offiziellen Kir-

28)  Die 39 Artikel der Kirche von England wollten (mit Vorbehalten bezüglich der – hier nicht interessierenden – Art.  34–36) die englischen Presbyterianer unter Elisa­ beth anerkennen.63 | 29)  Für die Zulassung von Nichtmitgliedern der lokalen Baptistengemeinde zum BR, C 224 Abendmahl waren im 17. Jahrhundert bei auswärtigen Baptisten letters of recommendationp nötig; Nichtbaptisten konnten nur nach Prüfung und Beschluß der Gemeinde zugelassen werden (Anhang zur Ausgabe der Hanserd Knollys Confession von 1689, West Chesterq Pa. 1827r).64 Für den Qualifizierten bestand auch bei ihnen dogmati-

n In BR folgt: (!)    o BR, C: recommandation    p BR, C: recommandation   q BR, C: Church  r BR, C: 1817   61  Vgl. oben, S.  519, Fn.  25 mit Anm.  49. 62  Auch Gardiner, Civil War II (wie oben, S.  519, Anm.  49), spricht in diesem Zusam­ menhang von einem „Erastian“ Presbyterianismus (p.  367; zu „Erastianismus“ vgl. das Glossar, unten, S.  522). 63  Über die Anerkennung der „Articles of Religion“ durch die frühen Presbyterianer vgl. Pearson, Presbyterianismus, S.  51 f. (Bei Art.  34–36 handelt es sich um: „Of the Traditions of the Church“, „Of the Homilies“ und „Of Consecration of Bishops and Mi­ nisters“.) 64  Gemeint ist der Anhang „A short Treatise concerning a true and orderly Gospel Church“ (über die Kirchendisziplin; p.  77–108) zu: Confession of Faith, West-Chester, PA, 1827 (von Weber zitiert unten, S.  539, Fn.  60; es handelt sich um die amerikanischbaptistische Philadelphia Confession of Faith (1742), eine um zwei Artikel erweiterte Fassung der Hanserd Knollys Confession von 1689/90; eine Ausgabe von 1817 ließ sich nicht ermitteln), darin „Of the Admission of Church Members“, p.  83–91, speziell über die „letters of recommendation“, p.  87 f.: „(1) […] but from those a church hath no knowledge of, a testimonial letter is necessary […]. (2) Those whose residence is re­ moved […] are, upon their request made to the church whereof such are members, to be dismissed, and to have a letter [of recommendation; Ed.] from that church they are

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che versuchten Baxters Konventikel (Associations), die 1657 in 16 counties eingeführt waren, sich als eine Art freiwilliger Zensurbehörde zu etablieren, die dem Pfarrer bei der Feststellung der Qualifikation und dem Ausschluß von „scandalous persons“ vom Abendmahl zur Seite stehen wollte30). Ähnliches hatten schon die „5 dissenting brethren“ der Westminster-Versammlungs – in Holland gewesenet Refugiés aus den oberen Klassen – mit ihrem Vorschlag bezweckt, neben der parish voluntaristische Kongregationen zu gestatten und auch ihnen das Wahlrecht zur Synode zu geben.65 In Neu-England ist die ganze Kirchengeschichte mit Kämpfen um die Frage: wer zu den Sakramenten (auch z. B. als Pate) zuzulassen sei, ob die Kinder der nicht Zugelassenen getauft werden dürfen31) und unter welchen | Kautelen und dergleichen, ausgefüllt. Die scher Abendmahlszwang: sich einer gültig konstituierten Gemeinde seines Wohnorts nicht anzuschließen war Schisma. Bezüglich der pflichtmäßigen Gemeinschaft mit andern Gemeinden war der Standpunkt zwar ähnlich wie bei Kuyper (s. o. uAnm.  24 S.  515–517u); jedoch wurde jegliche Jurisdiktion über der einzelnen Kirche abgelehnt. Über die litterae testimoniales bei den Covenanters und frühenglischen Presbyterianern s. oben vAnm.  23 S.  514 f.v und in dera bAnm.  19 f. S.  510 f.b zit[ierten] Literatur.66 30)  Shaw: Church Hist[ory] under the Commonwealth II, 152–165; Gardiner Commonwealth III, p.  231.67 31)  Hiergegen protestiert schon die Eingabe der Brownisten an König Jakob I. von 1603.68 | s Bindestrich fehlt in BR, C.    t BR, C: gewesenen    u–u BR: Anm.   S.     v–v BR: Anm.   S.     a  In BR folgt: aus  b–b BR: Anm.   S.     members of, subscribed by the officers and members, and directed to the church that the person is dismissed unto […]“. 65  Der Ende 1644 eingereichte Vorschlag der „dissenting brethren“ wurde vom House of Commons zugunsten des presbyterianischen Parochialsystems abgelehnt; vgl. Gar­ diner, Civil War II (wie oben, S.  519, Anm.  49), p.  51 f. – Bei den fünf von Weber unten, S.  531, Fn.  42, als „independentisch“ charakterisierten „dissenting breth­ren“ handelt es sich um fünf Universitätsgelehrte, die unter Erzbischof William Lauds Verfolgung der Puritaner nach Holland geflohen waren und die in der Westminster Assembly ge­ genüber den Separatisten (Brownisten) und den Presbyterianern einen Mittelweg ver­ traten. Vgl. Gardiner, Samuel R., History of the Great Civil War 1642–1649, vol. I: 1642– 1644. – London: Longmans, Green, and Co. 1886 (hinfort: Gardiner, Civil War I), p.  306 f. 66 Zu den „Empfehlungsschreiben“ im frühen englischen Presbyterianismus vgl. oben, S.  514, Fn.  23 mit Anm.  16. 67  Gemeint ist: Shaw, A History of the English Church during the Civil Wars and under the Commonwealth II, p.  152–165. Mit dem Zitat „scandalous persons“ nach Gardiner, Commonwealth III, p.  231, der seinerseits auf Shaw (ebd.) verweist (bei Shaw und Gardiner: 14 counties). 68  In der Eingabe der Brownisten: [Art.] X., zitiert oben, S.  514, Fn.  23, Anm.  15.

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Schwierigkeit lag ja darin: daß einmal nur der Würdige das Abendmahl empfangen durfte, dieser aber es auch empfangen mußte32), beim Zweifel an der eigenen Würdigkeit also die Fernhaltung nicht sündlos machte33), und daß andererseits die Gemeinde für die Reinhaltung des Abendmahls von Unwürdigen, insbesondere Reprobierten34)[,] Gott gegenüber solidarisch haftete. Vor allem BR, C 225

32)  Diesen Grundsatz sprachen z. B. Entschließungen wie die der Synode zu Edam 1585 (in der Sammlung von Reitsma S.  139) aus.69 33)  Die Abendmahlsscheu zweifelnder Gemeindeglieder (wegen des 25. Artikels der Ch[urch] of E[ngland]) ist bei Baxter, Christianc Dir[ectory] II p.  108 eingehend erörtert.70 34)  Wie sehr die Prädestinationslehre auch hier den reinsten Typus darstellt und wie groß ihre sehr zu Unrecht immer wieder angezweifelte praktische Bedeutung war, zeigt nichts so deutlich wie der erbitterte Streit darüber: ob die Kinder von – nach Ausweis ihres Lebenswandels – Reprobierten zur Taufe zugelassen werden dürften. Drei von den vier Amsterdamer Refugiésgemeinden (Anfang des 17. Jahrhunderts) waren dafür;71 aber in Neu-England kam erst der „Half-Way-Covenant“ von 1657 darin entgegen.72 Für Holland s. auch dAnm.  517–519 S.  25d.

c BR, C: Eccles.  d–d BR: Anm.   S.     69 Gemeint ist sehr wahrscheinlich die Synode zu Edam 1598 (nicht: 1585), vgl. Reitsma, Acta I, S.  254 (nicht: S.  139), Art.  13: „[…] hetwelc is van eenen volwassen manspersoon, dewelcke op syn belydenisse ende belofte van eenen vromen, godtsa­ ligen wandel gedoopt is sonder nochtans sick tottet gebruyck des h[eyligen] avont­ mael te begeven, is besloten, dat de respective kercken sulck eenen met ernst in het bysondere van syne schuldige pflicht vermanen sullen ende by occasie sulcke son­ den in het gemeyn van den predicstoel bestraffen“. 70  Vgl. Baxter, Christian Directory II (chap. XXIV. „Brief Directions for Families, about the Sacrament of the Body and Blood of Christ“, p.  105–114, Dir. 4, aus der Antwort auf Frage 6), p.  108: Manche meiden das Abendmahl, „because if they should receive it while they are perswaded of their utter unworthiness, they would be swallowed up of desperation, and think that they had taken their own damnation, (as the Twenty fifth Article of the Church of England saith, the unworthy receivers do.)“. (Im 25. der 39 Articles of Religion, „Of the Sacraments“, wird zwischen einem würdigen und einem unwürdigen Gebrauch der Sakramente unterschieden; letzteres nach 1 Kor 11 (27 und) 29 [1892]: „Denn welcher unwürdig isset und trinket, der isset und trinket ihm selber zum Gericht […].“) 71  Ließ sich in dieser Formulierung nicht nachweisen. Nach Barclay, Inner Life, p.  99, zerfiel die Amsterdamer „Ancient Church“ der englischen Exulanten Anfang des 17. Jahrhunderts in vier selbständige Gemeinden: diejenige von Henry Ainsworth, John Robinson (in Leiden), Francis Johnson und diejenige von John Smyth. Mögli­ cherweise gibt Weber Barclays Formulierung einen anderen Akzent (ebd., p.  99 f.): „In the three first mentioned Churches no infants were to be baptised and received, but such as were ‘the seed of the faithful by one of the parents, or under their education and government.’“ (Zitat nach dem Bekenntnis der Amsterdamer Kirche von 1596, Art.  35.) John Smyth lehnte die Kindertaufe grundsätzlich ab und stritt über diesen Punkt mit Robinson und Ainsworth (ebd., p.  68 f.). 72  Vgl. dazu bereits oben, S.  509, Fn.  18 mit Anm.  69.

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also haftete sie für die Spendung durch einen würdigen, d. h. in der Gnade stehenden, minister. Damit tauchten uralte Kirchenverfassungsprobleme wieder empor. Vergebens versuchte Baxters Kompromißvorschlag: daß wenigstens im Notfall auch der Empfang durch einen unwürdigen, d. h. im Wandel anfechtbaren, minister zulässig sein sollte35), zu vermitteln: das alte donatistische Prinzip des persönlichen Charisma73 und das in der katholischen Kirche durch den Character indelebilis des Priesters74 radikal etablierte, aber auch die offiziellen Reformationskirchen beherrschernde Prinzip der Anstaltsgnade stießen unbarmherzig aufeinander36), A. a. O. II p.  110.75 Anfang des 17. Jahrhunderts erregte das Verbot der Konventikel (Slijk­ geuzen) in Holland einen allgemeinen Kulturkampf.76 Mit furchtbarer Schärfe (1593 mit Androhung von Todesstrafe) ging Elisabeth gegen die Konventikel vor.77 Der anti­ 35) 

36)  Schon

73  Die Donatisten (4./5. Jahrhundert n.Chr.) forderten für ihren Bischof oder Priester „auch in seinem Wandel, in seiner Persönlichkeit eine Verkörperung voller religiöser Qualifikation“ (von Weber hier mit dem „Charisma“-Konzept verbunden). Die sich da­ mals herausbildende „offizielle“ römische Kirche betonte dagegen den Amtscharakter des Episkopats, dem gegenüber die persönliche oder religiöse Qualität des Amtsträ­ gers zurücktritt. Vgl. Weber, Diskussionsbeiträge zu Troeltsch, Stoisch-christliches Naturrecht, MWG I/9, Zitat S.  748; Harnack, Adolf, Lehrbuch der Dogmengeschichte, 3.  Band, 4. neu durchgearb. und vermehrte Aufl. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Sie­ beck) 1910, S.  41. 74  Das dem Priester mit seiner Weihe verliehene „untilgbare [geistliche] Prägemal“ (lat.). Näheres im Glossar, unten, S.  601. 75  Vgl. Baxter, Christian Directory II, p.  110 (wie oben, Anm.  70; Dir. 6, aus der Ant­ wort auf Frage 1: „May we lawfully receive this Sacrament from an ungodly and unworthy Minister? “). Wenn man die Wahl habe, sei es Sünde, es von „Ministers of scanda­ lous vicious lives“ zu empfangen, „[b]ut in case of necessity imposed on you by others, it is lawful and your duty“. 76  Slijkgeuzen (ndl. slijk, „Schlamm“, „Schlick“, „Dreck“; ndl. geuzen, „Geusen“ sind die niederländischen Freiheitskämpfer während des Achtzigjährigen Kriegs), Schimpf­ wort für die Kontraremonstranten, die – obgleich in der Mehrheit – unter Johan van Oldenbarnevelt die unterlegene Partei waren, den offiziellen Gottesdienstbesuch mit remonstrantischen Predigten verweigerten und zu den abgesetzten kontraremonstran­ tischen Predigern aufs Land gingen (der Weg dahin soll schlammig gewesen sein), um sich in Privathäusern oder „Scheuern“ zu versammeln. Vgl. Nuyens, Geschiedenis I, S.  209; Groen van Prinsterer, Handboek, S.  204 ([§]  256). – Diese Art der Konventikel­ bildung wurde wiederholt verboten (z. B. explizit mit dem Plakat von Schieland, 21. Juni 1616, oder durch den Utrechter Magistrat am 31. März 1617) und die Teilneh­ mer der Konventikel verfolgt. Die Praxis erregte großes Aufsehen und soll letztlich die Einschaltung von Moritz von Oranien in den Konflikt bewirkt haben. Vgl. Groen van Prinsterer, ebd., S.  201 ff. 77 Vgl. Pearson, Presbyterianismus, S.  44. Elisabeth erhob 1593 die „Conventicle Act“ zum Gesetz, das für die Presbyterianer entweder Hinrichtung oder Verbannung (zumeist nach Holland) bedeutete.

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wie in den Zeiten des Frühchristentums. Hierauf: auf der religiösen Verantwortlichkeit der Gemeinde für die Würdigkeit sowohl des minister wie der Abendmahlsgenossen beruhte der kompromißlose Radikalismus der independentischen | Gedankenwelt. Und dabei ist es im Prinzip geblieben. Bekanntlich ist noch in den letzten Jahrzehnten das Kuypersche Schisma in Holland mit seinen weittragenden politischen Folgen dadurch entstanden:78 daß, entgegen den Ansprüchen des synodalen Kirchenregiments der Hervormdee Kerk der Nederlanden, die Gemeindeältesten einer Kirche in Amsterdam: – Laien, mit dem späteren Ministerpräsidenten Kuyper, der auch ein einfacher Laienältester war, an der Spitze – sich weigerten, die Konfirmationsscheine auswärtiger, von ihrem Standpunkt aus unwürdiger oder ungläubiger, Prediger für die Zulassung zum Abendmahl als zulänglich anzuerkennen37). Im

autoritäre Charakter der asketischen Religiosität foder in diesem Fall richtiger: das Konkurrenzverhältnis der geistlichen gegen die weltliche Autorität (Cartwright hatte ausdrücklich die Zulässigkeit der Exkommunikation auch gegen die Fürsten verlangt)79 war der Grund.f In der Tat mußte das Beispiel Schottlands, des klassischen Bodens presbyterianischer Kirchenzucht und klerikaler Herrschaft gegen den König,g abschreckend wirken.80 | 37)  Liberale Amsterdamer Bürger hatten ihre Kinder, um dem Glaubensdruck der BR, C 226 orthodoxen Prediger zu entgehen, zu liberalen Predigern in Nachbargemeinden zum

e BR, C: Herformde  f–f BR: war in diesem Fall […] der geistlichen zog die weltliche Autorität […] in den Grund. Satz in BR defekt.   g  Komma fehlt in BR.   78  Das (hier von Weber nach Abraham Kuyper benannte) Schisma betraf den ortho­ doxen niederländischen Protestantismus und hatte seine politische Parallele in dem Kampf der von Kuyper 1879 gegründeten „Antirevolutionären Partei“ gegen die Libe­ ralen. Die im Januar 1886 durch die Classis suspendierten 80 Mitglieder des Amster­ damer Kirchenrats der Hervormde Kerk (niederländische Reformierte Kirche; den An­ laß schildert Weber im Folgenden sowie oben und unten, Fn.  37) feierten daraufhin als „dolerenden“ eigene Gottesdienste (vgl. auch oben, S.  515–517, Fn.  24 mit Anm.  28). 1892 schlossen sie sich mit einem Teil der „Afscheiding“ („Abspaltung“) von 1834 (vgl. unten, S.  527, Anm.  87) zu den „Gereformeerde Kerken in Nederland“, einer Freikir­ che, zusammen. 79  „That excommunication should not be exercised against Princes I utterly mislike“, äußerte der Frühpresbyterianer Thomas Cartwright 1577; zitiert von Pearson, Presby­ terianismus, S.  55. 80  Insbesondere das „Second Book of Discipline“ (1578) der schottischen Kirche ent­ hielt mit seinem strengen Presbyterianismus einen scharfen Angriff auf die königliche Suprematie und die 1572 erneuerte Episkopalordnung. Fortan verstärkten sich die erbitterten Kämpfe der Presbyterianer gegen das Königtum, während deren Jakob VI. 1582/83 sogar gefangengehalten wurde. 1592 mußte der König seine Zustimmung zu einer Akte geben, mit der er das presbyterianische Kirchenregiment formell vollständig

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Wesen genau dies war der Gegensatz von Presbyterianern und Independenten im 16. Jahrhundert. Denn aus jener Verantwortlichkeit der Gemeinde folgten entscheidend wichtige Konsequenzen. Nächst dem voluntaristischen Prinzip: freie Zulassung Würdiger Konfirmationsunterricht geschickt. Der Kerkeraadh der betreffenden Amsterdamer Gemeinde weigerte sich (1886),81 idie von solchen Geistlichen ausgestellten Atteste über diei sittliche Führung von Kommunikanten anzuerkennen[,] und schloß diese vom Abendmahl aus, da dieses rein bleiben und man Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen.82 Als der Beschwerde gegen diesej Abweichung von der Synodenkommission Recht gegeben wurde, nahm der Kirchenrat, unter Verweigerung des Gehorsams, ein neues Reglement an, welches für den Fall der Suspension dem bestehenden Kirchenrat allein die Verfügung über die Kirche gab, verweigerte die Gemeinschaft, und die nunmehr suspendierten (Laien-)Ältesten Rutgers und Kuyper bemächtigten sich durch List, trotz angestellter Wächter, der Nieuwe Kerk (vgl. Hogerzeil k, De kerkelijke strijd te Amsterdam 188683 und Kuypers zitierte Schriften).84 Schon in den 20er Jahren hatte unter Führung Bilderdijks und seiner Schüler Isaak da Costa und Abraham Capadose (zweier getaufter Juden) die prädestinatianische (deshalb z. B. auch die Abschaffung der Negersklaverei als „Eingriff in die Vorsehung“85 ebenso wie die Impfung ablehnende!)86 und gegen die mangelnde Kirchenzucht und Austeilung der Sakramente an Unwürdige eifernde Bewegung eingesetzt und zu Separationen geführt.87

h BR: Kerkrand C: Kerkraad  i–i BR, C: die Atteste über die von solchen Geist­ lichen ausgestellte  j BR: die  k BR, C: Hogerfeil   anerkannte, das er bald aber wieder bekämpfte. Vgl. Sack, Kirche von Schottland I, S.  37–77, bes. S.  58 ff. 81 Dies war 1885, die Suspendierung von Kirchenratsmitgliedern folgte im Januar 1886. 82  Vgl. Apg 5,29. 83  Über die Suspendierung der ungehorsamen Amsterdamer Kirchenratsmitglieder und die Vorgänge in der Nieuwe Kerk im Januar 1886 vgl. Hogerzeil, De kerkelijke strijd te Amsterdam I–III. 84  Vgl. Kuyper, Separatie (zitiert oben, S.  515, Fn.  24); ders., Het conflict gekomen I–III (oben, S.  517, Fn.  24); sowie ders., Dreigend conflict (oben, ebd., Fn.  25). 85 Von der Abschaffung der Sklaverei handelt Da Costa, I[saac], Bezwaren tegen den geest der eeuw. – Leiden: L. Herdingh en Zoon 1823, S.  26–28, speziell davon, daß die menschliche Weisheit in die Allmacht und Vorsehung Gottes eingreife, S.  27. 86  Der Arzt Abraham Capadose lehnt die Impfung ab, zuerst in der Schrift: Bestrij­ ding der vaccine of de vaccine aan de beginselen der Godsdienst, der Rede en der ware geneeskunde getoetst. – Amsterdam: C. G. Sulpke 1823. 87  Gemeint ist das réveil, eine niederländische literarisch-romantische und zugleich biblisch-christliche Erneuerungsbewegung, angeführt von Willem Bilderdijk, einem calvinistisch geprägten Juristen, Dichter und Schriftsteller, der in Leiden privat Ge­ schichte dozierte, und seinen Schülern Isaac da Costa, Abraham Capadose, Gillaume Groen van Prinsterer u. a. Der Einfluß des réveils auf kirchliche Kreise (Hendrik de Cock, vgl. Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  295, Fn.  122) führte zu der „Af­ scheiding“, zunächst in Form einzelner, sich von der Hervormde Kerk 1834 abspalten­ der Gemeinden.

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und nur solcher als Gemeindemitglieder, das Prinzip der Souveränität der lokalen einzelnen Abendmahlsgemeinde. Nur sie konnte ja kraft persönlicher Bekanntschaft und Prüfung beurteilen, ob ein Mitglied qualifiziert sei, nicht aber ein sei es auch noch so frei gewähltes Kirchenregiment einer interlokalen Gemeinschaft. Und sie konnte das nur bei beschränkter Mitgliederzahl: relativ kleine Ge|meinden allein waren dem Prinzip angemessen38). Wo die Gemeinschaften dafür zu groß waren, erfolgte daher entweder, wie

Die Synode der l„Afgescheidenen gereformeerdenl Gemeente“ zu Amsterdam 1840 verwarf unter Annahme mder Dordrechter Canonesm jegliche Art von Herrschaft (gezag)88 „in oder über der Kirche“.89 – Zu Bilderdijks Schülern gehörte Groen van Prinsterer. | 38)  Klassische Formulierung schon in der „Amsterdam Confession“ von 1611 (in BR, C 227 den Publ[ications] of the Hanserd Knollys Society Vol. 10) Art.  16: That the members of every church and congregation ought to know one another, … therefore a church ought not to consist of such a multitude as cannot have practical knowledge one of another.90 Jedes Synodalregiment und jede Schaffung zentraler Kirchenbehörden galt daher als, letztlich, schon ein Abfall vom Prinzip. So in Massachusetts, ebenso in England unter Cromwell, wo seinerzeit die Parlamentsordnung von 1641, welche jeder einzelnen Gemeinde gestattete, sich einen orthodoxen Minister zu beschaffen und lectures einzurichten,91 das Signal zum Einströmen der Baptisten und radikalen Independenten gegeben hatte. Die Einzelgemeinde (damalsn wohl noch der Tatsache nach: der Einzelgeistliche) als Träger der Kirchenzucht ist auch in den von Usher publizierten

l–l BR, C: „Afgeschiedenen gereformeerten  m–m BR: des Dortrechter Canones  C: der Dordrechter Canouns  n BR: (damals:   88  gezag (ndl.), „Gewalt“, „Macht“, „Befehlsgewalt“. 89  Gemeint ist hier speziell die auf der Dordrechter Synode 1619 über die Formulie­ rung der Dordrechter Canones hinaus revidierte Kirchenordnung. Vgl. Verslag van de Synode der Afgescheidene Gereformeerde Gemeente Nederland, gehouden van den 17 November tot den 3 December 1840 te Amsterdam. – s’Gravenhage: J. van Golver­ dinge 1841, S.  9 f.: Die Berufung auf die Dordrechter Kirchenordnung bedeute für die Synode, alle weltliche Macht „in of over de Kerk“ (S.  9) zu verwerfen; die Obrigkeit habe die Aufgabe, die Kirche zu beschirmen und ihren sittlichen Einfluß geltend zu machen. „Maar wij kennen haar geene heerschende magt of gezag in of over de Kerk toe, want de Heere is onze Richter, de Heere is onze Wetgever, de Heere is onze Koning […]“ (Zitat S.  10); dass. in: Synodale besluiten der Christelijk Afgescheidene Ge­ reformeerde Kerk in Nederland, van 1836–1857, hg. von D. J. van der Werp. – Kam­ pen: S. van Velzen 1859, S.  13 f. 90  Gemeint ist die bei Underhill, Confessions of Faith (Publications of the Hanserd Knollys Society, vol.  10), wiedergegebene „Declaration of Faith of English People re­ maining at Amsterdam in Holland“ von 1611, p.  1–10, das Zitat (Art.  16) p.  7. 91  Die parlamentarische „Order on lecturers“ von 1641 ist zitiert bei Neal, Puritans II, p.  418, und Gardiner, Fall of the Monarchy II (wie oben, S.  483, Anm.  58), p.  252.

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im Pietismus, Konventikelbildung[,] oder aber es wurden, wie im Methodismus, die Mitglieder zu Gruppen zusammengefaßt, welche Träger der Kirchenzucht waren39). Denn dies: die außerordentlich straffe Sittenzucht40), und zwar durch | Selbstverwaltung der Gemeinde, war das dritte unvermeidliche, durch das Interesse an früh-presbyterianischen Dedhamer Protokollen vorausgesetzt. Ballot für die Zulassung: Protokoll vom 22. X. 1582: „That none be broughto in as one of this company with­out the general consent of the whole“.92 Aber schon 1586 erklärten diese Puritaner ihren Gegensatz gegen die Brownisten, welche die kongregationalistischen Konsequenzen zogen.93 39)  Die „Klassen“ der Methodisten waren als Grundlage ihrer genossenschaftlichen Seelsorge geradezu das Rückgrat der ganzen Organisation. Je 12 Personen sollten zu einer „class“ zusammengefaßt sein, der Klassenführer jedes Mitglied wöchentlich sehen, entweder im Hause oder dem class meeting, in welchem vor allem ein allgemeines Sündenbeichten üblich war. Er hatte über den Wandel des Mitglieds Buch zu führen. Diese Buchführung diente u. a. auch als Grundlage der Ausstellung der Zertifikate beim Umzug von Mitgliedern.1 – Diese Organisation ist jetzt wohl in allen Gebieten, auch in den Vereinigten Staaten, längst im Verfall. In welcher Art die Kirchenzucht im früheren Puritanismus funktionierte, mag man aus der Bemerkung in dem früher zitierten Dedhamer Protokoll ermessen, wonach die „admonition“ im Konventikel erteilt werden sollte: „if any thingep have bene observed or espied by the brethren“.2 40)  Die Kirchenzucht war in den lutherischen Gebieten, Deutschlands zumal, notorisch sehr unentwickelt bzw. früh in völligem Verfall. Unter dem Einfluß dieser Umgebung und der überall bestehenden, in Deutschland aber übermächtig gebliebenen Eifersucht der Staatsgewalt gegen die Konkurrenz autonomer hierokratischer Mächte war sie auch in den reformierten deutschen Kirchen, außer in Jülich-Cleve und anderen Rheingebieten, wenig wirksam (immerhin finden sich Spuren der Zucht bis ins 19. Jahrhundert: die letzte Exkommunikation in der Pfalz – wo die K[irchen-]O[rdnung]

o BR: brougthe C: brougth  p BR, C: things   92  Usher, Presbyterian Movement, Zitat p.  26. 93  Vgl. Usher, ebd., p.  xxiv f. Robert Browne und andere vertraten das kongregatio­ nalistische Prinzip der Einzelgemeinde „without any attempt at a central government or association“ (Zitat ebd., p.  xxiv). Damit schieden sie sich 1585/86 von den frühen Presbyterianern, die in der Staatskirche bleiben und das bestehende Kirchenregiment modifizieren wollten. 1  Nach Jacoby, Handbuch des Methodismus, über die Funktion der „Klassen“ S.  355– 366 (enthält teilweise Unterstreichungen Max Webers mit lilafarbenem Stift im Exem­ plar der UB Heidelberg), die Aufgaben des „Klaßführers“ einschließlich Buchführung ebd., S.  337–339 (ebenfalls mit Unterstreichungen Max Webers, außerdem seine Notiz auf S.  337 zur Einteilung in Klassen, um den Seelenzustand der Mitglieder kontrollie­ ren zu können: „cf. Orden“), die Zertifikate, ebd., S.  325. 2  Bei Usher, Presbyterian Movement, p.  26, im selben Protokoll (wie oben, Fn.  38) vom 22. Oktober 1582 über die „admonition“: „[…] if any thinge haue bene ob­serued or be espied by the brethren […]“).

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der Reinhaltung der Abendmahls- (oder, bei den Quäkern, Gebets-) Gemeinschaft geforderte Prinzip. Die Zucht der asketischen Sekten war in der Tat – auch darin der Klosterzucht analog – weit von 1563 freilich schon früh in praxi erastianisch gehandhabt wurde – fand 1855 statt).3 Nur die Mennoniten und später die Pietisten schufen wirksame Zuchtmittel und Zuchtorganisationen. (Für Menno existierte eine „sichtbare Kirche“ nur da, wo Kirchendisziplin bestand, und Exkommunikation wegen üblen Wandels und Mischehe war selbstverständlicher Bestandteil.4 Die Rynsburger Kollegianten waren völlig dogmenlos und ließen allein den „Wandel“ gelten.)5 Bei den Hugenotten wurde die an sich | BR, C 228 sehr straffe Kirchenzucht gelegentlich immer wieder gelähmt durch unvermeidliche Rücksichten auf den politisch dort unentbehrlichen Adel. Anhänger der puritanischen Kirchenzucht war in England vor allem der bürgerlich-kapitalistische Mittelstand, so z. B. die City von London.6 Sie fürchtete die Herrschaft des Klerus nicht, gedachte dagegen die Kirchenzucht zu einem Mittel der Massendomestikation zu machen. Aber auch die Handwerkerschichten waren der Kirchenzucht sehr anhänglich. Relativ weniger natürlich Adel und Bauern. Gegner waren die politischen Gewalten, in England daher auch das Parlament. Aber nicht „Klasseninteressen“, sondern, wie jeder Blick in die Dokumente zeigt: religiöse und, neben ihnen, politische Interessen und Überzeugungen waren primär bei diesen Fragen im Spiel. Die Härte der neuenglischen, aber auch der genuin puritanischen Kirchenzucht in Europa ist bekannt. Bei den major generals und commissioners Cromwells, die dessen Organe für Kirchenzucht waren,7 taucht der Vorschlag einer Verbannung aller „idle, debauched and profa-

3  Vgl. Müller, E.F. Karl, Art. Kirchenzucht in der reformierten Kirche, in: RE3, 10.  Band, 1901, S.  485–492: Die Pfälzer Kirchenordnung von 1563 sah mit Rücksicht auf das Abendmahl eine mögliche Exkommunikation durch „,etliche ehrbare und gottesfürch­ tige Männer‘“ im Namen der Gemeinde vor, wobei die Handhabung der Kirchenzucht bereits ein Jahr später der staatskirchlichen Obrigkeit überstellt wurde (darum: „era­ stianisch“), ebd., S.  491; über die letzte Exkommunikation 1855, ebd., S.  492. 4  Barclay, Inner Life, p.  82: Menno „[…] held that the outward and visible ‘church van­ ished, where Church discipline is not exercised,’ […]“; zur Exkommunikation bei den Mennoniten vgl. ebd., p.  84, letzteres auch bei Cramer, Art. Menno Simons, S.  593. 5  Die Dogmenlosigkeit der Rijnsburger Kollegianten, einer spiritualistischen Gruppie­ rung, entnimmt Weber vermutlich Barclay, Inner Life, p.  89–92, bes. p.  90. Die rechte Auffassung über den „Wandel“ ist hier formuliert als „possession of the fruits of the Spirit“ (p.  90). Die war Voraussetzung der Mitgliedschaft. Näheres zu diesem menno­ nitischen Zweig im Glossar, unten, S.  617. 6  Vgl. dazu etwa Gardiner, Civil War II (wie oben, S.  519, Anm.  19), p.  370 f. Die „City of London“ oder presbyterianische Londoner Bürgerschaft (Gardiner nennt „trades­ men and merchants“, p.  370) legte Wert auf die Beachtung der „common rules of honesty and self-restraint“ (p.  370) und begrüßte die Einführung des Amtes von Laien­ ältesten (1645) und deren zu erwartende „disciplinary activity“ (p.  371). 7 Die 1655 von Cromwell eingesetzten „Major-Generals“ und ihre „commissioners“ hatten die Aufgabe, in ihrem Distrikt den Frieden zu erhalten, und die polizeiliche Funktion, die Pläne der Friedensfeinde zu vereiteln; Gardiner, Commonwealth III, p.  172 f.

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rigoroser als die irgendeiner Kirche. Sie stellte den Grundsatz des Noviziats auf41). Im Gegensatz zu den Grundsätzen der offiziellen protestantischen Kirchen versagte sie oft den wegen ethischer Verstöße Ausgestoßenen jeden Verkehr mit den Gemeindegliedern, verhängte also in diesem Fall über sieq, auch geschäftlich, den absoluten Boykott und mied bisweilen jede Beziehung mit Nichtbrüdern, außer im Fall unbedingter Notwendigkeit42). Und | sie legte ne persons“ wiederholt auf.8 – Bei den Methodisten war die Streichung von Novizen während der Probezeit wegen schlechten Wandels ohne weiteres, bei Vollmitgliedern nach Kommissions-Untersuchung, zulässig.9 Für die Kirchenzucht der Hugenotten (welche ja faktisch lange Zeit die Existenz einer „Sekte“ führtenr) zeigen die Synodalprotokolle u. a. Zensuren gegen Warenfälschung und Unreellität: 6. Synode (Aver­ t[issements] Gén[eraux] XIV);10 Kleiderordnungen sind häufig;11 Sklavenbesitz und Handel sind erlaubt: 27. Synode;12 ziemlich laxe Praxis gegenüber den fiskalischen Anforderungen (der Fiskus ist Tyrann)[:] 6. Synode, cas de consc[ience]s déc[ision] XIV;13 Wucher das.t XV (vgl. 3.u Syn[ode, Faits] Gen[eraux] 17, 11. Syn[ode, Matieres] Gen[erales] 42).14 Die frühenglischen Presbyterianer wurden in den offiziellen Korrespondenzen gegen Ende des 16. Jahrhunderts als „disciplinarians“ bezeichnet. (Zitatev bei Pearson a. a. O.).15 41) Wohl bei allen Sekten bestand eine Probezeit, bei den Methodisten z. B. von 6 Monaten.16 42)  In der „Apologetical Narration“ der 5 (independentischen) „dissenting breth­ ren“ der Westminster-Synodew wird die Abscheidung von den „carnalla and formall Christians“ in den Vordergrund gerückt.17 Das bedeutete zunächst nur den voluntari-

q BR, C: ihn  r BR: führten, war  s BR: conec. C: conc.  t  In BR folgt: Syn. u BR, C: 2.  v BR: Zitat  w  Bindestrich fehlt in BR, C.   a BR, C: „casuall   8  Vgl. Gardiner, ebd., p.  241 f., Webers Zitat p.  241 marginal. Man meinte, mit diesem Vorgehen der Sicherheit zu dienen „and terrify others“ (ebd.). 9  Vgl. Jacoby, Handbuch des Methodismus, S.  309; mit Unterstreichungen Max We­ bers mit lilafarbenem Stift im Exemplar der UB Heidelberg und der Notiz dazu auf S.  309: „Mönche“. 10 Aymon, Synodes Nationaux I, p.  75 („Unreellität“ meint geschäftliche Unehrlich­ keit, Unredlichkeit). 11  Über „habits“ z. B. auf der 3. Synode, Faits Generaux [sic], Art. XII, bei Aymon, ebd., p.  26 u. a. 12  Aymon, Synodes Nationaux II, p.  565. 13  Aymon, Synodes Nationaux I, p.  86. 14  Über den Wucher (intérêt, usures): ebd., [Art.] XV, Aymon, Synodes Nationaux I, p.  86; 3. Synode, Faits Generaux [sic], Art. XVII, bei Aymon, ebd., p.  26; 11. Synode, Matieres Generales [sic], Art. XLII, bei Aymon, ebd., p.  153. 15  Vgl. Pearson, Presbyterianismus, S.  48 (mit Belegen in Anm.  2). 16  Vgl. Jacoby, Handbuch des Methodismus, S.  346. 17  Die fünf „dissenting brethren“ (vgl. oben, S.  523 mit Anm.  65) wandten sich in der Anfang Januar 1644 dem Parlament eingereichten „Apologetical Narration“ sowohl

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ihre Zucht dem Schwerpunkt nach in die Hände der Laien. Keine geistliche Autorität konnte ja der Gemeinde ihre solidarische Verantwortlichkeit vor Gott abnehmen. Schon bei den Presbyterianern war das Gewicht der Laien-Ältesten sehr groß. Der Independentismus aber und erst recht der Baptismus bedeutete geradezu einen Kampf gegen die theologische Beherrschung der stischen Separatismus, nicht die Absage des commercium. Aber die ursprüngliche, später gemilderte, Meinung Robinsons, eines strikten Calvinisten und Verfechters der Dordrechterb Synode (s. über ihn Dexter, Congregationalism p.  402),18 war allerdings dahin gegangen: daß die independentischen Separatisten mit den andern – selbst wenn BR, C 229 sie (was als denkbar galt) electi | seien – nicht verkehren dürften. Sich offen zu diesem Grundsatz zu bekennen haben allerdings die meisten Sekten vermieden, manche ihn – als Grundsatz wenigstens – ausdrücklich abgelehnt. Baxter (Chr[istian] Dir[ectory] II p.  100 Sp.  2 unten) meint sogar, man könne sich, falls der Hausvater oder Pastor und also nicht man selbst die Verantwortung dafür trage, darüber beruhigen, mit einem ungodly zusammen beten zu müssen.19 Dies ist indessen unpuritanisch. Die „mijdinge“ spielte bei den radikalen täuferischen Sekten im 17. Jahrhundert in Holland eine sehr bedeutende Rolle.20 b BR: Dortdrechter   gegen den Separatismus als auch gegen den Presbyterianismus und vertraten eine Mittelposition. Gegen den Presbyterianismus machten sie nach Dexter, Congregatio­ nalism, p.  659, geltend: „‘The Practical part’ – said they – ‘the power of godliness, and the profession thereof, with difference from carnall and formall Christians, had not been advanced and held forth’ as it ought to be.“ (Im Original: An Apologeticall Narra­ tion, Hvmbly Svbmitted to the Honourable Houses of Parliament, by Tho. Goodwin, Philip Nye, Sidrach Simpson, Jer. Burroughes, William Bridge. – London: Robert Dawl­ man 1643, p.  4). 18  Dexter, Congregationalism, p.  402: „[…] the Leyden pastor was in entire agree­ ment with the Synod“ (gemeint ist: die Dordrechter Synode). – Die „ursprüngliche“ Meinung des Leidener Separatisten John Robinson betraf in erster Linie die englische Staatskirche, die er mit dem Verdikt der „apostasie“ versah. Gemeinsamen Gottes­ dienst und Abendmahl mit ihr hielt er für ausgeschlossen, ebenso „private prayer“ oder „exercises“ mit ihren Mitgliedern, selbst denen, „having assurance of saving grace“, oder ihren „truly good people“. Mit Zitaten aus Robinsons Schriften bei Dexter, ebd., p.  394 f. 19  Vgl. Baxter, Christian Directory II (chap. XXIII. „Cases about Prayer“, p.  94–105), p.  100 f., aus der Antwort auf Frage 17 („Is it lawful to joyn in Family (or Church) Prayer with ungodly men? “): „If it be the fault of the Master of the family (or the Pastors of the Church) that such wicked men are there, and not cast out, then it is their sin to joyn with them, because it is their duty to remove them. But that is not the case of the fellowservants (or people,) that have no power“ (p.  101). 20  mijdinge (ndl.), „Meiden“, „Meidung“. Es ist unklar, auf welche „radikalen täuferi­ schen Sekten“ sich Weber bezieht. Allerdings enthält auch das mennonitisch beein­ flußte Bekenntnis „Olijf-Tacxken“ (1629; von Weber zitiert, oben, S.  312, Fn.  138) einen Artikel „Van de Mydinge“, in: Algemeene Belydenissen (wie oben, S.  312, Anm.  67), S.  49 f.

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Gemeinde43), – und natürlich, genau entsprechend, eine Klerikalisierung des nunmehr in die Funktionen der Sittenkontrolle durch Selbstverwaltung, Vermahnung und eventuell Exkommunikation einrückenden Laientums44). Die Laienherrschaft in der Kirche fand ihren Ausdruck teils in dem nicht nur dem Amtsbegriff des Luthertums, sondern auch der göttlichen Ordnung des Presbyterianismus höchst anstößigen Verlangen nach Freiheit der Laienpredigt (liberty of prophesying)45): – wofür auf die Zustände der Urchri43)  Dies trat in den Erörterungen und Kämpfen schon innerhalb der Amsterdamer Refugiés-Gemeinde Anfang des 17. Jahrhunderts mit der größten Schärfe hervor.21 Ebenso war in Lancashire die Ablehnung der geistlichen Kirchenzucht und das Verlangen nach Laienregierung in der Kirche und Kirchenzucht durch Laien für die Stellungnahme in den innerkirchlichen Kämpfen der Cromwellschen Zeit entscheidend.22 44)  Die Bestellung der Ältesten war innerhalb der independentischen und baptistischen Gemeinschaften Gegenstand langdauernder Kontroversen, die uns hier nicht interessieren sollen. 45) Hiergegen richtete sich die Ordonnanz des Langen Parlaments vom 31. XII. 1646, die ein Schlag gegen die Independenten sein wollte.23 Andererseits war der Grundsatz der liberty of prophesying schon von Robinson auch literarisch verfochten worden.24 Vom episkopalistischen Standpunkt machte ihr Jeremy Taylor (The liberty of prophesying 1647) Konzessionen.25 Cromwells „tryers“ verlangten die Bescheinigung von 6 zugelassenen Gemeindegliedern, darunter 4 Laien, für die Erlaubnis.26 In der Frühzeit der englischen Reformation waren die „exercises“ und prophesyings vielfach von eifrigen anglikanischen Bischöfen nicht nur geduldet, sondern ermutigt worden. In Schottland waren sie (1560) verfassungsmäßiger Bestandteil der kirchlichen Tätigkeit, 1571 wurden sie in Northampton, bald darauf in andern Orten eingeführt.27

21  Vgl. den Streit über die Kompetenzen der „ruling elders“ zwischen Francis John­ son und Henry Ainsworth oben, S.  520, Fn.  25 mit Anm.  53. 22  Vgl. Gardiner, Commonwealth II, p.  14. In Lancashire fand das presbyterianische System die größte Anerkennung. Weil die Laien nicht zum Zuge kamen und sich eine entsprechende Kirchenzucht nicht etablieren ließ, schlossen sich viele den Indepen­ denten oder Baptisten an. 23  Vgl. Gardiner, Civil War II (wie oben, S.  519, Anm.  19), p.  574 f. 24  In: Robinson, The Peoples Plea for the Exercise of Prophesie (1618), vgl. Dexter, Congregationalism, p.  399. 25  Vgl. Taylor, Liberty of prophesying. 26  Zu Cromwells 1654 eingeführten „triers“ unten, S.  537, ihre Zusammensetzung hier nach John Owens Vorschlag (1652), vgl. Gardiner, Commonwealth II, p.  28 f. (und p.  320 f.). Sie stellten die Eignung einer Person, ob ordiniert oder Laie, zum Predigt­ dienst fest. 27  Zu „Exercises“ oder „prophesyings“ für Schottland (gemeint ist: im First Book of Discipline (1560), unter IX., Abschnitt „For Preaching and Interpreting of Scriptures, etc.“) und Northampton sowie für andere Orte vgl. Pearson, Presbyterianismus, S.  21 f., zu Northampton und der Verbreitung in England vgl. ferner Neal, Puritans I, p.  221–224 und 262.

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stengemeinde Bezug genommen wurde –, teils auch in der Opposition gegen ein theologisches Berufspredigertum überhaupt: nur das Charisma, | nicht Schulung und Amt, sollte gelten46). So radikale Konsequenzen wie die Quäker mit ihrem Grundsatz: daß in der gottesdienstlichen Versammlung jeder, aber auch nur der sprechen sollee, über den der „Geist“ gerade kommt,28 daß es also einen Berufsgeistlichen überhaupt nicht gibt47), haben andere Sekten freilich nicht oder doch nicht dauernd gezogen. Aber entweder ist der Geistliche grundsätzlich nicht als „Mietling“48),29 sondern

Aber Elisabeth beharrte auf ihrer Unterdrückung, in Konsequenz ihrer Proklamation von 1573 gegen Cartwrightd.30 | 46)  Schon Smyth stellte in Amsterdam die Forderung auf, daß der Wiedergeborene BR, C 230 beim Predigen auch nicht einmal die Bibel vor sich haben dürfe.31 47)  Freilich ist dies heute wohl nirgends mehr radikal durchgeführt. Die offizielle „Legende“ ist: daß die nach den Erfahrungen der Gemeinde besonders dem Geist zugänglichen Glieder im Gottesdienst auf einer besonderen Bank der Gemeinde gegenüber sitzen und in tiefem Schweigen gewartet wird, daß der Geist über einen von ihnen kommt (oder auch über ein anderes Gemeindeglied). Aber in einem Gottesdienst in einem pennsylvanischen College fuhr der Geist leider nicht, wie ich gehofft hatte, in die in der schönen einfachen Tracht auf der Bank sitzende alte Lady, deren Charisma hoch gerühmt wurde, sondern – zweifellos nach Abrede – in einen wackeren College-Bibliothekar, der eine sehr gelehrte Rede über den Begriff „saint“ hielt.32 48)  Die charismatischen Revolutionen der Sektierer (vom Typus der Fox und ähnlicher) in den Gemeinden begannen stets mit dem Kampf gegen den beamteten Pfründner, als „Mietling“, und für das apostolische Prinzip der entgeltlosen freien Predigt des vom Geist Getriebenen. Heftige Auseinandersetzungen zwischen Goodwin, dem Kongregationalisten, und Prynne, der ihm vorwarf, er habe entgegen seinen angeblichen Prinzipien ein „living“ angenommen, während Goodwin erklärte, nur anzunehmen,

c BR,: soll  d BR, C: Cartwight   28  Im „silent meeting“ der Quäker, vgl. Barclay, Apology, in Proposition XI. „Concer­ ning Worship“, p.  343–409, bes. p.  353–356. 29  Nach Joh 10,12 f.; d. h. ein von der Kirche angestellter und bezahlter Geistlicher. 30 Zur Unterdrückung der „prophesyings“ durch Elisabeth I. seit 1574, verschärft 1577, vgl. Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  391, Fn.  256 mit Anm.  25. Sie verbot außerdem mit einer Proklamation Thomas Cartwrights presbyterianische Schrif­ ten (1573). Vgl. Pearson, Presbyterianismus, S.  16, dazu S.  22 f. 31  Vgl. Dexter, True Story, p.  6, Anm.  36; ders., Congregationalism, p.  314. 32  Gemeint ist Allen Clapp Thomas’ Predigt im Haverford Friends Meeting im Oktober 1904, dazu Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  409 f., Fn.  279 mit Anm.  9.

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nur im Ehrenamt oder gegen freiwillige Ehrengaben49) oder nur im Nebenberuf und nur gegen Kostenersatz tätig50); oder er ist jederzeit entlaßbar oder es herrscht eine Art von Missionsorganisation mit nur jeweilig im gleichen „circuit“33 arbeitenden Wanderprediwas freiwillig gegeben werde,34 fanden im Parlament statt.35 Der Grundsatz: daß nur freiwillige Gaben zum Unterhalt der Prediger zulässig seien, in der Eingabe der Brownisten an Jakob I. von 1603 (Punkt 7:e daher Protest gegen „popishf livings“ und „jewish tithes“).36 49)  Dies letztere wurde im Agreement of the People vom 1. Mai 1649 für alle Prediger gefordert.37 50)  So die local preachers der Methodisten.38

e BR: 71 C: 71:  f BR: „papist   33  Bei den Methodisten ein Bezirk, der mehrere Einzelgemeinden (societies) umfaßt. 34  Die Antwort John Goodwins auf den Angriff des Presbyterianers William Prynne ist abgedruckt bei Price, History of Protestant Nonconformity II (zitiert von Weber, Prote­ stantische Ethik 1920, oben, S.  265, Fn.  91), p.  640 f., Anm.  1 (die Anmerkung enthält Markierungen im Exemplar der UB Heidelberg, die von Weber stammen könnten). Der Intependente John Goodwin wird hier von Weber möglicherweise nach Price als Kon­ gregationalist bezeichnet („Possession of church livings by congregationalists“, lautet dort der Kontext, p.  639). 35  Daß die Kontroverse zwischen Goodwin und Prynne im Parlament stattgefunden hat, ließ sich nicht nachweisen. Sie wurde jedenfalls mittels Pamphleten ausgetragen. Prynnes Angriff in: Prynne, William, A Fvll Reply to certaine briefe Observations and Anti-Queries on Master Prynnes twelve Questions about Church-Government […]. – London: Michael Sparke Senior 1644, p.  21 („he receive their tithes“), Goodwins Erwi­ derung in: Goodvvin, John, Innocencies Triumph, or an Ansvver to the back-part of A Discourse lately published by William Prynne […]. – London: Henry Overton 1644, p.  15 f. („receiving their tiths“ „as their voluntary Contribution“, p.  15). 36  In der Eingabe der Brownisten (dazu oben, S.  514, Fn.  23 mit Anm.  15) heißt es unter VII., der Unterhalt der Prediger „should be of the free and voluntarie contribution of the Church“, mit der Begründung „that according to Christs ordinance, they which preach the Gospell may live of the Gospell: and not by Popish Lordships and Livings, or Jewish Tithes and Offerings“. Dexter, Congregationalism, p.  307. – Mit dem „Zehn­ ten“ (Sgl. tithe, Pl. tithes) ist die Abgabe an die Kirche gemeint, mit der in Mittelalter und Neuzeit das Parochialsystem einschließlich des Unterhalts des Pfarrers finanziert wurde. Die Zehntabgabe ist im Alten Testament belegt und wurde im Judentum prak­ tiziert. Da sie hier verpflichtend und nicht, wie nun gefordert, freiwillig war, wird sie mit dem Etikett „jüdisch“ abgelehnt. 37 Vgl. die Notiz über das von dem Leveller John Lilburne verfaßte Dokument bei Gardiner, Commonwealth I, p.  53 f.: „Not only was there to be complete religious liber­ ty, but each parish was to choose its minister, on the understanding that he was to be maintained by voluntary offerings alone.“ 38  Vgl. Jacoby, Handbuch des Methodismus, S.  333–336; mit Unterstreichungen Max Webers mit lilafarbenem Stift im Exemplar der UB Heidelberg (dazu auch unten, S.  536, Fn.  51 mit Anm.  39, sowie ebd., Fn.  52).

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gern51), wie im Methodis|mus52). Wo das Amt (im überlieferten Sinn) und also die theologische Qualifikation aufrecht erhalten wurde53), da galt diese doch nur als eine fachtechnische Vorbedin-

51)  1793 wurde im Methodismus jeder Unterschied ordinierter und nicht ordinierter Prediger abgeschafft, mithin die nicht ordinierten Reiseprediger (travelling preachers): Missionare galso, dieg charakteristischen Träger des Methodismus, den noch anglikanisch ordinierten gleichgestellt. Zugleich aber erhielten die Reiseprediger das Monopol, im ganzen circuit zu predigen[,] und wurde ihnen allein die Spendung der Sakramente vorbehalten (die eigene Sakramentsspendung wurde erst damals grundsätzlich durchgeführt, aber immer noch zu anderen Stunden als denen der offiziellen Kirche, zu der man nach wie vor zu gehören prätendierte). Da schon seit 1768 für sie die bürgerliche Nebenbeschäftigung verboten war, so entstand damit ein neuer „Klerus“. Seit BR, C 231 1836 | fand eine förmliche Ordination statt. Ihnen standen die aus Laien rekrutierten nebenberuflichen local preachers, ohne Sakramentsspendungsrecht und nur lokal zuständig, gegenüber.39 Amtskleidung führte keine von beiden Kategorien. 52)  Faktisch sind, in England wenigstens, die meisten „circuits“ kleine Parochien geworden und das Reisen der Prediger eine Fiktion. Immerhin wurde bis in die Gegenwart hinein daran festgehalten, daß der gleiche minister nicht länger als 3 Jahre den gleichen circuit versehen solle.40 Sie waren Berufsprediger. Die „local preachers“, aus denen die Reiseprediger rekrutiert wurden, waren dagegen Leute mit bürgerlichem Beruf und Predigtlizenz auf (ursprünglich) 1 Jahr jedesmal.41 Ihre Existenz war schon wegen der Überzahl der Gottesdienste und Kapellen nötig.42 Vor allem aber waren sie das Rückgrat der „Klassen“organisation und ihrer Seelsorge, also das eigentlich zentrale Organ der Kirchenzucht.43 53)  Cromwells Gegensatz gegen das „Parlament der Heiligen“ spitzte sich unter anderem auch bei der Frage der Universitäten (die ja mit der radikalen Beseitigung aller Zehnten und Präbenden dahingefallen wären) zu.44 Zur Vernichtung dieser Kulturstätten – die aber eben damals dem Sinn nach vor allem Stätten der Vorbildung von Theologen waren – konnte sich Cromwell nicht entschließen.

g–g BR: , also die   39  Nach Loofs, Art. Methodismus, S.  784. (Die Bezeichnung „Kleriker“ für die „travel­ ling preachers“ und „Laien“ für die „local preachers“ wurde auf der für die Verfas­ sungsentwicklung wichtigen Methodisten-Konferenz von 1797 gebraucht; ebd.) 40  Nach Loofs, ebd., S.  793 f. 41  Nach Jacoby, Handbuch des Methodismus, S.  333–336 („Seßhafte Prediger“); mit zahlreichen Unterstreichungen Max Webers mit lilafarbenem Stift im Exemplar der UB Heidelberg, die Stelle (unterstrichen) S.  333. 42  Nach Loofs, Art. Methodismus, S.  794. 43  Nach Loofs, ebd., S.  796. 44  Das mehrheitlich aus religiös und politisch radikaleren Independenten bestehende sog. „Parlament der Heiligen“ (ab Frühjahr 1653) beriet vom 2. bis 12. Dezember 1653 über die Abschaffung des in erster Linie zur Besoldung der Geistlichen und der Finan­ zierung der Universitäten bestimmten Zehnten. Man wollte auf diese Weise unliebsa­ me Geistliche ihres Amtes entheben. Mit 56 zu 54 Stimmen wurde am 10. Dezember entschieden, die „untauglichen und Anstoß erregenden Mitglieder“ unter den Geistli­ chen zu ersetzen, den Zehnten aber beizubehalten. Um die Beschlüsse nicht wirksam werden zu lassen, sorgte die unterlegene Minderheit für die Auflösung des Parla­

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gung, als eigentlich entscheidende Qualität aber das Charisma des Gnadenstandes: auf dessen Feststellung richteten sich die Ermittlungen derjenigen Instanzen, welche – wie die Cromwellschen triers (lokale Körperschaften für die Ausstellung von Qualifikationsattesten) und hejectors (geistliche Disziplinarinstanz)h 54) – die Eignung der Geistlichen zu prüfen hatten. Man sieht: der charismatische Charakter der Autorität wurde ebenso gewahrt wie der charismatische Charakter der Gemeindemitgliedschaft selbst. Wie das Cromwellsche Heer der Heiligen nur vom religiös Qualifizierten sich das Abendmahl reichen ließ, so weigerte sich der Cromwellsche Soldat, unter einem Offizier in die Schlacht zu ziehen, der nicht mit ihm der Abendmahlsgemeinschaft der Qualifizierten angehörte55). Im Innern, unter den Sektenmitgliedern, herrschte, wenigstens bei den Täufern und ihren Derivaten, der Anforderung nach, der altchristliche Brudergeist56).45 Es galt bei manchen von ihnen | als 54)  So

nach dem Vorschlag von 1652 und im wesentlichen auch nach der Kirchenkonstitution von 1654.46 55)  Beispiel bei Gardiner, Fall of the Monarchy I p.  380.47 56)  Auch die Westminster Confession stellt (XXVI, 1)48 den Grundsatz der gegenseitigen, inneren und äußeren, Hilfspflicht auf. Zahlreich sind entsprechende Bestimmungen bei allen Sekten. | h–h BR: ejectors: geistliche Disziplinarinstanz  Schließende Klammer fehlt in BR, C.   ments. Die Gewalt fiel damit am 12. Dezember zurück in die Hände Cromwells, der am 16. Dezember 1653 zum Lord Protector proklamiert wurde. Nach: Ranke, Englische Geschichte III, S.  422–431, Zitat S.  423. 45  Weber, Diskussionsbeiträge zu Troeltsch, Stoisch-christliches Naturrecht, MWG I/9, S.  763, führt aus, daß „Brüderlichkeit“ im Urchristentum im „Liebes-Akosmismus“ und in familienartigen, „kommunistischen“ Strukturen zum Ausdruck kam. Noch in der Zeit von Clemens von Alexandrien (4. Jahrhundert) schloß sie die Nothilfe einschließlich des zinslosen Notdarlehens unter den Glaubensgenossen – nicht gegenüber ‚Frem­ den‘ – mit ein. Ausführlich in Weber, Religiöse Gemeinschaften, MWG I/22-2, S.  372– 378. 46  Den 1652 von John Owen eingebrachten Vorschlag einer Kirchenaufsicht durch zwei jeweils aus Laien und Klerikern zusammengesetzte Kommissionen mit der von Weber genannten Aufgabe beschreibt Gardiner, Commonwealth II, p.  28 f.; ihre Ein­ führung 1654 als „triers“ und „ejectors“ bei der Neuordnung des Kirchenwesens, ebd., p.  320–323. 47  Gardiner, Fall of the Monarchy I, p.  380, gibt ein Beispiel für das Mißtrauen purita­ nischer Soldaten gegenüber den katholischen Offizieren, die Karl I. eingesetzt hatte, weil er nur ihnen vertraute (1640). 48  Im Kapitel XXVI der Westminster Confession über die „Gemeinschaft der Heiligen“ heißt es unter 1.: „Und indem sie vereinigt sind Einer mit dem Anderen in der Liebe,

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verpönt, die staatlichen Gerichte anzurufen57)[,] und es bestand die Nothilfspflicht58). Es war zwar natürlich (außer gelegentlich bei ganz radikalen Gemeinschaften) wenigstens der Geschäftsverkehr mit den Nichtbrüdern nicht verboten. Aber es verstand sich von BR, C 232

57)  Die Methodisten haben vielfach versucht, die Anrufung des weltlichen Richters durch Ausschluß zu ahnden. Andererseits schufen sie mehrfach Instanzen, welche man gegen säumige Schuldner anrufen konnte.49 58)  Jeder Fall von Zahlungseinstellung wurde im alten Methodismus von einer Kommission von Brüdern untersucht. Schuldenmachen ohne die sichere Aussicht, sie zurückzahlen zu können, bedingte Ausschluß:50 daher die Kreditwürdigkeit. Vgl. die iA[nm.]  25 S.  517–520i zitierten Beschlüsse der holländischen Synoden. Die Nothilfspflicht unter Brüdern ist z. B. in der baptistischen Hanserd Knollys Confession (c. 27k) unter dem charakteristischen Vorbehalt: daß dadurch der Heiligkeit des Eigentums kein Präjudiz entstehen solle, festgelegt.51 Mit großer Schärfe wird gelegentlich (so in der Cambridge Platform von 1647, Ausg. v[on] 1653, 7, Nr. VI) die Pflicht der Ältesten eingeschärft, gegen Mitglieder vorzugehen, welche „without a calling“ leben oder „idle­ ly in their calling“ sich verhalten.52

i–i BR: Anm.     k BR, C: 28   haben sie Gemeinschaft Einer an des Anderen Gaben und Gnaden und sind verbun­ den zur Erfüllung solcher öffentlichen und Privatpflichten, als zu ihrem gegenseitigen Wohle gereichen, beides an dem inwendigen und dem äußerlichen Menschen.“ Sack, Kirche von Schottland II, S.  113 f., mit Unterstreichung und Randmarkierung Webers im Exemplar der UB Heidelberg ab „solcher öffentlichen und Privatpflichten […]“. (Un­ verändert übernommen z. B. in die baptistische Hanserd Knollys Confession von 1688/89, vgl. Underhill, Confessions of Faith, chap. XXVII, 1., p.  224.) 49 Vgl. Jacoby, Handbuch des Methodismus, S.  311 f. Auf diesen Seiten hinterließ Max Weber im Exemplar der UB Heidelberg zahlreiche Unterstreichungen und Rand­ markierungen mit lilafarbenem Stift, dazu die Notiz (S.  311): „Gelder (religiös*)“. 50  Dieser Fall bei Jacoby, ebd. Max Weber notiert dazu im Exemplar der UB Heidel­ berg (S.  311): „cf. Creditfähigk[eit] der Bischöfe (Schulte)“ (gemeint ist Aloys Schulte, vgl. unten, S.  540 f. mit Anm.  62). 51 In der Hanserd Knollys Confession (1688/89; zum Bekenntnis vgl. das Glossar, unten, S.  607) heißt es in Kapitel XXVII, 3., über die „Gemeinschaft der Heiligen“: „[…] nevertheless their communion one with another as saints, doth not take away or […] infringe the title or propriety which each man hath in his goods and possessions.“ Underhill, Confessions of Faith, Zitat p.  225. (Denselben Satz enthält aber schon die Westminster Confession, Kap. XXVII, 3; bei Sack, Kirche von Schottland II, S.  114; Weber notiert dazu im Exemplar der UB Heidelberg am Rand: „NB! wurde also f[ür] nötig gehalten ausdrücklich festzustellen“.) 52  Cambridge Platform, 1653, Chap. VII „Of Ruling Elders, and Deacons“, das Zitat, 2., VI., p.  9 (zitiert nach dieser Ausgabe von Dexter, Congregationalism, p.  439 f., hier p.  440; Hervorhebungen von Max Weber). Das Bekenntnis wurde auf der 1648 abge­ haltenen Synode der nordamerikanischen Kongregationalisten in Cambridge, MA, verfaßt; vgl. oben, S.  519 f., Fn.  25, Anm.  50.

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selbst, daß man die Brüder bevorzugte59). Das System der Bescheinigungen (über Zugehörigkeit und Wandel)60) für nach auswärts verziehende Brüder findet sich von Anfang an. Das Unterstützungswesen der Quäker war so hoch entwickelt, daß eben infolge der dadurch entstehenden Lasten die Propagandaneigung schließBei den Methodisten auch ausdrücklich vorgeschrieben.53 Bei den Methodisten ursprünglich vierteljährlich zu erneuern.54 Die alten Independenten gaben das Abendmahl, wie oben bemerkt,55 nur an Inhaber von tickets. Bei den Baptisten galt für die Zulassung eines Zuziehenden zur Gemeinde der Besitz einer letter of recommendationl der bisherigen Gemeinde für unentbehrlich:m s. den Anhang zu der Ausgabe der Hanserd Knollys Confession von 1689 (West Chester Pa. 1827).56 Schon die drei Amsterdamer Täufergemeinden zu Anfang des 17.n Jahrhunderts hatten das gleiche System,57 welches seitdem überall wiederkehrt. In Massachusetts war seit 1664o (statt der ursprünglichen Zulassung zum Abendmahl) ein Zertifikat der Prediger und pselect menp über Orthodoxie und Wandel das Qualifikationsattest zur Erlangung des politischen Bürgerrechts.58 59) 

60) 

l BR, C: recommandation  m  Doppelpunkt fehlt in BR.  n BR, C: 16.  o BR, C: 1669  p–p  Zu erwarten wäre: select-men oder selectmen   53  In den „Allgemeinen Regeln“ für die Methodisten heißt es: „[…] daß wir Gutes thun besonders Denen die des gerechtmachenden Glaubens theilhaftig geworden sind […], indem wir sie in Geschäften vorziehen, von einander kaufen und einander in häuslichen Angelegenheiten aushelfen […].“ Jacoby, Handbuch des Methodismus, S.  351; der zweite Teil des Satzes von Max Weber mit lilafarbenem Stift im Exemplar der UB Heidelberg unterstrichen und am Rand markiert. 54  Nach Jacoby, ebd., S.  35; mit Unterstreichung der Stelle von Max Weber mit lilafar­ benem Stift im Exemplar der UB Heidelberg. 55  Siehe oben, S.  522. 56  Vgl. Confession of Faith, West-Chester, PA, 1827, p.  77–108, über die „letter of re­ commendation“ p.  87 f. (wie oben, S.  522 f., Fn.  29, mit Zitat Anm.  64). 57  Für das „System der Bescheinigung“ findet sich für die Amsterdamer Mennoniten und Waterländer Mennoniten (Waterlanders) zu Beginn des 17. Jahrhunderts in der von Weber konsultierten Literatur kein Beleg; unklar bleibt, welche dritte Täuferge­ meinde gemeint ist (diejenige von John Smyth oder die (bald nach ihrer Entstehung 1619 auch in Amsterdam ansässigen) Rijnsburger Kollegianten; vgl. zu diesen das Glossar, unten, S.  617). Möglicherweise sind die aus der „Ancient Church“ in Amster­ dam hervorgegangenen Refugiésgemeinden zu Anfang des 17. Jahrhunderts ge­ meint, auf die Weber sich auch oben, S.  524, Fn.  34 mit Anm.  71, bezieht. Von Henry Ainsworths, John Robinsons (in Leiden) und Francis Johnsons Gemeinde heißt es bei Barclay, Inner Life, p.  100: „No members were to be received from another congrega­ tion without ‘a certificate of their former estate and present purpose.’“ 58  Nach: Massachusetts Records IV/II, p.  117 f. (zitiert oben, S.  511, Anm.  19; dort: 1664). Bei den „selectmen“, die es in den New England-Staaten bis heute gibt, han­ delt es sich um drei bis fünf gewählte leitende Stadträte in exekutiver Funktion für kommunale Angelegenheiten (vgl. Doyle, The English in America III (= The Puritan Colonies II), p.  14 f.).

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lich gelähmt wurde. Die Kohäsion der Gemeinden war so stark, daß sie mit gutem Grund als eins der Motive für die durchweg geschlossene und von Anfang an stark städtische Siedelung in NeuEngland angeführt wird61), – im Gegensatz zum Süden. In allen diesen Punkten zeigen sich, wie man sieht, die eingangs dieser Skizze an Beispielen veranschaulichten modernen Funktionen amerikanischer Sekten und sektenartiger Verbände als gradlinige | Ausläufer, Rudimente und Überlebsel jener einstmals in allen asketischen Sekten und Konventikeln herrschenden Verhältnisse, die heute im Verfall sind. Der ungeheure exklusive „Kastenstolz“ der Sektierer ist von Anfang an bezeugt62). Was war – und ist – nun eigentlich das für unser Problem Entscheidende an dieser ganzen Entwicklung? Politische und bürgerliche Folgen hatte die Exkommunikation auch im Mittelalter, formell sogar schärfere als da, wo Sektenfreiheit bestand.59 Auch im Mittelalter konnte nur der Christ Vollbürger sein. Auch im Mittelalter bewirkte, wie Aloys Schulte schön gezeigt hat, die Möglichkeit, gegen einen Bischof, der seine Schulden nicht zahlte, mit den Disziplinarmitteln der Kirche vorzugehen, daß dieser kreditwürdi-

61)  So von Doyle in dem öfter angeführten Werk,60 der darauf den stark gewerblichen Charakter von Neu-England im Gegensatz zu den Ackerbaukolonien zurückführt. | 62)  S[iehe] z. B. Doyles Bemerkungen über die ständischen Verhältnisse in Neu-EngBR, C 233 land, wo die Familien mit alter religiös-literarischer Tradition, nicht aber Besitzerklassen, die „Aristokratie“ bildeten.61 |

59  Der Exkommunizierte wurde im Mittelalter vom gesellschaftlichen Verkehr und von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen, verlor weitgehend seine Rechtsfähigkeit, und seit 1220 verhängte man nach sechswöchiger Unbußfertigkeit die Acht über ihn. 60  Vgl. Doyle, The English in America III (= The Puritan Colonies II; zitiert von Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  467, Fn.  364, S.  470, Fn.  370; auch oben, S.  511, Fn.  19), p.  33, der Gegensatz von New England und den agrarischen Südstaaten p.  33–35 (mit möglicherweise von Max Weber stammenden Randmarkierungen im Ex­ emplar der UB Heidelberg). 61  Vgl. Doyle, ebd., p.  61 f.: „The tie of hereditary association was preserved by com­ munity of tastes, of political and religious opinions, of literary eminence.“ Doyle nennt dies „the idea of caste“, Familien dieser Tradition die „Brahmin caste of New England“ (Zitate p.  61, mit Randmarkierung und Unterstreichung der zuletzt zitierten Wörter von Max Weber im Exemplar der UB Heidelberg).

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ger war als ein weltlicher Fürst.62 Auch für den preußischen Leutnant bedeutete der Umstand, daß er unter dem Druck der Entlassung Schulden halber stand, eine erhöhte Kreditwürdigkeit.63 Vollends galt das gleiche für den deutschen Couleurstudenten.64 Endlich: auch im Mittelalter gaben die Beichte und die kirchliche Strafgewalt die Mittel an die Hand, wirksame Kirchenzucht zu üben und ist dies auch der Fall gewesen. Vor allem nutzte man damals die durch den Eid zu schaffende Möglichkeitq, gegen Schuldner die Exkommunikation zu erreichen, als Sicherung von Forderungen ausr. Gewiß. Nicht nur aber waren in all diesen Fällen diejenigen Arten des Verhaltens, welche durch jene Umstände und Mittel begünstigt oder verpönt wurden, ganz andere als diejenigen, welche die protestantische Askese züchtete oder unterdrückte. Beim Leutnant z. B. oder Couleurstudenten und wohl auch beim Bischof ruhte jene gesteigerte Kreditwürdigkeit gewiß nicht auf der Züchtung geschäftlicher persönlicher Qualitäten. Und, – was an diese letzte Bemerkung unmittelbar anknüpft: – auch soweit die Wirkungsrichtung der Absicht nach die gleiche war, mußte die Wirq  In BR folgt: aus  r  Fehlt in BR.   62  Vgl. Schulte, Geschichte des mittelalterlichen Handels I, S.  231–272, hier S.  264: „Da ist nun zu beachten, daß sämtliche Schulden von deutschen Kirchenfürsten ge­ macht sind und weiter wohl sicher von den meisten beim Antritt des Amtes, wo die Kosten der päpstlichen Bestätigung und die eventuelle Regelung der Schulden des Vorgängers ein bedeutendes Geldbedürfnis erzeugen mußten. […] Im Vertrauen auf die kirchlichen Ermahnungen und Strafen, welche nötigenfalls die Kurie über den Schuldner verhängte, öffnete der römische, senesische und florentinische Kaufmann seinen Geldbeutel. Dieses System ist wohl schon um 1200 ausgebildet gewesen.“ Die kirchliche Strafe bestand in der Exkommunikation, die auch praktiziert wurde (vgl. ebd., S.  264 f.). 63  Schulden von Offizieren galten als Ehrenschulden. Wer seine Schulden auf Ehren­ wort gemacht hatte und nicht tilgte, konnte vor ein Ehrengericht gezogen werden, das Sanktionen bis zur Dienstentlassung verhängen konnte (§  30 Militärstrafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 20. Juni 1872). 64  Für die Heidelberger Allemannia, eine farbentragende Studentenverbindung, der Max Weber am 1. November 1882 beitrat, vgl. den Bericht Theodor Pflocks über das Sommersemester 1882: „Man half sich notgedrungen durch Schuldenmachen, zumal dem Couleurpump die Heidelberger Geschäftsleute bereitwilligst entgegenkamen – ebenso wie dem persönlichen Pump der einzelnen Mitglieder […]“ (Reinbach, WolfDiedrich, Max Weber und seine Beziehungen zur Burschenschaft Allemannia zu Hei­ delberg. – Heidelberg: o.V. 1999, Zitat S.  59). Schulden nicht zurückzuzahlen galt als unehrenhaft und konnte zum Ausschluß aus der Verbindung führen.

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kungsart eine grundverschiedene sein. Die mittelalterliche ebenso wie die lutherische Kirchenzucht lagen 1. in den Händen des geistlichen Amts, 2. wirkten sie, soweit sie überhaupt wirksam wurden, durch autoritäre Mittel und 3. straften oder prämiertens sie ein­ zelne konkrete Handlungen. Die Kirchenzucht der Puritaner und der Sekten lag | 1. mindestens mit, oft ganz und gar in den Händen von Laien, 2. wirkte sie durch das Mittel der Notwendigkeit der Selbstbehauptung und 3. züchtete sie Qualitäten oder – wenn man will: – las sie aus. Dies letzte ist das Wichtigste. Das Sekten- (oder Konventikel-)Mitglied mußte, um in den Kreis der Gemeinschaft einzutreten, Qualitäten bestimmter Art haben, deren Besitz – wie in dem ersten Aufsatz dargetan wurde65 – für die Entwicklung des rationalen modernen Kapitalismus wichtig war. Und es mußte, um sich in diesem Kreise zu behaupten, den Besitz dieser Qualitäten dauernd bewähren: sie wurden in ihm konstant und kontinuierlich gezüchtet. Denn wie – nach den Ausführungen des vorigen Artikels66 – seine jenseitige Seligkeit, so stand und fiel auch seine diesseitige ganze soziale Existenz damit, daß es sie „bewährte“63). Ein stärkeres Anzüchtungsmittel als eine solche Notwendigkeit der sozialen Selbstbehauptung im Kreise der Genossen gibt es nach aller Erfahrung nicht, und die kontinuierliche und unauffällige ethische Zucht der Sekten verhielt sich deshalb zur autoritären Kirchenzucht wie rationale Züchtung und Auslese zu Befehlt und Arrest. In dieser wie in fast jeder anderen Hinsicht sind die puritanischen Sekten, als die spezifischsten Träger der innerweltlichen Askese, die konsequenteste, in gewissem Sinn die einzig konse63)  Die katholische Beichte war, um es zu wiederholen,67 demgegenüber ein Mittel der Entlastung von dem gewaltigen inneren Druck, unter dem das Sektenmitglied in seiner Lebensführung fortwährend gehalten war. – Inwieweit gewisse, orthodoxe und heterodoxe, religiöse Gemeinschaftsbildungen des Mittelalters die Vorläufer dieser asketischen Denominationen des Protestantismus waren, ist hier noch nicht zu besprechen.68

s  Zu erwarten wäre: prämiierten  t BR: Prügel   65  Siehe Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, bes. S.  411–492. 66  Siehe Weber, ebd., oben, bes. S.  257–492. 67  Siehe Weber, ebd., oben, S.  285 f., Fn.  112, und S.  376 mit Fn.  235. 68  Von Weber nicht mehr ausgeführt; vgl. dazu die Einleitung, oben, S.  49–51.

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quente Antithese zur universalistischen katholischen Gnadenanstalt. Die allerstärksten individuellen Interessen der sozialen Selbstachtung wurden von ihnen in den Dienst jener Anzüchtung, also auch diese individuellen Motive und persönlichen Eigeninteressen in den Dienst der Erhaltung und Propagierung der „bürgerlichen“ puritanischen Ethik mit ihren Konsequenzen gestellt. Dies ist das absolut Entscheidende für die Penetranz und Wucht der Wirkung. Denn – um es zu wiederholen64):69 – nicht die ethische Lehre einer Religion, | sondern dasjenige ethische Verhalten, auf welches durch die Art und Bedingtheit ihrer Heilsgüter Prämien gesetzt sind, ist im soziologischen Sinn des Wortes „ihr“ spezifisches „Ethos“. Jenes Verhalten war beim Puritanismus eine bestimmte methodischrationale Art der Lebensführung, welche – unter gegebenen Bedingungen – dem „Geist“ des modernen Kapitalismus die Wege ebnete; die Prämien waren gesetzt auf „Bewährung“ vor Gott im Sinn der Versicherung des Heils:u bei allen puritanischen Denominationen, vor den Menschen im Sinn der sozialen Selbstbehauptung:v innerhalb der puritanischen Sekten. Beides ergänzte einander in der gleichen Wirkungsrichtung: es half den „Geist“ des modernen Kapitalismus, sein spezifisches Ethos, heißt das: das Ethos des modernen Bürgertums, entbinden. Die asketische Konventikelund wSektenbildung insbesondere,w mit ihrer radikalen Sprengung der patriarchalen und autoritären Gebundenheit65) und ihrer Art

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64)  Auf diese ganz entscheidende Pointierung des ersten dieser beiden Aufsätze70 sei erneut mit Nachdruck hingewiesen. Es war der Grundfehler meiner Kritiker, gerade dies nicht beachtet zu haben. Wir werden bei Gelegenheit der Besprechung der altisraelitischen Ethik im Verhältnis zu den in der Lehre sehr ähnlichen ägyptischen, phönikischen, babylonischen Ethiken auf einen ganz ähnlichen Sachverhalt stoßen.71 | 65)  Hierzu vgl. u. A. das oben aS.  449–451a Gesagte. Die antike jüdische ebenso wie B , B , C 235 R R1 die altchristliche Gemeindebildung wirkten, jede in anderer Art, in der gleichen Richtung (bei den Juden ist das Schwinden der sozialen Bedeutung der Sippe, wie wir sehen werden,72 dadurch bedingt, und das Christentum hat im frühen Mittelalter ähnlich gewirkt).

u  Doppelpunkt fehlt in BR, BR1.  v  Doppelpunkt fehlt in BR, BR1.  w–w BR, BR1: Sekten­bildung, insbesondere  a–a BR, BR1: Anm.   S.     69  Siehe Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, bes. S.  260 f. 70  Siehe Weber, ebd., oben, bes. S.  257–492. 71  Siehe Weber, Antikes Judentum, MWG I/21, S.  586–595, bes. S.  594 f. 72  Siehe Weber, ebd., „Die Entstehung des jüdischen Pariavolkes“, S.  607–757, bes. S.  691 ff. Gemeint ist der unter dem Einfluß der Prophetie schon vorexilisch vorberei­

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der Wendung des Satzes: daß man Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen,73 bildeteb eine der wichtigsten geschichtlichen Grundlagen des modernen „Individualismus“.74 Denn es bedarf schließlich, um die Art dieser ethischen Wirkungen zu verstehen, noch einer letzten vergleichenden Bemerkung. Auch in den Zünften des Mittelalters fand sich nicht selten eine ähnliche Kontrolle des allgemeinen ethischen Standardc der Mitglieder, wie sie die Kirchenzucht der asketischen protestantischen Sekten übted 66). Aber der unvermeidliche Unterschied in der Wirkung auf das wirtschaftliche Verhalten des Einzelnen liegt auf der Hand. Die Zunft vereinigte Berufsgenossen, also: Konkurrenten, in sich, und zwar zum Zweck der Begrenzung der Konkurrenz und des in ihr wirkenden rationalen Erwerbsstrebens. Sie erzog zu „bürgerlichen“ Tugenden und war in einem bestimmten (hier nicht näher zu erörternden) Sinn Trägerin von bürgerlichem „Rationalismus“. Aber im Sinn der „Nahrungspolitik“ und des Tra­di|tio­ nalismus, – mit den bekannten praktischen Konsequenzen,75 soweit ihre Wirtschaftsregulierung Macht gewann. Die Sekten aber, die nicht durch Lehrgang oder Familienbeziehung einbezogenee, technisch qualifizierte Berufs-f, sondern ethisch qualifizierteg Glau­ bensgenossen durch Auslese und Züchtung in sich vereinigten, kontrollierten und reglementierten deren Lebensführung aus­ 66)  Statt anderer Beispiele vgl. das Pariser Livre desh métiers des Prévôti Étienne de Boileau von 1268 (éd. Lespinassek und Bonnardotl in der Hist[oire] générale de Paris) p.  211, 8; 215, 4m.76 |

b BR, BR1: bilden    c Lies: Standards    d BR, BR1: übten    e BR, BR1: ausgelesene  f BR: Berufes-  In B1 Korrektur mit Bleistift.   g BR: qualifizierten  In BR1 Korrektur mit Bleistift.   h BR: de  In BR1 Korrektur mit Bleistift.   i BR: Provôc In BR1 Korrektur mit Bleistift zu: Prévôc  k BR: Despinesse  In B1 Korrektur mit Blei­ stift.  l BR: Bonnardos  In BR1 Korrektur mit Bleistift.   m BR, BR1: 5   tete Übergang vom politischen zum konfessionellen Verband bei Verschärfung des Dualismus der Binnen- und Außenmoral. 73  Vgl. Apg 5,29. 74  Dazu die Ausführung von Weber, Protestantische Ethik 1920, oben, S.  281 f. mit Fn.  108. 75  Zum Traditionalismus vgl. Weber, ebd., oben, S.  175–191. 76  Vgl. Boileau, Livre des métiers, p.  211, Abschnitt VIII (aus den Ordnungen für die Schwertfeger), und p.  215, Abschnitt IV (aus den Ordnungen für die Händler mit Süß­ wasserfischen). Die Zunftanwärter konnten bei nicht ausreichend qualifizierendem Lebenswandel von vornherein ausgeschlossen werden. Zum „Livre des métiers“ vgl. auch das Glossar, unten, S.  612.

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schließlich im Sinne formaler Rechtlichkeit und methodischer Askese, ohne jenen die Expansion des rationalen Erwerbsstrebens hemmenden materialen nahrungspolitischen Zweckn. Kapitalistischer Erfolg eines Zunftgenosseno zersetztep den Zunftgeist – wie es in England und Frankreich geschah – und war perhorresziert. Kapitalistischer Erfolg eines Sektenbrudersq war – wenn rechtlich errungen – ein Beweis von dessen Bewährung und Begnadung, hob das Prestige und die Propagandachancen der Sekte und war deshalb gern gesehen, wie die mehrfach zitierten Äußerungen beweisen.77 Die Organisation der freien Arbeit in den Zünften in ihrer okzidentalen mittelalterlichen Form ist gewiß – sehr entgegen ihrer Absicht – nicht nur ein Hemmnis, sondern auch eine Vorstufe der kapitalistischen Arbeitsorganisation gewesen, die vielleicht nicht hätte entbehrt werden können67). Aber das moderne bürgerlichkapitalistische Ethos hat sie natürlich nicht aus sich gebären können. Denn dessen ökonomisch r„individualistische“ Antrieber konnte nicht sie, sondern nur die Lebensmethodik der asketischen Sekten slegitimieren und verklärens. | 67)  Die Analyse dieser ziemlich verschlungenen Kausalbeziehungen kann hier nicht B , B , C 236 R R1 nebenher unternommen werden. |

n  In BR1 Korrektur einer Textverderbnis mit Bleistift.    o BR1 (mit Bleistift): Zunft­ genossen  p BR: zersetzten  In BR1 Korrektur mit Bleistift.   q B1 (mit Bleistift): Sektenbruders  r–r BR, BR1: „individualistischen“ Antrieb  s–s BR: schaffen und überdies religiös legitimieren und erklären BR1 (mit Tinte): schaffen und überdies: religiös legitimieren und verklären   77  Siehe oben, S.  493–507.

Verzeichnisse und Register

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Dieses Verzeichnis berücksichtigt nur diejenigen Personen, die in den Texten Max Webers Erwähnung finden, inklusive der von ihm genannten Autoren. Dynastien werden im Glossar aufgeführt. Die Einträge folgen zumeist RE3, RGG, RGG4, TRE, BBKL, NDB, dem Oxford Dictionary of National Biography oder den Personenverzeichnissen anderer Bände der Max Weber-Gesamtausgabe. Zugrunde liegt die Schreibung Max Webers.

Adams, Thomas (1583–1652). Geistlicher der englischen Staatskirche. Pfarrer in Bedfordshire, Buckinghamshire, seit 1619 in London. Galt seinen Zeitgenossen als exzellenter Prediger. Seine Schriften sind teilweise in den von Weber herangezogenen „Works of the English Puritan Divines“ enthalten. Aegidius von St. Gilles (Ende 7. Jahrhundert – Anfang 8. Jahrhundert). Einsied­ler. Gilt als Gründer und erster Abt der Abtei Saint-Gilles in Südfrankreich. Der Legende nach soll der aus einer vornehmen Familie Griechenlands stammende Eremit von einer Hirschkuh ernährt und von einem Gotenkönig aufgefunden worden sein. Ainsworth, Henry (1569–1622). Englischer puritanischer Separatist. Seit Mitte der 1590er Jahre in Amsterdam, dort neben dem Pastor Francis Johnson (1562– 1618) „teacher“ der sog. „Ancient Church“ englischer Exulanten. Max Weber zitiert mehrfach aus der vermutlich von ihm herausgegebenen „Apologie or Defence of such True Christians as are Commonly called Brownists“ (1604), in der die Petitionen enthalten sind, mit der die „Ancient Church“ bei → Jakob I. um Toleranz warb. Die von Johnson vertretene Ansicht einer allein den Ältesten zukommmenden kirchenleitenden Funktion führte Ende 1610 zu seinem Ausscheiden aus der „Ancient Church“; bis zum Ende seines Lebens Geistlicher seiner Anhänger. Alberti, Leon Battista (14.2.1404–25.4.1472). Italienischer Humanist, Architekturtheoretiker und Architekt der Frührenaissance. Geboren während der Verbannung der Familie aus Florenz vermutlich in Genua, Studium des Kirchenrechts in Bologna und Padua, 1431–64 päpstlicher Abbreviator; für seinen Unterhalt erhielt er das Priorat der Abtei von San Martino in Gangalandi, Diözese Florenz; 1434–43 mit Papst Eugen IV. im Exil in Florenz, 1438 Teilnahme am Konzil von Ferrara. Hauptwerk: „De re aedificatoria“ (Erstdruck 1485); seine vier Bücher „Della famiglia“ sind bedeutend für die Entwicklung der italienischen Prosa (Erstdruck 1843). Antonin(us) von Florenz (eigentl. Antonino Pierrozzi) (1.3.1389–2.5.1459). Erzbischof von Florenz. Der Sohn eines Notars wurde 1405 Dominikanermönch, seit ca. 1444/46 Erzbischof von Florenz; 1523 von Papst Hadrian VI. heiliggespro-

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chen. Verfaßte eine „Summa theologica moralis“, in der spätscholastische Ideen zu Kapitalgewinn und Zins über → Thomas von Aquin hinaus weiterentwickelt wurden. Von Max Weber zusammen mit → Bernhardin von Siena als spätmittelalterlicher Wirtschaftsethiker und -theoretiker bezeichnet. Arnold, Matthew (24.12.1822–15.4.1888). Englischer Dichter und Kulturkritiker. Jahrzehntelang Schulinspektor, 1857–67 Professor für Poetik in Oxford. Seine in „Culture and Anarchy“ (1869) vertretene Kulturkritik richtet sich v. a. gegen England, dem es an einem an höheren Werten orientierten Bildungsideal mangele. Setzte sich für eine literarische Bibelinterpretation ein, so in „St. Paul and Protestantism“ (1870). Ashley, (seit 1917:) Sir William James (25.2.1860–23.7.1927). Englischer Wirtschaftshistoriker. 1885 Fellow in Oxford, 1888 Professor of Political Economy and Constitutional History in Toronto, 1892 für Wirtschaftsgeschichte an der Harvard University (weltweit der erste Lehrstuhl dieses Faches), 1901–25 für Economy in Birmingham. Zu seinen Hauptwerken zählt „An Introduction to English Economic History and Theory“ (2 Bände, 1888/93). Aurelius Augustinus (13.11.354–28.8.430). Kirchenlehrer. Seit 397 Bischof im nordafrikanischen Hippo Regius; zählte die Prädestinationslehre zu den kirchlichen Lehrstücken. Aymon, Jean (1661–ca. 1734). Französisch-niederländischer Theologe. Der fran­ zösische Priester soll zweimal zum Calvinismus konvertiert sein, außerdem soll er aus der königlichen Bibliothek in Paris Manuskripte entwendet haben; vermutlich seit 1707 in den Niederlanden (Den Haag), wo er als Pastor wirkte und „Tous les Synodes nationaux des Eglises réformées de France“ (2 Bände, 1710) herausgab. Bacon, Francis (22.1.1561–9.4.1626). Englischer Philosoph und Staatsmann. 1618–21 Lordkanzler. Gilt als einer der Väter der modernen Naturwissenschaften und Begründer des philosophischen Empirismus, demzufolge allein Beobachtung und Experiment Ausgangspunkt der Erkenntnis sein können. Bailey → Bayly, Lewis. Baillie, Robert (30.4.1602 – August 1662). Schottischer Presbyterianer. 1631 Ordination zum Geistlichen der schottischen Kirche, 1638 beteiligt am National Covenant, seit 1642 Professor für Theologie in Glasgow; 1643–47 Teilnahme als schottischer Gesandter an der Westminster Assembly. Seine Briefe („Letters and Journals“, 3 Bände, 1841) geben Einblick in die Geschichte Schottlands seiner Zeit. Baist, Gottfried (28.2.1853–22.10.1920). Romanist. 1891–1918 o. Professor in Freiburg i. Br. Textkritisch-literaturgeschichtliche und etymologisch-sprachge-

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schichtliche Arbeiten; sein Interesse galt dem (Alt-)Spanischen. Max Weber war mit ihm seit seiner Freiburger Zeit befreundet. Barclay, Robert (23.12.1648–3.10.1690). Schottischer Quäker. Entstammte einer vermögenden Familie; Ausbildung am Collegium Scoticum in Paris; wurde unter dem Einfluß seines Vaters 1667 Quäker; lebte auf dem väterlichen Landsitz Ury und widmete sich literarischen Arbeiten; 1676 und 1679 wegen seines Bekenntnisses zum Quäkertum inhaftiert; seit 1680 gute Kontakte zum späteren König Jakob II. (reg. 1685–1688). „An Apology for the true Christian Divinity“ (lat. 1676, engl. 1678) gilt als Standardwerk des Quäkertums. Barclay, Robert (4.8.1833–11.11.1876). Englischer Quäker. Nachfahre des gleichnamigen Quäkers → Barclay; erhielt seine Erziehung auf Quäkerschulen; Besitzer einer Papiermanufaktur; betätigte sich als Laienprediger auf Quäkerversammlungen. Eigene Forschungen führten zu „The inner Life of the Religious Societies of the Commonwealth“ (1876). Barebone, Praisegod (ca. 1598–1679/80). Englischer Laienprediger und Staatsmann. Lederhändler in London; seit ca. 1632 Prediger einer halbseparatistischen Gemeinde; 1653 von → Oliver Cromwell nominiertes Mitglied des Langen Parlaments, das wegen seiner radikalen Neuerungsbestrebungen auch als „Barebone’s Parliament“ bekannt ist. Baxter, Richard (12.11.1615–8.12.1691). Geistlicher der englischen Staatskirche, Puritaner und Erbauungsschriftsteller. 1638 Ordination, 1641 Lecturer in Kidderminster, Worcestershire; 1645 Militärgeistlicher in → Oliver Cromwells Parlamentsheer, 1649 Rückkehr in das als sittlich und religiös verwahrlost geltende Kidderminster, das er zur „Mustergemeinde“ (Rudolf Buddensieg, RE3, 2.  Band, 1897, S.  4 86) formte; 1660 königlicher Kaplan → Karls II. in London; schied 1662 wegen Ablehnung der Uniformitätsakte aus der Staatskirche aus; lebte anschließend v. a. als Erbauungsschriftsteller in Acton, Middlesex; 1685/86 wegen angeblicher Verleumdung der Staatskirche in Gefangenschaft, bis zum Toleranz­ edikt 1689 Anfeindungen ausgesetzt. Verfaßte weit über 100 Schriften, darunter „The Saints’ Everlasting Rest“ (1650), und das umfangreiche „Christian Directory“ (1664/65, 21678). Bayle, Pierre (18.11.1647–28.12.1706). Französischer Philosoph. 1677–81 Professor für Philosophie an der reformierten Akademie in Sedan, danach an der École illustre in Rotterdam. Hauptwerk: „Dictionnaire historique et critique“ (1697, 21702, dt. 1740). Gilt als von → Descartes beeinflußter Inspirator der Aufklärungsphilosophie. Bayly, Lewis (um 1575–26.10.1631). Geistlicher der englischen Staatskirche und Puritaner. 1600 Pfarrer in Evesham, 1613 theologischer Doktorgrad (D.D.), Oxford; Pfarrer in London und Hofkaplan → Jakobs I., seit 1616 Bischof von Bangor, Nordwales; fiel am Hof wegen seiner Kritik am „Book of Sports“ und an katholisierenden Tendenzen in Ungnade, deswegen 1621 inhaftiert. Verfaßte das

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vielmals übersetzte Erbauungsbuch „The Practice of Piety“ (31613), das sich durch kasuistisch-konkrete Lebensanleitung auszeichnet. Gilt Max Weber als Vertreter des puritanischen „Pietismus“. Below, Georg von (19.1.1858–20.10.1927). Historiker. 1891 o. Professor in Mün­ ster, 1897 in Marburg, 1901 in Tübingen und 1905–24 in Freiburg i. Br. Arbeiten zur mittelalterlichen Wirtschafts- und Verfassungsgeschichte und zu Methodenproblemen der Geschichtswissenschaft. Max Weber stand zu ihm in kollegialer Beziehung. Benedikt von Nursia (um 480–21.3.547). Einsiedler und Abt. Aus wohlhabender Familie stammend; lebte drei Jahre als Einsiedler in einer Grotte bei Subiaco, zwischen 520 und 530 Gründung des Klosters Monte Cassino. Verfaßte für sein Kloster die „Regula Benedicti“, auf die mit der karolingischen Reform das gesamte abendländische Mönchtum verpflichtet wurde. Bernhard von Clairvaux (1090/91–20.8.1153). Abt und Mystiker. Trat 1113 in das Zisterzienserkloster in Cîteaux ein, 1115 mit der Gründung von Clairvaux beauftragt, dessen Abt er wurde. Nahm auf den institutionellen Ausbau und die geistliche Formung des Zisterzienserordens entscheidenden Einfluß. Seine mystische Theologie entfaltete er anhand der allegorischen Deutung des alttestamentlichen Hohelied-Buches; 1174 heiliggesprochen, 1830 zum Kirchenlehrer erhoben. Bernhardin von Siena (8.9.1380–20.5.1444). Franziskanermönch und Theologe. 1404 Priesterweihe, nach 1417 bekannter Volksprediger, 1438–42 Generalvikar der Observanten, des streng asketisch ausgerichteten Zweigs des Franziskaner­ ordens; 1450 heiliggesprochen. Von Max Weber zusammen mit → Antonin von Florenz als spätmittelalterlicher Wirtschaftsethiker und -theoretiker bezeichnet. Bernstein, Eduard (6.1.1850–18.12.1932). Sozialdemokratischer Politiker und Publizist. Auf dem sozialdemokratischen Parteikongreß 1875 maßgeblich am Zustandekommen des Gothaer Programms beteiligt; seit 1881 Herausgeber der Zeitschrift „Der Sozialdemokrat“; 1887–1901 in London; 1902–06, 1912–18 und 1920–28 MdR für die SPD. Gilt als theoretischer Begründer und Führer des revisionistischen Flügels der Sozialdemokratie. Max Weber schätzte seine Studien zur englischen Revolution. Berthold von Regensburg (um 1210–14.12.1272). Mittelalterlicher Volksprediger. Wohl um 1226 Eintritt in die Regensburger Niederlassung der Franziskaner; 1240 Prediger in Augsburg, schon um 1250 als gewaltiger Volksprediger gerühmt, 1263 zum Kreuzzugsprediger bestellt. Die überlieferten Predigtsammlungen mit mehreren hundert lateinischen und über 70 deutschen Predigten zeigen scharfe Kritik an gesellschaftlichen Mißständen. Beza, Theodor (Théodore de Bèze) (24.6.1519–13.10.1605). Genfer Reformator. 1535–39 juristisches Studium in Orléans, nach Bekenntnis zur evangelischen Lehre Flucht aus Frankreich; 1559–98 erster Rektor der von → Calvin zur Ausbil-

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dung reformierter Prediger gegründeten Genfer Akademie; 1564–98/1600 Nachfolger Calvins in Genf. Verfaßte u. a. die erste „Vita Calvini“ (1554) und schuf eine Übersetzung des Neuen Testaments (1565, 51598). Trug wesentlich zur Fe­sti­ gung der Genfer Kirche und Ausbreitung der reformierten Kirchen bei. Bielschowsky, Albert (3.1.1847–21.10.1902). Literaturwissenschaftler. 1869 Promotion in Breslau; 1870–86 im höheren Schuldienst in Brieg (Schlesien) tätig. Bekannt durch „Goethe, Sein Leben und seine Werke“ (2 Bände, 1896/1904). Bilderdijk, Willem (7.9.1756–18.12.1831). Niederländischer Jurist und Dichter. Jurist in Den Haag, lebte seit 1797 in Braunschweig, 1806–10 königlicher Bibliothekar und Sekretär des Nationalinstituts, hielt danach als Privatgelehrter in Leiden Vorlesungen zur niederländischen Geschichte. Der christlich konservative, politisch reaktionäre Bilderdijk wurde einflußreich bei seinen Schülern, zu denen → Abraham Capadose, → Isaac da Costa und → Guillaume Groen van Prinsterer zählten. Gilt als Begründer des niederländischen Réveil (Erweckungsbewegung). Blaustein, David (15.5.1866–26.8.1912). Aus Rußland stammender jüdischer Gelehrter. Seit 1883 Studium des Hebräischen, der rabbinischen Literatur und jüdischen Geschichte in Preußen; 1886 Ausweisung, Ausreise nach Boston; 1889–93 Studium am Harvard College; 1892–98 Rabbiner in Providence, RI, während dessen auch Dozent („assistant professor“) für semitische Sprachen an der Brown University; 1898–1907 Leiter („superintendent“) der Educational Alliance in New York City; 1910–12 Dozent an der New York School of Philan­ thropy. Max Weber lernte ihn auf seiner USA-Reise 1904 kennen. Boileau, Étienne (ca. 1200–1270). Seit 1261 Prévôt (königlicher Vogt) der Stadt und Vizegrafschaft Paris. Hielt in dem um 1268 abgefaßten „Livre des métiers“ die Ordnung der Pariser Gewerbe sowie die Rechte und Pflichten der Zünfte gegenüber dem Stadtherrn fest. Bonaventura (eigentl. Giovanni Fidanza) (um 1217–15.7.1274). Franziskaner. Etwa 1243 Eintritt in den Orden, seit 1257 Magister regens an der Universität Paris und Generalminister seines Ordens; 1273 zum Kardinalbischof von Albano erhoben. Vereint in seinem Denken und Schrifttum ältere Traditionen mit der Scholastik und franziskanischem Gedankengut; seit 1257 Reflexionen über das mystische Leben und Erleben; 1482 heiliggesprochen. Zeitgenosse des in der Folgezeit bekannteren → Thomas von Aquin. Bonn, Moritz Julius (28.6.1873–25.1.1965). Nationalökonom. 1895 Promotion zum Dr. oec. publ. in München bei → Lujo Brentano, 1905 Habilitation ebd.; 1910 a.o. Professor und Direktor an der Handelshochschule in München, 1914–17 und 1924–26 Gastprofessor in den USA, 1920–33 o. Professor der Staatswissenschaften an der Handelshochschule in Berlin (Entlassung aus rassistischen Gründen); 1933–38 an der London School of Economics, 1939–46 Professor in den USA.

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Bonucci, Anicio (4.5.1803–3.1.1874). Italienischer Philologe. Herausgeber u. a. der Werke von → Leon Battista Alberti. Borinski, Karl (11.6.1861–12.1.1922). Deutscher Literaturhistoriker. Studium der Germanistik und Geschichte in Berlin und München, 1883 Promotion, 1884 Habilitation, 1905 a.o. Professor für Neuere Literaturgeschichte in München, seit 1917 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Brassey, Thomas (seit 1911:) 1st Earl Brassey (11.2.1836–23.2.1918). Englischer Unternehmer, Politiker und Publizist. 1865 und 1868–86 liberales Mitglied des Unterhauses; 1879/80 Präsident der Royal Statistical Society. Herausgeber und Verfasser von Standardwerken u. a. über die Lohnbildung in England sowie die Arbeiterfrage. Braune, Wilhelm (20.2.1850–10.11.1926). Germanist. 1880 o. Professor in Gießen, 1888–1919 in Heidelberg. Autor sprachgeschichtlicher und grammatischer Standardwerke, letzteres etwa zum Althochdeutschen und Gotischen. Brentano, Lujo (18.12.1844–9.9.1931). Nationalökonom. 1866 Dr. jur., 1867 Dr. phil., 1871 Habilitation in Berlin; 1872 a.o. Professor in Breslau, 1873 o. Professor ebd., 1882 in Straßburg, 1888 in Wien, 1889 in Leipzig und seit 1891 in München. Vertreter der historischen Schule der deutschen Nationalökonomie; 1872 Beteiligung an der Gründung des Vereins für Socialpolitik, dessen linksliberalem Flügel er angehörte; Verfasser wirtschaftshistorischer Arbeiten. Max Weber trat seit 1893 in persönliche Beziehung zu Brentano, dessen Lehrstuhlnachfolger er 1919 in München wurde. Brodnitz, Georg (18.11.1876–4.12.1941). Deutscher Nationalökonom. Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Paris, Oxford, Berlin und Halle, 1900 Promotion zum Dr. jur. in Leipzig, 1901 zum Dr. phil. in Halle, dort 1902 Habilitation, 1909 a.o. Professor und 1927–33 Extraordinarius, 1941 umgebracht im Ghetto Łódz´. Verfaßte u. a.: „Englische Wirtschaftsgeschichte“ (1918). Browne, Robert (ca. 1550–1633). Wegbereiter der englischen puritanisch-separatistischen Bewegung. 1581 Bruch mit der englischen Staatskirche, gründete in Norwich eine selbständige Gemeinde, mit der er 1582 ins niederländische Middelburg emigrierte; Rückkehr über Schottland nach England, wo er sich 1585 wieder der Staatskirche anschloß. Verfaßte in Middelburg drei (zusammen gedruckte) Schriften, darunter „A Treatise of Reformation without tarrying for anie“ (1582), worin er den Gedanken vertrat, die wahren Christen sollten sich in Einzelgemeinden (congregations) zusammenschließen, über die Mitgliedschaft der (freiwilligen) Gemeindeglieder selbst bestimmen und ihre Kirchendiener frei wählen. Bryce, James (seit 1914:) 1st Viscount of Dechmont (10.5.1838–22.1.1922). Britischer Jurist, Politiker und Historiker. 1870–93 Professor für Römisches Recht (civil law) in Oxford; 1880–1907 Mitglied des Unterhauses für die liberale Partei;

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1894/95 Handelsminister, 1905/06 Staatssekretär für Irland, 1907–13 Botschafter in Washington; 1914 Mitglied des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag, nach dem 1. Weltkrieg Förderer des Völkerbundes. Sein Werk „The American Commonwealth“ (1888 u. ö.) wurde von Max Weber sehr geschätzt. Bucer (auch: Butzer), Martin (11.11.1491–28.2. oder 1.3.1551). Straßburger Reformator. Seit 1522/23 evangelischer Prediger, seit ca. 1525 in Straßburg; 1529 beim Marburger Religionsgespräch um die Überbrückung der Gegensätze zwischen → Luther und → Zwingli bemüht; 1549 zwang ihn die Einführung des Interims in Straßburg zur Emigration nach England. Sein Leichnam wurde im Ketzerprozeß unter Maria I. Tudor 1557 öffentlich verbrannt. Buckle, Henry Thomas (24.11.1821–29.5.1862). Englischer Historiker. Der zeitlebens gesundheitlich angeschlagene Buckle betrieb seit den 1840er Jahren als Autodidakt umfassende literarische und historische Studien; sein einziges Werk „History of Civilization in England“ (2 Bände, 1857/61) blieb Fragment des ursprünglichen Plans. Max Weber wünschte sich das Werk 1882 zu Weihnachten. Bunyan, John (28.11.1628–31.8.1688). Englischer Laienprediger und Erbauungsschriftsteller. Der gelernte Kesselflicker kämpfte 1644–46 im englischen Bürgerkrieg in der Parlamentsarmee → Oliver Cromwells; um 1655 Anschluß an eine independente (baptistische) Gemeinde in Bedford, dort als Laienprediger tätig, nach der Restauration 1660–72 und 1676/77 wegen Mißachtung des Predigtverbots für Nonkonformisten inhaftiert, 1672 bis zu seinem Tod Pastor der Bedforder Gemeinde. Sein im Gefängnis verfaßtes Werk „The Pilgrim’s Progress“ (1678, erweitert 1679, 2. Teil  1684) avancierte zum Klassiker der Weltliteratur. Burckhardt, Jacob (25.5.1818–8.8.1897). Schweizer Kultur- und Kunsthistoriker. 1836–43 Studium der Philologie, Alten Geschichte, Theologie, Kunstgeschichte und Geschichte, 1855–58 Professor für Archäologie am Polytechnikum Zürich, 1858–86 o. Professor für Geschichte in Basel, bis 1893 Professor für Kunstgeschichte ebd. „Die Cultur der Renaissance in Italien“ (1860) ließ ihn zum Begründer der modernen Renaissance-Forschung werden. Busken Huet, Conrad (28.12.1826–1.5.1886). Niederländischer Schriftsteller und Kritiker. Zunächst Pastor in Haarlem, danach Kritiker auf theologischem und literarischem Gebiet, u. a. in der Zeitschrift „De Gids“. Zu seinen Werken zählt „Het land van Rembrand“ (1882–84, dt. 1886/87). Butler, Samuel (getauft am 8. oder 14.2.1613–25.9.1680). Englischer Satiriker. Studium in Cambridge; zunächst Schreiber eines Friedensrichters, unter → Oliver Cromwell Sekretär eines radikal-puritanischen Offiziers. Während der Restaurationszeit entstand die dreiteilige Verssatire „Hudibras“ (1663–78), die sich gegen den Puritanismus der vorangehenden Epoche richtet.

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Calvin, Johannes (eigentl. Jean Cauvin) (10.7.1509–27.5.1564). Reformator. 1523–31 Studium der Artes liberales und Rechtswissenschaft in Paris, Orléans und Bourges, humanistische Studien in Paris; 1536–38 reformatorisches Wirken in Genf, wegen Konflikten mit den Behörden ausgewiesen, 1538–41 Pfarrer der französischen Flüchtlingsgemeinde in Straßburg, 1541 Rückkehr nach Genf, dort Reformplan mit den „Ordonnances ecclésiastiques“, der das kirchliche Leben neu organisierte und dabei die weltlichen Behörden mit einbezog; strenge Handhabung der Kirchenzucht, die zum Abendmahl zuließ oder von ihm ausschloß; seit 1551 Auseinandersetzung mit Jerome Bolsec über die Prädestinationslehre; veranlaßte 1553 die Hinrichtung des Antitrinitariers Michael Servet; 1559 Eröffnung der Genfer Akademie. Hauptwerk: „Institutio christianae religionis“ (lat. 1536, 21539, 31559). Aktive Beteiligung an der Ausbreitung seines Reforma­ tionswirkens in der Schweiz (Consensus Tigurinus, 1549). Capadose, Abraham (22.8.1795–16.12.1874). Vertreter des niederländischen Réveil (Erweckungsbewegung). Entstammte einer portugiesisch-jüdischen Familie; 1822 unter dem Einfluß → Willem Bilderdijks zusammen mit → Isaac da Costa Taufe; bis 1826 Arzt in Amsterdam; seine strenge Auffassung der Prädestina­tionslehre führte zum Kampf gegen die Pockenimpfung; seit 1833 in Den Haag, setzte er sich für die Bekehrung der Juden ein. Carl II. → Karl II. Carlyle, Thomas (4.12.1795–5.2.1881). Schottischer Schriftsteller und Historiker. Streng puritanisch erzogen, studierte er Mathematik, Philosophie und alte Sprachen in Edinburgh; 1865 Lordrektor der Universität Edinburgh. Beschäftigte sich mit der Philosophie des Idealismus, die er nach England vermittelte. Durchbruch u. a. mit „Oliver Cromwell’s letters and speeches“ (1845). Sein teleologisches Geschichtsbild, dargestellt am aufsteigenden Heldentum der Gottheiten, Propheten, Dichter, Theologen, Schriftsteller bis zu dem der Staatsmänner, zeigt sich in „On heros, hero-worship and the heroic in the history“ (1841). Lehnte Liberalismus und Demokratie ab und verurteilt in der Schrift „Past and Present“ (1843) scharf den Materialismus („Mammonismus“) seiner Zeit. Cartwright, Thomas (ca. 1535–27.12.1603). Englischer Frühpresbyterianer. Seit 1569 Professor für Theologie in Cambridge; sein Einsatz für eine presbyterianische Kirchenverfassung führte ihn ins Exil, so 1571 an die Genfer Akademie, und nach seiner Rückkehr nach England (1572), während der er sich mit Erzbischof John Whitgift in eine Kontroverse verstrickte, nach Heidelberg (1574), Antwerpen (1577) und Middelburg (1582); 1585 Rückkehr nach Warwick; 1590–92 wegen Auseinandersetzungen mit Whitgift mehrfach inhaftiert. Marcus Porcius Cato Censorius (234–149 v. Chr.), Cato major. Römischer Politiker und Redner. Consul (195 v. Chr.), Censor (184 v. Chr.). Berühmt als Verfechter der altrömischen Tugenden; mit seiner Schrift „De agricultura“ frühester römischer Agrarschriftsteller.

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Charnock, Stephen (1628–27.7.1680). Englischer Puritaner. 1650 Fellow am New College, Oxford; seit 1656 Kaplan Henry Cromwells in Irland; 1659 Senior Fellow am Trinity College, Dublin; widmete sich nach seiner Rückkehr nach London wegen der Uniformitätsakte (1662) dem literarischen Leben, übernahm erst 1675 wieder ein Amt in einer nonkonformistischen Gemeinde. Seine Schriften sind in den „Works of the English Puritan Divines“ enthalten. Chillingworth, William (12.10.1602–30.1.1644). Anglikanischer Theologe. Schüler von → William Laud; 1629 Übertritt zum Katholizismus, der ihn an die Ausbildungsstätte englischer Katholiken in Douai führte; 1631 Rückkehr nach Oxford; kehrte 1638 in die anglikanische Kirche zurück; 1638 Wahl zum Bevollmächtigten (chancellor) des Domkapitels von Salisbury; im Bürgerkrieg Royalist. Gilt als Begründer des Latitudinarismus („broad church“). Christoph von Württemberg (12.5.1515–28.12.1568). Herzog von Württemberg (1550–68). Beauftragte Johannes Brenz mit der Abfassung der reformatorischen „Confessio Wirtembergica“; diese wurde 1552 dem Konzil von Trient überreicht, aber nicht besprochen; der Herzog erklärte darum das 1648 verhängte Augsburger Interim (das Reichsgesetz enthielt eine „Zwischenreligion“, die bis zur Entscheidung eines allgemeinen Konzils über die Wiedereingliederung der Prote­ stanten in die Kirche gelten sollte) für aufgehoben. Das Bekenntnis ging neben dem Augsburger Bekenntnis (1530) in die württembergische „Große Kirchenordnung“ (1559) ein. Clarkson, Thomas (28.3.1760–16.9.1846). Mitgründer der Abolitionsbewegung in England. Sein Einsatz für die Abschaffung der Sklaverei, bei dem er mit Quäkern zusammenarbeitete, brachte ihn zur Beschäftigung mit deren Überzeugungen („A Portraiture of the Christian Profession and Practice of the Society of Friends“, 1806). Cock, Hendrik de (12.4.1801–14.11.1842). Niederländischer reformierter Pfarrer. Gelangte zu einer orthodox-calvinistischen Auffassung und begann nach altreformiertem Brauch Kinder anderer Gemeinden zu taufen, deswegen 1833/34 seines Amtes enthoben; vollzog mit seiner Pfarrgemeinde im Oktober 1834 den Auszug („Afscheiding“) aus der Nederlandse Hervormde Kerk, der sich weitere Pfarrer und Gemeinden als „Christelijke Afgescheiden Kerk“ anschlossen; diese vereinigte sich 1886 teilweise mit der Doleantie (→ Abraham Kuyper) und schloß sich 1892 mit dieser zur „Gereformerde Kerken in Nederland“ zusammen. Colbert, Jean-Baptiste (seit 1658:) Marquis de Seignelay (29.8.1619–6.9.1683). Französischer Staatsmann und Vertreter des Merkantilismus (Colbertismus). Seit 1665 Generalkontrolleur der Finanzen; schuf 1661–72 durch grundlegende Reformen die Basis für die Außen- und Kolonialpolitik → Ludwigs XIV. Zur Finanzierung der Hofhaltung und der Kriege des Königs waren er und seine Nachfolger gezwungen, die Steuern rasant zu erhöhen.

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M. Iunius Moderatus Columella (1. Jahrhundert n. Chr.). Römischer Ritter aus Gades, dem heutigen Cádiz. Verfaßte um die Mitte des 1. Jahrhunderts „De re rustica“ in 12 Büchern. Seine Schriften dienten Weber in seiner Habilitationsschrift über „Die römische Agrargeschichte“ als Quellen. Cornelius, Carl Adolf (12.3.1819–10.2.1903). Historiker. Studium in Bonn und Berlin, u. a. bei → Leopold v. Ranke, 1851 Habilitation in Münster; 1855 o. Professor in Bonn, seit 1856 in München. Wissenschaftlicher Parteigänger → Ignaz v. Döllingers; wurde altkatholisch. 1890–98 Sekretär der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Arbeiten zum Täuferreich und Humanismus in Münster. Da Costa, Isaac (14.1.1798–28.4.1860). Niederländischer Advokat und Dichter jüdischer Herkunft. Unter dem Einfluß → Willem Bilderdijks ließ er sich 1822 zusammen mit → Abraham Capadose taufen; schloß sich dem Réveil (Erweckungsbewegung) an, hielt Privatvorlesungen über biblischen Studien. Bekannt durch seine „Einreden wider den Zeitgeist“ (1823). Court, Pieter de la (1618–28.4.1685). Niederländischer Textilfabrikant und politischer Ökonom. Entstammte einer protestantischen flandrischen Immigrantenfamilie; Mitgründer und Inhaber einer Textilfirma in Leiden; in den 1660er Jahren Berater von Johan de Witt, dem Ratspensionär von Holland (1653–72). Nach Hugo Grotius Begründer des niederländischen Wirtschaftsliberalismus. Sein Hauptwerk „Interest van Holland“ (1662) erschien unter dem Namen de Witts. Cranmer, Thomas (2.7.1489–21.3.1556). Erzbischof von Canterbury und Reformator der englischen Staatskirche. 1523 theologischer Doktorgrad (D.D.), 1523–29 Professor für Theologie in Cambridge; 1532 zum Erzbischof von Canterbury ernannt, befürwortete die Ehescheidungen Heinrichs VIII. (1533, 1535 und 1540); förderte die Ausgestaltung der seit 1534 bestehenden anglikanischen Staatskirche („Book of Common Prayer“, 1549, rev. 1552). Verfaßte eine Vorrede zur „Great Bible“ (1539), einer Revision der Matthew-Bible (1537), die sich aus der Bibelübersetzung von → William Tyndale und Miles Coverdale zusammensetzte. Unter Maria I. Tudor 1553 im Tower inhaftiert, starb als Häretiker auf dem Scheiterhaufen. Cromwell, Oliver (25.4.1599–3.9.1658). Englischer Heerführer und Staatsmann. 1640–53 Mitglied des Langen Parlaments; im englischen Bürgerkrieg einer der Führer des königsfeindlichen Lagers; bildete eine von religiöser Überzeugung getragene Kavallerie aus strengen Puritanern („Ironsides“), mit der er 1644 zum Sieg des Parlamentsheeres bei Marston Moor entscheidend beitrug, ebenso mit der „New Model Army“ 1645 bei Naseby; betrieb mit dem „Rumpfparlament“ die Hinrichtung → Karls I. (1649); proklamierte die Republik des „Commonwealth of England“; 1649 blutige Niederwerfung des Aufstands in Irland, wo der Prinz von Wales zum König (→ Karl II.) ausgerufen worden war, 1650 in Schottland, wohin Karl geflohen war (3. Sept. 1650 Sieg bei Dunbar über die Schotten, 3. Sept. 1651 Vernichtung des royalistischen Heeres bei Worcester); löste 1653 das

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Rumpfparlament auf und berief das „Parlament der Heiligen“ (4. Juli – 12. Dez. 1653); am 16. Dez. 1653 Proklamation einer neuen Verfassung mit Cromwell an der Spitze als „Lord Protector of the Commonwealth of England, Scotland and Ireland“. Trat radikalen Zielen entgegen (gegen die Leveller und Barebone’s Parliament; → Praisegod Barebone), verfolgte zumindest für die Protestanten eine Politik religiöser Toleranz; außenpolitisch erfolgreich. Cromwell, Richard (4.10.1626–12.7.1712). Englischer Staatsmann, Sohn von → Oliver Cromwell. Nach dessen Tod von Sept. 1658 bis Mai 1659 „Lord Protector of the Commonwealth“, konnte diese Position wegen politischer Schwierigkeiten und mangels Autorität nicht halten; mit der Restauration 1660 Exil in Frankreich, Rückkehr nach England erst im hohen Alter. Cunningham, William (29.12.1849–10.6.1919). Britischer Wirtschaftshistoriker. 1891–97 Professor of Economy and Statistics am Kings’s College, London, 1899 Dozent für Wirtschaftsgeschichte an der Harvard University; Fellow der British Academy, 1911 Präsident der Royal Historical Society. Vertreter der historischen Schule der Nationalökonomie. Hauptwerke: „Growth of English Industry and Commerce“ (1882), „Growth of English Industry and Commerce during the Early and Middle Ages“ (1890). Dante Alighieri (zwischen Mai/Juni 1265–14.9.1321). Italienischer Dichter. Als Mitglied der Regierung der Stadtrepublik Florenz, die im Hegemonialstreit zwischen Kaiser und Papst die Unabhängigkeit der Stadt vertrat, 1302 verbannt; lebenslanges Exil in Ober- und Mittelitalien, zuletzt in Ravenna. Verfasser des allegorischen Lehrgedichtes „La divina commedia“ (gedruckt 1472). Defoe, Daniel (eigentl. Daniel (= De) Foe) (1660? – 26.4.1731). Englischer Schriftsteller. Ausbildung an einer Akademie für nonkonformistische Pfarrer, wurde jedoch Kaufmann, als solcher erfolglos; Herausgeber von Zeitschriften. Von der Kirche seiner Zeit forderte er größere Toleranz. Sein bekanntester Roman ist „Robinson Crusoe“ (1719/20). Deissmann (auch: Deißmann), Gustav Adolf (7.11.1866–5.4.1937). Evangelischer Theologe. 1892 Habilitation in Marburg; 1895–97 Pfarrer und Dozent am Theologischen Seminar Herborn; 1897–1908 o. Professor für Neues Testament in Heidelberg und 1908–34 in Berlin. Suchte das neutestamentliche Griechisch aus Papyrusfunden und Inschriften neu zu erschließen. Mit → Albrecht Dieterich Initiator des Heidelberger „Eranos“-Kreises (seit 1904), in dieser Zeit kollegiale Beziehungen zu Max Weber. Denifle, Heinrich (eigentl. Joseph Denifle, Ordensname: Heinrich Seuse) (16.1.1846–10.6.1905). Katholischer Kirchenhistoriker. 1866 Priesterweihe, 1870– 80 Lektor für das Ordensstudium der Dominikaner in Graz, seit 1883 Unterarchivar im Vatikanischen Archiv in Rom. Forschung zur Mystik, Universitätsgeschichte und zum kirchlichen Verfall im 14. und 15. Jahrhundert; sein scharf formuliertes

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Werk „Luther und das Luthertum“ (1.  Band  1904) führte zu Korrekturen in der protestantischen Forschung zum frühen → Luther. Descartes, René (31.3.1596–11.2.1650). Französischer Philosoph, Mathematiker und Naturwissenschaftler. 1629 Emigration in die Niederlande, 1649 Reise nach Schweden, wo er verstarb. Methodischer Zweifel an allem, was man zu wissen glaubt, führte ihn zur Einsicht des „Cogito, ergo sum“. Dexter, Henry Martyn (13.8.1821–3.11.1890). Amerikanischer Kongregationalist. Studium an der Yale University und am Andover Theological Seminary, 1877–79 Dozent an letzterem, Pfarrer kongregationalistischer Gemeinden in Boston und New Hampshire; Verfasser mehrerer Werke zum Kongregationalismus. Dieterich, Albrecht (2.5.1866–6.5.1908). Klassischer Philologe und Religionswissenschaftler. 1895 a.o. Professor in Marburg, 1897 o. Professor in Gießen, seit 1903 in Heidelberg; Herausgeber des „Archivs für Religionswissenschaft“. Sein Interesse galt der Erforschung des Wesens der Volksreligion und der Genesis des Christentums. Neben → Adolf Deissmann Mitinitiator des Heidelberger „Eranos“-Kreises (seit 1904), dem auch Max Weber angehörte. Dionysios von Halikarnaß (ca. 54 v. Chr.–ca. 8 n. Chr.). Griechischer Rhetor und Historiograph. Verfaßte eine nur teilweise erhaltene Römische Geschichte (Antiquitates Romanae) der Zeit vor dem I. Punischen Krieg (264–241 v.Chr.). Dippel, Johann Conrad (10.8.1673–25.4.1734). Pietist, Arzt und Alchemist. Lektüre der Schriften → Philipp Jakob Speners, vertrat aber einen radikalen Pietismus. Sein Hauptwerk „Vera Demonstratio evangelica“ (1729) enthält eine Kritik an der orthodoxen Versöhnungslehre: Versöhnt werden müsse nicht Gott, sondern der durch Sünde von Gott geschiedene Mensch. Döllinger, Johann Joseph Ignaz (seit 1860:) von (28.2.1799–10.1.1890). Katholischer Theologe. 1823 Professor für Kirchengeschichte und Kirchenrecht am Lyzeum in Aschaffenburg, 1826–90 in München (1847–50 amtsenthoben); 1845–47 und 1849–51 Abgeordneter im Bayerischen Landtag, 1848/49 im Frankfurter Parlament. Zunehmend kritische Haltung gegenüber Rom, Gegner des Unfehlbarkeitsdogmas und päpstlichen Jurisdiktionsprimats von 1870; exkommuniziert; regte die altkatholische Bewegung an, trat deren Kirche jedoch nicht bei. Seit 1873 Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Neben einer Vielzahl theologischer Werke veröffentlichte er mit dem Alt-Katho­ liken Heinrich Reusch eine „Geschichte der Moralstreitigkeiten in der römischkatholischen Kirche“ (1889). Dowden, Edward (3.5.1843–4.4.1913). Irischer Literaturwissenschaftler. Seit 1867 Professor für englische Literatur am Trinity College, Dublin, in den 1890er Jahren Gastdozent in Oxford und Cambridge. Weber zieht seine Schrift „Puritan and Anglican“ (1900) heran.

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Doyle, John Andrew (14.5.1844–5.8.1907). Englischer Historiker. Seit 1869 Fellow am All Souls College, Oxford. Sein Interesse galt der britischen Kolonialzeit in Nordamerika während des 17. und 18. Jahrhunderts, über die er ein mehrbändiges, von Max Weber konsultiertes Werk schrieb. Duns Scotus, Johannes (ca. 1265/66–8.11.1308). Mittelalterlicher Theologe der Scholastik, Franziskanermönch. 1291 Priesterweihe, lehrte in Cambridge, Oxford, Paris, wo er 1305 den theologischen Doktorgrad erwarb und Magister regens wurde, und seit 1307 in Köln; Hauptwerk: Kommentierung der Sentenzen des Petrus Lombardus. In Bezug auf das (sittliche) menschliche Handeln geht er von einem freien, auf Gott als das höchste Gut gerichteten Willen aus. Entwickelte die scholastische Wirtschaftslehre fort. Eck, Johann(es) (13.11.1486–10.2.1543). Katholischer Theologe und Gegner der Reformation. Seit 1510 Professor für Theologie in Ingolstadt; 1519 in der Leipziger Disputation Gegner → Luthers und Karlstadts; legte zum Augsburger Reichstag 1530 in „404 Artikeln“ eine Widerlegung der lutherischen „Irrtümer“ vor und war maßgeblich an der altkirchlichen Erwiderung („Confutatio“) auf die von → Melanchthon formulierte Augsburger Konfession beteiligt. Seine deutsche Bibel (1537) umfaßte seine eigene Übersetzung des Alten Testaments und Hieronymus Emsers Übersetzung des Neuen Testaments von 1527. Eger, Karl (18.8.1864–3.7.1945). Evangelischer Theologe. 1892–1900 Pfarrer in Darmstadt; 1900 Promotion zum Dr. theol. in Gießen („Die Anschauungen Luthers vom Beruf“, 1900), 1901 Professor am Predigerseminar in Friedberg (Hessen) und 1907 Direktor ebd., 1913–29 o. Professor für Praktische Theologie und Universitätsprediger in Halle. Eibach, Rudolf (28.12.1841–26.8.1923). Evangelischer Theologe. Seit 1864 verschiedene Pfarrstellen; 1903 Promotion zum Dr. theol. in Marburg, 1908 Geh. Konsistorialrat. Weber zieht einen von ihm verfaßten Aufsatz zur Theologie → John Miltons heran. Elisabeth I. (engl. Elizabeth I) (7.9.1533–24.3.1603). Königin von England (1558– 1603). Befestigte nach ihrer katholischen Vorgängerin Maria I. Tudor (1653–1658) mit dem „Settlement“ in Form der Supremats- und Uniformitätsakte (1559) die anglikanische Staatskirche; gab 1587 ihre Zustimmung zur Hinrichtung ihrer Thronrivalin Maria Stuart und konnte dadurch Umsturzversuche der katholischen Opposition beenden; entschied 1588 den Krieg gegen Spanien durch die Abwehr der Armada; förderte den Ausbau eines staatlich privilegierten Außenhandels, verbunden mit einer innerstaatlichen Monopolpolitik; Blüte des geistigen Lebens (Shakespeare), Grundlegung der modernen Wissenschaft (→ Francis Bacon). Das Elisabethanische Zeitalter gilt als Epoche großer Stabilität. Endemann, Wilhelm (24.4.1825–10.6.1899). Jurist. 1862 Dr. jur. h.c. und o. Professor für Zivilprozeß- und Handelsrecht in Jena, 1875 in Bonn. Gilt als bedeutender Vertreter der Handelsrechtswissenschaft im 19. Jahrhundert. Werke u. a.:

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„Das deutsche Handelsrecht“ (1865), „Studien in der romanisch-kanonistischen Wirthschafts- und Rechtslehre“ (2 Bände, 1874/83) und das „Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts“ (4 Bände, 1881–85). Este, Renata von und Leonore von → d’Este, Renata und Leonore. d’Este, Leonore (auch: Eleonora) (19.6.1537–19.2.1581). Tochter von Herzog Ercole II. und → Renata d’Este. Adressatin von Gedichten und Widmungen des Dichters Torquato Tasso (1544–1595), auf deren Grundlage man im 18. und 19. Jahrhundert annahm, er habe sie geliebt; so etwa in Goethes „Torquato Tasso“. d’Este, Renata (auch: Renée de France, Renata von Ferrara) (25.10.1510– 12.7.1574). Tochter König Ludwigs XII. von Frankreich, seit 1528 Ehefrau von Herzog Ercole II. d’Este, seit 1534 Herzog von Ferrara, Modena und Reggio. Sympathisantin des Protestantismus, gewährte verfolgten Calvinisten Zuflucht, darunter → Calvin (1536), mit dem sie korrespondierte. Nach dem Tod ihres Gatten 1559 Rückkehr nach Frankreich, wo sie Protestanten unterstützte. → Leonore d’Este war ihre Tochter. Fieschi (auch: Fiesco), Ugo (1598–ca. 1676). Genueser Seeoffizier und Diplomat. Aus Genueser Adelsfamilie, als Seeoffizier 1629 im Dienst Ludwig XIII. von Frankreich gegen die Hugenotten, von 21. Juli 1654 bis 23. April 1655 außerordentlicher Gesandter der Republik Genua in London. Firth, Sir Charles Harding (16.3.1857–19.2.1936). Britischer Historiker. 1904 Regius Professor of Modern History in Oxford, 1913–17 Präsident der Royal Historical Society. Werke zum englischen Bürgerkrieg und Commonwealth, darunter „The Clarke Papers“ (4 Bände, 1891–1901) und „Cromwell’s Army“ (1902). Fleischütz, Joseph Andreas (1.12.1735–1785). Jesuit. Ausbildung in Fulda, Studium in Bamberg und Heidelberg; (1772/73?) Hofkaplan des Fürstbischofs von Speyer zu Bruchsal (und möglicherweise 1778–84 Gemeindepfarrer an der Stifts­kirche Unsere Liebe Frau, ebd.). Herausgeber einer deutschsprachigen Bibelübersetzung (6 Bände, 1778–81, 21787). Fox, George (Juli 1624–13.1.1691). Gründer der „Religious Society of Friends“ (Quäker). Schaf- und Viehzüchter, 1643–46 Wanderleben; sammelte nach einem Offenbarungserlebnis Gleichgesinnte um sich; 1649 erstes öffentliches Auftreten, seit 1652 Niederlassung in Swarthmoor Hall; in den 1660er Jahren beginnende Organisation, 1670–73 Missionsreise nach Westindien und Nordamerika, 1677 nach Holland und Deutschland; zwischen 1650 und 1674 wegen unerlaubten Kultus mehrfach inhaftiert. Nach Fox ist das „innere Licht Christi“ verläßlicher Lehrer und Wegweiser. Franck, Sebastian (ca. 1500–1542). Schriftsteller, Drucker und Verleger. Seit etwa 1525 evangelischer Prediger bei Nürnberg; seit etwa 1528 Kontakt zu religiösen Schwärmern; seit 1535 Buchdrucker in Ulm, nach Ausweisung 1539 in Basel;

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1540 wird seine spiritualistische Auffassung, Gotteserkenntnis sei durch Suche in sich selbst zu gewinnen, von protestantischen Theologen verurteilt. Verfaßte u. a. eine „Chronica“ (1531), eine Weltgeschichte mit Kritik an der Kirche. Francke, August Hermann (22.3.1663–8.6.1727). Hauptvertreter des Halleschen Pietismus. 1685 Magister der Theologie in Leipzig; 1687 Bekehrungserlebnis; 1689–90 Dozent an der Universität Leipzig, wo er „erweckte“ Studenten anzog, deshalb ausgewiesen; durch → Philipp Jakob Speners Einfluß seit 1692 Pfarrer in Glaucha und Professor für Griechisch und orientalische Sprachen in Halle, 1698 Professor der Theologie ebd. In Halle gründete er die „Franckeschen Stiftungen“, Erziehungsanstalten für Kinder und Jugendliche, verbunden mit Armenschule und Waisenhaus, die sich seit 1698 durch angegliederte „erwerbende Betriebe“ (Buchdruckerei, Apotheke u. a.) selbst finanzierten. Franklin, Benjamin (17.1.1706–17.4.1790). Amerikanischer Unternehmer und Staatsmann. Zunächst Buchdrucker, erfolgreich mit der „Pennsylvania Gazette“ (seit 1729) und dem „Poor Richard’s Almanack“ (1732–57); 1751–64 im Abgeordnetenhaus von Pennsylvania, 1757–62 und 1764–75 als Agent Pennsylvanias in London; unterzeichnete 1776 die amerikanische Unabhängigkeitserklärung; 1776–85 als Gesandter in Frankreich; 1787 Unterzeichner der amerikanischen Verfassung. Erfinder des Blitzableiters (1752). Verfasser zahlreicher Essays und Satiren und einer Autobiographie. Max Weber erhielt zu Weihnachten 1875 von dem Deutschamerikaner Friedrich Kapp eine deutsche Ausgabe geschenkt. Franz(iskus) von Assisi (eigentl. Giovanni Battista di Bernardone) (1181/82– 3.10.1226). Ordensstifter. Der Sohn eines reichen Tuchhändlers widmete sich der Pflege Aussätziger, verzichtete auf familiäres Erbe und lebte in freiwilliger Armut, fand bald Gefolgschaft; 1209 (oder 1210) ließ er die Lebensform der Bruderschaft (fratres minores) vom Papst genehmigen, worauf sich in Italien und ganz Europa franziskanische Bruderschaften bildeten. In den letzten Jahren schwer krank, entglitt ihm die Leitung der Bruderschaft, aus der 1223 mit päpstlicher Bestätigung der Franziskaner-Orden hervorging, der seine Mitglieder zur Armut verpflichtete (Bettelorden). 1228 heiliggesprochen. Freytag, Gustav (13.7.1816–30.4.1895). Schriftsteller und Publizist. 1839 Habilitation für deutsche Sprache und Literatur in Breslau, lebte als freier Schriftsteller in Dresden, Leipzig und Gotha; 1867–70 Abgeordneter des Norddeutschen Reichstags für die Nationalliberale Partei. Schuf mit den „Bildern aus der deutschen Vergangenheit“ (5 Bände, 1859–67) einen wichtigen Beitrag zur Kulturgeschichte. Friedrich Heinrich, Prinz von Oranien, Graf von Nassau (29.1.1584–14.3.1647). Sohn → Wilhelms I. von Oranien, seit 1625 Statthalter der Niederlande; legte mit seinen militärischen Eroberungen (s’Hertogenbosch, Maastricht, Breda) im Kampf gegen Spanien die Grenze der Republik nach dem Frieden von Münster (1648) fest. Während seiner Regierung wirtschaftlicher Aufschwung des Landes.

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Friedrich Wilhelm I. (14.8.1688–31.5.1740). König von Preußen (seit 1713), Kurfürst von Brandenburg, bekannt als „Soldatenkönig“. Schuf durch ein rigoroses Kabinettsregiment vor allem in der Verfassungs- und Verwaltungspolitik die Voraussetzungen für den machtpolitischen Aufstieg Preußens; förderte die Wiederbesiedlung der durch die Pest verödeten Gebiete Ostpreußens; ließ sich von → August Hermann Francke von dessen Halleschen Anstalten überzeugen; unter ihm konnte sich der Pietismus in Brandenburg-Preußen entfalten. Fruin, Robert Jacobus (14.11.1823–29.1.1899). Niederländischer Historiker. Studium der klassischen Philologie, Gymnasiallehrer; 1860–94 Professor für niederländische Geschichte in Leiden. Arbeiten über die Zeit des niederländischen Unabhängigkeitskriegs. Fugger, Jakob II., der Reiche, (seit 1514:) Reichsgraf (6.3.1459–30.12.1525). Augsburger Handelsherr und Bankier. Baute das Familienunternehmen zum größten europäischen Bankhaus der Zeit aus; Bankier der Päpste und Kaiser; errichtete ein Kupfermonopol in Europa, das er zusammen mit dem Krakauer Kaufmann Johann Thurzo d.Ä. (1437–1508) besonders in Ungarn ausbeutete; 1519 Gründung der „Fuggerei“ in Augsburg, einer Siedlung für in Not geratene Bürger. Fuller, Thomas (getauft am 19.6.1608–16.8.1661). Englischer Kirchenhistoriker. 1642/43 Prediger an der Savoy Chapel in London; der milde Calvinist stellte sich während des Bürgerkriegs auf die Seite von → Karl I. 1647–58 Kurat an der Waltham Abbey, Essex; unterstützte 1660 die Restauration, erhielt den theologischen Doktorgrat (D.D.), wurde Kaplan von → Karl II. Verfaßte u. a.: „The Church History of Britain“ (1655). Funk, Franz Xaver (seit 1890:) von (12.10.1840–24.2.1907). Katholischer Kirchenhistoriker. 1863 Promotion zum Dr. phil. in Tübingen, 1865/66 Studium der politischen Ökonomie in Paris, 1870 a.o. und 1875 o. Professor für Kirchengeschichte, Patrologie und christliche Archäologie in Tübingen, Vertreter der Tübinger Schule. Seine frühen Arbeiten widmeten sich dem Thema „Zins und Wucher“ (1878). Gardiner, Samuel Rawson (4.3.1829–23.2.1902). Englischer Historiker. Seit 1877 Professor of Modern History am King’s College, London. Widmete sich v. a. der englischen Geschichte des 17. Jahrhunderts. Werke u. a.: „History of the Great Civil War, 1642–1649“ (4 Bände, 1886–91), „History of the Commonwealth and Protectorate, 1649–1660“ (3 Bände, 1894–1901) und „Constitutional Documents of the Puritan Revolution“ (1889). Gebhardt, Hermann (22.7.1824–28.4.1899). Evangelischer Pfarrer. 1869–96 Landpfarrer in der thüringischen Gemeinde Molschleben, 1896 Kirchenrat. Veröffentlichte 1885 anonym die Schrift „Zur bäuerlichen Glaubens- und Sittenlehre“ (21890, 31895).

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Gerhard, Johann (17.10.1582–17.8.1637). Lutherischer Theologe. Studium der Medizin und Theologie, 1606 Dr. theol. in Jena; Superintendent in Heldburg, 1615 Generalsuperintendent in Coburg; 1616 Professor für Theologie in Jena. Gilt als bedeutender Theologe der lutherischen Orthodoxie. Hauptwerk: „Loci theologici“ (9 Bände, 1610–22). Gerhardt, Paul (12.3.1607–7.6.1676). Evangelischer Lieddichter. 1628 Studium der Theologie in Wittenberg; 1651–57 Pfarrer in Mittenwalde, 1657 an der Berliner Nikolaikirche, 1669 in Lübben. Seine nachgewiesenen 15 lateinischen und 138 deutschen Gedichte und Lieder fielen in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Goodwin, John (ca. 1594–1665). Englischer independentischer Geistlicher. Seit 1633 Geistlicher an St. Stephen, Coleman Street, London, lehnte die Präde­ stinationslehre ab; gründete 1643 innerhalb seiner Parochie eine kongregationalistische Gemeinde, wandte sich mit Pamphleten gegen einen ausgeprägten Presbyterianismus und setzte sich mit → William Prynne auseinander; 1661 amtsenthoben. Goodwin, Thomas (5.10.1600–23.2.1680). Englischer Puritaner. Seit 1625 Universitätsprediger in Cambridge, 1639 Flucht nach Arnheim, Niederlande; 1640 Rückkehr nach England, dort 1643–46 Anführer der 5 „dissenting brethren“ in der Westminster Assembly; 1650–60 Präsident des Magdalen College, Oxford; 1656–58 Kaplan → Oliver Cromwells; mit anderen Ausarbeitung der „Savoy Declaration“ für die kongregationalistischen Kirchen (1658). Lebte nach der Re­ stauration 1660 in London als Prediger, Seelsorger und Verfasser religiöser Traktate. Gothein, Eberhard (29.10.1853–13.11.1923). Nationalökonom, Finanzwissenschaftler und Kulturhistoriker. 1877 Promotion zum Dr. phil. bei Wilhelm Dilthey in Breslau, 1879 Habilitation ebd., 1882 Umhabilitation in Straßburg, 1884 o. Pro­ fessor für Nationalökonomie an der TH Karlsruhe, 1890 in Bonn, 1904–23 als Nachfolger Max Webers in Heidelberg. Mitbegründer der Handelshochschulen Köln (1901) und Mannheim (1909). Arbeiten zur Wirtschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts, darunter eine „Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes“ (1892), und zur Kulturgeschichte der Renaissance und Gegenreformation. Mitglied im Heidelberger „Eranos“-Kreis; gehörte mit seiner Frau Marie Luise Gothein zum engeren Bekanntenkreis Max Webers in Heidelberg. Gould, Jay (eigentl. Jason) (27.5.1836–2.12.1892). US-amerikanischer Unternehmer. Sohn eines Bauern, faßte in der Eisenbahnindustrie Fuß (Rutland & Washington Railway, Erie Railroad, Union Pacific Railroad). Gilt durch manche Geschäftspraktik als rücksichtsloser „Robber Baron“. Groen van Prinsterer, Guillaume (21.8.1801–19.5.1876). Niederländischer Staatsmann und Publizist. 1823 Promotion im Fach klassische Philologie sowie zum Dr. jur., 1833–66 Direktor des königlichen Hausarchivs und Herausgeber der „Archi-

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ves ou Correspondance inédite de la maison d’Orange-Nassau“ (13 Bände, 1835–61); 1849–57 und 1863–65 „antirevolutionäres“ Mitglied der 2. Kammer. Nach Berührung mit dem Réveil (Erweckungsbewegung) Bekenntnis eines persönlichen, calvinistischen Glaubens, den er später als „christlich-historisch“ bezeichnete. Verfaßte u. a. ein vierbändiges „Handboek der Geschiedenis van het Vaderland“ (1846). Haller, Albrecht von (16.10.1708–12.12.1777). Schweizer Mediziner, Naturforscher, Dichter und Universalgelehrter. Studien in Tübingen, Leiden, London, Paris, Basel, seit 1729 praktizierender Arzt in Bern, 1736–53 Professor für Anatomie, Botanik und Chirurgie in Göttingen, lebte danach in der Schweiz. Haller führte Tagebücher, auf die Max Weber zu sprechen kommt. Hals, Frans (um 1582/83–26.8.1666). Holländischer Maler. Sohn eines aus Antwerpen emigrierten Tuchmachers, lebte in Haarlem, gehörte dort seit 1610 der Lukasgilde an. Seine fünf Schützenstücke positionieren die Mitglieder der Haarlemer Schützengilde nach ihrem sozialen Rang. Gilt als einer der bedeutendsten holländischen Porträtmaler des 17. Jahrhunderts. Hanmer, Mary (gest. Januar 1661). Schwiegermutter von → Richard Baxter, die er durch seine Begräbnisrede „Last work of a believer“ ehrte. Harnack, Adolf (seit 1914:) von (7.5.1851–10.6.1930). Evangelischer Theologe. 1876 a.o. Professor in Leipzig, 1879 o. Professor in Gießen, 1886 in Marburg und 1888–1921 o. Professor in Berlin. 1890 Mitbegründer des Evangelisch-sozialen Kongresses und 1903–11 dessen Vorsitzender; 1905–21 Generaldirektor der Preußischen Staatsbibliothek; Initiator und erster Präsident der 1911 ins Leben gerufenen „Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft“ zur Förderung der Wissenschaften. Er trat für eine historische Betrachtung des Christentums mit dem Ziel ein, den Kern des Evangeliums aufzuzeigen. Gilt als klassischer Vertreter der liberalen Theologie des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Hasbach, Wilhelm (25.8.1849–30.4.1920). Nationalökonom. 1875 Promotion in Tübingen, 1884 Habilitation in Greifswald; 1887 a.o. Professor ebd., 1888 in Königsberg, 1893–1906 o. Professor für Wirtschaftliche Staatswissenschaften in Kiel. Arbeiten zu Methodenfrage im Bereich der Nationalökonomie sowie nach seiner Emeritierung zu politikwissenschaftlichen Themen. Hastings, Selina, Countess of Huntingdon (24.8.1707–17.6.1791). Englische Methodistin. Seit 1739 dem Methodismus um → John Wesley zugehörig, wandte sich 1748 dem calvinistischen Zweig um → George Whitefield zu. Suchte die Adeligen ihrer Salons mit dem Methodismus in Berührung zu bringen; ließ Kapellen errichten und verpflichtete Kapläne. Heidegger, Johann Heinrich (1.7.1633–18.1.1698). Schweizer reformierter Theologe. Seit 1659 Professor für Theologie an der Akademie Steinfurt (Westfalen),

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Kontakte mit Johannes Coccejus, 1665 Rückkehr nach Zürich, seit 1667 Lehrstuhl für Exegese und Dogmatik ebd. Vertreter der reformierten Spätorthodoxie. Heine, Heinrich (bis zur Taufe 1825: Harry) (13.12.1797–17.2.1856). Dichter und liberaler Publizist. Nach Abschluß des Jurastudiums Reisen, seit 1831 Korre­ spondent der „Allgemeinen Zeitung“ (Augsburg) in Paris, wo er mit kurzen Unterbrechungen bis zu seinem Tod lebte. Hellpach, Willy (26.2.1877–6.7.1955). Psychologe, Nervenarzt und Politiker. Studium der Medizin und Philosophie, 1900 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig und 1903 zum Dr. med. in Heidelberg, 1904 Nervenarzt in Karlsruhe, 1906 Habilitation für Psychologie in Heidelberg, Privatdozent in Karlsruhe; seit 1911 a.o. (Titular-)Professor ebd., 1920 o. Professor und Direktor des Instituts für Sozialpsychologie an der TH Karlsruhe, 1926 o. Honorar-Professor in Heidelberg. Weber stand seit März 1905 mit ihm in Briefwechsel, wirkte informell auf eine Beschleunigung seines Habilitationsverfahrens hin; kannte seine „Grundlinien einer Psychologie der Hysterie“ (1904) durch intensive Lektüre. Henry, Matthew (18.10.1662–22.6.1714). Englischer Presbyterianer. Seit 1687 Pfarrer der presbyterianischen Gemeinde in Chester, seit 1712 in Hackney, London. Seine Schriften sind in den von Weber herangezogenen „Works of the English Puritan Divines“ enthalten. Heppe, Heinrich (30.3.1820–25.7.1879). Reformierter Theologe. 1844 Promotion zum Dr. phil., 1845 Pfarrverweser an St. Martini in Kassel, 1850 a.o. Professor in Marburg, erst 1864 (wegen Konflikten mit seinem lutherischen Kollegen August Vilmar) o. Professor für Dogmatik reformierter Konfession ebd. Betonte die Vielfältigkeit reformatorischer Theologie und Frömmigkeit im 16. Jahrhundert. Hermelink, Heinrich (30.12.1877–11.2.1958). Evangelischer Kirchenhistoriker. 1902 Dr. phil. in Tübingen, 1906 Dr. theol. und Habilitation in Leipzig, 1915 a.o. Professor in Kiel, 1915 o. Professor in Bonn, 1916 in Marburg, 1935 zwangs­ emeritiert. Hertling, Georg Friedrich Freiherr (seit 1914: Graf) von (31.8.1843–4.1.1919). Katholischer Philosoph und Politiker. 1867 Privatdozent in Bonn, 1880 (verzögert durch den Kulturkampf) a.o. Professor ebd., 1882 o. Professor für Philosophie in München.  1876 Mitgründer der „Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im katholischen Deutschland“ und 1876–1919 deren Präsident. 1875–1900 und 1903–12 MdR für das Zentrum; 1912 bayerischer Ministerpräsident, 1917/18 Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident. Thematisierte um die Jahrhundertwende das katholische Bildungsdefizit in Deutschland; setzte sich für Freiheit der Wissenschaft und Parität der Katholiken ein. Eusebius Sophronius Hieronymus (ca. 347–419/20). Kirchenlehrer. Grammatische und rhetorische Ausbildung in Rom; umstritten ist, ob er in einer Mönchsgemeinschaft oder lediglich in deren Nähe in der syrischen Wüste lebte; 382 in

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Rom, dort Übersetzung der Evangelien; seit 386 in Betlehem, dort Revisionsarbeit des Alten Testaments; schrieb Kommentare zu biblischen Büchern, Mönchsviten und Schriften über das asketische Leben; gilt als Verfasser der Vulgata. Hoennicke, Gustav (11.9.1871–17.7.1938). Evangelischer Theologe. 1897 Dissertation in Geschichte in Halle, 1900 theologische Dissertation in Berlin („Studien zur altprotestantischen Ethik“, 1902), 1903 Habilitation; seit 1913 o. Professor für neutestamentliche Exegese und Theologie in Breslau. Hogerzeil, Hendrikus Vredenrijk (10.2.1839–8.7.1907). Niederländischer Pfarrer. 1866–68 Direktor einer Missionsgesellschaft, 1878–1902 Pfarrer in Amsterdam. Im Amsterdamer Kirchenstreit 1886 stand er auf der Seite von Gerrit Jan Vos, dem Gegenspieler von → Abraham Kuyper. Verfaßte dazu die dreiteilige Broschüre „De kerkelijke strijd te Amsterdam“ (1886). Honigsheim, Paul (28.3.1885–22.1.1963). Soziologe. 1914 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg („Die Staats- und Sozial-Lehren der französischen Janseni­sten im 17. Jahrhundert“; Referenten: → Erich Marcks, Hermann Oncken), 1920 Habilitation für Soziologie und Philosophie in Köln, 1919–33 Direktor der Volkshochschule Köln, 1933 Emigration nach Paris, dort 1933–36 Direktor der Zweigstelle des Instituts für Sozialforschung, 1936–38 Professor in Panama, 1938–50 Professor für Soziologie und Anthropologie an der Michigan State University. Gehörte zum Kreis Max Webers, dessen Einfluß in seinem Wirken festzustellen ist. Hooker, Richard (1554–2.11.1600). Anglikanischer Theologe. Seit 1577 Fellow am Corpus Christi College in Oxford; seit 1585 Hauptpfarrer an der Temple Church in London. Seit 1591 arbeitete er an „Of the Laws of Ecclesiastical Polity“ (5 Bände, 1593–97, Bände 6–8 postum), das Kriterien und Normen für die anglikanische Kirche und ihre bischöfliche Amtstruktur gegen die puritanischen Forderungen der Zeit aufstellt. Hoops, Johannes (20.7.1865–14.4.1949). Anglist und Altertumswissenschaftler. 1902–34 o. Professor für Englische Philologie in Heidelberg; 1910 Geheimer Hofrat, Lehrauftrag für Germanische Altertumskunde. Seit 1898 Herausgeber der „Englischen Textbibliothek“ und seit 1899 der „Englischen Studien“ sowie des „Reallexikons der Germanischen Altertumskunde“ (4 Bände, 1911–19). Mitglied des Heidelberger „Eranos“-Kreises. Hoornbeek, Johannes (4.11.1617–1.9.1666). Niederländischer reformierter Theologe. 1643 Promotion zum Dr. theol. bei → Gisbert Voet in Utrecht; 1644 Professor ebd., seit 1654 in Leiden. Theologischer Gegner seines Kollegen Johannes Coccejus und dessen Cartesianismus (→ Descartes); verband stattdessen seine Gelehrsamkeit mit praktischer Frömmigkeit im christlichen und kirchlichen Leben. Dies zeigt insbesondere seine „Theologia pracitica“ (2 Bände, 1663). Howe, John (17.5.1630–2.4.1705). Englischer Puritaner. 1656–59 Kaplan → Oliver Cromwells; mit der Uniformitätsakte 1662 schied er aus der Staatskirche aus,

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danach freier Prediger, seit 1670 Hauskaplan in Irland, seit 1675 Prediger in einer Nonkonformistengemeinde in London, vorübergehend 1685–87 in Utrecht. Verfasser zahlreicher puritanischer Schriften, Auswahl in den von Weber benutzten „Works of the English Puritan Divines“. Hundeshagen, Karl Bernhard (30.1.1810–2.6.1872). Reformierter Theologe. 1845 o. Professor für Exegese und Kirchengeschichte in Bern, 1847 in Heidelberg, 1867 in Bonn. Sein Interesse galt der geschichtlichen Entwicklung der evangelischen Kirchenverfassung, dem Verhältnis von Staat und Kirche und der Reform des zeitgenössischen Protestantismus. Sein Hauptwerk „Beiträge zur Kirchenverfassungsgeschichte und Kirchenpolitik“ (1864) schließt die Frage nach Herkunft und Bedeutung der Konfessionsunterschiede und Frömmigkeit von Lutheranern und Reformierten ein. Lady Huntingdon → Hastings, Selina, Countess of Huntingdon. Hutchinson, Sir John (getauft am 18.9.1615–11.9.1664). Englischer Staatsmann. 1646–53 und 1659/60 Parlamentsabgeordneter, unterschrieb als Mitglied des hohen Gerichts Ende 1648 zusammen mit 38 anderen das Hinrichtungsurteil → Karls I. Hutchinson, Lucy (29.1.1620–Okt. 1681). Biographin ihres Ehemanns → John Hutchinson mit „Memoirs of the Colonel Hutchinson“. Huygens, Constantijn (4.9.1596–28.3.1687). Niederländischer Staatsbeamter, Dichter und Komponist. Der humanistisch gebildete Jurist erhielt eine musikalische Ausbildung, Zeichen- und kunstgeschichtlichen Unterricht; seit 1625 wirkte er als Sekretär der Statthalter → Friedrich Heinrich und Wilhelm II. von Oranien. Zu seinem großen Bekanntenkreis gehörten → Descartes sowie die Maler → Rembrandt und Jan Lievens. Ignatius von Loyola (eigentl. Don Íñigo López Oñaz y Loyola) (23.10.1491– 31.7.1556). Begründer des Jesuitenordens (Societas Jesu). Begann 1522 mit der schrittweisen Ausarbeitung der „Exercitia spiritualia“, einer methodischen Handreichung vierwöchiger intensiver Meditationen; nach spirituellen Erfahrungen und Palästinawallfahrt 1526/27 Studium in Alcalá und Salamanca, seit 1528 der Theologie und Philosophie in Paris und Venedig; 1537 Priesterweihe, danach in Rom systematischer Aufbau des Jesuitenordens; seit 1541 General des Ordens und 1548–50 Vollendung der Ordensregeln; 1622 heiliggesprochen. Irving, Washington (3.4.1783–28.11.1859). Amerikanischer Schriftsteller. Gilt als Begründer der amerikanischen Kurzgeschichte. Eine seiner bekannten Sammlungen ist „Bracebridge Hall“ (1822). Jacob I. → Jakob I. Jacoby, Ludwig Sigismund (21.10.1813–20.6.1874). Mitbegründer der methodi­ stischen Kirche in Deutschland. In den 1840er Jahren führend in der Methodist

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Episcopal Church in den USA tätig; lebte 1849–72 in Bremen. Verschiedene Werke zum Methodismus, darunter „Handbuch des Methodismus“ (1853). Jaffé, Edgar (14.5.1866–29.4.1921). Kaufmann und Nationalökonom. 1888–98 kaufmännischer Teilhaber der von seinem Vater gegründeten Textilexportfirma in Manchester; 1902 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg, 1904 Habilitation ebd.; 1910 o. Professor für Geld- und Kreditwesen an der Handelshochschule München; 1914 wissenschaftlicher Sachverständiger beim Generalgouvernement in Brüssel; Nov. 1918 bis März 1919 Finanzminister von Bayern im Kabinett Eisner. Seit 1904 mit → Werner Sombart und Max Weber Herausgeber des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“, dessen Eigentümer er war. Seit 1902 mit Elsé Jaffé, geb. von Richthofen, verheiratet; gehörte zum Freundeskreis von Max und Marianne Weber. Jakob I. (engl. James I) (19.6.1566–27.3.1625). König von England und Irland (seit 1603), als James VI. König von Schottland (seit 1567). Nachfolger → Elisabeths I. Stützte sich gegenüber den Puritanern, die eine Kirchenreform erhofften, auf die Episkopalverfassung der englischen Staatskirche. Das 1617 für Lanca­ shire und 1618 für ganz England ausgegebene „Book of Sports“ lockerte die von den Puritanern geforderte strenge Sonntagsheiligung. Die von ihm 1611 autorisierte Bibelübersetzung wird auch als „King James Version“ bezeichnet. James, William (11.1.1842–26.8.1910). Amerikanischer Philosoph und Psychologe. Seit 1872 Professor an der Harvard University, zunächst für Anatomie und Physiologie, dann Psychologie, schließlich Philosophie. Gilt als Begründer der amerikanischen experimentellen Psychologie und mit Charles Sanders Peirce als Begründer des amerikanischen Pragmatismus. Max Weber lernte ihn auf seiner USA-Reise 1904 persönlich kennen. Janeway, James (1636–16.3.1674). Englischer Puritaner. 1665 Prediger einer nonkonformistischen Gemeinde in London, die 1672 dem bekannten Prediger ein eigenes Versammlungshaus in Rotherhithe, Surrey, baute. Die Sammlung „Works of the English Puritan Divines“ enthält einige seiner Schriften. Jaspers, Karl (23.2.1883–26.2.1969). Philosoph. 1908 Promotion zum Dr. med. in Heidelberg, bis 1915 wissenschaftliche Arbeit an der psychiatrischen Klinik ebd., 1913 Habilitation für Psychologie bei → Wilhelm Windelband in der Philosophischen Fakultät ebd., 1916 a.o. (Titular-)Professor, 1920 etatmäßiger a.o. Professor, 1922 o. Professor für Philosophie ebd.; während der NS-Zeit mit Publika­ tionsverbot belegt; 1948–61 o. Professor in Basel; umfangreiche Arbeiten zur Existenzphilosophie und Logik. Bekanntschaft mit Max Weber seit 1909. Jones, Rufus M. (25.1.1863–16.6.1948). Amerikanischer Quäker und CollegeProfessor. 1885/86 M.A. am Haverford College, PA, 1893–1912 Redakteur der Zeitschrift „Friends’ Review“ (später: „The American Friend“), 1901 M.A. an der Harvard University, 1904–34 Professor für Philosophie am Haverford College; seit 1917 Leitung des American Friends Service Committee. Zahlreiche Veröf-

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fentlichungen zur Quäkergeschichte. Möglicherweise ist Max Weber ihm 1904 in Haverford begegnet (nicht belegt). Jülicher, Adolf (26.1.1857–3.8.1938). Evangelischer Theologe und Kirchenhisto­ riker. 1888 a.o. Professor in Marburg, 1889–1923 o. Professor für Neues Testament und Kirchengeschichte ebd. Begründer der modernen Gleichnisforschung („Die Gleichnisreden Jesu“, 2 Teile, 1886–99). Kahl, Wilhelm (17.6.1849–14.5.1932). Rechtswissenschaftler und Politiker. 1879 o. Professor für Rechtswissenschaft in Rostock, 1883 in Erlangen, 1888 in Bonn, 1895–21 in Berlin, 1919/20 Wahl in die Weimarer Nationalversammlung, anschließend MdR für die DVP. Seine Schwerpunkte waren das Strafrecht und Kirchenrecht. Max Weber bezieht sich auf seine Schrift „Die Lehre vom Primat des Willens bei Augustinus, Duns Scotus und Descartes“ (1886). Kampschulte, Franz Wilhelm (12.11.1831–3.12.1872). Historiker. Seit 1861 o. Professor in Bonn. Der gläubige Katholik gehörte nach dem 1. Vaticanum zum Kreis um → Ignaz v. Döllinger. Arbeiten zum Humanismus und zur Reformations­ geschichte; verfaßte eine Calvin-Biographie (1.  Band 1869; 2.  Band 1899, aus dem Nachlaß hg.). Karl I. (engl. Charles I) (19.11.1600–30.1.1649). König von England, Schottland und Irland (seit 1625), Sohn von → Jakob I. Während seiner Regierungszeit spitzte sich der Kampf zwischen Krone und Parlament zu; regierte 1629–40 ohne Parlament; setzte die antipuritanische Politik seines Ratgebers Erzbischof → William Laud durch; berief 1640 zur Finanzierung seiner religionspolitisch motivierten Kämpfe in Schottland das „Lange Parlament“ ein, das ihm Zugeständnisse und Beschränkungen der königlichen Macht abforderte. Die Spannungen führten 1642 zum Ausbruch des Bürgerkriegs. 1649 auf Betreiben → Oliver Cromwells durch das Parlament des Hochverrats angeklagt und hingerichtet. Karl II. (engl. Charles II) (29.5.1630–6.2.1685). König von England, Schottland und Irland (seit 1660), Sohn von → Karl I. Flüchtete während des Bürgerkriegs 1646 nach Frankreich. Sein Versuch, von Schottland aus England zurückzugewinnen, endete 1651 mit der Niederlage gegen → Oliver Cromwell. Gelangte durch die Restauration 1660 auf den englischen Thron. Kauffmann, Gustav (23.9.1854–2.10.1902). Liberaler Politiker und Rechtsanwalt. 1890–92 MdR für die Deutsche Freisinnige Partei, seit 1893 für die Freisinnige Volkspartei, Stadtrat in Berlin; 1901 Nichtbestätigung seiner Wahl zum Zweiten Bürgermeister von Berlin durch Wilhelm II. Kautsky, Karl (16.10.1854–17.10.1938). Deutsch-österreichischer sozialdemokratischer Politiker, Publizist und Theoretiker. Studierte an der Universität Wien Geschichte, Nationalökonomie und Philosophie (ohne Abschluß); 1875 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei in Wien; 1885–90 Aufenthalt in London als Pri-

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vatsekretär von Friedrich Engels; 1883–1917 Mitbegründer und Chefredakteur der sozialdemokratischen Zeitschrift „Die Neue Zeit“; 1891 Mitverfasser des Er­ furter Programms. Führender sozialistischer Theoretiker vor dem 1. Weltkrieg. Kawerau, Gustav (25.2.1847–1.12.1918). Evangelischer Theologe. Seit 1886 o. Professor für Praktische Theologie in Kiel, seit 1894 in Breslau, seit 1907 wirkte er als Propst, Oberkonsistorialrat und Honorar-Professor in Berlin; seit 1905 Vor­ sitzender der Kommission zur Herausgabe der „Weimarer Ausgabe“ der Werke Luthers. Keats, John (31.10.1795–23.2.1821). Englischer Dichter der Romantik. 1811–16 Ausbildung zum Apotheker und Wundarzt. Sein lyrisches Werk entstand 1814–21; 1817 Wanderung durch den Lake District, nach Schottland und Irland. Erkrankte an Tuberkulose und verstarb in Rom, wohin er zur Besserung seines Gesundheitszustandes gereist war. Keller, Franz (24.7.1873–6.6.1944). Katholischer Theologe. 1896 Priesterweihe, 1903 Promotion zum Dr. rer. pol., 1905 zum Dr. theol., 1918 a.o., 1924–34 o. Professor für Moraltheologie in Freiburg i. Br. und seit 1925 Direktor des Instituts für Caritaswissenschaft. Max Weber setzt sich mit seiner Schrift „Unternehmung und Mehrwert“ (1912) auseinander. Keller, Gottfried (19.7.1819–15.7.1890). Schweizer Schriftsteller, Vertreter des bürgerlichen Realismus. Sein Werk umfaßt v. a. Erzählungen und Novellen, darunter die Erzählsammlung „Die Leute von Seldwyla“ (1. Teil  1856, 2.  Aufl. in vier Bänden 1874). Kierkegaard, Søren Aabye (5.5.1813–11.11.1855). Dänischer Theologe, Philosoph und religiöser Schriftsteller. 1830–40 Philosophie- und Theologiestudium in Kopenhagen, 1841 philosophische Dissertation, 1854/55 Angriffe auf die Kirche, die sich vom „wahren Christentum“ weit entfernt habe. Hauptwerke sind u. a.: „Entweder – Oder“ (1843), „Die Krankheit zum Tode“ (1848), „Einübung im Chri­ stentum“ (1850). Klages, Ludwig (10.12.1872–29.7.1956). Philosoph, Psychologe und Graphologe. 1901 Promotion zum Dr. phil. für Chemie in München, 1886 Gründung der Deutschen Graphologischen Gesellschaft; 1903 Eröffnung des Psychodiagnostischen Seminars in München, in dem er Charakterologie und Ausdruckswissenschaft lehrte; 1915 Übersiedlung in die Schweiz. Philosophisches Hauptwerk: „Der Geist als Widersacher der Seele“ (1929–33, 3 Bände). Max Weber bezieht sich auf seine „Prinzipien der Charakterologie“ (1910 u. ö.). Knollys, Hanserd (1598–19.9.1691). Englischer Organisator der Particular Baptists. 1629 Ordination zum Geistlichen der anglikanischen Kirche; begann bald mit der Predigt der freien Gnade, woraufhin er 1636 verhaftet wurde; vermutlich 1638–41 in Boston, 1644 Anschluß an die (erste) independente Gemeinde in London; sammelte 1645 seine eigenen Anhänger, die ersten „Particular Bap-

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tists“; unterzeichnete 1646 die „Confession of Faith“ der Londoner Baptisten (von 1644); 1658 Vicar von St. Giles in Scartho, Lincolnshire; nach der Restauration im holländischen und deutschen Exil, nach der Rückkehr Mitorganisation der Baptisten, 1689 Unterzeichnung der baptistischen „Confession of Faith“ (1688) an erster Stelle. Die nach ihm benannte „Hanserd Knollys Society“ legte im 19. Jahrhundert seltene Werke älterer baptistischer Theologen neu auf. Knox, John (wahrscheinlich 1514–24.11.1572). Schottischer Reformator. Schloß sich 1547 dem Aufstand protestantischer Kreise in St. Andrews an; geriet in französische Gefangenschaft (Galeerenstrafe), danach 1549 Pfarrer in Berwickupon-Tweed und Newcastle; seit 1554 im Exil in Genf, dort tief beeindruckt von → Calvin; nach der Rückkehr 1559 Pfarrer von St. Giles in Edinburgh; seine Predigten lösten Bilderstürme und Klosterzerstörungen aus. Aufbau des schottischen Kirchenwesens, deren Bekenntnisschriften er verfaßte. de Kock → Cock, Hendrik de. Köhler, August (8.2.1835–17.2.1897). Evangelischer Theologe. 1862 a.o. Professor, 1864 o. Professor in Jena, 1866 in Bonn, 1868 für Altes Testament in Erlangen. Die von Max Weber benutzte Schrift „Die Niederländische Reformirte Kirche“ (1856) verfaßte er als Pfarramtskandidat. Köhler, Walther (27.12.1870–18.2.1946). Evangelischer Kirchenhistoriker. 1895 Promotion zum Dr. phil., 1898 Lic. theol. in Tübingen, 1900 Habilitation in Gießen; 1904 a.o. Professor ebd., 1909 o. Professor für Kirchengeschichte in Zürich, wo er später auch Dogmengeschichte und Geschichte des Christentums las, 1929 als Nachfolger Hans v. Schuberts in Heidelberg. Geprägt von → Ernst Troeltsch; Arbeiten, teils editorisch, zu Luther, Johannes Brenz, dem Täufertum und zu Zwingli. Kolde, Theodor (seit 1910:) Ritter von (6.5.1850–21.10.1913). Evangelischer Theologe. 1876 Habilitation im Fach Kirchengeschichte in Marburg; seit 1881 o. Professor in Erlangen. Arbeiten zur Reformationsgeschichte. Köster, Adolf (8.3.1883–18.2.1930). Sozialdemokratischer Politiker und Diplomat. Studium der evangelischen Theologie und Philosophie in Marburg, 1907 Promotion zum Dr. phil. in Erlangen („Die Ethik Pascals“), 1912 Habilitation an der TH München, danach Privatdozent für Philosophie und Pädagogik ebd. Von April bis Juni 1920 Reichsaußenminister und von Okt. 1921 bis Nov. 1922 Reichsinnenminister, seit 1923 im Auswärtigen Dienst. Kraepelin, Emil (15.2.1856–7.10.1926). Psychiater. 1878 Promotion zum Dr. med. in Würzburg, 1883 Habilitation für Psychiatrie in Leipzig, 1886 o. Professor für Psychiatrie in Dorpat, 1891 in Heidelberg, wo er an der Psychiatrischen Klinik der Universität ein experimentalpsychologisches Laboratorium einrichtete, 1904–22 o. Professor in München; 1917 Begründer der Deutschen Forschungsanstalt für

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Psychiatrie. Weber setzt sich mit Kraepelin und dessen Schule in seinen Studien zur „Psychophysik“ (1908/09) auseinander. Kürnberger, Ferdinand (3.7.1821–14.10.1879). Österreichischer Kritiker und Erzähler. 1848 Beteiligung an der Revolution, Festungshaft in Dresden, 1864 Rückkehr nach Wien; Mitarbeiter verschiedener Zeitungen. „Der Amerika-Müde“ (1855) war sein erster und erfolgreichster Roman. Kuyper, Abraham (29.10.1837–8.11.1920). Niederländischer reformierter Theologe, Publizist und Politiker. 1862 Promotion in Theologie; 1863 Pfarrer in Bees, 1867 in Utrecht, 1869 in Amsterdam; 1870 Eigentümer des Wochenblatts „Héraut“ (seit 1878 dessen Schriftleiter), 1872 Gründer, Schriftleiter und späterer Eigentümer der Tageszeitung „De Standaard“; 1874 Abgeordneter der 2. Kammer, Niederlegung seines Pfarramtes; 1880 Gründung der Vrije Universiteit Amsterdam, 1880–1901 Professor für Systematik ebd.; 1881 Vorsitzender der „Antirevolutionaire Partij“; 1886 Anführer der „Doleantie“, einer Austrittsbewegung aus der Nederlandse Hervormde Kerk, aus der 1892 die „Gereformeerde Kerken in Nederland“ entstand; 1901–05 Ministerpräsident, 1913–20 Senator. Vertrat als Theologe eine neocalvinistische Position gegen den Modernismus; forderte als Politiker eine gegen Liberalismus und Sozialismus gerichtete „christliche Politik“. Labadie, Jean de (13.2.1610–13.2.1674). Calvinistischer Separatist. Zunächst Jesuit in Bordeaux und seit 1639 Weltpriester in Frankreich; 1650 Übertritt zum Calvinismus, 1659–66 Prediger in Genf, 1666 an die wallonische Gemeinde in Middelburg berufen, 1669 Gründung einer separatistischen Hausgemeinde nach urchristlichem Vorbild in Amsterdam (Labadisten), zu der auch → Anna Maria van Schürmann gehörte; nach Konflikten 1670 Umzug der Gemeinde nach Herford, 1672 nach Altona. Beeinflußte den entstehenden reformierten Pietismus. Lamprecht, Karl (25.2.1856–10.5.1915). Historiker, Geschichtsphilosoph. 1878 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1890 o. Professor für mittelalterliche und neue­ re Geschichte in Marburg, 1891–1915 in Leipzig. Seine „Deutsche Geschichte“ (12 Bände, 1891–1909) löste in der Geschichtswissenschaft einen langen und erbitterten Methodenstreit, den sog. „Lamprecht-Streit“, aus. Max Weber störte sich an seiner Geschichtsdarstellung als aufeinanderfolgende Zeitalter psychisch verursachter Kulturstufen. Lasco, Johannes a (polnisch: Jan Łaski) (1499–8.1.1560). Polnischer Theologe und Reformator. Aus polnischem Hochadel, 1513–19 Studium in Bologna und Padua; 1521 Priesterweihe; 1524 Studium in Paris und 1525 bei Erasmus in Basel; 1526 Propst von Leczyce und Gnesen. 1540 Heirat und Flucht nach Emden, 1542–49 Superintendent von Ostfriesland, 1550–53 der protestantischen Flüchtlingsgemeinde in London; 1554 Rückkehr nach Emden, wo sich (süd-)niederländische Glaubensflüchtlinge niederließen; 1556 nach Polen, wo seine Bemühungen um eine evangelische Nationalkirche erfolglos blieben. Gab der reformierten Kirchenordnung wichtige Impulse.

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Laud, William (7.10.1573–10.1.1645). Erzbischof von Canterbury. Seit 1601 Geistlicher der anglikanischen Kirche, 1608 theologischer Doktorgrad (D.D.), 1628 Bischof von London, 1629 Kanzler der Universität Oxford, 1633 Erzbischof von Canterbury; seit 1633 der eigentliche Träger der Kirchenpolitik Englands; radikaler Gegner des puritanischen Calvinismus; 1641 vom „Langen Parlament“ wegen Hochverrats angeklagt, inhaftiert und 1645 hingerichtet. Laveleye, Émile Louis Victor de (5.4.1822–3.1.1892). Belgischer politischer Schriftsteller, Philologe und Historiker. Seit 1864 Professor für Staatswirtschaft in Lüttich, 1873 Mitgründer des Institut de Droit international (Völkerrecht). Law, William (1686–9.4.1761). Anglikanischer Geistlicher. Verweigerte dem Hannoveraner George I. den Treueid, danach Privatlehrer. Der zugleich streng puritanische und hochkirchlich eingestellte, später von der Mystik und Jakob Böhme beeinflußte Law wurde 1727 Geistlicher einer Non-Juror-Gemeinde (Treueidverweigerer); 1740 Rückzug nach King’s Cliffe, Northamptonshire. Werke: „A Practical Treatease upon Christian Perfection“ (1726) und „A Serious Call to a Devout and Holy Life“ (1728). Beide Schriften beeinflußten die Begründer des Methodismus, Charles und → John Wesley sowie → George Whitefield. Lenau, Nikolaus (eigentl. N.  Franz Niembsch, Edler von Strehlenau) (13.8.1802– 22.8.1850). Österreichischer Schriftsteller. 1832/33 Amerikareise, 1844 Zusammenbruch, danach in Nervenheilanstalten. Gilt als Lyriker der Melancholie. Levy, Hermann (22.5.1881–16.1.1949). Nationalökonom. Nach Eigenstudien in Großbritannien und in den USA 1902 Promotion bei → Lujo Brentano in München, 1905 Habilitation in Halle, 1907 Umhabilitation in Heidelberg, 1907–20 hauptamtlicher Dozent an der Handelshochschule Mannheim; 1910 a.o. Professor in Heidelberg und 1920–33 an der TH Berlin; 1933 Emigration nach England, Lehraufträge in Cambridge und Oxford. Max Weber schätzte seine Arbeiten über den englischen Wirtschaftsliberalismus. Liguori, Alfonso Maria de (27.9.1696–1.8.1787). Katholischer Moraltheologe. Zunächst Anwalt; 1726 Priesterweihe, 1732 Mitbegründer der Redemptoristen; 1762–75 Bischof von Sant’ Agata dei Goti (Königreich Neapel); lebte als extremer Asket und praktizierte die Selbstgeißelung. 1839 heiliggesprochen, 1871 zum Kirchenlehrer erhoben. Lobstein, Paul (28.7.1850–13.4.1922). Deutsch-französischer evangelischer Theologe. 1876 Promotion zum Lic. theol. in Straßburg mit einer Arbeit über Calvins Ethik; seit 1877 a.o., seit 1884 o. Professor für Dogmatik ebd. Lodensteyn (Lodenstein), Jodocus van (6.2.1620–6.8.1677). Niederländischer reformierter Theologe. Studium bei → Gisbert Voet in Utrecht und bei Johannes Coccejus in Franeker; seit 1644 Pfarrer in der Provinz Zoetermeer und seit 1653 in Utrecht. Als Vertreter der „Nadere Reformatie“, einer dem deutschen Pietismus vergleichbaren Erneuerungsbewegung innerhalb der niederländisch-reformier-

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ten Kirche, legte er Wert auf die lebenspraktische Umsetzung der Heiligung des Lebens und die innere Erfahrung; lehnte den Separatismus → Jean de Labadies ab. Loofs, Friedrich (19.6.1858–13.1.1928). Evangelischer Theologe. Während des Studiums beeinflußt von → Adolf (v.) Harnack und → Albrecht Ritschl; 1882 Habilitation für Kirchen- und Dogmengeschichte in Leipzig, 1888–1926 o. Professor in Halle; 1886 zusammen mit Martin Rade u. a. Mitbegründer der Zeitschrift „Christliche Welt“. Bedeutend als Patristiker; Studien zur Rechtfertigungslehre. Löscher, Valentin Ernst (29.12.1673–12.2.1749). Evangelischer Theologe. 1707 Professor in Wittenberg, 1709 Pfarrer an der Dresdner Kreuzkirche, Superintendent und Assessor des Oberkonsistoriums ebd. Begründete 1701 mit den „Unschuldigen Nachrichten von alten und neuen theologischen Sachen“ die erste evangelisch-theologische Zeitschrift. Bekämpfte als Vertreter der Spät­ orthodoxie den „Indifferentismus“, den Pietismus („Vollständiger Timotheus verinus“, 2 Teile, 1718/22) sowie die Philosophie → Christian Wolffs. Ludwig XIV. (frz. Louis XIV) (5.9.1638–1.9.1715). König von Frankreich (seit 1661). Vollendete den absolutistischen Machtstaat durch den Ausbau einer zentralistischen Verwaltung und eine staatlich gelenkte Wirtschaftspolitik, die sein Minister → Colbert prägte. Unterdrückung religiös Andersdenkender (Jansenisten und Hugenotten). Luther, Martin (10.11.1483–18.2.1546). Reformator. 1507 Priesterweihe im Erfurter Augustiner-Eremitenkloster, seit 1511 Professor für Theologie in Wittenberg; 1517 Ab­laß­kritik, 1518 Heidelberger Disputation, 1519 Leipziger Disputation mit → Eck; seit 1520/21 reformatorische Bewegung, 15. Juni 1520 Bannandrohungsbulle, 3. Jan.  1521 Exkommunikation, 1521/22 Wartburgaufenthalt, lebte danach unter dem Schutz des sächsischen Kurfürsten in Wittenberg; 1523 Abendmahlsfeier mit Brot und Wein für die Laien, 1526 Einführung des deutschsprachigen Gottesdienstes; Auseinandersetzung mit spiritualistischen Reformern (→ Müntzer, Karl­ stadt); 1525 Schriften zum Bauernkrieg; Heirat mit Hausstand („Tisch­reden“); 1524–26 Auseinandersetzung mit Erasmus über den freien Willen, 1529 Marburger Religionsgespräch mit → Zwingli über die Abendmahlsfrage (Teilnahme von → Bucer); 1530 während des Augsburger Reichstags Aufenthalt auf der Veste Coburg; 1539 über das Kirchenwesen in „Von Konziliis und Kirchen“. Schriften u. a.: „Von der Freiheit eines Christenmenschen“, „An den christlichen Adel deutscher Nation“ (Kirchenreform auf der Grundlage des allgemeinen Prie­ster­tums), „De votis monasticis iudicium“ (Aufruf zur Glaubens- und Gewissensfreiheit bezüglich der Ordensgelübde); die Übersetzung des Neuen Testaments (erschien am 1. Sept. 1522, 2. Ausg. im Dez. 1522), die vollständige Bibelübersetzung (mit Altem Testament und Apokryphen) wurde zuerst 1534 gedruckt. Macaulay, Thomas Babington (seit 1857:) 1st Baron M. of Rothley (25.10.1800– 28.12.1859). Britischer Historiograph. 1826 Anwaltszulassung am Gray’s Inn in London, daneben schriftstellerische Tätigkeit, insbes. politische Porträts (1825

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über Milton). Zwischen 1830–57 mehrfach im Unterhaus für die Whig-Partei, 1834–38 Mitglied des Supreme Council in Kalkutta, nach der Rückkehr 1839–41 Sekretär im Kriegsministerium, 1846–48 Paymaster General. Maliniak, Julian (21.11.1889–14.12.1972). Polnischer Ökonom, Journalist und Übersetzer. 1912 Promotion zum Dr. phil. bei Heinrich Sieveking in Zürich. Seit 1906 Mitglied der PPS (Polnische Sozialistische Partei), trat nach seiner Rückkehr nach Polen als Journalist und Übersetzer (z. B. von Victor Hugo, Karl Marx) hervor. Max Weber konsultierte seine Dissertation „Die Entstehung der Export­ industrie und des Unternehmerstandes in Zürich“ (1913). Manley, Thomas (ca. 1628–1676). Englischer rechtsgelehrter und politischer Schriftsteller. 1673 Zulassung in der Londoner Anwaltskammer Middle Temple. Zu seinen politischen Schriften zählt „Usury at Six per cent“ (1669). Mantegna, Andrea (1431–13.9.1506). Italienischer Maler und Kupferstecher der oberitalienischen Frührenaissance. Marcks, Erich (17.11.1861–22.11.1938). Historiker. 1884 Promotion zum Dr. phil. bei Hermann Baumgarten in Straßburg, 1887 Habilitation bei Heinrich v. Treitschke in Berlin; 1892 o. Professor in Freiburg, 1894–1901 in Leipzig, 1901–07 in Heidelberg, 1907–13 an der wissenschaftlichen Stiftung in Hamburg, 1913–22 in München und 1922–28 in Berlin. Zahlreiche Arbeiten zur Geschichte des Deutschen Kaiserreichs. Gehörte zum engeren Bekanntenkreis Max Webers in Berlin und Heidelberg. Masson, David Mather (7.12.1822–6.10.1907). Schottischer Literaturwissenschaftler und Publizist. Herausgeber und Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften und Buchserien; 1852 Professor für englische Sprach- und Literaturwissenschaft am University College in London, 1865–95 für Rhetorik und englische Literatur in Edinburgh. Hauptwerk: „Life of John Milton“ (6 Bände, 1859–80). Maurenbrecher, Max (17.7.1874–30.4.1930). Evangelischer Theologe und Publizist. 1898 Promotion zum Dr. phil. bei Karl Bücher in Leipzig mit „Thomas von Aquino’s Stellung zum Wirtschaftsleben seiner Zeit“, seit den späten 1890er Jahren dem Kreis um Friedrich Naumann nahestehend, 1899–1903 Generalsekretär des Nationalsozialen Vereins sowie Schriftleiter der „Hilfe“, 1903–13 Mitglied der SPD; 1907 Austritt aus der evangelischen Kirche, danach Tätigkeit in den freireligiösen Gemeinden in Erlangen und Mannheim, 1919 nach Wiedereintritt in die evangelische Kirche Pfarrer der reformierten Gemeinde in Dresden; 1920–24 Schriftleiter der alldeutschen „Deutschen Zeitung“. Entwickelte sich zu einem deutsch-völkischen Theologen und Wegbereiter der „Deutschen Christen“. Meisner, Balthasar (3.2.1587–29.12.1626). Lutherischer Theologe. Seit 1611 Professor in Wittenberg; der der Orthodoxie zuzurechnende Meisner entwickelte die lutherische Frömmigkeit weiter, indem er sie mit mystischer Verinnerlichung und ethischer Wirksamkeit zu verbinden suchte.

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Melanchthon, Philipp (eigentl. Schwarzerdt, Philipp) (16.2.1497–19.4.1560). Humanist, Reformator und Vertrauter → Luthers. Studium in Heidelberg und Tübingen (M. A. 1514), humanistische Studien, bes. des Griechischen und He­­ bräischen (bei Johannes Reuchlin); 1518 Professor für Griechisch in Wittenberg, studierte Theologie bei Luther, 1519 Baccalaureus biblicus; Eintreten für eine Universitätsreform; 1530 Ausarbeitung und Verhandlung des Augsburger Bekenntnisses und seiner Apologie (gegen → Ecks „Confutatio“) auf dem Augsburger Reichstag. Prägte maßgeblich die Wittenberger Konkordie (1536). Teilnahme an Religionsgesprächen, Verwicklung in innerprotestantische Lehrstreitigkeiten. Wichtigstes Werk: „Loci communes“ (1521, Neufassungen 1535 und 1544). Menno Simons (1496–31.1.1561). Niederländisch-friesischer Täufer. Seit 1524 Priester, frühe Zweifel an der Realpräsenz Christi im Abendmahl und der Rechtmäßigkeit der Kindertaufe; 1532–36 Priester in Witmarsum, Friesland, dort Berührung mit dem Täufertum; Reisen mit Predigt und Taufe durch die Niederlande, Ostfriesland, nach Emden, Köln, Holstein und entlang der Ostseeküste; lebte seit 1554 bei Oldesloe. Sammelte die Täufer nach der Katastrophe ihrer Herrschaft in Münster 1535 zu friedfertigen Gruppen. Hauptwerk: „Fondamentboek“ (1539). Merx, Adalbert (2.11.1838–4.8.1909). Evangelischer Theologe und Orientalist. 1861 Dr. phil. in Breslau, 1865 Habilitation für Altes Testament in Jena; 1869 o. Professor für semitische Sprachen in Tübingen, 1873 für Altes Testament in Gießen, seit 1875 in Heidelberg. Galt wegen seiner philologischen Begabung (u. a. Kenntnis des Arabischen, Syrischen, Persischen, Sanskrit) und seiner universal ausgerichteten Forschungsinteressen als einer der bedeutendsten Orientalisten und biblischen Philologen seiner Zeit. Miller, Emil James (Jim) (22.10.1868–26.11.1918). Farmer in Mount Airy, NC; Verwandter Max Webers (Sohn des in die USA ausgewanderten Halbbruders seiner Mutter Helene Weber, Francis Miller). Max und Marianne Weber besuchten ihn und seinen Bruder → Jefferson Frederick Miller auf ihrer USA-Reise 1904. Miller, Jefferson Frederick (Jeff) (26.4.1847–20.11.1932). Farmer in Mount Airy, NC; Verwandter Max Webers; älterer Bruder von → Emil James Miller. Milton, John (9.12.1608–8.11.1674). Englischer Dichter, Schriftsteller und Staatssekretär. Seit 1640 Privatlehrer; Verteidigung der Volkssouveränität anläßlich der Hinrichtung → Karls I. (1649), 1649–52 Sekretär des Staatsrates unter → Oliver Cromwell; 1651 vollständige Erblindung; nach der Restauration 1660 zurückgezogenes Leben und schriftstellerische Tätigkeit. Neigte erst den Presbyterianern zu, dann antitrinitarische Haltung, Ablehnung der Lehre von der göttlichen Verwerfung, starke Betonung der Lehre vom freien Willen. Hauptwerke: „Pro populo anglicano“ (1651), eine Verteidigung des Tyrannenmords, das Versepos „Paradise lost“ (1667, 21674), „Paradise regained“ (1671) und das theologische Werk „De Doctrina Christiana“ (veröffentlicht erst 1825).

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Mirbt, Carl (21.6.1860–27.9.1929). Evangelischer Kirchenhistoriker. Entstammte der Brüdergemeine in Gnadenfrei (Schlesien), 1888 Promotion und Habilitation in Göttingen; 1889 a.o., 1890 o. Professor für Kirchengeschichte in Marburg, 1911–28 in Göttingen. Bedeutung erlangten seine „Quellen zur Geschichte des Papsttums und des römischen Katholizismus“ (1895). Möhler, Johann Adam (6.5.1796–12.4.1838). Katholischer Kirchenhistoriker. 1819 Priesterweihe, seit 1829 o. Professor in Tübingen, teilweise auch für Kirchenrecht und Apologetik (Vertreter der Tübinger Schule), seit 1835 o. Professor in München, 1838 zum Domdechant in Würzburg ernannt. Hauptwerk u.a: „Symbolik oder Darstellung der dogmatischen Gegensätze der Katholiken und Protestanten […]“ (1832, zahlreiche Aufl.), darüber Konflikt mit dem evangelischen Kollegen Ferdinand Christian Baur wegen Möhlers Auffassung, die Kirche sei fortgesetzte Inkarnation, die Konfessionsgegensätze müßten auf den Begriff gebracht, um schließlich überwunden zu werden. Montesquieu (eigentl. Charles-Louis de Secondat, Baron de La Brède et de M.) (18.1.1689–10.2.1755). Französischer Staatsphilosoph. 1716–26 Präsident des Parlements (Gericht) von Bordeaux; 1728 Aufnahme in die Académie Française. In seinem Hauptwerk „De l’esprit des lois“ (1748) entwickelte er mit seiner Gewaltenteilungslehre die Grundlagen der modernen Verfassungslehre. Morgan, John Pierpont (17.4.1837–31.3.1913). Amerikanischer Bankier. Mit dem Ertrag seines Bankhauses (gegr. 1861, seit 1895 JP Morgan & Co.) finanzierte er Unternehmenszusammenschlüsse und den Bau von Eisenbahnlinien; sein Vermögen legte er in Kunst- und Büchersammlungen an (1924 Stiftung Pierpont Morgan Library, New York). Moritz von Oranien (14.11.1567–23.4.1625). Statthalter von Holland und Seeland (seit 1585), Utrecht und Overijssel (seit 1590) und Gelderland (seit 1591). Sohn von → Wilhelm I. von Oranien. Seit 1590 Generalkapitän und Admiral der Union der niederländischen Provinzen; konnte durch eine Heeresreform die von den Spaniern eroberten niederländischen Nordprovinzen in den 1590er Jahren befreien. 1609 Entzweiung mit Oldenbarnevelt (→ Oldenbarneveldt) wegen dessen zwölfjährigem Waffenstillstandsschluß mit Spanien. Befürchtete Hochverrat und Bürgerkrieg, nachdem Oldenbarnevelt den Konflikt von Remonstranten und Contra-Remon­ stranten durch Unterwerfung der Kirche unter die staatliche Obrigkeit beenden wollte und zum Schutz der Städte Söldner anwerben ließ. Ließ Oldenbarnevelt 1618 inhaftieren und 1619 hinrichten. Müller, Ernst Friedrich Karl (27.7.1863–20.5.1935). Evangelisch-reformierter Theologe. Studium in Tübingen und Halle, 1891 Habilitation im Fach Neues Testament in Halle; 1896–1935 o. Professor für Reformierte Theologie in Erlangen; dort zeitweise auch Pfarrer der reformierten Gemeinde, 1906–35 Präses der reformierten Synoden in Bayern. Max Weber konsultierte die von ihm herausgegebenen „Bekenntnisschriften der reformierten Kirche“ (1903).

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Müller, Karl (3.9.1852–10.2.1940). Evangelischer Kirchenhistoriker. 1876 Promotion zum Dr. phil. in Tübingen, 1880 Habilitation in Berlin; 1886 o. Professor als Nachfolger → Adolf (v.) Harnacks in Gießen, 1891 in Breslau, 1903–22 in Tübingen. In seinem (unvollendeten) Hauptwerk „Kirchengeschichte“ (1.  Band  1892, 2.  Band/1. Halbband 1902, 2. Halbband 1919) behandelt er diese als Teil der allgemeinen Geschichte. Müntzer (Münzer), Thomas (evtl. 20./21.12.1489 oder: 1490–27.5.1525). Radikaler Reformator. 1513/14 Priesterweihe; 1517–19 Aufenthalte in Wittenberg, 1520 Prediger in Zwickau, zunehmend spiritualistische und apokalyptische Ausrichtung, darum des Aufruhrs verdächtigt und entlassen; 1523 Pfarrer in Allstedt (Thüringen), Konflikte wegen des Niederbrands der Mallerbacher Wallfahrtskapelle am 24. März 1524 (durch seine Anhänger?); im August 1524 in Mühlhausen, nach Ausweisung bis Febr. 1525 in Südwestdeutschland, im April 1525 als Anführer des Frankenhäuser Haufens am Bauernaufstand beteiligt, in dessen Verlauf er hingerichtet wurde. Murray, Sir James Augustus Henry (7.2.1837–26.7.1915). Britischer Lexikograph. Seit 1879 Herausgeber des von der Philological Society initiierten „New English Dictionary“ (heute bekannt als „Oxford English Dictionary“). Muthmann, Arthur (24.4.1875–8.1.1957). Psychiater. Studium der evangelischen Theologie, dann der Medizin in Bonn und München, 1899 Promotion zum Dr. med. in Bonn, 1902–07 Assistenzarzt in der psychiatrischen Universitätsklinik in Basel, später Leiter des Kurhauses Bad Nassau, seit 1919 in Freiburg i. Br., dort Gründung eines privaten Sanatoriums. Seine Schriften „Psychiatrisch-theo­lo­ gische Grenzfragen“ (1907) und „Zur Psychologie und Therapie neurotischer Symptome“ (1907) zeigen die Rezeption der Psychoanalyse Sigmund Freuds. Neumann, Carl (1.7.1860–9.10.1934). Kunst- und Kulturhistoriker. 1882 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg, 1894 Habilitation für Geschichte und Kunstgeschichte ebd.; 1904–11 o. Professor für Kunstgeschichte an der Universität Kiel, 1911–29 in Heidelberg. Empfing wesentliche Anregungen von → Jacob Burckhardt; sein Buch über Rembrandt erschien 1902 (2.  Aufl. Ende 1905). Seit den 1890er Jahren freundschaftliche Beziehungen zu Max und Marianne Weber. Nicolai, Philipp (10.8.1556–26.10.1608). Lutherischer Pfarrer und Lieddichter. Pfarrer in Herdecke, in Köln, in Waldeck (und Hofprediger), in Unna, seit 1601 in Hamburg. Verfaßte während der Pestzeit das Trost- und Erbauungsbuch „FreudenSpiegel deß ewigen Lebens“ (1599). Niklaes (Niclaes), Hendrik (9./10.1.1501 oder 1502 – nach 1570). Deutsch-niederländischer Gründer der Familisten. Seit 1531 Kaufmann in Amsterdam, 1540 Berufungserlebnis zum „Propheten“, woraufhin er nach Emden zog; vermutlich täuferisch beeinflußt, gründete er dort und auf Reisen (1552/53 England) für die Erwählten das „Haus der Liebe“ („Family of Love“).

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Nuyens, Willem Johannes Franciscus (Willem Jan Frans) (18.8.1823–10.12.1894). Niederländischer historischer Schriftsteller. 1848 Promotion zum Dr. med. in Utrecht, praktizierte als Arzt. Suchte als Katholik in seinen historischen Werken einen gesamt-niederländischen, d. h. auch die südlichen und östlichen Provinzen einbeziehenden Standpunkt zu gewinnen. Offenbacher, Martin (26.3.1876–23.3.1942). Ingenieur. 1892/93 Industrieschule in Nürnberg, 1894–98 Studium an der TH München (Examen als Elektroingenieur) und zugleich volkswirtschaftliche Vorlesungen bei → Lujo Brentano, Walther Lotz und Georg v. Mayr, 1898/99 in Heidelberg bei Max Weber und Ernst Leser, dort 1901 über „Konfession und soziale Schichtung“ zum Dr. phil. promoviert. Seit 1902 als Ingenieur in der Firma MAN in Nürnberg. Nahm sich vor der Deportation nach Polen das Leben. Oldenbarneveldt (Oldenbarnevelt), Johan van (14.9.1547–13.5.1619). Niederländischer Staatsmann. Schloß sich 1572 den Aufständischen unter der Führerschaft von → Wilhelm I. von Oranien im Kampf gegen Spanien an; setzte sich 1584 für dessen Sohn → Moritz als Statthalter ein; 1586 Ernennung zum Landesadvokat (Ratspensionär, leitender Minister) der Provinz Holland; handelte 1609 mit Spanien einen zwölfjährigen Waffenstillstandsschluß aus, den Moritz nicht billigte; endgültiges Zerwürfnis mit diesem wegen religiöser und bürgerkriegsähnlicher Kontroversen, als Unterstützer der gemäßigten Calvinisten (sog. Remonstranten) lehnte er die Einberufung einer nationalen Synode der von Moritz unterstützten orthodoxen Calvinisten ab; ließ 1617 Söldner zum Schutz der Städte anwerben, woraufhin die gegnerischen Generalstaaten unter Moritz ihn am 29. Aug. 1618 festnehmen und 1619 hinrichten ließen. Olevian, Caspar (10.8.1536–15.3.1587). Reformierter Theologe und Kirchenpolitiker. 1557 Promotion zum Dr. jur., 1558 Studium der Theologie bei → Calvin in Genf; 1559 Prediger in seiner Heimatstadt Trier; 1561 Dogmatik-Professor in Heidelberg; 1562 Stadtpfarrer und Hofprediger des calvinistischen Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz (1559–76), 1584 Gründung und Rektor der Hohen Schule in Herborn. Mitverfasser des Heidelberger Katechismus und der reformierten Kurpfälzer Kirchenordnung (beide 1563). Hauptwerk: „De substantia foederis gratuiti inter Deum et electos“ (1585). Owen, John (1616–24.8.1683). Englischer Puritaner. 1649/50 Kaplan → Oliver Cromwells, begleitete ihn auf die Feldzüge nach Irland und Schottland; 1652–58 Vizekanzler der Universität Oxford. Wandte sich schon in den 1640er Jahren vom Presbyterianismus zum Kongregationalismus, als dessen einflußreichster Vertreter er in den 1650er Jahren und nach der Restauration auftrat. Mitverfasser der Savoy Declaration (1658). Pandolfini, Agnolo (1360–1446). Florentiner Politiker. 1397 und 1408 SignorienMitglied, 1414, 1420 und 1431 Inhaber des höchsten (Justiz-)Amts der Stadtrepublik Florenz, Diplomat; lebte die letzten zwölf Jahre zurückgezogen in einer ländlichen Villa in Gangalandi. Galt lange Zeit als Autor des Traktats „Governo

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della famiglia“, einem Auszug des dritten Buchs von → Leon Battista Albertis „Della famiglia“. Parker, Henry (1604–1652). Englischer politischer Schriftsteller und Pamphletist. 1638 Anwaltszulassung am Lincoln’s Inn, London, 1642 Sekretär der Parlamentsarmee, 1645 des Unterhauses, 1649 von → Oliver Cromwell und Henry Ireton in Irland. Vertrat in seinen Pamphleten die Auffassung der Souveränität eines aus zwei Kammern bestehenden Parlaments, aber auch die Position der Vorherrschaft des Staats über die Kirche. Zu seinen frühen Schriften zählt u. a. „A Discourse Concerning Puritans“ (1641), eine Verteidigungsschrift des Puritanismus. Pascal, Blaise (19.6.1623–19.8.1662). Französischer Mathematiker, Naturwissenschaftler und Philosoph. Lernte 1646 im Elternhaus den Jansenismus kennen, 1652 Eintritt seiner Schwester Jacqueline in das Kloster Port Royal des Champs. Der in Pariser Salons verkehrende Pascal hatte 1654 ein mystisches Erlebnis, das ihn zu einem asketischen Leben als „solitaire“ (Einsiedler) im Umkreis des Klosters Port Royal führte. Bald verteidigte er in den sog. „Lettres Provinciales“ (1656/57) die jansenistische Gnadenlehre und Ethik gegen die Jesuiten. Fragment blieb eine Apologie der „Wahrheit“ der christlichen Religion („Pensées sur la religion“, postume Veröffentlichungen, zuerst 1669/70). Paterson, William (April 1658 – Januar 1719). Schottischer Kaufmann und Politiker. Nach seinen Plänen wurde 1694 die Bank of England gegründet; wurde einer ihrer Aufsichtsräte („directors“), trat 1695 zurück. 1698 Aufbruch zu einer Expeditionsreise nach Panama, wo er sich vergeblich um eine schottische Kolonisierung Dariéns bemühte. Pearson, Andrew Forret Scott (25.12.1886–30.5.1952). Schottischer presbyterianischer Theologe. 1908 Theologiestudium in Marburg und 1910/11 in Heidelberg, u. a. bei Hans v. Schubert und → Ernst Troeltsch, 1910 B.D. in St. Andrews, 1912 Promotion zum Dr. theol. in Heidelberg („Der älteste englische Presbyterianismus“, Referent: v. Schubert), Pfarrer in West Kilbride, Ayrshire, nach 1930 kurzzeitig Dozent in Montreál, danach Professor für Kirchengeschichte und Symbolik am Presbyterian College der Universität Belfast. Veröffentlichungen zum englischen Puritanismus und zum Presbyterianismus in Irland. Petty, Sir William (27.5.1623–16.12.1687). Englischer Ökonom. 1643 während des Bürgerkriegs in Holland, dort Sekretär von Thomas Hobbes in Amsterdam; 1646 Studium der Medizin in Oxford, Mitbegründer der Royal Society, 1651 Professor für Anatomie ebd. und für Musik in London; 1652 Generalarzt der Armee → Oliver Cromwells in Irland, dort 1654–56 verantwortlich für die Katastrierung des irischen Grundbesitzes, für die er mit Landbesitz entlohnt wurde. Nach der Restauration 1666–85 in Irland, widmete sich dort der Frage, wie Irland zu Wohlstand kommen könne. Hauptwerk u. a.: „Political Arithmetic“ (postum 1690). Pierson, Allard (8.4.1831–27.5.1896). Niederländischer Theologe. Legte 1865 sein Amt als Pfarrer nieder, weil er modernes kritisches Denken mit Kirche und

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Theologie für unvereinbar hielt; 1877–95 Professor für Kunstgeschichte, Ästhetik und moderne Sprachen an der Universität Amsterdam. Verfaßte „Studien over Johannes Kalvijn“ (1881–91). Plitt, Hermann (5.1.1821–26.11.1900). Theologe der Brüder-Unität. Seit 1847 Dozent, 1853–80 Inspektor (Direktor) des Predigerseminars der Evangelischen Brüder-Unität in Gnadenfeld (Oberschlesien). Verfaßte ein dreibändiges Werk über Zinzendorfs Theologie (1869–74). Pocohontas (bekannter als Pocahontas, wohl eigentl. Mataoka, „kleine Übermütige“, seit 1614: Rebecca Rolfe) (ca. 1595 – März 1617). Tochter des Führers der Powhatan-Konföderation in Virginia. Gewann Bedeutung als Vermittlerin zwischen Indianern und weißen Siedlern im heutigen Virginia; nach ihrer Taufe heiratete sie im April 1614 den englischen Tabakpflanzer John Rolfe, von dem sie am englischen Königshof vorgeführt wurde. Praetorius, Stephan (3.5.1536–4.5.1603). Lutherischer Erbauungsschriftsteller. Zeitlebens Pfarrer in seiner Heimatstadt Salzwedel, dort 1580 Miterleben der Pest. Verfaßte Traktate und das Erbauungsbuch „Geistliche Schatzkammer der Gläubigen“ (1636). Prynne, William (1600–24.10.1669). Puritanischer Pamphletist. 1628 Anwaltszulassung am Lincoln’s Inn, London. 1633 und 1637 wegen Aufruhrs zu lebenslanger Haft verklagt, attackierte unterdessen mit Pamphleten Erzbischof → William Laud und den Episkopalismus; 1640 vom Langen Parlament befreit, beteiligt an der Hinrichtung Lauds, wandte sich bald gegen die Überzeugungen der Independenten, etwa gegen → John Goodwin, sowie der Presbyterianer und kämpfte nun für eine der Krone subordinierte puritanische Nationalkirche; 1650–53 wegen Angriffen auf das Commonwealth inhaftiert. Eine Attacke richtete sich 1656 gegen die Erleichterung der Ansiedlung von Juden in England („A Short Demurrer to the Jews“); unterstützte → Karl II. und die Restauration. Rabelais, François (um 1494? – 9.4.1553). Französischer Humanist. Zeitweise Ordensbruder (Franziskaner, Benediktiner), seit 1530 Studium der Medizin; zeitweise Sekretär und Leibarzt seines Gönners Kardinal Jean du Bellay. Wegen seiner Auffassungen sowohl von → Calvin als auch von der reformfeindlichen theologischen Fakultät der Sorbonne scharf kritisiert. Hauptwerk ist der zeitsatirische Romanzyklus „Gargantua und Pantagruel“ (5 Bände, 1532–64). Rachfahl, Felix (9.4.1867–15.3.1925). Historiker. 1890 Promotion zum Dr. phil. in Breslau, 1893 Habilitation in Kiel; 1898 a.o. Professor in Halle, 1903 o. Professor in Königsberg, 1907 in Gießen, 1909 in Kiel, 1914 in Freiburg i. Br. Arbeiten zur schlesischen Landesgeschichte und über „Wilhelm von Oranien und der niederländische Aufstand“ (3 Bände, 1906–24); verfaßte 1909 und 1910 zwei Kritiken zur „Protestantischen Ethik“ Max Webers.

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Raffael (eigentl. Raffaello Sanzio da Urbino) (1483–6.4.1520). Italienischer Maler der Hochrenaissance, seit 1514 Architekt und Baumeister des Petersdoms in Rom. Ranke, Leopold (seit 1865:) von (20.12.1795–23.5.1886). Historiker. 1814–18 Studium der evangelischen Theologie und der Philologie in Leipzig, Promotion in klassischer Philologie; 1834–71 o. Professor in Berlin; 1841 von Friedrich Wilhelm IV. zum Historiographen des preußischen Staates ernannt. Forderte die Rekonstruktion der Geschichte aus den Quellen. Abhandlungen zur europäischen Staatengeschichte in der frühen Neuzeit, darunter eine „Englische Geschichte“ (7 Bände, 1859–68). Im Luthertum verwurzelt, suchte er Gottes immanentes Wirken in der Geschichte; er gilt als Begründer der modernen Geschichtswissenschaft und führender Vertreter des Historismus. Reitsma, Johannes (15.12.1837–23.2.1902). Niederländischer Theologe. 1864 Promotion zum Dr. theol. in Groningen, seit 1885 Hochschullehrer für Dogmatik, Kirchenrecht und Kirchengeschichte ebd. Verfaßte mehrere Monographien zur niederländischen Kirchengeschichte und gab zusammen mit Sietse Douwe van Veen die archivarische Sammlung „Acta der Provinciale en Particuliere Synoden […] 1572–1620“ (8 Bände, 1892–99) heraus. Rembrandt (eigentl. Rembrandt Harmenszoon van Rijn) (15.7.1606–4.10.1669). Holländischer Maler und Graphiker. Seit 1624 in Leiden, seit 1633 in Amsterdam tätig; bevorzugte biblische Stoffe, neben Historienbildern auch Gruppenbilder und Porträts, darunter ca. 100 Selbstbildnisse. Rhodes, Cecil (5.7.1853–26.3.1902). Britischer Kolonialpolitiker und Unternehmer. Sohn eines englischen Pfarrers, kam 1870 nach Südafrika; seit 1881 Parlamentsmitglied der Kapkolonie, 1884 Finanzminister und 1890–96 Premiermini­ ster ebd.; 1888 Gründung von De Beers Consolidated Diamond Mines (mit Monopol in Südafrika). Durch sein Diamanten- und Goldgeschäft einer der reichsten Unternehmer seiner Zeit; gilt als bedeutendster Repräsentant des britischen Imperialismus in Südafrika. Ritschl, Albrecht (25.3.1822–20.3.1889). Evangelischer Theologe. 1859 o. Professor für Neues Testament und Kirchengeschichte in Bonn, seit 1864 für Kirchengeschichte und Dogmatik in Göttingen. Zentral für seine Theologie war die „Reich-Gottes-Lehre“ im Sinne eines sittlichen Ideals zur Vervollkommnung aller Kultur, realisiert in Nächstenliebe, Berufsarbeit und Bürgerpflichten; einflußreich durch seine Schüler → Adolf (v.) Harnack, → Friedrich Loofs, → Paul Lobstein und → Ernst Troeltsch. Werke u. a.: „Die christliche Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung“ (3 Bände, 1870–74, 31889); „Geschichte des Pietismus“ (3 Bände, 1880–86). Robinson, John (ca. 1576–1.3.1625). Englischer Puritaner. Zunächst Geistlicher der anglikanischen Kirche, dann der separatistischen Gemeinde von Scrooby Manor (Nottinghamshire); folgte 1607/08 → John Smyth, der schon mit seiner

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Gemeinde nach Amsterdam übergesiedelt war, zog aber 1609 mit seinen Anhängern weiter nach Leiden. In Leiden entwickelte der anfangs strenge Separatist mildere (kongregationalistische) Ansichten zur Kirchenverfassung, blieb aber dogmatisch strenger Calvinist (Verteidigung der Dordrechter Beschlüsse). Diese verbreiteten die seiner Gemeinde entstammenden, 1620 mit der Mayflower übergesetzten „pilgrim fathers“ in Nordamerika. Rockefeller, John Davison (8.7.1839–23.5.1937). Amerikanischer Unternehmer. Erwarb mit Erdölraffinerien das seinerzeit weltweit größte Vermögen, von dem er einen erheblichen Teil auf Stiftungen (v. a. Rockefeller Foundation) und philan­ thropische Projekte verwandte. Rogers, James E. Thorold (23.3.1823–14.10.1890). Englischer Wirtschaftshistoriker und liberaler Politiker. Seit 1859 Professor of Statistics and Economic Science am Kings’s College, London; 1880–86 Abgeordneter der Liberalen im Unterhaus. Anhänger der Freihandelslehre. Hauptwerke: „A History of Agriculture and Prices in England“ (7 Bände, 1866 ff.) und „Six Centuries of Work and Wages“ (2 Bände, 1884). Roosevelt, Theodore (27.10.1858–6.1.1919). 26. Präsident der USA (1901–09). Rowntree, John Stephenson (2.5.1834–13.4.1907). Englischer Quäker. Die Führung des ererbten Yorker kleinen Kaufmannsgeschäfts ließ ihm genügend Raum für sein Amt als Geistlicher der Quäker und sein aktives Engagement in der Schul- und Erwachsenenbildung. Verfaßte: „Quakerism, Past and Present“ (1859). Rutgers, Frederik Lodwijk (26.11.1836–19.3.1917). Niederländischer Theologe. 1860 Promotion in Leiden; als Amsterdamer Pfarrer Mitstreiter → Abraham Kuypers im Amsterdamer Kirchenstreit; seit 1880 Professor für Kirchengeschichte und Kirchenrecht an der Freien Universität Amsterdam. Sack, Karl Heinrich (17.10.1789–16.10.1875). Evangelischer Theologe. Stammte aus einer bekannten Berliner Theologen- und Predigerfamilie; seit 1810 Studium bei Friedrich Schleiermacher in Berlin, 1819–34 Pfarrer in Bonn, 1823–60 o. Professor für Praktische Theologie ebd., 1847–60 (Ober-)Konsistorialrat in Magdeburg; Vertreter der positiven Union und der Vermittlungstheologie. Unternahm auf Veranlassung des Kultusministers Johann Albrecht Friedrich Eichhorn, seines Schwagers, eine Reise nach Schottland, um die dortigen Kirchenverhältnisse zu erforschen („Die Kirche in Schottland“, 2 Bände, 1844/45). Salmasius, Claudius (eigentl. Claude de Saumaise) (15.4.1588–3.9.1653). Französischer klassischer Philologe und Rechtsgelehrter. 1606–10 Studium in Heidelberg, wurde dort Protestant; lebte in Frankreich als Privatgelehrter, seit 1631 Professor in Leiden, 1650/51 in Schweden.

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Sanford, John Langton (22.6.1824–27.7.1877). Englischer Historiograph. Juristisches Studium am University College, London; 1853–55 Mitherausgeber des „Inquirer“, schrieb seit 1861 Beiträge für „The Spectator“. Zu seinen Arbeiten zur Geschichte Englands zählen u. a. seine „Studies and Illustrations of the Great Rebellion“ (1858), die zuerst im „Christian Reformer“ erschienen. Schäfer, Dietrich (16.5.1845–12.1.1929). Historiker. 1883 o. Professor für Geschichte in Jena, 1885 in Breslau, 1888 in Tübingen, 1896 in Heidelberg, 1903–21 in Berlin. Mitglied des Alldeutschen Verbandes; im September 1917 Mitbegründer der Vaterlandspartei. Mit seinen Hauptwerken „Weltgeschichte der Neuzeit“ (1907) und „Deutsche Geschichte“ (1910) beeinflußte er weithin das nationalpolitische Denken im Kaiserreich. Schechter, Salomon (hebr. Shne’ur Salman) (7.12.1847–20.11.1915). Jüdischer Gelehrter rumänischer Herkunft. Studien in Lemberg, Wien und Berlin; 1890– 1902 Lehrauftrag für talmudische Studien an der Universität Cambridge, 1902–15 Präsident des Jewish Theological Seminary in New York. Identifizierte 1894 ein hebräisches Fragment des Buches Jesus Sirach und entdeckte 1896 weitere Fragmente und Handschriften in der Geniza einer Kairoer Synagoge. Scheibe, Max (13.6.1870–5.7.1935). Reformierter Theologe. 1893 Dr. phil. in Halle, 1897 Lic. theol. mit „Calvins Prädestinationslehre“, 1897–1911 Privatdozent in Halle; seit 1902 Pfarrer der reformierten Gemeinde in Leipzig. Schell, Herman (28.2.1850–31.5.1906). Katholischer Theologe. 1883 Promotion in Tübingen, 1873 Priesterweihe; 1888 o. Professor für Apologetik, vergleichende Religionswissenschaft und christliche Kunstgeschichte in Würzburg. Führend in der katholischen Erneuerungsbewegung. Verfaßte vielgelesene Reformschriften, in denen er die Kulturbedeutung des Katholizismus gegen ultramontanistische Auswüchse hervorhob, u. a.: „Der Katholizismus als Princip des Fortschritts“ (1897); Ende 1898 auf den „Index librorum prohibitorum“ gesetzt. Schell unterwarf sich dieser Entscheidung und verblieb in der Kirche. Schmoller, Gustav (seit 1908:) von (24.6.1838–27.6.1917). Nationalökonom. 1861 Promotion zum Dr. oec. publ. in Staatswissenschaften in Tübingen; ohne Habilitation 1864 etatmäßiger a.o. Professor, 1865 o. Professor für Staatswissen­ schaften in Halle, 1872 in Straßburg, 1882–1912 in Berlin. Seit 1884 Mitglied des preußischen Staatsrates; seit 1881 Herausgeber des „Jahrbuchs für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reiche“ (später: „Schmollers Jahrbuch“). Beeinflußte als Anführer der jüngeren historischen Schule der Nationalökonomie sowie als Mitbegründer (1872) und Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik (1890–1917) die staatliche Sozialpolitik und die Entwicklung der Nationalökonomie in Deutschland. Schneckenburger, Ma(t)thias (17.1.1804–3.6.1848). Evangelischer Theologe. 1831 Pfarrer der württembergischen Landeskirche, 1834 Berufung an die reformierte Berner Akademie, (nach deren Umwandlung zur Universität) Professor für

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Systematische Theologie ebd., wirkte dort neben → Karl Bernhard Hundeshagen. Die aus dem Nachlaß herausgegebene Vorlesung „Vergleichende Darstellung des lutherischen und reformirten Lehrbegriffs“ (1855) zeigt eine psychologischen Gesetzen folgende idealtypische Darstellung der Konfessionsdifferenzen in Lehre und praktischer Frömmigkeit. Schortinghuis, Willem (23.2.1700–20.11.1750). Niederländischer reformierter Theologe. 1723 Pfarrer in Weener (Ostfriesland), 1734 in Midwolda (Provinz Groningen). Seine auf ein praktisches Christentum zielenden, teils aber als „mystisch“ beurteilten Ansichten gingen in seine in den Niederlanden und Ostfriesland weit verbreitete Schrift „Het innige Christendom“ (1740, 31742) ein. Schulte, Aloys (2.8.1857–14.2.1941). Historiker. 1879 Promotion in Münster, 1885–92 Archivrat in Karlsruhe, 1893 o. Professor in Freiburg i. Br., 1896 in Breslau und 1903–28 in Bonn, 1901–03 nebenamtlicher Direktor des Preußischen Historischen Instituts in Rom. Neben seinem landesgeschichtlichen Forschungsschwerpunkt verfaßte er Studien zur Sozial-, Wirtschafts- und Verfassungsgeschichte des Mittelalters. Schulze-Gaevernitz, Gerhart von (bis 1888: Gerhart Schulze) (25.7.1864–10.7. 1943). Nationalökonom. 1886 Promotion zum Dr. jur. in Göttingen und 1891 zum Dr. phil. in Leipzig, 1891 Habilitation ebd.; 1896–1923 o. Professor in Freiburg i. Br. 1912–20 MdR und der Nationalversammlung. Im Verein für Socialpolitik gehörte er zum sozialreformerischen Flügel im Anschluß an → Lujo Brentano; er war einer der originellsten Arbeitsmarkt- und Lohntheoretiker seiner Zeit. Seit den gemeinsamen Jahren in Freiburg freundschaftlich-kollegiale Beziehung zu Max Weber. Schürmann (auch: Schu[u]rman[n]), Anna Maria van (5.11.1607 – 4. oder 14.5. 1678). Niederländische Theologin, Dichterin und Künstlerin. Einzige weibliche Schülerin → Gisbert Voets an der Akademie in Utrecht; 1641 Dissertation „De ingenii muliebris ad doctrinam“. Sie korrespondierte mit Gelehrten ihrer Zeit; schloß sich 1669 der Separatistengemeinde → Jean de Labadies in Amsterdam an, mit der sie 1670 nach Herford, Altona und Wieuwert in Friesland floh. Schwenckfeld, Kaspar von (auch: Caspar Schwenkfeld von Ossig) (Nov./Dez. 1489–10.12.1561). Reformator und spiritualistischer Theologe. Entstammte schlesischem Adel; seit 1511 im Dienst an verschiedenen Höfen; versuchte seit 1523 die Reformation in Schlesien zu verbreiten; 1525/26 kam es wegen Ablehnung von → Luthers realpräsentischer Abendmahlsauffassung zum Bruch mit diesem, danach zunehmend spiritualistisch; nach Verlust der Protektion des schlesischen Landesherren 1529–34 in Straßburg, 1537–39 in Ulm; 1540 wurden seine Lehren vom Schmalkaldener Bundestag verurteilt. Sedgwick, Obadiah (1599/1600–1658). Englischer Presbyterianer. Geistlicher in London und Essex; 1643 Mitglied der Westminster Assembly; 1646 Prediger an

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St. Paul’s Church, Covent Garden, London. Verfasser religiöser Schriften und Traktate. Seeberg, Reinhold (5.4.1859–23.10.1935). Evangelischer Theologe. 1884 Privatdozent in Dorpat; 1885 a.o. Professor ebd., 1889 o. Professor für neutestamentliche Zeitgeschichte, Patristik und Theologische Enzyklopädie in Erlangen, seit 1894 auch der Systematischen Theologie, 1898–1927 für Systematische Theologie, Religionsphilosophie, Ethik und neutestamentliche Exegese in Berlin (als konservativer Gegenpart zu → Adolf (v.) Harnack). 1909 Nachfolger → Adolf Stoeckers als Präsident der Freien kirchlich-sozialen Konferenz; im 1. Weltkrieg Vertreter der alldeutschen Politik und annexionistischer Kriegsziele; 1917 Mitbegründer der DNVP. Vertrat eine „moderne positive Theologie“. Zu seinen Hauptwerken zählt das „Lehrbuch der Dogmengeschichte“ (2 Bände, 1895/98). Seuse, Heinrich → Suso, Heinrich. Sharpless, Isaac (16.12.1848–16.1.1920). Amerikanischer Pädagoge, Collegepräsident und Quäker. 1879–84 Professor für Mathematik und Astronomie am Haverford College (Pennsylvania), 1887–1917 Präsident des Haverford College, 1915 Ehrendoktor der Theologie (Harvard University). Veröffentlichungen zur Kolonialgeschichte der Quäker. Simmel, Georg (1.3.1858–26.9.1918). Philosoph und Soziologe. Seit 1914 o. Professor für Philosophie in Straßburg. Gehörte seit 1890 zu den Begründern der „formalen Soziologie“ in Deutschland; zeichnete u. a. mit der „Philosophie des Geldes“ (1900) ein kulturkritisches Bild der Moderne. Seit den 1890er Jahren freundschaftliche Beziehung zu Max Weber, der sich 1907/08 vergeblich für seine Berufung nach Heidelberg einsetzte und mit ihm 1908 zu den Gründern der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) gehörte. Skeats, Herbert Stradling (1828–12.10.1881). Englischer Autor. Bekannt durch sein Buch „A History of the Free Churches of England“ (1868). Smend, Rudolf (5.11.1851–27.12.1913). Evangelischer Theologe. 1874 Promotion zum Dr. phil. in Bonn, 1875 Habilitation in Halle, 1881 o. Professor für Altes Testament in Basel, seit 1889 in Göttingen, wo er 1907 bei der Gesellschaft (Akademie) der Wissenschaften die Septuaginta-Edition mitinitiierte. Max Weber benutzt seine Studien zum Buch Jesus Sirach. Smith, Adam (5.6.1723–17.7.1790). Schottischer Sozialphilosoph und politischer Ökonom. 1751–63 Professor für Logik bzw. Moralphilosophie in Glasgow, lebte nach 1766 vornehmlich in seinem Geburtsort Kirkcaldy, ab 1778 Mitglied der obersten Zollbehörde Schottlands. Sein 1776 erschienenes Hauptwerk „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations“ gilt als das initiale Werk in der Geschichte der Nationalökonomie als wissenschaftlicher Disziplin.

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Smyth, John (zw. 1565 und 1568 – August 1612). Mitbegründer des Baptismus. Floh 1608 mit seinen puritanischen Anhängern nach Amsterdam, dort wegen eigener spirituellen Auffassungen – im Gottesdienst solle nur der Heilige Geist wirken – Abgrenzung von der „Ancient Church“, der von Francis Johnson und → Henry Ainsworth geleiteten englischen Flüchtlingsgemeinde. Um 1609 vollzog er die endgültige Scheidung, taufte sich selbst (darum genannt: „Se-Baptist“) und nahm unter seinen Anhängern die Erwachsenentaufe vor. 1611 kehrte er nach England zurück und gründete eine baptistische Gemeinde, die Vorläuferin der „General Baptists“. Sombart, Werner (19.1.1863–18.5.1941). Nationalökonom und Soziologe. 1888 Promotion zum Dr. phil. bei → Gustav Schmoller in Berlin, 1888 Syndikus der Handelskammer in Bremen; 1890–1906 etatmäßiger a.o. Professor in Breslau, 1896–1902 parteiloser Stadtverordneter ebd.; 1906 o. Professor an der Handelshochschule Berlin, 1917–31 als Nachfolger von Adolph Wagner o. Professor der wirtschaftlichen Staatswissenschaften an der Universität Berlin. Pläne zur Nachfolge Max Webers an der Freiburger wie Heidelberger Universität stießen auf den Widerstand des badischen Großherzogs. Seit 1892 im Ausschuß des Vereins für Socialpolitik, Repräsentant des linken Flügels; seit 1904 zusammen mit → Edgar Jaffé und Max Weber Mitherausgeber des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“. Zu seinen Hauptwerken zählt „Der moderne Kapitalismus“ (2 Bände, 1902, 21916/17). Seit den späten 1880er Jahren freundschaftliche Beziehungen zu Max Weber; in der Kriegs- und Nachkriegszeit zunehmende Distanz, die sich bereits 1911 in der Auseinandersetzung über Sombarts Buch „Die Juden und das Wirtschaftsleben“, spätestens aber 1913 über dessen Buch „Der Bourgeois“ zeigte. Southey, Robert (12.8.1774–21.3.1843). Englischer Dichter, Kritiker, Essayist und Geschichtsschriftsteller. Spangenberg, August Gottlieb (15. oder 16.7.1704–18.9.1792). Theologe der Herrnhuter Brüdergemeine. Seit 1728 persönlicher Kontakt zu → Nikolaus Reichsgraf von Zinzendorf; 1732/33 Lehrbeauftragter an der Universität Halle und Mitarbeiter des Waisenhauses, wegen Nähe zu den Herrnhutern entlassen; begründete 1735–39 den amerikanischen Zweig der Brüder-Unität (Moravian Church) in Pennsylvania und förderte 1741–43 das englische Brüdertum. 1744 zum Bischof der Herrnhuter Brüdergemeine ordiniert, nach dem Tod Zinzendorfs 1762 führende Persönlichkeit der Herrnhuter. Prägte ihre Theologie mit „Idea fidei fratrum“ (1779). Spener, Philipp Jakob (13.1.1635–5.2.1705). Evangelischer Theologe, Begründer des lutherischen Pietismus. 1654–59 Studium der Theologie an der lutherisch-orthodoxen Fakultät in Straßburg, 1661 Aufenthalt in Genf; 1663 Freiprediger am Straßburger Münster; 1664 Dr. theol. ebd.; 1666 Annahme des Senior-Amts des lutherischen Predigerministeriums und Pfarrer an der Barfüßerkirche in Frankfurt a. M. (bis 1686), 1670 Einrichtung des Collegium pietatis (Erbauungsversammlung neben dem öffentlichen Gottesdienst), 1675 Veröffentlichung seines Kir-

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chenreformprogramms „Pia desideria“; 1686–91 Oberhofprediger (und Oberkonsistorialrat) in Dresden; nach Bruch mit dem Kurfürsten 1691–1705 Propst an St. Nikolai und Konsistorialrat in Berlin. Ziele waren die Erneuerung der Kirche durch die Förderung der Frommen („ecclesiola in ecclesia“), die Erbauung des inneren Menschen durch vertieftes Bibelstudium sowie „praxis pietatis“; hielt stets an Luthers Rechtsfertigungslehre fest. Stoecker, Adolf (11.12.1835–7.2.1909). Hofprediger und Politiker. 1874–90 vierter Hof- und Domprediger in Berlin; 1879–98 MdprAH, 1881–93 und 1898–1908 MdR (Deutschkonservative Partei, Christlich-soziale Partei). Gründete im Kampf gegen die Sozialdemokratie 1878 die Christlich-soziale (Arbeiter-)Partei; in der „Berliner Bewegung“ bekämpfte er das Judentum als Träger des Liberalismus; 1890 Mitbegründer des Evangelisch-sozialen Kongresses, als dessen konservativer Exponent er galt; 1896 schied er wegen Differenzen mit der Gruppe der „Jungen“ um Friedrich Naumann, Paul Göhre und Max Weber aus und gründete 1897 die Freie kirchlich-soziale Konferenz. Kämpfte zeitlebens für eine selbständige evangelische Kirche als konservative Ordnungsmacht. Strieder, Jakob (18.12.1877–7.7.1936). Wirtschaftshistoriker. Studium der Geschichte und Staatswissenschaften, 1903 Promotion bei → Aloys Schulte in Bonn, 1907 Privatdozent für Geschichte in Leipzig, 1915 a.o. Professor ebd., 1921 a.o. Professor für Wirtschaftsgeschichte in München, 1923 o. Professor ebd. Max Weber schätzte v. a. seine „Studien zur Geschichte kapitalistischer Organisationsformen“ (1914). Suso (Seuse), Heinrich (21.3.1295/97–25.1.1366). Mystiker und Seelsorger. Um 1322 Studium generale in Köln, dort Schüler Meister Eckharts; seit 1326 Lektor am Heimatkonvent der Dominikaner in Konstanz; brach nach Jahren seine dort praktizierte asketische Selbstzüchtigung ab und widmete sich dann der Seelsorge und Mission am Rhein, im Elsaß und in der Schweiz; seit 1347/48 im Ulmer Dominikanerkonvent. Gilt neben Meister Eckhart und → Johannes Tauler als bekanntester Vertreter der deutschsprachigen Dominikanermystik. Tauler, Johannes (ca. 1300–16.6.1361). Mystiker und Seelsorger. Ausbildung und Studium durch den Dominikanerorden, möglicherweise persönlicher Kontakt zu Meister Eckhart; 1339 Verlegung des Konvents von Straßburg nach Basel, dort Volkspredigten, seit 1346 wieder im nach Straßburg rückverlegten Konvent. Die erhaltenen Predigtsammlungen zum Kirchenjahr sind von Meister Eckharts Mystik beeinflußt und betonen die mystische Erfahrung Gottes, für die sich der Mensch durch Reue und Buße, nicht aber äußere asketische Übungen disponiere; die mystische Frömmigkeit verwirkliche sich im Alltag. Gilt neben Meister Eckhart und → Heinrich Suso als bekanntester Vertreter der deutschsprachigen Dominikanermystik. Taylor, James Hudson (21.5.1832–3.6.1905). Britischer Missionar. Methodistische Prägung; 1853–60 erste Missionsreise nach China, 1865 Gründung der „China Inland Mission“; plante die Mission ganz Chinas.

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Taylor, Jeremy (getauft am 15.8.1613–13.8.1667). Anglikanischer Theologe und Bischof der irischen Kirche. Kaplan von Erzbischof → William Laud und → Karl I., 1642 theologischer Doktorgrad (D.D.); nach der Restauration zum Wiederaufbau der anglikanischen Kirche in Irland und des Trinity College in Dublin eingesetzt, 1661 Bischof von Dromore. Verteidigte den Episkopalismus, verfaßte liturgische und religiöse Schriften, darunter „The Liberty of Prophesying“ (1647), und eine Kasuistik. Teellinck, Willem (4.1.1579–8.4.1629). Niederländischer Pastor und Erbauungsschriftsteller. Jurastudium in Leiden und Poitiers, 1604 unter dem Eindruck englischer Puritaner Studium der Theologie in Leiden; seit 1606 Pfarrer in Duiveland, seit 1613 neben Franciscus Gomarus in Middelburg. Versuchte in seinen Schriften englisch-puritanische und niederländisch-calvinistische Tradition miteinander zu verbinden. Zu seinen Spätschriften zählt das „Soliloquium“ (1635). Gilt als Vertreter der „Nadere Reformatie“, einer dem deutschen Pietismus vergleichbaren Erneuerungsbewegung innerhalb der niederländisch-reformierten Kirche. Temple, Sir William (15.10.1881–26.10.1944). Erzbischof von York und Canterbury. 1909 Ordination zum Priester der englischen Staatskirche, 1921–29 Bischof von Manchester, 1929–42 Erzbischof von York, 1942–44 von Canterbury; sozial-politisches und ökumenisches Engagement; ging der Frage nach, wie die mit Staat und Gesellschaft verbundene Kirche der zu strukturellem Wandel herausfordernden sozialen Frage begegnen könne. Tersteegen, Gerhard (25.11.1697–3.4.1769). Niederrheinischer reformiert-pietistischer Erbauungsschriftsteller und Dichter. 1713 Kaufmannslehre in Mülheim/ Ruhr, seit 1727 aktiv in pietistischen Konventikeln; 1750–60 Gnaden-, Bekehrungs- und Heiligungspredigten („Erweckungs-Reden“). Seine Schriften (u. a. geistliche Lyrik „Geistiges Blumengärtlein“) wirkten auf erweckte Kreise im Bergischen Land, am Niederrhein und in Holland. Vertrat einen mystisch gefärbten Glauben der „Herzens-Gottseligkeit“. Theophylakt von Achrida/Ochrid (ca. 1050 – ca. 1126). Byzantinischer Theologe. Um 1090 Erzbischof von Ochrid und Bulgarien. Verfaßte größtenteils katenen­ artige, d. h. mit Zitaten älterer Exegeten versehene Bibelkommentare. Thomas a Kempis (eigentl. Thomas Hemerken) (zw. 29.9.1379 und 24.7.1380–1.5. oder 25.7.1471). Mystiker. 1392–99 Schulbesuch in Deventer bei den „Brüdern vom gemeinsamen Leben“, seit 1399/1400 im Augustinerchorherrenstift Agnetenberg bei Zwolle, 1413/14 Priesterweihe ebd. Am bekanntesten ist das (vermutlich von ihm nur kompilierte) Werk „De imitatione Christi“. Die „Imitatio“ hatte große Bedeutung für die spätmittelalterliche Frömmigkeit und wurde später im Katholizismus, in England, den Niederlanden und besonders im deutschen Pietismus sehr geschätzt. Gilt als bedeutendster Repräsentant der Devotio moderna, einer Frömmigkeitsbewegung in der spätmittelalterlichen Kirche.

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Thomas von Aquin (Tommaso d’Aquino) (1224/25–7.3.1274). Dominikanermönch, führender Theologe und Philosoph des Hochmittelalters. Von adliger Herkunft, ca. 1244 Eintritt in den Dominikanerorden; vermutlich schon 1245–48 Studium bei Albertus Magnus in Paris, 1248–52 als dessen Assistent in Köln; lehrte 1252–59 in Paris, 1259–65 Konventslektor in Orvieto, 1265–68 Regens des Studienhauses in Rom, 1268–72 wieder in Paris und seit 1272 in Neapel. Er förderte unter Einbeziehung der gesamten christlichen Tradition die Hinwendung zur ari­ stotelischen Philosophie und begründete durch eine Synthese von Glauben und Wissenschaft, Offenbarung und Vernunft, Theologie und Philosophie ein System axiomatisch-spekulativer Theologie. Sein Hauptwerk „Summa Theologiae“ gilt als Hauptwerk der Scholastik; 1323 heiliggesprochen. Thomas, Allen Clapp (26.12.1846–15.12.1920). Amerikanischer Quäker. Seit 1878 Bibliothekar und Geschichtsdozent am Haverford College, wo ihn Max Weber auf seiner Reise 1904 kennenlernte. Werke u. a. (mit Richard H. Thomas): „History of the Society of Friends in America“ (1894). Tindale → Tyndale, William. Troeltsch, Ernst (17.2.1865–1.2.1923). Evangelischer Theologe, Politiker, Philosoph und Historiker. 1891 Promotion zum Lic. theol. in Göttingen, 1891 Habilitation ebd.; 1892 a.o. Professor für Systematische Theologie in Bonn, 1894 o. Professor in Heidelberg, 1906 Prorektor der Universität Heidelberg, seit dem Wintersemester 1909/10 Lehrauftrag an der Philosophischen Fakultät ebd., seit 1915 Lehrstuhl für Kultur-, Geschichts- und Religionsphilosophie und christliche Religionsgeschichte an der Philosophischen Fakultät der Universität Berlin.  1909 Angehöriger der Badischen 1. Kammer als Vertreter der Universität Heidelberg; 1918 Mitbegründer der DDP; 1919 Mitglied der Preußischen Nationalversammlung; 1919–21 im Nebenamt Unterstaatssekretär für evangelische Angelegenheiten im preußischen Kultusministerium. Werke u. a.: „Protestantisches Christentum und Kirche in der Neuzeit“ (1906, 21909); „Die Soziallehren der christlichen Kirchen“ (1908–10, überarb. Buchausg. 1912). Mitglied des Heidelberger „Eranos“-Kreises; wohnte 1910–15 im gleichen Haus wie Max Weber, freundschaftliche Beziehungen, späterhin erhebliche Differenzen. Tyerman, Luke (16.2.1820–März 1889). Seit 1844 Pfarrer (Minister) der British Wesleyan Methodists; Studien zur Geschichte der Methodisten, verfaßte u. a. eine mehrbändige Biographie John Wesleys. Tyndale, William (um 1494–6.10.1536). Englischer Bibelübersetzer. 1521 Priesterweihe; 1526 erschien in Worms sein ins Englische übersetzte Neues Testament, das in England verbrannt wurde (2 Exemplare sind erhalten); das Alte Testament übersetzte er in Antwerpen, dort 1535 wegen Konflikt mit Heinrich VIII. von England festgenommen und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Seine Übersetzung ging zu großen Teilen in das „Book of Common Prayer“ und in die King James Bible (1611) ein.

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Ulrich, Friedrich (13.4.1870–24.4.1942). Evangelischer Theologe. 1901–09 Pfarrer in Beirut, danach in Saarbrücken, 1912 Lizenziat in Heidelberg („Die Vorherbestimmungslehre im Islam und Christentum“, Referent: Ludwig Lemme), seit 1922 Leitung der Inneren Mission in Berlin, 1927 Lehrauftrag an dem der Universität angegliederten Institut für Sozialethik und Wissenschaft mit Schwerpunkt Wohlfahrtspflege, 1933 Honorar-Professor an der theologischen Fakultät ebd.; trat für die Sterilisation Erbkranker ein. Unwin, George (1870–30.1.1925). Englischer Wirtschaftshistoriker. 1908 Dozent für Wirtschaftsgeschichte in Edinburgh, seit 1910 Chair in Manchester (erster Lehrstuhl für Wirtschaftsgeschichte in England). Sein erstes größeres Werk war „Industrial Organisation in the Sixteenth and Seventeenth Centuries“ (1904). Marcus Terentius Varro (116–27 v.Chr.). Bedeutender römischer Gelehrter. Von seinen zahlreichen Schriften ist vollständig lediglich sein Werk über die Landwirtschaft „Res rusticae“ (37 v.Chr.) erhalten. Veblen, Thorstein (30.7.1857–3.8.1929). Amerikanischer Ökonom und Sozialwissenschaftler. Entstammte einer norwegischen Einwandererfamilie; 1884 Ph.D. an der Yale University; 1892–1906 Lehrtätigkeit für politische Ökonomie an der University of Chicago, 1906–09 an der Stanford University, 1911–18 an der University of Missouri in Columbia, 1918–26 an der von ihm mitbegründeten New School of Social Research in New York; seit 1892 Herausgeber des „Journal of Political Economy“. In den Werken „The Theory of Leisure Classes“ (1899) und „The Theory of Business Enterprise“ (1904) untersuchte er die Entwicklung des US-Kapitalismus, dessen Industriekapitäne eine rein monetäre Politik verfolgten, und übte scharfe Kritik am Verhalten der Oberschicht. Vischer, Friedrich Theodor (30.6.1807–14.9.1887). Literatur-, Kunst- und Kulturkritiker. 1835 Habilitation in Tübingen, 1844 o. Professor für Ästhetik und deutsche Literatur ebd., 1845–47 wegen seines Bekenntnisses zum Pantheismus im pietistischen Milieu Tübingens mit Lehrverbot belegt; 1848/49 liberaler Abgeord­ neter der Paulskirche; 1855 Dozent am Züricher Polytechnicum, 1866 Lehrstuhl­ inhaber in Tübingen und Dozent in Stuttgart. Hauptwerke sind: „Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen“ (6 Teile, 1846 ff.) und eine Satire auf Goethes Faust II (1862). Seine „Kritischen Gänge“ (2 Bände 1844, 6 Hefte 1860–73) enthalten tagespolitische Beiträge des seinerzeit einflußreichen Kritikers. Voet (latinisiert: Voetius), Gisbert (3.3.1589–1.11.1676). Niederländischer reformierter Theologe. Seit 1604 Studium der Theologie in Leiden (Schüler des Franciscus Gomarus); 1618/19 Teilnahme an der Dordrechter Synode, Zustimmung zur orthodoxen Prädestinationslehre; seit 1636 Professor für Theologie in Utrecht, wo er der Theologie von Johannes Coccejus entgegentrat. Propagierte einen an den puritanischen Frömmigkeitsidealen orientierten Lebensstil, wobei alles menschliche Handeln in ethischer Hinsicht mit dem Gesetz Gottes übereinstimmen sollte („Präzisismus“). Handlungsrahmen blieb gegenüber separatistischen

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Tendenzen (→ Jean de Labadie) die Kirche. Gilt als führender niederländischer Vertreter der calvinistischen Orthodoxie. Wahl, Adalbert (29.11.1871–5.3.1957). Historiker. 1895 Promotion zum Dr. phil. in Bonn, 1900 Habilitation in Freiburg i. Br.; 1908 o. Professor in Hamburg, 1910–38 in Tübingen. Arbeiten zur deutschen Geschichte von der Reichsgründung bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs. Watson, Richard (22.2.1781–81.1.1833). Britischer Methodist. 1821–27 Sekretär der Wesleyan Missionary Society, 1826 Präsident der britischen Methodistenkonferenz. Verfasser einer Biographie über → John Wesley (1831). Watts, Isaac (17.7.1674–25.11.1748). Englischer Kirchenlieddichter. Ausbildung an einer Nonkonformisten-Hochschule, wegen seiner schwachen Gesundheit lediglich 1702–12 hauptamtlicher Geistlicher der nonkonformistischen Mark Lane Church in London; 1728 theologischer Doktorgrad (D.D.); neben seinen zahlreichen Hymnendichtungen einflußreich durch sein puritanisches Schrifttum. Weingarten, Hermann (12.3.1834–22.4.1892). Evangelischer Kirchenhistoriker. 1857 Lic. theol. in Jena, aus finanziellen Gründen seit 1858 Gymnasiallehrer in Berlin, 1862 Habilitation ebd.; 1868–73 o. Professor in Marburg, 1876 in Breslau, 1891 wegen Nervenkrankheit (seit 1872) vorzeitig emeritiert. Seine Forschung und Sympathie galt religiösen Außenseitern wie den Täufern, Independenten und den Quäkern, denen er zu neuer Würdigung verhalf. Weber schätzte sein Werk „Die Revolutionskirchen Englands“ (1868). Wesley, Charles (18.12.1707–29.3.1788). Mitgründer der Methodisten. Gründete während des Theologiestudiums in Oxford den „Holy Club“; 1735 Priesterweihe, mit seinem Bruder → John Wesley Reise durch Georgia; wirkte als Feldprediger in England; verfaßte Gedichte (Kirchenliedtexte) und Gebete. Wesley, John (17.6.1703–2.3.1791). Englischer Erweckungsprediger, Mitbegründer der Methodisten.  1728 Weihe zum Geistlichen der anglikanischen Kirche; 1729 Dozent in Oxford, übernahm 1730 dort die Leitung des von seinem Bruder Charles gegründeten „Holy Club“, zu dem auch → George Whitefield gehörte und dessen Mitglieder spöttisch „Methodisten“ genannt wurden; 1735–37 reiste er zur Evangelisierung nach Nordamerika (Georgia), dort Kontakt mit Herrnhutern; hatte nach der Rückkehr in England 1738 ein Bekehrungserlebnis; Reiseprediger und zusammen mit Whitefield Predigten unter freiem Himmel, 1739–41 Entzweiung mit diesem über die von Wesley abgelehnte Prädestinationslehre. Maßgeblicher Organisator des Methodismus auf lokaler Ebene (classes) bis zu überregionalen jährlichen Konferenzen. Whitaker, William (1547/48–4.12.1595). Englischer calvinistischer Theologe. 1576 Weihe zum Geistlichen der anglikanischen Kirche, 1580 Professor für Theologie in Cambridge und Kanzler der St. Paul’s Kathedrale, London (letzteres bis 1587), 1587 theologischer Doktorgrad (D.D.), zusätzlich 1595 Domherr in Canterbury.

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Als akademischer Professor lehrte er eine streng reformierte Theologie, die er gut zu begründen suchte. Entwarf eine erste Fassung der Lambeth-Artikel, die Erzbischof John Whitgift bearbeitete. Seinem Onkel Alexander Nowell (1507–1602), der seine Ausbildung gefördert hatte und bekannter Dean der Londoner St. Paul’s Cathedral war, widmete er die von ihm ins Griechische übersetzte Katechismen, die jener lateinisch verfaßt hatte (1573, 1574 und 1575). White, (seit 1907:) Sir George (13.3.1840–11.5.1912). Britischer Industrieller und Politiker. Arbeitete sich vom Schuhmacherlehrling zum Partner einer Schuhfabrik in Norwich hoch, seit 1899 eine GmbH, deren Vorstand er bis zu seinem Tod war; 1900–12 Mitglied des Unterhauses für die Liberalen. Seit 1857 engagierter Baptist und 1903 Präsident der Baptist Union. Whitefield, George (16.12.1714–30.9.1770). Englischer methodistischer Erwekkungsprediger. Ursprünglich Geistlicher der anglikanischen Kirche (1736), entwickelte er sich zum methodistischen Reise- und Feldprediger in England und v. a. in Nordamerika, wohin er mehrmals reiste; dort war er zeitweise der bekannteste und meistgedruckte Prediger; 1739–41 Kontroversen mit → John Wesley über die Prädestinationslehre, die jener ablehnte; trotz persönlicher Annäherung blieb die theologische Spaltung in der methodistischen Bewegung bestehen. Wilhelm der Eroberer (1027/28–7.9.1087). Herzog der Normandie (seit 1035), König von England (seit 1066). Entschied den englischen Thronstreit durch den Einmarsch seiner Truppen in England (1066); beanspruchte als englischer König das eroberte Land als Krondomäne und königliches Lehnsgebiet; führte zahlreiche Neuerungen in der Verfassung sowie die Zentralisierung der Verwaltung ein. Wilhelm I. von Oranien (24.4.1533–10.7.1584). Graf von Nassau, Prinz von Oranien (seit 1544), Statthalter in den niederländischen Provinzen Holland, Seeland und Utrecht (seit 1559). Auflehnung gegen die Politik des spanischen Landesherrn Philipp II. Selbst religiös indifferent, aber 1573 wohl aus politischen Gründen zum Calvinismus konvertiert. Konnte die nördlichen und südlichen niederländischen Provinzen in den Freiheitskämpfen gegen die spanische Krone mit der Genter Pazifikation (1576) einigen. Wurde zum Statthalter der in der Utrechter Union (1579) vereinigten Nordprovinzen ernannt, die 1581 ihre Unabhängigkeit erklärten und damit zur Republik wurden. Vom spanischen König geächtet und 1584 von einem Katholiken in Delft ermordet. Williams, Roger (um 1603–1683). Gründer der Kolonie Rhode Island. Um 1629 zum Priester der anglikanischen Kirche geweiht, übersiedelte 1631 in die Massachusetts Bay Colony, wo er seine Ansichten über die Nichteinmischung des Staats in kirchliche Angelegenheiten vertrat, darum ausgewiesen; gründete 1636 in der Narragansett Bay die Siedlung Providence; 1639 Mitbegründer der ersten amerikanischen Baptistengemeinde, wandte sich jedoch bald vom Baptismus ab; erwirkte 1644 in England ein Patent für Rhode Island, für das er eine auf Trennung von Staat und Kirche zielenden Verfassung schuf; 1654–57 erster

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gewählter Präsident von Rhode Island, bewirkte 1656 die Aufnahme der verfolgten Quäker. Windelband, Wilhelm (11.5.1848–22.10.1915). Philosoph. 1876 o. Professor in Zürich, 1877 in Freiburg i. Br., 1882 in Straßburg und 1903–15 in Heidelberg; repräsentiert mit Heinrich Rickert die südwestdeutsche Schule des Neukantia­ nismus. Kollegiale Beziehungen zu Max Weber. Winthrop, John (21.1.1588–26.3.1649). Gouverneur der Massachusetts Bay Colo­ny. Der reiche englische Puritaner und Rechtsgelehrte übersiedelte 1630 mit Auswanderern in die 1628 gegründete Kolonie, die er als Gouverneur (1630–34, 1637–40, 1642–44 und 1646–49) politisch und in ihrer religiösen Ausrichtung prägte. Wittich, Werner (5.8.1867–11.8.1937). Nationalökonom und Finanzwissenschaftler. 1891 Promotion zum Dr. rer. pol. in Straßburg bei Georg Friedrich Knapp; 1901–18 etatmäßiger a.o. Professor ebd.; 1919 Annahme der französischen Staatsbürgerschaft, lebte bis zu seinem Tode in Langenschloessel im Elsaß. Kollegiale Beziehungen zu Max Weber. Wolff, Christian (seit 1745:) Freiherr von (24.1.1679–9.4.1754). Philosoph der Aufklärung. 1707–23 Professor der Mathematik, Philosophie und Naturlehre in Halle, 1723–40 in Marburg, 1740–54 Professor des Natur- und Völkerrechts wieder in Halle. Sprach sich für einen eudämonistischen Wohlfahrtsstaat aus. Wyck, Adrian van (auch: Wijck, Adriaan van) (23.9.1641–16.12.1719). Niederländischer katholischer Theologe. Seit 1664 Priester in Kethel; hervorgetreten durch Schriften gegen die Jansenisten; Verfasser eines „Tractatus theologicus de praedestinatione“ (1706). Wyclif, John (um 1330–31.12.1384). Englischer Theologe und Kirchenreformer. Seit 1373 Professor in Oxford, 1381 Rückzug als Ortspfarrer nach Lutterworth, Leicestershire. Übte scharfe Kritik an der Lehre und Verfassung der Kirche, daher 1382 Verurteilung seiner Lehre in England; postum 1415 auf dem Konstanzer Konzil zum Ketzer erklärt. Umstritten ist, ob Wyclif bei seinen Anhängern (Lollarden) die Bibelübersetzung nach der Vulgata ins Englische lediglich anregte oder an deren erster Fassung (ca. 1380–1384) mitwirkte. Seine Anhänger verbreiteten sein Gedankengut in volkssprachlichen Predigten. Xenophon (430/25 – nach 355 v.Chr.). Griechischer Schriftsteller aus Athen, Schüler des Sokrates. Verfaßte u. a. den der Land- und Hauswirtschaft gewidmeten sokratischen Dialog „Oikonomikos“. Zeller, Eduard (22.1.1814–19.3.1908). Evangelischer Theologe, Philosophiehistoriker, Vertreter des Neukantianismus. 1847 Professor in Bern für Dogmatik und Exegese, 1849 o. Professor in Marburg (philosophische Fakultät), 1862 in Heidelberg und 1872–94 in Berlin. Verfaßte eine „Philosophie der Griechen in ihrer

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geschichtlichen Entwicklung“ (verschiedene Aufl.) und „Über Bedeutung und Aufgabe der Erkenntnistheorie“ (1862). Weber bezieht sich auf sein Werk „Das theologische System Zwinglis“ (1853). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig, Reichsgraf von Z. und Pottendorf (26.5.1700– 9.5.1760). Begründer und Leiter der Herrnhuter Brüdergemeine. Erzogen im Halleschen Pädagogium (→ August Hermann Francke), 1721–27 Hof- und Justizrat in Dresden.  1722 Aufnahme mährischer Exulanten auf seinem Gut Berthelsdorf (Oberlausitz), aus der sich die Herrnhuter Brüdergemeine entwickelte; 1736 Gemeindegründungen in der Wetterau, Reisen bis nach Pennsylvania (1742/43) und ins Baltikum, 1747 Rückkehr nach Herrnhut, lebte 1751–55 in London, zum Schluß auf seinem Gut. Zentrum seiner pietistischen Frömmigkeit war „die tägliche Konnexion mit dem Heiland“, die er in verschiedenen biblischen Bildern (Lamm, Seitenwunde Jesu, Blut, Bräutigam) beschrieb. Zwingli, Ulrich (Huldrych) (1.1.1484–11.10.1531). Züricher Reformator. Seit 1519 Leutpriester am Großmünster in Zürich, dort reformatorische Maßnahmen; Konflikte mit den Täufern, die zu Verbannungen und Hinrichtungen führten. Im Marburger Religionsgespräch 1529 konnte er sich mit → Luther in allen reformatorischen Lehrfragen mit Ausnahme der Frage der Gegenwart Christi im Abendmahl einigen. Fiel im 2. Kappeler Krieg, zu dem es bei dem Versuch, die Züricher Reformation auszuweiten, gekommen war.

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Dieses Verzeichnis berücksichtigt Begriffe und Namen von Familien, die Max Weber in seinen Texten nennt. Die Einträge folgen der Schreibweise Max Webers.

Ablaß (lat. indulgentia). Verwurzelt im mittelalterlichen Bußsystem (→ Buße), bedeutet er den Erlaß der zeitlichen Sündenstrafen für Lebende, seit 1476 auch für Verstorbene. Ermöglicht wird dies durch einen in der Kirche gesammelten Überschuß an Verdiensten (→ thesaurus ecclesiae). Seit Mitte des 14. Jahrhunderts Ablaßhandel, d. h. gegen Vorlage eines gekauften Ablaßbriefes in der → Beichte wird Absolution erteilt. Luther kritisierte die Ablaßpraxis, weil sie eine falsche Heilssicherheit erzeuge. Adiaphoron (griech. ἀδιάφορον), Pl. Adiaphora. Wörtl. „Nicht-Unterschiedenes“ im Sinne von „Mittelding“, d. h. in sittlicher Hinsicht weder „gut“ noch „böse“. Adventist. Anhänger einer Bewegung mit eschatologisch-apokalyptischer Ausrichtung, die die Wieder- oder Ankunft (lat. adventus) Christi unter ihrem amerikanischen Prediger William Miller (1782–1849) für 1843/44 erwartete. Zur Hauptrichtung der Adventisten wurden schon im 19. Jahrhundert die Seventhday Adventists. In den 1860er Jahren schlossen sie sich der Gesundheitsreformbewegung an. Der Akzent liegt außerdem auf der Sabbatheiligung, Wiedergeburt und Erwachsenentaufe sowie einem praktischen Christentum. Akkord (frz.). Vergleich, im Konkursverfahren auch Teilerlaß einer Schuld. Akosmismus (von griech. κόσμος). Eine Lehre, die die Realität der Welt leugnet und nur Gott und Mensch kennt. Alberti. Einflußreiche patrizische Florentiner Kaufmanns- und Bankiersfamilie, von ca. 1400 bis 1428 aus Florenz verbannt. altprotestantisch. Bezeichnung für die Eigenart des Protestantismus im Reformationszeitalter und der (lutherischen) → Orthodoxie (16.–18. Jahrhundert). Bei Ernst Troeltsch ist der „Altprotestantismus“ ein Grundtypus protestantischer Theologie (gegenüber dem „Neuprotestantismus“). anglikanische Kirche. In ihrer Anfangsphase identisch mit der → englischen Staatskirche, seit der Kolonialisierung auch in Nordamerika beheimatet, heute mit vielen Nationalkirchen eine der größten Kirchengemeinschaften; der Anglikanismus verbindet Elemente des Katholizismus mit solchen des Protestantismus. Anglikanismus → anglikanische Kirche.

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Anstalt, Kirche als (Heils-)Anstalt → Heilsanstalt. antichrematistisch. Gegensatz zu → chrematistisch. Apokryphen (von griech. ἀπόκρυφος, „geheim“, „verborgen“). Im vorliegenden Zusammenhang Schriften, die nicht in den alttestamentlichen Kanon der Reformationskirchen aufgenommen wurden (der Kanon entspricht dem ca. 100 n. Chr. festgelegten der Hebräischen Bibel), die jedoch in der → Septuaginta enthalten sind (in der römisch-katholischen Kirche gelten sie als „deuterokanonisch“). Zu den Apokryphen zählt etwa das Buch → Jesus Sirach. Arminianismus, Arminianer. Von dem Niederländer Jacobus Arminius (eigentl.: Jacob Hermansz, 1560–1609) begründete Richtung des reformierten Protestantismus. Seine Anhänger verfassen 1610 eine fünf Artikel umfassende Remon­ stration (darum auch „Remonstranten“) zur Verbreitung ihrer moderaten Auffassung der → Prädestinationslehre: Christus sei für alle gestorben, die Heilsbedeutung seines Todes universal. Wer das Heilsangebot im Glauben annehme, dem gereiche es zum Heil; man könne es aber auch ausschlagen. Auf der → Dordrechter Synode (1618/19) wird ihre Auffassung zugunsten des orthodoxen Prädestinationsverständnisses der Gomaristen (nach Franciscus Gomarus, 1563– 1641) verworfen. Augsburger Konfession (lat. Confessio Augustana). Grundlegendes Bekenntnis des lutherischen Protestantismus. Hauptsächlich von Philipp Melanchthon während des Augsburger Reichstags 1530 unter Mitbenutzung von Vorlagen (Bekenntnisartikel und Schriften) formuliert, mehrfach bearbeitet, umfaßt es 28 Lehrartikel zur Abwehr der 404 Artikel des Johann(es) Eck. In der Folge suchten altgläubige Theologen, das Bekenntnis mit einer „Confutatio“ zu widerlegen, der die Lutheraner (in erster Linie wieder Melanchthon) mit einer „Apologie“ begegneten (ebenfalls lutherische Bekenntnisschrift). Baptismus, Baptisten. Kennzeichen dieser Religionsgemeinschaft ist die Gläu­ bigen- oder Erwachsenentaufe, die ein selbständiges Bekenntnis voraussetzt (→ „believers’ church“). Starke Betonung der Gewissens- und Religionsfreiheit. In England ab 1611 entstanden aus dem Kontakt mit niederländischen → Mennoniten (verwurzelt im → Täufertum des 16. Jahrhunderts), später wegen ihres Glaubens an die universelle Erwählung als „General Baptists“ bezeichnet; ca. 1638–41 Abspaltung der „Particular Baptists“, die unter calvinistischem Einfluß die partikulare Erwählung vertreten und bald mehr Mitglieder als die „General Baptists“ haben. Beide zählen zum puritanischen Separatismus und wurden nach 1660 verfolgt. Seit 1813 „Baptist Union of Great Britain and Ireland“, worin ab 1891 beide Traditionen offiziell zusammengeschlossen sind. – In Nordamerika gründete Roger Williams (→ Personenverzeichnis) 1639 in Providence, RI, die erste baptistische Gemeinde, aus der der amerikanische Baptismus hervorging. Baptist Union of Great Britain and Ireland → Baptismus, Baptisten.

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Beghinen (eigentl.: Beginen). Weibliche Semireligiose, d. h. Frauen, die eine Lebensform zwischen Klerus und Laien wählen; hervorgegangen aus der religiö­ sen Laienbewegung im Hochmittelalter, vor allem in den heute zu Belgien gehörenden Gebieten und im Rheinland (männliches Pendant: Begarden). Die frühen Beginen propagieren ein Leben in Armut, Einfachheit, Demut und Buße ohne gemeinsame Regel. Ab der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts bilden sich Beginengemeinschaften (Beginenhöfe). Mit päpstlicher Unterstützung ab 1311/17 unterdrückt, doch bleiben achtbare Beginenhöfe erlaubt. Benediktinerregel → Benedikt von Nursia (Personenverzeichnis). Beichte, Privatbeichte. In den christlichen Kirchen Schuldgeständnis des Sünders (vor einem Geistlichen), um Vergebung zu erhalten.  1. In der römisch-katholischen Kirche ist die private Beichtbuße ein Teil des Bußsakraments (→ Buße): nach dem Sündenbekenntnis Auferlegung von Bußen, nach deren Ableistung Absolution und Wiederaufnahme in die Sakramentsgemeinschaft. Reue und subjektive Vollständigkeit des Geständnisses gilt als Voraussetzung einer wirksamen Absolution. – 2. Luther faßt die Beichte neu (kein Sakrament); Angemessenheit der Reue, Vollständigkeit und Satisfaktionsleistungen spielen keine Rolle; er schätzt die Privatbeichte wegen des Vergebungswortes. In der Praxis vermischt sich die Privatbeichte mit dem Abendmahlsverhör, bei dem für die Zulassung zum Abendmahl der Glaube geprüft wird, deshalb schon seit dem 16. Jahrhundert oftmals durch die allgemeine Beichte ersetzt. Offizielle Aufhebung der Privatbeichte im Luthertum erst im 18. Jahrhundert. – 3. Im Calvinismus wird die Beichte mit der → Kirchenzucht verbunden. In der Liturgie bekommt darum die allgemeine oder öffentliche Beichte ihren Platz (als „Offene Schuld“ am Beginn des Gottesdienstes oder allgemeine Beichte zur Vorbereitung auf das Abendmahl), während die Privatbeichte keine eigene Institution bleibt, sondern ganz in den Bereich der Seelsorge fällt. Bekehrung (engl. conversion). 1. Gewinnung eines Menschen für das Christentum oder Zuwendung zum Christentum; 2. innerchristlich: Hinwendung zu einer strengeren Lebensform; im → Pietismus und → Methodismus als Gnadenerfahrung der → Wiedergeburt (erlebt als einmaliger Akt der Erneuerung des Lebens; bei August Hermann Francke (→ Personenverzeichnis) als „Bußkampf“ bezeichnet). „believers’ church“ (engl.). „Kirche der Gläubigen“. Von Weber zur Bezeichnung von Kirchen verwendet, deren Mitglieder ausschließlich persönlich Bekennende oder Wiedergeborene sind, wie bei den → Baptisten. Bettelmönche, Bettelmönchtum → Bettelorden. Bettelorden. In Europa im frühen 13. Jahrhundert aus der Armutsbewegung entstanden. Verzicht auf persönliches oder gemeinschaftliches Eigentum; ohne Bindung an ein bestimmtes Kloster lebt man vom Bettel oder von Schenkungen,

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hauptsächlich in den Städten, dort oft Konkurrenz zum Pfarrklerus. Die vier klassischen Bettelorden (auch Mendikanten) sind Dominikaner und → Franziskaner, Karmeliter und Augustiner-Eremiten. Brownisten, brownistische Independente. Die frühen englischen puritanischen Separatisten, die unabhängige Gemeinden gründeten, verfolgt wurden und größtenteils nach Holland flohen, benannte man nach Robert Browne (→ Personenverzeichnis). Brüdergemein(d)e → Herrnhuter. Buße, Bußsakrament. Im Mittelalter entwickeltes Bußschema: Reue des Sünders (contritio cordis), Beichte vor dem Priester (confessio oris), Genugtuung durch Ableistung der auferlegten Werke (satisfactio operis; etwa in Gestalt von Gebeten, Almosen, Wallfahrten), Absolution. Auch: → Beichte. Seit der Frühscholastik auf die zeitlichen Sündenstrafen (poena) konzentriert, die auf Erden oder im Fegefeuer (purgatorium) abzugelten sind, während die ewige Sündenschuld (culpa) allein Gott vergeben könne (die Versöhnung mit Gott erfolgt durch den Akt der Reue). Seit dem 12. Jahrhundert wird zwischen unvollkommener (attritio) und vollkommener (contritio) Reue des Sünders unterschieden, die attritio wird jedoch bald aufgewertet: Die Kirche kann die ewige Sündenschuld (culpa) vergeben, wodurch die Absolution eigenständige Heilsbedeutung erhält. Für unerfüllbar gewordene Satisfaktionsforderungen kann der → Ablaß eingesetzt werden. Bußkampf → Bekehrung. Cambridge Platform. Das Bekenntnis der neuenglischen → Kongregationalisten von 1648. casus conscientiae → Kasuisten. cawerzisch, Adj. von „Kawer(t)schen“, auch „Ca(h)orsinen“. Vermutlich abgeleitet von der südfranzösischen Handelsstadt Cahors und ihren Großkaufleuten, im 13./14. Jahrhundert allgemeine Bezeichnung für die sich trotz des kanonischen → Zinsverbots als Geldverleiher betätigenden ausländischen Kaufleute; begrifflich im 14. Jahrhundert ersetzt durch → Lombarden. certitudo salutis (lat.). (Subjektive) Heilsgewißheit. character indelebilis (lat.). „Untilgbares [geistliches] Prägemal“ einer Person, das nach römisch-katholischer Lehre durch die Sakramente Taufe, Firmung und Priesterweihe unverlierbar verliehen wird. Luther und Calvin lehnen diese Auffassung ab, weil etwa mit der Priesterweihe ein Wesensunterschied zwischen Klerikern und Laien gesetzt wird.

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chrematistisch (von griech. χρήμα, „Geld“). Streben nach Geld um seiner selbst willen. Christian Science. Von Mary Baker Eddy (1821–1910) gegründete spirituelle Heiligungsbewegung, deren Mutterkirche sich seit 1895 in Boston, MA, befindet (Church of Christ, Scientist). Im Zentrum steht der Glaube an eine Geistheilung durch Lehre und Gebet im Sinne einer Erkenntnis des (sich geistig durchsetzenden) Wahren, die sich auf die geistige Person auswirke, aber auch Besserung oder Heilung bei körperlichen Beschwerden bewirken soll. Im „Gottesdienst“ der Christian Science werden Abschnitte aus der Bibel sowie aus Bakers Werk „Science and Health“ (1875, 21902) verlesen. Max Weber, der sie auch „Gesundbeter“ nennt, besuchte 1904 einen solchen in New York (vgl. Brief an Helene Weber und Familie vom 6. – 16. Nov. 1904, MWG II/4, S.  378 f.). classis. In den reformierten Kirchen bezeichnet man das kirchenleitende Gremium mehrerer Gemeinden, zusammengesetzt aus ordinierten Theologen und Gemeindeältesten (Laien), als eine classis (verschiedene classes sind wiederum in einer Provinzial- und diese in einer Generalsynode zusammengeschlossen). Cluniazenser(-Orden). Monastische Reformbewegung, deren Ausgangs- und Mittelpunkt das Kloster Cluny in Burgund (gegründet 910) ist. Andere Klöster übernehmen den „ordo cluniacensis“ samt seiner consuetudines. Konzentration auf strenge Beachtung der Benediktinerregel und Spiritualität (Liturgie und Gebet). commenda → Kommenda. commercium und connubium (lat.). „Handel, Verkehr“, hier: gesellschaftlicher Verkehr, und „Ehebund“. Findet dieser Austausch zwischen Gruppen statt, so ist dies – wie Weber konstatiert – ein Ausdruck ständischer Gleichschätzung; vgl. Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  127. Commis oder Kommis (frz.). Veraltet für Handlungsgehilfe, kaufmännischer Angestellter. Concupiszenz → Konkupiszenz. Confessio Belgica. 1561 von Guy de Brès formuliert, 1619 durch die → Dordrechter Synode als reformiertes Bekenntnis autorisiert. Confessio Gallicana. Auf der ersten Nationalsynode der französischen Reformierten (→ Hugenotten) 1559 formuliertes Bekenntnis. Confessio Helvetica posterior. Formuliert von Heinrich Bullinger (→ Zwinglianismus), gedruckt 1566. Die umfangreiche Bekenntnisschrift erlangte große Verbreitung in der Schweiz, darüber hinaus in Ungarn, in Österreich nach 1781. Sie

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gilt nach dem Heidelberger Katechismus als am weitesten verbreitetes reformiertes Bekenntnis. conformism (engl.). Gegensatz zu Nonkonformismus (→ Nonkonformisten). consilia evangelica („evangelische Räte“). Nach der römisch-katholischen Moraltheologie zusätzliche Weisungen für jene, die sich zu einer radikaleren Nachfolge Christi berufen fühlen. Sie unterscheiden sich dadurch von den übrigen Getauften, für die nur praecepta (Sittlichkeitsgebote) gelten. Biblische Grundlage ist 1 Kor 11,25. Ab Ende des 3. Jahrhunderts bilden sich die drei evangelischen Räte Keuschheit, Armut und Gehorsam als Tugenden des Mönchtums heraus, als Inhalt der Ordensgelübde (Mönchsgelübde) seit dem 12. Jahrhundert kanonisiert. Die Reformatoren lehnen dies als eine zweistufige Ethik ab. conversion (engl.). Konversion; → Bekehrung. „Covenant“-Idee, Covenanters. Die im Puritanismus und Kongregationalismus (→ Kongregationalisten) entfaltete „Covenant“-Idee besagt, daß Gott mit den (erwählten) Menschen einen „Bund“ (engl. covenant) eingeht, der die Basis ihres vertraglichen Zusammenschlusses in „congregations“ (Gemeinden) bildet. – Im engeren Sinne versteht man unter „Covenanters“ diejenigen schottischen Presbyterianer, die 1638 einen Treueid auf den National Covenant und 1643 auf den Solemn League and Covenant schworen, um den Einfluß des englischen Episkopalismus abzuwehren. Deist. Anhänger einer natürlichen, vernünftigen (im Gegensatz zu einer offenbarten) Religion. Er glaubt an eine erste Ursache der Schöpfung der Welt, verhält sich aber gegenüber kirchlichen Bekenntnissen, Lehren und Praktiken kritisch oder ablehnend. Denomination. Eine religiöse oder kirchliche Gemeinschaft, die sich unter den Voraussetzung einer Religionsfreiheit und einer Trennung von Kirche und Staat bildet. Detailgeschäft, Detailhandel. Einzelhandelsgeschäft, Ladengeschäft; Einzel-, Kleinhandel. donatistisch; Adj. von Donatismus. Im 4. Jahrhundert entstand in Nordafrika die schismatische Sekte der Donatisten. Zum donatistischen Schisma kam es, als in Karthago Caecilian zum Bischof geweiht wurde und seine Gegner die Weihe für ungültig erklärten, weil sich unter den Weihenden ein während der diokletianischen Verfolgung abtrünniger Bischof befand. Einer der Gegner, Donatus, wurde 313 zum Gegenbischof Caecilians erhoben (bis 315). Nach der Lehre der Donatisten hängt die Wirksamkeit von Sakramenten von der moralischen Qualität und der Würdigkeit dessen ab, der sie spendet. Augustinus formuliert gegen den

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Donatismus den Lehrsatz, die Sakramente seien durch ihren Vollzug wirksam, weil Gott sie gebe und der Heilige Geist ihnen ihre Wirkung verleihe. doppeltes Dekret → Prädestination, Prädestinationslehre. Dordrechter Canones → Dordrechter Synode. Dordrechter Synode (13.11.1618–9./29.5.1619). Nationalsynode der reformierten Kirche in den Niederlanden, an der auch auswärtige Theologen teilnahmen. Sie trat zusammen, um die Streitigkeiten zwischen → Arminianern und Gomaristen über die → Prädestinationslehre zu beenden und die kirchliche Einheit herzu­ stellen. Die Dordrechter Canones verwerfen das arminianische Prädestinationsverständnis und lehren eine (infralapsarische) orthodox-calvinistische doppelte Prädestination. – Die von Johan van Oldenbarnevelt (→ Personenverzeichnis) im Interesse der Souveränität der Provinz stets abgelehnte Generalsynode ließ der niederländische Statthalter und militärische Oberbefehlshaber Moritz von Oranien (→ Personenverzeichnis) im Sommer 1618 einberufen. dritter Stand (status oeconomicus). In der lutherischen Dreiständelehre der „Hausstand“, Bereich von Familie und Beruf (gegen die römisch-katholische Unterscheidung von Klerus und Laien gerichtet). Die anderen Stände sind der geistliche Stand (status ecclesiasticus) und der weltliche Stand (status politicus). ecclesia militans. Die Gemeinde oder Kirche, die auf Erden sowohl geistlich als auch politisch gegen ihre Feinde streitet oder kämpft. ecclesia pura (lat.). „Reine Kirche“. Von purus (lat.), „rein“, leiten sich auch die Puritaner her, so Bernstein, Kommunistische Strömungen, S.  524: „Wer waren die Puritaner? (‚Purits‘ oder ‚Puritans‘, von pure = rein) […]“). Educational Alliance. 1889 als Anlaufstelle für osteuropäische jüdische Einwanderer in Downtown Manhattan (New York) gegründete Einrichtung. Der Eingliederung in die amerikanische Gesellschaft diente ein Assimilationsprogramm mit Sprach- und anderen Kursen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Seit 1891 residiert die Educational Alliance in 197 East Broadway, wo sie sich noch heute befindet. englische Staatskirche (engl. Church of England). Die → anglikanische Kirche entstand 1534 mit der Anerkennung Heinrichs VIII. als Oberhaupt der englischen Kirche durch die Erzbischöfe von Canterbury und York, dann durch das Parlament. Trotz ihrer Ablösung vom Papsttum versteht sie sich nicht als Reformationskirche, sondern als die Fortsetzung der christlichen Kirche in England. Protestantischere Ausgestaltung durch Erzbischof Thomas Cranmer (→ Personenverzeichnis) und unter Elisabeth I., vor allem mit dem „Book of Common Prayer“ (1549); unter Jakob I. 1611 autorisierte Bibelübersetzung. Während des Bürgerkriegs und Commonwealth puritanisch-presbyterianische Ausrichtung (→ Purita-

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nismus, → Presbyterianismus), mit der Restauration 1660 Rückkehr zu den alten Zuständen (Verfolgung der → Nonkonformisten); 1662 Act of Uniformity, mit der Folge, daß die Gottesdienstordnung des „Book of Common Prayer“ und die 39 „Articles of Religion“ (1571; in der bis heute gültigen Fassung von 1662) verbindlich wurden und diejenigen Pfarrer, die sie ablehnten, ihrer Ämter enthoben wurden; 1689 Act of Toleration (eingeschränkte Religionsfreiheit für Nonkonformi­ sten). Episkopalismus, episkopalistisch (von griech. ἐπίσκοπος, „Aufseher“, „Bischof“). Bezieht sich auf eine Kirchenverfassung, bei der die oberste Kirchengewalt den Bischöfen zukommt oder von ihnen beansprucht wird; so z. B. in der römisch-katholischen Kirche und den Kirchen der anglikanischen Gemeinschaft (→ anglikanische Kirche), wozu auch die Episcopal Church in den USA zählt. Erastianismus, erastianisch. Nach einer Schrift („Explicatio gravissimae quaestio­ nis“, 1569) des Heidelberger Medizinprofessors und kurpfälzisch-reformierten Kirchenrats Thomas Erastus (1524–1583), in der er, anders als nach dem Genfer Modell, das kirchliche Rechts- und Ordnungswesen dem Staat unterstellt (als „Erastianism“ v. a. in England rezipiert). Erwählung. Begriff der biblischen Theologie, besonders für das Verhältnis von Jahwe zum Volk Israel (vgl. Dtn 7, 6–8). In der lutherischen und der reformierten Dogmatik wird zwischen ewiger Erwählung und der Berufung in der Zeit unterschieden. Die Frage nach der Erwählung wird aus dem geschichtlichen Zusammenhang gelöst, von Calvin mit der Frage nach der Verwerfung verbunden und mit dem verborgenen ewigen Ratschluß Gottes begründet. Aus der Erwählung wird terminologisch die → Prädestination. eschatologisch (Adj., von griech. ἔσχατα, „letzte [Dinge]“). Bezogen auf die Lehre von den „letzten Dingen“ wie Tod, Auferstehung, jüngstes Gericht, Vollendung der Welt, ewiges Heil und ewige Verdammnis. „evangelische Ratschläge“ → consilia evangelica. Exkommunikation. In den evangelischen Kirchen Ausschluß vom Abendmahl (Sakramentsgemeinschaft), von besonderer Bedeutung in den reformierten Kirchen als Bestandteil der → Kirchenzucht. „extra ecclesiam nulla salus“ (lat.). „Außerhalb der Kirche kein Heil“; erstmals von Cyprian von Karthago formulierter kirchlicher Grundsatz. Familistensekte („Family of Love“). Von Hendrik Niclaes (→ Personenverzeichnis) um die Mitte des 16. Jahrhunderts in Emden gegründete mystisch-christliche Lebensgemeinschaft; mit eigener Zeitrechnung, die sich nach dem Zeitalter der Liebe (Anbruch des Gottesreiches auf Erden) bemißt. Anhänger auch in Holland und England (bis Mitte/Ende des 17. Jahrhunderts).

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Fideikommiß(stiftung). Der aus dem römischen Erbrecht entlehnte Begriff bezeichnet im deutschen Recht eine Vermögensmasse, die nicht veräußert, nicht geteilt und nur nach bestimmten Regeln vererbt werden darf. fides implicita (lat., „[im Kirchenglauben] eingeschlossener Glaube“). Von der Hochscholastik ausgebildete römisch-katholische Lehre, derzufolge der überkommene, schlichte Glaube des Laien, solange er nicht gegen den expliziten Glauben der Kirche verstößt, in diesem eingeschlossen ist. Von Luther und Calvin scharf kritisiert. Franziskaner(-Orden) (lat. Ordo fratrum minorum). Der von Franz von Assisi gegründete Minderbrüderorden (1210 bestätigt) entwickelte sich zum → Bettel­ orden (Regel von 1223). Die ursprünglichen Anhänger führten ein Wanderleben in apostolischer Armut, wirkten in den Städten, widmeten sich vorrangig karitativen Tätigkeiten sowie der Laienpredigt und trugen die mönchische Lebensweise in die Laienbevölkerung hinein. Schon ab 1230 wurde die rigorose persönliche und gemeinschaftliche Besitzlosigkeit abgemildert. Seit dem 14. Jahrhundert gibt es einen strenge Armut und Askese beobachtenden (Observanten) und einen gemäßigten (Konventualen) Zweig. 1517 Teilung des Ordens. Franziskaner-Observanten → Franziskaner. Gericht, geistliches. In der römisch-katholischen Kirche zuständig für die Feststellung von Schuld und Kirchenstrafen bei Angelegenheiten, die Gottesdienst, Lehre, Kirchenvermögen sowie kirchliche Ämter und Gesetze betreffen. Gesellschaften für „ethische Kultur“. Organisatorischer Ausdruck der „ethischen Bewegung“ des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die moralische Vorstellungen unabhängig vom religiösen Bekenntnis verbreitet. Die erste Gesellschaft wurde von Felix Adler 1875 in New York gegründet. Verbreitung auch in europäischen Ländern (seit 1892 in Deutschland) und internationaler Zusammenschluß in einem Bund. Die Gesellschaften verfolgen meist praktisch-humanitäre Zwecke (z. B. Engagement im Rechts- und Kinderschutz, Unterstützung der Frauenbewegung) und werben durch Vorträge, Unterrichtskurse sowie Zeitschriften für ihre Ziele. – In New York besuchten Max und Marianne Weber 1904 eine Veranstaltung der Gesellschaft (vgl. Brief an Helene Weber und Familie vom 6. – 16. Nov. 1904, MWG II/4, S.  3 87). Gnade (lat. gratia). In theologischer Hinsicht die erlösende Wirkung des Heilshandelns Gottes und Ausdruck seines bedingungslosen Gebens. Bei Luther ist die Gnadenlehre in der Lehre von der → Rechtfertigung formuliert (sola gratia). Im Luthertum werde (so Weber nach Matthias Schneckenburger; → Personenverzeichnis) die Gnade als verlierbar dargestellt (gratia amissibilis), weil auch der Glaube verlierbar sei; die reformierte Lehre betont hingegen die → perseverantia.

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Gnadenanstalt → Heilsanstalt/Gnadenanstalt, Kirche als (Heils-/Gnaden-) Anstalt. Gnadenpartikularismus → Gnadenuniversalismus/-partikularismus. Gnadenstand. Heilsgeschichtlicher Begriff; das Leben im christlichen Glauben oder der durch die (in → Rechtfertigung und → Wiedergeburt zuteil gewordene) Gnade erlangte „Stand“; dazu auch: → status naturalis. Gnadenuniversalismus/-partikularismus. In der christlichen Theologie bezeichnet „Gnadenuniversalismus“ die Vorstellung, daß die → Gnade Gottes allen Menschen ausnahmslos gilt oder angeboten wird, und „Gnadenpartikularismus“ die Vorstellung, daß sie allein den Erwählten zugute kommt (oft verbunden mit der Lehre von der doppelten → Prädestination). Beiden Auffassungen entsprechen unterschiedliche ekklesiologische Modelle (bei Max Weber: „Kirche“ bzw. „Sekte“). Gnadenwahl, Gnadenwahldekret, Gnadenwahllehre → Prädestination, Prädestinationslehre. gratia amissibilis → Gnade. Hanserd Knollys confession. Bezeichnung Max Webers für das von über 100 calvinistisch-baptistischen Gemeinden (→ Baptisten) in England und Wales angenommene Bekenntnis mit dem Titel „A Confession of Faith, Put forth by the Elders and Brethren of many congregations of Christians baptised upon profession of their faith“, verfaßt 1688 (andernorts auch als „Second London [Baptist] Confession bezeichnet), sanktioniert von der General Assembly 1689. Der Geistliche Hanserd Knollys (→ Personenverzeichnis) hat das Vorwort der Ausgabe von 1689 an erster Stelle unterzeichnet. Das Bekenntnis fußt auf der Westminster Confession (→ Westminster-Synode). – Als „(amerikanische) Hanserd Knollys Declaration“ bezeichnet Weber das von der amerikanischen Baptist Association als „Philadelphia Confession of Faith“ 1742 angenommene und mit zwei zusätzlichen Artikeln versehene Bekenntnis von 1688/89. „Heilige“ [Cromwells]. Bezeichnung für die puritanischen Anhänger Oliver Cromwells, aus denen sich seine New Model Army (seit 1645; bald überwiegend → Independenten) und aus deren Armeerat sich 1653 das sog. „Parlament der Heiligen“ (auch „Barebone’s Parliament“ genannt) rekrutierte. Auch: → Heiligung. Heiligkeit → Heiligung. Heiligung (lat. sanctificatio). Bezeichnet nach christlicher Lehre die Wiederherstellung der durch die Sünde verletzten Gemeinschaft des Menschen mit Gott durch Teilhabe an Christi Heiligkeit (als zugeeignete Heiligkeit) und die entspre-

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chende lebenserneuernde Wirkung des Heiligen Geistes. Ethisch gesehen wird dem neuen Sein ein neues Handeln im Glauben verbunden. Bei Luther fällt die Heiligung mit der → Rechtfertigung zusammen (der Mensch bleibt immer zugleich Sünder), bei den Methodisten (→ Methodismus) herrscht die Vorstellung, daß der Wiedergeborene (→ Wiedergeburt) in seiner „Heiligkeit“ sündlos sei, aber weiterhin nach Heiligung und Vollkommenheit streben müsse. Heilsanstalt/Gnadenanstalt, Kirche als (Heils-/Gnaden-)Anstalt. Bei Weber Organisationsform der „Kirche“ im Gegensatz zur „Sekte“. Wesentlicher Gesichtspunkt: Man wird Mitglied nicht kraft eigener Entscheidung, sondern durch die – zur Zeit Webers noch weitgehend selbstverständliche – Kindertaufe (und Konfirmation). Die von Christus gestiftete Kirche vermittelt das Heil oder die Gnade „objektiv“ durch (Wort und) Sakrament. Herrnhuter (Herrnhuter Brüdergemeine). Pietistisch geprägte Erweckungsgemeinde um Nikolaus Reichsgraf von Zinzendorf (→ Personenverzeichnis), der 1722 den zur Emigration gezwungenen böhmisch-mährischen Brüdern die Ansiedlung in seiner Parochie Berthelsdorf (Oberlausitz) gewährte, wo sie die Kolonie Herrnhut gründeten. Das Notariatsinstrument 1729 verlieh den sich überkonfessionell ausformenden Herrnhutern einen Sonderstatus in der zur lutherischen Landeskirche gehörenden Parochie (1749 Anerkennung als Teil der Landeskirche in Sachsen). Leitung durch Konferenzen, Bischofsamt (durch Los), seit 1741 gilt Christus als der „Generalälteste“; Gründung weiterer Gemeinden, auch in England und Nordamerika (Moravian Church); intensive Mission. hierurgisch. Adj. von Hierurgie (griech.), heilige Handlung. Hochkirchler. Innerhalb der nachreformatorischen → englischen Staatskirche Verfechter der Katholizität in Fragen von Autorität, Sakrament, Episkopat u. a. Der Begriff „High Church“ kam erst im 17. Jahrhundert in Abgrenzung zum → Latitudinarismus auf. Als kirchenpolitische Partei steht sie im 19. Jahrhundert der „Low Church“ (evangelikale Ausrichtung) und „Broad Church“ (liberal ausgerichtete breite Mittelpartei) gegenüber. Hugenotten (vermutl. von frz. eyguenot, „Eidgenossen“). Bezeichnung für die französischen Reformierten. Wegen ihres calvinistischen Glaubens unterdrückt, schlossen sie sich mit der Nationalsynode in Paris 1559 förmlich zusammen (dort Festlegung des Bekenntnisses (→ Confessio Gallicana) und Verabschiedung einer eigenen kirchlichen Verfassung mit selbständig sich verwaltenden Gemeinden). In den acht Religionskriegen (1562–1598) wurden die Hugenotten von den Bourbonen unterstützt. Blutiger Höhepunkt der Verfolgung war die „Bartholomäusnacht“ (Nacht zum 24. Aug. 1572). Beendigung der Kriege durch das Edikt von Nantes (13. April 1598) mit Duldung und Rechten, eingeschränkt seit 1629. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts gelten die Hugenotten als Träger von Fortschritt und Kultur in Staat, Industrie, Handel und Wissenschaft; unter Ludwig XIV. (reg. 1661–1715) wieder verfolgt, Ausschluß von Staatsämtern, freien

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Berufen und Zünften; daraufhin verstärkt im Handel und dem aufkommenden Manufakturwesen tätig. Das Edikt von Fontainebleau (18. Okt. 1685; zugleich Widerruf des Edikts von Nantes) verbot den Protestantismus. Daraufhin flohen Hunderttausende von Hugenotten (divergierende Zahlen) ins Ausland, wo sie dann auf wirtschaftlichem, militärischem, intellektuellem und künstlerischem Gebiet eine bedeutende Rolle spielten. Humiliaten. Ursprünglich eine religiöse Laienbewegung, deren Anhänger – eine Bußbrüderschaft von Wollarbeitern – sich gemeinsamer Arbeit, sozialer Hilfe und der Laienpredigt in den reicher werdenden lombardischen Städten widmeten (Ende des 12. Jahrhunderts). 1201 als dreiteiliger Orden konstituiert; 1571 aufgehoben. Hussitenbewegung, hussitisch. Kirchliche Reformbewegung, benannt nach dem Böhmen Johannes (Jan) Hus (geb. ca. 1370/71), einem Anhänger John Wyclifs (→ Personenverzeichnis), der 1415 vom Konstanzer Konzil als Ketzer verbrannt wurde. Hus hatte wie Wyclif die Verkündigung in der Volkssprache und eine Kirche als Gemeinschaft der Prädestinierten gefordert. Die sich nach seinem Tod formierende Bewegung differenzierte sich in die gemäßigten Utraquisten, die außerdem den Laienkelch im Abendmahl forderten, in die radikalere Richtung der Taboriten, eine sich gegen die Heiligenverehrung wendende und Säkularisierung des Kirchenguts fordernde, chiliastisch beeinflußte Richtung, und in die böhmischen (oder mährischen) Brüder (seit 1467: Brüderunität), zumeist Bauern und Handwerker, die sich als „Erwählte“ verstanden und schlichte Formen bevorzugten; deutschsprachige Nachfahren waren Mitbegründer der → Herrnhuter Brüdergemeine. Independentismus, Independenten. Von Max Weber als Sammelbezeichnung für diejenigen puritanischen Richtungen (→ Puritanismus) verwendet, die sich von der → englischen Staatskirche trennten und unabhängig formierten (andernorts gehört eine radikale Ausrichtung zu den Begriffsmerkmalen; auch als Synonym für die → Kongregationalisten gebraucht). Inspirationslehre. Theologische Lehre vom göttlichen Ursprung der Bibel (durch den Heiligen Geist eingehaucht), deren Autorität daher unbestreitbar ist. Jansenismus, Jansenisten. Nach Cornelius Jansen (1585–1638) benannte oppositionell-kritische Reformbewegung innerhalb der römisch-katholischen Kirche während des 17. und 18. Jahrhunderts, mit Schwerpunkt in den spanischen Niederlanden und Frankreich (Zentrum: → Port Royal). Kernpunkte der durch Augu­ stinus’ Gnadenlehre beeinflußten Lehre sind eine streng christliche Lebensführung und das Beharren auf der Unverletzlichkeit des individuellen Gewissens gegenüber Kirche und Staat; lehramtlich verurteilt, insbesondere durch die Bulle „Unigenitus Dei Filius“ (1713). Gegner waren die → Jesuiten mit einer weniger strengen Moraltheologie (→ Probabilismus); Verfolgungen, zeitweise in den Untergrund oder ins Exil gezwungen.

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Jesuiten(-Orden) (lat. Societas Jesu). Im wesentlichen von Ignatius von Loyola (→ Personenverzeichnis) gegründeter Orden (1540/1558), zentralistische Leitung und Führung des Einzelnen mittels der von Ignatius aufgestellten Exerzitien. Die Vollmitglieder (Professen) legen zu den üblichen Ordensgelübden das Gelübde des Papstgehorsams ab. Seit 1550 als Träger der Gegenreformation (bes. in Deutschland) Förderer des katholischen Lebens; wegen der Auseinandersetzung mit dem → Jansenismus 1773–1814 päpstlich aufgehoben, in Deutschland seit dem Kulturkampf bis 1917 verboten. Jesus Sirach (Sir). Zwischen 1896 und 1900 wurden in der Geniza der Kairoer Ben-Esra-Synagoge Fragmente des hebräischen Originals verschiedener Sirach-Hand­schriften aufgefunden. Bis dahin waren nur zwei griechische Rezensionen sowie die syrische und lateinische Übersetzung des Sirachbuches bekannt. Bei dem Anfang des 2. Jahrhunderts v. Chr. entstandenen Buch, das zu den → Apokryphen zählt und dessen Verfasser traditionell „Jesus Sirach“ genannt wird, handelt es sich um eine späte Schrift der Weisheitsliteratur. Johnsonisten, „johnsonistisch“. Benannt nach dem puritanischen Separatisten Francis Johnson (1562–1618), der während seiner Zeit als Pastor der „Ancient Church“ englischer Exulanten in Amsterdam zu der Überzeugung gelangte, die Autorität zur Leitung einer independenten, auf dem Freiwilligkeitsprinzip basierenden Gemeinde (oder Kirche) liege allein bei den (gewählten) (Laien-)Ältesten und nicht bei der ganzen Gemeinde, d. h. allen Gemeindegliedern gleichermaßen. kanonisches Recht. Bezeichnung des altkirchlichen und römisch-katholischen Kirchenrechts, nach der Einteilung in canones (von lat. canon, „Satzung“, „Regel“). Das kanonische Recht bildet mit dem römischen Zivilrecht (ius civile) das mittelalterliche ius commune oder gemeine Recht. Kasuisten (von lat. casus, „Fall“). In der (Moral-)Theologie der Versuch, ethisch problematische Fälle durch Anwendung älterer, ebenfalls an konkreten Fällen entwickelter moralischer Normen zu lösen. In kasuistischer Tradition stehen Bußbücher und Beichtsummen, seit dem 17. Jahrhundert Sammlungen von „casus conscientiae“ zur moraltheologischen Orientierung der Beichtväter. Katechumenen (von griech. κατήχειν, „unterrichten“). (Erwachsene) Taufbewerber, die zur Vorbereitung auf die Taufe unterrichtet werden. Kirchen „unter dem Kreuz“. Verfolgte, im Untergrund sich organisierende Kirchen, wie die protestantischen Kirchen in Frankreich und in den Niederlanden. Auch die reformierten Minderheitskirchen unter römisch-katholischem landesherrlichem Kirchenregiment, die im 16. Jahrhundert am Niederrhein entstanden und um Selbstbehauptung rangen.

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Kirchenzucht. Besonders in den reformierten Kirchenordnungen festgelegte Maßnahmen, um die Reinheit und Heiligkeit des Abendmahls sowie der religiösen Gemeinschaft zu erhalten und den Sünder zu Reue und Umkehr zu bewegen. Bei Calvin wird der nicht bereuende Sünder vom Abendmahl ausgeschlossen (→ Exkommunikation) und nach weiterer, folgenloser Ermahnung der weltlichen Obrigkeit überstellt. Wahrgenommen wird die Kirchenzucht vom Konsistorium (bestehend aus Pfarrern und Ältesten, die zugleich Räte der Stadt sind). Äußerste Strafen sind Verbannung oder bei Gotteslästerung Tod (1553 Hinrichtung Michael Servets in Genf). Große Bedeutung erlangte die Kirchenzucht durch Aufnahme in die Westminster Confession (→ Westminster-Synode) im → Puritanismus und im → Baptismus. Kommenda (italien., von commedare, „anvertrauen“). Eine Kommenda ist eine vertragliche Beziehung, in der der eine Partner (Kommendant) dem anderen (Kommendatar oder Kommendanehmer) Waren (oder Geld) anvertraut, damit dieser damit (Fern-)Handel treibe. Dafür wird der Händler am Gewinn oder Verlust beteiligt. Kommendanehmer → Kommenda. Kongregationalisten. Hervorgegangen aus dem englischen → Puritanismus, lehnen sie die Episkopalstruktur der → englischen Staatskirche sowie den → Presbyterianismus ab. Die Gemeinde soll keinem Bischof und keinem einer Synode anhängigen Ältestenrat unterstehen, sondern autonom sein (z. B. ihre Mitglieder selbst auswählen). Besonders in Neuengland verbreitet. Konkordienbuch. 1580 in deutscher Sprache erschienene Sammlung lutherischer Bekenntnisschriften (lat. 1584), die z. B. auch die → Augsburger Konfession und ihre „Apologie“ enthält. Konkupiszenz (lat. concupiscentia, „(sinnliche) Begehrlichkeit“, „Begierde“). Theologischer Begriff zur Beschreibung und Reflexion der Macht der Sünde über den Menschen. Konsistorium. In den deutschen evangelischen Landeskirchen seit dem 16. Jahrhundert kirchenleitendes und -verwaltendes Gremium, zusammengesetzt aus geistlichen (Theologen) und weltlichen (Juristen) Mitgliedern. Es nimmt die bischöflichen Aufgaben der deutschen Fürsten oder Landesherrn in ihrer Funktion als Summepiskopus wahr (bis 1918). Kontokorrent (von italien. conto corrente, „laufende Rechnung“). Die buchmäßige Feststellung der gegenseitigen Forderungen und Leistungen zwischen zwei Geschäftspartnern. Kyniker. Anhänger einer griechischen philosophischen Richtung (Kynismus), die Bedürfnislosigkeit und extreme Genügsamkeit fordert.

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latitudinarisch (von lat. latitudo, „Breite“, „Weite“), Adj. zu Latitudinarismus. Bezeichnung für die seit Mitte des 17. Jahrhunderts tolerante und rationale, den Erkenntnissen der modernen Wissenschaften aufgeschlossene Richtung in der → englischen Staatskirche; allgemein auch: duldsam. Leveller (engl. Levellers; von engl. level, „einebnen“, „gleichmachen“). Anhänger einer teilweise radikal agierenden politischen Bewegung, die während des englischen Bürgerkriegs entstand, mit Anhängern auch in Oliver Cromwells New Model Army. Sie forderte Volkssouveränität, Gleichheit vor dem Gesetz, Religionsfreiheit, Sozial- und Agrarreformen. Ihr wichtigster Anführer war John Lilburne (ca. 1614–1657). Livre des métiers (frz.). Das um 1268 abgefaßte Buch hält zum erstenmal die Ordnung der Pariser Gewerbe und (in einem zweiten Buch) die Rechte und Pflichten der Zünfte gegenüber dem Stadtherrn fest. Lollarden (vermutl. von lat. lolium („Unkraut“), „Unkrautsäer“). Anhänger und Verbreiter der Lehren John Wyclifs (→ Personenverzeichnis). Ursprung der Bewegung ist der Wunsch nach Kirchenreform; Laien werden den Priestern gleichgestellt; verlangt wird die Predigt in der Volkssprache; seit 1400 verfolgt, seit 1415 nur noch im Untergrund, gelten sie bis 1559 als Häretiker; Wegbereiter der vom Kontinent ausgehenden Reformation in England. Lombarden, Lombardierer (Sgl. Lombard, Lombardier), Adj. lombardisch. Im 13./14. Jahrhundert aufgekommene Bezeichnung für diejenigen, die ein Darlehensgeschäft gegen Zins und die Verpfändung von Wertpapieren, Waren, Edelmetallen u. a. betreiben, auch allgemein für die (ausländischen) „Wucherer“ (so genannt, weil sie gegen das kanonische → Zinsverbot verstoßen). Ursprünglich handelte es sich um aus der Lombardei stammende Geldwechsler oder Kreditgeber, die sich in England, Frankreich und Westdeutschland niederließen, wobei sich die Bezeichnung von der Herkunft löste. Später wird das Lombardgeschäft als kurzfristige Kreditgewährung Teil des Bankwesens. LXX → Septuaginta. Magna Charta [libertatum] (lat.), „der große Freiheitsbrief“. Grundlage der englischen Verfassung und der konstitutionellen Monarchie; 1215 von Adel und Geistlichkeit vom englischen König (Jean Plantagenêt, engl. John Lackland) erstritten. Die persönlichen Freiheiten der angelsächsischen Zeit wurden mit den Standesrechten des normannischen Lehnsstaats verbunden. Die in 63 Artikeln enthaltenen Bestimmungen betreffen in erster Linie die königliche Herrschaftspraxis (Gelderhebung, Gerichtsbarkeit), darüber hinaus auch den Schutz fremder Kaufleute. Mendikanten → Bettelorden.

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Mennoniten. Bezeichnung für die nach der Niederschlagung des Münsteraner Täuferreichs 1535 verfolgten und von Menno Simons (→ Personenverzeichnis) gesammelten und organisierten Täufergruppen (→ Täufertum) in den Niederlanden (Westfriesland), am Niederrhein und an der deutschen Nord- und Ostseeküste; bald auf die Täufer oberdeutschen und Schweizer Ursprungs ausgedehnt. Kennzeichen sind Erwachsenentaufe, Pazifismus (Wehrlosigkeit) und Eidesverweigerung sowie freikirchliche Organisation. Methodismus, Methodisten. Von den Brüdern Charles und John Wesley sowie George Whitefield innerhalb der → englischen Staatskirche ins Leben gerufene Erweckungs- bzw. Erneuerungsbewegung („revival“), die sich in den 1730er und 1740er Jahren formierte (Scheidung von den Londoner → Herrnhutern 1740, erste leitende „Konferenz“ 1744) und sich erst in den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts von der etablierten Kirche trennte. Von den Angehörigen wird ein Streben nach Vollkommenheit (→ Heiligung) und eine „methodische“ Lebensführung erwartet. John Wesley lehnt die → Prädestinationslehre ab und vertritt einen heils­universalistischen Ansatz. Der Methodismus verbreitete sich außerhalb Englands hauptsächlich in Nordamerika. Missouri-Kirche (Missouri-Synode). Die Kirche mit der Bezeichnung „Deutsche Evangelisch-Lutherische Synode von Missouri, Ohio und anderen Staaten“ wurde am 26. April 1847 gegründet (Hauptsitz bis heute in St. Louis, MO). Dabei schlossen sich Einzelgemeinden verschiedener Staaten zusammen. Sie umfassen deutsche Lutheraner, die in den 1830er (v. a. 1838/39 aus Sachsen) und 1840er Jahren in die USA eingewandert waren. Streng konfessionell, pflegen sie einen an Luthers „Deutsche Messe“ (1526) angelehnten Gottesdienst und halten an den Bekenntnissen des 16. Jahrhunderts fest. Mönchsaskese. Verzicht und Entbehrungen im monastischen Leben: Keuschheit, Armut und Gehorsam (→ consilia evangelica) sowie, je nach Ordensregel, spezielle Forderungen. Mönchsgelübde → consilia evangelica. Nationalsynode. Oberste kirchenleitende Zusammenkunft (nach der Tradition Calvins) in Ländern oder Territorien ohne landesherrliches Kirchenregiment, wie in Frankreich oder den Niederlanden. Nonkonformisten. 1. Seit der Zeit Elisabeths I. die Puritaner (→ Puritanismus), die katholisierende Praktiken innerhalb der → englischen Staatskirche ablehnen. 2. Nach 1662 Bezeichnung für diejenigen, die der Uniformitätsakte ihre Zustimmung verweigern, sich von der Staatskirche abspalten und eigene Gemeinschaften bilden, d. h. → Presbyterianer, → Kongregationalisten, → Baptisten. Dazu werden auch die → Quäker und später die → Methodisten gerechnet.

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opus supererogationis (von lat. supererogare, „darüber hinaus zahlen“), „Werk der Übergebühr“. Sittliche Handlung, die über die von der Kirche gebotenen, heilsnotwendigen Handlungen hinausgeht (→ consilia evangelica). Orthodoxie (von griech. ὀρθός, „gerade, richtig“, und δόξα, „Meinung, Lehre“). 1. Allgemein der Glaube, das Verhalten oder die Lehre, die als „wahr“ oder „richtig“ gelten, im Gegensatz zu Heterodoxie und Häresie. – 2. Lutherische (oder altprotestantische) Orthodoxie, hier Eigenart der lutherischen Theologie in der Zeit zwischen Reformation und Pietismus/Aufklärung, inkl. der ausgefochtenen Lehrstreitigkeiten. Die Spätorthodoxie kämpft gegen den → Pietismus. – 3. Die reformierte Hochorthodoxie, wie in den Dordrechter Canones formuliert (→ Dordrechter Synode). Sie hat ihren lehrmäßigen Höhepunkt mit Gisbert Voet (→ Personenverzeichnis), der sie zugleich – gegen Johannes Coccejus und seinen Cartesianismus – mit individueller Frömmigkeit verbindet („Nadere Reformatie“). Pandolfini. Einflußreiche Florentiner Familie. „Parlament der Heiligen“ → „Heilige“ [Cromwells]. Perikope (von griech. περικόπτειν, „abschneiden“). (Sinn-)„Abschnitt“ des biblischen Textes, der im Gottesdienst für die Lesung oder Predigt verwendet wird. perseverantia (lat., „Beharrlichkeit“). In der christlichen Theologie die Beständigkeit der Gottesbeziehung des Glaubenden. Nach der reformierten Tradition ist das Beharren im Glauben Gabe Gottes an die Erwählten (→ Prädestination). Die lutherische Tradition betont im Wissen um Gefährdung und Verlierbarkeit des Glaubens (gratia amissibilis, → Gnade) das Vertrauen auf die Wirksamkeit des Heiligen Geistes. Piemontesen. Hier Geldwechsler oder „Wucherer“ (vgl. auch → Lombarden), die ursprünglich aus piemontesischen Städten wie z. B. Asti stammten. Pietismus. Erneuerungsbewegung innerhalb des Protestantismus, zuerst in den reformierten Niederlanden („Nadere Reformatie“) und dann im deutschen Luthertum, mit Betonung der innerlichen Frömmigkeit („praxis pietatis“), deren Wurzel Max Weber (nach Heinrich Heppe) im 17. Jahrhundert in England im → Puritanismus sieht. Das Programm des lutherischen Pietismus wird von Philipp Jakob Spener (→ Personenverzeichnis) in seiner Schrift „Pia desideria“ (1675) vorgestellt. Als Ursprung gelten die von Spener in Frankfurt a. M. ab 1670 eingerichteten Erbauungsversammlungen (Collegia pietatis) der „Wiedergeborenen“ (→ Wiedergeburt). Anders als radikalere, separatistische Pietisten bleibt man in der Kirche, deren → Orthodoxie man reformieren will. Unter August Hermann Francke (→ Personenverzeichnis) entsteht ein preußisches und gesamtdeutsches Zen­ trum in Halle/Saale (Franckesche Anstalten und Universität Halle). In dieser Zeit wird der Pietismus von Friedrich Wilhelm I. (reg. 1713–1740) staatlich unterstützt. Eine selbständige Ausrichtung hat Zinzendorfs → Herrnhuter Brüdergemeine.

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Plutokratie (von griech. πλοῦτος, „Reichtum“, und κρατεῖν, „herrschen), „Reichtumsherrschaft“; Herrschaft der Vermögenden oder Besitzenden. Port Royal (eigentl.: Kloster Port Royal des Champs). Zisterzienserinnenkloster südlich von Versailles, zu Beginn des 17. Jahrhunderts reformiert und im selben Jahrhundert Zentrum des → Jansenismus. Hier entstehen Einsiedlergemeinschaften, wohin sich auch Laien, darunter Blaise Pascal (→ Personenverzeichnis), zurückziehen. Im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Jansenismus 1709 Aufhebung und 1710 Zerstörung des Klosters. Präbende (von mlat. praebenda, „Unterhalt“). Hier: Kirchliche Pfründe. Prädestination, Prädestinationslehre (von lat. praedestinatio, „Vorherbestimmung“). Nach christlicher Lehre die vorausgehende und endgültige (ewige) Entscheidung Gottes über das Heilsschicksal des Menschen: → Erwählung (electio) oder Verwerfung (reprobatio). Wegen dieser zwei Beschlüsse (Dekrete, auch Ratschlüsse oder doppeltes Dekret) auch „doppelte Prädestination“ genannt. Biblisch begründet wird die „Erwählungs“-Vorstellung in erster Linie mit Röm 8,28–30, Röm 9 und Eph 1. Die Prädestinationslehre berührt die → Vorsehung Gottes, die Wirksamkeit der → Gnade und die menschliche Willensfreiheit. Ausgefeilt ist sie bei Zwingli und Calvin, während sie bei Luther in den Hintergrund tritt. Aufgenommen in die Westminster Confession (→ Westminster-Synode) und die Dordrechter Canones (→ Dordrechter Synode). praecepta → consilia evangelica. Prévôt (frz., von lat. praepositus). Hoher Beamter. Bei dem Prévôt von Paris handelt es sich um einen vom französischen König eingesetzten und besoldeten „Vogt“ mit polizeilichen, militärischen, richterlichen, Finanz- und Ordnungskompetenzen für die Pariser Stadtverwaltung und das Umland. Das Amt wurde in der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts eingerichtet. Presbyterianismus, Presbyterianer. Der Presbyterianismus wird nach der Kirchenleitung in calvinistischer Tradition bezeichnet, an der Geistliche und Gemeindeälteste (Presbyter) beteiligt sind. Die auf der → Westminster-Synode verfaßte Westminster Confession (1647) ist heute noch Bekenntnisgrundlage vieler presbyterianischer Kirchen. In England ist der Presbyterianismus nach dem Bürgerkrieg nur noch eine unbedeutende nonkonformistische Gruppe (→ Nonkonformisten), verbreitet dagegen in Schottland und Nordamerika. Privatbeichte → Beichte. Probabilismus (von lat. probabilis, „glaubwürdig“, „wahrscheinlich“). Moraltheologische Lehre, in Zweifels- oder Gewissensfällen nach den „glaubwürdigen“ (guten) Gründen zu fragen, die zur Entscheidung für eine bestimmte Handlung führen. Diese genügen für die Rechtfertigung der Handlung, auch wenn es bes-

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sere für eine andere Handlung gäbe. Als Mittel der Seelsorge im 17. und 18. Jahrhundert besonders bei den → Jesuiten beliebt, während die moralisch „rigoroseren“ → Jansenisten ihn als „Laxismus“ verwerfen. Proselyten (griech.). Konvertiten. Providentielle, das → Vorsehung. Puritanismus, Puritaner. In England seit ca. 1560 Bezeichnung für → Nonkonformisten, die katholisierende Tendenzen in der → englischen Staatskirche ablehnen und weiterführende, „reinere“ (engl. pure) Reformen für Kirchenleitung (u. a. Ablehnung des Bischofsamts), Liturgie und Lehre anstreben (→ ecclesia pura). Aufgrund staatlicher Repressionen unter Elisabeth I. flohen viele Puritaner in die Niederlande, die Zurückbleibenden verharrten zunächst in der Staatskirche und konzentrierten sich auf die private Lebensführung und gesellschaftliche Forderungen (z. B. nach strenger Sonntagsruhe). In den 1620er Jahren verschärfte sich die Lage unter Karl I., was viele Puritaner zur Auswanderung nach Nordamerika (darunter die „Pilgerväter“) bewog. Im englischen Bürgerkrieg (1642–1649) kämpften die Puritaner mit dem Parlament für eine Kirchenreform (Einberufung der → Westminster-Synode) gegen die Royalisten und Episkopalisten um Erzbischof William Laud (→ Personenverzeichnis). Unter Oliver Cromwells Herrschaft waren neben den Episkopalisten noch sämtliche puritanische Richtungen (wie → Presbyterianer, → Kongregationalisten und → Baptisten) in der Staatskirche, während sie nach der Restauration und der Uniformitätsakte 1662 als → Nonkonformisten aus ihr verbannt wurden und illegale Konventikel bildeten. Verfolgungen und Inhaftierungen wurden 1689 durch die Toleranzakte beendet. – Max Weber verwendet den heterogene Strömungen einschließenden Begriff im umfassenden, „populären“ Sinn für sämtliche asketische nonkonformistische Richtungen, darunter die genannten Strömungen, inkl. der → Mennoniten und → Quäker (vgl. oben, S.  259, Fn.  87). Quäker (von engl. quake, „zittern“). Ursprünglich Spottbezeichnung für die Mitglieder der „Society of Friends“, die während ihrer gottesdienstlichen Versammlungen („meetings“) in enthusiastisch-ekstatische Bewegungen verfallen. Von George Fox (→ Personenverzeichnis) Ende der 1640er Jahre in England gegründet (anfangs auch „Kinder des Lichts“ genannt), lehnen sie die Staatskirche, aber auch Eid und Waffendienst ab. In England und nach Auswanderung auch in Nordamerika verfolgt. William Penn (1644–1718) gründete für sie die Kolonie Pennsylvania. Quietismus (von lat. quies, „Ruhe“, „Stille“). Römisch-katholische Richtung in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts in Italien, Frankreich und Spanien. Unter Verzicht auf alles Handeln und Denken soll sich der Gläubige im Gebet und in passiver Kontemplation Gott hingeben, um, als höchstes Ziel, die „Seelenruhe“ zu erreichen. – Der Begriff „Quietismus“ wird später allgemein für eine passive Lebenshaltung gebraucht.

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Ratschlüsse Gottes → Prädestination, Prädestinationslehre. Recht, kanonisches → kanonisches Recht. Rechtfertigung. Für Luther zentral mit der Erkenntnis verbunden, die „Gerechtigkeit Gottes“ (Röm 1,17) meine eine iustitia passiva, eine Gerechtmachung des Sünders als bedingungsloses Geschenk (ohne dessen Mitwirken oder verdienstliche Werke), ermöglicht durch den stellvertretenden Tod Christi. Rechtfertigung geschehe allein aus Gnade (sola gratia; → sola fide). Nur der im Glauben Gerechtfertigte könne gute Werke hervorbringen. – Melanchthon setzt in den Bekenntnisschriften den Akzent auf den forensischen Charakter, die Gerechtsprechung (imputatio, Zurechnung) des Angeklagten. – Calvin rückt die → Heiligung in ihre Nähe: Durch die Gegenwart des Heiligen Geistes im Glaubenden kann er gerechte Werke tun (Rechtfertigung aus Glauben als Grund für die Gerechtigkeit der Werke). – Im Pietismus teilweise „ersetzt“ durch den Begriff → Wiedergeburt. Regel des heiligen Benedikt → Benedikt von Nursia (Personenverzeichnis). regeneration (engl.) → Wiedergeburt. Rentenkauf. Neubegründung oder Veräußerung/Erwerb des Rechts auf wiederkehrende Geld- oder Naturalleistung, das in der Regel als Reallast auf einem Grundstück o. ä. ruht. Da dieses Recht oft durch Hingabe von Kapital erworben wird, kann der Rentenkauf mit dem mittelalterlichen Zinsverbot in Konflikt geraten. In der mittelalterlichen Wirtschaft in vielen Formen weit verbreitet. Repristination (lat., mlat.). Wiederherstellung, -belebung. Reprobierte (Verworfene) → Prädestination. revival (engl.) → Methodismus. Rüstzeug(-Vorstellung). Nach Apg 9,15 (über Paulus) [1892]: „Gehe hin; denn dieser ist mir ein auserwählt Rüstzeug, daß er meinen Namen trage vor den Heiden und vor den Königen und den Kindern von Israel.“ Rynsburger Kollegianten (auch: [Rhynsburger, R[h]einsburger oder – heute meist – Rijnsburger] Kollegianten). Aus den niederländischen Remonstranten (→ Arminianismus) hervorgegangene religiöse Gruppierung. Nachdem die remonstrantischen Pfarrer 1619 abgesetzt und vertrieben worden waren, hielten sie ohne diese gottesdienstliche Versammlungen, sog. „exercitia“ oder „collegia“, ab. Zentrum war seit 1621 das südholländische Rijnsburg, wobei es Kollegien bald auch in anderen niederländischen Städten gab. Selbst bekenntnislos, waren die Kollegianten offen für alle konfessionellen Richtungen. Ihre

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Gemeinden – sie hielten sich in Amsterdam bis 1775 und Rotterdam bis 1787 – gingen in der Täuferbewegung auf. Sachsengängerin. Landwirtschaftliche Wanderarbeiterin. Zunächst nur für die Saisonarbeiter und -arbeiterinnen bei der Zuckerrübenernte in der Provinz Sachsen, dann allgemein gebrauchter Begriff. Sie kamen hauptsächlich aus Schlesien, Posen, Westpreußen, Brandenburg sowie Russisch-Polen und Galizien und arbeiteten für geringen Lohn. Savoy Declaration (eigentl.: „Savoy Declaration of Faith and Order“). Das Bekenntnis der englischen → Kongregationalisten von 1658 hat die Westminster Confession zur Grundlage, deren → Prädestinationslehre sie unverändert übernimmt; sie enthält Modifikationen zur Kirchenverfassung. scotistisch → Duns Scotus (→ Personenverzeichnis). Septuaginta (lat., „siebzig“, LXX). Griechische Übersetzung der Schriften des bis ca. 100 n. Chr. sich formierenden Kanons der Hebräischen Bibel (des Alten Testaments) und der → Apokryphen (begonnen vermutlich im 3. Jahrhundert v. Chr. in Alexandria für die Bibliothek und jüdische Gemeinde); der Legende nach benötigten 72 Gelehrte, gerundet 70, dafür ebensoviele Tage. sichtbare und unsichtbare Kirche (lat.: ecclesia visibilis et invisibilis). Die sichtbare Kirche meint bei den Reformatoren des 16. Jahrhunderts die empirische Kirche bzw. die „Institution“ Kirche, während die unsichtbare Kirche alle Glaubenden umfaßt (bei Luther die „verborgene“ Kirche, bei Calvin die Gemeinschaft der Erwählten). Sirach → Jesus Sirach. sola fide. Einer der „Exklusivpartikel“ und zentralen Begriffe in Luthers reforma­ torischer Erkenntnis (nach Röm 3,28). Allein durch den Glauben (sola fide) werde dem Menschen → Rechtfertigung zuteil. Dazu bedürfe es im Unterschied zur Lehre und Praxis der römischen Kirche keiner zusätzlichen verdienstvollen Werke, denn sie geschehe aus reiner Gnade Gottes (sola gratia), durch Zurechnung einer ihm fremden Gerechtigkeit, die Christus durch sein Erlösungswerk erworben habe (solus Christus). Heilsmittlerin sei die Heilige Schrift (sola scriptura). Sozinianer. Anhänger einer um die Mitte des 16. Jahrhunderts verbreiteten Bewegung, benannt nach den Italienern Fausto Soz(z)ini (1539–1604) und dessen Onkel Celio Soz(z)ini (1526–1562). Sie vertreten ein rational bestimmtes, freies Christentum (in ihrem Gottesglauben sind sie antitrinitarisch, verwerfen die reformatorische Rechtfertigungslehre sowie die Erbsünde).

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Spiritualen. Südfranzösische und italienische Reformgruppen innerhalb des Franziskanerordens (→ Franziskaner) Ende des 13. und zu Beginn des 14. Jahrhunderts, die nach dem ursprünglichen Vorbild des Franz von Assisi absolute Armut forderten. 1317 zu Häretikern erklärt, woraufhin ein Teil im Orden verblieb (später die Observanten), ein anderer sich abspaltete (wie die „Fraticelli“). status naturalis. In theologischer Deutung der Stand der gefallenen Natur (bi­blisch: nach Adams Sündenfall), im Gegensatz zum Urstand, dem unwiederbringlich verlorenen Stand der heilen Natur (Adam vor dem Fall). Dem status naturalis folgen der Stand der wiederhergestellten Natur (nach → Rechtfertigung und → Wiedergeburt der → Gnadenstand) und der der vollendeten Natur (nach der Auferstehung; Stand der Vollkommenheit). Strafen, zeitliche → Buße. superstition (engl.), superstitie (ndl.), von lat. superstitio. Im Altlateinischen ein ohne verächtlichen Beiklang gebrauchter Ausdruck aus dem Zusammenhang ekstatischer, mit Opfern praktizierter Mantik (eine Form der Zukunftsdeutung); erst in der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. tritt „superstitio“ in Gegensatz zu „religio“ und meint nun eine der Denk- und Handlungsart nach verfehlte Form der Frömmigkeit. Talmud (von hebr. talmu¯  d, „Studium“, „Lehre“, im Sinne von [von der Tora ausgehender] „Belehrung“). Literarisches Hauptwerk des nachbiblischen Judentums, bestehend aus der Mischna (Lehre der Rabbinen, die um 200 n. Chr. gesammelt und verschriftlicht wurde) und Gemara (Mischnakommentar der späteren Rabbinen, der „Amoräer“). Der Talmud ist in zwei Versionen überliefert: als Jerusalemischer und als Babylonischer Talmud. Endredaktion des letzteren im 6. Jahrhundert n. Chr. Talmudisches Judentum. Das Judentum etwa zur Entstehungszeit des → Talmud. Entwickelte sich nach der Zerstörung des Zweiten Tempels 70 n. Chr. bis zur arabischen Eroberung 638 n. Chr. Täufertum. Täuferische Bewegungen entstanden aus verschiedenen Motiven während des reformatorischen Aufbruchs in der Schweiz, in Mittel- und Oberdeutschland sowie im niederdeutschen Raum und den Niederlanden. Gemeinsam ist den sonst heterogenen Gruppen, daß sie statt oder zusätzlich zu der Taufe Unmündiger (Säuglinge) die Bekenntnis- oder Erwachsenentaufe praktizieren (darum auch „Wiedertäufer“, engl. „anabaptists“). Wegen ihrer zumeist die politische und soziale Ordnung in Frage stellenden Überzeugungen oft blutig verfolgt (z. B. Niederschlagung des nur anderthalb Jahre währenden Münsteraner Täuferreichs 1535). Organisatorische und gedankliche Fortführung mit den → Mennoniten und → Baptisten.

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temporum ratione habita (lat.). „Unter Berücksichtigung der Zeiten“, d. h. der Zeitverhältnisse; Formulierung einer Konzession im → kanonischen Recht. Tertiarierorden. „Dritter Orden“. Einige Orden (vorzugsweise → Bettelorden) haben neben dem Ersten (für Mönche) und Zweiten (für Nonnen) Orden einen dritten, bestehend aus männlichen und weiblichen Laien, die sich dem Orden samt Regel anschließen, aber in ihrem weltlichen Beruf und Lebenszusammenhang bleiben. Der wichtigste Tertiarierorden ist der Franziskanische Dritte Orden (→ Franziskaner). thesaurus ecclesiae (lat., „Kirchenschatz“). Nach scholastischer Lehre haben Christus und die Heiligen überschüssige gute Werke (→ opus supererogationis) getan, die einen Verdienstschatz bilden, der von der Kirche verwaltet wird. Dieser kann vom Papst genutzt werden, Bußstrafen zu erlassen (→ Ablaß). Trapeziten (von griech. τράπεζα, „Tisch“). Altgriechische Bezeichnung für Ban­ kiers; im engeren Sinn betrieben sie das Depositengeschäft, fungierten also als eine Art Girobank. unio mystica. In der christlichen Tradition die (ekstatische) Vereinigung des Glaubenden mit Gott oder Christus, oft als Einwohnen Gottes in ihm beschrieben. Spielt eine Rolle in der mittelalterlichen Mystik, u. a. bei Bernhard von Clairvaux; als geistliche Vereinigung auch von Luther aufgenommen. In der lutherischen → Orthodoxie des 17. Jahrhunderts eigenes Lehrstück: Grund der unio mystica ist Gottes Heilshandeln (im Gegensatz zur menschlichen Erhebung zu Gott), oft als Folge des Rechtfertigungsglaubens (→ Rechtfertigung). Auch im → Pietismus spielt sie als Kennzeichen wahren Christentums eine Rolle. Unproduktivität des Geldes. Seit dem 13. Jahrhundert Bestandteil des kirchlichen → Zinsverbots mit der Argumentation, Geld bringe weder dem Darleiher noch dem Darlehensnehmer Frucht. Für den Gebrauch des Geldes dürfe man keine Vergütung verlangen, weil das Darlehen mit der Rückerstattung voll ausgeglichen sei. Zinsnahme (→ usura) heißt, sich am Leihenden zu bereichern. unsichtbare Kirche → sichtbare und unsichtbare Kirche. usura (lat.), „Zins“, „Wucher“ (ursprünglich „Geldkapitalzins“). Nach dem mittelalterlichen → Zinsverbot gilt Zinsnahme für geliehenes Kapital als Wucher; usura wurde zum Terminus technicus für den verbotenen Zins. usuraria pravitas (lat.). Das wucherische Unrecht. Utilitarismus (von lat. utilis, „nützlich“). Ethik, die die moralische Qualität des Handelns an seinem Nutzen für den einzelnen oder für alle mißt. Im 18. Jahrhundert entstanden und in viele Richtungen ausdifferenziert.

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Verleger, Verlagssystem. Gewerblicher Betrieb, bei dem ein Unternehmer (Verleger) Arbeiter in ihrer eigenen Wohnung oder Werkstatt beschäftigt und für den Absatz der so produzierten Waren sorgt. Dabei können die Rohstoffe oder die Werkzeuge oder beides vom Verleger gestellt werden. Vokation (lat. vocatio). Berufung in ein kirchliches Amt; Ordination. Vorsehung [Gottes] (lat. providentia). Im Christentum Ausdruck für das planende Wirken Gottes zur Erhaltung und Regierung der Welt. Bei Thomas von Aquin ein rational erkennbarer Bewegungsprozeß einer Seinsordnung; bei den Reformatoren verbunden mit dem Vertrauen auf den Gnadenwillen Gottes; Calvin betont die Alleinwirksamkeit des fürsorglich zugewandten Gottes. Vulgata. Lateinische Bibelübersetzung, an der Hieronymus (→ Personenverzeichnis) außer an der Übersetzung der Evangelien, vermutlich größtenteils durch Korrektur bereits vorhandener lateinischer Versionen in Abgleich mit ursprachlichen Handschriften ab ca. 383 n. Chr. beteiligt war (keine homogene Entstehung); standardisiert in der Karolingerzeit, vom Tridentinum als „authentisch“ erklärt (1546). Westminster Confession → Westminster-Synode. Westminster-Synode (1.7.1643–25.3.1652). Die Einberufung der Synode war Folge der religiösen Konflikte zwischen dem Parlament, das mehrheitlich dem → Puritanismus zuneigte, und den Stuarts, die dem Episkopalismus anhiengen. Das Parlament berief zu Beginn des Bürgerkriegs eine „Assembly“ mit 121 Geistlichen und 30 Laien, die die „39 Artikel“ des „Book of Common Prayer“ revidieren und die → englische Staatskirche in Lehre, Kultus und Verfassung umgestalten sollten. Nach dem mit Schottland geschlossenen „Solemn League and Covenant“ (25. Sept. 1643) wurde die Synode um sechs einflußreiche Abgesandte der schottischen Kirche erweitert. Es tagten verschiedene Gruppierungen, wobei die → Presbyterianer überwogen. Die Synode bearbeitete die Religionsartikel und verabschiedete fünf Dokumente, darunter die „Westminster Confession“ oder „Confession of Faith“ von 1646 (gedr. 1647; angenommen vom englischen Parlament 1648 (in Geltung nur bis 1660), vom schottischen Parlament 1649). Diese enthält die calvinistische Lehre von der doppelten → Prädestination. Die Beschlüsse der Westminster-Synode sind noch heute – z. T. modifiziert – Grundlage vieler presbyterianischer Kirchen, insbesondere in Nordamerika. Wiedergeburt (lat. regeneratio, engl. regeneration). Im Christentum die Erneuerung des Menschen durch das Heilshandeln Gottes. Sie besteht in der Konstitution der Gottesbeziehung und Aufnahme in die christliche Gemeinschaft, symbolisch dargestellt in der Taufe. Die Reformatoren verstehen die Wiedergeburt als Neugeburt des Glaubenden durch das Evangelium und Begabung zu guten Werken; von Calvin mit der Buße verbunden, der eine prozeßhafte Wiedererlangung der Gottebenbildlichkeit folgt; Philipp Jakob Spener betont die geistge-

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wirkte Erneuerung, die die Heilsgewißheit (→ certitudo salutis) des Glaubenden freisetzt, erkennbar an geistgewirkten „guten Werken“; Nikolaus Reichsgraf von Zinzendorf sieht die Wiedergeburt als völlige Neuschöpfung des Menschen. Wiedertäufer → Täufertum. Wucher/Wucherverbot, kirchliches → Zinsverbot, kanonisches. Yankee, Yankeetum. Eigentl. Spottbezeichnung, ursprünglich für den Neuengländer; bis hinein ins 20. Jahrhundert typisierend für den (geschäftstüchtigen, weißen) Nordamerikaner. Zins → usura. Zinsverbot, kanonisches. Der Kern des kirchlichen Zins- oder Wucherverbots besteht darin, daß für geliehenes Geld keine Zinsen (→ usura) genommen werden dürfen. Zur Begründung beruft man sich auf das Gebot der Nächstenliebe (Lk 6,34 f.), wonach die Menschen einander umsonst helfen oder unentgeltlich leihen sollen (nach der Vulgata: „mutuum date nihil inde sperantes“). Es ging in das Decretum Gratianum (um 1140) und damit in das Corpus Iuris Canonici ein, war somit als → kanonisches Recht von allgemeiner Geltung. Im 12. und 13. Jahrhundert zunehmend im Widerspruch zum Wirtschaftsleben insbes. der ober­ italienischen Städte. Einerseits drohte die Kirche zinsnehmenden Laien mit → Exkommunikation und Verweigerung des christlichen Begräbnisses (II. und III. Laterankonzil 1139 und 1179) und brandmarkte auf dem Konzil von Vienne 1311 jede Verteidigung des Wuchers als Häresie, andererseits erließ der Papst Ausnahmeregelungen (erlaubte z. B. 1425 den → Rentenkauf). Die Kirche verteidigte das Zinsverbot mit der aristotelischen Lehre von der → Unproduktivität des Geldes. – Milder als Luther urteilt Calvin über die moderne Geldwirtschaft. – Erst im 19. Jahrhundert praktisch aufgehoben. Zisterzienser(-Orden) (lat. Sacer ordo cisterciensis). Als Reformbewegung 1098 von Robert von Molesme im Benediktinerkloster Cîteaux gegründet, das zum Stammkloster der Zisterzienser wird. Der Zisterzienserorden wurde besonders von Bernhard von Clairvaux geprägt. Rückkehr zur Benediktinerregel (→ Personenverzeichnis: Benedikt von Nursia), strenge und einfache Lebensweise. Zwinglianismus. Auf Ulrich Zwingli (→ Personenverzeichnis) zurückgehende reformatorische Lehre. Die von Zürich ausgehende Reformation kam mit der Niederlage im zweiten Kappelerkrieg (1531), in dem Zwingli fiel, an die Grenzen ihrer Ausbreitung. Zwinglis Nachfolger Heinrich Bullinger (1504–1575) konnte dessen Theologie befördern und die Züricher Reformation konsolidieren. 1549 kam es mit dem Consensus Tigurinus zwischen der Genfer und der Zürcher Kirche zu einem gemeinsamen Bekenntnis. Auch wenn Zwinglis Ideen fortwirken, gewinnt der sich formierende Calvinismus in der Folge die Oberhand.

Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur

Aufgenommen sind die von Max Weber zitierten Schriften und Werke nach seinen biblio­ graphischen Angaben. Unvollständige Angaben sind, soweit möglich, für die erste Text­ fassung der „Protestantischen Ethik“ (1904/05) durch die in der Universitätsbibliothek Heidelberg vorhandenen Ausgaben oder Auflagen ergänzt. Ansonsten werden zeitnahe Ausgaben angeführt. Mit * gekennzeichnete Titel enthalten Marginalien Webers im betref­ fenden Exemplar der Universitätsbibliothek Heidelberg. Titel mit ** befanden sich im Pri­ vatbesitz Webers, heute Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München. Aufgenommen sind auch die Titel, die Max Weber vermutlich der Sekundärliteratur entnommen hat, sowie Literaturanspielungen (z. B. Goethe, Noten zum west-östlichen Divan). Nicht aufgenom­ men sind Inkunabeln und möglicherweise von Max Weber eingesehene Bibelausgaben (anders die von Weber zitierten Bibelausgaben). In Klammern stehen die von den Editoren benutzten Kurztitel. Bei mehreren Titeln eines Autors erfolgt die alphabetische Anordnung nach dem ersten sinntragenden Wort.

Adams, Thomas,  The Three Divine Sisters, Faith, Hope, and Charity, in: Adams, Works of the English Puritan Divines V, p.  1–19. (Adams, Three Divine Sisters) *–, The Three Divine Sisters, Faith, Hope, and Charity. – The Leaven; or, a Direc­ tion to Heaven. – A Crucifix; or, a Sermon upon the Passion. – Semper Idem; or, the Immutable Mercy of Jesus Christ. – Etc. etc. etc. With Introduction by W[il­ liam] H[endry] Stowell (Works of the English Puritan Divines [vol.  5]). – London, Edinburgh: Thomas Nelson 1847. (Adams, Works of the English Puritan Divines V ) Alberti, Leon Battista, Della famiglia, in: Opere volgari di Leon Batt[ista] Alberti, per la più parte inedite e tratte dagli autografi annotate e illustrate dal Anicio Bonucci, tomo II. – Firenze: Tipografia Galileiana 1844. (Alberti, Della famiglia) –,  Trattato del governo della famiglia di Leon Battista Alberti[,] reduzione del terzo libro della famiglia fatta dal medesimo autore per uso et utilità di Casa Pandolfini […], in: Opere volgari di Leon Batt[ista] Alberti […] dal Anicio Bonucci, tomo V. – Firenze: Tipografia Galileiana 1849, p.  115–227. (Alberti, Del governo della famiglia (per uso e utilità di Casa Pandolfini)) –, Trattato del governo della famiglia[,] riduzione del terzo libro della famiglia di Leon Battista Alberti[,] come da lui stesso la prima volta forse per la famiglia Pazzi veniva fatta, in: ebd., tomo V, p.  9 –113. (Alberti, Del governo della famiglia (per la famiglia Pazzi))

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Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur

[The] American Church History Series. – New York: The Christian Literature Co. – vol.  1: → Carroll, H[enry] K[ing], The Religious Forces of the United States […] (1893). – vol.  2: → Newman, A[lbert] H[enry], A History of the Baptist Churches […] (1894). The American Friend, ed. by Rufus M. Jones, vol. I ff. – Philadelphia: American Friend Publishing Company 1894 ff. (American Friend, ed. by Rufus M. Jones) *Applegarth, Albert C., Quakers in Pennsylvania (Johns Hopkins University Stu­ dies in Historical and Political Science, 10 th Series VIII–IX). – Baltimore: Johns Hopkins Press 1892. (Applegarth, Quakers in Pennsylvania) Arnold, Matthew, Culture and Anarchy. An Essay on Political and Social Criticism. – London: Nelson o. J. [ca. 1909 oder 1913] [dass., 1.  Aufl. – London: Smith, Elder and Co. 1869]. (Arnold, Culture and Anarchy) –,  St. Paul and Protestantism. With other essays, popular ed. – London: Smith, Elder, & Co. 1906 [dass. With an Introduction on Puritanism and the Church of England, ebd., 1870]. (Arnold, St. Paul) Arnold, Samuel Greene, History of the State of Rhode Island and Providence Plantations, vol. I: 1636–1700. – New York, London: D. Appleton & Company 1859. (Arnold, Rhode Island I) Ashley, W[illiam] J[ames], Birmingham Industry and Commerce. Reprinted from the Handbook of the British Association for the Advancement of Science Birming­ ham Meeting 1913. – Birmingham: Cornish Brothers Ltd 1913 [dass. in: A Hand­ book for Birmingham and the Neighbourhood. Prepared for the 83rd Annual Mee­ ting of the British Association for the Advancement of Science, ed. by George A. Auden, ebd., 1913, p.  3 53–364]. (Ashley, Birmingham Industry and Commerce) Aymon, [Jean,] Tous les Synodes Nationaux des Eglises Reformées de France. Auxquels on a joint des Mandemens Roiaux, et plusieurs lettres politiques […] (Actes Ecclesiastiques et Civils de tous les Synodes Nationaux des Eglises Reformées de France. En II Volumes). – La Haye: Charles Delo 1710. (Aymon, Synodes Nationaux I, II) Bailey → Bayli. [Baillie, Robert,] The Letters and Journals of Robert Baillie, ed. from the Author’s Manuscripts by David Laing. In 3 vols., vol. II. – Edinburgh: Robert Ogle 1841. (Baillie, Letters and Journals II) Baird, Henry M., History of the Rise of the Huguenots. In two volumes. – London: Hodder and Stoughton 1880. (Baird, Huguenots I, II)

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The Baptist Handbook, ed. and published by the Direction of the Baptist Union of Great Britain and Ireland. – London: Baptist Church House 1896 ff. [erschienen seit 1860]. (Baptist Handbook, 1896 ff.) Baptist Manuals: Historical and Biographical, ed. by George P. Gould, [erschie­ nen] vol. I und II. – London: Alexander and Shepheard 1895. (Baptist Manuals I, II) – vol.  2: → Culross, Hanserd Knollys. The Baptist Quarterly Review, vol.  4 –14, ed. by J. R. Baumes u. a. – Cincinnati: J. R. Baumes, New York: The Baptist Review Association 1882–1892. (Baptist Quarterly Review) Barclay, Robert, An Apology for the True Christian Divinity. As the same is Held Forth, and Preached, by the People, called in Scorn, Quakers: Being a Full Expla­ nation and Vindication of their Principles and Doctrines, by many Arguments, deduced from Scripture, and Right Reason, and the Testimonies of Famous Authors, both Ancient and Modern: With a full Answer to the strongest Objec­ tions usually made against them. The fourth Edition in English. – London: T. Sowle 1701. (Barclay, Apology) Barclay, Robert, The Inner Life of the Religious Societies of the Commonwealth. Considered principally with Reference to the Influence of Church Organization on the Spread of Christianity. – London: Hodder and Stoughton 1876. (Barclay, Inner Life) Bax, E[rnest] Belfort, Rise and Fall of the Anabaptists (The Social Side of the Reformation in Germany, Part III). – London: Swan Sonnenschein & Co., New York: The Macmillan Co. 1903. (Bax, Anabaptists) Baxter, Richard, A Christian Directory: Or, a Summ of Practical Theologie, and Cases of Conscience. Directing Christians, how to Use their Knowledge and Faith; How to improve all Helps and Means, and to Perform all Duties; How to Overcome Temptations, and to escape or mortifie every Sin. In Four Parts, I. Christian Ethicks (or private Duties), II. Christian Oeconomicks (or Family Duties), III. Christian Ecclesiasticks (or Church Duties), IV. Christian Politicks (or Duties to our Rulers and Neighbours). The Second Edition. – London: Printed by Robert White for Nevil Simmons 1678. (Baxter, Christian Directory I–IV ) –,  Ewige Ruhe der Heiligen → Baxter, The Saints’ Everlasting Rest, dt. –,  The Last Work of a Believer, his Passing Prayer, Recommending his Departing Spirit to Christ, to be received by him, in: Baxter, Works of the English Puritan Divines IV, p.  197–264. (Baxter, Last Work of a Believer) –, Life → [Baxter,] Reliquiae Baxterianae.

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–,  Making Light of Christ and Salvation, too of the Issue of Gospel Invitations. – A Call to the Unconverted to Turn and Live. – The last Work of a Believer; his Passing Prayer, Recommending his Departing Spirit to Christ, to be received by him. – Of the Shedding Abroad of God’s Love on the Heart by the Holy Ghost. With an Essay on his Life, Ministry, and Theology, by Thomas W. Jenkyn (Works of the English Puritan Divines [vol.  4]). – London, Edinburgh: Thomas Nelson 1846. (Baxter, Works of the English Puritan Divines IV ) –, Reliquiae Baxterianae: Or, Mr. Richard Baxter’s Narrative of The most Memorable Passages of his Life and Times, published by Matthew Sylvester [3 parts in one]. – London: T. Parkhurst u. a. 1696. (Baxter, Life I–III). –,  The Saints’ Everlasting Rest; or, a Treatise on the Blessed State of the Saints in their Enjoyment of God in Heaven. Abridged by Benjamin Fawcett. – London: William Tegg and Co. 1852. (Baxter, Saints’ Everlasting Rest) –,  dass. in: ders., Practical Works. With a Life of the Author, and a critical Examination of his Writings by William Orme, vol. XXII und XXIII. – London: James Duncan 1830. (Baxter, Saints’ Everlasting Rest, in: Practical Works XXII, XXIII) –,  dass. dt.: Die ewige Ruhe der Heiligen. Aus dem Englischen von Otto von Ger­ lach, 3.  Aufl. – Berlin: W. Thome 1840 [dass., 6.  Aufl. – Leipzig: J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung 1874]. (Baxter, Ewige Ruhe der Heiligen) –,  Works of the English Puritan Divines IV → Baxter, Making Light of Christ and Salvation. Bayli, Ludwig, Praxis Pietatis, Das ist: Ubung der Gottseligkeit, Erster Theil: Dar­ innen begriffen, wie ein Christgläubiger Mensch in wahrer Erkenntniß GOttes und seiner selbst zunehmen, sein Leben zubringen, und seliglich beschliessen könne; Erst in Englischer Sprache beschrieben […]. Hernach aus dem Engli­ schen in unsere Deutsche Sprache übersetzt. – Leipzig: Johann Friedrich Brauns 1724. (Bayli, Praxis pietatis I) Bayly, Lewis → Bayli, Ludwig. Becker, Bernhard, Zinzendorf und sein Christentum im Verhältnis zum kirchlichen und religiösen Leben seiner Zeit. Geschichtliche Studien, 2. wohlfeile Ausg. – Leipzig: Friedrich Jansa 1900. (Becker, Zinzendorf) Below, G[eorg] v., Die Ursachen der Reformation. Rede gehalten bei der Über­ nahme des Prorektorats (13. Mai 1916). – Freiburg i. Br. Ernst A. Günther 1916. (Below, Ursachen der Reformation) Bernstein, Ed[uard], Kommunistische und demokratisch-sozialistische Strömun­ gen während der englischen Revolution des 17. Jahrhunderts, in: Die Vorläufer

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des Neueren Sozialismus, 1.  Band, 2. Theil (Die Geschichte des Sozialismus in Einzeldarstellungen von E. Bernstein, C. Hugo, K. Kautsky, P. Lafargue, Franz Mehring, G. Plechanow). – Stuttgart: J. H. W. Dietz 1895, V. Abschnitt, S.  5 07–718. (Bernstein, Kommunistische Strömungen) [Beza, Theodor v.,] De praedestinationis doctrina et vero usu tractatio absolu­ tissima. Ex Th. Bezae praelectionibus in nonum Epistolae ad Romanos caput à Raphaele Eglino Tigurino Theologiae studioso in schola Geneuensi recens excepta […]. – [Genf:] Eustathius Vignon 1582. (Beza, De praedestinationis doctrina) La bibbia volgare. Secondo la rara edizione del I di ottobre MCCCCLXXI ristam­ pata per cura di Carlo Negroni (Collezione di opere inedite o rare dei primi tre secoli della lingua […]), vol. X e ultimo: Nuovo Testamento. – Bologna: Gaetano Romagnoli-Dall’ Acqua 1887. (Bibbia volgare) The Bibliotheca Sacra. A Religious and Sociological Quarterly, ed. by G. Fre­ derick Wright, vol.  57. – Oberlin, Ohio: Bibliotheca Sacra Company 1900. (Bi­bliotheca Sacra, 1900) Bielschowsky, Albert, Goethe. Sein Leben und seine Werke. In zwei Bänden, 2.  Band, 1. bis 3.  Aufl. – München: C. H. Beck, Oskar Beck 1904. (Bielschowsky, Goethe II) [Boileau, Étienne,] Les Métiers et corporations de la ville de Paris. XIIIe Siècle. Le Livre des Métiers D’Étienne Boileau, publié par René de Lespinasse et François Bonnardot (Histoire générale de Paris). – Paris: Imprimerie nationale 1879. (Boileau, Livre des métiers) Bonn, M[oritz] J[ulius], [Rez. Schulze-Gaevernitz,] Britischer Imperialismus und englischer Freihandel, in: Frankfurter Zeitung, 51. Jg., Nr.  9 8 vom 9. April 1907, 4. Mo.Bl., S. [1]. (Bonn, [Rez. Schulze-Gaevernitz,] Britischer Imperialismus) Borinski, Karl, Die Weltwiedergeburtsidee in den neueren Zeiten I: Der Streit um die Renaissance und die Entstehungsgeschichte der historischen Beziehungs­ begriffe Renaissance und Mittelalter. Vortrag am 2. November 1918 (Sitzungs­ berichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-philolo­ gische und historische Klasse, Jg. 1919, 1. Abh.). – München: Verlag der Baye­ rischen Akademie der Wissenschaften 1919. (Borinski, Weltwiedergeburtsidee) Brentano, Lujo, Die Anfänge des modernen Kapitalismus. Festrede gehalten in der öffentlichen Sitzung der K. Akademie der Wissenschaften am 15. März 1913. Nebst drei Exkursen: I. Begriff der Wandlungen der Wirtschaftseinheit, II. Der vierte Kreuzzug, III. Handel, Puritanismus, Judentum und Kapitalismus. – Mün­ chen: Verlag der K. B. Akademie der Wissenschaften 1916. (Brentano, Anfänge)

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Brodnitz, Georg, Englische Wirtschaftsgeschichte (Handbuch der Wirtschafts­ geschichte, Band 1). – Jena: Gustav Fischer 1918. (Brodnitz, Englische Wirtschaftsgeschichte) Brown, John, The English Puritans. – Cambridge: University Press 1910. (Brown, John, English Puritans) –, The Pilgrim Fathers of New England and their Puritan Successors, with an Introduction by A. E. Dunning, 3. American ed. – New York, Chicago, Toronto: Fleming H. Revell Company 1896. (Brown, John, Pilgrim Fathers) Brown, J[ohn] Newton, The Baptist Church Manual: containing The Declaration of Faith, Covenant, Rules of Order and Brief Forms of Church Letters. – Philadelphia: American Baptist Publication Society 1853. (Brown, J. Newton, Baptist Church Manual) Browne, Robert, A Treatise of Reformation without tarrying for anie, in: ders., A booke which sheweth the life and manners of all true Christians and howe vnlike they are vnto Turkes and Papistes, and heathen folke. […] Also there goeth a treatise before of reformation without tarying for anie, and of the wickednesse of those preachers, which will not refourme them selues and their charge, because they will tarie till the magistrate commaunde and compell them. – Middelburg: Richarde Painters (i.e. Richard Schilders) 1582 [dass.: Browne, Robert, A Trea­ tise of Reformation without tarrying for anie, ed. for the Congregational Histori­ cal Society […]. – London: Congregation Union of England and Wales 1903]. (Browne, A Treatise of Reformation) *Bryce, James, The American Commonwealth. In two volumes, 2nd Ed. revised. – London, New York: Macmillan and Co. 1890. (Bryce, American Commonwealth I, II) Buckle, Henry Thomas, History of Civilization in England, 2. vol. – London: Parker, Son, and Bourn 1861. (Buckle, History of Civilization II) –,  dass. dt.: Buckle, Heinrich Thomas, Geschichte der Civilisation in England. Mit Bewilligung des Verfassers übers. von Arnold Ruge, 2.  Band. – Leipzig und Heidelberg: C. F. Winter 1861. (Buckle, Geschichte der Civilisation II) Bunyan, John, The Jerusalem Sinner Saved. – The Pharisee and the Publican. – The Trinity and a Christian. – The Law and a Christian. – &c &c. To which is appen­ ded, An Exhortation to Peace and Unity. With Life of Bunyan by James Hamilton (Works of the English Puritan Divines [vol.  1]). – London: Thomas Nelson 1845. (Bunyan, Works of the English Puritan Divines I) –,  Of the Law and a Christian, in: Bunyan, Works of the English Puritan Divines I, p.  251–256. (Bunyan, Of the Law and a Christian)

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–,  The Pharisee and the Publican, in: Bunyan, Works of the English Puritan Divi­ nes I, p.  9 3–243. (Bunyan, Pharisee and Publican) –,  The Pilgrim’s Progress from this World to that which is to come (Collection of British Authors. Tauchnitz Edition, vol.  3 30). – Leipzig: Bernhard Tauchnitz 1855. (Bunyan, Pilgrim’s Progress) –,  Works of the English Puritan Divines I → Bunyan, The Jerusalem Sinner Saved. Burckhardt, Jacob, Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch [1860], 7., durchgearb. Aufl. von Ludwig Geiger, 1.  Band. – Leipzig: E. A. Seemann 1899. (Burckhardt, Cultur der Renaissance I) Burrage, Champlin, The Church Covenant Idea. Its Origin and its Development. – Philadelphia: American Baptist Publication Society 1904. (Burrage, Church Covenant Idea) –, The Early English Dissenters (1550–1641), 2 vols. – Cambridge: University Press 1912 (Burrage, Dissenters I, II) Busken Huet, C[onra]d, Het Land van Rembrand. Studien over de Noordneder­ landsche Beschaving in de zeventiende Eeuw, tweede […] Druk, Teile 1–2,2. – Haarlem: H. D. Tjeenk Willink 1886. (Busken Huet, Rembrand I, II/1 und II/2) –, dass. dt.: Busken-Huet, K[onrad], Rembrandt’s Heimath. Studien zur Geschichte der nordniederländischen Kultur im siebzehnten Jahrhundert. Auto­ risirte Übers. aus dem Holländischen von Marie Mohr, hg. von G[oswin] Frhr. von der Ropp, 2 Bände. – Leipzig: T. O. Weigel 1886/87. (Busken-Huet, Rembrandt’s Heimath I, II) Samuel Butlers Hudibras, ein satryisches Gedicht wider die Schwermer und Independenten, zur Zeit Carls des Ersten, in neun Gesängen. Aus dem Engli­ schen übersetzt. – Hamburg und Leipzig: o. V. 1765. Calvin, Jean, Commentarii in Iesaiam prophetam […] (Ioannis Calvini Noviodu­ nensis Opera omnia, T. III). – Amsterdam: Jan Jacobsz. Schipper 1671. (Calvin, Commentarii in Iesaiam) –,  Commentarius in Epistolam Pauli ad Romanos [1539], in: Corpus Reforma­ torum, vol. LXXVII (Ioannis Calvini opera […], vol. XLIX). – Braunschweig: C. A. Schwetschke und Sohn (Appelhans & Pfenningstorff) 1892, Sp.  1–292. (Calvin, Ad Romanos) –, Institutio Religionis Christianae [Editio Princeps 1536], in: Corpus Refor­ matorum, vol. XXIX (Ioannis Calvini opera […], vol. I). – Braunschweig: C. A. Schwetschke und Sohn (M. Bruhn) 1863, Sp.  1–251 [dass. im Original: Chri­

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stianae Religionis Institutio, totam fere pietatis summa […]. – Basel: o. V. [Thomas Platter und Balthasar Lasius] 1536]. (Calvin, Institutio (1536)) –, Institutio Religionis Christianae [1539–1554], in: Corpus Reformatorum, vol. XXIX, ebd., Sp.  253–1152. (Calvin, Institutio (1539–1554)) –, Institutio Religionis Christianae [Editio Postrema 1559], in: Corpus Refor­ matorum, vol.  XXX (Ioannis Calvini opera […], vol. II). – Braunschweig: C. A. Schwetschke und Sohn (M. Bruhn) 1864, Sp.  1–1118. (Calvin, Institutio (1559) = Calvin, Inst.) Cambridge Platform → Platform of Church-Discipline. Campbell, Douglas, The Puritan in Holland, England, and America. An Introduc­ tion to American History. In two volumes. – London: James R. Osgood, McIlvaine & Co. 1892 [dass. 2 vols., 4th Ed., revised and corrected. – New York und Lon­ don: Harper & Brothers 1902]. (Campbell, The Puritan in Holland, England, and America I, II) Carlyle, Thomas, Oliver Cromwell’s Letters and Speeches. With Elucidations. In four volumes (Centenary Edition. The Works of Thomas Carlyle. In thirty volumes, vol. VI/I–IX/IV). – London: Chapman and Hall 1897. (Carlyle, Cromwell’s Letters and Speeches I–IV ) Carroll, H[enry] K[ing], The Religious Forces of the United States. Enumerated, classified, and described on the basis of the Government Census of 1890. With an Introduction on the Condition and Character of American Christianity, revised 1896 […] (The American Church History Series, vol.  1). – New York: The Christian Literature Co. 1893 [dass., Returns for 1900 and 1910 compared with the Govern­ ment Census of 1890, revised and brought down to 1910. – New York: Charles Scribner’s Sons 1912]. (Carroll, Religious Forces) Charnock, Stephen, The Chief of Sinners Objects of the Choicest Mercy. – The Knowledge of Christ Crucified. – Self Examination. – The Pardon of Sin. – Delight in Prayer. – &c. With an Essay on his life and writings by W. Symington (Works of the English Puritan Divines [vol.  6]). – London, Edinburgh: Thomas Nelson 1847. (Charnock, Works of the English Puritan Divines VI) –, Self-Examination, in: Charnock, Works of the English Puritan Divines VI, p.  159–180. (Charnock, Self-Examination) Clarkson, Thomas, A Portraiture of the Christian Profession and Practice of the Society of Friends, 3. ed. – Glasgow: Robert Smeal, London: Blackie and Son 1869 [1.  Aufl.: A portraiture of Quakerism […], 3 vols. – New York: Samuel Stans­ bury 1806]. (Clarkson, Portraiture)

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Collections of the Massachusetts Historical Society. For the Year 1792 ff., ed. by the Society. – Boston: Apollo Press by Belknop and Hall 1792 ff. (Collections of the Massachusetts Historical Society) A Confession of Faith, put forth by the Elders and Brethren of Many Congrega­ tions of Christians, (Baptised upon Profession of Their Faith,) In London and the Country. Adopted by The Baptist Association, met at Philadelphia, September 25, 1742. – West-Chester, PA: Simeon Siegfried 1827. ([Philadelphia] Confession of Faith, West-Chester, PA, 1827) Cornelius, C[arl] A[dolph], Geschichte des Münsterischen Aufruhrs in drei Büchern, 1. Buch: Die Reformation; 2. Buch: Die Wiedertaufe [3. Buch nicht erschienen]. – Leipzig: T. O. Weigel 1855–1860. (Cornelius, Münsterischer Aufruhr I, II) Cramer, S[amuel], Art. Menno Simons, in: RE3, 12.  Band. – Leipzig: J. C. Hinrichs 1903, S.  5 86–594. (Cramer, Art. Menno Simons) –,  Art. Mennoniten, in: RE3, ebd., S.  594–616. (Cramer, Art. Mennoniten) Crosby, Tho[mas], The History of the English Baptists, from the Reformation to the Beginning of the Reign of King George I., 4 vols. – London: o. V. [Printed for the Author] 1738–1740. (Crosby, English Baptists I–IV ) Culross, James, Hanserd Knollys[,] “A Minister and Witness of Jesus Christ” 1598–1691 (Baptist Manuals: Historical and biographical, ed. by George P. Gould [vol.  2]). – London: Alexander and Shepheard 1895. (Culross, Hanserd Knollys) **Dantes Göttliche Komödie in deutschen Stanzen frei bearb. von Paul Pochham­ mer. – Leipzig: B.G. Teubner 1901. (Dante, Göttliche Komödie) [Defoe, Daniel,] The genuine works of Mr. Daniel D’Foe […], a satyr, containing thirty nine scarce and valuable tracts, upon many curious and uncommon sub­ jects […], vol. I. – London: o. V., o. J. [1710]. (Defoe, The genuine works I) –,  Giving alms no charity, And Employing the poor. A Grievance to the nation, Being an essay Upon this Great Question, Whether Work-Houses, Corporations, and Houses of Correction for Employing the Poor, as now practis’d in England […] are not mischievous to the Nation […]. – London: 1704. (Defoe, Giving alms no charity) Denifle, Heinrich, Luther und Lutherthum in der ersten Entwickelung quellenmä­ ßig dargestellt, 1.  Band. – Mainz: Franz Kirchheim 1904. (Denifle, Luther) Dexter, Henry Martyn, The Congregationalism of the last three hundred years, as seen in its literature. With special reference to certain recondite, neglected,

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or disputed passages. In twelfe lectures […]. With a Bibliographical Appendix. – New York: Harper & Brothers 1880. (Dexter, Congregationalism) –,  The True Story of John Smyth, the Se-Baptist. As told by himself and his con­ temporaries […]. – Boston: Lee and Shepard 1881. (Dexter, John Smyth) Döllinger, Ignaz v., und Reusch, Fr[anz] Heinrich, Geschichte der Moralstreitig­ keiten in der römisch-katholischen Kirche seit dem sechzehnten Jahrhundert mit Beiträgen zur Geschichte und Charakteristik des Jesuitenordens. Auf Grund ungedruckter Aktenstücke, 2 Bände. – Nördlingen: C. H. Beck 1889. (Döllinger/ Reusch, Moralstreitigkeiten I, II) Dowden, Edward, Puritan and Anglican. Studies in Literature. – London: Kegan Paul, Trench, Trübner & Co. 1900. (Dowden, Puritan and Anglican) *Doyle, J[ohn] A[ndrew], The English in America, [vol.  1:] Virginia, Maryland, and the Carolinas; [vol.  2 und 3:] The Puritan Colonies. – London: Longmans, Green, and Co. 1882–1887. (Doyle, The English in America I–III) Dupin de Saint-André, A[rmand], L’ancienne église réformée de Tours. Les Mem­ bres de l’Église, in: Bulletin historique et littéraire, ed. Société de l’histoire du Protestantisme français, tome I, Quatrième série, dixième année. – Paris: Agence centrale de la Société 1901, p.  7–24. (Dupin, Église réformée de Tours) [Eck, Johann,] Bibel. Alt und new Testament/ nach dem Text in der hailigen kir­ chen gebraucht/ durch doctor Johan Ecken/ mit fleiß/ auf hohteutsch/ verdol­ metscht. – Ingolstadt: Georg Krapff 1537. (Eck (1537)) Eger, Karl, Die Anschauungen Luthers vom Beruf. Ein Beitrag zur Ethik Luthers. – Giessen: J. Ricker (Alfred Töpelmann) 1900. (Eger, Anschauungen Luthers vom Beruf) Eibach, R[udolf], John Milton als Theologe, in: Theologische Studien und Kritiken. Eine Zeitschrift für das gesamte Gebiet der Theologie, […] hg. von J. Köstlin und E. Riehm, [52.] Jahrgang, 4. Heft. – Gotha: Friedrich Andreas Perthes 1879, S.  705–732. (Eibach, Milton) Emiliani-Giudici, Paolo, Storia dei Comuni Italiani, volume terzo: Documenti. – Florenz: Felice le Monnier 1866. (Emiliani-Giudici, Storia III) Erlanger Ausgabe → Luther, Sämmtliche Werke. Erlanger Ausgabe. Faugère, Prosper, Pensées. Fragments et lettres de Blaise Pascal, tome premier. – Paris: Andrieux 1844. (Faugère, [Pascal,] Pensées I).

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Firth, C[harles] H[arding], Cromwell’s Army. A History of the English Soldier during the Civil Wars, the Commonwealth and the Protectorate. Being the Ford Lectures Delivered in the University of Oxford in 1900–1. – London: Methuen & Co. 1902. (Firth, Cromwell’s Army) [Fleischütz, Joseph,] Die Heilige Schrift nach der uralten, gemeinen, von der katholischen Kirche bewährten Übersetzung, deutsch hg., 4.  Band. – Fulda: Johann Jakob Stahel 1781. (Fleischütz, Bibelübersetzung) Francke, August Hermann, Lectiones Paraeneticae, Oder Oeffentliche Anspra­ chen/ An die Studiosos Theologiae auf der Vniuersität zu Halle, in dem so genann­ ten Collegio Paraenetico, in welchen dieselben, nach Abhandlung verschiedener nöthigen und nützlichen Materien, zu einer wahren Bekehrung, zu einem exem­ plarischen Wandel, und zur ordentlichen und weislichen Art zu studiren, erwecket und aufgemuntert sind, IV. Theil, hg. von Gotthilf August Francke. – Halle: im Waysen-Hause 1731. (Francke, Lectiones Paraeneticae IV ) –,  Von der Christen Vollkommenheit [1691], in: ders., Oeffentliches Zeugniß vom Werck/ Wort und Dienst GOttes, Teil 3. – Halle 1702, S.  190–192. (Francke, Von der Christen Vollkommenheit) Franklin, Benjamin, Advice to a young tradesman. Written in the year 1748, in: The Works of Benjamin Franklin. Containing several political and historical tracts not included in any former edition […], ed. by Jared Sparks, vol.  2. – Boston: Hillard, Gray, and Company 1840, p.  87–89. (Franklin, Advice) Franklin, Autobiographie → Franklin, Sein Leben. –,  Necessary hints to those that would be rich. Written in the year 1736, in: ebd., p.  8 0 f. (Franklin, Necessary hints) **–, Sein Leben, von ihm selbst beschrieben. Mit einem Vorwort von Berthold Auerbach und einer historisch-politischen Einleitung von Friedrich Kapp. – Stutt­ gart: Aug. Berth. Auerbach 1876. (Franklin, Sein Leben) **Freytag, Gustav, Bilder aus der deutschen Vergangenheit, 4.  Band: Aus neuer Zeit (1700–1848), 11.  Aufl. – Leipzig: S. Hirzel 1879. (Freytag, Bilder IV ) The Friends’ Library: Comprising Journals, Doctrinal Treatises, and Other Wri­ tings of Members of the Religious Society of Friends, vol.  1, ed. by William Evans and Thomas Evans. – Philadelphia: Printed by Joseph Rakestraw, for the editors 1837. (Friends’ Library I) Froude, James Anthony, Bunyan (English Men of Letters, ed. by John Morley). – London, New York: Macmillan and Co. 1895. (Froude, Bunyan)

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Fruin, R[obert], Tien jaren uit den tachtigjarigen oorlog 1588–1598, 5.  Aufl. – ’s Gravenhage: Martinus Nijhoff 1899. (Fruin, Tien jaren) Füßli, Johann Conrad, Beyträge zur Erläuterung der Kirchen-Reformations-Ge­ schichten des Schweitzerlandes […], 1. Theil. – Zürich: Conrad Orell und Comp., Leipzig: Joh. Fried. Gleditsch 1741. (Füßli, Beyträge I) Gardiner, Samuel Rawson (Ed.), The Constitutional Documents of the Puritan Revolution 1628–1660. – Oxford: Clarendon Press 1889 [*dass. 1625–1660, 2nd ed., revised and enlarged, ebd., 1899, dass., 3rd ed., revised, ebd., 1906]. (Gardiner, Constitutional Documents) –,  The Fall of the Monarchy of Charles I. 1637–1649, vol. I: 1637–1640. – London: Longmans, Green, and Co. 1882. (Gardiner, Fall of the Monarchy I) –,  History of the Commonwealth and Protectorate 1649–1660, 3 vols. – London, New York and Bombay: Longmans, Green, and Co., vol.  1, 2. ed. 1897, vol.  2 –3 1897–1901. (Gardiner, Commonwealth I2, II, III) [Gebhardt, Hermann,] Zur bäuerlichen Glaubens- und Sittenlehre. Von einem thüringischen Landpfarrer, 2., vermehrte Aufl. – Gotha: Gustav Schloeßmann 1890. (Gebhardt, Glaubens- und Sittenlehre) Goethe, Johann Wolfgang v., Ethisches. Maximen und Reflexionen, in: Goethe’s Werke. Nach den vorzüglichsten Quellen rev. Ausg., 19. Theil: Sprüche in Prosa, hg. und mit Anm. versehen von G. von Loeper. – Berlin: Gustav Hempel o. J. [1870]. (Goethe, Ethisches. Maximen und Reflexionen, Hempel’sche Ausgabe) –,  Faust. Eine Tragödie [1.  Theil], in: Goethes Werke, hg. im Auftrage der Groß­ herzogin Sophie von Sachsen, 1. Abth., 14.  Band. – Weimar: Hermann Böhlau 1887 (Goethe, Faust I) –, Noten und Abhandlungen zu besserem Verständniß des West-östlichen Divans, in: Goethes Werke, hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sach­ sen, 1. Abth., 7.  Band. – Weimar: Hermann Böhlau 1888 (Goethe, Noten zum West-östlichen Divan) –,  Wilhelm Meisters Wanderjahre oder die Entsagenden [2. Theil], in: Goethes Werke, hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen, 1. Abth., 25.  Band: 1. Abth. – Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger 1895. (Goethe, Wanderjahre) Gothein, Eberhard, Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes und der angren­ zenden Landschaften, hg. von der Badischen historischen Kommission, 1.  Band: Städte- und Gewerbegeschichte [2.  Band nicht erschienen]. – Straßburg: Karl J. Trübner 1892. (Gothein, Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes)

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Groen van Prinsterer, G[uillaume], Handboek der Geschiedenis van het Vader­ land. – Eerste – Vierde Gedeelte, Derde Druk. – Amsterdam: H. Höveker 1863– 1865. (Groen van Prinsterer, Geschiedenis van het Vaderland) –,  La Hollande et l’influence de Calvin. – [s’Gravenhage:] H. P. de Swart et fils 27 Mai 1864. (Groen van Prinsterer, La Hollande) –,  Le parti anti-révolutionnaire et confessionnel dans l’église réformée des PaysBas. Étude d’histoire contemporaine, deuxième edition. – Amsterdam: H. Höveker [u. a.] 1860. (Groen van Prinsterer, Le parti anti-révolutionnaire) Grubb, Edward, Social Aspects of the Quaker Faith. – London: Headley Brothers 1899. (Grubb, Social Aspects) Albrecht Hallers Tagebücher seiner Reisen nach Deutschland, Holland und Eng­ land 1723–1727, mit Anm. hg. von Ludwig Hirzel. – Leipzig: S. Hirzel 1883. (Haller, Tagebücher) Hanna, Charles A., The Scotch-Irish or the Scot in North Britain, North Ireland, and North America, 2 vols. – New York: G. P. Putnam’s sons, London: Knicker­ bocker Press 1902. (Hanna, Scotch-Irish I, II) Harnack, Adolf, Der Wert der Arbeit nach urchristlicher Anschauung, in: Evange­ lisch-Sozial. Mitteilungen des Evangelisch-sozialen Kongresses, 14. Folge vom 25. März 1905, Nr.  3/4. – Berlin: Alexander Duncker 1905, S.  4 8 f. (Harnack, Wert der Arbeit) Hasbach, W[ilhelm], Zur Charakteristik der englischen Industrie, in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, hg. von Gustav Schmoller. – Leipzig: Duncker & Humblot, [I.] 26. Jg., 2. Heft, 1902, S.  1–50 [455–504], [II.] 3. Heft, S.  117–164 [1015–1062]; [III.] 27. Jg., 2. Heft, 1903, S.  1–73 [349–421]. (Hasbach, Charakteristik) Heidegger, Joh[ann] Heinrich, Corpus Theologiae Christianae, exhibens Doc­ trinam Veritatis, quae secundum pietatem est […], adeoque sit plenissimum Theologiae didacticae, elenchticae, moralis et historicae, tomus posterior. – Zürich: Joh. Heinrich Bodmer 1700. (Heidegger, Corpus Theologiae II) **Hellpach, Willy, Grundlinien einer Psychologie der Hysterie. – Leipzig: Wilhelm Engelmann 1904. (Hellpach, Grundlinien) –, Nervosität und Kultur (Kulturprobleme der Gegenwart, hg. von Leo Berg, Band V). – Berlin: Johannes Räde 1902. (Hellpach, Nervosität und Kultur) Henry, Matthew, Daily Communion with God. – Christianity no Sect. – The Sab­ bath. – The Promises of God. – The Worth of the Soul. – A Church in the House.

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With Life of Henry by James Hamilton (Works of the English Puritan Divines [vol.  8]). – London: Thomas Nelson 1847. (Henry, Works of the English Puritan Divines VIII) –,  The Worth of the Soul, in: Henry, Works of the English Puritan Divines VIII, p.  3 09–320. (Henry, Worth of the Soul) Heppe, Heinrich, Die Dogmatik der evangelisch-reformirten Kirche dargestellt und aus den Quellen belegt (Schriften zur reformirten Theologie von Heinrich Heppe, Band II). – Elberfeld: R. L. Friderichs 1861. (Heppe, Dogmatik) *–, Geschichte des Pietismus und der Mystik in der Reformirten Kirche, nament­ lich der Niederlande. – Leiden: E. J. Brill 1879. (Heppe, Pietismus) Hermelink, Heinrich, Reformation und Gegenreformation (Handbuch der Kir­ chengeschichte, hg. von Gustav Krüger, 3. Teil). – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1911. (Hermelink, Reformation und Gegenreformation) Hertling, Georg Freiherr von, Das Princip des Katholicismus und die Wissen­ schaft. Grundsätzliche Erörterungen aus Anlaß einer Tagesfrage. – Freiburg i. Br.: Herder 1899 [2.–4., unveränd. Aufl., ebd., 1899]. (Hertling, Prinzip des Katholizismus) *Hoenig, Fritz, Oliver Cromwell, 3 Bände in vier Theilen. – Berlin: Friedrich Luck­ hardt 1887–1889. (Hoenig, Cromwell I/1, I/2, II/3 und III/4) Hoennicke, Gustav, Studien zur altprotestantischen Ethik. – Berlin: C.  A. Schwetschke und Sohn 1902. (Hoennicke, Studien) Hoffmann, Hermann Edler von, Das Kirchenverfassungsrecht der niederlän­ dischen Reformierten bis zum Beginne der Dordrechter Nationalsynode von 1618/19. – Leipzig: C. L. Hirschfeld 1902. (Hoffmann, Kirchenverfassungsrecht) Hofmann, Rudolf, Art. Baptisten, in: RE3, 2.  Band, 1897, S.  3 85–393. (Hofmann, Art. Baptisten) Hogerzeil, H[endrikus] V[redenrijk], De kerkelijke strijd te Amsterdam, No. 1. De stand der kwestie, No. 2. De revolutie gereglementeerd, No. 3. De voorloopige schorsing. [Tweede druk.] – Amsterdam: F. W. Egeling 1886. (Hogerzeil, De kerkelijke strijd te Amsterdam I–III) Hönig → Hoenig. Honigsheim, Paul, Die Staats- und Sozial-Lehren der französischen Jansenisten im 17. Jahrhundert. – Heidelberg: Carl Pfeffer 1914. (Honigsheim, Jansenisten)

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Hoornbeek, Johannes, Theologia Practica. Pars Prior und Tomus Alter. – Utrecht: Heinrich Versteeg 1663–1666. (Hoornbeek, Theologia practica I, II) Howe, Daniel Wait, The Puritan Republic of The Massachusetts Bay in New Eng­ land. – Indianapolis: The Bowen-Merrill Company Publishers 1899. (Howe, Puritan Republic) *Howe, John, Man’s Enmity against God, in: Howe, Works of the English Puritan Divines III, p.  215–238. (Howe, Man’s Enmity against God) –,  The Redeemer’s Tears wept over lost Souls. – Union among Protestants. – Carnality of Religious Contention. – Man’s Enmity to God. – And Reconciliation between God and Man. With life of the author by W. Urwick (Works of the English Puritan Divines [vol.  3]). – London: Thomas Nelson 1846. (Howe, Works of the English Puritan Divines III) Hundeshagen, K[arl] B[ernhard], Beiträge zur Kirchenverfassungsgeschichte und Kirchenpolitik insbesondere des Protestantismus, 1.  Band – Wiesbaden: Julius Niedner 1864. (Hundeshagen, Beiträge I) Huyghens, Constantyn → Worp, Constantyn Huygens over de schilders van zijn tijd. Irving, Washington, Bracebridge Hall, in: The Works of Washington Irving, vol. III. – London: Bell & Daldy 1868/71, p.  170–174. (Irving, Bracebridge Hall) Jacoby, L[udwig] S., Geschichte des Methodismus, seiner Entstehung und Ausbreitung in den verschiedenen Theilen der Erde. Nach authentischen Quel­ len bearbeitet, 2 Theile. – Bremen: Verlag des Tractathauses 1870. (Jacoby, Geschichte des Methodismus I, II) *–, Handbuch des Methodismus, enthaltend die Geschichte, Lehre, das Kir­ chenregiment und eigenthümliche Gebräuche desselben. Nach authentischen Quellen bearbeitet. – Bremen: Joh. Georg Heyse 1853. (Jacoby, Handbuch des Methodismus) James, William, The Varieties of Religious Experience. A Study in Human Nature. Being the Gifford Lectures on Natural Religion Delivered at Edinburgh in 1901–1902. – New York, London and Bombay: Longmans, Green and Co. 1902. (James, Varieties) Janeway, James, Heaven upon Earth, in: Janeway, Works of the English Puritan Divines VII, p.  3 5–304. (Janeway, Heaven upon Earth)

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–,  Heaven upon Earth; or, Jesus the Best Friend of Man. With History of the Jane­ way Familly by F. A. Cox (Works of the English Puritan Divines [vol.  7]). – London: Thomas Nelson 1847. (Janeway, Works of the English Puritan Divines VII) **Jaspers, Karl, Psychologie der Weltanschauungen. – Berlin: Julius Springer 1919. (Jaspers, Psychologie der Weltanschauungen) Jenkyn, Thomas W., An Essay on Baxter’s Life, Ministry, and Theology, in: Baxter, Works of the English Puritan Divines IV, p. i–lviii. (Jenkyn, Essay on Baxter’s Life) Jones, Rufus M. (Ed.), George Fox. An Autobiography, 2 vols. – Philadelphia: Ferris & Leach 1903. (Jones, George Fox I, II) Jülicher, Adolf, Die Gleichnisreden Jesu, 2. Teil: Auslegung der Gleichnisreden der drei ersten Evangelien. – Freiburg i. B., Leipzig und Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1899. (Jülicher, Gleichnisreden II) Jüngst, Johannes, Amerikanischer Methodismus in Deutschland und Robert Pearsell Smith. Skizze aus der neuesten Kirchengeschichte. Mit einem Vorwort von W. Krafft. – Gotha: Friedrich Andreas Perthes 1875. (Jüngst, Amerikanischer Methodismus) –,  [= dass.] Der Methodismus in Deutschland. Beitrag zur neuesten Kirchenge­ schichte in zwei Abtheilungen, 2.  Aufl. – Gotha: Friedrich Andreas Perthes 1877. (Jüngst, Methodismus in Deutschland I, II) Kahl, Wilhelm, Die Lehre vom Primat des Willens bei Augustinus, Duns Scotus und Descartes. – Straßburg: K. J. Trübner 1886. (Kahl, Die Lehre vom Primat des Willens bei Augustinus, Duns Scotus und Descartes) Kampschulte, F[ranz] W[ilhelm], Johann Calvin. Seine Kirche und sein Staat in Genf, 1.  Band; 2.  Band, nach dem Tode des Verfassers hg. von Walter Goetz. – Leipzig: Duncker & Humblot 1869–1899. (Kampschulte, Calvin I, II) Kattenbusch → Kawerau. Kautsky, Karl, Von Plato bis zu den Wiedertäufern, in: Die Vorläufer des Neueren Sozialismus (Die Geschichte des Sozialismus in Einzeldarstellungen von E. Bern­ stein, C. Hugo, K. Kautsky, P. Lafargue, Franz Mehring, G. Plechanow), 1.  Band, 1. Theil. – Stuttgart: J. H. W. Dietz 1895. (Kautsky, Wiedertäufer) Kawerau, [Gustav,] Art. Sektenwesen in Deutschland, in: RE3, 18.  Band, 1906, S.  157–166. (Kawerau, Art. Sektenwesen in Deutschland) Keller, Franz, Unternehmung und Mehrwert. Eine sozial-ethische Studie zur Geschäftsmoral (Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im katho­

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lischen Deutschland, Sektion für Rechts- und Sozialwissenschaft, Heft 12). – Paderborn: Schöningh 1912. (Keller, Unternehmung und Mehrwert) Keller, Gottfried, Die drei gerechten Kammacher, in: ders., Gesammelte Werke, 4.  Band: Die Leute von Seldwyla. Erzählungen. – Berlin: Wilhelm Hertz 1889, S.  215–265. (Keller, Die drei gerechten Kammacher) Klages, Ludwig, Prinzipien der Charakterologie. – Leipzig: Johann Ambrosius Barth 1910. (Klages, Charakterologie) Köhler, August, Die Niederländische Reformirte Kirche. Characterisirende Mittheilungen über ihren dermaligen Zustand, hg. im Auftrag […] der Dorner-BachStiftung in Bonn. – Erlangen: Andreas Deichert 1856. (Köhler, Niederländische Kirche) **Köhler, W[alther], Ein Wort zu Denifle’s Luther. – Tübingen und Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1904. (Köhler, Denifle) Kolde, Th[eodor], Die Augsburgische Konfession lateinisch und deutsch, kurz erläutert. Mit fünf Beilagen. – Gotha: Friedrich Andreas Perthes 1896. (Kolde, Augsburgische Konfession) –, Der Methodismus und seine Bekämpfung. Ein Vortrag auf der bayrischen Pastoralconferenz zu Erlangen am 23. Juni 1886 gehalten. – Erlangen: Andreas Deichert 1886. (Kolde, Methodismus) **Köster, Adolf, Die Ethik Pascals. Eine historische Studie. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1907. (Köster, Ethik Pascals) Köstlin, J[ulius], Art. Gott, in: RE3, 6.  Band, 1899, S.  779–802. (Köstlin, Art. Gott) Kürnberger, Ferdinand, Der Amerika-Müde. Amerikanisches Kulturbild. – Frank­ furt a. M.: Meidinger Sohn & Cie. 1855. (Kürnberger, Der Amerika-Müde) Kuyper, A[braham], Het conflict gekomen, I. Complot en Revolutie. – Amsterdam: J. H. Kruyt 1886. (Kuyper, Het conflict gekomen I) –, Het dreigend conflict. Memorie van de gevolmachtigde commissie uit den Amsterdamschen kerkeraad ter voorlichting der Gemeente in zake de Attesten. – Amsterdam: J. H. Kruyt 1886. (Kuyper, Dreigend conflict) –,  Separatie en Doleantie. – Amsterdam: J. A. Wormser 1890. (Kuyper, Separatie) **Lamprecht, Karl, Deutsche Geschichte, 2. Abt.: Neuere Zeit. Zeitalter des indi­ viduellen Seelenlebens, 3.  Band, 1. Hälfte (Der ganzen Reihe 7.  Band, 1. Hälfte). – Freiburg i. Br.: Hermann Heyfelder 1905. (Lamprecht, Deutsche Geschichte VII/1)

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–,  Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalter. Untersuchung über die Entwick­ lung der materiellen Kultur des platten Landes auf Grund der Quellen des Mosel­ landes, Bände I/1, I/2, II und III. – Leipzig: Dürr 1886. (Lamprecht, Wirtschaftsleben I–III) Laveleye, Émil de, Le Protestantisme et le Catholicisme dans leurs rapports avec la liberté et la prospérité des peuples. Étude d’économie sociale, in: Revue de Belgique, 7. Jg., tome XIX. – Brüssel: C. Muquardt 1875, p.  5 –41 [dass., auch als selbständige Publikation, ebd. 1875; dass. engl.: Laveleye, Émile de, Protestan­ tism and Catholicism in their bearing upon the Liberty and Prosperity of Nations. A study of Social Economy. With an introductory letter by W. E. Gladstone. – Lon­ don: John Murray 1875; dass. dt.: Protestantismus und Katholizismus in ihren Beziehungen zur Freiheit und Wohlfahrt der Völker. Autorisierte dt. Ausg. mit Vorwort von J. C. Bluntschli. – Nördlingen: C. H. Beck’sche Buchhandlung 1875]. (Laveleye, Protestantisme et Catholicisme) Law, William, A Serious Call to a Devout and Holy Life. Adapted to the State and Condition of All Orders of Christians. – London: William Innys 1729. (Law, Serious Call) Lemme, L[udwig], Art. Beruf, irdischer, in: RE3, 2.  Band, 1897, S.  652–657. (Lemme, Art. Beruf) Leonard, E. M., The early history of English poor relief. – Cambridge: University Press 1900. (Leonard, English poor relief) Levy, Hermann, Die Grundlagen des ökonomischen Liberalismus in der Geschichte der englischen Volkswirtschaft. – Jena: Gustav Fischer 1912. (Levy, Ökonomischer Liberalismus) –,  Studien über das englische Volk II–IV, in: AfSSp, 46.  Band, 3. Heft. – Tübin­ gen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1918/1919, S.  6 36–690. (Levy, Studien über das englische Volk) Livre des métiers → Boileau, Les métiers et corporations […]. Lobstein, P[aul], Zum evangelischen Lebensideal in seiner lutherischen und reformierten Ausprägung, in: Theologische Abhandlungen. Eine Festgabe zum 17. Mai 1902 für Heinrich Julius Holtzmann […]. – Tübingen und Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1902, S.  159–181. (Lobstein, Evangelisches Lebensideal) Long, J. C., [Rez. Dexter,] The true story of John Smyth, the Se-Baptist, in: The Baptist Quarterly Review, vol. V. – Cincinnati: J. R. Baumes 1883, p.  1–23. (Long, [Rez. Dexter,] John Smith)

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Loofs, [Friedrich,] Art. Methodismus, in: RE3, 12.  Band, 1903, S.  747–801. (Loofs, Art. Methodismus) Lorimer, George C., The Baptists in History. With an Introduction of the Parliament of Religions. – Boston: Silver, Burdett & Company 1893. (Lorimer, Baptists) [Löscher, Valentin Ernst,] Nachricht von dem Weysen-Hause zu Glauche an Halle, in: [ders.,] Unschuldige Nachrichten. Von Alten und Neuen Sachen/ Büchern/ Uhrkunden/ Controversien […]. Auf das Jahr 1707. – Leipzig: Jo. Großens sel. Erben und Jo. Friedrich Braun 1709, S.  8 98–905. (Löscher, Nachricht von dem Weysen-Hause) –,  „Timotheus Verinus“ → Löscher, Nachricht von dem Weysen-Hause. Luthardt, Chr[istoph] Ernst, Die Ethik Luthers in ihren Grundzügen. – Leipzig: Dörffling und Franke 1867. (Luthardt, Ethik Luthers) Luther, Martin, Auslegung des 7. Kapitels der I. Epistel St. Pauli an die Korin­ ther. 1523, in: Luther, Erlanger Ausgabe, 51.  Band, 1852, S.  1–69 [WA 12, S.  [88] 95–142]. (Luther, 1 Korinther 7) –,  Auslegung des 111. Psalms. 1530, in: Luther, Erlanger Ausgabe, 40.  Band, 1846, S.  192–239 [WA 31/I, S. [384] 393–426]. (Luther, 111. Psalm) –,  An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Bes­ serung. 1520, in: Luther, Erlanger Ausgabe, 21.  Band, 1832, S.  274–360 [WA 6, S.  381–469]. (Luther, Christlicher Adel) –,  Von den Conciliis und Kirchen. 1539, in: Luther, Erlanger Ausgabe, 25.  Band, 1830, S.  219–388 [WA 50, S. [488] 509–654]. (Luther, Conciliis und Kirchen) –,  Erlanger Ausgabe → Dr. Martin Luther’s sämmtliche Werke. *–, Von der Freiheit eines Christenmenschen. 1520, in: Luther, Erlanger Ausgabe, 27.  Band, 1833, S.  173–199 [WA 7, S.  12–38 deutsch, S.  49–73 lat.]. (Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen) –,  In Genesin Enarrationum, in: D. Martini Lutheri Exegetica opera latina, tomus IV: cap. XVI–XIX, ed. Christoph Stephan Gottlieb Elsperger. – Erlangen: Carl Heyder 1829 [hier WA 42]. (Luther, Genesisexegese IV ) –, dass., in: ebd., tomus VII: cap. XXVI–XXX, ed. Christoph Stephan Gottlieb Elsperger, ebd., 1831 [hier WA 43]. (Luther, Genesisexegese VII) –,  dass., in: ebd., tomus VIII: cap.  X XXI–XXXV, ed. Christoph Stephan Gottlieb Elsperger, ebd., 1831 [hier WA 44]. (Luther, Genesisexegese VIII)

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–, Großer Sermon vom Wucher. Anno 1519, in: Luther, Erlanger Ausgabe, 20.  Band, 1829, S.  8 9–122 [WA 6, S. [33] 36–60]. (Luther, Großer Sermon vom Wucher) –, Kirchenpostille. II. Predigten über die Evangelien, in: Luther, Erlanger Aus­ gabe, 10.  Band, 1827 [WA 10/I/1]. (Luther, Kirchenpostille) –,  1 Korinther 7 → Luther, Auslegung des 7. Kapitels der I. Epistel St. Pauli an die Korinther. –,  Kurzes Bekenntniß Doctor Martin Luthers vom heiligen Sacrament. 1545, in: Luther, Erlanger Ausgabe, 32.  Band, 1842, S.  3 96–425 [WA 54, S. [119] 141–167]. (Luther, Kurzes Bekenntniß) –,  111. Psalm → Luther, Auslegung des 111. Psalms. –, Der 117. Psalm. Ausgelegt 1530, in: Luther, Erlanger Ausgabe, 40.  Band, 1846, S.  280–328 [WA 31/I, S. [219] 223–257]. (Luther, 117. Psalm) Dr. Martin Luther’s sämmtliche Werke, 1.  Aufl. – Erlangen: Carl Heyder 1826 ff. (Luther, Erlanger Ausgabe) –  Band 10, 1827 → Luther, Kirchenpostille. –  Band 20, 1829 → Luther, Großer Sermon vom Wucher. –  Band 25, 1830 → Luther, Conciliis und Kirchen. –  Band 27, 1833 → Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen. –  Band 40, 1846 → Luther, Auslegung des 111. Psalms. – Band 51, 1852 → Luther, Auslegung des 7. Kapitels der I. Epistel St. Pauli an die Korinther. –, De servo arbitrio Martini Lutheri ad D. Erasmum Roterodamum. 1525, in: D. Martini Lutheri opera latina varii argumenti ad reformationis historiam impri­ mis pertinentia, tomus VII. – Frankfurt a. M., Erlangen: Heyder & Zimmer 1873, S.  113–368 [WA 18, S. [551] 600–787]. (Luther, De servo arbitrio) Macaulay, Thomas Babington, John Bunyan. (May 1854.), in: ders., The Miscel­ laneous Writings. In two volumes, vol. II. – London: Longman, Green, Longman, and Roberts 1860, p.  227–243. (Macaulay, Bunyan) –,  Milton. (August, 1825), in: ders., Critical and Historical Essays, contributed to the Edinburgh Review. Copyright ed. in 5 vols., vol.  1 (Collection of British Authors, vol.  185). – Leipzig: Bernhard Tauchnitz 1850, p.  1–61. (Macaulay, Milton) Machiavelli, Niccolò, Florentinische Geschichten. Übers. von Alfred Reumont, 1. Theil. – Leipzig: F. A. Brockhaus 1846. (Machiavelli, Florentinische Geschichten I)

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Macphail, W[illiam] M[erry], The Presbyterian Church. A brief account of its doc­ trine, worship, and polity. – London: Hodder and Stoughton 1908. (Macphail, Presbyterian Church) Maliniak, J[ulian], Die Entstehung der Exportindustrie und des Unternehmerstan­ des in Zürich im XVI. und XVII. Jahrhundert (Zürcher Volkswirtschaftliche Stu­ dien, hg. von [Heinrich] Sieveking, 2. Heft). – Zürich und Leipzig: Rascher & Cie. 1913. (Maliniak, Exportindustrie) Manley, Thomas, Usury at six per Cent, examined, and found unjustly charged by Sir Tho[mas] Culpepper, and J. C. with many Crimes and Oppressions, whereof ‘tis altogether innocent […]. – London: Thomas Ratcliffe, and Thomas Daniel 1669. (Manley, Usury at six per cent) Marcks, Erich, Gaspard von Coligny. Sein Leben und das Frankreich seiner Zeit, 1.  Band, 1. Hälfte. – Stuttgart: J. G. Cotta 1892. (Marcks, Coligny) Massachusetts Historical Collections → Collections of the Massachusetts Historical Society; → Records of the Governor and Company of the Massachusetts Bay in New England. Masson, David, The Life of John Milton: Narrated in Connexion with the Political, Ecclesiastical, and Literary History of His Time, 6 vols. – London: Macmillan and Co., vol.  1, 2. ed. 1875, vol.  2 –6 1871–1880. (Masson, Milton I–VI) Maurenbrecher, Max, Thomas von Aquino’s Stellung zum Wirtschaftsleben sei­ ner Zeit. Einleitung und erster Teil als Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Philosophischen Doktorwürde eingereicht. – Leipzig: J. J. Weber 1898. (Maurenbrecher, Thomas von Aquino) Menno Simons, Dat fundament des Christelycken leers: op dat alder corste geschreuen. – o. O.: o. V. [1539/40] [= dass., hg. von Hendrik W. Meihuizen. – Den Haag: Nijhoff 1967; u.d.T. der 2.  Aufl.: Een fundament en klare aenwysinge […], in: Menno Simons, Opera omnia theologica. – Amsterdam: Joannes van Veen 1681]. (Menno Simons, Dat fundament des Christelycken leers) Merx, Adalbert, Die vier kanonischen Evangelien nach ihrem ältesten bekannten Texte […], 2. Teil, 2. Hälfte. – Berlin: Georg Reimer 1905. (Merx, Die vier kanonischen Evangelien II/2) Milton, John, Pro populo anglicano defensio. Contra Claudii Anonymi, alias Sal­ masii, Defensionem Regiam. – London: Du Gardianis 1651. (Milton, Pro populo anglicano defensio)

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–,  dass. dt.: [Vertheidigung des englischen Volkes], in: Politische Hauptschriften. Übers. und mit Anm. versehen von Wilhelm Bernhardi, 1.  Band. – Berlin: Erich Koschny (L. Heimann’s Verlag) 1874, S.  163–321. (Milton, Vertheidigung) –,  Das verlorene Paradies. Ein Gedicht in zwölf Gesängen. Deutsch von Adolf Böttger (Reclams Universal Bibliothek Nr.  2191/2192). – Leipzig: Philipp Reclam jun. o. J. [1. Auflage 1883–1886]. (Milton, Das verlorene Paradies) Mirbt, Carl, Art. Pietismus, in: RE3, 15.  Band, 1904, S.  774–815. (Mirbt, Art. Pietismus) **[Montesquieu,] De L’Esprit des lois par Montesquieu avec les notes de Voltaire, de Crevier, de Mably, de la Harpe, etc. Nouvelle Éd. […] – Paris: Garnier Frères, Libraires-Éditeurs 1869. (Montesquieu, Esprit des lois) Morgenblatt für gebildete Leser → Die Quäker in London. Müller, E. F. Karl, Die Bekenntnisschriften der reformierten Kirche. In authen­ tischen Texten mit geschichtlicher Einleitung und Register. – Leipzig: A. Dei­ chert’sche Verlagsbuchhandlung Nachf. (Georg Böhme) 1903. (Müller, E. F. Karl, Bekenntnisschriften) Müller, Karl, Kirchengeschichte, 1.  Band; 2.  Band, 1. Halbband (Grundriß der Theologischen Wissenschaften, 4. Teil). – Tübingen und Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1892–1902 [**Anastatischer Nachdruck Band 1, 1905, Band 2/1, 1911]. (Müller, Kirchengeschichte I, II/1) Murch, Jerom, A History of the Presbyterian and General Baptist Churches in the West of England; with Memoirs of some of their Pastors. – London: Hunter 1835. (Murch, Presbyterian and General Baptist Churches) Murray, James A. H., s.v. calling, in: A New English Dictionary on Historical Prin­ ciples. Founded mainly on the materials collected by the Philological Society, vol.  2. – Oxford: Clarendon Press 1893, p.  3 8 f. (Murray, s.v. calling) Muthmann, Arthur, Psychiatrisch-theologische Grenzfragen. Historisches und Kritisches, in: Zeitschrift für Religionspsychologie. Grenzfragen der Theologie und Medizin, hg. von Joh. Bresler und Gustav Vorbrodt. – Halle a. S.: Carl Mar­ hold 1907, Band I, Heft 2, S.  49–88. (Muthmann, Psychiatrisch-theologische Grenzfragen) Naber, J[ean] C[harles], Calvinist of Libertijnsch? (1572–1631). – Utrecht: J. L. Beijers 1884. (Naber, Calvinist) Neal, Daniel, The History of the Puritans; or, Protestant Nonconformists; from the Reformation in 1517 to the Revolution in 1688. Comprising an Account of their

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Principles, their Attempts for a Farther Reformation in the Church, their Sufferings and the Lives and Characters of their Most Considerable Divines. A new ed., 5 vols. – London: William Baynes & Son 1822. (Neal, Puritans I–V ) Neumann, Carl, Rembrandt. – Berlin und Stuttgart: W. Spemann 1902. (Neumann, Rembrandt) Newman, A[lbert] H[enry], A History of the Baptist Churches in the United States (American Church History Series [vol.  2]). – New York: The Christian Literature Co. 1894. (Newman, Baptist Churches) [Nowell, Alexander,] Catechismus, siue prima institutio, disciplina’que pietatis Christianae. Latinè explicate. – London: Reginald Wolfe 1570. (Nowell, Catechismus) Nuyens, W[illem] J[ohannes] F[ranciscus], Geschiedenis der kerkelijke en poli­ tieke geschillen in de Republiek der zeven vereenigde provincien, voornamelijk gedurende het twaalfjarig bestand (1589–1625), [Teil] I und II. – Amsterdam: C. L. van Langenhuysen 1886/87. (Nuyens, Geschiedenis I, II) Offenbacher, Martin, Konfession und soziale Schichtung. Eine Studie über die wirtschaftliche Lage der Katholiken und Protestanten in Baden (Volkswirtschaft­ liche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, hg. von Carl Johannes Fuchs, Gerhard von Schulze-Gävernitz, Max Weber, 4.  Band, 5. Heft). – Tübingen und Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1900 [dass., S.  1–30 und 71–76, als Inaugu­ ral-Dissertation. – Tübingen: H. Laupp 1901]. (Offenbacher, Konfession) Olevian, Caspar, De Svbstantia Foederis Gratviti inter Devm et Electos, item­ que de Mediis, qvibus ea ipsa svbstantia nobis commvnicatvr, 2 Bände. – Genf: Eustathius Vignon 1585. (Olevian, De substantia foederis I, II) Owen, John, An Enquiry Into the Original, Nature Institution, Power, Order and Communion of Evangelical Churches → Owen, True Nature of a Gospel Church. –,  The True Nature of a Gospel Church and its Government […]. – London: Wil­ liam Marshall 1689. (Owen, True Nature of a Gospel Church) Pariser Livre des métiers → Boileau, Les métiers et corporations […]. Parker, Henry, A Discourse concerning Puritans. A vindication of those, who uniustly suffer by the mistake, abuse, and misapplication of that Name. A Tract necessary and usefull for these Times. – London: Robert Bostock 1641. (Parker, Discourse concerning Puritans)

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Pearson, A[ndrew] F[orett] Scott, Der älteste englische Presbyterianismus. – Edinburgh: T. and A. Constable 1912 [Inaugural-Diss. Universität Heidelberg, Theologische Fakultät]. (Pearson, Presbyterianismus) Petty, William, Political Arithmetick, Or A Discourse Concerning The Extent and Value of Lands […]. – London: Robert Clavel 1691. (Petty, Political Arithmetick) *Pierson, A[llard], Studien over Johannes Kalvijn, Folge 1: (1527–1536), Folge 2: Nieuwe Studiën […] (1536–1541), Folge 3: Studiën […] (1540–1542). – Amster­ dam: P. N. van Kampen & Zoon 1881–1891. (Pierson, Studien I–III) A Platform of Church-Discipline: Gathered out of the Word of God, and agreed upon by the Elders and Messengers of the Churches assembled in the Synod at Cambridge in New-England. – Printed in New-England, and Reprinted in London: Peter Cole 1653. (Cambridge Platform, 1653) *Plitt, Hermann, Zinzendorfs Theologie, 1.  Band: Die ursprüngliche gesunde Lehre Zinzendorfs, 1723–1742; 2.  Band: Die Zeit krankhafter Verbildungen in Zin­ zendorfs Lehrweise, 1743–1750; 3.  Band: Die wiederhergestellte und abschlie­ ßende Lehrweise Zinzendorfs, 1750–1760. – Gotha: Friedrich Andreas Perthes 1869–1874. (Plitt, Zinzendorfs Theologie I–III) *Polenz, Gottlob von, Geschichte des französischen Calvinismus bis zur Natio­ nalversammlung i. J. 1789. Zum Theil aus handschriftlichen Quellen, 5 Bände. – Gotha: Friedrich Andreas Perthes 1857–1869. (Polenz, Calvinismus I–V ) *Price, Thomas, The History of Protestant Nonconformity in England, from the Reformation under Henry VIII., 2 vols. – London: William Ball 1838. (Price, History of Protestant Nonconformity I, II) Pruner, [Johann Evangelist von,] Art. Ascese, Ascetik, Ascetische Schriften, in: Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon oder Encyklopädie der katholischen Theolo­ gie und ihrer Hülfswissenschaften, 1.  Band, 2.  Aufl. – Freiburg i. Br.: Herder’sche Verlagshandlung 1882, Sp.  1460–1469. (Pruner, Art. Ascese) Prynne, William, A Short Demurrer to the Jewes Long discontinued Remitter into England […]. – London: Edward Thomas 1656 [2. ed., ebd., 1656]. (Prynne, A Short Demurrer to the Jewes) Publications of the Hanserd Knollys Society → Underhill, Confessions of Faith. [Ohne Verfasser,] Die Quäker in London, in: Morgenblatt für gebildete Leser, 40. Jg., Nr.  216–219 vom 9.–12. Sept. 1846, S.  8 61, 867, 870 f. und 873 f. (o. V., Die Quäker in London)

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Rachfahl, Felix, Kalvinismus und Kapitalismus, in: Internationale Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik, begr. von Friedrich Althoff, hg. von Paul Hinneberg, 3. Jg., Nr.  3 9 vom 25. Sept. 1909, Sp.  1217–1238; dass. (Fortset­ zung), Nr.  4 0 vom 2. Okt. 1909, Sp.  1249–1268; dass. (Fortsetzung), Nr.  41 vom 9. Okt. 1909, Sp.  1287–1300; dass. (Fortsetzung), Nr.  42 vom 16. Okt. 1909, Sp.  1319–1334; dass. (Schluß), Nr.  4 3 vom 23. Okt. 1909, Sp.  1347–1367 (MWG I/9, S.  521–572). (Rachfahl, Kalvinismus) –,  Nochmals Kalvinismus und Kapitalismus, in: Internationale Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik, hg. von Paul Hinneberg, 4. Jg., 1910, Nr.  22 vom 28. Mai, Sp.  6 89–702; dass. (Fortsetzung), Nr.  23 vom 4. Juni, Sp.  717–734; dass. (Fortsetzung), Nr.  24 vom 11. Juni, Sp.  755–768; dass. (Schluß), Nr.  25 vom 18. Juni, Sp.  775–796 (MWG I/9, S.  625–664). (Rachfahl, Nochmals Kalvinismus) Ranke, Leopold, Englische Geschichte vornehmlich im sechzehnten und sieb­ zehnten Jahrhundert, 7 Bände. – Berlin: Duncker & Humblot 1859–1868. (Ranke, Englische Geschichte I–VII) Records of the Governor and Company of the Massachusetts Bay in New Eng­ land. Printed in Order of the Legislature, ed. by Nathaniel B. Shurtleff, 5 vols. – Boston: William White 1853/54. (Massachusetts Records I, II, III, IV/1, IV/2, V ) Reitsma, J[ohannes], en van Veen, S[ietse] D[ouwe], Acta der Provinciale en Particuliere Synoden, gehouden in de Noordelijke Nederlanden gedurende de Jaren 1572–1620. – Groningen: J. B. Wolters 1892–1899. (Reitsma, Acta I–VIII) –  Eerste Deel: Noord-Holland 1572–1608 (1892). –  Tweede deel: Noord-Holland 1618–1620, Zuid-Holland 1571–1592 (1893). –  Derde deel: Zuid-Holland 1593–1620 (1894). –  Vierde deel: Gelderland 1579–1620 (1895). –  Vijfde deel: Zeeland 1579–1620. Overijsel 1584–1620 (1896). –  Zesde deel: Friesland 1581–1620. – Utrecht 1586–1620 (1897). –  Zevende deel: Groningen 1595–1620 (1898). –  Achtste deel: Drente 1598–1620 (1899). Rieker, Karl, Grundsätze reformierter Kirchenverfassung. – Leipzig: C. L. Hirsch­ feld 1899. (Rieker, Reformierte Kirchenverfassung) Ritschl, Albrecht, Ueber die Begriffe: sichtbare und unsichtbare Kirche. 1859, in: ders., Gesammelte Aufsätze [Band 1]. – Freiburg i. B. und Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1893, S.  6 8–99. (Ritschl, Begriffe: Sichtbare und unsichtbare Kirche) –,  Die christliche Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung, 1.  Band: Die Geschichte der Lehre; 2.  Band: Der biblische Stoff der Lehre; 3.  Band: Die posi­

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tive Entwickelung der Lehre, 3.  Aufl. – Bonn: Adolph Marcus 1889/1889/1888. (Ritschl, Rechtfertigung und Versöhnung I–III) –,  Geschichte des Pietismus, 1.  Band: Der Pietismus in der reformirten Kirche; 2. und 3.  Band: Der Pietismus in der lutherischen Kirche des 17. und 18. Jahr­ hunderts, 2 Abth. – Bonn: Adolph Marcus 1880–1886. (Ritschl, Pietismus I–III) –, Rechtfertigung und Versöhnung → Ritschl, Die christliche Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung. Rodbertus, Karl, Untersuchungen auf dem Gebiet der Nationalökonomie des klassischen Altertums. II. Zur Geschichte der römischen Tributsteuern seit Augustus, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, hg. von Bruno Hil­ debrand, 4.  Band. – Jena: Friedrich Mauke 1865, S.  3 41–427. (Rodbertus, Zur Geschichte der römischen Tributsteuern II) Rogge, H[endrik] C[ornelis], Johannes Wtenbogaert en zijn tijd, tweede deel. – Amsterdam: Y. Rogge 1875. (Rogge, Wtenbogaert II) Roloff, Gustav, Moritz von Oranien und die Begründung des modernen Heeres, in: Preußische Jahrbücher, hg. von Hans Delbrück, 111.  Band. – Berlin: Georg Stilke 1903, S.  255–276. (Roloff, Moritz von Oranien) Rowntree, John Stephenson, Quakerism, Past and Present: Being an Inquiry into the Causes of its Decline in Great Britain and Ireland. – London: Smith, Elder and Co. 1859. (Rowntree, Quakerism) Sack, Karl Heinrich, Die Kirche von Schottland. Beiträge zu deren Geschichte und Beschreibung, 2 Theile. – Heidelberg: Karl Winter 1844/45. (Sack, Kirche von Schottland I, II) Sanford, John Langton, Studies and Illustrations of the Great Rebellion. – London: John W. Parker and Son 1858. (Sanford, Great Rebellion) Schäfer, Dietrich, Zur Beurtheilung des Wormser Konkordats, in: Philosophische und Historische Abhandlungen der Königlich Preußischen Akademie der Wis­ senschaften. Aus dem Jahre 1905. – Berlin: Verlag der Königlichen Akademie der Wissenschaften 1905, S.  1–94. (Schäfer, Wormser Konkordat) Scheibe, Max, Calvins Prädestinationslehre. Ein Beitrag zur Würdigung der Eigenart seiner Theologie und Religiosität. – Halle a. S.: Max Niemeyer 1897. (Scheibe, Calvins Prädestinationslehre) Schell, Herman, Der Katholicismus als Princip des Fortschritts. – Würzburg: Andreas Göbel 1897 [7.  Aufl., 1899]. (Schell, Katholizismus)

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Schmidt, Walther Eugen, Nationale Jugend, in: Preußische Jahrbücher, hg. von Hans Delbrück, 112.  Band. – Berlin: Georg Stilke 1903, S.  226–248. (Schmidt, Nationale Jugend) Schmoller, Gustav, Zur Geschichte der national-ökonomischen Ansichten in Deutschland während der Reformations-Periode, in: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft, 16.  Band. – Tübingen: Laupp’sche Buchhandlung 1860, S.  4 61–716. (Schmoller, National-ökonomische Ansichten) Schneckenburger, M[atthias], Vergleichende Darstellung des lutherischen und reformirten Lehrbegriffs. Aus dem handschriftlichem Nachlasse zusammen­ gestellt und hg. durch Eduard Güder, 2 Theile. – Stuttgart: J. B. Metzler 1855. (Schneckenburger, Vergleichende Darstellung I, II) *–, Vorlesungen über die Lehrbegriffe der kleineren protestantischen Kirchenparteien. Aus dem handschriftlichen Nachlass hg. von Karl Bernhard Hundes­ hagen. – Frankfurt a. M.: H. L. Brönner 1863. (Schneckenburger, Kirchenparteien) Schortinghuis, Wilhelmus, Het innige Christendom tot overtuiginge van onbege­ nadigde, bestieringe en opwekkinge van begenadigde zielen, in desselfs aller­ innigste en wesentlikste deelen gestaltelik en bevindelik voorgestelt in t’zamen­ spraken. – Groningen: Jurjen Spandaw 1740. (Schortinghuis, Het innige Christendom) Schulte, Aloys, Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischen Westdeutschland und Italien mit Ausschluß von Venedig, Band I: Darstellung. – Leipzig: Duncker & Humblot 1900. (Schulte, Geschichte des mittelalterlichen Handels I) Schulze-Gaevernitz, G[erhart] v., Britischer Imperialismus und englischer Freihandel zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. – Leipzig: Duncker & Hum­ blot 1906. (Schulze-Gaevernitz, Britischer Imperialismus) Sedgwick, Obadiah, Buß- und Gnaden-Lehre/ Oder Der verlohrene und wieder­ gefundene Sohn/ […] Aus dem Englischen übersetzet Und anitzo zum andernmal mit Fleiß übersehen/ auch vieler Orten verbessert/ Durch Franciscum Christia­ num Rötcher. – Frankfurt und Leipzig: Jeremias Schrey und Hinrich Joh. Meyer 1689. (Sedgwick, Buß- und Gnaden-Lehre) Seeberg, R[einhold], Art. Askese, in: RE3, 2.  Band, 1897, S.  134–142. (Seeberg, Art. Askese) –,  Lehrbuch der Dogmengeschichte, 1. Hälfte: Die Dogmengeschichte der alten Kirche; 2. Hälfte: Die Dogmengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit. – Erlangen und Leipzig: A. Deichert’sche Verlagsbuchhandlung Nachf. (Georg Böhme) 1895–1898. (Seeberg, Dogmengeschichte I, II)

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Seiss, Joseph A., The Baptist system examined. A review of Richard Fuller and others on “Baptism and the Terms of Communion.” New ed. – Philadelphia: Gene­ ral Council Publication House 1907 [dass. 1854, 2. ed. 1858, 3. ed. 1859, new ed. 1883]. (Seiss, Baptist system examined) A Selection from the Christian Advices Issued by the Yearly Meeting of the Society of Friends, held in London. From its Early Establishment to the Present Time, 6. ed., enlarged. – London: Edward Marsh 1851. (Society of Friends, Christian Advices) Seneca, De beneficiis libri VII, in: L. Annaei Senecae opera quae supersunt, vol. I fasc. II, ed. Carolus Hosius. – Leipzig: B. G. Teubner 1900. (Seneca, De beneficiis) Sharpless, Isaac, A Quaker Experiment in Government. History of Quaker Govern­ ment in Pennsylvania, 1682–1783. Popular Edition, 2 vols. in one. – Philadelphia: Ferris & Leach 1902. (Sharpless, Quaker Experiment I, II) Shaw, William A., A History of the English Church during the Civil Wars and under the Commonwealth 1640–1660, vol. II. – London, New York and Bombay: Long­ mans, Green, and Co. 1900. (Shaw, History of the English Church II) Simmel, Georg, Philosophie des Geldes. – Leipzig: Duncker & Humblot 1900. (Simmel, Philosophie des Geldes) Skeats, Herbert S., A History of the Free Churches of England from A.D. 1688 to A.D. 1851. – London: Arthur Miall 1868. (Skeats, Free Churches) Smend, Rudolf, Griechisch-syrisch-hebräischer Index zur Weisheit des Jesus Sirach. – Berlin: Georg Reimer 1907. (Smend, Index) –, Die Weisheit des Jesus Sirach. Mit Unterstützung der Königlichen Gesell­ schaft der Wissenschaften in Göttingen. – Berlin: Georg Reimer 1906. (Smend, Weisheit des Jesus Sirach) Smith, Adam, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, 2 vols., vol. I. – London: W. Strahan, and T. Cadell 1776. (Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations I) –,  dass. dt.: Natur und Ursachen des Volkswohlstandes. Neu übersetzt von Wil­ helm Loewenthal, 1.  Band. – Berlin: Elwin Staude 1879. (Smith, Natur und Ursachen I) **Sombart, Werner, Der Bourgeois. Zur Geistesgeschichte des modernen Wirt­ schaftsmenschen. – München und Leipzig: Duncker & Humblot 1913. (Sombart, Bourgeois)

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**–, Die deutsche Volkswirtschaft im Neunzehnten Jahrhundert (Das Neunzehnte Jahrhundert in Deutschlands Entwicklung, hg. von Paul Schlenther, Band VII). – Berlin: Georg Bondi 1903. (Sombart, Deutsche Volkswirtschaft) **–,  Die Juden und das Wirtschaftsleben. – Leipzig: Duncker & Humblot 1911. (Sombart, Juden) –,  Der moderne Kapitalismus, 1.  Band: Die Genesis des Kapitalismus, 2.  Band: Die Theorie der kapitalistischen Entwicklung. – Leipzig: Duncker & Humblot 1902. (Sombart, Der moderne Kapitalismus I, II) –, dass. Historisch-systematische Darstellung des gesamteuropäischen Wirt­ schaftslebens von seinen Anfängen bis zur Gegenwart, 1.  Band: Einleitung – Die vorkapitalistische Wirtschaft – Die historischen Grundlagen des modernen Kapitalismus, 2.  Band: Das europäische Wirtschaftsleben im Zeitalter des Früh­ kapitalismus vornehmlich im 16., 17. und 18. Jahrhundert, 2 Halbbände, 2., neu­ gearbeitete Aufl. – München und Leipzig: Duncker & Humblot 1916/17 [dass., 3. unveränderte Aufl., 1.  Band, 2 Halbbände, 2.  Band, 2 Halbbände 1919]. (Sombart, Der moderne Kapitalismus I2, II2 /1 und II2 /2) Southey, Robert, The Life of Wesley and the Rise and Progress of Methodism, ed. by J. A. Atkinson. – London, New York: Frederick Warne and Co. 1889 [1st. ed., 2 vols., London: Longman u. a. 1820]. (Southey, Life of Wesley) *Spangenberg, August Gottlieb, Idea Fidei Fratrum oder kurzer Begrif der Christ­ lichen Lehre in den evangelischen Brüdergemeinen. – Barby: Christian Friedrich Laux, Leipzig: Weidmanns Erben und Reich 1782. (Spangenberg, Idea fidei fratrum) Sparks, Works of Franklin → Franklin, Advice, und Franklin, Necessary hints. *Spener, Philipp Jacob, Consilia et iudicia theologica latina: opus posthumum, ex ejusdem litteris singulari industria ac fide collectum, et in tres partes dividum, nunc in usum ecclesiae publicatum. – Frankfurt a. M.: Joh. David Zunner & Joh. Adam Jungen 1709. (Spener, Consilia theologica) –, Pia Desideria: Oder Hertzliches Verlangen/ Nach Gottgefälliger Besserung der wahren Evangelischen Kirchen […]. – Frankfurt a. M.: Joh. Dav. Zunners S. Erb. und Johann Adam Jungen 1712. (Spener, Pia desideria) –, Theologische Bedencken und andere Brieffliche Antworten auf geistliche/ sonderlich zur erbauung gerichtete materien/ zu unterschiedenen zeiten aufge­ setzet/ endlich auf langwieriges Anhalten Christlicher Freunde in einige Ordnung gebracht/ und nun zum dritten mal heraus gegeben, 4 Theile. – Halle: in Verle­ gung des Waysen-Hauses 1712–1715. (Spener, Theologische Bedenken I–IV )

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Stern, Alfred, Milton und seine Zeit, 2 Theile, 4 Bücher. – Leipzig: Duncker & Humblot 1877–1879. (Stern, Milton I/1, I/2, II/3, II/4) Strieder, Jakob, Studien zur Geschichte kapitalistischer Organisationsformen. Monopole, Kartelle und Aktiengesellschaften im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit. – München, Leipzig: Duncker & Humblot 1914. (Strieder, Studien zur Geschichte kapitalistischer Organisationsformen) Joannis Tauleri des seligen lerers Predig/ fast fruchtbar zu eim recht christlichen leben […]. – Basel: o. V. 1521. (Tauler, Predigten, Basler Ausg. 1521) Tayler, John James, A Retrospect of the Religious Life of England: or the Church, Puritanism, and Free Inquiry. – London: John Chapman 1845. (Tayler, Retrospect) ˋ . A Discourse of the Liberty of Pro­ Taylor, Ier[emy], ΘΕΟΛΟΓÍΑ ἘΚΛΕΚΤΙΚΗ phesying. Shewing the Unreasonableness of prescribing the other mens Faith, and the Iniquity of persecuting differing opinions. – London: R. Royston 1647. (Taylor, Liberty of prophesying) Temple, William, Observations upon the United Provinces of the Netherlands, 6. ed., corrected and augmented. – London: Jacob Tonson 1693. (Temple, Observations upon the United Provinces of the Netherlands) Tholuck, A[ugust], Vorgeschichte des Rationalismus, 2. Theil: Das kirchliche Leben des 17. Jahrhunderts bis in die Anfänge der Aufklärung, 2 Abth. – Berlin: Wiegandt und Grieben 1861/62. (Tholuck, Vorgeschichte II/1, II/2) Thomas, Allen C., and Thomas, Richard H., A History of the Society of Friends in America. – Philadelphia: John C. Winston & Co. 1895. (Thomas/Thomas, Society of Friends) Sancti Thomae Aquinatis Quaestiones Disputatae cum Quolibetis […], in: ders., Opera Omnia, tomus IX, vol.  2. – Parma: Pietro Fiaccadori 1859. (Thomas von Aquin, Opera Omnia IX/2) –,  Summa theologica diligenter emendata Nicolai, Sylvii, Billuart & C.-J. Drioux notis ornata, tomus quartus. – Barri-Ducis: Guerin 1869. (Thomas von Aquin, Summa theologica, tomus IV ) –,  Summa theologica […], tomus quintus. – Barri-Ducis: Guerin 1869. (Thomas von Aquin, Summa theologica, tomus V ) Troeltsch, Ernst, [Rez.] Hoennicke, G., Studien zur altprotestantischen Ethik. Ber­ lin (Schwetschke u. Sohn) 1902, in: Göttingische gelehrte Anzeigen. Unter der Aufsicht der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften, 164. Jg., 2.  Band, Nr.  8. –

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Berlin: Weidmannsche Buchhandlung 1902, S.  577–583 [KGA 4, S.  217–223]. (Troeltsch, [Rez.] Hoennicke) –, Art. Moralisten, englische, in: RE3, 13.  Band, 1903, S.  436–461 [KGA 3]. (Troeltsch, Art. Moralisten) –,  [Rez.] Seeberg, R., Lehrbuch der Dogmengeschichte, Zweite Hälfte: Die Dog­ mengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit. Erlangen 1899, in: Göttingi­ sche gelehrte Anzeigen. Unter der Aufsicht der Königl. Gesellschaft der Wissen­ schaften, 163. Jg., 1.  Band, Nr.  1. – Berlin: Weidmannsche Buchhandlung 1901, S.  15–30 [KGA 4, S.  87–111]. (Troeltsch, [Rez.] Seeberg) –,  Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen (Gesammelte Schrif­ ten, Band 1). – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1912 [dass., Anastatischer Neudr. der Ausg. von 1912, ebd., 1919; KGA 9]. (Troeltsch, Soziallehren) –,  Vernunft und Offenbarung bei Johann Gerhard und Melanchthon. Untersu­ chung zur Geschichte der altprotestantischen Theologie. – Göttingen: Vanden­ hoeck & Ruprecht 1891 [KGA 1, S.  73–338]. (Troeltsch, Vernunft und Offenbarung) Tyerman, L[uke], The Life and Times of the Rev. John Wesley, Founder of the Methodists, 3 vols. – London: Hodder and Stoughton 1870/71. (Tyerman, Wesley I–III) Ulrich, F[riedrich], Die Vorherbestimmungslehre im Islam und Christentum. Eine religionsgeschichtliche Parallele (Beiträge zur Förderung christlicher Theologie, 16. Jg., Heft 4). – Gütersloh: C. Bertelsmann 1912. (Ulrich, Vorherbestimmungslehre) Underhill, Edward Bean (Ed.), Confessions of Faith, and other Public Documents illustrative of the History of the Baptist Churches of England in the 17th Century, edited for the Hanserd Knollys Society. – London: Haddon, Brothers, and Co. 1854. (Underhill, Confessions of Faith) Unwin, George, Industrial Organization in the Sixteenth and Seventeenth Centu­ ries. – Oxford: Clarendon Press 1904. (Unwin, Industrial Organization) Usher, Roland G., The Presbyterian Movement in the Reign of Queen Elizabeth. As illustrated by the Minute Book of the Dedham Classis 1582–1589 [Cam­ den Series, 3,8]. – London: Royal Historical Society 1905. (Usher, Presbyterian Movement) Veblen, Thorstein, The Theory of Business Enterprise. – New York: Charles Scrib­ ner’s Sons 1904. (Veblen, Business Enterprise)

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Vedder, Henry C., A Short History of the Baptists, revised ed. – Philadelphia: American Baptist Publication Society 1897. (Vedder, Baptists) Vischer, Friedrich Theod[or], Kritische Gänge, 1.  Band – Tübingen: Ludwig Fried­ rich Fues 1844. (Vischer, Kritische Gänge I) Gisberti Voetii Politicae Ecclesiasticae partis primae. Libro duo Priores. – Amster­ dam: Joannis à Waesberge 1663. (Voet, Politica Ecclesiastica I/1–2) –,  Selectarum Disputationum theologicarum, pars quarta. – Amsterdam: Johan­ nes Janssonius à Waesberge 1667. (Voet, Selectae disputationes theologicae IV ) Wagner, Richard, Der Ring des Nibelungen. Bühnenfestspiel, Erster Tag: Die Walküre, in: ders., Gesammelte Schriften und Dichtungen, 6.  Band, 4.  Aufl. – Leipzig: C. F. W. Siegel 1907, S.  1–84. (Wagner, Ring des Nibelungen/Walküre). Ward, Frank G., Darstellung und Würdigung der Ansichten Luthers vom Staat und seinen wirtschaftlichen Aufgaben (Sammlung nationalökonomischer und stati­ stischer Abhandlungen des staatswissenschaftlichen Seminars zu Halle a. d. S., hg. von Joh[annes] Conrad, 21.  Band). – Jena: Gustav Fischer 1898. (Ward, Darstellung) Warneck, G[ustav], Abriß einer Geschichte der protestantischen Missionen von der Reformation bis auf die Gegenwart. Ein Beitrag zur neueren Kirchenge­ schichte, 5.  Aufl. – Berlin: Martin Warneck 1899. (Warneck, Missionen) Watson, Richard, The Life of the Rev. John Wesley, sometime Fellow of Lincoln College, Oxford, and Founder of the Methodist Societies, 2. ed. – London: John Mason 1831. (Watson, Life of Wesley) –,  dass. dt.: Das Leben Johann Wesley’s, nebst einer Schilderung des Methodis­ mus und seiner Anhänger in Großbritannien und Irland. Beitrag zur christlichen Religions- und Kirchen-Geschichte. Nebst einem Vorwort von L[ouis] Bonnet. – Frankfurt a. M.: Siegmund Schmerber 1839. (Watson, Leben Wesley’s) Weber, Max, Antikes Judentum → Weber, Die Wirtschaftsethik der Weltreligio­ nen. Das antike Judentum. –, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, in: AfSSp, 30.  Band, 1.  Heft, 1910, S.  176–202 (MWG I/9, S.  573–619). (Weber, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus) –,  Antikritisches Schlußwort zum „Geist des Kapitalismus“, in: AfSSp, 31.  Band, 2. Heft, 1910, S.  5 54–599 (MWG I/9, S.  6 65–740). (Weber, Antikritisches Schlußwort)

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–, Einleitung → Weber, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen […]. Einleitung. –,  Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter. Nach südeuropäi­ schen Quellen. – Stuttgart: F. Enke 1889 (MWG I/1). (Weber, Handelsgesellschaften) –, Hinduismus → Weber, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Hinduismus und Buddhismus. –, „Kirchen“ und „Sekten“ in Nordamerika. Eine kirchen- und sozialpolitische Skizze 1, in: Die Christliche Welt, 20. Jg., Nr.  24 vom 14. Juni 1906, Sp.  5 58–562, und dass. 2, in: Die Christliche Welt […], 20. Jg., Nr.  25 vom 21. Juni 1906, Sp.  577–583 (MWG I/9, S.  426–462). (Weber, „Kirchen“ und „Sekten“) –, Konfuzianismus → Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Der Konfuzianis­ mus. –,  Die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: AfSSp, 19.  Band, 1. Heft, 1904, S.  22–87 (MWG I/7). (Weber, Objektivität) –,  Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus. I. Das Problem, in: AfSSp, 20.  Band, 1. Heft, 1904, S.  1–54 (MWG I/9, S.  97–215). (Weber, Pro­ testantische Ethik I) –,  Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus. II. Die Berufsidee des asketischen Protestantismus, in: AfSSp, 21.  Band, 1. Heft, 1905, S.  1–110 (MWG I/9, S.  222–425). (Weber, Protestantische Ethik II) –,  Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, in: GARS I, S.  17–206 (→ oben, S.  123–492). (Weber, Protestantische Ethik 1920) –, Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus, in: GARS I, S.  2 07–236 (→ oben, S.  493–545). (Weber, Sekten) –,  Zur Psychophysik der industriellen Arbeit, in: AfSSp, 27.  Band, 3. Heft, 1908, S.  730–770; 28.  Band, 1. Heft, 1909, S.  219–277, 3. Heft, S.  719–761; 29.  Band, 2. Heft, 1909, S.  513–542 (MWG I/11, S.  150–380). (Weber, Psychophysik) –,  Vorbemerkung, in: GARS I, S.  1–16 (→ oben, S.  101–121). (Weber, Vorbemerkung) –, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Das antike Judentum, in: AfSSp, 44.  Band, Heft 1, 1917, S.  52–138; 44.  Band, Heft 2, 1918, S.  3 49–443; 44.  Band, Heft 3, 1918, S.  6 01–626; 46.  Band, Heft 1, 1918, S.  4 0–113; 46.  Band, Heft 2, 1919, S.  311–366; 46.  Band, Heft 3, 1920, S.  5 41–604 (MWG I/21, S.  210–757). (Weber, Antikes Judentum)

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–,  Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Religionssoziologische Skizzen. Ein­ leitung, in: AfSSp, 41.  Band, Heft 1, 1915, S.  1–30 (MWG I/19, S.  8 3–127). (Weber, Einleitung) –, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Hinduismus und Buddhismus, in: AfSSp, 41.  Band, Heft 3, 1916, S.  613–744; 42.  Band, Heft 2, 1916, S.  3 45–461; 42.  Band, Heft 3, 1917, S.  6 87–814 (MWG I/20, S.  49–544). (Weber, Hinduismus) –, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Der Konfuzianismus, in: AfSSp, 41.  Band, Heft 1, 1915, S.  3 0–87; 41.  Band, Heft 2, 1915, S.  3 35–386 (MWG I/19, S.  128–478). (Weber, Konfuzianismus) –, [Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen.] Zwischenbetrachtung. Stufen und Richtungen der religiösen Weltablehnung, in: AfSSp, 41.  Band, Heft 2, 1915, S.  3 87–421 (MWG I/19, S.  479–522). (Weber, Zwischenbetrachtung) Weeden, William B., Economic and Social History of New England 1620–1789, 2 vols. – Boston, New York: Houghton, Mifflin and Company, Cambridge: The Riverside Press 1890. (Weeden, Economic and Social History I, II) Weingarten, Hermann, Die Revolutionskirchen Englands. Ein Beitrag zur inneren Geschichte der englischen Kirche und der Reformation. – Leipzig: Breitkopf und Härtel 1868. (Weingarten, Revolutionskirchen Englands) Whitaker, William → Nowell, Alexander. White, G[eorge], The Nonconformist Conscience in its Relation to Our National Life, in: The Baptist Hand-Book for 1904, ed. by W. J. Avery, published under the direction of the council of the Baptist Union of Great Britain and Ireland. – Lon­ don: Veale, Chifferiel & Co., Limited 1903 [sic], S.  104–125. (White, Nonconformist Conscience) Windelband, W[ilhelm], Die Blütezeit der deutschen Philosophie (Die Geschichte der neueren Philosophie in ihrem Zusammenhange mit der allgemeinen Cultur und den besonderen Wissenschaften, 2.  Band: Von Kant bis Hegel und Herbart), 3., durchges. Aufl. – Leipzig: Breitkopf und Härtel 1904. (Windelband, Blütezeit) –,  Geschichte der Philosophie. – Freiburg i. B.: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1892. (Windelband, Geschichte der Philosophie) –,  Die Geschichte der neueren Philosophie in ihrem Zusammenhange mit der allgemeinen Cultur und den besonderen Wissenschaften, 1.  Band: Von der Renaissance bis Kant, 3., durchges. Aufl. – Leipzig: Breitkopf und Härtel 1904. (Windelband, Neuere Philosophie I)

Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur

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–,  Über Willensfreiheit. Zwölf Vorlesungen. – Tübingen und Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1904. (Windelband, Über Willensfreiheit) Wiskemann, Heinrich, Darstellung der in Deutschland zur Zeit der Reformation herrschenden nationalökonomischen Ansichten (Preisschriften gekrönt und hg. von der Fürstlich Jablonowski’schen Gesellschaft zu Leipzig, X. Band). – Leipzig: S. Hirzel 1861. (Wiskemann, Nationalökonomische Ansichten) Wittich, Werner, Deutsche und französische Kultur im Elsaß. Aus der Illustrirten Elsässischen Rundschau. – Straßburg: Schlesier & Schweikhardt 1900 [dass. in: Revue alsacienne illustrée, Band 2. – Strasbourg: Noiriel 1899, S.  71–92, 113– 140, 177–216]. (Wittich, Elsaß) Works of the English Puritan Divines, 10 vols. – London: Thomas Nelson 1845– 1848. (Works of the English Puritan Divines I–X) –  vol.  1: → Bunyan, John, The Jerusalem Sinner Saved […] (1845). – vol.  2: Bunyan, John, The Greatness of the Soul, and Unspeakableness of the Loss thereof […] (1845). –  vol.  3: → *Howe, John, The Redeemer’s Tears wept over lost Souls […] (1846). – vol.  4: → Baxter, Richard, Making Light of Christ and Salvation, too of the Issue of Gospel Invitations […] (1846). – vol.  5: → *Adams, Thomas, The Three Divine Sisters: Faith, Hope, and Charity […] (1847). – vol.  6: → Charnock, Stephen, The Chief of Sinners: Objects of the Choicest Mercy […] (1847). – vol.  7: → Janeway, James, Heaven upon Earth: or, Jesus the Best Friend of Man […] (1847). –  vol.  8: → Henry, Matthew, Daily Communion with God […] (1847). –  vol.  9: Life and Times of the Rev. Philip Henry […] (1848). – vol.  10: English Puritan Divines in the Reign of Queen Elizabeth. Cartwright and his Contemporaries […] (1848). Worp, J[acob] A[dolf], Constantyn Huygens over de schilders van zijn tijd, in: Oud-Holland. Nieuwe Bijdragen voor de Geschiedenis der Nederlandsche Kunst, Letterkunde, Nijverheid, enz., 9. Jg., 1891, S.  106–136. (Worp, Constantyn Huygens over de schilders van zijn tijd) Wünsche, Aug[ust], Der Babylonische Talmud in seinen Haggadischen Bestand­ theilen wortgetreu übersetzt und durch Noten erläutert, 2. Halbband, 1. und 2. Abth. – Leipzig: Otto Schultze 1887–1888. (Wünsche, Babylonischer Talmud II/1, II/2) Wyck, Adrian van, Tractatus Theologicus de Praedestinatione Divina, ex SS. Scripturis, Conciliorum, Pontificumque Decretis, SS. Patrum ac Doctorum placitis

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Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur

concinnatus: Cui & accedit Tractatio brevior de Reprobatione. – Köln: Heinrich Rommerskirchen 1706. (Wyck, De Praedestinatione) Zeller, Eduard, Das Theologische System Zwingli’s. Besonderer Abdruck aus Jahrgang 1853 der Theologischen Jahrbücher. – Tübingen: L. Fr. Fues 1853. (Zeller, System Zwingli’s) Zinzendorf, Nikolaus, Berliner Reden II → Zinzendorf, Büdingische Sammlung I/III. –,  Büdingische Sammlung. Einiger In die Kirchen-Historie Einschlagender Son­ derlich neuerer Schrifften [1.  Band] Das III. Stück. – Büdingen: Joh. Chr. Stöhr 1741 [1742]. (Zinzendorf, Büdingische Sammlung I/III). –,  Religiöse Reden II → Zinzendorf, Büdingische Sammlung I/III. –,  Socrates d.i. Aufrichtige Anzeige verschiedener nicht so wohl Unbekanter als vielmehr In Abfall gerathener Haupt-Wahrheiten, 1. Theil. – Leipzig: Joh. Sam. Heinsio o. J. [ca. 1726]. (Zinzendorf, Socrates) Zwingli, [Huldreich], In Catabaptistarum strophas elenchus, in: Huldreich Zwing­ li’s Werke/Huldrici Zuinglii opera. Completa editio prima, hg. von Melchior Schu­ ler und Jo[hannes] Schulthess, vol.  3: Latinorum scriptorum, pars 1. – Zürich: F. Schulthess 1832, S.  3 57–437. (Zwingli, Elenchus contra catabaptistas)

Bibelstellenregister

Das Register erfaßt die Stellen des Alten und Neuen Testaments sowie die Apokryphen des Alten Testaments. Die Bibelstellen finden sich links (bei Weber abweichende Benennungen als Zusatz in Klammern), die Seitenverweise rechts. Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Max Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede.

I.  Altes Testament Genesis (1. Buch Mose) Gen 1,28 423 Gen 3,19 420 Gen 39,11 209, 223 Exodus (2. Buch Mose) Ex 5,13 210 Ex 5,14 210 Ex 20,4 445 Ex 21,24 285 Ex 31,5 209 Ex 35,5 209 Ex 35,21 209 Ex 35,35 209 Levicitus (3. Buch Mose) Lev 24,20 285 Deuteronomium (5. Buch Mose) Dtn 5,8 445 Dtn 19,21 285 1. Buch Samuelis 1 Sam 8,16

209

1. Buch von den Königen 1 Kön (Reg) 7,14 209 2. Buch von den Königen 2 Kön (Reg) 12,12 209 1. Buch der Chronika 1 Chr 4,23 209 1 Chr 9,13 209 1 Chr 23,4 209 1 Chr 26,30 209 1 Chr 27,26 209

1 Chr 29,6

209

Nehemia Neh 11,22

209

Esther Est (Esth.) 3,9 Est (Esth.) 9,3

209 209

Hiob 442f. Psalmen Ps 22 Ps 37,3 Ps 107,23 Ps 111,5 f. Ps 117 Ps 127,2

336, 443 356 220, 239 209 243 242 415

Sprüche Salomos (Proverbien) 443 Spr (Sal.) 22,29 160, 211, 223, 425 Spr 23,4 434 Spr (Sal.) 31,10(-31) 425 Hohes Lied

336, 348

Jesaja Jes 6,9 f. Jes 41,14 Jes 52,13–53,12

443 356 356

Jeremia Jer 17,5

285

Hesekiel Hes 33,13

323

660

Bibelstellenregister

II.  Apokryphen des Alten Testaments Jesus Sirach Sir 11,20f. Sir 11,20

210, 213, 222, 440, 442, 477, 610 211–213, 214, 215–220, 222, 239 f. 209 f.

Sir Sir Sir Sir

14,12 27,1.4 40,18 43,10

210, 218 442 177 210, 218

III.  Neues Testament Matthäusevangelium Mt 5-7 375, 397 Mt (Matth.) 5,5 439 Mt 5,33 f. 401 Mt 5,45 499 Mt 6,11 239 Mt 6,19 415 Mt 6,20 475, 513 Mt 6,24 239 Mt 7,12 401 Mt (Matth.) 7,18 f. 230 Mt 12,36 418 Mt 19,23 f. 415 Mt (Matth.) 20,28 372 Mt 25,14–30 435, 460 Lukasevangelium Lk 6,31 Lk 6,34 f. Lk (Luk.) 6,35 Lk 11,3 Lk 15,8–10 Lk 16,9.11 Lk 16,13 Lk 16,19–31 Lk 18,10–13 Lk 19,11–27

401 195, 198, 622 202, 499 239 277 239 239 239 449 435, 460

Johannesevangelium Joh 9,4 417 Joh 10,12 f. 534 Apostelgeschichte Apg 4,19 Apg 5,29 Apg 9,15 Apg 26,25

358 358, 527, 544 298, 367, 618 430

Römerbrief Röm 2,4 f. Röm 6 Röm 9,3 Röm 9,21 Röm 14,23 1. Korintherbrief 1 Kor 1,26 1 Kor 7 1 Kor 7,17–24 1 Kor 17,17f.21 f. 1 Kor 7,20 1 1 1 1 1 1

Kor Kor Kor Kor Kor Kor

7,21 7,21 f. 7,29 7,31 11,26 f. 29 13,13

443 382 290 276 400 214, 217 240, 432 93, 220, 222, 239 217 214, 216, 219, 220, 221, 222, 224 f., 443 442 221 220, 239 220 517, 524 452

2. Korintherbrief 2 Kor 12,9 2 Kor 13,5

177 314, 337

Epheserbrief Eph 1 Eph 1,11 f. Eph 1,18 Eph 4,1 ff. Eph 4,1 Eph 4,4 Eph 5,27

277 277 214, 217 219, 231 217 214, 217, 218 392

2. Thessalonicherbrief 2 Thess 1,11 214, 217 2 Thess 3,10 231, 420, 426, 437 2 Thess 3,12 420

661

Bibelstellenregister 1. Timotheusbrief 1 Tim 4,8 1 Tim 5,22 1 Tim 6,6 1 Tim 6,7–9 1 Tim 6,8 1 Tim 6,8 f.

439 517 177 415 177 477

2. Petrusbrief 2 Petr 1,10

214, 217, 302, 418

1. Johannesbrief 1 Joh 3,5 1 Joh 3,9

311 383

Hebräerbrief Hebr 3,1 Hebr 5,13 f.

214, 217 360

Jakobusbrief Jak 5,12

401

Apokalypse/Offenbarung des Johannes Apk (Apoc.) 18,4 517 Apk 20,11–15 338

Personenregister

Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede. Familien, Dynastien, biblische Gestalten und griechische Götter stehen im Sachregister. Max Weber wird nur im Zusammenhang mit seinen Schriften und besonderen Lebensstationen aufgeführt.

Adams, Thomas  284, 332 f., 407, 413, 430, 433 f., 437, 439 f., 452, 478, 549, 623 Adler, Max  144 Aegidius von St. Gilles  397, 549 Ainsworth, Henry  520, 524, 533, 539, 549 Alberti, Leon Battista  28 f., 34, 36 f., 79, 81 f., 92 f., 164 f., 166, 167–172, 200 f., 420, 549, 623 Allioli, Joseph Franz von  224 Andréadès, Andreas Michael  112 f. Antonin(us) von Florenz  30, 34, 38, 48, 58, 92, 169, 171, 197, 200–202, 237 f., 549 f. Applegarth, Albert C.  511, 624 Aristoteles 102, 156, 232, 238 Arnauld, Antoine  436 Arnold, Matthew  145, 474, 550, 624 Arnold, Samuel Greene  467, 624 Ashley, Sir William James  457, 473 f., 550, 624 Auerbach, Berthold  158 Augustinus (Aurelius Augustinus)  230, 246, 273, 277, 296, 315, 550 Aymon, Jean  140, 531, 550, 624

Bachem, Julius  126 Bacon, Francis  373, 550 Baedeker, Karl  495 Bailey, Lewis  Bayly, Lewis Baillie, Robert  516, 550, 624 Baird, Henry M.  264, 624 Baist, Gottfried  214, 550 f.

Barclay, Robert (schottischer Quäker, 1648–1690)  91 f., 392, 396, 398, 399, 400–402, 403, 404 f., 406, 409, 413, 415, 419, 451, 458, 460, 463 f., 534, 551, 625 Barclay, Robert (englischer Quäker, 1833–1876)  351, 388, 390, 397 f., 439, 512, 524, 530, 539, 551, 625 Bardenhewer, Otto  203 Barebone, Praisegod  351, 551 Basler, Otto  503 Bäumer, Gertrud  181 Baumgarten, Fritz  496 Bax, Ernest Belfort  388, 510, 625 Baxter, Margaret  461 Baxter, Richard  76, 85, 92, 261 f., 283, 285, 290 f., 296–298, 301–303, 310 f., 314, 318, 328, 329, 337 f., 339 f., 361, 378, 403, 411–414, 417, 418–423, 425–427, 429 f., 432, 433 f., 436, 437, 439, 444, 448, 451, 452, 458, 459, 461, 463, 465, 466, 469, 477, 478, 481, 487, 523–525, 532, 551, 625 f. Bayle, Pierre  373, 551 Bayli, Ludwig  Bayly, Lewis Bayly, Lewis 89, 283 f., 302, 313, 318, 319, 335, 336, 349, 354, 358, 359, 361, 413–415, 439, 442, 549, 551 f., 626 Becker, Bernhard  367, 371, 626 Bekker, Balthasar  17 f. Below, Georg von  174, 489, 552, 626 Benedikt XIV. (Papst)  198 Benedikt von Nursia  324, 422, 552 Bentham, Jeremy  13 Bernatzik, Edmund  144

Personenregister Bernhard von Clairvaux  306, 329, 336, 348, 435, 552 Bernhardin von Siena  30, 38, 48, 58, 92, 167, 169, 171, 197, 200 f., 202, 552 Bernstein, Eduard  133, 265, 398, 406, 466, 485, 512, 552, 626 f. Berthold von Regensburg  218, 219, 552 Besant, Sir Walter  105 Beza, Theodor  299, 309, 552 f., 627 Bielschowsky, Albert  486, 553, 627 Bilderdijk, Willem  527 f., 553 Blaurock, Georg  513 Blaustein, David  445, 446, 501, 553 Blaustein, Miriam  446 Bodenstein, Andreas (genannt Karlstadt)  242 Boileau, Étienne de  544, 553, 627 Bonaventura  329, 348, 435, 553 Bonn, Moritz Julius  85, 134, 253, 553, 627 Bonucci, Anicio  164 f., 166, 554, 623 Borinski, Karl  489, 554, 627 Brandes, Georg  457 Brassey, Thomas, 1st Earl Brassey  179, 554 Bräu, Richard  31 Braun, Christoph  453 Braune, Wilhelm  216, 554 Brentano, Lujo  8, 23, 31–36, 39 f., 55, 70, 73, 82 f., 85 f., 92, 106, 107, 124, 135, 156, 159, 161, 171 f., 179, 184, 202 f., 213, 214, 221 f., 225, 226, 237, 261, 326, 413 f., 416, 489, 503, 554, 627 Brenz, Johannes  274, 436 Bretschneider, Karl Gottlieb  263 Bridge, William  532 Brodnitz, Georg  82, 170, 201, 224, 554 Brook, Lord  Greville, Robert Brown, John  76, 265, 511, 521, 628 Brown, John Newton  87, 96, 311, 511, 628 Browne, Robert  351, 514, 520, 521, 523, 529, 554, 628 Brucioli, Antonio  215

663

Bryce, James  327, 397, 438, 439, 463, 493–495, 506, 508, 554 f., 628 Bucer, Martin  299, 555 Büchmann, Georg  329 Buckle, Henry Thomas  144, 145, 555, 628 Bunge, Wiep van  18 Bunny, Edmund  311 Bunyan, John  261, 286–288, 298, 310, 323, 338, 413, 449, 475 f., 511, 512, 555, 628 f. Burckhardt, Jacob  282, 489, 555, 629 Burrage, Champlin  76, 508, 511, 629 Burroughes, Jeremy  532 Busken Huet, Conrad  89, 456, 457, 468, 555, 629 Butler, Samuel  326, 452, 555, 629

Calvin, Johannes 33, 140, 147, 160, 178, 196, 244, 253, 257, 263, 266, 267, 274–276, 279, 288, 289, 292, 293, 298, 299, 300 f., 304, 305, 308, 311, 316, 324, 333, 334 f., 338 f., 348, 350, 354, 398, 414, 416, 437, 443, 444, 451, 458, 519, 553, 556, 629 f. Campbell, Douglas  264, 630 Campbell, John  178 Capadose, Abraham  527, 556 Carlyle, Thomas  130, 235, 237, 264, 556, 630 Carroll, Henry K.  76, 404, 494, 630 Cartwright, Thomas  526, 534, 556 Cassirer, Ernst  446 Cato (Marcus Porcius Cato Censorius)  164, 168 f., 170, 197, 556 Cervantes Saavedra, Miguel de  326, 452 Chanina (Rabbi)  446 Chantepie de la Saussaye, Pierre Daniel  353 Charnock, Stephen  313 f., 323, 337, 413, 557, 630 Child, Josiah  468 Chillingworth, William  344, 557 Christabel, Meredith  112

664

Personenregister

Christoph (Herzog von Württemberg)  436 f., 557 Chrysostomos  Johannes Chrysostomos Cicero (Marcus Tullius Cicero)  212, 213 Clarke, William  252 Clarkson, Thomas  420, 512, 557, 630 Clay, Albert T.  143 Clemen, Otto  265 Clemens XI. (Papst)  436 Clemens von Alexandrien  537 Cleveland, Grover  441 Cock, Hendrik de  295, 527, 557 Cohn, Gustav  143 Colbert, Jean-Baptiste  143, 557 Columella (M. Iunius Moderatus Columella)  168, 170, 558 Cornelius, Carl Adolf  390, 394, 395, 558, 631 Costa, Isaac da  295, 527, 558 Court, Pieter de la  89, 178, 478, 558 Coverdale, Miles  160 Cramer, Samuel  392, 395 f., 404, 406, 530, 631 Cranmer, Thomas  160, 225, 558 Cremer, Hermann  214 Cromwell, Oliver  24, 33, 130, 134, 235, 236, 295 f., 326, 333, 335, 351, 353, 380, 412, 448, 455, 459, 484, 530, 533, 536, 537, 551, 555, 558 f. Cromwell, Richard  380, 559 Crosby, Thomas  327, 352, 631 Culross, James  389, 510, 631 Cunningham, William  474, 559 Dante Alighieri  250, 559, 631 Darwin, Charles  180 Defoe, Daniel  164, 261, 437, 476, 484, 559, 631 Deininger, Jürgen  40 Deissmann, Gustav Adolf  201, 221, 559 Delius, Frederick  453 Denifle, Heinrich  219, 228, 246, 559 f., 631 Descartes, René  323, 374, 551, 560

Dexter, Henry Martyn  76, 265, 281, 351, 385, 388, 458, 508 f., 510, 514, 516, 520 f., 534, 535, 538, 560, 631 f. Dietenberger, Johann  224 Dieterich, Albrecht  212, 560 Diodati, Giovanni  214 f. Dionysios von Halikarnaß  221, 560 Dippel, Johann Conrad  370, 371, 560 Döllinger, Johann Joseph Ignaz von 287, 435, 558, 560, 632 Dowden, Edward  278, 281, 318, 412, 444, 452, 459, 475 f., 560, 632 Doyle, John Andrew  163, 265, 455, 467, 470, 471, 508 f., 511, 539 f., 561, 632 Du Bois, W(illiam) E(dward) B(urghardt)  508 Duns Scotus (Johannes)  202, 324, 561 Dupin de Saint André, Armand  140, 632 Eck, Johann  224, 561, 632 Eckermann, Johann Peter  316 Eger, Karl  226, 227 f., 240, 241, 243 f., 246 f., 561, 632 Eggestein, Heinrich  220, 224 Eglin(us), Raphael  309, 627 Eibach, Rudolf  272, 561, 632 Eleasar (Rabbi)  466 Elgar, Edward  453 Elisabeth I. (engl. Königin)  225, 259, 268, 391, 437, 521, 525, 534, 561 Elsperger, Christoph Stephan Gottlieb  231, 245, 641 Emiliani-Giudici, Paolo  204, 632 Emser, Hieronymus  224 Endemann, Wilhelm  197, 203, 561 f. Engels, Friedrich  2 Erasmus von Rotterdam  274 f. d’Erberg, Mattia  215 d’Este, Leonore  333, 562 d’Este, Renata  333, 334, 562 Evans, Thomas  431, 633 Evans, William  431, 633 Faugère, Prosper  84–86, 233, 632 Fawcett, Benjamin  310, 339, 415

Personenregister Feigenwinter, Ernst  126 Fekete, Éva  14 Fiennes, William, 1st Viscount Saye and Sele  471 Fieschi, Ugo  326, 562 Finscher, Ludwig  453 Firth, Sir Charles Harding  252, 264, 327, 562, 633 Fischer, Karl Heinrich Otto  10 f., 33, 35, 40, 73, 255, 356 Fleischer, Max  424 Fleischütz, Joseph Andreas  218, 224, 562, 633 Forman, H. Buxton  145 Fox, George  254, 388, 397, 402, 431, 534, 562, 638 Franck, Sebastian  273, 332, 562 f. Francke, August Hermann  358, 362–365, 379, 387, 563, 633 Franklin, Benjamin  28 f., 33, 36 f., 41, 91, 150–153, 154, 156, 158, 159–161, 164, 166 f., 169, 172, 176, 186, 193, 204, 205, 206, 261, 298, 338, 407, 424, 425, 485, 563, 633 Franz(iskus) von Assisi  139, 330, 391, 397, 563 Freytag, Gustav  349, 563, 633 Friedberg, Aemilius  196 Friedrich Heinrich (Prinz von Oranien)  455, 468, 563 Friedrich Wilhelm I. (König von Preußen)  146, 378, 379, 564 Fritzsche, Otto Fridolin  213 Froude, James Anthony  286, 633 Fruin, Robert Jacobus  173, 264, 469, 564, 634 Fugger, Jakob II. („der Reiche“)  41, 155 f., 199, 234, 564 Fuller, Thomas  310, 353 f., 564 Funk, Franz Xaver  89, 167, 169, 197, 198, 203, 238, 564 Füßli, Johann Conrad  513, 514, 634 García González, José María  18

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Gardiner, Samuel Rawson  76, 235–237, 264, 296, 449, 483 f., 519, 522, 523, 528, 530 f., 533, 535, 537, 564, 634 Gebhardt, Hermann  442, 564, 634 Gerhard, Johann  304, 305, 342, 565 Gerhardt, Paul  89, 251, 565 Gerlach, Otto von  339, 417 Gesenius, Wilhelm  209 f. Ghosh, Peter  72 Goethe, Johann Wolfgang von  192, 315 f., 407, 419, 462, 465, 486, 634 Goodwin, John  296, 534, 535, 565 Goodwin, Thomas  364, 365, 532, 565 Gorges, Sir Ferdinando  471 Gothein, Eberhard  26, 141, 146, 326, 337, 565, 634 Gothein, Marie Luise  145 Gould, George P.  510, 625 Gould, Jay  504, 565 Grebel, Konrad  513 f. Gregor von Tours  420 Gregory, Caspar René  93 Greville, Robert, 2nd Baron Brooke  471 Groen van Prinsterer, Guillaume  87, 264, 286, 456 f., 468, 525, 527 f., 553, 565 f., 635 Großmann, Gerhard  501 Grotius, Hugo  558 Grubb, Edward  389, 635 Grube, Wilhelm  102 Grüninger, Johann  224 Grützmacher, Georg  231 Güder, Eduard  240, 649 Hall, Basil  93 Haller, Albrecht  456, 566, 635 Hals, Frans  455, 456, 566 Hanmer, Mary  461, 566 Hanna, Charles A.  135, 635 Harms, Bernhard  524 Harnack, Adolf von  101, 125, 281, 345, 421, 486, 525, 566, 635 Hasbach, Wilhelm  179, 566, 635 Hastings, Selina  269, 340, 566 Haupt, Hans  494

666

Personenregister

Hecht, Gustav Heinrich  143 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich  15, 17, 21 Heidegger, Johann Heinrich  300, 566 f., 635 Heine, Heinrich  474, 567 Heinrici, Carl Friedrich Georg  221 Heinze, Max  166 Hellpach, Willy  326, 356, 386, 567, 635 Helms, Svenn Henrik 217 Helwys, Thomas  390 Henry, Matthew  340, 413–415, 419, 567, 635 f. Heppe, Heinrich  258, 276, 278–280, 292, 300, 301, 302 f., 347, 349, 357, 359, 364, 521, 567, 636 Herder, Johann Gottfried  18 Hering, Hermann  251 Hermelink, Heinrich  490, 567, 636 Hertling, Georg Friedrich Frhr. von  126, 567, 636 Heussi, Karl  213 Hieronymus 213, 214, 222, 567 f. Hilprecht, Hermann V.  143 Hinneberg, Paul  282, 351 Hochmann von Hohenau, Ernst Christoph  423 Hoenig, Fritz  235 f., 237, 636 Hoennicke, Gustav  305, 341, 342 f., 568, 636 Hoffmann, Hermann Edler von  393, 636 Hoffmann (Hofmann), Melchior  395 Hofmann, Georg  248 Hofmann, Rudolf  388, 404, 636 Hogerzeil, Hendricus Vredenrijk  76, 96, 527, 568, 636 Holst, Gustav  453 Holtzmann, Heinrich  304, 640 Honigsheim, Paul  86, 233, 278, 282, 283, 294, 303, 307, 345, 568, 636 Hooker, Richard  344, 568 Hoops, Johannes  216, 568 Hoornbeek, Johannes  277, 285, 302, 315, 317, 321, 322, 413, 415, 439, 443, 478, 568, 637

Howe, Daniel Wait  265, 511, 637 Howe, John  310, 333, 380, 413, 568 f., 637 Huber, Johannes  435, 450 Hundeshagen, Karl Bernhard  295, 297, 383, 569, 637 Lady Huntingdon  Hastings, Selina Hutchinson, Sir John  461, 569 Hutchinson, Lucy  461, 569 Hutten, Ulrich von  129 Huygens, Constantijn  87, 457, 569, 657 Hyde, Orson  426 Ignatius von Loyola  129, 325, 326, 569 Irving, Washington  418, 459, 569, 637 Jacoby, Ludwig Sigismund  76, 96, 183, 379, 415, 513, 529, 531, 535 f., 538 f., 569 f., 637 Jaffé, Edgar  12, 123, 490, 570 Jaffé, Else  35, 67–70, 74, 288 Jakob I. (engl. König)  267, 449, 480, 514, 520, 523, 526, 535, 570 Jakob VI. (schottischer König)  Jakob I. (engl. König) James, William  317, 503, 570, 637 Janeway, James  413, 436, 570, 637 f. Jansen(ius), Cornelius  246, 435 Jaspers, Karl  119, 570, 638 Jehuda (Rabbi)  446 Jellinek, Georg  230 Jenkyn, Thomas W.  311, 378, 412, 413, 421, 433, 448, 481, 638 Johannes Chrysostomos (Ps.-Chrysos­ tomos)  196, 203 Johnson, Francis  516, 520, 524, 533, 539 Jones, Rufus M.  389, 570 f., 638 Joseph (Rab)  446 Jülicher, Adolf  239, 571, 638 Jüngst, Johannes  379, 638 Kahl, Wilhelm  324, 571, 638 Kampschulte, Franz Wilhelm  140, 263, 285, 416, 437, 478, 519, 571, 638 Kant, Immanuel  446 Kapp, Friedrich  158

Personenregister Karádi, Éva  14 Karl I. (engl. König)  437, 449, 450, 480, 484, 559, 571 Karl II. (engl. König)  459, 469, 551, 559, 571 Karlstadt  Bodenstein, Andreas Kattenbusch, Ferdinand  393 Kauffmann, Gustav  504, 571 Kautsky, Karl  406, 571 f., 638 Kawerau, Gustav  232, 393, 572, 638 Kayser, Karl Ludwig  212 Keats, John  145, 474, 572 Keats, Thomas  145 Keller, Franz  37 f., 82 f., 141, 142, 168, 195–197, 199, 201 f., 203, 491, 572, 638 f. Keller, Gottfried  287, 572, 639 Keyserling, Hermann Graf  5, 36 Kierkegaard, Søren Aabye  294, 572 Klages, Ludwig  119, 572, 639 Knapp, Albert  368 Knollys, Hanserd  510, 572 f. Knox, John  147, 265, 573 Knuttel, Joannis Adrianus Nelinus  516 Köhler, August  87, 264, 295, 365, 441, 521, 573, 639 Köhler, Walther  219, 228, 573, 639 Kolde, Theodor  215 f., 379, 380, 573, 639 Köster, Adolf  84–86, 227, 233, 303, 307, 573, 639 Köstlin, Julius  232, 274, 275, 639 Kraepelin, Emil  121, 573 f. Kramme, Rüdiger  110 Kraus, Walther  93, 164 Kürnberger, Ferdinand  150–154, 155, 160, 574, 639 Kurrelmeyer, William  217 f., 220, 224 Kuyper, Abraham  76, 96, 269, 398, 515–517, 518, 523, 526 f., 557, 574, 639 Kyros II. (persischer Herrscher)  142 Labadie, Jean de  331, 346 f., 357, 517, 518, 574 Lamprecht, Karl  282, 356, 370, 380, 490, 574, 639 f.

667

Lange, Helene  181 Lasco, Johannes a  359, 574 Laspeyres, Etienne  416, 457 Laud, William  235, 258, 437, 482, 523, 557, 575 Laveleye, Émile Louis Victor de  145, 575, 640 Law, William  480, 575, 640 Leenhof, Friedrich von  357 Lehmann, Edvard  353 Lehmann, Harmut  17 f. Lemme, Ludwig  240, 575, 640 Lenau, Nikolaus  154, 575 Lenthall, William  235 Leonard, E. M.  437, 438, 640 Leroy-Beaulieu, Anatole  171 Levy, Hermann  85 f., 145, 235, 253, 437, 438, 441, 457, 470, 472, 474, 478, 480, 482, 483 f., 485 f., 575, 640 Lexer, Matthias  217 Lichtenstein, Alfred  495 Lichtenstein, Clara  495 Lichtenstein, Johanna  495 Lichtenstein, Paul  495 Liguori, Alfonso Maria de  287 f., 575 Lilburne, John  252, 535, 612 Lindblom, Iacob  446 Lingelbach, William Ezra  252 Lobstein, Paul  304, 308, 575, 640 Lodensteyn, Jodocus van  76, 346, 521, 575 f. Loewenthal, Wilhelm  230, 650 Long, J. C.  89, 388, 640 Loofs, Friedrich  258, 322, 340, 379, 381–383, 384, 387, 480, 509, 536, 576, 641 Lorimer, George C.  511, 641 Löscher, Valentin Ernst  363, 576, 641 Ludwig XIV. (frz. König)  102, 133, 143, 436, 450, 576 Lukács, Georg  13 Luthardt, Christoph Ernst  240, 641 Luther, Hans  232 Luther, Martin  33, 147, 160, 199, 211, 213, 215, 217–224, 226, 227, 228, 229 f., 231–234, 236, 237, 238–242,

668

Personenregister

243, 244–246, 247, 248 f., 251, 266, 273–275, 291, 301 f., 305, 306, 308, 320, 324, 329 f., 331, 335, 340, 342–344, 354, 359, 361, 363, 365, 366, 368, 372, 384, 385, 390, 395, 397, 404, 428 f., 431, 440, 444, 449, 489, 576, 641 f. Macaulay, Thomas Babington  264, 272, 286, 474, 576 f., 642 Machiavelli (Macchiavelli), Niccolò  102, 287, 288, 642 Macphail, William Merry  76, 511, 643 Maliniak, Julian  137, 187, 577, 643 Mancini, Girolamo  164, 169 Manley, Thomas  474, 480, 577, 643 Mannhardt, Wilhelm  146 Mantegna, Andrea  459, 577 Manz, Felix  513 f. Marcks, Erich  263, 577, 643 Maria Theresia (Erzherzogin von Österreich)  144 Martin V. (Papst)  234 Martini, Antonio  214 f. Marx, Karl  2, 15, 25, 179, 481 Mason, John  471 Masson, David Mather  163, 264, 272, 351, 388, 577, 643 Maurenbrecher, Max  212, 227, 228, 230, 232, 245, 479, 577, 643 Meisner, Balthasar  304, 577 f. Melanchthon, Philipp  263, 274, 297, 319, 341–343, 346, 354, 365, 578 Menno Simons  254, 395, 396, 403, 530, 578, 643 Mentelin, Johannes  218, 220, 224 Mertens, Wilhelm  4 Merx, Adalbert  202, 210, 220, 223, 578, 643 Meyer, Conrad Ferdinand  129 Meyer, Heinrich August Wilhelm  221 Michels, Robert  504 Miller, Emil James (Jim)  497, 578 Miller, Jefferson Frederick (Jeff)  498, 578

Milton, John  250, 272 f., 298, 434, 435, 578, 643 f. Mirbt, Carl  348, 349, 579, 644 Möhler, Johann Adam  336, 579 Mommsen, Theodor  40 Mommsen, Wolfgang J.  77, 80, 94 Monk (Monck), George  469 Montesquieu, Charles de Secondat  147 f., 579, 644 Morgan, John Pierpont  504, 579 Moritz von Oranien  267, 327, 468, 525, 579 Motley, John Lothrop  264, 350 Müller, Bruno  182 Müller, Ernst Friedrich Karl  266, 268, 269, 270–272, 296, 299 f., 310, 313 f., 339, 354, 442, 530, 579, 644 Müller, Johannes  171 Müller, Karl  170, 242, 266, 389, 390 f., 395, 514, 580, 644 Müller, Nicolaus  420 Mun, Thomas  468 Münsterberg, Hugo  397, 503 Münsterberg, Selma  503 Müntzer, Thomas  242 f., 513 f., 580 Muralt, Leonhard von  513 Murch, Sir Jerom  388, 644 Murray, Sir James Augustus Henry  93, 160, 224, 225, 580, 644 Muthmann, Arthur  285, 286, 580, 644 Naber, Jean Charles  264, 644 Naumann, Friedrich  184 Neal, Daniel  296, 310, 327, 344, 391, 521, 528, 533, 644 f. Nebukadnezar II. (neubabylonischer Herrscher)  142 Nestle, Eberhard  213 Neugebauer, Wolfgang  379 Neumann, Carl  454, 456, 460, 469, 580, 645 Nevin, John W.  381 Newman, Albert Henry  388, 645 Nicolai, Gottlieb Samuel  423 Nicolai, Philipp  304, 580 Niemeyer, Hermann Agathon  335

Personenregister Nietzsche, Friedrich  14 f., 83, 316, 317, 407, 488, 503 f. Niklaes (Niclaes), Hendrik  439, 580 Nottmeier, Christian  201 Nowell, Alexander  349, 594, 645 Nüßlein, Theodor  213 Nutzinger, Hans G.  31 Nuyens, Willem Johannes Franciscus  87, 264, 279, 280, 286, 516, 525, 581, 645 Nye, Philip  532 Ockham, Wilhelm von  228 Oecolampad, Johannes  249 Offenbacher, Martin  126–128, 130, 131 f., 137, 581, 645 Oldenbarnevelt (Oldenbarneveldt), Johan van  259, 267, 525, 581 Olevian, Caspar  279, 300, 581, 645 Olivétan, Pierre Robert  215 Orme, William  335 Ostervald, Jean Frédéric  215 Otruba, Gustav  144 Otto, Eckart  12, 62, 92, 143, 445, 447 Owen, John  335, 533, 537, 582, 645 Palmer, Christian  374 Pandolfini, Agnolo  164, 171, 172, 581 f. Parker, Henry  472, 483, 484, 582, 645 Parker, Matthew  160, 225 Parsons, Robert  311 Pascal, Blaise  84–86, 227, 233, 282, 283, 296, 303, 307, 435, 582 Passow, Franz  210–212, 221 Paterson, Wiliam  112, 582 Paulus (Apostel)  219, 240, 420, 426 Pearson, Andrew Forett Scott  75, 514, 515, 520, 521 f., 525 f., 531, 533 f., 582, 646 Penn, William  472 Petty, Sir William  133 f., 141, 468, 471, 482, 582, 646 Pezold, Leopold  171 Pfeiffer, Franz  218 Pflock, Theodor  541 Philippovich, Eugen von  144

669

Piedras Monroy, Pedro  18 Pierson, Allard  264, 582 f., 646 Platon 374 Plitt, Hermann  367, 371, 372, 375, 423, 426, 583, 646 Plutarch 329 Pocahontas 506, 583 Polenz, Gottlob von  137, 140, 264, 272, 646 Praechter, Karl  166 Praetorius, Stephan  304, 583 Prayer, Carlo  326 Price, Thomas  76, 265, 310, 535, 646 Probst, Jakob  249 Proost, Pieter  521 Pruner, Johann Evangelist von  325, 646 Prynne, William  441, 448, 483 f., 534, 535, 583, 646 Quenstedt, Johann Andreas  342 Rabelais, François  140, 583 Rachfahl, Felix  33, 35, 38, 40, 56, 72 f., 106, 123 f., 256, 325, 353, 493, 583, 647 Rade, Martin  184 Raffael (italien. Maler)  459, 584 Rammstedt, Angela  110 Ranke, Leopold von  236, 264, 267, 469, 537, 584, 647 Reina, Cas(s)iodoro de 215 Reinalter, Helmut  501 Reinbach, Wolf-Diedrich  541 Reitsma, Johannes  76, 281, 416, 437, 453, 456, 518 f., 524, 584, 647 Rembrandt  454, 460, 584 Reublin, Wilhelm  514 Reusch, Franz Heinrich  287, 435 Reyscher, August Ludwig  436 Rhodes, Cecil  139, 584 Ricardo, David  481 Rickert, Heinrich  4, 56, 149 Rieker, Karl  515, 647 Ritschl, Albrecht  258, 262, 265 f., 274, 275, 302, 304, 305, 306, 322, 330 f.,

670

Personenregister

332, 346–348, 355–357, 358, 359 f., 361 f., 364–367, 368, 369, 370, 371, 373, 377 f., 379, 387, 390, 392, 394, 423, 442, 448, 521, 584, 647 f. Robinson, John  455, 524, 532 f., 539, 584 f. Rockefeller, John Davison  503, 504, 585 Rodbertus, Karl  112, 648 Rogers, James E. Thorold  474, 585 Rogge, Hendrik C.  268, 279, 280, 648 Roloff, Gustav  327, 648 Roosevelt, Theodore  441, 585 Ropp, Goswin Frhr. von der  456, 629 Rötcher, Franz Christian  321, 649 Roth, Guenther  187–190 Rottmanner, P. Odilo  202 f. Rowntree, John Stephenson  389, 485, 585, 648 Rutgers, Frederik Lodewijk  527, 585 Sack, Karl Heinrich  265, 270 f., 281, 299 f., 354, 516, 520, 527, 538, 585, 648 Sackur, Ernst  418 Salmasius, Claudius  196, 585 Salomo  447 Salomon, Alice  184 Sanford, John Langton  259, 267, 327, 336, 418, 458, 459, 461, 586, 648 Saye and Sele, Lord  Fiennes, William Scaff, Lawrence A.  410, 501, 503 Schaarschmidt, Erich 184 Schäfer, Dietrich  282, 586, 648 Schalk, Fritz  93, 164 Schechter, Simon  211, 586 Scheibe, Max  266, 276, 277, 289, 298 f., 586, 648 Schell, Herman  126, 586, 648 Schiff, Jacob H.  441 Schiller, Friedrich  17 Schink, Franz  183 Schlaginweit, Robert von  426 Schluchter, Wolfgang  1, 3, 6, 8 f., 11, 13, 18, 21–23, 29, 40, 43 f., 52, 56, 59,

70 f., 73, 75, 117, 120, 149, 158, 174, 193, 491 Schmid, Karl Adolf  374 Schmid, Walter  513 Schmidt, Walther Eugen  407, 649 Schmidt-Glintzer, Helwig  11, 118 Schmoller, Gustav von  234, 237 f., 240, 506, 586, 649 Schneckenburger, Mat(t)hias,  240, 257, 265 f., 274, 299, 301 f., 304, 305–308, 309, 313 f., 315, 318, 319, 329, 335–337, 340, 380–382, 383 f., 385, 386, 465, 586 f., 649 Schönberg, Gustav von  1 Schopenhauer, Arthur  83 Schortinghuis, Willem  87, 302, 348, 356, 587, 649 Schubert, Hans von  125 Schubring, Wilhelm  125 Schulte, Aloys  540, 541, 587, 649 Schulz, Hans  503 Schulze-Gaevernitz, Gerhart von  85, 179, 253, 587, 649 Schürman, Anna Maria van  347, 587 Schwager, Johann Moritz  17 Schweizer, Alexander  266 Schwenckfeld, Kaspar von  397 f., 587 Scio de San Miguel, Phelipe 215 Sedgwick, Obadiah  302, 313, 321, 413, 587 f., 649 Seeberg, Reinhold  1, 219, 226, 229, 240, 245, 266, 274, 279, 325, 366, 396, 588, 649 Sehling, Emil  360 Seiss, Joseph A.,  388, 389, 511, 650 Semler, Johann Salomo  17 Seneca 212, 650 Seuse, Heinrich  Suso, Heinrich Shakespeare, William  457 Sharpless, Isaac  174, 205, 472, 510, 511, 588, 650 Shaw, William A.  523, 650 Siebeck, Oskar  71 Siebeck, Paul  3, 6 f., 11 f., 14, 48, 50, 61–71, 73–75, 79, 81, 86, 95 Siebeck, Werner  12, 66, 68, 74 f., 86

Personenregister

671

Sieveking, Heinrich  34 Simmel, Georg  2, 55, 83, 107, 110, 157, 175, 316, 588, 650 Simpson, Sidrach  532 Skeats, Herbert Stradling  265, 380, 384, 385, 450, 588, 650 Smend, Rudolf  82, 93, 210, 211, 213, 218, 588, 650 Smith, Adam  230, 231, 429, 481, 588, 650 Smiles, Samuel  474, 478, 485 Smyth, John  351, 390, 510, 524, 534, 539, 589 Sokrates  52, 332 Sombart, Werner  2, 8, 14, 23–40, 55 f., 58, 70, 73, 82–86, 92, 107, 108, 124, 141, 142, 155 f., 159, 164 f., 167, 168 f., 171, 172, 173 f., 181, 184, 185, 190 f., 195, 197, 205, 206, 241, 242, 261, 414, 418, 420, 441, 447, 462, 490, 491, 589, 650 f. Southey, Robert  379, 473, 589, 651 Spangenberg, August Gottlieb  284, 285, 370, 371, 381, 589, 651 Sparks, Jared  151, 154, 424, 633 Spencer, Herbert  180 Spener, Philipp Jakob  258, 284, 329, 349, 355, 358–363, 365 f., 373 f., 376 f., 379, 387, 396, 400, 401, 411, 413, 420–423, 427, 430, 432, 433, 442, 476 f., 560, 589 f., 651 Spiess, Bernhard  311 Stafford, William  468 Stammler, Rudolf  1 Stern, Alfred  272, 273, 652 Sternberg, Hans von  242, 243 Steuart, James  468 Stoecker, Adolf  517, 590 Stowell, William Hendry  284, 333, 434 Strack, Hermann  223 Strieder, Jakob  58, 491, 590, 652 Stumpf, Simon  514 Sumner, Charles R.  272 Suso (Seuse), Heinrich  245, 590

Ueberweg, Friedrich  166 Ulenberg, Kaspar (Caspar)  224 Ulrich, Friedrich  89, 297, 345, 593, 653 Underhill, Edward Bean  76, 268, 292, 268, 314, 340, 352, 405, 511, 528, 538, 653 Unwin, George  471, 472, 593, 653 Usher, Roland Greene  76, 96, 511, 528, 529, 653

Tanchum ben Chanilai (Rabbi)  446 f.

Valera, Cipriano de  215

Tauler, Johannes  91, 217, 219, 224, 231, 245, 247 f., 305, 307, 328, 361, 363, 590, 652 Tayler, John James  89, 264, 265, 296, 335, 652 Taylor, James Hudson  292, 590 Taylor, Jeremy  533, 591, 652 Teellinck, Willem  347, 591 Temple, Sir William  485 f., 591, 652 Tenbruck, Friedrich H.  18 Tersteegen, Gerhard  357, 392, 591 Thadden, Rudolf von  379 Theophylakt von Achrida/Ochrid  221, 591 Tholuck, August  344, 652 Thomas a Kempis  348, 361, 591 Thomas von Aquin  34, 92, 197, 198, 227 f., 230, 231 f., 242, 245 f., 426, 428, 430, 435, 479, 592, 652 Thomas, Allen Clapp  389, 410, 534, 592, 652 Thukydides  102 Tischendorf, Constantin von  211 Tomson, Laurence  225 Tönnies, Ferdinand  2 Traub, Gottfried  125, 184 Troeltsch, Ernst  2, 38, 43 f., 73, 76, 89, 125, 172, 226 f., 240, 262, 265, 331, 341, 343, 351, 393, 444, 473, 490, 491, 493, 592, 652 f. Troeltsch, Walter  146 Tyerman, Luke  262, 322, 340, 372, 379, 380, 382, 592, 653 Tyndale (Tindale), William  89, 224, 592

672

Personenregister

Varro (Marcus Terentius Varo)  168, 170, 593 Vaughan Williams, Ralph  453 Veblen, Thorstein  378, 407, 459, 593, 653 Vedder, Henry C.  352, 388, 510, 654 Veen, Sietse D. van  647 Vergil  168 Vischer, Friedrich Theodor  368, 593, 654 Voet, Gisbert  85, 87, 89, 147, 262, 322, 346, 347, 348, 413 f., 416, 515, 517, 593 f., 654 Voltaire  208 Wagner, Richard  288, 654 Wahl, Adalbert  145, 594 Wander, Karl Friedrich Wilhelm  476 Ward, Frank G.  237, 240, 654 Warneck, Gustav  292, 293, 654 Watson, Richard  380, 382, 383, 594, 654 Watts, Isaac  380, 594 Weber, Carl (Carlo)  182 Weber, Carl August  187, 189 Weber, Carl David  182, 189, 191 Weber, Helene  71, 263, 287, 380, 410, 445, 453, 494–497, 500–502, 505 f. Weber, Marianne  9 f., 13, 35, 55, 63, 67–69, 72, 74, 79, 81, 263, 288, 293, 409, 424, 453 f., 456, 494–497, 505 Weber, Max –, Abriß der universalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte (Vorlesung 1919/20)  43, 59, 64, 78, 112–114, 141 –, Agrarverhältnisse im Altertum3 (1909)  40, 110, 112, 143, 157, 175, 200 –, Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie (Vorlesungen 1894–1898)  2, 162, 179, 468, 481 –, Antikritisches Schlußwort zum „Geist des Kapitalismus“ (RachfahlAntikritik 1910) 1, 49, 57, 72, 106, 110, 123 f., 145, 200, 256, 263, 325, 353, 496, 499, 654

–, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus (Rachfahl-Antikritik 1910)  56, 72, 87, 106, 123, 141, 144 f., 256, 325, 353, 457, 468, 482, 491, 493, 654 –, Arbeiterfrage und Arbeiterbewegung (Vorlesung 1895/98)  481 –, Bemerkungen [...] über Separatausgaben von Beiträgen zum „Handbuch der Sozialökonomie“ (1914)  62 –, Bemerkungen zu der vorstehenden „Replik“ (Fischer-Antikritik 1908)  11, 256 –, Diskussionsbeiträge zu Troeltsch, Das stoisch-christliche Naturrecht (1910)  2, 44, 334, 525, 537 –, Diskussionsbeitrag über Probleme der Arbeiterpsychologie (1911)  121 –, Entwickelungstendenzen in der Lage der ostelbischen Landarbeiter (1894)  142 –, Ergebnisse der deutschen Börsen­ enquete (1894–96)  205 –, Die Erhebung des Vereins für Sozialpolitik über die Lage der Landarbeiter (1893)  177, 180 –, Exzerpt zu Antonin von Florenz 92 –, Exzerpt zu Barclay  91 f., 398–403, 405, 409, 415, 419, 451, 460, 464 –, Exzerpt zu Baxter  76, 92, 262 –, Fideikommißfrage (1904)  193, 468 –, „Geleitwort“ (der „Archiv“-Herausgeber 1904)  492 –, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie (GARS I-III, 1920/21)  7, 12, 48–55, 57–59, 61–64, 71, 73, 491 –, Selbstanzeige (1919)  49–51, 63 f. –, GARS I (1920)  11, 22, 48–54, 66 f., 76–78, 94, 491 –, GARS I/Titelblatt, Inhaltsübersicht, Widmung  53, 67–69, 98–100 –, Geschäftsbericht der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (Rede 1910)  505

Personenregister –, Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter (1889)  166, 197, 199, 203 f., 462, 655 –, Geschichte der Nationalökonomie (Vorlesung 1896)  92, 238, 468 –, Grundriß der Sozialökonomik (GdS)  3 f., 7, 10, 33, 62 f. –, Einteilung des Gesamtwerks (1914) 3 –, Vorwort (1914)  62 –, Grundriß zu den Vorlesungen über Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie  VorlesungsGrundriß –, Handbuch der politischen Ökonomie  1, 3, 33 –, Stoffverteilungsplan (1910)  3 –, Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie (1913)  9, 18, 41, 45, 83 f., 280 –, „Kirchen“ und „Sekten“ (1906)  44 f., 50, 71, 76, 94, 393, 491–493, 499, 505, 655 –, Kritische Bemerkungen zu den vorstehenden „Kritischen Beiträgen“ (Fischer-Antikritik 1907) 256 –, Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland (1892)  177 –, Die Lehrfreiheit der Universitäten (1909)  2 –, Zur Musiksoziologie (Nachlaß 1921)  9, 103, 453 –, Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik (Akademische Antrittsrede 1895)  254 –, Notizen zur Quäker-Literatur  92, 389, 405 –, Die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis (1904)  2, 149 f., 162, 183, 193, 490, 655 –, Die Pharisäer  285 –, Politik als Beruf (Rede 1919)  288 –, Praktische Nationalökonomie (Vorlesungen 1895–99)  468, 478

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–, Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus (1904/05)/ Separatausgabe  1, 6 f., 71–73, 75 –, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit (1908/09)  121, 147, 182, 655 –, Zur Rechtfertigung Göhres (1892)  442 –, Reise in die USA (1904)  45 f., 75, 92, 95, 263, 380, 389, 409, 410, 453, 488, 493–507, 519 –, Reise nach England (1910)  263 –, Reisen nach Holland (1903, 1907)  72, 75, 96, 453 –, Die römische Agrargeschichte (1891)  40, 112, 164, 168 –, Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie I-III (1903–06)  356, 490 –, Der Sinn der „Wertfreiheit“ der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften (1917)  104 –, Vorlesungs-Grundriß (1898)  143, 146, 179, 416, 464 –, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen (1915–20)  4, 6–8, 12–14, 18 f., 22, 33, 35, 43, 48–51, 53–55, 59, 61–66, 68–70, 73, 78, 82, 84 f., 90, 117, 157, 280, 308, 320, 393, 428, 445, 465, 491, 655 f. –, Einleitung (1915/20)  4–7, 9, 12–14, 16, 18 f., 22 f., 41, 51, 59, 61, 63–66, 69, 73, 75, 77, 280, 297, 308, 372, 393, 398, 465, 507, 656 –, Konfuzianismus und Taoismus (1915/20)  6 f., 11–13, 17, 41, 49, 50 f., 59, 61, 63, 65, 67, 77, 104, 113, 117 f., 157, 280, 465, 473, 491, 656 –, Zwischenbetrachtung (1915/20)  6–9, 13, 19–23, 41 f., 51, 67, 77, 175, 228, 280, 656 –, Hinduismus und Buddhismus (1916–17/20) 7, 11, 50 f., 59, 61, 63, 67, 102, 115, 117, 143, 157, 280, 299, 304, 428, 465, 491, 656

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Personenregister

–, Antikes Judentum (1917–19/21)  7, 11 f., 48–51, 59, 61–63, 75, 117, 143, 157, 175, 201, 280, 285, 357, 445, 447, 465, 491, 543, 655 –, Wirtschaft und Gesellschaft (WuG)/ Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte (Vorkriegsfassung: MWG I/22–1 bis I/22–5)  1–4, 8–10, 12, 34, 49, 59, 62, 66, 120 –, WuG/Gemeinschaften 10, 506 –, Hausgemeinschaften 111 f. –, WuG/Religiöse Gemeinschaften („Religionssystematik“)  3 f., 6, 10, 13, 33 f., 43, 49, 73, 120, 143, 228, 353, 428, 473, 510, 537 –, WuG/Recht 10 –, Die Wirtschaft und die Ordnungen  1 –, Die Entwicklungsbedingungen des Rechts  102, 104, 252 –, WuG/Herrschaft 10 –, Bürokratismus 104 –, Feudalismus 105 –, Staat und Hierokratie  505 –, Umbildung des Charisma  105 –, WuG/Die Stadt  64 –, WuG/Soziologie (Nachkriegsfassung) 78, 120 –, Soziologische Grundbegriffe  45, 75, 105, 507 –, Soziologische Grundkategorien des Wirtschaftens  106 f., 110–112, 115 –, Typen der Herrschaft  104 f. –, Wirtschaft und Gesellschaft. Positive Kritik der materialistischen Geschichtsauffassung (Vorlesung 1918)  3 Weber, Otto  275 f., 279, 289, 301, 451 Weeden, William B.  163, 471, 511, 656 Weingarten, Hermann  130, 265, 267, 402, 455, 458, 464, 594, 656 Weiß, Joseph  202 Werp, D. J. van der  528 Wesley, Charles  258, 322, 380, 594

Wesley, John  254, 258, 269, 297, 322, 340, 367, 368, 372, 380–384, 387, 473–475, 594 Wette, Wilhelm Martin Leberecht de  249 Whitaker, William  349, 594 f. White, Sir George  364, 438, 595, 656 White, John  508 Whitefield, George  258, 269, 340, 380, 383, 595 Whitgift, John  268, 556 Wilhelm I. (deutscher Kaiser)  183 Wilhelm II. (deutscher Kaiser)  504 Wilhelm der Eroberer  252, 595 Wilhelm I. von Oranien  112, 350, 595 Williams, Roger  163, 351, 595 f. Winckelmann, Johannes  18 Windelband, Wilhelm  327, 373, 486, 596, 656 f. Winthrop, John  470, 471, 596 Wiskemann, Heinrich  140, 196, 234, 237 f., 240, 657 Witt, Johan de  178 Wittich, Werner  129, 138, 596, 657 Wolff, Christian Frhr. von  423, 596 Worp, Jacob Adolf  457, 657 Wünsche, August  446 f., 466, 657 Wyck, Adrian van  296, 315 f., 596, 657 f. Wyclif, John  160, 170, 201, 224, 466, 596 Xenophon 168, 596 Zäch, Alfred  129 Zeller, Eduard  295, 297, 596 f., 658 Zeller, Hans  129 Zeller, Paul  95 Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Reichsgraf von  258, 347, 358, 363, 367–372, 373, 375, 377 f., 381, 382, 384, 386 f., 423, 426, 480, 597, 658 Zöckler, Otto  213 Zwingli, Ulrich (Huldrych)  249, 257, 263, 267, 295, 390, 513 f., 517, 597, 658

Sachregister

Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte auf die Herausgeberrede. Das Register enthält Begriffe sowie Sach- und geographische Angaben, Familien, Dynastien, biblische Gestalten und Gottheiten. Die Schreibweise folgt in der Regel der von Max Weber verwendeten, wobei bei Abweichungen fremdsprachiger Ausdrücke von der heute üblichen Schreibweise verwiesen wird (kontingent  contingent; Widerspiegelung  Wiederspiegelung). Die von Max Weber teilweise gebrauchte ältere Orthographie wird nicht berücksichtigt (z. B. Aufnahme von „Litteratur“ unter „Literatur“).

Abendland  114 f., 422  auch: Okzident; sowie die Einträge zu: Kapitalismus; Kultur; Wissenschaft Abendmahl  281, 300, 306, 347, 350, 398, 523 f., 537 – Ausschluß vom  46, 196, 519, 522, 527 – Reinhaltung des  46, 517, 524, 530 – Zulassung zum  46, 300, 411, 416, 508, 510, 514, 517 f., 522, 526, 539  auch: Kommunikanten; tickets; Würdigkeit (zum Abendmahl) Abendmahlsgemeinde, Abendmahlsgemeinschaft  46, 521, 528, 530, 537 Abendmahlsgenossen  350, 526 Abendmahlsscheu 524 Abendmahlszwang 523 „Abenteuer“, Abenteuerkapitalismus  111, 174 f., 207 „Abenteurer“, Abenteurer-Gesinnung  39 f., 56, 110, 114, 175, 191, 471  auch: adventurers; merchant adventurers „Abenteurerkapitalismus“  115, 207, 445 Aberglaube  41, 280 –, kreaturvergötternder 281 Ablaß  204, 330, 598 Absolution 366 Ackerbau  466, 540

Adam (bibl. Stammvater)  230, 250, 420 adäquat  20, 150, 185, 191 f., 194, 318, 333, 407, 510 Adel  242, 530  auch: Briefadel; Nobilitierung; Stand des niederen Adels; Veradligung Adels- und Titelsucht (in Holland)  469 Adiaphoron, ἀδιάφορον  398, 430 458, 598 „ad majorem Dei gloriam“  „in majorem Dei gloriam“ Adventist 501, 598 adventurers 470  auch: merchant adventurers Affekte  328, 355  auch: Angstaffekte; Gefühlsaffektion Agrarier, moderner  170 Ägypten, ägyptisch  48, 101, 108, 113, 201, 210  auch: Ethik, ägyptische Akkord, Akkordlohnsystem  176 f., 518, 598 Akkordharmonik (in der Musik)  9, 103 Akkordsatz, Akkordsätze  176 f., 182 Akkumulation  Kapital-; Vermögensakkumulation Akosmismus  598 – freier der Liebe  375 Aktiv- und Passivchristen  358

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Sachregister

Alberti (Florentiner Familie)  164 f., 598 allgemeines Priestertum  Priestertum, allgemeines „all sorts and conditions of men“  105, 347 Alltag, Alltagsarbeit  22, 104, 225 f., 286, 319 Alltagsleben  190, 318 f., 331 f., 410 f., 432, 459 f. – Bedeutung der Gnadenwahllehre für das  341 Alltagsmensch  299, 322, 344 Alltagssittlichkeit 330 Almosen  318, 479 Altertum  142, 164, 207, 209 f., 212, 323, 462, 486 –, späthellenistisches 225 Altes Testament  238, 275, 285, 336, 397, 440, 443, 454, 465 – Moralvorschriften des  335  auch: Apokryphen; sowie die Einträge zu: Ethik; Frömmigkeit; Geist; Gesetzlichkeit; Gott; Normen; Rationalismus; Schriften; Sittlichkeit Älteste  140, 518, 533, 538  auch: elders; Gemeinde-; Laien­ älteste; ruling elders altprotestantisch  598  auch: Ethik; Geist; Kirche, altprotestantische Amerika, Amerikaner  163, 172, 258, 263, 381, 397, 453, 457, 499, 503–506, 510, 513, 519 – Verbände und Klubs in  504, 506 f.  auch: anglo-; deutsch-amerikanisch; Indian Territory; Neuengland; Nordamerika; Vereinigte Staaten; Yankee; sowie die Einträge zu: Arbeiter; Bibliotheken; College; Demokratie; Dienstleistung; Empfinden; Entwicklung; Gesellschaft; Großstädte; Hanserd Knollys Confession; Kapitalismus; Kolonien; „Kulturbild“; Leben; Milliardäre; Mittelstand; Neger; Puritaner;

„Respektlosigkeit“; Säkularisation; Sekten; society; Unabhängigkeitskrieg; Universitäten; Volkscharakter Amerikanisierung 445 Amerikanismus 158 Amsterdam  293, 350 f., 455, 458, 526–528, 534 – Exulanten-/Refugiégemeinden in  458, 524, 533 – Gemeinde in  527 – Täufergemeinden in  539  auch: Bürger, Amsterdamer Amt, Ämter  166, 204, 354, 412, 506, 517, 534, 536 –, geistliches  213, 542 –, öffentliche 406  auch: Lehramt; Luthertum, Amtsbegriff; Predigtamt; Statistik, amtliche Amtspacht, Amtspächter  109, 185 Anfechtungen  302, 337, 422, 424 Angelsachsen  Entwicklung; Völker, angelsächsische Anglikanismus, anglikanische Kirche  43, 225, 234, 258 f., 344, 479, 482, 533, 536, 598  auch: Bekenntnis; Kaufleute, anglikanische angloamerikanisch  327, 344 Angst, Ängstlichkeit  303, 347, 376 – Sündlichkeit der  328 – um das Heil der Seele/die Seligkeit  288, 315, 451 – vor dem Tod  287 Angstaffekte, Abreagieren der  304 Anlage, Anlagekapital  467 f.  auch: Kapital-; Vermögensanlage Anpassung, Anpassungsvorgänge  176, 183, 466  auch: Weltanpassung; sowie die Einträge zu: Lebensführung, angepaßte; Naturen, nicht angepaße Anstalt  45, 47  auch: Gnadenanstalt; Heilsanstalt; Kirche als Anstalt; Lehranstalten; Pietismus, Hallesche Anstalten; Staat als politische Anstalt

Sachregister Anstaltsgnade 525 antiautoritär, antiautoritativ  286, 366 anticalvinistisch  263, 384 antichrematistisch  198, 222, 599 Antike, antik  101, 103, 108, 110 f., 157, 170, 200, 219, 225, 324, 416  auch: Altertum; sowie die Einträge zu: Gesinnung; Kapitalismus; Schriftsteller Antinomismus, antinomistisch  297, 383 f. antirational 370 Antithese – des methodischen Lebens  426 – gegen den Puritanismus  421 Antrieb, Antriebe  201, 312, 332, 339, 376, 405, 408, 410, 483, 545 –, fehlender 341–343 –, psychologische  261, 299, 345, 428, 481 –, rationale 414 – zur methodischen Lebensgestaltung  447 – zur Rationalisierung des Handelns  377 Antwerpen 414 Aphrodite (griech. Göttin)  452 Apokryphen  222 f., 442, 599  auch: Jesus Sirach Apostel  302, 358, 374, 397, 399, 430, 437, 480  auch: Charisma; Lebensführung; Zeitalter, apostolisches arabisch 135 Arbeit, Arbeiten  119 f., 127, 142, 151, 165, 167, 169, 177, 179–182, 192, 206, 210, 218, 229–231, 237, 242, 261, 364, 375, 419, 421 f., 426 f., 430 f., 436, 445, 461, 481 f., 491 – als gottgewollter Lebenszweck  477, 426 – als Selbstzweck (Beruf)  180, 182, 426 – asketische Begründung der/als asketisches Mittel  229, 422 –, berufliche/als Beruf  481 f.

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– Erfolg der  364 – Erziehung zur  181, 237, 481 –, freie 56, 110, 113 f., 168, 225, 545 –, gewerbliche (bürgerliche)  186, 471 –, historische  121, 491 – im Dienst des Ruhmes Gottes  419 – im Dienst gesellschaftlichen Nutzens  292 f. –, innerweltliche (beruflich geordnete)  238 – Leitmotiv präkapitalistischer wirtschaftlicher 178 – Pioniere der gelernten  478 – Produktivität der  177, 206, 482 –, qualifizierte (gelernte)  180 –, rationales 372 – Ruhm/Schätzung der  225, 232, 422, 425 –, sittlich indifferente  227 f. –, soziale 291 –, soziologische 120 – traditionalistische Form der  181 – traditionelles Maß von  188 –, unfreie 110 – Unpersönlichkeit der heutigen  482 – Verpflichtung zur  182, 427 –, weltliche  219, 227 –, wissenschaftliches  116, 118 – Würde der  422  auch: Alltags-; Berufs-; Fach-; Gelegenheits-; Heim-; Lebens-; Missionsarbeit; sowie die Einträge zu: „bleibe bei deiner Arbeit“; „… daß das Volk nur arbeitet …“; „für Gott dürft ihr arbeiten, um reich zu sein“; „Geist der Arbeit“; „im Schweiße deines Angesichtes …“; „Wer nicht arbeitet …“ „Arbeite hart in deinem Beruf“  425  auch: „labour hard in your callings“ „Arbeite nicht, um reich zu sein“  434 Arbeiter, Arbeiterschaft  109, 126, 161 f., 173, 176–178, 183, 189, 191, 429, 433, 477 f., 494 –, amerikanische  506 f. –, berufstreue (im Pietismus)  378, 480

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Sachregister

– ethische Qualitäten des  181 –, gelernte  126, 132 –, gewissenhafte 477 – im Dienst des Reiches Gottes  325 – Klassenmoral der  450 – Konfessionalität der  125 – Masse der  478 –, methodistische 183 –, moderner 482 – Rekrutierung der  135, 180 – und Unternehmer  161 f.  auch: Arbeitskräfte; Berufs-; Gelegenheits-; Lohnarbeiter; Schicht der oberen Arbeiterschaft; Übung des Arbeiters (skill); Wanderarbeiter Arbeiterinnen 181 –, pietistische  182, 247 – Wirtschaftlichkeit der  247 Arbeitgeber  181, 477 –, patriarchal gestimmte  378 Arbeitsamkeit 474  auch: industry Arbeitsaskese  57, 326 Arbeitsgebot, neutestamentliches  231 f., 426 f., 437  auch: „Wer nicht arbeitet …“ Arbeitsintensität 176–178 Arbeitskraft, Arbeitskräfte  120, 132, 161, 470 –, pietistische 147 Arbeitsleistung  176, 178–180, 191, 429 f. Arbeitsloser, arbeitslos  162, 437  auch: Workhouses Arbeitsmittel, technische  115 Arbeitsorganisation  107, 112–114, 175, 445, 448, 471, 545 Arbeitspflicht  427, 482  auch: Berufspflicht Arbeitsteilung  168, 230, 428 f.  auch: Beruf; Berufsarbeit, arbeitsteilige Arbeitsunlust 426 Arbeitsverhältnis, kapitalistisches  481 Arbeitswilligkeit  183, 450, 481 f. Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik  4, 7, 49, 61, 78, 123, 490

arianisch 202 „arisch“ 503 Aristokrat, Aristokratie  170, 434, 505 – der Wiedergeborenen  364 – in Neuengland  450  auch: Geistesaristokratie; Gnadenaristokratismus; Großhändler-; Heiligenaristokratie; Mönche, Aristokratie; sowie die Einträge zu: Kreaturvergötterung; Lebensstil Arme  Armut Armengesetzgebung, Armenunter­ stützung (in England)  437, 479 Arminianismus, Arminianer  186, 257, 599 Armut, Arme  220, 239, 427, 436, 480 – als Symptom sündlicher Faulheit  478 – Gelübde der  436  auch: „… daß das Volk nur arbeitet, weil und so lange es arm ist“ ars (lat.)  212, 214 Arte di Calimala  204 Arzt, Ärzte  105, 423, 497, 505 Asien  20 f., 103, 118  auch: Ost-; Vorderasien; sowie die Einträge zu: Erlösungsreligionen; Handwerker; Länder; Religiosität; Staatslehre; Welt Askese, Asket, Asketen, Asketentum  16, 20 f., 138, 213, 301, 328, 331 f., 345, 355, 366, 374–376, 391, 396, 410, 417, 438, 449, 453, 462, 464 f., 481 f., 486 f. –, außerweltliche 21, 404 –, autoritätsfeindliche  396, 450 –, calvinistische  329, 337, 379, 402 –, christliche 19, 324, 327, 410, 485 – der Täuferbewegung  404, 406, 408 f. –, herrnhutische 369 –, innerweltliche 19–22, 27, 42, 159, 169, 201, 257, 322, 329 f., 374, 390, 403, 406, 408, 413, 431, 444, 456, 463, 472 f., 489, 501, 515, 542 –, katholische  348, 396 – Klassenbedingtheit der  421

Sachregister –, klösterliche 472 – Macht der  470, 477 –, methodische 545 –, mittelalterliche  329, 472 –, pietistische/im Pietismus  348, 355, 456 –, protestantische 58, 373, 388, 397, 406, 419, 463, 481, 489, 541 –, puritanische/des Puritanismus  328, 369, 423, 470, 473, 479 –, rationale  261, 327 f., 343, 360, 451 –, reformierte  345, 349, 357 – Reglementierung der  408 –, religiöse 477 –, sexuelle  422 f. – systematischer Charakter der  330, 337, 430 f. – und Mystik  19–22, 42, 348, 372 –, weltflüchtige 20, 405 –, weltliche 42, 347  auch: Arbeits-; Berufs-; Laien-; Mönchsaskese; sowie die Einträge zu: Bewegung; Calvinismus; Denomination; Erlösungsreligion; Ethik; Ethos; Frömmigkeit; Geist; Ideal; Leben; Lebensführung; Lebensreglementierung; Literatur; Mittel; Pflicht; Protestantismus; Rationalisierung; Rationalismus; Religiosität; Schriften; Sekten; Sittlichkeit; Tugenden Askesebegriff 325 Asketenstand (alte Kirche)  302 Astronomie 101 Athen 486 Atteste (über die sittliche Führung)  527  auch: certificate; letter of recommendation; literas idoneas; literas testimoniales; Qualifikationsattest; ticket; Zertifikat Aufgabe, Aufgaben  328, 374 –, sittliche 342 – von Gott gestellte  209, 246 – Wertung des Lebens als  251  auch: Berufsaufgabe

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Aufklärung, Aufklärungsepoche, Aufklärungszeit  170, 192, 282, 387, 487 –, englische  172, 387 „Auge um Auge“  285 Augsburger Konfession/Bekenntnis (1530)  215 f., 222, 274, 367, 599 – Apologie des  319 auri sacra fames  168, 170, 173, 194 Ausgaben  153, 165, 462, 464 Ausgestoßene 531 Auslese 162 – bei den Sekten  499, 542, 544 – der Untauglichsten  180 –, ökonomische 162 „aus Menschen macht man Geld“  154, 155, 160 Außenethik (im Judentum)  447 Außenmoral  39, 174, 447, 544 außerreligiös  23, 466 Außersittliches 204 außerweltlich  213, 294  auch: Askese; Mönchsaskese; Mystik, außerweltliche Autorität, Autoritäres  183, 344, 526 – charismatischer Charakter der  537 –, geistliche  526, 532 –, kirchliche  359, 435 –, traditionelle 129  auch: antiautoritär; Bibel, Autorität; Mittel, autoritäre; polizeilich-auto­ ritär autoritätsfeindlich  396, 450 Autoritätsglauben 290 Autoritätsverneinung 391 avaritia 415 Babylon  40, 101, 108 f., 157 – Kapitalismus in  40, 157, 185  auch: Ethik; Exil, babylonisches Baden  127 f., 130 f.  auch: Landeskirche, badische ballot, Ballotage  501 f., 504, 506, 529 Bank, Bankgeschäfte, Bankier  109– 111, 135, 140, 187, 196, 205, 235, 416  auch: Lombarden; Piemontesen; Trapeziten

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Sachregister

Bank von England  111 f. Baptismus, Baptisten  46, 259, 334, 351, 388 f., 404, 482, 498, 503, 512, 515, 519, 522, 528, 532, 539, 599 – als aus dem Täufertum hervorgegangene Sekte  392, 471, 510  auch: General Baptists; Nichtbaptisten; Particular Baptists; sowie die Einträge zu: Bekenntnisse; Denominationen; Gemeinschaften; Sekten Baptistengemeinde, Baptistengemeinschaft  498 f., 522, 533 Baptisten-Literatur  388 f., 414, 510 f. Baptistentaufe  497 f., 500 Baptist Union of Great Britain and Ireland 438, 599 Bauer, Bauern  168, 188 f., 207, 219, 232, 421, 441, 530 –, lutherische deutsche  441 f.  auch: Farmer; yeomen Bauernmißtrauen (gegen das Kapital)  234 Bauernunruhen 242 Bayern  130 f. Beamter, Beamtentum  104 f., 132, 175, 378, 503 f. –, juristisch geschulter  104  auch: Fachbeamter Beamtenorganisation 104 „beati possidentes“  472 Bedarf  184, 241 –, standesgemäßer 246 –, traditioneller 184 Bedarfsdeckung, Bedarfsdeckungswirtschaft  28, 184 f., 427 Bedürfnis, Bedürfnisse  127, 189, 230, 304, 420, 464 –, rationales 15 –, religiöse 377 –, traditionelle 177  auch: Bewährungs-; Lebensbedürfnis Befehl Gottes  Gottes Befehl Begierde  458, 477 Beghinen (Beginen)  391, 600 Begriff, Begriffe  172

–, historischer  149, 208 – Präzision der  107 –, psychopathologische 356 –, rationale 102  auch: Askese-; Berufs-; Buß-; Gattungs-; Gottes-; Kirchen-; Lehr-; Pietismus-; Puritanismus-; Sektenbegriff; sowie die Einträge zu: Berufung; Geist; Idealtypus; Individualismus; Psychologie; Rationales; Rationalismus; Spekulation Begriffsbildung, historische  149, 150 Begriffssprache, idealtypische  319 Beharrlichkeit 270 Beichte, Beichtinstitut  141, 198, 285 f., 319, 369, 541, 600 – Entlastung in der  410, 542 –, katholische/im Katholizismus  337, 542 –, lutherisches/im Luthertum  343 f., 376 – psychologischer Effekt der  286, 376  auch: Privatbeichte; Sündenbeichten Bekehrung, Bekehrte  139, 158, 310, 313, 354, 361, 365, 382, 387, 517, 600 – gefühlsmäßiger/emotioneller Akt der  380, 386  auch: conversion Bekenntnis, Bekenntnisse  144, 339, 391, 449, 500, 518, 520 –, anglikanisches 268 –, baptistische  269, 311 – der Täufer  395 – des Reformationszeitalters  332 –, independentische 269  auch: Augsburger Konfession; Brownisten, Eingabe; Cambridge Platform; Confessio …; Confession der Particular Baptist; Dordrechter Canones; Hanserd Knollys Confession; Konfession; Lambeth-Artikel; Olijf-Tacxken; Savoy Deklaration; Westminster Confession „believers’ Church“  350, 353, 392 f., 513, 600

Sachregister Benediktinerregel/Regel des heiligen Benedikt  231, 324, 418, 422 Bequemlichkeit  180, 464  auch: comfort Bergpredigt  375, 397 Bernhardinismus 348 beroep (ndl.)  216 Beruf, Berufe  19, 160, 180, 182, 194 f., 201, 204 f., 209–227, 229, 231, 233, 235, 241 f., 246, 357, 375, 420 f., 427 f., 431 f., 465, 476, 481 f., 536 – als arbeitsteilige Tätigkeit  212 – als Befehl Gottes  241 f., 246, 428 – als göttliche Fügung  245 f. – als Lebensstellung  209, 226 – als objektive Ordnung  216 – als „Schickung“  427 –, bürgerliche 225 – des Geldverdienens  194 – Erfolg im  436 –, fester  430, 438 –, geistlicher  223, 247 –, gewerblich-kaufmännische 131 – Gottgefälligkeit der  465 – im äußerlichen, innerweltlichen Sinn  213 f. – im lutherischen Sinn  249, 427 – im weltlichen Sinn  218 –, individueller 400 –, innerer 213 –, kombinierte 431 – Pflicht gegen den  Berufspflicht – Schätzung der/des  232, 240 – Spezialisierung der/im  125, 429, 431 – Tüchtigkeit im  161, 230 – Tun von Gottes Willens im  420 –, weltliche 32 f., 217, 226, 247, 249  auch: „Arbeite hart in deinem Beruf“; beroep; „bleibe in dem Beruf“; calling; „ein jeder nach seinem Beruf“; ἔργον; kald; kallelse; Kaufmannsberuf; κλῆσις; πόνος; „rüstig in seinem Beruf“; sowie die Einträge zu: Arbeit; Arbeiter; Bewährung; Freiheit; Gelderwerb; Gliederung; Gottesdienst; Hausindu-

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strielle; Jansenismus; Schicksale; Schickung; Tätigkeit Berufene  Berufung Berufloser 430 Berufsarbeit, Berufsarbeiter  42, 208 f., 244, 291, 303, 372, 403, 420, 430, 451, 477 – als asketisches Mittel  362 f., 465 – als Ausdruck der Nächstenliebe  230, 422 – als Gottesdienst  420 –, arbeitsteilige 291 –, erfolgreiche/Erfolg der  376, 439 – Geist der  186 –, innerweltliche 222 –, moderne 485 –, rastlose  303, 376, 465 –, rationale 431 – religiöse Wertung der  219, 465 – Schätzung der  241 – Vernachlässigung der  348 –, weltliche  219, 230, 304, 307, 348 465 Berufsaskese  303, 431 –, innerweltliche 19, 23, 47, 326 –, puritanische 485 Berufsauffassung 162 –, puritanische 449 –, rationale 307 Berufsaufgabe/Beruf als Aufgabe  208, 246, 292 Berufsbegriff/Wort Beruf  32, 93, 209–226, 240, 440, 443 –, asketischer 213 – im weltlichen Sinn  440 – irrationales Element im  208 –, jansenistischer 303 – Luthers/lutherischer  223, 228, 245 –, katholischer 303 –, moderner  201, 217 – Pascals 227 –, protestantischer  227 f. –, thomistischer 227 Berufserfüllung  194, 487 Berufsethik  256, 435 –, asketische 510 –, bürgerliche 405

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Sachregister

–, rationale  248, 375 –, reformierte 368 Berufsethos, bürgerliches  476 f. Berufsgedanke  208, 238 – im lutherischen Sinn/Luthers  226, 249 –, moderner 239 Berufsgenossen 544 Berufsgeschäfte 421 Berufsgliederung  428 f.  auch: Arbeitsteilung Berufsidee  387, 411, 485 –, bürgerliche 391 –, protestantische 435 –, puritanische  409, 431 Berufsinteresse, ökonomisches  405 Berufskonzeption 410 –, calvinistische  294, 405 –, jansenistische 303 – Luthers 209–248 Berufskultur, moderne  23 Berufsleben  246, 356, 406, 430, 486 – Flucht aus dem privatwirtschaft­ lichen 347 – Rationalisierung des  467 –, unpolitisches 406 –, weltliches  232, 239, 327, 332, 357, 403 Berufsmensch  19, 419, 486  auch: „Der Puritaner wollte Berufsmensch sein …“  486 Berufspflicht/Pflicht gegen den Beruf  161, 434, 462, 487 Berufspredigertum  534, 536 Berufssittlichkeit 357 Berufsstatistik 123 Berufstätigkeit 293 Berufstreue  372, 404, 422 Berufstugend  404, 475 Berufswahl  133, 227 Berufswechsel  427, 432, 442 Berufung, Berufene  19, 32, 216, 271, 395, 434 – Begriff  217, 223 – „Festmachen“ der  302, 418 – zum ewigen Heil/Leben  32, 214, 217, 222, 309

 auch: calling; effectual calling; κλῆσις; „Ruf“; ruffunge; vocatio … Bescheidenheit 193 Besitz, Besitzer  192, 404, 427, 431, 434, 439, 463 f., 479 – Ausruhen auf dem  417 –, ererbter  128, 438 – Macht des  192 – säkularisierende Wirkung des  472 – Verpflichtung gegenüber dem  161, 461 – Versuchung des  465  auch: Fideikommißbesitz; Genuß des Besitzes; Grund-; Güter-; Kapital-; Sachgüterbesitz; Veradligung des Besitzes Besitzerklassen 540 Besitzlose, Besitzlosigkeit  114, 374  auch: Klassen, besitzlose Betrieb, Betriebe  111, 187, 189 –, bürgerlicher 445 –, methodischer 360 –, (moderne) kapitalistische  111, 161 –, rationaler kapitalistischer  106, 115  auch: Geschäfts-; Handwerks-; Staatsmonopolbetrieb; Wissenschaft, Fachbetrieb Betriebsformen  179, 194 Betriebskapitalismus  39, 56, 114 f., 185 Betriebsorganisationen  110 f. Bettel, Betteln, Bettler  105, 436 f., 479 Bettelmönch, Bettelorden  231 f., 391, 479, 600 f.  auch: Franziskaner Beuteerwerb  106, 110 Bewährung, Bewährungsinteresse  27, 47, 57 f., 223, 244, 297, 301, 309 f., 316 f., 334, 339, 341 f., 348, 361, 366, 377, 383, 407, 409, 446 f., 465, 499, 505, 507, 542 f., 545 – calvinistischer Gedanke der  230 – des Glaubens  301, 309, 332, 349 – des Heils  201 – in der Berufsarbeit  244 – Prüfung der  350, 501 f. –, rationale 297

Sachregister –, religiöse 45, 447, 499, 508 – Unentbehrlichkeit der  384  auch die Einträge zu: Gnadenstand; Wandel; Werke; Wirkungen Bewegung, Bewegungen –, asketische  259, 345, 387 –, puritanische 452 –, religiöse  252 f., 256, 298, 475 –, täuferische  Täuferbewegung –, wiedertäuferische 406  auch: Erweckungs-; Hussiten-; Ketzerbewegung Beweis, rationaler  101 Bewußtsein, Bewußtseinsinhalte, religiöse(s)  186, 331, 255, 355, 490  auch: Gnaden-; Schuldbewußtsein Bibel  240, 311 f., 397, 430, 440, 451, 460, 534 – Alleinherrschaft der  398 – als Norm/normative Geltung der  335, 384 – Autorität der  238 – Vorschriften der  322  auch: Bibelübersetzungen; sowie die Einträge zu: Christentum; Lebensführung; Offenbarung, biblische Bibelkonventikel, halbpietistische  391 Bibelübersetzungen  93, 211, 223 –, (deutsche) vor Luther  217 f., 223 –, englische 93, 223 f. –, französische calvinistische  215 –, italienische 214 –, katholische deutsche  218, 224 –, lutherische/Luthers 93, 215 f., 218., 220, 222 f.  auch: Lutherbibel –, protestantische 217 –, romanische  213, 223 –, spanische 213  auch: Mönchsübersetzung; Septuaginta; Übersetzung, hieronymische; Universitätsbibliothek Heidelberg, Inkunabeln; Vulgata Bibliokratie  335, 339, 342 f., 396, 399 Bibliotheken 158 –, amerikanische  263, 380, 389

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–, deutsche 262 Bilanz, Bilanzierung  107 f., 115 Bildung, Bildungssystem  6, 11, 353, 404, 452, 521  auch: Gebildete; graduates; Puritanismus, Bildung „billiger Preis, großer Umsatz“  189 Binnenmoral  39, 175, 447, 544 Birmingham 457 birthright(-Gedanke)  252, 333, 440 Bischof, Bischöfe  533, 540 f. blasphemisch 384 „bleibe bei deiner Arbeit“  218 „bleibe in dem Beruf“/„im Beruf bleiben“  217 f., 220 Book of sports  391, 449 f. Bordelleinrichtungen 424 Börse  112, 204 Boston (Trinity Church)  453, 500 Bourgeoisie, Bourgeoisstandpunkt  27–29, 113, 390, 465 Boykott, sozialer  531 Brentano (Familie)  135 Briefadel  193, 505 Brooklyn 495 „Brownisten“, brownistisch  516, 529, 601 – Eingabe der (1603)  514, 520, 523, 535 Brown University (Providence, RI)  263, 389 Bruder, Brüder  39, 239, 538 f. –, armer 202 –, böhmische 170  auch: Brüdergemeinde, mährische; Hussitenbewegung – Christi 395 – im Judentum  447  auch: Nichtbrüder; Nothilfspflicht, brüderliche Brudergeist, altchristlicher  537 Brüdergemeinde, mährische  259, 367 f., 373, 384  auch: Herrnhuter (Brüdergemeine) Brüderlichkeitsethik  22 Buchführung  188, 338, 529

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Sachregister

–, doppelte 111, 206, 418 – Gottes 338 –, rationale 111 Buddhismus  19 f., 299  auch: Ethik, buddhistische Bund, neuer  443 Bürger, Bürgertum, bürgerlich  113 f., 165, 212, 321, 493, 504, 508, 543 – Amsterdamer 526 – Florentiner 287 –, holländisches 469 –, puritanisches 449  auch: „comfort“; home; Klein-; Mittelbürgertum; society; sowie die Einträge zu: Arbeit; Askese; Berufe; Berufsethik; Berufsethos; Berufsidee; Betrieb; Ehrbarkeit; Erwerbsleben; Ethik; Ethos; Geist; Gesellschaft; Gesinnung; Kapital; Kapitalismus; Klassen; Leben; Lebensführung; Lebensstil; Mittelklassen; Mittelstand; Moral; Motive; Organisation; Patriziat; Rationalismus; Reichtum; Tugend; Unternehmer; Verhältnisse; Verkehr; Vermögen; Wirtschaft Bürgergeist  28 f. Bürgerrecht  508 f., 539  auch: Menschen-; Vollbürgerrecht Bürgerstand 503 Bürokratie, rationale  55 business  160, 223, 420 f. Buße, Bußbegriff  321 f., 342 f., 366, 601 Bußkampf – im Methodismus  381, 383 – im Pietismus  346, 361, 365 f. Bußsakrament  42, 308 f., 320, 601 „calculating spirit“  418 calling, callings  93, 209, 216, 224 f., 427, 430 f., 434, 538  auch: effectual calling Calvinismus, Calvinisten  19, 135, 139, 144, 178, 186, 223, 244, 249, 259, 263, 267, 273, 275, 285 f., 289–292, 294, 298, 304, 311, 315, 317–319, 321, 331,

344 f., 355, 360, 376, 378, 381–384, 387, 393, 396, 398, 400, 406 f., 410, 435, 443, 455, 482, 532 – als geschichtlicher Träger des asketischen Protestantismus  257 – Askese/asketisches Handeln des  308, 333, 337, 456, 515 – Bibliokratie des  335, 339 – ethische Eigenart/Entwicklung des  250, 451 –, französische 138 – Herrschaft des/der calvinistischen Theokratie  129, 257, 454 f. – in Deutschland  144, 267 – in England  258 – in Holland  140, 258, 455 f., 468 – Lebensführung/Lebensstil der  328, 339, 406 –, patriarchalischer 378 –, pietistische und nichtpietistische  346 –, politischer und ökonomischer Rationalismus des  294 – Staatsgefährliches am  267 f. – Überlegenheit des in der sozialen Organisation 288 – und das Gefühlsmäßige  381 – und Katholizismus  249, 308, 319 – und Luthertum  304, 329, 339, 345, 466 – und Particular Baptists  388 – und Pietismus  364, 456 – und Puritanismus  411 – und Sekten  249 – und Täufertum  259, 388 – Wirkung/Wirkungen des  339, 407  auch: anticalvinistisch; Hochcalvinismus; sowie die Einträge zu: Askese; Baptismus; Berufskonzeption; Bibelübersetzung; Denominationen; Doktrin; Ethik; Frömmigkeit; Geist; Gemeinschaft; Glaube; Gott; Gottesbegriff; Kirchen; Kirchenzucht; Lehrbegriff; Lehre; Niederlande; Organisation; Prädestinationslehre; Protestantismus; Rationalisierung; Religiosität;

Sachregister Staatskirche; Symbole; Theokratie; Theologen „calvinistischer Streit“ (im Methodismus)  269, 340 Calw 146 Cambridge (Universität)  268 Cambridge Platform (1648)  520, 538, 601 „captains of industry“  407, 503 caritas  charitas Carl Weber & Co./GmbH  189 Cäsarismus 290 „casus conscientiae“  411 Catechismus Genevensis  335 cawerzisch 135, 601 Cavaliere  Kavaliere censura morum  521 certificate 498, 539 certitudo salutis  5, 36, 201, 296, 298–300, 304, 309, 348, 361 f., 372, 379, 381–383, 401, 451, 601 character indelebilis  332, 525, 601 Charisma  46, 525, 534 – der apostolischen Besitzlosigkeit  374 – der Jüngerschaft  480 – des Gnadenstands  537  auch: Autorität; Revolutionen, charismatische charitas, reformierte  293 chiamamento (italien.)  214 Chiliasmus 402 China  7, 48, 101 f., 104, 109, 111, 113, 116, 118, 135, 170, 292 – Kapitalismus in  40, 108, 157, 185 – Toleranz/Intoleranz in  353  auch: Konfuzianismus; sowie die Einträge zu: Geschichtsschreibung; Mandarin China Inland Mission  292 Chrematismus, chrematistisch  194, 602  auch: antichrematistisch; Lebens­ führung, chrematistische Christentum, Christ, Christen  3, 14, 22, 64, 229, 244, 273, 289, 291 f., 332, 335,

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349, 357, 392, 396, 409, 411, 422, 432, 475, 513, 516, 531, 543 –, biblisches  239, 391 – Grundrecht des  358 f. –, hellenistisch beeinflußtes  101 –, nichtkatholische 515 –, okzidentales 125 –, passiver 366 –, pietistisches 374 –, „präziser“ puritanischer  337  –, reformiertes  289, 337, 386 –, wiedergeborene/unwiedergeborene  334 f.  auch: Aktiv- und Passivchristen; Durchschnitts-; Früh-; Minder-; Urchristentum; sowie die Einträge zu: Askese; Brudergeist; Empfindungen; Ethik; Freiheit; Frömmigkeit; Gemeinschaft; Laien; Lebensführung; Liebe; Religion; Religiosität; Vollkommenheit; Wirtschaftsorganisationen Christianisierung des ganzen Daseins  338 f. Christian Science  501, 602 Christologie (der Reformierten und Lutheraner) 395 Christus  270, 279 f., 306, 310, 330, 335, 372, 368, 394–396, 515 – Wiederkunft 292 classis 221, 602 cleping (engl.)  224 Club  Klub Cluniazenser  324, 418, 602 „cogito ergo sum“  323 College (Hamilton, NY)  389 College, amerikanisches  327, 505, 534  auch: Colgate College; Haverford College; Sekten-Colleges collegia pietatis  359 „comfort“ 464 commenda  Kommenda commercium (und connubium)  507, 532, 602 Commis  505 f., 602 commissioners Cromwells  530

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Sachregister

common best  429 communicatio idiomatum  395 Concupiszenz  Konkupiszenz Confessio Belgica (1561)  332, 602 Confessio Gallicana (1559)  332, 602 Confessio Helvetica posterior (1562)  315, 332, 602 f. Confession  Hanserd Knollys Confession; Westminster Confession Confession der Particular Baptists (1844) 352 conformism 391, 603 Congregatio S. Officii  198 Connecticut  508 f. „conscience to their duty“  477 consilia evangelica/evangelische Ratschläge  229, 329, 375, 411, 603 – und praecepta  219, 226 contingent 428 conversion 302, 603 Corpus Christi  515 corpus mysticum  462 coscienziosità 173 Couleurstudenten  507, 541 countenance 328 Covenanters, Covenant-Idee  511, 523, 603 covetousness 465 dare ad proficuum de mari  199 Darlehen, Darlehensgeschäfte  109, 199, 202  auch: See-; Staatsdarlehen Daseinskampf  Kampf ums Dasein „… daß das Volk nur arbeitet, weil und so lange es arm ist“  178 Dauerunternehmung  107, 109 decretum horribile  275 Dedhamer Protokolle  529 Deftigkeit 456 Deismus, Deist  160, 603 Dekalog 342 Deklassierung, soziale  499 Dekret, doppeltes  272, 295, 364, 412  auch: decretum horribile; Gnadenwahldekret

Demokratie  397, 430 –, amerikanische 46, 505, 507 f.  auch: „Sandhaufen“ (amerikanische Demokratie)  auch: Empfinden, demokratisches Demut  274, 307, 336, 376  auch: Sünder, demütiger; Sich­ bescheiden „Dem Volke muß die Religion erhalten bleiben“ 183 Denomination, Denominationen  170, 260, 341, 397, 405, 409 f., 496, 499, 517, 603 –, asketische 47, 200, 284, 387, 515, 542 – aus dem Calvinismus hervorgegangene 364 –, baptistische 364 –, methodistische 258 –, protestantische/des Protestantismus  144, 200, 226 –, puritanische 543 –, täuferische  398, 406, 408 f.  auch: interdenominationell „Deo placere vix potest“  196, 202 „Der Handelnde ist immer gewissenlos …“  407 „Der Puritaner wollte Berufsmensch sein …“  486 Detailgeschäft, Detailhandel, Detailhändler  109, 187, 189, 603 Determinismus 341  auch: Prädeterminationslehre (im Islam) Deus absconditus  275 Deutsche, Deutschland  127, 133, 146, 158, 173, 180 f., 290, 343, 510, 521, 529 – Gemütlichkeit der  344 – in Amerika  506 f. – wirtschaftlich entwickeltste Gebiete in 128  auch: Katholikentage Deutschlands; Osten, deutscher; Preußen; sowie die Einträge zu: Bauern; Bibelübersetzungen; Bibliotheken; Calvinismus; Empfinden; Energielosigkeit;

Sachregister Geistliche; Industrie; Katholiken; Kirchenzucht; Mystik; Pietismus deutsch-amerikanisch  506 f. Devonshire House (London)  389 διαθήκη 210, 211, 218, 220 Diaspora  141 f. „die Ketzerei befördere den Handelsgeist“  140 f. „die Ketzer strafend, doch den Sündern mild“  129 Dienstleistung (amerikanische Perhorreszierung) 290 Diesseits, Diesseitigkeit, diesseitig  255, 287, 297, 355, 363, 372, 377, 430, 475  auch: Jenseits; sowie die Einträge zu: Genuß; Interessen; Leben; Orientierung; Philosophie; Seligkeit; Zwecke Differenzeinwand 204 directeur de l’âme  337 disciplina (ecclesiae)  301, 515 „disciplinarians“ 531 Diskontierungen 199 Dissent 484 „dissenting brethren“  523, 531 Disziplin, Disziplinierung  159, 169, 301, 426, 514 –, militärische 327  auch: disciplina; „disciplinarians“; Kirche, Disziplinarmittel; Kirchendisziplin; Selbstdisziplinierung „Divina Commedia“ (Dante)  250 Dogma, Dogmen  259–261, 283, 291, 339, 384 – der Gnadenwahllehre  264 f., 273 –, protestantisches 222  auch: Prädestinationsdogma; sowie die Einträge zu: Ethik; Interessen; Irrtümer; Rechtgläubigkeit Dogmatik, Dogmatiker  410, 500 –, orthodoxe (des Protestantismus)  394 –, spätere lutherische  342 Doktrin –, dialektische 306 –, katholische  199, 202, 314

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–, lutherische 341 –, orthodoxe (calvinistische)  300, 341 –, pietistische 360  auch: dubitatio (katholische Doktrin); Heiligungs-; Wucher­ doktrin „doleantie“ 516 dompelaers  Tunker donatistisch  603 f.  auch: Kirchenbegriff; Prinzip, donatistisches doppeltes Dekret  Dekret, doppeltes Dordrechter Canones/Dekrete  295 f., 347, 528 Dordrechter Synode (1618/19)  268, 275, 346, 455, 532, 604 dritter Stand (status oeconomicus)  359 f., 604 Dualismus  6, 241 – von Binnen- und Außenmoral  39, 175, 447, 544 –, zarathustrischer 15 dubitatio (katholische Doktrin)  314 Dunbar, Schlacht von (1650)  235 dunckards  Tunker Durchschnittschrist, Durchschnitts­ christentum –, mittelalterlicher 319 –, reformierter  318, 355 Durchschnittslutheraner 343 Durchschnittsmensch 175 Durchschnittsverdienst 494 ebionitisch 414 ecclesia militans  269, 329, 451, 604 ecclesia pura  312, 515, 604 ecclesia visibilis/invisibilis  Kirche, sichtbare und unsichtbare ecclesiola (des Pietismus)  354 Edelmetallbestand 190 Educational Alliance  445, 604 effectual calling  309, 312 Ehe 423  auch: Geschlechtsverkehr; Leben, eheliches; Virginität (in der Ehe) Ehestand  215, 221

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Sachregister

Ehrbarkeit 357 –, bürgerlich-rationale 456 Ehre, Ehren  166 –, soziale  439, 505 Ehre Gottes  Gottes Ehre Ehrenmann, kreditwürdiger  155 Ehrfurcht 396 Ehrgeiz  133, 451 Ehrlichkeit  153, 157–159, 407  auch: „honesty is the best policy“ „Ehrlich wie ein Hugenotte“  474, 485 Eid  401, 406, 541 Eigeninteressen 543 Eigentum, Eigentümer  153, 159, 538  auch: Privateigentumsordnung „eine Kraft, die stets das Gute will und stets das Böse schafft“ (Goethe)  465 Einfachheit (des Lebens)  464, 468 „ein jeder nach seinem Beruf“  215 f., 222 Einkommen  137, 153, 212 „Ein Reicher wird nicht leicht selig“  415 Einübung (konstanter Motive)  328 „Einverleibung in Christi Körper“  288  auch: corpus mysticum; unio mystica Einwanderung, Einwanderer  494, 508  auch: Immigranten Einzelgemeinde  350, 516, 528 Einzelleistungen 316 Einzelunternehmungen 107–109 Eitelkeit  233, 458, 462, 464 ejectors  296, 537 ἐκκλησία 221 Ekstasen 381 elders  520, 522  auch: ruling elders electi  300, 317, 532 Elisabethanische Zeit/Zeitalter  225, 453 Elsaß-Lothringen, elsässisch  131, 138 Emanzipation  401, 425 –, heidnische (vom Traditionalismus) (Brentano)  31 f., 39, 171, 489 – „vom zweiten Gebot“  445

– von kirchlicher Kontrolle  140 Emigranten, Emigrantengemeinde  135, 519 Emotion –, methodistische 386  auch: Bekehrung; Religiosität, emotionelle Empfinden, Empfindungen –, asketisches  345, 461 –, christliche 454 –, demokratisches 290 –, deutsches und amerikanisches  154 –, feudales 463 –, irrationale (der Berufserfüllung)  194 –, puritanisches 454 –, religiöses  304, 370, 386 –, sittliches 195 –, sündliche 423 –, soziale 333 „Empfindsamkeit“ (Zeit der)  370 Empirismus 374 –, philosophischer und wissenschaft­ licher 489 –, rationalisierter 373  auch: Wissenschaft, empirische Energielosigkeit, deutsche  488 England, Engländer  129, 133 f., 146–148, 172, 183, 224 f., 235–237, 251–253, 258 f., 263, 290, 298, 333, 362, 365, 385, 418, 431, 448, 460, 468 f., 480, 486, 528, 530, 545 – als ökonomisch rationalisiertes Land 207 – Bürgerkrieg in  235 f., 251, 480 f. – „fröhliches altes“/„merry old England“  253, 453, 470 – Frömmigkeitsrekord der  148 – „große Remonstranz“ (1641)  484 – in der Musikgeschichte  453 – kapitalistisches Interesse der  237 – Landwirtschaft der  469 – (Langes) Parlament in  234 f., 412, 484, 519, 522, 528, 530, 533, 535  auch: Parlament der „Heiligen“ – Methodismus in  536

Sachregister – Monopolindustrien in  483 – Nationalstolz der  252 –, puritanisches/„puritanischer Pietismus Englands“  348, 353, 530 – Reformation in  533 – Restauration  412, 455, 459 – (Staats-)Kirche in  anglikanische Kirche; Kirche Elisabeths; Staatskirche, englische – täuferische Sekten in  390, 402 – Volkscharakter der  251  auch: Bank von England; birthright; Dunbar; Elisabethanisches Zeitalter; Kavaliere; Lambeth-Artikel; Magna Charta; merchant adventurers; Roundheads; Stuarts; Zeit Cromwells; sowie die Einträge zu: Armengesetzgebung; Aufklärungsepoche; Bibelübersetzungen; Gesellschaft; Ideale; Independenten; Industrie; Kapital; Konventikel; Landgüter; Moraltheologen; Nationalliteratur; Pietismus; Prediger; Predigten; Presbyterianer; Puritanismus; Quäker; Schriftsteller; Vergnügen, volkstümliche; Verhältnisse; Volk; Volkscharakter „English Hebraism“  24 f., 444 enmity 333 Enthusiasmus 386 –, religiöser  426, 475 Entlastung  42, 321 f., 376 – in der Beichte  Beichte, Ent­ lastung – vom Sündendruck  303 „Entsagen sollst du, sollst ent­sagen“  462 „entweder gut essen, oder ruhig schlafen“ 137 Entwicklung –, amerikanische  142, 505 –, angelsächsische 413 – der materiellen Kultur  256 – des kapitalistischen Ethos  445 – des kapitalistischen Geistes  144, 190, 207, 253, 481

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– des kapitalistischen Lebensstils  449 – des Sündengefühls  386 –, ethische 451 –, geschichtliche  345, 387 –, gewerbliche und kapitalistische Frankreichs 137 –, industrielle  136, 179 –, kapitalistische/des Kapitalismus  127, 136, 139, 162, 179 f., 205, 249, 387, 419, 461, 481, 490, 542 – Luthers/des Luthertums  240, 246, 249, 298, 341, 343 –, methodische (der Heiligkeit)  362 –, ökonomische/wirtschaftliche 116, 134, 142, 466, 475 –, okzidentale  117 f., 173 –, technische/der Technik  114, 460, 489 Entwicklungsstufe, sozialpsychische  370 Entwicklungstendenz  331, 377 Entzauberung der Welt  16–18, 23, 41 f., 54, 57, 280, 320, 398, 403 Episkopalismus, episkopalistisch  143, 521, 533, 605 Epoche, Epochen  340 – der Stuarts  437 –, frühkapitalistische 26, 29 –, heroische des Kapitalismus  440 –, präkapitalistische  167, 175 –, religiös lebendige  476  auch: Aufklärungs-; Kulturepoche Erastianismus, erastianisch  258, 522, 530, 605 Erbgut, biologisches  120 f. Erbsünde 342 Erfolg, Erfolge  158, 436, 447, 500 –, äußerlicher (der Verworfenen)  443 –, geschäftlicher  146, 438 –, kapitalistischer  194, 545 –, wirtschaftlicher 207  auch: Arbeit; Beruf; Berufsarbeit, erfolgreiche Ergasterien  110 f. ἔργον  210 f., 222 f. Erie-See (Gemeinde einer Stadt am)  494

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Sachregister

Erkenntnis  115, 121, 318 f., 338, 486 – des religiösen Erlebnisses  318 –, gesichtspunktabhängige 150 – Gottes und seiner Werke  374 Erkenntnisgrund (des Gnadenstandes/ der Seligkeit)  369, 382  auch: Realgrund Erleuchtete (vom Geist)  399 Erlösung, Erlösungsgefühl  273, 447 Erlösungsreligion, Erlösungsreligionen  5, 8, 11, 13, 20–22 –, asiatische 19, 22, 43 –, asketische 22 –, nicht sakramentale  298 f. –, vorderasiatisch-okzidentale 19, 22 Erlösungswerk Christi (Aneignung des) 394 Erneuerung, sittliche  260 Erwählung, Erwählte  278 f., 302, 312, 314, 316 f., 319, 333, 338, 350, 353, 385, 605 – gute Werke als Zeichen der  315 – Sicherwerden/Gewißheit der  298– 300, 333  auch: electi; „personal election“ Erwählungsentschluß Gottes  297, 343  auch: Gottes Gnadenwahl Erweckungsbewegung, Erweckte  387, 395  auch: Neuerweckung; réveil; revivals Erweckungspredigt 380 Erwerb, Erwerben  26, 28 f., 32, 37, 107, 133, 148, 165, 168, 175, 184, 405, 407, 414, 417, 438, 462, 467, 469, 480, 482 – als Mittel zum Zweck  160 – als natural act  405 – als Selbstzweck  202 – als Zweck des Lebens  160 –, kapitalistischer/ökonomischer 106, 108, 132, 175, 203, 237 – monopolistische Schranken des  484 –, rationaler  421, 463, 483 –, rücksichtsloser 174  auch: Beute-; Geld-; Gütererwerb; trade

„Erwerben sollst du, sollst erwerben“  462 Erwerbsgier 106 Erwerbsinteressen 477 Erwerbsleben  133, 137 f., 409 –, bürgerliches 131 –, kapitalistisches  138, 435 – Rückzug aus dem  405 Erwerbsmittel 107 Erwerbssinn 178 Erwerbsstreben  29, 31, 172, 466, 487, 544 f. – als das Natürlichste der Welt (Brentano)  32 Erwerbstätigkeit  214, 487 Erwerbstrieb  28 f., 39, 105, 137, 246 – in den präkapitalistischen Epochen  167 – rationale Temperierung des irrationalen  41 Erwerbswirtschaft  184, 185 Erziehung, Erziehliches  116, 128, 133, 142, 181, 374, 403, 506 –, pietistische 446 –, religiöse 183 –, talmudische 24, 444 –, wirtschaftliche 182 – zum kapitalistischen Geist  186 – zur intensiven Arbeit  181 – zur kapitalistischen Kultur  179  auch: Jugenderziehung; Realunterricht Erziehungsmittel  320, 418 Erziehungsprozeß 180 Erziehungswirkungen  6 –, asketische  415 f., 475 Erzväter  312, 440 Esau (bibl. Gestalt)  440 eschatologisch  220–222, 239, 402, 605  auch: Indifferenz, eschatologische Essen und Trinken  228, 405  auch: „Wer nicht arbeitet, soll nicht essen“ Ethik, Ethiker  37, 120, 155, 169, 175 f., 286, 294, 332, 389, 400, 435, 461, 500, 513

Sachregister –, ägyptische 47, 49, 280, 543 –, altisraelitische 47, 280, 543 –, altprotestantische 253 –, alttestamentliche 444 –, asketische  289, 381, 387, 413 –, babylonische 47, 280, 543 –, buddhistische 14, 64 –, bürgerliche  512, 543 –, calvinistische/des Calvinismus  294, 455 –, christliche 14, 171, 401 – der nominalistischen Schule  202 – der Stoa  168 – des asketischen Protestantismus  385 – des Methodismus  385 – des Spätmittelalters  171  auch: Mendikanten-Ethiker – Franklins  159, 164, 167 –, häretische 435 –, hinduistische/indische 14, 64, 227, 428 –, islamitische 14, 64 –, jüdische/des Judentums  14, 441, 447 –, kapitalistische  186, 407 –, katholische  195, 320 –, konfuzianistische 14, 64 –, mittelalterliche/des Mittelalters  201, 247, 479 –, organische religiöse  227 –, phönizische 47, 543 –, prädestinatianische (Port Royals) 294 –, protestantische 172 –, puritanische/des Puritanismus  289, 387, 407, 411, 435, 446, 543 –, rationale 117 –, reformatorische 195 –, reformierte 404 –, religiöse 14, 171, 195, 201, 247, 431 –, soziale (materieller Inhalt der)  312 –, sozialpolitische 488 –, talmudische 446 –, täuferische/des Täufertums  378, 392 –, traditionalistische 463 –, undogmatische 260 –, utilitarischer Charakter der  294

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– von Unternehmern  Unternehmer, ethische Qualitäten von –, Wyclifisch-hussitische 172  auch: Außen-; Berufs-; Brüderlichkeitsethik; Gesellschaften für „ethische Kultur“; Gesinnungs-; Innen-; Lollarden-; Mönchs-; Quäker-; Sozial-; Wirtschaftsethik; sowie die Einträge zu: Arbeiter; Calvinismus; Entwicklung; Gesamtleben; Kompendien; Leben; Lebensführung; Lehren; Literatur; Luthertum; Maximen; Nachbarn; Normen; Praxis; Prinzipien; Programm; Qualitäten; Schriftsteller; Sinn; Standard; System; Theorie; Universalgeschichte; Verhalten; Verwendungszwecke; Wandel; Werte; Wirtschaftsgesinnung Ethisierung 199 Ethos  41, 117, 155, 157, 168 f., 189, 445, 543 –, asketisches 470 – des modernen Bürgertums/modern bürgerlich-kapitalistisches  543, 545  auch: Berufs-; Geschäfts-; Wirtschaftsethos; sowie die Einträge zu: Entwicklung; Puritaner eudämonistisch  159, 208 Europa  438, 510, 530  auch: Südeuropa; sowie die Einträge zu: Immigranten; Kapitalismus; Kulturwelt; Rationalismus; Staaten; Welt Europäisierung  Vereinigte Staaten (von Nordamerika) evangelische Ratschläge  consilia evangelica Evangelium  214, 217, 292, 336 – vom Zins  195 „ewige Ruhe der Heiligen“  417 Ewigkeit  277–279, 338 – von her prädestiniert/verworfen  332  auch: Heil; Leben; Schicksal; Seligkeit; Tod; Verwerfung; Wahrheit; Wiederkehr; Zukunft, ewige

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Sachregister

ex causis naturalibus  428 exceptio usurariae pravitatis  205 Exercitia spiritualia  325 Exil, babylonisches  142 Existenzgrundlage, ökonomische  212 ex jure divino  358 Exklusivität (des Gottvertrauens)  283  auch: Gesellschaft, exklusive Exkommunikation, Exkommunizierte  359 f., 396, 519 f., 526, 529 f., 533, 540 f., 605 Expansion – des kapitalistischen Geistes  256, 465 – des modernen Kapitalismus  190 Experiment, rationales  101 externa subsidia  279 „extra ecclesiam nulla salus“  279, 350, 399, 605 Exulantengemeinde 458 Fabrik, Fabrikanten, Fabriksystem  107, 132, 144, 146, 161, 173, 247, 461 Facharbeit 485 Fachbeamter (im Okzident)  104 f. Fachmann  118 f., 424 f.  auch: Nichtfachmann Fachmenschen, Fachmenschentum  104, 438 – „ohne Geist“  488 Familie, Familien  540 –, reformierte 145  auch: Ehre; Vermögen einer Familie Familistensekte 439, 605 Farmer  469, 472, 503, 506 Fatalismus  297, 317 – als Konsequenz des Prädestinationsgedankens  316, 357 Faulheit  427, 430, 457 Faust und Gretchen  424  auch: Menschentum, faustische Allseitigkeit Feind, Feindschaft  166, 451 – Gottes 333  auch: autoritätsfeindlich; enmity; kirchenfeindlich; Macht, feindliche;

Menschenfeindlichkeit; Welt, feindliche Feindesliebe 285 „Feine“ 322  auch: Präzisisten Festus (Prätor)  430 feudal  auch: Gesellschaft; Empfinden; Herrschaft; Lebensformen Fideikommiß, Fideikommißbesitz  193, 505, 606 Fideikommißstiftung  45, 392, 439, 462, 499, 606 fides efficax  309, 311 f. fides implicita  374, 606 Finanz(ierungs)kapitalismus  110, 112 Finanzmagnaten  185, 483 Finanzprojekte, fürstliche  448 „finitum non est capax infiniti“  307 Fleischabtötung 391 Fleischeslust  417, 434 – Kampf gegen die  463 Fleiß, fleißig  152, 157, 475, 482  auch: industry „Flor der Commerzien“  433 Florenz  164, 205 – Kapitalismus in  185  auch: Bürgertum, Florentiner foenus nauticum  199 „foreordained“ 270 Form  Geist und Form  auch: Betriebs-; Geschäfts-; Lebens-; Organisations-; Wirtschaftsform formal  Rechtlichkeit; Regeln, formale Formalismus (der puritanischen Ethik)  407 Forschung –, ethnographische 120 –, historische 356 –, mathematisch-rationalisierte „exakte“ 373 Fortschritt, Fortschritte  29, 146 f., 322 – in der Gnade  337 – in der Heiligung  372 – in der Tugend  338 –, ökonomischer 350

Sachregister Fortuna 166 Frankreich, Franzosen  133, 137 f., 142, 208, 235, 263, 545 – Katholiken in  138 – modern-katholische Frömmigkeit in  337  auch: Hugenotten …; sowie die Einträge zu: Bibelübersetzung; Calvinisten, Kultur; Protestantismus Franziskaner, Franziskaner-Obser­ vanten  390 f., 606 „free trade“  484 Freie (und Beruf)  225 Freiheit, Freiheitssphäre  147 f., 306, 359, 458, 533 – „allen Berufs“  241 –, christliche  369, 383 –, politische  418, 459 – von der Gesetzesknechtschaft  335 f. – von der Macht der Sünde  385  auch: Gewissens-; Sekten-; Un-; Werturteils-; Willensfreiheit; sowie die Einträge zu: Arbeit; Institutionen; Lohnarbeiter; Wille Freiheitskrieg (der Niederlande)  455 Freimaurer 501 Fremder 447  auch: Lebensfremdheit; Stammesfremde; Weltfremdheit Freude, Freuden  449, 460, 481  auch: Lebens-; Sinnen-; Weltfreude Freund, Freundschaft  283 f., 289  auch: Feinde „from hand to mouth“  433  auch: „von der Hand in den Mund“ „fromme Langeweile“ des Paradieses  192 Frömmigkeit  139, 146 f., 238, 347, 376, 383, 403, 439, 451, 469 –, alttestamentliche 337 – asketischer Charakter der  345 –, bernhardinische  306, 380  auch: Bernhardinismus –, calvinistische  316, 350, 355 –, christliche 139

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– gefühlsmäßige Elemente/Verinner­ lichung der  370, 376 –, herrnhuterische  369 f. –, katholische  305, 320, 337 –, kirchliche 138 –, lutherische  304, 342, 344, 428 –, pietistische  346, 363, 377 –, puritanische 359 –, reformierte  324, 348  auch: Stimmungsfrömmigkeit; sowie die Einträge zu: Engländer; Genießen; Leistungen; Männer Fronbürokratie (Sprache der)  209 f. Fronknechte 114 „Früchte“  362, 429 – des Geistes  301 – des Glaubens  Glaube, Früchte des Frühchristentum 526 frugality 474 Frühkapitalismus, frühkapitalistisch  30, 407, 512  auch: Epoche; Prinzip; Zeit, frühkapitalistische Fugger 233 Fuggersches Promemoria  155 f. Fügung, Fügungen –, göttliche/Gottes  222, 242, 246, 363, 432, 439 – in die gegebene Lage  243 –, providentielle 340 „für Gott dürft Ihr arbeiten, um reich zu sein“  434 Fürsorge  286, 377 – Gottes 448 Fürsten, Fürstenhöfe  172, 175, 455, 526, 541 –, reformierte/lutherische 344 Fußwaschung 398 Gaben Gottes  Gottes Gaben Gattungsbegriffe, abstrakte  150 Gebet  427, 449, 495  auch: Vaterunser-Gebet Gebiet, Gebiete – kapitalistischer Entwicklung  139

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Sachregister

–, ökonomisch entwickeltste  128 f.  auch: Industrie-; Verbreitungs­ gebiete Gebildete  261, 269 Gebot, Gebote – der Nächstenliebe  241 – Gottes  210, 279, 291, 293, 420, 427, 449 –, zweites 445  auch: Arbeitsgebot; Dekalog; Kirche, Gebote; Sittlichkeits-; Schweigsamkeitsgebot Gebotserfüllung, jüdische  447 Gefäß (des Göttlichen)  20, 42, 308 Gefühl, Gefühle  334, 341, 355, 362, 382, 284, 386 – der Vereinsamung  278 – erbsündiger Unwürdigkeit  307 – im Pietismus  Gefühlspietismus; Pietismus, gefühlsmäßiger –, lutherisches (bußfertiger Reue)  333 –, trügerische 308  auch: Erlösungs-; Gnaden-; Gottes-; Rache-; Sünden-; Wurmgefühl Gefühlsaffektion 377 Gefühlschristentum  Gefühlspietismus Gefühlserregung  376, 386 Gefühlskultur, mystische  308 Gefühlsleben 342 gefühlsmäßig, Gefühlsmäßiges, Gefühlsmäßigkeit  281, 286, 289, 328, 356 f., 362, 369 f., 372, 376, 379, 384, 386, 446  auch: Bekehrung; Calvinismus; Frömmigkeit; Glaubensreligiosität; Methodismus; Pietismus; Religion, gefühlsmäßige Gefühlspietismus  378, 386 Gefühlsreligiosität 336  auch: Religiosität, Gefühlscharakter Gegenwartsgenuß 377 Gehäuse  161, 488 –, stahlhartes 487 Geheimnisse 276 – Gottes 299

Gehorsam  198, 313, 397, 427, 527 – gegen die Obrigkeit  246 – gegen Gott  243, 291, 362  auch: Obödienz Gehorsamsgelübde 397 Geist  11, 40, 101, 106, 155 f., 186, 188, 215, 249, 256, 259, 287, 396, 399 f., 403, 444, 459, 475, 487, 534 –, altprotestantischer 147 –, alttestamentlich-jüdischer 312 –, asketischer/der Askese  19, 258, 455, 469, 485 –, calvinistischer/des Calvinismus  186, 178, 253, 346 – „der Arbeit“/„des Fortschritts“  147 – „der Zeit“ 412 – des kapitalistischen Erwerbs  203 –, göttlicher/Gottes/heiliger  248, 394, 397  auch: ludibria spiritus sancti –, hellenischer 101 –, kapitalistischer/des Kapitalismus  11, 23–25, 27 f., 30–33, 38 f., 106, 144, 148, 150, 154, 156, 162 f., 169, 176, 185 f., 192, 194, 201, 206, 233, 253, 255 f., 406, 408, 465, 481, 485, 492 – Begriff/Definition 32, 39, 148–150, 156, 163, 172 – Entwicklung des  Entwicklung des kapitalistischen Geistes –, moderner 10, 172, 174, 185, 190, 461, 484, 543 –, „lateinischer“ 397 –, neuer 190 –, okzidentaler bürgerlicher  504 –, präkapitalistischer 169 –, puritanischer/des Puritanismus  459, 471 –, traditionalistischer 187 – und Form  10, 40, 44, 47, 55, 185 f., 188 – Wirkungen des  402 – Zeugnisse des  398  auch: „Bruder-“; Bürgergeist; „die Ketzerei befördere den Handelsgeist“; Fachmenschen „ohne Geist“;

Sachregister Früchte des Geistes; Handwerksgeist; Quäker, Geist bei den; Unternehmungs-; Wirtschafts-; „Volksgeist“ Geistesaristokratie 425 Geistliche, Geistlichkeit  234, 519, 527, 534, 537 – als „Mietling“  534 –, deutsche 421 –, lutherische  183, 344  auch: Berufspredigertum; minister; Pfarrer; Prediger; Priester; sowie die Einträge zu: Amt; Autorität; Beruf; Gericht; Kirchenzucht, Menschen; „Ruf“; Zensur Geistzeugnis 381 Geiz  164, 461  auch: „Philosophie des Geizes“ Geld  31, 108 f., 151 f., 159, 165, 169, 172 f., 177, 179, 185 f., 190, 194, 205, 433, 439, 469, 505 – als nervus rerum des Haushalts  164  auch: „aus Menschen macht man Geld“; Gewissensgelder; Unproduktivität des Geldes; „Zeit ist Geld“ Gelderwerb  160, 173, 476, 481 – als Beruf  481 – als Selbstzweck  159, 195 Geldgeschäft 199 Geldgewinn 105 Geldgier 168  auch: auri sacra fames Geldleute, große  191 Geldmächte 200 Geldmangel 205 Geldsummen  153 f. Geldtrieb 303 Geldvorräte 190 Geldwirtschaft 107 Gelegenheitsarbeiter 430 Gelegenheitsunternehmer 109 Gelehrte, katholische  197 Gelüste, weltliche  475 Gemeinde, Gemeinden  46, 350, 368 f., 498, 500, 515, 518, 520, 523 f., 526–528, 540

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–, niederländische reformierte  393 –, „reine“ 401 – Selbstverwaltung der  529, 533 – Zuziehung zu einer  539  auch: Abendmahlsgemeinde; Baptisten-; Einzel-; Emigranten-; Exulanten-; Kirchen-; Nachbar-; Refugié-; Urgemeinde Gemeindeälteste 526  auch: Älteste Gemeindebildung  354, 363, 543 Gemeinde(mit)glieder, Gemeindemitgliedschaft  141, 301, 515, 522, 524, 528 f., 531, 533 f., 537  auch: Attest; ballot, Ballotage Gemeinschaft, Gemeinschaften  292, 334, 403, 515–517, 523, 527 f., 538, 542 –, baptistische  Baptistengemeinschaft –, calvinistische 409 – der persönlich Gläubigen  392 – der Wiedergeborenen  334, 392 –, göttliche/Gottes/mit Gott  289, 301, 308, 377, 386 –, halbkommunistische 404 –, independentische 533 –, kirchliche/der Kirche  Kirchengemeinschaft –, methodistische 409 –, pietistische  354, 409 –, puritanische 479 –, religiöse  351, 389, 392 f., 504 –, soziale  228, 489 –, täuferische  Täufergemeinschaften – und Gesellschaft  2  auch: Abendmahls-; Mönchs-; Religionsgemeinschaft Gemeinschaftsbildungen, gemeinschaftsbildend 289 – des Mittelalters  542 –, voluntaristische 409 Gemeinschaftsorganisationen  291, 489 –, klösterliche 357 General Baptists  388, 398 Generalstaaten, niederländische  259, 286, 302

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Sachregister

Genf  129, 135 Genießen  159, 449 –, „frommes“ 386 Genossen  388, 542  auch: Abendmahls-; Berufs-; Glaubens-; Sekten-; Un-; Zunftgenossen Gentleman, Gentlemen  6, 186, 327, 470, 498, 502, 506 f. Genua 237 Genügsamkeit, moralische  330 „genus proximum, differentia specifica“ 149 Genuß, Genüsse  417, 451, 459–461 – der Macht  193 – des Besitzes/Reichtums  463 –, diesseitiger (der Seligkeit)  355  auch: Gegenwartsgenuß; Genießen; Lebensgenuß „Genußmenschen ohne Herz“  488 Genußmittel 451 Geometrie, indische  101 Gerechtigkeit 284 – Gottes  243, 271 – Maßstäbe irdischer  276 – vor Gott  241  auch: Gnade Gottes über Gerechte/ Ungerechte; Prädestination, ungerechte; Werkgerechtigkeit Gericht, Gerichte  –, geistliches 205, 606 –, staatliche 538 Gesamtkirche 516 Gesamtleben 322 – asketische Rationalisierung des  342 –, ethisches 341 Gesamtlebensführung 247 Geschäft, Geschäfte  109, 111, 158, 160, 165, 187–189, 192, 223, 430, 461 f., 504, 507  auch: Bank-; Berufsgeschäft; business; Darlehens-; Detail-; Geld-; Kredit-; Verlagsgeschäft; sowie die Einträge zu: Erfolg; Lebensführung; Qualität; Rechtlichkeit; Sinn Geschäftsbetrieb  189, 256, 338

Geschäftsethos 503 Geschäftsformen, kapitalistische  203 Geschäftsführung, traditionelle  188 f. Geschäftsgrundsätze 188 Geschäftskapital 461 Geschäftsklugheit  41, 155 Geschäftsleben  460 f., 501 Geschäftsmann, Geschäftsmensch, Geschäftsleute  173, 183, 438, 495, 504 f. Geschäftsmoral 484 Geschäftssinn 139 Geschäftsunternehmungen 374 Geschäftsverkehr  466, 496 – mit Nichtbrüdern  538 Geschäftszwecke 163 Geschichte  9, 173 f., 254, 317, 487, 504 –, ökonomische 184  auch: Historiker; Kirchen-; Musik-; Religions-; Universalgeschichte; welthistorisch; „wie Ideen in der Geschichte …“; Wirtschaftsgeschichte; sowie die Einträge zu: Arbeit; Begriff; Begriffsbildung; Entwicklung; Forschung; Massenerscheinungen; Materialismus; Motive; Ordnungen; Realität; Ursache; Urteil; Verhältnisse; Wahrheit; Werden; Wirklichkeit; Wirkungen; Zufälligkeiten; Zurechnungsurteile Geschichtsdeutung, spiritualistische kausale 490 Geschichtskonstruktion 251 Geschichtsmaterialismus  162 f. Geschichtsschreibung, chinesische  102 Geschlechtsverkehr  423 f. Geselligkeit 418 Gesellschaft, Gesellschaften  2, 43, 491, 505 –, adlige 505 –, amerikanische  506 f. – Arbeitsteilung der  428 –, englische  469, 470 –, exklusive 504 –, kapitalistische 450 –, moderne bürgerliche  206

Sachregister –, monarchisch-feudale 450 – objektiver Kosmos der  227  auch: Vergesellschaftung; sowie die Einträge zu: Gemeinschaft; Kosmos; Mächte; Nutzen; Religion Gesellschaften für ethische Kultur  254, 606 Gesellschaftsvermögen 462 Gesetz, Gesetze, Gesetzlichkeit  105 f., 447, 450 –, alttestamentliche 448 –, ökonomisches 255  auch: Armengesetzgebung; Gebote; Grenznutz-; Sittengesetz; sowie die Einträge zu: Norm; Sittlichkeit; Vollkommenheit Gesetz, göttliches/Gottes  316, 321, 334, 342 f., 362, 367, 374, 382, 384, 407 – als ideale Forderung/Norm  335 f. –, mosaisches 443  auch: Dekalog; Gebote Gottes Gesetzesknechtschaft  335 f. Gesinnung  40, 165, 174, 180, 185 f., 416, 485 –, antik-heidnisch orientierte  171 –, bürgerliche 470 – Franklins  163, 233 –, traditionalistische 233  auch: Abenteurer-; Wirtschaftsgesinnung Gesinnungsethik  42, 320 Gestaltung –, rationale (des ganzen Daseins/der Wirtschaft)  293, 377 –, zweckvolle (des Kosmos)  430 Getriebe (des Kapitalismus)  481 Gewalt –, hierarchische 350 –, obrigkeitliche 483 –, politische  403, 530  auch: Staats-; Strafgewalt Gewerbe 154 –, kapitalistische 181 –, mittelalterliches 225  auch: Manufaktur Gewerkschaftler 507

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Gewerkverein 183 –, autoritätsfeindlicher 450 Gewinn, Gewinnmachen  106, 108, 114, 173, 176, 185, 197, 199, 203, 205, 241, 432 f.  auch: Geldgewinn; Handel, gewinnbringender; Kapitalgewinn; „… wollte gewinnen …“ Gewinnstreben  105 f., 184, 196 f., 239, 241, 415, 442, 463 – rationale Temperierung des  55 – Rücksichtlosigkeit des  175 Gewinnzwecke 185 Gewissen  140, 303, 398, 400–402, 406, 455, 482 –, gutes  434, 451, 476 –, „kausales“ 466  auch: „conscience to their duty“; „Der Handelnde ist immer gewissenlos …“; „terrores conscientiae“ Gewissenhaftigkeit 430  auch: Arbeiter, gewissenhafte Gewissenserforschung 403 Gewissensfreiheit  351 f., 425, 467 Gewissensgelder 203 Gewißheit, gewiß werden/sein wollen – der Seligkeit  Seligkeit, Gewißwerden – der Vergebung  321 –, subjektive 302 – um den Segen Gottes  443  auch: Gnaden-; Heils-; Selbstgewißheit Glaube, Gläubige  270, 273, 289, 298, 300 f., 308, 332 f., 335 f., 341 f., 361, 372, 390, 392, 394, 405, 434, 497, 514, 517 f. –, calvinistischer  263, 290, 334, 342 –, fruchtbarer/Früchte des  301 f., 310–313, 342, 349, 362, 374, 383 f. –, lutherischer 307 –, methodistischer 382 – psychologischer Charakter des  342 –, puritanischer 287 –, rechtfertigender  304, 342 –, religiöser  117, 170 f., 256, 261

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Sachregister

– und (gute) Werke  342 f. – und Liebe  229 – und Wandel  518 –, unzulänglicher 302  auch: Aber-; Autoritätsglaube; Bewährung des Glaubens; fides efficax; fides implicita; Laien-; Prädestinationsglaube; sola fide; „temporary believers“; unfaithful; Versöhnungs-; Vorsehungsglaube Glaubensbekenntnis  Bekenntnis Glaubensechtheit 465 Glaubensfundamentierung 345 Glaubensgenossen 544 Glaubensinhalte, religiöse  117, 487 Glaubenskampf, Glaubenskämpfe  137, 455 Glaubenspredigt, lutherische  344 Glaubenspsychologie, pietistische/ quäkerische 248 Glaubensreligiosität, gefühlsmäßige  297 Glaubensurteile  266, 488 Glaubensvorstellungen 261 Gläubiger (Kreditwesen)  113 f., 152, 499 Gliederung, ständische (und berufliche)  227, 232, 243  auch: Berufsgliederung Glück, Glücksstandpunkt  158 f., 192 Glückseligkeit  372, 375, 382 Gnade/Gottes Gnade  229, 270 f., 277 f., 281, 301 f., 308, 323, 337, 343, 364, 382, 385, 394, 422, 447 f., 460, 475, 477, 525, 606 – durch Buße erlangte  366 –, partikuläre 478 – Sicherheit/Versicherung der  346, 376 – über Gerechte/Ungerechte  499 – übernatürliche Einwirkungen der  322 –, unverdiente 381 –, unverlierbare  277 f. –, verlierbare/Verlierbarkeit der  274, 384

 auch: gratia amissibilis – Werke als „Bedingung“ der  382 – Wiedererlangbarkeit der  365 – Zeichen der  376 Gnadenanstalt  45, 499, 517, 543 Gnadenaristokratismus 366 Gnadenbewußtsein 383 Gnadengefühl, unmittelbares  383 Gnadengeschenk  273, 401 Gnadengewißheit  299, 311, 313 f. Gnadenmittel  322, 385 Gnadenpartikularismus 340 Gnadenspendung, magische/hierurgische 453 Gnadenstand  298, 302, 323, 353, 382, 385, 426, 439, 517, 607 – Bewährung des  289, 376, 431 – Erkennbarkeit des  299 f. –, fehlender/mangelnder  241, 426 – Kontrolle des  312, 337, 410 –, religiöser  273, 409 – Selbstzeugnisse des  310 – Sicherheit des  303 – Sichersein/-werden  308, 362, 417, 481 – Verlust des  401 – Zeichen des  301 f., 362 – Zerstörer des  426  auch: status gratiae Gnadenuniversalismus  340, 342, 365, 607 Gnadenwahl  Gottes Gnadenwahl Gnadenwahldekret 313 Gnadenwahllehre  265–278, 282 f., 286, 290, 295–298, 301, 334, 339–343, 345, 348, 364, 375, 385 „God blesseth his trade“  438 Gott, Göttliches  19 f., 275, 279, 284, 400 –, alttestamentlicher 439 – der Puritaner  317, 432, 460 – des Calvinismus  321 – Eingehen des in die gläubige Seele  305, 307 – und Kreatürliches  442  auch: „Deo placere …“; Deus absconditus; Gottheit; „in majorem

Sachregister Dei gloriam“; Jehova; Kinder Gottes; Schöpfergott; „Vater im Himmel“; sowie die Einträge zu: Arbeit; Aufgabe; Beruf; Buchführung; Erkenntnis; Erwählungsentschluß; Exklusivität; Feind; Fügung; Fürsorge; Gebote; Gefäß; Geheimnisse; Gehorsam; Geist; Gemeinschaft; Gerechtigkeit; Gesetz; Herrschaft; Leben; Lehre; Liebe; Offenbarung; Ordnungen; Pflicht; Recht; „Ruf“; Ruhe; Rüstzeug; Segen; Selbstverherrlichung; Stände; Stiftung; Transzendenz; Unsichtbarkeit; Verherrlichung; Volk; Vorsehung; Weltplan; Werke; Wirkungen Gottes Befehl (des Berufs/der Arbeit)  427 f. Gottesbegriff, calvinistischer  317 Gottesdienst 420 – der Methodisten  500, 536 – der Quäker  534 – im Beruf  372, 420 Gottes Ehre  284, 292, 350, 360, 428, 431  auch: Gottes Ruhm Gottes Finger (in Einzelfügungen des Lebens) 338 Gottes Gaben  434 Gottesgefühl, substantielles  305 Gottes Gnade  Gnade/Gnade Gottes Gottesgnadentum (der Erwählten)  333 Gottes Gnadenwahl  301, 317, 321, 346, 449 – der „Jünger“  375 Gottes Kinder  Kinder Gottes Gottesknechts-Perikope 356, 614 Gottes Majestät  276 f., 442 Gottes Providenz  439  auch: providentia divina/Dei; Providentielles Gottes Ratschlüsse  270, 273, 276 f. Gottes Reich/Gottesreich  405, 416, 427, 436, 475, 481 Gottes Ruhm  286, 291–294, 333 f., 350, 382, 419, 429 f., 436, 455, 458 f., 461 f.

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– Mehrung des  279, 292, 311, 313, 323, 392, 417, 423  auch: „in majorem Dei gloriam“ Gottes Verwalter  434, 460 f. Gottes Wille  231, 242, 270, 273, 290, 312, 354, 370, 410, 417, 422, 428 f., 458, 476 – (aktives) Tun des  400 –, geoffenbarter  Offenbarung, göttliche Gottes Winke  362 f. Gottes Wort  274, 278, 316, 377, 399 Gottferne  281, 355, 400 Gottheit 304 –, transzendente 275 „Göttliche Komödie des Puritanismus“  250 Göttliches  Gott Gottlose  239, 271 „Gott mehr gehorchen als den Menschen“ 544 Gott-Mensch-Welt-Verhältnis  6, 17 Gottvermenschlichung 446 Gottvertrauen 283 Gottwohlgefälligkeit/Gott Wohlgefälliges  226, 231, 378, 415, 422, 432, 512  auch: Wandel, gottwohlgefälliger Grab 280 Grabinschriften, späthellenistische  200 f. graduates  163, 452 gratia amissibilis (lutherische)  274, 341 Grenznutzgesetz 464 Großhandel, Großhändler  109 f. Großhändler-Aristokratie 471 Großindustrie 132 großkapitalistisch  483 f. Großmächte, politische  205 Großspekulanten, Großspekulanten­ kapitalismus  110, 235 Großstädte (amerikanische)  500, 502, 504 Grundbesitzer 114 Grundrecht  Christen, Grundrecht Grundrentenhypothese  190 Gruppe, Gruppen  133, 139, 529

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Sachregister

–, soziale 165  auch: Menschengruppen „Grüße mir Wotan …“ (Wagner)  288 Gut, Güter  111, 194, 246, 432, 460, 463, 487 – (begierdeloser) Gebrauch der  458 –, geldwerte  108, 185 –, weltliche/dieser Welt  136, 254, 478 –, zeitliche 417  auch: Heils-; Kultur-; Land-; Sachgüter Gut, höchstes  313  auch: summum bonum Güterbesitz  107, 475 Gütererwerb 463 Güterversorgung 206 Güterverteilung 478 Gutes, das Gute  407 – etwas positiv sittlich  435 – und Böse  504  auch: „eine Kraft, die stets das Gute will …“; Gewissen; Tat; Wandel; Werke; Wille, guter Gymnasien  131 f. Habgier  169, 465  auch: avaritia Habitus 372 Halfway-Covenant (1657)  509, 524 Hamburg  144, 186 Handel, Händler  27, 31, 109 f., 147, 174, 186 f., 203, 206, 209, 338, 416, 433, 457, 469 –, gewinnbringender 338  auch: Detail-; Großhandel; „seliger Handel“; Terminhandel Handeln, Handelnde, Handlung  20, 158, 233, 316 f., 323, 325, 328, 363, 377, 403, 417, 447, 485 –, asketische 8, 308 –, innerweltliches 303 – intentio einzelner  320 –, irdisches 250 – Norm für das  342 – Qualität des  308 –, sittliches  312, 319

–, triebmäßiges 342 –, wirtschaftliches  106, 108, 161, 175 – zu einem Lebenssystem rationalisierte einzelne  320  auch: „Der Handelnde ist immer gewissenlos …“ Handelsgeist  „die Ketzerei befördere den Handelsgeist“ Handelsinteressenten 114 Handelspatriziat 186 Handelsunternehmer, Handelsunternehmungen  128, 185 Handelszahlen 206 Händlerkapitalismus  115, 483 Handlung  Handeln Handwerk, Handwerker  111, 132, 140, 181, 209, 212, 478 –, mittelalterlicher 481 –, südeuropäischer oder asiatischer Länder 172 – Verbleiben im  132  auch: ars; Gewerbe; „des Heilands Handwerkstreue“; Neuengland, Handwerk in; Zunfthandwerker Handwerkerbetrieb 186 Handwerkerschichten 530 Handwerksgeist 241 Handwerksgesellen 132 Handwerksmeister  132, 433 Hanseaten 252 Hanserd Knollys Confession (1689)  268, 280, 292, 313, 339, 538, 607 –, amerikanische (Philadelphia Confession of Faith, 1742)  269, 272, 522, 539, 607 Hantierung, weltliche  239 Häresie, Häretiker  204, 350, 391  auch: Ethik, häretische Harren 362 – auf die Wirkung des Geistes  402 Haß  190, 233, 333 Häßliches (in der Kunst)  454 Hausandachten 354 Haushalt, Haushaltsführung  37, 111, 164 f. –, rationaler 167

Sachregister Haushaltsbudget 494 Hausindustrie, Hausindustrielle  110, 146, 168, 187, 247, 481 –, berufstreue 378 Hauspatriarchalismus 354 Haverford College (bei Philadelphia)  92, 409, 414 Haverford Friends Meeting 409, 534 Hedoniker 159 Heer – Cromwells (Bürgerheer)  326, 350, 455, 537 –, holländisches (Soldheer)  455  auch: Ironsides (Cromwells) Heidelberger Inkunabeln  Univer­ sitätsbibliothek Heidelberg, Inkunabeln Heidelberger Katechismus (1563)  295, 603 Heil  201, 281, 286 f., 309, 343, 376 –, ewiges  214, 217 –, jenseitiges 297 –, kirchlich-sakramentales 280 – Versicherung des  543  auch: Gnade …; possessio salutis; Seelenheil „des Heilands Handwerkstreue“  372 Heilige, Heiliges, heilig  312, 316, 323, 333, 350, 354, 357, 369, 407, 410, 412, 417, 439, 450, 487 – Cromwells  295, 537, 607 –, prädestinierte 332 –, puritanische 378 –, reformierte 377 –, selbstgewisse/Selbstgewißheit des  302, 384  auch: „ewige Ruhe der Heiligen“; „Parlament der Heiligen“; „saints“; Un-; Werkheilige; sowie die Einträge zu: Geist; Kirche; Leben; Lebensführung; Schrift; Volk; Wandel Heiligenaristokratie  332, 343, 350, 357, 368 Heiligkeit  316, 322, 362, 538 – der Ordnung  222 – Merkmal der  477

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 auch: Werkheiligkeit Heiligung  290, 310, 313, 338, 361 f., 368 f., 371 f., 377, 382, 384, 607 f. –, systematische (des gesamten Lebens) 319 –, unvollständige 333  auch: sanctificatio Heiligungsdoktrin 381 Heiligungsmethode (Zinzendorfs)  369 Heiligwerden 336 Heilsaneignung, methodische  408 Heilsanstalt, Heilsanstaltscharakter  298, 342, 370, 608  auch: Kirche als Anstalt/Heilsanstalt Heilsbesitz, kontemplativer  20 Heilsgewißheit  303, 305, 343  auch: certitudo salutis Heilsgüter  15 f., 19–21, 392, 499, 543 Heilsinteresse 201 Heilslehre 369 –, indische 428 –, lutherische 371 – magische Reste der kirchlichen  398 –, täuferische 406 Heilsmittel  19–21, 201, 320 – Sakramente als  16, 398 Heilsnotwendigkeit  286, 289 Heilsprämie  36, 170, 261 Heilsstand, Heilszuständlichkeit  308, 362 Heilssuche, Heilswege  19–21, 41, 280 Heilsvermittlung, sakramentale  370 Heilswirkungen, magisch-sakramentale  281 Hellas, Hellenen  101 – Kapitalismus in  185 Hellenismus, hellenistisch  41, 353  auch: Altertum, späthellenistisches; Christentum, hellenistisch beeinflußtes; Grabinschriften, späthellenistische Herrnhuter (Brüdergemeine), Herrnhutertum, herrnhuterisch  259, 284, 367 f., 370–372, 381, 384, 387, 423, 434, 608 f. – Synode (1764)  370

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Sachregister

– Tropen 367  auch: Brüdergemeinde, mährische; Heiligungsmethode (Zinzendorfs); Pietismus, Zinzendorfsche Spielart; sowie die Einträge zu: Askese; Frömmigkeit; Los; Religiosität Herrschaft – (Beseitigung der) kirchlichen  129 – der Askese  470 – des Menschen über den Leib  229 – Gottes 291 –, halbfeudale (von Patronen)  457 –, kirchliche  Kirchenherrschaft –, klerikale/des Klerus  526, 530  auch: Laienherrschaft; sowie die Einträge zu: Bibel; Calvinismus; Kapitalismus Herrschaftsverband  45 Hervormde Kerk der Nederlanden  526 Heterodoxie, heterodox  11, 47, 201, 542 Heuchelei  158, 503 f. Hidalgo 438 hierurgisch 438, 608 „higher life“  385 Hilfspflicht, gegenseitige  537 Hindu, Hinduismus  19, 428 Hiob (bibl. Buch)  442 f. Historiker  282, 467  auch: Geschichte „historisches Individuum“  15, 149 Hochcalvinismus 412 Hochkapitalismus 126 Hochkirchler 384, 608 Hochmut  336, 475 Hohe Lied (bibl. Buch)/„Hohe-LiedStimmung“  306, 336, 348  auch: Bernhardinismus Holland, Holländer  87, 129, 134, 141, 257, 259, 295, 298, 322, 348, 353, 357, 441, 453, 455, 524, 532 – (abgeschwächter) asketischer Geist in 455 – calvinistisches  Calvinismus in Holland

– Kapitalismus in  Kapitalismus, holländischer – Kirche (unter Kuyper) in  515–517 – Kulturkampf in  525 – Kunst/Kunsturteil in  454, 457 – Literatur in  456 f. – politische Verfassung in  455 – Rechtlichkeit der  485 – Refugiés in  456, 523  auch: Amsterdam; Arminianismus; Deftigkeit; „doleantie“; Dordrechter Synode; Hervormde Kerk; Kuypersches Schisma; Niederlande; schutterijen; sowie die Einträge zu: Adels- und Titelsucht; Bürgertum; Heer; Kapitalmacht; Kirche; Konventikel; Kultur; Pietismus; Puritanismus; Religiosität; Stand; Synoden; Verhältnisse; Wirtschaftsmacht home (bürgerliches)  464 „honesty is the best policy“  407, 485, 512 ‫ חׂק‬210 Hugenotten  133, 140, 235, 272, 480, 485, 530 f., 608 f.  auch: „Ehrlich wie ein Hugenotte“; Kämpfe; Kirchengeschichte; Kirchenzucht der Hugenotten Hugenottenkirchen 140 Hugenottensynoden  140, 414, 416 Humanismus, Humanisten  169, 489  auch: Indifferenz; Patriziat; Rationalismus, humanistischer Humiliaten 391, 609 husbandman 465 Hussitenbewegung 170, 609  auch: Ethik, Wyclifisch-hussitische hysterisch  290, 307, 355, 402  auch: Religiosität; Zustände, hysterische Ideal, Ideale  118, 147, 155, 166, 168, 319 f., 327, 392, 461, 464, 488 –, altenglische 484 –, asketische  136, 332

Sachregister –, eudämonistisches 371 –, höchste  136, 322, 330 –, täuferische 375 – Verleugnung der alten  472  auch: Kultur-; Lebens-; Rentner­ ideal; sowie die Einträge zu: Gesetz; Puritanerin; Wiedergeburt Idealismus  11, 425 Idealtypus, idealtypisch  2, 45–47, 187, 262 – Begriff 193 – des (kapitalistischen) Unternehmers  193  auch: Begriffssprache, idealtypische Idee, Ideen  6, 45, 372, 499 – des Geschichtsmaterialismus  162 f. –, religiöse 317  auch: Berufsidee; „wie Ideen in der Geschichte …“; sowie die Einträge zu: Interessen; Leben; Motive; Überbau idleness 426 idle talk  458 idolatry  328 f. Immigranten, Immigration  502 – Dorchesterer 508 –, europäische 495 –, jüdische 445 –, protestantische 478 Imperativ, kategorischer  kategorischer Imperativ impiego (italien.)  215 „im Schweiße deines Angesichtes …“  420 Independenten, Independentismus  259, 333, 350, 509, 515, 517, 519, 522, 526–528, 531–533, 539, 609 –, brownistische 516 –, englische 281 –, schottische  281, 516, 520  auch: Bekenntnisse; Gemeinschaften; Sekten; Separatisten, independentische Indian Territory  496 Indien, indisch  7, 101 f., 108 f., 111, 116, 135, 143, 157, 304, 353, 428

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– Kapitalismus in  185 – Karmanlehre in  15 – Positionszahlensystem der  115  auch: Hinduismus; Mimamsa-Schule; sowie die Einträge zu: Ethik; Geometrie; Heilslehre; Medizin; Naturwisssenschaften; Sekte Indifferenz, Indifferentismus, indifferent  136, 156, 175, 192, 239, 241, 379, 458 –, eschatologische 240 –, humanistisch-aufklärerische 349 –, paulinische  242, 429 –, sittlich  203, 228  auch: Arbeit; Naturen; Neigung, sittlich indifferente; Protestanten, kirchlich indifferente Individualisierung des religiösen Lebens  33 Individualismus – Begriff  281 f. –, illusionsloser 281 –, moderner 544 –, weltflüchtiger 283 Individualität 282  auch: Mittelalter als Zeit „ausgeprägter Individualität“; Motive, individualistische Individuum, Individuen  159, 261, 277, 286, 288, 334, 354, 505 –, historisches  „historisches Individuum“ –, isolierte 162 – Vereinsamung des  278  auch: Beruf; Motive; Offenbarung, individuelle industria  167 f., 170 f., 200 f., 203  auch: Fleiß; industry Industrie, Industrielle  125, 140, 146, 180 f., 187, 408, 456 –, deutsche 190 –, englische 473  auch: Haus-; Großindustrie; „Reserverarmee“; Standorte der Industrie; Textilindustrie; sowie die Einträge zu: Entwicklung;

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Sachregister

England, Monopolindustrien; Unternehmer industry  236, 474  auch: „captains of industry“ Inkunabeln  Universitätsbibliothek Heidelberg, Inkunabeln „in majorem Dei gloriam“  246, 289, 291, 323, 430 Innenethik (im Judentum)  447 „inneres Licht“  398 f. Innerlichkeit, stimmungsmäßige  306  auch: Isolierung; Übungen, inner­ liche; Verinnerlichung innerweltlich 213  auch: Askese; Berufsarbeit; Berufsaskese; Handeln; Lebensführung; Mystik; Pflicht; Sittlichkeit; Tätigkeit; Verpflichtung, innerweltliche Inquisition 408 Inspirationslehre 399, 609 Institutionen 263 – der Völker  282 –, freie (der Puritaner)  418 –, kirchliche  203, 330 –, soziale 58, 408 Institutionalisierung, institutionalisiert  6, 10 interdenominationell 292 Interessen, Interessenssphäre  15, 199, 151, 237, 401, 462, 348, 354, 543 – der Arbeitgeber  477 –, diesseitige/des diesseitigen Lebens  208, 298 –, dogmatische 318 –, ideelle 6, 14 –, kapitalistische  115 f., 459 –, materielle 6, 14, 499 –, materiell-technologische 373 –, ökonomisches 483 –, politische 530 –, privatwirtschaftliche 429 –, religiöse  138, 261, 276, 395, 481  auch: Berufs-; Bewährungs-; Eigen-; Erwerbsinteresse; Handelsinteressenten; Heilsinteresse; Klasseninteressen

Interessenlage, handels- und sozialpolitische 194 Internalisierung, internalisiert  6, 10 International Missionaries’ Alliance  292 Intoleranz  350, 353 Irland, Iren  134 f., 235–237  auch: Manifeste; Scotch-Irish Ironsides (Cromwells)  327 Irrationales, Irrationalität  9, 116, 159, 192, 208, 282, 317 f., 400, 451, 462 f. – Überwindung des  402  auch: Berufsbegriff; Empfinden; Erwerbstrieb; Lebensführung; Mächte; Sittlichkeit; Spekulationschancen; Triebe; Verhalten, irrationales Irreligiöser, irreligiös  156, 159 Irrtümer, dogmatische  349 Islam  14, 19, 43, 101, 104, 297  auch: Ethik; Prädeterminationslehre; Reiche, islamische Isolierung, Isoliertheit –, innere/innerliche  281, 286, 290 – von der Welt  480 Italien, Italiener  173, 208  auch: Arte di Calimala; sowie die Einträge zu: Bibelübersetzung; Städte; Wanderarbeiter „Jahrmarkt der Eitelkeit“  476 Jaina, Jainismus  143, 170, 299 Jakob (bibl. Gestalt)  440 Jansenismus, Jansenisten, Jansenistenstreit  233, 278, 282 f., 303, 345, 347, 435, 450, 609 – und Beruf  233  auch: Berufsbegriff; Berufskonzeption, jansenistische; Prädestinationslehre; Verfolgung der Jansenisten Japan 353 Jehova  275, 295 Jenseits, jenseitig  247, 372, 377, 411, 417, 482 – Macht des  260  auch: Heil; Prämien; Seligkeit; Zukunft, jenseitige

Sachregister Jesuiten, Jesuitenorden  200, 311, 324, 337, 435, 458, 610  auch: Probabilismus Jesus Sirach  210, 212, 215–217, 219, 222 f., 440, 442, 477, 610  auch: Bibelstellenregister „Johnsonisten“, „johnsonistisch“  516, 520, 610 Juden, Judentum, Judaismus  14, 19, 43, 64, 112, 124, 134, 142, 170, 294, 335, 428, 440 f., 444 f., 447 f., 527, 543 – in Baden  127, 131 –, palästinensisches 24, 444 –, talmudisches 446, 619 – und Kapitalismus  Kapitalismus, jüdischer – Wirtschaftsethik des  445  auch: Talmud; sowie die Einträge zu: Außenethik; Brüder; Gebotserfüllung; Geist; Ethik; Immigranten; Innenethik; Prophetie; Protestantismus; Puritanismus; Religion; Religiosität; Volk Jugenderziehung, asketische  139 Juristenstand, fachgeschulter  115 Juristenzünfte 207 kald (dänisch)  216, 223 kallelse (schwedisch) 216, 223 Kalkulation  108, 113–115, 338 κάματος 212 Kampagnezeit 188 Kampf, Kämpfe  114, 143, 163, 234, 242, 245, 253, 259 f., 287 f., 300, 355, 463, 516, 523, 532–534 – der Cromwellschen Zeit  533 – der Hugenotten/Puritaner  235 – gegen den Dissent  484 – gegen die Askese  450 – gegen die feindliche Welt  163 – gegen die usuraria pravitas  196 –, täglicher (um Heilsgewißheit)  302  auch: Buß-; Glaubens-; Konkurrenz-; Kultur-; Macht-; Religionskämpfe Kampf ums Dasein, ökonomischer  128, 194

705

Kanonisches Recht, Kanonisten  102, 195, 199, 610 Kapellen  Methodismus, Kapellen Kapital, Kapitalien  107, 155, 161, 190, 234, 467 f., 548 –, bürgerliches 469 – Definition (Sombarts)  185 –, englisches 237 – Macht des  199 –, „stehendes“ 115 – Umschlag von  185, 188  auch: Anlagekapital Kapitalakkumulation, Kapitalanlage, Kapitalaufsammlung  26, 197–199, 466–468 Kapitalbesitz 128 – Beteiligung der Protestanten am  126 f., 130 Kapitalbildung  466, 471 Kapitalerhaltung 199 „kapitalfreundlich“ 171 Kapitalgewinn 204 Kapitalismus, Kapitalisten  25, 27, 30–33, 38, 40, 56–58, 105 f., 108–110, 112, 114, 156, 161–163, 173, 178–181, 183, 186, 199 f., 206, 208, 234, 248, 353, 418 f., 448, 481 –, abendländischer  112, 114 – als schicksalvollste Macht  55, 105 – als Wirtschaftssystem  256 – an Staatsmonopolen orientierter  448 –, antiker/des Altertums  40, 157 – auf mechanischer Basis ruhender  487 –, bürgerlicher 169 – Entstehung des (modernen)/Genesis des  24–26, 31 f., 39, 181, 184, 482, 510 – Entwicklung des  Entwicklung, kapitalistische – Geist des  „Geist“, kapitalistischer/des Kapitalismus – heroisches Zeitalter des  302, 449 –, heutiger/Gegenwart des  161, 183 – in Amerika  504

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Sachregister

– im Mittelalter  157 –, jüdischer/und Judentum  24–27, 448 –, kriegsorientierter 110 – Leitmotiv des  160 –, moderner 9 f., 24 f., 55, 114, 136, 157, 172, 177, 190, 195, 510, 542 f. –, okzidentaler/des Okzidents  10, 55, 107, 111, 115, 471 –, politischer  112, 115 –, siegreicher 487 – und Toleranz  352 f. – und Wirtschaftsethik  48, 200 – universelle Bedeutung des  40, 57 –, westeuropäisch-amerikanischer 157 – zur Herrschaft gelangte  162  auch: Abenteuer-; Abenteurer-; Betriebs-; Finanzierungs-; Früh­ kapitalismus; großkapitalistisch; Großspekulanten-; Händler-; Hoch-; Klein-; Kolonial-; Mittel-; Paria­ kapitalismus; Positiv-Kapitalistisches; Steuerpacht-; Verlegerkapitalismus; Wirtschaft …; sowie die Einträge zu: Arbeitsverhältnis; Babylon; Betriebe; China; Entwicklung; Epochen; Erfolg; Erwerb; Erwerbsleben; Ethik; Expansion; Florenz; Geschäftsformen; Gesellschaften; Getriebe; Gewerbe; Hellas; Interessen; Kultur; Länder; Lebensstil; Mensch; Mittelstand; Natur; Organisation; Organisationsform; Privatwirtschaft; Prinzip; Rom; Schichten; Sphäre; Unternehmer; Zeit Kapitalmacht, holländische  468 Kapitalmarkt 205 Kapitalrechnung  107 f. Kapitalrentensteuerkapital 127 kapitalschützend 199 Kapitalverwertung  37, 165, 175, 469 Kapitalwirtschaft  „Pflanzschule der Kapitalwirtschaft“ Kasteiung 463 Kastenstolz (der Sektierer)  540 Kasuisten 435, 610

 auch: „casus conscientiae“; Kompendien; Literatur, kasuistische Katechismus, Katechismen – kleiner (Luthers)  368 –, kürzerer (der schottischen Kirche)  354 –, lutherischer 336 –, methodistische 415 –, reformierte 336  auch: Catechismus Genevensis; Heidelberger Katechismus Katechumenen 393, 610 kategorischer Imperativ  2, 462 Katholiken, Katholizismus  27, 42 f., 130, 132, 134, 136 f., 201, 249 f., 259, 280, 296, 303, 315, 320–324, 329 f., 337, 347 f., 493 –, deutsche/in Deutschland  133 f., 137 f., 155 – in Baden  131 – Inferiorität (der deutschen Katho­ liken)  126 – latitudinarische Ansichten im  435 –, norddeutsche 138 – Weltfremdheit des  136, 138  auch: Bußsakrament; dubitatio; Jansenisten; Jesuiten; Kasuisten; Laienkatholizismus; Mönch …; sowie die Einträge zu: Askese; Beichte; Berufsbegriff; Bibelübersetzung; Christen; Doktrin; Ethik; Frömmigkeit; Gelehrte; Kirche; Laien; Länder; Lebensführung; Lehre; Literatur; Moraltheologen; Multimillionäre; Mystik; Orden; Quietismus; Religiosität; Schriften; Völker; Wirtschaftsethik Katholikentage Deutschlands  126 Kaufleute  140, 169, 193, 225, 233, 469, 506 –, anglikanische 471 –, stahlharte puritanische  302 Kaufmann, Kaufmannsberuf  107, 135, 139, 196, 200, 432, 439, 476 Kaufmannsgilde 199 Kaufmannsvermögen 186

Sachregister kausal  Geschichtsdeutung; Gewissen; Kulturdeutung; Zurechnung, kausale Kausalanalyse (ein- oder zweiseitige)  10, 54 Kausalbeziehung, Kausalreihe, Kausalverhältnis  12, 14, 54, 58 f., 65, 116 f., 121, 130, 132, 163, 171 f., 266, 481, 545 Kavaliere  251, 327, 459  auch: Roundheads Ketzer, Ketzerei, Ketzerbewegungen  295, 358, 391  auch: „die Ketzerei befördere den Handelsgeist“; „die Ketzer strafend …“; Häresie; Kommunismus, ketzerischer Keuschheit  423, 480 Kidderminster  378, 421, 433, 481 „Kinder der Welt“  345, 511 Kinder Gottes  368, 521 Kindertaufe 514 Kindlichkeit (des religiösen Empfindens)  369 f. Kirche, Kirchen, Kirchentum  44 f., 199 f., 255, 279, 291, 316 f., 320, 334, 372, 390, 409, 453, 470, 494 f., 508, 516 f., 527, 531 – als Anstalt/Gnaden-/Heilsanstalt  289, 351, 392 f., 499 – als Stiftung Gottes  350 – als unius Dei opus  293 –, altprotestantische 408 –, calvinistische  137, 515 – der Heiligen  369 – des Abendlandes  422 – Disziplinarmittel der  540 – Elisabeths 391 – Gebote der  204 –, holländische 456 – Jurisdiktion über die  523 –, katholische  320, 347, 390, 500, 525 – Kennzeichen/Zeichen der (notae ecclesiae)  243 f. –, lutherische/Luthers  248 f., 298, 359, 442, 500 –, presbyterianische 521

707

–, protestantische 531 –, reformierte  265, 300, 304, 316, 346, 355, 357, 515, 529 –, reine 334  auch: ecclesia pura –, römische 454 –, schottische presbyterianische  354 –, „sichtbare“ (ecclesia visibilis; visible churches)  334, 392, 515, 530, 618 – und Methodismus  383 – und Sekte  43–45, 47, 58, 65, 139, 392, 409, 499, 515, 517 –, „unsichtbare“ (ecclesia invisibilis)  299, 354, 399, 618 – und Staat  Staat und Kirche – „unter dem Kreuz“  137, 393, 610 –, wahre  279, 286, 301, 332, 395, 397, 448  auch: anglikanische Kirche; believers’ church; ecclesia militans; „extra ecclesiam nulla salus“; Gesamtkirche; Hochkirchler; Hugenotten-; Landes-; Methodisten-; Missouri-; Partikularkirche; Puritan churches; Reformations-; Staats-; Theologenkirche; thesaurus ecclesiae; „to what church …“; Trennung von Staat und Kirche; unkirchlich; sowie die Einträge zu: Autorität; Frömmigkeit; Heil; Heilslehre; Institutionen; Kontrolle; Laienherrschaft; Leben; Lebensreglementierungen; Massenaustritte; Natur; Norm; Obrigkeit; Partei; Protestantismus; Reglements; revivals; Revolution; Tradition; Vollbürger; Zinsverbot; Zwecke Kirchenbegriff  44, 393, 493, 499 –, donatistischer 44, 334 Kirchendisziplin 530 kirchenfeindlich 192 Kirchengebäude 500 Kirchengemeinde 508 Kirchengemeinschaft  260, 351, 394, 493 f. Kirchengeschichte –, hugenottische/niederländische 196

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Sachregister

– Neuenglands 523 Kirchenherrschaft/Herrschaft, kirch­ liche  129, 516, 528 Kirchenlehre  169, 394 Kirchenmitgliedschaft  496, 499, 508 f. – durch Aufnahmevertrag  393  auch: Kirchenzugehörigkeit Kirchenordnungen –, älteste lutherische  360 – der Pfalz (1563)  529 f. Kirchenorganisation  259, 359 Kirchenrecht 515 Kirchenregiment  335, 519, 526, 528 Kirchenreglement 521 Kirchenspaltungen 269 Kirchentheorie 516 Kirchenverfassung, Kirchenverfassungsrecht  65, 259, 265, 334 f., 345 f., 358, 393, 515, 525 Kirchenzucht  65, 260, 279, 408, 410 f., 468, 470, 482, 511, 517, 519, 527–530, 533, 536, 541 f., 544, 611 –, (calvinistisch-)presbyterianische 519, 526 – der Hugenotten  530 f. – der Puritaner  529, 542 – des Calvinismus  292 –, geistliche 533 – Genfer 359 – im frühen Presbyterianismus  529 – in Deutschland  529 –, lutherische 542 –, neuenglische/puritanische 530 Kirchenzugehörigkeit 388 Klasse, Klassen, Klassenverhältnisse  113, 140, 456, 484, 523 –, besitzlose 482 –, bürgerliche  130, 434 – und Religion  49, 54  auch: Besitzerklassen; leisure classes; Mittelklassen Klassenbedingtheit 421 – der religiösen Bewegungen/ Religionen  3, 11 f., 49, 465 Klasseninteressen 530 Klassenmoral 450

Kleinbürger, Kleinbürgertum, kleinbürgerlich  163, 295 – als Träger des Calvinismus  451 –, aufsteigendes  186, 471 f. –, reich gewordene  454  auch: Massen, kleinbürgerliche Kleinkapitalismus 483 Klerus  296, 530, 536 κλῆσις  214, 217, 219–223 Kloster, Klöster  222, 243, 327, 329 f., 410 f.  auch: Askese; Gemeinschaftsorganisationen; Zucht, klösterliche Klosterreformation  472 f. Klosterwirtschaften  39, 414 Klosterzellen 329 Klub  46, 504–507 Klugheit, Klugheitsregeln  33, 153  auch: Geschäfts-; Lebensklugheit Kolonialkapitalismus  110, 483 Kolonialunternehmer  109, 471 Kolonien, amerikanische  45 f., 265, 467, 508  auch: Neuengland-Kolonien Kolonisation, nordamerikanische  470 f. Kommenda, Kommendanehmer  107– 109, 175, 199, 611 Kommerzialisierung  112 f. Kommunikanten, Kommunion  416, 509, 522, 527 Kommunismus 113 –, ketzerischer  406 f.  auch: Gemeinschaften; Wirtschaften, kommunistische Kompagnien  234 f. Kompendien, casuistische/ethische  260 Konfession, Konfessionalität  125–127, 131, 135–137, 147, 257, 260, 480, 493 f., 496 – historisch-politische Lage der  134 f. – innere Eigenart der  134–136, 138 –, reformierte 144 –, protestantische 140 – und soziale Schichtung  123–148 – und Staat  493 f.

Sachregister  auch: Bekenntnisse; sowie die Einträge zu: Arbeiterschaft; Land; Verhalten; Zeitalter; Zugehörigkeit Konfession Herzog Christophs von Württemberg  436 f. Konfessionslose  494, 503 Konfessionsschulen 493 Konfessionsstatistik 125–127 Konfirmationsscheine, Konfirmationsunterricht  526 f. Konfuzianismus  6, 8, 16, 19, 21 f., 41 – als Zivilreligion  13, 21 –, weltbejahender 21 Kongregation  Congregatio S. Officii Kongregationalismus, Kongregationa­ listen  259, 455, 511, 516, 523, 529, 534, 611  auch: Konsequenzen, kongregationalistische; Savoy Declaration Konkordienbuch 216, 611 Konkupiszenz  423 f., 611 Konkurrenten, Konkurrenzkampf  188 f., 500 f., 526, 529, 544 Konsequenzen – (Abweisung) fatalistische  316 f. –, kongregationalistische 529 –, praktische  291, 318, 331, 517, 544 –, psychologische  364, 428 Konsistorium  360, 518, 611 Konsum, Konsumenten, Konsumtion  114, 472 – Einschränkung der  463, 465, 468 Konsumentenorganisationen 113 Kontemplation, kontemplativ  16, 303, 305, 348, 426 –, methodisch reglementierte  328 –, mystische 116 – sittlicher Wert der  231 –, untätige 419  auch: Bernhardinismus; vita contemplativa; sowie die Einträge zu: Heilsbesitz; Mystik; Weltablehnung; Weltflucht kontingent  contingent Kontokorrent 323, 611 Kontrolle  108, 189, 387, 391, 544

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–, asketische (der Lebensführung)  357 – der Konventikel  358 – durch das Gewissen  406 –, kirchenpolizeiliche 408 –, kirchliche  129, 140 –, methodische (des Gnadenstands)  410  auch: Selbst-; Sittenkontrolle; Verhalten, Kontrolle des Konventikel, Konventikelbildung  119, 286, 347, 369, 391, 489, 512, 516, 529, 540, 542 f. –, autoritätsfeindliche 450 – Baxters 523 – der Pietisten  296, 346 f., 354, 358 f., 529 –, englische und holländische  296 –, sektenartige 498 – Verbot der  525  auch: Bibelkonventikel; collegia pietatis; prophesyings Konzil von Trient (Tridentinum)  436 Korintherbrief, erster  220, 241, 443  auch: Bibelstellenregister Kosmos  161, 277, 428 f., 486 –, gesellschaftlicher  227, 293 –, ökonomischer 428–430 –, wissenschaftlicher 486 Kreatur, Kreatürliches  227, 277, 281, 290, 292, 307, 314, 400, 403, 442 – Nichtigkeit des  303, 346 – Verworfenheit des  356, 409  auch: Kulturzwecke, kreatürliche; Wertlosigkeit alles Kreatürlichen Kreaturvergötterung, Kreaturverherr­ lichung  166, 328, 430, 449, 463 – Ablehnung/Perhorreszierung/ Verwerfung der  289–291, 396, 454, 459 –, aristokratische 429 – Verbot der  406, 446  auch: Aberglaube, kreaturvergötternder; idolatry Kredit, Kreditgeschäfte  110, 151–153, 157, 485, 496, 498 f., 512 f.  auch: Notkredit

710

Sachregister

Kreditwürdigkeit  499, 502, 538, 541  auch: Ehrenmann, kreditwürdiger Kreuzzüge  31 Krieg, Kriege  31, 174, 185, 235–237, 252, 448, 455 – Finanzierung von  109, 175  auch: England, Bürgerkrieg; Freiheits-; Unabhängigkeitskrieg κρίμα 210 Kulthandlung 300 Kultur, Kulturen  2 f., 104, 108, 116 f., 119, 181, 255 f., 263, 281, 343, 424, 490 –, abendländische 10 –, französische wirtschaftliche  142 –, holländische wirtschaftliche  142 –, moderne  255, 484, 489 f. –, (moderne) kapitalistische  58, 147, 161, 179, 208, 256, 267 –, okzidentale 55, 116  auch: Berufs-; Gefühlskultur; Gesellschaften für „ethische Kultur“; Handlungs-; Sinnenkultur; Universalgeschichte der Kultur Kulturbedeutung  149, 489 „Kulturbild“, amerikanisches  154 Kulturdeutung –, materialistische 490 –, spiritualistische kausale  490 Kultureinflüsse 454 – des humanistischen Rationalismus  489 Kulturentwicklung  8, 117, 127, 392, 486, 491 – „letzte Menschen“ dieser  488 Kulturepochen, reformatorische  256 Kulturerscheinungen (des Okzidents)  101 Kulturgüter  451, 460, 489 Kulturideale 254 Kulturinhalte, moderne  256 Kulturkampf, Kulturkämpfe  263, 267, 275, 525 Kulturleben, materielles  490 Kulturmenschwerdung 445 Kulturmilieu 142 Kulturreligionen  8, 19, 21, 117, 120

– und Wirtschaftsgesinnung  3, 11 f., 49 Kultursoziologie, materiale ökonomische  62 Kulturstufe, naturalwirtschaftliche  32 kulturverachtend 451 Kulturwelt, moderne europäische  101 Kulturwerte 487 Kulturwirkungen 254 Kulturzentrismus  57 Kulturzwecke, kreatürliche  429 Kunden, Kundschaft  188 f., 191, 338, 475, 498, 512 Kunst, Künstler  22, 103 –, bildende  453 f. – Rationalisierung der  104  auch: Häßliches (in der Kunst); Sinnenkunst Kuppelproblem 104 Kuypersches Schisma (Holland)  526 Kyniker 200, 611

ְ‫( לאך‬Tl. l’k)  209

Labadisten 517 labeur (frz.) 215 „labour hard in your callings“  421  auch: „Arbeite hart in deinem Beruf“ „λάθε βιώσας“ 166 Laie, Laien  318, 359, 435, 515, 519, 521 f., 526, 532 f., 536, 542 – Klerikalisierung des  533 –, mittelalterlicher katholischer  319 Laienälteste  519, 526 f., 532 Laienaskese  39, 390 Laienherrschaft (in der Kirche)  533 Laienkatholizismus 319 Laienpredigt 533 Laiensittlichkeit 391 Lambeth-Artikel (1595)  268 Lancashire 533 Land, Länder  32, 104, 106, 113, 136, 140, 172 f., 180, 189, 220, 263, 433, 452, 468, 495 –, altkapitalistische 45, 348, 391 –, am meisten rationalisierte  176, 207 –, hochentwickelte  135, 208

Sachregister –, konfessionell gemischtes  123–125 –, ökonomisch/kapitalistisch entwickeltste  129 f., 208 –, romanische (katholische)  208, 215 –, südeuropäische oder asiatische  172 Landeskirche, badische  496 Landgut, Landgüter – als Objekt einer Vermögensanlage  168 – Aufkauf von (englischen)  469 Landlord  134, 469 f. Landwirt, Landwirtschaft  142, 176, 469  auch: Agrarier; Bauern; husbandman; yeoman Langes Parlament  England, (Langes) Parlament „the last of our heroisms“ (Carlyle)  130 latitudinarisch 435, 612 Leben  5, 15, 135, 187, 242, 343, 354, 434, 443, 445, 453, 468, 472, 480, 487, 505, 518 –, amerikanisches 263 – an Gottes Willen orientiertes  354 –, asketisches/asketische Durchdringung des  345, 386, 435 –, bürgerliches 476 –, diesseitiges/diesseitige Orientierung des  192, 291, 298 – durch Reflexion geleitetes  323 –, eheliches 423 –, ethisch systemloses  330 –, ewiges  270 f., 287 –, gottseliges 439 –, häusliches und öffentliches  129 –, „heiliges“/des „Heiligen“  222, 323, 331, 340, 355, 417 – Heiligung des  338 –, ideelles 462 –, kirchlich-sittliches 412 –, modernes  147, 444 –, „natürliches“ 410 –, neues (durch den Glauben)  230, 342 –, ökonomisches  191, 377 –, rationales (in der Welt)  411

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– Rationalisierung des  Lebens­ rationalisierung – Reglementierung des  Lebens­ reglementierung –, religiöses/religiös orientiertes  249 f., 261, 377 –, sittliches 320 –, soziales 104 – unbefangene Schätzung des  444 – Vorbildlichkeit des  396 –, wiedergeborenes 321  auch: Alltags-; Berufs-; Erwerbs-; Gefühls-; Gesamt-; Geschäfts-; Kulturleben; Markt des Lebens; Ordensleben; „unclean life“; Wirtschaftsleben Lebensanschauung, Lebensanschauungen  283, 372, 464 – Menschenfeindlichkeit der  285 –, rationalistische 207 Lebensarbeit 203 –, rastlose und systematische  287 – Ziel/Zweck der  194, 206, 253 Lebensauffassung  440, 465, 471 Lebensbedürfnisse  160, 464 Lebensformen, feudale  468 Lebensfremdheit 146 Lebensfreude, lebensfroh  206, 461, 470 Lebensführung  15, 30, 37, 44, 46, 117, 120, 138, 147, 167, 169, 171, 188, 193 f., 208, 244, 260 f., 283, 319, 328, 330, 344, 354, 357, 403, 408, 410, 416, 419, 428, 456, 490, 512, 517, 542 – angepaßte Art der  162 –, asketische  159, 335, 341, 359, 383, 386, 391, 449 f. –, biblische 397 –, bürgerliche/des Bürgertums  172, 471 –, chrematistische 194 –, christliche/des Christen  311, 361 – der Calvinisten  328 – der „Heiligen“  450 –, ethische  337, 339 –, geschäftliche 192 –, innerweltliche 238 –, irrationale/Irrationales der  159, 192

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Sachregister

–, katholische 136 –, lutherische 343 – Maxime der  156 –, methodisch(-rationale)/Methode der  30, 170, 322, 325, 339, 377, 383, 406, 408, 504 –, mönchische  229, 324 –, rationale/rationaler Charakter der  306, 325, 370, 386, 421, 485, 543 – Rationalisierung der 16, 27, 159, 170, 345, 410 – Reglementierung der  129, 544 –, religiöse 11, 56, 138, 360, 377 f., 384, 512 –, sittliche  205, 260 – systematischer Charakter der/ Systematisierung der  337, 345, 360 f., 379 –, täuferische 406 –, wirtschaftlich/ökonomisch rationale  117, 471  auch: Gesamtlebensführung Lebensgenuß 451 –, sündlicher 434 –, triebhafter  328, 451 Lebensgewohnheiten 469 Lebensglück 158 Lebenshaltung  142, 189 –, traditionelle 188 Lebensideal, Lebensideale  166, 489, 491 – der modernen bürgerlichen Gesellschaft 206 –, puritanische/des Puritanismus  326, 452, 471 Lebensinhalte 136 –, religiöse 248 Lebensklugheit  37, 168 f. Lebenskunstlehre 171 Lebensluft  293, 344, 459 –, puritanische 460 Lebenslust 470 Lebensmethodik  327, 329, 545 Lebensordnung  115, 202 Lebensorientierung, rationale  273 Lebenspraxis  172, 249, 403, 455

Lebensprobleme, letzte  207 Lebensrationalisierung  16, 323, 372, 376, 403 Lebensregeln (Kodifikationen von)  261 Lebensreglementierung  281, 343, 376 –, kirchliche 513 –, puritanische 172 –, religiöse 14, 145 Lebensschicksal, ökonomisches  162 Lebensstellung  32, 209, 226, 242, 500 Lebensstil, Lebensstile  208, 410, 413, 461, 463, 486 f. –, aristokratischer 406 –, asketischer 410 –, bürgerlicher 485 –, kapitalistischer 449 –, moderner 261 –, normgebundener 176 – Uniformierung des  458 f. Lebensstimmung  285, 336, 449 –, asketische 461 Lebenssystem 320 Lebenstechnik 155 Lebensweisheit  101, 486 –, hebräische 336 Lebenszwecke  160, 463, 477 Legalität  407, 444 Legitimation, Legitimierung  502 f. Lehramt, unfehlbares  515 Lehrbegriff 428 –, calvinistischer 277 Lehre, Lehren  125, 171, 203, 254, 281, 342, 347, 364 –, antimammonistische 39, 414 –, calvinistische/des Calvinismus  301, 344, 361, 365 – Calvins  301, 311, 338, 348, 519 – der Scholastik  228 – des Methodismus  383 –, ethische  175, 201, 543 –, katholische  282, 296, 317, 319 –, lutherische/Luthers  266, 365 –, offenbarte 158 –, reformierte  305, 339, 389, 402 –, reine/Reinheit der  244 f., 279, 301

Sachregister –, täuferische/Menno Simons  395, 399  auch: disciplina; Doktrin; Gnadenwahl-; Heils-; Inspirations-; Kirchen-; Lebenskunst-; Literaten-; Prädestinations-; Prädeterminationslehre; Quäker, Lehre der; Rechtfertigungs-; Rechts-; Staats-; Theologen-; Unterscheidungs-; Wirtschaftslehre; Vollkommenheitslehre Wesleys Lehrunterschiede 265 Leidenschaften  402, 424, 474 f., 487 –, sündige 328 Leinenindustrie  Carl Weber & Co./ GmbH; Textilindustrie; Weber, Laer & Niemann; Weberei Leistung, Leistungen  180, 222, 233, 247, 273, 304, 426, 502 – der Reformation/Reformatoren  232, 238 –, „fromme“ 410 –, geistige 438 –, soziale 291  auch: Arbeits-; Dienst-; Einzelleistung Leistungsfähigkeit  182, 450 f. leisure classes  378 „letters of recommendation“  522, 539 „letzte Menschen“  488 Leveller  235, 251, 483, 612 lex naturae  226, 228 f., 231, 241, 243, 246, 292, 312, 400, 443 f. „liberty of prophesying“  533 liberum arbitrium  173, 208 „Licht“, inneres  „inneres Licht“ Liebe  362, 452, 476 –, christliche 251 – Gottes  229, 270  auch: Feindes-; Nächsten-; Selbst-; Weltliebe Liebesdienst (am Nächsten)  422 literas testimoniales  514, 523 Literatenlehre 170 Literatentum (Schätzung des)  166 Literatur  104, 240, 250, 263–266, 305, 309, 356 f., 414, 457, 460, 474, 510 f. –, asketische 480

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– der Baptisten  Baptisten-Literatur –, ethische 417 –, griechische 221 – in Amerika  263 –, kasuistische 435 –, katholische/des Katholizismus  125, 435 –, nationalökonomische 240 –, pietistische 348 –, profane 223 –, puritanische  283, 286, 309, 431 –, quäkerische/der Quäker  413, 511 –, religiöse 415 –, schöne 456 –, theologische 261 –, weltliche 429 –, wissenschaftliche 452  auch: Kompendien; National-; Predigtliteratur; Schriften; Schriftsteller Liverpool 186 Livre des métiers  544, 612 locus (lat.) 213 Lohn, Löhne, Lohnsätze  178 f., 242, 319 –, niedere  178–180, 479 f.  auch: Akkordlohnsystem; Verdienst Lohnarbeiter, freier  114 Lollarden, Lollarden-Ethik  224, 612 Lombarden, lombardisch  135, 196, 234, 416, 518 f., 612 London 421 Los 431 – der Herrnhuter  363, 370 ludibria spiritus scancti  299 lugar (span.)  215 Luthertum, Lutheraner  43, 144, 248–251, 258 f., 266, 274, 280 f., 284, 298, 301, 304, 307, 320 f., 329, 339, 341 f., 344 f., 358, 360, 366 f., 371, 376, 384, 427, 432, 466 – Amtsbegriff des  533 –, orthodoxe  246, 377 – sittliche Ohnmacht des  341 – und Calvinismus  Calvinismus und Luthertum

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Sachregister

– und Pietismus  Pietismus und Luthertum – und Reformierte  336, 395  auch: Christologie (der Lutheraner); Durchschnittslutheraner; gratia amissiblis; Missouri-Kirche; sowie die Einträge zu: Bauern; Beichte; Beruf; Berufsbegriff; Berufsgedanke; Bibelübersetzung; Dogmatik; Doktrin; Entwicklung; Frömmigkeit; Fürstenhöfe; Gefühle; Geistliche; Glaube; Glaubenspredigt; Heilslehre; Katechismus; Kirche; Kirchenordnungen; Kirchenzucht; Lebensführung; Lehre; Orthodoxie; Religiosität; Sozialethik; Sündengefühl; Zeit Lutherbibel  93 Luxus, Luxuskonsumtion  419, 434, 463 LXX  Septuaginta Macht, Mächte  10, 55, 105, 116, 175, 192 f., 199, 207, 223, 257, 260, 271, 273, 275, 317, 325, 466, 487, 505, 544 – der Begierde  458 –, feindliche 163 –, gesellschaftliche 470 –, göttliche 308 –, hierokratische 529 –, irrationale 23 –, lebensumwälzende 37, 170 –, magische 11, 117 –, politische  105, 455 – puritanischer Lebensauffassung  471 –, religiöse/religiöser Bewegungen  11, 25, 117, 195, 252 f., 411 –, „sittliche“ 27, 29 f. –, weltliche 351 –, weltüberwindende 329  auch: Kapital-; Wirtschaftsmacht; sowie die Einträge zu: Askese; Besitz; Genuß; Jenseits; Kapital; Kapitalismus; Luthertum; Religion; Sünde; Verherrlichung Machthaber, politische  350 Machtkampf, politischer  483

Magie, Magier  16 f., 320 f. –, sakramentale  280, 320  auch: mystisch(-magisch); sowie die Einträge zu: Gnadenspendung; Heilslehre; Heilswirkungen; Mächte; Mittel; Religionen; Sakramente; Sakramentszauber Magna Charta  252, 612 Maine  471, 509 Majestät Gottes  Gottes Majestät „majorem Dei gloriam“  „in majorem Dei gloriam“ major generals  530 Majorität 134 „to make the best of both worlds“  476 Malerei, perspektivische  55 Mammonismus  139, 465 μαμωνᾶς τῆς ἀδικίας 239 Manchester 186 Mandarin, chinesischer  170 Manifeste – (Cromwells) an die Iren (1650)  235– 237 – des irischen Klerus (1649)  236 Männer, fromme  197 Manufaktur  111, 426 Markt  161, 467 – des Lebens  411  auch: Kapitalmarkt Marktprivilegien, städtische  113 Märtyrer 326 Maryland 143 Massachusetts  162, 470, 508 f., 528, 539 massajo  masserizia Masse, Massen  184, 295, 381, 479, 481 – des bürgerlichen Mittelstands  167 –, kleinbürgerliche 521  auch: Arbeiter, Masse der Massenaustritte aus der Kirche  495 Massendomestikation 530 Massenerscheinung 174 –, historische 356 masserizia  165, 167 f., 200 Mäßigkeit 182 Materialismus, materialistisch  136, 466

Sachregister –, historischer/Kritik des historischen  2 f., 11, 14  auch: Geschichtsmaterialismus; Kulturdeutung, materialistische Mathematik 115 Maxime, Maximen  159, 164, 411 –, ethische  161, 191, 260  auch: Lebensführung; Maxime der Mechanik  101, 115  auch: Kapitalismus, auf mechanischer Basis ruhender; Produktion, mechanisch-maschinelle Medizin (in Indien)  102 meeting  Quäker, meeting der Mehrverdienst  177, 247 Mehrwert-Produktion 481 Meidung der Exkommunizierten  396  auch: „mijdinge“; Weltmeidung „μηδὲν ἀπελπίζοντες“ 202  auch: „mutuum date nihil inde sperantes“ „melancholy“ (der Puritaner)  418 Mendikanten-Ethiker 169 Mennoniten, Mennonitentum  46, 259, 311 f., 388, 392, 394, 398, 406, 433, 471, 515, 530, 613 – Ablehnung von Ämtern/Eid/ Waffengebrauch der  406 – als Träger der Industrie in Ostpreußen 146 – Reichtum der  146 – und Fußwaschung  398 – und Kriegs-/Militärdienst  146  auch: Lehre, täuferische/Menno Simons Mensch, Menschen, Menschentum  160, 228 f., 276 f., 488 – als Gattung  231 – faustische Allseitigkeit des  485 –, geistliche 219 –, innerer  229, 260 – methodische Erfassung des/ methodisch lebende  329, 331 –, moderner  411, 489 –, natürlicher  270, 402, 410 –, präkapitalistischer 194

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–, traditionalistische 192 – Veränderung/Verwandlung des ganzen  321 f. –, verworfener 332 –, wiedergeborener 465  auch: Alltagsmensch; „aus Menschen macht man Geld“; Berufs-; Durchschnitts-; Fach-; „Genuß-“; Geschäftsmensch; Gott-MenschWelt-Verhältnis; Kulturmenschwerdung; „letzte Menschen“; „renewed man“; Übermenschen; Verkehr zwischen Mensch und Mensch; Welt-; Wirtschaftsmensch Menschenfeindlichkeit 285 Menschengattungen 251 Menschengeschlecht  270, 279, 293 Menschengruppen  139, 162 Menschenrechte  57, 484 Menschlichkeit 293  auch: Empfindungen, menschliche; Gottvermenschlichung merchant adventurers  252 Merkantilismus, merkantilistisch  113, 350, 476  auch: Reglementierungen; Schriftsteller, merkantilistische Metaphysik, Metaphysisches  275, 317 Methode  322, 325, 366, 431  auch: Heiligungsmethode; sowie die Einträge zu: Askese; Betrieb; Entwicklung; Kontemplation; Kontrolle; Lebensführung; Mensch; Rationalisierung; Sittlichkeit; Übungen; Zwecke Methodik  339, 380, 411 – der täuferischen Lebensführung  406 –, rationale 363  auch: Lebensmethodik Methodismus, Methodisten  258 f., 340, 379–387, 401, 474 f., 515, 529, 536, 538 f., 613 – als Träger des asketischen Protestantismus 257 – Angstbank im  381 – Bezeichnung 322

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Sachregister

– „circuits“ des  535 f. – „class“/Klassenorganisation der  529, 536 – Gefühlsmäßigkeit im  381 – general awakening im  385 – Kappellen der  536 – Kauf/Verkauf/Handel/Kredit bei den  513 – kirchen- und sektenhafte Prinzipien im 447 – Konferenzen im  384 – Kreditwürdigkeit der  538 – „local preachers“ der  535 f. – Mission im/Missionare des  380 f., 536 – prädestinatianische Gruppe des  383 – Prediger der  535 f. – Probezeit bei den  531 – revival des  386, 473 – Verbreitung des  386  auch: „calvinistischer Streit“; „higher life“; regeneration; Vollkommenheitslehre Wesleys; sowie die Einträge zu: Arbeiter; Bußkampf; Denominationen, Emotion; England; Ethik; Gemeinschaften; Glaube; Katechismen; Kirche; Lehre; Organisationen; Pietismus; Prädestinationslehre; Puritanismus; Religiosität; Sekten; Sittlichkeit; Vollkommenheitsstreben Methodistenkirche 500 Metier, standesgemäßes  166 „mijdinge“ 532 Milieu –, ökonomisches 433 –, religiöses und soziales  377 –, sektiererisches 460  auch: Kulturmilieu Milliardäre, amerikanische  462 Mimamsa-Schule 102 Minderchristen 517 Minderheiten  Minoritäten Minderwertigkeit, sittliche  303 minister  522, 525 f., 528, 536 ministerium (lat.)  214, 227

Minoritäten, Minderheiten  134 f., 409, 470 –, nationale und religiöse  133 Mission, Missionar, Missionsarbeit  292, 372 f., 402, 433, 476  auch: China Inland Mission; International Missionaries’ Alliance; Methodismus, Mission im Missionsleben (der Apostel)  374 Missionsorganisation (der Sekten)  535 Missouri-Kirche, lutherische  500, 613 Mißtrauen  136, 190, 253, 354, 391 – gegen den nächsten Freund  283  auch: Bauernmißtrauen Mitglied, Mitglieder  360, 401, 497, 500, 528 f., 538, 542 – eines Klubs/Verbands  502, 506 – einer Zunft  204, 544  auch: Gemeinde-; Kirchen-; Sekten-; Vollmitglieder Mittel –, asketisches/der Askese  328, 346, 363, 418, 422, 465 –, autoritäre 542 –, erwerbstechnische 504 –, magische 41, 280 f., 410 –, probates  178 f. –, technische  176, 315 – und/zum Zweck  160, 276, 423  auch: Arbeits-; Erwerbs-; Erziehungs-; Genuß-; Gnaden-; Heils-; Zuchtmittel Mittelalter  26, 58, 104, 108, 111, 155, 157, 164, 186, 201, 214, 225, 252, 319, 324, 329, 333, 336, 380, 416, 420, 431, 461, 540–544 – als Zeit „ausgeprägter Individualität“ 282 – Schätzung der Arbeit im  225  auch: Spätmittelalter; sowie die Einträge zu: Askese; Durchschnitts­ christ; Ethik; Gemeinschaftsbildung; Gewerbe; Handwerker; Kapitalismus; Laie; Mönchtum; Orden; Religiosität; Schriftsteller; Sekten; Tradition; Zunft

Sachregister Mittelbürgertum 186 Mittelkapitalismus 483 Mittelklassen, bürgerliche  130 Mittelstand, Mittelstände  500 – als Träger der Tugend  434 –, amerikanischer bürgerlicher  502 f. – aufstrebende Schichten des  186, 503 –, bürgerlicher(-kapitalistischer) 167, 434, 530 Mittlerschaft Christi  280 ‫( מְלָאכָה‬Tl. Mela¯’ka¯h)  209, 213, 223 „moderate use of the creation“  464 Moira 297 Mönch, Mönchtum  140, 229, 325 f., 328, 332, 410 – als methodisch lebender Mensch  331 – (Arbeits-)Askese des  326, 391 – Aristokratie der  332 –, mittelalterliches/des Mittelalters  19, 333, 420 –, okzidentales 19, 391 –, orientalisches 324 – von der Welt abgeschiedenes  333  auch: Benediktinerregel; Bettelmönch; Kloster …; sowie die Einträge zu: Lebensführung; Produktivität; Tugend Mönchsaskese  168, 200, 226, 404, 613 –, außerweltliche 39, 326 Mönchsethik  167, 200 Mönchsgelübde 241  auch: consilia evangelica Mönchsgemeinschaften 410 Mönchsorden 170 Mönchsregeln  328, 422 Mönchsschriftsteller  168, 200 Mönchsübersetzung 222 Mönchszellen 486  auch: Klosterzelle Monopole, Monopolisten  187, 235, 471, 482 f.  auch: Staatsmonopole Moral  435, 500 –, bürgerliche 450 – Franklins 161

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 auch: Außen-; Binnenmoral; Genügsamkeit; Qualität, moralische Moralist, Moralisten  156, 339 Moralkodex 400 Moraltheologie, Moraltheologen  337 f. –, englische und niederländische  348 –, katholische 435 –, puritanische 412 Moralvorschriften  Altes Testament, Moralvorschriften Mormonen 426 „moroseness“ (der Puritaner)  418 „mortal“ und „venial“ sin  301 Moses 335 Motiv, Motive  –, bürgerliche 462 –, ethnisches 483 –, historische 255 –, ideelle 255 –, individualistische/individuelle 286, 543 –, konstante 328 –, künstlerische 458 –, philosophische 373 –, religiöse  169, 250, 254–256, 306, 345, 393, 463, 470 –, sittliche 455 –, streitende 320 –, treibendes 140 –, zweck- oder wertrationale  286 Motivation, Motivierung  137, 192, 319, 360, 496 –, religiöse 345 –, utilitarische 429 Mount Airy (North Carolina)  497 f. Mühsal 219 Multimillionäre, katholische  197, 503 Münsterscher Aufruhr/Münsteraner Täufertum  390, 403 munus (lat.)  212 Muralt (Familie)  135 Musik, Musikgeschichte  9, 18, 55 –, okzidentale 9 –, rationale harmonische  103  auch: Akkordharmonik Muße, Müßiggang  166, 417

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Sachregister

„mutuum date nihil inde sperantes“  499, 502  auch: „μηδὲν ἀπελπίζοντες“; „nihil inde sperantes“ Mystik, Mystiker  19 f., 248, 306 f., 361, 372, 384 –, außerweltliche 21 –, deutsche  155, 224, 231 f., 245, 305 –, innerweltliche 20 f., 42 –, katholische  205, 348 –, kontemplative 19 – und Askese  Askese und Mystik –, weltflüchtige 20, 42  auch: unio mystica; sowie die Einträge zu: Gefühlskultur; Kontemplation; Religiosität; Stimmungsreligiosität; Weltablehnung mystisch(-magisch)  305, 317 Nachbarn, ethisch verläßliche  500 Nachbargemeinden 526 „Nachfolge Christi“  330 Nachkommen 438 Nächster, Nächste  241, 280, 293, 333, 375, 422, 431  auch: Liebesdienst am Nächsten; Mißtrauen gegen den nächsten Freund Nächstenliebe  229 f., 241, 285, 289, 291, 293, 431, 437 – Unpersönlichkeit der  292, 430  auch: Berufsarbeit als Ausdruck der Nächstenliebe; Gebot der Nächstenliebe Nächststehende 280 Nahrung  239, 241, 432, 477 – Grundsatz/Idee der  25, 28 f. Nahrungspolitik  133, 544 Nation 343  auch: Minoritäten, nationale Nationalität  124, 127, 343 Nationalliteratur, englische  459 Nationalsynoden 140, 613 Nationaltugend 407 Natur, Naturen –, indifferente 192

– mit kapitalistischem Geist erfüllte  192 –, nicht angepaßte  139 –, unkirchliche 204 –, „zweierlei“ 228 natural acts  405 naturali ratione  426 Naturaltausch 205 Naturwissenschaft, Naturwissen­ schaften  114, 373 –, indische 101 „Neger“ 453 Neid 158 Neigung 377 –, sittlich indifferente  156 Neuengland, Neuengland-Kolonien  129, 135, 143, 163, 350, 353, 385, 452, 457, 471, 508, 511, 516, 523 f. – Eisenwerksgesellschaften (1643)  467 – Gewerbe/Handwerk in  163, 467, 540 –, städtische Siedelung in  540  auch: Aristokratie; Kirchengeschichte; Kirchenzucht in Neuengland; Yankee Neuerer 190 Neuerweckung  258, 269 Neues Testament  239, 275, 277, 335, 397  auch: Arbeitsgebot, neutestamentliches Neuordnung des religiösen Lebens  249 Neuzeit  26, 108 f., 186, 435, 492 –, frühe 58 New Hampshire  471, 509 New Haven  508 New York  495, 505 f. Nichtbaptisten 522 Nichtbrüder  531, 538 Nichtigkeit –, erbsündliche 303 –, sittliche 303 Nichtwiedergeborene 520 Niederlande, Niederländer, niederländisch  129, 141, 146, 186, 301, 365, 402, 415, 468, 478, 521 – Calvinismus in den  140, 263

Sachregister  auch: Generalstaaten; Hervormde Kerk; Holland; sowie die Einträge zu: Freiheitskrieg; Gemeinden; Kirchengeschichte; Moraltheologen; Pietismus; réveil Nieuw-Nederland-Kolonie 457 „nihil inde sperantes“  202  auch: „mutuum date nihil inde sperantes“ Nobilitierung 469 Nonkonformist, Nonkonformisten  133, 470, 484, 614  auch: conformism Nordamerika 146  auch: Kolonien, nordamerikanische; Neuengland; Quäker, Rolle in Nordamerika; Vereinigte Staaten (von Nordamerika) Norm, Normen  174, 341 f., 481 –, alttestamentliche  342, 445 – Bibel als  Bibel als Norm – des wirtschaftlichen Handelns  161 –, ethische (der Schrift)  444 – Gesetz als ideale/unerreichbare  335 f. –, kirchliche 194 Normannen 252 Northwestern University (Evanston, IL) 380 Not  434, 479 Nothilfe, Nothilfspflicht  538 –, brüderliche  502, 538 Notkredit 199 Noviziat 531 Nüchternheit 189 Nutzen, Nützlichkeit  151 f., 158, 372, 433 – der Tugenden  157, 159 –, gesellschaftlicher  293 f. –, öffentlicher 290 –, unpersönliche 430  auch: Utilitarismus Obödienz  171, 290 obra (span.)  215 Obrigkeit  216, 358

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– Gehorsam gegen die  216, 247 –, kirchliche 397 Oerlinghausen  182, 189 Offenbarung, Offenbarungen  5, 158 f. –, biblische/der Bibel  293, 399 – der Herrlichkeit Gottes  270 –, fortdauernde/nie vollendete  398 –, göttliche/von Gottes Willen  370, 374, 417 –, individuelle  394, 406  auch: Lehre, offenbarte; Quäker, Offenbarungsverständnis; Täufertum und Offenbarung office (frz.)  215 officium, officia (lat.)  212, 214, 227, 246 Offizier, Offizierkorps  193, 503 Ohio (Stadt am)  488, 496 Oikos 111 Ökonomik, Ökonomisches  206, 466  auch: Wirtschaft …; sowie die Einträge zu: Auslese; Berufsinteresse; England; Entwicklung; Erwerb; Existenzgrundlage; Fortschritt; Gebiete; Geschichte; Gesetz; Interessen; Kampf ums Dasein; Kosmos; Länder; Leben; Lebensführung; Lebensschicksal; Milieu; Prämien; Rationalismus; Traditionalismus; Überbau; Übermenschen; Ursache; Verhalten; Verhältnisse; Voraussetzungen; Wiederspiegelung ökonomischer Situationen; Wirkungen; Zwang Okzident  14, 16, 20 f., 49 f., 101 f., 104 f., 107, 109 f., 113, 115 f., 120, 185, 324, 349, 353, 391, 471  auch: Abendland; Orient; sowie die Einträge zu: Christentum; Entwicklung; Erlösungsreligionen; Fachbeamter; Geist; Kapitalismus; Kultur; Kulturerscheinungen; Mönchtum; Musik; Presse; Rationalismus; Recht; Wissenschaften Olijf-Tacxken 312 „omnia in majorem Dei gloriam“  „in majorem Dei gloriam“

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Sachregister

opera servilia  232 opera spiritualia  321 operatur (lat.)  308 opus, opera (lat.)  212, 223, 246 opus supererogationis  410 Orden, Ordensleben  337, 391 –, katholische/mittelalterliche 337  auch: Bettelorden; Franziskaner; Jesuiten-; Mönchs-; Tertiarier-; Vollorden; Zisterzienser Ordensregeln 472  auch: Benediktinerregel Ordnung, Ordnungen  222, 328, 430 –, göttliche/Gottes (zweckvoll geschaffene)  515, 533 –, natürliche (der Welt)  228 –, objektive (historische)  216, 242, 428 –, soziale  104, 290, 303 –, unpersönliche 19 –, weltliche/der Welt  20, 222, 243, 312, 410  auch: Kirchen-; Lebens-; Neu-; Privateigentums-; Sozial-; Wirtschaftsordnungen; sowie die Einträge zu: Beruf; Heiligkeit Organisation, Organisationen  110 f. –, bürgerlich-privatwirtschaftliche 471 –, calvinistische soziale  286, 288 – im Methodismus  529 – kirchlicher Lebensführung  513 –, rationale (kapitalistische) der (freien) Arbeit  56, 110, 113 f., 186, 445, 545 –, ständische 104  auch: Arbeits-; Beamten-; Betriebs-; Gemeinschafts-; Kirchen-; Konsumenten-; Missions-; Sekten-; Wirtschafts-; Zuchtorganisation Organisationsform/Formen der Organisation 189 –, kapitalistische 58, 184, 188 –, soziale und politische  256 „organische“ Schranken der Person  206 orgiastisch-ekstatisch  15 f. Orient  103 f., 111, 237, 422

 auch: Okzident; sowie die Einträge zu: Mönchtum; Quietismus; Traditionalismus Orientierung  –, diesseitige  192, 341 –, pietistische 454 –, rationale 273 –, religiöse  341, 384, 435, 503  auch: Lebens-; Wertorientierung Orthodoxie  258, 367, 614 –, calvinistische 521 – (im Sinne von Rechtgläubigkeit)  539 –, lutherische 363  auch: Dogmatik; Doktrin; Lutheraner; Prediger, orthodoxe Ostasien 111 Osten, deutscher  127, 370 Ostentation  193, 464 –, parvenümäßige 438  auch: vain ostentation Österreich 143 Ostpreußen 146 Oxford (Universität)  335 Pandolfini (Familie)  165, 614 Paradies  „fromme Langeweile“ des Paradieses „Paradise lost“ (Milton)  250 f. Paria 505 Paria-Kapitalismus  39, 445, 448 Paris (griech. Gott)  452 Parlament  105, 234  auch: England, (Langes) Parlament „Parlament der Heiligen“  351, 536 Parsen 143 Partei, Parteien  105, 108 –, kirchliche 470 –, religiöse 339  auch: Religionspartei Particular Baptists  388 Partikularkirche, reformierte  332 Parvenü, Parvenus  186 f., 193, 438  auch: Ostentation, parvenümäßige pater familias  168 Patriarchalismus  378, 425

Sachregister  auch: Hauspatriarchalismus; sowie die Einträge zu: Arbeitgeber; Calvinismus; Pietismus; Stimmungen Patriziat 129 –, bürgerliches/städtisches 469 –, humanistisches 167 –, kaufmännisches 257  auch: Handelspatriziat; Standesbewußtsein, patrizisches Pauschsummen 204 Pennsylvanien  205, 472, 509 f. Perikope  Gottesknechts-Perikope perseverantia 383, 614 persisch  48 Personal 126 „personal election“  412 Persönlichkeit  249, 424, 460, 462, 499 – im formal-psychologischen Sinn  328 –, rationale (des Calvinisten)  355  auch: Qualitäten, geschäftlich-persönliche/persönlich moralische; Unpersönlichkeit Pessimismus (Pascals)  282 Pestalozzi (Familie)  135 „Pflanzschule der Kapitalwirtschaft“  141 Pflicht, Pflichten  11, 117, 212, 422, 427, 446, 538 – als „Forderung des Tages“  316 –, asketische 247 – der Feindesliebe  285 – gegen Gott  482, 517 –, innerweltliche  226, 228, 231, 247 –, öffentlichrechtliche 212 –, religiöse  405, 428 f., 515 –, traditionelle 319  auch: Arbeits-; Berufspflicht; „conscience to their duty“; Hilfs-; Nothilfspflicht; Selbstliebe (Pflicht der); Verpflichtung; Wehr-; Weltpflichten Pflichterfüllung  226, 231, 300, 428, 446 Pflichtvergessenheit 155 Pfründe  169, 216, 350 Philadelphia 206

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Philadelphia Confession of Faith  Hanserd Knollys Confession, amerikanische Philanthrop, Philanthropie  156, 446 Philosophie  27, 306 –, aristotelische  324, 354, 374 –, (diesseitig) rationale  207 –, klassische 354 –, rationalistische 423  auch: Empirismus; Motive, philosophische „Philosophie des Geizes“  155 phönikisch 135 Physik 374 Piemontesen 416, 614 Pietismus, Pietisten  139, 146, 247, 258, 284, 300, 307, 324, 346–372, 376–379, 387, 392, 396, 415, 421 f., 427, 432, 480, 516, 529 f., 614 f. – als Träger des asketischen Protestantismus 257 – aus dem Calvinismus erwachsener  258, 300, 331 –, deutscher  358, 375, 377, 380, 386, 405, 413, 442 –, englischer/in England  348 f., 480 –, englisch-niederländischer 358 –, „feine“ 357  auch: „Feine“ –, gefühlsmäßiger/Gefühlscharakter des  355, 357, 370, 372, 377, 386, 420  auch: Gefühlspietismus – Hallesche Anstalten des/Hallenser  363, 379 –, holländische/in Holland  357, 456 – Konventikelbildung im  Bibel­ konventikel; collegia pietatis; Konventikel –, nicht prädestinatianische  364 –, niederländisch(-niederrheinisch)er  349, 520 – rational-asketisches Element im  362 –, reformierter  296, 350, 357, 400 – und Luthertum  259, 298, 376 – und Methodismus  379 f., 385–387 – und Patriarchalismus  378

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Sachregister

– und Puritanismus  347 –, württembergischer 377 – Zinzendorfsche Spielart des  387, 480  auch: Calw; ecclesiola; England, puritanischer Pietismus; Herrnhuter; leisure classes; praxis pietatis; Terminismus; Verbreitung des Pietismus; sowie die Einträge zu: Arbeiter; Arbeiterinnen; Arbeitskräfte; Askese; Bußkampf; Calvinismus; Christentum; Doktrin; Erziehung; Frömmigkeit; Gemeinschaft; Glaubenspsychologie; Literatur; Orientierung; Schriften; Seelsorge; Toleranz; Vorsehungsglaube Pietismusbegriff  348, 360 Pilgerväter/Pilgrim Fathers  506, 508 Plutokratie 504–506, 615 poenitentia quotidiana  307 Polen, Polentum  127, 133, 142, 180 Polyphonie 103 Politik  22, 172  auch: Berufsleben; Freiheit; Gewalt; Großmächte; Interessen; Kapitalismus; Mächte; Machthaber; Machtkampf; Organisationsformen; Rationalisierung; Rechte; Schicksale; Verfassung, politische Polizei, schwarze  183  auch: Kontrolle, kirchenpolizeiliche; Sittenpolizei polizeilich-autoritär 408 πόνος  210 f., 219, 222 Portree (Skye)  495 f. Port Royal  233, 278, 294, 450, 615 Positiv-Kapitalistisches 462 positiv-religiös 351 possessio salutis  315 posto (italien.)  215 Präbende 536, 615 Prädestinatianer, Prädestinatianismus  272, 278, 295–297, 383, 398, 527  auch: Ethik; Methodismus; Pietisten; Puritaner; Wiedergeburt, prädestinatianisch gefaßte

Prädestination, Prädestinierte  277, 296 f., 309–311, 315, 348–350, 356, 376, 386, 615 – Fatalismus als Konsequenz der  316 –, ungerechte 478 – Verwerfung der  402 – zum Tode  268  auch: Erwählung; Erwählungsentschluß Gottes; (von) Ewigkeit her prädestiniert; „foreordained“; Gnadenwahldekret; Gottes Gnadenwahl; Heilige, prädestinierte; „predestinated“; Protestantismus, (nicht)prädestinatorische Richtung; „Si non es praedestinatus …“  Prädestinationsdogma  295, 298 – Ablehnung des  257 – Absterben des  380  auch: decretum horribile; Dekret, doppeltes; Gnadenwahldekret Prädestinationsglaube (Pascals)  296, 303 Prädestinationslehre  15, 259, 272, 294, 297, 300 f., 332, 341, 358, 376, 385, 412 f., 524 – Abschwächung der  297 f. – als esoterische Lehre im Katholizismus 296 – Calvins 274–278 – der Jansenisten  345 – des Calvinismus  339, 342, 344 f. – im Methodismus  340, 383  auch: Gnadenwahllehre Prädeterminationslehre, prädeterministisch (im Islam)  297, 345 praecepta  consilia evangelica und praecepta Pragma, thukydideisches  102 Präjudiz 538 präkapitalistisch  Arbeit, Leitmotiv präkapitalistischer; Epochen; Geist; Mensch, präkapitalistischer Prämien  494, 543 –, jenseitige 482 –, ökonomische 115

Sachregister –, psychische 201 –, psychologische 37, 171, 338 –, religiöse  238, 297 –, soziale 513  auch: Heils-; Versicherungsprämie Prämiierung 435 Praxis –, ethische  322, 385 –, seelsorgerische/der Seelsorge  301, 329, 411 –, sittliche 260  auch: Konsequenzen; Lebenspraxis; Rationalismus; Verhalten, praktisches praxis pietatis  349, 354 Präzisismus, Präzisisten  322, 346, 458  auch: Christ, „präziser“ puritanischer; „Feine“ „predestinated“ 270 Prediger, Predigtamt  278, 350, 353, 497, 499 f., 518, 539 –, angestellter 334 – Ehrenamt von  535 –, englische 455 –, liberale und orthodoxe  526 –, puritanische  163, 233 – Unterhalt der  535 –, unwürdige 526 –, wiedergeborene 335  auch: Baptistenprediger; Berufs­ predigertum Predigt, Predigten  119, 218, 247, 260, 339, 344, 411, 421, 500, 534 – der Bettelmönche  391 – der Puritaner  167 – des presbyterianischen Flügels (des Puritanismus) 452 –, englische 413 – Franklins  151–154, 169, 193 – Taulers  219, 248  auch: Berg-; Erweckungs-; Glaubens-; Laien-; Quäkerpredigt Predigtliteratur  223 f. Preis, Preise  179, 188, 512  auch: Quäker, System der festen Preise

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Presbyterianer, Presbyterianisches  339, 384, 397, 412, 452, 505, 509, 511, 514, 519–523, 527, 532 f., 615 –, frühenglische  520, 523, 531  auch die Einträge zu: Kirche; Kirchenzucht; Predigten Presse (im Okzident)  55, 104 Preußen  131, 133  auch: Ostpreußen; Rheinprovinz Prévôt 544, 615 Priester, Priestertum  167, 321, 525 –, „allgemeines“  366, 425 „Primat des Willens“ (Kahl)  324 Prinzip, Prinzipien  –, asketisches 327 –, donatistisches 525 –, ethische 429 –, frühkapitalistisches 512 –, religiöse 244 –, (sektiererisch-)voluntaristisches 46, 515, 517, 527  auch: Methodismus, kirchen- und sektenhafte Prinzipien Privatbeichte  285, 366, 600 Privateigentumsordnung 404 Privatvermögen 461 Privatwirtschaft –, kapitalistische 207  auch die Einträge zu: Berufsleben; Interessen; Organisation; Reichtum Probabilismus, probabel  233, 435, 615 f. Produktion 464 –, mechanisch-maschinelle 486 – standardization der  459  auch: Mehrwert-; Warenproduktion Produktionsprozeß 206 Produktivität –, mönchische 427 – niederer Löhne  479  auch: Arbeit, Produktivität der; Unproduktivität des Geldes professio (lat.)  212, 214 professio bene dicendi  212 Profit 204 –, hoher  178 f., 433 – Minderung des  178

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Sachregister

– traditionelle Höhe des  188 Profitchancen, providentielle Deutung der 438 Profitgier 471 Profitlichkeit 432 Programm –, ethisches 254 –, pädagogisches 374 –, sozialethisches 397 Projektenmacher  472, 483 Proletariat  113, 318 promoters  112, 471, 503 prophesyings  359, 391, 533 Prophetie, Propheten  238, 397, 402 –, altjüdische 41, 280 – (des Alten Testaments)  336, 399 –, neue 488 „Prophetie“ als Schriftauslegung durch Nichttheologen 347 propositum oboedientiae  313 Proselyten 140, 616 τà προσήκοντα 212 Prostitution, hygienische  424 Protektionismus 113 Protestantismus, Protestanten  128, 131 f., 134–138, 143, 147, 155, 200, 207, 215, 249, 257, 322, 329, 341, 346, 391, 400, 444, 501, 513, 517, 542 – als letzte Stufe der Religionsentwicklung  17 f., 22 –, alter  147, 347, 394 –, asketischer/Askese des  8, 15 f., 20, 22 f., 27, 33, 41–44, 47, 54, 61, 201, 257, 324, 341, 374, 410 f., 413, 430, 446, 454, 501 – Beteiligung der am Kapitalbesitz  126 f., 130 –, calvinistische/Calvinismus als Träger des  257, 337 – Ethik des  117, 462 –, französischer 137 – in Baden  131 –, kirchlich/religiös indifferente  137 f. – Kirchenbildungen des  16 – Kulturbedeutung des  489

– (nicht)prädestinatorische Richtung des  42, 44, 47, 51 – Leistung des  233 –, reformiert-täuferischer 391 – und innerweltliche Askese  444, 501 – und Judentum  27, 30, 39 – und Kapitalismus  27, 135  auch: altprotestantisch; sowie die Einträge zu: Askese; Berufsbegriff; Berufsidee; Bibelübersetzung; Denominationen; Dogma; Dogmatiker; Ethik; Immigration; Kapitalbesitz; Kirchen; Konfessionen; Rationalismus; Sekten; Tradition; Unternehmertum; Völker providentia – communis 439 – divina/Dei  227, 439  auch: Gottes Providenz Providentielles, providentiell  228, 242, 429, 438  auch: Vorsehung; sowie die Einträge zu: Fügungen; Profitchancen; Zwecke Prüfung, Prüfungen  448, 501, 528 Psalm, Psalmen  336, 356, 443 Psychiatrie 355 Psychologie, psychologisch  245, 248, 261, 285, 289, 299, 303, 322, 355, 376 – Begriffsvorrat der  355 –, quäkerische  248, 363  auch: Glaubens-; Rassen-Psychologie; sowie die Einträge zu: Antriebe; Beichte; Glaube; Konsequenzen; Persönlichkeit; Prämien; Reduktionismus; Wirksamkeit; Wirkungen psychopathologisch  Begriffe, psychopathologische pudendum  202, 423 „Puls“ fühlen  337 Pünktlichkeit 157 Puritan churches  438 Puritaner, Puritanertum, Puritanismus  27, 30, 166 f., 170, 172, 201, 235, 244, 250, 273, 280, 290, 294, 297, 309 f., 316 f., 322 f., 326 f., 330, 336, 338 f.,

Sachregister 344, 347, 353, 355, 363 f., 380 f., 387, 418, 421–425, 432, 435, 437, 439, 442 f., 445, 450 f., 453, 455, 458–463, 468–471, 475, 482 f., 486, 529, 542 f., 616 – Abneigung gegen Sport  450 –, amerikanische 137 – Bildung im  452 – Eindringen des alttestamentlichjüdischen Geistes in den  312 –, englischer  137, 267, 347, 358, 411, 444, 448 –, englisch-holländischer 415 – Ethos des  445 – (Gesamt-)Habitus des  372, 446 f. –, holländischer/Hollands  137, 353, 455 – Kirchen-Konzeption des  44, 492 – negatives Verhältnis zur Sinnenkultur 281 –, prädestinatianische 517 – traditionalistische Lehren der (Brentano)  33 – und Judentum/jüdische Ethik  24, 29, 441, 444, 447 f. – und Konfuzianismus  6, 8, 16, 21 f., 41 – und Kunst  453–455 – und Methodismus  380 – Verachtung gegen die  457 –, weltablehender 21  auch: Calvinismus und Puritanismus; „Der Puritaner wollte Berufsmensch sein …“; „English Hebraism“; „Göttliche Komödie des Puritanismus“; „melancholy“; „morosness“; „reserve“; Sonntagsruhe im Puritanismus; „unclean life“; unpuritanisch; Wandsworth (Konferenz); sowie die Einträge zu: Antithese; Askese; Berufsaskese; Berufsauffassung; Berufsidee; Bewegung; Bürgertum; Christ; Denomination; England; Ethik; Frömmigkeit; Geist; Gemeinschaft; Glaube; Gott; Heilige; Institutionen; Kaufleute; Kirchenzucht; Lebensideal; Lebensluft; Lebensreglementierung;

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Literatur; Moraltheologie; Pietismus; Prediger; Predigten; Religiosität; Schriften; Schriftsteller; Sekten; Sittlichkeit; Tradition; Typus; Tyrannei; Verhöre; Völker; Zeit „Der Puritaner wollte Berufsmensch sein …“  486 Puritanerin, Ideal der  461 Puritanismusbegriff 259 Quäker, Quäkertum  42, 46 f., 259, 384, 388 f., 392, 396, 398–401, 403, 405 f., 413, 415, 420, 433, 449, 458, 460, 463–465, 471 f., 501, 510–512, 515, 534, 539, 616 – Ablehnung von Ämtern/Eid/ Waffengebrauch der  406 – Abneigung gegen den Sport  450 – Askese der  406 – Gebetsgemeinschaft der  530 – „Geist“ bei den  403, 534 – in Pennsylvanien  509 – Lehren der  398 f. – meeting der  402 – Offenbarungsverständnis der/ „inneres Licht“ bei den  398 f. – prosperity bei den  439 – recreations der  460 – Reichtum der  146 – Rolle in England  133, 146 – Rolle in Nordamerika  146 – System der festen Preise bei den  512 – Unterstützungswesen der  539 – Verleugnung der Ideale bei den  472 – Versagung der Ehrfurchtsformen durch die  396  auch: Glaubenspsychologie; Gottesdienst; Literatur; Psychologie; Rationalisierung, quäkerische; Schriften der Quäker Quäkerethik  400, 431, 440 Quäkerpredigt 409 Quäker-Synoden 405 Qualifikation, Qualifizierte, religiöse  499, 509, 522 f., 537

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Sachregister

Qualifikationsattest  499, 522, 537, 539 Qualität, Qualitäten  273, 542 –, ethische  161, 181, 191, 498 –, geschäftliche persönliche  541 –, persönliche moralische  191 –, religiöse 508 –, ständische 302  auch: Rassenqualität; sowie die Einträge zu: Arbeiter; Handeln; Unternehmer Quietismus 348, 616 –, katholischer 347 –, orientalischer 443  auch: Weltflucht, quietistische Rache, Rachgefühl  285 Radikale  268, 452 Rassendifferenzen 251 Rassen-Neurologie und -Psychologie  121 Rassenqualität, ererbte  181 ratio 246 –, wirtschaftliche 170 Rationales 317 – Begriff des  159 – in der Geschichte  9  auch: antirational; Irrationales; sowie die Einträge zu: Antriebe; Arbeiten; Askese; Bedürfnis; Begriffe; Berufsarbeit; Berufsauffassung; Berufsethik; Betrieb; Bewährung; Beweis; Buchführung; Bürokratie; Ehrbarkeit; Erwerb; Ethik; Experiment; Gestaltung; Haushalt; Leben; Lebensführung; Lebensorientierung; Methodik; Musik; Organisation; Orientierung; Persönlichkeit; Philosophie; Recht; Rechtslehre; Regeln; Sozialismus; Technik; Theologie; Tugend; Verfassung; Verwaltung; Vollkommenheitsstreben; Wirtschaft; Zweck Rationalisierung  10, 16 f., 104, 108, 112, 116, 120, 159, 170, 290, 324, 342, 372, 376 f., 410 –, asketische  342, 467

–, calvinistische 403 – des innerweltlichen Handelns  377 – des Lebens (im Judentum nach Sombart)  27, 30 – des Privatrechts  207 –, innerreligiöse 23 –, methodische 345 –, quäkerische 403 – Stufen der  17  auch: Lebensrationalisierung; sowie die Einträge zu: Antriebe; Berufsleben; Empirismus; England; Forschung; Gesamtleben; Handlungen; Kunst; Länder; Lebensführung; Rechtspflege; Religion; Verwaltung; Welt; Wirtschaft Rationalisierungsprozeß  189, 206 Rationalismus, Rationalisten  190, 208 – als historischer Begriff  208 –, alttestamentlicher 336 –, areligiöser theoretischer  23 –, asketischer 6, 488 –, bürgerlicher 544 – der Juden  26 f. – Gesamtentwicklung des  207 – Geschichte des  207 –, humanistischer 489 –, konfuzianischer 6 –, liberaler 290 –, ökonomischer 8, 16, 29, 39, 116, 134, 167 f., 170, 197, 205, 294, 414 –, okzidentaler 9 f., 55 f., 116 –, politischer 294 –, praktischer 23, 208 –, protestantischer 490 –, religiöser/Religion und  8, 10, 15 f. – Weltanpassung und Weltbeherrschung als Typen des  6 –, westeuropäischer 370  auch: Philosophie, rationalistische; Soziologie des Rationalismus Rationalität, Rationalitätsproblematik  9, 16, 108, 114  auch: Zweckrationalität Ratschläge –, evangelische  consilia evangelica

Sachregister –, seelsorgerische 302 Ratschlüsse Gottes  Gottes Ratschlüsse Realgrund 382 – der Seligkeit  369  auch: Erkenntnisgrund Realgymnasien, Realschulen  131 Realien, Realunterricht  374 Realität, historische  319, 362 Rechenhaftigkeit, rechenhaft  27 f., 163, 418  auch: „calculating spirit“ Recht, Rechte  115 f., 352, 515 –, okzidentales 102 –, politische 509 –, positives 243 –, rationales/rationale Struktur des  105, 115 f. –, römisches  102, 207 –, talmudisch-rabbinisches 26 –, unveräußerliche 358  auch: Bürgerrecht; Christen, Grundrecht; Kanonisches Recht; Menschenrecht; Pflichten, öffentlichrechtliche; Vollbürgerrecht Rechtfertigung, Rechtfertigungslehre  230, 259, 302, 304, 342, 346, 368 f., 372, 381, 394, 617 – forensische Auffassung der  343, 413  auch: Glaube, rechtfertigender Rechtgläubigkeit, dogmatische  349 Rechtlichkeit 485 – der Frommen  511 –, formale  443, 545  auch: Unrechtlichkeit Rechtslehre, rationale  102 Rechtspflege, Rationalisierung der  115 f. reconciliation 333 recreations  329, 415, 460 Redlichkeit  407, 430 Reduktionismus, psychologischer  14 Reformation, Reformatoren  29, 33, 129, 140, 213, 232, 234, 240, 249, 253–256, 261, 326, 332, 347, 353, 489, 491

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– Kulturwirkungen der  254 – Produkt der  225  auch die Einträge zu: England; Ethik; Kulturepochen; Leistungen; Tätigkeit Reformationen der Klöster  Klosterreformation Reformationskirchen  238, 348, 392, 525 –, nicht asketische  258 Reformationszeit, Reformationszeit­ alter  278, 330, 332 f. Reformierte  132, 267, 308–310, 336, 342, 393, 515  auch: Lutheraner und Reformierte; sowie die Einträge zu: Askese; Berufsethik; charitas; Christentum; Christologie; Durchschnittschrist; Ethik; Familien; Frömmigkeit; Fürstenhöfe; Gemeinden; Heilige; Katechismen; Kirchen; Konfession; Lehre; Partikularkirche; Pietismus; Protestantismus; Religiosität Refugiés, Refugiésgemeinden  523 f., 533 Regel, Regeln  321 – des heiligen Benedikt  Benediktinerregel –, formale 115 –, rationale, gesatzte  105  auch: Klugheits-; Lebens-; Mönchs-; Ordensregeln regenerated (persons), regenerates  334, 516 regeneratio, regeneration  311–313, 342, 385 f. Reglements, Reglementierung  187 –, kirchliche (der Askese)  408 –, merkantilistische (des Staats)  408 –, staatliche (des Wirtschaftslebens)  194  auch: Kirchenreglements; Lebens-; Sittenreglementierung; sowie die Einträge zu: Askese; Kontemplation; Lebensführung Reiche, islamische/vorderasiatische  353

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Sachregister

Reichtum, Reichtümer  137, 146, 193, 414–417, 427, 468, 474, 477 f., 512 –, bürgerlicher 414 – der Geistlichen  416 –, ererbter  128, 506 –, erworbener 417 –, privatwirtschaftlicher 464 – Streben nach  436, 465 – Versuchungen des  415, 434, 471, 478  „Arbeite nicht, um reich zu sein“; „Ein Reicher wird nicht leicht selig“; „für Gott dürft Ihr arbeiten, um reich zu sein“; Genuß des Reichtums; Mennoniten; Quäker, Reichtum der Reinheit – der „Kirchen unter dem Kreuz“  393 – der Lehre  Lehre, reine  auch: Abendmahl, Reinheit; Gemeinden; Kirche, „reine“; „unclean life“ Religion, Religionen  1–10, 15 f., 19–23, 31, 33 f., 36, 44, 49, 125, 192, 318, 350, 368, 428, 475, 477 f., 543 – als irrationale Macht  23 –, christliche 31, 148 – (Gedanken-)Gehalt einer  317, 474 – Gefühlsseite der  355 –, jüdische 24 f., 64 –, magische 21 – Rationalitätspotential der/Rationalisierung einer  8 f., 10, 17 – und Gesellschaft  43, 491 – und Wirtschaft/Wirtschaftsgesinnung  7, 10, 14, 17, 24, 54, 117 – Verfall der  475  auch: „Dem Volke muß die Religion erhalten bleiben“; Erlösungsreligionen; Konfuzianismus als Zivilreligion; Kulturreligion; Weltreligionen; sowie die Einträge zu: Askese; Bedürfnis; Berufsarbeit; Bewährung; Bewegungen; Bewußtsein; Empfinden; Enthusiasmus; Epochen; Erkenntnis; Erziehung; Ethik; Gemeinschaft; Glaube; Glaubensin-

halte; Gnadenstand; Idee; Individualisierung; Interessen; Klassen; Klassenbedingtheit; Leben; Lebensführung; Lebensinhalte; Lebensreglementierung; Literatur; Mächte; Milieu; Minoritäten; Motiv; Motivation; Neuordnung; Orientierung; Partei; Pflicht; Prämien; Prinzip; Protestanten; Qualifizierte; Qualitäten; Rationalisierung; Rationalismus; Seele; Sekten; Sinn; Soziologie; Staat; Stimmungen; Tagebuch; Toleranz; Tradition; Universalgeschichte; Verband; Virtuosen; Vorstellungen; Wirtschaft; Wissen; Zweifel Religionsgemeinschaften  253, 409 Religionsgeschichte  9, 18, 27, 41, 304, 316 Religionsgespräche (der Täufer)  394 Religionskämpfe 318 Religionskritik  10 Religionspartei 138 Religionssoziologie, religionssoziologisch  1, 4 f., 7 f., 11, 18, 120 Religionsvergleich  14, 42 Religiosität, Religiöses  150, 201, 281, 285, 307 f., 313, 330 f., 349, 384, 397, 474, 503, 510 –, allgemein-bäuerliche 442 –, asiatische 120 –, asketische 39, 201, 293, 347, 379, 408, 414, 489, 526 –, calvinistische/des Calvinismus  285, 339, 357, 360 –, emotionelle (des Methodismus)  381, 386 –, gefühlsmäßige/Gefühlscharakter der  336, 355, 370, 376 –, herrnhuterische  370, 384 –, holländische 456 – hysterischer Charakter der  307, 355 –, jüdische 42, 320 –, katholische 42, 320 –, lutherische 305 –, mittelalterliche 355

Sachregister –, mystische 306 –, nichtmystische christliche  294 –, puritanische/der Puritaner  42, 320 –, reformierte 307 – soziologische Bedeutsamkeit einer  5  auch: außerreligiös; Gefühls-; Glaubensreligiosität; irreligiös; positiv-religiös; Stimmungs-; Virtuosenreligiosität Renaissance (Zeitalter der)  101, 103 f., 164, 167, 170, 452 „renewed man“  448 Rentabilität 106 Rentenkauf  198, 234, 617 Rentiers  378, 469 Rentnerideal, Rentnerschicht  29, 454 Repristination  375, 380, 617 Reprobierte  279, 281, 334, 350, 519, 524 „Respektlosigkeit“ (der Amerikaner)  397 Reserve  193, 327 „Reservearmee“, industrielle  179 Ressentiment  15, 165 Restauration  England, Restauration Reue  321 f., 366, 371 –, bußfertige  333, 341 réveil (niederländisches)  295, 527 revivals –, asketische 348 – im Methodismus  Methodismus, revival des –, kirchliche 298 Revolution  412, 517 –, charismatische (der Sektierer)  534 –, kirchliche 128 Revolutionierung, Revolutionierungsprozeß  187, 190 „rex et regnum“  105 Rheingebiete, Rheinland-Westfalen  146, 186, 529  auch: Pietismus, niederländischniederrheinischer; Westfalen Rheinprovinz 125 Rhode Island  143, 467 Richtigkeitstypus  9

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„First righteousness, then peace“  363 Rigorismus (der Askese)  347 Rijnsburger Kollegianten  530, 617 f. „Robinson Crusoe“ (Defoe)  475 Rom, Römer, Römerreich  109, 353 – als Heldenvölker  197 – Kapitalismus in  185  auch: Kirche; Recht, römisches Romantiker 169 Roundheads, Rundköpfe  251 f., 459 Rückstand, Rückständigkeit, rückständig  172, 178, 181, 207, 237, 333, 414, 461, 503 „Ruf“ 287 – (als Übersetzung von κλῆσις) 216, 219 f., 224 – des Herrn/Gottes  239, 405 –, geistlicher und weltlicher  231 ruffunge 217 Ruhe  28, 250, 327, 405 – auf erworbenem Reichtum  417 – in Gott  306  auch: Besitz, Ausruhen auf dem; „ewige Ruhe der Heiligen“; Sonntagsruhe; tranquillitas animi; Unruhe Ruhm Gottes  Gottes Ruhm „ruling elders“  516 Rundköpfe  Roundheads Rußland  133, 170 „rüstig in seinem Beruf“  160 Rüstzeug (Gottes)  298, 340, 367, 617 Rynsburger Kollegianten  Rijnsburger Kollegianten Sabbatruhe  Sonntagsruhe Sachgüterbesitz 161 Sachsengängerin 142, 618 „saint“, „saints“  409, 534 Sakramente, sakramental  16, 43, 274, 278, 285, 301, 334 f., 377, 385, 398, 523, 527, 536 – magische Deutung der  342  auch: Abendmahl; Bußsakrament; externa subsidia; Gnadenmittel; Kommunion; Taufe; sowie die

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Sachregister

Einträge zu: Heil; Heilsvermittlung; Heilswirkungen; Magie Sakramentsgnade  17, 320 Sakramentszauber, magischer  43 Säkularisation 479 – aller Lebensinhalte  136 – des amerikanischen Lebens  263  auch: Besitz, säkularisierende Wirkung Säkularisationsprozeß  46, 501, 507 Säkularisierungsthese  29 sanctificatio 313 Sandhaufen (amerikanische Demo­ kratie) 505 Sassanidenreich 353 „Saul und David“ (Gemälde Rembrandts) 454 Savoy Declaration (1658)  269, 272, 310, 312, 339, 618 „scandalous persons“  523 Schein – chevaleresken Prunks  464 – der Bescheidenheit  158 – der Ehrlichkeit  157 Schicht, Schichten, Schichtung  120, 129, 134, 304, 332 –, aufstrebende/im Aufsteigen begriffene  471, 503 –, herrschende/beherrschte 134 –, (klein-)kapitalistische  416, 471 –, mittlere 208 –, obere/oberste 138 –, obere gelernte der Arbeiterschaft  126 –, soziale  117, 186 –, untere/unterste  138, 295  auch: Handwerkerschichten; Klassen; Konfession und soziale Schichtung; Rentnerschichten Schicksal, Schicksale  119, 121, 200, 218, 276 f., 297, 472, 505 –, berufliche 133 – des Calvinisten  321 –, ewiges/von Ewigkeit her feststehendes  278, 320 –, politische  252, 343

–, zeitliches 320  auch: Kapitalismus als schicksalvollste Macht; Lebensschicksal Schickung 242 – Beruf als  427 – in die gegebene Lebenslage  246, 303 – in die Welt  21  auch: „Sich-Schicken“ Schisma, Kuypersches  Kuypersches Schisma Schlaf 419 Scholastik, scholastisch  37, 228, 428, 452  auch: Spätscholastik; Thomismus Schöpfergott, überweltlicher persönlicher  19 Schöpfung  „moderate use of the creation“ Schotten, Schottland  129, 144, 446, 460, 495, 526, 533  auch: Scotch-Irish; sowie die Einträge zu: Independenten; Katechismus; Kirche Schrift, heilige  290, 354, 399, 444, 448 Schriften –, alttestamentliche 444 –, asketische 329 – der Quäker  439 – führender Pietisten  432 –, katholische asketische  310 –, puritanische 417 –, theologische 411  auch: Literatur Schriftsteller  170, 200 f., 263, 444, 474 –, antike 167 –, englische (merkantilistische)  468, 478 –, ethische 261 –, mittelalterliche 251 –, puritanische 376 –, theologische  226, 263  auch: Mönchsschriftsteller Schuld, Schulden, Schuldner  114, 203, 518, 538, 540 f. Schuldbewußtsein, Abreagieren des  285

Sachregister Schulen, Schulen  131  auch: Gymnasium; Realschule; Volksschulwesen schutterijen (holländische)  455 „Schwarmgeister“ 242 schwarze Listen (der Börse)  199, 204 schwarze Polizei  183 Schweigsamkeitsgebot 418 Scotch-Irish 135 Seedarlehen 109 Seele, Seelen  307, 402 f., 421, 433 –, (religiös) gläubige  305 – Verknechtung der  458  auch: Gott, Göttliches, Eingehen in die gläubige Seele Seelenheil  254, 286, 292, 298, 325, 448 Seelenverfassung, Seelenzustand  312, 440 Seelsorge, Seelsorger  260, 301, 304, 320, 329, 376, 411, 413, 481, 519 – der Methodisten  529, 536 –, pietistische 366  auch: Praxis; Ratschläge, seelsorgerische Segen – Gottes  447, 465 – „zweiter“ (im Methodismus)  385 „Seid fruchtbar und mehret euch“  423 Seigneur, seigneurial  438, 470 Sekte, Sekten, Sektentum  44 f., 47, 146, 201, 316, 350, 388, 390, 392–394, 409, 412, 426, 498 f., 503, 510, 517, 519, 531–534, 537, 544 f. – als religiöse/voluntaristische Verbände  499, 501, 507 – als Vorläufer protestantischer Ethik 172 –, amerikanische 46, 369, 500, 540 –, asketische 15, 46, 170, 500, 510, 512, 530, 540, 544 f. – aus dem Täufertum hervorgegangene  257, 388 –, baptistische 498 – des Mittelalters  170 –, independentische 33, 259 –, indische 101

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–, methodistische 498 –, protestantische  135, 249, 479, 510, 512 f., 544 –, puritanische  253, 509, 542 f. –, täuferische 42, 318, 351, 395 f., 402, 404 f., 409, 532, 543 – und Kirche  Kirche und Sekte – und Klub  505, 507 – Zucht der  47, 65, 517, 519, 530, 532, 542, 544  auch: Familistensekte; Mormonen; sowie die Einträge zu: Auslese; Calvinismus; Konventikel; Methodismus; Missionsorganisation; Täufertum; Unterwerfung; Verbände; Zugehörigkeit Sektenbegriff  44 f., 393, 492 f., 499 Sektenbildung  16, 259, 334, 354, 358, 513, 517, 543 Sektenbruder  Sektengenossen Sekten-Colleges (in Amerika)  263 Sektenfreiheit 540 Sektengenossen  499, 545 Sektenmitglied, Sektenmitgliedschaft  498 f., 537, 542 Sektenverfassung  65 Sektierer  449, 471, 477, 511, 534, 540  auch die Einträge zu: Kastenstolz; Milieu; Prinzip; Revolutionen Selbstbehauptung, soziale  47, 542 f. Selbstbeherrschung  182, 191, 325, 327, 470 – asketisches Prinzip der  327 Selbstbetätigung, sittliche  226 Selbstdisziplinierung  6, 248 Selbsterniedrigung 288 Selbstgewißheit 303 – des Heiligen  384 – des Prädestinierten  376 –, mangelnde 302 Selbstkontrolle  325, 337, 343 – Erziehung zur  418 – Schätzung reservierter  327 –, systematische 316 Selbstliebe (Pflicht der)  431 Selbstquälerei 324

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Sachregister

Selbstsucht 230 Selbstverantwortlichkeit 418 Selbstverherrlichung Gottes  276, 291, 429 Selbstvervollkommnung  6 Selbstzeugnis – des beharrenden Glaubens  301 – des Gefühls  382 Selbstzweck  155, 159, 254, 424  auch: Arbeit; Erwerb; Gelderwerb als Selbstzweck selfmademan 438 „seliger Handel“  339 Seligkeit  203 f., 270, 276, 279, 292, 339, 346, 354 f., 372 – als transzendentes Ziel  323 – Bedeutung guter Werke/des Wandels für die  314 f., 319, 369, 401 –, diesseitige/diesseitiger Genuß der  342 –, ewige 278 – Gewißwerden der  304, 315, 410 –, künftige/jenseitige  377, 542  auch: „Ein Reicher wird nicht leicht selig“; Glückseligkeit „separatie“ (ndl.), Separation  516, 527 – de Kocksche  295 –, täuferische 514 Separatismus, Separatisten –, independentische 532 –, voluntaristischer 532 Septuaginta (LXX)  210 f., 217, 219, 223, 618 shopkeeper 338 „(sich) Schätze auf Erden/im Himmel sammeln“  415, 475, 513 „Sich-Schicken“  303, 343, 427 „sichtbare“ und „unsichtbare“ Kirche  Kirche, „sichtbare“ und „unsichtbare“ Sichverhalten  194, 316, 320 Sinn – der Welt  294, 374 – des (ganzen) Lebens  294, 322 – des individuellen Schicksals  276 –, ethischer 417

–, geschäftlicher  145, 502 –, religiös-ethischer 487  auch: Wirklichkeitssinn Sinnenfreuden 329 Sinnenkultur  281, 445 Sinnenkunst 452 Sinnlosigkeit 482 „Si non es praedestinatus …“  315 Sittengesetz 341 –, natürliches 342  auch: lex naturae Sittenkontrolle 533 Sittenpolizei 409 Sittenreglementierung 454 Sittenstrenge 404 Sittenzucht  47, 529  auch: censura morum Sittlichkeit, Sittliches  –, alttestamentliche 444 –, asketische  260, 391 –, gesetzesfreie (im Luthertum)  343 f. – Irrationalität des  400 –, methodische  341 f., 402 –, methodistische 384 –, natürliche 229 –, puritanische  339, 446 – (Überbietung der) innerweltlichen  222, 226, 238, 331, 486 – und Glaube  341  auch: Alltagssittlichkeit; Außersittliches; Berufs-; Laien-; Unsittlichkeit; Widersittliches; sowie die Einträge zu: Arbeit; Aufgabe; Empfinden; Erneuerung; Gutes; Handeln; Kontemplation; Leben; Lebensführung; Luthertum; Mächte; Minderwertigkeit; Motive; Neigung; Nichtigkeit; Praxis; Selbstbetätigung; Toleriertes; Wandel; Wert; Wohltat Sittlichkeitsgebote 226 Sklaven, Sklavenfronhof  109, 168 Skopzen 170 Skrupellosigkeit 173 sloth 426 societas maris  199

Sachregister society, bürgerliche (amerikanische)  507 sola fide  229, 308, 342, 380, 618 sollicitudo 415 Sonntag  420, 450 Sonntagsruhe, Sabbatruhe (der Puritaner)  420, 450, 455 Sorge  129, 362 – der Calvinisten  382 – um äußere Güter  487 Sorgfalt 431 South Sea-Gründung  112 Sozialethik 406 – der kapitalistischen Kultur  161 – der Stuarts  479 – Luthers/lutherische 240  auch: Programm, sozialethisches Sozialismus, moderner/rationaler  113 f. Sozialordnung 115 Sozialpsyche, sozialpsychisch  370, 490 Sozialutilitarismus 169 Sozialverfassung, „organische“  482 Sozinianer 400, 618 Soziologie, soziologisch  5, 11 f. – der Erlösungslehren/religiösen Ethiken  3 – des Rationalismus  8  auch: Arbeiten, soziologische; Kultur-; Religions-; Wirtschaftssoziologie Sparsamkeit, sparsam  474 f.  auch: frugality Sparzwang, asketischer  456, 466 f. Spätmittelalter 171 Spätscholastik 237 Spekulanten  109, 191 Spekulationen, Spekulationschancen  112 –, begriffliche 374 –, irrationale  207, 111 –, philosophische  372, 374 Sphäre – des häuslichen/öffentlichen Lebens 129 –, kapitalistische 169  auch: Freiheits-; Interessenssphäre

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spinozistisch 357 spirit, calculating  „calculating spirit“ „spirit of shopkeepers“  484 spiritual acts  405 Spiritualen 390, 619 splendor familiae  462 Sport  329, 450 f., 488  auch: Book of sports Sprüche Salomos  329, 336, 443 Squirearchie 470 Staat, Staaten, Staatswesen  352, 379, 408, 450, 489, 493 f., 507–509 – als politische Anstalt  55, 105 –, europäische 494 –, moderner 104 – und Kirche  58, 258, 392 f., 482, 519 – und Religion  350  auch: Ständestaat; Trennung von Kirche und Staat; sowie die Einträge zu: Gerichte; Konfession; Reglementierung; Vollbürger Staatsdarlehen 175 Staatsdienst 133 Staatsgefährliches  Calvinismus, Staatsgefährliches Staatsgewalt  195, 529 Staatskirche, Staatskirchentum  388, 409 –, calvinistische  408, 455 –, englische  258, 267, 604 f. Staatslehre, asiatische  102 Staatsmänner  172, 290 Staatsmonopole, Staatsmonopolbetriebe  111, 448 Staatsraison  350, 353 Stadt, Städte  113, 128, 188 f., 469 – als Domizil des Bettelmönchtums 232 – als Sitz asketischer Tugenden  421 –, italienische 202 –, reiche 128  auch: Großstädte; Marktprivilegien; Neuengland; Patriziat, städtisches Stadtanleihe 198 Stadtwirtschaft  113, 456 Stammesfremde 174

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Sachregister

Stand, Stände  215, 220–222, 409, 428, 436, 517 – der Bettler  479 – der holländischen Regenten  454, 469 – der Sünde  270 – des (niederen) Adels  242 – Gleichwertigkeit der  243 – in dem bleiben  239, 242 – in dem selig werden  241 – von Gott geordnete  216  auch: Bedarf, standesgemäßer; Bürgerstand; „dritter Stand“; Ehe-; Gnaden-; Heils-; Juristenstand; Metier, standesgemäßes; Mittelstand; state; status …; Volk, ständische Gliederung Standard, ethischer  344, 544 Standesbewußtsein, patrizisches  456 Ständestaat 105 Standorte der Industrie  125, 181 state (engl.)  225 Statistik, amtliche  128, 493  auch: Berufs-; Konfessionsstatistik status (lat.)  221, 227, 409 status gratiae  323 status naturae/naturalis  323, 325, 342, 344, 418, 619 status oeconomicus  dritter Stand Steuer, Steuerpacht, Steuerpächter  109, 185, 483 Steuerpacht-Kapitalismus 111 steward 434 Stiftung, göttliche/Gottes  243, 350 Stiftungen (zu wohltätigen Zwecken) 461 f.  auch: Fideikommißstiftung Stimmung, Stimmungen  240, 287, 319, 440, 444 – froher Sicherheit  273 –, kontemplative (Pascals)  233 –, patriarchalistische 146 –, religiöse  266, 305 –, trügerische 308  auch: Hohe-Lied-Stimmung; Innerlichkeit, stimmungsmäßige; Lebensstimmung

Stimmungsfrömmigkeit 307 Stimmungsreligiosität, mystische  306, 348 Stoa  168, 212 Stolz  474 f. Strafe  – Sündenfall als  422 –, zeitliche  319, 322  auch: „die Ketzer strafend …“ Strafgewalt 541 Strafsatisfaktionsgedanke 369 Straßburg 519 Stratford-on-Avon 457 Streik (in Crimmitschau)  183 Stuarts  391, 437, 479, 482 Stufentheorie (nach Hegel)  15 Stundisten 170 Subjektivismus 380 Subjektivitäten 402  auch: Gewißheit; Zweckrationalität, subjektive Südeuropa 207 Südstaaten (der USA)  163 Sühne 321 Summe, Summen  151, 153 f., 203, 338  auch: Geld-; Pauschsummen summum bonum  159 Sunday School  500 Sünde, Sünden, Sünder  270 f., 277, 320 f., 323, 333, 337 f., 342, 349, 382, 385, 434, 517 –, demütiger 302 – des unnützen Redens  418 – sloth und idleness als  426 – Streik als  183 – (Überwindung der) Macht der  382, 385, 401 – Zeitvergeudung als  417 f.  auch: Erbsünde; „die Ketzer strafend, doch den Sündern mild“; Leidenschaften, sündige; „mortal“ und „venial sin“; Stand der Sünde Sündenbeichten 529 Sündendruck 303 Sündenfall  270, 422 f. Sündengefühl  273, 386

Sachregister –, lutherisches 449 Sündenvergebung  307, 321, 370 f., 376 f. Sündhaftes, Sündhaftigkeit  290, 415 Sündliches, Sündlichkeit  246, 328, 394, 433, 437  auch: Angst; Armut; Empfindungen, Lebensgenuß, sündlicher Sündlosigkeit 382 superfluities 458 superstitie (ndl.), superstition  281, 453, 619 Surrogat  158, 331, 364, 383, 385 Symbole, calvinistische  269 Synodalregiment 528 Synode von Dordrecht  Dordrechter Synode Synode von Westminster  Westminster-Synode Synoden, holländische  281, 312, 416, 437, 453, 455, 518 f., 524, 531, 538 syrisch 135 System – der festen Preise  Quäker, System der festen Preise –, ethisches 291  auch: Akkordlohn-; Bildungs-; Fabrik-; Verlags-; Wirtschaftssystem; sowie die Einträge zu: Leben; Inder; Werkheiligkeit Systematik, Systematisierung –, aristotelische 102  auch: Religionssystematik; sowie die Einträge zu: Askese; Heiligung; Lebensarbeit; Lebensführung; Selbstkontrolle; Theologie Systemlosigkeit 322 Tadellosigkeit 448 Tagebuch, religiöses  158, 337 Tagelöhner  430, 447 Talmud, talmudisch  211, 218, 239, 446, 466, 619  auch: Erziehung; Ethik; Judentum; Recht, talmudisches τάξις 212

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Tat, Tun  204, 234, 251, 299, 310, 333, 340, 363, 403 –, aktives  420 –, gute 446 „Tat“ und „Entsagung“  485 Tätigkeit –, arbeitsteilige 212 – auf Erwerb/Gewinn gerichtete  202, 205 – Baxters  378, 481 –, berufliche 161 – des Kaufmanns  196 –, kirchliche/der Kirche  298, 533 –, reformatorische (Luthers)  226, 240 –, innerweltliche 240 –, wirtschaftliche 184  auch: Berufs-; Erwerbstätigkeit Taufe  281, 398, 515, 517, 524 – Erwachsener  281, 514  auch: Baptisten-; Kinder-; Wiedertaufe Täufer, Täufertum, Täuferbewegung  46, 51, 257, 344, 375, 389, 392, 394 f., 397, 400, 403 f., 413, 480, 514 f., 537, 619 – als Träger protestantischer Askese  388, 514 f. –, alte/ältere/älteste  388, 392, 403, 515 – in Zürich  513 – Sittenstrenge der  404 – „Theologie“ der  390 – und (individuelle Geist-)Offenbarung 399 – und Sekte  257, 390, 392, 409 – Weltabgewandtheit der  403  auch: Baptismus; General Baptists; Mennoniten; Münsterscher Aufruhr; Quäker; Religionsgespräche; Tunker; Wiedertäufer; sowie die Einträge zu: Askese; Bekenntnis; Calvinismus; Denominationen; Ethik; Heilslehre; Ideale; Lebensführung; Lehre; Protestantismus; Sekten; Separation; Tradition; Verfolgung Täufergemeinde, Täufergemeinschaften  396, 401, 403, 539

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Sachregister

Täufergeneration, erste schweizerischoberdeutsche 397 Tausch, Tausch-Chancen  106 f.  auch: Naturaltausch Technik 114 – des kapitalistischen Unternehmens  186 – Entwicklung der  460 –, rationale/Rationalisierungsprozeß der  116, 206 –, wissenschaftlich objektivierte moderne 181  auch: Lebenstechnik; sowie die Einträge zu: Arbeitsmittel; Entwicklung; Mittel; Voraussetzungen Teilbau (Pachtform)  168 „temporary believers“  313 temporum ratione habita  198, 620 Terminhandel 234 Terminismus 364 terrores conscientiae  365 Tertiarierorden 330, 620 Textilindustrie 187  auch: Weberei Theater  455, 457 Theodizee, Theodizeeproblem  15, 294 Theokratie, calvinistische  454 f. Theologen, Theologie  125, 319, 390, 432, 536 – Calvins 304 –, calvinistische  273, 276 –, quattrocentistische mendikantische  38, 48, 58, 200 –, rationale 318 –, scotistische/des Duns Scotus  38, 48, 58, 324 –, systematische 101  auch: Moraltheologie; sowie die Einträge zu: Literatur; Schriften; Schriftsteller; Täufer; Wissen Theologenkirche  353 f. Theologenlehre  171, 295 f. Theorie –, asketische 423 –, ethische  260, 341, 343, 434 f. –, liberale  417 f.

 auch: Kirchen-; Stufen-; Überbau-; Verbands-; Verstockungstheorie; sowie die Einträge zu: Rationalismus; Wertbeziehung thesaurus ecclesiae  427, 620 „Thesenbuch“ (Sombarts)  25, 36, 197 Thomismus, thomistisch  30, 169, 231 tickets (für die Zulassung zum Abendmahl)  522, 539 Titel, Titulaturen  396, 430 Tod  204, 268 f. –, ewiger  270, 277 Todsünde  „mortal“ sin Toleranz, Toleranzgedanken  35, 351, 400 – Pietismus als Hauptträger des  349 –, religiöse 353  auch: China, Intoleranz/Toleranz; Intoleranz; Kapitalismus und Toleranz Toleranzedikt 379 Toleranzpläne Cromwells  441 Toleriertes, sittlich  203 „To what church do you belong?“  495 township 509 Tracht  458 f. trade  225, 484 Tradition, traditionell  142, 175, 191, 204, 290, 495, 498, 505 –, kirchliche 203 –, mittelalterliche 226 –, protestantische 354 –, puritanische 501 –, religiöse  128, 498 –, täuferische 388 – und Erziehung  181  auch: Arbeit; Autorität; Bedarf; Bedürfnisse; Geschäftsführung; Lebenshaltung; Pflichten; Profit, traditioneller Traditionalismus, traditionalistisch  27, 31 f., 142, 176 f., 184 f., 187–189, 191, 199, 222, 238–241, 245, 247, 428, 440, 443, 447, 544 –, jahrhundertelanger 181 –, ökonomischer  128, 184, 242

Sachregister –, orientalischer 446 – Schlendrian/Trägheit des  142, 182 –, ständischer 428  auch: Arbeit; Emanzipation; Ethik; Geist; Gesinnung; Mensch; Wirtschaft, traditionalistische Traditionsgebundenheit 175 Trägheit  436 f. „tranquillitas animi“/„tranqullità dell’ animo“  166, 329, 415 Transzendenz, Transzendentes  159, 323 – des Übersinnlichen  341 – Gottes  277, 307  auch: Gottheit, transzendente; Seligkeit als transzendentes Ziel Trapeziten  234, 416, 620 Trennung von Staat und Kirche  351, 393, 493, 508 Tridentinum  Konzil von Trient Trieb, Triebe, Triebhaftes  106, 194, 230, 357 –, irrationale  106, 325 – nach dem Geld  173 – Sich-Ausleben ungebändigter  451 – Überwindung des  402  auch: Erwerbs-; Geld-; Geschäftstrieb; sowie die Einträge zu: auri sacra fames; Gier; Habgier; Handeln; Lebensgenuß Triebkraft, Triebkräfte  185, 190, 473 Triebwerk 487 triers (tryers)  296, 353, 533, 537 Trusts, Trustmagnaten  234, 503 Tüchtigkeit 483  auch: Beruf, Tüchtigkeit im Tugend, Tugenden, Tugendübung  42, 157–159, 246, 251, 307, 338, 434, 449, 461, 501 –, asketische/Askese als bürgerliche  403, 421, 431, 466 –, bürgerliche  466, 470, 544 – des Sich-Bescheidens  369 – des Pietismus  378 –, rationale mönchische  325 f.  auch: Berufstugenden; Fortschritte in der Tugend; Mittelstand als Träger

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der Tugend; Nationaltugend; Nützlichkeit der Tugenden Tun  Tat Tunker (dompelaers, dunckards)  404 turpitudo  197, 203 „Tut anderen nur, was ihr wollt, daß sie euch tun“  401 Typus, Typen  112, 183, 308, 324, 344 – des Engländertums  253 –, puritanischer/des Puritanismus  384, 459 – reinster der Prädestinationslehre  524  auch: Ideal-; Richtigkeitstypus Tyrannei, puritanische  130 Überbau, Überbautheorie  2 –, ideeller 205 – ökonomischer Situationen  162 – Theoretiker des  163 Übermenschen, ökonomische/wirtschaftliche  407, 503 Übersetzung, hieronymische  213 Übung, Übungen – des Arbeiters (skill)  429 –, innerliche 307 –, methodische 362  auch: Ein-; Tugendübung Unabhängigkeitskrieg, amerikanischer  472, 509 unbiblisch 404 unclean life  422 unfaithful 431 Unfreiheit 344 Ungarn 130–132 Ungenossen 174 Ungläubige 517 Unheilige 517 Unigenitus (Bulle von 1713)  435 unio mystica  304, 307, 348, 355, 620  auch: (Eingehen des) Göttlichen in die gläubige Seele Universalgeschichte, universalgeschichtlich  7, 10, 13, 40, 43, 54 f., 73, 101, 491 – der Ethik  125

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Sachregister

– der Kultur  114 – der Religionen  56 universal redemption  412 universell  31, 55, 101, 135 universalistisch 543 Universität, Universitäten  55, 104, 193, 350, 536 –, amerikanische  263, 501  auch: Cambridge; Oxford Universitätsbibliothek Heidelberg  91 – Inkunabeln der  217, 223 unkirchlich 498 Unmittelbarkeit (des Geisteszeugnisses) 381  auch: Gnadengefühl, unmittelbares Unpersönlichkeit  292, 482  auch die Einträge zu: Arbeit; Nächstenliebe; Nutzen; Ordnungen; Wirken Unproduktivität des Geldes  237 f., 620 unpuritanisch 532 Unrechtlichkeit 464 Unruhe, Unruhen  166 – der Berufsgeschäfte  421 – Münzersche 242  auch: Bauernunruhen Unsichtbarkeit 333 – Gottes  338 f.  auch: Kirche, unsichtbare Unsittlichkeit 423 Unternehmer, Unternehmen, Unternehmertum  27, 107, 125, 139, 161 f., 184–186, 188, 193, 481 f. –, bürgerlicher/bürgerlich-kapitalistische  378, 477, 503 – ethische Qualitäten/Ethik/Ethos von  181, 189, 191 –, gewerbliche 205 –, großindustrieller 114 – Idealtypus des  193 –, kapitalistische  108 f., 139, 156, 185–187, 199 –, kaufmännisch-geschäftlicher Charakter der  188 – Lebensführung/Lebenshaltung des  188 f., 193, 205

–, moderne/moderner  126, 176, 206 – „neuen Stils“  191, 205f – protestantischer Charakter des  126  auch: Arbeiter und Unternehmer; Gelegenheits-; Handels-; Kolonialunternehmer Unternehmungsgeist  28 f., 197 Unterscheidungslehren 500 Unterwerfung – der Verworfenen (unter die Kirche)  350 – des eigenen Willens  352 –, freiwillige (bei den Sekten)  409 – unter Christus  310 – unter die Gebote der Kirche  204 –, vertragsmäßige (unter die Disziplin)  301 Unwiedergeborene, unwiedergeboren  334, 350, 393 Unwürdiger  518, 524, 527 Urgemeinde (der Christen)  395, 397, 533 f. Urchristentum  47, 50 f. Ursache, Ursachen  30 f., 270, 455 –, historische 255 – ökonomischer Erscheinungen  128 Ursprungsthese (der Entstehung des Kapitalismus)  29, 40, 43 Urteil, historisches  356 USA  Vereinigte Staaten usura 203, 620 usuraria pravitas  141, 196, 198, 620  auch: exceptio usurariae pravitatis Usurpation (Cromwells)  412 Utilitarismus, utilitarisch  157 f., 169, 413, 418, 423, 430, 476, 479, 489, 620  auch: Ethik; Motivierung, utilitarische; Sozialutilitarismus vain ostentation  458 vanity 464 Vater im Himmel  277 Vaterunser-Gebet  239, 521 Venedig  237, 414 Veradligung (des Besitzes/Vermögens)  468, 472

Sachregister Verantwortlichkeit  180, 277, 316 Verband, Verbände  502, 504 –, religiöse 501 –, sektenartige 46, 540 –, soziale  105, 175 –, voluntaristische 45 f., 499, 505, 507  auch: Herrschaftsverband; Mitglieder eines Verbands Verbandsbrüder 502 Verbandstheorie  45 Verbrauch, konsumtiver  467 Verbreitung, Verbreitungsgebiete  503 f. – der asketischen Religiosität  489 – des Methodismus  386 – (soziale und geographische) des Pietismus 377 Verbreitungsthese (der Entstehung des Kapitalismus)  29 Verdammnis, Verdammung  268, 319, 348, 417 Verderbnis 271 Verdienst, Verdienste  158, 176–178, 182, 277, 338, 375, 449 –, ausreichender 188  auch: Durchschnitts-; Mehrverdienst – Christi 394 – durch „gute Werke“  323  auch: Werkverdienst Verein  45  auch: Gewerkverein Vereinigte Staaten (von Nordamerika)  45 f., 192, 257, 445, 487, 493–495, 529 – Europäisierung der  438, 495, 506 – Kirchlichkeit  495 f., 500  auch: Amerika; Kolonien, amerikanische; Neuengland; Nordamerika; Südstaaten Vereinsamung  Gefühl; Individuum, Vereinsamung Verfassung 259, 493 –, politische 455 –, rational gesatzte  105  auch: Kirchen-; Sekten-; Sozial-; Wirtschaftsverfassung Verfolgung – der Jansenisten  450

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– der Täufer  390 – französischer Calvinisten  137 f., 140 – methodistischer Arbeiter  183 Vergebung der Sünden  Sündenvergebung Vergesellschaftung 508 Vergnügen, Vergnügungen  461 –, volkstümliche (in England)  450 Vergötterung des Kreatürlichen  Kreaturvergötterung Verhalten  176 f., 298, 408 – der Konfessionen (ökonomisches)  134, 137 –, ethisches/von einer Ethik hervorgerufenes  171, 543 –, irrationales 116 – Kontrolle des eigenen  338 –, praktisches  175, 330 – Richtigkeitstypus eines  9 –, wirtschaftliches 544  auch: Sichverhalten Verherrlichung – von Gottes Macht/Majestät/Ruhm  271, 277, 290, 442  auch: „in majorem Dei gloriam“; Kreatur-; Selbst-; Weltverherrlichung Verhältnisse –, bürgerliche  205, 396 –, englische und holländische  469 –, historische (des Judentums)  335 –, materielle 205 –, ökonomische 2, 431 –, ständische 540  auch: Arbeitsverhältnis; GottMensch-Welt-Verhältnis; Klassenverhältnisse Verhöre (puritanischer Häretiker/ Märtyrer)  326 f. Verinnerlichung 460 Verkehr –, bräutlicher (mit Christus)  306 –, bürgerlicher 396 – des Calvinisten mit Gott  286 – eines Ausgestoßenen mit den Gemeindegliedern 531 –, geschäftlicher  Geschäftsverkehr

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Sachregister

– mit den Weltleuten  396 – zwischen Mensch und Mensch  158 Verlag, Verlagsgeschäft, Verlagssystem  165, 169, 187, 621 Verleger, Verlegerkapitalismus  114, 187–189, 483, 621 Verlustanteile 199 Verlustchancen 176 Vermögen  145, 188 f., 405, 438, 513 – der Geistlichen  416 – einer Familie  166 –, neu erworbene  468 – Veradligung bürgerlicher  468  auch: Gesellschafts-; Kaufmanns-; Privatvermögen Vermögensakkumulation 462 Vermögensanlage  37, 165, 168 Vermögensausstattung 130 Vermögensobjekte, geldartige  175 Vermögensunterschiede 131 Vernunft  307, 398 –, natürliche 400 Verpflichtung 516 – gegenüber der beruflichen Tätigkeit 161 –, innerweltliche 241 – zur Vergrößerung des Kapitals  155  auch: Arbeit; Besitz, Verpflichtung Versachlichung (wirtschaftlicher Beziehungen)  26 Versailles 459 Verschwendung 157 Versicherungsprämie 320 Versöhnung, Versöhnungsglaube  346, 361, 376, 381 Versuchung, Versuchungen  356, 465, 476, 478 – der Welt  271  auch: Besitz; Reichtum, Versuchungen des Versteinerung, mechanisierte  488 Verstockungstheorie 443 Vertrauen 274 – auf Menschenhilfe/-freundschaft  283

–, („finaliter“ beharrendes) gläubiges  299  auch: Gottvertrauen Verwaltung, rationale Struktur der/ Rationalisierung der  115 f. Verwalter Gottes  Gottes Verwalter „Verwandtschaft“  112, 187, 210, 220, 234, 375, 380, 382 – der Askese innerhalb des Mönchtums und des Protestantismus  391 –, innere  138, 169, 324, 440 – von altprotestantischem Geist und moderner kapitalistischer Kultur  147 – von protestantischer und innerweltlicher Askese  169 – von Puritanismus und Judentum  440, 447 – von reformierter Frömmigkeit und Katholizismus 324  auch: Wahlverwandtschaft Verwendungszwecke, ethisch statthafte  464 Verwerfung, Verworfene, Verworfenheit  277, 295, 299, 319, 323, 332–334, 338, 350, 417, 443, 514 – der Kreaturvergötterung  Kreaturvergötterung, Ablehnung/ Verwerfung der – des Kreatürlichen  Kreatürliches, Verworfenheit des – Zeichen ewiger/göttlicher  309, 333  auch: Reprobierte; Verdammnis; sowie die Einträge zu: Ewigkeit; Mensch; Prädestination Virginität (in der Ehe)  423 Virtuose, religiöser  308 Virtuosenreligiosität  15, 22 visible churches  Kirche, „sichtbare“ vita activa/contemplativa  20, 22 „voraussetzungslos“ 150 vocacion (span.)  213 vocatio (lat.)  32, 214, 216, 220, 222, 225, 244 f. vocation (engl.)  225 vocazione (italien.)  214

Sachregister Vokation 216, 621 Volk, Völker  129, 138, 147, 164, 178, 183, 192, 295, 379, 418, 470, 478 –, angelsächsische  252, 387, 453 –, auserwähltes (Gottes)  447 – des „liberum arbitrium“  208 –, englisches 470 –, heiliges 513 –, jüdisches 443 –, katholische 32, 207 –, protestantische  209 f., 222 –, puritanisch beeinflußte/mit puritanischer Vergangenheit  282, 286, 290, 397, 407, 425 – ständische Gliederung des  243  auch: „daß das Volk nur arbeitet …“; „Dem Volke muß die Religion erhalten bleiben“ Volkscharakter, Volkscharaktere  251, 282, 411, 466, 490 –, amerikanischer  263, 438 –, englischer/der Engländer  251, 470 „Volksgeist“, germanischer  211 Volksschulwesen 131 Volkswirtschaft, moderne  25 Volkszahlen 206 Vollbürger, Vollbürgerrecht – im Staat  508, 510, 540 –, kirchliche  508, 516 Vollkommenheit – als Sündlosigkeit/Möglichkeit sündloser  382, 384, 401 – am Gesetz zu kontrollierende  362 –, relative (christliche)  342, 360 Vollkommenheitslehre Wesleys  381, 383 f., 386 Vollkommenheitsstreben –, methodistisches 371 –, rationales 386 Vollmitglieder 531 Vollorden 391 Voltairianismus 208 Voluntarismus, Voluntaristen  46 f., 350, 388, 393, 514, 520

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 auch: Gemeinschaftsbildungen; Prinzip; Separatismus; Verbände, voluntaristische „von der Hand in den Mund“  207, 319  „from hand to mouth“ Voraussetzungen, technische und ökonomische 486 „voraussetzungslos“ 150 Vorderasien 102 Vorherbestimmungslehre  Prädeterminationslehre (im Islam) Vorsehung (göttliche/Gottes)  227, 250, 270, 277, 362 f., 427, 439, 478, 527, 621  auch: Gottes Providenz; providentia; Providentielles Vorsehungsglaube  243, 363 –, pietistischer 362 Vorstellungen, religiöse  160, 411  auch: Glaubensvorstellungen Vorteil, Vorteile  230 –, fiskalisch-monopolistische 235 Vorurteilslosigkeit 425 Vulgata  32, 202, 212, 214 f., 220, 223, 621  auch: Übersetzung, hieronymische Wagemut, kaufmännischer  156 Wahlverwandtschaften, wahlverwandt  20, 256 Wahrhaftigkeit 407 Wahrheit 158 – der Heiligen Schrift  448 –, ewige 276 –, historische 491  auch: Kirche, wahre Wandel  312 f., 321, 350, 369, 376, 383, 386, 410, 460, 518, 529 f., 539 – Bewährung im  310, 349, 410 –, ethisch qualifizierter  499, 508 f. –, gottgewirkter 313 –, gottwohlgefälliger 443 –, guter 508 –, heiliger  366, 382 – Recherchen über den  498 –, schlechter 531 –, sittlicher 477

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Sachregister

–, tadelloser/untadeliger  281, 401 –, unwürdiger 525  auch: Glaube und Wandel; Seligkeit, Bedeutung des Wandels Wanderarbeiter, italienische  142 Wandlung, (Ideal der prinzipiellen) des Lebens  42, 320 Wandsworth (Konferenz von)  521 Warenproduktion  25 wastetimes 452 Weber, Laer & Niemann (Bielefelder Leinenfirma)  189 Weber, Weberei  189, 481 Wechseldiskont 198 Wehrpflicht, Beseitigung der  455 Weihe  – des Blutes  438 – des Priesters  169 „Weinen geht vor Wirken …“ (Luther) 340 Welt  20 f., 283, 288 f., 291, 294, 306, 354, 374, 394, 405, 429, 485, 487 – Abgezogenheit von der  307 – Abhängigkeit von der  325 – Abscheidung/Absage/Absonderung von der  303, 333, 354, 357, 401, 405, 409, 513 – Angst vor der  347 –, europäisch-asiatische 416 –, feindliche 163 – Freiheit von der  458 –, gläubige 287 – heraus aus der/außerhalb der  391, 410 –, innerhalb der  16, 233, 273, 284, 309, 322, 410 f. – Isolierung von der  480 – Rationalisierung der  290 – Stellung zur  447  auch: Entzauberung der Welt; Gott-Mensch-Welt-Verhältnis; innerweltlich; „Kinder der Welt“; Kulturwelt; „to make the best of both worlds“; sowie die Einträge zu: Askese; Berufe; Berufsarbeit; Berufsbegriff; Berufsleben; Gelüste;

Güter; Hantierung; Isolierung; Literatur; Macht; Mönchtum; Ordnung; „Ruf“; Schickung; Sinn; Versuchungen; Wirken Weltabgewandtheit  20, 403 Weltablehnung  21 f., 239 –, kontemplativ-mystische oder aktiv-asketische  22 Weltanpassung  6, 233 Weltanschauung 194 Weltbeherrschung  6, 16, 20, 22 Weltbejahung  21 f. Weltbild  5 f., 15 f. Weltflucht  21, 324, 346, 410 –, kontemplative 16 –, quietistische 307  auch: Askese; Individualismus; Mönchtum; Mystik, weltflüchtige Weltfremdheit  136, 138  auch: Katholizismus, Weltfremdheit des; Lebensfremdheit Weltfreude, Weltfreudigkeit  137 f., 147, 397  auch: Lebensfreude Weltgestaltung  290, 429 welthistorisch 324 Weltkind  „Kinder der Welt“ Weltliebe 474 Weltleute, Weltmensch  396, 422 Weltmeidung  395 f. Weltoffenheit 344 Weltplan, göttlicher  428 Weltpflichten 230 Weltreligionen  21, 48 f., 64 Weltüberwindung  21 Weltverhältnis  Gott-Mensch-WeltVerhältnis; Weltbeherrschung; Weltflucht Weltverherrlichung, Ablehnung der  430 Weltzugewendetheit, Weltzuwendung  20, 251 Werden, geschichtliches  489 „Werk“ (Sir 11,20 f.)  211, 218 Werke  307, 315, 330, 382

Sachregister – als Erkenntnisgrund des Gnadenstandes 382 – als Früchte des Glaubens  301 – Bewährung in den  301 – der Gottlosen  220 – Erkenntnis von Gottes  374 –, gute  270, 292, 313 f., 319–321, 323, 342, 360, 369, 383, 402, 465, 479  auch: Glaube und Werke; opera …; opus …; „wirken die Werke …“ Werkgerechtigkeit 382 Werkheiligkeit, Werkheilige  247, 318 f., 369, 376, 386, 436 – Vorwurf der  316 – zum System gesteigerte  8, 42, 321 Werkverdienst, asketischer  248 Werkzeug (Gottes)  20, 42, 308, 372 „Wer nicht arbeitet, soll nicht essen“  231, 420, 426 „Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang …“  329 Wert, Werte  273, 449 –, ethischer 254 –, letzte 15, 159 –, sittlicher 231  auch: Kulturwerte Wertbeziehung (theoretische) und praktische Bewertung  56 Wertlosigkeit alles Kreatürlichen  281 Wertorientierung  2 Wertung  219, 251, 272, 307, 317, 465 Wertschätzung 463 Werturteil, Werturteile  2, 25, 265 f., 304, 347, 488 Werturteilsfreiheit  2 Wertvolles  125, 266 Wesenwille  2 Westfalen 247 Westfälischer Frieden  468 Westminster Confession (1647)  269– 272, 296, 299, 354, 537 Westminster-Synode/Versammlung  268, 275, 412, 522 f., 531, 621 „wicked liars/men“  514, 521 Widersittliches 204 Widerspiegelung  Wiederspiegelung

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Widerstand, Widerstände  178, 191 Wiedergeburt, Wiedergeborene, wiedergeboren  312, 347, 350 f., 354, 360, 364–366, 381, 383, 388, 392, 395, 400–403, 509, 521, 534, 621 f. – alter Gedanken und Ideale  488 –, prädestinatianische gefaßte  295 – Zeichen der  520  auch: Aristokratie der Wiedergeborenen; Christen; Gemeinschaft; Leben; Mensch, wiedergeborener; Nichtwiedergeborene; Prediger, wiedergeborener; regenerated (persons); regeneratio; Unwiedergeborene Wiedergeburtschancen (des Hindu)  428 Wiederkehr, ewige (Nietzsche)  316 Wiederspiegelung – der kapitalistischen Entwicklung  387 – der materiellen Verhältnisse  205 – ökonomischer Situationen/des ökonomischen Milieus  162, 170, 433 Wiedertaufe, Wiedertäufer  390, 514  auch: Bewegung, wiedertäuferische „wie Ideen in der Geschichte wirksam werden“  36, 254 Wille 271 – Ertötung des eigenen  422 –, guter 321 –, unfreier 310  auch: „Primat des Willens“; Wesenwille; Wollen Wille, göttlicher  Gottes Wille Willensakt 515 Willensfreiheit  270, 277, 342  auch: liberum arbitrium Willkür  2 Winke (Gottes)  Gottes Winke Wirken – der Gnade  323 – in der Welt  233, 309 –, sachliches (unpersönliches)  289  auch: „Weinen geht vor Wirken …“

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Sachregister

„wirken die Werke dessen, der ihn gesandt hat“  417 Wirklichkeit  150, 307 – der geschichtlichen Entwicklung  345 –, geschichtliche 149 –, historische 262  auch: Realität Wirklichkeitssinn 306 Wirksamkeit, psychologische  345 Wirksamwerden (ideeller Motive)  255 Wirkung, Wirkungen  172, 254, 262, 286, 288, 295 f., 317, 330, 336, 349, 366, 387, 541, 543 – Bewährung des Glaubens in objektiven 309 –, göttliche/des göttlichen Geistes  363, 394 –, kulturgeschichtliche 266 –, materielle 507 –, ökonomische 475 –, psychologische 316 – von Werken  330  auch: Erziehungs-; Heils-; Kulturwirkungen; sowie die Einträge zu: Besitz; Calvinismus; Geist Wirtschaft, Wirtschaften  11, 22, 25–27, 106, 116 f., 171, 184 f., 194, 419 –, bürgerlich-kapitalistische 176 – Grundmotiv/Leitmotiv der  205, 479 –, kapitalistische  179, 479 –, kommunistische/sozialistische 113 –, moderne (kapitalistische)  104, 130, 166 –, rationale (Gestaltung der)/Rationalisierung der  116, 377 –, regulierte 113 –, traditionalistische 188  auch: Bedarfsdeckungs-; Erwerbs-; Geldwirtschaft; Kapitalismus; Kloster-; Landwirtschaft; Ökonomik; „Pflanzschule der Kapitalwirtschaft“; Privat-; Stadt-; Volkswirtschaft; sowie die Einträge zu: Entwicklung; Erfolg; Erziehung; Handeln; Kultur; Lebensführung; ratio; Religion;

Tätigkeit; Übermenschen; Verhalten; Versachlichung Wirtschaftlichkeit  169, 182, 247 Wirtschaftsakt, kapitalistischer  106 Wirtschaftsethik  58, 200, 445 –, katholische 38, 48 –, moderne des Okzidents  14 –, religiöse 117 Wirtschaftsethos  117, 484 Wirtschaftsform  54, 56, 117, 185 Wirtschaftsführung  26, 115, 472 Wirtschaftsgebarung 170 Wirtschaftsgeist 504 Wirtschaftsgeschichte 191 –, neuere 185 Wirtschaftsgesinnung  3, 11 f., 14, 26, 117 –, ethisch (un)gebundene  40 f. –, (vor)kapitalistische 28 f. Wirtschaftsleben  111, 135, 162, 194 Wirtschaftslehre, moderne  171 Wirtschaftsmacht, holländische  482 Wirtschaftsmensch –, isolierter 475 –, moderner 29, 471 Wirtschaftsordnung 486 –, (heutige) kapitalistische  37, 106, 161, 194 –, moderne  160 f. Wirtschaftsorganisation, christlichsoziale 235 Wirtschaftspolitik, moderne  171 Wirtschaftsregulierung  195, 544 Wirtschaftssoziologie  5 Wirtschaftssubjekte 162 Wirtschaftssystem 256 Wirtschaftsverfassung 175 –, kapitalistische 146 Wirtschaftsweise, (vor-)kapitalistische  25 Wissen – religiöse Schätzung des  452 –, sicheres (von der Seligkeit)  377 –, theologisches 349 Wissenschaft, Wissenschaften  22 f., 55, 119, 318, 373, 452, 474

Sachregister –, abendländische/des Okzidents  101, 114 f. –, empirische 460 – Fachbetrieb der  104, 390  auch: Naturwissenschaft; sowie die Einträge zu: Arbeiten; Empirismus; Kosmos; Literatur; Technik Wohl  290, 429 –, allgemeines/der Gesamtheit  430 f. Wohlfahrtspolitik 113 (Gott) Wohlgefälliges   Gottwohlgefälligkeit Wohltat, sittliche  462  auch: Zwecke, wohltätige Wollen –, planvolles 325 – und Glauben  273 „… wollte gewinnen dieweil er könnte“ (Fugger) 155 Workhouses (für Arbeitslose)  437 „Wort“ (im Sinn von Evangelium)  397 Wort Gottes  Gottes Wort Wucher, Wucherer, Wucherdoktrin, Wucherverbot  196–198, 203 f., 416 – Luthers Äußerungen gegen den  236  auch: „Deo placere vix potest“; usura; Zins; Zinsverbot Wuppertal 144 Würdigkeit (zum Abendmahl)  519, 524, 526 f. Wurmgefühl 356 Württemberg 131  auch: Pietismus, württembergischer Yankee, Yankeetum  504, 507, 622 – „Glaubensbekenntnis“ des  154 yeomen  163, 469 Zehnt  535, 536 Zeit, Zeiten  174, 420, 430, 461, 478 – Cromwellsche 533 – der Glaubenskämpfe  137 –, frühkapitalistische 58, 491 – (klassische) der Puritaner  475, 503 –, moderne  501, 515 –, spätlutherische 304

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–, spätmittelalterliche 216 – vor der Glaubensspaltung  472  auch: Aufklärungszeit; Elisabethanische Zeit; Frühchristentum; Kampagne-; Neu-; Reformationszeit; sowie die Einträge zu: Empfindsamkeit; Geist; Güter; Mittelalter; Schicksal; Strafe „Zeit ist Geld“  151, 164, 419 Zeitalter –, apostolisches 239 – der Religionskämpfe  318 –, heroisches (des Kapitalismus)  302 –, konfessionelles 41  auch: Elisabethanisches Zeitalter; Hellenismus; Renaissance (Zeitalter der); Reformationszeitalter Zeitvergeudung, Zeitverlust  415, 417 f. Zensur, geistliche/kirchliche  396, 531 Zensurbehörde 523 Zeremonie  280, 449, 498 Zertifikate  529, 539  auch: Attest; certificate; letter of recommendation; literas idoneas; Qualifikationsattest; ticket Zins, Zinsennehmen  37 f., 189, 195, 202, 204, 236, 338, 427, 502, 513 – Erlaubtheit des  140, 435 Zinsverbot, kirchliches/kanonisches  38, 141, 195, 197, 199 f., 622  auch: Wucherverbot Zisterzienser 324, 622 Zölle 483 Zucht  355, 517 – der Sekten  Sekten, Zucht der –, klösterliche 47, 472, 530  auch: Kirchen-; Sittenzucht Zuchtmittel  279, 292, 319, 513, 530 Zuchtorganisationen 530 Züchtung – geschäftlicher Qualitäten  541 – (von Sektenmitgliedern)  542, 544 Zufall, Zufälligkeit  227, 428, 464 –, historische 331  auch: contingent Zugehörigkeit

746

Sachregister

– Bescheinigung der (zu einer Sekte)  539 –, konfessionelle 128 – zu den electi/Erwählten  300, 350 – zu einer kirchlichen Gemeinschaft  494 – zu einer/zur wahren Kirche  286, 499  auch: Kirchenzugehörigkeit; Mitglied Zukunft  377, 464 –, ewige 376 –, jenseitige 355 Zunft, Zünfte  113, 204, 544 –, okzidendale mittelalterliche  545  auch: Arte di Calimala; Handwerksgilde; Juristenzünfte Zunftgenossen 545 Zunfthandwerker 207 Zurechnung –, forensische 394 –, kausale 117 Zurechnungsurteile, historische  266 Zürich 136 Zustand, Zustände –, halbsinnliche 355 –, hysterische 402  auch: Seelenzustand

Zwang, ökonomischer  487  auch: Abendmahls-; Sparzwang Zweck, Zwecke –, apologetische 197 – der äußeren Güter  246 – der Ehre Gottes  292 –, diesseitige 430 – Gottes 289 –, katechetische 346 –, kirchliche 494 –, methodische 150 –, nahrungspolitischer 545 –, providentielle 429 –, rationaler 450 –, überirdische 392 –, wohltätige 461  auch: Geschäfts-; Gewinn-; Kultur-; Lebens-; Selbst-; Verwendungszweck; sowie die Einträge zu: Gestaltung; Lebensarbeit; Mittel; Motive; Ordnungen Zweckmäßigkeit  108, 458 Zweckrationalität, objektive/subjektive  9 Zweifel, Zweifelnde  124, 128, 302, 524 –, religiöse  303, 424 Zwinglianismus  144, 257, 622

Seitenkonkordanzen

Die Seitenkonkordanzen beziehen sich auf die bisher gebräuchlichen Voreditionen der in diesem Band edierten Texte. Es handelt sich um: AS1

AS2–4 AS5

AS6–7 AS8–9

Weber, Max, Die protestantische Ethik. I. Eine Aufsatzsammlung, hg. von Johannes Winckelmann (Siebenstern-Taschenbuch 53/54). – München, Hamburg: Siebenstern Taschenbuch Verlag 1965. dass., 2., durchges. und erweiterte Aufl. 1969; dass., 3., durchges. und erweiterte Aufl. 1973; dass., 4., gegenüber der dritten unveränderte Aufl. 1975. dass., 5., erneut überarbeitete und mit einem Nachwort versehene Aufl. (Gütersloher Taschenbücher Siebenstern 53). – Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1979. dass., 6., durchges. Aufl. 1981; 7. Aufl. 1984. dass., 8., durchges. Aufl. 1991 (Gütersloher Taschenbücher 1433); dass., 9. Aufl. 2000.

Hinsichtlich der Textwiedergabe sind die Auflagen seitenidentisch. Die Paginierung der Textzeugen, die der Edition zugrunde liegen, wurde dem edierten Text marginal beigefügt.

MWG I/18

AS1–9

Weber, Vorbemerkung 101 9/10 102 10 103 10/11 104 11/12 105 12 106 12/13 107 13 108 13/14 109 14/15 110 15/16 111 16/17 112 17 113 17/18 114 18/19 115 19 116 19/20 117 21 118 21/22 119 22/23

MWG I/18

AS1–9

120 121

23/24 24/25

Weber, Protestantische Ethik 123 29 124 – 125 29 126 29 127 29 128 29/30 129 30/31 130 31 131 31/32 132 32 133 32/33 134 33 135 33 136 33/34 137 34/35 138 35

748

Seitenkonkordanzen

MWG I/18

AS1–9

MWG I/18

AS1–9

139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185

35/36 36 36 36 36/37 37 37 37 37/38 38/39 39 39/40 40/41 41 41/42 42 42/43 43 43 43/44 44 44 44/45 45/46 46 46 46/47 47 47 47 47 47 47 47 47/48 48 48/49 49/50 50 50/51 51 51/52 52 52/53 53 53/54 54

186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232

55 55/56 56 56/57 57/58 58/59 59/60 60 60/61 61/62 62 62 62 62 62 – 62 62 62/63 63 63/64 64/65 65/66 66 66 66 – – – 66 66 – – – – – 66 66/67 67 67 67 67 67 67/68 68 68 68

749

Seitenkonkordanzen

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233 234 235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 245 246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 262 263 264 265 266 267 268 269 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279

68 68/69 69 69 69 69/70 70 70/71 71 71 71 71 71/72 72 72 72 72/73 73/74 74/75 75 75 75/76 76/77 77 115 115 115/116 116/117 117 117 118 118 118 118 118 118 118/119 119 119/120 120 120 120/121 121 121 121/122 122 122/123

280 281 282 283 284 285 286 287 288 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324 325 326

123 123 123 123/124 124 124 124 124/125 125 125 125 125/126 126 126 126/127 127 127 – 127 127/128 128 128 128/129 129 129 129 129/130 130 130 130/131 131 131 131 131 131 131/132 132 132 132 132 132/133 133 133/134 134 134/135 135 135

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327 328 329 330 331 332 333 334 335 336 337 338 339 340 341 342 343 344 345 346 347 348 349 350 351 352 353 354 355 356 357 358 359 360 361 362 363 364 365 366 367 368 369 370 371 372 373

135 135/136 136 136 136/137 137 137/138 138 138 138/139 139 139/140 140 140/141 141/142 142 142 142 142/143 143 143 143/144 144 – – – 144 144 144/145 145 145/146 146 146 146/147 147 147 147 147/148 148 148 148/149 149 149 149 149/150 150 150

374 375 376 377 378 379 380 381 382 383 384 385 386 387 388 389 390 391 392 393 394 395 396 397 398 399 400 401 402 403 404 405 406 407 408 409 410 411 412 413 414 415 416 417 418 419 420

150 150/151 151 151/152 152 152/153 153 153 153/154 154/155 155 155 155/156 156 156 156 156/157 157 157 157 157/158 158 158 158/159 159 159 159 159/160 160 160/161 161 161/162 162 162/163 163 163/164 164/165 165/166 166 166 166/167 167 167 167 167/168 168 168

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421 422 423 424 425 426 427 428 429 430 431 432 433 434 435 436 437 438 439 440 441 442 443 444 445 446 447 448 449 450 451 452 453 454 455 456 457 458 459 460 461 462 463 464 465 466 467

168 168 168 168 168 168/169 169 169/170 170 170/171 171 171/172 172 172 172 172 172 172 172/173 173 173 173 173/174 174 174/175 175 175 175 175 175/176 176 176/177 177 177 177 – 177 177 177/178 178 178/179 179 179 179/180 180 180 180

468 469 470 471 472 473 474 475 476 477 478 479 480 481 482 483 484 485 486 487 488 489 490 490

180/181 181 181 181/182 182 182 182/183 183/184 184 184 184 184/185 185 185/186 186 186 186/187 187 187/188 188/189 189 189/190 190 190

Weber, Protestantische Sekten 493 279 494 279 495 279/280 496 280/281 497 281/282 498 282 499 282/283 500 283 501 283/284 502 284 503 284/285 504 285/286 505 286 506 286/287 507 287 508 287/288 509 288 510 288 511 288 512 288/289 513 289

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514 515 516 517 518 519 520 521 522 523 524 525 526 527 528 529

289 289 289/290 290 – 290 290 290 290/291 291 291 291/292 292 292 292 292/293

530 531 532 533 534 535 536 537 538 539 540 541 452 453 544 545

293 293 293 293 293 293/294 294 294 294 294 294/295 295/296 296 296/297 297/298 298

Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe Abteilung I: Schriften und Reden

1.  Aufbau der Gesamtausgabe In der Max Weber-Gesamtausgabe werden die veröffentlichten und die nach­ gelassenen Texte Max Webers mit Ausnahme seiner Exzerpte, Marginalien, ­Anstreichungen oder redaktionellen Eingriffe in die Texte anderer wiedergegeben. Berichte anderer über Webers Reden, Diskussionsbeiträge und Vorlesungen werden nur dann wiedergegeben, wenn ein autoreigener Zeuge nicht überliefert ist. Liegen mehrere Fassungen eines Textes vor, so werden alle mitgeteilt. Editionen der Texte Webers, die er nicht selbst zum Druck gegeben hat, werden nur dann berücksichtigt, wenn dem betreffenden Herausgeber Manuskripte vorlagen, die uns nicht mehr überliefert sind. Jedem Band ist eine Konkordanz mit den bisher gebräuchlichen Ausgaben beigegeben. Die Max Weber-Gesamtausgabe gliedert sich in drei Abteilungen:       Abteilung I: Schriften und Reden       Abteilung II: Briefe       Abteilung III: Vorlesungen und Vorlesungsnachschriften

2. Aufbau der Abteilung I: Schriften und Reden Die Abteilung I umfaßt Max Webers veröffentlichte und nachgelassene Schriften und Reden, unter Einschluß seiner Diskussionsbeiträge und Stellungnahmen. Ebenso werden Paralipomena, Entwürfe und andere Vorarbeiten mitgeteilt. Einzelne Äußerungen sind uns nur durch Zeitungsberichte, Sitzungsprotokolle, Kongreßprotokolle und ähnliches überliefert. Solche Ersatzzeugen werden dann in die Ausgabe aufgenommen, wenn sie in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der betreffenden Rede oder Stellungnahme Webers entstanden. Außerdem sind Texte wiedergegeben, die er zusammen mit anderen Personen verfaßte oder unterzeichnete. Für die Verteilung der Texte auf die Bände werden zwei Kriterien verwendet: der Sachzusammenhang und die Chronologie. Dadurch werden thematisch und zeitlich nahestehende Texte zu Bänden vereinigt und die Schwerpunkte des Werkes in ihrer zeitlichen Folge und ihrem Nebeneinander sichtbar gemacht. Jeder Bandtitel enthält deshalb eine thematische und eine zeitliche Angabe. Für die thematische Angabe wird entweder ein Titel von Weber verwendet oder, wo dies wegen der Vielfalt der Texte nicht möglich ist, ein seinem Wortgebrauch nahestehender Titel neu gebildet. Jedem Bandtitel ist ferner eine Zeitangabe

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MWG Abteilung I: Aufbau und Editionsregeln

zugeordnet. Dabei bezieht sich die erste Jahreszahl auf das Datum der Veröffentlichung des ersten, die zweite auf das Datum der Veröffentlichung des letzten in den Band aufgenommenen Textes. Bei Texten aus dem Nachlaß ist das Ent­ stehungsjahr maßgebend. Dies gilt sowohl für Texte, die uns im Original vorliegen, als auch für solche, von denen wir nur noch eine Edition aus dem Nachlaß besitzen, weil das Original inzwischen verloren ist. Wo das Datum der Entstehung auch nicht annähernd ermittelt werden kann, wird der Text am Ende des Bandes eingeordnet, dem er thematisch nahesteht. Bände mit einem oder mehreren nachgelassenen Texten tragen als zweite Jahreszahl 1920, Webers Todesjahr, wenn wir Hinweise haben, daß er an diesen Texten bis zu seinem Tode ­arbeitete. Für die Bandfolge ist das Chronologieprinzip maßgebend. Über die Stellung eines Bandes in der Bandfolge entscheidet das Datum des ersten darin abgedruckten Textes. Abweichend davon sind die „Gesammelten Aufsätze zur Reli­ gionssoziologie“ und das Textkonvolut „Wirtschaft und Gesellschaft“ an das Ende der Abteilung gestellt. Dies ergibt sich aus der besonderen Überlieferungslage. Die Abteilung I hat folgenden Aufbau: Band 1:  Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter Schriften 1889 – 1894



Hg. von Gerhard Dilcher und Susanne Lepsius; 2008

Band 2: Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht. 1891



Hg. von Jürgen Deininger; 1986 (Studienausgabe 1988)

Band 3:  Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland. 1892



Hg. von Martin Riesebrodt; 2 Halbbände, 1984

Band 4:  Landarbeiterfrage, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik Schriften und Reden 1892 – 1899



Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Rita Aldenhoff; 2 Halbbände, 1993

Band 5:  Börsenwesen Schriften und Reden 1893 – 1898



Hg. von Knut Borchardt in Zusammenarbeit mit Cornelia Meyer-Stoll; 2 Halbbände, 1999, 2000

Band 6:  Zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des Altertums Schriften und Reden 1893 – 1908

Hg. von Jürgen Deininger; 2006

Band 7:  Zur Logik und Methodik der Sozialwissenschaften Schriften 1900 – 1907

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Band 8:  Wirtschaft, Staat und Sozialpolitik Schriften und Reden 1900 – 1912



Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Peter Kurth und Birgitt Morgenbrod; 1998 (Studienausgabe 1999); Ergänzungsheft 2005

Band 9:  Asketischer Protestantismus und Kapitalismus Schriften und Reden 1904 – 1911



Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Ursula Bube; 2014

Band 10:  Zur Russischen Revolution von 1905 Schriften und Reden 1905 – 1912



Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Dittmar Dahl­mann; 1989 (Studienausgabe 1996)

Band 11:  Zur Psychophysik der industriellen Arbeit Schriften und Reden 1908 – 1912



Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Sabine Frommer; 1995 (Studienausgabe 1998)

Band 12:  Verstehende Soziologie und Werturteilsfreiheit Schriften und Reden 1908 – 1917 Band 13:  Hochschulwesen und Wissenschaftspolitik Schriften und Reden 1895 – 1920





Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Heide-Marie Lauterer und Anne Munding; 2016

Band 14:  Zur Musiksoziologie Nachlaß 1921

Hg. von Christoph Braun und Ludwig Finscher; 2004

Band 15:  Zur Politik im Weltkrieg Schriften und Reden 1914 – 1918



Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Gangolf Hübinger; 1984 (Studienausgabe 1988)

Band 16:  Zur Neuordnung Deutschlands Schriften und Reden 1918 – 1920



Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Wolfgang Schwentker; 1988 (Studienausgabe 1991)

Band 17:  Wissenschaft als Beruf 1917/1919  –  Politik als Beruf 1919



Hg. von Wolfgang J. Mommsen und Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Birgitt Morgenbrod; 1992 (Studienausgabe 1994)

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Band 18: 



Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus/ Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus Schriften 1904 – 1920 Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Ursula Bube; 2016



Band 19: 

Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Konfuzianismus und Taoismus Schriften 1915 – 1920



Hg. von Helwig Schmidt-Glintzer in Zusammenarbeit mit Petra Kolonko; 1989 (Studienausgabe 1991)



Band 20:



Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Hinduismus und Buddhismus 1916 – 1920



Hg. von Helwig Schmidt-Glintzer in Zusammenarbeit mit Karl-Heinz Golzio; 1996 (Studienausgabe 1998)

Band 21: 

Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Das antike Judentum Schriften und Reden 1911 – 1920



Hg. von Eckart Otto unter Mitwirkung von Julia Offermann; 2 Halbbände, 2005 (Studienausgabe 2009)



Band 22: 

Wirtschaft und Gesellschaft. Die Wirtschaft und die gesellschaft­ lichen Ordnungen und Mächte. Nachlaß 22-1: Gemeinschaften



Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Michael Meyer; 2001 (Studienausgabe 2009)

22-2: Religiöse Gemeinschaften Hg. von Hans G. Kippenberg in Zusammenarbeit mit Petra Schilm unter Mitwirkung von Jutta Niemeier; 2001 (Studienausgabe 2005)

22-3: Recht

Hg. von Werner Gephart und Siegfried Hermes; 2010 (Studienausgabe 2014)

22-4: Herrschaft



Hg. von Edith Hanke in Zusammenarbeit mit Thomas Kroll; 2005 (Studienausgabe 2009)

22-5: Die Stadt Hg. von Wilfried Nippel; 1999

(Studienausgabe 2000)

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Band 23: 

Band 24: 

Band 25: 



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Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie Unvollendet 1919 – 1920 Hg. von Knut Borchardt, Edith Hanke, Wolfgang Schluchter; 2013 (Studienausgabe 2014)

Wirtschaft und Gesellschaft. Entstehungsgeschichte und Dokumente Dargestellt und hg. von Wolfgang Schluchter; 2009

Wirtschaft und Gesellschaft. Gesamtregister Bearbeitet von Edith Hanke und Christoph Morlock; 2015

3.  Aufbau der Bände Jeder Band enthält eine Einleitung des Herausgebers, die historisch-kritisch bearbeiteten Texte Webers, denen jeweils ein Editorischer Bericht vorangestellt ist, Verzeichnisse und Register. Innerhalb der Bände sind die Edierten Texte chronologisch geordnet. Bei von Weber veröffentlichten Texten ist das Datum der Veröffentlichung, bei nachgelassenen Texten das Datum der Entstehung maßgebend. Äußerungen Webers, über die wir nur Ersatzzeugen besitzen, werden im zweiten Teil eines Bandes zusammengefaßt und nach dem Datum der Äußerung wiederum chronologisch angeordnet. Einzelnen Bänden sind Anhänge beigegeben. Darin finden sich zunächst Texte, die Weber mit anderen Personen zusammen verfaßte oder unterzeichnete, ge­gebenenfalls Hinweise auf verlorene Texte sowie auf Dokumente.

4. Bandeinleitung Die Einleitung des Herausgebers informiert über die Anordnung, die thematischen Schwerpunkte und über den wissenschaftsgeschichtlichen und zeitgeschichtlichen Hintergrund der Texte. Enthält ein Band mehrere Texte, geht die Einleitung außerdem auf deren Zusammenhang ein. Die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte sowie die Geschichte von Nacheditionen dagegen bleiben in der Regel außer Betracht. Die Einleitung berichtet ferner über bandspezifische Editionsfragen, z. B. über sprachliche Eigentümlichkeiten Webers und deren editorische Behandlung. Alle textspezifischen Informationen geben die Editorischen Berichte.

5.  Editorische Berichte Jedem Text ist ein Editorischer Bericht vorangestellt, der über dessen Entstehung, Entwicklung und Überlieferung sowie über editorische Entscheidungen

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informiert. Er ist in die Abschnitte „Zur Entstehung“ und „Zur Überlieferung und Edition“ gegliedert. 5.1  „Zur Entstehung“ Dieser Abschnitt skizziert die historisch-politischen, wissenschaftlichen und biographischen Zusammenhänge, in denen ein Text steht. Er stellt ferner seine Entstehung und Entwicklung dar. Sofern mehrere Fassungen eines Textes vorliegen, wird deren Verhältnis zueinander beschrieben. 5.2  „Zur Überlieferung und Edition“ Dieser Abschnitt informiert über Textbefund und Überlieferungslage. Liegen mehrere Fassungen eines Textes vor, wird dargelegt, welche der Fassungen Edierter Text und welche Variante ist. Ferner werden alle weiteren editorischen Entscheidungen begründet. Dazu gehört unter anderem auch die Behandlung textspezifischer Eigentümlichkeiten.

6. Texte Bearbeitung und Präsentation der Texte folgen der historisch-kritischen Methode. Dies geschieht mit Hilfe von drei Apparaten: dem Korrekturen- und dem Variantenapparat, die zum textkritischen Apparat zusammengefaßt sind, und dem Erläuterungsapparat. 6.1  Textkritischer Apparat Der textkritische Apparat hat in erster Linie zwei Aufgaben: Aufweis der Textentwicklung und Nachweis der Texteingriffe. 6.1.1 Textentwicklung Liegt ein Text in mehreren autorisierten Fassungen vor, ist eine Fassung zum Edierten Text bestimmt. Dies ist in der Regel die Fassung letzter Hand. Jede zur Variante bestimmte Fassung wird im textkritischen Apparat mitgeteilt, in der Regel mit Hilfe eines negativen Apparats. Wo es die Sachlage erfordert, insbesondere bei umfangreichen Varianten, ist der positive Apparat oder die ­synoptische Darstellung gewählt. Die früheste oder einzige Fassung eines Textes trägt die Sigle A. Spätere Fassungen sind in chronologischer Folge mit B, C usw. bezeichnet. 6.1.2 Texteingriffe Texteingriffe sind auf ein Minimum beschränkt. Sie werden bei Textverderbnissen vorgenommen. Als verderbt gelten Textstellen, die den Sinnzusammenhang ­zerstören. Der Eingriff wird dadurch nachgewiesen, daß die verderbte Stelle im

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textkritischen Apparat mitgeteilt wird. Läßt sich eine unklare Stelle nicht eindeutig als verderbt erkennen, so wird sie unverändert gelassen. Je nach Sachlage bietet der Apparat dann Lesarten in Voreditionen oder andere Verständnishilfen an. Nicht als Textverderbnis gelten Spracheigentümlichkeiten, einschließlich regelwidriger, aber nicht sinnentstellender grammatischer Konstruktionen, nicht mehr gebräuchlicher Lautstand, veraltete Orthographie und Interpunktion. In ­folgenden Fällen werden Texteingriffe ohne Nachweis im textkritischen Apparat vorgenommen: a) Bei der Gestaltung von Überschriften, Zwischentiteln, anderen Gliederungsmerkmalen (z. B. Paragraphen) sowie Hervorhebungen: Sie werden typographisch vereinheitlicht. b) Bei Umlauten: Sie werden – soweit sie Folge der zu Webers Zeit üblichen Drucktechnik sind – der heutigen Schreibweise angeglichen (Ä statt Ae). Die Schreibweise ss für ß wird zu ß vereinheitlicht. c) Bei Abkürzungen: Sie werden, sofern sie schwer verständlich und heute nicht mehr üblich sind, in eckigen Klammern ausgeschrieben. d) Bei offensichtlichen Druckfehlern: Sie werden korrigiert (z. B. „Erleicherung“, „aucht“). e) Bei Interpunktionsfehlern: Sie werden bei der Reihung von Hauptsätzen, Aufzählungen, Relativsätzen und „daß“-Sätzen korrigiert. In allen anderen ­ Fällen werden eingefügte Satzzeichen durch eckige Klammern kenntlich ­ gemacht. f) Bei der Numerierung von Anmerkungen: Sie werden text- oder kapitelweise durchgezählt. Entsteht dadurch eine Abweichung gegenüber Webers Zählung, so wird dies im Editorischen Bericht vermerkt. g) Bei der Einfügung von Titeln und Zwischenüberschriften: Sie werden in eckige Klammern gesetzt und im Editorischen Bericht begründet 6.2 Erläuterungsapparat Der Erläuterungsapparat dient dem Nachweis, der Ergänzung oder der Korrektur der Zitate und der Literaturangaben sowie der Sacherläuterung. 6.2.1 Zitate Webers Zitate werden überprüft. Sind sie indirekt, unvollständig oder fehlerhaft, gibt der Apparat den richtigen Wortlaut wieder. Hat Weber ein Zitat nicht belegt, wird es im Apparat nachgewiesen. Ist uns der Nachweis nicht möglich, so lautet die Anmerkung: „Als Zitat nicht nachgewiesen“. 6.2.2 Literaturangaben Webers Literaturangaben werden überprüft. Sind sie nicht eindeutig oder fehlerhaft, werden sie ergänzt oder berichtigt, wenn möglich, unter Verwendung der von Weber benutzten Ausgabe. Es wird dafür ein Kurztitel verwendet. Die vollständigen bibliographischen Angaben finden sich im Verzeichnis der von Weber zitierten Literatur.

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Verweist Weber ohne nähere Angaben auf Literatur, so ist sie, wenn möglich, im Apparat nachgewiesen. Literaturangaben des Herausgebers werden beim ersten Auftreten vollständig aufgeführt, bei Wiederholungen wird ein Kurztitel verwendet. 6.2.3 Sacherläuterung Erläutert werden Ereignisse und Begriffe, deren Kenntnis für das Verständnis des Textes unerläßlich erscheint. Informationen über Personen finden sich im Personenverzeichnis am Ende des Bandes. Erfordert eine Textstelle darüber hinaus­ gehende Informationen über eine Person, so bietet sie der Apparat. Sachliche Fehler Webers werden im Apparat berichtigt. Für Wörter aus fremden Schriftsystemen verwendet der Editor in seinen Erläuterungen die Transliteration nach den heute gültigen Richtlinien. 6.3 Präsentation Um die Benutzung der Ausgabe zu erleichtern, erscheinen Webers Text und die dazugehörigen Apparate in der Regel auf derselben Seite. Edierter Text und Varianten sind gleichwertig. Die Varianten werden so präsentiert, daß der Leser die Textentwicklung erkennen kann. Kleine lateinische ­Buchstaben verbinden den Edierten Text mit dem textkritischen Apparat. Sie ­stehen hinter dem varianten oder emendierten Wort. Bezieht sich die textkritische A ­ nmerkung auf mehr als ein Wort, so markiert ein gerade gesetzter Index ­den Anfang und ein kursiv gesetzter Index das Ende der fraglichen Wortfolge (amit Amerikaa). Die Ersatzzeugen von Webers Äußerungen, auf die wir zurückgreifen müssen, stimmen nicht immer überein. In solchen Fällen sind sie alle ohne Wertung auf­ einanderfolgend oder synoptisch wiedergegeben. Zeitungsberichte enthalten in der Regel einen redaktionellen Vorspann, Zwischentexte oder Nachbemerkungen; Sitzungs- und Kongreßprotokolle geben auch Beiträge anderer Redner wieder. Wenn diese Texte in unmittelbarem sach­ lichen Zusammenhang mit Webers Äußerungen stehen, werden sie entweder in Form eines Regests, wörtlich in kleinerer Drucktype oder im textkritischen Apparat mitgeteilt. Die historisch-kritisch bearbeiteten Texte Webers und die Erläuterungen des Heraus­gebers sind durch arabische Ziffern ohne Klammern miteinander verbunden. Um die Herausgeberrede von Webers Text abzuheben, ist sie in anderer Schrifttype gesetzt.

7.  Verzeichnisse und Register Dem Band sind folgende Verzeichnisse und Register beigefügt: 1. Ein Inhaltsverzeichnis.

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2. Ein Verzeichnis der Siglen, Zeichen und Abkürzungen. 3. Ein Literaturverzeichnis: Es enthält die von Weber zitierte Literatur vollständig bibliographisch erfaßt. Auf den Titel folgt in Klammern der vom Editor in seinen Erläuterungen gebrauchte Kurztitel. 4. Ein Personenverzeichnis: Aufgenommen sind alle Personen, die Weber erwähnt, mit Ausnahme allgemein bekannter (z. B. Bismarck, Wilhelm II.) und in Literaturangaben genannter Personen. Es liefert die wichtigsten Lebensdaten, gibt die berufliche oder politische Stellung an und führt ggf. die verwandtschaftlichen oder persönlichen Beziehungen zu Weber auf. Das Personenverzeichnis hat den Zweck, den Erläuterungsapparat zu entlasten. 5. Ein Personenregister: Es verzeichnet sämtliche von Weber und vom Editor erwähnten Personen einschließlich der Autoren der von Weber und vom Editor zitierten Literatur. 6. Ein Sachregister: Es enthält alle wichtigen Begriffe und Sachbezeichnungen. Ist ein Begriff für einen Text thematisch, werden nur zentrale Stellen und besondere Bedeutungen verzeichnet. Es verzeichnet ferner alle geographischen Namen, mit Ausnahme der Verlagsorte in Literaturangaben und der Archivorte. Es werden die Namen benutzt, die im deutschen Sprachraum vor 1920 üblich waren oder amtlich gebraucht wurden. Kann ein Ort nicht als bekannt vorausgesetzt werden, wird zur Erläuterung die Verwaltungseinheit nach dem Gebietsstand von 1920 (z.B. Kreis, Regierungsbezirk) und ggf. auch der heute amtliche Name beigefügt. Personen- und Sachregister erfassen Webers Texte und die Herausgeberrede. Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede. Einem Band können weitere Verzeichnisse, wie z. B. Glossare, Konkordanzen, Maß- und Gewichtstabellen sowie Karten beigefügt sein.

8.  Indices und Zeichen Folgende Indices werden verwendet: a) Arabische Ziffern mit runder Schlußklammer (1), 2), 3) ...) kennzeichnen Webers eigene Anmerkungen. b) Arabische Ziffern ohne Klammern (1, 2, 3 ...) und in von a) abweichender Schrift markieren die Erläuterungen des Editors. c) Kleine lateinische Buchstaben (a, b, c ...) kennzeichnen eine textkritische Anmerkung. Folgende Zeichen werden verwendet: d) Das Zeichen  gibt die Stelle des Seitenwechsels nach der ursprünglichen Paginierung einer Textfassung wieder. e) Das Zeichen [  ] markiert Hinzufügungen zum Text durch den Editor.

Bandfolge der Abteilung II: Briefe

Band 1: Jugendbriefe bis 1886 Band 2: Briefe 1887 –1894 Band 3: Briefe 1895 –1902

Hg. von Rita Aldenhoff-Hübinger

in Zusammenarbeit mit Uta Hinz; 2015

Band 4: Briefe 1903 –1905

Hg. von Gangolf Hübinger und M. Rainer Lepsius

in Zusammenarbeit mit Thomas Gerhards und Sybille Oßwald-Bargende; 2015

Band 5: Briefe 1906 –1908

Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen

in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 1990

Band 6: Briefe 1909 –1910

Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen

in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 1994

Band 7: Briefe 1911 –1912

Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen

in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 1998

Band 8: Briefe 1913 –1914

Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen

in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 2003

Band 9: Briefe 1915 –1917





Hg. von Gerd Krumeich und M. Rainer Lepsius in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 2008

Band 1 0: Briefe 1918 –1920





Hg. von Gerd Krumeich und M. Rainer Lepsius in Zusammenarbeit mit Uta Hinz, Sybille Oßwald-Bargende und Manfred Schön; 2012

Band 1 1: Nachträge und Gesamtregister

Bandfolge der Abteilung III: Vorlesungen und Vorlesungsnachschriften

Band  1: Allgemeine („theroretische“) Nationalökonomie. Vorlesungen 1894 –1898 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Cristof Judenau, Heino H. Nau, Klaus Scharfen und Marcus Tiefel; 2009

Band 2: Praktische Nationalökonomie. Vorlesungen 1895 –1899 Band 3: Finanzwissenschaft. Vorlesungen 1894 –1897 Band 4: Arbeiterfrage und Arbeiterbewegung. Vorlesungen 1895 –1898 Hg. von Rita Aldenhoff-Hübinger in Zusammenarbeit mit Silke Fehlemann; 2009

Band 5: Agrarrecht, Agrargeschichte, Agrarpolitik. Vorlesungen 1894 –1899 Hg. von Rita Aldenhoff-Hübinger; 2008

Band 6: Abriß der universalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Mit- und Nachschriften 1919/20 Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Joachim Schröder; 2011

Band 7: Allgemeine Staatslehre und Politik (Staatssoziologie). Unvollendet. Mit- und Nachschriften 1920 Hg. von Gangolf Hübinger in Zusammenarbeit mit Andreas Terwey; 2009