Studierende in den Fächern Wirtschaftswissenschaften, Technik, Naturwissenschaften und Informatik benötigen zum Studienb
1,101 132 4MB
German Pages XXVIII, 439 [460] Year 2019
Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XXVIII
1. Anwendungen der Analysis (Gabriele Adams, Hermann-Josef Kruse, Diethelm Sippel, Udo Pfeiffer)....Pages 1-42
2. Folgen und Reihen (Gabriele Adams, Hermann-Josef Kruse, Diethelm Sippel, Udo Pfeiffer)....Pages 43-88
3. Funktionen (Gabriele Adams, Hermann-Josef Kruse, Diethelm Sippel, Udo Pfeiffer)....Pages 89-151
4. Grenzwerte von Funktionen (Gabriele Adams, Hermann-Josef Kruse, Diethelm Sippel, Udo Pfeiffer)....Pages 153-193
5. Differentialrechnung (Gabriele Adams, Hermann-Josef Kruse, Diethelm Sippel, Udo Pfeiffer)....Pages 195-252
6. Integralrechnung (Gabriele Adams, Hermann-Josef Kruse, Diethelm Sippel, Udo Pfeiffer)....Pages 253-288
A. Zahlen und Terme (Gabriele Adams, Hermann-Josef Kruse, Diethelm Sippel, Udo Pfeiffer)....Pages 289-325
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche (Gabriele Adams, Hermann-Josef Kruse, Diethelm Sippel, Udo Pfeiffer)....Pages 327-372
C. Lösungen (Gabriele Adams, Hermann-Josef Kruse, Diethelm Sippel, Udo Pfeiffer)....Pages 373-429
Back Matter ....Pages 431-439
Gabriele Adams · Hermann-Josef Kruse Diethelm Sippel · Udo Pfeiffer
Mathematik zum Studieneinstieg Grundwissen der Analysis für Wirtschaftswissenschaftler, Ingenieure, Naturwissenschaftler und Informatiker 7. Auflage
Mathematik zum Studieneinstieg
Gabriele Adams • Hermann-Josef Kruse Diethelm Sippel • Udo Pfeiffer
Mathematik zum Studieneinstieg Grundwissen der Analysis für Wirtschaftswissenschaftler, Ingenieure, Naturwissenschaftler und Informatiker 7. Auflage
Gabriele Adams Nürtingen, Deutschland
Hermann-Josef Kruse Bielefeld, Deutschland
Diethelm Sippel Werl, Deutschland
Udo Pfeiffer Hagen, Deutschland
ISBN 978-3-662-58737-9 ISBN 978-3-662-58738-6 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-58738-6 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 1988, 1992, 1996, 2002, 2008, 2013, 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany
Vorwort
Vorwort zur 7. Auflage Die vorliegende 7. Auflage basiert im Wesentlichen auf der 4. Auflage dieses Lehrbuches. Wie bereits in der 5. und 6. Auflage wurden lediglich Schreibfehler und Ungenauigkeiten, auf die uns Leserinnen und Leser dieses Lehrbuches dankenswerterweise aufmerksam gemacht haben, beseitigt. Die Autoren bedanken sich auch bei den Verantwortlichen des Springer Gabler Verlages über das entgegengebrachte Vertrauen in unser Lehrbuch, welches offenbar nach wie vor vielen Studierenden in wirtschafts-, ingenieur- und naturwissenschaftlichen Fächern sowie in Informatik eine gute Studieneinstiegshilfe bietet. Für seine bewährte Hilfestellung bei der Fertigstellung der Druckvorlage bedanken wir uns sehr herzlich bei Herrn Dipl.-Wirt.Math. Ralf Derdau. Bielefeld, im Dezember 2018
Die Autoren
Vorwort zur 4. Auflage Das vorliegende Buch erscheint hiermit in der 4., vollständig überarbeiteten und ergänzten Auflage. Seinem wesentlichen Merkmal, die Grundlagen der Analysis sehr ausführlich zu erklären, bleibt es dabei treu. Wie bisher sind die hier behandelten Inhalte (Folgen und Reihen, Funktionen, Grenzwerte, Differential- und Integralrechnung) eigentlich Schulstoff. Den Autoren ist aber aus langjähriger Erfahrung bekannt, dass die Mathematikkenntnisse der Studierenden in den Wirtschafts-, Ingenieur- und Naturwissenschaften sowie der Informatik besonders zu Beginn des Studiums sehr unterschiedlich sind. Daher stellt das vorliegende Buch die behandelten Stoffgebiete zusammenhängend dar – und je nach Vorkenntnissen können Sie „nachschlagen“ oder gründlich (neu oder wieder) lernen. In der Einleitung geben wir Ihnen dazu noch eine fachbezogene Anleitung.
VI
Vorwort
Für seine 1. Auflage (1988) entstand dieses Buch auf der Grundlage des „Brückenkurses Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler“, den die Autoren Piehler/Sippel für die FernUniversität Hagen geschrieben hatten. Ziel dieses Kurses war, den Übergang von der Schule zum Studium zu erleichtern, eben genau den Schulstoff (mit Ergänzungen) bereitzustellen, auf dem die fachbezogenen Mathematikvorlesungen zu Studienbeginn aufbauen. Hieraus entstand auch der Stil der Darstellung: ausführliche Erklärung der Begriffe, viele Beispiele und Übungsaufgaben (mit Lösungen) – also ein Buch, das zum Selbststudium geeignet ist. Die ersten 3 Auflagen dieses Buches wurden herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Tomas Gal, der bis 1991 den Lehrstuhl Betriebswirtschaftslehre, insb. Operations Research, an der FernUniversität Hagen inne hatte. Aus seiner langjährigen Erfahrung gab er den Autoren damals wertvolle Anregungen; wir möchten uns erneut dafür bedanken. Änderungen und Ergänzungen gegenüber den bisherigen Auflagen sind die folgenden: Wir haben die sehr elementaren Kapitel 1 und 2 der bisherigen Ausgaben über Zahlen und Terme sowie Mengen und Logik nunmehr als Anhänge A und B angeordnet, um Ihnen einen direkten Einstieg in die eigentliche Thematik zu geben. Hierzu dient auch ein neu hinzugekommenes Kapitel 1 „Anwendungen der Analysis“, das Ihnen anhand von vielen Beispielen die Einordnung des anschließend ausführlich behandelten Stoffes erleichtern soll. Denn gerade die Studierenden, die die Mathematik „weniger mögen“, stellen sehr oft die Frage: „Wofür brauche ich das denn bloß?“. In dem „Lesekapitel“ 1 finden Sie eine ganze Reihe von Antworten darauf. Zudem wurden alle übrigen Kapitel überarbeitet und insbesondere mit weiteren Beispielen und Aufgaben ergänzt. Im Rahmen dieser Neuauflage wurde der Text auch neu erfasst und präsentiert sich Ihnen daher in einem modernen Layout. Für diese mühselige und langwierige Arbeit bedanken wir uns sehr herzlich bei den Herren Dipl.-Ing. J. Schönbohm und Dipl.-Wirt.Math. R. Derdau vom Studiengang Mathematik der Fachhochschule Bielefeld, die sich sowohl in der Mathematik als auch in der Beherrschung von TeX als sehr fachkundig erwiesen haben. Zudem danken wir Herrn Dr. W.A. Müller, Springer-Verlag, für die viele Geduld, die er bis zur Fertigstellung der Druckvorlage aufbringen musste. Die Autoren dieser Neuauflage sind die alten (G. Piehler heißt jetzt G. Adams); hinzugekommen ist Hermann-Josef Kruse, der zusammen mit den drei übrigen Autoren auf ein gemeinsames Wirken an der FernUniversität Hagen zurückblicken kann. Neben seiner Tätigkeit als
Vorwort
VII
Mitautor an der neuen Auflage konnte er seine aktuellen Erfahrungen aus seinen Vorlesungen an der Fachhochschule Bielefeld einbringen und Hinweise auf die Bedürfnisse und Schwierigkeiten zum Studienbeginn liefern. Das Buch wendet sich an Studierende der Wirtschaftswissenschaften, der Natur- und Ingenieurwissenschaften und der Informatik in den Anfangssemestern an Universitäten und Fachhochschulen, aber auch an zukünftige Studentinnen und Studenten, die ihr Fachstudium gut vorbereiten möchten. Und von den vorhergehenden Auflagen wissen wir, dass auch viele Schüler und Schülerinnen in den letzten beiden Jahrgangsstufen des Gymnasiums oder der Fachoberschule dieses Buch gerne und erfolgreich zur Vorbereitung für ihre Abschlussprüfung nutzten. Bielefeld, im Januar 2002
Die Autoren
Einleitung
Dieses Buch ist als eine Hilfe zum Einstieg in Ihr Studium konzipiert. Ob Sie nun Wirtschaftswissenschaften, Biologie, Chemie, Ingenieurwissenschaften oder Informatik studieren werden: In den ersten Semestern werden Sie mit der Mathematik konfrontiert (was Sie vielleicht gar nicht so gerne mögen). Jedes Fach hat seine spezifischen mathematischen Gebiete, auf die es zurückgreift. Alle gemeinsam benötigen ein Grundwissen in der sog. mathematischen Analysis; traditionell versteht man darunter im Wesentlichen die Differential- und Integralrechnung von reellen Funktionen.1 Dieses Grundwissen der Analysis sollte in der gymnasialen Mittel- und Oberstufe vermittelt werden, d.h. Sie sollten es im Grundsatz beherrschen. So sei allen, denen die Inhalte dieses Buches leicht fallen und die es eher als Nachschlagewerk gebrauchen, gratuliert: Sie haben eine gute Schule gehabt und selber gut gelernt. Aber es gibt viele unter Ihnen – und das wissen die Autoren aus langjähriger Erfahrung im Universitäts-, Fachhochschul- und Schulbereich – die mit der Mathematik in der Schule sehr oft „auf Kriegsfuß“ standen. Sie haben manches nicht verstanden, manches einfach nicht behalten oder evtl. gar nicht durchgenommen. Und nun zu Beginn eines Studiums kommt „ausgerechnet“ zunächst einmal „so viel Mathematik“. Wir möchten Ihnen den Studieneinstieg (bzgl. der Mathematik) erleichtern: Wir haben eben dasjenige Grundwissen der Analysis zusammengestellt, auf das Ihre fachbezogenen Mathematik-Vorlesungen aufbauen (teilweise wird auch der hier behandelte Stoff dort wiederholt). In den zugehörigen Kapiteln haben wir die jeweilige Thematik ausführlich (mit vielen Beispielen und Aufgaben) behandelt. Sie sollten (wir wünschen es uns sehr) das jeweilige Thema verstehen, denn wenn Sie die Begriffe und Vorgehensweisen verstanden haben, 1
Fast alle Disziplinen benötigen zudem Kenntnisse in der sog. linearen Algebra, d.h. über Vektoren, Matrizen, lineare Gleichungssysteme, lineare Optimierungsmodelle. Diesen Stoff behandeln wir in diesem Buch nicht.
X
Einleitung
erkennen Sie darauf aufbauende Formeln und Verfahren und müssen ggf. nur noch nachschlagen („Wie war das noch?“). Wir möchten Ihnen also die mathematische Begriffswelt verständlich machen. Dazu braucht es: (1) Perspektiven für Sie, an Beispielen zu erkennen, wofür Sie was brauchen, (2) die schon erwähnte sehr ausführliche, erklärende und einübende Darstellung in den thematischen Kapiteln. Zum Punkt (1) haben wir das Übersichtskapitel 1 „Anwendungen der Analysis“ geschrieben. Zwecks Motivation für Sie selbst und zum „Ansporn“ für die Mathematik schlagen wir vor, zunächst das Kapitel 1 zu lesen, ganz oder abschnittsweise: Die Abschnitte sind auf die Kapitel 2 bis 6 abgestimmt. Es ist ein Lesekapitel, kein Arbeitskapitel. Sie müssen dort keine Begriffe lernen und keine Aufgaben lösen. (Die systematische Darstellung der mathematischen Begriffswelt beginnt erst in Kapitel 2 und dort „langsam“ und ausführlich.) Sie sollten den Beispielen in Kapitel 1 folgen können, beim 1. Lesen jedenfalls „so ungefähr“. Die notwendigen Begriffe werden dort allerdings nur in sehr knapper Form bereitgestellt. Sollte Ihnen also vieles in Kapitel 1 „recht schwierig“ (oder sogar „erschlagend“) vorkommen, so nehmen Sie sich zunächst die Kapitel 2, 3 usw. oder auch die Anhänge vor und kehren dann zu dem betreffenden Abschnitt in Kapitel 1 zurück. Dies sollten Sie übrigens auch dann tun, wenn Sie weniger Mühe mit Kapitel 1 beim 1. Lesen hatten. Die dortigen Beispiele vertiefen das Verständnis (und werden teilweise in den späteren Kapiteln auch aufgegriffen). Jedenfalls: Nicht aufgeben! Es gibt verschiedene Wege durch dieses Buch; hierzu schauen Sie sich das folgende Übersichtsdiagramm an, in dem wir diese skizziert haben. Zum Punkt (2): Die Neuauflage dieses Buches haben wir so gestaltet, dass Sie mit dem Kapitel 2 „Folgen und Reihen“ gleich in eine Thematik einsteigen, die einerseits die Grundlage ist für Anwendungen (z. B. Wachstumsprozesse, Finanzmathematik) und andererseits für das Verständnis von Funktionen sowie Differential- und Integralrechnung, also für die folgenden Kapitel. Dabei haben wir in jedem Kapitel nicht nur die Beispiele, sondern auch die Aufgaben gezielt im laufenden Text platziert, weil auch sie dem Verständnis dienen und Sie daran prüfen können, ob Sie den Stoff verstanden haben. Manchmal greift der folgende Text auch auf Ergebnisse aus den Aufgaben zurück. Versuchen Sie es: „Knabbern“ Sie an den Aufgaben. Wenn Sie „keinen Ansatz“ sehen (oder einfach „im Moment keine Zeit“ dafür haben): Schauen Sie in den Lösungen (hinten
Einleitung Für Anfänger, die sich im Umgang mit der Mathematik noch sehr unsicher fühlen
Für Fortgeschrittene, die sich für die Mathematik noch motivieren müssen
XI
Für Fortgeschrittene, die ohne große Umschweife in die Mathematik eintauchen wollen
Anhang A
Anhang B
Kapitel 1
Kapitel 2 Kapitel 3 Kapitel 4 Kapitel 5 Kapitel 6 “Hauptwege” “Nebenwege” Rückkopplung zu den Anwendungen (kapitelweise)
Ziel: Fundiertes mathematisches Grundwissen zum Einstieg ins Studium
XII
Einleitung
im Buch) nach und versuchen Sie, die jeweilige Lösung nachzuvollziehen. Auch das hilft zum Verständnis. Wenn allerdings das Nachvollziehen der Lösung viel Mühe macht – dann bitte suchen Sie selber: „Wo hängt’s?“ (vielleicht doch erst die Anhänge gründlich durcharbeiten?). Denn bereits Kapitel 2 greift seinerseits auf „Grundlagen“ zurück – und diese finden Sie (weitgehend) in den beiden Anhängen. Wir haben dazu (nicht nur) in Kapitel 2 für Sie an entsprechenden Stellen Hinweise auf die Anhänge per Fußnote notiert. Wenn Sie also „kleine Lücken“ haben: Arbeiten Sie Kapitel 2, 3, 4 usw. durch (immer mit Rückkopplung zu den Anwendungen in Kapitel 1) und schließen Sie einfach die Lücken, die Sie entdecken, mit Hilfe der Anhänge. Wenn Sie aber „große Lücken“ bei sich feststellen: Dann beginnen Sie besser damit, die beiden Anhänge (erst Anhang A, dann Anhang B) gründlich durchzuarbeiten. Vor allem die Inhalte von Anhang A müssen „sitzen“; Sie stolpern sonst bei neuem Stoff „an der falschen Stelle“ (einfach weil Ihnen das grundlegende Handwerkszeug fehlt; z. B. für die Berechnung eines Abschreibungszeitraums können Sie zwar die richtige Formel anwenden, aber die quadratische Gleichung nicht lösen.) In Anhang B finden Sie die wichtigsten Regeln der Aussagenlogik. Wir haben auch diese Thematik recht ausführlich behandelt, weil die Logik mathematischer Schlussweisen hierauf gründet (und die Logik auch nur in wenigen Büchern vom Typ „Mathematik für . . . “ behandelt wird). Und wenn Sie z. B. „noch nie verstanden“ haben, was notwendige bzw. hinreichende Bedingungen sind, so lesen Sie bitte in Anhang B nach. Zudem haben wir dort die wichtigsten Begriffe und Symbole über Mengen und Mengenverknüpfungen zusammengestellt. Rechnen mit Mengen (im mathematischen Sinn) ist zwar weniger praxisrelevant, aber Sie sollten wenigstens die Symbolik lesen können. Zur Nummerierung in diesem Buch: Definitionen, Sätze, Beispiele, Bemerkungen sowie ein Teil der Formeln sind abschnittsweise nach einer Dezimalklassifikation geordnet. Zum besseren Auffinden haben wir durchnummeriert: Beispiel 2.4.2 ist ein Beispiel im Abschnitt 2.4, es findet sich zwischen Definition 2.4.1 und Regel 2.4.3. (2.4.3)
(in Klammern!) ist die dritte Formel- oder Gleichungsnummer in Abschnitt 2.4.
Abbildungen und Tabellen sind ebenfalls abschnittsweise durchnummeriert, aber getrennt von den Definitionen, Sätzen etc. Die Aufgaben dagegen haben wir kapitelweise nummeriert.
Einleitung
XIII
Zur Kenntlichmachung der vielen Beispiele in diesem Buch haben wir das jeweilige Beispielende durch ein kleines Quadrat () verdeutlicht. Zum Schluss noch etwas zum Schmunzeln: Wenn irgend möglich wird in der Mathematik ein neues Problem typischerweise auf ein altes (bekanntes) zurückgeführt: Ein Mathematiker hat Eier–Kochen nach der folgenden Methode gelernt: Man nehme die Eier aus dem Kühlschrank, stelle sie neben den Herd, setze einen Topf mit Wasser auf, lege die Eier hinein und stelle die Eieruhr. Eines Tages will er Eier kochen, doch die Eier stehen neben dem Herd. Neues Problem!? Nein! Er stellt die Eier in den Kühlschrank – und kann somit auf die bekannte Lösungsmethode für das Problem des EierKochens zurückgreifen. Und nun möchten wir Ihnen viel Mut machen, Neues (Altes wieder?) zu lernen.
Inhaltsverzeichnis
1.
Anwendungen der Analysis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.1 Folgen und Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
1.2 Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
1.3 Grenzwerte von Funktionen und Stetigkeit . . . . . . . . . . . . 18 1.4 Differentialrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1.5 Integralrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.
Folgen und Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.1 Definition und Darstellung von Folgen . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.1.1 Definition einer Folge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.1.2 Bildungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2.1.3 Summen-, Differenz-, Produkt- und Quotientenfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2.2 Definition einer Reihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2.3 Arithmetische Folgen und Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2.3.1 Arithmetische Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2.3.2 Arithmetische Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2.4 Geometrische Folgen und Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2.4.1 Geometrische Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2.4.2 Geometrische Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 2.5 Monotonie und beschränkte Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2.5.1 Monotone Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2.5.2 Beschränkte Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
XVI
Inhaltsverzeichnis
2.6 Konvergenz bei Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2.6.1 Beispiel für eine Nullfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2.6.2 ε-Umgebung von a ∈ R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 2.6.3 Nullfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2.6.4 Folgen mit von Null verschiedenen Grenzwerten . 77 2.6.5 Eindeutigkeit des Grenzwertes, Divergenz . . . . . . 79 2.6.6 Konvergenz monotoner und beschränkter Folgen . 81 2.6.7 Berechnung von Grenzwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 2.7 Konvergenz bei Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.
Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3.1 Der Begriff der Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3.1.1 Grundlegende Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3.1.2 Darstellung von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 3.1.3 Abschnittsweise definierte Funktionen . . . . . . . . . . 98 3.1.4 Monotonie und Beschränktheit . . . . . . . . . . . . . . . . 100 3.1.5 Umkehrfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 3.1.6 Verknüpfung von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 3.2 Polynome und rationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 3.2.1 Darstellung und Grad eines Polynoms . . . . . . . . . . 115 3.2.2 Nullstellen, Zerlegung in Linearfaktoren . . . . . . . . 119 3.2.3 Rationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3.3 Winkelfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 3.3.1 Herleitung von Sinus- und Kosinusfunktion für Winkelmaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3.3.2 Winkel im Bogenmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3.3.3 Sinus und Kosinus als reelle Funktionen . . . . . . . . 139 3.4 Exponential- und Logarithmusfunktion . . . . . . . . . . . . . . . 145 3.4.1 Wachstums- und Zerfallsvorgänge . . . . . . . . . . . . . 145 3.4.2 Allgemeine Exponentialfunktion . . . . . . . . . . . . . . . 146 3.4.3 Die Logarithmusfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
Inhaltsverzeichnis
4.
XVII
Grenzwerte von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 4.1 Grenzwert einer Funktion für x → ∞ . . . . . . . . . . . . . . . . 153 4.1.1 Einführende Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 4.1.2 Definition des Grenzwertes einer Funktion für x → ∞ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 4.1.3 Rechnen mit Grenzwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 4.1.4 Divergenz einer Funktion für x → ∞ . . . . . . . . . . 163 4.2 Grenzwert einer Funktion für x → x0 . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4.2.1 Definition des Grenzwertes einer Funktion für x → x0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4.2.2 Rechnen mit Grenzwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 4.2.3 Divergenz einer Funktion für x → x0 . . . . . . . . . . . 174 4.3 Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 4.3.1 Definition der Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 4.3.2 Unstetigkeitsstellen und Definitionslücken . . . . . . 181 4.3.3 Globale Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 4.3.4 Verknüpfung stetiger Funktionen . . . . . . . . . . . . . . 186 4.3.5 Einige Eigenschaften stetiger Funktionen . . . . . . . 188
5.
Differentialrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 5.1 Die Steigung von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 5.2 Differenzierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 5.2.1 Definition der Differenzierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . 202 5.2.2 Beispiele für differenzierbare Funktionen . . . . . . . 203 5.2.3 Differenzierbarkeit und Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . 205 5.2.4 Die Ableitungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 5.2.5 Höhere Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 5.3 Berechnung von Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 5.3.1 Differentiationsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 5.3.2 Ableitung spezieller Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . 220 5.4 Anwendung der Differentialrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
XVIII
Inhaltsverzeichnis
5.4.1 Monotonie und Extremwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 5.4.2 Krümmungsverhalten einer Funktion . . . . . . . . . . . 236 5.4.3 Systematische Kurvendiskussion . . . . . . . . . . . . . . . 242 5.4.4 Extrema von Funktionen auf abgeschlossenen Intervallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 5.4.5 Angewandte Extremwert-Aufgaben . . . . . . . . . . . . 249 6.
Integralrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 6.1 Die Aufgaben der Integralrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 6.2 Das unbestimmte Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 6.3 Das Flächeninhaltsproblem und das bestimmte Integral 261 6.4 Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung . . . . . . 274 6.5 Berechnung und Interpretation von bestimmten Integralen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278
A. Zahlen und Terme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 A.1 Zahlen und Terme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 A.1.1 Ganze Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 A.1.2 Terme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 A.1.3 Rationale Ausdrücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 A.2 Lineare Gleichungen und Ungleichungen . . . . . . . . . . . . . 299 A.2.1 Lineare Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 A.2.2 Umformen linearer Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . 300 A.2.3 Anordnung rationaler Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 A.2.4 Umformen linearer Ungleichungen . . . . . . . . . . . . . 308 A.3 Potenzen und Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 A.3.1 Potenzen mit ganzzahligem Exponenten . . . . . . . . 310 A.3.2 Wurzeln und reelle Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 A.3.3 Potenzen mit rationalen Exponenten . . . . . . . . . . . 315 A.4 Nichtlineare Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 A.4.1 Quadratische Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317
Inhaltsverzeichnis
XIX
A.4.2 Andere einfache nichtlineare Gleichungen . . . . . . . 319 A.5 Logarithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 A.5.1 Begriff des Logarithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 A.5.2 Rechenregeln für Logarithmen . . . . . . . . . . . . . . . . 324 B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche . . . . . . . . . . 327 B.1 Aussagenlogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 B.1.1
Aussagen und Wahrheitswerte . . . . . . . . . . . . . . . . 327
B.1.2
Aussageform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
B.1.3 Konjunktion und Disjunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 B.1.4 Negation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 B.1.5 Implikation und Äquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 B.2 Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 B.2.1 Mengen und ihre Schreibweise . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 B.2.2 Mengendiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 B.2.3 Gleichheit von Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 B.2.4 Teilmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 B.2.5 Leere Menge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 B.2.6 Schnittmenge und Vereinigungsmenge . . . . . . . . . . 355 B.2.7 Differenz von Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 B.2.8 Mengen geordneter Paare, Koordinatensystem . . 360 B.3 Zahlenmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 B.3.1 Die natürlichen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 B.3.2 Die ganzen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 B.3.3 Die rationalen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 B.3.4 Die reellen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 B.3.5 Die komplexen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 C. Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 C.2 Lösungen zu Anhang A und B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421
XX
Inhaltsverzeichnis
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437
Abbildungsverzeichnis
1.1.1 Weg–Zeit–Diagramm für Achilles und die Schildkröte . . . .
8
1.2.1 Graphische Darstellung der Kosten- und Erlösfunktion von Beispiel 1.2.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.2.2 Graph der Absatzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 1.2.3 Graphische Darstellung eines Wachstumsvorgangs . . . . . . . 16 1.2.4 Graphische Darstellung eines Zerfallsprozesses . . . . . . . . . . 17 1.3.1 Beispiel für eine stetige, aber nicht differenzierbare Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.3.2 Beispiel für ein elementares Lagerhaltungsmodell . . . . . . . . 20 1.4.1 Graph der nichtlinearen Gesamtkostenfunktion K(x) = 200 + 5x2 mit verschiedenen Sekanten. . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1.4.2 Tangente an K(x) = 200 + 5x2 im Punkt P0 . . . . . . . . . . . . 30 1.4.3 Beispiele für verschiedene Differentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1.4.4 Gesamtumsatzfunktion, Preis-Absatz-Funktion, Grenzumsatzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1.4.5 Gleichseitiges Dreieck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1.5.1 a) Metallstange b) Querschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1.5.2 Dichtefunktion einer Normalverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 1.5.3 Fläche unter f (x) =
1 x
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
1.5.4 a) Krummlinige Fläche b) Funktionale Beschreibung der Flächengrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1.5.5 Einfache krummlinige Fläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2.1.1 Vermehrung eines Kaninchenpaares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2.4.1 DIN-Papierformate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
XXII
Abbildungsverzeichnis
2.5.1 Auslenkung eines Pendels aus der Ruhelage . . . . . . . . . . . . . 66 2.5.2 Folge der Pendelausschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2.6.1 Umgebung der Zahl 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2.6.2 Disjunkte Umgebungen von a und a (|a − a | = d = 0)
80
3.1.1 Sonnentage je Monat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 3.1.2 Graph der Funktion f (x) = 2x + 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 3.1.3 Koordinatendiagramme zu Aufgabe 3.4 . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3.1.4 Graphische Darstellung der Betragsfunktion . . . . . . . . . . . . 99 3.1.5 Beispiel für eine „Treppenfunktion“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 3.1.6 Graphische Darstellung der Funktion f (x) = x2 (Normalparabel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3.1.7 Beispiel für eine auf [−3, 5] beschränkte Funktion . . . . . . . . 104 3.1.8 Graphische Darstellung von f und f −1 (zu Beispiel 3.1.22) 107 3.1.9 Beispiele, die den Zusammenhang zwischen Monotonie und Umkehrbarkeit verdeutlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3.1.10 Beispiel einer injektiven Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3.2.1 Lineare Funktion (Gerade) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 3.2.2 Graph des Polynoms P3 (x) = x3 − 3x2 − 2x + 6 . . . . . . . . . 120 3.2.3 Graph von Q2 (x) = x2 + 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3.2.4 Grafische Darstellung der Reziprokfunktion (Normalhyperbel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3.3.1 Projektion eines Schwingungsvorgangs . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3.3.2 Schwingung am Einheitskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 3.3.3 Graphische Darstellung der Sinusfunktion . . . . . . . . . . . . . . 132 3.3.4 Schwingung am Einheitskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 3.3.5 Graphische Darstellung der Kosinusfunktion . . . . . . . . . . . . 134 3.3.6 Sinus- und Kosinuswerte für Winkelmaße > 360o und < 0o 136 3.3.7 Bogenmaß der Winkelgröße α . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3.3.8 Darstellung von Winkelmaßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 3.3.9 Winkelmaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
Abbildungsverzeichnis
XXIII
3.3.10 Die Graphen der Sinus- und Kosinusfunktion . . . . . . . . . . . 140 3.3.11 Graphen der Tangens- und Kotangensfunktion . . . . . . . . . . 143 3.4.1 Graphen von Exponentialfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3.4.2 Umkehrung der Funktion f2 (x) = 2x . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3.4.3 Die Graphen von 2x und log2 x . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 3.4.4 Natürliche Logarithmusfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 4.1.1 Beispiele von Funktionen mit und ohne Grenzwert für x → ∞ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 4.1.2 Graphische Darstellung der Folge n+3 . . . . . . . . . . . . 156 n n∈N 4.1.3 Die Folgenglieder liegen in Uε (1) für n > n (ε) . . . . . . . . . . 156 4.1.4 Graphische Darstellung der Funktion f mit f (x) = x+3 x , x ≥ 1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 4.1.5 Die Funktionswerte f (x) liegen in Uε (1) für x > x (ε) . . . 158 4.1.6 Graphische Darstellung der Funktion f mit f (x) = 2 + sin x . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 4.2.1 Die Funktionswerte f (x) liegen in Uε1 (2) für x ∈ (x0 − δ1 , x0 ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 4.2.2 ε–Umgebung Uε2 27 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 8 4.2.3 Linksseitiger und rechtsseitiger Grenzwert der Funktion (für x → 4) stimmen überein. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 4.2.4 x = 1 und y = 1 sind Asymptoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 4.3.1 Beispiele für stetige bzw. unstetige Funktionen in x0 = 4 . 177 4.3.2 Die Funktionswerte f (x) liegen in Uε (8) für x ∈ Uδ (4) . . 180 4.3.3 Unstetigkeitsstelle x0 = 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 4.3.4 Definitionslücke x0 = 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 4.3.5 Beispiele für Funktionen, die bei x0 einen Pol besitzen . . . 182 4.3.6 Pipeline zwischen Tank und Abfüllanlage
. . . . . . . . . . . . . . 184
4.3.7 Abhängigkeit des Tankinhaltes von der Zeit . . . . . . . . . . . . . 185 4.3.8 Fluss in der Pipeline („ja“/„nein“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 4.3.9 Kreis mit Radius r . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 4.3.10 Beispiel für eine auf [a, b] stetige Funktion . . . . . . . . . . . . . . 189
XXIV
Abbildungsverzeichnis
4.3.11 Beispiel für eine auf [a, b] nicht stetige Funktion . . . . . . . . . 189 4.3.12 Graphen zweier im Intervall [a, b] stetiger, reeller Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 4.3.13 Graphische Darstellung der Funktion f von Beispiel 4.3.16 192 5.1.1 Hinweis auf Straßensteigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 5.1.2 Geradliniger Straßenverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 5.1.3 Idealisierte Passstraße – geometrische Veranschaulichung des Differenzenquotienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 5.1.4 Idealisierte Passstraße – Konvergenz der Sekantensteigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 5.1.5 Darstellung der Tangente (a) an einen Kreis (b) an einen Funktionsgraph . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 5.1.6 Steigung der Sekante durch P und Q . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 5.2.1 Graph der Funktion f1 (Beispiel 5.2.7) . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 5.2.2 Graph der Funktion f2 (Beispiel 5.2.8) . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 5.2.3 Darstellung einer nur einmal differenzierbaren Funktion . . 211 5.3.1 Graph einer konstanten Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 5.4.1 Monotonieverhalten einer Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 5.4.2 Strenge Monotonie und Differenzenquotient (streng monoton steigende Funktion) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 5.4.3 Strenge Monotonie und Differenzenquotient (streng monoton fallende Funktion) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 5.4.4 Steigung einer konstanten Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 5.4.5 Graphen von f (x) = x3 − 3x2 − 24x und f (x) = 3x2 − 6x − 24 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 5.4.6 Tangentensteigung an einer Extremstelle . . . . . . . . . . . . . . . 228 5.4.7 Graph der Funktion f (x) = x3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 5.4.8 Graphen von f (x) = x3 − x und f (x) = 3x2 − 1 . . . . . . . . 231 5.4.9 Vorzeichenverhalten von Ableitungsfunktionen . . . . . . . . . . 233 5.4.10 Beispiel für einen rechtsgekrümmten (konkaven) Graphen mit verschiedenen Sehnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 5.4.11 Beispiel für einen linksgekrümmten (konvexen) Graphen mit verschiedenen Sehnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
Abbildungsverzeichnis
XXV
5.4.12 Graphen der Funktionen f , f und f in Beispiel 5.4.15 . . 239 5.4.13 Graph der Funktion f mit f (x) =
x3 x2 −3
. . . . . . . . . . . . . . . . 247
5.4.14 Quader . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 6.1.1 a) Unregelmäßig begrenzte Fläche b) Fläche unter Funktionsgraph . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 6.2.1 Stammfunktionen von f (x) = 2x . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 6.3.1 Veranschaulichung der Fläche Fab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 6.3.2 Rechteckfläche für eine konstante Funktion f (x) = c . . . . . 262 6.3.3 Einteilung des Intervalls [a, b] in n gleich große Teilintervalle bzw. der Fläche Fab in n Teilflächen Fi (i = 1, . . . , n) 263 6.3.4 Einschließung des Flächeninhaltes von Fi durch ein kleines und ein großes Rechteck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 6.3.5 Einschließung des Flächeninhaltes Fab durch Obersumme Fon und Untersumme Fun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 6.3.6 Die Fläche F0b unter dem Graph von f (x) = x2 . . . . . . . . . 266 6.3.7 Die Fläche Fab unter dem Graph von f (x) = x2 . . . . . . . . . 268 6.3.8 Bildung von Ober- und Untersummen bei einer stetigen Funktion f (x) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 6.3.9 Annäherung der Teilfläche Fi durch die Rechteckfläche f (ξi ) · Δxi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 6.3.10 Von der Sinusfunktion eingeschlossene Flächen . . . . . . . . . . 272 6.3.11 Unterteilung der Flächeninhaltsberechnung . . . . . . . . . . . . . 273 6.5.1 Fläche zwischen zwei Funktionsgraphen . . . . . . . . . . . . . . . . 280 6.5.2 Bestimmtes Integral bei f (x) = 12 x3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 6.5.3 Flächeninhalt der Fläche A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 A.2.1 Zahlengerade. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 A.3.1 Quadrat mit dem Flächeninhalt A = 2 cm2 . . . . . . . . . . . . . 313 B.2.1 Venn–Diagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 B.2.2 Venn–Diagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 B.2.3 Teilmengenbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352
XXVI
Abbildungsverzeichnis
B.2.4 Mengen M und N, die nicht übereinstimmen . . . . . . . . . . . . 354 B.2.5 Reichweiten zweier Rundfunksender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 B.2.6 Lageplan der Orte A und B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 B.2.7 Punkte im Koordinatensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 B.2.8 Quadrat im Koordinatensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 B.3.1 Zahlengerade der rationalen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 B.3.2 Gaußsche Zahlenebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372
Tabellenverzeichnis
1.1.1 Wettlauf von Achilles mit der Schildkröte . . . . . . . . . . . . . . .
7
1.2.1 Vollständige Wertetabelle zu Beispiel 1.2.2 . . . . . . . . . . . . . . 10 1.2.2 Produktionsziele im ersten Jahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.2.3 Produktionszahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.2.4 Wachstumsentwicklung von Algen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.2.5 Radioaktiver Zerfallsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.4.1 Durchschnittliche Kostensteigerung pro Einheit . . . . . . . . . 26 1.4.2 Kostensteigerung pro Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1.5.1 Flächeninhalte von regelmäßigen Flächen . . . . . . . . . . . . . . . 41 2.1.1 Anzahl der Kaninchenpaare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3.1.1 Sonnentage pro Monat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3.1.2 Sonnentage pro Monat (als Zahl) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3.1.3 Kiesvolumen und Anhängergewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 3.1.4 Anhängergewicht und Kiesvolumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3.3.1 Funktionswerte der Sinusfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3.3.2 Funktionswerte der Kosinusfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 3.3.3 Winkel im Bogenmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 3.4.1 Entwicklung eines Wachstumsvorgangs . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 4.3.1 Stetigkeit der Funktionen f1 bis f4 aus Abschnitt 4.3.1 . . . 183 5.3.1 Ableitungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 5.3.2 Ableitungen spezieller Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
XXVIII Tabellenverzeichnis
5.4.1 Monotoniebereiche der Funktion f (x) = x3 − 3x2 − 24x
. 226
5.4.2 Monotoniebereiche für f (x) = x3 − x . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 5.4.3 Zeichenwechselstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 6.2.1 Grundintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 A.1.1 Fachausdrücke für die Grundrechenarten . . . . . . . . . . . . . . . . 289 A.1.2 Gesetze für das Rechnen mit ganzen Zahlen . . . . . . . . . . . . . 295 B.1.1 Wahrheitstafel für Konjunktion und Disjunktion . . . . . . . . 334 B.1.2 Regeln für die Aussagenverknüpfungen ∧, ∨ . . . . . . . . . . . . 335 B.1.3 Lösungen von A (x), B (x), A (x) ∧ B (x), A (x) ∨ B (x) . . 336 B.1.4 Wahrheitstafel für Negation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 B.1.5 Wahrheitstafel zu den Regeln von de Morgan . . . . . . . . . . . 338 B.2.1 Allgemein gültige Mengenbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 B.2.2 Gesetze für Mengenoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 B.2.3 Gegenüberstellung: Zahlenpaare – Koordinatensystem . . . . 363
1. Anwendungen der Analysis
Dieses Kapitel ist ein Lese–Kapitel, die weiteren Kapitel in diesem Buch sind Arbeitskapitel. Das bedeutet, dass wir in den weiteren Kapiteln den Stoff systematisch vorstellen, d.h. ausführlich erklären, viele Beispiele bringen und Sie auch anhand von Aufgaben fordern (die Lösungen finden Sie hinten im Buch). An allen anderen Kapiteln müssen Sie also arbeiten. In diesem Lese–Kapitel stellen wir Ihnen die später langsam und gründlich behandelten Themenkreise anhand von Anwendungen vor. Die Abschnitte in diesem Kapitel sind jeweils auf die weiteren Kapitel abgestimmt; hier vorgestellte Beispiele werden hinten wieder aufgegriffen. Wenn Sie dieses Kapitel zum ersten Mal lesen, reicht es, dass Sie „so ungefähr“ verstehen, worum es geht. Sie sollten dann, wenn Sie das entsprechende Themengebiet genauer bearbeitet haben, den Abschnitt in diesem Kapitel nochmals wiederholen. Aus dem „so ungefähr verstanden“ sollte dann ein „so einfach ist das“ geworden sein (wenn nicht: nochmals wiederholen). Die Mathematik erfordert eine gewisse Hartnäckigkeit Ihrerseits, dann „ergibt“ sie sich, d.h. sie wird einfach: Denn wenn Sie die Zusammenhänge verstanden haben, werden Sie verblüfft sein, wie einfach Mathematik eigentlich ist. Bevor wir nun zu den Inhalten der Analysis1 in diesem Buch kommen, „vergessen“ Sie – als Arbeitsansatz – Ihr Schulwissen und lassen Sie sich vom Aufbau dieses Buches leiten. Ihr Schulwissen werden Sie an geeigneten Stellen im Buch dann „wiederfinden“. Beispiel: Sie haben vielleicht die Folgen als Teilgebiet der Funktionen kennen gelernt; wir werden sie bei den Funktionen als Spezialfall wieder aufgreifen – da schließt sich dann für Sie der Kreis. Lassen Sie sich hier und in Kapitel 2 zunächst auf die Folgen und Reihen ein, auch auf den Begriff des Grenzwertes dort. Bei den Funktionen kommt diese Thematik wie1
Traditionell versteht man unter „Analysis“ im Wesentlichen die Differential– und Integralrechnung reeller Funktionen. Die Bereiche „Funktionen mit mehreren Variablen“ und „partielle Differentiation und Integration“ behandeln wir in diesem Buch allerdings nicht.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 G. Adams et al., Mathematik zum Studieneinstieg, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58738-6_1
1
2
1. Anwendungen der Analysis
der und wir glauben, dass so der Grenzwertbegriff bei den Funktionen verständlicher wird.
1.1 Folgen und Reihen „An einer Reihe von Tagen war schönes Wetter.“ Unser Sprachgebrauch meint hier nicht eine Reihe im mathematischen Sinn, sondern eine Anreihung von Tagen (nicht notwendig aufeinander folgende). Zahlenfolgen
Sie kennen Zahlenfolgen; z. B. • die Folge der Börsenkurswerte eines Unternehmens (z. B. täglich zum Börsenschluss), • die Folge der Messwerte bei der EKG– oder EEG–Aufzeichnung, • die Folge der täglichen Maximaltemperatur an einer meteorologischen Messstation, • die Folge der Raten bei der Rückzahlung eines Kredites. Alle genannten Beispiele ordnen sich dem Begriff der Zahlenfolge unter, bei dem der natürlichen Zahl 1 (z. B. einem ersten Zeitpunkt) ein Zahlenwert a1 zugeordnet wird, der Zahl 2 (einem zweiten Zeitpunkt) ein Zahlenwert a2 , usw. Offensichtlich werden manche Zahlenfolgen von ggf. recht komplexen Einflüssen geprägt, die oft auch zufällig sind. Hiermit beschäftigen wir uns nicht.2
Reihen
Unser Thema sind Zahlenfolgen, die gewissen Gesetzmäßigkeiten unterliegen, und die sich durch Aufsummieren der Folgenglieder ergebenden Reihen:
Abschreibungsbetrag
Beispiel 1.1.1 Der Wertverlust eines Neuwagens verläuft nicht linear, d.h. er ist nicht in jedem Jahr gleich, sondern mit zunehmendem Alter wird der jährliche Wertverlust (Abschreibungsbetrag) geringer, bis der Wagen schließlich „abgeschrieben“ ist, d.h. die Summe der Abschreibungsbeträge gleich dem Kaufpreis ist. Ein Neuwagen koste 20.000 e. Am Ende des 1. Jahres setzen wir einen Abschreibungsbetrag von 5.000 e an, am Ende des 2. Jahres von 4.500 e 2
Vgl. aber z. B. Zeitreihenanalyse, dort wird mit verschiedenen, z. B. explorativen oder statistischen Methoden gearbeitet (hierzu siehe Lehrbücher zur Statistik bzw. Stochastik).
1.1 Folgen und Reihen
3
und in den folgenden Jahren einen jeweils um 500 e geringeren Betrag. Nach wieviel Jahren ist der Wagen abgeschrieben? Die Folge der Abschreibungsbeträge genügt einer Gesetzmäßigkeit: a1 = 5.000, a2 = a1 − 500 = 4.500, a3 = a2 −500 = 4.000, a4 = a3 −500 = 3.500, usw. d.h. die Differenz zweier Abschreibungsbeträge in aufeinander folgenden Jahren ist konstant. Die Summe der Abschreibungsbeträge 5
ai = a1 + a2 + a3 + a4 + a5 = 20.000
i=1
ist gleich dem Kaufpreis, also ist der Wagen nach 5 Jahren abgeschrieben. Die Folge in Beispiel 1.1.1 ist eine sog. arithmetische Folge, es gibt eine Formel, nach der sich die Folgenglieder (oben die jährlichen Abschreibungsbeträge) berechnen lassen und auch eine Formel für das Aufsummieren (zur Berechnung der Reihe). Beides behandeln wir in Kapitel 2 ausführlich. Die Nützlichkeit solcher Formeln werden Sie bereits erahnen, wenn Sie sich anstelle des Neuwagens eine Maschinenanlage mit erheblich längerem Abschreibungszeitraum vorstellen (vgl. Kap. 2, Beispiel 2.3.6), das vollständige Aufzählen der Abschreibungsbeträge und deren Aufsummierung wäre nämlich sehr lästig. Nun werden Sie vielleicht gleich an dieser Stelle einwenden „sowas macht doch heutzutage der Computer“; und es ist auch richtig, dass diese Aufgabe mit jedem Tabellenkalkulationsprogramm leicht zu bewältigen ist. Aber viele Tabellenzeilen auszufüllen, ist auch lästig. Und das eigentlich Entscheidende, nämlich das Wissen um die Gesetzmäßigkeit, nach der sich die Abschreibungsbeträge berechnen, benötigen Sie dafür auch. Ein wichtiges Anwendungsgebiet der Folgen und Reihen ist die Finanzmathematik. Unter Zinsen versteht man die Vergütung für die leihweise Überlassung eines Geldbetrages (Kapital). Erhält man für 100 e jährlich p e Zinsen, so ist das Kapital zu einem Zinsfuß von p% ausgeliehen. (Der Zinsfuß kann sich auch auf einen kürzeren Zeitraum beziehen). Ein Kapital K erbringt dann in einem Jahr
arithmetische Folge
Finanzmathematik Zinsen Kapital Zinsfuß
4
1. Anwendungen der Analysis
z1 = K
einfache Verzinsung Zinseszinsrechnung
p 100
an Zinsen. Werden die Zinsen am Ende des Jahres vom Konto abgehoben und nur das ursprüngliche Kapital weiter verzinst, spricht man von einfacher Verzinsung im Gegensatz zur Zinseszinsrechnung, bei der auch die angefallenden Zinsen mitverzinst werden. Beispiel 1.1.2 Ein Kapital von 1.000 e (= Anfangskapital K0 ) werde für 5 Jahre zu (nachschüssigen, d.h. jeweils am Ende des Jahres zu zahlenden) Zinseszinsen angelegt. Der Zinsfuß betrage 6 %. Dann lautet die Folge der Kontostände jeweils am Ende des Jahres: 6 6 = 1.000 1 + K1 = 1.000+1.000· = 1.060 100 100 2 6 6 6 = K1 1 + = 1.123, 60 = 1.000 1 + K2 = K1 +K1 100 100 100 .. .
5 6 6 = 1.338, 22 K5 = K4 1 + = 1.000 1 + 100 100 geometrische Folge
Die Folge der Kontostände bildet eine sog. geometrische Folge, bei der je zwei aufeinander folgende Folgenglieder einen konstanten Quotienten Kn 6 in obigem Beispiel). Daraus lässt sich die aufweisen ( =1+ Kn−1 100 Formel herleiten: p n Kn = K0 1 + , (1.1.1) 100 d.h. bei Berücksichtigung von nachschüssigen Zinseszinsen wächst ein Anfangskapital K0 bei einem Zinsfuß von p nach n Jahren auf das Endkapital Kn an.
Abzinsung Diskontierung
Die Formel (1.1.1) enthält vier Größen, sind drei bekannt, so kann man die vierte ausrechnen. Dies findet z. B. Anwendung bei der Bestimmung eines Anfangskapitals aus einem gegebenen Endkapital für einen Zeitraum von n Jahren und einem Zinssatz von p%. Dies bezeichnet man als Abzinsung oder Diskontierung: Kn K0 = p n 1 + 100
(1.1.2)
1.1 Folgen und Reihen
5
Bei Wirtschaftlichkeits- bzw. Investitionsrechnungen werden häufig alle mit der Investition verbundenen Zahlungen betrachtet. Um diese vergleichbar zu machen, werden alle Zahlungen auf einen gemeinsamen Zeitpunkt diskontiert. Man spricht auch von der Bestimmung des Barwertes einer zukünftigen Zahlung. Eine in gleichen Zeitabständen auftretende Zahlung bezeichnet man als Rente. In vielen Fällen haben alle Zahlungen die gleiche Höhe (Rentenrate oder Rate). Bei Renten interessiert vor allem, welchen Gesamtwert eine Rente am Anfang und/oder am Ende der Rentenzahlung hat. Bei einer nachschüssigen Rente sind die Raten jeweils am Jahresende fällig (wir betrachten hier nur den Fall einer Zahlung pro Jahr). Bei der Berechnung des Endwertes der Rente (am Ende des Zahlungszeitraumes, d.h. am Ende des n-ten Jahres) ist zu beachten, dass die Raten zu Zinseszinsen angelegt werden, d.h. aufgezinst werden müssen.
Barwert Rente Rate
Aufzinsung
Die Rate r am Ende des 1. Jahres verzinst sich zu Zinseszinsen für n − 1 Jahre, die Rate r am Ende des 2. Jahres für n − 2 Jahre usw., die vorletzte Rate noch für 1 Jahr und die letzte Rate bringt keine Zinsen mehr. Die Folge der aufgezinsten Raten lautet p n−2 p p n−1 , r. , r 1+ , ... , r 1 + r 1+ 100 100 100 Der Endwert Rn der Rente ergibt sich durch Addition der aufgezinsten Raten: p 2 p +r 1+ (1.1.3) Rn =r + r 1 + 100 100 p n−1 + ... + r 1 + . 100 Es handelt sich dabei um die n-te Partialsumme einer geometrischen p Reihe mit dem Anfangsglied r und dem Quotienten q = 1 + 100 (vgl. Kapitel 2). Man erhält: Rn = r
1 − qn . 1−q
Endwert der Rente
geometrische Reihe
(1.1.4)
Die Gleichung (1.1.4) heißt Rentenendwertformel (in diesem Zusammenhang). Beispiel 1.1.3 Die Rate einer nachschüssigen Rente betrage 2.000 e (einmal jährlich). Sie werde 5 Jahre lang gezahlt. Wie hoch ist der Endwert der Rente bei einer Verzinsung von 6 %? p Es ist r = 2.000, p = 6, q = 1 + = 1, 06, n = 5, also 100
Rentenendwertformel
6
1. Anwendungen der Analysis
1 − qn 1 − 1, 065 = 2.000 1−q 1 − 1, 06 1 − 1, 3382 = 11.274, 19 . = 2.000 −0, 06
Rn = r
Geometrische Folgen, bei denen also der Quotient zweier aufeinander folgender Folgenglieder konstant ist (vgl. oben die Folge der aufgezinsten Raten) spielen auch bei vielen Wachstumsprozessen eine Rolle. Beispiel 1.1.4 Die mit dem Wachstum der individuellen Zelle verbundene Zellteilung führt zum Anstieg der Zellzahl, zum Wachstum der Zellpopulation. Aus einer Zelle werden zwei, aus zwei vier, usw. Bei Bakterien, die sich nach 30 Minuten teilen (Generationszeit 0,5 h), erfolgen also in einer Stunde 2 Verdoppelungen:
Zeit (in h)
t0 = 0
t1 = 0, 5 t2 = 1
t3 = 1, 5 t4 = 2
...
Zellzahl
1 = 20
2 = 21
8 = 23
...
4 = 22
16 = 24
Allgemein erhalten wir zum Zeitpunkt tn die Zellzahl 2n (wenn wir mit t0 = 0 beginnen) und so als Folge der Zellzahlen 20 , 21 , 22 , 23 , 24 , 25 , . . . . exponentielles Wachstum
Man spricht von exponentiellem Wachstum. Zu diesem Beispiel sei noch erwähnt, dass man bei der Kultivierung von Bakterien nicht von einer Zelle ausgeht, sondern mit 105 bis 106 Zellen pro ml beimpft, allerdings auch nicht „unendliches Wachstum“ erreichen kann, da das Wachstum nur solange erfolgt, bis ein essentieller Nährstoff ins Minimum gerät. Die fast unvorstellbaren Größenordnungen, die geometrische Folgen (und Reihen) „recht schnell“ erreichen können, demonstrieren wir Ihnen noch an Beispielen in Kapitel 2.
Grenzwertbegriff
Viele Begriffe in der Mathematik haben direkt oder indirekt mit dem sog. Grenzwertbegriff zu tun: Beispiel 1.1.5 Der griechische Philosoph Zenon der Ältere (490–430 v. Chr.) berichtet von einem Wettlauf zwischen dem griechischen Helden Achilles und einer Schildkröte. Achilles wusste, dass er genau 10 mal so schnell lief wie die Schildkröte. Großzügig räumte er deshalb der Schildkröte für den
1.1 Folgen und Reihen
7
Wettlauf eine Vorsprung von 10 m ein. Der Wettlauf begann. Achilles legte 10 m zurück und erreichte den Punkt, an dem die Schildkröte auf 1 der Strecke den Startschuss gewartet hatte. Diese hatte inzwischen 10 zurückgelegt, die Achilles gelaufen war und befand sich somit 1 m vor Achilles. Als Achilles auch diesen Meter durcheilt hatte, war die Schildkröte schon wieder 10 cm vor ihm. Die folgende Tabelle veranschaulicht den geschilderten Verlauf des Wettrennens. Tabelle 1.1.1. Wettlauf von Achilles mit der Schildkröte Wettlauf-
Durchlaufene Strecke
phase
Vorsprung der Schildkröte
Achilles
Schildkröte
0
0
0
1
10
1
2
11
1,1
3
11,1
1,11
0, 01 = 10 ·
4 .. .
11,11
1,111
0, 001 = 10 ·
1 100 1 101 1 102 1 103 1 104
10 ·
1 10n
n
10 = 10 · 1 = 10 · 0, 1 = 10 ·
In jeder Phase des Wettlaufs (auch wenn man n beliebig groß werden lässt) hat also die Schildkröte einen Vorsprung vor Achilles. Aufgrund der gegebenen Beschreibung des Wettlaufs liegt also der Schluss nahe, dass es für Achilles unmöglich war, die Schildkröte einzuholen. Das steht im Widerspruch zu der Tatsache, dass er 10 mal so schnell läuft wie die Schildkröte. Der Widerspruch klärt sich auf, wenn man die von Achilles bzw. von der Schildkröte durchlaufene Wegstrecke betrachtet. In den einzelnen Phasen des Wettlaufs durchläuft Achilles gerade immer die Strecke, die dem jeweiligen Vorsprung der Schildkröte entspricht. Addiert man die Strecken, dann bekommt man, wie man anhand der angegebenen Tabelle sieht, den Wert: 11, 1111 . . . Anstelle dieses im Grenzfall unendlichen Dezimalbruches kann man auch schreiben: 11 91 . Wenn Achilles 11 91 m durchlaufen hat (das entspricht in der obigen Beschreibung unendlich vielen Wettlaufphasen), ist der Vorsprung der Schildkröte auf Null zusammengeschrumpft, und Achilles hat die Schildkröte eingeholt.
8
1. Anwendungen der Analysis zurückgelegte Wegstrecke [m] Überholort Startort 10 Schildkröte
Schildkröte
5
Startort Achilles
lle
hi
Ac
0,5
s
1,0
Zeit [s] Überholzeitpunkt
Abb. 1.1.1. Weg–Zeit–Diagramm für Achilles und die Schildkröte
Ähnlich kann man den Widerspruch des Wettlaufes über die Betrachtung der benötigten Zeit auflösen. Wenn man der Einfachheit halber annimmt, dass Achilles für 10 m gerade 1 Sekunde benötigt, dann kann man in der gleichen Weise wie oben herausfinden, dass Achilles die Schildkröte nach 1 91 Sekunden einholt. Der Widerspruch der obigen Beschreibung des Wettlaufes ist also darauf zurückzuführen, dass zwar in jeder Wettlaufphase die Schildkröte einen Vorsprung hat, dass aber die von Achilles durchlaufene Strecke und die von ihm dafür benötigte Zeit auch immer kleiner werden und einem endlichen Wert zustreben. Hintergrund bei dem vorangegangenen Beispiel ist, dass sich der Vorsprung der Schildkröte in Form einer geometrischen Folge (mit dem 1 ) darstellen lässt. Anfangsglied 10 und dem konstanten Quotienten 10 Die zugehörige geometrische Reihe ist konvergent (d.h. besitzt einen endlichen Wert), vgl. Beispiel 2.7.4 in Kapitel 2. Den gleichen Hintergrund besitzt das folgende Beispiel: Beispiel 1.1.6 Sie können mit einem Auto eine gewisse Geschwindigkeit nicht überschreiten. Warum? Angenommen, dass Sie in 10 s bis auf 80 km/h beschleunigen können. In jedem nachfolgenden Zeitintervall von 10 s sei aber der Geschwindigkeitszuwachs nur noch halb so groß wie im vorhergehenden Zeitintervall (Luftwiderstand oder andere Ursachen). Für die Geschwindigkeitszuwächse in den einzelnen Zeitintervallen von 10 s erhalten Sie dann 80; 40; 20; 10; 5; 2, 5; 1, 25; . . .
1.2 Funktionen
9
Die nach 10, 20, 30, 40 usw. Sekunden erreichte Geschwindigkeit erhält man, indem man nacheinander die Geschwindigkeitszuwächse aufaddiert: 80; 120; 140; 150; 157, 5; 158, 75; . . . obwohl also alle 10 s ein von Null verschiedener Geschwindigkeitszuwachs festgestellt werden kann, ist die Gesamtsumme der Geschwindigkeitszuwächse (d.h. die Höchstgeschwindigkeit) ein endlicher Wert (in diesem Fall 160 km/h; vgl. Beispiel 2.7.4 in Kapitel 2). In beiden Beispielen (1.1.5 und 1.1.6) geht jeweils die Folge der Zuwächse (Vorsprung der Schildkröte bzw. Geschwindigkeitszuwachs) für wachsende Zeit gegen Null. Solche Folgen nennt man Nullfolgen; sie spielen auch bei der Definition der Stetigkeit und der Differenzierbarkeit von Funktionen eine Rolle.
Nullfolgen
1.2 Funktionen Grundlage des Funktionsbegriffes ist die Zuordnung von Größen untereinander. Eine Funktion (oder synonym: eine Abbildung) ist eine eindeutige Zuordnung. Beispiel 1.2.1 (1) Der auf Weizenfeldern verteilten Düngemittelmenge wird der Weizenertrag des betreffenden Feldes zugeordnet3 . (2) Jedem chemischen Element wird eine natürliche Zahl, seine Ordnungszahl, zugeordnet. (3) Der zu zahlende Einkommensteuerbetrag eines Bürgers ist eine Funktion seines Jahreseinkommens. Offensichtlich ist nicht jede Funktion als geschlossene (mathematische) Formel darstellbar (z.B. Einkommenssteuer). In Kapitel 3 stellen wir verschiedene Darstellungsformen von Funktionen (Tabelle, Diagramm, Funktionsgleichung) sowie ihre mögliche Herleitung vor. Dazu gehören die grundlegenden Begriffe wie Definitionsbereich, Wertebereich, Urbild, Bild, die zum Verständnis des Funktionsbegriffes wichtig sind. 3
Hierbei geht man davon aus, dass der Ertrag von der Menge des eingesetzten Düngemittels abhängt.
Funktion eindeutige Zuordnung
10
1. Anwendungen der Analysis
Funktionen, die eine Zuordnungsvorschrift in Gleichungsform (Funktionsgleichung) besitzen und ggf. gewisse Eigenschaften haben (z. B. monoton, stetig, differenzierbar), sind eigentlicher Gegenstand dieses Buches. Sie finden Anwendungen in der Praxis: Beispiel 1.2.2 Ein Artikel (ein Gut) wird mit fixen Kosten von 200 e und variablen Kosten von 50 e/Stück produziert. Der Verkaufspreis beträgt 90 e; der Erlös ergibt sich daraus durch Multiplikation des Preises mit der produzierten Menge. Die Kapazitätsgrenze (pro Woche) beträgt 10 Stück. Wir ordnen der Anzahl x von produzierten Artikeln die Kosten bzw. den Erlös zu: die (Gesamt-) Kostenfunktion bezeichnen wir mit dem Symbol K und die Erlösfunktion mit E. Dann lauten die Funktionsgleichungen: y = K (x) = 200 + 50x Kostenfunktion y = E (x) = 90x Erlösfunktion
(1.2.1) (1.2.2)
und es ist DK = DE = {0, 1, 2, . . . , 10} der jeweilige Definitionsbereich. Die Funktionsgleichung (1.2.1) bzw. (1.2.2) ermöglicht es, zu jeder Anzahl von produzierten Artikeln (0 bis 10) unmittelbar die zugehörigen Kosten (bzw. den Erlös) anzugeben. Dazu wird der Wert der unabhängigen Variablen x (z. B. x = 5) in die Funktionsgleichung eingesetzt und der zugehörige Wert der abhängigen Variablen y (y = K (x) bzw. y = E (x)) „ausgerechnet“, z. B. y = K (5) = 200 + 50 · 5 = 450. Auf diese Weise kann eine Wertetabelle (Tab. 1.2.1) erstellt werden, in der die jeweiligen Kosten bzw. der Erlös aufgeführt sind. Tabelle 1.2.1. Vollständige Wertetabelle zu Beispiel 1.2.2
x
0
K (x) E (x)
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
200 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 0
90
180 270 360 450 540 630 720 810 900
Aus den Spalten der Wertetabelle sind die geordneten Paare (x, K (x)) bzw. (x, E (x)) für x ∈ DK = DE direkt abzulesen. Jedes dieser geordneten Paare lässt sich als Punkt (x, K (x)) bzw. (x, E (x)) des R2 auffassen und im kartesischen Koordinatensystem veranschaulichen. Das entstehende Koordinatendiagramm, die sog. graphische Darstellung, ist für die Kosten- bzw. Erlösfunktion in Abb. 1.2.1 dargestellt4 . 4
Die Graphen der Funktionen dürften eigentlich nur aus einzelnen Punkten bestehen, da in unserem Beispiel x nur ganzzahlige Werte annehmen
1.2 Funktionen
11
Kosten bzw. Erlös 900
E (x)
800 700 K (x)
600 500 400 300 200 100
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10 Produkte
Abb. 1.2.1. Graphische Darstellung der Kosten- und Erlösfunktion von Beispiel 1.2.2
Aus der Wertetabelle geht hervor, dass die Kosten- und die Erlösfunktion an der Stelle x = 5 denselben Funktionswert besitzen: K (5) = E (5) = 450 . Aus mathematischer Sicht heißt ein solcher Punkt (in Hinblick auf die graphische Darstellung) auch Schnittpunkt. In ökonomischer Interpretation handelt es sich um die Gewinnschwelle (Break–Even–Point). Die Differenz zwischen der Erlösfunktion und der Kostenfunktion bezeichnet man als Gewinnfunktion: G (x) = E (x) − K (x) = 90x − 200 − 50x
Gewinnschwelle Break–Even– Point Gewinnfunktion
= −200 + 40x, x ∈ {0, 1, 2, . . . , 10} . Dividiert man die bei der Produktion von x Artikeln anfallenden Kosten K (x) durch x, so ergeben sich die sog. Stückkosten oder Durchschnittskosten: K (x) . y= x
kann. Der besseren Anschaulichkeit halber sind die Graphen jedoch als durchgezogene Geraden gezeichnet.
Stückkosten Durchschnittskosten
12
1. Anwendungen der Analysis
Hier lautet die Durchschnittskostenfunktion: K (x) x 200 + 50x , x ∈ {1, 2, . . . , 10} . = x
D (x) =
Identität
Die Gewinnfunktion im obigen Beispiel ergibt sich durch Subtraktion, die Durchschnittskostenfunktion durch Division durch die sog. Identität (das ist die Funktion, die jedem x wieder y = x zuordnet). Sie entstehen also durch sog. Verknüpfungen von Funktionen. Die Möglichkeit, neue Funktionen auf solche Weise „herzustellen“, kommt – wie man sieht – in der Praxis vor. Sie ist zudem äußerst nützlich im Hinblick auf mathematische Untersuchungen (z. B. bei Stetigkeits- und Differenzierbarkeitseigenschaften). Wir greifen dies später an den geeigneten Stellen wieder auf. Im weiteren Verlauf von Kapitel 3 „Funktionen“ behandeln wir einige spezielle Funktionen bzw. Funktionenklassen. Unter einer Funktionenklasse versteht man die Zusammenfassung von Funktionen, deren Funktionsgleichung sich einer bestimmten Form unterordnet. Für Funktionen einer Klasse können i.a. charakteristische Eigenschaften angegeben werden.
Polynome ganzrationale Funktionen
Eine wichtige Funktionenklasse bilden die sog. Polynome (oder ganzrationale Funktionen); das sind Funktionen, deren Funktionsgleichung die Form P (x) = an xn + an−1 xn−1 + . . . + a1 x + a0
Grad des Polynoms
hat, wobei n ∈ N den sog. Grad des Polynoms angibt (wobei an = 0 vorausgesetzt wird). Die Zahlen an , an−1 , . . . , a1 , a0 ∈ R nennt man Koeffizienten des Polynoms.
Koeffizienten des Polynoms
Parabeln
Ist n = 1, d.h kommt x nur in der 1. Potenz vor, so sagt man statt Polynom 1. Grades meist lineare Funktion. Der Graph einer linearen Funktion im kartesischen Koordinatensystem ist eine Gerade. Die Kostenfunktion und die Erlösfunktion im Beispiel 1.2.2 sind lineare Funktionen, vgl. auch Abb. 1.2.1. Bei Polynomen 2. Grades spricht man von Parabeln und sagt auch, es bestehe ein „quadratischer Zusammenhang“. Dies kommt z.B. in der Produktionsplanung vor. Beispiel 1.2.3 Ein Geräte-Hersteller will zu Beginn eines Jahres die Produktion eines neuen Modells aufnehmen und bis zum Ende des ersten halben Jahres 875, bis zum Ende des ersten Jahres 2000 Stück herstellen. Erfahrungen
1.2 Funktionen
13
haben ergeben, dass in dieser Anfangsphase ein quadratischer Zusammenhang zwischen den Produktionszeiträumen und den Produktionszahlen angenommen werden kann. Wird der Anfang des Jahres durch x = 0, das Ende des ersten halben Jahres durch x = 12 und das Ende des ersten Jahres durch x = 1 gekennzeichnet, so lässt sich das Produktionsziel y durch die folgende Tabelle (Tab. 1.2.2) darstellen. Tabelle 1.2.2. Produktionsziele im ersten Jahr 1 2
x 0 y
0
1
875 2000
Berücksichtigt man den quadratischen Zusammenhang, so genügt diese Produktionsentwicklung der Darstellung y = 500x2 + 1500x . 1 2 3 Setzt man nacheinander für x die Werte 0, 12 , 12 , 12 , . . . , 12 12 ein, so erhält man für die einzelnen Monate die Planzahlen der kumulierten Produktion bzw. durch Differenzbildung die Planzahlen für die Produktion in den einzelnen Monaten (vgl. Tab. 1.2.3 für die ersten 5 Monate).
Tabelle 1.2.3. Produktionszahlen
Monat
0
1
2
3
4
5
kumulierte Produktion
0 128 264 406 556 712
monatliche Produktion 0 128 136 142 150 163 Eine typische Absatzfunktion ist z.B. ein Polynom 3. Grades: Beispiel 1.2.4 Ein Unternehmen, das sich auf die Herstellung von Fertiggerichten spezialisiert hat, weiß aus Erfahrung, dass der Absatz bei Einführung eines neuen Produktes zunächst langsam, dann schneller und dann wieder langsamer zunimmt und schließlich sinkt, weil der Geschmack der Käufer wechselt. Durch jahrelange Beobachtung wurde für die ersten Jahre die folgende Funktion für die Abhängigkeit des Absatzes y von der Zeit x (in Jahren) gefunden (Abb. 1.2.2): y = 12x2 − 4x3 .
Absatzfunktion
14
1. Anwendungen der Analysis y [1000 Stück]
16
12
8
4
1
2
3
x [Jahre]
Abb. 1.2.2. Graph der Absatzfunktion
(gebrochen-) rationale Funktionen
Zählerpolynom Nennerpolynom
Die Verknüpfung von Funktionen mit Hilfe der Division haben Sie schon bei der Durchschnittskostenfunktion (Beispiel 1.2.2) kennen gelernt. Dividiert man ein Polynom durch ein weiteres Polynom, so entsteht die Klasse der (gebrochen-) rationalen Funktionen R (x) =
an xn + . . . + a1 x + a0 bm xm + . . . + b1 x + b0
(hier: Zählerpolynom n-ten Grades, Nennerpolynom m-ten Grades). Diese Funktionen sind allerdings nicht definiert an den Stellen x, an denen das Nennerpolynom Null wird. Die oben erwähnte Durchschnittskostenfunktion (Beispiel 1.2.2) ist ein Beispiel für eine rationale Funktion. Hier noch ein weiteres Beispiel: Beispiel 1.2.5 Ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen berechnet einem Privatkunden einen monatlichen Grundpreis von 10 e sowie einen Arbeitspreis von 0,11 e pro Kilowattstunde (kWh). Für die Gesamtkosten je Monat gilt y = 0, 11x + 10 . Die beschreibende Funktion ist ein Polynom 1. Grades. Die Kosten w je kWh werden allgemein definiert als Verhältnis von y zu x. w=
y (x > 0) . x
1.2 Funktionen
15
Hier ergibt sich für w: w=
0, 11x + 10 (x > 0) . x
Diese Beziehung ist eine rationale Funktion von x. Sie gibt an, in welcher Weise die Kosten pro kWh vom Stromverbrauch abhängen. Anschaulich ist klar, dass sich der Grundpreisanteil pro kWh verringert, je höher der Verbrauch ist. Schwingungen und andere periodische Vorgänge spielen z. B. in der Physik eine große Rolle. Zu ihrer Beschreibung dienen mathematische Funktionen, die gewisse periodische Eigenschaften aufweisen, z. B. die Sinus- und die Kosinusfunktionen; abgekürzt: sin und cos. Beispiel 1.2.6 Von einer angeschlagenen Stimmgabel gelangt ein „reiner Ton“ an unser Ohr. Der zeitliche Ablauf der Druckschwankungen, die diesen Ton erzeugen, kann durch eine Sinusfunktion beschrieben werden:
Sinusfunktion Kosinusfunktion
y (t) = a sin ωt, wobei t ≥ 0 den Zeitverlauf beschreibt, a ∈ R die sog. Amplitude der Schwingung angibt und ω = 2πν ein Faktor ist, der von der Zahl ν der Schwingungen pro Sekunde, der sog. Schwingungsfrequenz, abhängt5 . Werden 2 baugleiche Stimmgabeln nicht gleich weit von unserem Ohr angeschlagen, so sind die eintreffenden Schwingungen zeitlich gegeneinander versetzt. Dies drückt sich in einer sog. Phasendifferenz Δϕ aus (ϕ = ωt heißt auch die Schwingungsphase); Δϕ hängt dabei vom Abstand der beiden Stimmgabeln (zu unserem Ohr) ab. Die beiden ankommenden Schwingungen lassen sich beschreiben durch
Amplitude Schwingungsfrequenz
y1 (t) = a sin ωt bzw. y2 (t) = a sin (ωt + Δϕ) . Sie überlagern sich additiv zu einer Gesamtschwingung (Superpositionsprinzip): y (t) = y1 (t) + y2 (t) = a sin ωt + a sin (ωt + Δϕ) . In Kapitel 3 werden wir zeigen, dass man diesen Ausdruck (mit Hilfe der Additionstheoreme) umformen kann zu Δϕ Δϕ sin ωt + y (t) = 2a cos , 2 2 5
Die kleinen griechischen Buchstaben ω (Omega) und ν (Ny) sind die hier üblichen Bezeichnungen, ebenso ϕ (Phi) für die Phase.
Superpositionsprinzip
16
Interferenz
Exponentialfunktionen
1. Anwendungen der Analysis
dass man also eine Schwingung der Frequenz ω mit der von der Phasendifferenz Δϕ abhängigen Amplitude 2a cos Δϕ 2 erhält. Man nennt diese physikalische Erscheinung Interferenz. In Beispiel 1.1.4 (Zellteilung) haben wir einen Wachstumsprozess mit Hilfe einer geometrischen Folge beschreiben können. Bei Wachstumsund Zerfallsprozessen, die kontinuierlich verlaufen, erweisen sich häufig die sog. Exponentialfunktionen als geeignet; als Messpunktfolgen kommen dabei wieder geometrische Folgen vor: Beispiel 1.2.7 Wir beobachten das Wachsen einer Algenfläche im Abwasser einer Fabrik, die zu Beginn der Beobachtung eine Fläche von 1 Flächeneinheit bedeckt (z.B. m2 ). Nach jeder Zeiteinheit x hat sich der Flächeninhalt h (x) der von Algen bedeckten Fläche verdoppelt. Die Wachstumsentwicklung ist in Tab. 1.2.4 auszugsweise notiert: Tabelle 1.2.4. Wachstumsentwicklung von Algen
x
Zeit
Fläche h (x)
0 1
2 3
4
5
1 2
4 8
16 32
Der Flächeninhalt lässt sich für x ∈ {0, 1, 2, 3, 4, 5} durch die Funktion h mit h (x) = 2x darstellen, was aufgrund der diskreten Werte für x einer (endlichen) geometrischen Reihe entspricht. Trägt man die Messwerte der Tab. 1.2.4 in ein Koordinatensystem ein, so erhält man einzelne Punkte (vgl. Abb. 1.2.3a). h (x)
h (x)
40
40
30
30
20
20
10
10
-1 -10 (a)
1
2
3
4
5
x
-1 -10
1
2
3
4
5
x
(b)
Abb. 1.2.3. Graphische Darstellung eines Wachstumsvorgangs
Wenn wir nun voraussetzen, dass ein solcher organischer Wachstumsvorgang monoton und ohne Sprünge verläuft, können wir die Messpunkte durch eine glatte Kurve miteinander verbinden (vgl. Abb. 1.2.3b).
1.2 Funktionen
17
Das bedeutet, dass wir den Definitionsbereich der Funktion h mit h (x) = 2x von {0, 1, 2, 3, 4, 5} auf das Intervall [0, 5] erweitern. Es erscheint sogar sinnvoll, die Funktion h auf einem Intervall [a, b] mit a < 0 und b > 0 zu definieren, da die Algen schon vor Beginn der Beobachtung einen Wachstumsprozess durchgemacht haben und auch weiter wachsen können. Bei der Funktion h (x) = 2x kommt die unabhängige Variable x nur im Exponenten vor, daher hebt man die Basis (hier 2) besonders hervor: Die Funktion h heißt Exponentialfunktion zur Basis 2. Auch der folgende Zerfallsprozess lässt sich durch eine Exponentialfunktion (zur Basis 12 ) beschreiben: Beispiel 1.2.8 In Tab. 1.2.5 ist der Zerfallsprozess eines radioaktiven Präparates auszugsweise wiedergegeben. Tabelle 1.2.5. Radioaktiver Zerfallsprozess
x
0
1
2
3
4
5
g (x)
1
1 2
1 4
1 8
1 16
1 32
Zeit Menge
Die Funktion g mit x 1 1 g (x) = = x = 2−x 2 2 beschreibt diesen Prozess, vgl. auch Abb. 1.2.4. g (x)
g (x)
2
2
1
1
1
(a)
2
3
4
5
x
-1 -10
_ 1 g (x) = x 2
1
2
3
4
5
x
(b)
Abb. 1.2.4. Graphische Darstellung eines Zerfallsprozesses
18
1. Anwendungen der Analysis
1.3 Grenzwerte von Funktionen und Stetigkeit Wir haben bereits das Grenzwert-Verhalten von Folgen (für immer größer werdende n, n → ∞) betrachtet und dabei z. B. die Höchstgeschwindigkeit eines Autos (Beispiel 1.1.6) berechnet bzw. ermittelt, zu welchem Zeitpunkt Achilles die Schildkröte eingeholt hat (Beispiel 1.1.5). Bei Funktionen untersucht man entsprechend das Verhalten für immer größer werdende x (x → ∞). Beispiel 1.3.1 In Beispiel 1.2.5 beschreibt w=
0, 11x + 10 , x > 0, x
in welcher Weise die Kosten pro kWh vom Stromverbrauch x abhängen. Das Verhalten dieser Funktion für x → ∞ kann man testen, indem man n ∈ N für x einsetzt: 10 0, 11n + 10 = 0, 11 + , n n 10 lim 0, 11 + = 0, 11 ; n→∞ n
w=
d.h. im (theoretischen) Grenzfall einer unendlich großen Stromabnahme wirkt sich der Grundpreis nicht mehr auf den Preis pro kWh aus. Neben dem Verhalten einer Funktion für x → ∞ wird oft das Verhalten der Funktion in der Nähe eines Argumentes x0 (z. B. x0 = 0) betrachtet. Beispiel 1.3.2 Es ergibt sich für die Kosten pro kWh (Beispiel 1.2.5) für immer geringer werdenden Stromverbrauch (x → 0) mit der Testfolge n1 für x: w=
Pol
0, 11 n1 + 10 1 n
= 0, 11 + 10n,
d.h. bei einem Stromverbrauch x → 0 werden die kWh-Kosten immer größer (→ ∞); die hier zugrunde liegende rationale Funktion hat bei x → 0 einen Pol. Allerdings sind diese Test-Vorgehensweisen (n bzw. n1 für x) kein Beweis; präzise Grenzwertberechnungen bei Funktionen behandeln wir in Kapitel 4; zu den beiden vorangegangenen Beispielen vgl. Aufgabe 4.1(c) und 4.8(a).
1.3 Grenzwerte von Funktionen und Stetigkeit
19
Bei der Beschreibung von Zusammenhängen in der Praxis setzt man zur Vereinfachung im Allgemeinen voraus, die Funktionen seien stetig. Unter Stetigkeit versteht man dabei die Eigenschaft, dass sich die Funktionswerte nur wenig unterscheiden, wenn die Argumente nahe beieinander liegen. Es sollen z. B. keine Sprünge vorkommen. „Ecken“ und „Knicke“ können stetige Funktionen allerdings aufweisen. Beispiel 1.3.3 Bei einer Schadensversicherung werden 10% Selbstbeteiligung, höchstens jedoch 1000 e vereinbart. Die folgende Funktionsgleichung (in abschnittsweise definierter Form) beschreibt die Abhängigkeit der Selbstbeteiligung y von der Schadenssumme x: 0, 1 · x für 0 ≤ x ≤ 10000 y = f (x) = 1000 für x > 10000 . Die graphische Darstellung zeigt, dass bei x = 10000 ein „Knick“ vorliegt; die Funktion ist stetig, aber an dieser Stelle nicht differenzierbar (vgl. Abb. 1.3.1). y [Selbstbeteiligung]
1.000
10.000
x [Schadensumme]
Abb. 1.3.1. Beispiel für eine stetige, aber nicht differenzierbare Funktion
Sieht man im Beispiel 1.2.2 von der Ganzzahligkeit ab, so liegen dort stetige Funktionen vor: Die Produktionskosten ändern sich stetig in Abhängigkeit von der produzierten Menge, der Erlös ändert sich stetig mit der verkauften Menge, usw. Es gibt aber auch praktische Beispiele, bei denen sich die Funktionen an bestimmten Stellen sprunghaft ändern: Beispiel 1.3.4 Bei einem elementaren Lagerhaltungsmodell wird angenommen, dass ein Lager zum Zeitpunkt t = 0 einen Maximalbestand S aufweist und der Lagerbestand f (t) gemäß einer festen Bedarfsrate a > 0 mit der Zeit t abnimmt, bis ein Minimalbestand s erreicht wird:
Stetigkeit
20
1. Anwendungen der Analysis
f (0) = S, f (t) = S − at für t ≤ t1 , wobei t1 den Zeitpunkt angibt, an dem der Minimalbestand s erreicht ist6 : S−s f (t1 ) = S − at1 = s ⇒ t1 = . a Ist der Zeitpunkt t1 erreicht, wird das Lager sofort wieder aufgefüllt. Das Auffüllen wird dabei als ein Vorgang betrachtet, der keine zeitliche Ausdehnung hat. Für t > t1 nimmt der Lagerbestand wieder gemäß der Bedarfsrate a > 0 ab: f (t) = S − a (t − t1 ) für t > t1 , bis der Minimalbestand s bei t2 = t1 + S−s a wieder erreicht ist. Dieser sich periodisch wiederholende Prozess lässt sich formelmäßig darstellen in der Form: f (t) = S − a (t − nT ) für nT < t ≤ (n + 1) T, n ∈ N0 . Dabei gibt T = S−s a die Länge des Zeitraumes an, in dem der Lagerbestand gleichmäßig abnimmt7 . f (t)
S
s
0
t1
t2
t3
t
Abb. 1.3.2. Beispiel für ein elementares Lagerhaltungsmodell
6 7
Für die Dimensionen gilt: S [ME], t [ZE], a [ME/ZE] ⇒ f (t) [ME]. Zudem muss sinnvollerweise S > s ≥ 0 sein. f ist eine periodische Funktion mit der Periode T (vgl. Definition 3.3.7), denn es gilt: f (t + T ) = f (t).
1.3 Grenzwerte von Funktionen und Stetigkeit
21
In Abb. 1.3.2 ist der Graph der den Lagerbestand beschreibenden Funktion f dargestellt; an den Stellen tn = nT , n = 1, 2, 3, . . . , ändert sich der Lagerbestand sprunghaft von s auf S. Die Funktion f (t) im vorangegangenen Beispiel zeigt, dass es sehr wohl darauf ankommen kann, eine Funktion in der Nähe (Umgebung) eines Argumentes zu untersuchen: für t → t1 , t < t1 („von links“) geht f (t) gegen s , für t → t1 , t > t1 („von rechts“) geht f (t) gegen S ; hier stimmen der sog. linksseitige Grenzwert von f für t → t1
linksseitiger Grenzwert
lim f (t) = s
t→t1 tt1
nicht überein; die Funktion ist bei t1 (und auch an den übrigen Stellen tn ) nicht stetig. Zum Abschluss dieses Abschnittes möchten wir Ihnen noch eine Anwendung von Grenzwertberechnungen aus der Finanzmathematik vorstellen. In den Beispielen 1.1.2 und 1.1.3 sind wir davon ausgegangen, dass die Zinsen jeweils für 1 Jahr gezahlt werden. Am Ende des Jahres (üblicherweise legt man das Kalenderjahr zugrunde) werden die Zinsen dem Kapital zugerechnet und mitverzinst. In manchen Fällen werden die Zinsen in kürzeren Zeiträumen gutgeschrieben und mitverzinst. Man spricht dann von unterjähriger Verzinsung. Für die Festlegung des Zinsfußes ergeben sich hierbei zwei Möglichkeiten. Man kann von einem Jahreszinsfuß ausgehen und für die kürzeren Zeiträume mit einem entsprechenden Bruchteil dieses Jahreszinsfußes rechnen, oder es wird ein Zinsfuß für den kürzeren Zeitraum (Monat, Quartal usw.) festgelegt. 1 Werden die Zinsen nach m Jahren gezahlt und mitverzinst, so gilt bei einem Jahreszinsfuß p p nm Kn = K0 1 + . m · 100 Beispiel 1.3.5 Ein Kapital in Höhe von 1000 e wird zu 6% Jahreszinsen vierteljährig verzinst. Nach n = 3 Jahren ist das Kapital angewachsen auf
unterjährige Verzinsung
22
1. Anwendungen der Analysis
K3 = 1000 1 +
6 4 · 100
3·4 = 1000 · 1, 01512 = 1195, 62 .
Werden die Zinsen jährlich ausgezahlt, so ergibt sich 3 6 K3 = 1000 1 + = 1000 · 1, 063 = 1191, 02, 100 also ein etwas geringerer Betrag.
stetige Verzinsung
Lässt man nun in diesem Beispiel den Zeitraum, nach dem die für diesen Zeitraum fälligen Zinsen gezahlt und dann mitverzinst werden, immer kleiner werden, so erhält man eine immer größer werdende Zahl m von Unterzeiträumen des Jahres. Diese Zahl m der (gleich langen) Unterzeiträume lassen wir nun gegen unendlich gehen. Wir schlagen also dem Kapital in jedem Moment die aufgelaufenen Zinsen zu und verzinsen sie mit. Man spricht dann von einer stetigen Verzinsung. Die Formel für die stetige Verzinsung ergibt sich aus der Formel der unterjährigen Verzinsung, wenn m gegen unendlich geht: p nm . (1.3.1) Kn = lim K0 1 + m→∞ m · 100 Man schreibt diese Formel um: Setzen wir p 1 = , k m · 100 so folgt kp , m= 100 und m → ∞ ist gleichwertig mit k → ∞. Die Formel (1.3.1) bekommt dann die Form k p n 1 100 Kn = lim K0 1 + , k→∞ k wobei man die Konstante K0 vor das Limes-Zeichen setzen kann: k p n 1 100 Kn = K0 lim 1 + . (1.3.2) k→∞ k Nun ist aber (vgl. Anhang A, Abschnitt A.5.1) k 1 lim 1 + = e (Eulersche Konstante) . k→∞ k Damit erhält (1.3.2) die Form p
Kn = K0 e 100 n , dies ist die Formel für die stetige Verzinsung.
(1.3.3)
1.4 Differentialrechnung
23
Beispiel 1.3.6 Ein Kapital in Höhe von 10000 e wächst bei jährlicher Verzinsung mit einem Zinsfuß p = 12% in 10 Jahren auf 10 12 K10 = 10000 1 + = 31058, 48 100 und bei stetiger Verzinsung auf 12
K10 = 10000e 100 ·10 = 10000e 1,2 = 33201, 17 .
Die stetige Verzinsung spielt bei allen Wachstumsprozessen eine Rolle, bei denen die „Verzinsung“ (der Zuwachs) stetig entsteht. Man kann auch die Verzinsung eines in einer Unternehmung verbleibenden Gewinns unter diesem Gesichtspunkt betrachten: Der Gewinn entsteht „stetig“ (laufend); verbleibt er im Unternehmen, so kann z. B. mit stetiger Verzinsung kalkuliert werden.
1.4 Differentialrechnung Das Grundproblem der Differentialrechnung besteht darin, ein Maß für die lokale Änderung einer Funktion (in der Umgebung eines vorgegebenen Punktes) zu definieren und berechnen zu können. Beispiel 1.4.1 Wir greifen Beispiel 1.2.2 wieder auf. Dort wurde ein Unternehmen betrachtet, das (nur) ein Gut produziert. Die (Gesamt-)Kostenfunktion lautet K(x) = 200 + 50x ,
(1.4.1)
wobei x die jeweils produzierte Menge des Gutes bezeichnet (x ∈ {0, 1, 2, . . . , 10}). Bei x0 = 10 entstehen also Gesamtkosten in Höhe von K(x0 ) = K(10) = 700. Infolge einer gestiegenen Nachfrage beabsichtigt der Unternehmer, die Produktion für dieses Gut zu erhöhen, wodurch natürlich auch höhere Gesamtkosten entstehen. Nun ist der Unternehmer primär nicht an der absoluten Höhe der Gesamtkosten interessiert, die durch die z. B. auf x1 erhöhte Produktionsmenge verursacht werden, als vielmehr an der Veränderung K der Gesamtkosten mit K = K(x1 ) − K(x0 ). Um beispielsweise Anhaltspunkte für seine Preiskalkulation zu gewinnen, möchte der Unternehmer wissen, wie hoch bei einer Steigerung der Produktion von x0 auf x1 Einheiten die (durchschnittlichen) Kosten pro zusätzlich gefertigter Einheit
24
1. Anwendungen der Analysis
sind. Diese lassen sich bestimmen, indem man den Quotienten aus der Veränderung K der Gesamtkosten und der Veränderung x der Ausbringungsmenge (x = x1 − x0 ) berechnet. Für den Spezialfall der hier vorliegenden linearen Gesamtkostenkurve ist bekannt, dass der QuoK tient die Steigung der Gesamtkostenkurve angibt und dass die x Steigung m dieser Geraden gemäß m=
K(x1 ) − K(x0 ) K = x x1 − x0
(1.4.2)
über dem gesamten Definitionsbereich konstant ist.8 Insbesondere spielt es keine Rolle, welche zwei Geradenpunkte P0 = (x0 , K(x0 )) und P1 = (x1 , K(x1 )) man zur Berechnung der Geradensteigung heranzieht. Für eine lineare Gesamtkostenkurve können wir deshalb festhalten: Die Kosten pro zusätzlich gefertigter Einheit betragen (konstant) m Geldeinheiten (GE), und zwar unabhängig davon, von welchem gegenwärtigen Produktionsniveau (hier gewählt: x0 ) und in welchem Ausmaß x die Produktionserhöhung vorgenommen wird:9 Sei x0 = 10 und x1 = 20, so gilt also m=
1200 − 700 K(20) − K(10) = = 50 10 10
(was auch unmittelbar aus der Geradengleichung (1.4.1) in der Form y = mx + n abzulesen gewesen wäre), d.h. pro zusätzlich gefertigter Einheit erhöhen sich die Gesamtkosten um 50. Ändern wir nun dieses Beispiel ab, indem wir eine nichtlineare Kostenfunktion zugrunde legen, so lassen sich die Kosten pro zusätzlich gefertigter Einheit nicht mehr so leicht berechnen (und sie sind auch nicht mehr konstant): Beispiel 1.4.2 Es sei K(x) = 200 + 5x2 ; im Übrigen gelte die Fragestellung von Beispiel 1.4.1. Zunächst verbinden wir, wie in Abb. 1.4.1 geschehen, die drei Punkte der Gesamtkostenkurve P0 = (x0 , K(x0 )), P1 = (x1 , K(x1 )) und P2 = (x2 , K(x2 )) jeweils paarweise durch Sekanten. 8
9
Wir betrachten hier ebenso wie in Abb. 1.2.1 (und auch im nachfolgenden Beispiel 1.4.2) die zugrunde liegenden Funktionen als stetige Funktionen, obwohl wir bzgl. der Produktion nur ganzzahlige Stückzahlen zulassen. Wir vernachlässigen in diesem Beispiel, dass durch Kapazitätserhöhung zusätzliche Fixkosten (z. B. Anschaffung einer weiteren Maschine) entstehen können.
1.4 Differentialrechnung
25
K (x) 12700
P2
K (x) = 200 + 5x 2
4700
700 200
P1
P0 10 x0
20
30 x1
40
50 x2
x
Abb. 1.4.1. Graph der nichtlinearen Gesamtkostenfunktion K(x) = 200 + 5x2 mit verschiedenen Sekanten.
Die Steigung der jeweiligen Sekante berechnen wir gemäß (1.4.2): K(x1 ) − K(x0 ) 4700 − 700 = 200 , = x1 − x0 20 K(x2 ) − K(x0 ) 12700 − 700 = 300 , = = x2 − x0 40 K(x2 ) − K(x1 ) 12700 − 4700 = 400 . = = x2 − x1 20
mP0 P1 = mP0 P2 mP1 P2
Da die jeweiligen Sekantensteigungen die durchschnittlichen Kosten pro zusätzlich gefertigter Einheit bei entsprechend gewähltem Produktionsniveau und der gewählten Produktionserhöhung angeben, können wir aus Abb. 1.4.1 folgende Beobachtung festhalten: (1) Eine Steigerung der Produktionsmenge von x0 auf x2 verursacht höhere (durchschnittliche) Kosten pro zusätzlich gefertigter Einheit als eine Produktionssteigerung von x0 auf x1 (mP0 P2 > mP0 P1 ). Der (durchschnittliche) Anstieg der Gesamtkosten hängt also vom Ausmaß x der Produktionssteigerung ab. (2) Eine Steigerung der Produktionsmenge x1 auf x2 verursacht höhere (durchschnittliche) Kosten pro zusätzlich gefertigter Einheit als eine um die gleiche Menge x vorgenommene Produktionserhöhung von x0 auf x1 (mP1 P2 > mP0 P1 ). Der (durchschnittliche) Anstieg
26
1. Anwendungen der Analysis
der Gesamtkosten hängt somit auch vom jeweiligen Ausgangspunkt der Produktionserhöhung, d.h. von x1 bzw. x0 , ab. Mit dieser etwas unübersichtlichen Kalkulationsbasis ist der Unternehmer (verständlicherweise) nicht zufrieden, aber er beschließt, dass ihm in diesem Falle eine Tabelle als Entscheidungsgrundlage reicht, welche abhängig vom Produktionsniveau, die jeweilige durchschnittliche Kostensteigerung pro Einheit – in Schritten von 5 Produktionseinheiten – angibt: Tabelle 1.4.1. Durchschnittliche Kostensteigerung pro Einheit
Produktionsniveau 10 15 20 25 30 35 40 45 K 125 175 225 275 325 375 425 475 x Zugegebenermaßen ist eine Produktionsausweitung bei der im vorhergehenden Beispiel zugrunde liegenden Kostenstruktur nicht besonders viel versprechend. Dieses Beispiel sollte Ihnen auch eher verdeutlichen, wie „heikel“ es ist, bei nichtlinearen Funktionen den Anstieg mit Hilfe von Durchschnittswerten erfassen zu wollen.
Differenzenquotient
Steigung Ableitung differenzierbar
Das Problem besteht also darin, einen Steigungsbegriff zu definieren, mit dessen Hilfe es möglich ist, für jeden Punkt einer Kurve – für lineare wie für nichtlineare – die Steigung der Kurve in diesem Punkt eindeutig zu bestimmen. Für die drei Sekanten in Abb. 1.4.1 wurden die durchschnittlichen Steigungen für je einen Kurvenabschnitt mit Hilfe der Quotientendifferenz (aus der Ordinatendifferenz K und der AbK zissendifferenz x)10 berechnet. Den Term bezeichnet man desx halb als Differenzenquotienten. In Kapitel 5 werden wir zeigen, dass der Grenzwert K lim x→0 x (sofern er existiert) ein sinnvolles Maß für die Steigung einer Kurve in einem Punkt x0 ist. Dieser Grenzwert ist gleich der sog. Ableitung der Funktion im Punkt x0 , notiert mit dem Symbol K (x0 ). Eine Funktion, die an einer Stelle x0 eine Ableitung besitzt, heißt dort differenzierbar. Ist die Steigung K (x0 ) einer Kurve K in einem Punkt x0 bekannt, 10
K bzw. x ist die Abkürzung für die Differenz ( (Delta) griechischer Buchstabe): K = K(x1 ) − K(x0 ) bzw. K = K(x2 ) − K(x1 ) bzw. K = K(x2 ) − K(x0 ) in Beispiel 1.4.2; analog: x = x1 − x0 bzw. x = x2 − x1 bzw. x = x2 − x0 .
1.4 Differentialrechnung
27
so kann man eine Gerade durch diesen Punkt der Kurve legen, die ebenfalls diese Steigung hat. Mit Hilfe der Punkt-Steigungsform der Geradengleichung besitzt diese Gerade die Gleichung t(x) = K(x0 ) + K (x0 )(x − x0 ) .
(1.4.3)
daher nennt man sie auch Tangente an die Kurve in diesem Punkt.11 Beispiel 1.4.2 (1. Fortsetzung) Es sei x = x1 − x0 , also x1 = x0 + x, und K = K(x1 ) − K(x0 ). Wir berechnen den Grenzwert des Differenzenquotienten: lim
x→0
K K(x0 + x) − K(x0 ) = lim x→0 x x 200 + 5(x0 + x)2 − (200 + 5x20 ) = lim x→0 x 2 5(x0 + 2x0 x + x2 − x20 ) = lim x→0 x = lim 5(2x0 + x) = 10x0 . x→0
Die Steigung der Kostenkurve im Punkt P0 beträgt also K (x0 ) = 10x0 (= 100 für x0 = 10). Offensichtlich ändert sich an der vorangegangenen Grenzwertberechnung nichts, wenn wir statt x = x1 − x0 die Differenz x = x2 − x1 nehmen, allerdings ändert sich der Wert: lim
x→0
K = 10x1 für x = x2 − x1 , x
also beträgt die Steigung der Kurve im Punkt P1 : K (x1 ) = 10x1 (= 300 für x1 = 30). Es lässt sich hier also eine Formel angeben, aus der unmittelbar ablesbar ist, wie groß die Steigung im Punkt (x, K(x)) ist: K (x) = 10x . Inwiefern dies nun nützlich ist zur Beantwortung der eigentlichen Fragestellung dieses Beispiels, behandeln wir weiter unten, vgl. Beispiel 1.4.2 (2. Fortsetzung).
11
Sie erinnern sich vielleicht: die Steigung einer Kurve in einem Punkt ist gleich der Steigung der Tangente in diesem Punkt; wir behandeln dies ausführlich in Kapitel 5, Abschnitt 5.1.
Tangente
28
1. Anwendungen der Analysis
Bei der Berechnung der Steigung der Kostenkurve in den Punkten P0 und P1 (in der 1. Fortsetzung von Beispiel 1.4.2) wurde deutlich, dass diesen Berechnungen eine gewisse Systematik zugrunde liegt: Für einen beliebigen Punkt P mit den Koordinaten (x, K(x)) beträgt die Steigung in diesem Punkt K (x) = 10x. In der Tat gibt es eine Reihe von sog. Differentiationsregeln, nach denen die Ableitung einer Funktion berechDifferentiations- net werden kann, ohne (wie oben) Grenzwerte berechnen zu müssen. regeln Wir stellen sie Ihnen in Kapitel 5 ausführlich vor.
infinitesimale oder marginale Veränderung Grenzkosten
Grenzkostenfunktion
Wie lässt sich nun dieser Steigungswert interpretieren? Da die Steigung K (x) über den Grenzwert des Differenzenquotienten berechnet wird, gibt K (x) an, um wie viel Geldeinheiten die Kosten wachsen, wenn die Produktionsmenge um eine unendlich kleine Einheit verändert wird. Man spricht auch von einer infinitesimalen oder marginalen Veränderung der Produktionsmenge und bezeichnet den Grenzwert K (x) als Grenzkosten. Da derartige unendlich kleine Veränderungen in der wirtschaftlichen Praxis wohl sehr selten anzutreffen und allenfalls bei kontinuierlich veränderbaren Produktionsmengen wie z. B. flüssige oder gasförmige Güter möglich sind, erweist sich der so eingeführte Begriff der Grenzkosten als recht theoretisch. In diesem Zusammenhang sei deshalb auf unterschiedliche Auffassungen des Begriffs Grenzkosten hingewiesen: Im mathematischen Sinne sind Grenzkosten diejenigen Kostenveränderungen, die sich bei infinitesimaler Veränderung der Produktionsmenge ergibt. Dementsprechend bezeichnet man die erste Ableitung12 der Gesamtkostenfunktion als Grenzkostenfunktion.13 Im allgemeinen Sprachgebrauch der betriebswirtschaftlichen Praxis versteht man dagegen unter Grenzkosten den Kostenzuwachs, der durch die Produktion der jeweils letzten Produktionseinheit verursacht wird. Offensichtlich stimmen die Grenzkosten im mathematischen und im betriebswirtschaftlich–praktischen Sinne dann überein, wenn die Gesamtkostenfunktion eine lineare Funktion ist. Für nichtlineare Funktionen gelangt man jedoch in der Regel zu unterschiedlichen Werten für die jeweiligen Grenzkosten. Im Folgenden soll demonstriert werden, dass auch im Fall nichtlinearer Funktionen die Ableitung für praktische Fragestellungen von Bedeutung ist. Beispiel 1.4.2 (2. Fortsetzung) Wir betrachten wieder die Steigerung der Produktion, ausgehend von einem Produktionsniveau x0 (oder x1 ), vgl. Abb. 1.4.1. Wir wollen 12 13
Hier wird K als Funktion von x betrachtet, vgl. Kapitel 5, Abschnitt 5.2.4. Vgl. auch Beispiel 1.4.4.
1.4 Differentialrechnung
29
einen „vernünftigen Wert“ für die Kosten pro zusätzlich gefertigter Einheit angeben, also für die Grenzkosten im Sprachgebrauch der betriebswirtschaftlichen Praxis. Als Ausgangsniveau wählen wir die Stelle x0 = 10 (vgl. Abb. 1.4.1). Wir erhöhen unser Ausgangsniveau x0 auf x0 + x. (Als Spezialfall werden wir nachher x = 1 betrachten.) Wie gelangt man nun am einfachsten zu einem Näherungswert für K(x0 + x)? Es liegt nahe, die ursprüngliche Kurve über dem Intervall [x0 , x0 + x] durch eine einfachere Kurve zu ersetzen. Die einfachste Kurve, die wir hierfür wählen können, ist eine Gerade. Doch welche Gerade sollen wir wählen und wie können wir sie bestimmen? Dazu stellen wir folgende Überlegungen an: - Erstens sollte diese Gerade durch den Punkt P0 = (x0 , K(x0 )) verlaufen, denn dadurch ist gewährleistet, dass sie mit der ursprünglichen Kurve (mindestens) einen gemeinsamen Punkt hat. - Zweitens wollen wir sicherstellen, dass die Gerade im Punkt P0 die gleiche Steigung besitzt wie die ursprüngliche Funktion K. Durch diese zwei Bedingungen ist aber die gesuchte Gerade eindeutig bestimmt: Es ist die Tangente im Punkt P0 an den Graphen der Funktion K. Ihre Funktionsgleichung lautet gemäß (1.4.3): y = t(x) = K(x0 ) + K (x0 )(x − x0 ) . Unter Verwendung der Ableitung K der Kostenfunktion aus Beispiel 1.4.2, also mit K (x0 ) = 10x0 und mit x0 = 10, folgt dann für die Funktionsgleichung der Tangente: y = t(x) = 700 + 100(x − 10) = 100x − 300 . Um einen Näherungswert für K(x0 + x) zu berechnen, haben wir also den Graphen der Funktion über dem Intervall [x0 , x0 + x] durch die Tangente im Punkt P0 ersetzt. Wir können dies aber auch anders interpretieren: Wir haben den Zuwachs y unserer ursprünglichen Kostenfunktion von x0 bis x0 + x ersetzt durch den Zuwachs dy der Tangentenfunktion von x0 bis x0 + x; dabei bezeichnen wir mit y die Differenz der Funktionenwerte, also y = K(x0 + x) − K(x0 ), und mit dy den Zuwachs der Tangente über [x0 , x0 + x]; vgl. Abb. 1.4.2.
30
1. Anwendungen der Analysis K (x) 12700
2
K (x) = 200 + 5x 2
4700
Dy 700 200
P0
dy
Dx
20 x0+ D x 30 x1
10 x0
40
50 x2
Abb. 1.4.2. Tangente an K(x) = 200 + 5x2 im Punkt P0
Rechnerisch können wir dy leicht ermitteln: dy = t(x0 + x) − t(x0 ) (1.4.4) = K(x0 ) + K (x0 )(x0 + x − x0 ) − [K(x0 ) + K (x0 )(x0 − x0 )] = K (x0 )x . Zwar ist dy nur ein Näherungswert für die tatsächliche Kostensteigerung y, aber mit (1.4.4) haben wir ein leicht zu handhabendes Maß (und einen „vernünftigen Wert“) für die Kosten pro zusätzlich gefertigter Einheit vorliegen: setzen wir in (1.4.4) x = 1, so ergibt sich: dy = K (x0 ) = 10x0 . Hieraus errechnen sich die in der folgenden Tabelle aufgeführten Werte, indem für x0 die Werte 10, 11, 12,. . . eingesetzt werden. Tabelle 1.4.2. Kostensteigerung pro Einheit
Prod. niveau
10
11
12
13
14
15
16
17
usw.
Kostensteigerung 100 110 120 130 140 150 160 170 usw.
1.4 Differentialrechnung
31
Für eine (in x0 differenzierbare) Funktion f heißt dy = f (x0 )x (vgl. (1.4.4)) das Differential der Funktion f an der Stelle x0 ; die Bezeichnung dy ist in der Literatur gebräuchlich.14 Aus der Gleichung dy = f (x0 )x wird deutlich, dass das Differential von zwei Größen abhängt: (1) von der Änderung x (vgl. Abb. 1.4.3a), (2) von der Stelle x0 (vgl. Abb. 1.4.3b).
f (x)
f (x) f
P4 Dx P1 d1 P0
d1 D x1
x0 (a)
d2 d3
d4
d2
P2
P3
d4 Dx
d3
D x4 x
x1 x 2 0
0
x3 0
x4
x
0
(b)
Abb. 1.4.3. Beispiele für verschiedene Differentiale
Während Abb. 1.4.3a zeigt, dass je nach Wahl von xi , i = 1, 2, 3, 4, sich die entsprechenden Differentiale dyi , i = 1, 2, 3, 4, verändern (und zwar proportional zu den jeweiligen xi , da f (x0 ) konstant bleibt), beschreibt Abb. 1.4.3b, inwiefern die Differentiale dyi , i = 1, 2, 3, 4, bei konstant gehaltenem x von der Wahl der Stelle xi0 und damit von f (xi0 ) abhängen, i = 1, 2, 3, 4. Die Differentiale dyi , i = 1, 2, 3, 4, werden in Abb. 1.4.3 durch di abgekürzt. Aus den Abbildungen 1.4.2 und 1.4.3 lässt sich erkennen, dass die stückweise Approximation der Funktion durch einen linearen Term recht gut sein kann. Wählt man beispielsweise x klein genug, so ist das Differential dy annähernd gleich y: dy ≈ y. Für den Näherungswert von f (x0 + x) ergibt sich dann dementsprechend (für x klein genug): 14
dy auch als Schreibweise für dx eine Ableitung f (x) benutzt wird, dabei liegt jedoch der Grenzwertprozess y dy lim = zugrunde, vgl. Kapitel 5, Bemerkung 5.2.2. x→0 x dx Man beachte, dass dy in der Schreibweise
Differential
32
1. Anwendungen der Analysis
f (x0 ) + dy = f (x0 ) + f (x0 )x ≈ f (x0 + x) . (1.4.5) Güte der Approximation absoluter Fehler relativer Fehler
Die Güte der Approximation kann man mit Hilfe des absoluten Fehlers |dy − y| bzw. des relativen Fehlers
dy − y
dy
ausdrücken.
Verfahren der linearen Annäherung Fehlerrechnung
Fehlerfortpflanzung
Bisher stand bei unseren Überlegungen zum Differential die Berechnung eines Näherungswertes für den Funktionswert f (x0 + x) bzw. eines Näherungswertes für die Differenz y = f (x0 + x) − f (x0 ) im Vordergrund. Da wir dazu über einem bestimmten Intervall [x0 , x0 + x] den nichtlinearen Kurvenverlauf durch eine Gerade ersetzt haben, bezeichnet man diese Vorgehensweise auch als Verfahren der linearen Annäherung. Wir wollen hier noch eine weitere Anwendungsmöglichkeit des Differentials erläutern, die sog. Fehlerrechnung. Der dahinter stehende Grundgedanke ist einfach: Eine Rechnung mit fehlerhaften bzw. approximierten Werten führt in der Regel zu fehlerhaften Resultaten bzw. wieder zu Näherungswerten. Man spricht dann auch von einer Fehlerfortpflanzung. Ein Beispiel dazu: Beispiel 1.4.3 In einem Betrieb werden aus Blechen kreisrunde Scheiben ausgestanzt. Die Stanzmaschine ist so eingestellt, dass die Scheiben einen Radius von r = 5 cm aufweisen sollen. Die Maschine arbeitet jedoch über einen gewissen Zeitraum, z. B. eine Schicht, nie ganz genau, sondern innerhalb bestimmter Toleranzgrenzen. Diese seien mit ±2 mm angenommen. Welche Auswirkungen ergeben sich daraus auf den Flächeninhalt der Kreisscheiben? Es stellt sich m.a.W. die Frage, wie sich der durch die Toleranzen der Maschine bedingte Fehler auf die Funktion F (r) = πr2 (d.h. auf die Bestimmungsgleichung für den Flächeninhalt bei gegebenem Radius r) überträgt. In unserem einfachen Beispiel lässt sich dieser Fehler sofort berechnen: Wegen F (4, 8) = 72, 38 cm2 , F (5) = 78, 54 cm2 und F (5, 2) = 84, 95 cm2 folgt aus F (5) − F (4, 8) = 6, 16 cm2 und F (5, 2) − F (5) = 6, 41 cm2 , dass die größtmögliche Abweichung y für den Flächeninhalt 6, 41 cm2 beträgt.
1.4 Differentialrechnung
33
Statt der exakten Berechnung des größtmöglichen Fehlers können wir den Fehler auch abschätzen. Dies geschieht wieder mit Hilfe der linearen Annäherung. Die nichtlineare Ausgangsfunktion lautet: F (r) = πr2 ,
r > 0.
Für das Differential der Funktion F : r → πr2 an der Stelle r0 erhalten wir: dy = F (r0 ) · Δr = 2πr0 · Δr .
(1.4.6)
Ersetzen wir die Differenz dy = F (r+Δr)−F (r) durch den Näherungswert dy, so können wir nach (1.4.5) einen Näherungswert für F (r0 +Δr) berechnen: F (r0 + Δr) ≈ F (r0 ) + F (r0 ) · Δr . Mit r0 = 5 cm und Δr = 0, 2 cm ergibt sich nunmehr: F (5, 2) ≈ F (5) + F (5) · 0, 2 = 78, 54 + 2π · 5 · 0, 2 = 84, 82 , d.h. der Näherungswert für den Flächeninhalt bei einem Radius von 5, 2 cm beträgt 84, 82 cm2 . Die Differenz zwischen dem Näherungswert für F (5, 2) und dem Wert F (5) ist nach (1.4.6) gegeben durch dy = 2πr · Δr = 2π · 5 · 0, 2 = 6, 28 [cm2 ] , d.h. als Näherungswert für die Abweichung des Flächeninhalts erhält man 6, 28 cm2 . Die Güte der Approximation für die Abweichung des Flächeninhalts überprüfen wir mit Hilfe des absoluten Fehlers; es gilt: |dy − Δy| = |6, 28 − 6, 41| = 0, 13 [cm2 ] .
Wir sehen an diesem Beispiel, dass die Approximation recht gut gelungen ist, denn die Differenz zwischen größtmöglichem Fehler und durch Näherung berechnetem Fehler beläuft sich lediglich auf 0, 13 cm2 . Wie oben schon angedeutet wurde, taucht dieselbe Problematik der Fehlerrechnung auf, wenn in eine Rechnung ein Messwert eingeht, der mit einem Messfehler Δx behaftet ist.15 Sie werden sich erinnern, dass man mit Hilfe der Differentialrechnung (lokale) Maxima und Minima einer Funktion bestimmen kann. Dazu 15
Es sei noch darauf hingewiesen, dass wir hier nur die Abweichungen abgeschätzt haben, die durch die Messfehler einer einzelnen Messgröße verursacht wurden. Gehen in eine Rechnung jedoch mehrere mit Messfehlern behaftete Messgrößen ein, so kann eine Abschätzung des gesamten Fehlers mit Hilfe des sog. totalen Differentials erfolgen; dies behandeln wir aber nicht.
Maxima Minima
34
1. Anwendungen der Analysis
greift man auf die Eigenschaften der 1. Ableitung f (x) und der 2. Ableitung f (x) einer Funktion f an dieser Stelle zurück.16 Der wichtigste Satz in diesem Zusammenhang ist: Ist f eine in x0 zweimal differenzierbare Funktion und gilt f (x) = 0 und f (x) = 0 , so liegt in x0 eine lokale Extremstelle von f vor, wobei f bei x0 ein Maximum besitzt, falls f (x) < 0, und f bei x0 ein Minimum besitzt, falls f (x) > 0.
lokale Extremstelle
Die Berechnung von Maximum und Minimum kommt nicht nur bei (mathematischen) Kurvendiskussionen17 vor: Beispiel 1.4.4 Ein Unternehmen hat für ein Produkt die Preis-Absatz-Funktion 1 p(x) = 4 − x . 2 Die Funktion (vgl. Abb. 1.4.4) für den Gesamtumsatz lautet U (x) = x · p(x) . y
8
U (x)
4
|
U (x) 0
4
8 p (x)
x
Abb. 1.4.4. Gesamtumsatzfunktion, Preis-Absatz-Funktion, Grenzumsatzfunktion
Die Frage: „Bei welcher Ausbringungsmenge x ist der Umsatz maximal?“ ist aus der Zeichnung (Abb. 1.4.4) unmittelbar zu beantworten, nämlich bei x0 = 4. Rechnerisch ermittelt sich dieser Wert wie folgt: 16 17
In Kapitel 5 leiten wir dies ausführlich her. Vgl. ebenfalls Kapitel 5.
1.4 Differentialrechnung
35
1 U (x) = x · p(x) = x 4 − x = 4x − 12 x2 , 2 U (x) = 4 − x .
Aus der notwendigen Bedingung U (x0 ) = 0 folgt x0 = 4; die hinreichende Bedingung U (x0 ) < 0 (damit ein Maximum vorliegt) ist erfüllt: Es ist U (x) = −1 < 0 für alle (hier sinnvollerweise) betrachteten x ∈ [0, 8]. Die Grenzumsatzfunktion U (x) ist in diesem Beispiel für x > 4 negativ, dies bedeutet, dass der Umsatz bei einer Ausbringungsmenge von x > 4 abnimmt, was ja auch dem Kurvenverlauf von U (x) in Abb. 1.4.4 unmittelbar zu entnehmen ist. Auch im folgenden Beispiel ist das Maximum einer Funktion gesucht. Zunächst muss dazu die geeignete Funktion aus der Aufgabenstellung hergeleitet werden. Beispiel 1.4.5 Beim Zuschneiden von Blechen treten Reststücke in Form von gleichseitigen Dreiecken mit der Kantenlänge s = 1 m auf. Aus diesen Reststücken sollen rechteckige Blechstücke gewonnen werden. Wieviel m2 Verschnitt entstehen erneut?
C
R
E
S
z
A
P
D x
Q
B
Abb. 1.4.5. Gleichseitiges Dreieck
Wir bezeichnen die gesuchten Seitenlängen des Rechtecks mit x und z; vgl. Abb. 1.4.5: P Q = RS = x, P R = QS = z. Die Fläche des gesuchten Rechtecks ist dann
36
1. Anwendungen der Analysis
F =x·z.
(1.4.7)
Zwischen x und z besteht dabei eine Beziehung: Es ist AD RE = DC EC
(Strahlensatz),
(1.4.8)
und die Strecke DC ist die Höhe im gleichseitigen Dreieck: 2 2 DC = h = AC − AD (Satz von Pythagoras). (1.4.9) s erhalten wir aus (1.4.9): 2 s√ s2 h = s2 − = 3, 4 2
Wegen AC = s und AD =
(1.4.10)
und weiter mit (1.4.8): s 2
h
=
x 2
h−z
⇒
s x (h − z) = h 2 2
xh h ⇒ z = h − x, s s wobei s (gegeben) und h (wegen (1.4.10)) Konstanten sind. Setzen wir diesen Ausdruck für z in F (gemäß (1.4.7)) ein, so erhalten wir die gesuchte Fläche als Funktion der Variablen x: h h F (x) = x h − x = hx − x2 . s s ⇒h−z =
Die 1. und 2. Ableitung dieser Funktion lauten: F (x) = h −
2h x, s
2h . s Da h und s positiv sind, ist F (x) immer < 0, also kann nur ein Maximum auftreten. Wir berechnen den zugehörigen x-Wert: F (x) = −
F (x) = h −
2h x=0 s
2h hs s x⇔x= = . s 2h 2 Daraus folgt für z (mit (1.4.10)): ⇔h=
1.5 Integralrechnung
z =h−
37
h 1 s√ h s · =h− = h= 3. s 2 2 2 4
Die Seitenlängen des größtmöglichen Rechtecks lauten also x = 2s und √ z = 4s 3, bei einer Kantenlänge von s = 1 m, also x = 12 m und √ z = 43 m. Der Flächeninhalt berechnet sich danach zu √ √ 3 3 1 = [m2 ] . F =x·z = · 2 4 8 Vergleichen wir diesen noch √ mit dem Flächeninhalt des gleichseitigen 3 s2 √ [m2 ], so entsteht also erneut ein Verschnitt 3= Dreiecks, FD = 4 4 √ 3 [m3 ], d.h. das Material der ursprünglichen Reststücke wird nur von 8 zur Hälfte verwertet.
1.5 Integralrechnung Im letzten Kapitel dieses Buches werden wir uns mit der Integralrechnung befassen. Diese mathematische Disziplin hat sich historisch aus der Frage entwickelt, wie man den Inhalt krummlinig begrenzter Flächen in der Ebene messen und berechnen kann. Die Lösung dieses Problems bildet auch die Grundlage zur Berechnung von Volumina von dreidimensionalen Körpern. Es steht außer Frage, dass solche Berechnungen im ingenieur- und naturwissenschaftlichen Bereich von grundlegender Bedeutung sind. Wir werden anhand eines Beispiels aber auch nachweisen, dass Flächeninhaltsberechnungen und die damit befasste Integralrechnung bei ökonomischen Fragestellungen eine große Rolle spielen. Beispiel 1.5.1 Das Unternehmen Auptag GmbH & Co KG stellt aus einer neu entwickelten Gold-Platin-Silber-Legierung hochwertige Metallstangen für ein Raumfahrtprojekt her. Diese Stangen haben eine Länge von genau 1 Meter und einen krummlinigen Querschnitt (vgl. Abb. 1.5.1a). Der neu eingestellte Jung-Ingenieur bekommt die Aufgabe, das genaue Volumen zu errechnen, damit die Finanz-Abteilung die Materialkosten und - davon abhängig - den Preis für eine Metallstange kalkulieren kann. Dem Ingenieur wird aus der Entwicklungsabteilung nur mitgeteilt, dass die krummlinigen Begrenzungen des Querschnittes jeweils den Verlauf einer Normalparabel zwischen -1 und 1 haben und die gradlinigen Begrenzungen genau 3 cm lang sind. Der Jung-Ingenieur macht sich daraufhin
38
1. Anwendungen der Analysis
eine Skizze (vgl. Abb. 1.5.1b) und stellt fest, dass die krummlinigen Begrenzungen als Funktionen f (x) = −x2 +1 und g(x) = x2 +2 dargestellt werden können. Ihm ist klar, dass er zur Berechnung des Volumens der Metallstange nur noch den Inhalt der Fläche, die von den Graphen der Funktionen f und g und den Vertikalen x = −1 und x = 1 eingeschlossen wird, kennen muss.
g (x) = x 2 + 2
f (x) = -x 2+ 1
(a)
(b)
Abb. 1.5.1. a) Metallstange b) Querschnitt
Beispiel 1.5.2 Die Controlling-Abteilung des Unternehmens Auptag hat vom Vorstand den Auftrag erhalten, eine Deckungsbeitrag- und Kostenabschätzung für dieses neu entwickelte Produkt vorzulegen, und zwar für das kommende Jahr. Da der Jahresabsatz und der Stückpreis vertraglich festgelegt worden sind, hängt der Deckungsbeitrag des Produktes im Wesentlichen nur noch vom Marktpreis der Rohmaterialien (Gold, Silber, Platin) ab. Da diese Marktpreise im Zeitraum eines Jahres allerdings schwanken, stellen die Stückkosten keine deterministische Größe in dieser Rechnung dar. Allerdings können die Marktpreise für Gold, Silber und Platin anhand von Informationen aus immer gut unterrichteten Finanzmarktkreisen soweit abgeschätzt werden, dass jeweils ein zu erwartender Durchschnittspreis und ein Schwankungsintervall für den Marktpreis im kommenden Jahr angegeben werden können. Zudem ist es auf Grund von Erfahrungswerten legitim, innerhalb des Schwankungsintervalls einen annähernd „normalverteilten Verlauf“ der Preise anzunehmen. In diesem Zusammenhang stellt sich für die ControllingAbteilung die Teilaufgabe, Fragen der folgenden Art zu beantworten: “Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird der Goldpreis zwischen 280 e und 300 e pro Unze liegen?“ oder „Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich Silber im Preisrahmen zwischen 5 e und 6 e pro Unze
1.5 Integralrechnung
39
aufhalten wird?“. Mit diesen Fragen wird nun ein frisch diplomierter Betriebswirt konfrontiert. Da er in der Vorlesung über Finanzmathematik interessiert mitgearbeitet hat, weiß er auch, dass eine Normalverteilung durch eine reelle Funktion f (x), der so genannten Dichtefunktion (x−μ)2 1 · e − 2σ2 für x ∈ R f (x) = √ 2π · σ
beschrieben wird, wobei μ der Erwartungswert und σ die Standardabweichung der normalverteilten Größe ist.18 Der Graph von f (x) ist in Abb. 1.5.2 skizziert; sie wird auch als Gaußsche Glockenkurve bezeichnet.19 Die Dichtefunktionen von Wahrscheinlichkeitsverteilungen zeichnen sich dadurch aus, dass die Fläche unter dem jeweiligen Graphen immer genau 1 beträgt. Darüber hinaus geben die Inhalte der Teilfläche über einem Intervall [a; b] die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass die zufällige Größe (in diesem Fall der jeweilige Marktpreis) ihren Wert zwischen a und b annehmen wird (vgl. Abb. 1.5.2). Der Betriebswirt ist sich also im Klaren darüber, dass es seine Aufgabe ist, entsprechende Flächeninhalte zu bestimmen.
a
m
b
x
Abb. 1.5.2. Dichtefunktion einer Normalverteilung
Mit Hilfe der Integralrechnung lassen sich auch mathematische Zusammenhänge und Fragestellungen beschreiben. Beispiel 1.5.3 Wir betrachten die Fläche F (b) unter der Kurve der Funktion f (x) = über dem Intervall [1, b] mit b > 1. 18
19
1 x
Die hier benutzten Begriffe aus der Statistik bzw. Wahrscheinlichkeitsrechnung (wie Dichtefunktion, Erwartungswert oder Standardabweichung) werden in diesem Buch nur im Zusammenhang mit diesem Beispiel benutzt, aber nicht näher erläutert. Wir gehen allerdings davon aus, dass der Leser die angedeutete Problematik dennoch verstehen und nachvollziehen kann. Wer noch im Besitz eines 10-DM-Scheines ist, kann sich auch dort – links neben dem Portrait des Mathematikers Carl Friedrich Gauß (1777-1855) – die Abbildung einer Gaußschen Glockenkurve anschauen.
Normalverteilung Dichtefunktion Erwartungswert Standardabweichung
40
1. Anwendungen der Analysis y
_1 f (x) = x
F (b) 1
x
b
Abb. 1.5.3. Fläche unter f (x) =
1 x
Es stellt sich die Frage, für welche reelle Zahl b der Flächeninhalt den Wert 1 annimmt; d.h. F (b) = 1. Wir werden im Kapitel 6 zeigen, dass diese Frage mit den Hilfsmitteln der Integralrechnung sehr einfach zu beantworten sein wird, und wollen die Lösung bereits hier vorstellen: bestimmtes Integral
Für b > 1 ergibt sich der Flächeninhalt F (b) als ein sog. bestimmtes Integral:
b
b
1 dx = [ln x]b1 x 1 1 = ln b − ln 1 = ln b (wegen ln 1 = 0).
F (b) =
f (x)dx =
Die Bedingung F (b) = 1 bzw. ln b = 1 wird für die Eulerkonstante e erfüllt, denn es gilt (vgl. Anhang A, Abschnitt A.5): b = eln b = e1 = e . In allen Beispielen geht es also darum, den Flächeninhalt von krummlinig begrenzten Flächen zu ermitteln. Für gradlinig begrenzte Flächen ist die Bestimmung des Flächeninhaltes durch elementar-geometrische Methoden zumeist sehr einfach möglich, insbesondere dann, wenn es sich um regelmäßige Flächen handelt (z.B. Dreiecke, Rechtecke, Trapeze, Parallelogramme). Hierfür liegen die entsprechenden Flächeninhaltsformeln vor (vgl. Tab. 1.5.1). Problematisch wird die Bestimmung von Flächeninhalten, wenn die Flächenbegrenzungen krummlinig sind (vgl. Abb. 1.5.4a).
1.5 Integralrechnung
41
Tabelle 1.5.1. Flächeninhalte von regelmäßigen Flächen
Dreieck
F=
h
.
g h _ 2
g
Rechteck
b
.
F=a b
a b Trapez
F=
h
.
_ a+b h 2
a
Parallelogramm
.
F=a h
h a
y
f (x) 2
g (y)
g (y)
1
2
f1 (x) x
Abb. 1.5.4. a) Krummlinige Fläche b) Funktionale Beschreibung der Flächengrenzen
Um den jeweiligen Flächeninhalt berechnen zu können, müssen bestimmte Informationen über die Flächenbegrenzungen bekannt sein (wie auch bei der Berechnung von regelmäßigen Flächen). Wir werden voraussetzen, dass zu den Flächenbegrenzungen funktionale Beschrei-
42
1. Anwendungen der Analysis
bungen vorliegen, d.h. dass die jeweilige Flächengrenze in Teilstücke unterteilt und der Verlauf dieser Teilgrenzen in Form von Funktionen angegeben werden können (vgl. Abb. 1.5.4b). Zur Einführung in die Integralrechnung werden wir uns im Kapitel 6 allerdings nur mit einfachen Flächen beschäftigen, die zum einen durch den Graphen einer Funktion f , zum zweiten durch die x-Achse und zum dritten durch zwei senkrechte Geraden (so genannte Vertikale) eingeschlossen sind (vgl. Abb. 1.5.5). Hierzu werden Sie den Begriff des unbestimmten Integrals und Methoden zur ihrer Bestimmung kennen lernen. Die Berechnung von komplizierter gestalteten Flächen und Körpern, die auf diesem Prinzip der Bestimmung unbestimmter Integrale basiert, bleibt der „höheren Integralrechnung“ vorbehalten, mit der wir uns in diesem Buch allerdings nicht beschäftigen werden. y f (x)
x
Abb. 1.5.5. Einfache krummlinige Fläche
Nachdem Sie das Kapitel über Integralrechnung (Kapitel 6) studiert haben werden, können Sie auch unseren beiden Jungwissenschaftlern bei der Lösung ihrer Aufgabenstellungen aus den obigen Beispielen hilfreich zur Seite stehen. Denn zum Abschluss dieses Buches werden wir die beiden Aufgabenstellungen wieder aufgreifen und entsprechenden Lösungen zuführen.20 Dabei werden wir allerdings auch die Erfahrung machen, dass es nicht immer möglich sein wird, ein Flächeninhaltsproblem exakt zu lösen, sondern dass es manchmal auch nötig sein wird, mit Näherungslösungen zufrieden zu sein.
20
Dort werden wir Ihnen auch verraten, woraus sich der Name des Unternehmens („Auptag“) zusammensetzt, wenn Sie es bis dahin nicht schon selbst herausgefunden haben.
2. Folgen und Reihen
In Kapitel 1 haben wir Ihnen schon Beispiele vorgestellt, wie praktische Probleme auf Zahlenfolgen oder Zahlenreihen führen können. Dies trifft besonders für die so genannten arithmetischen bzw. geometrischen Folgen und Reihen zu. Die Eigenschaften Monotonie und Beschränktheit, die wir in diesem Kapitel für Folgen behandeln, sind wichtig zum Verständnis der Struktur einer Folge. In Kapitel 3 werden diese Eigenschaften auf den Begriff einer Funktion übertragen. Anhand von Folgen ergibt sich ein intuitiv zu erfassender Einstieg in den Begriff des Grenzwertes, der sowohl für Folgen als auch für Funktionen von ganz besonderer Wichtigkeit ist. Der Grenzwertbegriff wird in diesem Kapitel in Abschnitt 2.6 für Folgen ausführlich dargestellt und in Kapitel 4 für Funktionen behandelt.
2.1 Definition und Darstellung von Folgen 2.1.1 Definition einer Folge Aus der Praxis kennen Sie Zuordnungen. Beispiele sind etwa: 1) Den Erweiterungsmöglichkeiten eines Betriebsgebäudes werden die aufzubringenden Baukosten zugeordnet. 2) Den Produktionsmengen eines Gutes (z. B. Papier) werden die zur Herstellung verbrauchten Rohstoffmengen (z. B. Holz) zugeordnet. Mit Zuordnungen und ihren Eigenschaften beschäftigt sich der Begriff der Abbildung (oder synonym: der Funktion), den wir in Kapitel 3 behandeln. Folgen entstehen aufgrund einer speziellen Zuordnung:
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 G. Adams et al., Mathematik zum Studieneinstieg, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58738-6_2
43
44
Folge
2. Folgen und Reihen
Man ordnet den Elementen 1, 2, 3, . . . ∈ N durch eine Vorschrift je ein Element aus einer Menge Y zu.1 Die Aufzählung dieser Elemente aus Y in der „richtigen Reihenfolge“ bezeichnet man dann als Folge. Beispiel 2.1.1 Jede natürliche Zahl n lässt sich durch eine oder mehrere natürliche Zahlen teilen. Wir ordnen jedem n ∈ N die Anzahl seiner Teiler zu: n∈N
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 . . .
Anzahl der 1 2 2 3 2 4 2 4 3
4
2
6 ...
Teiler
Wir erhalten die Folge 1, 2, 2, 3, 2, 4, 2, . . . mit der Zahl 1 als 1. Folgenglied, 2 als 2. Folgenglied, 2 als 3. Folgenglied, usw. In der allgemeinen Schreibweise bezeichnet man die Glieder der Folge nacheinander mit a 1 , a2 , a3 , . . . . Folgenglied Index
eindeutige Zuordnung
unendliche reelle Zahlenfolge
Dabei heißt an n-tes Folgenglied und n heißt Index. Der Index gibt die „Platznummer“ in der Folge an; a1 heißt auch Anfangsglied der Folge. Wichtig ist, dass jedes Folgenglied eindeutig bestimmt ist, d.h. die Zuordnung muss eindeutig sein. Dagegen müssen die Folgenglieder an nicht voneinander verschieden sein. Definition 2.1.2 a) Es seien X und Y zwei (nichtleere) Mengen. Eine Zuordnung zwischen zwei Mengen X und Y heißt eindeutig, wenn durch sie jedem x ∈ X höchstens ein y ∈ Y zugeordnet wird2 . b) Eine eindeutige Zuordnung, die jedem n ∈ N ein Element an ∈ R zuordnet, heißt (unendliche, reelle Zahlen-) Folge.3 Man schreibt: (a1 , a2 , a3 , a4 , . . . ) oder (an )n∈N oder auch kurz (an ). 1 2 3
Zur Terminologie: Element, Menge, etc. vgl. Anhang B. Dort sind auch die Zahlenmengen N, Q, R, Z erklärt. Dabei müssen x und y nicht notwendig verschieden sein. Grundsätzlich kann man Folgen für beliebige Mengen Y definieren, d.h. die Folgenglieder müssen nicht unbedingt reelle Zahlen sein. Wir wollen uns aber auf reelle Zahlenfolgen beschränken.
2.1 Definition und Darstellung von Folgen
45
Ordnet man den Elementen der endlichen Menge M = {1, 2, . . . , n} je eine reelle Zahl ai , i = 1, . . . , n zu, so entsteht eine endliche (reelle) Zahlenfolge. Beispiele hierfür sind: 1) die Folge der Kontostände auf einem Bankkonto innerhalb eines Jahres.
endliche (reelle) Zahlenfolge
2) die Folge der Aktienkurse eines Unternehmens innerhalb eines Monats oder eines Jahres. Wir beschäftigen uns hauptsächlich mit unendlichen Zahlenfolgen; endliche Zahlenfolgen, die Sie schon in Kapitel 1 kennen gelernt haben, kommen noch in einigen Beispielen vor.
2.1.2 Bildungsgesetz Es sind vor allem solche Folgen interessant, bei denen die Folgenglieder mathematisch erfassbaren Gesetzmäßigkeiten genügen. Die Folge 1 1 1 1 1 1 = (an )n∈N = 1, , , , . . . , = 2 3 4 n n n∈N n ist ein Beispiel hierfür, denn jedes Folgenglied an lässt sich gemäß an = 1 n berechnen. Die Zuordnung „n → an “ der Folge nennt man Bildungsgesetz der Folge. Nicht in allen, aber in den meisten Fällen besitzt das Bildungsgesetz Gleichungsform.
Bildungsgesetz
Beispiel 2.1.3 Folge
Bildungsgesetz
(1)
(1, 2, 3, 4, 5, . . . )
an = n
(2)
(−1, 1, −1, 1, −1, 1, . . . ) 1 1 1 1, − , , − , . . . 2 3 4 1 1 1 1 1 , , , , , ... 2 4 8 16 32
an = (−1)n
(3) (4)
an = (−1)n+1 an =
1 2n
1 n
Die Aufgabe, zu vorgegebenen Gliedern einer Folge das Bildungsgesetz zu bestimmen, kommt häufig in Intelligenz- oder Eignungstests vor. Ein besonders einfaches Bildungsgesetz haben die sog. konstanten Folgen: Man nennt eine Folge (an )n∈N konstant, falls es ein festes c ∈ R gibt,
konstante Folge
46
2. Folgen und Reihen
so dass an = c für alle n ∈ N gilt. Aufgabe 2.1 a) Berechnen Sie jeweils das 2. und das 5. Glied der Folge mit dem Bildungsgesetz (1) an = 1 +
1 n
(2) an = n2 − 6 n 1 (3) an = 1 + n b) Vorgegeben seien einige Glieder einer Folge. Geben Sie das Bildungsgesetz an: 1 2 3 4 5 6 (1) , , , , , , . . . 2 3 4 5 6 7 (2) 10, 8, 6, 4, 2, 0, −2, −4, . . . Es gibt Folgen, deren Bildungsgesetz (in Abhängigkeit von n) verschiedenen Formeln genügt: Beispiel 2.1.4 Bei der Folge
1 1 1 (an ) = 1, , 3, , 5, , . . . 2 4 6
ist das 1., 3., 5., . . . Folgenglied gleich 1, 3, 5, . . . und das 2., 4., 6., . . . Folgenglied gleich 12 , 14 , 16 , . . . . Das Bildungsgesetz lautet ⎧ ⎨ n falls n ungerade an = ⎩ 1 falls n gerade n
Diese Folge (an ) „zerfällt“ offensichtlich in zwei sog. Teilfolgen, nämlich 1 (a2n−1 )n∈N = (n) und (a2n )n∈N = 2n
2.1 Definition und Darstellung von Folgen
47
Grundsätzlich versteht man unter einer Teilfolge einer (unendlichen) Folge eine Auswahl von (unendlich vielen) Folgengliedern. Von Bedeutung sind Teilfolgen i.a. aber nur, wenn sie – als Teilfolge – bestimmten Gesetzmäßigkeiten genügen (wie z. B. in Beispiel 2.1.4). Bisher haben wir stets mit Hilfe des Bildungsgesetzes in der Form „an = . . . “ ein beliebiges Folgenglied unmittelbar ausrechnen können, ohne die vorhergehenden Folgenglieder bestimmen zu müssen. Bei der sog. rekursiven Definition von Folgen, auf die wir nun eingehen, ist das nicht der Fall. Beispiel 2.1.5 Ein Kaninchenpaar wirft (nach 1-monatiger Entwicklungszeit) vom 2. Monat an in jedem Monat ein junges Paar; dasselbe gilt für die Jungen. Wie viele Kaninchenpaare leben nach n Monaten (ausgehend von einem Paar und ohne Berücksichtigung der Sterberate)? Zur Lösung dieser Aufgabe notieren wir die Anzahl der lebenden Paare nach jedem Monat (vgl. Abb. 2.1.1 und Tabelle 2.1.1).
0
1
2
3
Monate
4
Abb. 2.1.1. Vermehrung eines Kaninchenpaares
Tabelle 2.1.1. Anzahl der Kaninchenpaare nach . . . Monaten leben . . . Paare
Anzahl
1
1
a1 = 1
2
1 (altes) + 1 (junges)
a2 = 2
3
2 (alte) + 1 (junges)
a3 = 3
4
3 (alte) + 2 (junge)
a4 = 5
5
5 (alte) + 3 (junge)
a5 = 8
·
·
·
·
·
·
Teilfolge
48
2. Folgen und Reihen
Die Anzahl an der Paare im Monat n ist also gleich der Anzahl nalt der vorhandenen alten Paare plus der Anzahl nneu der neuen Paare: an = nalt + nneu . Alle nalt Kaninchenpaare leben auch schon im Monat n − 1 : nalt = an−1 , und wegen der einmonatigen Entwicklungszeit gilt: nneu = an−2 . Insgesamt erhalten wir somit für die Folge der Anzahlen das Bildungsgesetz: a1 = 1, a2 = 2 an = an−1 + an−2 .
(2.1.1)
Um also z. B. a10 berechnen zu können, müssen wir a9 und a8 kennen; um a9 berechnen zu können, müssen wir a8 und a7 kennen usw.. Die ersten Folgenglieder lauten: a1 = 1, a2 = 2, a3 = a2 +a1 = 2+1 = 3, a4 = a3 +a2 = 3+2 = 5, a5 = 8, a6 = 13, a7 = 21, a8 = 34, a9 = 55, a10 = 89, a11 = 144, a12 = 233, a13 = 377. FibonacciZahlen
Rekursionsformel rekursiv definierte Folge
Diese Folge bezeichnet man übrigens als Folge der Fibonacci–Zahlen, nach dem Mathematiker Leonardo von Pisa (etwa 1180 – 1228), der auch Fibonacci (Sohn des Bonacci) genannt wurde. Eine Vorschrift, nach der die Glieder an einer Folge (an ) aus vorhergehenden Folgengliedern berechnet werden (nachdem ein oder mehrere „Startwerte“ angegeben wurden) heißt Rekursionsformel4 . Ist das Bildungsgesetz einer Folge eine Rekursionsformel, so heißt die Folge rekursiv definiert. Die Folge der Fibonacci–Zahlen (Beispiel 2.1.5) ist also eine rekursiv definierte Folge, denn ihre Folgenglieder berechnen sich nach der Rekursionsformel an = an−1 + an−2 mit den Startwerten a1 = 1 und a2 = 2. Aufgabe 2.2 a) Wie lautet das Bildungsgesetz der Folgen? (1) 28, 20, 12, 4, −4, −12, . . . (2) 1, −1, 3, −1, 5, −1, . . . b) Berechnen Sie die ersten fünf Folgenglieder der rekursiv definierten Folge 4
Lateinisch: recurrere = zurücklaufen.
2.1 Definition und Darstellung von Folgen
49
1 2 an−1 + a1 = 3, an = 2 an−1 (Es reichen drei Stellen hinter dem Komma).
2.1.3 Summen-, Differenz-, Produkt- und Quotientenfolge Man kann Folgen addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren. Beispiel 2.1.6 Die Summe der beiden Folgen (an ) = n1 und (bn ) = (2n + 1) ist gliedweise erklärt. Aus n1 = 1, 12 , 13 , 14 , 15 , . . . , n1 , . . . und (2n + 1) = (3, 5, 7, 9, 11, . . . , 2n + 1, . . . ) bilden wir die Summenfolge 1 1 1 1 + 2n + 1 = 4, 5 , 7 , . . . , + 2n + 1, . . . . (an + bn ) = n 2 3 n Entsprechendes gilt für das Produkt: 1 5 7 9 2n + 1 (2n + 1) = 3, , , , . . . , , ... . (an bn ) = n 2 3 4 n
Allgemein bilden wir aus zwei gegebenen Folgen (an ) und (bn ) durch gliedweises Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren und Dividieren neue Folgen, nämlich die Summenfolge
(an + bn ) = (a1 + b1 , a2 + b2 , . . . , an + bn , . . . ) ;
(an − bn ) = (a1 − b1 , a2 − b2 , . . . , an − bn , . . . ) ; (an bn ) = (a1 b1 , a2 b2 , . . . , an bn , . . . ) ; an a1 a2 an , , ... , , ... , Quotientenfolge = bn b1 b2 bn
Differenzfolge Produktfolge
bn = 0 für alle n ∈ N . Die Umkehrung dieses Prozesses bei Folgen ist die Folgenzerlegung: Die Folge (cn ) = 2+3n (an + bn ) aufgefasst n32 kann als Summenfolge werden mit (an )= n3 und (bn ) = n32 . Weiter können wir noch zerlegen: (an ) = denn mit (dn ) = (2) und (en ) = (n3 ). Entsprechendes gilt für (bn ).
Folgenzerlegung
50
2. Folgen und Reihen
Aufgabe 2.3
a) Bilden Sie aus (an ) = (n2 ) und (bn ) = n3 die Summen-, Differenz-, Produkt- und Quotientenfolge. (Geben Sie jeweils die ersten 3 Glieder und das Bildungsgesetz an.) n 4 b) Fassen Sie die Folgen (an ) = n2 + 2nn3+1 bzw. (bn ) = (−1) n2 als Summen- bzw. Produktfolgen auf, und schreiben Sie diese in der Form (cn + dn ) bzw. (en fn ) mit passenden Folgen (cn ), (dn ), (en ) und (fn ).
Die Anwendung der in diesem Abschnitt vorgestellten Regeln findet sich in der Mathematik wiederholt (z. B. bei der Berechnung von Grenzwerten, Abschnitt 2.6.7). Diese Regeln sind daher wesentlich, aber in der Praxis weniger anwendungsrelevant.
2.2 Definition einer Reihe Es gibt viele Anwendungen, die, ausgehend von einer Folge (an ), die Aufsummierung der Folgenglieder a1 + a2 + a3 + . . . entweder bis zu einem Index n oder „bis unendlich“ erfordern. Dies führt auf die Begriffe „Teilsumme“ („Partialsumme“) und „(unendliche) Reihe“. Bilden wir aus den Gliedern einer Folge (an ) die Summen5 s1 = a1 s2 = a1 + a2 s3 = a 1 + a2 + a 3 =
3
ai
i=1
.. . sn = a 1 + a2 + . . . + a n =
n
ai
i=1
.. .
Reihe Partialsumme
so erhalten wir eine neue Folge (sn ). Die Folge (sn ) heißt die zu (an ) gehörige Reihe. Das n-te Glied sn nennt man n-te Partialsumme (Teilsumme) der Reihe. 5 Das Summenzeichen
entspricht dem griechischen Buchstaben Sigma.
2.2 Definition einer Reihe
51
Beispiel 2.2.1 Dem später berühmten Mathematiker Gauß6 wurde in der Schule die Aufgabe „Summiere die Zahlen von 1 bis 100“ gestellt, die er nach kurzer Zeit des Nachdenkens mit dem Ergebnis „5050“ beantwortete. Er erkannte, dass sich in der Summe s100 = 1 + 2 + 3 + 4 + . . . + 97 + 98 + 99 + 100 das 1. und das 100. Glied, das 2. und das 99. usw. jeweils zu 101 ergänzen. Die sich ergänzenden „letzten beiden“ Zahlen sind dabei 50 und 51: 1 + 100 = 101, 2 + 99 = 101, . . . , 50 + 51 = 101. Insgesamt 50 mal ergänzen sich zwei Zahlen zu 101, also ist s100 = 50 · 101 =
100 (100 + 1) = 5050. 2
Die Aufgabe an den Schüler Gauß lässt sich auch so formulieren: „Berechne die Summe der ersten 100 Folgenglieder der Folge (an ) = (n): s100 = a1 + a2 + . . . + a100 =
100
i .“
i=1
Aufgabe 2.4 a) Ist 1 1 1 1 1 1 + + + + + ... + 3 5 7 9 11 49 1 die m-te Partialsumme von n1 oder von 2n+1 ? Geben Sie die Zahl m an. sm =
b) (1) Berechnen Sie s50 = 1 + 2 + 3 + . . . + 50 =
50
i und s200 =
i=1
200
i.
i=1
(2) Geben Sie die allgemeine Formel für die m-te Partialsumme sm =
m
i
i=1
der zu (an ) = (n) gehörigen Reihe an. Es ist keineswegs für alle Reihen, d.h. für Reihen zu beliebigen Folgen (an ), möglich, analog zu Aufgabe 2.4 (einfache) geschlossene Formeln 6
Carl Friedrich Gauß, deutscher Mathematiker, lebte 1777 - 1855.
52
2. Folgen und Reihen
für die Partialsummen anzugeben. Wir werden im Zusammenhang mit den sog. arithmetischen und geometrischen Reihen hierauf zurückkommen. Die Summe über alle (unendlich vielen) Folgenglieder an schreibt man in der Form ∞ ai . s = a1 + a2 + . . . = i=1
Im Gegensatz zur Summe von endlich vielen Folgengliedern einer Folge (an ) ist jedoch nicht unmittelbar klar, was unter der Summe von unendlich vielen Folgengliedern zu verstehen ist. Dies hängt mit der Frage nach der sog. Konvergenz einer Reihe zusammen, die wir ebenfalls später (für einige Spezialfälle) beantworten werden.
2.3 Arithmetische Folgen und Reihen 2.3.1 Arithmetische Folgen Den Begriff der arithmetischen Folge führen wir mit einem Beispiel ein: Beispiel 2.3.1 Die Wertminderung von Maschinen wird innerhalb des Rechnungswesens bei linearer Abschreibung durch jährlich gleich bleibende Abschreibungsbeträge berücksichtigt. Eine Maschinenanlage wird zu einem Preis von 50.000 e beschafft. Am Ende der Nutzungsdauer von 8 Jahren hat sie noch einen Buchwert (Wiederverkaufswert bzw. Schrottwert) von 2.000 e. Die gesamte Wertminderung in 8 Jahren beträgt also 50.000 e − 2.000 e = 48.000 e . Der jährliche Abschreibungsbetrag errechnet sich daher zu 48.000 e:8 = 6.000 e . Die Buchwerte der Anlage am Ende der einzelnen Jahre lauten: 44.000 e, 38000 e, 32.000 e, 26.000 e, 20.000 e, 14.000 e, 8.000 e, 2.000 e . Fassen wir diese Buchwerte als Glieder einer (endlichen) Folge auf, so weisen die Glieder dieser Folge die Besonderheit auf, dass die Differenz
2.3 Arithmetische Folgen und Reihen
53
zwischen je zwei Folgengliedern konstant ist, nämlich gleich dem (konstanten) jährlichen Abschreibungsbetrag 6.000 e. Es handelt sich hier um eine sog. (endliche) arithmetische Folge.7 Definition 2.3.2 Eine Folge (an ) heißt arithmetische Folge, wenn es eine Konstante d ∈ R gibt, so dass für alle Folgenglieder an (d.h. für alle n ∈ N) gilt: an+1 − an = d. Beispiel 2.3.3 Die Folge (−10, −7, −4, −1, 2, 5, . . . ) ist eine arithmetische Folge: Es gilt an+1 − an = 3 für alle n. Hieraus ergibt sich als Bildungsgesetz der Folge die Rekursionsformel: a1 = −10, an+1 = an + 3 . Durch „wiederholtes Einsetzen“8 erhalten wir: a2 = a1 + 3 = −10 + 3 a3 = a2 +3 = (−10+3)+3 = −10+2·3 a4 = a3 +3 = (−10+2·3)+3 = −10+3·3 .. . an = a1 + (n − 1) · 3 , also ein Bildungsgesetz, nach dem ein beliebiges Folgenglied unmittelbar berechnet werden kann. Mit Hilfe der hier angedeuteten Methode zeigt man für beliebige arithmetische Folgen: 7
8
Beachten Sie den Unterschied: In Beispiel 2.3.1 ist der jährliche Abschreibungsbetrag konstant, die Folge der Buchwerte ist eine arithmetische Folge. In Beispiel 1.1.1 ist die Differenz je zweier Abschreibungsbeträge in aufeinander folgenden Jahren konstant, die Folge der Abschreibungsbeträge ist eine arithmetische Folge. Die Folge der Buchwerte in Beispiel 1.1.1 (20.000, 15.000, 10.500, 6.500, 3.000) ist keine arithmetische Folge. Genauer: Hinter dieser Herleitung steckt die Beweismethode der sog. vollständigen Induktion. Hierauf gehen wir aber nicht näher ein; vgl. etwa Schwarze (1992), Band 1.
arithmetische Folge
54
2. Folgen und Reihen
Regel 2.3.4 Eine Folge (an ) ist genau dann9 eine arithmetische Folge, wenn sie ein Bildungsgesetz der Form an = a1 + (n − 1) · d besitzt, wobei a1 das Anfangsglied und d ∈ R die konstante Differenz der Folge ist. Aufgabe 2.5 a) Ist die Zahlenfolge (1, 2, 3, 4, 5, 6, . . . ) = (n) eine arithmetische Folge? Begründen Sie Ihre Antwort. b) Das 15. Glied einer arithmetischen Folge ist 40, das 14. Glied 37 21 . Wie lautet das Anfangsglied? c) Verwenden Sie Regel 2.3.4, um zu zeigen, dass jede konstante Folge (an ) = (c) mit c ∈ R eine arithmetische Folge ist. Bestimmen Sie die Konstante d. d) Ist die aus zwei arithmetischen Folgen gebildete Summen-, Differenz-, Produkt- bzw. Quotientenfolge wieder eine arithmetische Folge?
2.3.2 Arithmetische Reihen
arithmetische Reihe
Die zu einer arithmetischen Folge (an ) gehörige Folge der Partialsummen (sn ) nennt man arithmetische Reihe. Ein Beispiel für eine arithmetische Reihe haben Sie schon kennen gelernt: Der Aufgabe an den Schüler Gauß (vgl. Beispiel 2.2.1) liegt die 100 Folge (an ) = (n) zugrunde: Er sollte die Partialsumme s100 = i=1 i berechnen. In Aufgabe 2.5 a haben Sie gezeigt, dass die Folge (n) eine arithmetische Folge ist. Die zugehörige Folge der Partialsummen (sn ) ist also eine arithmetische Reihe. Weiter haben Sie in Aufgabe 2.4 für diese Partialsummen die Summenformel („kleiner Gauß“)
sn =
n(n + 1) 2
(2.3.1)
hergeleitet. Entsprechend dieser Herleitung10 zeigt man allgemein für arithmetische Reihen: Regel 2.3.5 Die n-te Partialsumme sn einer arithmetischen Reihe berechnet sich nach der Formel 9 10
„genau dann“ oder „dann und nur dann “: vgl. dazu „notwendige und hinreichende Bedingung“ und „Äquivalenz“; Anhang B. Die Herleitung basiert auf der Idee des „sich–Ergänzens“ von Gauß.
2.3 Arithmetische Folgen und Reihen
sn = n · a1 +
n(n − 1) d, 2
55
(2.3.2)
wobei a1 das Anfangsglied und d ∈ R die konstante Differenz der zugrunde liegenden arithmetischen Folge (an ) ist. Beispiel 2.3.6 Ein Flugzeug koste 3.800.000 e. Der Anfangsabschreibungsbetrag (im 1. Jahr) betrage 80.000 e. Man berechne den Abschreibungszeitraum bei jährlich um 2.500 e geringer werdendem Abschreibungsbetrag. Die Folge der Abschreibungsbeträge11 bildet eine arithmetische Folge mit a1 = 80 und d = 2, 5 (in Tausend e). Das Flugzeug ist abgeschrieben, wenn die Summe der Abschreibungsbeträge den Anschaffungspreis erreicht, also n ai = 3.800 . sn = i=1
Der Abschreibungszeitraum n ist gesucht. Nach (2.3.2) gilt
n(n − 1) d, 2 sn , a1 und d sind bekannt, also können wir n ausrechnen. sn = n · a1 +
1. Weg: Wir setzen sn , a1 und d ein und lösen nach n auf. 2. Weg: Wir lösen zunächst die Formel für sn nach n auf und setzen dann die Werte für sn , a1 und d ein. In beiden Fällen handelt es sich um das Lösen einer quadratischen Gleichung, vgl. Sie ggf. hierzu Anhang A. Wir wählen den 2. Weg: n(n − 1) d 2 1 = n · a1 + (n2 d − nd) 2 d 2 d = n + n a1 − 2 2
sn = n · a 1 +
Multiplikation der Gleichung mit d2 und Zusammenfassung aller Summanden auf einer Seite ergibt die Normalform der quadratischen Gleichung: 11
Vgl. Beispiel 1.1.1.
56
2. Folgen und Reihen
2a1 2sn −1 − d d 2 1 1 2a1 2sn a1 −1 ± − =− + 2 d d 2 d
0 = n2 + n n1/2
Nun setzen wir a1 = 80, d = 2, 5 und sn = 3.800 ein: 2 1 1 160 7.600 80 −1 ± − n1/2 = − + 2 2, 5 2, 5 2 2, 5 2 1 1 + 3040 = − (64 − 1) ± 32 − 2 2 2 63 63 + 3.040 =− ± 2 2 63 3.696 + 12.160 16.129 63 =− ± =− ± 2 4 2 4 63 127 =− ± 2 2 Hieraus folgt: n = nicht sinnvoll ist.
64 2
= 32, da ein negativer Abschreibungszeitraum
Aufgabe 2.6 a) Zeigen Sie, dass (2.3.1) ein Spezialfall von (2.3.2) ist, d.h. geben Sie a1 und d an. b) Von einer arithmetischen Folge sind folgende Glieder bekannt: a1 = 3, a2 = 11. Berechnen Sie (1) die konstante Differenz d der Folge; (2) die Summe der ersten 15 Glieder; (3) s18 .
2.4 Geometrische Folgen und Reihen 2.4.1 Geometrische Folgen Während bei einer arithmetischen Folge jeweils die Differenz zwischen zwei aufeinander folgenden Folgengliedern konstant ist, an+1 − an = d, bleibt bei einer sog. geometrischen Folge für alle n ∈ N der Quotient an+1 = q konstant (q ∈ R) . (2.4.1) an
2.4 Geometrische Folgen und Reihen
57
Definition 2.4.1 Eine (reelle Zahlen-) Folge heißt geometrische Folge, wenn es eine Konstante q ∈ R, q = 0 gibt, so dass für alle n ∈ N je zwei aufeinander folgende Folgenglieder die Bedingung (2.4.1) erfüllen. Eines der berühmtesten Beispiele für eine geometrische Folge ist das Folgende: Beispiel 2.4.2 Vom indischen König Sheram sollte Sessa, der Erfinder des Schachspiels, für diese Erfindung so viele Reiskörner erhalten, wie auf ein Schachbrett gelegt werden könnten, wenn auf das 1. Feld ein Korn, auf das 2. Feld zwei Körner, auf das 3. Feld vier Körner und auf jedes folgende Feld jeweils doppelt so viele Körner wie auf das vorhergehende gelegt würden. Wie viele Reiskörner sollte Sessa erhalten? Die Gesamtmenge ist offensichtlich die Summe über die Reiskornmengen an der 64 Schachfelder. Die Reiskornmengen an auf den Schachbrettfeldern berechnen sich gemäß a1 = 1, an+1 = 2an , n = 1, . . . , 63 .
(2.4.2)
Für je zwei aufeinander folgende Glieder dieser (endlichen) Folge ist also der Quotient konstant: an+1 = 2 für n = 1, . . . , 63 , an es handelt sich um eine geometrische Folge. Aus (2.4.2) leiten wir durch „wiederholtes Einsetzen“12 folgendes Bildungsgesetz der Folge her, nach dem wir jedes an unmittelbar berechnen können: a 1 = 1 = 2 0 , a2 = 2 · a 1 = 2 · 1 = 2 1 , a3 = 2 · a2 = 2 · 2 = 22 , . . . , an = 2n−1 . Die Gesamtmenge Reis, die Sessa erhalten sollte, ist also gleich der Summe s64 = 20 + 21 + 22 + 23 + . . . + 263 . Im folgenden Abschnitt 2.4.2 werden wir eine Formel kennen lernen, nach der wir diese Summe berechnen können. Die Herleitung des Bildungsgesetzes einer beliebigen geometrischen Folge (an ) mit a1 = 0 erfolgt nach derselben Methode, die wir in Beispiel 2.4.2 für die Folge der Reiskornmengen durchgeführt haben: 12
Vgl. Fußnote 8
geometrische Folge
58
2. Folgen und Reihen
Regel 2.4.3 Eine Folge (an ) mit a1 = 0 ist genau dann eine geometrische Folge, wenn sie ein Bildungsgesetz der Form an = a1 q n−1 besitzt, wobei a1 das Anfangsglied und q der konstante Quotient der Folge ist (n ≥ 2). Aufgabe 2.7 a) Sind √ a und b zwei positive reelle Zahlen, so bezeichnet man die Zahl q = a · b als das geometrische Mittel von a und b.13 Zeigen Sie, dass für jede (beliebige) geometrische Folge die folgende Eigenschaft gilt, von der sich auch der Name „geometrische“ Folge ableitet: „Jedes Folgenglied (außer a1 ) einer geometrischen Folge ist das geometrische Mittel ihrer beiden benachbarten Folgenglieder“. b) Die DIN-Papierformate A0, A1, A2, . . . sind folgendermaßen definiert: 1. A0 hat eine Fläche von 1 m2 2. Alle Formate haben ein Seitenverhältnis von 1 :
√ 2.
3. Jedes Format umfasst genau die Hälfte der Fläche des nächstgrößeren Formates und entsteht aus diesem durch Halbieren der längeren Seite (vgl. Abb. 2.4.1). A0
A1
A2
A3
A4
A5
Abb. 2.4.1. DIN-Papierformate
Ist die Folge der Flächeninhalte eine geometrische Folge? Geben Sie das Bildungsgesetz an. c) Der jeweilige Vorsprung der Schildkröte in Beispiel 1.1.5 stellt sich als geometrische Folge dar. Geben Sie das Anfangsglied und den konstanten Quotienten sowie den Vorsprung der Schildkröte in der 10. Wettlaufphase an (vgl. auch Tab. 1.1.1). 13
Das arithmetische Mittel zweier Zahlen a und b ist gleich Begriff der Wurzel vgl. Anhang A.
1 2
(a + b). Zum
2.4 Geometrische Folgen und Reihen
59
d) Wie lautet die (geometrische) Folge der Geschwindigkeitszuwächse in Beispiel 1.1.6? Ein wichtiges Anwendungsgebiet der geometrischen Folgen ist die Zinsrechnung (vgl. auch Kapitel 1, Beispiele 1.1.2 und 1.1.3). Beispiel 2.4.4 Zu Beginn eines Jahres wird ein Betrag von 1.200 e auf ein Sparbuch eingezahlt. Der jährliche Zinssatz beträgt 4%. Die Kontostände zu Beginn eines jeden Jahres bilden dann eine geometrische Folge: a1 = 1200. Der Kontostand a2 zu Beginn des 2. Jahres ergibt sich als Summe aus dem ursprünglichen Kontostand und den Zinsen: a2 = a1 + a1 · 4% 4 = a1 + a1 · 100 4 = a1 · 1 + 100 = a1 · 1, 04 = 1200 · 1, 04 = 1248. Entsprechend erhalten wir für die weiteren Kontostände: 4 = a2 · 1, 04 = 1248 · 1, 04 = 1297, 92 100 4 = a3 · 1, 04 = 1349, 83 a4 = a3 + a3 · 100 .. .
a3 = a2 + a2 ·
an = an−1 · 1, 04 . Das Anfangsglied der geometrischen Folge ist also a1 = 1200 und der konstante Quotient q = 1, 04. Bei gleich bleibendem Zinssatz (und ohne Abhebungen vom Konto) steht nach z. B. 10 Jahren ein Kapital von 1776,29 e zur Verfügung; dies berechnet sich nach Regel 2.4.3: a11 = a1 · 1, 0410 ≈ 1200 · 1, 48024 ≈ 1776, 29.
60
Annuität Tilgungsplan
2. Folgen und Reihen
Beispiel 2.4.5 In vielen Fällen werden Schulden nicht durch eine einzige Zahlung zurückgezahlt, sondern in Teilbeträgen (Raten). Erfolgt die Tilgung in gleichen Raten (Ratentilgung), so nimmt die jährliche Zinszahlung ab, da die Restschuld sinkt. Ist die (jährliche) Summe aus Tilgung und Zinsen, die Annuität, konstant, spricht man von einer Annuitätentilgung. Es ist üblich, sog. Tilgungspläne aufzustellen. Den folgenden Zahlenbeispielen liegen nachschüssige Verzinsung und nachschüssige Tilgungszahlung zugrunde (vgl. auch Beispiel 1.1.2). a) Eine Schuld von 100 000 e soll in 5 Jahren bei 8 % Zinsen getilgt werden. Die Tilgungsrate beträgt T =
100000 Ko = = 20000. n 5
Der Tilgungsplan sieht dann wie folgt aus: Restschuld zu
Tilgungs- Zinsen
Jahr Beginn des Jahres
rate
8%
Annuität
1
100000
20000
8000
28000
2
80000
20000
6400
26400
3
60000
20000
4800
24800
4
40000
20000
3200
23200
5
20000
20000
1600
21600
Die Folge der Restschulden ist eine arithmetische Folge. b) Eine Schuld von 100000 e ist bei 8% Zinsen mit einer konstanten Annuität von 25000 e zu tilgen. Als Tilgungsplan erhält man: Jahr
Schuld
Zinsen
Tilgung
Annuität
1
100000.00 8000.00 17000.00
25000
2
83000.00 6640.00 18360.00
25000
3
64640.00 5171.20 19828.80
25000
4
44811.20 3584.90 21415.10
25000
5
23396.10 1871.69 23128.31
25000
6
267.79
Da die Zinsen fallen, ergibt sich durch die konstante Annuität eine jährlich zunehmende Tilgungsrate:
2.4 Geometrische Folgen und Reihen
T1 = 17000
8 = T1 1 + T2 = T1 + T1 · 100 8 = T2 1 + T3 = T2 + T2 · 100 .. .
61
8 = 17000 · 1, 08 100 8 2 = T1 · (1, 08) 100
Die Tilgungsraten bilden eine geometrische Folge. 2.4.2 Geometrische Reihen Analog zu der Begriffsbildung bei den arithmetischen Reihen definiert man geometrische Reihen zu geometrischen Folgen: Definition 2.4.6 Ist (an ) eine geometrische Folge, so heißt die zugehörige Folge der Partialsummen (sn ) geometrische Reihe. Auch die geometrischen Reihen zeichnen sich durch eine Summenformel für die Partialsummen sn aus: Regel 2.4.7 Die n-te Partialsumme sn einer geometrischen Reihe berechnet sich nach der Formel sn = a1 ·
1 − qn , a1 = 0, q = 1, 1−q
wobei a1 das Anfangsglied und q den konstanten Quotienten der zugrunde liegenden geometrischen Folge (an ) bezeichnet. In Beispiel 2.4.2 hatten wir die Frage nach der Gesamtmenge der Reiskörner, die der Erfinder des Schachspiels erhalten sollte, noch zurückgestellt, da wir die Summe über die einzelnen Reismengen auf den 64 Schachbrettfeldern s64 = 20 + 21 + . . . + 263 nur mit erheblichem Aufwand berechnen konnten. Wir wenden nun Regel 2.4.7 an; 2n−1 ist die zugrunde liegende geometrische Folge: s64 = 1 ·
264 − 1 1 − 264 = ≈ 1, 84467 · 1019 . 1−2 2−1
geometrische Reihe
62
2. Folgen und Reihen
Um uns eine Vorstellung von dieser Menge Reiskörner zu machen, nehmen wir an, dass 100 Reiskörner 1 g wiegen und 1 Güterwagen 50 t Reis fasst. Der Reis wiegt dann etwa 1, 8 · 1019 g = 1, 8 · 1017 g = 1, 8 · 1011 t 100 (d.h. 180 Milliarden Tonnen); zum Transport in Güterwagen wären 1, 8 · 1011 = 3, 6 · 109 50 (d.h. 3,6 Milliarden) Güterwagen nötig. Nehmen wir an, dass jeder Güterwagen 10 m lang ist, so ergibt sich ein Güterwagenzug der Länge 3, 6 · 109 · 10m = 3, 6 · 107 km , d.h. 36 Millionen km. Das ist mehr als die 100-fache Entfernung zwischen Mond und Erde.
Rentenendwertformel
Aus dem Gebiet der Rentenrechnung brachten wir in Kapitel 1 eine Anwendung geometrischer Folgen und Reihen: die Berechnung des Endwertes einer Rente (vgl. Beispiel 1.1.3). Mit Hilfe der Rentenendwertformel (vgl. Kap. 1, Gleichung (1.1.4))14 Rn = r
1 − qn 1−q
(2.4.3)
p (r = Rentenrate, q = 1 + 100 , p = Zinsfuß) kann man auch berechnen, wie viel man jährlich als konstante Rate auf ein Konto zahlen muss, um auf einen bestimmten Endwert zu kommen. Beispiel 2.4.8 Welcher Betrag muss bei 4% Zinseszinsen jeweils am Ende eines Jahres auf ein Konto eingezahlt werden, um nach 5 Jahren 10000 e auf dem Konto zu haben? 4 = 1, 04, n = 5 und Es ist (2.4.3) nach r aufzulösen und q = 1 + 100 Rn = 10000 einzusetzen: 1−q 1 − 1, 04 = 10000 · n 1−q 1 − 1, 045 −0, 04 = 10000 = 1845, 87 . 1 − 1, 2167
r = Rn
14
Der Endwert der Rente ergibt sich durch Addition der aufgezinsten Raten, vgl. Gleichung (1.1.3); Anwendung von Regel 2.4.7 ergibt dann (2.4.3) (bzw. (1.1.4)).
2.5 Monotonie und beschränkte Folgen
63
Auch die Frage nach dem gegenwärtigen Wert einer Rente, den man als Rentenbarwert oder Kapitalwert R0 bezeichnet, lässt sich beantworten: Den Barwert einer (nachschüssigen) Rente erhalten wir, wenn wir ihren Endwert abzinsen:15 R0 =
p Rn r 1 − qn ; q = 1+ = n n q q 1−q 100
(p =Zinsfuß, r = Rentenrate, Rn = Rentenendwert) Beispiel 2.4.9 Es bestehe ein Anspruch auf eine 15 Jahre (nachschüssig) zu zahlende Rente von 2400 e jährlich. Die Rente soll durch eine einmalige Zahlung abgelöst werden. (Man spricht auch von der Kapitalisierung der Rente). Es ist also der Barwert der Rente zu bestimmen. Bei 5% Zinsen ergibt sich als Barwert r 1 − qn 2400 1 − 1, 0515 = n q 1−q 1, 0515 1 − 1, 05 = 24911, 18 .
R0 =
Aufgabe 2.8 Nehmen Sie an, Sie falten einen großen Bogen Papier im DIN-Format A1 fortlaufend so, dass Sie jeweils das nächstkleinere DIN-Format erhalten.16 Das Papier habe eine Stärke von 0,1 mm. Wie oft muss das Blatt gefaltet werden, damit der gefaltete Bogen eine Stärke von mindestens 800 mm hat? (Wir nehmen dazu an, dass der Bogen beliebig oft gefaltet werden kann, was praktisch natürlich nicht der Fall ist). Für die Lösung der Aufgabe überlegen Sie sich bitte zunächst, nach welchen Gesetzmäßigkeiten sich die Stärke des Papiers entwickelt.
2.5 Monotonie und beschränkte Folgen Wir gehen nun von Folgen mit „speziellen“ Bildungsgesetzen (arithmetische, geometrische Folge) wieder über zu beliebigen reellen Zahlenfolgen. 15 16
Vgl. Gleichung (1.1.2) und die zugehörigen Ausführungen in Kapitel 1. Vgl. auch Aufgabe 2.7b.
Rentenbarwert Kapitalwert
64
2. Folgen und Reihen
2.5.1 Monotone Folgen Wenn jedes Folgenglied an einer Folge (an ) größer oder gleich dem vorhergehenden Folgenglied ist: an+1 ≥ an , n ∈ N, so nennt man die Folge monoton steigend (oder monoton wachsend). Soll in dieser Beziehung zwischen den Folgengliedern das Gleichheitszeichen ausgeschlossen sein, so spricht man von einer streng monoton steigenden Folge. Die (geometrische) Folge (an ) mit an = 2n−1 , die dem Beispiel über die Reiskornmengen auf den Schachbrettfeldern (Beispiel 2.4.2) zugrunde liegt, ist eine streng monoton steigende Folge, denn für alle n ∈ N gilt: an+1 = 2n > 2n−1 = an . Sie ist weiter auch ein Beispiel dafür, in welch unvorstellbarer Weise die Glieder einer geometrischen Folge anwachsen können. Analog zur Eigenschaft „(streng) monoton steigend“ definiert man „(streng) monoton fallend“; wir fassen zusammen: Definition 2.5.1 Eine Folge (an ) heißt Monotonie
(1) monoton steigend, wenn an+1 ≥ an ; (2) streng monoton steigend, wenn an+1 > an ; (3) monoton fallend, wenn an+1 ≤ an ; (4) streng monoton fallend, wenn an+1 < an ; für (jeweils) alle n ∈ N gilt. Bemerkung 2.5.2 Die in Definition 2.5.1 aufgeführten Eigenschaften von Folgen fasst man unter dem Begriff „Monotonie“ (oder „Monotonieverhalten“) zusammen. Eine monotone Folge ist also eine Folge, die entweder (streng) monoton steigt oder (streng) monoton fällt. Wichtig ist dabei, dass jeweils zwei aufeinander folgende Glieder der Eigenschaft ≥ (bzw. >, ≤, 100 n
c) Ist eine konstante Folge (an ) mit an = c (c ∈ R, fest) eine monoton steigende und/oder eine monoton fallende Folge? Wir haben bereits einige Beispiele für Folgen kennen gelernt, bei denen die Folgenglieder abwechselnd positives bzw. negatives Vorzeichen haben. Solche Folgen heißen alternierend. Definition 2.5.3 Eine Folge (an ) heißt alternierend, wenn je zwei aufeinander folgende Folgenglieder stets verschiedenes Vorzeichen haben, d.h. wenn für alle n ∈ N gilt: an+1 · an < 0 Aufgabe 2.10 a) Ist die Folge 8, −8, 8, −8, 8, . . . eine konstante und/oder eine alternierende Folge? b) Zeigen Sie: Für eine Folge (an ), deren Folgenglieder alle = 0 sind, n ≤ 1 für alle gilt: (an ) ist genau dann monoton steigend, wenn aan+1 n ∈ N gilt. c) Zeigen Sie, dass für eine beliebige Folge (an ) gilt: (an ) ist genau dann monoton steigend, wenn (−an ) monoton fallend ist. Alternierende Folgen sind nicht monoton, sie können aber monotone Teilfolgen besitzen. Im folgenden Beispiel ist das der Fall.
alternierende Folge
66
2. Folgen und Reihen
Beispiel 2.5.4 (Pendel) Ein Pendel (vgl. Abb. 2.5.1) werde nach rechts um 10 cm aus seiner Ruhelage entfernt und losgelassen.
–8
10
Abb. 2.5.1. Auslenkung eines Pendels aus der Ruhelage
Amplitude
Die Ausschläge nach beiden Seiten – sie heißen auch Amplituden – bilden dann eine Folge a 1 , a2 , a3 , a4 , . . . . Dabei unterscheiden wir die rechten und die linken Amplituden, indem wir die linken mit einem Minuszeichen versehen. Es sind also a1 , a3 , a5 , . . . positiv und a2 , a4 , a6 , . . . negativ. Aufgrund von Reibung an der Pendelaufhängung, Luftwiderstand usw. werden die auf a1 folgenden Amplituden nicht mehr den Betrag der „Anfangsauslenkung“ a1 erreichen. Wir nehmen an, die Versuchsanordnung sei so ausgestaltet, dass stets jeweils 80 % des Betrages der vorhergehenden Amplitude erreicht werden. Dann können wir die Glieder der Folge berechnen, wobei wir zu berücksichtigen haben, dass die Amplituden stets das Vorzeichen wechseln: (−0,8)
(0,8)
(−0,8)
...
10 −→ −8 −→ 6, 4 −→ −5, 12 −→ . . . Es ergibt sich das folgende Bildungsgesetz für die Folge der Pendelausschläge: a1 = 10 a2 = 10 · (−0, 8) = −8 a3 = 10 ·(−0, 8)·(−0, 8) = 10 ·(−0, 8)2 a4 = 10 · (−0, 8)3
2.5 Monotonie und beschränkte Folgen
67
.. . an = 10 · (−0, 8)n−1 . an 10
1
5
n
–10
Abb. 2.5.2. Folge der Pendelausschläge
Betrachten wir nur die Folgenglieder mit ungeradem Index (vgl. Abb. 2.5.2), also die Pendelausschläge nach rechts, so handelt es sich bei dieser Teilfolge um eine (streng) monoton fallende Folge. Dagegen bildet die Teilfolge der Folgenglieder mit geradem Index, also die Pendelausschläge nach links, eine (streng) monoton steigende Folge. (Beachten Sie: Betragsmäßig werden die Pendelausschläge nach links kleiner, wegen des negativen Vorzeichens handelt es sich aber um eine monoton steigende Teilfolge). Abschließend wollen wir noch betonen, dass man keineswegs alle Zahlenfolgen unter eine der in diesem Abschnitt betrachteten Eigenschaften unterordnen kann. Es lassen sich leicht (beliebig viele) Folgen angeben, die weder steigend, noch fallend, noch alternierend sind. Auf das Beispiel 2.1.1 (Anzahl der Teiler n ∈ N) trifft z. B. keine der Eigenschaften zu.
2.5.2 Beschränkte Folgen Folgen, deren Folgenglieder nicht beliebig groß oder beliebig klein werden, nennt man „beschränkt“.
68
beschränkte Folge
2. Folgen und Reihen
Definition 2.5.5 Eine Folge (an ) heißt beschränkt, wenn es zwei reelle Zahlen s und S gibt, so dass s ≤ an ≤ S für alle n ∈ N gilt. Die Zahlen s bzw. S heißen untere bzw. obere Schranke für die Folge (an ). Wenn es für die Folge keine untere oder keine obere Schranke gibt, so heißt sie nicht beschränkt oder unbeschränkt.
unbeschränkte Folge
Der Abb. 2.5.2 (Folge der Pendelausschläge) entnehmen wir, dass die gestrichelten Linien bei (10 bzw. −10) von den die Folge repräsentierenden Punkten weder über- noch unterschritten werden. Die Folgenglieder werden weder größer als 10 noch kleiner als −10, d.h. S = 10 bzw. s = −10 ist obere bzw. untere Schranke. Bemerkung 2.5.6 Da jede Zahl S ≥ 10 obere Schranke für die Folge der Pendelausschläge ist, gibt es also unendlich viele obere Schranken. Entsprechendes gilt für die unteren Schranken (s ≤ −8). Jede beschränkte Folge besitzt unendlich viele obere bzw. untere Schranken. Im folgenden Beispiel untersuchen wir nicht beschränkte Folgen. Beispiel 2.5.7 a) Für die Folge (an ) mit an = 2n können wir keine obere Schranke angeben, denn jede noch so groß gewählte Schranke wird von Folgengliedern (mit genügend großem Index n) überschritten. Untere Schranken für die Folge sind z. B. s1 = 2, s2 = 0, s3 = −1000 . Man sagt, eine solche Folge ist nach unten, aber nicht nach oben beschränkt. b) Die Folge (an ) mit an = (−1)n 2n ist weder nach oben noch nach unten beschränkt. Es gibt keine obere und auch keine untere Schranke.
nach oben beschränkt nach unten beschränkt
Definition 2.5.8 Eine Folge (an ) heißt nach oben beschränkt, wenn es eine Zahl S ∈ R gibt, so dass an ≤ S für alle n ∈ N gilt. Die Folge heißt nach unten beschränkt, wenn es eine Zahl s ∈ R gibt, so dass s ≤ an für alle n ∈ N gilt.
2.5 Monotonie und beschränkte Folgen
69
Aufgabe 2.11 a) Kann eine Folge, die nicht beschränkt ist, - nach unten beschränkt sein? - nach oben beschränkt sein? - nach unten und nach oben beschränkt sein? b) Welche Folgen sind nach oben bzw. nach unten beschränkt? 1 1 1 1 (1) 1, − , 2, − , 3, − , 4, − , . . . 2 3 4 5 (2) − 7, −7, −7, −7, . . . n 1 (3) (an ) mit an = − 2 Bemerkung 2.5.9 Man kann bei beschränkten Folgen die untere und die obere Schranke zu dem Begriff Schranke zusammenfassen: Ist s untere und S obere Schranke für (an ), so ist S ∗ = max{|s|, |S|} eine Schranke für (an ). Dies ist insofern bequem, als |an | ≤ S ∗ (für jedes n ∈ N) geschrieben werden kann.17 Unter allen Schranken wird die kleinste obere Schranke bzw. die größte untere Schranke hervorgehoben: Man bezeichnet sie als Supremum bzw. als Infimum der Folge und verwendet die Abkürzungen sup(an ) bzw. inf (an ) . n∈N
n∈N
Für die Folge der Pendelausschläge (Beispiel 2.5.4) gilt: sup(an ) = 10 und inf (an ) = −8 . n∈N
n∈N
Hier kommen das Supremum der Folge und das Infimum der Folge als Folgenglieder vor, d.h. es ist sup(an ) = a1 und inf (an ) = a2 . n∈N
n∈N
Das ist nicht immer der Fall: Zwar stimmt das Supremum der Folge ( n1 ) ebenfalls mit einem Folgenglied überein, 1 sup = 1 = a1 , n∈N n aber es gibt kein Folgenglied, das gleich dem Infimum dieser Folge ist: 1 inf = 0. n∈N n 17
Zum Betrag einer Zahl vgl. Anhang A, Definition A.2.15.
Schranke
Supremum Infimum
70
2. Folgen und Reihen
2.6 Konvergenz bei Folgen Wir behandeln in diesem Abschnitt das Verhalten von Zahlenfolgen für wachsende Indexwerte n ∈ N. Es kommen im wesentlichen drei „Verhaltensmuster“ vor: (i)
Die Glieder der Folge nähern sich mit wachsendem n genau einer Zahl. 1 Beispiel: Bei der Folge n nähern sie sich der Zahl 0 und bei der n+1 Folge n der Zahl 1.
(ii) Mit wachsendem Index n „nähern sich die Glieder der Folge abwechselnd“ zwei (oder mehr) verschiedenen Zahlen. n Beispiel: Bei der Folge (−1) n+1 „nähern sich die Folgenglieder n abwechselnd“ den beiden Zahlen +1 und −1. (iii) Die Glieder der Folge wachsen mit n über jede noch so große (positive) Zahl (bzw. werden kleiner als jede noch so kleine negative Zahl). Beispiel: Die Glieder der Folge (n) werden beliebig groß; die Fol genglieder von −n3 werden betragsmäßig beliebig groß, wegen des negativen Vorzeichens also beliebig klein.
Grenzwert Konvergenz
Mit den „Verhaltensmustern“ (ii) und (iii) beschäftigen wir uns in einem späteren Abschnitt. Wir untersuchen zunächst alle Folgen, bei denen die Folgenglieder für wachsenden Index n ∈ N alle einer (festen) Zahl zustreben. Wir werden diese Zahl Grenzwert nennen und von der Konvergenz der Folge gegen den Grenzwert sprechen.
2.6.1 Beispiel für eine Nullfolge Folgen, deren Folgenglieder gegen die Zahl 0 streben, nennt man Nullfolgen18 . Anhand der Folge der Pendelausschläge (Beispiel 2.5.4) wollen wir verdeutlichen, wie „gegen 0 streben“ mathematisch präzise erfasst werden kann. Je länger wir das Pendel beobachten, umso kleiner werden die Pendelamplituden. Nehmen wir (etwas vereinfachend) an, dass das Auflösungsvermögen des menschlichen Auge 1/10 cm beträgt, so steht das Pendel für das menschliche Auge still, wenn die Pendelamplituden kleiner als 1/10 cm geworden sind. Nach dem Bildungsgesetz der Folge der Pendelausschläge an = 10 · (−0, 8)n−1 18
Vgl. Definition 2.6.1.
(2.6.1)
2.6 Konvergenz bei Folgen
71
können wir ausrechnen, ab dem wievielten Pendelausschlag dies der Fall ist: |an | < 1/10 für alle n > n0 = 21 . Mit einer einfachen Optik (ihr Auflösungsvermögen betrage 1/100 cm) können wir das Weiterschwingen des Pendels feststellen, bis die Amplituden 1/100 cm erreichen. Aus (2.6.1) berechnen wir, dass dies nach dem 31. Pendelausschlag der Fall ist: |an |
n1 = 31 . 100
Mit einer Präzisionsoptik (ihr Auflösungsvermögen betrage 1/1000 cm) können wir weitere Pendelausschläge sichtbar machen, bis sich nach einer gewissen Anzahl n2 die Amplituden nicht mehr als 1/1000 cm von 0 unterscheiden. Wir können diesen Prozess weiterführen z. B. mit Hilfe von elektronenmikroskopischen Messungen. Je nach Genauigkeit der Messung sind noch Amplituden von z. B. 1/10000 cm oder 1/100000 cm wahrnehmbar. Der Gleichung (2.6.1) für die Pendelamplituden entnehmen wir, dass dieser Prozess beliebig fortzusetzen wäre, wenn uns Messgeräte mit immer höherem Auflösungsvermögen zur Verfügung ständen, denn die Zahlen an nähern sich wohl immer mehr der 0, sie bleiben aber = 0. Damit haben wir bei diesem Beispiel die wesentlichen Merkmale einer Nullfolge schon zusammengestellt: Die Amplituden der Folge der Pendelausschläge „streben gegen 0“ (man sagt: „konvergieren gegen 0“) im folgenden Sinn: Für immer größer werdende Indizes n ∈ N (n > n0 bzw. n > n1 bzw. . . . ) entfernen sich die an (betragsmäßig) nicht mehr weiter von 0 als 1/10 cm bzw. 1/100 cm bzw. . . . . Die präzise mathematische Formulierung hierfür lautet: Zu vorgegebenen Zahlen ε > 0 gibt es also jeweils einen passenden Index n (ε), so dass |an | nicht mehr größer wird als ε für alle n > n (ε). Der Index ändert sich dabei natürlich mit ε19 : menschliches Auge: |an | < ε0 =
1 für alle n > n0 = 21 ; 10
|an | < ε1 =
1 für alle n > n1 = 31 ; 100
einfache Optik:
19
Lies: Epsilon (griechischer Buchstabe). Kleine Größen werden in der Mathematik häufig mit griechischen Buchstaben ε oder δ (Delta) bezeichnet.
72
2. Folgen und Reihen
Präzisionsoptik: |an | < ε2 =
1 für alle n > n2 = 42 ; 1000
elektronenmikroskopische Messung: |an | < ε3 =
1 für alle n > n3 = 53 ; 10000
|an | < ε4 =
1 für alle n > n4 = 62 . 100000
Aufgabe 2.12 Wie viele Pendelamplituden (Beispiel 2.5.4) sind größer als 1/10 cm bzw. 1/100 cm bzw. 1/1000 cm? Sind also bei jeder der Wahrnehmbarkeitsschranken jeweils endlich viele oder unendlich viele Amplituden größer als die angegebene Schranke? Wie viele Amplituden bleiben kleiner als die angegebene Schranke? Als präzise, algebraische Formulierung für „die Amplitude liegt unterhalb der Wahrnehmbarkeistsschranke von z. B. ε2 = 1/1000 (Präzisionsoptik)“ haben wir |an | < ε2 für alle n > n2 gefunden, was nichts anderes bedeutet, als dass der Abstand20 der Zahl an von 0 kleiner als ε2 ist: |an − 0| < ε2 für alle n > n2 . Dies führt uns zum Begriff der ε-Umgebung von 0. Im folgenden Abschnitt behandeln wir - im Hinblick auf unsere weiteren Untersuchungen – direkt ε-Umgebungen einer Zahl a ∈ R, da sich die Definition einer ε-Umgebung von 0 grundsätzlich nicht von der Definition einer ε-Umgebung einer Zahl a = 0 unterscheidet. 2.6.2 ε-Umgebung von a ∈ R Zur Einführung wählen wir a = 1. Die Frage, welche reellen Zahlen „in der Nähe“ der Zahl 1 oder „in einer Umgebung von 1“ liegen, ist in dieser unpräzisen Form nicht zu beantworten, denn wie groß soll die „Umgebung“ sein? Liegen z. B. negative Zahlen noch „in der Nähe von 1“? Wir definieren: Alle reellen Zahlen, die von 1 einen Abstand kleiner als z. B. 0,3 haben, liegen in einer 0,3-Umgebung von 1 (vgl. Abb. 2.6.1). 20
Vgl. Anhang A.
2.6 Konvergenz bei Folgen
73
0,3-Umgebung von 1 –1
0
0,7
1 1,3
2
3
2-Umgebung von 1 Abb. 2.6.1. Umgebung der Zahl 1
Die reellen Zahlen x, die von 1 einen Abstand kleiner als 0,3 haben, erfüllen die Ungleichung |x − 1| < 0, 3. Wir lösen nach x auf: 1 − 0, 3 < x < 1 + 0, 3 oder 0, 7 < x < 1, 3. In der Schreibweise von offenen Intervallen21 ergibt sich: x ∈ (1 − 0, 3; 1 + 0, 3) oder x ∈ (0, 7; 1, 3) . Dies entspricht unserer Vorstellung, dass x in einer 0,3-Umgebung von 1 (abgekürzt: „U0,3 (1)“) liegt: U0,3 (1) = {x ∈ R | 0 < |x − 1| < 0, 3} 22 = (1 − 0, 3; 1 + 0, 3) . Schreiben wir nun ε anstelle von 0,3 und a (∈ R) statt 1, so kommen wir zum Begriff der ε-Umgebung von a ∈ R: Definition 2.6.1 Sind ε > 0 und a reelle Zahlen, so heißt die Menge Uε (a) = {x ∈ R | |x − a| < ε} = {x ∈ R | a − ε < x < a + ε} ε-Umgebung von a ∈ R. Da es beliebig viele positive Zahlen ε gibt, gibt es also beliebig viele ε-Umgebungen einer (festen) Zahl a. Weiter ist die Schnittmenge23 21 22 23
Zum Begriff Intervall vgl. Anhang A; zur Mengenschreibweise vgl. Anhang B. Lies: „U0,3 von 1 ist gleich der Menge aller x aus R, für die gilt: 0 kleiner x − 1 Betrag kleiner 0, 3“; vgl. auch Anhang B Vgl. Anhang B.
ε-Umgebung
74
2. Folgen und Reihen
von ε-Umgebungen von a wieder eine ε-Umgebung von a, nämlich die kleinere: Uε (a) ∩ Uε1 (a) = Uε1 (a) , falls ε1 ≤ ε. Aufgabe 2.13 a) Schreiben Sie die ε-Umgebungen U0,7 (5), U1 (1), U0,1 (0) in der Form eines offenen Intervalls. b) Welche der Zahlen 1, 12 , 2, 13 , 3,
1 4
liegen in Uε (0) mit
(1) ε = 3 (2) ε = 0, 1 ?
2.6.3 Nullfolgen Wir formulieren das Charakteristische einer Nullfolge, das wir am Beispiel der Pendelausschläge bereits aufgezeigt haben, nun mit Hilfe von ε-Umgebungen. Zu jeder (beliebig vorgegebenen, noch so kleinen) Zahl ε > 0 gibt es jeweils einen (passenden) Index n (ε), so dass die Pendelausschläge an in der ε-Umgebung Uε (0) liegen für alle n > n (ε): menschliches Auge: an ∈ Uε0 (0) für alle n > n (ε0 ) = n0 = 21 ; einfache Optik: an ∈ Uε1 (0) für alle n > n (ε1 ) = n1 = 31 ; Präzisionsoptik: an ∈ Uε2 (0) für alle n > n (ε2 ) = n2 = 42 ; elektronenmikroskopische Messung: an ∈ Uε3 (0) für alle n > n (ε3 ) = n3 = 53 ; an ∈ Uε4 (0) für alle n > n (ε4 ) = n4 = 62 mit ε0 =
1 10 ,
ε1 =
1 100 ,
ε2 =
1 1000 ,
ε3 =
1 10000 ,
ε4 =
1 100000 .
2.6 Konvergenz bei Folgen
75
Definition 2.6.2 Eine Folge (an ) heißt Nullfolge, wenn es zu jeder reellen Zahl ε > 0 einen Index n (ε) gibt, so dass für alle n > n (ε) gilt: an ∈ Uε (0) . Die Zahl 0 heißt dann Grenzwert der Folge. Man sagt: „Eine Nullfolge konvergiert gegen ihren Grenzwert 0“oder auch: „Eine Nullfolge besitzt den Grenzwert 0“, und schreibt: an → 0 für n → ∞ (lies: „an gegen 0 für n gegen ∞“) oder lim an = 0
n→∞
(lies: „Limes an für n gegen ∞ gleich 0“)24 . Aufgabe 2.14 a) Wie lautet der Grenzwert der Folge
1 n
? Gilt lim
n→∞
1 = 0? n
b) Gelten die folgenden Beziehungen für die Glieder der Folge
1 n ?
1 (0) , (1) a3 ∈ U 10
(2) a15 ∈ U 101 (0) , (3) a1 ∈ U1 (0) , (4) |an − 0|
0 ein n (ε) gibt, so dass an ∈ Uε (0) für alle n > n (ε). Ist ε > 0 eine beliebige, sehr kleine Zahl, dann soll gelten: 24
Limes (lateinisch) heißt Grenze.
Nullfolge
76
2. Folgen und Reihen
0 − 1 = 1 < ε .
n 2 2n
Wir wollen n (ε) berechnen, d.h. bestimmen, für welche n diese Ungleichung erfüllt ist. Dazu logarithmieren25 wir beide Seiten der Ungleichung, dabei bleibt die Ungleichheitsbeziehung erhalten. Es ergibt sich: 1 log < log ε . 2n Formt man die Ungleichung um, so erhält man: − log (2n ) < log ε −n · log 2 < log ε log ε −n < log 2 log 1ε n> log 2 Selbst wenn man ε beliebig klein macht, ergibt sich aus der Ungleichung für n immer noch ein endlicher Wert. Es liegen also immer nur endlich viele Glieder der Folge außerhalb der ε-Umgebung um den Grenzwert 0. Alle Glieder der Folge
2
−n
log 1ε mit n > log 2
liegen im Intervall (−ε, ε). Definitionsgemäß ist somit 0 der Grenzwert der Folge. Aufgabe 2.15 a) Wie groß muss in dem vorhergehenden Beispiel n mindestens sein, wenn sich die Folgenglieder (Papierfläche) von ihrem Grenzwert 0 1 unterscheiden sollen? nur um höchstens 10000 1 1 und zu ε = 100 einen Index n (ε) an, so dass b) Geben Sie zu ε = 15 1 für alle Folgenglieder an = n , n > n (ε), gilt: |an | < ε . Geben Sie zu beliebigem ε > 0 einen Index n (ε) an, so dass |an | < ε für alle n > n (ε) .
c) Ist der zu ε > 0 gehörende Index n (ε) für die Folge bestimmt? 25
Vgl. Anhang A.
1 n
eindeutig
2.6 Konvergenz bei Folgen
77
n 3
d) Es sei ε > 0 eine reelle Zahl und n (ε) = 3ε . Gilt dann (−1) n+1
< ε für alle n > n (ε), n ∈ N? Ist also die Folge (an ) mit an = n 3 (−1) n+1 eine Nullfolge? e) Geometrische Folgen besitzen ein Bildungsgesetz der Form an = a1 q n−1 , a1 = 0.26 Es gelte für den konstanten Quotienten q die Ungleichung: |q| < 1. Sind dann (1) (q n ) (2) (an ) mit an = a1 q n−1 , a1 = 0 , Nullfolgen? Begründen Sie Ihre Antwort. f) Begründen Sie mit Hilfe der Argumentation in e) dieser Aufgabe, dass die Folge der Vorsprünge der Schildkröte (Beispiel 1.1.5) und die Folge der Geschwindigkeitszuwächse (Beispiel 1.1.6) Nullfolgen sind. 2.6.4 Folgen mit von Null verschiedenen Grenzwerten Nullfolgen sind konvergente Folgen mit dem Grenzwert 0. Nun gehen wir auf konvergente Folgen mit von 0 verschiedenen Grenzwerten ein. Beispiel 2.6.4 Addieren wir zu jedem Folgenglied der Folge n1 die Zahl 2, so erhalten wir die Folge (an ) mit 1 an = 2 + . n Anschaulich streben die Folgenglieder an offensichtlich gegen die Zahl 2. In Analogie zu den Nullfolgen wird man erwarten, dass 2 der Grenzwert von (an ) ist, wenn es für jedes (beliebige) ε > 0 einen Index n (ε) gibt, so dass |an − 2| < ε für alle n > n (ε) . Wir zeigen dies: Sei nämlich ε > 0 eine (beliebig vorgegebene) Zahl, dann gilt, da n1 Nullfolge ist: Zu ε gibt es einen Index n (ε), so dass
1
< ε für alle n > n (ε) .
n
Hieraus folgt aber unmittelbar:
1
1 |an − 2| =
2 + − 2
=
< ε für alle n > n (ε) , n n 26
Vgl. Abschnitt 2.4.1.
78
2. Folgen und Reihen
also haben Folgenglieder an mit einem Index n > n (ε) von der Zahl 2 einen geringeren Abstand als ε. Formulieren wir dies mit Hilfe der ε-Umgebung, so gilt also: an ∈ Uε (2) für alle n > n (ε) .
Grenzwert einer Folge
Definition 2.6.5 Eine Zahl a ∈ R heißt Grenzwert einer Folge (an ), wenn es zu jedem ε > 0 einen Index n (ε) gibt, so dass für alle Folgenglieder an mit n > n (ε) gilt: an ∈ Uε (a) . Man schreibt: an → a für n → ∞ oder lim an = a , n→∞
und sagt auch: • Die Folge (an ) besitzt den Grenzwert a. • Die Folge (an ) konvergiert gegen (den Grenzwert) a. • Der Grenzwert lim an existiert. n→∞
Aufgabe 2.16 a) Welchen Grenzwert a hat die Folge (an )? Bestimmen Sie zu den angegebenen Werten von ε die Zahlen n (ε) so, dass |an − a| < ε für alle n > n (ε) gilt. (1) an = 1 −
2 n+1 ,
(2) an = −7, ε1 =
ε= 1 2
1 20
,
und ε2 =
1 1000
.
b) Stellen Sie unter Verwendung der Folge Grenzwert a = 5 besitzt.
3 2n
eine Folge her, die den
Die Folge (an ) mit an = 2 + n1 von Beispiel 2.6.4 konvergiert gegen den Grenzwert 2. Subtrahieren wir den Grenzwert von jedem Folgenglied 1 1 a n1 , also an − 2 = 2 + n − 2 = n , so ergibt sich wieder die Nullfolge n . Diese Vorgehensweise beinhaltet ein für beliebige Folgen gültiges Konvergenz-Kriterium: Regel 2.6.6 Die Folge (an ) besitzt den Grenzwert a ∈ R, wenn die Folge (an − a) eine Nullfolge ist.
2.6 Konvergenz bei Folgen
79
2.6.5 Eindeutigkeit des Grenzwertes, Divergenz Wir untersuchen die Frage, ob eine Folge zwei (verschiedene) Grenzwerte haben kann. Dazu greifen wir das zu Beginn des Abschnittes 2.6 erwähnte „Verhal n tensmuster (ii)“ auf: Die Glieder der Folge (an ) mit an = (−1) 1 + n1 „nähern sich abwechselnd“ den beiden Zahlen −1 und +1. Eine solche Folge besitzt nicht etwa zwei Grenzwerte, sondern keinen, denn betrachten wir z. B. für ε = 0, 5 die ε-Umgebung U0,5 (1), so gibt es immer wieder (negative) Folgenglieder, die nicht in dieser Umgebung liegen, wie groß wir den Index n auch wählen. Entsprechendes gilt für jedes kleinere ε > 0 und analog auch für a = −1.Die Zahlen −1 und 1 sind also keine Grenzwerte für die Folge (−1)n 1 + n1 .27 Satz 2.6.7 Wenn eine Folge einen Grenzwert besitzt, so ist dieser eindeutig bestimmt. Der Begriff „Grenzwert“ beinhaltet stets die Eindeutigkeit des Grenzwertes. Dies ist nicht nur hier bei den Folgen der Fall, sondern gilt auch für die in Kap. 4 behandelten Grenzwerte von Funktionen. Wir vertiefen daher an dieser Stelle die Aussage von Satz 2.6.7: Es sei (an ) eine Folge mit dem Grenzwert a , und es sei a eine von a verschiedene Zahl, a = a . Wir zeigen, dass a nicht auch Grenzwert der Folge (an ) sein kann. Dazu bilden wir die Differenz d = a − a . Es gilt d = 0, da a = a ist. Die Umgebungen U d (a ) und U d (a ) sind (nach Kon4 4 struktion) disjunkte Mengen, d.h. U d (a ) ∩ U d (a ) = ∅28 (vgl. Abb. 2.6.2). 4
4
Da a Grenzwert der Folge ist, liegen ab einem Index n d4 alle Folgenglieder an in U d (a ) und damit außerhalb von U d (a ). Also ist a nicht 4 4 ebenfalls Grenzwert der Folge (an ). An diesen Überlegungen ändert sich prinzipiell auch nichts, wenn a und a „sehr nahe“ beieinander liegen, dann ist lediglich d „sehr klein“. Definition 2.6.8 Eine Folge, die nicht (gegen einen Grenzwert) konvergiert, heißt divergent. 27 28
Die Zahlen −1 und 1 sind sog. Häufungspunkte der Folge; wir gehen jedoch auf diesen Begriff nicht näher ein, vgl. z. B. Erwe (1969), Band 1. ∅ ist die leere Menge, disjunkte Mengen haben keine gemeinsamen Elemente, vgl. Anhang B.
divergente Folge
80
2. Folgen und Reihen U d (a¢)
U d ( a ¢¢ )
4
4
d
a¢
a ¢¢
Abb. 2.6.2. Disjunkte Umgebungen von a und a (|a − a | = d = 0)
Beispiel 2.6.9 Beispiele für divergente Folgen sind: (1) die zu Beginn dieses Abschnittes betrachtete Folge (an ) mit 1 n an = (−1) 1 + ; n (2) die Folge (an ) mit an =
⎧ ⎨1 +
1 n
für n gerade
⎩2 +
1 n
für n ungerade
(3) die Folge (an ) mit an = 2n + 3. Aufgabe 2.17 a) Ist die Folge (an ) mit an =
1 n
n
für n gerade für n ungerade.
eine Nullfolge oder eine divergente Folge? 1 1 1 b) Ist die Folge 2, 2 12 , 2 31 , 2 41 , . . . , 2 1000 , 2 1000 , 2 1000 , ...
• eine Nullfolge? • eine (konvergente) Folge mit von 0 verschiedenem Grenzwert? • eine divergente Folge?
2.6 Konvergenz bei Folgen
81
2.6.6 Konvergenz monotoner und beschränkter Folgen Wir stellen in diesem Abschnitt den Zusammenhang zwischen Monotonie bzw. Beschränktheit und Konvergenz von Folgen her und untersuchen dazu die Fragen: (i)
Sind monotone Folgen stets konvergent?
(ii) Sind beschränkte Folgen stets konvergent? Und umgekehrt: (iii) Ist eine konvergente Folge stets monoton? (iv) Ist eine konvergente Folge stets beschränkt? Die Fragen (i) und (ii) sind zu verneinen, wie die folgenden Beispiele zeigen: Zu (i): (2n) ist streng monoton steigend und divergent ( lim 2n exisn→∞
tiert nicht). (3 − n) ist streng monoton fallend und divergent. Zu (ii): (−1, 1, −1, 1, . . . ) ist beschränkt (Schranken sind z. B. s = −1, S = 1), die Folge ist nicht konvergent. Frage (iii) können wir in Erinnerung an die Folge der Pendelausschläge (Beispiel 2.5.4) ebenfalls unmittelbar verneinen: Die Folge der Pendelausschläge ist nicht monoton (sondern alternierend, vgl. Abschn. 2.5.1), aber konvergent gegen den Grenzwert 0 (Nullfolge). Zu Frage (iv) überlegen wir uns folgendes: Die Folgenglieder an der n gegen 2 konvergenten Folge 2 + (−1) n1 liegen für n > 2 alle in der Umgebung U 12 (2) des Grenzwertes, d.h. 2 − 12 < an < 2 + 12 für alle n > 2. Außerhalb dieser Umgebung liegen nur a1 und a2 , und für diese beiden Folgenglieder gilt: 1 ≤ ai ≤ 2, 5 für i = 1, 2. Die Folge ist also beschränkt. Schranken sind z. B. s = 1 und S = 2, 5. Diese Überlegungen lassen sich auf beliebige konvergente Folgen übertragen: Satz 2.6.10 Jede konvergente Folge ist beschränkt. In Umkehrung von Satz 2.6.10 reicht die Eigenschaft, beschränkt zu sein, für die Konvergenz einer Folge nicht aus (wir haben Frage (ii) oben verneint). Wenn eine Folge aber beschränkt und monoton ist, dann ist sie konvergent:
82
2. Folgen und Reihen
Satz 2.6.11 Ist eine Folge (an ) beschränkt und monoton (steigend oder fallend), dann ist sie konvergent. Verdeutlichen Sie sich diesen Satz anhand der folgenden Aufgabe: Aufgabe 2.18
3 a) Geben Sie für die Folgen 7 − n2 bzw. n+1 (1) obere und untere Schranken, (2) Supremum und Infimum, (3) den Grenzwert an. Sind die Folgen monoton? b) Machen Sie sich die folgenden Aussagen an Beispielen klar. Sind die Aussagen richtig? (1) Eine konstante Folge kann keine Nullfolge sein. (2) Eine monoton fallende Folge ist stets eine Nullfolge. (3) Eine monoton steigende Folge ist niemals eine Nullfolge. (4) Es gibt keine geometrische Folge, die Nullfolge ist.
2.6.7 Berechnung von Grenzwerten Da die Berechnung von Grenzwerten bzw. der Nachweis der Konvergenz gegen einen (vermuteten) Grenzwert gemäß Definition 2.6.8 oft sehr umständlich ist, hat man Regeln entwickelt, mit deren Hilfe sich Grenzwertbestimmungen wesentlich vereinfachen. Diese Regeln beruhen darauf, dass man Folgen addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren kann (vgl. Abschn. 2.1.3). Beispiel 2.6.12 Gegeben seien die Folgen (an ) und (bn ) mit an = 9− n12 und bn = 3+ n1 . Die Grenzwerte lauten: lim an = 9 und lim bn = 3 .
n→∞
n→∞
Wir bilden aus beiden Folgen die Summen-, die Differenz-, die Produktund die Quotientenfolge und bestimmen jeweils den Grenzwert:
2.6 Konvergenz bei Folgen
an + b n = 9 −
83
+ 3 + n1 = 12 + n1 − n12 1 1 lim (an + bn ) = lim 12 + − 2 = 12 n→∞ n→∞ n n 12 ist die Summe aus dem Grenzwert a = 9 der Folge (an ) und dem Grenzwert b = 3 aus der Folge (bn ). b) an − bn = 9 − n12 − 3 + n1 = 6 − n12 − n1 1 1 lim (an − bn ) = lim 6 − 2 − =6 n→∞ n→∞ n n 6 ist die Differenz zwischen den Grenzwerten: a − b = 9 − 3 = 6. c) an · bn = 9 − n12 · 3 + n1 = 27 + n9 − n32 − n13 3 1 9 lim (an · bn ) = lim 27 + − 2 − 3 = 27 n→∞ n→∞ n n n 27 ist das Produkt der Grenzwerte: a · b = 9 · 3 = 27. 9− n12 (3− n1 )·(3+ n1 ) an = = = 3 − n1 d) 1 1 bn 3+ n 3+ n an 1 lim = lim 3 − = 3. n→∞ bn n→∞ n 3 ist der Quotient der Grenzwerte: ab = 93 = 3.
a)
1 n2
Die Grenzwertberechnungen in Beispiel 2.6.12 beruhen auf den folgenden Regeln für das Rechnen mit Grenzwerten: Regel 2.6.13 Es seien (an ) und (bn ) konvergente (reelle Zahlen-) Folgen mit lim an = a und lim bn = b. Dann sind die Summenfolge (an + bn ),
n→∞
n→∞
die Differenzfolge (an − bn ), die Produktfolge (an · bn ) und die Quotientenfolge abnn ( falls bn = 0 für alle n ∈ N und b = 0) ebenfalls konvergent und es gilt: lim (an + bn ) = lim an + lim bn = a + b
(2.6.2)
lim (an − bn ) = lim an − lim bn = a − b
(2.6.3)
lim (an · bn ) = lim an · lim bn = a · b
(2.6.4)
n→∞
n→∞
n→∞
n→∞
n→∞
n→∞
n→∞ n→∞
n→∞
lim an an a = n→∞ = . n→∞ bn lim bn b lim
(2.6.5)
n→∞
Die zentrale Bedeutung der Grenzwertregeln (2.6.2) bis (2.6.5) liegt in der folgenden Anwendung: Eine vorgegebene Folge (an ) kann z. B. als Quotient von Summenfolgen aufgefasst werden. Mit Hilfe der Zerlegung
84
2. Folgen und Reihen
des vorgegebenen Terms für an lässt sich dann der Grenzwert nach den Grenzwertregeln bestimmen bzw. gegebenenfalls auch feststellen, dass kein Grenzwert existiert. Im folgenden Beispiel berechnen wir den Grenzwert nach dieser Methode. Beispiel 2.6.14 Gegen welchen Grenzwert konvergiert die Folge (an ) mit an =
2n3 − n2 + 3 ? n3 − n
Zunächst dividieren wir Zähler und Nenner von an durch die höchste vorkommende Potenz: an =
2 − n1 + n33 1 − n12
Nun wenden wir (in geeigneter Reihenfolge) die Grenzwertregeln (2.6.2), (2.6.3) und (2.6.5) an: 2 − n1 + n33 n→∞ 1 − n12 3 1 lim 2 − + 3 n→∞ n n = 1 lim 1 − 2 n→∞ n 1 3 + lim 3 lim 2 − lim n→∞ n→∞ n n→∞ n = 1 lim 1 − lim 2 n→∞ n→∞ n 2−0+0 = 2. = 1−0
lim an = lim
n→∞
Aufgabe 2.19 Berechnen Sie – wenn möglich – den Grenzwert der Folge (an ) für: a)an =
5n 2n−1
b) an =
8+n 3n−5
c) an =
3−2n2 n2
d)an =
3−2n2 n3
e) an =
3−2n3 n2
f) an =
n2 +3 n3 +1
Wir warnen aber vor allzu sorglosem Umgang mit den Grenzwertregeln: Beispiel 2.6.15 In den folgenden Beispielen gilt die Grenzwertregel (2.6.5) für Quotian entenfolgen nicht. Gibt es dennoch den Grenzwert lim ? n→∞ bn
2.7 Konvergenz bei Reihen
85
a) (an ) = n6 und (bn ) = n5 . Hier ist abnn = n6 · n5 = 65 , der Grenzwert dieser (konstanten) Folge ist gleich 65 . Die Grenzwertregel ist nicht anwendbar, da lim bn = 0, also b = 0 ist. n→∞ 1 b) (an ) = 3 − n und (bn ) = n2 . Hier ist ebenfalls lim bn = b = n→∞ 0, die Grenzwertregel für Quotientenfolgen somit nicht anwendbar. Weiter gilt: 3− an = 2 bn n
1 n
=
3n − 1 → ∞ für n → ∞ . 2
Es gibt keinen Grenzwert der Folge
an bn .
c) (an ) = (6) und (bn ) = (3 + (−1)n ). Die Folgenglieder bn sind abwechselnd gleich 4 und gleich 2; die Folge divergiert. Damit ist auch die Folge abnn divergent.
2.7 Konvergenz bei Reihen In Abschnitt 2.2 haben wir zu einer Folge (an ) die zugehörige Folge der Partialsummen (sn ) mit n ai sn = i=1
definiert, also die zu (an ) gehörige Reihe. Die Reihe ist konvergent, wenn (sn ) als Folge konvergiert. Definition 2.7.1 Es sei (sn ) die zu der Folge (an ) gehörige Reihe. Dann heißt, falls lim sn = s existiert, dieser Grenzwert
n→∞
s = lim sn = lim n→∞
n→∞
n i=1
ai
=
∞
ai
i=1
Summe der Reihe (sn ). Die Reihe (sn ) heißt konvergent. Beispiel 2.7.2 Für die zur Folge (an ) = 21n gehörige Reihe (sn ) gilt nach Regel 2.4.7: n 1 1 1 1 1 − 12 . sn = + + . . . + n = · 2 4 2 2 1 − 12
Summe konvergente Reihe
86
2. Folgen und Reihen
Wir erhalten die Summe der Reihe: n ∞ 1 1 1 − 12 1 1 − = 1 , also lim sn = lim · = lim = 1. i n→∞ n→∞ 2 n→∞ 2n 2 1 − 12 i=1 Dieser Reihe liegt das praktische Beispiel über die DIN-Papierformate zugrunde (vgl. Aufgabe 2.7 b). Da an = 21n den Flächeninhalt des Formates DIN-An bezeichnet, veranschaulicht Abb. 2.4.1 das Ergebnis: die (unendliche) Summe über alle Flächeninhalte An ist 1 (n ≥ 1). Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine (beliebige) Reihe konvergent ist, besitzt keine einfache, allgemein gültige Antwort. Es gibt verschiedene Kriterien, d.h. Bedingungen an die Reihensummanden an , die dann die Konvergenz der Reihe sichern. Wir gehen hier nur auf die Konvergenz geometrischer Reihen ein. In Beispiel 2.7.2 haben wir gezeigt, dass eine bestimmte geometrische Reihe konvergent ist, nämlich: ∞ 1 = 1. 2n n=1
Es nun sei (sn ) die zu einer beliebigen geometrischen Folge (an ) = a1 q n−1 gehörige geometrische Reihe. In Abhängigkeit vom Wert für q lassen sich Aussagen über die Konvergenz dieser Reihe machen. Wir setzen zunächst q = 1 voraus. Dann gilt nach Regel 2.4.7: sn = a 1
1 − qn . 1−q
1. Fall: q > 1: (q n ) ist nach oben nicht beschränkt und damit (1 − q n ) sowie (sn ) nach unten nicht beschränkt. Nach Satz 2.6.10 kann die unendliche Reihe (sn ) also nicht konvergent sein.29 2. Fall: −1 < q < 1: Die Folge (q n ) ist Nullfolge, mit Hilfe der Grenzwertregeln (Regel 2.6.13) folgt: lim sn = lim a1
n→∞
n→∞
1 − qn 1 = a1 ; 1−q 1−q
d.h. die unendliche Reihe (sn ) besitzt die Summe s = 29
a1 1−q .
An dieser Stelle möchten wir Sie exemplarisch auf ein Prinzip mathematischer Denkweise hinweisen: Regeln können nicht nur „positiv“ angewandt werden (immer Voraussetzungen beachten!), sondern aus ihnen können oft auch recht schnell „Negativ–Ergebnisse“ abgeleitet werden wie im vorliegenden „1. Fall“ mit Hilfe von Satz 2.6.10: „Wenn nicht beschränkt, dann auch nicht konvergent“, ein Grenzwert muss also gar nicht erst gesucht werden.
2.7 Konvergenz bei Reihen
87
3. Fall: q = −1: (q n ) ist eine divergente Folge; die Folgenglieder sind abwechselnd gleich +1 und −1. Daher wird der Zähler von 1−qn abwechselnd gleich 0 und gleich 2 und damit (sn ) = 1−q (a1 , 0, a1 , 0, . . . ). Die unendliche Reihe (sn ) ist divergent. 4. Fall: q < −1: (q n ) ist nach oben und nach unten unbeschränkt, dasn selbe gilt dann für den Zähler von 1−q 1−q , also ist (sn ) divergent. Ist q = 1, so sind alle Glieder der geometrischen Folge gleich a1 und es gilt für sn : s1 = a1 , s2 = 2a1 , s3 = 3a1 , . . . , sn = na1 ; also ist (sn ) divergent30 . Damit haben wir folgende Regel erhalten: Regel 2.7.3 Es sei (sn ) die zu der geometrischen Folge (an ) mit an = a1 q n−1 , a1 = 0, gehörige Reihe. Für −1 < q < 1 ist die Reihe (sn ) konvergent, und es gilt für die Summe der Reihe: ∞
an =
n=1
a1 . 1−q
Beispiel 2.7.4 a) In Beispiel 1.1.5 gaben wir an, dass Achilles die Schildkröte bei 11 91 m eingeholt hat. Wir berechnen dies nach Regel 2.7.3: 1 Es ist an = a1 · q n−1 , n ∈ N, a1 = 10, q = 10 die (geometrische) Folge der Vorsprünge der Schildkröte (vgl. Aufgabe 2.7c und Aufgabe 2.15f). Die zugehörige Folge der (in der n-ten Wettlaufphase) insgesamt zurückgelegten Strecke lautet: sn =
n i=1
ai =
n i=1
10 ·
1 . 10i−1
1
< 1, ist die Reihe (sn ) konvergent; die Summe der Da |q| = 10 Reihe lautet: lim sn =
n←∞
1 10 100 1 = 9 = 11 9 . 1 − 10
b) Die Höchstgeschwindigkeit in Beispiel 1.1.6 beträgt 160 km/h. Denn: Die Folge der Geschwindigkeitszuwächse lautet an = a1 · q n−1 , n ∈ N, a1 = 80, q = 12 (vgl. Aufgabe 2.7d und Aufgabe 2.15f). Die zum 30
Für alle geometrischen Folgen gilt: a1 = 0, vgl. Abschnitt 2.4.1.
Summe einer geometrischen Reihe
88
2. Folgen und Reihen
Zeitpunkt n ∈ N erreichte Geschwindigkeit wird dann durch die n–te Partialsumme i−1 n 1 80 · sn = 2 i=1 beschrieben; nach Regel 2.7.3 gilt (wegen |q| < 1): lim sn =
n←∞
80 80 = 1 = 160 . 1 − 12 2
Aufgabe 2.20 Berechnen Sie die Summe der Reihe: ∞ 5 a) n 3 n=1
b)
9 27 3 + + +... . 4 16 64
Aufgabe 2.21 Ein Unternehmen hat im Jahr 1999 einen Umsatz von 1.000.000 e. Im folgenden Jahr wächst der Umsatz um 20%, also um 200.000 e. Im Jahre 2001 soll der Umsatz um 20% des Zuwachses von 2000 zunehmen. Die Planung besagt weiter, dass der Umsatz in jedem Jahr um 20% des Zuwachses vom Vorjahr zunehmen soll. a) Wie lauten die ersten 6 Glieder der Folge der jährlichen Umsatzzuwächse? b) Um was für einen Typ von Folge handelt es sich dabei? c) Wie lautet die Folge der Umsätze in den ersten 7 Jahren? d) Die Folge der Umsätze entspricht der Folge von Partialsummen einer geometrischen Reihe. Geben Sie eine Formel für den Umsatz im n-ten Jahr an. e) Warum ist die Planung des Umsatzes, so wie hier vorgestellt, in der Praxis nicht zu empfehlen? Berechnen Sie die Summe der geometrischen Reihe unter d).
3. Funktionen
Der Begriff der Funktion ist einer der wichtigsten Begriffe in der Mathematik. Sie werden sich erinnern an die Untersuchung von Funktionen in Bezug auf steigende oder fallende Graphen, Achsenschnittpunkte, usw. Auf diese Eigenschaften gehen wir in den nächsten Kapiteln ein. In Kapitel 1 stellten wir Ihnen schon Beispiele für Funktionen in Anwendungen vor; Kapitel 2 behandelt die Folgen, die Sie in diesem Kapitel als spezielle Funktionen wieder erkennen werden.
3.1 Der Begriff der Funktion Bei allen Ansätzen zur Modellierung von praktischen Problemen ist zunächst die Begriffssicherheit wesentlich: Ist eine vermutete (oder beobachtete) Beziehung zwischen zwei Größen nun eine Funktion (im mathematischen Sinn) oder keine? Daher widmen wir uns zunächst ausführlich dem Begriff der Funktion, damit Sie eine Funktion von (irgendwelchen) anderen Zuordnungen unterscheiden können.
3.1.1 Grundlegende Begriffe Grundlage des Funktionsbegriffes ist die Zuordnung zwischen Größen. Eine Funktion ist eine eindeutige Zuordnung. Beispiel 3.1.1 In den Katalogen von Reiseveranstaltern findet man häufig für die verschiedenen Reiseziele Wetter-Tabellen, in denen für die Kalendermonate eines Jahres die durchschnittliche Anzahl der Sonnentage dieses Monats aufgeführt ist. Tab. 3.1.1 ist eine solche Tabelle für ein festes Reiseziel.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 G. Adams et al., Mathematik zum Studieneinstieg, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58738-6_3
89
90
3. Funktionen Tabelle 3.1.1. Sonnentage pro Monat
Zuordnung
Urbild Argument
Funktion Abbildung Definitionsbereich
abhängige Variable unabhängige Variable
Monat
Jan
Feb
März Apr
Sonnentage
10
13
16
Monat
Jul
Aug
Sep
Sonnentage
26
26
23
23
Mai
Jun
24
24
Okt Nov Dez 17
13
9
Sei D die Menge aller Monate, also D = {Jan, . . . , Dez} und Y = {0, 1, . . . , 31}. Jedem x ∈ D wird durch obige Tabelle ein y ∈ Y zugeordnet. Wir beschreiben die Zuordnung mit dem Symbol f, f : D → Y , und bezeichnen die Anzahl der Sonnentage y ∈ Y , die dem Monat x ∈ D zugeordnet sind, auch mit f (x), also y = f (x). Speziell gilt f (Apr) = 23. Jedem x ∈ D ist also ein f (x) zugeordnet. Man nennt D den Definitionsbereich von f , die Elemente von D nennen wir Urbilder (oder auch Argumente von f ). Schließlich ist die Zuordnung eindeutig, d.h. jedem Monat ist genau eine Anzahl von Sonnentagen zugeordnet. Zu jedem x ∈ D gibt es genau ein y ∈ Y mit y = f (x). Es handelt sich um eine Funktion oder Abbildung. Definition 3.1.2 D und Y seien zwei Mengen. Eine Zuordnung, die jedem x ∈ D genau ein Element y ∈ Y zuordnet, heißt Funktion oder Abbildung von D nach Y . D heißt Definitionsbereich von f . Man schreibt: f : D → Y und y = f (x). Eine Funktion ordnet jeweils einem Urbild x ∈ D genau ein Bild y = f (x) ∈ Y zu. y hängt von x ab, daher nennt man y auch „die abhängige Variable“ und x „die unabhängige Variable“. Nun muss nicht jedes y ∈ Y ein Urbild x mit f (x) = y besitzen. In Beispiel 3.1.1 gibt es keinen Monat mit 8 Sonnentagen, d.h. es gibt kein x ∈ D mit f (x) = 8. Die Zahl 8 ist also kein Bild der Funktion f .
Bild Wertebereich
Definition 3.1.3 Sei f : D → Y eine Funktion. Alle y ∈ Y , die ein Urbild bzgl. f besitzen, heißen Bilder von f ; die Menge der Bilder ergibt den Wertebereich W von f .
Urbildmenge
In Beispiel 3.1.1 ist also W = {9, 10, 13, 16, 17, 23, 24, 26}. Neben der Menge aller Urbilder, dem Definitionsbereich D von f , betrachtet man in manchen Fällen auch die Menge der Urbilder, die zu einem y ∈ Y gehört. Diese Urbildmenge von y wird mit dem Symbol
3.1 Der Begriff der Funktion
91
f −1 (y) bezeichnet. In Beispiel 3.1.1 gilt f −1 (16) = {März}, f −1 (24) = {Mai, Juni} usw. Um zu kennzeichnen, dass eine Menge D Definitionsbereich einer Funktion f ist, schreiben wir in Zukunft Df statt D. Entsprechend ist Wf der Wertebereich von f . Wir werden im Folgenden ausschließlich Funktionen untersuchen mit Df ⊂ R und Y = R, d.h. Funktionen, die (natürlichen oder reellen) Zahlen wieder Zahlen zuordnen. Evtl. auftretende Einheiten von Größen werden dabei unberücksichtigt bleiben: In Beispiel 1.2.2 wurde der Größe x (Stückzahl eines produzierten Gutes) die Größe y (Kosten bei der Produktion in e) zugeordnet. Lässt man die Einheiten weg, so erhält man also eine Funktion, die natürlichen Zahlen x reelle Zahlen y zuordnet. Auch Beispiel 3.1.1 lässt sich als Funktion auffassen, die Zahlen wieder Zahlen zuordnet: Beispiel 3.1.4 Wir nummerieren die Monate des Jahres durch und erhalten so eine Funktion, die jedem x ∈ Df = {1, 2, . . . , 12} genau ein y ∈ {0, . . . , 31} zuordnet mit der folgenden Tab. 3.1.2 (vgl. Tab. 3.1.1) Tabelle 3.1.2. Sonnentage pro Monat (als Zahl)
Monat
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Sonnentage 10 13 16 23 24 24 26 26 23
10 11 12 17 13
9
Eine solche Tabelle, bei der in der 1. Zeile die Urbilder und darunter die Bilder notiert werden, heißt Wertetabelle. Weitere Darstellungen von Funktionen untersuchen wir im nächsten Abschnitt. Aufgabe 3.1 a) Erstellen Sie die vollständige Wertetabelle der Gewinnfunktion in Beispiel 1.2.2. b) Stellt die Tabelle x
4 0
2
-3
2
0
y
8 4
-2
0
-1 9
eine eindeutige Zuordnung y = f (x) dar?
1 -4 8
4
Wertetabelle
92
3. Funktionen
3.1.2 Darstellung von Funktionen Funktion als Menge geordneter Paare
Graph
Aus der Wertetabelle als Darstellungsform für eine Funktion ergibt sich unmittelbar die Darstellung als eine Menge geordneter Paare {(x, y) |x ∈ Df ∧ y = f (x)}1 , wobei jedes Paar (x, y) als 1. Komponente das Urbild und als 2. Komponente das Bild enthält. Jedes solche Paar wiederum lässt sich durch einen Punkt im Koordinatensystem repräsentieren (siehe Anhang B). Das Koordinatendiagramm der geordneten Paare (x, f (x)) , x ∈ Df , heißt Graph oder graphische Darstellung der Funktion. Beispiel 3.1.5 Der Wertetabelle in Beispiel 3.1.4 entspricht die Menge der geordneten Paare {(1, 10) , (2, 13) , (3, 16) , . . . , (12, 9)}. Der Graph besteht in diesem Beispiel aus den einzelnen Punkten, die durch die Paare (1, 10) , (2, 13) , . . . , (12, 9) definiert werden (siehe Abb. 3.1.12 ). y (Sonnentage)
20
10
1
2
3
4
5
6
7
8
9 10 11 12 x (Monat)
Abb. 3.1.1. Sonnentage je Monat
Aufgabe 3.2 Skizzieren Sie die graphische Darstellung der Gewinnfunktion in Beispiel 1.2.2 (vgl. auch Aufgabe 3.1). Beispiel 3.1.6 Ein Lastwagenanhänger wird mit Kies beladen. Das Gesamtgewicht setzt sich zusammen aus dem Leergewicht 3 t des Anhängers und dem Gewicht der Ladung. 1 m3 Kies wiegt 2 t. Es passen höchstens 8 m3 Kies 1 2
Das Zeichen ∧ ist das logische „Und“; vgl. Anhang B. „Unsere Sonnen“ in dieser Abbildung sind streng genommen Punkte.
3.1 Der Begriff der Funktion
93
auf den Anhänger. Wir ordnen dem Kiesvolumen x das Gesamtgewicht y = f (x) zu und erhalten offenbar die Zuordnungsvorschrift f (x) = 2x + 3. Eine solche Zuordnungsvorschrift in Gleichungsform nennt man Funktionsgleichung. Für x = {0, 1, 2, . . . , 8} erhalten wir die folgende Wertetabelle (Tab. 3.1.3): Tabelle 3.1.3. Kiesvolumen und Anhängergewicht
x
0 1
2 3
4
f (x)
3 5
7 9
11 13 15 17 19
5
6
7
8
Die Wertetabelle ist jedoch unvollständig, da man den Lastwagen ja auch z. B. mit 2,43 m3 Kies beladen kann. Theoretisch kann man also für x jede reelle Zahl x mit 0 ≤ x ≤ 8 einsetzen, d.h. Df = {x | x ∈ R ∧ 0 ≤ x ≤ 8} = [0, 8] .3 Als Menge von geordneten Paaren ergibt sich damit für diese Funktion {(x, y) |y = f (x) = 2x + 3 ∧ x ∈ [0, 8]}. Auch der Graph besteht hierbei also aus unendlich vielen Punkten. Man erhält ihn, indem man die Paare (x, f (x)) einer Wertetabelle (z. B. aus Tab. 3.1.3) einträgt und die Punkte anschließend untereinander verbindet. Die Skizze wird dabei umso genauer, je mehr Paare (x, f (x)) die Wertetabelle enthält. Man erhält für dieses Beispiel schließlich folgenden Graph (Abb. 3.1.2).
f (x) [t] 14 12 10 8 6 4 2 1
2
3
4
5
6
7
8
x [m 3 ]
Abb. 3.1.2. Graph der Funktion f (x) = 2x + 3
Im Beispiel 3.1.6 hatte die Zuordnungsvorschrift f (x) = 2x + 3 Gleichungsform, wir nannten sie deshalb Funktionsgleichung. 3
Abgeschlossenes Intervall [0, 8], siehe Anhang A.
Funktionsgleichung
94
3. Funktionen
Weitere Beispiele für Funktionsgleichungen sind (vgl. Beispiel 1.2.2): y = 200 + 50x y = 90x 200 + 50x y= x Funktionsterm
konstante Funktion Nullfunktion Identität
(Kostenfunktion) (Erlösfunktion) (Durchschnittskostenfunktion)
In manchen Büchern finden Sie den Begriff Funktionsterm; das ist die rechte Seite der Funktionsgleichung, also z. B. 200 + 50x. Auch y = c mit c ∈ R ist eine Funktionsgleichung (auch wenn hier „auf den 1. Blick“ das x fehlt): Es handelt sich um die Funktionsgleichung einer sog. konstanten Funktion, die jedem x ∈ R den Wert y = f (x) = c zuordnet. Ist hierbei c = 0, so liegt die Funktionsgleichung der sog. Nullfunktion vor: y = f (x) = 0 für alle x ∈ R. Die Funktion mit der Funktionsgleichung y = x heißt Identität; das ist also die Funktion, die jedem x ∈ R wieder x zuordnet, man schreibt: y = id (x) = x. Zur Schreibweise bei Funktionen vereinbaren wir die folgenden Abkürzungen, die wir am Beispiel der Funktion f : Df → R, y = f (x) = 2x + 3, x ∈ Df = [0, 8] illustrieren. Je nach Zusammenhang schreiben wir entweder y = f (x) mit f (x) = 2x + 3, x ∈ Df = [0, 8] oder direkt y = 2x + 3, x ∈ [0, 8] . In manchen Fällen verwenden wir auch: x → f (x) = 2x + 3, x ∈ [0, 8] . Da wir nur reellwertige Funktionen behandeln, können wir f : Df → R weglassen, denn das ist ja stets der Fall.
maximaler Definitionsbereich
Bei den bisherigen Beispielen ergaben sich der Definitionsbereich und die Funktionsgleichung aus der verbalen Beschreibung der Funktion. Im weiteren Verlauf wollen wir nun lediglich eine Funktionsgleichung y = f (x) vorgeben und die Eigenschaften dieser Funktion untersuchen. Ist der dazugehörige Definitionsbereich nicht explizit vorgegeben, so stellt sich die Frage nach der größtmöglichen Menge aller x ∈ R, denen durch y = f (x) ein reeller Wert y zugeordnet wird. Eine solche größtmögliche Menge nennen wir maximalen Definitionsbereich der Funktion f . Im folgenden Beispiel untersuchen wir eine Funktionsgleichung daraufhin, ob durch y = f (x) jedem x ∈ R ein reeller Wert zugeordnet wird, d.h. ob Df = R gilt.
3.1 Der Begriff der Funktion
95
Beispiel 3.1.7 Die Funktionsgleichung y = f (x) mit f (x) = x1 ist für x = 0 nicht definiert; der Zahl 0 ∈ R kann also durch diese Vorschrift kein Bild zugeordnet werden. Für alle übrigen Zahlen x ∈ R, x = 0, dagegen ist der Bruch x1 und damit die Funktionsgleichung der Funktion y = 1 x definiert. Der maximale Definitionsbereich der Funktion f mit der Funktionsgleichung y = f (x) = x1 ist gleich der Menge R\ {0} = {x | x ∈ R ∧ x = 0} .
Neben dem Fall, dass f (x) für gewisse x ∈ R nicht definiert ist, kann es vorkommen, dass f (x) = y keine reelle Zahl darstellt. Wir betrachten hierzu folgendes Beispiel: Beispiel 3.1.8 Es sei die Funktionsgleichung y=
36 − x2
gegeben4 . Da die Wurzel aus einer Zahl a reell ist, wenn a ≥ 0 gilt, √ erhalten wir für y = 36 − x2 reelle Werte, sofern 36 − x2 ≥ 0
√ ist. Jedem x ∈ [−6, 6] wird also durch y = 36 − x2 eine reelle √ Zahl y zugeordnet. Weiter gibt es kein x ∈ R\ [−6, 6], für das y = 36 − x2 eine reelle Zahl wäre. Falls nämlich |x| > 6 ist, wird der Radikant 36 − x2 negativ, und die Wurzel aus einer negativen Zahl ist keine reelle, sondern eine komplexe Zahl (vgl. Anhang B, Abschnitt B.3.5). Der maximale Definitionsbereich der Funktion f mit der Funktionsglei√ chung y = f (x) = 36 − x2 ist also Df = [−6, 6] . Wir vereinbaren: Ist von einer Funktion f eine Funktionsgleichung bekannt, ohne dass nähere Angaben über den Definitionsbereich gemacht werden, so soll Df maximal gewählt werden. In manchen Büchern finden Sie auch den Begriff natürlicher Definitionsbereich. Hierunter versteht man im Allgemeinen den problembezogenen Definitionsbereich: Die Funktion f (x) = 2x + 3 in Beispiel 3.1.6 besitzt den natürlichen Definitionsbereich [0, 8], der maximale Definitionsbereich für diese Funktion ist aber R. 4
Zum Begriff der Wurzel vgl. Anhang A, Abschnitt A.3.2; insbesondere Definition A.3.12 und A.3.14.
96
3. Funktionen
Aufgabe 3.3 a) Berechnen Sie die Funktionswerte f
1 2 , f (10), f (−1) für
(1) f (x) = 7x2 (2) f (x) = (3) f (x) =
3 4−x
√ x2
(4) f (x) = 9. b) Geben Sie zu den unter a) aufgeführten Funktionen jeweils den maximalen Definitionsbereich an. Aufgabe 3.4 a) Skizzieren Sie den Graphen der Funktion f mit der Funktionsgleichung y = f (x) = −2x2 − x anhand einer Wertetabelle. Welche Punkte
P1 (0, 0) , P2 (−1, 3) , P3
1 , −1 , P4 (1, −3) 2
gehören zum Graphen der Funktion? b) Handelt es sich bei den Koordinatendiagrammen von Abb. 3.1.3 um Graphen von Funktionen? (i)
(ii)
Abb. 3.1.3. Koordinatendiagramme zu Aufgabe 3.4
Wir fassen zusammen: Abgesehen von der graphischen Darstellung gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten, Funktionen konkret festzulegen: • Die Bilder y werden mit den Urbildern x explizit aufgezählt, etwa in Form von geordneten Paaren (x, y) oder in Form einer Wertetabelle.
3.1 Der Begriff der Funktion
97
• Der Definitionsbereich sowie die eindeutige Zuordnungsvorschrift werden angegeben. Bei unendlichem Definitionsbereich muss man offenbar die letzte Darstellung wählen. Die Zuordnungsvorschrift wird meist in Form einer Funktionsgleichung angegeben, was jedoch nicht immer der Fall sein muss: Die Vorschrift „jedem x ∈ R wird als Bild die kleinste Primzahl y zugeordnet, die mindestens doppelt so groß ist wie x“ definiert eine Funktion ohne in Gleichungsform fassbar zu sein. Aus obigem ergibt sich auch unmittelbar, dass zwei Funktionen gleich sind, wenn die betreffenden Mengen der geordneten Paare übereinstimmen oder wenn die Definitionsbereiche übereinstimmen und die Zuordnungsvorschriften äquivalent sind. Wir erläutern dies an einem Beispiel: Beispiel 3.1.9 − 3, Df1 = R, und f2 (x) = x2 − 12 , a) Die Funktionen f1 (x) = (x+1)+4 2 Df2 = R, sind gleich, wie man anhand der „Gleichungskette“ x+5−6 x−1 x 1 x+1+4 −3= = = − 2 2 2 2 2 erkennt. 2
b) Die Funktionen f1 (x) = xx und f2 (x) = x mit jeweils maximalem Definitionsbereich sind nicht gleich. Zwar gilt für x = 0: x2 x = x, aber für die maximalen Definitionsbereiche gilt: Df1 = {x | x ∈ R ∧ x = 0} und Df2 = R. Lassen Sie uns zum Schluss dieses Abschnitts den Zusammenhang zwischen Funktionen und den in Kapitel 2 behandelten Folgen und Reihen herstellen. Bei Funktionen f mit dem Definitionsbereich Df = N können die Funktionswerte in aufzählender Schreibweise angegeben werden: f (1) , f (2) , f (3) , . . . . Schreiben wir an statt f (n), so erhalten wir die Folge a 1 , a2 , a3 , . . . . Jede Funktion f mit Df = N kann also als Folge aufgefasst werden. Dabei entspricht die Menge der Funktionswerte {f (n) | n ∈ N} der Folgenschreibweise (an )n∈N und die Funktionsgleichung dem Bildungsgesetz.
98
3. Funktionen
Beispiel 3.1.10 Es sei f die Funktion mit der Funktionsgleichung y = f (x) = 7 − 2x, x ∈ Df = N. Dann gilt: {f (n) |n ∈ N} = {5, 3, 1, −1, −3, −5, . . . } = {an }n∈N . Schreiben wir in f (x) = 7 − 2x n statt x, so ergibt sich: f (n) = 7 − 2n, also das Bildungsgesetz der Folge (an )n∈N . Entsprechend lässt sich jede Folge als Funktion schreiben: Man betrachte die Menge {a1 , a2 , a3 , . . . } als Bildmenge einer Funktion f mit Df = N oder forme sie in eine Menge geordneter Paare um: {(1, a1 ) , (2, a2 ) , (3, a3 ) , . . . } , oder man gehe vom Bildungsgesetz der Folge (mit dem Zwischenschritt an = f (n)) über zur Funktionsgleichung, z. B.: an = 7 − 2n, f (n) = 7 − 2n, f (x) = 7 − 2x, x ∈ N.
3.1.3 Abschnittsweise definierte Funktionen Wir wollen zeigen, dass die geschlossene Darstellung y = f (x) nicht die einzige Form für eine Funktionsgleichung ist, sondern dass eine Zuordnungsvorschrift für verschiedene „Abschnitte“ des Definitionsbereiches auch unterschiedlich definiert sein kann.
Betragsfunktion
Beispiel 3.1.11 Die Funktion f , die jeder reellen Zahl x ihren Betrag zuordnet, ist für alle x ∈ R definiert: y = f (x) = |x| , x ∈ R. Die Definition des Betrages lautet (vgl. Anhang A): x falls x ≥ 0 |x| = −x falls x < 0. Wir können daher die Funktionsgleichung der Betragsfunktion auch in der folgenden Form aufschreiben: x für x ≥ 0 f (x) = −x für x < 0.
3.1 Der Begriff der Funktion
99
y 4 3 2 1 –2 –1
1
2
x
Abb. 3.1.4. Graphische Darstellung der Betragsfunktion
Derartige Funktionen nennt man abschnittsweise definiert (hier für die „Abschnitte“ x ≥ 0 bzw. x < 0 der reellen Achse). Ein weiteres wichtiges Beispiel für eine abschnittsweise definierte Funktion ist die Vorzeichen-Funktion (Signum-Funktion) ⎧ ⎪ für x > 0 ⎨1 sgn : Dsgn = R → R, y = sgn x = 0 für x = 0 ⎪ ⎩ −1 für x < 0. Aufgabe 3.5 Zeichen Sie den Graphen der Signum-Funktion. Grundsätzlich kann eine Funktion für beliebige Intervalle in R abschnittsweise definiert werden; wichtig ist, dass an den „Anschlussstellen“ (in Abb. 3.1.5 durch den Punkt bei „“ gekennzeichnet) nur ein Wert angegeben werden darf. Beispiel 3.1.12 Ein Mobilfunkanbieter berechnet für einen Auskunftsservice 0,20 e pro Minute. Dabei zählt die Zeit sofort ab Einwahl zum Call-Center (also auch für Wartezeiten). Bei (nur) 1-Minuten-genauer Abrechnung stellen sich die Telefongebühren wie folgt dar: 0 für x = 0 y = f (x) = 0, 2 · n für n − 1 < x ≤ n, n ∈ N.
abschnittsweise definierte Funktion SignumFunktion
100
3. Funktionen
Telefongebüren f(x) 0,8 0,6 0,4 0,2 1
2
3
4
5
6
x (in Minuten)
Abb. 3.1.5. Beispiel für eine „Treppenfunktion“
Treppenfunktion
Eine Funktion der in Abb. 3.1.5 dargestellten Art, die auf Intervallen stets einen (konstanten) Wert annimmt, nennt man Treppenfunktion.
3.1.4 Monotonie und Beschränktheit Aus Kapitel 2 sind Ihnen (streng) monton steigende (bzw. fallende) Folgen bekannt. Diese Eigenschaften hatten wir unter dem Begriff „Monotonie“ zusammengefasst. In diesem Abschnitt behandeln wir Monotonie von Funktionen. Beispiel 3.1.13 Ein Unternehmen (z. B. eine Kaffeerösterei) will seine Preisgestaltung überprüfen. Marktforschungen bzgl. der Nachfrage haben ergeben, dass die Menge x des verkauften Gutes mit fallendem Preis streng zunimmt. Wenn das Unternehmen viel verkaufen will, muss es den Preis tiefer ansetzen als wenn es wenig absetzen will: Der Preis P ist eine streng monoton fallende Funktion der verkauften Menge x: P = f (x) mit f (x2 ) < f (x1 ) für x2 > x1 . Es entspricht unserer Anschauung, von einer monoton steigenden oder fallenden Funktion zu sprechen, wenn der Graph der Funktion, von links nach rechts betrachtet, steigt oder fällt. Die im Folgenden definierten Monotoniebedingungen sind mit dieser Anschauung verträglich.
3.1 Der Begriff der Funktion
101
Es ist unmittelbar klar, dass bei Graphen, die keine Geraden sind, der Graph der Funktion auf einem Teilintervall steigen, auf einem weiteren Teilintervall fallen oder waagerecht verlaufen kann.5 Monotonie bei Funktionen muss daher bzgl. einer Teilmenge A des Definitionsbereiches definiert werden. Wie bei Folgen verwendet man zusätzlich das Wort „streng“, wenn bei der Beziehung zwischen den Funktionswerten das Gleichheitszeichen ausgeschlossen sein soll: Definition 3.1.14 Die Funktion f heißt auf der Menge A ⊂ Df
(streng) monoton steigende bzw. fallende Funktion
(1) monoton steigend, wenn für alle x1 , x2 ∈ A gilt: aus x2 > x1 folgt f (x2 ) ≥ f (x1 ) ; (2) streng monoton steigend, wenn für alle x1 , x2 ∈ A gilt: aus x2 > x1 folgt f (x2 ) > f (x1 ) ; (3) monoton fallend, wenn für alle x1 , x2 ∈ A gilt: aus x2 > x1 folgt f (x2 ) ≤ f (x1 ) ; (4) streng monoton fallend, wenn für alle x1 , x2 ∈ A gilt: aus x2 > x1 folgt f (x2 ) < f (x1 ) . Es ist häufig schwierig, die Monotonie einer Funktion explizit, d.h. anhand der in Definition 3.1.14 angegebenen Bedingungen, zu überprüfen. Daher entnimmt man – wenn möglich – Informationen über das Monotonieverhalten dem Graphen der Funktion. Hinter dieser Methode steht, dass die geometrische Eigenschaft des Graphen, z. B. „streng monoton steigend“ zu verlaufen, mit der algebraischen Definition von „streng monoton steigend“ verträglich ist. Beispiel 3.1.15 Die Funktion f mit f (x) = x2 , x ∈ R, ist auf der Teilmenge (−∞, 0] des Definitionsbereiches Df = R streng monoton fallend und auf [0, ∞) streng monoton steigend (vgl. Abb. 3.1.6). Auf der Teilmenge [−1, 1] von Df = R dagegen ist f weder monoton steigend noch monoton fallend. Die algebraische Bedingung „streng monoton steigend“ wird für alle Argumente aus [0, ∞) erfüllt, denn sind x1 und x2 zwei reelle Zahlen aus [0, ∞), so gilt mit x1 < x2 auch x21 < x22 , also y1 = f (x1 ) = x21 < x22 = f (x2 ) = y2 (vgl. hierzu auch Abb. 3.1.6).
Normalparabel
102
3. Funktionen
y
1
–1
1
x
Abb. 3.1.6. Graphische Darstellung der Funktion f (x) = x2 (Normalparabel)
Folgen sind spezielle Funktionen, nämlich solche mit Df = N. Man wird nun erwarten, dass der Monotoniebegriff bei Funktionen im Spezialfall einer Funktion f : N → R mit dem Begriff bei Folgen übereinstimmt, was auch der Fall ist (vgl. Definition 3.1.14 mit Definition 2.5.1). Allerdings sind Aussagen über Monotonie bei Funktionen an Teilmengen des Definitionsbereiches gebunden. Dies ist ein entscheidender Unterschied zur Monotonie bei Folgen. Denn eine Folge f ist entweder für alle n ∈ Df = N monoton oder sie ist nicht monoton. Aufgabe 3.6 a) Ist die Funktion f mit f (x) = 10 auf Df = R streng monoton steigend, monoton steigend, streng monoton fallend oder monoton fallend? b) Die folgenden Aussagen beziehen sich jeweils auf den gesamten Definitionsbereich der Funktion. Welche Aussagen sind richtig? (1) Eine streng monoton steigende Funktion ist stets monoton steigend. (2) Es gibt keine streng monoton fallende Funktion, die auch monoton fällt. 5
Bei senkrechtem Verlauf handelt es sich nicht um den Graphen einer Funktion.
3.1 Der Begriff der Funktion
103
(3) Eine Funktion kann niemals monoton fallen und monoton steigen. (4) Es gibt Funktionen, die streng monoton steigen und streng monoton fallen. Algebraische Methoden, die einfacher als die Monotoniebedingungen in Definition 3.1.14 zu handhaben sind, liefert die Differentialrechnung (vgl. Kapitel 5). Ähnlich wie beim Begriff der Monotonie ist die „Beschränktheit“ bei Funktionen mit der Beschränkheit bei Folgen vereinbar: Bei einer beschränkten Folge werden von den Folgengliedern an gewisse Schranken weder über- noch unterschritten, d.h. es gibt Schranken s, S ∈ R mit s ≤ an ≤ S für alle n ∈ N. Schreiben wir die Folge als Funktion, so liegen also alle Funktionswerte f (n) = an zwischen den beiden Schranken: s ≤ f (n) ≤ S für alle n ∈ N. Analog zur Beschränktheit bei Folgen definiert man daher: Definition 3.1.16 Die Funktion f mit y = f (x), x ∈ Df , heißt auf einer Menge A ⊂ Df (1) nach oben beschränkt, wenn es eine Zahl S ∈ R gibt, so dass f (x) ≤ S für alle x ∈ A gilt,
nach oben beschränkt
(2) nach unten beschränkt, wenn es eine Zahl s ∈ R gibt, so dass s ≤ f (x) für alle x ∈ A gilt.
nach unten beschränkt
Dabei nennt man S obere und s untere Schranke von f auf A. Die Funktion f heißt auf A beschränkt, wenn sie dort nach oben und nach unten beschränkt ist, d.h. wenn es zwei Zahlen s und S gibt, so dass
obere Schranke untere Schranke beschränkte Funktion
s ≤ f (x) ≤ S für alle x ∈ A gilt. Gibt es keine untere oder keine obere Schranke für f , so heißt f unbeschränkt. Beachten Sie: Wie bei den Monotoniebedingungen muss auch bei der Beschränktheit von Funktionen stets die Teilmenge A ⊂ Df betrachtet werden; dies ist – analog zu oben – ein entscheidender Unterschied zu den Folgen.
unbeschränkte Funktion
104
3. Funktionen
Beispiel 3.1.17 Die in Abb. 3.1.7 dargestellte Funktion f ist beschränkt auf [−3, 5], denn für x ∈ [−3, 5] liegt der Graph ganz in dem schraffierten Rechteck. Schranken für f sind z. B. s = −35 und S = 21: −35 ≤ f (x) ≤ 21 für alle x ∈ [−3, 5] . Es gilt aber auch: −100 ≤ f (x) ≤ 100 für alle x ∈ [−3, 5] , d.h. −100 bzw. 100 ist ebenfalls untere bzw. obere Schranke.
Abb. 3.1.7. Beispiel für eine auf [−3, 5] beschränkte Funktion
Die kleinste obere Schranke und die größte untere Schranke einer Funktion haben spezielle Namen: Supremum
Ist die Funktion f auf A ⊂ Df nach oben beschränkt, so bezeichnet man die kleinste obere Schranke als das Supremum von f auf A, abgekürzt: sup f (x) . x∈A
3.1 Der Begriff der Funktion
105
Entsprechend bezeichnet man die größte untere Schranke einer auf A ⊂ Df nach unten beschränkten Funktion f als Infimum von f auf A, abgekürzt: inf f (x) .
Infimum
x∈A
In Beispiel 3.1.17 gilt also: −35 =
inf x∈[−3,5]
f (x) und 21 =
sup f (x) x∈[−3,5]
(wegen f (−3) = −35, f (5) = 21). Die Übereinstimmung von Supremum und Infimum mit den Funktionswerten an den Intervallgrenzen liegt hier am Verlauf der Funktion im ausgewählten Intervall [−3, 5]. Dieser spezielle Zusammenhang ist also nicht allgemein gültig.
3.1.5 Umkehrfunktionen Beispiel 3.1.18 In Beispiel 3.1.4 wird durch die Wertetabelle (Tab. 3.1.2) jedem Monat x ∈ Df = {1, 2, . . . , 12} die Anzahl der Sonnentage y ∈ {0, . . . , 31} in diesem Monat eindeutig zugeordnet. Versuchen wir nun umgekehrt jeder Anzahl von Sonnentagen y ∈ Wf = {9, 10, 13, 16, 17, 23, 24, 26} den Monat zuzuordnen, in dem es y Sonnentage gibt, so stellen wir fest, dass diese Zuordnung nicht eindeutig ist, da es sowohl im 7. als auch im 8. Monat 26 Sonnentage gibt. Die Zahl 26 hat zwei Urbilder, nämlich 7 und 8. Die Funktion ist nicht umkehrbar. Definition 3.1.19 Eine Funktion f : Df → Y heißt umkehrbar (oder injektiv oder eineindeutig), wenn es zu jedem y ∈ Wf genau ein Urbild x ∈ Df gibt. Beispiel 3.1.20 In Beipiel 3.1.6 wurde dem Kiesvolumen x ∈ {0, 1, . . . , 8} das Gesamtgewicht des Lastwagenanhängers y = f (x) zugeordnet (vgl. die Wertetabelle 3.1.3). Betrachten wir also zu Df = {0, 1, . . . , 8} den Wertebereich Wf = {3, 5, 7, 9, 11, 13, 15, 17, 19}, so gilt hier: Zu jedem y ∈ Wf gibt es genau ein Urbild x ∈ Df . Die Funktion ist also umkehrbar. Man erhält die Umkehrfunktion, indem man dem Gesamtgewicht die entsprechende Kiesladung zuordnet, d.h. die Umkehrfunktion f −1 ist durch folgende Wertetabelle 3.1.4 gegeben bzw. durch folgende Menge geordneter Paare: {(3, 0) , (5, 1) , . . . , (19, 8)}.
umkehrbar injektiv eineindeutig
106
3. Funktionen Tabelle 3.1.4. Anhängergewicht und Kiesvolumen
Gesamtgewicht 3 5 Kiesladung
0 1
7 9
11 13 15 17 19
2 3
4
5
6
7
8
Umkehrfunktion
Definition 3.1.21 Es sei f : Df → Y eine umkehrbare Funktion. Dann heißt die Funktion, die jedem y ∈ Wf sein Urbild x ∈ Df zuordnet, die Umkehrfunktion von f . Sie wird mit dem Symol f −1 bezeichnet: f −1 : Wf → Df . Beachten Sie, dass f −1 nicht auf ganz Y , sondern nur auf Wf , der Menge der Bilder definiert ist. In Abschnitt 3.1.1 hatten wir bereits das Symbol f −1 (y) eingeführt. Beachten Sie weiter: – Bei einer beliebigen Funktion f : Df → Y bedeutet f −1 (y) die Menge der Urbilder zu y ∈ Y . Bei umkehrbarer Funktion f ist die Menge f −1 (y) für jedes y ∈ Wf einelementig, d.h. ist x Urbild von y (bzgl. f ), so gilt: f −1 (y) = {x}. – Bei einer umkehrbaren Abbildung f bedeutet f −1 die Umkehrabbildung (f −1 : Wf → Df ) von f . Für y ∈ Wf ist f −1 (y) = x ∈ Df das Urbild von y. Es ist üblich, in beiden Fällen f −1 (y) zu schreiben und also die einelementige Menge (Element x) mit dem Bild x (von f −1 an der Stelle y) zu identifizieren. Aufgabe 3.7 Welche der folgenden Funktionen sind umkehrbar? Geben Sie ggf. die Umkehrfunktion an: a) {(5, 7) , (6, 4) , (7, 4) , (8, 3) , (9, 6) , (10, 3)} b) x
1
2
3
4
5
y
10
20
30
40
50
In Beispiel 3.1.20 hatten wir gesehen, dass bei jeder Umkehrung einer Funktion in der Menge der geordneten Paare bei jedem Paar die Komponenten vertauscht werden. Geometrisch bedeutet das Vertauschen
3.1 Der Begriff der Funktion
107
der beiden Koordinaten eines Punktes das Spiegeln des Punktes an der Hauptdiagonalen.6 In Abb. 3.1.8 ist das für den Punkt P (1, 3) dargestellt. Durch Spiegeln an der Hauptdiagonalen ergibt sich der Punkt Q (3, 1). Den Graphen der Umkehrfunktion f −1 einer Funktion f erhält man also, indem man jeden Punkt des Graphen von f an der Hauptdiagonalen spiegelt, d.h. man spiegelt den Graphen von f . Dabei sind auf der waagerechten Achse sowohl die Elemente des Definitionsbereiches Df als auch die von Df −1 aufzutragen sowie auf beiden Achsen derselbe Maßstab zu wählen. f ( x) =
y
5 1 x + 2 2 id (x) Hauptdiagonale
5 4
f -1 ( x ) =
P(1, 3)
3
2 1 x 5 5
2 1
Q(3, 1) 1
2
3
4
5
6
x
Abb. 3.1.8. Graphische Darstellung von f und f −1 (zu Beispiel 3.1.22)
In Abb. 3.1.8 sind sowohl die Elemente des Definitionsbereiches Df als auch die Elemente von Df −1 mit x bezeichnet. Die Beschriftung der Graphen bezieht sich auf das folgende Beispiel 3.1.22. Wir wollen aus der vorgegebenen Funktionsgleichung für eine Funktion f die Funktionsgleichung der Umkehrfunktion f −1 herleiten. Dazu setzen wir voraus, dass die Umkehrfunktion existiert. (Auf das Problem der Existenz kommen wir am Ende dieses Abschnittes noch zurück.) 6
Wenn auf beiden Achsen des Koordinatensystems der gleiche Maßstab gewählt wird, stimmt die Hauptdiagonale mit dem Graphen der Identität (id (x) = x) überein.
108
3. Funktionen
Beispiel 3.1.22 Wir beschreiben die Funktion f mit y = f (x) =
1 5 x+ 2 2
durch die zugehörige Menge der geordneten Paare: 1 5 (x, y) | y = x + ∧ x ∈ R . 2 2 Der Übergang zur Umkehrfunktion f −1 bedeutet das Vertauschen der Komponenten von (x, y). Dabei bleibt die Zuordnungsvorschrift (d.h. die Funktionsgleichung) erhalten. Damit wir für f −1 die Menge der geordneten Paare in der gewohnten Form vorliegen haben, benennen wir y in x und x in y um. Die Umkehrfunktion wird dann beschrieben durch 5 1 (x, y) | x = y + ∧ y ∈ R . 2 2 Um die Funktionsgleichung von f −1 in der gewohnten Form (d.h. y in Abhängigkeit von x) zu erhalten, isolieren wir y: y=
1 2 x− . 5 5
Die Graphen von f und von f −1 sind in Abb. 3.1.8 dargestellt. Zur Berechnung der Funktionsgleichung der Umkehrfunktion merken wir uns also: (i) Wir vertauschen in der Funktionsgleichung y = f (x) der gegebenen Funktion f die Variablen x und y. (ii) Sofern dies möglich ist, isolieren wir y und haben dann die Funktionsgleichung von f −1 in der gewohnten Form vorliegen. Der Schritt (ii) ist allerdings nur in einfachen Fällen durchführbar. In den Fällen, in denen die Funktionsgleichung von f nach Vertauschung der Variablen nicht nach y aufgelöst werden kann, müssen wir uns mit einer Funktionsgleichung für die Umkehrfunktion in der Form x = f (y) oder x − f (x) = 0 begnügen. Wir zeigen dies am folgenden Beispiel:
3.1 Der Begriff der Funktion
109
Beispiel 3.1.23 Es sei y = f (x) = x5 + 2x + 1, x 0 . Die Umbenennung von y in x und x in y führt zu der Funktionsgleichung x = y 5 + 2y − 1, die nicht nach y aufgelöst werden kann. Daher charakterisieren wir die Umkehrfunktion f −1 durch obige Funktionsgleichung oder, was äquivalent ist, durch x − y 5 − 2y + 1 = 0 . Die Darstellung der Funktionsgleichung, in der y isoliert ist, heißt explizite Darstellung, andernfalls spricht man auch von einer impliziten Funktionsgleichung. Beachten Sie: Vom mathematischen Standpunkt aus ist die oben vorgestellte Umbenennung der Variablen bequem, um auch für die Funktion f −1 die gewohnte Bezeichnung x für die unabhängige und y für die abhängige Variable zu haben. Bei Funktionen, die Zusammenhänge aus der Praxis beschreiben, ist aber von einer Umbenennung abzuraten, da die betreffenden Variablen jeweils eine konkrete Bedeutung haben (vgl. Beispiel 3.1.20). Wir hatten oben betont, dass Umkehrfunktionen nur bei injektiven (d.h. eineindeutigen) Funktionen existieren. Bei der Berechnung der Funktionsgleichung der Umkehrfunktion wurde dieser Gesichtspunkt bisher unberücksichtigt gelassen. Der Nachweis der Injektivität einer Funktion ist nicht immer einfach. Hier hilft der Begriff der Monotonie weiter. Denn eine auf einer Teilmenge A des Definitionsbereiches streng monotone (streng monoton steigende bzw. streng monoton fallende) Funktion f ist injektiv, da aus x1 < x2 folgt: f (x1 ) < f (x2 ) bzw. f (x1 ) > f (x2 ) , also stets f (x1 ) = f (x2 ) gilt und somit verschiedene Urbilder auch verschiedene Bilder besitzen7 . Satz 3.1.24 Ist eine reelle Funktion f auf A ⊂ Df streng monoton (steigend oder fallend), so ist sie bzgl. {f (x) | x ∈ A} ⊂ Wf umkehrbar8 . 7 8
Die Funktion f in Beispiel 3.1.23 ist z. B. für x 0 streng monoton wachsend, also für x 0 umkehrbar. Betrachten Sie zur Erläuterung die Beispiele in Abb. 3.1.9.
explizite Funktionsgleichung implizite Funktionsgleichung
110
3. Funktionen (a)
(b)
y
y 4 y0
5
3 y0
x0
–1
x
6
1 x0
x1
x2 7 x
–2
Abb. 3.1.9. Beispiele, die den Zusammenhang zwischen Monotonie und Umkehrbarkeit verdeutlichen
Allerdings ist die Schlussweise „nicht streng monoton, also nicht injektiv (umkehrbar)“ nicht richtig, wie das folgende Beispiel zeigt. Beispiel 3.1.25 Die Funktion mit der Funktionsgleichung 2x + 10 für −3 ≤ x < 1 f (x) = x−3 für 1 ≤ x ≤ 5 ist nicht streng monoton auf [−3; 5], aber sie ist injektiv (Abb. 3.1.10). y 12 10 8 6 4 2
-4
-3
-2
-1
1
2
3
4
5
6
x
-2
Abb. 3.1.10. Beispiel einer injektiven Funktion
Aufgabe 3.8 a) Bestimmen Sie die Funktionsgleichung der Umkehrfunktion von (1) y = f (x) = − 52 x − 4, x ∈ R (2) y = f (x) = 1 − x1 , x ∈ R\ {0}. b) Es sei die Funktion f mit der Funktionsgleichung
3.1 Der Begriff der Funktion
111
y = ax + b, a, b ∈ R, a = 0, gegeben, deren Graph eine Gerade ist. Begründen Sie anhand des Graphen, dass f umkehrbar ist, und geben Sie die Funktionsgleichung von f −1 an. Warum muss der Graph der Umkehrfunktion ebenfalls eine Gerade sein?
3.1.6 Verknüpfung von Funktionen In Beispiel 1.2.2 ergibt sich die Gewinnfunktion durch Subtraktion der Kostenfunktion von der Erlösfunktion. Addition bzw. Subtraktion ist eine Form der Verknüpfung von Funktionen. Weiter ergibt sich die Durchschnittskostenfunktion durch Division der Kostenfunktion durch die Identität. Multiplikation bzw. Division ist eine weitere Form der Verknüpfung von Funktionen. Schließlich können Funktionen auch „hintereinander geschaltet“ werden (sofern sinnvoll): Beispiel 3.1.26 Einem Versorgungsunternehmen, das eine Großstadt mit Gas versorgt und monatlich G m3 Gas absetzt, entstehen zugehörige Gesamtkosten gemäß K (G) = aG + b, wobei wir die Größen a, b ∈ R hier nicht näher spezifizieren wollen. Die abgegebene Gasmenge G hängt u.a. von der Anzahl x der angeschlossenen Haushalte ab. Diese Abhängigkeit werde durch G (x) = cx2 − dx (mit c, d ∈ R) beschrieben. Die Kosten hängen somit von der abgegebenen Gasmenge und diese wiederum von der Anzahl der angeschlossenen Haushalte ab. Als Funktion von der Anzahl der angeschlossenen Haushalte lassen sich die Kosten in der Form h (x) = K (G (x)) = a cx2 − dx + b = acx2 − adx + b angeben.
112 Verkettung Hintereinanderschaltung Zusammensetzung
3. Funktionen
Man spricht von einer Verkettung oder Hintereinanderschaltung oder Zusammensetzung der Funktionen G und K. Definition 3.1.27 Es seien f und g zwei Funktionen, für die Wf ⊂ Dg gilt. Dann heißt die Funktion h, die jedem x ∈ Df ein z ∈ Wg mittels der Vorschrift z = h (x) = g (f (x)) zuordnet, die aus f und g zusammengesetzte Abbildung. Wir schreiben: h = g ◦ f. Aufgabe 3.9 a) Geben Sie für Beispiel 3.1.26 die Definitions- und Wertebereiche DG , WG , DK , WK sowie Dh und Wh an. b) Gilt h = K ◦ G oder h = G ◦ K? Bei der Hintereinanderschaltung (Verkettung) von Funktionen ist die Reihenfolge zu beachten: (1) Es kann aufgrund der ökonomischen Bedeutung der Größen unsinnig sein, die Reihenfolge der Verkettung zu vertauschen. So gibt es in Beispiel 3.1.26 offensichtlich keinen Sinn, zunächst die Anzahl der Haushalte in die Kostenfunktion einzusetzen und anschließend die abgegebene Gasmenge in Abhängigkeit von diesen Kosten auszurechnen. Die Verkettung G ◦ K ist also nicht erklärt. (2) Eine Verkettung f ◦ g ist nur erklärt, sofern Wg ⊂ Df ist. Entsprechend ist eine Verkettung g ◦ f nur möglich, falls Wf ⊂ Dg ist. Es kann also aufgrund der Definitions- und Wertebereiche zweier Funktionen f und g zwar f ◦ g, aber nicht g ◦ f erklärt sein. Wir geben hierfür ein Beispiel: f (x) = 1 − x2 , Df = R, Wf = (−∞, 1] , √ g (x) = x, Dg = [0, ∞) , Wg = [0, ∞) . • Wegen Wg ⊂ Df ist f ◦ g definiert: (f ◦ g) (x) = f (g (x)) √ √ 2 =f x =1− x = 1 − x, x ∈ Df ◦g = [0, ∞) . • Wegen Wf ⊂ Dg ist g◦f auf Df = R nicht definiert. Dies erkennt man auch, wenn man formal die zu g ◦ f gehörige Funktionsgleichung bildet:
3.1 Der Begriff der Funktion
113
(g ◦ f ) (x) = g 1 − x2 = 1 − x2 . Diese Funktionsgleichung liefert nur reelle Funktionswerte für x ∈ [−1, 1], nicht aber für alle x ∈ R. (3) Selbst wenn mit Wg ⊂ Df auch Wf ⊂ Dg gilt, erhält man bei der Verkettung f ◦ g bzw. g ◦ f (abgesehen von Spezialfällen) unterschiedliche Ergebnisse. Ändert man z. B. die Definitionsbereiche für die unter (2) betrachteten Funktionen f und g ab in Df = Dg = [0, 1], so ergibt sich : Wf = Wg = [0, 1] und damit Wg = Df und Wf = Dg . Sowohl f ◦ g als auch g ◦ f sind dann erklärt,√aber es gilt (vgl. oben): (f ◦ g) (x) = 1 − x, was mit (g ◦ f ) (x) = 1 − x2 offenbar nicht übereinstimmt. Die Hintereinanderschaltung (Verkettung) von Funktionen ist also nicht kommutativ. Aufgabe 3.10 Allgemein gilt: Wenn man eine beliebige Funktion f und ihre Umkehrfunktion hintereinander schaltet, so erhält man stets die Identität id (x). Überprüfen Sie diesen Satz anhand der Funktionen aus Aufgabe 3.8a). Unter der sog. algebraischen Verknüpfung von Funktionen versteht man die „Herstellung neuer Funktionen“ durch Addition, Subtraktion, Multiplikation bzw. Division: h1 (x) = f (x) + g (x) , x ∈ Df ∩ Dg , h2 (x) = f (x) − g (x) , x ∈ Df ∩ Dg , h3 (x) = f (x) · g (x) , x ∈ Df ∩ Dg , h4 (x) =
f (x) , x ∈ (Df ∩ Dg ) \ {x | g (x) = 0} g (x)
Dabei sind die Addition und die Multiplikation von Funktionen kommutativ, d.h. es ist f + g = g + f und f · g = g · f , wegen derselben Eigenschaften dieser Operationen in den reellen Zahlen. Beispiel 3.1.28 Es sei f (x) = 6 + x3 , x ∈ R, und g (x) = x5 , x ∈ R. Dann ist h1 (x) = f (x) + g (x) = 6 + x3 + x5 , x ∈ R, h2 (x) = f (x) − g (x) = 6 + x3 − x5 , x ∈ R,
114
3. Funktionen
h3 (x) = f (x) · g (x) , 6 + x3 x5 = 6x5 + x8 , x ∈ R, h4 (x) =
6 + x3 f (x) = , x ∈ R\ {0} . g (x) x5
Wegen Df ∩ Dg = R sind bei diesen Beispielfunktionen auch die Funktionen h1 , h2 und h3 für alle x ∈ R definiert. Bei Funktionsgleichungen (x) sind stets diejenigen x aus dem Definitionsbereich der Form y = fg(x) auszuschließen, für die g (x) = 0 gilt, hier also x = 0. Zerlegung von Funktionstermen
In Umkehrung der Verknüpfung von Funktionen betrachten wir noch die Zerlegung von Funktionstermen: Beispiel 3.1.29 Die Funktion h mit 5 h (x) = 6 + x3 , x ∈ R, ist die Verkettung der in Beispiel 3.1.28 definierten Funktionen f und g. (Machen Sie die Probe: h (x) = g (f (x)).) Weiter ist hierbei f die Summe von f1 und f2 mit f1 (x) = 6 und f2 (x) = x3 , x ∈ R. Es gilt also h (x) = g (f1 (x) + f2 (x)) . Die Möglichkeit, Funktionen verknüpfen bzw. einen Funktionsterm zerlegen zu können, d.h. eine „komplizierte“ Funktion auf einfachere (bekannte) Funktionen zurückführen zu können, ist nützlich im Hinblick auf mathematische Untersuchungen z. B. von Stetigkeits- oder Differenzierbarkeitseigenschaften. Und auch schon im nächsten Abschnitt wird Ihnen dies wieder begegnen: Die Polynome sind Funktionen, die man durch endlich viele Additionen und Multiplikationen aus konstanten Funktionen und der Identität zusammensetzen kann.
3.2 Polynome und rationale Funktionen ganz-rationale Funktion gebrochenrationale Funktion
Polynome werden auch ganz-rationale Funktionen genannt und für den Begriff der rationalen Funktion finden Sie auch die Bezeichnung gebrochen-rationale Funktion.
3.2 Polynome und rationale Funktionen
115
3.2.1 Darstellung und Grad eines Polynoms Unter allen Funktionen sind die Polynome unmittelbar an ihrer Funktionsgleichung erkennbar. Definition 3.2.1 Eine Funktion f , deren Funktionsgleichung die Form y = an xn + an−1 xn−1 + . . . + a1 x + a0 n = ai xi , x ∈ R,
(3.2.1)
i=0
besitzt, heißt Polynom n-ten Grades (n ∈ N ∪ {0}). Dabei sind a0 , . . . , an mit an = 0 reelle Zahlen; sie heißen Koeffizienten des Polynoms. Man schreibt für Polynome häufig Pn , Pm , Qn usw. statt f , wobei der Index auf den Grad hinweist. Beispiel 3.2.2 Die Funktionsgleichung 1 y = P5 (x) = 3x5 − x4 − 7x + 6, x ∈ R , 2 beschreibt ein Polynom 5. Grades. Die Koeffizienten von P5 lauten: 1 a5 = 3, a4 = − , a3 = 0, a2 = 0, a1 = −7, a0 = 6 . 2
Aufgabe 3.11 a) Ein Polynom wievielten Grades erhalten Sie, wenn Sie in Beispiel 3.2.2 (1) anstelle von a4 = − 21 den Wert a4 = 0, (2) anstelle von a5 = 3 den Wert a5 = 0 wählen? b) Zeigen Sie, dass die Funktion mit der Funktionsgleichung f (x) = (x + 1)(x − 2)(x + 2) ein Polynom ist, d.h. geben Sie die Koeffizienten und den Grad an.
Polynom n-ten Grades Koeffizienten
116
3. Funktionen
Aufgabe 3.12 Geben Sie jeweils die Koeffizienten und den Grad des Polynoms an: a) für die Kostenfunktion aus Beispiel 1.2.2: K(x) = 200 + 50x; b) für die Erlösfunktion aus Beispiel 1.2.2: E(x) = 90x; c) für die Produktionsentwicklung aus Beispiel 1.2.3: y = 500x2 + 1500x; d) für die Absatzfunktion aus Beispiel 1.2.4: y = 12x2 − 4x3 . Spezielle Polynome sind:
Polynom nullten Grades
Monome
1) Jede konstante Funktion mit y = c, c ∈ R, c = 0, ist ein Polynom nullten Grades. 2) Polynome n-ten Grades, bei denen der Koeffizient an = 1 und alle übrigen Koeffizienten gleich Null sind (d.h. ai = 0 für i = 0, 1, . . . , n − 1), nennt man auch Monome: y = xn , n ∈ N ∪ {0} . Somit wird auch die konstante Funktion y = x0 = 1 zu den Monomen gezählt.
Nullpolynom lineare Funktionen
3) Das Polynom, dessen Koeffizienten alle gleich Null sind, ist das sog. Nullpolynom. Es ist identisch mit der Nullfunktion: f (x) = 0 für alle x ∈ R. 4) Polynome 1. Grades nennt man auch lineare Funktionen; ihre Graphen sind Geraden (vgl. auch das folgende Beispiel 3.2.3). Eine Gerade mit der Steigung m ∈ R und dem Schnittpunkt (0, b) mit der y-Achse wird durch die Gleichung y = mx + b
Hauptform der Geradengleichung
(3.2.2)
beschrieben. Sie ist also der Graph eines Polynoms 1. Grades (mit den Koeffizienten a1 = m und a0 = b). Die Gleichung (3.2.2) heißt Hauptform der Geradengleichung. Sind die Steigung m der Geraden und ein Punkt (x1 , y1 ) auf der Geraden gegeben, so gilt: m=
y − y1 . x − x1
(3.2.3)
3.2 Polynome und rationale Funktionen
Diese Gleichung gleichung.
heißt
117
Punkt-Steigungs-Form der Geraden-
Sind zwei Punkte P1 = (x1 , y1 ) und P2 = (x2 , y2 ) gegeben, durch die die Gerade verläuft, so gilt: y − y1 y2 − y1 = . x − x1 x2 − x1
(3.2.4)
Diese Gleichung heißt Zwei-Punkte-Form der Geradengleichung. Sind der y-Abschnitt und die Nullstelle a (auch x-Abschnitt genannt) einer Geraden gegeben, so gilt: x y + = 1, a = 0, b = 0 . a b
Sonderfälle von Geraden sind die Parallelen zur x- und y-Achse. Eine Parallele zur x-Achse besitzt die Steigung m = 0. Sie hat also eine Gleichung der Form (3.2.6)
und ist der Graph einer konstanten Funktion. Eine Parallele zur y-Achse hat eine Gleichung der Form x = a.
(3.2.7)
Sie ist nicht Graph einer Funktion (die Eindeutigkeit der Zuordnung ist verletzt). Speziell gilt: y = 0 ist die Gleichung der x-Achse, x = 0 ist die Gleichung der y-Achse. Beispiel 3.2.3 Die Gerade g mit der Steigung m = hat die Gleichung y = 23 x − 1. Mit m =
2 3
2 3
und dem y-Abschnitt b = −1
und (x1 , y1 ) = (3, 1) erhalten wir aus (3.2.3):
2 y−1 2 2 = , also y − 1 = (x − 3) oder y = x − 1 . 3 x−3 3 3 Mit (x1 , y1 ) = (3, 1) und (x2 , y2 ) = (0, −1) erhalten wir aus (3.2.4): −1 − 1 2 2 y−1 = = , also y = x − 1 . x−3 0−3 3 3 Die Nullstelle x0 der Geraden berechnet sich nach
Zwei-PunkteForm der Geradengleichung
(3.2.5)
Diese Gleichung heißt Achsenabschnittsform.
y=b
PunktSteigungsForm der Geradengleichung
Achsenabschnittsform der Geradengleichung
118
3. Funktionen y
g
y=
2 3
x -1
Dy = 2
b = -1
x
Dx=3
Abb. 3.2.1. Lineare Funktion (Gerade)
3 2 x0 − 1 = 0, also x0 = . 3 2 Mit b = −1 und a = x0 = x 3 2
+
3 2
folgt aus (3.2.5):
2 2 y = 1, also x − y = 1 oder y = x − 1 . −1 3 3
Wir erwähnten bereits den allgemein gültigen Sachverhalt: Polynome sind Funktionen, die man durch endlich viele Multiplikationen und Additionen aus der Identität und konstanten Funktionen zusammensetzen kann. Hierzu eine Übungsaufgabe: Aufgabe 3.13 Es sei f (x) die konstante Funktion mit f (x) = 2, x ∈ Df = R, und id die Identität: id (x) = x, x ∈ Did = R. Schreiben Sie die Funktionsgleichung von h(x) = id (x) · id (x) − id (x) − f (x) in der Form (3.2.1). Polynome, die im Grad übereinstimmen, müssen nicht gleich sein. Wenn Ihnen dies nicht unmittelbar klar ist, vergleichen Sie noch einmal Beispiel 3.2.2 mit Aufgabe 3.11a.
3.2 Polynome und rationale Funktionen
119
Regel 3.2.4 Zwei Polynome sind genau dann gleich, wenn sie in den Koeffizienten übereinstimmen, d.h. Pn und Pm mit Pn (x) = an xn + . . . + a0 bzw. Pm (x) = bm xm + . . . + b0 sind gleich, falls n = m und an = bm , . . . , a0 = b0 gilt. Sind zwei Polynome gleich, so erhält man als Differenz das Nullpolynom. Wir unterscheiden: Gilt P (x) = 0 für alle x ∈ R, so ist P das Nullpolynom. Gilt P (x) = 0 für ein (oder mehrere) x ∈ R, so liegt an diesen Stellen jeweils eine Nullstelle von P vor.
3.2.2 Nullstellen, Zerlegung in Linearfaktoren Allgemein gilt für beliebige Funktionen f : Eine Nullstelle x1 einer Funktion f ist das Argument des Funktionswertes f (x1 ) = 0. Wie viele Nullstellen vorkommen, hängt von f ab. So besitzt die konstante Funktion f mit f (x) = −7 keine Nullstelle (es gibt kein x1 ∈ Df = R mit f (x1 ) = 0). Lineare Funktionen (also Geraden mit Steigung = 0) besitzen eine Nullstelle (vgl. Abb. 3.2.1). Die in Beispiel 3.1.17 behandelte Funktion besitzt 3 Nullstellen (vgl. Abb. 3.1.7). Aber es gibt auch Funktionen (z. B. die Sinusfunktion; vgl. Abschnitt 3.3.3) mit unendlich vielen Nullstellen. Geometrisch bedeutet eine Nullstelle der Funktion einen Schnittpunkt (gegebenenfalls auch einen Berührpunkt) des Graphen mit der x-Achse. Die Bestimmung der Nullstellen einer Funktion ist somit insbesondere hilfreich, wenn der Graph der Funktion gezeichnet werden soll. Aufgabe 3.14 Besitzen folgende Funktionen Nullstellen? a) die Kostenfunktion aus Beispiel 1.2.2: K(x) = 200 + 50x b) die Erlösfunktion aus Beispiel 1.2.2: E(x) = 90x c) die Produktionsentwicklung aus Beispiel 1.2.3: y = 500x2 + 1500x Polynome zeichnen sich durch Eigenschaften aus, die mit ihren Nullstellen zusammenhängen. Um diese charakteristischen Eigenschaften näher
Nullstelle
120
3. Funktionen
beschreiben zu können, betrachten wir nun die Aufgabe, alle Nullstellen eines vorgegebenen Polynoms zu bestimmen. Da es keine Formel gibt, nach der die Nullstellen eines Polynoms von beliebigem Grad n berechnet werden können9 , geht man bei der Lösung dieser Aufgabe nach einem sog. iterativen Verfahren vor, bei dem man sukzessive gefundene Nullstellen „abspaltet“ und sich bei der weiteren Suche auf Polynome niedrigeren Grades beschränkt, die dieselben Nullstellen wie das ursprüngliche Polynom besitzen. Wir erläutern dieses Verfahren an dem folgenden Beispiel. Beispiel 3.2.5 In Abb. 3.2.2 ist der Graph des Polynoms P3 (x) = x3 − 3x2 − 2x + 6 dargestellt. y 6
- 2
3
2
x
Abb. 3.2.2. Graph des Polynoms P3 (x) = x3 − 3x2 − 2x + 6
Wir lesen ab, dass P3 insgesamt drei Nullstellen besitzt. Eine davon ist x1 = 3, was wir auch durch Umformen der Funktionsgleichung in ein Produkt erkennen können:10 P3 (x) = x3 − 3x2 − 2x + 6 = x2 (x − 3) − 2(x − 3)
(3.2.8)
= (x − 3)(x − 2). 2
9
10
Es gibt eine solche Formel für n = 2; vgl. Lösung einer quadratischen Gleichung, Regel A.4.2 im Anhang A. Für n = 3 und n = 4 gibt es auch noch allgemeine Formeln zur Berechnung der Nullstellen. Diese sind recht kompliziert, wir behandeln sie nicht (Ringleb (1967), S.36ff). Ein Produkt ist genau dann gleich Null, wenn mindestens ein Faktor Null ist.
3.2 Polynome und rationale Funktionen
121
Die Produktschreibweise liefert auch die anderen beiden Nullstellen: P3 (x) = 0 ist gleichbedeutend mit „(x − 3) = 0 oder√(x2 − 2) = 0“. Wir erhalten neben x1 = 3 die Nullstellen x2/3 = ± 2 für P3 . Der zu der Nullstelle x1 = 3 gehörende Faktor (x − 3) heißt Linearfaktor. Wir haben die rechte Seite der Funktionsgleichung von P3 als Produkt dieses Linearfaktors mit einem Polynom geschrieben, dessen Grad um 1 niedriger ist als der Grad von P3 . Auch das „abgespaltene“ Polynom 2. Grades, x2 − 2, kann wieder als Produkt√der zu den Nullstellen √ √ x2/3 = ± 2 gehörenden Linearfaktoren (x − 2) und (x + 2) geschrieben werden. Insgesamt ist das Polynom P3 also folgendermaßen in Linearfaktoren zu zerlegen: √ √ P3 (x) = (x − 3)(x − 2)(x + 2) .
Linearfaktor
Allgemein gilt: Satz 3.2.6 Besitzt ein Polynom Pn vom Grad n ≥ 1 eine reelle Nullstelle x1 , so gibt es ein Polynom Qn−1 vom Grad n − 1, so dass für alle x ∈ R gilt: Pn (x) = (x − x1 )Qn−1 (x). Man sagt auch: Die Nullstelle x1 läßt sich abspalten. Das Polynom Qn−1 (x) in Satz 3.2.6 erhält man, indem man Pn (x) durch den Linearfaktor (x−1) nach dem Verfahren der Polynomdivision dividiert. Bei der Division eines Polynoms Pn durch ein Polynom Qm , n (x) also der Umformung des Quotienten QPm (x) in eine Summe „möglichst einfacher“ Summanden, geht man folgendermaßen vor: 1) Man ordne die Polynome P (x) und Q(x) nach fallenden Potenzen von x (evtl. „fehlende“ Potenzen werden mit dem Koeffizienten 0 ergänzt). Man fahre mit (2) fort, falls der Grad von P (x) größer oder gleich dem Grad von Q(x) ist; andernfalls führt das Verfahren zu keiner Vereinfachung. 2) Man teile den 1. Summanden von P (x) durch den 1. Summanden von Q(x); das Ergebnis ist ein Summand des (noch gesuchten) Gesamtergebnisses. 3) Man multipliziere Q(x) mit dem zuletzt erhaltenen Summanden des Gesamtergebnisses und schreibe dieses Resultat unter P (x). 4) Man subtrahiere die untereinander stehenden Polynome voneinander.
Verfahren der Polynomdivision
122
3. Funktionen
5) Man betrachte das durch (4) entstandene Polynom als neues P (x). Ist der Grad von Q(x) größer als der des neuen P (x), so ergänze (x) man das bisherige Gesamtergebnis um den Summanden P Q(x) . Die Division ist damit beendet. Andernfalls fahre man mit (2) fort.11 Bei dem Polynom P3 in Beispiel 3.2.5 haben wir alle Nullstellen abspalten können bis hin zu einer vollständigen Zerlegung von P3 in Linearfaktoren. Dies ist nicht immer möglich: Beispiel 3.2.7 Das Polynom P4 (x) = x4 + x2 − 2 besitzt die Nullstellen x1 = −1, x2 = 1, denn es ist: P4 (−1) = (−1)4 + (−1)2 − 2 = 0 und P4 (1) = 14 + 12 − 2 = 0. Die Funktionsgleichung kann in der Form P4 (x) = (x + 1)(x − 1)(x2 + 2)
(3.2.9)
geschrieben werden12 . (Probe: Man multipliziere die Klammern aus.) Wir untersuchen, ob auch der dritte Faktor in (3.2.9), das Polynom Q(x) = x2 + 2, den Wert Null annehmen kann. Die Gleichung x2 + 2 = 0 besitzt in R keine Lösung, das Polynom Q2 somit keine (reelle) Nullstelle und also P4 keine weitere (reelle) Nullstelle. Satz 3.2.8 Ein Polynom Pn vom Grad n ≥ 1 besitzt höchstens n reelle Nullstellen, etwa x1 , . . . , xr , r ≤ n, die nicht alle verschieden zu sein brauchen. Die zugehörige Funktionsgleichung lässt sich bis auf die Reihenfolge der Faktoren eindeutig schreiben in der Form: 11
Für die praktische Durchführung der Polynomdivision hat sich das folgende Schema bewährt (2 Beispiele): (i) (x3 − 2x2 −9x + 18) : (x − 2) = x2 − 9 −(x3 − 2x2 ) 0
+
0
−9x + 18 −(−9x + 18) 0
(ii) (x
3
2
+ 6x + 12x + 1) : (x2 − 3x + 1) = x + 9 +
−(x3 − 3x2 + x) 0
38x − 8 x2 − 3x + 1
+ 9x2 + 11x + 1 − (9x2 − 27x + 9)
12
0 + 38x − 8 Man erhält die Darstellung (3.2.9), indem man nach dem Verfahren der Polynomdivision zunächst P4 (x) durch (x + 1) dividiert und das Ergebnis dieser Division durch (x − 1) dividiert.
3.2 Polynome und rationale Funktionen
123
y = (x − x1 )(x − x2 ) . . . (x − xr )Qn−r (x), (3.2.10) wobei Qn−r ein Polynom vom Grad n − r ist, das in R keine Nullstelle besitzt. Der folgende Satz für Polynome mit ganzzahligen Koeffizienten ist oft hilfreich beim Auffinden von Nullstellen: Satz 3.2.9 Ist x0 ∈ Z eine Nullstelle des Polynoms Pn (x) = an xn + . . . + a1 x + a0 mit ai ∈ Z für i = 0, 1, . . . , n, so gilt: |x0 | ist Teiler von |a0 |. Ein Polynom mit nur ganzzahligen Koeffizienten kann aber auch andere – dann aber nicht–ganzzahlige – Nullstellen besitzen. Aufgabe 3.15 a) Welche der Zahlen −1, 3, 10 sind Nullstellen der folgenden Polynome? P3 (x) = x3 − 7x − 6 Q3 (x) = x3 − 4x2 − 68x + 80 R4 (x) = −x4 − 4x3 − x2 + x − 1 b) Schreiben Sie das Polynom P3 von Teil a) in der Form (3.2.10). Wir betrachten nun das „Restpolynom“ Q2 mit Q2 (x) = x2 + 2 in der Darstellung (3.2.9). Nach den Regeln für das Rechnen mit Gleichungen lösen wir x2 + 2 = 0 nach x auf: √ √ x2 = −2 ⇒ x = + −2 oder x = − −2 . Wir bekommen also als Lösung komplexe (hier sogar rein imaginäre) Werte:13 √ √ √ x1 = +i 2, x2 = −i 2, i = −1 . Diese Werte sind keine (reellen) Nullstellen von Q2 , wie man anhand des Graphen sofort einsieht (es gibt keine Schnittpunkte oder Berührpunkte mit der x-Achse, vgl. Abb. 3.2.3). √ Man sagt: Q2 besitzt die beiden komplexen Nullstellen x1/2 = ±i 2. 13
Vgl. Anhang B bzgl. der Menge C der komplexen Zahlen.
komplexe Nullstellen
124
3. Funktionen
y
2
x Abb. 3.2.3. Graph von Q2 (x) = x2 + 2
Mit diesen beiden komplexen Nullstellen können wir das Polynom wie im reellen Fall in Linearfaktoren zerlegen: √ √ Q2 (x) = (x − i 2)(x + i 2) (Probe: multiplizieren!). Aufgrund der Darstellung (3.2.9) für das Polynom P4 von Beispiel 3.2.7 sind die beiden komplexen Nullstellen von Q2 auch (komplexe) Nullstellen von P4 . Damit erhalten wir (in C)14 auch die vollständige Zerlegung von P4 in Linearfaktoren: √ √ P4 (x) = (x + 1)(x − 1)(x − i 2)(x + i 2) . Das Polynom P4 (vom Grad 4) besitzt somit genau vier (reelle oder komplexe) Nullstellen. Eine derartige Zerlegung ist allgemein für beliebige Polynome möglich. Sofern der (höchste) Koeffizient an = 1 ist, kommt bei der Produktdarstellung allerdings noch ein konstanter Faktor (nämlich an ) hinzu, vgl. Aufgabe 3.16. Satz 3.2.10 Ein Polynom Pn vom Grad n ∈ N besitzt genau n (reelle oder komplexe) Nullstellen. Es lässt sich in C bis auf einen konstanten Faktor vollständig in Linearfaktoren zerlegen.
binomische Formel
Aufgabe 3.16 Zeigen Sie: Für das Polynom P2 mit P2 (x)√= ax2 + bx + c, a = 0, gilt: b2 −4ac P2 (x) = a(x − x1 )(x − x2 ) mit x1/2 = −b± 2a . (Diese Formel für die Nullstellen eines Polynoms 2. Grades nennt man auch binomische Formel). 14
„in C“ bedeutet, dass komplexe Nullstellen zugelassen sind.
3.2 Polynome und rationale Funktionen
125
Aufgabe 3.17 Das Polynom P4 mit P4 (x) = x4 − 2x3 − 8x2 − 14x − 105 √ besitzt die beiden komplexen Nullstellen x1/2 = ±i 7. Wie lauten die weiteren Nullstellen von P4 ? Aufgabe 3.18 Geben Sie die Nullstellen der Absatzfunktion aus Beispiel 1.2.4, y = 12x2 − 4x3 , an. In der folgenden Aufgabe 3.19 sollen Polynome miteinander verknüpft werden. Als Ergebnis entstehen jeweils wieder Polynome. Aufgrund dieser Eigenschaft spricht man auch von der „Klasse der Polynome“. Satz 3.2.11 Die Summe, die Differenz, das Produkt und die Verkettung (Hintereinanderschaltung) von Polynomen sind wieder Polynome. Aufgabe 3.19 Es sei P1 (x) = x − 1, P3 (x) = x3 + x2 und P6 (x) = −2x6 + x4 − x + 7. Berechnen Sie a) P6 (x) + P3 (x) b) P3 (x) − P6 (x) c) P1 (x) · P3 (x) d) P1 (P3 (x)) e) P3 (P1 (x)) und geben Sie jeweils den Grad des Polynoms an. Am folgenden Beispiel erkennen wir, dass der Quotient zweier Polynome im Allgemeinen kein Polynom ist. Beispiel 3.2.12 Der Quotient aus den beiden Polynomen P2 und P3 mit P2 (x) = x2 − 2x + 3, P3 (x) = x3 + 1, x ∈ R, lautet: Q(x) =
x2 − 2x + 3 P2 (x) = . P3 (x) x3 + 1
(3.2.11)
126
3. Funktionen
Die Funktion Q ist kein Polynom, denn die Funktionsgleichung (3.2.11) lässt sich nicht auf die Form (3.2.1) bringen (vgl. Definition 3.2.1 eines Polynoms). Q gehört zu den sog. rationalen Funktionen, mit denen wir uns im folgenden Abschnitt beschäftigen. 3.2.3 Rationale Funktionen In Kapitel 1 lernten Sie mit der Durchschnittskostenfunktion D(x) =
K(x) 200 + 50x = , x x
x ∈ {1, 2, . . . , 10} ,
von Beispiel 1.2.2 und mit der Kostenfunktion w=
0, 11x + 10 , x
x > 0,
von Beispiel 1.2.5 bereits zwei rationale Funktionen kennen. Definition 3.2.13 Eine Funktion R, deren Funktionsgleichung die Form y = R(x) =
rationale Funktion Zählerpolynom Nennerpolynom
an xn + . . . + a1 x + a0 Pn (x) = Qm (x) bm xm + . . . + b1 x + b0
(3.2.12)
hat, wobei Pn und Qm Polynome vom Grad n bzw. m sind, heißt rationale Funktion. Die Polynome Pn bzw. Qm in der Darstellung (3.2.12) bezeichnet man auch als Zähler- bzw. Nennerpolynom von R. Für den Definitionsbereich einer rationalen Funktion R gilt stets: DR = R\{x|Qm (x) = 0} , d.h. R ist für die reellen Nullstellen des Nennerpolynoms nicht definiert. Aufgabe 3.20 Geben Sie für a) die Durchschnittskostenfunktion von Beispiel 1.2.2: D(x) =
200+50x x
b) die Kostenfunktion von Beispiel 1.2.5: w=
0,11x+10 x
die Darstellung gemäß (3.2.12) explizit an; d.h. wie lauten jeweils die Polynome Pn und Qm ?
3.2 Polynome und rationale Funktionen
127
Beispiel 3.2.14 Die rationale Funktion R mit der Funktionsgleichung y = R(x) =
1 , x
x ∈ DR = R\{0} ,
heißt auch Reziprokfunktion. Ihr Graph besteht aus den zwei Ästen der Normalhyperbel (vgl. Abb. 3.2.4). y
Reziprokfunktion Normalhyperbel
_ 1 y= x
x
Abb. 3.2.4. Grafische Darstellung der Reziprokfunktion (Normalhyperbel)
Jedes Polynom kann als rationale Funktion aufgefasst werden, weil mit y = P (x) auch y =
P (x) 1
gilt und die konstante Funktion Q0 (x) = 1 zu den Polynomen gehört. Daher findet man in der Literatur auch die Begriffe „ganz-rationale Funktion“ für „Polynome“ und „gebrochen-rationale Funktion“ für „rationale Funktion“ in obigem Sinn. Die Nullstellen des Nennerpolynoms einer rationalen Funktion nennt man Definitionslücken der rationalen Funktion. Beispiel 3.2.15 Das Nennerpolynom der rationalen Funktion R mit y = R(x) =
x2 − 2 x2 + 2x − 3
(3.2.13)
Definitionslücken
128
3. Funktionen
besitzt die Nullstellen −3 und 1. Die Stellen −3 und 1 sind also die Definitionslücken von R: DR = R\{−3, 1} .
Eine rationale Funktion muss aber nicht notwendig Definitionslücken besitzen: Wenn das Nennerpolynom keine reellen Nullstellen hat, ist die rationale Funktion für alle reellen Zahlen x definiert (DR = R), vgl. Aufgabe 3.21a. Es kommt auch vor, dass Nullstellen von Zähler- und Nennerpolynom übereinstimmen, wie z. B. bei der Funktion R mit y = R(x) = behebbare Definitionslücken
(x − 2)(x2 − 1) , (x + 3)(x − 1)
x ∈ R\{−3, 1} .
In einem solchen Fall spricht man von behebbaren Definitionslücken. Denn durch Kürzen des betreffenden Linearfaktors erhält man eine zur ursprünglichen Funktionsgleichung äquivalente Funktionsgleichung, deren Nennerpolynom diese Nullstelle nicht mehr besitzt: (x − 2)(x2 − 1) (x − 2)(x + 1)(x − 1) = (x + 3)(x − 1) (x + 3)(x − 1) (x − 2)(x + 1) = , x ∈ R\{−3}. x+3
y=
Beachten Sie aber, dass R (dennoch!) für x = 1 nicht definiert ist.15 Nullstellen einer rationalen Funktion
Die Nullstellen einer rationalen Funktion stimmen mit den Nullstellen des zugehörigen Zählerpolynoms überein (sofern diese in DR liegen): Zur Berechnung der Nullstellen der Funktion R von Beispiel 3.2.15 untersuchen wir, unter welchen Bedingungen die rechte Seite von (3.2.13) Null wird. Nach den Regeln der Bruchrechnung wird ein Bruch Null, wenn der Zähler Null wird, der Nenner aber = 0 bleibt. Da für alle x ∈ DR das Nennerpolynom stets = 0 bleibt (denn für die Nullstellen des Nennerpolynoms ist R nicht definiert), haben √ wir also die Nullstellen des Zählerpolynoms zu berechnen: x1/2 = ± 2. Aufgabe 3.21 Geben Sie jeweils den Definitionsbereich an und berechnen Sie die Nullstellen der Funktion R: 15
Auf die sog. Fortsetzbarkeit von Funktionen gehen wir hier nicht ein.
3.3 Winkelfunktionen
a) R(x) =
x x2 +1
b) R(x) =
1 x2 +x+1
c) R(x) =
x2 −4 x−2
d) R(x) =
x3 −5x2 +6x x2 +4
129
Verknüpft man rationale Funktionen miteinander, so erhält man wieder rationale Funktionen. Analog zu der Klasse der Polynome gilt: Regel 3.2.16 Die Hintereinanderschaltung sowie die Summe, die Differenz und das Produkt von rationalen Funktionen sind wieder rationale Funktionen. Zusätzlich – im Gegensatz zu den Polynomen – trifft das hier auch auf den Quotienten zu, sofern dieser definiert ist (Nenner = 0). Aufgabe 3.22 Verknüpfen Sie die beiden Funktionen R1 und R2 miteinander: √ x−3 , x ∈ R\{± 2} , 2 x −2 1 R 2 (x) = , x ∈ R\{0} , x R 1 (x) =
d.h. berechnen Sie: a) R1 (x) + R2 (x) b) R1 (x) − R2 (x) c) R1 (x) · R2 (x) d) R1 (R2 (x)) e) R2 (R1 (x)) Alle Funktionen, deren Funktionsgleichung nicht auf die Form y = Pn (x) Qm (x) mit Polynomen Pn und Qm gebracht werden kann, heißen nichtrationale Funktionen. Im Folgenden werden Sie Beispiele dafür kennen lernen.
3.3 Winkelfunktionen Die im Folgenden behandelten Winkelfunktionen haben zwei große Anwendungsgebiete:
nicht-rationale Funktionen
130
3. Funktionen
1) In der Physik und in anderen Wissenschaftsbereichen dienen die Sinus- und Kosinusfunktion zur mathematischen Erfassung von Schwingungen und anderen periodischen Vorgängen (vgl. Bsp. 1.2.6).
trigonometrische Funktionen
2) In der Geometrie dienen die Winkelfunktionen z. B. zur Berechnung von Dreiecken. Dieser Teil der Geometrie heißt auch Trigonometrie16 . Die Winkelfunktionen heißen auch trigonometrische Funktionen. Wir wollen den Charakter der Winkelfunktionen als reelle Funktionen in den Vordergrund stellen. Auf Dreiecksberechnungen gehen wir deshalb nicht explizit ein.
3.3.1 Herleitung von Sinus- und Kosinusfunktion für Winkelmaße Wir stellen Ihnen die Sinus- und die Kosinusfunktion anhand eines Schwingungsvorganges vor. Auf diese Weise werden sowohl der Bezug zur Dreicksberechnung als auch die speziellen (periodischen) Eigenschaften dieser Funktionen deutlich. Beispiel 3.3.1 Eine an einer Schnur befestigte Kugel P bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit gegen den Uhrzeigersinn auf einer Kreisbahn mit dem Radius r (vgl. Abb. 3.3.1). y P
r
A
T
2T
t
Schirm
Abb. 3.3.1. Projektion eines Schwingungsvorgangs
Die Bewegung beginnt im Punkt A, die Zeit für einen vollen Umlauf ist T . Mit Hilfe eines parallelen Lichtbündels wird die Kugel auf einen Schirm projiziert, der senkrecht zur Bahnebene der Kugel aufgestellt 16
Trigon ist das griechische Wort für Dreieck.
3.3 Winkelfunktionen
131
ist. Die Strahlen fallen parallel zur Bahnebene ein, so dass das Schattenbild der Kugel auf dem Schirm längs einer Strecke der Länge 2r hinund herschwingt. Der zeitliche Verlauf dieser Bewegung kann durch die Sinus- bzw. Kosinusfunktion beschrieben werden, wie wir im Folgenden herleiten. Wir stellen die Bahn der Kugel als Kreis in einem Koordinatensystem dar (vgl. Abb. 3.3.2).
Schirm
y 1 y
Licht
1
P y –1
a 0
x
–1
1 A x
–1
Abb. 3.3.2. Schwingung am Einheitskreis
Den Mittelpunkt des Kreises legen wir in den Ursprung des Koordinatensystems. Zur Vereinfachung wählen wir die Einheit des Koordinatensystems so, dass der Radius die Maßzahl 1 erhält. Einen solchen Kreis nennt man Einheitskreis. Die Kugel befindet sich im Punkt P = (x, y), für den Anfangspunkt A der Bewegung gilt A = (1, 0). Die Position der Kugel P lässt sich eindeutig durch den Schnittpunkt des freien Schenkels des Winkels A0P mit dem Einheitskreis beschreiben. Beschränken wir uns zunächst auf einen einzigen Umlauf der Kugel, so gilt: 0o ≤ α ≤ 360o. Das Winkelmaß α ist dann gleichzeitig ein Maß für die Zeit, die die Kugel benötigt, um vom Anfangspunkt A bis zur Position P zu gelangen. Wir verfolgen nun die Parallel-Projektion der Kugel in Richtung der x-Achse auf den Schirm. Aus Abb. 3.3.2 ist zu entnehmen, dass das Schattenbild auf dem Schirm längs einer Strecke der Länge 2 hin- und herschwingt. Die Position der Kugel lässt sich durch die y-Koordinate
Einheitskreis
132
Sinusfunktion
3. Funktionen
des Punktes P = (x, y) beschreiben. Wollen wir also den Verlauf der Kugelbewegung durch eine Funktion darstellen, so ist es nahe liegend, dem Winkelmaß α diesen Wert y zuzuordnen: α → y. Jedem Winkelmaß α aus dem Bereich 0o ≤ α ≤ 360o ist somit ein Funktionswert zugeordnet, für den wir sin α schreiben (gelesen: Sinus Alpha). Die Funktion sin : 0o ≤ α ≤ 360o → R, y = sin α heißt Sinusfunktion. (a)
y y
P
1 270° 40°
90°
360° a
180°
–1 (b)
y 1
P 180° 90°
270°
360° a
150°
–1 (c)
y 1 225° 270° 90°
P
–1
(d)
y
360° a
180°
1 270° 330° 90°
180°
360°
a
P –1
Abb. 3.3.3. Graphische Darstellung der Sinusfunktion
In der Bildfolge von Abb. 3.3.3 a) - d) ist die Konstruktion des Funktionsgraphen der Sinusfunktion schrittweise dargestellt. Man erhält dabei
3.3 Winkelfunktionen
133
den zum Argument α gehörigen Funktionswert sin α, indem man jeweils die y-Koordinate des Punktes P parallel zur x-Achse projiziert. Aufgabe 3.23 Ergänzen Sie mit Hilfe von Abb. 3.3.3 die Tab. 3.3.1: Tabelle 3.3.1. Funktionswerte der Sinusfunktion
α
0o
90o
180o
270o
360o
sin α
Wir kehren noch einmal zu Abb. 3.3.2 zurück. Durch die Parallelprojektion in Richtung y-Achse haben wir von der Kugelbewegung lediglich die Auslenkungen in Richtung der y-Achse erfasst. Um auch die Auslenkung in Richtung der x-Achse durch eine Funktion beschreiben zu können, führen wir jetzt eine Parallelprojektion in Richtung y-Achse durch. Verfolgen wir wieder die Projektion der Kugel auf dem Schirm, so erkennen wir aus Abb. 3.3.4, dass das Schattenbild auch in diesem Fall längs einer Strecke der Länge 2 hin- und herschwingt. Die Position der Kugel lässt sich diesmal durch die x-Koordinate des Punktes P = (x, y) beschreiben. In diesem Fall ordnen wir dem Winkelmaß α diesen Wert x zu: α → x. Jedem Winkelmaß α aus dem Bereich 0o ≤ α ≤ 360o (bei vorläufiger Beschränkung auf einen Umlauf der Kugel) ist somit ein weiterer Funktionswert zugeordnet, für den wir cos α schreiben (gelesen: Kosinus Alpha). Die Funktion cos : 0o ≤ α ≤ 360o → R, x = cos α heißt Kosinusfunktion. In Abb. 3.3.5 ist die Konstruktion des Graphen der Kosinusfunktion dargestellt. Im Unterschied zur Sinusfunktion, wo wir bei der Konstruktion des Funktionsgraphen den zum Argument α gehörigen Funktionswert sin α einfach parallel projizieren konnten, müssen wir hier bei der Konstruktion den zum Argument α gehörenden Funktionswert cos α vom Einheitskreis an die entsprechende Stelle im Koordinatenystem übertragen. Aufgabe 3.24 Ergänzen Sie mit Hilfe von Abb. 3.3.5 die Tab. 3.3.2:
Kosinusfunktion
134
3. Funktionen
y
x
–1
1
P
Schirm
y A a 0
x
–1
1
x
Licht
Abb. 3.3.4. Schwingung am Einheitskreis y
y P a
x
y
y
P a
x
x
a
x x
a x x
x P
P a = 40°
a = 150°
a = 225°
a = 330°
x 1 x 40° –1
90°
180° x
x
270°
x 360° 330°
a
150° 225°
Abb. 3.3.5. Graphische Darstellung der Kosinusfunktion
3.3 Winkelfunktionen
135
Tabelle 3.3.2. Funktionswerte der Kosinusfunktion
0o
α
90o
180o
270o
360o
cos α
Wir fassen zusammen: Definition 3.3.2 Der Punkt P = (x, y) sei ein Punkt des Einheitskreises mit dem Mittelpunkt 0 = (0, 0) und dem Anfangspunkt A = (1, 0). α sei das Winkelmaß des Winkels A0P . Dann gilt: sin α = y für 0o ≤ α ≤ 360o ; cos α = x für 0o ≤ α ≤ 360o . Die Funktion mit der Funktionsgleichung y = sin α heißt Sinusfunktion; die Funktion mit der Funktionsgleichung x = cos α heißt Kosinusfunktion. Dabei gilt für den Definitionsbereich der Sinus- bzw. Kosinusfunktion hier17 : Dsin = {α|0o ≤ α ≤ 360o } ; Dcos = {α|0o ≤ α ≤ 360o } , und für den Wertebereich der Sinus- bzw. Kosinusfunktion ergibt sich: Wsin = [−1, 1] ; Wcos = [−1, 1] ; vgl. Abb. 3.3.3 bzw. 3.3.5. Die graphische Ermittlung von Sinus- und Kosinuswerten aus den Abb. 3.3.2 und 3.3.4 ist zu ungenau. Früher hat man daher mit numerischen Methoden (auf die wir nicht näher eingehen) diese Funktionswerte berechnet und in einer Funktionstafel tabelliert.18 Da der Taschenrechner die Verwendung von Tafeln zur Ermittlung von Sinusund Kosinuswerten verdrängt hat, gehen wir nicht näher auf die Benutzung von Tafeln ein. Schwingungsvorgänge wie der in Beispiel 3.3.1 beschriebene, sind in der Regel nicht auf einen Umlauf beschränkt; zudem kann sich die Kugel 17 18
Weiter unten werden wir die Definitionsbereiche erweitern. Wegen der folgenden aufgeführten Beziehungen benötigt man dabei für die beiden Funktionen Sinus und Kosinus nur eine Tafel mit den Funktionswerten der Winkelmaße α für 0o ≤ α ≤ 90o :
Sinusfunktion Kosinusfunktion
136
3. Funktionen
auch im Uhrzeigersinn auf der Kreisbahn bewegen. Um solche Schwingungsvorgänge mathematisch beschreiben zu können, erweitern wir den Definitionsbereich der Sinus- und Kosinusfunktion auf Winkelmaße größer als 360o und kleiner als 0o . Aus den Abb. 3.3.2 und Abb. 3.3.4 wird deutlich, dass sich die Sinusbzw. Kosinuswerte (d.h. die Werte y bzw. x „auf dem Schirm“) bei mehreren Umläufen (und auch bei Umläufen in entgegengesetzter Richtung) weiterhin zwischen −1 und 1 bewegen und sich periodisch wiederholen. Beispiele sind in Abb. 3.3.6 illustriert. 630
o
900
o
-270 o
sin 630 = -1 o cos 630 = 0
o
sin 900 = 0 o cos 900 = -1
o
o
sin (-270 ) = 1 o cos (-270 ) = 0
-630
o
o
sin (- 630 ) = -1 o cos (-630 ) = 0
Abb. 3.3.6. Sinus- und Kosinuswerte für Winkelmaße > 360o und < 0o
Die periodische Wiederholung der Sinus- bzw. Kosinusfunktion genügt dabei dem Gesetz sin (α + k · 360o ) = sin α
(3.3.1)
cos (α + k · 360o ) = cos α mit k ∈ Z und 0o ≤ α ≤ 360o (also z. B. sin 630o = sin (270o + 360o ) = sin 270o = −1, cos (−270o ) = cos (90o − 360o) = cos 90o = 0). Sinusfunktion Kosinusfunktion für beliebige Winkelmaße α
Mit (3.3.1) sind also die Sinus- und Kosinusfunktion nicht auf die in Definition 3.3.2 angegebenen Definitionsbereiche beschränkt, sondern für beliebige Winkelmaße α definiert. cos α = sin (90o − α) sin α = sin (180o − α) cos α = − cos (180o − α) sin α = − sin (α − 180o ) cos α = − cos (α − 180o ) sin α = − sin (360o − α) cos α = cos (360o − α)
für für für für für für für
0o ≤ α ≤ 90o , 90o ≤ α ≤ 180o , 90o ≤ α ≤ 180o , 180o ≤ α ≤ 270o , 180o ≤ α ≤ 270o , 270o ≤ α ≤ 360o , 270o ≤ α ≤ 360o .
3.3 Winkelfunktionen
137
3.3.2 Winkel im Bogenmaß Die alten Babylonier führten für die Winkelmessung die Einheiten Grad, Minute und Sekunde ein. Diese Maßzahlen sind auch heute noch jedermann geläufig und werden noch benutzt. In der Analysis ist es jedoch zweckmäßig, die Sinus- und Kosinusfunktion – ebenso wie die anderen zu untersuchenden Funktionen – als Funktionen auf der Menge der reellen Zahlen zu definieren. Dazu greifen wir auf das sog. Bogenmaß einer Winkelgröße α zurück. Sei zunächst noch einmal 0o ≤ α ≤ 360o und AOP ein Winkel mit der Winkelgröße α. Im Kreis mit dem Mittelpunkt 0 = (0, 0) und dem Radius r gilt die Verhältnisgleichung (vgl. Abb. 3.3.7): b α . = 2πr 360o
(3.3.2)
; 2πr ist die Länge Dabei bezeichnet b die Länge des Kreisbogens AP des Kreisumfangs. Aus (3.3.2) folgt durch äquivalente Umformungen b π =α . r 180o
(3.3.3)
P b 0
a
r
A
Abb. 3.3.7. Bogenmaß der Winkelgröße α
Das bedeutet, dass das Verhältnis der Längen von Kreisbogen b und Radius r nur von der Größe des zum Kreisbogen b gehörenden Winπ kels α abhängt, da 180 o eine Konstante ist. Somit kann der Bogen zum Messen des zugehörigen Winkels eines Kreises mit bekanntem Radius benutzt werden. Man definiert daher rb als das Bogenmaß der Winkelgröße α. Im Einheitskreis misst der Radius eine Längeneinheit. Daher ist hier das Bogenmaß eines Winkels gleich der Maßzahl des zugehörigen Bogens auf dem Einheitskreis (setzen Sie r = 1 in (3.3.3) ein): b=α
π . 180o
(3.3.4)
Bogenmaß
138
3. Funktionen
Durch α→b=α·
π 180o
(3.3.5)
wird jedem α mit 0o ≤ α ≤ 360o eindeutig eine reelle Zahl b mit 0 ≤ b ≤ 2π zugeordnet. Aufgabe 3.25 Ergänzen Sie die folgende Tabelle mit Hilfe der Beziehung (3.3.5). Tabelle 3.3.3. Winkel im Bogenmaß
Winkelmaß 0o
90o
180o
210o
360o π 6
Bogenmaß
3 2π
5 6π
5 3π
Auch für Winkelmaße α < 0o bzw. α > 360o ergibt sich das Bogenmaß aus (3.3.5). Dies entspricht dem (mehrmaligen oder entgegengesetzten) Kreisumlauf; zur Anschauung vgl. Abb. 3.3.8 (und dazu auch Abb. 3.3.6) zusammen mit dem folgenden Beispiel. 630 ° =
7 p 2
900° = 5p
(a)
(b)
- 270° = -
3 p 2
- 630° = -
(c)
7 p 2
(d)
Abb. 3.3.8. Darstellung von Winkelmaßen
Beispiel 3.3.3 α = 630o α = 900o α = −270o α = −630o
630o 7 7 π = π, da = o o 180 2 180 2 π o b = 900 · = 5π 180o π 3 b = (−270o ) · =− π 180o 2 π 7 o b = (−630) · =− π 180o 2
b = 630o ·
3.3 Winkelfunktionen
139
Aufgabe 3.26 a) Ermitteln Sie Winkelmaß und Bogenmaß der in der Abb. 3.3.9 skizzierten Winkel:
(ii)
(i)
(iii)
Abb. 3.3.9. Winkelmaße
b) Stellen Sie die folgenden Winkelmaße analog zu Abb. 3.3.9 graphisch dar: (1) − π3 (2) − 32 π (3) 6π (4) 52 π. 3.3.3 Sinus und Kosinus als reelle Funktionen Mit Hilfe von (3.3.1) konnten wir die in Definition 3.3.2 angegebenen Definitionsbereiche der Sinus- bzw. Kosinusfunktionen auf beliebige Winkelmaße α erweitern. Durch das Bogenmaß wird jedem Winkelmaß eindeutig eine reelle Zahl zugeordnet und umgekehrt auch jeder reellen Zahl x ein Winkelmaß α durch α=
x · 180o π
(3.3.6)
(vgl. (3.3.5); benennen Sie dabei b in x um). Daher können wir jetzt die Sinus- und Kosinusfunktion als reelle Funktionen definieren. Definition 3.3.4 Es sei x ∈ R und α gemäß (3.3.6) das zugehörige Winkelmaß. Wir definieren dann: sin x = sin α , cos x = cos α . Dabei gilt: Dsin = Dcos = R .
140
3. Funktionen
Beispiel 3.3.5 a) Für x = π2 errechnet sich α aus (3.3.6): α = also sin π2 = sin 90o = 1, vgl. Tab. 3.3.1.
π 2
π
· 180o =
180o 2
= 90o ;
b) Für x = − 27 π ist α = −630o (vgl. Beispiel 3.3.3) und somit sin − 72 π = 1; vgl. auch Abb. 3.3.8 bzw. Abb. 3.3.6. sin x
1 –2p
–p
0
p
2p
x
0
p
2p
x
–1
cos x 1
–2p
–p –1
2p
Abb. 3.3.10. Die Graphen der Sinus- und Kosinusfunktion
In Abb. 3.3.10 sind die Graphen der Sinus- und Kosinusfunktion für den Bereich −2π ≤ x ≤ 2π skizziert. Man erkennt, dass sich der Kurvenverlauf nach einem Winkel mit dem Bogenmaß 2π ständig wiederholt. Für die Sinus- und Kosinusfunktion gelten: Additionstheoreme
(1) die sogenannten Additionstheoreme (für alle x, y ∈ R): sin (x ± y) = sin x cos y ± cos x sin y cos (x ± y) = cos x cos y ∓ sin x sin y
(3.3.7)
3.3 Winkelfunktionen
141
(2) der Satz von Pythagoras (Spezialfall)19 2
2
(sin x) + (cos x) = 1 für alle x ∈ R .
Satz von Pythagoras
(3.3.8)
Den Satz von Pythagoras in der Form (3.3.8) können Sie sich unmittelbar anhand der Abb. 3.3.2 verdeutlichen: Das Dreieck P QN mit Q = (x, 0), N = (0, 0) ist rechtwinklig, die Katheten sind y = sin α und x = cos α, die Hypothenuse ist gleich dem Radius (mit r = 1 im 2 2 Einheitskreis). Also gilt: (sin x) + (cos x) = 1. Die Additionstheoreme wollen wir nicht beweisen. Wir zeigen Ihnen lediglich eine Anwendung. Beispiel 3.3.6 In Beispiel 1.2.6 behandelten wir die Überlagerung von Schwingungen. Die Gleichung y (t) = a sin ωt + a sin (ωt + Δϕ) für die Gesamtschwingung (dort) lässt sich mit Hilfe der Additionstheoreme umformen. Wir setzen x = ωt und y = ωt + Δϕ und zeigen zunächst die allgemeingültige Beziehung sin x + sin y = 2 sin
x+y x−y cos . 2 2
(3.3.9)
(3.3.9) lässt sich aus (3.3.7) und (3.3.8) herleiten:20 x−y x+y · cos 2 2 y x y x y x y x cos cos + sin sin = 2 sin cos + cos sin (3.3.7) 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 x y y x y x cos sin + cos sin = 2 sin cos 2 2 2 2 2 2 2 y x x y 2 x y cos sin + cos sin + 2 sin cos 2 2 2 2 2 2
2 sin
19 20
Allgemein gilt: Sind a und b die Katheten und c die Hypothenuse eines rechtwinkligen Dreiecks, so besteht die Beziehung a2 + b2 = c2 . Die Herleitung benutzt nur die Beziehungen (3.3.7) und (3.3.8) sowie die Regeln des Ausmultiplizierens von Klammern und die Regeln des Ausklammerns (sowie die Kommutativität der Addition und Multiplikation); vgl. ggf. Anhang A.
142
3. Funktionen
⎡ =
⎤
⎢ ⎥ ⎢ x x y 2 ⎥ y 2 ⎢ ⎥ 2 ⎢sin cos + cos sin ⎥ 2 2 2 2 ⎣ ! "# $⎦ =1
⎡
wegen (3.3.8)
⎤
⎢ ⎥ ⎢ y x 2 ⎥ x 2 y ⎥ ⎢ + cos + 2 ⎢sin cos sin ⎥ 2 2 2 2 ⎣ ! "# $⎦ =1
= =
wegen (3.3.8)
x y y x 2 sin cos + 2 sin cos 2 2 2 2 sin x + sin y .
Dabei folgt das letzte Gleichheitszeichen aus (3.3.7): x x sin x = sin + 2 2 x x x x = sin cos + cos sin 2 2 2 2 x x = 2 sin cos ; 2 2 analog für sin y. Mit x = ωt und y = ωt + Δφ und (3.3.9) folgt: y (t) = a [sin ωt + sin (ωt + Δϕ)] ωt − ωt − Δϕ ωt + ωt + Δϕ cos = a 2 sin 2 2 Δϕ Δϕ sin ωt + = 2a cos , 2 2 wobei wegen der Symmetrie der Kosinusfunktion zur y-Achse gilt: cos
Δϕ −Δϕ = cos . 2 2
Dies ist die in Beispiel 1.2.6 angegebene Gleichung, aus der Aussagen über die Amplitude und die Frequenz der Schwingung gemacht werden können. Hierzu sind noch zwei Extremfälle interessant: (1) die maximale Amplitude (maximale Verstärkung durch Interferenz) Δϕ wird erreicht bei cos Δϕ 2 = ±1, also 2 = k · π, k ∈ Z. (2) keine Schwingung (also Amplitude 0) wird erreicht bei cos Δϕ 2 = 0, Δϕ π also 2 = (2k + 1) · 2 , k ∈ Z (=Auslöschung durch Interferenz).
3.3 Winkelfunktionen
143
Man kann auch berechnen, wie der Abstand der beiden Schallquellen sein muss, um maximale Verstärkung bzw. Auslöschung zu erreichen; dies behandeln wir hier nicht. Ebenfalls zu den trigonometrischen Funktionen zählen die Tangensbzw. die Kotangensfunktion: Tangensfunktion sin x , x ∈ Dtan y = tan x = cos x ) ( π Dtan = x ∈ R | x = (2k + 1) , k ∈ Z 2 Kotangensfunktion
Kotangensfunktion
cos x , x ∈ Dcot sin x = {x ∈ R | x = kπ, k ∈ Z}
y = cot x = Dcot
Die Tangens- bzw. Kotangensfunktion ist für die Nullstelle der betreffenden Nennerfunktion, also x = (2k + 1)
π bzw. x = kπ mit k ∈ Z 2
nicht definiert (vgl. die angegebenen Definitionsbereiche Dtan bzw. Dcot ). Die Graphen dieser Funktionen sind in Abb. 3.3.11 dargestellt. y
y
4 1 3p 2
p 2
0
p
2
5p 2
2p
x
p
–p
2p
–2
–1
–4
y = tan x
Tangensfunktion
y = cot x
Abb. 3.3.11. Graphen der Tangens- und Kotangensfunktion
x
144
periodische Funktionen
3. Funktionen
Die trigonometrischen Funktionen (sin, cos, tan, cot) gehören zu den sog. periodischen Funktionen21 : Definition 3.3.7 Eine Funktion f mit Df = R (oder Df = [0, ∞) bzw. Df = (∞, 0]) heißt periodisch mit der Periode T > 0, wenn für alle x ∈ Df gilt: f (x + T ) = f (x) . Die Sinus- und die Kosinusfunktion haben die Periode T = 2π, d.h. es gilt für k ∈ Z22 : sin x = sin (x + k · 2π) , cos x = cos (x + k · 2π) . Die Tangens- und die Kotangensfunktion haben wegen − sin x sin (x + π) = = tan x cos (x + π) − cos x cos (x + π) − cos x cot (x + π) = = = cot x sin (x + π) − sin x
tan (x + π) =
die Periode T = π.23 Aufgabe 3.27 a) Zeigen Sie mit Hilfe der Additionstheoreme (1) sin (x + π) = − sin x, (2) cos (x + π) = − cos x, b) Die Sinus- und die Kosinusfuktion sind beschränkte Funktionen. Geben Sie (irgendwelche) Schranken an sowie das Supremum und das Infimum. c) Geben Sie die Definitionslücken der Tangens- bzw. Kotangensfunktion an. d) Keine der trigonometrischen Funktionen (sin, cos, tan, cot) ist auf dem jeweiligen gesamten Definitionsbereich monoton. Geben Sie für die Sinus- bzw. Kosinusfunktion je ein Intervall an, auf dem sie (1) streng monoton steigend (2) streng monoton fallend ist. 21 22 23
Nicht-trigonometrische periodische Funktionen kommen z. B. bei Lagerhaltungsmodellen vor, vgl. Beispiel 1.3.5. Vgl. auch (3.3.1). Zum Nachweis dieser Gleichungen werden die Additionstheoreme benutzt, vgl. Aufgabe 3.27.
3.4 Exponential- und Logarithmusfunktion
145
3.4 Exponential- und Logarithmusfunktion 3.4.1 Wachstums- und Zerfallsvorgänge Wachstums- und Zerfallsvorgänge können durch sog. Exponentialfunktionen beschrieben werden (vgl. Beispiel 1.2.7 und Beispiel 1.2.8). Einige spezielle Gesetzmäßigkeiten dieser Prozesse spiegeln sich nämlich genau in den Eigenschaften der Exponentialfunktionen wieder. Beispiel 3.4.1 Beim Wachstum der Algen im Abwasser der Fabrik (Beispiel 1.2.7) hat der momentane Bestand einen wesentlichen Einfluss auf die weitere Entwicklung des jeweiligen Vorgangs. Um näher zu erläutern, was darunter zu verstehen ist, betrachten wir Tab. 3.4.1, die auf Beispiel 1.2.7 bezogen ist. In der dritten Spalte ist der momentane Bestand nach Ablauf einer Zeiteinheit x = 1 eingetragen. Ein Vergleich der dritten mit der zweiten Spalte zeigt, dass sich h(x+1) mit Hilfe von h(x) berechnen lässt: h(x + 1) = h(x) · 2 . Tabelle 3.4.1. Entwicklung eines Wachstumsvorgangs
h(x)
h(x + 1)
h(x + 2)
h(x + 3)
x=0
1
2
4
8
x=1
2
4
8
16
x=2
4
8
16
32
x=3
8
16
32
64
x = 4 16
32
64
128
x = 5 32
64
128
256
h(x + 1) = h(x) · 2 h(x + 2) = h(x) · 4 h(x + 3) = h(x) · 8 In gleicher Weise sind in der vierten Spalte die Bestände nach Ablauf von x = 2 Zeiteinheiten, in der fünften Spalte die Bestände nach Ablauf von x = 3 Zeiteinheiten eingetragen. Ein Vergleich der jeweiligen Spalten mit der zweiten Spalte zeigt: h(x + 2) = h(x) · 4 , h(x + 3) = h(x) · 8 .
146
3. Funktionen
Allgemein gilt für beliebiges x: h(x + x) = h(x) · q mit q > 0 .
(3.4.1)
Der Faktor q hängt dabei offensichtlich von x ab. Man kann ihn berechnen, indem man in (3.4.1) x = 0 setzt: h(0 + x) = h(x) = h(0) · q . Also q = h(x), da h(0) = 1. Damit hat die Funktion h, die den Wachstumsvorgang hier beschreibt (mit h(0) = 1), die Eigenschaft: h(x + x) = h(x) · h(x) .
(3.4.2)
Funktionen, die einen solchen Wachstumsprozess beschreiben können, müssen also grundsätzlich die Eigenschaft (3.4.2) aufweisen.
3.4.2 Allgemeine Exponentialfunktion Die Rechenregeln für Potenzen besagen nun, dass die Eigenschaft (3.4.2) von den Funktionen f mit f (x) = ax und a > 0 erfüllt wird, denn es gilt: ax+x = ax · ax für x, x ∈ R, a > 0 und a = 1 . Wir erhalten damit Funktionen, die unseren Anforderungen entsprechen. Die Funktion fa : R → R, y = fa (x) = ax , a > 0 und a = 1 Exponentialfunktion zur Basis a
heißt Exponentialfunktion zur Basis a. Die „Exponentialfunktion zur Basis 1“ ist wegen 1x = 1 die konstante Funktion f (x) = 1. Man rechnet diese Funktion nicht zu den Exponentialfunktionen. Zu Basen a ≤ 0 gibt es keine Exponentialfunktionen, da Potenzen mit reellen Exponenten nur für positive Basen erklärt worden sind. In Abb. 3.4.1 haben wir die Graphen einiger Exponentialfunktionen skizziert. Die Abbildung veranschaulicht einige wichtige Eigenschaften der Exponentialfunktionen, die im folgenden Satz 3.4.2 zusammengestellt sind. Satz 3.4.2 Gegeben sei die Exponentialfunktion fa mit fa (x) = ax für x ∈ R, a > 0 und a = 1. Dann gilt: (1) Wfa = {y|y ∈ R ∧ y > 0}; (2) Für a > 1 ist die Funktion fa streng monoton wachsend.
3.4 Exponential- und Logarithmusfunktion a=
1 2
a=
1 3
y
a=3
147
a=2
6 5 4 3 2 a=1
-4
-3
-2
-1
1
2
3
4
x
Abb. 3.4.1. Graphen von Exponentialfunktionen
(3) Für 0 < a < 1 ist die Funktion fa streng monoton fallend. Aufgrund der besonderen Bedeutung bei den Wachstumsvorgängen erhält die Funktion fe einen eigenen Namen: Die Exponentialfunktion mit n der Basis e = lim 1 + n1 ≈ 2, 71828 heißt natürliche Exponentialn→∞ funktion. Man schreibt exp : R → {y|y ∈ R und y > 0}, y = exp(x) = e x .24
natürliche Exponentialfunktion
3.4.3 Die Logarithmusfunktion Nach Satz 3.4.2 ist die Exponentialfunktion f2 : R → {y|y ∈ R ∧ y > 0}, y = f2 (x) = 2x streng monoton wachsend (vgl. Abb. 3.4.2). Aus Abschnitt 3.1.5 folgt dann, dass die Exponentialfunktion zur Basis 2 umkehrbar ist. Da der Wertebereich von f2 die Menge {y|y ∈ R∧y > 0} ist, können wir also jeder Zahl y > 0 denjenigen Exponenten x ∈ R zuordnen, für den 2x = y gilt. Wir führen in diesem Zusammenhang eine neue Bezeichnung ein: Der zu y > 0 gehörige Exponent x ∈ R wird der Logarithmus von y zur Basis 2 genannt. Man schreibt dafür: x = log2 y ⇔ 2 = y . x
24
Zur Eulerschen Zahl e vgl. Anhang A, Abschnitt A.5 und Beispiel 1.5.3.
Logarithmus von y zur Basis 2
148
3. Funktionen
y 8 6 4 2
–1
1
2
3
x
Abb. 3.4.2. Umkehrung der Funktion f2 (x) = 2x
Beispiel 3.4.3 a) log2 8 = 3, denn 23 = 8; b) log2
1 2
= −1, denn 2−1 = 12 ;
c) log2 2 = 1, denn 21 = 2; d) log2 5 ≈ 2, 2, denn 22,2 ≈ 5 (vgl. auch Abb. 3.4.1).
Nach der Vereinbarung in Abschnitt 3.1.5 ist es üblich, bei der Umkehrfunktion die Variablen zu vertauschen. Nach dieser Vertauschung gilt: y = log2 x ⇔ x = 2y . Der Graph der Umkehrfunktion ist dann im Koordinatensystem mit der gleichen x– und y–Achse wie die Ausgangsfunktion darstellbar. Die Funktion log2 : {x|x ∈ R ∧ x > 0} → R, y = log2 x Logarithmusfunktion zur Basis 2
ist also die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion f2 und heißt die Logarithmusfunktion zur Basis 2. Um den Graphen der Funktion log2 zu erhalten, spiegeln wir den Graphen der Exponentialfunktion f2 an der Hauptdiagonalen (vgl. Abschnitt 3.1.5 und Abb. 3.4.3). Mit Hilfe von Abb. 3.4.3 erkennt man,
3.4 Exponential- und Logarithmusfunktion
149
wie sich die Eigenschaften der Exponentialfunktion in die Eigenschaften der Logarithmusfunktion übertragen.
y
y = 2x
3 y = log2 x
2 1
–1
1
2
3
x
–1
Abb. 3.4.3. Die Graphen von 2x und log2 x
Der Definitionsbereich von log2 ist Dlog2 = {x|x ∈ R ∧ x > 0}, der Wertebereich ist Wlog2 = R. Die Funktion log2 ist auf Dlog2 streng monoton wachsend. Für 0 < x < 1 ist log2 x negativ, für x = 1 ist log2 x = 0 und für x > 1 ist log2 positiv. Genauso wie für a = 2 lässt sich wegen der strengen Monotonie jede Exponentialfunktion fa mit fa (x) = ax umkehren. Die Basen a < 1, für welche die Exponentialfunktion fa streng monoton fällt, betrachtet man im Zusammenhang mit der Logarithmusfunktion seltener. Im Weiteren gilt also stets a > 1. Die Umkehrfunktion zu fa : R → {y|y ∈ R ∧ y > 0}, y = fa (x) = ax bezeichnen wir mit: loga : {x|x ∈ R ∧ x > 0} → R, y = loga x . Wir nennen sie Logarithmusfunktion zur Basis a. Es gilt also: y = loga x ⇔ x = ay . Aufgabe 3.28 Bestimmen Sie die folgenden Logarithmuswerte:
Logarithmusfunktion zur Basis a
150
3. Funktionen
1 1 b) log2 16 c) log3 9 d) log3 27 8 √ √ 4 3 e) log3 1 f) log3 (3 5 ) g) logb b2 h) loga an a) log2
natürliche Logarithmusfunktion
Die Umkehrfunktion der natürlichen Exponentialfunktion exp : R → {y|y ∈ R ∧ y > 0}, y = exp(x) = e x heißt natürliche Logarithmusfunktion. Sie wird statt loge mit dem Symbol ln bezeichnet: ln : {x|x ∈ R ∧ x > 0} → R, y = ln x . Für die natürliche Logarithmusfunktion gilt: y = ln x ⇔ e y = x, also x = e ln x .
y
ln x 1
0
1
2
e
3
x
Abb. 3.4.4. Natürliche Logarithmusfunktion
Im folgenden Satz 3.4.4 sind einige wichtige Eigenschaften der Logarithmusfunktionen zusammengestellt: Satz 3.4.4 Gegeben sei die Logarithmusfunktion loga mit y = loga x für x > 0, a > 1. Dann gilt: (1) Wloga = R. (2) Für a > 1 ist die Funktion loga streng monoton wachsend.
3.4 Exponential- und Logarithmusfunktion
151
Logarithmen genügen gewissen Gesetzmäßigkeiten, die häufig benutzt werden, um Rechnungen zu vereinfachen. Wir führen die Gesetzmäßigkeiten in Satz 3.4.5 auf, verfolgen den Anwendungsaspekt jedoch nicht weiter.25 Satz 3.4.5 Gegeben sei die Logarithmusfunktion loga mit y = loga x für x > 0, a > 1. Dann gilt: (1) loga (x1 x2 ) = loga x1 + loga x2 für alle x1 , x2 > 0; (2) loga (3)
x1 x2
= loga x1 − loga x2 für alle x1 , x2 > 0;
loga xx1 2
= x2 loga x1 für alle x1 > 0, x2 ∈ R .
Aufgabe 3.29 a) Für welche Basis a gilt jeweils: (1) loga 4 = 2; (2) loga 2 = 4; (3) loga 17 = 1; (4) loga 10 = 0. b) Bestimmen Sie jeweils dasjenige x, für welches gilt: (1) log2 x = 5; (2) log2 x =
25
2 ; (3) log3 x = −2; (4) log10 x = 1. 3
Vgl. aber Beispiel 2.6.3, Aufgabe 3.15 und Beispiel 1.5.3.
4. Grenzwerte von Funktionen
Das zentrale Thema dieses Kapitels ist der Begriff des Grenzwertes bei Funktionen. In Kapitel 1 haben wir Ihnen schon anhand einiger Beispiele (Abschnitt 1.3) deutlich gemacht, warum es dabei geht. Im Gegensatz zu den Folgen, bei denen Grenzwerte stets für n → ∞ betrachtet werden, unterscheidet man bei Funktionen Grenzwertbetrachtungen für x → ∞ oder auch x → −∞ , für x → x0 , im letzteren Fall untersucht man also das Verhalten der Funktionswerte in der Umgebung eines Argumentes x0 . Grundlage für die Begriffe Stetigkeit bzw. Differenzierbarkeit ist dieser Begriff des Grenzwertes einer Funktion für x → x0 .
4.1 Grenzwert einer Funktion für x → ∞ Wir wissen bereits (vgl. Kapitel 3.2), dass Folgen als Funktionen mit den natürlichen Zahlen als Definitionsbereich aufgefasst werden können. Wie schon beim Begriff der Monotonie wird man nun erwarten, dass der Grenzwertbegriff bei Funktionen für x → ∞ mit dem Grenzwertbegriff der speziellen Funktion „Folge“ für x → ∞ verträglich ist. Wir werden sehen, dass dies der Fall ist.
4.1.1 Einführende Beispiele Die graphischen Darstellungen in Abb. 4.1.1 zeigen einige mögliche Verhaltensmuster der Funktionswerte für immer größer werdende Argumente x („x → ∞“). Wir lesen aus diesen Darstellungen ab: © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 G. Adams et al., Mathematik zum Studieneinstieg, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58738-6_4
153
154
4. Grenzwerte von Funktionen (a)
y
2
(b)
y
2
y = 2 ( x ÎR )
1 ( x > 0) x
y=
x
x
y
y
y=
2
2x - 1 ( x > 0) x
y=x
2
x
(c)
2
+ 1
x
(d)
Abb. 4.1.1. Beispiele von Funktionen mit und ohne Grenzwert für x → ∞
zu (a) Unabhängig von x bleibt der Funktionswert stets konstant gleich 2. zu (b) Je größer x wird, umso kleiner wird der Bruch x1 , er bleibt aber stets positiv, insbesondere = 0. Die Funktionswerte streben gegen 0 für x → ∞. ist äquivalent zu y = 2 − x1 . Es zu (c) Die Funktionsgleichung y = 2x−1 x wird also für größer werdende x eine immer kleinere Zahl x1 von 2 subtrahiert. Die Funktionswerte „konvergieren“ für x → ∞ gegen den „Grenzwert“ 2. zu (d) Für x → ∞ werden die Funktionswerte y = x2 + 1 beliebig groß. Wenn sich die Funktionswerte für x → ∞ einer Zahl y0 ∈ R nähern, sagt man: Der Grenzwert der Funktion für x → ∞ existiert (und ist gleich y0 ). Wenn die Funktionswerte für x → ∞ beliebig groß werden, existiert kein Grenzwert1 . 1
Vgl. auch Abschnitt 4.1.4: Divergenz.
4.1 Grenzwert einer Funktion für x → ∞
155
4.1.2 Definition des Grenzwertes einer Funktion für x → ∞ Wir betrachten im folgenden Beispiel 4.1.1 zunächst (zur Wiederholung) das Verhalten der Folge (an )n∈N mit an =
n+3 n
für n → ∞, um es im darauf folgenden Beispiel 4.1.2 mit dem Verhalten der Funktion f mit x+3 , x ≥ 1, f (x) = x für x → ∞ zu vergleichen. Beispiel 4.1.1 Nach den Regeln für das Rechnen mit Grenzwerten bei Folgen berechnen wir den Grenzwert der obigen Folge (an )n∈N : n+3 n→∞ n 3 = lim 1 + n→∞ n
lim an = lim
n→∞
= lim 1 + lim n→∞
n→∞
3 = 1. n
Schreiben wir die Folge als Funktion mit an = f (n) für n ∈ Df = N, so konvergiert also die Folge der Funktionswerte gegen 1: f (n) → 1 für n → ∞ oder lim f (n) = 1. n→∞
Abb. 4.1.2 enthält die graphische Darstellung dieser Folge (an )n∈N = (f (n)))n∈N .
156
4. Grenzwerte von Funktionen f(n) f (n) = an
4
1 1
2
n
3
Abb. 4.1.2. Graphische Darstellung der Folge
n+3 n
n∈N
Im Hinblick auf die weiteren Untersuchungen führen wir hier zusätzlich den sog. direkten Nachweis für den Grenzwert a = 1: Es ist zu zeigen (vgl. Kapitel 2), dass für jedes ε > 0 ein Index n (ε) ∈ N existiert, so dass |an − a| < ε für alle n > n (ε) . Wir geben ε > 0 vor und bilden die ε-Umgebung von 1: Uε (1) (vgl. Abb. 4.1.3). Es gibt zu ε > 0 einen passenden Index n (ε), so dass für alle n > n (ε) die Folgenglieder an in der Umgebung Uε (1) liegen. Geometrisch bedeutet das: Die zugehörigen Punkte werden in dem εStreifen (schraffiert) „eingefangen“. f(n) f (n) = an
4
1
e-Streifen
Ue(1)
1
n(e)
n
Abb. 4.1.3. Die Folgenglieder liegen in Uε (1) für n > n (ε)
Wir berechnen:
Für alle n >
3 ε
3
3
|an − a| = 1 − − 1
=
. n n
ist |an − a| < ε, da aus n >
3 ε
folgt: ε >
3 n.
4.1 Grenzwert einer Funktion für x → ∞
157
Mit der Bezeichnung an = f (n) erhalten wir also: Für alle n > n (ε) haben die Funktionswerte f (n) von 1 einen geringeren Abstand als ε: |f (n) − 1| < ε für alle n > n (ε) . Diese Rechnung können wir für jedes (noch so kleine) ε > 0 durchführen, also konvergiert die Folge der Funktionswerte f (n) gegen 1 für n → ∞. Beispiel 4.1.2 Wir untersuchen die Funktion f mit f (x) =
x+3 , x ∈ R, x ≥ 1 , x
für wachsende Werte von x. Abb. 4.1.4 enthält den Graphen von f . y 4 y=
x+3 _ _ x , x>1
1 1 Abb. 4.1.4. Graphische Darstellung der Funktion f mit f (x) =
x x+3 , x
x ≥ 1.
Wir gehen analog zu Beispiel 4.1.1 (Abb. 4.1.3) vor: Zu einer vorgegebenen Zahl ε > 0 bilden wir die Umgebung Uε (1) (vgl. Abb. 4.1.5). Es gibt zu ε > 0 eine passende Zahl x (ε), so dass für alle x mit x > x (x) die zugehörigen Funktionswerte f (x) in Uε (1) liegen. Geometrisch bedeutet das: Der Graph von f verläuft im schraffierten ε-Streifen (vgl. Abb. 4.1.5).
158
4. Grenzwerte von Funktionen y 4 y=
x+3 _ _ x , x>1
f (x) 1
Ue(1)
2e1 1
x¢(e)
x (>x¢(e))
x
Abb. 4.1.5. Die Funktionswerte f (x) liegen in Uε (1) für x > x (ε)
Wir kommen somit zu der folgenden Formulierung: Bei vorgegebenem ε > 0 unterscheiden sich die Funktionswerte f (x) für alle „hinreichend großen“ x ∈ R von der Zahl 1 um weniger als ε: |f (x) − 1| < ε. Es hängt dabei von ε ab, was unter „hinreichend groß“ zu verstehen ist: 9 Gemäß Abb. 4.1.5 liegen in dem ε-Streifen der Breite 2ε1 mit ε1 = 10 10 alle Funktionswerte f (x) mit x > x (ε1 ) = 3 . Entsprechend könnten 1 wir zu ε2 = 100 eine Zahl x (ε2 ) ausrechnen, so dass die Funktionswerte f (x) für alle x > x (ε2 ) in dem zugehörigen ε-Streifen (der Breite 2ε2 ) liegen. Wir fassen zusammen: Zu ε > 0 gehört eine Zahl x (ε) ∈ R, so dass |f (x) − 1| < ε für alle x > x (ε)
(4.1.1)
erfüllt ist; dabei betonen wir noch einmal das Wort „alle“ bei „für alle x > x (ε)“. Weiter wird die Bedingung (4.1.1) von der Funktion f für jedes (noch so kleine) ε > 0 erfüllt. Dies bedeutet, dass die Funktionswerte f (x) „beliebig nahe“ bei 1 liegen, wenn x „genügend groß“ ist (x > x (ε)). Man sagt: f konvergiert für x → ∞ gegen den Grenzwert 1, und schreibt: lim f (x) = 1 . x→∞
Konvergenz für x → ∞
Definition 4.1.3 Die (reellwertige) Funktion f sei definiert für alle x ∈ [a, ∞) mit (festem) a ∈ R. f heißt für x → ∞ konvergent gegen den Grenzwert y0 ∈ R, wenn es zu jedem ε > 0 ein x (ε) ∈ R gibt, so dass |f (x) − y0 | < ε für alle x > x (ε)
(4.1.2)
4.1 Grenzwert einer Funktion für x → ∞
159
gilt. Man schreibt:
lim f (x)
x→∞
f (x) → y0 für x → ∞ oder lim f (x) = y0 . x→∞
Beispiel 4.1.4 Wir zeigen:
−2x + 4 = −2 , x→∞ x lim
d.h. die Funktion f mit f (x) = −2x+4 , x ∈ R\ {0}, konvergiert für x x → ∞ gegen den Grenzwert y0 = −2. Zunächst berechnen wir den Abstand der Funktionswerte vom Grenzwert:
−2x + 4
|f (x) − y0 | =
− (−2)
x
−2x 4
=
+ + 2
x x
4
= −2 + + 2
x
4 4 =
= (für x > 0). x x Für jedes ε > 0 gilt: x4 < ε, falls x > x (ε) = 4ε . Also konvergiert f nach Definition 4.1.3 für x → ∞ gegen den Grenzwert y0 = −2. Bemerkung 4.1.5 Statt (4.1.2) kann man auch schreiben2 : f (x) ∈ Uε (y0 ) für alle x > x (ε) . Analog zum Grenzwert einer Funktion für x → ∞ definiert man den Grenzwert einer Funktion für x → −∞: Definition 4.1.6 Die (reellwertige) Funktion f sei definiert für alle x ∈ (−∞, a] mit (festem) a ∈ R. f heißt für x → −∞ konvergent gegen den Grenzwert y0 ∈ R, wenn es zu jedem ε > 0 ein x (ε) ∈ R gibt, so dass |f (x) − y0 | < ε für alle x < x (ε) gilt. Man schreibt: f (x) → y0 für x → −∞ oder 2
Vgl. auch Definition 2.6.5.
Konvergenz für x → −∞
(4.1.3) lim f (x)
x→−∞
lim f (x) = y0 .
x→−∞
160
4. Grenzwerte von Funktionen
Aufgabe 4.1 a) Von welchem x-Wert ab wird f (x) kleiner als (1) f (x) =
8 x3 ;
(2) f (x) =
1−x 1−x2 .
1 120 ?
b) Zeigen Sie: 8 = 0; x3 1−x = 0. (2) lim x→∞ 1 − x2 (1) lim
x→∞
c) Zeigen Sie3 : 0, 11x + 10 = 0, 11. lim x→∞ x Ähnlich wie bei den Folgen (vgl. Kapitel 2) kann man zeigen, dass der Grenzwert einer Funktion für x → ∞ (bzw. für x → −∞) eindeutig bestimmt ist. Wir behandeln dies hier aber nicht weiter. Asymptote
In Beispiel 4.1.2 nähert sich der Graph der Funktion f der Geraden mit der Gleichung y = 1. Eine solche Gerade bezeichnet man als Asymptote von f . Falls für eine Funktion der Grenzwert für x → ∞ (bzw. für x → −∞) existiert, besitzt die Funktion also eine waagerechte Asymptote. 4.1.3 Rechnen mit Grenzwerten Wie beim Grenzwert der Folgen ist es meistens recht umständlich, den Grenzwert einer Funktion für x → ∞ (bzw. x → −∞) gemäß Definition 4.1.3 (bzw. Definition 4.1.6) nachzuweisen. Daher wollen wir, wie im Kapitel 2 für die Folgen, hier für Funktionen Hilfsmittel zur konkreten Berechnung von Grenzwerten bereitstellen. Anhand des folgenden Beispiels untersuchen wir die Frage: Wenn für zwei Funktionen f1 und f2 jeweils der Grenzwert für x → ∞ existiert, existiert dann auch der Grenzwert der Funktion f mit f (x) = f1 (x) + f2 (x) für x → ∞? Wenn ja, wie berechnet er sich? Beispiel 4.1.7 Die Funktionen f1 (x) = 3
x+3 , x
Vgl. auch Beispiel 1.3.1 bzw. 1.3.2.
x ∈ R\ {0} ,
4.1 Grenzwert einer Funktion für x → ∞
161
−2x + 4 , x ∈ R\ {0} , x besitzen für x → ∞ die Grenzwerte f2 (x) =
lim f1 (x) = 1 und
x→∞
lim f2 (x) = −2
x→∞
(vgl. Beispiel 4.1.2 und Beispiel 4.1.4). Bildet man nun f (x) = f1 (x) + f2 (x) −x + 7 x + 3 −2x + 4 + = , = x x x so ist f definiert für x ∈ R\ {0} und es gilt: 7 lim f (x) = lim −1 + = −1 = 1 − 2. x→∞ x→∞ x In diesem Beispiel ist also „der Grenzwert der Summe gleich der Summe der Grenzwerte“. Man kann zeigen, dass Entsprechendes für die Differenz, das Produkt und den Quotienten (falls er definiert ist) richtig ist. Mit anderen Worten: Mit Grenzwerten von Funktionen (für x → ±∞) können wir rechnen wie mit Grenzwerten von Folgen (vgl. Regel 2.6.13) . Regel 4.1.8 Es sei lim f (x) = y0 und lim g (x) = z0 . Dann gilt: x→∞
x→∞
lim (f (x) ± g (x)) = lim f (x) ± lim g (x) = y0 ± z0 ,
x→∞
x→∞
x→∞
lim (f (x) · g (x)) = lim f (x) · lim g (x) = y0 · z0 ,
x→∞
x→∞
x→∞
lim f (x)
lim
x→∞
y0 f (x) = x→∞ = , falls z0 = 0 . g (x) lim g (x) z0 x→∞
In Worten lautet die Regel 4.1.8: Der Grenzwert einer Summe, einer Differenz, eines Produktes bzw. eines Quotienten von Funktionen ist gleich der Summe, der Differenz,
162
4. Grenzwerte von Funktionen
dem Produkt bzw. dem Quotienten (falls er definiert ist) der einzelnen Grenzwerte. Regel 4.1.8 gilt analog für den Grenzwert für x → −∞. Wir fassen dies nicht gesondert zu einer Regel zusammen; denken Sie sich in Regel 4.1.8 unter der Abkürzung lim immer x → −∞ notiert anstelle von x → ∞. Bemerkung 4.1.9 In Regel 4.1.8 besagt die erste Zeile („Es sei lim f (x) = y0 und x→∞
lim g (x) = z0 “), dass die beiden Grenzwerte existieren. Dies ist nax→∞ türlich stets Voraussetzung beim Rechnen mit Grenzwerten. Beispiele für Funktionen, die keine Grenzwerte (für x → ∞ oder für x → −∞) besitzen, behandeln wir noch in Abschnitt 4.1.4. Die Regel 4.1.8 hat hier die gleiche zentrale Bedeutung wie die entsprechende Regel bei den Folgen. Denn sie besagt, dass die Grenzwertbildung mit den Rechenoperationen +, −, ·, : in der Reihenfolge vertauschbar ist. Für die Vereinfachung der Berechnung von Grenzwerten ist dies wesentlich, wie wir am folgenden Beispiel zeigen. Beispiel 4.1.10 Wir wollen den Grenzwert der Funktion f mit f (x) =
5x2 + 10x − 3 , x ∈ R, x2 + 1
für x → ∞ berechnen. Nenner und Zähler werden hier für x → ∞ beliebig groß, dennoch existiert ein Grenzwert. Wir erhalten ihn, indem wir Zähler und Nenner durch die höchste vorkommende Potenz von x dividieren (hier also durch x2 ) und auf die „entstehenden Funktionen“ Regel 4.1.8 anwenden:
3 5 + 10 5x2 + 10x − 3 x − x2 = lim x→∞ x→∞ x2 + 1 1 + x12 3 lim 5 + 10 x − x2 x→∞ = lim 1 + x12
lim
x→∞
10 x→∞ x
lim 5 + lim
=
x→∞
lim 1 +
x→∞
=
− lim
3 2 x→∞ x 1 lim 2 x→∞ x
5+0−0 = 5. 1+0
4.1 Grenzwert einer Funktion für x → ∞
163
Aufgabe 4.2 a) Überprüfen Sie: |x| = 1, x→∞ x
(1) lim
|x| = −1 , x 4x − 2 (3) lim = 0, x→∞ 3x2 1 7 − 2x =− , (4) lim x→∞ 4x + 6 2 x (5) lim = 1. x→∞ x + 1 (2)
lim
x→−∞
b) Berechnen Sie den Grenzwert für x → ∞ von: (1) f1 (x) =
x−1 x+1
(2) f2 (x) =
2x+7 x+1
, ,
(3) f3 (x) = f1 (x) + f2 (x) , (4) f4 (x) =
7x2 −4x+8 4x2 +3x+5
c) Es sei f (x) =
3x+1 x+7
.
· sgn x, x ∈ R\ {−7}. Berechnen Sie lim f (x) x→∞
und lim f (x) . x→−∞
4.1.4 Divergenz einer Funktion für x → ∞ Im Abschnitt 4.1.1 haben wir am Graph der Funktion f mit f (x) = x2 + 1 abgelesen, dass die Funktionswerte f (x) für x → ∞ beliebig groß werden. Sie streben keinem endlichen Wert y0 zu. Man sagt: „Der Grenzwert von x2 + 1 für x → ∞ existiert nicht“ oder „x2 + 1 besitzt keinen Grenzwert für x → ∞“ oder „x2 + 1 konvergiert nicht gegen einen Wert y0 ∈ R für x → ∞“. Eine Funktion, die für x ∈ [a, ∞) bzw. x ∈ (−∞, a] mit a ∈ R definiert ist, heißt für x → ∞ (bzw. x → −∞) divergent, wenn sie nicht gegen einen Wert y0 ∈ R konvergiert. Die Monome x2 und x3 sind Standardbeispiele für Funktionen, die für x → ∞ (und auch für x → −∞) beliebig große bzw. beliebig kleine Werte annehmen:
Divergenz
164
4. Grenzwerte von Funktionen
x2 → ∞ für x → ∞ , x2 → ∞ für x → −∞ , x3 → ∞ für x → ∞ , x3 → −∞ für x → −∞ . bestimmte Divergenz uneigentlicher Grenzwert
Manche Lehrbücher sprechen von bestimmter Divergenz mit uneigentlichem Grenzwert: „x2 besitzt für x → ∞ den uneigentlichen Grenzwert ∞“. Wir werden diese Terminologie nicht verwenden. Daneben kommt die sog. „unbestimmte Divergenz“ vor, bei der die Funktionswerte zwar beschränkt bleiben, aber keinem festen Wert zustreben, vgl. Beispiel 4.1.11. Beispiel 4.1.11 Die Funktion f mit f (x) = 2 + sin x, x ∈ R , nimmt für x → ∞ weder einen Grenzwert (∈ R) an, noch wachsen die Funktionswerte f (x) über alle Grenzen (und werden auch nicht beliebig klein), vgl. Abb. 4.1.6 y 3
y = 2 + sin x
1 –2p
–p
p
2p
x
Abb. 4.1.6. Graphische Darstellung der Funktion f mit f (x) = 2 + sin x
Wir können nur aussagen, dass die Werte von f mit f (x) = 2 + sin x zwischen 1 und 3 „schwanken“. Insbesondere ist diese Funktion also beschränkt (Schranken sind z. B. s = 1 und S = 3), sie besitzt aber keinen Grenzwert für x → ∞.
4.2 Grenzwert einer Funktion für x → x0
165
Aufgabe 4.3 a) Existieren die Grenzwerte lim (x · sin x) und lim (x · sin x)? x→∞
b) Ist die Funktion f mit f (x) =
1 2x
x→−∞
+ sin x divergent für x → ∞?
4.2 Grenzwert einer Funktion für x → x0 Graphen von Funktionen können „glatt“ verlaufen oder aber Lücken, Sprungstellen, Zacken usw. aufweisen. „Glatte“ Graphen gehören zu Funktionen, die stetig bzw. differenzierbar sind (vgl. Abschnitt 4.3 bzw. Kapitel 5). Bei der Untersuchung dieser beiden wichtigen Eigenschaften von Funktionen wird z. B. nach der Existenz von Grenzwerten für x → x0 gefragt. In Kapitel 1, Abschnitt 1.3, haben wir Ihnen dies schon illustriert. 4.2.1 Definition des Grenzwertes einer Funktion für x → x0 Wir wollen nun die exakte Formulierung für den „Grenzwert einer Funktion für x → x0 “ erarbeiten. Wie wir das schon von den Folgen und dem Grenzwert einer Funktion für x → ∞ her kennen, betrachten wir dazu ε–Umgebungen des (vermuteten) „Grenzwertes“ und untersuchen, für welche Werte von x die Funktionswerte f (x) in der betreffenden Umgebung liegen. Beispiel 4.2.1 Die Funktionsgleichung der in Abb. 4.2.1 dargestellten Funktion lautet: ⎧ ⎨ x3 + 1 für − ∞ < x ≤ 1 f (x) = ⎩ x + 1 3 für 1 < x < ∞ . 2
Der Funktionswert an der Stelle x0 = 1 ist f (1) = 2. Wir geben eine Zahl ε1 > 0 vor und bilden Uε1 (2). Es gibt eine (zu ε1 ) passende Zahl δ1 > 0, so dass alle Funktionswerte f (x) mit x aus dem offenen Intervall (x0 − δ1 , x0 ) in Uε1 (2) liegen, vgl. Abb. 4.2.1. Wir können somit den Sachverhalt „Wenn wir uns mit x von links der Zahl x0 = 1 nähern, so nähern sich die zugehörigen Funktionswerte der Zahl 2“ folgendermaßen präzisieren: „Zu vorgegebenem ε1 > 0 gibt es eine Zahl δ1 > 0, so dass f (x) ∈ Uε1 (2) für alle x mit x ∈ (x0 − δ1 , x0 ) gilt“. Man nennt 2 den linksseitigen Grenzwert der Funktion f für x → x0 :
linksseitiger Grenzwert
166
4. Grenzwerte von Funktionen
y
27 8 Ue1(2)
2
x0 = 1 –1
(x0 – d1, x0)
2
x
Abb. 4.2.1. Die Funktionswerte f (x) liegen in Uε1 (2) für x ∈ (x0 − δ1 , x0 )
f (x) → 2 bei linksseitiger Annäherung x → x0 = 1 . Ganz analog definieren wir den „rechtsseitigen Grenzwert der 4 Funktion f für x → x0 “: Wir geben ε2 > 0 vor und bilden Uε2 27 8 , vgl. Abb 4.2.2. Es gibt eine (zu ε2 ) passende Zahl δ2 > 0, so dass alle Funktionswerte f (x) mit x ∈ (x0 , x0 + δ2 ) in Uε2 27 liegen. 8
rechtsseitiger Grenzwert
Damit haben wir auch den Sachverhalt „Bei rechtsseitiger Annäherung von x an x0 = 1 nähern sich die zugehörigen Funktionswerte f (x) der Zahl 27 2 > 0, 8 “ präzisiert:„Zu vorgegebenem ε2 > 0 gibt es eine Zahl δ27 so dass f (x) ∈ Uε2 27 für alle x ∈ (x , x + δ )“. Man nennt 0 0 2 8 8 den rechtsseitigen Grenzwert der Funktion f für x → x0 : f (x) →
27 bei rechtsseitiger Annäherung x → x0 = 1 . 8
Für die linksseitige bzw. rechtsseitige Annäherung vereinbaren wir eine besondere Schreibweise:
4
Für x → x0 mit x < x0 schreiben wir x → x0 − . Für x → x0 mit x > x0 schreiben wir x → x0 + . 27 1 3
(4.2.1)
Man erhält den Wert 8 , indem man x = 1 in x + 2 einsetzt. Dies ist aber kein Funktionswert, denn dann wäre die Eindeutigkeit der Zuordnung verletzt.
4.2 Grenzwert einer Funktion für x → x0
167
y
U e 2 ( 27 ) 8 2
x0 = 1 (x0 ,x0 + d2 )
–1
Abb. 4.2.2. ε–Umgebung Uε2
2
x
27 8
In Beispiel 4.2.1 gilt also: lim f (x) = 2 und lim f (x) =
x→1−
x→1+
27 . 8
Bemerkung 4.2.2 Damit bei der Annäherung x → x0 überhaupt zugehörige Funktionswerte f (x) vorliegen, muss die Funktion „in der Umgebung von x0 “ definiert sein. Für die Stelle x0 selbst ist das nicht erforderlich. In Bezug auf den Definitionsbereich Df der im Folgenden betrachteten Funktionen setzen wir daher voraus, dass stets „genügend große“ Intervalle (x0 − δ, x0 ) bzw. (x0 , x0 + δ) in Df enthalten sind. Wir verwenden hierfür die Formulierung: „Die Funktion sei in einer Umgebung von x0 definiert“. Wir fassen nun die in Beispiel 4.2.1 durchgeführten Überlegungen zusammen: Definition 4.2.3 Eine in einer Umgebung von x0 ∈ R definierte Funktion f besitzt für x → x0 den linksseitigen (bzw. rechtsseitigen) Grenzwert a ∈ R (bzw. b ∈ R), wenn es zu jeder (noch so kleinen) Zahl ε > 0 eine (zugehörige) Zahl δ > 0 gibt, so dass f (x) ∈ Uε (a) (bzw. f (x) ∈ Uε (b)) gilt für alle x ∈ (x0 − δ, x0 ) (bzw. x ∈ (x0 , x0 + δ)).
linksseitiger Grenzwert rechtsseitiger Grenzwert
168 lim f (x)
x→x0 −
4. Grenzwerte von Funktionen
Man schreibt: lim f (x) = a (bzw.
x→x0 −
lim f (x) = b).
x→x0 +
lim f (x)
x→x0 +
Bemerkung 4.2.4 Gemäß Bemerkung 4.2.2 ist in der Definition 4.2.3 nicht vorausgesetzt, aber auch nicht ausgeschlossen, dass x0 im Definitionsbereich Df liegt. Der links- bzw. rechtsseitige Grenzwert einer Funktion für x → x0 ist also unabhängig davon definiert, ob es einen Funktionswert f (x0 ) gibt oder nicht. Es kann vorkommen, dass ein linksseitiger und/oder rechtsseitiger Grenzwert nicht existiert: Beispiel 4.2.5 Für die in Abb. 3.2.4 dargestellte Reziprokfunktion f (x) = Beispiel 3.2.14) gilt:
1 x
(vgl.
lim f (x) existiert nicht,
x→0−
lim f (x) existiert nicht ,
x→0+
denn die Funktionswerte werden beliebig klein (x → 0−) bzw. beliebig groß (x → 0+). Auf solche sog. Polstellen von Funktionen gehen wir in Abschnitt 4.2.3 noch näher ein. Aufgabe 4.4 Zeichen Sie den Graphen der Funktion f mit f (x) =
|x| , x ∈ R\{0} .5 x
Geben Sie die Grenzwerte lim f (x) und lim f (x)
x→0−
x→0+
an. Sind die Zahlen -1 und 1 • zwei verschiedene linksseitige Grenzwerte von f für x → 0, 5
Vgl. zu dieser Funktion auch Aufgabe 4.2a.
4.2 Grenzwert einer Funktion für x → x0
169
• zwei verschiedene rechtsseitige Grenzwerte von f für x → 0, • ein linksseitiger und ein rechtsseitiger Grenzwert von f für x → 0? Kann es überhaupt für eine Funktion zwei verschiedene linksseitige Grenzwerte und/oder verschiedene rechtsseitige Grenzwerte geben? Sofern der linksseitige und der rechtsseitige Grenzwert einer Funktion für x → x0 übereinstimmen, spricht man von dem Grenzwert der Funktion für x → x0 : Definition 4.2.6 Eine in einer Umgebung von x0 ∈ R definierte Funktion f besitzt an der Stelle x0 den Grenzwert y0 , wenn die beiden einseitigen Grenzwerte (für x → x0 ) existieren und (übereinstimmend) gleich y0 sind: lim f (x) = lim f (x) = y0 ∈ R. x→x0 −
x→x0 +
Man schreibt: lim f (x) = y0 oder f (x) → y0 für x → x0 ,
Konvergenz für x → x0
x→x0
und sagt auch: f konvergiert für x → x0 gegen den Grenzwert y0 oder lim f (x) existiert. x→x0
Beispiel 4.2.7 2 −16 ,x∈ Für die in Abb. 4.2.3 dargestellte Funktion f mit f (x) = xx−4 R\{4}, stimmen der links- und der rechtsseitige Grenzwert für x → x0 (x0 = 4) überein; machen Sie sich dies anhand von Abb. 4.2.3 klar und gehen Sie wie in Beispiel 4.2.1 vor. lim f (x) = 8, lim+ f (x) = 8 .
x→4−
x→4
Es existiert also auch der Grenzwert von f für x → x0 = 4: x2 − 16 = 8, x→4 x − 4
lim f (x) = lim
x→4
und er ist gleich demselben Wert. Allerdings ist dies kein Funktionswert, denn f ist für x = 4 nicht definiert.6
6
Hier liegt eine sog. behebbare Definitionslücke vor: Wegen (x+4)(x−4) x−4
Grenzwert
x2 −16 x−4
=
= x + 4 kann die in Beispiel 4.2.7 betrachtete Funktion (bis auf die Definitionslücke x = 4) auch durch die Funktionsgleichung y = x + 4 beschrieben werden.
lim f (x)
x→x0
170
4. Grenzwerte von Funktionen
y U e (8)
8 6 4 2
–4
–2
2
6
x
(4 – d, 4) (4, 4 + d) Abb. 4.2.3. Linksseitiger und rechtsseitiger Grenzwert der Funktion (für x → 4) stimmen überein.
Aufgabe 4.5 a) Zeichnen Sie den Graphen der Funktion f mit f (x) = |x|, x ∈ R. Geben Sie den links- bzw. rechtsseitigen Grenzwert für x → x0 = 0 an. Existiert lim f (x)? x→x0
Wie lautet dieser Grenzwert? b) In Aufgabe 4.4 haben Sie den links- bzw. rechtsseitigen Grenzwert der Funktion f (x) = |x| x , x ∈ R\{0}, für x → x0 = 0 berechnet. Existiert ein Grenzwert dieser Funktion für x → 0? Beispiel 4.2.7 zeigt, dass eine Funktion, für die es keinen Funktionswert f (x0 ) gibt, dennoch einen Grenzwert lim f (x) besitzen kann. Und x→x0
auch wenn der Funktionswert f (x0 ) existiert, muss er nicht mit dem Grenzwert für x → x0 übereinstimmen, vgl. Abb. 4.3.1(d). Insgesamt lassen es diese Überlegungen nützlich erscheinen, bei den Grenzwertuntersuchungen für x → x0 Umgebungen von x0 zu betrachten, bei denen x0 selber „herausgenommen“ ist:
4.2 Grenzwert einer Funktion für x → x0
171
Definition 4.2.8 Es seien x0 und ε > 0 reelle Zahlen, dann heißt Uε∗ (x0 ) = {x|x0 − ε < x < x0 + ε}\{x0 } = Uε (x0 )\{x0 } eine punktierte ε-Umgebung von x0 . Damit können wir – wie bei den einseitigen Grenzwerten – den Grenzwert einer Funktion für x → x0 ( lim f (x)) mit Hilfe von Umgebungen x→x0
beschreiben. Wir demonstrieren dies an der in Abb. 4.2.3 dargestellten Funktion: Es liegen für x → x0 = 4 die Funktionswerte f (x) für jedes (beliebig kleine) ε > 0 stets in Uε (8), sofern nur Argumente x ∈ Df betrachtet werden, die in einer „genügend kleinen“ punktierten Umgebung Uδ∗ (4) liegen. Damit kommen wir zu der Definition des Grenzwertes einer Funktion für x → x0 , die Sie häufig in Lehrbüchern finden: Definition 4.2.9 Die Funktion f sei in einer Umgebung von x0 ∈ R definiert. Weiter sei y0 ∈ R. Wenn es dann zu jedem ε > 0 ein δ > 0 gibt, so dass f (x) ∈ Uε (y0 ) für alle x ∈ Uδ∗ (x0 ) gilt, so heißt f für x → x0 konvergent gegen den Grenzwert y0 . Um die Begriffsbildung beim Grenzwert für x → x0 aufzuzeigen, haben wir eine ausführliche Darstellung gewählt. Wir wollen aber nun nicht lange üben, wie man zu ε ein passendes δ ausrechnet, sondern dies nur für einfache Fälle durchführen. Zur tatsächlichen Berechnung von Grenzwerten gibt es wieder Grenzwertregeln. Diese behandeln wir im folgenden Abschnitt 4.2.2. Aufgabe 4.6 Gegeben sei die Funktion f mit f (x) = a) Geben Sie zu ε1 = alle x ∈ Uδ∗1 (2) gilt.
1 2
x2 −4 x−2 .
eine Zahl δ1 an, so dass f (x) ∈ Uε1 (4) für
1 b) Geben Sie zu ε2 = 10 eine Zahl δ2 an, so dass f (x) ∈ Uε2 (4) für ∗ alle x ∈ Uδ2 (2) gilt.
Zum Abschluss dieses Abschnittes vermerken wir noch, dass der Grenzwert einer Funktion f für x → x0 , falls er existiert, eindeutig bestimmt
punktierte ε-Umgebung von x0
172
4. Grenzwerte von Funktionen
ist. Auf einen Nachweis verzichten wir. Anschaulich ist klar, dass die Funktionswerte f (x) nicht gegen zwei verschiedene Werte y0 und y1 streben können, wenn sie für jedes (noch so kleine) ε > 0 alle in der Umgebung Uε (y0 ) liegen sollen.
4.2.2 Rechnen mit Grenzwerten Wie bei den Grenzwerten von Folgen und beim Grenzwert einer Funktion für x → ∞ erleichtern sog. Grenzwertregeln die Bestimmung der Grenzwerte. Es gilt analog zu Regel 4.1.8: Regel 4.2.10 Die (reellwertigen) Funktionen f und g seien beide in einer Umgebung von x0 definiert. Existieren dann die Grenzwerte lim f (x) = y0 und lim g(x) = z0 ,
x→x0
x→x0
so gilt: lim (f (x) ± g(x)) = lim f (x)± lim g(x) = y0 ±z0 ,
x→x0
x→x0
x→x0
lim (f (x) · g(x)) = lim f (x)· lim g(x) = y0 ·z0 ,
x→x0
lim
x→x0
x→x0
x→x0
lim f (x) y0 f (x) x→x0 = = , falls z0 = 0 . g(x) lim g(x) z0 x→x0
Die Bedeutung der Grenzwertregeln (Regel 4.2.10) liegt wieder – wie bei den Grenzwerten von Folgen bzw. von Funktionen für x → ±∞ – darin, dass sie folgende Vorgehensweise ermöglichen: Man führt komplizierte Funktionsterme durch Zerlegen auf einfache Funktionsterme zurück und berechnet mit Hilfe der Grenzwerte der einfacheren Funktionen dann den Grenzwert der ursprünglichen Funktion. Das folgende Beispiel soll diese Vorgehensweise demonstrieren: Beispiel 4.2.11 a) Gegeben sei f mit f (x) = 2x2 − 2, x ∈ R. Dann gilt: lim (2x2 −2) = lim 2· lim x· lim x− lim 2 = 2·3·3−2 = 16 .
x→3
x→3
x→3
x→3
x→3
4.2 Grenzwert einer Funktion für x → x0
b) Für f mit f (x) =
3
2
5x −3x +2 , x2 +1
173
x ∈ R und x0 ∈ R beliebig, gilt:
lim 5 · ( lim x)3 − lim 3 · ( lim x)2 + lim 2
lim f (x) =
x→x0
x→x0
x→x0
x→x0
=
x→x0
x→x0
( lim x)2 + lim 1
x→x0
5x30
x→x0
− +2 . x20 + 1 3x20
Für x0 = 0 folgt also z. B.: lim f (x) = 2 . x→0
c) Für f mit f (x) =
2
4x −4 3x−3 ,
x ∈ R\{1}, gilt:
4x2 − 4 4(x2 − 1) 4(x − 1)(x + 1) 4(x + 1) = lim = lim = lim x→1 3x − 3 x→1 3(x − 1) x→1 x→1 3(x − 1) 3 lim 4(x + 1) 4·2 8 = = . = x→1 lim 3 3 3 lim
x→1
Beachten Sie hierbei, dass Sie wegen lim 3(x − 1) = 0 die Grenzx→1
wertregel für den Quotienten vor dem Kürzen nicht anwenden können. Aufgabe 4.7 Berechnen Sie den Grenzwert der Funktion, indem Sie Regel 4.2.10 anwenden: a) f (x) = 4x3 − 2x2 − 7, x ∈ R, für x → −2 b) f (x) = c) f (x) =
x3 −9x x2 +3x , x ∈ R\{0, −3}, für √ √ x+ x−(1+ x3 ) , x ∈ R\{1}, x−1
x → −3 ; für x → 1 ;
d) f (x) = x, x ∈ R, für x → x0 , x0 ∈ R fest; e) f (h) = x0 + h, h ∈ R, für h → 0, x0 ∈ R fest. Hinweis: Klammern Sie bei b) und c) zunächst geeignet aus. Wir behandeln nun noch ein Hilfsmittel, das manchmal bei der Berechnung von Grenzwerten nützlich ist und das Sie auch in vielen Lehrbüchern finden: Schreiben wir x in der Form x = x0 + h, so ist „x → x0 “ äquivalent zu „h → 0“
7
174
4. Grenzwerte von Funktionen
und somit ist lim f (x) = y0 äquivalent zu lim f (x0 + h) = y0 .
x→x0
h→0
Wir wenden dies im folgenden Beispiel an: Beispiel 4.2.12 Um den Grenzwert der Funktion f mit f (x) =
x2 − 3x + 2 x3 − 1
für x → 1 zu berechnen, setzen wir x = 1 + h in die Funktionsgleichung ein und berechnen: x2 − 3x + 2 (1 + h)2 − 3(1 + h) + 2 = lim 3 x→1 h→0 x −1 (1 + h)3 − 1 lim h − lim 1 1 0−1 h−1 h→0 h→0 = =− . = lim 2 = 2 h→0 h + 3h + 3 0+0+3 3 lim h + lim 3h + lim 3 lim
h→0
h→0
h→0
4.2.3 Divergenz einer Funktion für x → x0 Wir untersuchen nun Funktionen, deren Funktionswerte bei Annäherung von x an Stellen x0 ∈ R beliebig groß bzw. beliebig klein werden, wie Sie das z. B. von der Reziprokfunktion (vgl. Beispiel 4.2.5) schon kennen. Beispiel 4.2.13 Gegeben sei die Funktion f mit f (x) =
Divergenz für x → x0
x+1 , x ∈ R\{1} . x−1
Aus der graphischen Darstellung lesen wir ab: Bei rechtsseitiger Annäherung von x an x0 = 1 sind die Werte f (x) stets positiv und wachsen über alle Grenzen. Nähern wir uns dagegen von links mit x an den Wert 1, so streben die zugehörigen Funktionswerte f (x) gegen −∞. Man sagt: Die Funktion f ist für x → 1 divergent. Wir bestätigen unsere Beobachtung am Graphen von f durch die Untersuchung der Funktionsgleichung. Dazu setzen wir x = 1 + h und berechnen für h = 0: 7
Vgl. Aufgabe 4.7e.
4.2 Grenzwert einer Funktion für x → x0
175
f (x) f (x) =
x+1 _ x-1
1 -1
1
x
-1
Abb. 4.2.4. x = 1 und y = 1 sind Asymptoten
f (1 + h) = Der Summand
2 h
h+2 h 2 2 1+h+1 = = + =1+ . 1+h−1 h h h h
wird für h → 0 beliebig groß, und zwar gilt: 2 → +∞ für h → 0+ , h 2 → −∞ für h → 0 − . h
Damit folgt: f (x) → +∞ für x → 1+ , f (x) → −∞ für x → 1 − . Der Graph von f nähert sich in beiden Fällen immer mehr der senkrechten Geraden x = 1. Man nennt diese Gerade eine (senkrechte) Asymptote des Graphen von f . (Die Gerade y = 1 ist eine waagerechte Asymptote für dieses Beispiel, vgl. auch Abschnitt 4.1.2, denn es ist lim f (x) = 1 und lim f (x) = 1.) x→+∞
x→−∞
Das in Beispiel 4.2.13 durchgeführte rechnerische Verfahren ist unabhängig vom Graphen. Es kann daher auch benutzt werden, wenn die Funktionsgleichung bekannt ist, man aber den Graphen der Funktion
Asymptote
176
4. Grenzwerte von Funktionen
nicht kennt. (Um den Graphen zu skizzieren, bedarf es nämlich u.U. aufwendiger Berechnungen.) 8 (bestimmt) divergent Pol Polstelle
Werden für die Funktion f (wie in Beispiel 4.2.13) die Funktionswerte für x → x0 beliebig groß (f (x) → +∞) oder beliebig klein (f (x) → −∞), so nennt man f für x → x0 (bestimmt) divergent. Man sagt auch: f hat bei x0 einen Pol, und man nennt x0 eine Polstelle. Definition 4.2.14 Eine Funktion heißt divergent für x → x0 , wenn sie nicht konvergent für x → x0 ist. Wir unterscheiden: Der Grenzwert lim f (x) existiert nicht, d.h. f ist für x → x0 divergent, x→x0
falls
– entweder (mindestens) einer der beiden einseitigen Grenzwerte nicht existiert – oder die beiden einseitigen Grenzwerte nicht übereinstimmen. Manche Lehrbücher sprechen aber auch hier vom „uneigentlichen Grenzwert ∞“ (vgl. Abschnitt 4.1.4). Aufgabe 4.8 a) Zeigen Sie: lim
x→0+
0, 11x + 10 existiert nicht x
(vgl. Beispiel 1.3.2). ⎧ ⎨ −1 für x ≤ 0 b) Es sei f (x) = ⎩ 1 für x > 0 . x
Geben Sie (falls möglich) an: lim f (x), lim f (x), f (0), lim f (x) .
x→0−
x→0
x→∞
4.3 Stetigkeit Mit den Begriffen „Stetigkeit“ und „Unstetigkeit“ verbindet man intuitiv recht klare Vorstellungen: Die Leistungen eines Mitarbeiters nehmen 8
Vgl. Kapitel 5.
4.3 Stetigkeit
177
stetig zu (oder auch ab). Bei vielen zeitlichen Abläufen (z. B. Erwärmen von Wasser, Bewegung eines Autos) sagt man, dass sie stetig verlaufen. Dagegen ist z. B. das Ausschalten einer Lampe ein unstetiger Prozess, der Übergang „hell-dunkel“ erfolgt „plötzlich“. Anstelle von „unstetig“ sagt man auch „sprunghaft“. Es ist folgende „Faustregel“ bekannt: Eine Funktion ist stetig, wenn man ihren Graphen zeichnen kann, ohne den Stift dabei absetzen zu müssen. In Kapitel 1.3 haben wir Ihnen schon Beispiele für stetige (und auch für nicht-stetige) Funktionen vorgestellt.
4.3.1 Definition der Stetigkeit Wir wollen die exakte Formulierung der „Stetigkeit einer Funktion“ anhand der folgenden Graphen (Abb. 4.3.1 (a) bis (d)) erarbeiten. Intuitiv klassifizieren wir die in Abb 4.3.1 (a) dargestellte Funktion als „stetig“ und die in Abb. 4.3.1 (c) dargestellte Funktion als „unstetig“. (a)
y 8
(b)
8
y = f1(x)
4
(c)
x
y 10 8
x0 = 4
–4
(d) y = f3(x)
x
y 10 8
4
–4
y = f2(x)
4
x0 = 4
–4
y
y = f4(x)
4
x0 = 4
x
–4
x0 = 4
x
Abb. 4.3.1. Beispiele für stetige bzw. unstetige Funktionen in x0 = 4
Bei den in Abb. 4.3.1 (b) und (d) dargestellten Funktionen müssen wir etwas länger überlegen: Bei (b) „fehlt ein Funktionswert“ (d.h. f2 ist für x0 = 4 nicht definiert) und bei (d) beruht die „Störung“ des Graphen darauf, dass der Funktionswert f4 (x0 ) „unpassend“ ist; wir sagen in diesem Fall auch: Die Funktion ist unstetig.
178
4. Grenzwerte von Funktionen
Wir entnehmen aber weiter der Anschauung, dass sich die „Unstetigkeit“ der Funktionen f2 bis f4 jeweils nur auf die Stelle x0 = 4 bezieht9 . Bis zu der Stelle x0 = 4 und ab x0 = 4 verläuft der Graph jeweils „zusammenhängend“, was wir intuitiv als „stetig“ bezeichnen. Es scheint daher sinnvoll, von „Stetigkeit“ oder „Unstetigkeit“ an einer Stelle x0 zu sprechen. Die Funktionen f2 bis f4 sind an jeder Stelle x0 stetig bis auf die Stelle x0 = 4. Wir werden also die Frage untersuchen: Unter welchen Voraussetzungen ist eine Funktion an einer Stelle x0 stetig? Wir sind bei der Herleitung dieser Fragestellung von der sog. globalen Betrachtung der Stetigkeit auf die lokale Betrachtungsweise übergegangen, haben also vom intuitiven Stetigkeitsbegriff abstrahiert, bei dem man sich „Stetigkeit“ über dem ganzen Definitionsbereich oder wenigstens über einem Intervall vorstellt.10 Um die Abstraktion leichter verständlich zu machen, wenden wir uns zunächst wieder den Unstetigkeitsstellen zu. Die zu den in Abb. 4.3.1 dargestellten Funktionen f1 bis f4 gehörenden Funktionsgleichungen lauten: f1 (x) = x + 4, x ∈ R, x2 − 16 , x ∈ R\ {4} , x−4 x + 4 für − ∞ < x ≤ 4 f3 (x) = x + 6 für 4 < x < ∞ 2 x −16 für x ∈ R\ {4} x−4 f4 (x) = 10 für x = 4 f2 (x) =
Wir untersuchen die Frage: Worin unterscheidet sich das Verhalten der Funktionswerte an der Stelle x0 = 4? Bei der Funktion f1 erscheint uns die Stelle x0 = 4 „stetig“, f2 hat bei x0 = 4 eine Definitionslücke, f3 hat an der Stelle x0 = 4 einen Sprung und bei f4 ist der Funktionswert f4 (4) „unpassend“. Mit Hilfe der Funktionswerte an der Stelle x0 = 4 und der Grenzwerte für x → 4 lassen sich die Unterschiede schärfer herausstellen. Für die in Abb. 4.3.1 (a) bis (d) dargestellten Funktionen f1 bis f4 gilt: • Der Grenzwert von f1 für x → 4 ist gleich dem Funktionswert f1 (4). An dieser Stelle x0 = 4 erscheint die Funktion stetig. 9 10
Streng genommen ist f2 bei x0 = 4 nicht unstetig, vgl. Abschnitt 4.3.2 und auch Tabelle 4.3.1. In Abschnitt 4.3.3 behandeln wir dann globale Stetigkeit.
4.3 Stetigkeit
179
• Der Grenzwert von f2 für x → 4 ist gleich 8, aber es gibt keinen Funktionswert f2 (4). f2 ist nicht stetig bei x0 = 4. • Der linksseitige Grenzwert von f3 für x → 4 ist gleich dem Funktionswert f3 (4), aber der rechtsseitige Grenzwert von f3 für x → 4 stimmt nicht mit dem linksseitigen überein. Es gibt also keinen Grenzwert lim f3 (x). f3 ist nicht stetig bei x0 = 4. x→x0
• Es ist lim f4 (x) = 8, aber der Funktionswert f4 (4) = 10 stimmt x→4
nicht mit diesem Grenzwert überein. f4 ist nicht stetig bei x0 = 4. Damit haben wir ein Kriterium gefunden, wodurch Stetigkeit charakterisiert werden kann: Definition 4.3.1 Eine in einer Umgebung von x0 ∈ R definierte11 (reellwertige) Funktion f heißt an der Stelle x0 (oder in x0 ) stetig, wenn (i) (ii)
x0 ∈ Df und lim f (x) existiert, und
x→x0
(iii) lim f (x) mit dem Funktionswert f (x0 ) übereinstimmt, d.h. x→x0
lim f (x) = f (x0 ) .
x→x0
Beachten Sie: Eine Funktion ist an einer Stelle x0 also nicht stetig, wenn (mindestens) eine der Bedingungen in Definition 4.3.1 nicht erfüllt ist. Aufgabe 4.9 a) Welche der Bedingungen in Definition 4.3.1 ist für die in Beispiel 4.2.1 behandelte Funktion an der Stelle x0 = 1 verletzt? b) Zeichnen Sie den Graphen der Funktion f mit f (x) = 2x · sgn (x + 1). Zeigen Sie anhand von Definition 4.3.1, dass f an der Stelle x0 = −1 nicht stetig, aber an der Stelle x1 = 0 stetig ist. In den meisten Lehrbüchern finden Sie die Stetigkeit einer Funktion an einer Stelle x0 mit Hilfe von Umgebungen um den Funktionswert f (x0 ) und um x0 definiert. Wir wollen hierauf kurz eingehen: Vorgegeben ist die Funktion f mit y = f (x) = x + 4, die Stelle x0 = 4 und eine Zahl ε > 0. Wir bilden die Umgebung Uε (8). Es gibt eine 11
Vgl. Bemerkung 4.2.2.
180
4. Grenzwerte von Funktionen
(zu ε) passende Zahl δ > 0, so dass die Funktionswerte f (x) in Uε (8) liegen für alle x ∈ Uδ (4), vgl. Abb. 4.3.2. Anhand der Funktion f , f (x) = x + 4, deren Stetigkeit in x0 = 4 uns bereits bekannt ist, haben wir damit die folgende Stetigkeitsdefinition erläutert:
y y=x+4 Ue(8)
8
4
–4
x0 = 4
x
Ud(4) Abb. 4.3.2. Die Funktionswerte f (x) liegen in Uε (8) für x ∈ Uδ (4)
stetig in x0
Definition 4.3.2 Eine in einer Umgebung von x0 ∈ R definierte (reellwertige) Funktion f heißt stetig in x0 ∈ Df , wenn es zu jeder (noch so kleinen) Zahl ε > 0 eine (zugehörige) Zahl δ > 0 gibt, so dass f (x) ∈ Uε (f (x0 )) für alle x ∈ Uδ (x0 ) gilt. Man kann zeigen, dass die beiden Definitionen 4.3.1 und 4.3.2 äquivalent sind. Dazu greift man auf die Definition des Grenzwertes einer Funktion x → x0 mit Hilfe von Umgebungen (vgl. Definition 4.2.9) zurück12 . Wir verzichten hier aber auf den Äquivalenznachweis. Aufgabe 4.10 Zeigen Sie, dass die Funktion von Beispiel 1.3.3, die die Höhe der Selbstbeteiligung in Abhängigkeit von der Schadenssumme angibt, an der Stelle x0 = 10000 stetig ist. 12
Aufgrund der Bedingung (i) in Definition 4.3.1 betrachtet man dabei an Stelle der punktierten Umgebung Uδ∗ (x0 ) die (nicht punktierte) Umgebung Uδ (x0 ).
4.3 Stetigkeit
181
4.3.2 Unstetigkeitsstellen und Definitionslücken Den Begriff „unstetig“ haben wir bisher intuitiv gebraucht, und zwar für den Fall, dass der Graph einer Funktion nicht „zusammenhängend“ ist. Wir haben bereits gesehen, dass die Störung des „Zusammenhangs“ in manchen Fällen auf „x0 ∈ / Df “ zurückzuführen ist. Wenn also eine Funktion an einer Stelle nicht definiert ist, kann man auch ihren Graphen nicht „in einem Zug“ über diese Stelle hinweg zeichnen. Eine solche „Störung“ bezeichnen wir nicht als Unstetigkeit, sondern wir sprechen von Unstetigkeit einer Funktion nur an Stellen x0 ∈ Df . 13 Definition 4.3.3 Ist eine Funktion f an einer Stelle x0 ∈ Df nicht stetig, so heißt x0 eine Unstetigkeitsstelle von f . Die in Abb. 4.3.3 dargestellte Funktion f mit f (x) = sgn x, x ∈ R, ist also bei x0 = 0 unstetig (x0 ist eine Unstetigkeitsstelle): y 1
y = sgn x
x –1
Abb. 4.3.3. Unstetigkeitsstelle x0 = 0
Dagegen hat die Funktion f (x) = (vgl. Abb. 4.3.4):
|x| x
bei x0 = 0 eine Definitionslücke
Funktionen der in Abb. 4.3.5 dargestellten Art, bei denen die Funktionswerte in der Umgebung einer Stelle x0 gegen +∞ und/oder gegen −∞ streben, sind stets für x0 nicht definiert (x0 ∈ / Df ). Solche Definitionslücken nennt man Pole, vgl. Abschnitt 4.2.3. Eine Polstelle ist also (wegen x0 ∈ / Df ) keine Unstetigkeitsstelle. 13
In manchen Lehrbüchern, besonders auch Schulbüchern, wird hierauf nicht streng geachtet.
Unstetigkeitsstelle
182
4. Grenzwerte von Funktionen y 1 y=
x x
x –1
Abb. 4.3.4. Definitionslücke x0 = 0
(a)
y
(b)
y
x0
x0
x
x
Abb. 4.3.5. Beispiele für Funktionen, die bei x0 einen Pol besitzen
4.3.3 Globale Stetigkeit lokale Stetigkeit globale Stetigkeit
Ist eine Funktion f „in x0 stetig“, so sagt man auch: „f ist lokal in x0 stetig“. Im Unterschied hierzu spricht man von „globaler Stetigkeit“ oder auch schlechthin von „Stetigkeit“ einer Funktion f , wenn f an jeder Stelle x0 des Definitionsbereiches (lokal) stetig ist. „Lokal“ weist also auf eine bestimmte Stelle und „global“ auf den gesamten Definitionsbereich hin. Definition 4.3.4 Es sei f eine (reellwertige) Funktion und A ⊂ Df .
auf der Menge A stetig
(i)
f heißt auf der Menge A stetig, wenn f an jeder Stelle x0 ∈ A stetig ist.
(ii) f heißt (global) stetig, wenn f auf Df stetig ist.
4.3 Stetigkeit
183
Zur Erläuterung greifen wir noch einmal die in Abschnitt 4.3.1 behandelten Funktionen f1 bis f4 auf (vgl. Abb. 4.3.1): Welche der Funktionen f1 bis f4 sind (global, d.h. auf ihrem Definitionsbereich) stetig? Die Antworten haben wir in der Tabelle 4.3.1 zusammengestellt: Tabelle 4.3.1. Stetigkeit der Funktionen f1 bis f4 aus Abschnitt 4.3.1
f1
f2
f3
f4
Df1 = R
Df2 = R\ {4}
Df3 = R
Df4 = R
x0 = 4 ∈ Df3 ist Unstetigkeitsstelle von f3
x0 = 4 ∈ Df4 ist Unstetigkeitsstelle von f4
f1 ist in jedem x0 = 4 ∈ / Df2 x0 ∈ Df1 ste- ist tig Definitionslücke; f2 ist in jedem x0 ∈ Df2 stetig.
f1 ist global f2 ist global f3 ist nicht f4 ist nicht stetig stetig global stetig global stetig
Aufgabe 4.11 Zeigen Sie mit Hilfe von Definition 4.3.1, dass a) die konstanten Funktionen f mit f (x) = c, c ∈ R fest, x ∈ Df = R, (auf Df ) stetig sind. b) die Identität (id (x) = x) stetig ist (auf Did = R). Anleitung: Setzen Sie x0 ∈ Df als beliebig voraus und prüfen Sie, ob lim f (x) und f (x0 ) übereinstimmen. Ist dies für beliebiges x→x0
x0 ∈ Df der Fall, so ist f in jedem (beliebigen) x0 ∈ Df (lokal) stetig und somit dann (global) stetig. Für in der Praxis vorkommende Funktionen ist i. a. die Stetigkeit auf Intervallen relevant. Bevor wir dazu zwei einfache Beispiele betrachten, tragen wir noch nach, was unter der Stetigkeit einer Funktion in einem Intervalleckpunkt zu verstehen ist: Eine auf dem Intervall [a, b] definierte Funktion f heißt stetig im Intervalleckpunkt x0 = a bzw. x0 = b, wenn dort der einseitige (rechtsseitige bzw. linksseitige) Grenzwert von f für x → x0 existiert und mit dem Funktionswert f (x0 ) übereinstimmt. Man sagt dann: f ist in x0 = a bzw. x0 = b einseitig stetig. Eine Funktion ist also auf einem abge-
Stetigkeit einer Funktion in einem Intervalleckpunkt
einseitig stetig
184
4. Grenzwerte von Funktionen
schlossenen Intervall [a, b] stetig, wenn sie in jedem x0 ∈ (a, b) stetig und in den Intervalleckpunkten einseitig stetig ist. Auf abgeschlossenen Intervallen haben stetige Funktionen wichtige Eigenschaften14 . Beispielsweise führen Lagerhaltungsprobleme auf sog. Schalterfunktionen, die abwechselnd den Wert 1 und 0 annehmen. Sie sind auf Intervallen, auf denen sie konstant (gleich 1 und gleich 0) sind, stetig und an den „Schaltstellen“ unstetig. Beispiel 4.3.5 Der Hersteller eines flüssigen Produktes, z. B. Orangensaft, arbeitet mit einer Firma zusammen, die eine Abfüllanlage besitzt. Durch eine Pipeline fließt das Produkt aus einem großen Tank zur Abfüllanlage, vgl. Abb. 4.3.6.
Pipeline
Abb. 4.3.6. Pipeline zwischen Tank und Abfüllanlage
Der volle Tank entleert sich in die Pipeline, wird gereinigt und wieder aufgefüllt. Die Abhängigkeit des Tankinhaltes V von der Zeit t ist in Abb. 4.3.7 vereinfachend dargestellt. Mit der „Schalterfunktion“ 0 für t ∈ [0, t1 ) ∪ (t2 , t4 ) ∪ . . . f (t) = 1 für t ∈ [t1 , t2 ] ∪ [t4 , t5 ] ∪ . . . kann die Abhängigkeit des Flusses in der Pipeline von der Zeit (im Sinne „ja“/„nein“) beschrieben werden, vgl. Abb. 4.3.8. 14
Hierauf kommen wir in Abschnitt 4.3.5 zurück.
4.3 Stetigkeit
185
V (Tankinhalt)
voll
leer t1 Auffüllen
t2 t 3
t4
t5 t 6
t7
t (Zeit)
Reinigen Entleeren
Auffüllen
Abb. 4.3.7. Abhängigkeit des Tankinhaltes von der Zeit
f (t)
1
t1
t2 t3
t4
t5 t6
t7
t (Zeit)
Abb. 4.3.8. Fluss in der Pipeline („ja“/„nein“)
Dabei bedeutet: f (t) = 1 : „Produkt fließt durch die Pipeline“ , f (t) = 0 : „Kein Fluss in der Pipeline“. Auf jedem der betrachteten Intervalle [t0 , t1 ), (t2 , t4 ), . . . und [t1 , t2 ], [t4 , t5 ], . . . ist die Funktion f stetig, die „Schaltstellen“ t1 , t2 , t4 , t5 . . . sind Unstetigkeitsstellen. Die Funktion f zeigt die „Leerzeiten“ der Pipeline an. Bei Lagervergrößerung des Produzenten, z. B. bei der „Zuschaltung“ eines zweiten Tanks, ist die Größe des Zusatztanks sinnvoll gewählt, wenn die „Leerzeiten möglichst ausgefüllt“, d.h. die Intervalle, in denen f (t) = 0 gilt, möglichst klein sind. Aufgabe 4.12 Geben Sie die Intervalle an, auf denen die Lagerhaltungsfunktion von Beispiel 1.3.4 stetig ist.
186
4. Grenzwerte von Funktionen
4.3.4 Verknüpfung stetiger Funktionen Die Stetigkeit einer Funktion im Einzelnen zu zeigen, ist manchmal mühsam. Für gewisse „einfache“ Funktionen ist die Stetigkeit bekannt. (In Aufgabe 4.11 haben Sie z. B. die Stetigkeit der konstanten Funktionen und der Identität nachgewiesen). Man bildet nun die Summe, das Produkt, etc. von Funktionen und leitet deren Stetigkeit aus der Stetigkeit der „Einzelfunktionen“ ab: Die Summe, die Differenz, das Produkt und der Quotient (falls definiert) von stetigen Funktionen ergeben wieder stetige Funktionen. Dies ist – verbal – der Inhalt des folgenden Satzes, der auf den Regeln für das Rechnen mit Grenzwerten für x → x0 beruht. Satz 4.3.6 Sind die Funktionen f und g stetig in x0 ∈ Df ∩ Dg , so sind auch die Funktionen h1 , h2 , h3 und h4 mit h1 (x) = f (x) + g (x) , h2 (x) = f (x) − g (x) , h3 (x) = f (x) · g (x) und h4 (x) =
f (x) (falls g (x) = 0) g (x)
stetig in x0 . Sind f und g stetig (auf Df ∩ Dg ), so sind h1 bis h3 ebenfalls stetig (auf Df ∩Dg ). Dies gilt auch für die Funktion h4 auf ihrem Definitionsbereich Dh4 = {x|x ∈ Df ∩ Dg ∧ g (x) = 0} . Bemerkung 4.3.7 Wenn wir rückblickend den Weg von den Folgen über Grenzwerte bei Funktionen bis hierher zu den stetigen Funktionen verfolgen, so haben wir also stets „entsprechende“ Ergebnisse erhalten; vgl. Sie die Grenzwertregeln (Regel 2.6.13, Regel 4.1.8, Regel 4.2.10) in den betreffenden Abschnitten. Auch die Verkettung (Hintereinanderschaltung) stetiger Funktionen ergibt wieder eine stetige Funktion. Satz 4.3.8 Gegeben seien die Funktionen f und g mit Wf ⊆ Dg . Ist f stetig in x0 ∈ Df und g stetig in y0 = f (x0 ), dann ist h mit h (x) = g (f (x)) stetig in x0 ∈ Df .
4.3 Stetigkeit
187
Wir betrachten dazu ein Beispiel: Beispiel 4.3.9
Die Funktion h mit h (x) = x1 für x ∈ R\ {0} ist die Verkettung von f mit f (x) = x1 , x ∈ R\ {0} und g mit g (x) = |x|, x ∈ R, d.h. h (x) = g (f (x)). Der Wertebereich von f liegt im Definitionsbereich von g, die Verkettung ist also definiert. Die beiden Funktionen f und g sind an jeder Stelle x0 ∈ R\ {0} stetig. In Aufgabe 4.11 haben Sie gezeigt, dass die konstanten Funktionen und die Identität stetig (auf ganz R) sind. Nach Kapitel 3 lassen sich die Polynome aus den konstanten Funktionen und der Identität durch Multiplikationen und Additionen erzeugen. Wenden wir nun noch Satz 4.3.6 an, nach dem die Addition und die Multiplikation stetiger Funktionen wieder zu stetigen Funktionen führt, so erhalten wir: Satz 4.3.10 Jedes Polynom vom Grad n ( n ∈ N) ist stetig auf R.15 Aus den (stetigen) Polynomen erhalten wir durch Quotientenbildung (stetige) rationale Funktionen; mit Satz 4.3.10 und Satz 4.3.6 folgt: Satz 4.3.11 Jede rationale Funktion ist stetig an jeder Stelle ihres Definitionsbereiches. Beachten Sie, dass die rationalen Funktionen an den (reellen) Nullstellen des Nennerpolynoms Definitionslücken und nicht etwa Unstetigkeitsstellen besitzen (vgl. Abschnitt 4.3.2). Aufgabe 4.13 Es werden Konservendosen in der Form eines geraden Kreiszylinders mit festem Kreisdurchmesser produziert. Hängt der Blechverbrauch stetig von der Höhe der Konservendose ab? • Urteilen Sie zunächst intuitiv. • Stellen Sie dann die Funktion f auf, die die Abhängigkeit des Blechverbrauchs von der Höhe der Dose beschreibt; beachten Sie dabei Abb. 4.3.9. • Zeichnen Sie den Graphen von f auf dem Intervall [0, 100]. (Wählen Sie ein Koordinatensystem mit passendem Maßstab.) 15
Insbesondere sind die Geraden stetige Funktionen, vgl. auch Aufgabe 4.13.
188
4. Grenzwerte von Funktionen
Kreisdurchmesser: d = 2r Kreisfläche: F = pr 2 Kreisumfang: U = 2pr p = 3,141592
r
Abb. 4.3.9. Kreis mit Radius r
• Ist die Funktion f auf dem Intervall A = [0, 100], d.h. für Höhen von 0 bis 100 cm, stetig? Ohne Beweis führen wir noch an: Satz 4.3.12 (1) Die Exponentialfunktionen ax (a > 0, a = 1) sind stetig auf R. (2) Die Logarithmusfunktionen loga x (a > 0, a = 1) sind stetig auf (0, ∞). (3) Die trigonometrischen Funktionen sin x, cos x, tan x, cot x sind stetig auf ihrem Definitionsbereich. Aufgabe 4.14 Sind die folgenden Funktionen stetig? Urteilen Sie aufgrund der Sätze 4.3.6 bis 4.3.12. a) f (x) = x2 · ex , x ∈ R. b) f (x) =
sin x x2
+ 4x, x ∈ R\ {0}.
4.3.5 Einige Eigenschaften stetiger Funktionen Das Gebiet „Eigenschaften von stetigen Funktionen“ ist weitläufig und von großem Interesse überall dort, wo physikalische, ökonomische und andere Zusammenhänge durch stetige Funktionen beschrieben werden können. Wir wollen hier einen kleinen Einblick geben. Bei den folgenden beiden dargestellten Funktionen betrachten wir die Menge der Funktionswerte f (x) für x aus dem Intervall [a, b]. Die in Abb. 4.3.10 dargestellte, stetige Funktion f nimmt jeden Wert zwischen f (a) und f (b) als Funktionswert an, d.h. jede reelle Zahl zwischen f (a) und f (b) kommt als Funktionswert f (x) mit x ∈ [a, b] vor.
4.3 Stetigkeit
189
y y = f (x)
f (a)
f (b)
a
x
b
x0
Abb. 4.3.10. Beispiel für eine auf [a, b] stetige Funktion
y y = g(x)
g(b)
y0 g(x0) g(a)
a
x0
b
x
Abb. 4.3.11. Beispiel für eine auf [a, b] nicht stetige Funktion
Die Menge der Funktionswerte {f (x) |x ∈ [a, b]} bilden ein Intervall (auf der senkrechten Achse markiert). Bei der in Abb. 4.3.11 dargestellten, nicht stetigen Funktion g ist das in derselben Form nicht möglich. Es gibt zwischen g (a) und g (b) Zahlen, die nicht als Funktionswert vorkommen, z. B. den eingezeichneten Wert y0 . Der folgende sog. Zwischenwertsatz beinhaltet also eine für stetige Funktionen charakteristische Eigenschaft: Satz 4.3.13 Eine stetige Funktion f nimmt auf einem abgeschlossenen Intervall [a, b] jeden Wert zwischen f (a) und f (b) an.
Zwischenwertsatz
190
4. Grenzwerte von Funktionen
Eine Anwendung des Zwischenwertsatzes ist die Frage nach der Existenz von Nullstellen: Beispiel 4.3.14 Die Funktion f mit f (x) = x3 − 5x2 + x − 10 besitzt eine Nullstelle zwischen 5 und 6, denn f ist (als Polynom) auf dem Intervall [5, 6] stetig, und es gilt: f (5) = −5, also f (5) < 0 und f (6) = 32, also f (6) > 0 . Es gibt also nach dem Zwischenwertsatz eine Zahl x ∈ [5, 6], so dass die zwischen −5 und 32 liegende Zahl 0 als Funktionswert f (x) = 0 angenommen wird16 . Aufgabe 4.15 Zeigen Sie mit Hilfe des Zwischenwertsatzes, dass die folgenden Funktionen in den angegebenen Intervallen mindestens eine Nullstelle besitzen. (a) f (x) = 61 x3 − 12 x2 + 32 x + 7 in [−3, 0] √ (b) f (x) = x x − 6 in [2, 4]. Zwei weitere Sätze über Eigenschaften von stetigen Funktionen auf abgeschlossenen Intervallen wollen wir noch anfügen; sie werden beim Flächeninhaltsproblem (siehe Abschnitt 6.3) wieder aufgegriffen. Satz 4.3.15 Eine auf einem abgeschlossenen Intervall [a, b] stetige reelle Funktion ist dort beschränkt; d. h. es gibt reelle Zahlen s und S, so dass s ≤ f (x) ≤ S gilt für alle x ∈ [a, b]. Wir erläutern diese Aussage anhand der beiden in Abb. 4.3.12 dargestellten Graphen von Funktionen, deren Funktionsgleichung wir hier nicht angeben. Beide Funktionen sind auf ihrem jeweiligen gesamten Definitionsbereich R unbeschränkt. Greifen wir jedoch ein Intervall [a, b] heraus, so können obere und untere Schranken angegeben werden (vgl. S bzw. s in Abb. 4.3.12 ). Anhand des folgenden Beispiels zeigen wir, dass es in Satz 4.3.15 wesentlich auf die Abgeschlossenheit des Intervalls [a, b] ankommt. 16
Beachten Sie, dass man mit Hilfe des Zwischenwertsatzes diese Nullstellen nicht „berechnen“, sondern „nur“ ihre Existenz nachweisen kann.
4.3 Stetigkeit
191
Beispiel 4.3.16 1 Die in Abb. 4.3.13 dargestellte Funktion f (x) = x−2 ist auf dem halboffenen Intervall (2, b] ⊂ Df = (2, ∞) nicht beschränkt: f (x) → ∞ für x → 2. Für jedes abgeschlossene Intervall [a, b] ⊂ Df gilt jedoch: S = f (a) ist obere und s = f (b) ist untere Schranke für f .17
f (x) S
s a
b
x
f (x) S
s a
x||
x|
b
x
Abb. 4.3.12. Graphen zweier im Intervall [a, b] stetiger, reeller Funktionen
In Beispiel 4.3.16 haben wir als Schranke S bzw. s jeweils die kleinste obere bzw. die größte untere Schranke, also das Supremum bzw. das Infimum von f auf [a, b] gewählt (vgl. Abschnitt 3.1.4)18 . Während i.a. Supremum bzw. Infimum einer Funktion (auf einer Teilmenge A ⊆ Df ) keineswegs als Funktionswert vorkommen muss19 , konnten wir 17
18 19
Dabei ist die Übereinstimmung der Schranken mit den Funktionsgraphen an den Intervallrandpunkten ein Spezialfall, da es sich um eine streng monoton fallende Funktion handelt. Um die Beschränktheit zu zeigen, hätte die Angabe irgendwelcher Schranken ausgereicht. Das Supremum bzw. das Infimum einer Funktion muss nicht unbedingt ein tatsächlich vorkommender Funktionswert sein, z. B. gilt für f (x) = x1 ,
192
4. Grenzwerte von Funktionen
f (x)
2
a
x
b
Abb. 4.3.13. Graphische Darstellung der Funktion f von Beispiel 4.3.16
in Beispiel 4.3.16 beide Werte als Funktionswerte angeben. Diese wichtige Besonderheit gehört nicht speziell zu Beispiel 4.3.16, sondern gilt allgemein für stetige Funktionen auf einem abgeschlossenen Intervall. Insofern lässt sich Satz 4.3.15 noch präzisieren. Satz 4.3.17 (Extremwertsatz von Weierstraß)20 Eine auf einem abgeschlossenen Intervall [a, b] = ∅ stetige Funktion f nimmt dort sowohl ihr Supremum als auch ihr Infimum an, d.h. es gibt Stellen x , x ∈ [a, b], so dass die Funktionswerte f (x ) bzw. f (x ) gerade mit dem Supremum von f auf [a, b] bzw. mit dem Infimum von f auf [a, b] übereinstimmen: f (x ) = sup f (x) und f (x ) = inf f (x) . x∈[a,b]
x∈[a,b]
Für die Aussage des Extremwertsatzes 4.3.17 ist ebenfalls die Abgeschlossenheit des Intervalles wesentlich. Wir demonstrieren dies am Beispiel 4.3.16: Da die Funktion f streng monoton fällt, gilt für alle Funktionswerte f (x) für x aus dem offenen Intervall (a, b): sup f (x) = f (a) > f (x) > f (b) = inf f (x) . x∈(a,b)
x ∈ (0, ∞):
20
inf
x∈(0,∞)
x∈(a,b)
f (x) = 0, aber 0 kommt nicht als Funktionswert vor:
0 ∈ / Wf . Das Supremum für diese Funktion existiert nicht, sie ist nach oben unbeschränkt. K.T.W. Weierstraß, 1815-1897, deutscher Mathematiker.
4.3 Stetigkeit
193
Es gibt also keine Werte x , x ∈ (a, b) mit der in Satz 4.3.17 angegebenen Eigenschaft. Im Verlauf des folgenden Kapitels werden wir mit Hilfe der Differentialrechnung u.a. Maximal- bzw. Minimalstellen von Funktionen berechnen. Eine Stelle x ∈ [a, b] heißt Maximalstelle von f über [a, b], falls gilt:
Maximalstelle
sup f (x) = f (x ) x∈[a,b]
und man schreibt f (x) = max f (x). Analog heißt eine Stelle x x∈[a,b]
Minimalstelle von f über [a, b], falls gilt:
Minimalstelle
inf f (x) = f (x ) x∈[a,b]
und man schreibt f (x) = min f (x). x∈[a,b]
Zur Erläuterung sind in Abb. 4.3.13 die Stellen x und x eingezeichnet. Für die Funktion von Beispiel 4.3.16 gilt: max f (x) = f (a) und min f (x) = f (b) , x∈[a,b]
x∈[a,b]
also x = a und x = b, da f streng monoton fallend ist. Die Maximal- bzw. Minimalstellen nennt man auch Extremstellen.
Extremstellen
5. Differentialrechnung
In Kapitel 1 beschäftigten wir uns in den Beispielen 1.4.1 und 1.4.2 mit der Frage der Kostenerhöhung pro zusätzlich gefertigter Einheit. Daran wurde deutlich, dass praktische Fragestellungen ein Maß für die lokale Änderung einer Funktion (in der Umgebung eines vorgegebenen Punktes) erfordern, d.h. ein Maß für die Steigung des Funktionsgraphen. Intuitiv ist einsichtig, dass sich die Steigung des Funktionsgraphen einer nichtlinearen Funktion in jedem Punkt ändert: Der Graph verläuft mal steiler und mal flacher. Der Begriff der Ableitung einer Funktion an einer Stelle x0 gibt eine Maßzahl hierfür an.
5.1 Die Steigung von Funktionen Beispiel 5.1.1 Jedem Autofahrer, insbesondere in bergigen Gegenden, ist der Begriff der Steigung bzw. des Gefälles wohl bekannt. Aber nicht jeder Autofahrer wird wissen, was genau er unter einer Steigung von beispielsweise 15 % zu verstehen hat (vgl. Abb 5.1.1): tan a = 0 , 15
Q h=3
15 %
a=8,5
o
P
a
Neigungswinkel a = 20
Abb. 5.1.1. Hinweis auf Straßensteigung
Unter der Steigung einer (geradlinigen) Straße versteht man den Tangens ihres Neigungswinkels α gegen die Horizontale, oder anders ausgedrückt: Bewegt man sich auf der Straße (bergauf) von P nach Q, so erhält man die dabei bewältigte Steigung, indem man den überwundenen Höhenunterschied in Beziehung setzt zum zurückgelegten Horizontalabstand a: © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 G. Adams et al., Mathematik zum Studieneinstieg, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58738-6_5
195
196
5. Differentialrechnung
tan α =
3 h = = 0, 15 = 15 % . a 20
y - Achse g
Q
y
Dy
y
P
0
Dx
x0
x
x - Achse
Abb. 5.1.2. Geradliniger Straßenverlauf
Für den in Abb. 5.1.2 dargestellten Ausschnitt aus dem idealisierten Längsprofil der Straße können wir die Steigung angeben:1 Sind (x0 , y0 ) und (x, y) die Koordinaten zweier verschiedener Punkte P und Q auf der Straße, so stellt der Quotient m=
y − y0 x − x0
(5.1.1)
ein Maß für die Steigung der Straße dar. Mit anderen Worten: Bewegt man sich auf der Straße g von P nach Q, so beträgt der Zuwachs in der x-Koordinate x = x − x0 und der Zuwachs in der y-Koordinate y = y − y0 .2 Der Quotient m=
y − y0 y = x x − x0
gibt die Steigung der Geraden g an. Die im vorangegangenen Beispiel wiederholte Steigung einer Geraden liefert bei nicht geradlinig verlaufenden Straßen ein Maß für die mittlere (oder durchschnittliche) Steigung. 1 2
Vgl. Kapitel 3, Abschnitt 3.2: Steigung einer Geraden. (Delta) ist der griechische Buchstabe für „D“ und soll an „Differenz“ erinnern.
5.1 Die Steigung von Funktionen
197
Beispiel 5.1.2 Im Gebirge führt eine Straße über einen Pass. In Abb. 5.1.3 ist ein Straßenstück (wiederum idealisiert durch die Kurve der Funktion f ) dargestellt. y Q
f (x)
y = f (x)
Dy = f (x 0 + Dx) - f(x0 )
P
F (x 0 )
Dx
x0
x = x 0 + Dx
x
Abb. 5.1.3. Idealisierte Passstraße – geometrische Veranschaulichung des Differenzenquotienten
y keine zufriedenstellende Auskunft x über die Steigungsverhältnisse der Straße gibt. Man bezeichnet ihn als mittlere oder durchschnittliche Steigung der Straße von P bis Q. Man kann also nicht mehr von der Steigung der Straße sprechen, da sie in ihren verschiedenen Teilen verschieden steil ist. Kann man nun wenigstens von der Steigung der Straße an einer bestimmten Stelle, etwa im Punkt P sprechen, und welchen Wert soll man als Maß dieser Steigung annehmen? Einen ersten, recht „groben“ Anhaltspunkt liefert die y mittlere Steigung von P bis Q. x
Man erkennt, dass der Quotient
Rückt man nun längs des Straßenprofils mit dem Punkt Q immer näher y einen immer an den Punkt P heran, so ergibt die mittlere Steigung x besseren Näherungswert für die Steigung der Straße im Punkt P , vgl. Abb. 5.1.4. Es macht daher Sinn, den Grenzwert lim
x→0
y f (x0 + x) − f (x0 ) = lim x x→0 x
als Steigung der Straße im Punkt P zu betrachten.
198
5. Differentialrechnung f (x)
t Q y = f (x)
F (x 0 )
P
x
x0
Abb. 5.1.4. Idealisierte Passstraße – Konvergenz der Sekantensteigungen
Zuwachs
Definition 5.1.3 Eine Funktion f sei in einer Umgebung der Stelle x0 ∈ Df definiert, d.h. für alle Werte der Form x0 + x, wobei x eine Variable ist, deren Betrag hinreichend klein ist. Die Größe x heißt der Zuwachs der unabhängigen Variablen x. Der entsprechende Zuwachs der Funktionswerte ist dann y = f (x0 + x) − f (x0 ) . Der Quotient dieser beiden Größen y f (x0 + x) − f (x0 ) = x x
Differenzenquotient Ableitung der Funktion f an der Stelle x0
heißt Differenzenquotient.3 Besitzt (5.1.2) für x → 0 einen Grenzwert, dann heißt dieser Grenzwert die Ableitung der Funktion f an der Stelle x0 . Man benutzt das Symbol f (x0 ): f (x0 ) = lim
x→0
mittlere Steigung
(5.1.2)
y f (x0 + x) − f (x0 ) = lim . x x→0 x
(5.1.3)
Zur Erläuterung der geometrischen Bedeutung der Ableitung betrachten wir noch einmal Abb. 5.1.3 und Abb. 5.1.4. Der Differenzenquotient (5.1.2) gibt die Steigung der Sekante durch die Punkte P und Q auf y dem Graphen von f an. Man bezeichnet den Wert als mittlere x Steigung von f im Intervall [x0 , x0 + x]. 3
Er setzt die Zuwächse der Funktionswerte und der unabhängigen Variablen zueinander in Beziehung.
5.1 Die Steigung von Funktionen
199
Beim Grenzübergang x → 0 „wandert“ der Punkt Q entlang der Kurve f auf den Punkt P zu, so dass die zugehörigen Sekantensteigungen eine immer bessere Näherung für die Steigung von f an der Stelle x0 liefern. Falls der Grenzwert (5.1.3) existiert, nähern sich die Sekanten immer mehr der sog. „Berührungsgeraden“ t; dies ist die Gerade mit der Steigung f (x0 ). Sie lässt sich geometrisch als Tangente an den Graphen der Funktion f an der Stelle x0 interpretieren. Man definiert also die Steigung der Funktion f an der Stelle x0 als den Wert der Ableitung f (x0 ); dieser Wert ist ebenfalls die Steigung der Tangente an die Kurve im Punkt (x0 , f (x0 )).
Steigung
Definition 5.1.4 Die Funktion f besitze an der Stelle x0 die Ableitung f (x0 ). Dann heißt die Gerade t mit t(x) = f (x0 ) + f (x0 )(x − x0 )
(5.1.4)
die Tangente an f im Punkt (x0 , f (x0 )).4 Bemerkung 5.1.5 Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass dieser Tangentenbegriff nicht mit dem Begriff der Tangente an einen Kreis übereinstimmt. Während die Tangente an einen Kreis durch ihre geometrische Bedingung definiert ist, ist die Tangente an den Graphen einer Funktion an der Stelle x0 durch eine algebraische Bedingung erklärt, nämlich als diejenige Gerade, die durch den Punkt (x0 , f (x0 )) verläuft und die Steigung f (x0 ) besitzt. Daher versteht sich auch die häufig gebrauchte Ausdrucksweise: Unter der Steigung der Funktion f an der Stelle x0 versteht man die Steigung der Tangente an den Graphen von f im Punkt (x0 , f (x0 )). Für die Kreistangente gilt, dass sie mit dem Kreis genau einen Punkt gemeinsam hat (vgl. Abb. 5.1.5(a)). Das muss für eine Tangente an den Graph der Funktion f nicht der Fall sein. Wie Abb. 5.1.5(b) zeigt, kann die Tangente t durchaus weitere Punkte mit dem Graphen der Funktion f gemeinsam haben. Wichtig ist lediglich das Verhalten von t in einer „hinreichend kleinen“ Umgebung des Punktes P . Nur auf einer solchen Umgebung, also lokal, kann man die Tangente an einen Kreis mit der Tangente an den Graphen einer Funktion vergleichen. Es gibt allerdings auch Beispiele, bei denen dieser Begriffsvergleich besonders stark „hinkt“, etwa bei f (x) = x3 an der Stelle x0 = 0.5 4 5
(5.1.4) ist die Punkt-Steigungs-Form der Geradengleichung, vgl. Kapitel 3, Abschnitt 3.2. Hierzu siehe den Begriff des Sattelpunktes in Abschn. 5.4 und Abb. 5.4.7
Tangente
200
5. Differentialrechnung f (x) t P
P
t
f (x)
x (a)
(b)
Abb. 5.1.5. Darstellung der Tangente (a) an einen Kreis (b) an einen Funktionsgraph
Wir greifen obige Begriffe für eine konkrete Funktion f und eine konkrete Stelle x0 auf. Beispiel 5.1.6 Gegeben sei die Funktion f mit f (x) = 21 x2 . Zu bestimmen seien die Ableitung von f an der Stelle x0 = 2 und die Gleichung der Tangente an den Graphen von f im Punkte P = (2, f (2)). Wir betrachten die Sekante durch P und einen weiteren Punkt Q = (x, f (x)) auf dem Graphen von f (vgl. Abb. 5.1.6). Q f (x) 6 5 Dy 4 3
.
_1 f(x) = x2 2
P
2
Dx 1
–2
–1
1
2
3
4
x
Abb. 5.1.6. Steigung der Sekante durch P und Q
Der Differenzenquotient f (2 + x) − f (2) y = = x x
1 2 (2
+ x)2 − 12 22 x
5.1 Die Steigung von Funktionen
201
gibt die Steigung der Sekante durch die Punkte P und Q an; setzen wir z. B. x = 2 ein, so besitzt die zugehörige Sekante die Steigung y 1 42 − 22 = = 3. x 2 2 „Wandert“ nun Q auf dem Graphen von f in Richtung P , so nähern sich die zugehörige Sekantensteigungen dem Wert 2. Diese Konvergenz der Sekantensteigungen lässt sich algebraisch wie folgt nachweisen (x = 0): 1 (2 + x)2 − 12 22 y f (2 + x) − f (2) = = 2 x x x 2 2 2 1 (4 + x)x 4 + x 1 2 + 4x + (x) − 2 = = . = 2 x 2 x 2
4 + x = 2 . Die Ableix→0 2 tung von f an der Stelle 2 hat also den Wert
Für x → 0 strebt dieser Wert gegen 2: lim
f (2) = lim
x→0
y = 2. x
Die Tangente t an den Graphen von f im Punkte P = (2, f (2)) ist die Gerade durch P mit der Steigung 2; die zugehörige Funktionsgleichung lautet gemäß (5.1.4): t(x) = f (x0 ) + f (x0 )(x − x0 ) = f (2) + f (2)(x − 2) 1 = 22 + 2(x − 2) = 2 + 2x − 4 = 2x − 2 . 2
Aufgabe 5.1 a) Bestimmen Sie wie in Beispiel 5.1.6 die Ableitung der Funktion f und die Gleichung der Tangente an den Graphen von f mit f (x) = 1 2 x in den Punkten (−1, f (−1)), (3, f (3)), (x0 , f (x0 )). 2 b) Ermitteln Sie für die Funktion f mit f (x) = −2x2 die Ableitung von f an der Stelle x0 . Geben Sie ferner die Funktionsgleichung der Tangente für die folgenden Punkte an: (1) P = (2, f (2)), (2) P = (−1, f (−1)), (3) P = (0, f (0)).
202
5. Differentialrechnung
5.2 Differenzierbarkeit 5.2.1 Definition der Differenzierbarkeit Besitzt eine Funktion f an einer Stelle x0 eine Ableitung, so heißt sie dort differenzierbar:
differenzierbar
Definition 5.2.1 Gegeben sei die Funktion f : Df → R und x0 ∈ Df . f sei auf einer Umgebung von x0 definiert, d.h. es existiert U (x0 ) ⊂ Df . Die Funktion f heißt dann an der Stelle x0 differenzierbar, wenn f (x0 ) = lim
Δx→0
nicht differenzierbar
Δy f (x0 + Δx) − f (x0 ) = lim Δx Δx→0 Δx
(5.2.1)
existiert. Dabei ist der Grenzwert f (x0 ) die Ableitung von f an der Stelle x0 . f (x0 + Δx) − f (x0 ) nicht existiert, heißt Falls der Grenzwert lim Δx→0 Δx die Funktion f an der Stelle x0 nicht differenzierbar. Bemerkung 5.2.2 In der Literatur sind neben der von uns verwendeten Schreibweise weitere Bezeichnungsweisen für die Ableitung einer Funktion üblich. (a) Aus x = x0 + Δx folgt Δx = x − x0 , daher kann man den Differenzenquotienten auch schreiben in der Form f (x) − f (x0 ) Δy = , Δx x − x0
(5.2.2)
für die Ableitung an der Stelle x0 erhält man dann lim
x→x0
f (x) − f (x0 ) , x − x0
(5.2.3)
da für x = x0 + Δx das Konvergenzverhalten Δx → 0 und x → x0 äquivalent ist. (b) Benutzt man zusätzlich zu Δx = x − x0 die Abkürzung Δf (x) = f (x) − f (x0 ), so ergibt sich daraus für die Ableitung von f an der Stelle x0 : Δy Δf (x) = lim . f (x0 ) = lim Δx→0 Δx Δx→0 Δx
5.2 Differenzierbarkeit
203
(c) Eine historische Schreibweise für die Ableitung stammt von Leibniz6 : dy Δy = lim . Δx→0 dx Δx dy Der Term dx wird im Unterschied zum Differenzenquotienten auch als Differentialquotient bezeichnet, obwohl es sich eigentlich nicht um einen Quotienten handelt. Der Nachteil dieser Schreibweise besteht darin, dass in ihr die Stelle, an der die Ableitung gebildet wird, nicht zum Ausdruck kommt. Man hilft sich, indem man diese Stelle als „Index“ hinzufügt:
dy
df (x)
f (x0 ) = = . dx x=x0 dx x=x0
(d) In vielen Anwendungen ist es praktischer, anstelle von x und y andere Variablen zu verwenden. Statt der Funktion f mit f (x) = x2 wird dann z. B. die Funktion s mit s (t) = t2 betrachtet. In diesem Fall werden die Schreibweisen auf die neue Variable bezogen, ohne dass sich inhaltlich etwas ändert:
ds
ds (t)
s (t0 ) = = . dt t=t0 dt t=t0 Aufgabe 5.2 Die folgenden Grenzwerte stellen die Ableitung einer Funktion f an einer Stelle x0 ∈ Df dar. Geben Sie die Funktionsgleichung der Funktion f und die Stelle x0 an, an der die jeweilige Ableitung berechnet worden ist. x4 − 16 cos x + 1 a) lim b) lim x→π x − π x→2 x − 2 1 x2 − 3 3x − 9 d) lim c) lim x→9 x − 9 x→2 x − 2 √ 1 1 4 + Δx − 2 2+Δx − 2 e) lim f) lim Δx→0 Δx→0 Δx Δx 5.2.2 Beispiele für differenzierbare Funktionen Beispiel 5.2.3 Gegeben sei die Funktion f mit f (x) = x2 , x ∈ Df = R. Wir berechnen den Differenzenquotienten von f an einer beliebigen Stelle x0 ∈ Df : 6
Leibniz, G. W., deutscher Philosoph und Mathematiker, lebte 1646-1716.
Differentialquotient
204
5. Differentialrechnung
f (x) − f (x0 ) x2 − x20 = x − x0 x − x0 (x + x0 ) (x − x0 ) = x − x0 = x + x0 , (x = x0 ) . Beim Übergang zum Grenzwert erhält man: f (x) − f (x0 ) = lim x + x0 = 2x0 . x→x0 x→x0 x − x0 Also ist f an der Stelle x0 differenzierbar; die Ableitung hat den Wert f (x0 ) = 2x0 . Die Tangente an den Graphen von f im Punkte P = (x0 , f (x0 )) hat die Gleichung: lim
t (x) = x20 + 2x0 (x − x0 ) .
Beispiel 5.2.4 Gegeben sei die Funktion f mit f (x) = x3 , x ∈ Df = R. Wir berechnen wieder den Differenzenquotienten von f an einer beliebigen Stelle x0 ∈ Df und den Limes des Differenzenquotienten: f (x) − f (x0 ) x3 − x30 = x − x0 x−x 2 0 x + x0 x + x20 (x − x0 ) = x − x0 = x2 + x0 x + x20 , (x = x0 ) . f (x) − f (x0 ) = lim x2 + x0 x + x20 = 3x20 . lim x→x0 x→x0 x − x0 Also ist f an der Stelle x0 differenzierbar; die Ableitung hat den Wert f (x0 ) = 3x20 . Die Tangente an den Graphen von f im Punkte P = (x0 , f (x0 )) hat die Gleichung: t (x) = x30 + 3x20 (x − x0 ) .
Beispiel 5.2.5 Gegeben sei die Funktion f mit f (x) = x1 , x ∈ Df = R\ {0}. Wir berechnen den Differenzenquotienten von f an einer beliebigen Stelle x0 ∈ Df : − f (x) − f (x0 ) = x x0 x − x0 x − x0 1
=
1
x0 −x x x0
x − x0 −1 = , (x = x0 ) . x x0
5.2 Differenzierbarkeit
205
Durch Übergang zum Grenzwert erhält man: lim
x→x0
f (x) − f (x0 ) −1 −1 = lim = 2. x→x x − x0 x0 0 x x0
Also ist f an der Stelle x0 (x0 ∈ Df = R\ {0}) differenzierbar; die Ableitung hat den Wert f (x0 ) = −1 . Die Gleichung der Tangente t an x20 den Graphen von f im Punkte P = (x0 , f (x0 )) lautet: t (x) =
1 1 − 2 (x − x0 ) . x0 x0
Aufgabe 5.3 Gegeben sei die Funktion f mit f (x) = mx + n, x ∈ Df = R, also ein Polynom ersten Grades. Zeigen Sie, dass in jedem Punkt P = (x0 , f (x0 )), x0 ∈ R, die Gleichung der Tangente t an den Graphen von f mit der Funktionsgleichung von f übereinstimmt. Bisher haben wir nur Funktionen behandelt, die an allen Stellen ihres Definitionsbereiches differenzierbar waren. Im folgenden Abschnitt stellen wir Beispiele für Funktionen vor, die an bestimmten Stellen nicht differenzierbar sind.
5.2.3 Differenzierbarkeit und Stetigkeit Die Differenzierbarkeit einer Funktion f an der Stelle x0 ist gegenüber der Stetigkeit von f an der Stelle x0 eine „anspruchsvollere“ Eigenschaft, wie der folgende Satz und die anschließenden Beispiele erkennen lassen: Satz 5.2.6 Ist eine Funktion f an einer Stelle x0 ∈ Df differenzierbar, so ist f an der Stelle x0 auch stetig. Aber nicht jede an einer Stelle x0 ∈ Df stetige Funktion ist an der Stelle x0 auch differenzierbar: Beispiel 5.2.7 Es sei f1 die Betragsfunktion, d.h. f1 (x) = |x|, x ∈ Df = R (vgl. Beispiel 3.1.11). Der Graph von f1 ist in Abb. 5.2.1 skizziert (vgl. Abb. 3.1.4). Wir berechnen den Differenzenquotienten von f1 an der Stelle 0:
206
5. Differentialrechnung
f1 (x) − f1 (0) |x| = = x−0 x
1 −1
für x > 0 für x < 0 .
f (x) f1(x) = |x|
x
Abb. 5.2.1. Graph der Funktion f1 (Beispiel 5.2.7)
f1 (x) − f1 (0) nicht existiert. Also ist f1 an der x−0 Stelle 0 nicht differenzierbar. Andererseits kann man sich leicht davon überzeugen, dass Das bedeutet, dass lim
x→0
lim f1 (x) = lim |x| = |0| = f1 (0)
x→0
x→0
gilt, die Funktion also an der Stelle 0 stetig ist.
Beispiel 5.2.8 Die Funktion f2 sei gegeben durch x f2 (x) = x2
für x > 0 für x ≤ 0
Der Graph von f2 ist in Abb. 5.2.2 skizziert. Der Differenzenquotient von f2 an der Stelle 0 lautet: x =1 für x > 0 f2 (x) − f2 (0) = xx2 x−0 für x < 0 . x =x f2 (x) − f2 (0) nicht existiert. Also ist f2 an der x−0 Stelle 0 nicht differenzierbar. Andererseits kann man leicht zeigen, dass f2 an der Stelle 0 stetig ist:
Das bedeutet, dass lim
x→0
lim f2 (x) = lim x = 0 ,
x→0+
x→0+
lim f2 (x) = lim x2 = 0 .
x→0−
x→0−
5.2 Differenzierbarkeit f (x)
207
f2(x)
x
Abb. 5.2.2. Graph der Funktion f2 (Beispiel 5.2.8)
Der rechtsseitige und der linksseitige Grenzwert für x → 0 stimmen also überein und dieser Wert ist auch gleich dem Funktionswert an der Stelle x = 0: f2 (0) = 02 = 0. Die Ergebnisse aus diesen beiden Beispielen stimmen auch mit der Anschauung überein. Wie die Abb. 5.2.1 und 5.2.2 zeigen, haben die Graphen der Funktionen im Punkte (0, 0) jeweils eine „Spitze“, so dass in diesem Punkt keine eindeutige „Berührungsgerade“ existiert. Die Aussage von Satz 5.2.6 besagt im Umkehrschluss, dass eine bei x0 nicht stetige Funktion bei x0 auch nicht differenzierbar sein kann: Beispiel 5.2.9 Die Funktion f (x) = sgn x (vgl. Kap. 4, Abb. 4.3.3) ist an der Stelle x0 = 0 nicht stetig, also an dieser Stelle auch nicht differenzierbar. Wir zeigen dies hier auch noch direkt (was aber in Anwendung des Umkehrschlusses von Satz 5.2.6 überflüssig ist): Der Differenzenquotient lautet: 1 f (x) − f (0) für x > 0 sgn x − sgn 0 = = x1 x−0 x−0 − x für x < 0 . Es existiert weder der linksseitige noch der rechtsseitige Grenzwert des Differenzenquotienten; die Signum–Funktion ist also an der Stelle 0 nicht differenzierbar. Wir fassen zusammen: Jede an der Stelle x0 differenzierbare Funktion f ist bei x0 (erst recht) stetig. Aber die Umkehrung von Satz 5.2.6 ist falsch: Eine an der Stelle x0 stetige Funktion muss dort nicht differenzierbar sein. Stetigkeit ist
208
5. Differentialrechnung
also eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Differenzierbarkeit. Aufgabe 5.4 Zeigen Sie, dass die folgenden Funktionen an den angegebenen Stellen nicht differenzierbar sind, d.h. zeigen Sie, dass der Limes des Differenzenquotienten dort jeweils nicht existiert. für x ≤ 1 x2 a) f (x) = , x0 = 1 2 für x > 1 (x − 2) b) f (x) = |x + 1| , x0 = −1 5.2.4 Die Ableitungsfunktion Der in Definition 5.2.1 erklärte Begriff der Differenzierbarkeit bezieht sich auf eine einzelne Stelle x0 aus dem Definitionsbereich einer Funktion f ; er beschreibt also eine lokale Eigenschaft der Funktion. Viele Funktionen sind aber z. B. an allen Stellen ihres Definitionsbereiches differenzierbar. Um auch diesem Sachverhalt gerecht zu werden, definiert man den Differenzierbarkeitsbereich und die Ableitung (genauer: Ableitungsfunktion) einer Funktion f . Definition 5.2.10
Differenzierbarkeitsbereich
Ableitungsfunktion auf (a, b) differenzierbar
a) Ist f eine auf Df ∈ R definierte Funktion, so bezeichnet man die Menge A aller derjenigen x ∈ Df , an denen f differenzierbar ist – also die Ableitung f (x) an der Stelle x existiert – als Differenzierbarkeitsbereich von f ; also: A = {x | x ∈ Df ∧ f ist differenzierbar an der Stelle x} . b) Ist f eine Funktion mit dem Differenzierbarkeitsbereich A, so heißt die auf A = Df definierte Funktion f : x → f (x) die Ableitungsfunktion zu f . c) Ist f eine auf dem offenen Intervall (a, b) ∈ R definierte Funktion, so heißt f auf (a, b) differenzierbar, wenn f an jeder Stelle x ∈ (a, b) differenzierbar ist. Bemerkung 5.2.11 a) Differenzierbarkeit lässt sich auch für ein abgeschlossenes Intervall [a, b] definieren. Dazu betrachtet man in den Eckpunkten des Intervalls den jeweiligen rechts- bzw. linksseitigen Limes des Differenzenquotienten. Wir behandeln dies nicht weiter.
5.2 Differenzierbarkeit
209
b) Statt Ableitungsfunktion sagt man oft kurz Ableitung, obwohl zwischen der Ableitung an der Stelle x, die ja eine reelle Zahl ist, und der Ableitungsfunktion als einer neuen Funktion begrifflich zu unterscheiden ist: f (x) ist also einerseits Ableitung von f an der Stelle x, andererseits als Funktionswert der Ableitungsfunktion f an der Stelle x zu interpretieren. c) Ist die Funktion f durch die Funktionsgleichung y = f (x) gegeben, so schreibt man die Ableitungsfunktion auch in der Form: y = f (x) . Die folgenden Beispiele verdeutlichen den Unterschied zwischen der Ableitung an einer Stelle und der Ableitungsfunktion. Beispiel 5.2.12 Die Funktion f mit f (x) = x2 ist auf R differenzierbar (vgl. Beispiel 5.2.3): Df = R. Die Ableitungsfunktion von f ist f mit f (x) = 2x. Wir erhalten hier als Ableitung keine Zahl, sondern einen Funktionsterm. Setzt man in die Variable dieses Terms eine Zahl ein, so erhält man die Ableitung von f an der betreffenden Stelle, z. B. f (3) = 6, f (−4) = −8 usw. Beispiel 5.2.13 Für f mit f (x) = x3 gilt: Df = R und f (x) = 3x2 (vgl. Beispiel 5.2.4). Beispiel 5.2.14 Die Funktion f mit f (x) = x1 ist definiert und differenzierbar auf R\ {0} und es gilt: f (x) = − x12 (vgl. Beispiel 5.2.5). 5.2.5 Höhere Ableitungen Es sei f eine auf Df differenzierbare Funktion. Dann ist f die Ableitungsfunktion und f (x0 ) ihr Funktionswert an der Stelle x0 ∈ Df . Es kommt häufig vor, dass die Ableitungsfunktion f selbst wieder differenzierbar ist. Definition 5.2.15 Ist eine Funktion f auf einer Umgebung U (x0 ) von x0 ∈ Df differenzierbar und besitzt die auf U (x0 ) definierte Ableitungsfunktion f
210
5. Differentialrechnung
zweite Ableitung von f an der Stelle x0 zweite Ableitungsfunktion von f
ihrerseits an der Stelle x0 eine Ableitung (f ) (x0 ) = f (x0 ), so heißt diese Zahl f (x0 ) die zweite Ableitung von f an der Stelle x0 ; man sagt in diesem Fall: f ist an der Stelle x0 zweimal differenzierbar. Durch (f ) ist eine neue Funktion gegeben, deren Definitionsbereich die Menge aller Elemente x ∈ Df ist, an denen f differenzierbar ist. Die Funktion (f ) wird der Einfachheit halber mit f bezeichnet und heißt die zweite Ableitungsfunktion von f . Beispiel 5.2.16 a) f (x) = x2 ⇒ f (x) = 2x ⇒ f (x) = 2 b) f (x) = x3 ⇒ f (x) = 3x2 ⇒ f (x) = 6x c) f (x) = 2x ⇒ f (x) = 2 ⇒ f (x) = 0 d) f (x) =
1 x
⇒ f (x) = − x12 ⇒ f (x) =
2 x3 ,
(x ∈ R\ {0})
Bemerkung 5.2.17 In Ergänzung zu Bemerkung 5.2.2(c) seien hier auch die weiteren, in der Literatur üblichen Schreibweisen für die zweite Ableitung aufgeführt:
(x)
d dfdx d (dy)
d2 f (x0 )
f (x0 ) = = = .
2 dx
dx2 (dx)
x=x0
x=x0
Beispiel 5.2.18 Die folgende Funktion f ist ein Beispiel für eine Funktion, die nicht zweimal differenzierbar ist. Der Funktionsterm lautet: für x ≥ 0 x2 f (x) = −x2 für x < 0 . Abb. 5.2.3(a)-(c) zeigt die Graphen von f , f und f . Machen Sie sich klar, dass gilt: f (x) = 2x
für x > 0 ,
f (x) = −2x für x < 0 . Damit haben wir die Ableitung von f für x = 0 berechnet. Es fehlt noch f (0). Wir bilden also den Differenzenquotienten von f an der Stelle 0: 2 x f (x) − f (0) =x für x > 0 f (x) = = x x2 x−0 x − x = −x für x < 0 .
5.2 Differenzierbarkeit |
||
f (x)
f (x)
211
f (x) ||
f (x)
|
f (x)
f (x)
x
2
x
x
–2
(b) Graph von f
(a) Graph von f
|
(c) Graph von f
||
Abb. 5.2.3. Darstellung einer nur einmal differenzierbaren Funktion
Also gilt: f (0) = lim
x→0
f (x) − f (0) = 0. x−0
Aus diesen Informationen ergibt sich insgesamt der Funktionsterm von f mit f (x) = 2 |x|. Das bedeutet aber, dass f an der Stelle 0 nicht differenzierbar ist (vgl. Beispiel 5.2.7) und damit die Funktion f auf R nicht zweimal differenzierbar ist. Dieses Beispiel zeigt also, dass eine differenzierbare Funktion nicht „automatisch“ zweimal differenzierbar ist. Es gibt keinen Grund, bei der Definition der zweiten Ableitung „stehen zu bleiben“, wenn f wieder differenzierbar ist. Man gelangt so zur dritten Ableitung (f ) = f , von ihr zur vierten
dritte Ableitung
(f ) = f (4) usw.
bis zur n-ten Ableitung
n-te Ableitung
f (n−1) = f (n) . Konsequenterweise nennt man die Ableitungsfunktion f auch erste Ableitung(-sfunktion). Die Funktion f (k) für k ≥ 2, k ∈ N, heißen auch höhere Ableitungen von f . Ist die Funktion f durch die Funktionsglei-
höhere Ableitung
212
5. Differentialrechnung
chung y = f (x) gegeben, so schreibt man die höheren Ableitungen entsprechend in der Form: y (n) = f (n) (x) , n ≥ 2. Ordnung nullte Ableitung
beliebig oft differenzierbar
Dabei nennt man die Zahl n ∈ N auch die Ordnung der Ableitungsfunktion. Manchmal ist es vorteilhaft, auch von der nullten Ableitung der Funktion f zu sprechen, wenn man die ursprüngliche Funktion f selber meint. Besitzt eine Funktion f an einer Stelle alle Ableitungen bis zur n-ten Ordnung (n ∈ N ∪ {0}), so sagt man kurz, f ist dort nmal differenzierbar. Hat eine Funktion an einer Stelle Ableitungen jeder Ordnung, so nennt man sie dort beliebig oft differenzierbar.
5.3 Berechnung von Ableitungen 5.3.1 Differentiationsregeln
Differentiation
Technik des Differenzierens
Die Berechnung der Ableitung einer gegebenen Funktion wird als Differentiation bezeichnet. Dabei muss man nicht immer auf den mühsamen Weg der Bestimmung von Differenzenquotienten und ihrer Grenzwerte zurückgreifen. Es gibt allgemeine Regeln für die Technik des Differenzierens. Wir beginnen mit der Konstantenregel: Es sei f eine Funktion, die durch die Gleichung f (x) = c für x ∈ Df = R, c ∈ R , gegeben ist. Ihr Graph ist eine Parallele zur x-Achse, deren Steigung überall Null ist (vgl. Abb. 5.3.1). Also gilt: f (x) = 0 für alle x ∈ R.
f (x)
c
x Abb. 5.3.1. Graph einer konstanten Funktion
Damit erhalten wir die erste Differentiationsregel.
5.3 Berechnung von Ableitungen
213
Regel 5.3.1 (Konstantenregel) Es sei f eine konstante Funktion mit f (x) = c für alle x ∈ R. Dann ist f auf R differenzierbar und es gilt: f (x) = 0 für alle x ∈ R .
Konstantenregel
(5.3.1)
Beispiel 5.3.2 Die Funktion f mit f (x) = −10 für alle x ∈ R ist eine konstante Funktion. Also gilt: f (x) = 0 für alle x ∈ R. Als nächstes betrachten wir das Monom f mit f (x) = xn , n ∈ N . Die Berechnung der Ableitungen für einige konkrete Werte von n lässt vermuten, dass eine Gesetzmäßigkeit vorliegt: n=1:
f (x) = x f (x + x) − f (x) x + x − x = lim x→0 x→0 x x x =1 = lim x→0 x f (x) = x2
f (x) = lim
n=2:
f (x) = 2x n=3:
(vgl. Beispiel 5.2.3)
3
f (x) = x
f (x) = 3x2
(vgl. Beispiel 5.2.4)
Die folgende beweisbare Regel ist nicht nur für n ∈ N, sondern für n ∈ R gültig. Regel 5.3.3 (Potenzregel) Es sei f mit f (x) = xn , x ∈ Df = R, n ∈ R gegeben; dann ist f auf R differenzierbar und es gilt: f (x) = nxn−1 für alle x ∈ R .
(5.3.2)
Beispiel 5.3.4 a) Gegeben sei die Funktion f mit f (x) = x5 , x ∈ Df = R . Dann gilt: f (x) = 5x4 für alle x ∈ R . √ b) Gegeben sei die Funktion f mit f (x) = x, x ∈ Df = {x|x ∈ √ 1 R ∧ x ≥ 0}. Wegen f (x) = x = x 2 gilt dann nach (5.3.2):
Potenzregel
214
5. Differentialrechnung
f (x) =
1 1 1 1 1 12 −1 x = x− 2 = √ für x > 0 . 2 2 2 x
So hat f z. B. an der Stelle 4 die Ableitung f (4) =
1 1 1 √ = . 2 4 4
Aufgabe 5.5 Berechnen Sie die erste und zweite Ableitung der gegebenen Funktionen und den Wert von y bzw. y an den angegebenen Stellen: a) f (x) = x17
− 1, 1, x0
b) f (x) = x−1
2, x0
1 c) f (x) = √ x
3, 5, x0
Häufig ist eine kompliziert erscheinende Funktion nichts anderes als die Summe oder Differenz zweier einfacher Funktionen. Auf diesen Fall bezieht sich die nächste Regel.
Summenregel Differenzregel
Satz 5.3.5 (Summen- und Differenzregel) Die Funktionen f und g seien an der Stelle x differenzierbar. Dann sind auch f + g und f − g an der Stelle x differenzierbar, und es gilt: (f ± g) (x) = f (x) ± g (x) .
(5.3.3)
Für den Differenzierbarkeitsbereich D von f ± g gilt dann: D = Df ∩ Dg . Beispiel 5.3.6
√ a) Gegeben sei die Funktion f mit f (x) = x3 + x, x > 0. Die Funktion f lässt sich√als die Summe der Funktionen f1 , f2 mit f1 (x) = x3 und f2 (x) = x darstellen. Nach (5.3.3)7 gilt dann für die Ableitung von f : 1 f (x) = f1 (x) + f2 (x) = 3x2 + √ . 2 x
7
Sowie Beispiel 5.2.4 und 5.3.4(b).
5.3 Berechnung von Ableitungen
b) Gegeben sei die Funktion f mit f (x) =
215
1 1 − √ , x > 0. Nach x x
(5.3.3) gilt dann für die Ableitung von f : f (x) =
−1 1 + √ . x2 2 x3
(vgl. Aufgabe 5.5 c). Aufgabe 5.6 Berechnen Sie die erste und zweite Ableitung der gegebenen Funktionen und den Wert von y bzw. y an den angegebenen Stellen: a) f (x) = x12 − x2 √ b) f (x) = x − x
x0 , −1, 1 x0 , 4, 9
Die obigen Beispiele zeigen, wie man die Ableitung einer Summenfunktion berechnet, wenn die Ableitung der einzelnen Summanden bekannt sind. Die nächste Regel erläutert, wie man ein Produkt zweier Funktionen differenziert, wenn die Ableitungen der beiden Faktoren bekannt sind. Regel 5.3.7 (Produktregel) Die Funktionen f und g seien an der Stelle x differenzierbar. Dann ist auch f · g an der Stelle x differenzierbar und es gilt: (f · g) (x) = f (x) · g(x) + f (x) · g (x) .
(5.3.4)
Für den Differenzierbarkeitsbereich D von f · g gilt dann: D = Df ∩ Dg . Beispiel 5.3.8 Wir berechnen mit Hilfe von Regel 5.3.7 die Ableitung h = f · g und den Differenzierbarkeitsbereich Dh . √ h das Produkt der Funktionen f und g a) Sei h(x) = x3 x. Dann ist√ mit f (x) = x3 und g(x) = x. Nach (5.3.4) gilt also: √ 1 h (x) = 3x2 x + x3 · √ . 2 x Da Df = R und Dg = {x|x ∈ R ∧ x > 0} ergibt sich für den Differenzierbarkeitsbereich Dh von h: Dh = Df ∩ Dg = R ∩ {x|x ∈ R ∧ x > 0} = {x|x ∈ R ∧ x > 0} .
Produktregel
216
5. Differentialrechnung
√ 1 x + x− 2 . Dann ist h das Produkt der √ 1 Funktionen f und g mit f (x) = x + xn und g(x) = x + x− 2 . Nach (5.3.9) lautet die Ableitung √ 1 1 −3 n−1 − 12 n 2 √ − x h (x) = (1 + nx + (x + x ) ) x+x . 2 x 2
b) Sei h(x) = (x + xn )
Für den Differenzierbarkeitsbereich Dh von h ergibt sich: Dh = Df ∩ Dg = R ∩ {x|x ∈ R ∧ x > 0} = {x|x ∈ R ∧ x > 0} . Ist die Funktion f in Regel 5.3.7 konstant (d.h. f (x) = c für alle x ∈ Df ), so erhält man durch Anwendung der Produktregel auf die Funktion h mit h(x) = c · g(x) den folgenden Spezialfall der Produktregel.
Regel für einen konstanten Faktor
Regel 5.3.9 (Regel für einen konstanten Faktor) Die Funktion g sei an der Stelle x differenzierbar, c ∈ R. Dann ist auch h = c · g an der Stelle x differenzierbar und es gilt: (c · g) (x) = c · g (x) .
(5.3.5)
Für den Differenzierbarkeitsbereich D von h gilt: D = Dg Aufgabe 5.7 Berechnen Sie die erste und zweite Ableitung der gegebenen Funktionen und den Wert von y bzw. y an den angegebenen Stellen: −1, 2 a) f (x) = 3x6 − 7x5 + 2x2 + 12 b) f (x) = 5x7 − 3x2 + 2 c) f (x) = (x + 1)(2x − 3x + 1) 3
1, 4 −1, 1
Mit Hilfe der Summen- und Produktregel können wir eine Differentiationsregel für Polynome herleiten, denn jedes Polynom n-ten Grades lässt sich durch Addition und Multiplikation aus konstanten Funktionen und der identischen Funktion zusammensetzen.8 Damit erhalten wir: 8
Vgl. Abschnitt 3.2.1.
5.3 Berechnung von Ableitungen
217
Folgerung 5.3.10 Jedes Polynom Pn vom Grade n, n ∈ N, mit Pn (x) =an xn + an−1 xn−1 + . . . + a1 x + a0 , an = 0, DPn = R ,
(5.3.6)
ist an jeder Stelle x ∈ R differenzierbar. Die Ableitung von Pn ist das Polynom Pn−1 vom Grade n − 1 mit Pn−1 (x) = nan xn−1 + (n − 1)an−1 xn−2 + . . . + a1 . (5.3.7) Die nächste Regel gibt an, wie man die Ableitung einer Funktion berechnen kann, die sich als Quotient zweier Funktionen mit bekannten Ableitungsfunktionen darstellen lässt. Regel 5.3.11 (Quotientenregel) Die Funktionen f und g seien an der Stelle x differenzierbar und g(x) = f 0. Dann ist auch h = an der Stelle x differenzierbar und es gilt: g f f (x)g(x) − f (x)g (x) (x) = . (5.3.8) g (g(x))2
Quotientenregel
Für den Differenzierbarkeitsbereich D von h gilt: D = Df ∩ (Dg \{x|x ∈ Dg ∧ g(x) = 0}) . Ist die Funktion f speziell die konstante Funktion f (x) = 1 für alle x ∈ R, so erhält man als Spezialfall der Quotientenregel die Reziprokregel. Regel 5.3.12 (Reziprokregel) Die Funktion g sei an der Stelle x differenzierbar und g(x) = 0. Dann 1 ist auch an der Stelle x differenzierbar und es gilt: g 1 −g (x) (x) = . (5.3.9) g (g(x))2 Wir sind jetzt in der Lage, eine Reihe weiterer Funktionen zu differenzieren. Beispiel 5.3.13 2x(x2 + 1) − (x2 − 1)2x 4x x2 − 1 ⇒ f (x) = = 2 a) f (x) = 2 x +1 (x2 + 1)2 (x + 1)2
Reziprokregel
218
5. Differentialrechnung
x 1(x3 + 1) − x(3x2 ) −2x3 + 1 ⇒ f (x) = = 3 3 2 +1 (x + 1) (x + 1)2 1 − 2 + 2√ 1 x √ ⇒ f (x) = √ c) f (x) = 2x + x (2x + x)2
b) f (x) =
x3
Bemerkung 5.3.14 Betrachten wir die bisher vorgestellten Differentiationsregeln, so können mit deren Hilfe alle Funktionen f vom Typ f (x) =
an xn + an−1 xn−1 + . . . + a2 x2 + a1 x + a0 , bm xm + bm−1 xm−1 + . . . + b2 x2 + b1 x + b0
(5.3.10)
also die sog. gebrochen-rationalen Funktionen differenziert werden. Diese sind also stets auf R\{x|x ist Nullstelle des Nenners} differenzierbar. Aufgabe 5.8 Berechnen Sie die erste Ableitung der folgenden Funktionen: x−1 a) f (x) = x+1 √ 2 x √ b) f (x) = 1− x √ x3 3 x c) f (x) = 1 + x2 d) f (x) =
x2 − 9 x3 − 64
Mit den bisher vorgestellten Regeln können wir schon eine große Zahl von Funktionen differenzieren. Es gibt aber verhältnismäßig viele elementare Beispiele, bei denen die Ermittlung der Ableitung nach diesen Regeln versagt: Beispiel 5.3.15 a) h1 (x) = (x + 5)100 √ b) h2 (x) = 5x √ c) h3 (x) = x3 + 2x. Hier hilft es, den Aufbau der Funktionsterme zu untersuchen. Man erkennt, dass jeder der drei Funktionsterme durch Einsetzen eines Terms
5.3 Berechnung von Ableitungen
219
in einen anderen entstanden ist: zu a) Mit f1 (x) = x + 5 und g1 (z) = z 100 ergibt sich: h1 (x) = g1 (f1 (x)) = (x + 5)100 . √ zu b) Mit f2 (x) = 5x und g2 (z) = z ergibt sich: √ h2 (x) = g2 (f2 (x)) = 5x. √ zu c) Mit f3 (x) = x3 + 2x und g3 (z) = z ergibt sich: √ h3 (x) = g3 (f3 (x)) = x3 + 2x. Bei den Funktionen hi , i = 1, 2, 3, handelt es sich also um Funktionen, die aus der Hintereinanderausführung oder auch Verkettung zweier Funktionen fi und gi zu einer Funktion hi entstanden sind. Die folgende Regel gibt an, wie man mit Hilfe der Ableitung von f und g die Ableitung der verketteten Funktion h = g ◦ f berechnen kann. Regel 5.3.16 (Kettenregel) Die Funktion f sei an der Stelle x und die Funktion g an der Stelle f (x) differenzierbar. Dann ist auch die Funktion h mit h(x) = g(f (x)) an der Stelle x differenzierbar und es gilt: (g(f (x))) = f (x) · g (f (x)) .
(5.3.11)
Bemerkung 5.3.17 a) Bezeichnet man die Funktion f als die „innere“ und die Funktion g als die „äußere“ Funktion, so kann man die Kettenregel zur Differentiation verketteter Funktionen in folgender einprägsamer Form darstellen: Ableitung der Gesamtfunktion
=
„innere“ Ableitung
·
„äußere“ Ableitung
h (x)
=
f (x)
·
g (f (x))
b) Der Differenzierbarkeitsbereich D der Funktion h ist die Menge D = {x|x ∈ Df ∧ f (x) ∈ Dg } . Beispiel 5.3.17 (Fortsetzung) Durch Anwendung der Kettenregel (5.3.11) erhalten wir die folgenden Ableitungen: a) h1 (x) = f1 (x) · g1 (f1 (x)) = 1 · 100(x + 5)99 1 1 5 b) h2 (x) = f2 (x) · g2 (f2 (x)) = 5 · (5x)− 2 = √ 2 2 5x
Kettenregel
220
5. Differentialrechnung
1 3x2 + 2 1 . c) h3 (x) = f3 (x) · g3 (f3 (x)) = (3x2 + 2) · (x3 + 2x)− 2 = √ 2 2 x3 + 2x
Aufgabe 5.9 Berechnen Sie die 1. Ableitung der Funktion h. √ b) h(x) = (2 x − 5)2 a) h(x) = (4x2 + 2)2 1 2 1 x +2 c) h(x) = d) h(x) = √ 3 x 2 2 15 e) h(x) = 4 + f) h(x) = √ 2 −2 x x√ x2 x x2 − 1 h) h(x) = g) h(x) = √ 1 − x2 x2 + 1
Ableitungsregeln
Zum Abschluss dieses Abschnittes sind die hier besprochenen Differentiationsregeln noch einmal in einer Tabelle zusammengestellt. Tabelle 5.3.1. Ableitungsregeln Gl. Nr. Regel (5.3.1) Konstanten-Regel (5.3.2) Potenzregel
h(x)
h (x)
c
0
xn
nxn−1
(5.3.3) Summen-/ Differenzregel f (x) ± g(x) (5.3.4) Produktregel (5.3.5) Regel f. konst. Faktor (5.3.8) Quotientenregel (5.3.9) Reziprokregel (5.3.11) Kettenregel
f (x) ± g (x)
f (x) · g(x) f (x) · g(x) + f (x) · g (x) c · g(x)
c · g (x)
f (x) g(x) 1 g(x)
f (x)g(x) − f (x)g (x) (g(x))2 −g (x) (g(x))2
g(f (x))
f (x) · g (f (x))
5.3.2 Ableitung spezieller Funktionen In diesem Abschnitt sind für einige spezielle Funktionen jeweils der Definitionsbereich Df , die Ableitung und der Differenzierbarkeitsbereich Df in tabellarischer Form angegeben.
5.3 Berechnung von Ableitungen
Tabelle 5.3.2. Ableitungen spezieller Funktionen
f (x)
Df
f (x)
Df
x ,n≥0 R
nx
R
xn , n < 0 R\{0}
nxn−1
R\{0}
n
n−1
sin x
R
cos x
R
cos x
R π π − , 2 2
− sin x
R π π − , 2 2
tan x
1 cos2 x −1 sin2 x 1 √ 2 x
(0, π)
cot x
(0, π)
√ x
{x|x ∈ R ∧ x > 0}
ex
R
ex
R
ax
R
ax ln a
R (a > 0 ∧ a = 1)
ln x
{x|x ∈ R ∧ x > 0}
1 x
{x|x ∈ R ∧ x > 0}
loga x
{x|x ∈ R ∧ x > 0}
1 x ln a
{x|x ∈ R ∧ x > 0}
{x|x ∈ R ∧ x > 0}
(a > 0 ∧ a = 1)
Aufgabe 5.10 Berechnen Sie die 1. Ableitung der Funktion f . a) f (x) = sin(x + x2 ) b) f (x) = sin(cos x) cos x d) f (x) = sin(2x2 + 1) c) f (x) = sin x 2e3x 2x2 +5x f) f (x) = e) f (x) = e 2 · ln x 2 1 g) f (x) = h) f (x) = ln(2 − x2 ) ex − 2
221 Ableitungen spezieller Funktionen
222
5. Differentialrechnung
5.4 Anwendung der Differentialrechnung Das Ziel dieses Abschnittes ist es, mit Hilfe der Differentialrechnung für eine gegebene Funktion f einige ihrer Eigenschaften zu beschreiben.
5.4.1 Monotonie und Extremwerte Betrachtet man den Graph einer differenzierbaren Funktion, wie er beispielsweise in Abb. 5.4.1 dargestellt ist, so ergibt sich eine Unterteilung y y = f (x) streng monoton steigend
streng monoton fallend
monoton fallend monoton steigend
x1
x2
x3
x
Abb. 5.4.1. Monotonieverhalten einer Funktion
in verschiedene Abschnitte, in denen die Funktion ein einheitliches Monotonieverhalten aufweist.
Hochpunkte lokale Maxima Tiefpunkt lokales Minimum
Wir verfolgen den Verlauf von f in Richtung wachsender x-Werte: Die Funktion f steigt bis zur Stelle x1 streng monoton; zwischen x1 und x2 fällt f streng monoton; zwischen x2 und x3 steigt f monoton; rechts von der Stelle x3 fällt f monoton. Zudem liegen an den Stellen x1 und x3 offensichtlich sog. lokale Hochpunkte (lokale Maxima) vor, d.h. in der Umgebung dieser Stellen wird der Funktionswert f (x1 ) bzw. f (x3 ) nicht überschritten. Analog liegt bei x2 ein sog. lokaler Tiefpunkt (lokales Minimum) vor, d.h. in der Umgebung von x2 wird der Funktionswert f (x2 ) nicht unterschritten. Die folgenden Überlegungen werden deutlich machen, wie man mit Hilfe der Ableitung f solche globalen (d.h. den gesamten Differenzierbarkeitsbereich von f umfassende) Eigenschaften beschreiben kann. Wir beschäftigen uns zunächst mit der Monotonie. In Abb. 5.4.2 ist der Graph einer auf dem Intervall [a, b] streng monoton wachsenden Funktion f dargestellt.
5.4 Anwendung der Differentialrechnung f (x)
223
f (x)
f (x2) f (x2 ) – f (x1 ) > 0 f (x1) x2 – x 1 > 0 a
x1
x2 b
x
Abb. 5.4.2. Strenge Monotonie und Differenzenquotient (streng monoton steigende Funktion)
Die strenge Monotonie von f steht offenkundig in einem Zusammenhang mit dem Vorzeichen der Differenzenquotienten: Für x1 < x2 mit x1 , x2 ∈ (a, b) ist nämlich f (x2 ) > f (x1 ) (die Bedingung der strengen Monotonie) gleichwertig mit f (x2 ) − f (x1 ) > 0 für x1 , x2 ∈ (a, b) , x1 < x2 . x2 − x1
(5.4.1)
Die Funktion f ist also genau dann streng monoton steigend auf dem Intervall (a, b), wenn für alle x1 , x2 ∈ (a, b) mit x1 < x2 die Bedingung (5.4.1) erfüllt ist. Geometrisch interpretiert bedeutet das: Die Funktion f ist genau dann auf dem Intervall (a, b) streng monoton steigend, wenn für jedes Teilintervall [x1 , x2 ] ⊂ (a, b) die mittlere Steigung positiv ist (vgl. Abschn. 5.1). Ist nun die Steigung von f an jeder Stelle x ∈ (a, b) positiv, d.h. f (x) > 0 für alle x ∈ (a, b) ,
(5.4.2)
dann ist auch die mittlere Steigung in jedem Teilintervall positiv und nach (5.4.1) die Funktion f auf dem Intervall (a, b) streng monoton steigend. Analog gilt (vgl. Abb. 5.4.3):
224
5. Differentialrechnung
f (x) f (x1) f (x2 ) – f (x1 ) < 0 f (x2) x2 – x1 > 0 f (x)
a
x2 b
x1
x
Abb. 5.4.3. Strenge Monotonie und Differenzenquotient (streng monoton fallende Funktion)
Eine Funktion f ist genau dann auf dem Intervall (a, b) streng monoton fallend, wenn für alle x1 , x2 ∈ (a, b) mit x1 < x2 die Bedingung f (x2 ) − f (x1 ) 0 für alle x ∈ (a, b) ⇒ f auf (a, b) streng monoton steigend; (b) f (x) < 0 für alle x ∈ (a, b) ⇒ f auf (a, b) streng monoton fallend; (c) f (x) = 0 für alle x ∈ (a, b) ⇒ f auf (a, b) konstant. Bemerkung 5.4.2 a) Die Aussagen (a) und (b) von Satz 5.4.1 lassen sich auch für f (x) ≥ 0 (bzw. f (x) ≤ 0) formulieren. Dann folgt nur noch Monotonie. b) Die Bedingungen (5.4.1) und (5.4.3) sind (wenn sie jeweils für alle x1 , x2 ∈ (a, b) gelten) notwendige und hinreichende Bedingungen für die strenge Monotonie. Dagegen sind (5.4.2) bzw. (5.4.4) hinreichende, aber nicht notwendige Bedingungen. So ist z. B. die Funktion f mit f (x) = x3 auf R streng monoton steigend9 ; es gilt aber: f (0) = 3 · 02 = 0. Wir wenden Satz 5.4.1 an: Beispiel 5.4.3 Die Funktion f mit f (x) = x3 − 3x2 − 24x ist hinsichtlich ihres Monotonieverhaltens auf R zu untersuchen. Dazu ermittelt man zunächst die Ableitungsfunktion f zu f : f (x) = 3x2 − 6x − 24. Um zu prüfen, ob 9
Vgl. auch Abb. 5.4.7.
Monotoniekriterium
226
5. Differentialrechnung
es Intervalle gibt, auf denen f nur positive (bzw. nur negative) Werte annimmt, bestimmt man die Lösungsmenge der Ungleichungen 3x2 − 6x − 24 < 0 bzw. 3x2 − 6x − 24 > 0 . Hierzu gelten folgende äquivalente Umformungen: 3x2 − 6x − 24 < 0 ⇔ x2 − 2x − 8 < 0 ⇔ x2 − 2x + 1 < 8 + 1 2
⇔ (x − 1) < 9 ⇔ |x − 1| < 3 ⇔ −3 < x − 1 < 3 ⇔ −2 < x < 4. Damit gilt:
{x | f (x) < 0} = (−2, 4) .
Entsprechend ergibt sich: {x | f (x) > 0} = (−∞, −2) ∪ (4, ∞) . Die Werte −2 und 4 sind Nullstellen von f (vgl. Tab. 5.4.1). Tabelle 5.4.1. Monotoniebereiche der Funktion f (x) = x3 − 3x2 − 24x
Intervall (−∞, −2) f (x) f
{−2}
(−2, 4)
{4}
(4, ∞)
>0
=0
0
steigt
mögliche
fällt
mögliche
steigt
streng
Extrem-
streng
Extrem-
streng
monoton
stelle
monoton
stelle
monoton
Die Abb. 5.4.5 lässt den Zusammenhang zwischen den Funktionen f und f auch geometrisch deutlich werden. Im Intervall (−2, 4) verläuft der Graph von f unterhalb der x-Achse (es ist also f (x) < 0); dort ist f streng monoton fallend. In den Intervallen (−∞, −2) und (4, ∞) verläuft der Graph von f oberhalb der x-Achse (es ist also f (x) > 0); dort ist f streng monoton steigend.
5.4 Anwendung der Differentialrechnung
227
f (x) |
f (x) = 3x 2 - 6x - 24 H 28
–2
f(x) = x3 - 3x 2 - 24x
4
-80
x
T
Abb. 5.4.5. Graphen von f (x) = x3 − 3x2 − 24x und f (x) = 3x2 − 6x − 24
Aufgabe 5.12 Untersuchen Sie die folgenden Funktionen hinsichtlich ihres Monotonieverhaltens auf R. Gehen Sie dabei analog zu Beispiel 5.4.3 vor. a) f (x) = 2x2 − 3x + 5 b) f (x) = −x3 + 6x2 + 5x − 3. Wie schon eingangs erwähnt, zeichnen sich Funktionen neben ihrem Monotonieverhalten durch ihre lokalen Maxima und Minima aus. Beispiel 5.4.3 (Fortsetzung) Die Punkte H = (−2, 28) und T = (4, −80) spielen für den Graphen von f ersichtlich eine besondere Rolle (vgl. Abb. 5.4.5): An den Stellen −2 und 4 wechselt die Funktion f ihr Monotonieverhalten und der Funktionswert f (−2) = 28 ist ein (strenges) lokales Maximum von f , während f (4) = −80 ein (strenges) lokales Minimum von f darstellt.
228
5. Differentialrechnung
Definition 5.4.4 Die Funktion f : Df → R sei gegeben, x0 ∈ Df . lokales Maximum bzw. Minimum
strenges lokales Maximum bzw. Minimum
(a) Die Funktion f hat an der Stelle x0 ein lokales Maximum (Minimum), wenn es eine Umgebung U (x0 ) ⊂ Df gibt, so dass gilt: f (x) ≤ f (x0 ) (bzw. f (x) ≥ f (x0 )) für alle x ∈ U (x0 ) . (b) Die Funktion f hat an der Stelle x0 ein strenges lokales Maximum (Minimum), wenn es eine Umgebung U (x0 ) ⊂ Df gibt, so dass gilt: f (x) < f (x0 ) (bzw. f (x) > f (x0 )) für alle x ∈ U (x0 ) , x = x0 . f (x0 ) heißt lokaler Extremwert (lokales Maximum bzw. lokales Minimum), die Stelle x0 heißt lokale Extremstelle10 .
Extremwert Extremstelle
Im Beispiel 5.4.3 treten die Aussagen „f (−2) ist ein lokales Maximum von f “ und „f (4) ist ein lokales Minimum von f “ in Verbindung mit den Aussagen „f (−2) = 0“ und „f (4) = 0“ auf. Dass dies kein Zufall ist, werden wir uns mit Hilfe von Abb. 5.4.6 überlegen.
f (x) P
t Q
R
f (x)
a x 0 - Dx
x0
x 0 + Dx
b
x
Abb. 5.4.6. Tangentensteigung an einer Extremstelle
Die Funktion f hat an der Stelle x0 ein strenges lokales Maximum. Um festzustellen, welche Steigung die Funktion f an der Stelle x0 hat, untersuchen wir die Steigungen der Sekanten durch P . Wie Abb. 5.4.6 zeigt, haben die Sekanten durch P und einen Punkt links von P , also 10
In manchen Büchern finden Sie für „lokales Maximum/Minimum“ auch den Begriff „relatives Maximum/Minimum“.
5.4 Anwendung der Differentialrechnung
229
z.B. durch R = (x0 − Δx, f (x0 − Δx)), eine positive Steigung. Die Sekanten durch P und einen Punkt rechts von P , also z.B. durch Q = (x0 + Δx, f (x0 + Δx)), haben negative Steigung. Falls f an der Stelle x0 differenzierbar ist, nähern sich die Sekanten für Δx → 0 immer mehr der eindeutig bestimmten Tangente t an den Graphen von f im Punkte P . Dies ist aber nur dann möglich, falls die Tangente horizontal verläuft, d.h. falls gilt: f (x0 ) = 0. Es gilt folgender Satz: Satz 5.4.5 Die Funktion f sei auf dem offenen Intervall (a, b) definiert. Ist f an der Stelle x ∈ (a, b) differenzierbar und ist f (x) ein lokaler Extremwert von f , so gilt: f (x) = 0 .
(5.4.5)
Bemerkung 5.4.6 a) Man nennt die Stellen x ∈ Df , an denen f (x) = 0 gilt, auch kritische Stellen. b) Die Umkehrung des Satzes 5.4.5 ist falsch, d.h. aus der Tatsache, dass eine Funktion f an der Stelle x ∈ R eine Ableitung mit dem Wert f (x) = 0 besitzt, kann nicht geschlossen werden, dass f (x) lokaler Extremwert von f ist. So hat z. B. die Funktion f mit f (x) = x3 die Ableitung f (x) = 3x2 , also gilt an der Stelle x = 0: f (0) = 0 (vgl. Abb. 5.4.7).
f (x)
f (x) = x3
x
Abb. 5.4.7. Graph der Funktion f (x) = x3
Die Funktionswerte von f sind aber auf jeder linksseitigen Umgebung von 0 negativ (also kleiner als f (0) = 0) und auf jeder rechtsseitigen Umgebung von 0 positiv (also größer als f (0) = 0).
kritische Stellen
230
5. Differentialrechnung
Das bedeutet aber, dass f (0) kein lokaler Extremwert von f sein kann. c) Ein Funktionswert f (x) mit x ∈ Df kann natürlich auch dann lokaler Extremwert sein, wenn die Ableitung f (x) gar nicht existiert. Dies ist z.B. bei der Funktion f (x) = |x| der Fall: f (0) = 0 ist ein strenges lokales Minimum, vgl. Abb. 5.2.1. Für differenzierbare Funktionen stellt Satz 5.4.5 eine Art „Siebverfahren“ dar, mit dem solche Stellen aus dem Definitionsbereich einer Funktion f ausgesondert werden können, an denen keinesfalls ein lokaler Extremwert auftreten kann, nämlich diejenigen x-Werte, für die f (x) = 0 ist. Allenfalls an den kritischen Sellen (den Nullstellen von f ) kann die Funktion f Extremwerte annehmen, und es ist im Einzelnen zu prüfen, ob der Funktionswert lokaler Extremwert ist oder nicht. Beispiel 5.4.7 Gegeben sei die Funktion f mit f (x) = x3 − x. Die Ableitung ist: f (x) = 3x2 − 1 . Nach Satz 5.4.5 ist zu berechnen, für welche Stellen x die Gleichung f (x) = 0 gilt. f (x) = 0 ⇔ 3x2 − 1 = 0 ⇔ x2 − 13 = 0, also 1 1 oder x = − . f (x) = 0 ⇔ x = 3 3 Damit kommen als lokale Extremstellen die Stellen 13 bzw. − 13 in Frage. Bevor wir jedoch überprüfen, ob an diesen Stellen tatsächlich ein Extremwert vorliegt, fahren wir mit der Untersuchung der Ableitungsfunktion fort, um auch das Monotonieverhalten von f zu bestimmen: f (x) > 0 ⇔ 3x2 − 1 > 0 1 ⇔ x2 > 3 1 1 oder x < − . ⇔x> 3 3 Damit ergibt sich auch: f (x) < 0 ⇔ 3x2 − 1 < 0 1 1 0
=0
−
, 3
3
( ) 1 3
0
steigt
mögliche
fällt
mögliche
steigt
streng
Extrem-
streng
Extrem-
streng
monoton
stelle
monoton
stelle
monoton
Aufgrund dieser Ergebnisse lässt sich auch der Graph von f skizzieren (vgl. Abb. 5.4.8). f (x)
|
f (x) = 3x2 - 1
f (x) = x3 - x
–1
- 1 3
1 3
1
x
Abb. 5.4.8. Graphen von f (x) = x3 − x und f (x) = 3x2 − 1
Die Skizze enthält hinreichend viele Informationen, um sichere Aussa 1 gen über die beiden kritischen Stellen − 3 und 13 machen zu können. Man erkennt, dass f auf einer linksseitigen Umgebung von − 13 positiv ist, folglich f dort streng monoton steigt. Auf einer rechtsseitigen ist f negativ, folglich fällt f dort streng mono ton. Wenn nun f auf einer linksseitigen Umgebung von − 13 streng
Umgebung von −
1 3
232
5. Differentialrechnung
monoton steigt und auf einer rechtsseitigen Umgebung streng monoton
fällt, dann liegt an der Stelle − 13 ein strenges lokales Maximum vor. Die f wechselt beim Durchgang durch die Stelle Ableitungsfunktion −
Zeichenwechselstelle
1 3
(bzw.
1 3)
das Vorzeichen vom Positiven zum Negativen (bzw. vom Negativen zum Positiven). Man sagt dann, dass die Stelle − 31 1 (bzw. 3 ) eine (+|−) (bzw. (−|+)) Zeichenwechselstelle (der Ableitungsfunktion) ist. Verallgemeinert man die Überlegungen von Beispiel 5.4.7, so kommt man zu den folgenden Aussagen: – Ein lokales Maximum an einer Stelle x liegt sicher dann vor, wenn f auf einer linksseitigen Umgebung von x streng monoton steigt und auf einer rechtsseitigen Umgebung von x streng monoton fällt. – Ein lokales Minimum an einer Stelle x liegt sicher dann vor, wenn f auf einer linksseitigen Umgebung von x streng monoton fällt und auf einer rechtsseitigen Umgebung von x streng monoton steigt. Zusammen mit dem Monotoniekriterium (Satz 5.4.1) erhalten wir daraus das folgende hinreichende Kriterium für die Existenz von Extremwerten: Satz 5.4.8 Die Funktion f sei auf einer Umgebung von x ∈ Df differenzierbar. Dann gilt: Der Funktionswert f (x) ist ein lokaler Extremwert von f , wenn f (x) = 0 ist und zugleich die Stelle x eine Zeichenwechselstelle von f ist. f (x) ist ein lokales Maximum von f , wenn x eine (+|−)Zeichenwechselstelle ist; f (x) ist ein lokales Minimum von f , wenn der Zeichenwechsel an der Stelle x in der Form (−|+) erfolgt.11 11
Das Kriterium aus Satz 5.4.8 ist kein notwendiges Kriterium für die Existenz eines Extremwertes. Es gibt Funktionen mit Extremstellen, an denen die Funktionen auf keiner Umgebung dieser Extremstellen monoton sind. Wir behandeln dies aber nicht weiter.
5.4 Anwendung der Differentialrechnung
233
Aufgabe 5.13 Bestimmen Sie die lokalen Extremstellen der folgenden Funktionen mit Hilfe von Satz 5.4.8 (soweit existent): a) f : R → R mit f (x) = −x3 + 32 x2 − 5x b) f : R → R mit f (x) = x4 − 2x2 c) f : R → R mit f (x) = x5 + x + 1 d) f : R → R mit f (x) = 4 − x2 Nun ist die Vorzeichenbestimmung der Ableitungsfunktion zur Identifizierung der Zeichenwechselstelle in der Form (+|−) bzw. (−|+) i.a. etwas umständlich. Wir schauen uns daher einmal an, welche Möglichkeiten für den Verlauf der Ableitungsfunktion (in der Umgebung einer Stelle x0 mit f (x0 ) = 0) vorliegen können (vgl. Abb. 5.4.9). |
|
|
f (x)
f (x)
|
f (x)
|
f (x)
|
f (x)
f (x)
x0 x
x0
x0
x
x0
x
x |
|
f (x)
f (x) (a)
(b)
(c)
(d)
Abb. 5.4.9. Vorzeichenverhalten von Ableitungsfunktionen
Fall 1: In Abb. 5.4.9(a) liegt eine (+|−)-Zeichenwechselstelle vor. Fall 2: In Abb. 5.4.9(b) liegt eine (−|+)-Zeichenwechselstelle vor. Fall 3: In Abb. 5.4.9(c) und (d) liegen keine Zeichenwechselstellen vor. Ist nun die Ableitungsfunktion f ebenfalls differenzierbar (d.h. f zweimal differenzierbar), so lassen sich die Fälle 1-3 mit Hilfe der 2. Ableitung f beschreiben (dabei betrachten wir stets nur eine Umgebung von x0 mit f (x0 ) = 0): Fall 1: Die Ableitungsfunktion f fällt. Nach dem Monotoniekriterium (Satz 5.4.1) können wir aus f (x0 ) < 0 schließen, dass f in einer Umgebung von x0 fällt. Fall 2: Die Ableitungsfunktion f steigt. Analog zu Fall 1 können wir aus f (x0 ) > 0 schließen, dass f in einer Umgebung von x0 steigt.
234
5. Differentialrechnung
Fall 3: Hier liegt bei x0 ein Minimum bzw. ein Maximum der Ableitungsfunktion f vor, also folgt nach Satz 5.4.5: f (x0 ) = 0. Die Zeichenwechselstellen lassen sich also folgendermaßen beschreiben (Tab. 5.4.3): Tabelle 5.4.3. Zeichenwechselstellen
wenn dann
f (x0 ) = 0
f (x0 ) = 0
∧ f (x0 ) < 0
∧ f (x0 ) > 0
x0 ist
x0 ist
(+|−)-Zeichenwechselstelle (−|+)-Zeichenwechselstelle
(i) Die Umkehrung der Aussagen in Tab. 5.4.3, also die Lesart „von unten nach oben“ ist falsch, vgl. Beispiel 5.4.10. (ii) Aus f (x0 ) = 0 und f (x0 ) = 0 (vgl. Fall 3) kann nicht auf ein Minimum oder Maximum der Ableitungsfunktion f geschlossen werden; vgl. Bemerkung 5.4.6 und ebenfalls Beispiel 5.4.10.
Kriterium für Extremwerte
Damit kommen wir zu dem am häufigsten verwendeten Kriterium für Extremwerte: Satz 5.4.9 Die Funktion f : Df → R sei an der Stelle x ∈ Df zweimal differenzierbar. Dann gilt: Ist f (x) = 0 und f (x) = 0, so ist f (x) ein lokaler Extremwert von f , und zwar ein lokales Minimum im Falle f (x) > 0, ein lokales Maximum im Falle f (x) < 0. Welches der beiden Kriterien (Satz 5.4.8 bzw. Satz 5.4.9) zur Bestimmung der Extremwerte einer Funktion verwandt wird, hängt von der Aufgabenstellung ab. Beispiel 5.4.10 Betrachtet man die Funktion f mit f (x) = x6 an der Stelle 0 , so lässt der Satz 5.4.9 wegen f (0) = 0 keine Aussage über die Existenz eines Extremwertes zu. Dagegen liefert das Kriterium des Vorzeichenwechsels (Satz 5.4.8) wegen f (x) = 6x5 < 0 für x < 0 und 6x5 > 0 für x > 0 eine Entscheidung: Bei x = 0 besitzt f ein Minimum.
5.4 Anwendung der Differentialrechnung
235
Aufgabe 5.14 a) Ermitteln Sie die Extremstellen und Extremwerte der folgenden Funktionen. Wenden Sie Satz 5.4.9 an. (1) f (x) = sin x (2) f (x) = cos x √ (3) f (x) = sin2 x (4) f (x) = x 1 − x (5) f (x) = x +
1 x
(6) f (x) = x6 − x + 2
b) Zeigen Sie, dass die Funktion f mit f (x) = x17 + 3x5 + x keine lokalen Extremwerte besitzt. Man kann die bisher beschriebenen Kriterien auch dazu benutzen, um Funktionen zu konstruieren: Beispiel 5.4.11 Wir berechnen Bedingungen für die Parameter a, b, c und d, so dass die Funktion f mit f (x) = ax3 + bx2 + cx + d zwei lokale Extremstellen hat. Es ist f (x) = 3ax2 + 2bx + c , f (x) = 6ax + 2b . f muss genau zwei reelle Nullstellen besitzen, welches der Fall ist, wenn gilt: b2 c > 0, − 2 9a 3a 2b 1 2b 2 c ± 4 3a − 3a sind die Lösungen der quadradenn x1/2 = − 21 3a tischen Gleichung f (x) = 0. Zudem muss f (x1,2 ) von 0 verschieden b . Setzen wir z. B. a = 1, sein; das ist der Fall, wenn gilt: x1/2 = − 3a b = 1, c = 0, so sind diese Bedingungen erfüllt, denn es ist x1 = − 32 , b2 c 1 x2 = 0, somit x1 = − 31 , x2 = − 31 und 9a 2 − 3a = 9 > 0. Neben dem Begriff des lokalen Maximums (oder Minimums) gibt es den eines globalen Maximums (oder Minimums): Definition 5.4.12 Eine Funktion f : Df → R besitzt an einer Stelle x0 ∈ Df ein globales Maximum (bzw. Minimum), falls gilt: f (x0 ) ≥ f (x) (bzw. f (x0 ) ≤ f (x)) für alle x ∈ Df . (5.4.6)
globales Maximum bzw. Minimum
236
strenges globales Maximum bzw. Minimum
5. Differentialrechnung
Gilt in (5.4.6) für alle x ∈ Df statt der -Beziehung (bzw. statt der Beziehung) die >- (bzw. 0, dass x1 (x2 ) im konkaven (konvexen) Bereich liegt und dass in x1 (x2 ) die Funktion f ein Maximum (Minimum) annimmt. Dieser Zusammenhang zwischen dem Krümmungsverhalten einer Funktion f und der zweiten Ableitung f gilt allgemein: Satz 5.4.17 Eine über einem Intervall (a, b) dreimal differenzierbare Funktion f ist über (a, b) konvex (konkav) genau dann, wenn für alle x ∈ (a, b) gilt: f (x) ≥ 0 (bzw. f (x) ≤ 0) . Aufgabe 5.15 Bestimmen Sie die Intervalle, in denen die Graphen konkav bzw. konvex sind: a) f (x) = x3 , x ∈ R, b) f (x) =
1 x2 ,
x ∈ R, x = 0.
Ohne stets die Konvexität bzw. Konkavität auf dem gesamten Bereich untersuchen zu müssen, kann für das Auffinden von lokalen Extremstellen mit Satz 5.4.17 das folgende Kriterium formuliert werden.
5.4 Anwendung der Differentialrechnung
241
Satz 5.4.18 Ist eine Funktion f über einem Intervall (a, b) zweimal differenzierbar und gilt für eine Stelle x0 aus (a, b): f (x0 ) = 0 und f (x0 ) < 0 , dann besitzt die Funktion f in x0 ein lokales Maximum (x0 ist die zugehörige lokale Maximalstelle). Gilt für eine Stelle x0 aus (a, b): f (x0 ) = 0 und f (x0 ) > 0 , dann besitzt die Funktion f in x0 ein lokales Minimum (x0 ist die zugehörige lokale Minimalstelle). In Satz 5.4.18 ist der Fall f (x0 ) = 0 ausgeschlossen worden, da x0 in diesem Fall nicht notwendig eine Extremstelle sein muss. Beispielsweise nimmt die Funktion f (x) = x3 in x0 = 0 keinen Extremwert an, obwohl x0 eine kritische Stelle ist (vgl. Abb. 5.4.7, Bemerkung 5.4.6 und Aufgabe 5.15a). An dieser Stelle gilt f (x0 ) = 6x0 = 0. In x0 = 0 geht der Konkavitätsbereich in den Konvexitätsbereich über, d.h. die Funktion f ändert in x0 ihr Krümmungsverhalten (es vollzieht sich ein Wechsel von einer Rechtskrümmung in eine Linkskrümmung). Definition 5.4.19 Jede Stelle xW , an der eine Funktion ihr Krümmungsverhalten ändert, heißt eine Wendestelle, der Punkt (xW , f (xW )) heißt Wendepunkt.
Wendestelle Wendepunkt
Satz 5.4.20 Hat eine an einer Stelle xW zweimal differenzierbare Funktion f eine Wendestelle, so gilt f (xW ) = 0. Ein Sonderfall einer Wendestelle xW liegt vor, wenn in xW auch die erste Ableitung verschwindet, d.h. falls f (xW ) = 0 gilt (vgl. f (x) = x3 ). In diesem Fall heißt der Punkt (xW , f (xW )) Sattelpunkt oder auch horizontaler Wendepunkt, xW heißt Sattelstelle. Bis jetzt ist mit Satz 5.4.20 nur ein notwendiges Kriterium für die Existenz einer Wendestelle formuliert worden. Um auch ein hinreichendes Kriterium für das Vorliegen einer Wendestelle xW zu erarbeiten, betrachten wir die Funktion f aus Beispiel 5.4.15. Es gilt: f (x) = 6x − 18 = 0 ⇔ xW = 3 , d.h. nur in xW = 3 kann eine Wendestelle vorliegen. Die zugehörige Funktion f besitzt an der Stelle xW einen lokalen Extremwert, und zwar ein lokales Minimum (vgl. Abb. 5.4.12).
Sattelpunkt horizontaler Wendepunkt Sattelstelle
242
5. Differentialrechnung
Ein hinreichendes Kriterium für das Vorliegen einer Wendestelle einer Funktion f kann allgemein mit Hilfe der hinreichenden Kriterien für die Existenz von Extremstellen der 1. Ableitung f formuliert werden. Satz 5.4.21 Ist eine Funktion f an einer Stelle xW dreimal differenzierbar und gilt f (xW ) = 0 und f (xW ) = 0, so liegt in xW eine Wendestelle vor. Aufgabe 5.16 Geben Sie für die Funktion f mit f (x) = x3 − 9x2 + 24x − 12 die Wendestellen an.
5.4.3 Systematische Kurvendiskussion In den vorhergehenden Abschnitten wurde eine Reihe von Eigenschaften einer Funktion (und ihrer Ableitungsfunktionen) behandelt. Hier stellen wir nun vor, wie man in systematischer Weise „eine Kurve diskutiert“, d.h. die Eigenschaften „errechnet“. Zunächst stellen wir zusammen, welche Punkte im Rahmen einer Kurvendiskussion in der aufgeführten Reihenfolge sinnvoll zu bearbeiten sind: (1) Festlegung des maximalen Definitionsbereiches, (2) Festlegung des Stetigkeits- und Differenzierbarkeitsbereiches, (3) Bestimmung der (ersten drei) Ableitungen von f , (4) Untersuchung der Funktion an den Rändern des Definitionsbereiches, und zwar a) an den äußeren Rändern, b) an den (evtl. unter (1) gefundenen) Polstellen, (5) Bestimmung der Nullstellen von f , (6) Bestimmung der Extremstellen und zugehörigen Extrema von f , (7) Bestimmung der Wendestellen und der zugehörigen Wendepunkte von f , (8) Untersuchung des Monotonieverhaltens von f , (9) Untersuchung des Krümmungsverhaltens von f , (10) Berechnung spezieller Funktionswerte, (11) Zeichnen des Funktionsgraphen.
5.4 Anwendung der Differentialrechnung
243
Anhand der folgenden Funktion gehen wir die Schritte (1) bis (11) durch: Z (x) x3 = . f (x) = 2 x −3 N (x) (1) Festlegung des maximalen Definitionsbereiches: Da f eine gebrochen-rationale Funktion ist, besteht der maximale Definitionsbereich aus ganz R, ausgenommen der Stellen, an denen das Nennerpolynom N mit N (x) = x2 − 3 Nullstellen besitzt. Wegen √ √ 2 x −3 = x+ 3 x− 3 √ √ sind die Stellen x1 = − 3 und x2 = 3 Nullstellen von N und damit Polstellen von f . Für den Definitionsbereich Df erhalten wir: ( √ √ ) Df = R\ − 3, 3 . (2) Festlegung des Stetigkeits- und Differenzierbarkeitsbereiches: Die Funktion f ist wegen ihrer Eigenschaft als gebrochen-rationale Funktion über ganz Df stetig und beliebig oft differenzierbar. (3) Bestimmung der (ersten drei) Ableitungen von f : Um die Kriterien zur Auffindung von Extrem- und Wendestellen anwenden zu können, benötigen wir die ersten drei Ableitungen von f : f (x) = f (x) =
x4 − 9x2
2 , (x2 − 3) 6x3 + 54x 3
(x2 − 3)
.
Wiederholte Anwendung der Quotientenregel liefert: 18x2 + 54 x2 − 3 − 6x 6x3 + 54x . f (x) = (x2 − 3)4 (4) Untersuchung der Funktion an den Rändern des Definitionsbereiches, und zwar a) an den äußeren Rändern: * √ √ + Wegen Df = R\ − 3, 3 müssen wir eine Grenzwertbetrachtung für x → −∞ und x → ∞ vornehmen. Dividiert man das Zählerpolynom Z mit Z (x) = x3 durch das Nennerpolynom N , so erhalten wir:
244
5. Differentialrechnung 3 3x x3 x = x + = x + . x2 − 3 x2 − 3 1 − x32
Da sich der Term
Asymptote
3 x
1− x32
für x → ∞ und x → −∞ gegen Null
bewegt, folgt, dass die Funktion f für x → ±∞ sich wie die Funktion f1 mit f1 (x) = x verhält und ebenfalls gegen +∞ bzw. −∞ strebt. Man nennt die Gerade f1 (x) = x dann auch eine Asymptote zu f . b) an den Polstellen: √ √ Die Polstellen von f liegen bei x1 = − 3 und x2 = + 3. Wir müssen untersuchen, welche Vorzeichen die Funktionswerte bei rechts- und linksseitiger Annäherung an die jeweiligen Polstellen besitzen: √ – für x → − 3 − : Z (x) < 0, N (x) > 0 ⇒ f (x) < 0, √ – für x → − 3 + : Z (x) < 0, N (x) < 0 ⇒ f (x) > 0, √ – für x → 3 − : Z (x) > 0, N (x) > 0 ⇒ f (x) < 0, √ – für x → 3 + : Z (x) > 0, N (x) < 0 ⇒ f (x) > 0. Somit folgt: – –
x2
lim √
x2
x→− 3 −
x→− 3 +
– –
x3 = −∞, −3
lim √
x3 = +∞, −3
x3 = −∞, −3
lim √
x2
lim √
x2
x→ 3 −
x→ 3 +
x3 = +∞. −3
(5) Bestimmung der Nullstellen: Da eine Stelle xN genau dann Nullstelle der Funktion f ist, wenn für xN ∈ Df gilt: f (xN ) = 0, ermittelt man die Nullstellen der Funktion f hier als Lösungen der Gleichung Z (xN ) = 0: Z (xN ) = x3N = 0 ⇔ xN = 0 . Da xN = 0 in Df liegt, ist xN die einzige Nullstelle der Funktion. (6) Bestimmung der Extremstellen und zugehörigen Extrema von f : Notwendig für das Vorliegen einer Extremstelle xE ∈ Df ist: f (xE ) = 0 (vgl. Satz 5.4.5).
5.4 Anwendung der Differentialrechnung
f (xE ) =
x4E − 9x2E 2
(x2E − 3)
245
=0
⇔ x4E − 9x2E = 0 ⇔ x2E x2E − 9 = 0 ⇔ xE = 0 oder xE = 3 oder xE = −3. Alle drei Stellen liegen im Definitionsbereich und sind somit kritische Stellen, d.h. an diesen Stellen können lokale Extrema auftreten. Wir prüfen mit Hilfe der hinreichenden Bedingung von Satz 5.4.18, ob und wenn ja, welche Art von Extremstelle vorliegt. Wegen f (−3) < 0 liegt an der Stelle xE = −3 ein lokales Maximum, wegen f (3) > 0 liegt an der Stelle xE = 3 ein lokales Minimum vor. Für die Stelle xE = 0 gilt: f (0) = 0. Damit kann mit Hilfe des Satzes keine Aussage gemacht werden, ob in xE = 0 ein lokales Extremum vorliegt. Wegen f (0) = 0 liegt in xE = 0 keine Extremstelle vor, sondern eine Sattelstelle. Für die Funktionswerte berechnen wir f (0) = 0, f (−3) = −4, 5 und f (3) = 4, 5. (7) Bestimmung der Wendestellen und der zugehörigen Wendepunkte von f : Notwendig für das Vorliegen einer Wendestelle xW ist: f (xW ) = 0 für xW ∈ Df (vgl. Satz 5.4.20). f (xW ) =
6x3W + 54xW 3
(x2W − 3)
=0
⇔ 6x3W + 54xW = 0 ⇔ xW x2W + 9 = 0
√ √ ⇔ xW = 0 oder xW = − −9 oder xW = −9. √ √ Wegen xW = − −9 ∈ R und xW = −9 ∈ R ist xW = 0 die einzige Wendestelle der Funktion, und zwar – wie unter (6) ausgeführt – eine Sattelstelle. (8) Untersuchung des Monotonieverhaltens von f : Unter Punkt (6) haben wir zwei lokale Extremstellen von f ermittelt: eine lokale Minimalstelle in xE = 3 und eine lokale Maximalstelle in xE = −3. Außerdem haben wir unter Punkt (2) festgestellt, dass die Funktion f über ganz √ √ Df stetig ist. Wegen der Polstellen x1 = − 3 und x2 = 3 teilen wir Df in drei Teilintervalle auf: √ √ √ √ I1 = −∞, − 3 , I2 = − 3, 3 , I3 = 3, ∞ . Für das Monotonieverhalten über den einzelnen Teilintervallen können wir dann Folgendes aussagen:
246
5. Differentialrechnung
√ I1 = −∞, − 3 : Da die lokale Maximalstelle xE = −3 in I1 liegt, ist die Funktion √ (−∞, −3] mono, f über ton steigend, über −3, − 3 monoton fallend. √ √ I2 = − 3, 3 : Da in I2 keine Extremstelle liegt und wegen der unter Punkt (4b) hergeleiteten Ergebnisse, ist f über ganz I2 monoton fallend. √ I3 = 3, ∞ : Da die lokale Minimalstelle xE = 3 in I3 liegt, √ ist f über 3, 3 monoton fallend, über [3, ∞) monoton steigend. (9) Untersuchung des Krümmungsverhaltens: Wieder müssen wir f über den Teilintervallen I1 , I2 und I3 betrachten. Da wir unter Punkt (6) und (7) nur eine Wendestelle ermittelt haben, die mit xW = 0 in I2 liegt, können wir sagen, dass der Funktionsgraph über den Intervallen I1 und I3 eine gleichbleibende Krümmung besitzt und nur über I2 , d.h. in xW = 0, einmal sein Krümmungsverhalten ändert. Anhand von Satz 5.4.17 ermitteln wir über die zweite Ableitung die Bereiche, über denen der Funktionsgraph von f konvex bzw. konkav ist: √ I1 = −∞, − 3 : Wegen f (x) ≤ 0 für x ∈ I1 ist der Graph von f über I1 rechtsgekrümmt (konkav). √ √ √ I2 = − 3, 3 : Wegen f (x) ≥ 0 für alle x ∈ − 3, 0 ist √ der Graph von f über − 3, 0 linksgekrümmt , √ und über 0, 3, rechtsgekrümmt. √ 3, ∞ : Wegen f (x) ≥ 0 für x ∈ I3 ist der Graph von I3 = f über I3 linksgekrümmt (konvex). (10) Berechnung spezieller Funktionswerte: Um den Graphen zeichnen zu können, benötigen wir natürlich auch die entsprechenden Funktionswerte. Neben den Funktionswerten der „ausgezeichneten“ Stellen ist es ratsam, weitere Funktionswerte an sog. Zwischenpunkten zu berechnen. Nachfolgend ist ein Beispiel für eine solche Wertetabelle aufgeführt:
5.4 Anwendung der Differentialrechnung
x
f (x) ausgezeichnete Stellen
−4, 0 −4, 9 −3, 0 −4, 5 lokale Maximalstelle −2, 0 −8, 0 −1, 5 −4, 5 −1, 0
0, 5
0
0 Nullstelle und Sattelstelle
1, 0 −0, 5 1, 5 −4, 5 2, 0
8, 0
3, 0
4, 5 lokale Minimalstelle
4, 0
4, 9
(11) Zeichnen des Funktionsgraphen: Den Graph der Funktionf zeigt Abb. 5.4.13. f (x) 6 5 4 3 2 1 -6
-5
-4
-3
-2
-1
1
2
3
4
5
6
x
-1 -2 -3 -4 -5 -6
Abb. 5.4.13. Graph der Funktion f mit f (x) =
x3 x2 −3
247
248
5. Differentialrechnung
Aufgabe 5.17 Führen Sie eine systematische Kurvendiskussion für die folgenden Funktionen durch. Zeichnen Sie den jeweiligen Graphen. a) f (x) = x3 − 2x2 − x + 2 b) f (x) =
x2 −4 1−x2
5.4.4 Extrema von Funktionen auf abgeschlossenen Intervallen
Randextremwerten
Wir nehmen hier nochmals den Fall auf, dass eine Funktion auf einem abgeschlossenen Intervall [a, b] betrachtet wird. Die aufgeführten Extremwert-Kriterien (Satz 5.4.8 und Satz 5.4.9) beziehen sich auf „innere Stellen“ des Definitionsbereiches von f , d.h. es wird jeweils vorausgesetzt, dass eine Umgebung U (x) der fraglichen Stelle x ∈ R noch ganz zum Definitionsbereich Df gehört. Wird aber f auf einem abgeschlossenen Intervall [a, b] betrachtet, so kann es sein, dass die Funktionswerte f (a) oder f (b) lokale oder globale Extremwerte von f sind15 ; man spricht in einem solchen Fall von Randextremwerten. Diese werden durch die genannten Kriterien nicht erfasst. Auch Satz 5.4.5 ist bei Randextremwerten nicht anwendbar, da bei Randextremwerten keine waagerechten Tangente vorliegen muss. Will man die Extremwerte der Funktion f auf dem Intervall [a, b] ermitteln, muss man also die Randwerte zusätzlich berücksichtigen. Beispiel 5.4.22 a) Für die Funktion f mit f (x) = x5 − 5x4 + 5x3 + 7 sind die Extremstellen und Extremwerte auf dem Intervall [−1, 4] zu bestimmen. Man ermittelt zunächst die Ableitung und ihre Nullstellen: f (x) = 5x4 − 20x3 + 15x2 = 5x2 x2 − 4x + 3 = 5x2 (x − 3) (x − 1) ⇒ x1 = 0, x2 = 3, x3 = 1 . Alle Nullstellen von f liegen im Inneren des zu untersuchenden Intervalls. Wir überprüfen das Vorliegen eines Extremums mit Hilfe der zweiten Ableitung: 15
Am Ende von Kapitel 4 hatten wir Ihnen dies bereits vorgestellt.
5.4 Anwendung der Differentialrechnung
249
f (x) = 20x3 − 60x2 + 30x f (1) = −10 < 0 f (3) = 90 > 0
⇒ an der Stelle 1 lokales Maximum ⇒ an der Stelle 3 lokales Minimum
f (0) = 0 , d.h. nach Satz 5.4.9 ist keine Aussage über die Stelle 0 möglich. Da aber f bei 0 keinen Zeichenwechsel hat, kann bei 0 kein lokaler Extremwert vorliegen. Wir vergleichen jetzt die „inneren“ Extremwerte mit den Randwerten: f (−1) = −4, f (1) = 8 , f (3) = −20, f (4) = 71 . Daraus ergibt sich für das Intervall [−1, 4]: f (−1) ist lokales, aber nicht globales Minimum. f (1)
ist lokales, aber nicht globales Maximum.
f (3)
ist lokales und globales Minimum.
f (4)
ist Randextremwert von f ; als lokales Maximum ist f (4) zugleich auch globales Maximum von f auf [−1, 4].
b) Betrachten Sie die Funktion f (x) = x3 − 3x2 − 24x (vgl. Abb 5.4.5) nur auf dem Intervall [−3, 8]: f (−3) = 18, f (8) = 128. Auf diesem Intervall besitzt f das globale Minimum bei x = 4 : f (x) = −80, aber das globale Maximum wird im Intervalleckpunkt x = 8 angenommen, bei x = −2 liegt nur ein lokales Maximum vor. Aufgabe 5.18 Bestimmen Sie die lokalen und globalen Extremstellen und Extremwerte: a) f (x) =
x 2
für x ∈ [−1, 1]
b) f (x) = 4 − x2 für x ∈ [−2, 3]; vgl. zu dieser Funktion auch Aufgabe 5.13d. 5.4.5 Angewandte Extremwert-Aufgaben Bereits in Kap. 1 haben wir Ihnen mit den Beispielen 1.4.4 (Umsatzmaximum) und 1.4.5 (Blechverschnitt) aufgezeigt, dass die Bestimmung eines Maximums bei praktischen Aufgabenstellungen vorkommen kann. Wir gehen hier noch einmal kurz darauf ein. Das Problem bei den Aufgaben der hier behandelten Art liegt i.a. weniger in der (richtigen) Anwendung der Sätze der Differentialrechnung als vielmehr in der Herleitung der „richtigen“ Funktion, die auf ein Maximum (oder Minimum) zu untersuchen ist.
250
5. Differentialrechnung
Beispiel 5.4.23 Eine Firma produziert zum Transport von Massengütern quaderförmige Container mit quadratischer Grundfläche und mit dem Volumen V = 1 [Volumeneinheiten]. Da bei der Herstellung der Container für die Schweißnähte an den Kanten des Quaders besonders hohe Kosten auftreten, ist derjenige Quader mit quadratischer Grundfläche gesucht, für den die Summe aller Kantenlängen minimal ist. Sei a die Länge der Kanten der quadratischen Grundfläche des Quaders und b die Höhe des Quaders (vgl. Abb. 5.4.14).
b
a a
Abb. 5.4.14. Quader
Dann erhalten wir für die Summe S der Kantenlängen des Quaders: S = 8a + 4b. Dieser Term enthält die zwei Variablen a und b, die durch die Nebenbedingung V = 1 miteinander verbunden sind: V = a2 b = 1 ⇔ b =
1 . a2
Die Variable b lässt sich also durch die Variable a ausdrücken, und wir erhalten für die Summe der Kantenlängen eine Funktion in einer Variablen, hier a statt (üblicherweise) x: S (a) = 8a +
4 . a2
Der natürliche Definitionsbereich von S ist das Intervall DS = (0, A), wobei A eine sinnvolle maximale Kantenlänge sei (insbesondere A > 1). Zur Ermittlung der Extremwerte bestimmen wir zunächst die Nullstellen der Ableitung S : S (a) = 8 −
8 = 0 ⇔ a = 1. a3
5.4 Anwendung der Differentialrechnung
251
Ferner gilt: S (a) = a244 , also S (1) = 24. An der Stelle a = 1 liegt damit ein lokales Minimum vor. Es ist allerdings noch nicht geklärt, ob S (1) auch globales Minimum auf dem Intervall (0, A) ist. Um dies nachzuweisen, betrachten wir noch einmal die zweite Ableitung: S (a) =
24 > 0 für alle a ∈ DS . a4
Folglich ist S streng monoton steigend auf DS (Anwendung von Satz 5.4.1 auf die Funktion S ). Wegen S (1) = 0 folgt dann: S (a) < 0 für a < 1 und S (a) > 0 für a > 1. Daher ist S streng monoton fallend auf (0, 1) und streng monoton steigend auf (1, A). Die Funktion S kann dann auf DS = (0, A) genau einen Extremwert annehmen. Das lokale Minimum S (1) = 12 ist also gleichzeitig globales Minimum von S. Der quadratische Quader mit der Kantenlänge a = 1 und b = 1 (also der Würfel mit der Kantenlänge 1) hat unter allen Quadern mit dem Volumen 1 und quadratischer Grundfläche die minimale Kantenlängensumme. Beispiel 5.4.24 Eine Firma produziert zylindrische Blechbüchsen mit einem Volumen von V = 1 [Volumeneinheiten]. Boden und Deckel werden aus einem Material hergestellt, das 50 e pro Flächeneinheit kostet, während die Seiten aus einem Blech hergestellt werden, das 30 e pro Flächeneinheit kostet. Zu ermitteln sind die Maße für die Blechbüchse mit den geringsten Materialkosten. Das Volumen V der Büchse und die Fläche für Boden und Deckel, FB und FD , hängen vom Radius r und der Höhe h ab: V = πhr2 , FB = FD = πr2 . Der Zylindermantel besitzt die Fläche FM = 2πrh . Die Materialkosten berechnen sich zu K = 50 (FB + FD ) + 30FM = 50 · 2πr2 + 30 · 2πrh . K als Funktion von r erhalten wir, indem wir
252
5. Differentialrechnung
V = πhr2 = 1 ⇒ h =
1 πr2
folgern und h einsetzen: K (r) = 50 · 2πr2 + 30 = 100πr2 +
2πr πr2
60 . r
Die 1. und die 2. Ableitung lauten: 60 , r2 120 K (r) = 200π + 3 . r K (r) = 200πr −
Die 2. Ableitung ist stets positiv; wir erhalten also ein Minimum. Den zugehörigen Radius errechnen wir aus K (r) = 0: 60 =0 r2 ⇔ 200πr3 − 60 = 0 60 ⇔ r3 = 200π 3 3 ⇔ r= . 10π 3 Also K (r) = 0, wenn r = 3 10π . 200πr −
Die optimalen Maße sind also r ≈ 0, 45 und h ≈ 1, 52 [jeweils Längeneinheiten]. In vielen Fällen lässt sich allerdings eine Funktion von mehreren Variablen nicht – wie in den vorangegangenen Beispielen möglich – in eine Funktion einer Variablen überführen. Das Gebiet der Funktionen mehrerer Variablen behandeln wir in diesem Buch allerdings nicht.
6. Integralrechnung
6.1 Die Aufgaben der Integralrechnung Die Differentialrechnung gelangt nicht zu ihrer vollen Bedeutung, bevor sie nicht in Zusammenhang mit der Integralrechnung gebracht worden ist. Dabei erscheint die anfänglich betrachtete Aufgabenstellung der Integralrechnung (Abschnitt 6.2) zunächst nur eine mathematische „Fingerübung“ zu sein: Zu einer vorgegebenen Funktion f soll eine solche Funktion F ermittelt werden, deren Ableitungsfunktion F die gegebene Funktion f ist, d.h. gesucht ist eine Funktion F mit F = f . Die Integration scheint also zunächst nichts anderes als die Umkehroperation zur Differentiation zu sein. Wäre dieser Zusammenhang das einzig bedeutsame Charakteristikum der Integralrechnung, so sollte man aber auch schon diesen Sachverhalt nicht unterschätzen, denn in der Mathematik ist eine Vielzahl von Umkehroperationen bekannt und gleichwohl bedeutsam: Die Subtraktion als Umkehroperation zur Addition, die Division zur Multiplikation, das Wurzelziehen zum Potenzieren. Die Behandlung der Integration als Umkehroperation zur Differentiation führt in Abschnitt 6.2 zum Begriff des unbestimmten Integrals. Die Integralrechnung beschäftigt sich allerdings auch noch mit einer bedeutsamen eigenständigen Aufgabenstellung, die im Abschnitt 1.5 bereits einführend vorgestellt wird, nämlich der Berechnung von Flächeninhalten. Hierbei werden solche unregelmäßig begrenzte Flächen betrachtet, deren Abgrenzungen durch funktionale Zusammenhänge, d.h. durch die Angabe von Funktionen, beschrieben werden können (vgl. Abb. 6.1.1a). Hierbei wird unterstellt, dass die Flächenabgrenzungen derart unterteilt werden können, dass die einzelnen Teilstücke als Funktionsgraphen aufgefasst werden können: f1 (x), f2 (x) bzw. g1 (y), g2 (y). Zur Einführung in die Integralrechnung werden zunächst allerdings nur solche Flächen behandelt werden, die einseitig durch Funktionsgraphen eingegrenzt sind (vgl. Abb. 6.1.1b). Das sog. Flächeninhaltsproblem und der damit verknüpfte Begriff des bestimmten Integrals wird in Abschnitt 6.3 ausführlich behandelt.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 G. Adams et al., Mathematik zum Studieneinstieg, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58738-6_6
253
254
6. Integralrechnung
y
y
f (x) 2
g (y)
f (x)
g (y)
1
2
f1 (x) x
x
Abbildung 6.1.1. a) Unregelmäßig begrenzte Fläche b) Fläche unter Funktionsgraph
Hierbei wird allerdings der enge Zusammenhang zwischen den beiden zugrunde liegenden Aufgabenstellungen und den zugehörigen Begriffen des unbestimmten und des bestimmten Integrals zunächst kaum erkennbar sein, zumal diese auch sehr verschiedenartig definiert sind. Daher ist die Aussage des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung (Abschnitt 6.4) von entscheidender Bedeutung, weil hierdurch eine enge inhaltliche Klammer zwischen diesen beiden Begriffen hergestellt wird. Darüber hinaus liefert dieser Hauptsatz ein handliches Instrument zur einfachen Berechnung von Flächeninhalten (Abschnitt 6.5).
6.2 Das unbestimmte Integral Zu einer gegebenen Funktion f soll eine Funktion F bestimmt werden, so dass gilt: F (x) = f (x) .
(6.2.1)
Diese Problemstellung verlangt es, den Vorgang der Differentiation umzukehren, d.h. es handelt sich um ein typisches Umkehrproblem, wie es in der Mathematik an vielen Stellen vorkommt.
Stammfunktion Integrand
Definition 6.2.1 Es sei eine auf einem Intervall I ⊂ R definierte Funktion f : I → R gegeben. Eine differenzierbare Funktion F : I → R heißt Stammfunktion von f auf I, falls F (x) = f (x) für alle x ∈ I gilt. Hierbei bezeichnet man die Funktion f auch als den Integranden.
6.2 Das unbestimmte Integral
255
Der Begriff der Stammfunktion soll zum Ausdruck bringen, dass die Funktion f durch Differentiation aus F entsteht. Es ist auch üblich, die Funktion F als unbestimmtes Integral von f zu bezeichnen.1 Als Schreibweise für die Funktion F verwendet man
F (x) = f (x)dx . (6.2.2) Die Ausdrücke (6.2.1) und (6.2.2) sagen also dasselbe aus. Während bei der Differentiationsaufgabe die Stammfunktion F gegeben und ihre Ableitungsfunktion f zu bestimmen ist, so erhalten wir jetzt die umgekehrte Aufgabenstellung, bei der die Ableitung f gegeben und die Stammfunktion F gesucht ist. Die neue Aufgabenstellung lässt sich für eine Vielzahl von Funktionen f (x) sofort lösen, da eine zugehörige Stammfunktion F (x) aufgrund der in Kapitel 5 behandelten Differentiationsaufgaben bekannt ist. Beispiel 6.2.2 a) Sei f (x) = xn mit n = −1. Dann ist F (x) = funktion von f , denn F (x) = (n + 1)
xn+1 eine Stammn+1
xn = xn (vgl. Potenzregel n+1
5.3.3). b) Sei f (x) = cos x. Dann ist F (x) = sin x eine Stammfunktion von f , denn F (x) = cos x (vgl. Tab. 5.3.2). c) Sei f (x) = sin x. Dann ist F (x) = − cos x eine Stammfunktion von f , denn F (x) = −(− sin x) = sin x (vgl. Tab. 5.3.2). d) Sei f (x) = e x . Dann ist F (x) = e x eine Stammfunktion von f , denn F (x) = e x (vgl. Tab. 5.3.2). Auch wenn für einige spezielle Funktionen die zugehörigen Stammfunktionen bekannt sind, bleibt das Problem der Bestimmung von Stammfunktionen für beliebige Funktionen f bestehen. Dabei stellt sich die Frage, ob es überhaupt zu jeder Funktion f eine Stammfunktion F gibt. Diese Existenzfrage muss verneint werden, wie das folgende Gegenbeispiel zeigt. Beispiel 6.2.3 Wir betrachten als Integranden f : R → R die Vorzeichenfunktion2 : 1 2
Manchmal findet man für F auch den synonymen Begriff der primitiven Funktion von f . Vgl. Abschnitt 3.1.3, insbesondere Aufgabe 3.5.
unbestimmtes Integral
256
6. Integralrechnung
⎧ ⎪ ⎨−1 für x < 0 f (x) = sgn x = 0 für x = 0 ⎪ ⎩ 1 für x > 0 Diese Funktion besitzt keine Stammfunktion, da eine solche für x > 0 die Steigung +1 und für x < 0 die Steigung −1 haben müsste. Eine Funktion F mit diesen Eigenschaften ist aber an der Stelle x = 0 zwangsläufig nicht differenzierbar. Demnach gibt es Funktionen f , die eine Stammfunktion F besitzen (vgl. Beispiel 6.2.2) und solche, denen keine Stammfunktion zugewiesen werden kann (vgl. Beispiel 6.2.3). Dieser Sachverhalt führt zum Begriff der unbestimmten Integrierbarkeit:
unbestimmt integrierbar
Definition 6.2.4 Wenn eine Funktion f : I → R eine Stammfunktion F : I → R besitzt, heißt f unbestimmt integrierbar auf I. Bemerkung 6.2.5 Es lässt sich zeigen, dass alle stetigen Funktionen unbestimmt integrierbar sind. Also besitzt jede stetige Funktion eine Stammfunktion.3 Es stellt sich jetzt allerdings noch die Frage nach der Eindeutigkeit der Stammfunktion F zu einer unbestimmt integrierbaren Funktion f , d.h. ob bei Erfüllung der Gleichung (6.2.1) die Stammfunktion F von f eindeutig bestimmt ist. Diese Annahme lässt sich anhand der bekannten Differentiationsregeln4 sofort widerlegen. Wenn nämlich F (x) eine Stammfunktion von f (x) ist, so erfüllt auch F ∗ (x) = F (x) + c für beliebiges, aber festes c ∈ R die Gleichung (6.2.1):
d ∗ d d d F (x) = (F (x) + c) = F (x) + c dx dx dx dx = f (x) + 0 = f (x) .
(6.2.3)
Somit ist mit einer Stammfunktion F von f auch jede Funktion, welche sich von F durch eine „additive Konstante“ c ∈ R unterscheidet, eine Stammfunktion von f . Also besitzt eine unbestimmt integrierbare Funktion f immer sofort eine „Schar“ von Stammfunktionen, die sich 3
4
Man beachte, dass die Funktionen im Beispiel 6.3.3 stetig sind und die Vorzeichenfunktion an der Stelle x = 0 nicht stetig ist (vgl. Beispiel 6.2.3 und Abschnitt 4.3.2). Vgl. Abschnitt 5.3.1.
6.2 Das unbestimmte Integral
257
als die Menge der Stammfunktionen von f folgendermaßen schreiben lässt: {F ∗ (x)|F ∗ (x) = F (x) + c ∧ F (x) = f (x) ∧ c ∈ R} . (6.2.4) Beispiel 6.2.6
5
a) Sei f (x) = 3x2 , dann ist F (x) = x3 Stammfunktion von f , denn F (x) = 3x2 . Aber auch Fc (x) = x3 + c für beliebiges c ∈ R ist Stammfunktion von f , denn Fc (x) = (x3 + c) = 3x2 . −1 1 Stammfunktion von f , denn b) Sei f (x) = 2 , dann ist F (x) = x x 1 −1 1 = 2 . Ebenso ist Fc (x) = +c für beliebiges c ∈ R Stammx x x 1 −1 +c = 2 . funktion von f , denn Fc (x) = x x An diese Feststellung knüpft sich sofort die Frage an, ob es darüber hinaus noch weitere Stammfunktionen von f gibt. Um diese Frage zu klären, betrachten wir zwei verschiedene Stammfunktionen F1 , F2 von f und untersuchen ihre Differenz (F1 − F2 )(x) = F1 (x) − F2 (x) .
(6.2.5)
Durch Differentiation ergibt sich: (F1 − F2 ) (x) = F1 (x) − F2 (x) = f (x) − f (x) = 0 . (6.2.6) Aus der Differentialrechnung wissen wir, dass die Nullfunktion die Ableitung jeder konstanten Funktion ist.6 Demnach muss gelten: (F1 − F2 )(x) = F1 (x) − F2 (x) = c für c ∈ R . (6.2.7) Hieraus ergibt sich aber sofort: F1 (x) = F2 (x) + c für c ∈ R .
5 6
(6.2.8)
Vgl. auch Beispiel 5.2.16; dort ergeben sich die hier angegebenen Funktionen f als 1. Ableitungen. Vgl. Konstantenregel 5.3.1.
258
Integrationskonstante
6. Integralrechnung
Dieses Ergebnis bedeutet mit anderen Worten, dass sich zwei beliebige Stammfunktionen einer Funktion f immer nur durch eine additive Konstante c ∈ R unterscheiden. Die in (6.2.4) dargestellte Menge stellt somit die Menge aller Stammfunktionen von f dar. Die reelle Zahl c wird in diesem Zusammenhang auch eine Integrationskonstante genannt. Um daran zu erinnern, dass eine Stammfunktion F einer unbestimmt integrierbaren Funktion f bis auf eine Integrationskonstante c eindeutig bestimmt ist, wird üblicherweise auch die Schreibweise
f (x)dx = F (x) + c, c ∈ R (6.2.9) für das unbestimmte Integral von f benutzt; vgl. (6.2.2). Bemerkung 6.2.7 a) Man findet in einigen Lehrbüchern eine Unterscheidung zwischen den Begriffen Stammfunktion und unbestimmtes Integral, indem die Menge aller Stammfunktionen einer unbestimmt integrierbaren Funktion f als das unbestimmte Integral von f bezeichnet wird. Wir wollen auf diesen feinen Unterschied im Folgenden allerdings verzichten und die beiden Begriffe synonym verwenden. . b) Bei der Verwendung des Zeichens f (x)dx ist Vorsicht geboten, insbesondere beim Gebrauch des Gleichheitszeichens. Aufgrund der . obigen Überlegungen . darf man aus den beiden Gleichungen f (x)dx = F1 (x) und f (x)dx = F2 (x) nicht auf die Gleichheit F1 (x) = F2 (x) schließen, sondern nur, dass sich F1 und F2 um eine Integrationskonstante c ∈ R unterscheiden. Die obigen Feststellungen wollen wir am Beispiel der Funktion f mit f (x) = 2x für x ∈ R geometrisch veranschaulichen. Eine Stammfunktion F von f ist offenbar F (x) = x2 . Der Graph von F ist in Abb. 6.2.1 skizziert (Normalparabel). Die Gleichung (6.2.8) besagt, dass dann beispielsweise auch F1 (x) = x2 + 2, F2 (x) = x2 − 3, F3 (x) = x2 − 5 und F4 (x) = x2 − 9 weitere Stammfunktionen von f sind. Die Graphen der Funktionen Fi , i = 1, . . . , 4, erhält man aus dem Graph von F durch geeignete Parallelverschiebung in Richtung der y-Achse (vgl. Abb. 6.2.1). Da sich gemäß (6.2.8) sämtliche Stammfunktionen von f ergeben, lässt sich die Menge aller Stammfunktionen von f mit f (x) = 2x geometrisch veranschaulichen als die Schar aller Parabeln, die aus dem Graph der Normalparabel durch Parallelverschiebung in y-Richtung entstehen.
6.2 Das unbestimmte Integral
259
f (x) F1 (x) F ( x) f (x) F 2 (x ) F 3 (x )
F 4 (x ) x
Abb. 6.2.1. Stammfunktionen von f (x) = 2x
Aufgabe 6.1 Veranschaulichen Sie die Menge aller Stammfunktionen der folgenden Funktionen f geometrisch: a) f (x) = 2x − 2, b) f (x) = x2 . Zum Abschluss dieses Abschnittes soll noch erläutert werden, wie man in einfachen Fällen das unbestimmte Integral berechnen kann. Hierzu helfen die beiden folgenden Integrationsregeln:
Integrationsregel
Satz 6.2.8 Es sei f eine. unbestimmt integrierbare Funktion mit dem unbestimmten Integral f (x)dx und a ∈ R. Dann ist auch die Funktion a · f unbestimmt integrierbar und es gilt:
(a · f (x))dx = a · f (x)dx . (6.2.10) Die Gleichung (6.2.10) heißt die Faktorregel der Integration.
Faktorregel
260
6. Integralrechnung
Beispiel 6.2.9 . . . 10xdx = (5 · 2x)dx = 5 · 2xdx = 5 · x2 .
Satz 6.2.10 Es seien f1 und f2 unbestimmt integrierbare Funktionen mit den unbe. . stimmten Integralen f1 (x)dx bzw. f2 (x)dx. Dann ist auch die Funktion f1 + f2 unbestimmt integrierbar und es gilt:
(f1 (x) + f2 (x))dx = f1 (x)dx + f2 (x)dx . (6.2.11) Summenregel
Die Gleichung (6.2.11) nennt man die Summenregel der Integration. Beispiel 6.2.11 . . . (cos x + sin x)dx = cos xdx + sin xdx = sin x − cos x.
Grundintegrale
Mit Hilfe der beiden obigen Integrationsregeln und mit der Kenntnis der so genannten Grundintegrale7 , d.h. der unbestimmten Integrale der elementaren Funktionen (vgl. Tab. 6.2.1), lassen sich für eine Vielzahl von Funktionen die unbestimmten Integrale bestimmen. Tabelle 6.2.1. Grundintegrale
f (x) c
c·x
f (x)
f (x)dx
sin x
− cos x
cos x
sin x
1 sin2 x 1 cos2 x
− cot x
n+1
xn
x für n = −1 n+1
1 x
ln x für x > 0
ex
ex
ax
7
f (x)dx
x
tan x
a für a > 0, a = 1 ln a
Unbestimmte Integrale zu weiteren Funktionen finden Sie in mathematischen Formelsammlungen.
6.3 Das Flächeninhaltsproblem und das bestimmte Integral
Beispiel 6.2.12
1 3 1 1 x x x3 dx = 2e x − x4 . 2e − x dx = 2 e dx − 3 3 12
261
Aufgabe 6.2 Überprüfen Sie die Grundintegrale aus Tab. 6.2.1, indem Sie die „Probe“ machen, d.h. die Stammfunktionen differenzieren.
6.3 Das Flächeninhaltsproblem und das bestimmte Integral Wir beginnen diesen Abschnitt mit der Formulierung des so genannten Flächeninhaltsproblems: Es sei eine auf dem Intervall [a, b] ⊂ R stetige Funktion f gegeben, für die zudem gelte: f (x) ≥ 0 für alle x ∈ [a, b] .
(6.3.1)
Es sei die Aufgabe gestellt, den Flächeninhalt derjenigen Fläche zu bestimmen, die vom Graph der Funktion f , der x-Achse und den zwei Vertikalen x = a und x = b eingeschlossen wird (siehe Abb. 6.3.1). Sowohl die eingeschlossene Fläche als auch der zu bestimmende Flä-
y f (x)
b
Fa a
b
x
Abb. 6.3.1. Veranschaulichung der Fläche Fab
cheninhalt werde mit Fab bezeichnet, womit die Abhängigkeit des Flächeninhaltes von der „Randfunktion“ f und den Intervallgrenzen a und b verdeutlicht werden soll.
262 Flächeninhaltsproblem
6. Integralrechnung
Die Ermittlung des Flächeninhaltes Fab wird als Flächeninhaltsproblem bezeichnet. Anhand von Abb. 6.3.1 ist anschaulich klar, dass die dort skizzierte Fläche einen endlichen Flächeninhalt besitzt. Wir meinen damit, dass man der Fläche in sinnvoller Weise eine eindeutig bestimmte reelle Zahl als Flächeninhalt zuweisen kann.8 Für den Spezialfall einer konstanten Funktion f (x) = c für alle x ∈ [a, b] mit c ∈ R (vgl. Abb. 6.3.2) ergibt sich nach der bekannten Flächeninhaltsformel für Rechtecke sehr einfach: Fab = (b − a) c = (b − a) f (x) für beliebiges x ∈ [a, b] . (6.3.2)
y f (x) = c
c b
Fa
a
b
x
Abb. 6.3.2. Rechteckfläche für eine konstante Funktion f (x) = c
Dieser recht einfache Sachverhalt wird nun auch zur Bestimmung von Flächeninhalten bei nicht konstanten Funktionsgraphenverläufen verwendet. Hierzu wollen wir der Einfachheit halber zunächst folgende Voraussetzungen vereinbaren: (1) Das Intervall [a, b] wird in n gleich große Teilintervalle [xi , xi+1 ] zerlegt: a = x0 < x1 < x2 < . . . < xn−1 < xn = b mit der Intervall-Länge 1 Δx = xi − xi−1 = (b − a) für i = 1, . . . , n. Dadurch wird die n Fläche Fab in n Teilflächen Fi zerlegt (siehe Abb. 6.3.3). 8
Die Betonung der Endlichkeit des Flächeninhaltes hat den Grund darin, dass es zahlreiche Fälle gibt, in denen es mit den im Folgenden vorgestellten Methoden nicht möglich ist, der betreffenden Fläche einen Flächeninhalt in Form einer positiven reellen Zahl zuzuordnen. Dies gilt z. B. für 1 auf dem Intervall (0, 1] begrenzte die vom Graph der Funktion f (x) = x Fläche (vgl. Abb. 4.1.1b). Wir werden in diesem Kapitel auf diese Problematik nicht näher eingehen, sondern grundsätzlich voraussetzen, dass die von uns betrachteten Flächen einen endlichen Flächeninhalt besitzen.
6.3 Das Flächeninhaltsproblem und das bestimmte Integral
263
(2) Die Funktion f sei stetig auf [a, b] und somit dort auch beschränkt (vgl. Satz 4.3.15). (3) Es gelte f (x) ≥ 0 für alle x ∈ [a, b].
y
f (x)
Fi a
b
x
Abb. 6.3.3. Einteilung des Intervalls [a, b] in n gleich große Teilintervalle bzw. der Fläche Fab in n Teilflächen Fi (i = 1, . . . , n)
Unter diesen Voraussetzungen nimmt die Funktion f auf jedem Teilintervall ein jeweiliges Minimum und Maximum an9 , d.h. es existieren Stellen ximin , ximax ∈ [xi , xi+1 ] mit f ximin ≤ f (x) bzw. f ximax ≥ f (x) für alle x ∈ [xi ; xi+1 ]. Dadurch wird jeder Teilfläche Fi ein kleines und ein großes Rechteck zugewiesen (siehe Abb. 6.3.4). i Der Flächeninhalt des kleinen Rechteckes beträgt Δx i · f xmin ; der Flächeninhalt des großen Rechteckes beträgt Δx · f xmax . Da die obige Beispielfunktion f (x) auf [a, b] streng monoton steigt (vgl. Abb. 6.3.3), sind in diesem speziellen Fall10 die linken (bzw. rechten) Intervallgrenzen xi (bzw. xi+1 ) gleichzeitig auch die Minimalstellen (bzw. Maximalstellen) von f über den Teilintervallen [xi , xi+1 ], i = 1, . . . , n − 1: xi = ximin , xi+1 = ximax . 9
10
Vgl. Satz 4.3.17: Falls das Supremum bzw. Infimum einer Funktion über dem betrachteten Intervall als Funktionswert vorkommt, so spricht man auch vom Maximum bzw. Minimum einer Funktion (auf dem jeweiligen Intervall). Dieser einfache Spezialfall ist aufgrund einer guten Anschaulichkeit ausgesucht worden. Der hergeleitete Sachverhalt gilt entsprechend für alle Funktionen f , die den obigen Voraussetzugen (1) - (3) genügen; vgl. Abb. 6.3.8.
264
6. Integralrechnung i f (x max )
f (x) i
f (x min ) Fi
Dx
xi
xi+ 1
x
Abb. 6.3.4. Einschließung des Flächeninhaltes von Fi durch ein kleines und ein großes Rechteck
Der Flächeninhalt der Teilfläche Fi liegt zwischen diesen beiden Rechteckinhalten, d.h. für jede Teilfläche Fi von Fab gilt: Δx · f ximax ≥ Fi ≥ Δx · f ximin (6.3.3) 1 mit Δx = (b − a) für i = 1, . . . , n. n Da die Ungleichung (6.3.3) für alle Teilflächen Fi gilt (d.h. für i = 1, . . . , n), ist die Summe der Flächeninhalte der großen Rechtecke, d.h. n b−a f ximax Fon = , insgesamt größer oder gleich dem zu bestimn i=1 n Fi . Entsprechend ist die Summe der menden Flächeninhalt Fab = i=1
Flächeninhalte der kleinen Rechtecke, d.h. Fun =
n b−a , f ximin n i=1
insgesamt kleiner oder gleich dem Flächeninhalt Fab . Zusammengefasst gilt also die folgende Abschätzung nach oben und unten (siehe auch Abb. 6.3.5): n n b−a b−a f ximax ≥ Fab ≥ f ximin n n i=1 i=1 "# $ "# $ ! ! Obersumme Fon
Untersumme Fun
(6.3.4)
6.3 Das Flächeninhaltsproblem und das bestimmte Integral
265
y f (x)
b
a
x
Abb. 6.3.5. Einschließung des Flächeninhaltes Fab durch Obersumme Fon und Untersumme Fun
Anhand von Abb. 6.3.5 lässt sich anschaulich nachvollziehen, dass sich die Obersumme Fon um so mehr an die Fläche Fab von oben her nä1 hert, je kleiner die Intervall-Länge Δx = (b − a) bzw. je größer n n gewählt wird. Diese Annäherung gilt ebenso für die Untersumme Fun bei wachsendem n, allerdings von unten her. Es kann allgemein gezeigt werden, dass bei Stetigkeit der Funktion f auf [a, b] die jeweiligen Ober- und Untersummen Fon und Fun mit wachsendem n, d.h. bei Verfeinerung der Einteilung des Intervalls [a, b] in immer kleinere Teilintervalle, gegen einen gemeinsamen Grenzwert konvergieren, der wegen der Einschließung Fon ≥ Fab ≥ Fun mit dem gesuchten Flächeninhalt übereinstimmt: lim Fon = Fab = lim Fun .
n→∞
n→∞
(6.3.5)
Die Herleitung dieses Sachverhaltes wollen wir exemplarisch an der Funktion f (x) = x2 demonstrieren. Beispiel 6.3.1 Für f (x) = x2 soll der Flächeninhalt Fab (für 0 a < b) berechnet werden. Der einfacheren Rechnung halber wenden wir uns dazu zunächst dem Flächeninhalt F0b zu, d.h. wir setzen a = 0 und betrachten f auf dem Intervall [0, b], vgl. Abb. 6.3.611 . Das Intervall [0, b] mit 11
F0b bezeichnet die Fläche unter f zwischen den Vertikalen durch x = 0 und x = b; F0n bezeichnet die zugehörige Obersumme (bzgl. n ∈ N).
Obersumme
Untersumme
266
6. Integralrechnung
der Länge b werde in n gleich große Teilintervalle [xi , xi+1 ] der Länge Δx zerlegt (für zunächst festes n ∈ N). Nach obiger Voraussetzung b (1) gilt: Δx = xi+1 − xi = b−a n ; hier also wegen a = 0: Δx = n . 12 Die Teilintervall-Eckpunkte lauten dann: xi = (i − 1) Δx = (i−1)b n . i Wegen der strengen Monotonie von f auf [0, b] ergeben sich xmin und i·b ib i ximax an den Eckpunkten der Intervalle (i−1)b , n n , also xmax = n
f (x) = x2
b
F0 0
b
Abb. 6.3.6. Die Fläche
F0b
unter dem Graph von f (x) = x2
(i − 1) · b als Maximal- bzw. Minimalstellen dieser gleich und ximin = n großen Teilintervalle. Demnach ergeben sich die Ober- und die Untersummen wie folgt: Fon = =
n n 2 b ib b = f ximax n n n i=1 i=1 n i2 · b3 i=1
12
n3
=
n b3 2 i ; n3 i=1
Wäre hier nicht a = 0, so stände hier: xi = a + (i − 1) Δx mit Δx =
b−a . n
6.3 Das Flächeninhaltsproblem und das bestimmte Integral
Fun = =
n b f ximin = n i=1 n 2 (i − 1) b3 i=1
=
Wegen
n i=1
i2 =
n3
=
n i=1
(i − 1) b n
2
267
b n
n b3 2 (i − 1) n3 i=1
n−1 b3 2 i . n3 i=1
1 n (n + 1) (2n + 1) folgt:13 6 n b3 2 b3 1 n (n + 1) (2n + 1) i = n3 i=1 n3 6 b3 1 3 = 2+ + 2 ; 6 n n
Fon =
n−1 b3 2 b3 1 i = 3 (n − 1) n (2n − 1) 3 n i=1 n 6 b3 1 3 = 2− + 2 . 6 n n
Fun =
Der Grenzübergang n → ∞ führt zum Grenzwert lim Fon = n→∞ b3 3 1 n und lim F = , weil die beiden Faktoren 2+ + 2 n→∞ u n n 3 1 3 2 − + 2 für n → ∞ jeweils gegen 2 konvergieren. Somit ern n b3 . Der gemeinsame gibt sich für die zu bestimmende Fläche F0b = 3 b3 Grenzwert der Unter- und Obersummen ist also die reelle Zahl und 3 sie wird das bestimmte Integral von f zwischen den Grenzen 0 und b genannt und mit
b
x2 dx
(6.3.6)
0
bezeichnet. Demnach lässt sich schreiben:
b b3 x2 dx = lim Fon = lim Fun = . F0b = n→∞ n→∞ 3 0 13
(6.3.7)
Wir haben diese Formel in diesem Buch nicht hergeleitet; Sie finden sie aber in entsprechenden Formelsammlungen. Machen Sie sich die Gültigkeit der Formel durch Nachrechnen für einige Werte für n klar (n = 1, 2, 3, 4, 5).
bestimmtes Integral von f zwischen den Grenzen 0 und b
268
6. Integralrechnung
Anhand von (6.3.7) lässt sich sofort auch der Flächeninhalt Fab unter dem Graphen der Funktion f (x) = x2 zwischen den Grenzen a und b mit 0 < a < b berechnen. Zunächst gilt offensichtlich (vgl. Abb. 6.3.7): Fab = F0b − F0a .
(6.3.8)
y f (x) = x2
b
Fa
a
F0 0
b
a
x
Abb. 6.3.7. Die Fläche Fab unter dem Graph von f (x) = x2
Gemäß (6.3.7) lässt sich F0a herleiten als
a a3 F0a = x2 dx = . 3 0 bestimmtes Integral von f zwischen den Grenzen a und b
(6.3.9)
Wegen (6.3.8) folgt dann sofort: a3 1 3 b3 − = b − a3 . (6.3.10) 3 3 3 1 3 b − a3 wird entsprechend das bestimmte InDie reelle Zahl Fab = 3 tegral von f zwischen den Grenzen a und b genannt und mit
b x2 dx (6.3.11) Fab =
a
bezeichnet.
6.3 Das Flächeninhaltsproblem und das bestimmte Integral
269
Aufgabe 6.3 a) Berechnen Sie den Flächeninhalt Fab unter dem Graphen der Funktion f (x) = x2 zwischen den Grenzen a = 2, b = 4. b) Berechnen Sie analog zum obigen Beispiel 6.3.1 den Flächeninhalt für die Funktion f (x) = x3 über dem Intervall [a, b], 0 a < b. n 2 n2 (n + 1) . i3 = Verwenden Sie hierzu die Formel14 : 4 i=1 In den bisherigen Abbildungen wurden der Einfachheit halber stets Funktionsgraphen mit monoton steigendem Verlauf über dem Intervall [a, b] dargestellt. Die folgende Abb. 6.3.8 soll deutlich machen, dass die Bildung von Ober- und Untersummen zur Annäherung an die Fläche unter einem Funktionsgraph auch für allgemeinere Funktionsverläufe ein sinnvolles Vorgehen zur Ermittlung des bestimmten Integrals darstellt. f (x)
f (x)
f (x) y = f ( x)
y = f (x)
y = f (x)
A
a
b x
a
b x
a
b x
Abb. 6.3.8. Bildung von Ober- und Untersummen bei einer stetigen Funktion f (x)
Darüber hinaus haben wir mit den Voraussetzungen (1)-(3) sehr spezielle Funktionen betrachtet. In der folgenden allgemeinen Definition des bestimmten Integrals nach Riemann15 (vgl. Def. 6.3.2) sind die bisherigen Voraussetzungen (1)-(3) dahingehend verallgemeinert, dass (1∗ ) die Teilintervalle nicht notwendigerweise gleich groß sind; es wird lediglich gefordert, dass bei der Folge von verfeinerten Zerlegungen die größte Teilintervall-Länge schließlich beliebig klein wird; (1∗∗ ) die Stellen ξi , deren Funktionswerte f (ξi ) zusammen mit der Teilintervall-Länge Δxi den Flächeninhalt f (ξi ) · Δxi der i-ten 14 15
Auch diese Formel finden Sie in entsprechenden Formelsammlungen. Bernhard Riemann, deutscher Mathematiker, lebte 1826-1866.
270
6. Integralrechnung
Teilflächen bestimmen, beliebig dem jeweiligen Teilintervall entnommen werden können, d.h. die Wahl von ξi ∈ [xi , xi+1 ] kann für i = 1, . . . , n willkürlich sein und unterliegt nicht mehr der Spezifikation ξi = ximax bzw. ξi = ximin (vgl. Abb. 6.3.9)16 . (2∗ ) die Funktion über [a, b] beschränkt, aber nicht notwendigerweise stetig ist; (3∗ ) die Funktion über [a, b] beliebige reelle Werte annehmen darf, insbesondere also auch negative.
f (x) f (x i )
Fi D xi xi
xi
x
xi+ 1
Abb. 6.3.9. Annäherung der Teilfläche Fi durch die Rechteckfläche f (ξi ) · Δxi
Definition 6.3.2 Eine reelle Funktion f sei auf einem Intervall [a, b] beschränkt (a < b). (n) (n) (n) (n) Ferner seien a = x0 ≤ x1 ≤ . . . ≤ xn−1 ≤ xn = b Zerlegungen von (n)
(n)
[a, b] in n Teilintervalle xi−1 , xi (n) xi
−
(n) xi−1
(n)
mit der jeweiligen Länge Δxi
=
(n) Δxi
für i = 1, . . . n definiert, wobei lim max = 0 gel ,n n→∞ i=1,... (n) (n) (n) derselbe Grenzwert te17 . Falls für beliebige Stellen ξi ∈ xi−1 , xi n (n) (n) · Δxi existiert, und zwar unabhängig von der gelim f ξi
n→∞
Riemann- oder bestimmt integrierbar bestimmtes oder RiemannIntegral
i=1
wählten Folge von Zerlegungen des Intervalls [a, b], so heißt die Funktion f Riemann-integrierbar oder bestimmt integrierbar (oder kurz auch nur integrierbar) im Intervall [a, b]. Dabei heißt dieser Grenzwert das bestimmte Integral oder das Riemann-Integral von f in 16 17
Da der Buchstabe x bereits für die Intervallgrenzen „vergeben“ ist, wird für die Zwischenwerte der griechische Buchstabe ξ (lies: Xi) benutzt. Die maximale Länge der n Teilintervalle strebt für wachsendes n gegen Null (vgl. Voraussetzung (1∗ )).
6.3 Das Flächeninhaltsproblem und das bestimmte Integral
den Grenzen a und b:
b n (n) (n) Δxi . f (x) dx = lim f ξi n→∞
a
271
(6.3.12)
i=1
. Das Symbol ist ein stilisiertes S und soll daran erinnern, dass das bestimmte Integral ein Grenzwert von Summen von Rechtecksflä b f (x) dx liest sich als „Integral cheninhalten ist. Die Bezeichnung a
von f von a bis b“. Die Funktion f heißt der Integrand, [a, b] das Integrationsintervall mit den Integrationsgrenzen a und b. Man beachte, dass eine Riemann-integrierbare Funktion f notwendigerweise über dem Integrationsintervall beschränkt sein muss (vgl. Voraussetzung (2∗ )), ansonsten aber sehr allgemein sein kann. Umgekehrt ist die Beschränktheit einer Funktion keine hinreichende Bedingung für die Integrierbarkeit, denn die Existenz eines bestimmten Integrals gilt nicht für jede beschränkte Funktion, wie das folgende (Gegen-) Beispiel zeigt: Beispiel 6.3.3 Die beschränkte Funktion f (x) =
0, 1,
falls x rational falls x irrational
ist nicht Riemann-integrierbar auf [0; 1], denn es gilt: lim
n→∞
n (n) (n) f ξi Δxi = 0 (bzw. = 1) , i=1 (n)
falls ausnahmslos rationale (bzw. irrationale) Zahlen ξi gewählt werden (diese Wahl ist jeweils möglich!), so dass die Grenzwertbildung (n) nicht mehr unabhängig von der Wahl der Stellen ξi ist, wie in der obigen Definition der Riemann-Integrierbarkeit gefordert wird. Es mag an dieser Stelle beruhigen, dass die Funktionen, die in praxisrelevanten Problemstellungen vorkommen, fast ausnahmslos den Integrierbarkeitsvoraussetzungen in Def. 6.3.2 genügen. Insbesondere liefert die Eigenschaft der Stetigkeit eine hinreichende Bedingung für die Riemann-Integrierbarkeit einer reellen Funktion. Satz 6.3.4 Falls eine Funktion f : [a; , b] → R stetig ist, so ist f Riemann-inte b f (x) dx. grierbar, d.h. es existiert das bestimmte Integral a
Integrand Integrationsintervall Integrationsgrenzen
272
6. Integralrechnung
Da es aber auch nicht stetige Funktionen gibt, die Riemann-integrierbar sind, stellt die Stetigkeit keine notwendige Bedingung für die RiemannIntegrierbarkeit dar.18 Bemerkung 6.3.5 Es sei f eine auf einem Intervall [a, b] Riemann-integrierbare Funktion. Dabei gelte a < b und f (x) ≥ 0 für alle x ∈ [a, b]. Dann gilt für das
b bestimmte Integral: f (x) dx ≥ 0. a
Um die Interpretation eines bestimmten Integrals als Flächeninhalt aufrecht zu erhalten, muss unbedingt auf die Einschränkung f (x) ≥ 0 für alle x ∈ [a, b] geachtet werden, denn für f (x) < 0 auf [a, b] ergibt sich für das bestimmte Integral ein negativer Wert. Beispiel 6.3.6 Das bestimmte Integral der Funktion f (x) = sin x über dem Intervall [0, 2π] ergibt sich zu Null:
2π
sin x dx = 0 . 0
1 0,5
sin x
0 -0,5
p
2p
-1 Abb. 6.3.10. Von der Sinusfunktion eingeschlossene Flächen
Dabei heben sich die „positive Fläche“ von sin x über [0, π] und die „negative Fläche“ von sin x über [π, 2π] in der Summe gegenseitig auf. Auf dieses Phänomen im Allgemeinen und auf die explizite Berechnung des Beispiels im Besonderen werden wir in Abschnitt 6.5 noch näher eingehen. 18
Beispiele für Funktionen, die nicht stetig, aber Riemann-integrierbar sind, sind sog. Treppenfunktionen (vgl. Abb. 3.1.5).
6.3 Das Flächeninhaltsproblem und das bestimmte Integral
273
Zur Berechnung von bestimmten Integralen und zum weiteren Umgang
b mit der Schreibweise f (x) dx werden uns die folgenden Überleguna
gen hilfreich sein:
Offensichtlich lässt sich die Berechnung eines Flächeninhaltes Fab für a < c < b folgendermaßen unterteilen (vgl. Abb. 6.3.11):
f (x)
c
b
Fa
a
Fc
c
b
x
Abb. 6.3.11. Unterteilung der Flächeninhaltsberechnung
Fab = Fac + Fcb für a < c < b .
(6.3.13)
Dieser Sachverhalt bedeutet in Integralschreibweise:
b
c
b f (x) dx = f (x) dx + f (x) dx für a < c < b . a a c (6.3.14) Beispiel 6.3.7 Es soll der Flächeninhalt der Funktion f (x) = x2 über dem Intervall
3 [1, 3] berechnet werden, d.h. x2 dx. In dem ausführlich behandelten
3
b1 b3 . Demnach gilt: x2 dx = x2 dx = Beispiel 6.3.1 ergab sich 3 0 0
1 33 1 = 3 und x2 dx = . Unter Verwendung von (6.3.14) ergibt sich: 3 3
3
01
3
3
3 2 2 2 2 x dx = x dx + x dx; hieraus folgt: x dx = x2 dx − 0 0 1 1 0
1 2 1 x2 dx = 3 − = 2 . Dieses Ergebnis erhalten Sie natürlich auch, 3 3 0 wenn sie die Formel (6.3.11) benutzen:
274
6. Integralrechnung
3
x2 dx = F13 = 1
1 1 3 2 3 − 13 = 8 = 2 . 3 3 3
Bislang wurden immer nur Integrationsintervalle [a, b] mit a < b betrachtet. Es wird aber im Folgenden sehr handlich sein, auch für die Fälle a = b und a > b bestimmte Integrale angeben zu können. Für den Fall a = b gilt:
a f (x) dx = 0 . (6.3.15) a
Diese Zuweisung ist auch anschaulich ohne weiteres nachvollziehbar, denn die Vertikale x = a stellt keine Fläche
dar. Für das Beispiel mit a
x2 dx = 0 auch über die
der Funktion f (x) = x2 bestätigt sich a
Formel (6.3.10):
1 3 a − a3 = 0 . 3 Darüber hinaus wird vereinbart:
b
a f (x) dx = − f (x) dx. Faa =
a
(6.3.16)
b
Die explizite Berechnung von bestimmten Integralen durch die Bildung von Ober- und Untersummen und nachfolgendem Grenzübergang entsprechend der obigen Definition ist ein äußerst mühsamer und zeitraubender Vorgang, wie die obigen Beispiele und die Übungsaufgabe bereits gezeigt haben. Ähnlich wie wir in der Differentialrechnung die Ermittlung der Ableitung einer Funktion schließlich mit Hilfe der Differentiationsregeln durchführen konnten, streben wir auch hier die Herleitung von Regeln an, welche die Berechnung von unbestimmten Integralen wesentlich vereinfachen.
6.4 Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung Die folgenden Überlegungen zielen auf eine einfache Berechnungsmöglichkeit von bestimmten Integralen ab und führen schließlich zur Formulierung des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung (Satz 6.4.2): Es werde eine stetige Funktion f : [a, b] → R betrachtet. Hierbei soll entgegen den bisherigen Gepflogenheiten die unabhängige Variable u
6.4 Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung
275
statt x genannt werden, d.h. wir schreiben f (u) mit u ∈ [a, b]. Die Variable x bekommt eine andere Bedeutung. Denn durch
x Fa (x) = f (u) du (6.4.1) a
ist das bestimmte Integral von f über dem Intervall [a, x] mit x ∈ [a, b] gegeben. Dabei wird a als eine feste Untergrenze und x als eine variable Obergrenze betrachtet. Wegen der Stetigkeit von f auf [a, b] ist die
x
Existenz von
x ∈ [a, b] ist
f (u) du für jedes x ∈ [a, b] gesichert, d.h zu jedem a x
f (u) du eine bestimmte reelle Zahl, so dass Fa eine auf
a
[a, b] definierte Funktion von x darstellt. Definition 6.4.1 Die zu einer stetigen Funktion f : [a, b] → R gemäß (6.4.1) gebildete reelle Funktion Fa : [a, b] → R heißt die Flächenfunktion oder Integralfunktion von f über [a, b].19 Zunächst soll untersucht werden, ob die Flächenfunktion Fa auf (a, b) differenzierbar ist: Fa (x0 + Δx) − Fa (x0 ) von Für den Zähler des Differenzenquotienten Δx Fa an einer Stelle x0 gilt (vgl. (6.4.1) und (6.3.14)):
x0 +Δx
Fa (x0 + Δx) − Fa (x0 ) =
f (u) du −
a
x0
f (u) du a
x0 +Δx
f (u) du.
=
(6.4.2)
x0
Wegen der Stetigkeit nimmt die Funktion f auf [x0 , x0 + Δx] ihr Maximum und ihr Minimum an. Es sei umax eine Maximalstelle und umin eine Minimalstelle, dann gilt:
Fa (x0 + Δx) − Fa (x0 ) =
x0 +Δx
f (u) du ≤ f (umax ) · Δx
x0
für umax ∈ [x0 , x0 + Δx] ; 19
(6.4.3)
Als ein weiterer Name für die Funktion Fa ist der Begriff des bestimmten Integrals mit variabler oberer Grenze geläufig.
Flächenfunktion Integralfunktion
276
6. Integralrechnung
Fa (x0 + Δx) − Fa (x0 ) =
x0 +Δx
f (u) du ≥ f (umin) · Δx
x0
für umin ∈ [x0 , x0 + Δx] .
(6.4.4)
Die beiden Abschätzungen (6.4.3) und (6.4.4) lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: f (umax ) Δx ≥ Fa (x0 + Δx) − Fa (x0 ) ≥ f (umin) Δx. (6.4.5) Die Division durch Δx ergibt: Fa (x0 + Δx) − Fa (x0 ) ≥ f (umin) . Δx
f (umax ) ≥
(6.4.6)
Der Differenzenquotient von Fa an einer Stelle x0 wird also durch das Minimum und das Maximum der Funktion f über dem Intervall [x0 , x0 + Δx] eingeschlossen. Beim Grenzübergang Δx → 0 streben umax und umin gegen x0 . Wegen der Stetigkeit von f gilt: f (x0 ) = lim f (umax ) und f (x0 ) = lim f (umin ) . Δx→0
Δx→0
(6.4.7)
Daraus folgt: f (x0 ) = lim f (umax ) Δx→0
Fa (x0 + Δx) − Fa (x0 ) Δx ≥ lim f (umin ) = f (x0 ) . ≥ lim
(6.4.8)
Δx→0
Δx→0
Damit ist die Existenz des Differentialquotienten von Fa an der Stelle x0 nachgewiesen, d.h. die Flächenfunktion Fa ist an der Stelle x0 differenzierbar20 , und zwar gilt: Fa (x0 ) = f (x0 ) .
(6.4.9)
Da die Stelle x0 aus (a, b) beliebig gewählt ist, gilt die Differenzierbarkeit von Fa über dem gesamten Intervall. Dieser Sachverhalt führt unmittelbar zu der folgenden fundamentalen Aussage: 20
Erinnern Sie sich: Die Funktion Fa ist an der Stelle x0 differenzierbar, wenn der Limes des Differenzenquotienten für Δx → 0 existiert; vgl. Definition 5.2.1 und Bemerkung 5.2.2.
6.4 Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung
277
Satz 6.4.2 (Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung) Es sei f eine auf [a, b] stetige Funktion. Dann ist die Flächenfunktion Fa gemäß (6.4.1) an jeder Stelle x ∈ (a, b) differenzierbar, und es gilt: Fa (x) = f (x). Aus diesem Sachverhalt folgt unmittelbar, dass die Flächenfunktion Fa (x) eine Stammfunktion von f (x) auf (a, b) darstellt, d.h.
Fa (x) = f (x) dx. (6.4.10) Damit lässt sich Fa aus jeder beliebigen Stammfunktion F von f herleiten, und zwar gilt gemäß (6.2.9) für eine Konstante c ∈ R: Fa (x) = F (x) + c.
(6.4.11)
Diese Integrationskonstante c lässt sich exakt bestimmen. Hierzu betrachten wir den Funktionswert der Flächenfunktion Fa an der Stelle a. Zum einen ergibt sich aus (6.4.11): Fa (a) = F (a) + c. Zum anderen gilt wegen (6.3.15):
a Fa (a) = f (x) dx = 0.
(6.4.12)
(6.4.13)
a
Aus den beiden letzten Gleichungen folgt: F (a) + c = 0 bzw. c = −F (a) .
(6.4.14)
Wir setzen dieses Ergebnis in (6.4.11) ein und erhalten: Fa (x) = F (x) − F (a) .
(6.4.15)
Insbesondere ergibt sich für x = b: Fa (b) = F (b) − F (a) .
(6.4.16)
Die letzte Gleichung besagt, dass sich das bestimmte Integral
b f (x) dx anhand einer beliebigen Stammfunktion F von f berechnen a
lässt, wozu lediglich die beiden Funktionswerte F (a) und F (b) explizit zu ermitteln sind. Bevor wir dieses Ergebnis zur Berechnung von bestimmten Integralen heranziehen (in Abschn. 6.5), soll noch auf übliche Schreibweisen für das bestimmte Integral hingewiesen werden:
b
b b f (x) dx = F (x) dx = [F (x)]a (6.4.17) a
a
b
= F (x) = F (b) − F (a) . a
278
6. Integralrechnung
6.5 Berechnung und Interpretation von bestimmten Integralen Aus den obigen Herleitungen (Abschnitt 6.4) ergibt sich nun die Möglichkeit einer recht einfachen Berechnung eines bestimmten Integrals von stetigen Funktionen f : 1. Schritt: Bestimmung einer Stammfunktion F (x) von f (x) auf [a, b]. 2. Schritt: Ermittlung des bestimmten Integrals gemäß der Formel
b f (x)dx = F (b) − F (a). a
Dass hiermit eine sehr einfache Methode zur Bestimmung von bestimmten Integralen vorliegt, soll an der in Abschnitt 6.2 behandelten Beispielfunktion f (x) = x2 gezeigt werden. Beispiel 6.5.1 .b Es sei wiederum das bestimmte Integral a f (x)dx in den Grenzen a und b (a < b) zu bestimmen. 1. Schritt: Eine Stammfunktion von f (x) = x2 ist mit F (x) = 13 x3 gegeben (vgl. Tab. 6.2.1). 2. Schritt: Gemäß (6.4.17) gilt:
b
b f (x)dx = 13 x3 a = 13 b3 − 13 a3 = 13 (b3 − a3 ) ; vgl. (6.3.10). a
Speziell für a = 1 und b = 3 ergibt sich (vgl. Beispiel 6.3.7):
3
3 f (x)dx = 13 x3 1 = 13 33 − 13 13 = 9 − 13 = 8 32 . 1
Aufgabe 6.4
b x3 dx
Berechnen Sie analog zum Beispiel 6.5.1 das bestimmte Integral a
mit Hilfe von (6.4.17) (vgl. auch Aufgabe 6.3). Anhand dieser Vorgehensweise lässt sich nachträglich auch die Lösung zur Fragestellung in Beispiel 1.5.3 nachvollziehen, wenn man den Sachverhalt, dass ln x eine Stammfunktion von x1 ist (vgl. Tab. 6.2.1), hinzunimmt. Es empfiehlt sich also, die bereits in Abschnitt 1.5 vorgeführten Lösungsschritte mit dem neu erworbenen Wissen nachzurechnen.
6.5 Berechnung und Interpretation von bestimmten Integralen
279
Damit wir auch bestimmte Integrale von solchen Funktionen, die aus elementaren Funktionen zusammengesetzt sind, berechnen können, übertragen wir die Integrationsregeln (6.2.10) und (6.2.11) auf bestimmte Integrale: Satz 6.5.2 Es sei f : [a, b] → R eine integrierbare Funktion und α ∈ R. Dann ist auch die Funktion α · f integrierbar und es gilt:
b
b (α · f (x))dx = α ·
a
f (x)dx .
(6.5.1)
a
Es seien f1 und f2 integrierbare Funktionen. Dann ist auch die Funktion f1 + f2 integrierbar und es gilt:
b
b (f1 (x) + f2 (x))dx =
a
b f1 (x)dx +
a
f2 (x)dx . (6.5.2)
a
Die Gleichungen (6.5.1) und (6.5.2) nennt man die Faktor- bzw. Summenregel für bestimmte Integrale. Beispiel 6.5.3
π
π π a) 2 · sin xdx = 2 · sin xdx = 2 · [− cos x]0 = 2 · (− cos π + cos 0) 0
0
= 2 · (1 + 1) = 4 .
π
π (cos x + sin x)dx =
b) 0
π sin xdx = [sin x]π0 + [− cos x]π0
cos xdx + 0
0
= (sin π − sin 0) + (− cos π + cos 0) = 2 .
2
2 (2x − 4x + 6)dx = 2 ·
c) 1
2 x dx − 4 ·
2
2
1
2 xdx +
1
6dx
2 2 1 3 1 2 2 =2· x −4· x + [6x]1 3 2 1 1 8 1 1 14 − . =2 −4 2− + (12 − 6) = 3 3 2 3 1
Manchmal kann es auch sehr hilfreich sein, die Regel (6.5.2) von „rechts nach links“ anzuwenden, wie das folgende Beispiel zeigt.
Faktorregel Summenregel
280
6. Integralrechnung
Beispiel 6.5.4
1 2
1
1 2
1 2 x +1 1 − x2 x + 1 1 − x2 dx = dx + dx = + dx x x x x e e e e ex
−1
=
,
-1 −2e −x −1
−1
−1
2 = 2e − . e
−1
Aufgabe 6.5 Berechnen Sie die folgenden Integrale entsprechend der Vorgehensweise in Beispiel 6.5.4:
2
2 1 1 a) dx − − x dx , x+ x x 1
2 b)
1
sin x + 1 dx + x2
1
2
1 − sin x dx . x2
1
Wir wollen noch einmal auf das in Abschnitt 6.3 besprochene Flächeninhaltsproblem eingehen. Hierzu betrachten wir die schaffrierte Fläche in Abb. 6.5.1.
y f (x) = 2x2 - 4x + 6
1
2
x g (x) = -x2 + 2x + 1
Abb. 6.5.1. Fläche zwischen zwei Funktionsgraphen
Diese Fläche wird durch den Graph der Funktion f (x) = 2x2 − 4x + 6 nach oben und durch den Graph der Funktion g(x) = −x2 +2x+1 nach
6.5 Berechnung und Interpretation von bestimmten Integralen
281
unten begrenzt. Die seitlichen Begrenzungen werden durch die beiden Vertikalen x = 1 und x = 2 vorgenommen. .2 Das bestimmte Integral 1 f (x)dx gibt den Inhalt der Fläche unter dem Graphen der Funktion f (x) zwischen x = 1 und x = 2 an, wäh.2 rend 1 g(x)dx den Inhalt der quadriert gezeichneten Fläche unter dem Graphen von g(x) darstellt. Die gesuchte Fläche ergibt sich somit als die .2 .2 .2 Differenz 1 f (x)dx − 1 g(x)dx = 1 (f (x) − g(x))dx. Die numerische Lösung dieses Flächeninhaltsproblems ergibt sich gemäß Summenregel (6.5.2) auf zwei verschiedenen Rechenwegen:
2
2 f (x)dx −
1.)
2 g(x)dx =
2 (2x2 − 4x + 6)dx −
(−x2 + 2x + 1)dx
1 1 2 1 2 2 3 5 1 14 x − 2x2 + 6x − − x3 + x2 + x = − = 3. = 3 3 3 3 1 1 1
2
2 (f (x) − g(x))dx =
2.) 1
2
=
(2x2 − 4x + 6 + x2 − 2x − 1)dx 1
, -2 (3x2 − 6x + 5)dx = x3 − 3x2 + 5x 1 = 6 − 3 = 3 .
1
Aufgabe 6.6 Berechnen Sie den Inhalt der von den Graphen der Funktionen f und g zwischen den Grenzen a und b eingeschlossenen Flächen. Skizzieren Sie das jeweilige Flächeninhaltsproblem. a) b) c) d)
f (x) = 2x + 4 , 2
f (x) = x + 2 ,
a = −1 ,
b = 1;
2
a = 0,
b = 1;
3
a = 0,
b = 1;
g(x) = x2 + 2x + 3 , g(x) = x ,
2
g(x) = x ,
2
g(x) = x − 4x + 4 ,
f (x) = x ,
2
f (x) = x , (1) a = 1 ,
b = 2;
(2) a = 0 ,
b = 1.
Bei den bisher betrachteten Beispielen zur Flächeninhaltsberechnung stimmte der Flächeninhalt Fab der vom Graphen der Funktionen f , der x-Achse und den Vertikalen x = a, x = b eingeschlossenen Fläche stets mit dem bestimmten Integral überein. Im Beispiel 6.3.6 wurde aber bereits angedeutet, dass dieser Fall nicht allgemein gültig ist. Wir nehmen dieses Beispiel nochmal auf.
282
6. Integralrechnung
Beispiel 6.5.5 Die Berechnung des bestimmten Integrals von f (x) = sin x über [0, 2π] ergibt:
2π sin xdx = [− cos x]2π 0 = −1 − (−1) = 0. 0
Wir unterteilen jetzt das Integrationsintervall [0, 2π] in die beiden Teilintervalle [0, π] und [π, 2π] und berechnen die beiden vom Funktionsgraph und der x-Achse zwischen 0 und 2π eingeschlossenen Flächen oberhalb bzw. unterhalb der x-Achse einzeln (vgl. Abb. 6.3.10), so ergibt sich:
π sin xdx = [− cos x]π0 = 1 + 1 = 2 0
bzw.
2π sin xdx = [− cos x]2π π = −1 − 1 = −2 . π
Man könnte meinen, dass der Flächeninhalt oberhalb der x-Achse positiv und unterhalb der x-Achse negativ ist. In der Summe heben sich die beiden Integrale auf. Dieses Phänomen wollen wir noch an einem weiteren Beispiel beobachten: Beispiel 6.5.6
1 3 x auf dem Intervall 2 [−2, 2]. Die Fläche, deren Flächeninhalt wir berechnen wollen, ist in Abb. 6.5.2 skizziert. Wir bilden: 2
2 1 3 1 4 x dx = x = 2−2 = 0. 2 8 −2 Wir untersuchen die Funktion f mit f (x) =
−2
Es ist ganz offensichtlich, dass die bestimmten Integrale in beiden Beispielen nicht den Flächeninhalt der eingeschlossenen Flächen darstellen. Vielmehr liegt der folgende allgemein gültige Sachverhalt vor:
6.5 Berechnung und Interpretation von bestimmten Integralen
283
f (x) _ 3 f (x) = 1 x 2
-2
x
2
Abb. 6.5.2. Bestimmtes Integral bei f (x) = 21 x3
Satz 6.5.7 Es seien f und g auf [a, b] integrierbare Funktionen. Falls f (x) ≥ g(x)
b
b f (x)dx ≥ g(x)dx. für alle x ∈ [a, b] und a < b gilt, ergibt sich a
a
Bemerkung 6.5.8 Setzen wir für g die Nullfunktion in die obige Aussage ein, so folgt
b f (x)dx ≥ unmittelbar, dass im Falle f (x) ≥ 0 für alle x ∈ [a, b] gilt: a
0 (vgl. Bemerkung 6.3.5). Ebenso folgt, dass im Falle f (x) ≤ 0 für alle
b f (x)dx ≤ 0. x ∈ [a, b] gilt: a
Da nun aber ein Flächeninhalt auf natürliche Weise nicht negativ ist, muss bei einem Kurvenverlauf unterhalb der x-Achse folgende Vereinbarung getroffen werden, um die Interpretation von bestimmten Integralen als Flächeninhalte ganz allgemein aufrecht erhalten zu können: Falls für eine auf [a, b] integrierbare Funktion f gilt: f (x) ≤ 0 für alle x ∈ [a, b], so setzen wir:
284
6. Integralrechnung
b Fab = − a
b
f (x)dx = f (x)dx
.
(6.5.3)
a
Wie mit der Bestimmung von Flächen zu verfahren ist, deren begrenzende „Randfunktion“ auf dem Intervall [a, b] abwechselnd positive und negative Werte annimmt, wollen wir uns am folgenden Beispiel klarmachen. Beispiel 6.5.9 Wir untersuchen die Funktion f mit f (x) = x3 − x auf dem Intervall [−2, 3]. Um die Bereiche zu ermitteln, auf denen f vorzeichenkonstant ist, d.h. gleiches Vorzeichen besitzt, berechnen wir zunächst die Nullstellen von f : f (x) = x3 − x = 0 ⇔ x(x2 − 1) = 0 ⇔ (x = 0 ∨ x = 1 ∨ x = −1) . Durch Einsetzen von Zwischenwerten lässt sich dann das Vorzeichenverhalten auf den Teilabschnitten [−2, −1], [−1, 0], [0, 1] und [1, 3] ermitteln. Der Graph der Funktion f ist in Abb. 6.5.3 skizziert. Man erkennt, dass die von der x-Achse und vom Funktionsgraph zwischen den Grenzen −2 und 3 begrenzte Fläche A in vier Teilflächen A1 , A2 , A3 und A4 unterteilt ist, Diese Teilflächen liegen abwechselnd unterhalb bzw. oberhalb der x-Achse. Unter Berücksichtigung von (6.5.3) erhalten wir den Flächeninhalt Fab wie folgt:
3 Fab
(x3 − x)dx
= −2
−1
0
3
= (x − x)dx
+ (x3 − x)dx
−2 −1
1
3
+
(x3 − x)dx
+ (x3 − x)dx
0 1
−1
0
1 1 1 1
= x4 − x2
+ x4 − x2
4 2 4 2 −2 −1
3 1
1 1 1 1
+ x4 − x2 + x4 − x2
4 2 4 2 0 1
1 1 1
=
−2
+ +
−
+ 16 4 4 4 3 = 18 . 4
6.5 Berechnung und Interpretation von bestimmten Integralen
285
f (x)
A4
-2
A3
-1 A2
1
2
3
x
A1
Abb. 6.5.3. Flächeninhalt der Fläche A
3 Der Flächeninhalt der gesamten Fläche A beträgt also 18 . 4
Aufgabe 6.7 Berechnen Sie analog zu Beispiel 6.5.9 den Flächeninhalt der Fläche, den der Graph der Funktion f mit der x-Achse zwischen den angegebenen Grenzen einschließt. 1 3 x , a = −2, b = 2 ; 2 b) f (x) = sin x, a = −π, b = 2π;
a) f (x) =
1 3 x + 2x2 + 3x, a = −4, b = 1; 3 d) f (x) = x2 − 2, a = −2, b = 3. c) f (x) =
286
6. Integralrechnung
Abschließend wollen wir uns die beiden Beispiele 1.5.1 und 1.5.2 zur Einführung in die Integralrechnung aus Abschnitt 1.5 noch einmal vornehmen. Mit dem neu erlernten Wissen können Sie das Ingenieurproblem sofort lösen. Der zu ermittelnde Flächeninhalt der von den beiden Funktionen f (x) = −x2 +1 und g(x) = x2 +2 über dem Intervall [−1, 1] eingeschlossenen Fläche F (vgl. Abb. 1.5.1) ergibt sich als Differenz der zugehörigen bestimmten Integrale:
1
1 (x2 + 2)dx −
F = −1
(−x2 + 1)dx −1
1 1 1 3 1 3 x + 2x − − x +x = 3 3 −1 −1 1 1 1 1 +2− − −2 − − +1− −1 = 3 3 3 3 1 2 =4 −1 3 3 1 =3 . 3
Die Grundfläche der Edelmetallstange beträgt also 3 13 cm2 . Das Volumen der Stange mit dieser Grundfläche und einer Länge von 1 m beträgt somit 333 31 cm3 . So schnell und einfach, wie Sie dem Jung-Ingenieur bei seinem Problem helfen konnten, wird es bei dem Problem des jungen Betriebswirtes nicht sein.21 Um Wahrscheinlichkeiten dafür angeben zu können, dass ein zukünftiger Goldpreis zwischen zwei vorgegebenen Werten liegen wird, muss er die entsprechenden Flächeninhalte unter der Gaußschen Glockenkurve berechnen, also bestimmte Integrale vom Typ
b a
(x−μ)2 1 √ · e − 2σ2 dx 2π · σ
(6.5.4)
mit vorgegebenen Parametern μ und σ ermitteln (vgl. Abb. 1.5.2). Dabei ist μ der Erwartungswert und σ die Standardabweichung der normalverteilten Zufallsgröße Goldpreis (in Euro pro Unze).22 21
22
Wenn Sie sich bisher nur wenig mit Wahrscheinlichkeiten und Statistik beschäftigt haben, fällt es Ihnen vermutlich etwas schwer, dieses Beispiel nachzuvollziehen. Nehmen Sie es sich dann ggf. nochmals vor, wenn Sie dieses mathematische Gebiet im Rahmen Ihres Studiums oder anhand von Büchern näher kennen gelernt haben. Der Erwartungswert μ stellt einen Lageparameter dar und ist bei der Normalverteilung diejenige Stelle, an der die Gaußsche Glockenkurve ihr Ma-
6.5 Berechnung und Interpretation von bestimmten Integralen
287
(x−μ)2 − 2σ2
1 ·e Die so genannte Dichtefunktion f (x) = √ (x ∈ R) der 2π · σ normalverteilten Größe ist stetig und besitzt nach dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung (Satz 6.4.2) mit der Flächen- oder Integralfunktion (vgl. Def. 6.4.1) eine über dem Intervall [a, b] definierte Stammfunktion F (x). Somit wäre es grundsätzlich ein Leichtes, das obige Problem (6.5.4) nach der Methode gemäß (6.4.17) zu lösen, also
b √ a
(x−μ)2 1 · e − 2σ2 dx = F (b) − F (a) . 2π · σ
(6.5.5)
Ein „Haken an der Sache“ ist nun die Tatsache, dass es nicht möglich ist, die Stammfunktion explizit zu beschreiben, d.h. eine Funktionsgleichung für F (x) anzugeben. Aus diesem Grunde ist es auch nicht möglich, den obigen Lösungsansatz anzuwenden. Wir sind vielmehr darauf angewiesen, mit Hilfe der „Flächenverfeinerungsmethode“ (Abschnitt 6.3) Näherungswerte zu berechnen. Nun haben wir bereits feststellen können, dass dieses ein recht mühsames und zeitraubendes Vorgehen ist, das zudem noch für verschiedene Intervallgrenzen a und b und verschiedene Parameter μ und σ seine Wiederholung findet. Durch einen Griff in die mathematische „Trickkiste“ lassen sich diese Rechnungen allerdings erheblich erleichtern. Und zwar greifen wir auf die Dichtefunktion ϕ(x) der so genannten Standard-Normalverteilung zurück; diese kennzeichnet sich durch die spezielle Setzung μ = 0 und σ = 1 aus, also23 1 x2 ϕ(x) = √ · e 2 . 2π
(6.5.6)
Näherungswerte für die zugehörige Stammfunktion Φ(x) finden Sie in Tabellenform - mehr oder weniger ausführlich aufgelistet - in nahezu allen mathematischen (bzw. statistischen) Formelsammlungen. Die dort angegebenen Werte wurden mit Methoden der numerischen Integration bestimmt, welche auf das in Abschnitt 6.3 behandelte Prinzip der Flächenverfeinerungen zurückgehen, hier aber nicht näher behandelt
23
ximum annimmt (vgl. Abb.1.5.2). Die Standardabweichung σ stellt einen Streuungsparameter dar. Bei kleinen σ-Werten realisieren sich Werte der Zufallsgröße mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr nahe um den Erwartungswert; umgekehrt ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch weiter vom Erwartungswert entfernt liegende Werte auftreten, um so höher, je größer der σ-Wert ist. Entsprechend ergibt sich die Gestalt der Glockenkurve, und zwar „hoch und spitz“ um μ bei kleinen σ-Werten bzw. „flach und breit“ bei großen σ–Werten. In der einschlägigen Literatur ist es üblich, die Dichtefunktion der Standard-Normalverteilung mit ϕ (statt mit f ) und die zugehörige Stammfunktion entspechend mit Φ (statt mit F ) zu bezeichnen.
288
6. Integralrechnung
werden (können). Anhand dieser Standardwerte lassen sich nun auch die Werte von Stammfunktionen F (x) für allgemeine Parameter μ und σ näherungsweise bestimmen, da die folgende Transformation gilt24 : x−μ F (x) = Φ . (6.5.7) σ Danach lässt sich die Gleichung (6.5.5) folgendermaßen umformen:
b a
(x−μ)2 1 √ · e − 2σ2 dx = Φ 2π · σ
b−μ σ
−Φ
a−μ σ
. (6.5.8)
Im konkreten Fall von Beispiel 1.5.2 ergibt sich beispielsweise für a = 280, b = 300, μ = 290 und σ = 10:
300 280
(x−290)2 1 √ · e − 2·102 dx = Φ 2π · 10
300 − 290 10
− Φ
280 − 290 10
=
Φ(1) − Φ(−1) = 0, 8413 − 0, 1587 = 0, 6826 .
Demnach wird der Goldpreis mit einer Wahrscheinlichkeit von 68,26 zwischen 280 e und 300 e pro Unze liegen. Hiermit wäre die Problematik der Controlling-Abteilung des Unternehmens Auptag25 im Grundsatz gelöst. Dieses abschließende Beispiel hat gezeigt, dass ein Flächeninhaltsproblem nicht immer exakt gelöst werden kann, sondern dass es manchmal auch nötig sein wird, mit Näherungslösungen zufrieden zu sein. Es ist aber durchaus möglich, anhand von geeigneten Approximationsverfahren, die im weiteren Sinne auf dem Prinzip der Flächenverfeinerungen basieren (vgl. Abschnitt 6.3), „beliebig gute“ Näherungslösungen zu bestimmen. Mit dieser Thematik beschäftigt man sich im Rahmen der „numerischen Integration“, die wir in unserem Buch allerdings nicht mehr behandeln.
24
25
Eine Herleitung dieser Gleichung wird in diesem Buch ebenso nicht vorgenommen. Sie werden sich aber sicherlich dann damit auseinander setzen (müssen), wenn Sie in Ihrem Studium mit den Grundzügen der Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung konfrontiert werden (sollten). Der Name des fiktiven Unternehmens setzt sich aus den chemischen Zeichen für Gold (Au), Platin (Pt) und Silber (Ag) zusammen.
A. Zahlen und Terme
A.1 Zahlen und Terme A.1.1 Ganze Zahlen Da wir im Folgenden mit Zahlen und Termen rechnen wollen, sei zunächst an die üblichen Fachausdrücke für die Grundrechenarten erinnert: Tabelle A.1.1. Fachausdrücke für die Grundrechenarten Rechenart
addieren
subtrahieren
multiplizieren
dividieren
Rechenzeichen
+
-
·
:
Ergebnis
Summe
Differenz
Produkt
Quotient
Die Zahlen 1; 2; 3; 4; . . . , mit denen wir zählen, heißen natürliche Zahlen. Natürliche Zahlen kann man nach den bekannten Regeln uneingeschränkt addieren und multiplizieren; als Ergebnis erhält man wieder jeweils eine natürliche Zahl. Die Differenz 4 − 10 hingegen ergibt offenbar keine natürliche Zahl. Man erweitert deshalb den Bereich der natürlichen Zahlen um die 0 und die negativen Zahlen (die Sie sicherlich z.B. vom Thermometer kennen). Die Zahlen . . . − 2; −1; 0; 1; 2; . . . insgesamt nennt man ganze Zahlen. In ihrem Bereich kann man jetzt uneingeschränkt addieren, multiplizieren und subtrahieren. Der Quotient zweier ganzer Zahlen ist jedoch nicht immer eine ganze Zahl (siehe Abschnitt A.1.3). Wir wollen jedoch zunächst an die Regeln für das Rechnen mit ganzen Zahlen erinnern, insbesondere an die „Vorzeichenregeln“. Die Regeln für die Multiplikation und die Division lassen sich kurz und symbolisch wie folgt angeben:
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 G. Adams et al., Mathematik zum Studieneinstieg, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58738-6_7
289
natürliche Zahlen
ganze Zahlen
290
A. Zahlen und Terme
Regel A.1.1 “+“ · “+“ =
“−“ · “−“ =
“+“;
“+“ · “−“ =
“−“ · “+“ =
“−“;
“+“ : “+“ =
“−“ : “−“ =
“+“;
“+“ : “−“ =
“−“ : “+“ =
“−“.
Beispiel A.1.2 a) (−8) · (+4) = −32 b) (+64) : (+8) = +8 c) (+15) : (−5) = −3 d) (−7) · (−11) = +77 Bei der Addition und Subtraktion fasst man zunächst ähnlich wie bei Regel A.1.1 zwei unmittelbar hintereinander stehende Vor- bzw. Rechenzeichen zu einem Zeichen nach folgender Regel zusammen: Regel A.1.3 2 gleiche Zeichen unmittelbar hintereinander ergeben “+“. 2 ungleiche Zeichen unmittelbar hintereinander ergeben “−“. Überflüssige “+“-Zeichen können weggelassen werden. Beispiel A.1.4 a) (+4) + (+7) = 4 + 7 b) (+3) − (+8) = 3 − 8 c) (−10) + (+8) = −10 + 8 d) (−12) − (+4) = −12 − 4 e) (+12) + (−7) = 12 − 7 f) (+4) − (−3) = 4 + 3 g) (−10) + (−5) = −10 − 5 h) (−5) − (−3) = −5 + 3 Anschließend addiert man nach den Ihnen sicherlich noch bekannten Regeln (denken Sie z. B. an eine Rechnung mit Schulden und Guthaben).
A.1 Zahlen und Terme
291
Beispiel A.1.4 (Fortsetzung) a) 4 + 7 = 11 b) 3 − 8 = −5 c) −10 + 8 = −2 d) −12 − 4 = −16 e) 12 − 7 = 5 f) 4 + 3 = 7 g) −10 − 5 = −15 h) −5 + 3 = −2 Bei einem Ausdruck wie 8 + 4 · 3 muss man festlegen, welche Tätigkeit (als Operation bezeichnet) zuerst ausgeführt werden soll. Es gilt die Regel: Regel A.1.5 Klammer- vor Punkt- vor Strichrechnung. Beispiel A.1.6 a) 8 + 4 · 3 = 8 + 12 = 20 b) (8 + 4) · 3 = 12 · 3 = 36 c) 7 + (15 − 7) : 4 = 7 + 8 : 4 = 7 + 2 = 9 d) (8 − 14) · (7 − 4) = (−6) · 3 = −18 Aufgabe A.1 Berechnen Sie: a) (−7) + (+12) − (−18) − (+23) b) (−14) − (−30) + (+12) + (−18) c) (−8 − 12) · (−5) − (−85) d) (−112) : (−4) − (−3) · (−4) e) (−15) : (+3) − (+4) · (−5) f) (18 − 27) · (−15 + 21)
292
A. Zahlen und Terme
A.1.2 Terme In der Mathematik treten häufig Formeln auf. So lautet z. B. die Formel zur Berechnung des Umfangs eines Rechtecks mit der Länge a und der Breite b: U = 2·a +2·b.
b a Term Variable Koeffizient
Den Ausdruck 2 · a + 2 · b nennt man Term. Für a und b kann man offenbar beliebige (in diesem Beispiel nur positive) Zahlen einsetzen. Man nennt a und b Variablen. Die Zahl 2 in dem Teilterm 2 · a heißt Koeffizient von a. Den Malpunkt zwischen Koeffizienten und Variablen lässt man meist weg. Man schreibt also U = 2a + 2b. Man hätte den Umfang in obigem Beispiel auch wie folgt berechnen können: U = a + a + b + b. Also gilt a + a + b + b = 2a + 2b, d.h. man kann gleichnamige Terme zusammenfassen (2a + 2b kann man nicht weiter zusammenfassen, da für a und b in der Regel verschiedene Zahlen eingesetzt werden). Regel A.1.7 Man addiert bzw. subtrahiert gleichnamige Terme, indem man ihre Koeffizienten addiert bzw. subtrahiert. Beispiel A.1.8 a) 8x + 5y − 14x + 6y = 8x − 14x + 5y + 6y = −6x + 11y b) a − 5b + 4a + 5b = a + 4a − 5b + 5b = 5a − 0b = 5a − 0 = 5a Will man in dem Term 3a + 5b − (2a + 8b) die gleichnamigen Terme zusammenfassen, so muss man zunächst die Klammer auflösen. Regel A.1.9 Eine Klammer, vor der ein Pluszeichen steht, kann man einfach weglassen. Löst man eine Klammer auf, vor der ein Minuszeichen steht, so muss man alle Plus- und Minuszeichen in der Klammer umkehren. Beispiel A.1.10 a) 3a + 5b − (2a + 8b) = 3a + 5b − 2a − 8b = a − 3b b) 8x + (4x − 3y) = 8x + 4x − 3y = 12x − 3y
A.1 Zahlen und Terme
293
c) −5a − (−2a − 4b) = −5a + 2a + 4b = −3a + 4b Kehren wir zu unserem Rechteck zurück. Offenbar kann man den Umfang des Rechtecks auf eine weitere Art berechnen, nämlich als U = 2(a + b). Also gilt 2(a + b) = 2a + 2b. Regel A.1.11 Man multipliziert eine Zahl (oder eine Variable) mit einer in einer Klammer stehenden Summe, in dem man die Zahl (die Variable) mit jedem Summanden multipliziert und die Produkte addiert. Beispiel A.1.12 a) 5(3a + 2b) = 15a + 10b b) 3(7x − 4y) = 21x − 12y c) −5(2x + y) − 4(3x − 2y) = −10x − 5y − 12x + 8y = −22x + 3y d) (8y − 16x) : 4 = 2y − 4x e) 2x(3y − 4z) = 6xy − 8xz Manchmal muss man Regel A.1.11 umgekehrt anwenden. Man nennt das Ausklammern. Hierbei schreibt man den gemeinsamen Faktor vor die Klammer. Den „Rest“ in der Klammer erhält man, indem man jeden Summanden durch den gemeinsamen Faktor teilt. Beispiel A.1.13 a) 16a + 24b = 8(2a + 3b) b) −18x + 9y = 9(−2x + y) c) 14ax − 21bx = 7x(2a − 3b) Aufgabe A.2 a)Fassen Sie soweit wie möglich zusammen: (1) 16a − 15b − 32a − 27b (2) −(12a + 8x) − (−14x + 9a) (3) −(−5x) − (−7y + 8x) + (−4y) b) Wenden Sie Regel A.1.11 an und fassen Sie wenn möglich zusammen: (1) −3(−2x + 4y) − 2(−y + 4x)
Ausklammern
294
A. Zahlen und Terme
(2) (12y − 16) : (−4) + 5(−y + 4) (3) 3x(−2y + z) − 8xz c) Klammern Sie aus: (1) 16x − 24y (2) 3ay − 9az Ersetzt man in der Regel A.1.11 die Zahl bzw. Variable durch eine in einer Klammer stehende Summe, so erhält man: Regel A.1.14 Man multipliziert zwei in Klammern stehende Summen, indem man jeden Summanden der 1. Summe mit jedem Summanden der 2. Summe multipliziert. Beispiel A.1.15 a) (a + b)(c + d) = ac + ad + bc + bd b) (3x − 2y)(2a + 3b) = 6ax + 9xb − 4ay − 6by c) (2x − 4)(−3 + 4a) = −6x + 8ax + 12 − 16a Bei dem folgenden Beispiel verwenden wir für x · x die dafür übliche Abkürzung x2 (vgl. Abschnitt A.3.1). Beispiel A.1.16 a) (2x − 5)(4 − 3x) = 8x − 6x2 − 20 + 15x = −6x2 + 23x − 20 b) (a + b)2 = (a + b)(a + b) = a2 + ab + ba + b2 = a2 + 2ab + b2
Binomische Formeln
Beispiel A.1.16b ist ein Spezialfall von Regel A.1.14 und heißt 1. Binomische Formel. Insgesamt gibt es drei Binomische Formeln: Regel A.1.17 1. Binomische Formel: (a + b)2 = a2 + 2ab + b2 2. Binomische Formel: (a − b)2 = a2 − 2ab + b2 3. Binomische Formel: (a + b)(a − b) = a2 − b2 Beispiel A.1.18 a) (2x + y)2 = (2x)2 + 2 · 2xy + y 2 = 4x2 + 4xy + y 2 b) (3z − 5)2 = 9z 2 − 30z + 25
A.1 Zahlen und Terme
295
c) (6a + 4b)(6a − 4b) = 36a2 − 16b2 Aufgabe A.3 a) Wenden Sie Regel A.1.14 an und fassen Sie wenn möglich zusammen: (1) (−3x + 5)(−4 − 5x) (2) (a − 2b)(−3a + 5b) (3) (−5 + 2x)(−x + 4) − (2x − 8)(3 − 4x) b) Wenden Sie die binomischen Formeln an: (1) (4x + 3)2 (2) (2y − 4)2 (3) (−2a + 3x)2 (4) (7a + b)(7a − b) (5) (a − x)(a + x) Wir haben bisher anhand von Regeln und Beispielen die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten für das Rechnen mit ganzen Zahlen wiederholt. Diese Gesetzmäßigkeiten lassen sich streng logisch aus einigen Grundregeln herleiten. Die wichtigsten von ihnen sind mit ihrem Namen in der folgenden Tabelle aufgelistet. Wir haben sie z. T. stillschweigend benutzt (z. B. die Kommutativgesetze) und z. T. in Regeln und Beispielen behandelt (Distributivgesetz): Tabelle A.1.2. Gesetze für das Rechnen mit ganzen Zahlen Name Formel Assoziativgesetz der Addition
a + (b + c) = (a + b) + c
Assoziativgesetz der Multiplikation
a(bc) = (ab)c
Kommutativgesetz der Addition
a+b= b+a
Kommutativgesetz der Multiplikation
ab = ba
Distributivgesetz
a(b + c) = ab + ac
Obwohl wir die Kommutativgesetze stets stillschweigend verwandt haben, sind diese keineswegs „so selbstverständlich“, da ein entsprechendes Gesetz z. B. für die Subtraktion nicht gilt.
296
A. Zahlen und Terme
A.1.3 Rationale Ausdrücke Führt man die Division 3 : 4 durch, so erhält man als Ergebnis offenbar keine ganze Zahl, sondern den Bruchteil einer ganzen Zahl, nämlich den Bruch 34 . Bruch Zähler Nenner periodische Dezimalzahl abbrechende Dezimalzahl
Definition A.1.19 15 usw. heißen Brüche. Die Zahl über Ausdrücke der Form 34 , 68 , 53 , 110 dem Bruchstrich heißt Zähler, die unter dem Bruchstrich Nenner. Man kann jeden Bruch auch als abbrechende (d.h. mit endlich vielen Stellen nach dem Komma) oder periodische Dezimalzahl schreiben (indem man die Division schriftlich durchführt) und umgekehrt. Beispiel A.1.20 a)
6 5 15 3 = 0, 75 b) = 0, 75 c) = 1, 666... = 1, 6 d) = 0, 136 4 8 3 110
Die Brüche
3 4
und
6 8
stellen offenbar die gleiche Zahl dar.
Es gilt die Regel:
erweitern kürzen
Regel A.1.21 Man verändert den Wert eines Bruches nicht, wenn man den Zähler und Nenner mit der gleichen Zahl multipliziert (erweitern) oder durch die gleiche Zahl dividiert (kürzen). Beispiel A.1.22 3 3·2 6 a) = = 4 4·2 8 15 : 5 3 15 = = a) 110 110 : 5 22 x·a xa x = = a) y y·a ya a)
3x 15ax = = 3x 5a 1
Stehen im Zähler bzw. Nenner Summen, so muss man vor dem Kürzen durch Ausklammern (siehe Beispiel A.1.13) Zähler und Nenner als Produkt schreiben.
A.1 Zahlen und Terme
297
Beispiel A.1.23 3(2a + b) 3 6a + 3b = = a) 10a + 5b 5(2a + b) 5 b)
15ax + 12bx 3x(5a + 4b) 5a + 4b = = 21rx + 3zx 3x(7r + z) 7r + z
Aufgabe A.4 Kürzen Sie soweit wie möglich: 27 45 ax2 d) 2 a x
a)
28 35 12x + 15 e) 8x + 10 b)
ay by 9xy + 6ay f) 3yz − 3y
c)
Die Zahlen, die sich als (positiver oder negativer) Bruch schreiben lasse, heißen rationale Zahlen (Beachten Sie: Auch die ganzen Zahlen gehören zu den rationalen Zahlen, z. B. −5 = −5 1 ). Im Bereich der rationalen Zahlen sind jetzt die vier Grundrechenarten uneingeschränkt durchführbar (bis auf die Division durch Null, die nicht erlaubt ist). Alle bisher aufgeführten Regeln gelten auch für Brüche. Zudem gilt:
rationale Zahlen
Regel A.1.24 a) Man multipliziert Brüche, indem man Zähler mit Zähler und Nenner mit Nenner multipliziert. b) Man dividiert durch einen Bruch, indem man mit seinem Kehrwert multipliziert. Beispiel A.1.25 5 3 15 a) · = 7 4 28 7 5 35 7 b) · 5 = · = 3 3 1 3 12ax 3a 4x · = c) b 5y 5by 3 3 9 : = 4 5 4 4x : 5a = e) 3z d)
5 15 5 = = 9 36 12 4x 5a 4x 1 4x : = · = 3z 1 3z 5a 15az ·
Kehrwert
298
gleichnamige Brüche kgV
A. Zahlen und Terme
Will man Brüche addieren bzw. subtrahieren, so muss man sie zunächst durch Erweitern gleichnamig machen. Dabei heißen Brüche gleichnamig, wenn sie den gleichen Nenner haben. Der gemeinsame Nenner muss dabei ein gemeinsames Vielfaches der einzelnen Nenner sein (am besten das kleinste gemeinsame Vielfache, kurz kgV). Regel A.1.26 Man addiert (subtrahiert) gleichnamige Brüche, indem man die Zähler addiert (subtrahiert) und den Nenner beibehält. Ungleichnamige Brüche werden zunächst durch Erweitern gleichnamig gemacht. Beispiel A.1.27 a)
5 1 + 6 9 =
b)
c)
kgV von 6 und 9 ist 18 1. Bruch mit 3 erweitert (18 = 3 · 6)
15 2 + 18 18
2. Bruch mit 2 erweitert (18 = 2 · 9)
17 = 18 4 3 + 7 5 20 21 + = 35 35 41 = 35
kgV von 7 und 5 ist 7 · 5 = 35 1. Bruch mit 5, 2. Bruch mit 7 erweitert
kgV von ax und ay ist axy
2 3 + ax ay
(axy = y · ax und axy = x · ay)
3y 2x + axy axy 3y + 2x = axy =
1. Bruch mit y, 2. Bruch mit x erweitert
Aufgabe A.5 Berechnen Sie: a)
5 4 · 8 3
b)
4 2 : 3 9
c)
2 3 + 7 7
d)
5 2 − 9 3
e)
3 5 + 4 6
f)
1 5 + 21 14
g)
3a 2x · 4z 9y
h)
16a2 4a : 5x 3xy
i)
1 1 + a a2
j)
4x 3 − a b
k)
1 2 − 2 2 ax a x
A.2 Lineare Gleichungen und Ungleichungen
299
A.2 Lineare Gleichungen und Ungleichungen A.2.1 Lineare Gleichungen Wie Sie sicherlich schon festgestellt haben, treten in der Mathematik und auch in den Natur- und Wirtschaftswissenschaften häufig Gleichungen auf. Sie beschreiben Zusammenhänge zwischen verschiedenen Größen.
Gleichungen
Beispiel A.2.1 Regel A.1.24b lässt sich durch folgende Gleichung ausdrücken: Für alle rationalen Zahlen a, b, c und d mit b, c, d = 0 gilt: a c a d : = · . b d b c
Beispiel A.2.2 In einfachen Wirtschaftskreisläufen gilt für die Größen Y (Volkseinkommen), C (Wert der den Haushalten zugeführten Verbrauchsgütern) und S (Sparen der Haushalte) die Beziehung Y =C +S. Beispiel A.2.3 Die Nachfrage N nach einem bestimmten Gut sei gegeben durch N = −3x+75. Dabei ist x der Preis des Gutes und N die Anzahl der zu diesem Preis nachgefragten Güter. Ferner sei die Anzahl A der Güter, die der Verkäufer zum Preis x anbietet, gegeben durch A = 5x−21 (Angebotsgleichung). Für den Gleichgewichtspreis x, das ist der Preis, bei dem Angebot und Nachfrage übereinstimmen, gilt dann die Gleichung −3x + 75 = 5x − 21.
Kennt man in dem Beispiel A.2.2 zwei der drei Größen Y , S und C (z. B. Y = 5.000.000.000 und C = 4.750.000.000) und nennt die dritte unbekannte Größe x, so erhält man ebenfalls eine Gleichung mit der Variablen x, nämlich 5.000.000.000 = 4.750.000.000 + x. Die Gleichungen in Beispiel A.2.2 und A.2.3 heißen linear, da x nur in der 1. Potenz auftritt und nicht im Nenner steht.
lineare Gleichung
300
A. Zahlen und Terme
Nichtlineare Gleichungen sind z. B. 3x2 + x = 4,
Lösung einer Gleichung
Probe
8 x
+ 5 = 7 usw.
Die Gleichung −3x + 75 = 5x − 21 enthält neben Zahlen und Rechenzeichen die Variable x. Für x kann man jede beliebige rationale Zahl einsetzen. Erhält man dabei links und rechts vom Gleichheitszeichen den gleichen Zahlenwert, so heißt diese Zahl Lösung der Gleichung. Setzen wir z. B. für die Zahl x die Zahl 5 ein, so erhalten wir auf der linken Seite −3 · 5 + 75 = −15 + 75 = 60 und auf der rechten Seite 5 · 5 − 21 = 25 − 21 = 4. Die Zahl 5 ist also keine Lösung der Gleichung. Setzen wir für x die Zahl 12 ein, so erhalten wir auf der linken Seite −3 · 12 + 75 = 39 und auf der rechten Seite ebenfalls 5 · 12 − 21 = 39. Die Zahl 12 ist also eine Lösung der Gleichung; im übrigen, wie wir später sehen werden, die einzige. Dieses Verfahren, durch Einsetzen einer Zahl zu überprüfen, ob sie eine Lösung ist oder nicht, nennt man Probe. Lineare Gleichungen haben meist genau eine Lösung. Das dies nicht immer sein muss, zeigen die folgenden Beispiele: Beispiel A.2.4 In der Gleichung x + 1 = x + 1 kann man für x jede rationale Zahl einsetzen. Die Gleichung „stimmt“ immer. Jede rationale Zahl ist also Lösung der Gleichung. Beispiel A.2.5 Die Gleichung x = x + 1 stimmt offenbar für keine rationale Zahl, sie hat also keine Lösung.
Lösen einer Gleichung
Unter dem Lösen einer Gleichung versteht man das Auffinden aller Lösungen. Wie man das bei linearen Gleichungen macht, zeigt der nächste Abschnitt. A.2.2 Umformen linearer Gleichungen Beispiel A.2.6 a) Die Gleichung x+1=5
(A.2.1)
besitzt offenbar als einzige Lösung die Zahl 4, wie man durch die Probe leicht bestätigt. b) Addiert man auf beiden Seiten der Gleichung (A.2.1) die Zahl 6, so erhält man die Gleichung x + 7 = 11 , die offenbar auch als einzige Lösung die Zahl 4 hat.
(A.2.2)
A.2 Lineare Gleichungen und Ungleichungen
301
c) Multipliziert man die Gleichung (A.2.1) auf beiden Seiten mit 4, so erhält man die Gleichung 4x + 4 = 20,
(A.2.3)
die offenbar wieder als einzige Lösung die Zahl 4 hat. Beachten Sie hierbei, dass die gesamte linke Seite mit 4 multipliziert wurde, also 4 · (x + 1) = 4x + 4. Das obige Beispiel soll die folgende Regel verdeutlichen: Regel A.2.7 Folgende Operationen verändern die Lösung einer Gleichung nicht: 1) Addition (Subtraktion) beider Seiten mit der gleichen Zahl (dem gleichen Term); 2) Multiplikation (Division) beider Seiten mit einer von Null verschiedenen Zahl (mit dem gleichen Term). Das die Multiplikation mit Null die Lösung verändert, zeigt folgendes Beispiel. Beispiel A.2.8 Multiplikation von x + 2 = 5 mit Null liefert 0 · (x + 2) = 0. Die ursprüngliche Gleichung x + 2 = 5 hat als Lösung nur die Zahl 3, 0 · (x + 2) = 0 hat als Lösung jede beliebige Zahl (Probe!). Regel A.2.7 wird nun benutzt, um lineare Gleichungen schrittweise so umzuformen, dass die Variable x zum Schluss alleine auf einer Seite steht. Dann kann man die Lösung sofort ablesen (falls es genau eine gibt).
302
A. Zahlen und Terme
Beispiel A.2.9 a) 3x + 12 = 21
| − 12 Um die +12 von der linken Seite „wegzubringen“, subtrahiert man auf beiden Seiten die Zahl 12.
3x = 9
|:3 Um 1x zu erhalten, dividiert man beide Seiten durch 3.
x =3
Die einzige Lösung ist die Zahl 3.
Probe: 3 · 3 + 12 = 9 + 12 = 21 b)
1 5x
− 17 = 3
.
| + 17 (Um −17 wegzubringen)
1 5x
= 20
|·5 (Um 1x zu erhalten)
x = 100 Probe: c)
1 5
· 100 − 17 = 20 − 17 = 3.
−3x + 75 = 5x − 21
| − 5x
−8x + 75 = −21
| − 75
−8x = −96
| : (−8)
x = 12 Probe: −3 · 12 + 75 = 39 = 5 · 12 − 21. Sind die Gleichungen länger und enthalten u.a. Klammern, so löst man zunächst die Klammern auf, fasst anschließend die einzelnen Terme soweit wie möglich zusammen und formt dann die Gleichungen wie oben um.
A.2 Lineare Gleichungen und Ungleichungen
Beispiel A.2.10 2x + 3 (x − 4) = 2 (x − 4) + 2 2x + 3x − 12 = 2x − 8 + 2
303
Klammern auflösen Terme zusammenfassen
5x − 12 = 2x − 6
| + 12
5x = 2x + 6
| − 2x
3x = 6
|:3
x =2 Probe: 2 · 2 + 3 (2 − 4) = 4 − 6 = −2; 2 (2 − 4) + 2 = −4 + 2 = −2 .
Schauen wir uns jetzt noch an, was passiert, wenn man Gleichungen, die nicht genau eine Lösung haben, nach obigen Regeln umformt. Beispiel A.2.11 a)
x+1 = x+1
|−x
1= 1 Die letzte Gleichung ist immer richtig (für jedes x). Also ist jede rationale Zahl Lösung. x+1 = x
b)
|−x
1= 0 Die letzte Gleichung ist offenbar immer falsch, d.h. es gibt keine Lösung. Aufgabe A.6 Lösen Sie die folgenden Gleichungen: a) 5x + 8 = 18 b) −3x + 7 = −4x c) 5x + 8 = 3x + 8 d) −3x + 7 = 7x − 15 e)
2 3x
f)
3 4
−
1 4
= 56 x +
1 2
− 56 x = 23 x +
5 8
g) 3x + 5 = 3 (x + 7)
304
A. Zahlen und Terme
h) 2x − 4 (x − 1) = −2x + 4 i) 5 (2x − 3) = 3x − (x + 7) j) 5 (3x − 8) − 7 = 4 + 5x Viele Gleichungen haben dieselbe Form, sie unterscheiden sich nur durch die in ihnen vorkommenden Zahlen, z. B. 2x + 7 = 18; 3x + 4 = 16; 0, 5x + 2 = 0; 4x − 18 = −6. Diese Gleichungen haben alle die Form ax + b = c . Im letzten Beispiel ist a = 4, b = −18, c = −6 . Lösungsvariable Formvariablen Parameter
Die Gleichung ax+b = c hat nach wie vor eine Lösungsvariable, nämlich x; a, b und c heißen in diesem Fall Formvariablen oder Parameter. Sie stehen für beliebige, aber bei jeder speziellen Gleichung fest gewählte rationale Zahlen. Wir lösen die Gleichung nun nach x auf:
ax + b = c ax = c − b
|−b
1. Fall a = 0: ax = c − b c−b x= a
|:a einzige Lösung
2. Fall a = 0 und c − b = 0: 0·x =0
jede rationale Zahl ist Lösung
3. Fall a = 0 und c − b = 0: 0·x =c−b
keine Lösung
Die Fallunterscheidungen sind nötig, da a ja auch den Wert 0 annehmen kann und eine Division durch Null nicht erlaubt ist.
A.2 Lineare Gleichungen und Ungleichungen
305
A.2.3 Anordnung rationaler Zahlen Die rationalen Zahlen kann man durch Punkte auf der so genannten Zahlengerade verdeutlichen (Abb. A.2.1).
-2 43
–3
–2
2 13
1 4
–1,8 –1
0
Zahlengerade
1
2
3
Abb. A.2.1. Zahlengerade.
Hierbei gilt: Je größer eine Zahl ist, desto weiter rechts steht sie auf der Zahlengeraden. Zum Vergleichen von Zahlen verwendet man die Symbole < und >. Dabei ist der Winkelhaken stets zur größeren Zahl hin geöffnet. Beispiel A.2.12 a) 1
1 ist größer als
1 4
a) und b) besagen offenbar das Gleiche. c) −3 < −2
1 4
− 3 ist kleiner als − 2
1 4
Steht eines der Zeichen < oder > zwischen zwei Termen, so erhält man eine Ungleichung, z. B. 4 − 3x < 7 + 2x .
Ungleichung
(A.2.4)
Da x nur in der 1. Potenz auftritt, handelt es sich um eine lineare Ungleichung. Jede Zahl x, die eingesetzt in 4 − 3x eine kleinere Zahl liefert als eingesetzt in 7 + 2x, heißt Lösung obiger Ungleichung. Da 4 − 3 · 2 = −2
lineare Ungleichung Lösung einer Ungleichung
306
A. Zahlen und Terme
kleiner ist als 7 + 2 · 2 = 11, ist 2 eine Lösung der Ungleichung. Die Zahl −5 ist keine Lösung der Ungleichung, da 4 − 3 · (−5) = 19 nicht kleiner als 7 + 2 · (−5) = −3. Bei Ungleichungen verwendet man auch die Symbole (kleiner oder gleich) und (größer oder gleich), z. B. 4 − 3x 7 + 2x.
(A.2.5)
Jede Zahl, die eingesetzt in 4−3x eine kleinere oder genau so große Zahl wie eingesetzt in 7 + 2x liefert, heißt Lösung der Ungleichung (A.2.5). Setzt man z. B. für x die Zahl 0, 6 ein, so erhält man 4−3·(−0, 6) = 5, 8 und 7 + 2 · (−0, 6) = 5, 8. Die Zahl −0, 6 ist also Lösung von (A.2.5), aber keine Lösung von (A.2.4). Bevor wir im nächsten Abschnitt angeben, wie man alle Lösungen einer linearen Ungleichung bestimmt, wollen wir zunächst die Lösungen der einfachsten Ungleichungen an der Zahlengerade veranschaulichen. Beispiel A.2.13 a) Die Ungleichung x < 2 hat als Lösung alle rationalen Zahlen, die kleiner als 2 sind. Veranschaulichung an der Zahlengerade: -3
-2
-1
0
1
2
3
Die runde Klammer rechts am Pfeil soll andeuten, dass die Zahl 2 selbst keine Lösung ist (im Gegensatz dazu die eckige Klammer in Beispiel b). b) Die Ungleichung x 2 hat als Lösungen alle rationalen Zahlen, die kleiner oder gleich 2 sind. Die Zahl 2 ist jetzt also auch eine Lösung. -3
-2
-1
0
1
2
3
c) Die Ungleichung x > −1 hat als Lösung alle rationalen Zahlen, die größer als −1 sind. -3
-2
-1
0
1
2
3
A.2 Lineare Gleichungen und Ungleichungen
307
d) Die Ungleichung x 0 hat als Lösung alle Zahlen, die größer oder gleich 0 sind (also auch die Zahl 0). -3
-2
-1
0
1
2
3
Oft benötigt man so genannte „Doppelungleichungen“, deren Lösungen ein Intervall bilden. So sind alle Zahlen zwischen −1 und +2 Lösungen der beiden Ungleichungen x < 2 und x > −1. Man schreibt kurz −1 < x < 2. Die Gesamtheit aller Lösungen dieser „Doppelungleichung“ bezeichnet man als Intervall, kurz (−1, 2). Je nachdem ob die Endpunkte des Intervalls mit dazugehören oder nicht, verwendet man wie in Beispiel A.2.13 runde oder eckige Klammern. Man spricht auch von offenen, abgeschlossenen bzw. halboffenen Intervallen. Beispiel A.2.14 a) Die Lösungen der Doppelungleichung −1 < x < 2 bilden das offene Intervall (−1, 2) . -3
-2
-1
0
1
2
3
b) Die Lösungen der Doppelungleichung −2 x 0 bilden das abgeschlossenen Intervall [−2, 0] . -3
-2
-1
0
1
2
3
c) Die Lösungen der Doppelungleichung 1 < x 2 bilden das halboffene Intervall (1, 2] .
-3
-2
-1
0
1
2
3
Lassen Sie uns zum Schluss dieses Abschnittes noch kurz auf den Absolutbetrag einer (rationalen) Zahl eingehen. Unter dem Betrag (Absolutbetrag) einer Zahl a (Symbol: |a|) versteht man den „Abstand“ einer Zahl a von der Zahl 0 auf der Zahlengeraden. Da ein Abstand immer positiv ist, gilt z. B. |3| = 3 und |−5| = 5 = − (−5), d.h. wir erhalten die Definition:
Intervall
offenes abgeschlossenes halboffenes Intervall
308
Betrag einer Zahl
A. Zahlen und Terme
Definition A.2.15 Für eine (rationale) Zahl a ist der Betrag von a definiert durch a für a 0 |a| = −a für a < 0 . Mit Hilfe des Betrages lässt sich der Abstand zweier beliebiger (rationaler) Zahlen a und b definieren. Er ist nichts anders als der Betrag der Differenz der beiden Zahlen, also |a − b|. Beispiel A.2.16 a) |12 − 7| = 5 = |7 − 12| b) |8 − (−6)| = 14 = |−6 − 8| c) |−7 − 2| = 9 = |2 − (−7)| A.2.4 Umformen linearer Ungleichungen Um die Lösungen einer linearen Ungleichung zu bestimmen, formt man sie ähnlich wie eine Gleichung solange um, bis die Variable x isoliert auf einer Seite steht und man also eine einfache Ungleichung wie in Beispiel A.2.13 erhält. Wie bei Gleichungen kann man auf beiden Seiten einer Ungleichung die gleiche Zahl addieren bzw. subtrahieren und beide Seiten einer Ungleichung mit einer positiven Zahl multiplizieren (bzw. dividieren), ohne die Lösung zu verändern. Im Unterschied zu Gleichungen gilt jedoch Regel A.2.17 Multipliziert (bzw. dividiert) man beide Seiten einer Ungleichung mit einer negativen Zahl, so muss man das Ungleichheitszeichen „umdrehen“. Wir wollen diese Regel an einem Beispiel erläutern: Beispiel A.2.18 a) Offenbar gilt 8 < 12. Multipliziert man die Ungleichung auf beiden Seiten mit −1, so erhält man −8 > −12. b) −9 < −6. Division durch −3 liefert 3 > 2.
A.2 Lineare Gleichungen und Ungleichungen
309
Wir wollen die Umformungen anhand von Beispielen erläutern. Beispiel A.2.19 a) 3x + 5 11 3x 6
|−5 |:3
x 2 b)
4 − 3x 7 + 2x
| − 2x
4 − 5x 7
|−4
−5x 3 x −0, 6 c)
−x + 6 − 23 x + 1 − 31 x + 6 1 − 31 x −5 x 15
| : (−5) Durch eine negative Zahl dividiert! | + 23 x |−6 | · (−3) Mit einer negativen Zahl multipliziert!
Aufgabe A.7 Bestimmen Sie die Lösungen der folgenden Ungleichungen und stellen Sie diese an der Zahlengeraden dar. a) 2x − 1 x + 1 b) 4x + 3 < −2x − 3 c) x − 4 4x + 2 d) 3 (x − 1) − 4x 0 e) 8 + (2x − 1) > 5 + 3x f) −5 (1 − 4x) > 20x Lassen Sie uns zum Abschluss ein kleines Anwendungsbeispiel für lineare Ungleichungen betrachten. Beispiel A.2.20 Herr Meier reist für eine Woche nach Hamburg. Für die Erledigung
310
A. Zahlen und Terme
seiner Geschäfte benötigt er einen Leihwagen. Dazu hat er Angebote von zwei Leihfirmen vorliegen. Die Firma A verlangt 150,– e pro Woche und zusätzlich 2,– e für jeden gefahrenen Kilometer. Die Firma B verlangt pauschal 50,– e pro Tag. Die Anzahl der von Herrn Meier zurückgelegten Kilometer werde mit x bezeichnet. Welches Angebot ist günstiger? Die Kosten für eine Woche belaufen sich bei der Firma A auf 2x + 150 und bei der Firma B auf 7 · 50 = 350. Das Angebot der Firma A ist günstiger, wenn gilt 2x + 150 < 350. Wir lösen diese Ungleichung nach x hin auf: 2x < 200 x < 100 Das bedeutet: Das Angebot der Firma A ist günstiger, wenn Herr Meier weniger als 100 km zurücklegt. Bei mehr als 100 km sollte er auf die Firma B zurückgreifen.
A.3 Potenzen und Wurzeln A.3.1 Potenzen mit ganzzahligem Exponenten Wie Sie sicherlich wissen, lautet die Formel zur Berechnung des Flächeninhalts A eines Quadrates mit der Seitenlänge a A = a2 und die Formel zur Berechnung des Volumens V eines Würfels mit der Kantenlänge a V = a3 . Dabei ist a2 eine abkürzende Schreibweise für a · a und a3 = a · a · a. Allgemein gilt die Definition
Potenz
Definition A.3.1 . . · a$ heißt Potenz („a hoch n“). Die (ratioDer Ausdruck an = !a · ."# n−mal
Basis Exponent
nale) Zahl a heißt Basis; die (natürliche) Zahl n heißt Exponent.
A.3 Potenzen und Wurzeln
311
Beispiel A.3.2 a) 102 = 100; 103 = 1000; 104 = 10000 b) (−1)5 = −1; (−1)20 = 1 3 5 125 ; 0, 42 = 0, 16 c) = 3 27 d) a3 · a2 = a · a · a · a · a = a5 = a3+2 2 e) a3 = (a·a·a)·(a·a·a) = a6 = a3·2 Wie in Beispiel A.3.2 d) und e) überlegt man sich leicht, dass für Potenzen die folgenden Rechenregeln (Potenzregeln) gelten: Regel A.3.3 am · an = am+n Regel A.3.4 am = am−n an
(a = 0)
Regel A.3.5 (ab)n = an bn Regel A.3.6 a n b
=
an bn
(b = 0)
Regel A.3.7 n
(am ) = am·n n
Für m = n liefert Regel A.3.4: 1 = aan = an−n = a0 . Für m = 2 und 2 n = 5 erhält man a13 = aa5 = a2−5 = a−3 . Deshalb ist folgende abgeleitete Regel sinnvoll: Regel A.3.8 Für jede (rationale) Zahl a = 0 und jede natürliche Zahl n gilt: a0 = 1;
a−n =
1 . an
Potenzregeln
312
A. Zahlen und Terme
Beispiel A.3.9 a) 10−1 = b) 3−4 =
1 ; 10
1 1 ; 10−3 = 100 1000 −4 1 1 1 = 4 = 1 = 81 1 3 81
10−2 =
1 1 ; = 34 81
3
Die Regeln A.3.3 bis A.3.7 gelten nicht nur für natürliche Zahlen m und n, sondern, wie man leicht nachrechnen kann, auch für ganze Zahlen m und n. Mit Hilfe dieser Regeln kann man oft Potenzterme vereinfachen. Beispiel A.3.10 a) 3x5 y 4 · 4x−3 y 7 = 12x2 y 11 b) (x5 y 2 )−2 ·(x3 y −2 )3 = x−10 y −4 x9 y −6 = x−1 y −10 c) a3 (a2 +a−2 )−3a5 = a5 +a1 −3a5 = −2a5 +a
Aufgabe A.8 Vereinfachen Sie die folgenden Potenzterme: a) x3 y −7 · x5 y 3
b) a4 b7 : (a3 b2 )
c) (x2 y 3 )2 ·(x−2 y)−3
d) a5 (a7 − a−3 )
Beispiel A.3.11 Taschenrechner benutzen zur Darstellung sehr großer bzw. sehr kleiner Zahlen oft eine Darstellung mit Hilfe von Zehnerpotenzen: a) 4.79 08 bedeutet 4, 79·108 = 479.000.000 , b) 6.21−07 bedeutet 6, 21·10−7 = 0, 000000621 . A.3.2 Wurzeln und reelle Zahlen Die einfache quadratische Gleichung x2 = 36 hat zwei Lösungen, nämlich x = 6 (Probe: 6 · 6 = 36) und x = −6 (Probe: (−6) √ · (−6) = 36). Die nicht negative Lösung heißt Wurzel aus 36, also 36 = 6. Allgemein gilt:
A.3 Potenzen und Wurzeln
313
Definition A.3.12 √ Die nicht negative Lösung der Gleichung x2 = a (a ≥ 0) heißt a (Wurzel aus a). √ √ Statt a schreibt man oft auch 2 a (2te Wurzel aus a). Beachten Sie: √ a ist eine eindeutig bestimmte nicht negative √ Zahl; die √ Gleichung x2 =√a dagegen hat zwei Lösungen, nämlich + a und − a, denn es √ gilt ( a)2 = a und (− a)2 = a. Beispiel A.3.13 √ a) 400 = 20, da 202 = 400 √ b) 0 = 0, da 02 = 0 c) 0, 04 = 0, 2, da (0, 2)2 = 0, 04
In Abschnitt A.2.3 haben wir gesehen, dass man jede rationale Zahl als Punkt auf der Zahlengeraden darstellen kann. Wir wollen nun umgekehrt auch verlangen, dass jedem Punkt auf der Zahlengeraden eine Zahl entspricht. Mit anderen Worten: Jeder Strecke s soll eine positive Zahl a als Länge zugeordnet werden. Betrachten wir nun die folgende Abb. A.3.1
1 1 Abb. A.3.1. Quadrat mit dem Flächeninhalt A = 2 cm2
Das kleine Quadrat hat einen Flächeninhalt von 1 cm2 . Das große Quadrat hat offenbar einen doppelt so großen Flächeninhalt, denn es besteht aus vier gleich großen Teildreiecken. Das kleine Quadrat setzt sich aus zwei genauso großen Teildreiecken zusammen. Ist a √ die Kantenlänge des großen Quadrates, dann gilt also a2 = 2 bzw. a = 2. √ Es ergibt sich nun die Frage nach der „Berechnung“ von 2, also ihrer Dezimaldarstellung. Durch Quadrieren erhält man die folgenden Näherungen: √ 1 < 2 < 2, da 12 < 2 < 22 ; √ 1, 4 < 2 < 1, 5, da 1, 42 < 2 < 1, 52 ; √ 1, 41 < 2 < 1, 42, da 1, 412 < 2 < 1, 422 .
Wurzel
314
irrationale Zahlen
reelle Zahlen
A. Zahlen und Terme
√ Benutzt man den Taschenrechner, so erhält man nach Eingabe√von 2 den Wert 1, 4142136. Diese Zahl kann aber offensichtlich nicht 2 sein, da (1, 4142136)2 eine Zahl mit 14 Stellen nach dem Komma ist (letzte Ziffer 6), und damit sicherlich nicht gleich 2 ist. Es handelt sich also auch √ nur um einen Näherungswert. Wie oben überlegt man sich leicht, dass 2 keine√abbrechende Dezimalzahl ist. Man kann darüber hinaus zeigen, dass 2 auch keine periodische Dezimalzahl und damit keine rationale Zahl ist. Zahlen dieser Art, die also keine endlichen und keine periodischen Dezimalzahlen sind, heißen irrationale Zahlen. Man kann ihre Dezimaldarstellung nur näherungsweise angeben, allerdings mit beliebiger Genauigkeit. Außer Wurzeln gibt es noch andere irrationale Zahlen, z. B. π = 3, 141592 . . . und 0, 101001000100001 . . . Die rationalen und irrationalen Zahlen zusammen heißen reelle Zahlen. Jedem Punkt auf der Zahlengeraden entspricht nun eine reelle Zahl und umgekehrt. Alle bisher aufgeschriebenen Rechenregeln für rationale Zahlen gelten auch für reelle Zahlen. Erinnern wir uns an die in Beispiel A.2.14 eingeführten Intervalle. Das abgeschlossene Intervall [−2, 0] bezeichne (von nun an) die Gesamtheit aller reellen Zahlen zwischen −2 und 0 (einschließlich der Eckpunkte). Das entspricht jetzt tatsächlich allen Punkten auf der Zahlengerade zwischen dem Punkt −2 und dem Punkt 0. (Solange wir nur die rationalen Zahlen kannten, gab es dazwischen noch Lücken.) Entsprechendes gilt für die anderen Intervalle. Erinnern wir uns an die Vorzeichenregeln A.1.1, die (jetzt) auch für reelle Zahlen gelten. Hieraus ergibt sich, dass das Quadrat einer reellen Zahl a stets nicht negativ ist („−“· „−“=„+“· „+“= „+“). Das bedeu2 tet, √ dass z. B. die Gleichung x = −4 keine reelle Lösung hat, d.h. −4 ist keine reelle Zahl. Beachten Sie hierzu aber in Anhang B den Abschnitt B.3.5 über komplexe Zahlen. Neben 2-ten Wurzeln als Lösungen einfacher quadratischer Gleichungen untersucht man auch 3-te Wurzeln als Lösungen einfacher Gleichungen 3. Grades. Die Situation ist hier jedoch etwas anders. Die Gleichung x3 = −27 hat genau eine Lösung, nämlich x = −3 √ (Probe: (−3) · (−3) · (−3) = −27). Sie heißt 3. Wurzel aus −27, also 3 −27 = −3. Allgemein gilt:
A.3 Potenzen und Wurzeln
315
Definition A.3.14 √ a) Ist n eine gerade natürliche Zahl und a ≥ 0, so ist n a (n-te Wurzel aus a) die nicht negative Lösung der Gleichung xn = a. b) Ist n eine √ ungerade natürliche Zahl und a eine beliebige reelle Zahl, so ist n a die Lösung der Gleichung xn = a. Beispiel A.3.15 √ √ 2 a) 9 = 9 = 3, da 32 = 9 ; √ b) 5 −32 = −2, da (−2)5 = −32 ; √ c) 4 −16 „gibt es nicht“, da x4 = −16 keine (reelle) Lösung hat 1 . Für das Rechnen mit Wurzeln gilt die folgende Regel: Regel A.3.16 √ √ √ n n a) n a · b = a · b √ n a a b) √ = n n b b √ √ √ Beachten gilt: a + b√= a + b, denn es gilt √ dass im Allgemeinen √ √ Sie, z. B. 9 + 16 = 3 + 4 = 7, aber 9 + 16 = 25 = 5. A.3.3 Potenzen mit rationalen Exponenten Wenden wir die Potenzregel A.3.7 für m = n1 an, so erhalten wir die folgende Rechnung: 1 n 1 an = a n ·n = a1 = a . Andererseits haben wir in Abschnitt die Lösung der Gleichung √ √ A.3.2 n xn = a mit n a bezeichnet, also ( n a) = a. Daher ist die folgende abgeleitete Regel sinnvoll. Regel A.3.17 Für jede natürliche Zahl n, jede ganze Zahl m und jedes reelle a ≥ 0 ist: 1
(1) a n = (2) a 1
m n
√ n
a; √ √ m n = am = n a .
Vgl. Anhang B, Abschnitt B.3.5.
n-te Wurzel
316
A. Zahlen und Terme
Wir beschränken uns hier auf a ≥ 0, um nicht wie in Definition A.3.14 die Fallunterscheidung n gerade bzw. ungerade machen zu müssen. Die Potenzregeln A.3.3–A.3.7 gelten nun auch für rationale Exponenten. Um die vielleicht etwas ungewohnten Schreibweisen einzuüben, wollen wir noch einige Beispiele hierzu geben: Beispiel A.3.18 1 3 √ 3 3 a) 41,5 = 4 2 = 4 2 = 4 = 23 = 8 1 1 1 = 1 = √ 3 3 27 27 3 √ 1 5 c) 1000000,2 = 100000 5 = 100000 = 10 1
b) 27− 3 =
Aufgabe A.9 Berechnen Sie wie in Beispiel A.3.18 die folgenden Potenzen: 2
a) 8 3
2
b) 32− 5
c) 810,25
d) 0, 01−0,5
Auch zur Anwendung der Potenzregeln A.3.3–A.3.7 wollen wir noch einige Beispiele angeben: Beispiel A.3.19 a)
1 4 x8 y −4 = x8 y −4 4 = x2 y −1
√ √ 1 1 1 1 5 3 a6 b a4 b = a6 b 3 a4 b 2 = a2 b 3 a2 b 2 = a4 b 6 √ 4 5 √ x4 4 3 4 3 1 x5 √ = 3 = x 5 x− 10 = x 5 − 10 = x 2 = x c) 10 3 x 10 x
b)
Aufgabe A.10 Vereinfachen Sie die folgenden Potenzterme mit Hilfe der Regeln A.3.3– A.3.7: √ √ 5 3 √ √ 6 √ √ 2 √ a10 b6 6 5 3 5 5 10 2 a) a · a · a b) x y x y c) √ a6 b 4
A.4 Nichtlineare Gleichungen
317
A.4 Nichtlineare Gleichungen A.4.1 Quadratische Gleichungen Eine Gleichung, in der neben Zahlen der Term x und der Term x2 auftreten, heißt quadratische Gleichung. Einfache quadratische Gleichungen der Form x2 = a wurden bereits in Kapitel A.3.2 untersucht. Es gilt:
quadratische Gleichung
Regel A.4.1 Die rein quadratische Gleichung x2 = a hat √ √ 1) zwei reelle Lösungen, nämlich + a und − a, wenn a > 0 ist. √ 2 √ 2 (Probe: (− a) = (+ a) = a), 2) eine (reelle) Lösung für a = 0, nämlich x = 0 (Probe: 02 = 0), 3) keine (reelle) Lösung, wenn a < 0 ist (x2 ist nie negativ). Im Allgemeinen tritt in einer quadratischen Gleichung neben dem Term x2 auch der Term x auf, z. B. x2 + 3x− 10 = 0. Für diese „Normalform“ gibt es eine Lösungsformel: Regel A.4.2 Die quadratische Gleichung in Normalform x2 + px + q = 0 hat 1) für
p 2 2
− q > 0 zwei (reelle) Lösungen, nämlich
p x1 = − + 2 2) für 3) für
p 2 2 p 2 2
p 2 2
p − q und x2 = − − 2
p 2 2
− q = 0 eine (reelle) Lösung, nämlich x = −
−q,
p , 2
− q < 0 keine (reelle) Lösung.
Beispiel A.4.3 1) x2 + 3x − 10 = 0 Der Vergleich mit der Normalform x2 +px+q = 0 zeigt, dass p = +3 und q = −10 ist. 2 p 2 3 49 9 40 = , −q = − (−10) = + 2 2 4 4 4
Normalform
318
A. Zahlen und Terme
es gibt also zwei Lösungen und diese sind: 3 7 49 3 3 7 = − + = 2 und x2 = − − = −5 . x1 = − + 2 4 2 2 2 2 2
Probe: (2) + 3 · 2 − 10 = 4 + 6 − 10 = 0 ; 2
(−5) + 3 · (−5) − 10 = 25 − 15 − 10 = 0 . 1 =0 4 Der Vergleich mit der Normalform x2 +px+q = 0 zeigt, dass p = −1 1 und q = ist. 4 2 p 2 1 1 1 1 −q = − − = − = 0, 2 2 4 4 4
2) x2 − x +
also eine Lösung, nämlich 1 1 x=− − = . 2 2 2 1 1 1 1 1 1 Probe: − + = − + =0 . 2 2 4 4 2 4 5 3) x2 − x + 15 = 0 3 5 Offenbar gilt p = − und q = 15 . 3 2 p 2 5 25 − 15 < 0 , −q = − − 15 = 2 6 36 also gibt es keine (reelle) Lösung. Ist eine quadratische Gleichung nicht in Normalform gegeben, z. B. 4x2 + x − 5 = 11x − x2 , so muss man die Gleichung zunächst auf Normalform bringen und anschließend die Lösungformel anwenden. Beispiel A.4.4 4x2 + x − 5 = 11x − x2 5x2 − 10x − 5 = 0 x − 2x − 1 = 0 2
| − 11x + x2 |:5
A.4 Nichtlineare Gleichungen
319
Die Normalform ist erreicht und man sieht, dass p = −2 und q = −1 ist. p 2 2 − q = (−1) − (−1) = 1 + 1 = 2. 2 Es gibt also 2 Lösungen, nämlich √ √ √ x1 = − (−1) + 2 = 1 + 2 ≈ 2, 414 und x2 = 1 − 2 ≈ −0, 414 („≈“ bedeutet dabei ungefähr gleich). Aufgabe A.11 Lösen Sie die folgenden quadratischen Gleichungen: a) x2 − 8x + 15 = 0 b) x2 + 6x + 20 = 0 1 2 c) x2 − x + = 0 3 9 d) x2 + x − 12 = 0 e)
1 2 x = 27 3
f) 2x2 − 6x − 20 = 0 g) 3x2 − 12x + 20 = 0 h) −9x2 − 12x + 5 = 0 1 2 8 x + x−3=0 3 3 15 j) 7x2 + 2x = 7 k) (3x + 5) (2x − 7) = 7 (7x − 5)
i)
l) 11x2 + 2 (x + 1) = 8x2 + 9x
A.4.2 Andere einfache nichtlineare Gleichungen Für allgemeine Gleichungen 4-ten, 5-ten (allgemein n-ten) Grades (in denen also x4 , x5 bzw. xn auftritt) gibt es keine Lösungsformel. In einigen Spezialfällen lassen sich jedoch die Lösungen bestimmen.
320
A. Zahlen und Terme
Beispiel A.4.5 biquadratische Gleichung
1) Biquadratische Gleichungen: x4 − 6x2 + 8 = 0. Setzt man y = x2 , so erhält man die quadratische Gleichung 2 y 2 − 6y + 8 = 0 (Beachte y 2 = x2 = x4 ). Die Lösungsformel √ (p = −6, q = 8) liefert zwei Lösungen y1 = 3 + 9 − 8 = 3 + 1 = 4 und y2 = 3 − 1 √ = 2. Das ergibt √ dann für x die 4 Lösungen: x1 = 2; x2 = −2; x3 = 2; x4 = − 2.
Ausklammern
4 2) Lösen durch Ausklammern: 5x6 − 20x4 = 0. Hier kann man 5x 4 2 ausklammern und erhält die Gleichung 5x x − 4 = 0. Ein solches Produkt ist genau dann Null, wenn der 1. Faktor 5x4 oder der 2. Faktor x2 − 4 Null ist. 5x4 = 0 gilt für x = 0 und x2 − 4 = 0 gilt für x = 2 oder x = −2. Die Gleichung 5x4 x2 − 4 = 0 hat also drei Lösungen, nämlich x1 = 0, x2 = 2 und x3 = −2.
Aufgabe A.12 a) Lösen Sie die folgenden biquadratischen Gleichungen: (1) x4 − 12x2 + 32 = 0 (2) x4 − x2 − 12 = 0 b) Lösen Sie durch Ausklammern: (1) 3x5 − 48x3 = 0 (2) 4x6 − 8x5 + 4x2 = 0 (3) −2x4 − 16x = 0 (4) x7 + 2x5 = 0
Bruchgleichung
Eine Gleichung, bei der ein Term mit x im Nenner steht, heißt Bruchgleichung. Hierbei muss man zunächst die Nenner beseitigen, indem man beide Seiten der Gleichung mit dem Hauptnenner multipliziert.
A.4 Nichtlineare Gleichungen
321
Beispiel A.4.6 6 = x+1 6 =
1)
| · (x + 1)
3x + 6 (3x + 6) (x + 1)
6 =
3x2 + 6x + 3x + 6 | − 6
0 =
3x2 + 9x
x2 + 3x =
|:3
0
Dies ist eine quadratische Gleichung in Normalform (p = 3, q = 0), sie hat die Lösungen 2 3 3 3 3 = 0 und x2 = − − = −3. x1 = − + 2 2 2 2 6 = 6 = 3·0+6 0+1 x 2 + x+1 x x · x · (x + 1) 2x (x + 1) + x+1 x x2 + 2 (x + 1)
Probe: 2)
6 = −3 = 3 · (−3) + 6 . −3 + 1 = 1 | · x (x + 1)
und
=
1 · x (x + 1)
=
x2 + x
x2 + 2x + 2
=
x2 + x
| − x2 − x
x+2
=
0
|−2
x = −2 2 −2 −2 + = −1=2−1=1 . Probe: −2 + 1 −2 −1 Aufgabe A.13 Lösen Sie die Bruchgleichungen 1 3 = +x x 2 4 2 + =1 b) x−2 x+2
a)
322
A. Zahlen und Terme
A.5 Logarithmen A.5.1 Begriff des Logarithmus Beispiel A.5.1 Die Zinseszinsformel bei jährlicher Verzinsung lautet: p n . Kn = K0 1 + 100 Dabei ist K0 das Anfangskapital, p der Zinssatz, n die Zahl der Jahre und Kn das Kapital nach n Jahren. Die Frage „Nach wie viel Jahren hat sich ein Anfangskapital von 1.000 e bei einem Zinssatz von 10% verdoppelt“ führt zu der Gleichung: 2.000 = 1.000(1 + 0, 1)n bzw. 2 = 1, 1n . Die Zahl, mit der man 1, 1 potenzieren muss, um 2 zu erhalten, heißt Logarithmus von 2 zur Basis 1, 1, geschrieben n = log1,1 2. Mit dem Taschenrechner erhält man n = 7, 2725 (siehe Beispiel A.5.6), d.h. das Kapital hat sich nach 8 Jahren verdoppelt (Beachten Sie, dass aufgerundet werden muss, da nach ganzen Jahren gefragt war).
Logarithmus von b zur Basis a
Definition A.5.2 Für a ≥ 0, a = 1 heißt die Lösung der Gleichung ax = b der Logarithmus von b zur Basis a, geschrieben x = loga b. Es ist also loga b die Zahl, mit der man a potenzieren muss, um b zu erhalten. Beispiel A.5.3 log2 16 = 4, log3
1 = −4, 81
da 24 = 16 ; da 3−4 =
1 1 ; = 34 81
log10 1.000.000 = 6, da 106 = 1.000.000 ; √ √ 1 1 log2 2 = , da 2 2 = 2 ; 2 loga 1 = 0, da a0 = 1 ; √ √ 5 5 loga a5 = , da a 2 = a5 . 2
A.5 Logarithmen
323
Aufgabe A.14 a) Berechnen Sie die folgenden Logarithmen: 1 (1) log2 (2) log2 32 (3) log3 9 8 4 √ √ 3 (5) log3 3 5 (7) loga an (6) logb b2
(4)
log3
1 27
b) Bestimmen Sie jeweils dasjenige x, für welches gilt: 2 (1) log2 x = 5 (2) log2 x = 3 (3)
log3 x = −2 (4)
log10 x = 1
c) Für welche Basis a gilt jeweils: (1)
loga 4 = 2
(2)
loga 2 = 4
(3)
loga 17 = 1
Unter allen Größen a ≥ 0, a = 1, die als Basis bei Logarithmen vorkommen, ist einerseits a = 10 besonders ausgezeichnet: Die Logarithmen zur Basis 10 werden oft auch mit lg abgekürzt: log10 b = lg b , x = lg b ist also die Lösung der Gleichung 10x = b, also die Zahl, mit der man 10 potenzieren muss, um b zu erhalten. Eine weitere „ausgezeichnete“ Basis ist eine Zahl e , die näherungsweise gleich e ≈ 2, 7182818 . . . ist und die aus historischen Gründen Eulersche Zahl (oder Eulersche Konstante) heißt.2 Sie ist eine irrationale Zahl3 . Der exakte Wert dieser Zahl e lässt sich durch verschiedene mathematische Beziehungen beschreiben. Beispielsweise ergibt sich die Zahl e als der Grenzwert der Funktion f (x) = (1 + x1 )n für x → ∞, d.h. n 1 , 1+ x→∞ x
e = lim
bzw. ist e diejenige reelle Zahl x, für welche der Flächeninhalt unter der Kurve f (t) = 1t von 1 bis x den Wert 1 annimmt, d.h.
1 2 3
x
1 dt = 1 für x = e .4 t
Leonard Euler (1707–1783), Schweizer Mathematiker Vgl. Anhang B, Abschnitt B.3.4.
Eulersche Konstante
324
A. Zahlen und Terme
Wir fassen zusammen:
dekadischer Logarithmus
Definition A.5.4 a) Logarithmen zur Basis 10 heißen dekadische Logarithmen. Statt log10 x schreibt man kurz lg x.5
natürlicher Logarithmus
b) Logarithmen zur Basis e = 2, 7182818284 . . . heißen natürliche Logarithmen. Statt loge x schreibt man kurz ln x.
dualer oder binärer Logarithmus
c) Logarithmen zur Basis 2 heißen duale oder binäre Logarithmen. Statt log2 x schreibt man dafür auch ld x oder lb x. Zur Berechnung von ln x und lg x gibt es auf den meisten Taschenrechnern eine spezielle Taste. Aber auch Logarithmen zu beliebigen Basen lassen sich mit Hilfe eines Taschenrechners bestimmen, wenn man die folgende Umformungsregel beachtet: Regel A.5.5 logb x =
loga x loga b
Beispiel A.5.6 log1,1 2 =
ln 2 = 7, 2725 ln 1, 1
A.5.2 Rechenregeln für Logarithmen Mit Hilfe der Potenzregeln aus Abschnitt A.3.1 erhält man für Logarithmen die folgenden Rechenregeln (der Einfachheit halber ist die Basis weggelassen worden): Regel A.5.7 a) log(ab) = log a + log b a b) log = log a − log b b c) log (an ) = n log a √ 1 d) log n a = log a n 4 5
Vgl. Beispiel 1.5.3 In manchen Büchern finden Sie hierfür auch log x.
A.5 Logarithmen
325
Logarithmen spielten früher bei numerischen Berechnungen eine große Rolle, da man mit Hilfe der Regel A.5.7 Multiplikationen, Divisionen und Potenzen auf Additionen, Subtraktionen bzw. Multiplikationen zurückführen kann. Im Zeitalter der elektronischen Taschenrechner ist die Bedeutung dieser Anwendung von Logarithmen jedoch stark zurückgegangen. Beim Auflösen von Gleichungen oder Ungleichungen nach (unbekannten) Größen, die im Exponenten stehen, braucht man aber den Logarithmus (vgl. Beispiel 2.6.3 und Aufgabe 2.15).
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
B.1 Aussagenlogik Die Logik – die Lehre vom folgerichtigen Denken – entstand ursprünglich als ein Teilgebiet der Philosophie und geht zurück auf den griechischen Philosophen Aristoteles (384 - 322 v. Chr.). Die Aussagenlogik befasst sich – wie der Name schon andeutet – mit Aussagen und deren Verknüpfung. Allgemein in der Wissenschaft werden Vorgänge und Zusammenhänge in Form von Aussagen dargestellt. Dabei ist die Eindeutigkeit der Begriffsbildung und die präzise logische Folgerung von grundlegender Bedeutung. Neben der Aussagenlogik gibt es die Prädikatenlogik, in der die Struktur einzelner Aussagen untersucht wird. Hiermit beschäftigen wir uns nicht.
B.1.1 Aussagen und Wahrheitswerte Der Alltag unserer Sprache kennt verschiedene Arten von Sätzen: z. B. Fragesätze (Regnet es?), Aufforderungssätze (Gib mir die Zeitung!), Wunschsätze (Ich möchte gerne spazieren gehen), Aussagesätze (Es regnet). Aussagesätze beschreiben einen Sachverhalt und zeichnen sich unter den anderen dadurch aus, dass ihnen ein „Wahrheitsgehalt“ (wahr, falsch) zugeordnet werden kann. Aussagen im Sinne der Aussagenlogik sind aber nur solche Aussagesätze, von denen objektiv gesagt werden kann, ob sie wahr oder falsch sind. Dies ist bei „Es regnet“ unter Berücksichtigung örtlicher und zeitlicher Beschränkungen der Fall. Dagegen kann der Satz „Die Prüfungsklausur war schwer“ nur subjektiv (und zwar sehr unterschiedlich) beantwortet werden; dieser Satz ist zwar ein Aussagesatz, aber keine Aussage im Sinne der Aussagenlogik.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 G. Adams et al., Mathematik zum Studieneinstieg, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58738-6_8
327
328
Aussage
Wahrheitswert
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
Vereinbarung B.1.1 Eine Aussage ist ein grammatischer Satz, der objektiv nach „wahr“ oder „falsch“ klassifiziert werden kann. Es gibt keine Aussage, die sowohl „wahr“ als auch „falsch“ ist. Die Wörter „wahr“ und „falsch“, mit denen wir über Aussagen sprechen, nennen wir Wahrheitswerte. Als Abkürzung für Aussagen wählen wir große Buchstaben (A, B, . . . ), und als Abkürzung für den Wahrheitswert schreiben wir „w“ bzw. „f“. Bemerkung B.1.2 a) Wir haben den Begriff „Aussage“ erklärt, aber nicht im strengen Sinne definiert. Denn wir führen ihn auf die Begriffe „grammatischer Satz“, „wahr“ und „falsch“ zurück, die vorher nicht festgelegt worden sind und die als Grundbegriffe vorausgesetzt werden.
Zweiwertigkeit
b) Die Möglichkeit, in der Sprache der Aussagenlogik Sachverhalte eindeutig, zeitunabhängig und allgemein gültig darstellen zu können, wird über die einschneidende Einschränkung der üblichen Denkweise erkauft, dass Aussagen entweder nur wahr oder nur falsch sein können. Fälle wie „so gut wie wahr“, „fast immer falsch“ sind nicht zugelassen. Diese so genannten Zweiwertigkeit von Aussagen wird dem Denken künstlich aufgesetzt. Beispiel B.1.3 Aussage
Wahrheitswert
Wenn es regnet, wird die Straße nass. w Paris ist die Hauptstadt Italiens. 1
f
Es gibt eine gerade Primzahl .
w (nämlich 2)
3+5=8
w
Aufgabe B.1 Welche der folgenden Sätze sind Aussagen im Sinne der Aussagenlogik? a) Ein Würfel hat 7 Seiten. b) Tanzen ist schön. c) 9 < 8 d) x + y 1
Primzahlen sind natürliche Zahlen, die nur durch sich selbst und durch 1 teilbar sind.
B.1 Aussagenlogik
329
B.1.2 Aussageform Es gibt Ausdrücke, die zwar die Form einer Aussage haben, wie z. B. „(x − 2) (x + 3) = 0“, aber keine Aussagen im Sinne der Vereinbarung B.1.1 sind, da man – wegen der vorkommenden Größe x, über die nichts vorausgesetzt ist – nicht sagen kann, ob sie wahr oder falsch sind. Man nennt sie Aussageformen. In der Mathematik kommen Aussageformen oft vor: Es wird eine Bedingung formuliert und anschließend untersucht, welche Größen diese Bedingungen erfüllen bzw. ob es überhaupt solche Größen gibt.
Aussageform
Beispiel B.1.4 „(x − 2) (x + 3) = 0“ ist eine Aussageform, die durch Einsetzen der Zahlen 2 bzw. −3 (für x) jeweils in eine wahre Aussage übergeht, nämlich in „(2 − 2) (2 + 3) = 0“ bzw. „(−3 − 2) (−3 + 3) = 0“. Durch Einsetzen von anderen Zahlen (für x) geht diese Aussageform in eine falsche Aussage über, wie z. B. „(5 − 2) (5 + 3) = 0“. Den Buchstaben x in „(x − 2) (x + 3) = 0“ nennt man Variable oder auch Platzhalter. Er kennzeichnet eine Leerstelle, statt derer Objekte (hier Zahlen) einzusetzen sind. Die in der Aussageform vorkommende Variable kann nur durch Einsetzen eines sinnvollen Objekts in eine (wahre oder falsche) Aussage überführt werden. So macht es z. B. keinen Sinn, „Rom“ für x in „(x − 2) (x + 3) = 0“ einzusetzen. Aber in die Aussageform „x ist die Hauptstadt von Frankreich“ kann „Rom“ sinnvoll eingesetzt werden (der entstehenden Aussage kann objektiv ein Wahrheitswert zugeordnet werden, nämlich „f“). Die in eine Aussageform einzusetzenden Objekte müssen also einer sog. Grundmenge entnommen werden. Vereinbarung B.1.5 Eine Aussageform ist ein grammatischer Satz, in dem wenigstens eine durch ein Zeichen (meistens durch einen Buchstaben) gekennzeichnete Leerstelle auftritt. Das an der Leerstelle stehende Zeichen heißt Variable (oder Platzhalter). Die Aussageform wird zu einer Aussage, wenn für die auftretenden Variablen Objekte der entsprechenden Grundmenge eingesetzt werden. Als Grundmenge bezeichnen wir dabei eine Zusammenfassung von Objekten, die, in die Aussageform eingesetzt, die Aussageform in eine Aussage überführen. Zur Unterscheidung von Aussagen A, B usw. werden Aussageformen kurz mit A (x), B (x) usw. bezeichnet.2 2
Die am häufigsten vorkommende Bezeichnung für eine Variable ist x. Grundsätzlich kann irgendein Symbol vereinbart werden, z. B. , y, z,
Variable Platzhalter sinnvolles Objekt
Grundmenge
330
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
Beispiel B.1.6 Satz x ist durch 2 teilbar. x+y ist Straße in Hamburg. Du kannst jeden x-beliebigen Namen einsetzen.
Es handelt sich um eine Aussageform? ja nein ja nein
Aufgabe B.2 Ordnen Sie den folgenden Aussageformen (1) - (4) jeweils eine der Grundmengen (5) - (8) zu: (1) x ist eine positive Zahl. (2) x ist kleiner als 10. (3) y ist ein Metall. (4) z ist eine Gleichung. (5) {Kupfer, Eisen, Brot} (6) {1, 10, 100, 1000} (7) {a + b = 2, a2 } (8) {−100, −10, 10, 100}
wahre Aussage
Diejenigen Objekte der Grundmenge, die eine Aussageform in eine wahre Aussage überführen, werden besonders hervorgehoben:
Lösung der Aussageform
Definition B.1.7 Jedes Objekt der Grundmenge, für das die Aussageform in eine wahre Aussage übergeht, heißt Lösung der Aussageform. Durch eine Lösung wird die Aussageform erfüllt. u, v, , usw. Der Fall, dass in einer Aussageform für dieselbe Variable (z. B. x) zwei verschiedene Werte eingesetzt werden, ist unzulässig, da x ja Platzhalter für eine einzusetzende Zahl ist; wie häufig x in der Aussagenform vorkommt, ist dabei unerheblich. Es gibt auch Aussageformen, in denen zwei (oder mehrere) Variablen vorkommen, z. B. x2 + y 2 = 1, hierauf gehen wir im Rahmen dieses Buches nicht näher ein. Sie spielen aber z. B. im Gebiet „Funktionen mehrerer Variablen“ eine große Rolle, vgl. hierzu etwa Rödder et al. (1997) Bd. 3 (Analysis II).
B.1 Aussagenlogik
331
Aussageformen können mehrere, eine, aber auch keine Lösung besitzen, dies hängt auch von der Wahl der Grundmenge ab. Beispiel B.1.8 Die Aussageform „2x = 3“ besitzt bzgl. der Grundmenge der natürlichen Zahlen keine Lösung, d.h. es gibt keine natürliche Zahl, die – für x eingesetzt – die Aussageform in eine wahre Aussage überführt. Bezüglich der Grundmenge der positiven Brüche, d.h. der Zahlen, die a mit natürlichen Zahlen a und b darstellen lassen, sich in der Form b 3 wird diese Aussageform dagegen erfüllbar: Die (einzige) Lösung ist . 2 Bei den bzgl. einer Grundmenge erfüllbaren bzw. nicht erfüllbaren Aussageformen unterscheidet man noch (wieder bzgl. einer Grundmenge) allgemein gültige Aussageformen wie z. B. „1x = x“. Diese Aussageform ist bzgl. der Grundmenge der natürlichen Zahlen allgemein gültig.3 Definition B.1.9 a) Wenn eine Aussageform A (x) für alle Objekte einer Grundmenge G in eine wahre Aussage übergeht, so heißt A (x) bzgl. G allgemein gültig. b) Wenn es (mindestens) ein Objekt der Grundmenge G gibt, so dass die Aussageform A (x) bei Einsetzung dieses Objektes für x in eine wahre Aussage übergeht, so heißt A (x)bzgl. G erfüllbar. c) Wenn es kein Objekt in der Grundmenge gibt, so dass die Aussageform A (x) in eine wahre Aussage übergeht, so heißt A (x) bzgl. G unerfüllbar. Bemerkung B.1.10 Beim Begriff der Erfüllbarkeit einer Aussageform spielt es keine Rolle, wie viele Lösungen es gibt, wesentlich ist, dass es (mindestens) eine gibt. Ein wichtiges Anwendungsgebiet der Aussageformen sind Gleichungen (bzw. Ungleichungen)4 . Mit der Definition der Lösung einer Aussageform haben wir also insbesondere den Begriff der „Lösung einer Gleichung“ präzise gefasst. 3 4
Wir beschränken uns hier auf die natürlichen Zahlen; diese Aussageform ist auch bzgl. anderer Zahlenbereiche allgemein gültig. Vgl. Anhang A, Abschnitt A.2.
allgemein gültige Aussageform erfüllbare Aussageform
unerfüllbare Aussageform
332
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
Beispiel B.1.11 Wir versuchen, die folgenden Gleichungen mit Hilfe der üblichen Rechenregeln zu lösen: a) x−2 = x+3 x−2 = x+3
|−x
−2 = 3 b)
4x + 3 = 4x + 3 = 8 4x − x + 3 = 2 8 4x − x = 2 0 =
1 (8x + 6) 2 8 6 x+ 2 2 6 + 2 6 + −3 2 0
8 |− x 2 |−3
Warum führt die Anwendung des üblichen Rechenschemas hier nicht weiter? Zu a) Die Gleichung „x − 2 = x + 3“ ist eine unerfüllbare Aussageform, und zwar sogar unabhängig davon, welchen Zahlenbereich5 als Grundmenge wir wählen. Daher führt die Anwendung der üblichen Rechenregeln zu dem „unsinnigen“ Ergebnis −2 = 3. Zu b) Kürzt man im 1. Schritt die auf der rechten Seite stehenden Brüche, so erhält man „4x + 3 = 4x + 3“. Diese Aussageform ist offensichtlich allgemein gültig, ebenfalls unabhängig von der Wahl eines Zahlenbereiches als Grundmenge. Daher führt die Anwendung der Rechenregeln zu der immer gültigen Aussage „0 = 0“. Aufgabe B.3 Welche der folgenden Aussageformen sind bzgl. des Grundbereiches der natürlichen Zahlen allgemein gültig, erfüllbar bzw. unerfüllbar? a) 5 + x = 7 b) 6 + x = x + 6 c) 6 + x = 6 d) 6x = 6 5
Vgl. Abschnitt B.3.
B.1 Aussagenlogik
333
B.1.3 Konjunktion und Disjunktion Die in unserer Sprache gebräuchlichen Worte „und“ bzw. „oder“ verbinden sprachliche Ausdrücke auf vielfältige Weise. Nur ein Teil der sprachlichen Möglichkeiten lässt sich in die strenge Form der Aussagenlogik fassen, in der die Aussagenverknüpfungen „A und B“ und „A oder B“ mit den zugehörigen Wahrheitswerten eindeutig festgelegt sind. In der Aussagenlogik verwendet man für die Verbindung zweier Aussagen durch „und“ bzw. durch „oder“ die Symbole ∧ bzw. ∨. Ist z. B. A die Aussage „Die Arbeitsproduktivität steigt“ und B die Aussage „Die Lebenshaltungskosten steigen“, so verstehen wir unter A ∧ B: „Die Arbeitsproduktivität steigt und die Lebenshaltungskosten steigen“, A ∨ B: „Die Arbeitsproduktivität steigt oder die Lebenshaltungskosten steigen“. Es handelt sich bei den Aussagenverbindungen ∧ bzw. ∨ um so genannte Aussagenverknüpfungen. Das Wort Verknüpfung beinhaltet dabei, dass aus zwei Aussagen A, B eine neue Aussage, nämlich A ∧ B (lies „A und B“, Konjunktion von A und B) bzw. A ∨ B (lies „A oder B“, Disjunktion von A und B) „hergestellt“ wird. Aussagenverknüpfungen haben also die Eigenschaft:
Aussagenverknüpfungen Konjunktion Disjunktion
Sind A und B Aussagen, so ist das Ergebnis einer Verknüpfung von A und B (also z. B. A ∨ B, A ∧ B) wieder eine Aussage, der insbesondere wieder ein Wahrheitswert zugeordnet werden kann. Der aussagenlogische Wahrheitswert der zusammengesetzten (neuen) Aussage A ∧ B bzw. A ∨ B hängt definitorisch von den Wahrheitswerten von A und B ab. Diese Abhängigkeit lässt sich in übersichtlicher Form in einer so genannten Wahrheitswertetafel (kurz: Wahrheitstafel) notieren, vgl. Tab. B.1.1. Dort sind in den Spalten unter A und B alle möglichen Kombinationen der Wahrheitswerte für A und B aufgeführt. Die Spalte unter A∧B (bzw. unter A∨B) enthält dann den zugehörigen Wahrheitswert von A ∧ B (bzw. A ∨ B).
Wahrheitstafel
334
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche Tabelle B.1.1. Wahrheitstafel für Konjunktion und Disjunktion
A
B
A∧B
A∨B
w
w
w
w
w
f
f
w
f
w
f
w
f
f
f
f
Beispiel B.1.12 1) Die Aussage „6 ist durch 2 und durch 5 teilbar“ besitzt die Form A ∧ B. Sie ist falsch, da die Teilaussage B „6 ist durch 5 teilbar“ falsch ist (vgl. 2. Zeile in Tabelle B.1.1).
nicht ausschließendes Oder ausschließendes Oder
2) Die Aussage „Die Sekretärin spricht englisch oder spanisch“ besitzt die Form A ∨ B. Sie ist wahr, wenn die Sekretärin entweder englisch oder spanisch spricht. Aber selbstverständlich darf sie auch beide Sprachen sprechen. Es handelt sich um das nicht ausschließende Oder im Sinne von „entweder-oder oder beides“ (lat. „vel“, das Symbol ∨ erinnert hieran). 3) Bei der Aussage „Ich reise morgen oder übermorgen ab“ ist das „oder“ in ausschließendem Sinn gemeint, (lat.: „aut“: entweder-oder, aber nicht beides) . Diese Aussage kann nicht in der Form A ∨ B geschrieben werden. Aufgabe B.4 Sind folgende Aussagen wahr oder falsch? a) −3 ist eine negative Zahl und 2 < 0. b) 22 = 4 und 4 > 1. c) 3 ist eine Primzahl oder 5 ist Vielfaches von 3. √ d) 4 = 2 oder mein Name ist Hase. Aussagen der Form A ∧ B und A ∨ B können wiederum durch ∧ und ∨ mit (anderen) Aussagen verknüpft werden. Die hierbei geltenden Regeln, die Sie analog vom Rechnen mit Zahlen kennen, sind in Tab. B.1.2 aufgeführt. Dabei ist in der 2. Spalte das Gleichheitszeichen jeweils so zu interpretieren, dass die auf der linken Seite des Gleichheitszeichens stehende Aussage stets denselben Wahrheitswert besitzt wie die auf der rechten Seite des Gleichheitszeichens stehende Aussage.
B.1 Aussagenlogik
335
Tabelle B.1.2. Regeln für die Aussagenverknüpfungen ∧, ∨ für Zahlen
für Aussagen
Name
a+b=b+a
A∧B =B∧A
Kommutativ-
a·b=b·a
A∨B =B∨A
gesetze
a + (b + c) = (a + b) + c A ∧ (B ∧ C) = (A ∧ B) ∧ C
Assoziativ-
a · (b · c) = (a · b) · c
gesetze
A ∨ (B ∨ C) = (A ∨ B) ∨ C
a · (b + c) = a · b + a · c A ∨ (B ∧ C) = (A ∨ B) ∧ (A ∨ C) DistributivA ∧ (B ∨ C) = (A ∧ B) ∨ (A ∧ C) gesetze
Beispiel B.1.13 Wir zeigen anhand einer Wahrheitstafel, dass das Kommutativgesetz für die Verknüpfung ∧ bzw. ∨ für beliebige Aussagen A, B gültig ist. A
B
A∧B
B∧A A∨B
B∨A
w
w
w
w
w
w
w
f
f
f
w
w
f
w
f
f
w
w
f
f
f
f
f
f
Aufgabe B.5 Zeigen Sie, dass die beiden Distributivgesetze für beliebige Aussagen A, B und C gültig sind. (Anleitung: Gehen Sie analog zu Beispiel B.1.13 vor.) Aussageformen kann man wie Aussagen miteinander verknüpfen. Damit das Ergebnis sinnvoll definiert, also wieder eine Aussageform ist, müssen die beiden miteinander verknüpften Aussageformen dieselbe Grundmenge besitzen. So gibt es z. B. kein Objekt, das den Satz „x ist kleiner als 2 und x ist Hauptstadt von Italien“ in eine (wahre oder falsche) Aussage überführt. Sind A (x) und B (x) zwei Aussageformen mit derselben Grundmenge, so verstehen wir unter A (x) ∧ B (x) eine Aussageform, die (durch Einsetzen von Objekten der Grundmenge) in eine wahre Aussage übergeht, wenn sowohl A (x) als auch B (x) in wahre Aussagen übergehen. A (x) ∨ B (x) eine Aussageform, die (durch Einsetzen von Objekten der Grundmenge) in eine wahre Aussage übergeht, wenn A (x) oder B (x) in eine wahre Aussage übergehen.
336
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
Beispiel B.1.14 Wir betrachten die Aussageformen: A (x) : 3 < x, B (x) : x < 10 bzgl. der Zahlen {1, 2, 3, . . . , 20} als Grundmenge. Dann sind A (x) ∧ B (x) : (3 < x) und (x < 10) , A (x) ∨ B (x) : (3 < x) oder (x < 10) wieder Aussageformen bzgl. derselben Grundmenge. Sie gehen in wahre oder falsche Aussagen über, je nach dem, welche Zahlen (der Grundmenge) wir für x einsetzen. In der folgenden Tabelle B.1.3 sind die Lösungen von A (x), B (x), A (x)∧B (x) und A (x)∨B (x), d.h. die Zahlen, für die die betreffenden Aussageformen in wahre Aussagen übergehen, jeweils aufgelistet: Tabelle B.1.3. Lösungen von A (x), B (x), A (x) ∧ B (x), A (x) ∨ B (x)
A (x)
B (x)
A (x) ∧ B (x)
A (x) ∨ B (x)
4, 5, . . . , 20
1, 2, . . . ,9
4, 5, . . . , 9
1, 2, . . . , 20
B.1.4 Negation Das „Gegenteil“ einer Aussage A (Es regnet) ist ihre Verneinung oder Negation: „nicht A“ (Es regnet nicht). Wir verwenden für das Wort „nicht“ das Symbol ¬.6
Negation
Definition B.1.15 Die Negation einer Aussage A ist eine Aussage ¬A (lies: nicht A), die genau dann wahr ist, wenn A falsch ist. Bei der Negation einer Aussage A kehrt sich also ihr Wahrheitswert um:
Zweiwertigkeit
Die Forderung nach der Zweiwertigkeit von Aussagen (eine Aussage ist entweder wahr oder falsch, eine dritte Möglichkeit gibt es nicht7 ) führt zu der Regel von der doppelten Verneinung. 6 7
¯ für „nicht Man findet in der Literatur dafür auch andere Symbole, z. B. A A“. Hierzu ist auch der lateinische Begriff „tertium non datur“ gebräuchlich.
B.1 Aussagenlogik
337
Tabelle B.1.4. Wahrheitstafel für Negation A
¬A
w
f
f
w
¬ (¬A) = A Regel von der doppelten Verneinung Da die Definition der Negation einer Aussage unserem Sprachgefühl entspricht, bereitet sie bei einfachen Aussagen keine Probleme. Etwas schwieriger wird es dagegen bei zusammengesetzten Aussagen der Form A ∧ B bzw. A ∨ B. Beispiel B.1.16 mögl. andere Aussage
Schreibweise
Wahrheitswert
1)
A
3 ist gleich 4
3=4
f
2)
B
3 ist kleiner als 4
3 3) . Zu 5): 2 ≤ x ≤ 10 ist die Kurzform von (2 ≤ x ∧ x ≤ 10). 9
Der Einfachheit halber beschränken wir uns hier und im Folgenden auf die natürlichen Zahlen.
B.1 Aussagenlogik
341
Aufgabe B.8 Es sei A (x) eine Aussageform und G eine zugehörige Grundmenge. Besitzen dann die Aussageformen a) A (x) ∧ ¬A (x) b) A (x) ∨ ¬A (x) keine Lösung oder sind alle Objekte von G Lösungen von a) bzw. b)? B.1.5 Implikation und Äquivalenz Auch ohne besondere Vorkenntnisse können Sie erkennen, dass es sich bei „Wenn x durch 10 teilbar ist, dann ist x durch 5 teilbar“ um einen Satz der Zahlentheorie handelt, der bzgl. der Grundmenge der natürlichen Zahlen stets wahr ist. Durch „Wenn . . . , dann . . . “ wird hier zwischen den beiden Aussageformen A (x): „x ist durch 10 teilbar“ (Kurzform: 10|x; lies: 10 teilt x) B (x): „x ist durch 5 teilbar“ (Kurzform: 5|x) eine Beziehung hergestellt. Eine solche „wenn . . . , dann . . . “-Beziehung nennt man eine (logische) Implikation oder auch Folgerung. Man sagt: „Aus A (x) folgt B (x)“ oder „A (x) impliziert B (x)“ und schreibt „A (x) ⇒ B (x)“. Betrachten wir die beiden Aussageformen A (x) und B (x) einzeln, so sind beide erfüllbar (es gibt durch 10 teilbare bzw. durch 5 teilbare natürliche Zahlen). Aber weder A (x) noch B (x) ist allgemein gültig (es gibt natürliche Zahlen, die nicht durch 10 bzw. nicht durch 5 teilbar sind). Dagegen ist die zusammengesetzte Aussageform A (x) ⇒ B (x) (wenn x durch 10 teilbar ist, dann auch durch 5) eine allgemein gültige Aussageform. Es reicht aus, wenn Sie an dieser Stelle intuitiv erfassen, was unter „einer Aussageform A (x) ⇒ B (x), bei der für alle x der Grundmenge die entstehende Aussage wahr ist“ zu verstehen ist. Für Interessierte sei hier der etwas schwierigere Hintergrund dargestellt: Durch das Symbol „→“ werden zwei Aussagen A, B in der Form A → B (lies: wenn A, dann B) verknüpft. Diese Aussagenverknüpfung heißt Subjunktion und ihr werden folgende Wahrheitswerte zugeordnet: A
B
A→B
w
w
w
w
f
f
f
w
w
f
f
w
Implikation Folgerung
342
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche Die Formulierung „Wenn A dann B“ für A → B trifft nicht genau den Zusammenhang, der durch diese Wahrheitstafel gegeben ist. Unsere Sprache hat aber keine genau passende Formulierung hierfür. Wie für Aussagen lässt sich für Aussageformen die Subjunktion definieren: A (x) → B (x). Dies ist wieder eine Aussageform, insbesondere kann sie allgemein gültig sein, dann schreibt man A (x) ⇒ B (x), (also ⇒ statt →). Setzen wir (nacheinander) alle x der Grundmenge in eine allgemein gültige Aussageform A (x) → B (x) ein, so entsteht jeweils eine Aussage A → B, deren Wahrheitswert „wahr“ ist. Für das Beispiel (10|x) → (5|x) haben wir das durchgeführt: 10|x
5|x
(10|x) → (5|x)
Aussage
A
B
A→B
x = 10, 20, 20, . . .
w
w
w
x = 5, 15, 25, 35, . . .
f
w
w
x = 1, 2, 3, 4, 6, 7, 8, 9, 11, . . .
f
f
w
Aussageform
Die letzte Spalte belegt, dass (10|x) → (5|x) allgemein gültig ist.
Definition B.1.20 Eine (logische) Implikation A (x) ⇒ B (x) ist eine allgemein gültige Aussageform. Für alle Objekte der Grundmenge ist die aus A (x) ⇒ B (x) entstehende Aussage wahr. Bemerkung B.1.21 a) Damit eine „Wenn . . . , dann . . . “-Beziehung zwischen Aussageformen überhaupt sinnvoll sein kann, muss natürlich analog zur Verknüpfung von Aussageformen durch ∧ bzw. ∨ dieselbe Grundmenge vorliegen. b) Bei einer Implikation A (x) ⇒ B (x) sagt man auch: hinreichende Bedingung notwendige Bedingung
A (x) ist hinreichende Bedingung für B (x), B (x) ist notwendige Bedingung für A (x). Nochmals auf unser Beispiel zurückkommend, ist also die Teilbarkeit einer Zahl durch 10 hinreichend für die Teilbarkeit dieser Zahl durch 5 (wenn durch 10, dann auch durch 5). Umgekehrt ist die Teilbarkeit durch 5 notwendig (aber nicht hinreichend) für die Teilbarkeit durch 10 (wenn nicht einmal durch 5, dann „erst recht“ nicht durch 10).
B.1 Aussagenlogik
343
Aufgabe B.9 Welche der folgenden Aussageformen sind Implikationen A (x) ⇒ B (x)? (1) „Wenn x ein Quadrat ist, dann ist x ein Rechteck“ (Grundmenge: Vierecke) (2) „Wenn x ein Metall ist, dann leitet x den Strom“ (Grundmenge: {Kupfer, Kohle, Holz}) (3) „Wenn x heiß ist, dann ist x ein Topf“ (Grundmenge: Küchengeräte) Die Negation von (logischen) Implikationen spielt bei mathematischen Zusammenhängen eine große Rolle. ¬ (A (x) ⇒ B (x)) bedeutet: Es gibt (mindestens) ein x, so dass aus A (x) nicht B (x) folgt. Mit anderen Worten: Um zu zeigen, dass A (x) ⇒ B (x) falsch ist, reicht es aus, ein sog. Gegenbeispiel anzugeben.
Gegenbeispiel
Beispiel B.1.22 Es sei A (x): „x ist eine Primzahl“ und B (x): „x ist nicht durch 2 teilbar“. Dann ist A (x) ⇒ B (x) falsch, denn es gibt eine Primzahl, die durch 2 teilbar ist: nämlich 2. Bei einer Implikation A (x) ⇒ B (x) folgert man „von links nach rechts“: „Aus A (x) folgt B (x)“. Über die Rück-Richtung „Aus B (x) folgt A (x)“ wird dabei nichts ausgesagt. Diese Rück-Richtung kann falsch sein (ein Quadrat ist stets ein Rechteck, aber ein Rechteck ist nicht stets ein Quadrat). Sie kann aber auch „gleichzeitig“ mit der HinRichtung richtig sein (positive, ganze Zahlen sind natürliche Zahlen und natürliche Zahlen sind positiv und ganz). Wenn mit A (x) ⇒ B (x) („gleichzeitig“) auch B (x) ⇒ A (x) gilt, so heißen die beiden Aussageformen A (x) und B (x) (logisch) äquivalent und man schreibt: A (x) ⇔ B (x). Mit Hilfe der ∧-Verknüpfung lässt sich die Äquivalenz auf die Implikation zurückführen: [A (x) ⇔ B (x)] = [(A (x) ⇒ B (x)) ∧ (B (x) ⇒ A (x))] . Sprachlich wird die Äquivalenz durch „genau dann, wenn“ oder „dann und nur dann, wenn“ ausgedrückt.
äquivalente Aussagen Äquivalenz
344
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
Beispiel B.1.23 (1) Genau dann, wenn x durch 10 teilbar ist, ist x durch 5 und durch 2 teilbar: (10|x) ⇔ (5|x ∧ 2|x) . (2) Dann und nur dann, wenn 2 Teiler von x ist, ist x eine gerade Zahl: (2|x) ⇔ (x gerade ) .
Bemerkung B.1.24 (1) Ist A (x) ⇔ B (x) eine (logische) Äquivalenz, so sagt man auch notwendige und hinreichende Bedingung
B (x) ist notwendig und hinreichend für A (x), A (x) ist hinreichend und notwendig für B (x) . (2) Es ist wichtig, die Negation einer (logischen) Äquivalenz richtig aufzuschlüsseln: ¬ [A (x) ⇔ B (x)] ¬ [(A (x) ⇒ B (x)) ∧ (B (x) ⇒ A (x))].
bedeutet:
Letzteres heißt aber nichts anderes als ¬ [A (x) ⇒ B (x)] ∨ ¬ [B (x) ⇒ A (x)]. In Worten: Entweder ist B (x) nicht notwendig für A (x) oder umgekehrt. Beispiel B.1.25 Es sei A (x): „x ist ein Dreieck“ und B (x): „x ist ein gleichseitiges Dreieck“. Diese beiden Aussageformen sind nicht äquivalent: B (x) ⇒ A (x) ist zwar richtig, aber A (x) ⇒ B (x) nicht, denn nicht jedes Dreieck ist gleichseitig.
B.2 Mengen Die Bezeichnungen der Mengenlehre sind heute Grundlage und Hilfsmittel in allen Teilbereichen der Mathematik. Sie bieten die Möglichkeit, Sachverhalte kurz, übersichtlich und eindeutig darstellen zu können, und haben sich daher bewährt und durchgesetzt. Wir führen Sie in diesem Abschnitt in die wichtigsten Grundbegriffe und Notationen ein, die wir in allen Kapiteln verwenden und ohne die Sie kaum moderne Lehrbücher über Mathematik, Wirtschaftsmathematik oder quantitative Zusammenhänge in „Ihrem Fach“ lesen geschweige denn beschreiben können.
B.2 Mengen
345
B.2.1 Mengen und ihre Schreibweise Was meint man in der Mathematik, wenn man von Mengen spricht? Beispiel B.2.1 Ein Kind bekommt eine Tonne mit bunten Bauklötzen geschenkt. Es sucht daraus alle roten Klötze heraus und hat damit die „Menge der roten Klötze (der Tonne)“ gebildet. Bei der Bildung von Mengen werden also Objekte (aus einer Grundgesamtheit) ausgesondert und zusammengefasst. Dies kann konkret durch Beiseitelegen, aber auch rein gedanklich vorgenommen werden, z. B. wenn man sich die „Menge der Hauptstädte der Europäischen Union“ vorstellt.
Zusammenfassung von Objekten
Die Entwicklung der Mengenlehre geht zurück auf den deutschen Mathematiker Georg Cantor (1845–1918). Er erklärte den Begriff „Menge“ folgendermaßen: Definition B.2.2 Unter einer Menge versteht man die Zusammenfassung von bestimmten, wohlunterschiedenen Objekten zu einem Ganzen. Die Objekte, die zu einer Menge zusammengefasst werden, heißen Elemente dieser Menge.
Menge Elemente
Bemerkung B.2.3 a) Der Begriff Objekt ist umfassend gemeint; Objekte bzw. Elemente einer Menge können sein:
Objekt
- Gegenstände (z. B. Menge der viertürigen Autos auf einem Parkplatz), - Lebewesen (z. B. Menge der Hunde auf einem Übungsplatz), - Ereignisse (z. B. Menge der Verkehrsunfälle an einem Tag in einer Stadt), - sprachliche Gebilde (z. B. Menge der deutschen Wörter mit 3 Silben), - nicht reale Dinge (z. B. Menge der geraden Zahlen). b) Die Formulierung bestimmte Objekte besagt, dass entscheidbar sein muss, ob ein Objekt Element der Menge ist oder nicht. Dazu gehört ein begrifflich klares Auswahlkriterium für die zusammenzufassenden Objekte: z. B. kann man die „Menge der kleinen Autos“ nicht
bestimmte Objekte
346
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
bilden, weil eine Definition für „kleine Autos“ fehlt. Die Forderung nach der Entscheidbarkeit ist wesentlich für die Eindeutigkeit der Begriffsbildung. Im vorhergehenden Abschnitt B.1 über die Aussagenlogik haben wir ähnliches kennen gelernt, dass nämlich für eine Aussage entscheidbar sein muss, ob sie wahr oder falsch ist. wohlunterschiedene Elemente
c) Die Elemente einer Menge müssen wohlunterschieden, d.h. klar voneinander zu trennen sein. Bei einer „Menge Arbeit“ oder einer „Flüssigkeitsmenge“ ist das z. B. nicht der Fall. Bei der Menge M der Buchstaben des Wortes „glatt“ M = {g, l, a, t, } darf t nur einmal aufgeführt werden, denn andernfalls wären die Elemente nicht wohlunterschieden.
Bildung einer Menge
d) Die Elemente einer Menge werden zu einem Ganzen zusammengefasst, dadurch wird eine Menge gebildet. Die Menge – das Ganze – unterscheidet sich von ihren Elementen, sie ist ein neuer Begriff. Mengen werden i.a. mit großen Buchstaben wie M, N, L, . . . oder indizierten großen Buchstaben wie M1 , M2 , . . . bezeichnet, die Elemente mit kleinen wie x, y, x1 , x2 , . . . .
x∈M x ∈ M
Ist M eine Menge und x ein Objekt, so schreibt man kurz x ∈ M für „x ist Element von M“ und x∈ / M für „x ist nicht Element von M“ . Man sagt für „x ∈ M“ auch: „x ist aus M“ oder „x liegt in M“ oder „x gehört zu M“. Für die Menge M der Hauptstädte der Europäischen Union gilt z. B.: Paris ∈ M, Bangkok ∈ /M. Bei der Beschreibung der Mengen werden zwei Möglichkeiten unterschieden: (1) Aufzählen der Elemente, (2) Angabe einer charakteristischen Eigenschaft.
aufzählende Schreibweise
Bei der aufzählenden Schreibweise werden die Elemente hintereinander aufgeschrieben und vorne und hinten durch geschweifte Klammern begrenzt.
B.2 Mengen
347
Beispiel B.2.4 (1) Die Menge W der Augenzahlen eines Würfels W = {1, 2, 3, 4, 5, 6} . (2) Die Menge V der Vokale des lateinischen Alphabets V = {a, e, i, o, u} .
Bemerkung B.2.5 a) Die geschweiften Klammern sind charakteristisch für Mengen. Sie heißen daher auch Mengenklammern. Die Elemente einer Menge werden stets durch geschweifte Klammern „zusammengefasst“.
Mengenklammern
b) Die Reihenfolge, in der die Elemente aufgezählt werden, ist beliebig, z. B. kann die Menge W der Augenzahlen eines Würfels auch in der Form W = {6, 5, 1, 3, 2, 4} geschrieben werden. Theoretisch kann jede Menge mit endlich vielen Elementen durch Aufzählen ihrer Elemente beschrieben werden. Bei Mengen mit „vielen Elementen“ wird dies allerdings unbequem: Stellen Sie sich vor, Sie müssten die Namen aller Straßen in Hamburg aufschreiben. Bei Mengen mit unendlich vielen Elementen ist die aufzählende Beschreibung der Menge in Einzelfällen möglich, in denen „Pünktchen“ eindeutig dahingehend interpretiert werden können, welche Elemente zur Menge gehören, wie z. B. bei den natürlichen Zahlen {1, 2, 3, 4, 5, 6, . . . } . Hinter der richtigen Interpretation der Pünktchen steckt aber bereits, die Elemente einer Menge durch eine charakteristische Eigenschaft zu beschreiben. Wichtig ist dabei, dass diese Eigenschaft genau die Elemente der betreffenden Menge charakterisiert, d.h. jedes Element der Menge besitzt diese Eigenschaft und jedes Objekt, das diese Eigenschaft besitzt, ist Element der Menge. Die Beschreibung von Mengen mit Hilfe einer charakteristischen Eigenschaft geschieht formal in der Form M = {x|x hat die Eigenschaft . . . } (lies: M ist gleich der Menge aller x, für die gilt: x hat die Eigenschaft . . . ). Die „gemeinsame Eigenschaft“ der Elemente der Mengen W bzw. V von Beispiel B.2.4 ist, „Augenzahl eines Würfels“ bzw. „Vokal des lateinischen Alphabets“ zu sein:
Beschreibung von Mengen mit Hilfe einer charakteristischen Eigenschaft
348
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
(1) W = {x|x ist Augenzahl eines Würfels} (2) V = {x|x ist Vokal des lateinischen Alphabets}. Aufgabe B.10 a) Sind M1 , M2 , M3 und M4 Mengen? Falls ja, geben Sie ein Element an. M1 = {1, 10, 100, 1000, . . . }, M2 =Menge der guten Menschen, M3 =Menge der Buchstaben des Wortes Bibliothek, M4 =Menge der großen Zahlen. b) Beschreiben Sie die folgenden Mengen mit Hilfe einer charakterisierenden Eigenschaft der Elemente: M1 = {Erde, Mars, Jupiter, Venus, . . . }, M2 = {2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23, . . . } . c) Schreiben Sie die folgende Menge in aufzählender Schreibweise: M1 = {x|5 ≤ x ≤ 11 ∧ x ist natürliche Zahl}. Für einen Ausdruck der Form A(x) : „x ist Augenzahl eines Würfels“ haben wir in der Aussagenlogik den Begriff Aussageform kennen gelernt. Die Elemente der Menge W (in Beispiel B.2.4) sind dann gerade diejenigen x (der Grundmenge der natürlichen Zahlen), für die die Aussageform A(x) in eine wahre Aussage übergeht. Mit anderen Worten: Die Elemente der Menge W sind die Lösungen der Aussageform A(x) (vgl. Definition B.1.7). Lösungsmenge der Aussageform
Allgemein nennt man die Menge L aller Lösungen einer Aussageform A(x) die Lösungsmenge der Aussageform: L = {x|A(x) ist eine wahre Aussage10 } oder, wenn man die Grundmenge G besonders hervorheben will: L = {x ∈ G|A(x) ist eine wahre Aussage} .
Die Beschreibung einer Menge mit Hilfe einer charakterisierenden Eigenschaft ist somit nichts anderes als die Darstellung der Menge als Lösungsmenge einer Aussageform. 10
Ganz präzise müsste es hier heißen: A(x) geht bei Einsetzen von x in eine wahre Aussage über.
B.2 Mengen
349
Beispiel B.2.6 1) Bezüglich der Grundmenge G der natürlichen Zahlen besitzt die Aussageform A(x) : 0 < x < 5 die Lösungen 1, 2, 3, 4. Die Lösungsmenge lautet also: L = {1, 2, 3, 4} oder L = {x ∈ G|0 < x < 5} . 2) Die Lösungen der Gleichung (x + 2)(x − 3) = 0 sind −2 und 3. Die Lösungsmenge L der Aussageform A(x) : (x + 2)(x − 3) = 0 lautet also L = {x|(x + 2)(x − 3) = 0} = {−2, 3} . B.2.2 Mengendiagramme Mit Hilfe von geschlossenen Linien kann man sich Mengen veranschaulichen. Eine solche Darstellung nennt man Mengendiagramm oder VennDiagramm11 . Beispielsweise kann man die Menge der Augenzahlen eines Würfels folgendermaßen grafisch darstellen (Abb. B.2.1):
2
1 8
3
W 7
4
6
5
8
1
10
4 5
7
10
2
3
oder
6 9
9
W
Abb. B.2.1. Venn–Diagramme
oder
oder
M
M
M
Abb. B.2.2. Venn–Diagramme
Die Elemente innerhalb der geschlossenen Linie gehören zur Menge W, die Elemente außerhalb gehören nicht zur Menge W. 11
John Venn, englischer Logiker lebte 1834 – 1923.
Mengendiagramm VennDiagramm
350
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
Eine Darstellung der Form in B.2.2 wird dahingehend interpretiert, dass die „Punktmengen der Ebene“ innerhalb der geschlossenen Linien jeweils die Menge M veranschaulichen. Sie können, müssen aber nicht, durch Schraffur hervorgehoben werden. Der die Menge bezeichnende Buchstabe wird meist außen an die geschlossene Linie geschrieben. Mengendiagramme eignen sich besonders gut zur Veranschaulichung von Beziehungen verschiedener Mengen untereinander, vgl. Abschnitt B.2.4.
B.2.3 Gleichheit von Mengen Die Frage, wann zwei Mengen M und N übereinstimmen, beantwortet sich durch den Vergleich der Elemente von M und N. Da die Elemente eine Menge vollständig bestimmen, wird vereinbart:
Gleichheit von Mengen
Vereinbarung B.2.7 Zwei Mengen sind gleich, wenn sie aus denselben Elementen bestehen. Beispiel B.2.8 Die Mengen M = {x|x ist natürliche Zahl ∧ x < 5} und N = {1, 2, 3, 4} sind gleich, denn M lautet in aufzählender Schreibweise: M = {1, 2, 3, 4}. Jedes Element von M ist auch Element von N und umgekehrt. Man schreibt: M = N. Belassen wir in diesem Beispiel M wie oben und ändern N ab, indem wir die Zahl 4 herausnehmen, also N = {1, 2, 3}, so stimmen die Mengen M und N nicht mehr überein, man schreibt: M = N. Bemerkung B.2.9 a) Es ist zu unterscheiden, ob zwei Mengen gleich sind oder ob sie in der Anzahl der Elemente übereinstimmen, wie beispielsweise M = {a, b, c} und N = {1, 2, 3}. Hier gilt M = N, aber |M| = |N|, wobei das Symbol |M| (lies: M Betrag) für die Anzahl der Elemente der (endlichen) Menge M steht. b) Intuitiv nimmt man meist an, dass Mengen stets mehrere Elemente haben müssen. Dies ist nicht der Fall; es gibt Mengen, die aus nur einem Element bestehen wie z. B. {1}, {x}. Man unterscheidet hierbei aber zwischen dem Element x und der Menge {x}, deren einziges Element x ist. Es gilt also nicht x = {x}, sondern x ∈ {x}. Zudem gibt es eine Menge, die kein Element besitzt, die sog. leere Menge (vgl. Abschnitt B.2.5).
B.2 Mengen
351
B.2.4 Teilmengen Im vorhergehenden Abschnitt haben wir für die Mengen M = {1, 2, 3, 4} und N = {1, 2, 3} die Ungleichheit M = N festgestellt. Allerdings sind alle Elemente von N auch Elemente vom M. Man sagt: N ist Teilmenge von M. N ist keineswegs die einzige Teilmenge von M, die Mengen {1, 3}, {2, 3}, {4} oder {2, 3, 4} sind z. B. auch Teilmengen von M.12 Wesentlich ist, dass alle Elemente der (Teil-) Menge in der (Ober-) Menge enthalten sind. Definition B.2.10 Eine Menge N heißt Teilmenge einer Menge M, wenn jedes Element von N auch Element von M ist.
Teilmenge
Ist N Teilmenge von M, so schreibt man kurz: N ⊂ M (lies: N Teilmenge von M).13 Gilt diese Beziehung nicht, so wird das Inklusionssymbol ⊂ durchgestrichen: N ⊂ M ( lies: N nicht Teilmenge von M). Man überprüft, ob eine gegebene Menge N Teilmenge einer (gegebenen) Menge M ist, indem man alle x ∈ N der Abfrage „Gilt (auch) x ∈ M?“ unterwirft. Bei Mengen, die in aufzählender Schreibweise gegeben sind, kann man dies unmittelbar durchführen, wie wir bereits bei {1, 2, 3}, {1, 2, 3, 4} gesehen haben. Sind Mengen als Venn-Diagramm dargestellt, so kann man eine Teilmengenbeziehung unmittelbar ablesen (vgl. Abb. B.2.3). Bei Mengen, deren Elemente durch Eigenschaften charakterisiert sind, N = {x|A(x) ist wahr}, M = {x|B(x) ist wahr}, gilt für den Fall N ⊂ M, dass jedes Element von N auch die Eigenschaft B(x) besitzt: x ∈ N ⇒ A(x) ist wahr ⇒ B(x) ist wahr ⇒ x ∈ M .
12
13
Die hier aufgezählten Teilmengen von M sind nicht alle möglichen Teilmengen. Vgl. hierzu Aufgabe B.11b. Die Menge aller Teilmengen einer Menge M bezeichnet man als Potenzmenge von M. Manchmal auch M ⊃ N. Anstelle von „N ist Teilmenge von M“ sagt man auch: N ist Untermenge von M, oder N ist enthalten in M; oder von der Menge M aus betrachtet: M ist Obermenge von N, oder M umfasst N.
Inklusionssymbol ⊂ bzw. ⊂
352
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche M
M
N2
N1 (a)
Abbildung B.2.3. Teilmengenbeziehungen:
(b)
(a) N1 ist Teilmenge von M (b) N2 ist nicht Teilmenge von M
Ein Beispiel hierfür sind die Mengen N = {x|x ist ein Vokal des lat. Alphabets } und M = {x|x ist ein Buchstabe des lat. Alphabets }. Hier gilt N ⊂ M, nämlich x ∈ N ⇒ x ist Vokal des lat. Alphabets ⇒ x ist Buchstabe des lat. Alphabets ⇒ x ∈ M. Allgemein lässt sich die Teilmengenbeziehung zwischen zwei Mengen N und M auch folgendermaßen charakterisieren: Regel B.2.11 N ⊂ M ⇔ 14 ( Für alle x ∈ N gilt: x ∈ M) Aufgabe B.11 a) Gilt für die folgenden Mengen N und M die Beziehung N ⊂ M oder M ⊂ N oder keine von beiden? (1) N = {B, U, C, H}, M = {B, Ü, C, H, E, R}; (2) N = {x|1 ≤ x ≤ 5 ∧ x natürliche Zahl}, M = {1, 2, 3, 4}; (3) N = {x|x ist Rechteck}, M = {x|x ist Viereck}. b) Geben Sie alle Teilmengen von M = {1, 2, 3, 4} an. Ist M eine Menge und x ∈ M, so gilt offensichtlich: x ∈ M ⇒ x ∈ M für alle x ∈ M. Nach Regel B.2.11 ist dies gleichbedeutend mit M ⊂ M.
unechte Teilmenge
Regel B.2.12 Jede Menge M ist Teilmenge von sich selbst: M ⊂ M. Da M = M ebenfalls richtig ist, ist M eine sog. unechte Teilmenge von sich selbst. 14
Lies: Ist gleichbedeutend mit, ist äquivalent zu.
B.2 Mengen
353
Bemerkung B.2.13 In manchen Büchern wird anstelle des Teilmengenzeichens ⊂ das Zeichen ⊆ oder auch benutzt. Damit soll betont werden, dass Mengen, die ineinander enthalten sind, insbesondere gleich sein können. Das Zeichen ⊂ wird dann nur für sog. echte Teilmengen benutzt, bei denen gilt. Meist ist eine derartige Unterscheidung nicht so wesentlich, dass dafür zwei Symbole benötigt werden; wir verwenden daher nur das Zeichen ⊂ und beachten Regel B.2.12. Aus dem Zahlenbereich kennen Sie die Beziehung: Wenn x < y und y < z ist, so ist x < z (Setzen Sie Zahlen als Beispiel ein!). Ähnliches gilt für die Teilmengenbeziehungen zwischen drei Mengen M, N und L: Regel B.2.14 Für beliebige Mengen M, N und L gilt: Aus M ⊂ N und N ⊂ L folgt: M ⊂ L. Aufgabe B.12 a) Es sei x das einzige Element der Menge M. Welche der folgenden Beziehungen ist richtig, welche falsch? x ⊂ M, {x} ⊂ M, {x} ∈ M, {x} ⊂ M, {x} ⊃ M. Falls M beliebig und x ∈ M gilt, welche der folgenden Beziehungen ist dann richtig? {x} ⊂ M, {x} ⊂ M . b) Gilt M ⊂ N und N ⊂ L? (1) M = {5, 6}, N = {5, 6, 7}, L = {1, 2, . . . , 10} (2) M = {x|x < 2}, N = {x|x < 5}, L = {x|x < 10}. Verdeutlichen Sie sich Regel B.2.14 anhand dieser Beispiele; Grundmenge für x unter (2) sei die Menge der natürlichen Zahlen. c) Aus M = N können wir folgern: (1) Entweder gibt es (mindestens) ein Element x ∈ M, das nicht in N liegt, (2) oder es gibt (mindestens) ein Element x ∈ N, das nicht in M liegt. Welche der Fälle (a) bis (d) in Abb. B.2.4 gehören zu (1), welche zu (2)?
354
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche M
M
M M
N
(a)
N
N
(b)
(c)
N (d)
Abb. B.2.4. Mengen M und N, die nicht übereinstimmen
d) Falls (M ⊂ N) ∧ (N ⊂ M) gilt, welche der folgenden Beziehungen sind dann richtig? M = N, M ⊂ N, N ⊂ M, M = N, N ⊂ M. B.2.5 Leere Menge Stellen Sie sich vor, dass Sie aus einer Menge alle Elemente herausnehmen. Es bleibt dann eine Menge übrig, die kein Element besitzt: die so genannte leere Menge. Man bezeichnet sie mit dem Symbol ∅. Die leere Menge ∅ ist Lösung unerfüllbarer Aussageformen. Weil es z. B. kein Element x mit der Eigenschaft x = x gibt, ist ∅ = {x|x = x} eine Menge, die kein Element besitzt.
leere Menge
Definition B.2.15 Die Menge ∅ = {x|x = x} heißt leere Menge. Als weiteres Symbol findet man in der Literatur auch {} anstelle von ∅. Manchmal wird die leere Menge auch Nullmenge genannt. Bei dieser Bezeichnung besteht aber die Gefahr, dass die leere Menge ∅ mit der Menge {0} verwechselt wird, die als einziges Element die Null besitzt. Es ist also {0} = ∅.
nichtleere Menge
Eine Menge M = ∅ heißt auch nichtleer. Ist M nichtleer, so gibt es also mindestens ein Element in M. Es wird vereinbart: Regel B.2.16 Die leere Menge ∅ ist Teilmenge jeder Menge M. Insbesondere gilt: ∅ ⊂ ∅.15 Vielleicht erscheint Ihnen die Konstruktion einer leeren Menge etwas „künstlich“. In den folgenden Abschnitten wird deutlich, dass man sie braucht, um mit Mengen „rechnen“ zu können. 15
Vgl. Regel B.2.12.
B.2 Mengen
355
B.2.6 Schnittmenge und Vereinigungsmenge In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns mit zwei „Mengenverknüpfungen“ (oder „Mengen-Operationen“), für die wir die Symbole ∩ bzw. ∪ verwenden und die aus zwei Mengen M und N die so genannte Schnittmenge M ∩ N bzw. die Vereinigungsmenge M ∪ N „herstellen“. Beispiel B.2.17 Zwei Rundfunksender R1 und R2 stehen in einer Entfernung von 100 km voneinander. Der Sender R1 habe eine Reichweite von 70 km, R2 habe die Reichweite 60 km (vgl. Abb. B.2.5). Wir nehmen an, dass beide Sender außerhalb ihrer Reichweite nicht zu empfangen sind.
R1
R2
Abb. B.2.5. Reichweiten zweier Rundfunksender
Die Bewohner des gesamten Sendegebiets können wir dann aufteilen in: B1 = Menge aller Bewohner, die R1 hören können, B2 = Menge aller Bewohner, die R2 hören können, S = Menge aller Bewohner, die R1 und R2 hören können. Offensichtlich enthält S die Bewohner, die im „Überschneidungsgebiet“ der beiden Sender wohnen. Die Bewohner, die zu S gehören, gehören sowohl zu B1 als auch zu B2 . Man nennt S die Schnittmenge von B1 und B2 : S = B1 ∩ B2 (lies: „B1 geschnitten B2 “) . Bezeichnen wir mit V alle Bewohner des gesamten Sendegebietes beider Sender, so können wir die Elemente von V folgendermaßen charakterisieren: Jeder Bewohner kann mindestens einen der beiden Sender hören, also entweder R1 oder R2 oder beide. Die Bewohner, die zu V gehören, gehören also entweder auch zu B1 oder auch zu B2 (oder auch zu S). Man nennt V Vereinigungsmenge von B1 und B2 : V = B1 ∪ B2 (lies: „B1 vereinigt B2 “) .
Schnittmenge
Vereinigungsmenge
356
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
Mit Hilfe der Symbole der Aussagenlogik ist es möglich, diese verbale Charakterisierung der Schnitt- bzw. Vereinigungsmenge zu formalisieren: x ∈ S ⇔ (x ∈ B1 ∧ x ∈ B2 ) , x ∈ V ⇔ (x ∈ B1 ∨ x ∈ B2 ) . Hieraus leitet sich unmittelbar die folgende Darstellung von S bzw. V ab: S = {x|x ∈ B1 ∧ x ∈ B2 } , V = {x|x ∈ B1 ∨ x ∈ B2 } . Definition B.2.18 Es seien M und N Mengen. Dann heißt M ∩ N = {x|x ∈ M ∧ x ∈ N} die Schnittmenge von M und N. Weiter heißt M∪N = {x|x ∈ M∨x ∈ N} die Vereinigungsmenge von M und N. Aufgabe B.13 Es sei K die Menge der Fahrzeuge, die (über eine Brücke oder durch eine Unterführung) von einem Ort A zu einem Ort B fahren wollen, wobei die beiden Orte durch eine Bahnlinie voneinander getrennt sind (vgl. Abb. B.2.6).
B
3,5 t
2,5 m
A Abb. B.2.6. Lageplan der Orte A und B
Geben Sie jeweils die Menge der Fahrzeuge an, die (1) über die Brücke von A nach B fahren dürfen; (2) die Unterführung von A nach B benutzen dürfen; (3) beide Wege von A nach B benutzen dürfen; (4) mindestens auf einem der beiden Wege von A nach B fahren dürfen. Bisher haben wir Schnittmengen nur von Mengen M und N gebildet, die (mindestens) ein gemeinsames Element besitzen. Da man den Begriff
B.2 Mengen
357
der leeren Menge zur Verfügung hat, muss man sich auf diese Voraussetzung aber nicht beschränken. Um dies deutlich zu machen, vergrößern wir im Rundfunksenderbeispiel (Beispiel B.2.17) einmal die Entfernung der Sender: Wenn die Rundfunksender R1 (Reichweite 70 km) und R2 (Reichweite 60 km) im Abstand von 150 km stehen, d.h. keine „Überschneidung“ auftritt, gibt es keinen Bewohner im gesamten Sendegebiet, der beide Sender hören kann. Die Menge der Bewohner, die beide Sender empfangen können, ist also leer: S = B1 ∩ B2 = ∅. Man sagt: B1 und B2 sind disjunkt. Regel B.2.19 Haben zwei Mengen M und N kein Element gemeinsam, so ist die Schnittmenge leer: M ∩ N = ∅. M und N heißen dann (zueinander) disjunkt. Aufgabe B.14 Es seien M und N zwei nichtleere, disjunkte Mengen. Welche Beziehungen sind dann richtig? M ∩ N = ∅,
M ∪ N = ∅,
M ∩ N = ∅,
M ∪N = ∅,
M ∩ N ⊂ ∅,
M ∪ N ⊂ ∅,
M ∩ N ⊃ ∅,
M ∪N ⊃ ∅.
Anleitung: Beachten Sie Regel B.2.19 und Regel B.2.16. Bemerkung B.2.20 M ∩ N bzw. M ∪ N ist auch für den Fall definiert, dass M oder N (oder beide) leer sind. Dann erhält man die Spezialfälle M∩∅ = ∅,
M∪∅ = M,
N∩∅ = ∅,
N∪∅ = N,
∅∩∅ = ∅,
∅∪∅ = ∅ .
Wir kommen nun zu Teilmengenbeziehungen, die sich für beliebige Mengen M, N und deren Schnittmenge M∩N sowie deren Vereinigungsmenge M∪N aufstellen lassen. In der folgenden Tabelle haben wir diese Beziehungen, die stets gelten, in der linken Spalte aufgeschrieben. Die Bezeichnungen in der rechten Spalte beziehen sich auf das Rundfunksenderbeispiel (mit Überschneidung), mit dessen Hilfe die angegebenen Beziehungen leicht einleuchten.
disjunkte Mengen
358
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche Tabelle B.2.1. Allgemein gültige Mengenbeziehungen
allgemein
in Beispiel B.2.17
(M ∩ N) ⊂ M16
S ⊂ B1
(M ∩ N) ⊂ N
S ⊂ B2
M ⊂ (M ∪ N)
B1 ⊂ V
N ⊂ (M ∪ N)
B2 ⊂ V
(M ∩ N) ⊂ (M ∪ N)
S⊂V
Aufgabe B.15 a) Gelten die in Tab. B.2.1 zusammengestellten Beziehungen auch, wenn M und N disjunkt sind? Nehmen Sie zunächst das modifizierte Rundfunksenderbeispiel (ohne Überschneidung) zu Hilfe und versuchen Sie dann, die Frage allgemein zu beantworten. b) Gelten die in Tab. B.2.1 zusammengestellten Beziehungen auch, wenn M oder N (oder beide) leer sind? Die Schnittmengen- bzw. Vereinigungsmengenbildung lässt sich auf mehr als 2 Mengen übertragen, wobei sich allerdings nichts grundlegend Neues ergibt: Bilden wir nämlich aus M und N die (neue) Menge M ∩ N, so sind bzgl. M ∩ N und einer weiteren Menge L die Mengenoperationen ∩ bzw. ∪ gemäß Definition B.2.18 erklärt: (M ∩ N) ∩ L = {x|x ∈ (M ∩ N) ∧ x ∈ L} , (M ∩ N) ∪ L = {x|x ∈ (M ∩ N) ∨ x ∈ L} . Die Frage, nach welchen Gesetzen die ∩– bzw. die ∪–Bildung „vertauschbar“ sind, haben wir in der folgenden Tabelle beantwortet (vgl. Tab. B.1.2). B.2.7 Differenz von Mengen Wir greifen noch einmal das Rundfunksenderbeispiel B.2.17 (mit Überschneidung) auf: Wie können wir mit Hilfe von B1 und B2 die Menge D 16
Die Klammern haben wir hier zur Verdeutlichung gesetzt. Sie sind nicht notwendig, weil durch M ∩ N bzw. M ∪ N jeweils eine neue Menge definiert wird (über die dann eine Teilmengenbeziehung ausgesagt wird). Eine Interpretation von M ∩ N ⊂ M im Sinne von „M ∩ (N ⊂ M)“ ist ausgeschlossen, weil letzteres eine nicht definierte (auch nicht definierbare) Zeichenkette ist.
B.2 Mengen
359
Tabelle B.2.2. Gesetze für Mengenoperationen Mengenoperationen
aussagenlogische Operationen
Name
M∩N=N∩M
[x ∈ M ∧ x ∈ N] = [x ∈ N ∧ x ∈ M]
Kommutativ-
M∪N=N∪M
[x ∈ M ∨ x ∈ N] = [x ∈ N ∨ x ∈ M]
gesetze
M ∩ (N ∩ L)
[x ∈ M ∧ (x ∈ N ∧ x ∈ L)]
= (M ∩ N) ∩ L
= [(x ∈ M ∧ x ∈ N) ∧ x ∈ L]
Assoziativ–
M ∪ (N ∪ L)
[x ∈ M ∨ (x ∈ N ∨ x ∈ L)]
gesetze
= (M ∪ N) ∪ L
= [(x ∈ M ∨ x ∈ N) ∨ x ∈ L]
M ∩ (N ∪ L)
[x ∈ M ∧ (x ∈ N ∨ x ∈ L)]
= (M ∩ N) ∪ (M ∩ L) = [(x ∈ M ∧ x ∈ N) ∨ (x ∈ M ∧ x ∈ L)] Distributiv– M ∪ (N ∩ L)
[x ∈ M ∨ (x ∈ N ∧ x ∈ L)]
gesetze
= (M ∪ N) ∩ (M ∪ L) = [(x ∈ M ∨ x ∈ N) ∧ (x ∈ M ∨ x ∈ L)]
derjenigen Bewohner beschreiben, die R1 aber nicht R2 hören können? Zu D gehören doch offensichtlich diejenigen Bewohner x, für die gilt: x ∈ B1 ∧ x ∈ B2 , also ist: D = {x|x ∈ B1 ∧ x ∈ B2 } . D heißt Differenzmenge und man schreibt: D = B1 \B2 (lies: B1 ohne B2 ) . Definition B.2.21 Unter der Differenzmenge zweier Mengen M und N versteht man die Menge M\N = {x|x ∈ M ∧ x ∈ N} bzw. N\M = {x|x ∈ N ∧ x ∈ M} . Regel B.2.22 M, N und L seien beliebige Mengen. Dann gilt: (1) M\N ⊂ M, (2) (M\N) ∩ N = ∅, (3) (M\N) ∪ N = M ∪ N, (4) M\(N ∩ L) = (M\N) ∪ (M\L), (5) M\(N ∪ L) = (M\N) ∩ (M\L) .
Differenzmenge
360
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
Aufgabe B.16 a) Es seien M, N und L beliebige Mengen. Die folgenden Beziehungen sind falsch: (1) N\M = N\L, (2) L\N = L\(M ∩ N), (3) (L ∪ M)\N = L\N ? Geben Sie jeweils ein Gegenbeispiel an. b) Kreuzen Sie an, was jeweils aus den folgenden Beziehungen über die (beliebigen) Mengen M bzw. N geschlossen werden kann: (1) M\N = M . Daraus folgt: M ∩ N = ∅, N = ∅, (N = ∅) ∨ (M ∩ N = ∅). (2) M\N = ∅ . Daraus folgt: M = ∅, N = ∅, M = N, (M = ∅) ∨ (M ⊂ N).
Komplement
Zum Abschluss dieses Abschnittes betrachten wir noch die Differenzmenge M\N im Spezialfall N ⊂ M . In diesem Fall heißt M\N das Komplement von N bzgl. M. Man findet hierfür dann auch die Bezeichnung Komplementärmenge und die Schreibweise CM N:
Komplementärmenge
CM N = M\N, sofern N ⊂ M . Beachten Sie: Falls N ⊂ M, ist zwar die Differenzmenge M\N definiert, nicht aber das Komplement CM N. Beispiel B.2.23 Es sei M = {1, 2, . . . , 8}, N = {6, 7, 8} und L = {5, 6, 9, 10, 11}. Dann ist CM N = M\N = {1, 2, 3, 4, 5} , M\L = {1, 2, 3, 4, 7, 8} und CM L nicht definiert, da L ⊂ M .
B.2.8 Mengen geordneter Paare, Koordinatensystem
geordnete Paare
Sind M und N zwei (nichtleere) Mengen, so können wir die geordneten Paare (x, y) mit x ∈ M und y ∈ N bilden.
B.2 Mengen
361
Beispiel B.2.24 Jeder Schüler einer Klasse hat einen Vornamen17 und einen Familiennamen. Die Menge der Vor– bzw. Familiennamen bezeichnen wir mit M bzw. N. Legen wir nun fest, dass zuerst der Vorname und dann der Familienname genannt werden soll, so gehört zu jedem Schüler also ein geordnetes Namenpaar (x, y) mit einem Vornamen x ∈ M und einem Familiennamen y ∈ N. Man nennt x die 1. Komponente und y die 2. Komponente des geordneten Paares (x, y). Sind M und N Mengen, so können wir die Menge aller geordneten Paare bilden, die wir aus den Elementen von M (als 1. Komponente) und den Elementen von N (als 2. Komponente) herstellen können. Sie wird mit M × N (lies: „M kreuz N“) abgekürzt, d.h.
Komponenten geordneter Paare
M × N = {(x, y)|x ∈ M ∧ y ∈ N} , und Menge der geordneten Paare oder Kreuzprodukt oder kartesisches Produkt der Mengen M und N genannt. Aufgabe B.17 a) Es sei M = {1, 2, 3} und N = {6, 7}. Geben Sie die Menge M × N und die Menge N × M an.
Menge der geordneten Paare Kreuzprodukt kartesisches Produkt
b) Ist die Menge {(1, 5), (2, 5), (3, 5), (4, 5), (5, 5), . . . } das Kreuzprodukt M × N von - M = {1, 2, 3, 4, 5, . . . }, N = {1, 2, 3, 4, 5, . . . } ; - M = {1, 2, 3, 4, 5, . . . }, N = {5} ; - M = {5},
N = {1, 2, 3, 4, 5, . . . } ?
Wir behandeln nun den wichtigen Fall M = R und N = R , 18 d.h. wir betrachten die Menge der geordneten Paare, deren Komponenten beide reelle Zahlen sind. Die Menge R × R ist zur Beschreibung von Punkten der Ebene bzgl. eines Koordinatensystems geeignet, wie wir im Folgenden sehen werden. Die reellen Zahlen lassen sich grafisch auf der so genannten Zahlengeraden veranschaulichen (vgl. Anhang A, Abschnitt A.2.3). Ein sog. Koordinatensystem (oder Koordinatenkreuz) besteht aus einer waage17 18
Wir betrachten hier den Rufnamen und lassen weitere Vornamen unberücksichtigt. Mit R kürzt man die Menge der reellen Zahlen ab, vgl. Abschnitt B.3.4.
Koordinatensystem
362
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
rechten und einer senkrechten Zahlengeraden, vgl. Abb. B.2.7. Mit Hilfe des Koordinatensystems erreicht man, dass jedem Zahlenpaar ein Punkt in der Ebene zugeordnet wird und umgekehrt jedem Punkt ein Zahlenpaar. y
R (senkrechte Achse)
5 A(2, 4)
D 3
B(4, 2)
2 1
1
C
3
4
5
x
R (waagerechte Achse)
Abb. B.2.7. Punkte im Koordinatensystem
x–Achse y–Achse
Koordinaten eines Punktes
Wir erläutern dies für das Paar (2, 4) und den in Abb. B.2.7 dargestellten Punkt A. Man markiert die 1. Komponente des Paares (x, y) = (2, 4) auf der waagerechten Achse (sie wird auch x–Achse genannt) und die 2. Komponente auf der senkrechten Achse (y–Achse). Dadurch erhalten wir zwei Punkte C und D auf den Achsen. Der zu (2, 4) gehörige Punkt der Ebene ergibt sich als Schnittpunkt A der Parallelen zur x–Achse durch C mit der Parallelen zur y–Achse durch den Punkt D. Verfolgt man diese Konstruktion des zu (2, 4) gehörenden Punktes A rückwärts, so kommt man zu den so genannten Koordinaten19 eines Punktes A: Die Parallele durch A zur (senkrechten) y–Achse schneidet die (waagerechte) x–Achse in einem Punkt C. Diesem Punkt ist auf der x–Achse die Zahl 2 zugeordnet. Entsprechend erhalten wir einen Schnittpunkt D der Parallelen zur x–Achse durch A mit der y–Achse und die dem Punkt D zugeordnete Zahl 4. Somit erhalten wir für den Punkt A das geordnete Zahlenpaar (2, 4), geordnet insofern, als an der 1. Stelle im Paar die auf der waagerechten Achse markierte Zahl 2 und an der 2. Stelle die auf der senkrechten Achse markierte Zahl 4 steht. Die Reihenfolge im geordneten Paar ist entscheidend: Zum Paar (4, 2) gehört der Punkt B, vgl. Abb. B.2.7. 19
Bei geordneten Paaren spricht man von den Komponenten x und y, bei Punkten im Koordinatensystem von den Koordinaten x und y.
B.2 Mengen
363
Der Begriff des Koordinatensystems20 ist grundlegend z. B. für die grafische Darstellung von Funktionen. Wir stellen die in diesem Abschnitt behandelten Begriffe daher in der folgenden Tabelle (Tab. B.2.3) noch einmal gegenüber. Insbesondere haben wir dort auch einige gebräuchliche Namen für gewisse Größen im Koordinatensystem aufgelistet. Tabelle B.2.3. Gegenüberstellung: Zahlenpaare – Koordinatensystem Menge der geordneten
(rechtwinkliges) Koordinatensystem
Paare M × N M=R
waagerechte (Koordinaten–)Achse (meistens x–Achse genannt)
N=R
senkrechte (Koordinaten–)Achse (meistens y–Achse genannt)
Paar (x, y) mit den
Punkt P (x, y) mit den Koordinaten
Komponenten x und y
x und y
x : 1. Komponente
x : 1. Koordinate (auch Abszisse)
y : 2. Komponente
y : 2. Koordinate (auch Ordinate) y - Achse
P
y x
y
x
Paar (0, 0)
x - Achse
Punkt (0, 0), Schnittpunkt der beiden Achsen, P (0, 0) heißt Ursprung des Koordinatensystems oder auch Nullpunkt
Beachten Sie bei der folgenden Aufgabe, dass die Zuordnung „Paar– Punkt“ für alle reellen Zahlen als Komponenten eines Paares gilt, insbesondere also auch für Paare, bei denen die 1. und/oder die 2. Komponente eine negative Zahl ist. Aufgabe B.18 In ein rechtwinkliges Koordinatensystem ist ein Quadrat eingezeichnet (vgl. Abb. B.2.8). Wie lauten die Koordinaten der vier Eckpunkte? 20
Zur Unterscheidung von anderen Koordinatensystemen, die wir aber nicht behandeln werden, nennt man das hier beschriebene auch kartesisches Koordinatensystem.
364
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
y-Achse B 3 2
P
y
A
1 2
-3 -2
-1
1 -1
x
3
x-Achse
-2
C -3
D
Abb. B.2.8. Quadrat im Koordinatensystem
Parameter
Einen beliebigen Punkt (x, y) auf einer Strecke zwischen zwei Punkten B = (x1 , y1 ) und A = (x2 , y2 ) im Koordinatensystem kann man folgendermaßen mit Hilfe eines so genannten Parameters λ beschreiben:21 ⎫ x = λx1 + (1 − λ)x2 ⎬ 0 ≤ λ ≤ 1. y = λy1 + (1 − λ)y2 ⎭ Wir zeigen dies konkret für den in Abb. B.2.8 eingezeichneten Punkt P = (x, y) auf der Strecke BA: Es ist B = (x1 , y1 ) = (−2, 3) und A = (x2 , y2 ) = (3, 2). Dann kann man P = (x, y) schreiben in der Form ⎫ x = λ · (−2) + (1 − λ) · 3 ⎬ 0 ≤ λ ≤ 1. ⎭ y = λ · 3 + (1 − λ) · 2 Beispielsweise ergibt sich für x = 1: 1 = λ(−2) + (1 − λ) · 3 = −2λ + 3 − 3λ = 3 − 5λ , 21
λ („Lambda“) ist ein griechischer Buchstabe, der in der Mathematik häufig für Parameter benutzt wird.
B.3 Zahlenmengen
365
also 5λ = 2 oder λ = 25 9 5 (Probe: 1 = 25 (−2) + (1 − 25 ) · 3 = −4 5 + 5 = 5 = 1). Für den zugehörigen y–Wert auf der Strecke BA folgt: y = 25 · 3 + 1 − 25 · 2 = 65 + 65 = 12 5 . Wenn Sie diesen letzten Wert „überprüfen“ möchten, betrachten Sie die Gerade, die durch die Punkte B und A (in Abb. B.2.8) verläuft: Diese Gerade hat die Gleichung y = − 15 x + 13 5 (vgl. Aufgabe B.19). Für 1 13 12 x = 1 ergibt sich y = − 15 · 1 + 13 = − + 5 5 5 = 5 . Aufgabe B.19 Zeigen Sie, dass die Punkte B = (−2, 3) und A = (3, 2) auf der Geraden mit der Gleichung y = − 51 x + 13 5 liegen (vgl. Abb. B.2.8).
B.3 Zahlenmengen Die Zahlen bilden das Fundament der gesamten Analysis. Bereits in Anhang A haben wir an die natürlichen Zahlen, die ganzen Zahlen, die rationalen Zahlen (Brüche) und die reellen Zahlen erinnert und auf die jeweils durchführbaren Rechenoperationen hingewiesen. Dabei zeigte es sich, dass bestimmte Aufgabenstellungen in einer vorgegebenen Zahlenmenge nicht lösbar waren, z. B. ist bei der Subtraktion zweier natürlicher Zahlen das Ergebnis nicht notwendig wieder eine natürliche Zahl. Die Lösbarkeit der jeweiligen Aufgabenstellung verlangt dann eine Zahlenmengenerweiterung. Auf diese Weise gelangt man von den natürlichen Zahlen über die ganzen und rationalen Zahlen schließlich zu den reellen und komplexen Zahlen. Für jede dieser Zahlenmengen gibt es in der Mathematik ein eindeutig festgelegtes Symbol, und die in der Mengenlehre bereitgestellten Hilfsmittel erlauben eine kurze, eindeutige Darstellung der Zahlenmengen. Zudem lassen sich mit Hilfe der Mengen-Symbolik die Beziehungen zwischen den Zahlenmengen übersichtlich aufzeigen.
B.3.1 Die natürlichen Zahlen Unter Kardinalzahlen versteht man Anzahlen: 1,2,3, . . . . Unter Ordinalzahlen versteht man Platznummern: 1.,2.,3., . . . . Ordinalzahlen und Kardinalzahlen haben sich im Zusammenhang miteinander entwickelt und bilden die beiden Aspekte der natürlichen Zahlen. Wir unterscheiden hier nicht zwischen Ordinal- und Kardinalzahlen, sondern identifizieren beide Aspekte zur Menge der natürlichen Zahlen:
Kardinalzahlen Ordinalzahlen
Menge der natürlichen Zahlen
366
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
N = {1, 2, 3, 4, . . . } .
(B.3.1)
Jede natürliche Zahl hat genau einen Nachfolger; z. B. ist 18 der Nachfolger von 17. Das bedeutet, dass es keine letzte natürliche Zahl gibt. Die Zahl 1 ist nicht Nachfolger; die Folge der natürlichen Zahlen beginnt in 1. Die natürlichen Zahlen sind „in natürlicher Weise“ angeordnet: 1 < 2 < 3.... In der Menge der natürlichen Zahlen sind die Rechenoperationen Addition und Multiplikation uneingeschränkt ausführbar, d. h. mit zwei Zahlen a, b ∈ N ist auch deren Summe a + b und Produkt a · b wieder eine natürliche Zahl. Die Differenz a − b dagegen ist für a ≤ b nicht mehr in N enthalten. Um diesen „Mangel“ zu beseitigen, hat man den Zahlenbereich der natürlichen Zahlen erweitert. B.3.2 Die ganzen Zahlen
Menge der ganzen Zahlen
Die positiven Zahlen +1, +2, +3, . . . und die negativen Zahlen −1, −2, −3, . . . fasst man unter Hinzunahme von 0 zur Menge der ganzen Zahlen zusammen: Z = {. . . − 3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, . . . } .
(B.3.2)
Mathematisch ist die Einführung der ganzen Zahlen notwendig, damit die Umkehroperation der Addition, die Subtraktion, stets ausgeführt werden kann. Gleichwertig dazu ist, dass die Gleichung x + b = a stets eine Lösung besitzt. Dies ist für beliebige natürliche Zahlen a, b nur in Z der Fall. Jede ganze Zahl hat genau einen Vorgänger und genau einen Nachfolger. Dies bedeutet, dass es in Z weder eine erste noch eine letzte Zahl gibt. Die Anordnung der ganzen Zahlen entspricht der in Z aufgeführten Reihenfolge (von links nach rechts): . . . < −3 < −2 < . . . < +3 < . . . Ein Vergleich der Zahlenmengen N und Z zeigt, dass die natürlichen Zahlen eine Teilmenge der ganzen Zahlen sind: N ⊂ Z. In der Menge der ganzen Zahlen sind die Rechenoperationen Addition, Multiplikation und Subtraktion uneingeschränkt ausführbar, d.h. mit zwei Zahlen a, b ∈ Z ist auch a+b, a·b und a−b wieder eine ganze Zahl. Der Quotient a : b dagegen ist nicht immer in Z enthalten. Um auch diesen „Mangel“ zu beseitigen, hat man den Zahlenbereich der ganzen Zahlen ebenfalls erweitert.
B.3 Zahlenmengen
367
B.3.3 Die rationalen Zahlen Bereits in Abschnitt A.1.3 haben wir an die sog. Brüche erinnert. Jep (p ∈ Z, q ∈ Z\ {0}). Dabei heißt p Zähler, der Bruch hat die Form q q Nenner des Bruches. Verschiedene Brüche, die die gleiche Quantität darstellen, sind lediglich verschiedene Darstellungsweisen ein und derselben rationalen Zahl. Es ist üblich, diese Zahl in der nicht weiter kürzbaren Schreibweise anzugeben. Demnach hat jeder nicht mehr kürzbare Bruch eine doppelte Bedeutung: Erstens stellt er einen Bruch dar, zweitens eine rationale Zahl, steht also für die Gesamtheit aller Brüche, die sich durch Erweitern ergeben und verschiedene Schreibweisen derselben Zahl sind. Wir bezeichnen die Menge der rationalen Zahlen mit p Q = x | x = , p ∈ Z, q ∈ Z\ {0} , p, q teilerfremd22 . q (B.3.3) Mathematisch ist die Erweiterung von Z zum neuen Zahlenbereich Q notwendig, damit die Umkehroperation der Multiplikation, d.h. die Division, stets ausgeführt werden kann. So hat z. B. die Division 4 : 7 4 in Z keine Lösung, in Q dagegen die Lösung . Äquivalent zur Aus7 führbarkeit der Division a : b (a ∈ Z, b ∈ Z\ {0}) ist, dass die Gleichung x · b = a stets genau eine Lösung besitzt. Dies ist in Q der Fall. Ein Vergleich der Zahlenmengen N, Z und Q zeigt, dass Z ⊂ Q gilt und wegen N ⊂ Z auch N ⊂ Q: N ⊂ Z ⊂ Q.
(B.3.4)
Die rationalen Zahlen kann man durch Punkte auf der Zahlengeraden veranschaulichen (vgl. Anhang A, Abschnitt A.2.3). Wegen (B.3.4) gilt diese Möglichkeit der anschaulichen Darstellung auch für die natürlichen und die ganzen Zahlen.
_3 -2 4 -3
-2
_1 23
_1
-1,8
4
-1
0
1
2
3
Abb. B.3.1. Zahlengerade der rationalen Zahlen 22
Wenn ein Bruch nicht mehr kürzbar ist, so haben Zähler und Nenner bis auf die Zahl 1 keinen gemeinsamen Teiler mehr, d.h. Zähler und Nenner sind teilerfremd.
Menge der rationalen Zahlen
368
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
Es gilt jeweils: Je größer die Zahl ist, um so weiter rechts steht sie auf der Zahlengeraden. Ebenso wie in Z gibt es auch im Bereich der rationalen Zahlen weder eine kleinste noch eine größte Zahl. Die Nachfolgerbeziehung gilt aber nicht mehr: Eine beliebige rationale Zahl hat weder einen unmittelbaren Vorgänger noch einen unmittelbaren Nachfolger. Das hat seine Ursache darin, dass zwischen zwei rationalen Zahlen stets noch weitere, ja sogar unendlich viele rationale Zahlen liegen. Zwar sind die 4 Grundrechenarten (Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division) in der Menge der rationalen Zahlen uneingeschränkt ausführbar. Dennoch ist die Zahlenmenge noch nicht „vollständig“. In welchem Sinne dies zu verstehen√ist, wurde ebenfalls in Anhang A angedeutet: Es gibt Zahlen, z. B. 2 oder π, die keine rationalen Zahlen sind (vgl. Abschnitt A.3.2).
B.3.4 Die reellen Zahlen
Menge der reellen Zahlen irrationale Zahlen
Zwar scheinen die rationalen Zahlen auf der Zahlengerade „dicht“ zu liegen, dennoch füllen sie diese nicht lückenlos aus. Im Anhang A, Abschnitt A.3.2 haben wir uns dazu die Frage gestellt, ob jede Strecke eine Maßzahl als Länge hat. Als Antwort erhielten wir: Wenn jede Strecke eine Maßzahl als Länge haben soll, so ist eine neue Zahlenmenge erforderlich, die eine Erweiterung der Menge der rationalen Zahlen darstellt. Wir ergänzen die rationalen Zahlen um die Menge der irrationalen Zahlen. Zusammen bilden sie die Menge der reellen Zahlen, die wir mit R p bezeichnen. Die irrationalen Zahlen sind nicht in der Form (p ∈ Z, q q ∈ Z\ {0}) darstellbar. Zu ihrer Konstruktion √ verwendet man andere Verfahren, von denen eines am Beispiel von 2 kurz skizziert werden soll (vgl. Abschnitt A.3.2): √ Da 12 < 2 < 22 ist 1 < 2 < 2; √ da 1, 42 < 2 < 1, 52 ist 1, 4 < 2 < 1, 5; √ da 1, 412 < 2 < 1, 422 ist 1, 41 < 2 < 1, 42; √ ist 1, 414 < 2 < 1, 415 da 1, 4142 < 2 < 1, 4152 usw.
Intervallschachtelung
√ Die Zahl 2 liegt also in unendlich vielen Intervallen mit rationalen Endpunkten: (1; 2) , (1, 4; 1, 5) , (1, 41; 1, 42) , (1, 414; 1, 415) , . . . , die ineinander geschachtelt sind. Die Längen der Intervalle der Schachtelung werden beliebig√ klein, so dass durch eine solche Intervallschachtelung die Zahl 2 eindeutig bestimmt ist. In entsprechender
B.3 Zahlenmengen
369
Weise lassen sich alle anderen irrationalen Zahlen mit beliebiger Genauigkeit angeben23 . Ein Vergleich der Zahlenmengen Q und R zeigt Q ⊂ R. Mit (B.3.4) erhalten wir somit N ⊂ Z ⊂ Q ⊂ R.
(B.3.5)
Veranschaulichen wir die Menge der reellen Zahlen auf der Zahlengeraden, so wird diese nun lückenlos ausgefüllt: Jeder reellen Zahl entspricht genau ein Punkt auf der Zahlengeraden und umgekehrt. Bzgl. der 4 Grundrechenarten weist R dieselben Eigenschaften auf wie Q. Darüber hinaus stellt R eine Erweiterung von Q dar, in der u.a. sämtliche Quadratwurzeln aus positiven Zahlen enthalten sind.
B.3.5 Die komplexen Zahlen Bei der kurzen Wiederholung der wichtigsten Regeln für das Rechnen mit Zahlen hatten wir im Anhang A, Abschnitt A.3.2, an einer Stelle „das Handtuch geworfen“. Dort √ formulierten wir: Die Quadratwurzel aus einer negativen Zahl, z. B. −16, „gibt es nicht“, weil es z. B. keine reelle Zahl gibt, die mit sich selbst multipliziert −16 ergibt. Anders ausgedrückt bedeutet das: Das Wurzelziehen ist in der Zahlenmenge R nicht uneingeschränkt ausführbar. Quadratwurzeln aus negativen Zahlen werden aber an vielen Stellen, z. B. bei der Lösung von Gleichungen gebraucht. Um diese Einschränkung der reellen Zahlen zu beseitigen, wird wieder eine Erweiterung vorgenommen. √ √ des √ Wendet man das Wurzelgesetz √Zahlenbereiches ab = a b formal auf den Term −a mit a > 0 an, so ergibt sich: √ √ √ −a = (−1) a = −1 a, a > 0 . (B.3.6) Wir definieren nun: i2 = −1 bzw. i =
√ −1,
(B.3.7)
d.h. i ist die Zahl, die mit sich selbst multipliziert -1 ergibt. Die Zahl i wird auch imaginäre Einheit genannt. Unter Verwendung der Zahl i erhält man dann für (B.3.6): √ √ −a = i a, a > 0. (B.3.8) 23
Mit der Eulerschen Konstanten e haben Sie im Anhang A, Abschnitt A.5.1, bereits eine andere irrationale Zahl kennen gelernt.
imaginäre Einheit
370
B. Aussagenlogik, Mengen und Zahlenbereiche
Mit Hilfe der Zahl i ist damit auch die Wurzel aus einer negativen Zahl √ definiert; allerdings ist i a keine reelle Zahl mehr. Wir kommen damit zur angekündigten Erweiterung von R. Die Zahl z = a + ib mit a, b ∈ R
(B.3.9)
komplexe Zahl Menge der komplexen Zahlen
heißt komplexe Zahl; die Menge der komplexen Zahlen erhält das Symbol
Realteil Imaginärteil
Man nennt a den Realteil, b den Imaginärteil von z. Für a = 0 ergeben sich die rein imaginären Zahlen ib mit verschwindendem Realteil (d.h. der Realteil ist gleich 0); für b = 0 erscheinen die reellen Zahlen als spezielle komplexe Zahlen mit verschwindendem Imaginärteil. Es gilt also:
C = {z|z = a + ib mit a, b ∈ R} .
R ⊂ C.
(B.3.10)
(B.3.11)
Unter Einbeziehung der komplexen Zahlen ermitteln wir nun die Lösungsmenge von quadratischen Gleichungen (vgl. Anhang A, Abschnitt A.4.1). Beispiel B.3.1 a) Die quadratische Gleichung x2 + a = 0 mit a > 0 führt auf x2 = −a. Ihre zwei Lösungen in C24 sind √ √ x1 = i a und x2 = −i a, denn es gilt
√ 2 √ 2 x21 = i a = i2 a = −a , √ √ 2 2 x22 = −i a = i2 − a = −a.
b) Die Lösungen x1 , x2 der quadratischen Gleichung x2 + ax + b = 0 mit a, b ∈ R kann man bekanntlich (vgl. Regel A.4.2) für a2 ≥ 4b in der Form 24
In C bedeutet: Komplexe Lösungen sind zugelassen.
B.3 Zahlenmengen
x1,2
371
a 1 2 a − 4b =− ± 2 2
schreiben. Ist der Radikand25 negativ, so setzen wir a2 − 4b = i 4b − a2 a2 < 4b und erhalten damit i i a a x1 = − + 4b − a2 und x2 = − − 4b − a2 2 2 2 2 als komplexe Lösungen. Die Rechenoperationen Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division werden für komplexe Zahlen z1 = a1 + ib1 , z2 = a2 + ib2 wie folgt definiert: z1 ± z2 = a1 ± a2 + i (b1 ± b2 ) z1 · z2 = (a1 a2 − b1 b2 ) + i (a1 b2 + a2 b1 )
(B.3.12) (B.3.13)
z1 : z2 =
a1 a2 + b 1 b 2 a2 b 1 − a1 b 2 +i a22 + b22 a22 + b22
(B.3.14)
Bzgl. dieser Rechenoperationen erfüllen auch die Zahlen aus C die Grundregeln für das Rechnen mit Zahlen. Eine „2 1 für alle n ∈ N (da n + 1 > n, ist n+1 < n1 ), die Folge ist also streng monoton steigend.
(4) Diese Folge ist anschaulich „zunächst steigend“ und „dann fallend“. Für alle n ∈ N trifft aber keine der Eigenschaften aus Def. 2.5.1 zu. Sie ist also nicht monoton (weder monoton steigend noch monoton fallend und auch nicht beides, vgl. Sie Teil c) dieser Aufgabe). c) Konstante Folgen sind sowohl monoton steigend, als auch monoton fallend (aber weder streng monoton steigend noch streng monoton fallend), denn es gilt: an = c, an+1 = c für alle n ∈ N, also: an ≤ an+1 und an ≥ an+1 für alle n ∈ N. Lösung zu Aufgabe 2.10 a) Die Folge (an ) = (−1)n+1 8 ist eine alternierende Folge: an+1 an = −64 < 0; sie ist keine konstante Folge.
378
C. Lösungen
b) Wenn die Folge (an ) monoton steigend ist, dann gilt an ≤ an+1 , n also auch aan+1 ≤ 1, da an+1 = 0 vorausgesetzt ist. Umgekehrt n folgt aus der Bedingung aan+1 ≤ 1 für die Glieder von (an ), dass an ≤ an+1 ist, also (an ) monoton steigend. c) Wenn (an ) monoton steigend ist, gilt für alle n ∈ N : an ≤ an+1 . Wir multiplizieren diese Ungleichung mit (−1) : −an ≥ −an+1 ; hieraus aber folgt gerade, dass die Folge (bn ) mit den Folgengliedern bn = −an monoton fallend ist. Umgekehrt gilt: Ist (−an ) monoton fallend, dann ist −an ≥ −an+1 und damit an ≤ an+1 , also (an ) monoton steigend. Lösung zu Aufgabe 2.11 a) Eine Folge ist nicht beschränkt, wenn sie entweder nicht nach oben oder nicht nach unten oder weder nach oben noch nach unten beschränkt ist. Eine Folge, die nicht beschränkt ist, kann also: – nach unten beschränkt sein, z. B. (2n), untere Schranke ist z. B. 0. – nach oben beschränkt sein, z. B. (−2n), obere Schranke ist z. B. −2. Eine Folge, die nach oben und nach unten beschränkt ist, ist beschränkt. b) (1) Die Folge ist nach unten beschränkt (untere Schranken sind z. B. −1 und − 12 ). Die Folge ist nicht nach oben beschränkt; die Folgenglieder mit ungeradem Index werden beliebig groß. (2) Diese (konstante) Folge ist (nach unten und nach oben) beschränkt. Untere bzw. obere Schranken sind z. B. s = −10 bzw. S = 0 oder s = S = −7. Allgemein ist jede konstante Folge beschränkt. (3) Diese (alternierende) Folge ist nach unten und nach oben beschränkt. Lösung zu Aufgabe 2.12 1 Es sind 21 bzw. 31 bzw. 42 Pendelamplituden jeweils größer als 10 cm 1 1 bzw. 100 cm bzw. 1000 cm. Bei jeder der Wahrnehmbarkeitsschranken sind also jeweils endlich viele Amplituden größer als die angegebene Schranke. Es bleiben immer unendlich viele Amplituden kleiner als die angegebene Schranke.
Lösung zu Aufgabe 2.13 a) U0,7 (5) = (5 − 0, 7; 5 + 0, 7) = (4, 3; 5, 7) ; U1 (1) = (1 − 1; 1 + 1) = (0; 2) ;1 1 1 1 1 (0) = 0 − U 10 10 ; 0 + 10 = − 10 ; 10 .
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
379
b) (1) U3 (0) = (−3, 3); die Zahlen 1, 12 , 2, 13 und 14 liegen in diesem Intervall, der Eckpunkt 3 gehört (beim offenen Intervall) nicht mehr dazu. 1 1 1 (0) = − (2) In U 10 10 , 10 liegt keine der Zahlen. Lösung zu Aufgabe 2.14 a) Der Grenzwert lautet 0, die Folge ist eine Nullfolge,
also gilt:
lim n1 = 0, denn sei ε > 0, dann gilt: n1 − 0 = n1 = n1 < ε n→∞
für alle n > 1ε . b) (1) a3 = (2) a15 =
1 3
1 1 1 (0) = − ∈ U 10 10 , 10 .
1 15
∈ U 101 (0).
(3) a1 = 1 ∈ U1 (0) = (−1, 1).
(4) |an − 0| = n1 − 0 = n1 = stets richtig ist. (5) Für alle n ∈ N gilt: an =
1 n
1 n
n−1
∈ U n1 (0) = − n1 , n1 ; vgl. (3).
Lösung zu Aufgabe 2.15 a) Wir setzen ε =
1 10000
in die Ungleichung n>
log 1ε log 2
ein, also log 10000 log 104 = log 2 log 2 4 4 · log 10 = = log 2 log 2 4 = 13, 3 . = 0, 301
n>
Die Lösung ist also n = 14.
1 1 b) ε1 = 15 : |an | = n1 = n1 < 15 für n > 15, also ist n (ε1 ) = 15 ein „passender“ Index. 1 1 : |an | = n1 < 100 für n > 100, also ist n (ε2 ) = 100 ein ε2 = 100 „passender“ Index. 1 1 Für , 1 - beliebiges ε > 0 gilt: |an | 2= n < ε für n > ε , also ist n (ε) = ε + 1 ein „passender“ Index. , 2 1 1 bedeutet: „die größte ganze Zahl ≤ ε “; die eckigen Klammern in dieser ε Bedeutung nennt man auch Gauß-Klammern.
380
C. Lösungen
c) Nein, der Index n (ε) ist nicht eindeutig bestimmt. Es kommt nur darauf an, dass |an | < ε mindestens für alle n > n (ε) richtig ist.
n 3
3 d) Es ist (−1) n+1 < n3 für alle n > 3ε . Damit haben für
= n+1 3 n > 3ε alle Folgenglieder an = (−1)n n+1 von 0 einen geringeren Abstand als ε. Dies gilt für jedes (beliebig kleine) ε > 0, die Folge ist damit eine Nullfolge.
e) (1) Für alle Zahlen q mit |q| < 1 gilt: q n < q n−1 (für alle n ∈ N). Also konvergiert die Folge (q n ) für positive q (bzw. negative q) „von oben“ (bzw. „von unten“) gegen 0. (2) Durch die Multiplikation der Folgenglieder q n (siehe (1)) mit der Zahl a1 = 0 ändert sich prinzipiell nichts, die Folge (an ) mit an = a1 q n−1 ist Nullfolge. f) Die Folge der Vorsprünge der Schildkröte (Beispiel 1.1.5) lautet 1 ; (vgl. Aufgabe 2.7c). Wegen an = a1 · q n−1 , n ∈ N, a1 = 10, q = 10 |q| < 1 ist diese nach e) eine Nullfolge. Die Folge der Geschwindigkeitszuwächse (Beispiel 1.1.6) genügt an = a1 · q n−1 mit a1 = 80, q = 12 , n ∈ N, (vgl. Aufgabe 2.7d); ebenfalls wegen |q| < 1 liegt eine Nullfolge vor. Lösung zu Aufgabe 2.16 a) (1) Die Folge besitzt den Grenzwert a = 1; es ist |an − a| =
2 2 1 < n2 < 20 für alle n > 40 (denn
1 − n+1 − 1 = n+1 n > 40 ⇒
n 20
>2⇒
1 20
>
2 n ).
(2) Diese (konstante) Folge besitzt den Grenzwert a = −7. Alle −7, sie Folgenglieder an sind gleich dem Grenzwert liegen also insbesondere alle sowohl in U 21 (−7) = −7 21 , −6 21 als auch in 1 999 1 . (−7) = −7 1000 , −6 1000 U 1000 b) Wir geben hier 3 Beispiele an: 3 , 2n 3 an = 5 − n , 2
an = 5 +
n
an = 5 + (−1)
3 . 2n
Lösung zu Aufgabe 2.17 a) Die Folge ist divergent. 1 stehen“, die Folge ist somit b) Die Folgenglieder „bleiben bei 2 1000
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
381
• keine Nullfolge (0 ist nicht Grenzwert); 1 • eine konvergente Folge mit Grenzwert 2 1000 ;
• nicht divergent (denn sie ist ja konvergent). Lösung zu Aufgabe 2.18
a) (1) Obere bzw. untere Schranken für 7 − n2 sind z. B. S = 10 bzw. s = 0 oder S = 7 bzw. s = 5. (2) Supremum bzw. Infimum lauten sup 7 − n2 = 7, inf 7 − n2 = n∈N
n∈N
5. (3) Der Grenzwert ist 7, die Folge ist streng monoton steigend: 2 1 2 7 − n2 < 7 − n+1 (denn: n + 1 > n ⇒ n+1 < n1 ⇒ n+1 < 2 2 2 n ⇒ 7 − n > 7 − n+1 ). Bei dieser streng monoton steigenden Folge stimmt der mit dem Supremum überein. Grenzwert 3 sind z. B. die Zahlen S = 3 bzw. s = −1 Für die Folge n+1 oder S = s 32 bzw. s = 0 obere untere Schranken. Supre bzw. 3 3 3 mum und Infimum lauten sup = , inf = 0. 2 n∈N n + 1 n∈N n + 1 Der Grenzwert der Folge ist 0 (Nullfolge). Die Folge ist monoton fallend. Hier stimmen das Infimum und der Grenzwert überein. Allgemein gilt: Bei monoton steigenden (konvergenten) Folgen ist der Grenzwert gleich dem Supremum der Folge und bei monoton fallenden (konvergenten) Folgen gleich dem Infimum. b) Alle Aussagen sind falsch. Zu (1): Es gibt genau eine konstante Folge, die Nullfolge ist, nämlich 0, 0, 0, . . . , denn für jedes ε > 0 gilt: Es ist an = 0 ∈ Uε (0) für alle n ∈ N. (Alle übrigen konstanten Folgen können dagegen keine Nullfolgen sein). Zu (2): Es lassen sich beliebig viele Gegenbeispiele zu dieser Aussage konstruieren: −1, −2, −3, . . . , −n, . . . 100, 10, 1, 0, −1, −10, . . . 12, 11, 10 32 , . . . , 10 + n2 , . . . Zu (3): Ein Gegenbeispiel ist hier: − n1 . n−1 eine geometrische Zu (4): Z. B. ist (an ) mit an = 21n = 12 12 Folge, die Nullfolge ist. Allgemein gilt: Jede geometrische Folge mit konstantem Quotient |q| < 1 ist Nullfolge; vgl. Aufgabe 2.15e.
382
C. Lösungen
Lösung zu Aufgabe 2.19 lim 5 5 = . 1 1 2 n lim 2 − n→∞ n 8 +1 lim 8 n→∞ n +1 8+n 1 = . b) lim = lim n 5 = n→∞ 3n − 5 n→∞ 3 − 5 3 n lim 3 − n→∞ n 3 3 − 2n2 c) lim = lim − 2 = −2. n→∞ n→∞ n2 n2 3 3 − 2n2 3 2 2 d) lim = 0 − 0 = 0. = lim − = lim 3 − lim n→∞ n→∞ n3 n→∞ n n→∞ n n3 n 5n 5 = lim n→∞ 2n − 1 n→∞ 2 −
a) lim
=
n→∞
3
e) Es ist an = 3−2n = n32 −2n, die Folgenglieder werden betragsmäßig n2 beliebig groß, der Grenzwert der Folge existiert nicht. 3 1 + lim 1 n→∞ n + 33 n2 + 3 0 n3 = = 0. = lim n n1 = f) lim 3 n→∞ n + 1 n→∞ 1 + 3 1 1 n lim 1 + 3 n→∞ n Lösung zu Aufgabe 2.20 a) Der Reihe liegt die Folge (an ) mit an = 35n zugrunde. Diese Folge ist eine geometrische Folge, für deren konstanten Quotienten q gilt: n−1 q = 13 < 1, denn: an = 53 13 ; a1 = 53 , q = 13 . Nach Regel 2.7.3 berechnet sich also die Summe der Reihe ∞ 5 5 3 = n 3 1 − n=1
1 3
=
5 3 2 3
=
5 . 2
b) Die zugrunde liegende geometrische Folge besitzt das Bildungsgesetz n−1 3 3 3 3 an = ⇒ a1 = , q = < 1 . 4 4 4 4 Nach Regel 2.7.3 gilt somit: ∞ n 3 3 3 9 27 + + + ... = = 4 4 16 64 4 1− n=1
3 4
= 3.
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
383
Lösung zu Aufgabe 2.21 a) Die ersten sechs Glieder der Folge lauten 200.000.-; 40.000.-; 8.000.-; 1.600.-; 320.-; 64.-. b) Es handelt sich um den Anfang einer geometrischen Folge. Es ist q = 15 . c) Die Folge der Umsätze in den ersten 7 Jahren: 1.000.000; 1.200.000; 1.240.000; 1.248.000; 1.249.600; 1.249.920; 1.249.984. d) Die n–te Partialsumme einer geometrischen Reihe lautet mit q = und a1 = 1.000.000: n i−1 n n 1 − 15 1 i−1 a1 q = 1.000.000 = 1.000.000 . 5 1 − 15 i=1 i=1
1 5
e) Für den Grenzwert der Folge der Partialsummen und damit für die Summe der unendlichen Reihe erhält man: ∞
a1 q i−1 = a1
i=1
1 1 = 1.000.000 1−q 1−
1 5
= 1.250.000 ,
d.h. auch in ∞ vielen Jahren kann bei der in der Aufgabenstellung angegebenen Planung der Umsatz des Unternehmens über diesen Wert hinaus nicht gesteigert werden. Lösung zu Aufgabe 3.1 a) G (x) = −200 + 40x, x ∈ {0, . . . , 10} Stückzahl Gewinn
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
-200 -160 -120 -80 -40 0 40 80 120 160 200
b) Es handelt sich nicht um eine eindeutige Zuordnung, da den xWerten 0 und 2 jeweils zwei verschiedene y-Werte zugeordnet sind.
384
C. Lösungen
Graphische Darstellung:
Lösung zu Aufgabe 3.2 y 200 160 120 80 40 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
x
-40 -80 -120 -160 -200
Lösung zu Aufgabe 3.3 a) (1) f 12 = 1 34 , f (10) = 700, f (−1) = 7; (2) f 12 = 67 , f (10) = − 12 , f (−1) = 35 ; (3) f 12 = 12 , f (10) = 10, f (−1) = 1; (4) f 12 = 9, f (10) = 9, f (−1) = 9. b) (1) Df = R, (2) Df = R\ {4}, (3) Df = R, (4) Df = R. Lösung zu Aufgabe 3.4 a) P1 (0, 0) gehört zum Graph, da f (0) = 0, P2 (−1, 3) gehört nicht zum Graph, daf (−1) = −1 = 3, P3 12 , −1 gehört zum Graph, da f 12 = −1, P4 (1, −3) gehört zum Graph, da f (1) = −3.
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
385
y 0,5 -2
-1
1
x
2
-1
-2 y = -2x2 - x
b) Nein. Es handelt sich nicht um Funktionsgraphen, da z. B. der Zahl 0 jeweils zwei Werte zugeordnet sind. Lösung zu Aufgabe 3.5 y y = sgn x
-4
-3
-2
-1
1
2
3
4
x
Lösung zu Aufgabe 3.6 a) f ist auf R konstant, also sowohl monoton steigend als auch monoton fallend (aber weder streng monoton steigend noch streng monoton fallend). b) (1) wahr, (2) falsch, (3) falsch, denn konstante Funktionen sind sowohl monoton fallend als auch steigend; (4) falsch. Lösung zu Aufgabe 3.7 a) Die Funktion ist nicht umkehrbar, da der 6 und der 7 jeweils die Zahl 4 zugeordnet wird, d.h. f −1 ({4}) = {6, 7}. b) Die Funktion ist umkehrbar. f −1 ist durch die folgende Wertetabelle gegeben:
386
C. Lösungen
y f
−1
10 20 30 40 50 (y)
1
2
3
4
5
Lösung zu Aufgabe 3.8 a) (1) y = f −1 (x) = − 25 x − 10 (2) y = f −1 (x) =
1 1−x ,
x = 1.
b) Der Graph von y = ax + b mit a = 0 ist eine Gerade, die weder zur x- noch zur y-Achse parallel ist. Jede Parallele zur x-Achse schneidet diese Gerade genau einmal. Also ist y = f (x) injektiv. Umkehrfunktion: y = f −1 (x) = a1 x − ab . Der Graph der Umkehrfunktion ist ebenfalls eine Gerade, weil er durch die Spiegelung der zu f gehörigen Geraden an der Winkelhalbierenden entsteht und die Spiegelung einer Geraden wieder eine Gerade ergibt. Lösung zu Aufgabe 3.9 a) DG = „angeschlossene Haushalte“ ⊂ N, WG = „abgegebene Gasmenge“ ⊂ R, DK = „abgegebene Gasmenge“ = WG , WK = „Gesamtkosten“ ⊂ R, Dh = „angeschlossene Haushalte“ = DG , Wh = „Gesamtkosten“ = WK . b) Es ist h (x) = K (G (x)), also gilt: h = K ◦ G; die Bedingung „Wf ⊂ Dg “ aus Definition 3.1.27 ist hier wegen WG = DK erfüllt. Lösung zu Aufgabe 3.10 (1) f f −1 (x) = − 52 − 52 x − 10 − 4 = x + 4 − 4 = x (2) f f −1 (x) = 1 − 11 = 1 − (1 − x) = x 1−x
Lösung zu Aufgabe 3.11 a) (1) Man erhält ein Polynom 5. Grades. (2) Man erhält ein Polynom 4. Grades. b) Die Funktion f ist ein Polynom 3. Grades, denn f (x) = (x + 1)(x − 2)(x + 2) = x3 + x2 − 4x − 4. Die Koeffizienten sind: a3 = a2 = 1, a1 = a0 = −4. Lösung zu Aufgabe 3.12 a) a1 = 50, a0 = 200, n = 1; b) a1 = 90, a0 = 0, n = 1;
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
387
c) a2 = 500, a1 = 1500 , a0 = 0, n = 2; d) a3 = −4, a2 = 12, a1 = a0 = 0, n = 3. Lösung zu Aufgabe 3.13 Es ist h(x) = x · x − x − 2 = x2 − x − 2, n = 2. Wir haben ein Polynom 2. Grades aus einer konstanten Funktion und der Identität durch Addition und Multiplikation erzeugt. Lösung zu Aufgabe 3.14 a) Wegen K(−4) = 200 + 50(−4) = 0 besitzt die lineare Funktion, die durch K(x) beschrieben wird, bei x = −4 eine Nullstelle, allerdings gehört x = −4 nicht zum Definitionsbereich der in Beispiel 1.2.2 vorgestellten Kostenfunktion. b) E(0) = 90 · 0 = 0; x = 0 ist Nullstelle. c) Es ist y = 500x2 + 1500x = 500x(x + 3), also sind x0 = 0 und x1 = −3 Nullstellen dieses Polynoms 2. Grades. Allerdings gehört x1 = −3 nicht zum Definitionsbereich bzgl. der Produktionsentwicklung. Lösung zu Aufgabe 3.15 a) (1) −1, 3 sind Nullstellen von P3 , da P3 (−1) = 0, P3 (3) = 0, P3 (10) = 0. (2) Weder −1 noch 3, aber 10 ist Nullstelle von Q3 . (3) −1, aber weder 3 noch 10 ist Nullstelle von R4 . b) P3 (x) = (x + 1)(x − 3)(x + 2), denn nach a) ist x0 = −1 Nullstelle, also ist (x + 1) Linearfaktor: (x3
+0x2
−(x3
+x2 )
0
−x2 −(−x2 0
−7x −6) : (x + 1) = x2 − x − 6 −7x −6 −x) −6x −6 −(−6x −6) 0
Weiter gilt nach a) a1 = 3 ist Nullstelle, also ist (x − 3) ein weiterer Linearfaktor:
388
C. Lösungen
−x −6) : (x − 3) = x + 2
(x2
−(x −3x) 2
2x −6 −(2x −6) 0 Somit ergibt sich x = −2 als eine weitere Nullstelle von P3 (x). Lösung zu Aufgabe 3.16 Für P2 gilt: c b . P2 (x) = ax2 + bx + c = a x2 + x + a a Um die Nullstellen von P2 zu bestimmen, betrachten wir jetzt c b Q2 (x) = x2 + x + a a und bestimmen dessen Nullstellen:3 x2 + ab x + ac = 0 ⇔ x2 + ab x = − ac b 2 ⇔ x2 + ab x + 2a b 2 ⇔ x + 2a ⇔x+
b 2a
√ −b± b2 −4ac 2a
= = =
b 2 − ac 2a b2 −4ac 4a 2 2 −4ac ± b 4a 2
⇔ x1/2 = Nach Satz 3.2.8 gilt dann: Q2 (x) = (x − x1 )(x − x2 ) und somit P2 (x) = a(x − x1 )(x − x2 ). Lösung zu Aufgabe 3.17 √ Die beiden weiteren Nullstellen sind −3 und 5, denn da ± 7i Nullstellen von P4 sind, √ gilt: √ P4 (x) = (x − 7i)(x + 7i) · Q2 (x) mit Q2 (x) = (x2 − 2x − 15). Dabei hat das Polynom Q2 die Nullstellen −3 und 5. Lösung zu Aufgabe 3.18 Wegen y = 12x2 − 4x3 = 4x2 (3 − x) = (−4)(x − 0)(x − 0)(x − 3) ist x0 = 0 (doppelte) Nullstelle und x1 = 3 Nullstelle, vgl. auch Abb. 1.2.2.
3
Die nun folgende Vorgehensweise nennt man auch quadratische Ergänzung.
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
389
Lösung zu Aufgabe 3.19 a) P6 (x)+P3 (x) = −2x6 +x4 +x3 +x2 −x+7, Grad 6 b) P3 (x)−P6 (x) = 2x6 −x4 +x3 +x2 +x−7, Grad 6 c) P1 (x) · P3 (x) = x4 − x2 , Grad 4 d) P1 (P3 (x)) = P1 (x3 +x2 ) = x3 +x2 −1, Grad 3 e) P3 (P1 (x)) = P3 (x−1) = (x−1)3 +(x−1)2 = x3 −2x2 +x, Grad 3
Lösung zu Aufgabe 3.20 a) P1 (x) = 50x + 200 (Zählerpolynom), Q1 (x) = x (Nennerpolynom); b) P1 (x) = 0, 11x + 10, Q1 (x) = x. Lösung zu Aufgabe 3.21 a) Definitionslücken: x2 + 1 = 0 Die Lösungsmenge dieser Gleichung ist leer, also hat R keine Definitionslücken. Nullstellen:
x = 0 ist die einzige Nullstelle von R.
b) Definitionslücken: x2 + x + 1 = 0 Die Lösungsmenge dieser Gleichung ist leer, also hat R keine Definitionslücken. Nullstellen:
1 = 0, R hat also keine Nullstellen.
c) Definitionslücken: x − 2 = 0 ⇔ x = 2 Nullstellen:
x2 − 4 = 0 ⇔ (x − 2)(x + 2) = 0 ⇔ x = 2 ∨ x = −2 Da x = 2 eine Definitionslücke ist, bleibt x = −2 als Nullstelle von R.
d) Definitionslücken: x2 + 4 = 0 Die Lösungsmenge dieser Gleichung ist leer, also hat R keine Definitionslücken. Nullstellen:
x3 − 5x2 + 6x = 0 ⇔ x = 0 ∨ x = 2 ∨ x = 3. Damit sind 0, 2, 3 Nullstellen von R.
390
C. Lösungen
Lösung zu Aufgabe 3.22 a) R1 (x) + R2 (x) =
x−3 x2 −2
+
1 x
=
2x2 −3x−2 x3 −2x
b) R1 (x) − R2 (x) =
x−3 x2 −2
−
1 x
=
−3x+2 x3 −2x
·
1 x
=
x−3 x3 −2x
c) R1 (x) · R2 (x) =
x−3 x2 −2
1
3 ( x1 )−3 +x2 = −3x 3 +x = 1 2 −2x −2 (x) 2 1 −2 = x−3 e) R2 (R1 (x)) = R2 xx−3 = xx−3 2 −2
d) R1 (R2 (x)) = R1
x
=
−3x2 +x −2x2 +1
x2 −2
Lösung zu Aufgabe 3.23 Funktionswerte der Sinusfunktion: α
0o
90o
180o
270o
360o
sin α
0
1
0
-1
0
Lösung zu Aufgabe 3.24 Funktionswerte der Kosinusfunktion: α
0o
90o
180o
270o
360o
cos α
1
0
-1
0
1
Lösung zu Aufgabe 3.25 Winkel im Bogenmaß: Winkelmaß 0o Bogenmaß
0
90o
180o
210o
360o
30o
270o
150o
300o
π 2
π
7 6π
2π
π 6
3 2π
5 6π
5 3π
Beispiel für Umrechnung Winkelmaß → Bogenmaß: b = 210o
π 7 → b = π. 180o 6
Beispiel für Umrechnung Bogenmaß → Winkelmaß: π α·π 180o = = 30o . →α= o 6 180 6
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
391
Lösung zu Aufgabe 3.26 a) (1) 1080o =6π 2 2 − 4 21 π (2) −810o = 2 − 2 43 π (3) −495o = b)
_ (i) - p 3
(ii) - _3 p 2
(iii) 6p
_ (iv) 5 p 2
Lösung zu Aufgabe 3.27 a) (1) sin (x + π)
(2) cos (x + π)
=
sin x cos π + cos x sin π
=
sin x · (−1) + cos x · 0 = − sin x.
= cos x cos π − sin x sin π = cos x · (−1) − sin x · 0 = − cos x.
b) Es gilt für alle x ∈ R : −1 ≤ sin x ≤ 1 und −1 ≤ cos x ≤ 1; −1 bzw. 1 ist also untere bzw. obere Schranke für beide Funktionen. Da der Wert −1 bzw. 1 auch tatsächlich als Funktionswert vorkommt, ist −1 bzw. 1 das Infimum bzw. das Supremum für beide Funktionen. inf sin x = −1,
x∈R
inf cos x = −1,
x∈R
sup sin x = 1, x∈R
sup cos x = 1. x∈R
392
C. Lösungen
c) Die Definitionslücken der Tangens- bzw. Kotangensfunktion sind die Nullstellen der zugehörigen Nennerfunktion, also die Nullstellen der Kosinus- bzw. Sinusfunktion: sin x = 0 für x = k · π, k ∈ Z, 2k + 1 π, k ∈ Z. cos x = 0 für x = 2 d) Die Sinusfunktion ist
(1) streng monoton steigend z. B. auf − π2 , π2 . (2) streng monoton fallend z. B. auf π2 , 32 π .
Die Kosinusfunktion ist (1) streng monoton steigend z. B. auf (−π, 0]. (2) streng monoton fallend z. B. auf (0, π]. Lösung zu Aufgabe 3.28 a) log2
1 8
= −3, denn 2−3 =
1 23
= 18 .
b) log2 16 = 4, denn 24 = 16. c) log3 9 = 2, denn 32 = 9. d) log3
1 27
= −3, denn 3−3 =
1 33
=
1 27 .
e) log3 1 = 0, denn 30 = 1. 4
4
4
f) log3 (3 5 ) = 45 , denn 3 5 = 3 5 . √ √ 2 3 3 g) logb b2 = 23 , denn b 3 = b2 . √ √ n h) loga an = n2 , denn a 2 = an . Lösung zu Aufgabe 3.29 a) (1) a = 2, denn 22 = 4. √ √ (2) a = 4 2, denn ( 4 2)4 = 2. (3) a = 17, denn 171 = 17. (4) Es gibt keinen Wert a, der diese Beziehung erfüllt, denn a0 = 1 für alle a. b) (1) x = 32, denn 25 = 32. √ √ 2 3 (2) x = 3 4, denn 2 3 = 22 . (3) x = 19 , denn 3−2 =
1 32 .
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
393
(4) x = 10, denn 101 = 10. Lösung zu Aufgabe 4.1 1 a) (1) Es ist x83 < 120 äquivalent zu 8 · 120 = 43 · 15 < x3 . Also gilt für √ 3 alle x > 4 15: 8 1 . f (x) = 3 < x 120 1−x 1−x (2) Es ist 1−x 2 = (1−x)(1+x) = Also gilt für alle x > 119:
f (x) =
1 1+x
und
1 1+x
120.
1−x 1 . < 1 − x2 120
b) (1) Sei ε > 0, dann gilt:
8
− 0 = 8 < ε für x > 3 8 .
x3
x3 ε (2) Sei ε > 0, dann gilt:
1−x
1−x 1 1
1 − x2 − 0 = (1 − x) (1 + x) = 1 + x < ε für x > ε − 1 (d.h. x + 1 > 1ε ). c) Es sei ε > 0, dann gilt:
0, 11x + 10
10
10
− 0, 11 = 0, 11 + − 0, 11
=
.
x x x
10 10 Es ist x = x < ε für alle x > 10 ε . Lösung zu Aufgabe 4.2 |x| x = lim = lim 1 = 1. x→∞ x x→∞ x |x| −x = lim = lim −1 = −1. (2) lim x→−∞ x x→−∞ x x→−∞ 4 2 2 4 lim − lim 2 0−0 4x − 2 x→∞ x x→∞ x x − x2 (3) lim = = =0 = lim x→∞ 3x2 x→∞ 3 lim 3 3
a) (1) lim
x→∞
x→∞
7 7 − lim 2 lim 1 7 − 2x 0−2 x→∞ x x→∞ x −2 (4) lim = lim =− = = 6 6 x→∞ 4x + 6 x→∞ 4 + 4+0 2 x lim 4 + lim x→∞ x→∞ x
394
C. Lösungen
(5)
lim
x→−∞
x 1 = lim x→−∞ x+1 1+
1 x
=1
1 − x1 x−1 = lim x→∞ x→∞ x + 1 x→∞ 1 + 1 x 1 lim 1 − lim x→∞ x 1−0 = x→∞ 1 = 1+0 = 1. lim 1 + lim x→∞ x→∞ x 2 + x7 2x + 7 2 = lim = =2 (2) lim f2 (x) = lim x→∞ x→∞ x + 1 x→∞ 1 + 1 1 x
b) (1) lim f1 (x) = lim
(3) lim (f1 (x) + f2 (x)) = lim f1 (x) + lim f2 (x) = 1 + 2 = 3 x→∞
x→∞
x→∞
(Dabei wurden (1) und (2) verwendet). 7x2 − 4x + 8 x→∞ x→∞ 4x2 + 3x + 5 4 8 + lim 2 lim 7 − lim 7 − x4 + x82 x→∞ x→∞ x x→∞ x = lim = 3 5 x→∞ 4 + 3 + 52 x x + lim 2 lim 4 + lim x→∞ x→∞ x x→∞ x 7 7−0+0 = = 4+0+0 4 3x + 1 3x + 1 c) lim · sgn x = lim lim ·sgn x x→∞ x + 7 x→∞ x + 7 x→∞ 1 3+ x 3+0 · 1 = 3; · lim 1 = = lim x→∞ 1 + 7 x→∞ 1+0 x 3x + 1 3x + 1 · sgn x = lim lim ·sgn x lim x→−∞ x + 7 x→−∞ x + 7 x→−∞ 1 3+ x 3+0 · (−1) = −3. · lim (−1) = = lim x→−∞ 1 + 7 x→−∞ 1+0 x (4) lim f4 (x) = lim
Lösung zu Aufgabe 4.3 a) Für x → ∞ bleibt die Sinus-Funktion beschränkt (−1 ≤ sin x ≤ 1 für alle x ∈ R), aber x · sin x wird mit x (→ ∞) beliebig groß. Entsprechend geht x · sin x → −∞ für x → −∞. Beide Grenzwerte existieren also nicht. b) Ja, für x → ∞ geht f (x) = 12 x + sin x ebenfalls gegen ∞. Lösung zu Aufgabe 4.4 f (x) 1
-1
1 -1
x
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
395
lim f (x) = lim −1 = −1 ,
x→0−
x→0−
lim f (x) = lim+ 1 = 1 .
x→0+
x→0
Die Zahl −1 ist der linksseitige Grenzwert der Funktion für x → 0, die Zahl 1 ist der rechtsseitige Grenzwert der Funktion für x → 0. Grenzwerte, auch einseitige Grenzwerte, sind stets eindeutig. Lösung zu Aufgabe 4.5 a) Eine graphische Darstellung der Funktion f mit f (x) = |x|, x ∈ R, finden Sie in Abb. 3.1.4. Aus der graphischen Darstellung können Sie ablesen: lim f (x) = 0, lim+ f (x) = 0 . x→0−
x→0
Für die Funktion f existiert der Grenzwert für x → 0: lim f (x) = 0, denn rechts- und linksseitiger Grenzwert für x → 0 x→0
stimmen überein. b) Der rechts- und der linksseitige Grenzwert der Funktion f für x → 0 stimmen nicht überein. Also existiert der Grenzwert von f für x → 0 nicht. Lösung zu Aufgabe 4.6 Es gilt f (x) ∈ Uε (4), wenn wir |f (x) − 4| < ε für geeignete x zeigen können. Für alle x mit x = 2 gilt:
2
x − 4
(x + 2)(x − 2)
a) |f (x)−4| =
− 4 =
− 4
x−2 x−2 1 , falls x ∈ U ∗1 (2) . 2 2 1 , falls x ∈ U ∗1 (2) . b) |f (x)−4| = |x−2| < 10 10 Es ist also: = |x+2−4| = |x−2|
−1 schreiben. Hiernach lässt sich der Graph von f leicht zeichnen.
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
397
y
1 –1
x
1
An der Stelle x0 = −1 ist f (x0 ) = 0, aber
lim f (x) = 2 und
x→−1−
lim f (x) = −2. Bedingung (ii) von Definition 4.3.1 ist also ver-
x→−1+
letzt, f ist nicht stetig in x0 . An der Stelle x1 = 0 ist f (0) = 0 und lim f (x) = 0. f ist stetig in x1 = 0.
x→0
Lösung zu Aufgabe 4.10 Es ist
y = f (x) =
0, 1x 1000
für 0 ≤ x ≤ 10000 für x > 10000
Wir berechnen (mit x0 = 10000): lim f (x) = lim 0, 1x = 0, 1 · 10000 = 1000 ,
x→x0 −
x→x0 −
lim f (x) = lim 1000 = 1000 ,
x→x0 +
x→x0 +
f (x0 ) = f (10000) = 0, 1 · 10000 = 1000 . Somit stimmt an der Stelle x0 = 10000 rechts- und linksseitiger Grenzwert überein und sie sind auch gleich dem Funktionswert an dieser Stelle. f ist in x0 stetig. Lösung zu Aufgabe 4.11 a) Ist x0 ∈ Df = R beliebig, so gilt: (i)
f (x0 ) = c;
398
C. Lösungen
(ii)
lim f (x) = lim c = c;
x→x0
x→x0
(iii) f (x0 ) = lim f (x). x→x0
Die Bedingungen (i) bis (iii) von Definition 4.3.1 sind also erfüllt für jede beliebige Stelle x0 ∈ Df . Die konstante Funktion f mit f (x) = c, c ∈ R, ist also in jedem x0 ∈ Df stetig, d.h. sie ist (auf Df = R) stetig. b) Es sei x0 ∈ R beliebig; dann gilt: (i) (ii)
id (x0 ) = x0 , lim id (x) = lim x = x0 ,
x→x0
x→x0
(iii) id (x0 ) = lim id (x), x→x0
d.h. die Bedingungen von Definition 4.3.1 sind erfüllt. Wie bei Teil a) dieser Aufgabe folgt hieraus die (globale) Stetigkeit der Identität auf Did = R. Lösung zu Aufgabe 4.12 Die Lagerhaltungsfunktion von Beispiel 1.3.4 ist stetig auf den Intervallen [0, t1 ] , (t1 , t2 ] , (t2 , t3 ] , . . . Bis auf [0, t1 ] müssen die Intervalle stets linksseitig offen angegeben werden, da dort jeweils zwar lim f (t) = S existiert, wegen der Eint→ti +
deutigkeit der Zuordnung (f (ti ) = s) aber mit dem Funktionswert nicht übereinstimmt (i = 1, 2, 3, . . . ). Lösung zu Aufgabe 4.13 Die Funktion f , die die Abhängigkeit des Blechverbrauches von der Höhe h beschreibt, besitzt die Funktionsgleichung f (h) = 2πr2 + 2πrh, denn es wird Material für 2 Kreise (Boden und Deckel der Dose) benötigt (also 2πr2 ) sowie für den „Zylindermantel“, d.h. für das Rechteck mit den Seiten h (Höhe) und 2πr (Kreisumfang). Da der Kreisdurchmesser d = 2r konstant bleibt, ist r eine Konstante. Die folgende Abbildung enthält den Graphen von f .
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
399
Fläche [cm2] (Materialverbrauch) 1
0,2 10
100
h [cm]
Da es sich hier um eine Gerade handelt, ist f stetig (vgl. Satz 4.3.10). Lösung zu Aufgabe 4.14 a) Das Polynom P2 (x) = x2 ist stetig auf R (Satz 4.3.10); die Exponentialfunktion ex ist stetig auf R (Satz 4.3.12). Das Produkt zweier stetiger Funktionen ergibt wieder eine stetige Funktion (Satz 4.3.6). Also ist f stetig auf R. b) Die Funktion g mit sin x x2 ist stetig auf R\ {0}, da sie der Quotient aus der stetigen trigonometrischen Funktion sin x (Satz 4.3.12) und dem stetigen Polynom P2 (x) = x2 (Satz 4.3.10) ist. P1 (x) = 4x ist ebenfalls (als Polynom) stetig, also auch f als Summe aus g und P1 (Satz 4.3.6). g (x) =
Lösung zu Aufgabe 4.15 a) Es ist f (0) = 7 und f (−3) = −
−9 − 9 − 9 + 14 13 27 9 9 − − +7= =− . 6 2 2 2 2
f hat also an den Intervalleckpunkten −3 und 0 verschiedene Vorzeichen. Nach dem Zwischenwertsatz muss in diesem Intervall also mindestens eine Nullstelle von f liegen. b) Es ist √ f (2) = 2 2 − 6 < 0 , √ f (4) = 4 4 − 6 = 4 · 2 − 6 = 2 > 0. Wie bei a) folgt nach dem Zwischenwertsatz, dass f mindestens eine Nullstelle in [2, 4] besitzt.
400
C. Lösungen
Lösung zu Aufgabe 5.1 a) 1 (x0 + x)2 − 12 x20 y f (x0 + x) − f (x0 ) = = 2 x x x 2 2 2 1 (x0 + 2x0 x + (x) ) − x0 = 2 x 1 1 x(2x0 + x) = x0 + x = 2 x 2 1 y lim = lim x0 + x = x0 . x→0 x x→0 2
Also ist f (x0 ) = x0 ; f (−1) = −1, f (3) = 3 . Die Tangente t an den Graphen von f im Punkte P = (x0 , f (x0 )) ist die Gerade durch P mit der Steigung x0 . Ihre Funktionsgleichung ermittelt man gemäß (5.1.4): t(x) = f (x0 ) + f (x0 )(x − x0 ) = 12 x20 + x0 (x − x0 ) = x0 x − 12 x20 ; d.h. für x0 = −1 also t(x) = −x − 12 ; für x0 = 3 also t(x) = 3x − 92 . b) Ableitung: f (x0 + x) − f (x0 ) −2(x0 + x)2 + 2x20 = lim x→0 x→0 x x 2 −4x0 x − 2(x) = lim = lim (−4x0 − 2x) = −4x0 . x→0 x→0 x
f (x0 ) = lim
Tangentengleichung: t(x) = −2x20 + (−4x0 )(x − x0 ) = −4x0 x + 2x20 (1) P = (2, f (2)) : t(x) = −8x + 8 (2) P = (−1, f (−1)) : t(x) = 4x + 2 (3) P = (0, f (0)) :
t(x) = 0
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
401
Lösung zu Aufgabe 5.2 a) f (x) = x4 , x0 = 2 b) f (x) = cos x, x0 = π √ c) f (x) = x, x0 = 9 d) f (x) = 3x , x0 = 2 e) f (x) = x1 , x0 = 2 √ f) f (x) = x, x0 = 4 Lösung zu Aufgabe 5.3 f (x) = mx + n ist eine Gerade, also f (x0 ) = m für alle x0 ∈ R, was sich aber auch als Limes des Differenzenquotienten herleiten lässt: lim
Δx→0
f (x0 + Δx) − f (x0 ) m (x0 + Δx) + n − (mx0 + n) = lim Δx→0 Δx Δx mΔx = m. = lim Δx→0 Δx
In P = (x0 , f (x0 )) lautet die Tangentengleichung gemäß (5.1.4): t (x) = f (x0 ) + f (x0 ) (x − x0 ) = f (x0 ) + m (x − x0 ) = mx0 + n + mx − mx0 = mx + n, d.h. die Tangentengleichung stimmt mit der Funktionsgleichung überein; die Tangente an die Gerade ist (für jedes x0 ) die Gerade selber. Lösung zu Aufgabe 5.4 ⎧ 2 ⎪x − 1 f (x) − f (1) ⎨ x − 1 = x + 1 a) = 2 ⎪ x−1 ⎩ (x − 2) − 1 = x − 3 x−1
für x < 1 für x > 1
f ist an der Stelle x0 = 1 nicht differenzierbar, da lim
x→1
nicht existiert.
f (x) − f (1) x−1
1 für x > −1 f (x) − f (−1) |x + 1| b) = = x − (−1) x+1 −1 für x < −1 f ist an der Stelle x0 = −1 nicht differenzierbar, da f (x) − f (−1) lim nicht existiert. x→−1 x − (−1)
402
C. Lösungen
Lösung zu Aufgabe 5.5 a)
f (x) = 17x16
f (x) = 17 · 16x15
f (−1) = 17(−1)16 = 17
f (1) = 17 · 116 = 17
f (x0 ) = 17x16 0 f (−1) = 17 · 16(−1)15 = −272
f (1) = 17 · 16 · 115 = 272
f (x0 ) = 17 · 16 · x15 0 −1 x2
f (x) =
2 x3
f (2) = − 14
f (x0 ) =
−1 x20
f (2) =
f (x0 ) =
2 x30
b) f (x) =
1 4 3
5
c) f (x) = − 12 x− 2
f (x) = 34 x− 2
3
− 32
3
f (3) = − 12 3− 2
f (5) = − 21 5− 2
5
f (x0 ) = − 21 x0 − 52
5
f (3) = 34 3− 2
f (5) = 34 5− 2
f (x0 ) = 34 x0
Lösung zu Aufgabe 5.6 a)
f (x) = 12x11 − 2x f (x0 ) = 12x11 0 − 2x0
f (x) = 12 · 11x10 − 2 f (−1) = −10
f (1) = 10
f (x0 ) = 12 · 11 · x10 0 − 2 f (−1) = 130
b)
1
f (x) = 21 x− 2 − 1 − 12
f (x0 ) = 12 x0 f (x0 ) =
−1
−3 − 14 x0 2
f (1) = 130
3
f (x) = − 14 x− 2 f (4) = − 34 1 f (4) = − 32
f (9) = − 65 1 f (9) = − 108
Lösung zu Aufgabe 5.7 a)
f (x) = 18x5 − 35x4 + 4x f (−1) = −57 f (2) = 24
b) f (x) = 35x6 − 6x
f (x) = 90x4 − 140x3 + 4 f (−1) = 234 f (2) = 324
f (x) = 210x5 − 6
f (1) = 29
f (1) = 204
f (4) = 143.336
f (4) = 215.034
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
c) f (x) = 2x3 − 3x + 1 + (x + 1)(6x2 − 3) = 8x3 + 6x2 − 6x − 2 f (x) = 24x2 + 12x − 6 f (1) = 6
f (1) = 30
f (−1) = 2
f (−1) = 6
Lösung zu Aufgabe 5.8 (x + 1) − (x − 1) 2 = (x + 1)2 (x + 1)2 √ √ 1 √1 (1 − x) + 2 x 2√ 1 x x √ 2 √ b) f (x) = =√ (1 − x) x + x x − 2x a) f (x) =
c) f (x) = d) f (x) =
10 73 3 x (1
10
+ x2 ) − x 3 · 2x = (1 + x2 )2
10 73 3 x
2x(x3 − 64) − (x2 − 9)3x2 −x4 + 27x2 − 128x = 3 2 (x − 64) (x3 − 64)2
Lösung zu Aufgabe 5.9 a) h (x) = 2(4x2 + 2)8x = 64x3 + 32x √ 10 1 b) h (x) = 2(2 x − 5) √ = 4 − √ x x x 1 2 c) h (x) = x= 2 13 x2 + 2 3 3 13 x2 + 2 1 1 d) h (x) = (−1)x−2 = − √ 1 2 x3 2 x 2 )(−2)x−2 = −16x−2 − 8x−3 x −15x
e) h (x) = 2(4 + f) h (x) =
g) h (x) = h) h (x) =
13
+ 43 x 3 (1 + x2 )2
3
(x2 − 2) 2 √ 2x x2 + 1 −
x(x2 −1) √ x2 +1
x2 + 1 5 32 2 x (1
7
− x2 ) + 2x 2 (1 − x2 )2
Lösung zu Aufgabe 5.10 a) f (x) = (cos(x + x2 )) · (2x + 1)
403
404
C. Lösungen
b) f (x) = (cos(cos x)) · (− sin x) cos x −x sin x − cos x · c) f (x) = cos x x2 1 (cos(2x2 + 1))4x d) f (x) = 2 sin(2x2 + 1) e) f (x) = e 2x
2
+5x
(4x + 5)
12 ln x · e 3x − f) f (x) = 4(ln x)2
g) f (x) = h) f (x) =
ex
4e 3x x
−e x 2 · x − 2 (e − 2)2
1 (−2x) 2 − x2
Lösung zu Aufgabe 5.11 Eine Funktion f ist auf dem Intervall (a, b) genau dann konstant, wenn (x1 ) = für alle x1 , x2 ∈ (a, b) mit x1 = x2 die mittlere Steigung f (xx22)−f −x1 0 ist. Das ist sicher der Fall, wenn die Steigung an jeder Stelle des Intervalls Null ist. Wenn also f (x) = 0 für alle x ∈ (a, b) erfüllt ist, so folgt daraus, dass f auf (a, b) konstant ist. Lösung zu Aufgabe 5.12 a)
f (x) = 2x2 − 3x + 5 ⇒ f (x) = 4x − 3 f (x) > 0 ⇔ x > f (x) = 0 ⇔ x = f (x) < 0 ⇔ x
2 + 17 3 ≈ 4, 38 ∨ x < 2 − 3 ≈ −0, 38 17 , 2 + f (x) > 0 ⇔ x ∈ 2 − 17 3 3 17 17 ∨ x = 2 − f (x) = 0 ⇔ x = 2 + 3 3 Intervalle
−∞, 2 −
17 3
f (x)
0
0
monoton Intervalle
2−
steigt streng
2+
17 3
, ∞,
0 ⇔ x ∈ (−1, 0) oder x ∈ (1, ∞) Also ist −1 eine (−|+) Zeichenwechselstelle von f , 0 eine (+|−) Zeichenwechselstelle von f und 1 eine (−|+) Zeichenwechselstelle von f . An den Stellen −1 und 1 liegt ein lokales Minimum, an der Stelle 0 ein lokales Maximum vor.
c) f (x) = 5x4 + 1 > 0 für x ∈ R; die Funktion f kann also keine Extremwerte besitzen, da sie auf R streng monoton steigend ist. d) Eine notwendige Bedingung für das Vorliegen eines lokalen Extremums an einer Stelle x0 ist f (x0 ) = 0. Wegen f (x) = −2x, folgt: f (x0 ) ⇔ −2x0 = 0 ⇔ x0 = 0. Wir prüfen, welche Art von lokaler Extremstelle in x0 vorliegt. Es ist
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
407
f (x) > 0 für alle x < 0 und f (x) < 0 für alle x > 0. Da die Funktion f an der Stelle x0 = 0 das Vorzeichen von plus nach minus wechselt, liegt an dieser Stelle somit eine lokale Maximalstelle vor. Lösung zu Aufgabe 5.14 a) (1) f (x) = cos x, f (x) = − sin x f (xk ) = 0 ⇔ xk = (2k + 1) π2 , k ∈ Z f (xk ) = 0, denn f (xk ) = −f ⎫ (xk ) und ⎬ f (xk ) = 1 für k gerade lokale Extrema f (xk ) = −1 für k ungerade ⎭ (2) f (x) = − sin x, f (x) = − cos x f (xk ) = 0 ⇔ xk = kπ, k ∈ Z f (xk ) = 0, denn f (xk ) = −f ⎫ (xk ) und ⎬ f (xk ) = 1 für k gerade lokale Extrema f (xk ) = −1 für k ungerade ⎭ (3) f (x) = 2 sin x cos x, f (x) = 2 (cos x) −2 (sin x) , dies schreibt man auch in der Form f (x) = 2 cos2 x − 2 sin2 x, f (xk ) = 0 ⇔ sin xk = 0 ∨ cos xk = 0 ⇔ xk = k π2 , k ∈ Z f (xk ) = 0, denn für kein x ∈ R sind sin x und cos x beide „gleichzeitig“ gleich 0, ⎫ f (xk ) = 1 für k ungerade ⎬ lokale Extrema ⎭ f (xk ) = 0 für k gerade 2
2
√ x 1−x− √ , 2 1√− x x 2 1 − x + √1−x −1 . − f (x) = √ 4 (1 − x) 2 1−x 2 f (x) = 0 ⇔ x = ; f 23 < 0 3 ⇒ an der Stelle 23 lokales Maximum, f 23 ≈ 0, 455.
(4) f (x) =
1 , f (x) = x23 2 x f (x) = 0 ⇔ (x = 1) ∨ (x = −1) f (1) > 0, f (−1) < 0 ⇒ An der Stelle 1 lokales Minimum, f (1) = 2; an der Stelle −1 lokales Maximum, f (−1) = −2. Hinweis: Für die Funktion f ist die y-Achse eine (senkrechte) Aymptote: f (x) → ∞ für x → 0+, f (x) → −∞ für x → 0−.
(5) f (x) = 1 −
408
C. Lösungen 4 (6) f (x) = 6x5 − 1, f (x) =30x f (x) = 0 ⇔ x = 5 16 f 5 16 > 0. Also: An der Stelle 5 16 lokales Minimum mit f 5 16 ≈ 1, 417.
b) f (x) = 17x16 + 15x4 + 1 > 0 für alle x ∈ R ⇒ f besitzt keine Extremwerte auf R, da f (x) = 0 für kein x ∈ R gilt. Lösung zu Aufgabe 5.15 a) Gemäß Satz 5.4.16 können wir die Bereiche, in denen f konvex bzw. konkav ist, dadurch bestimmen, indem wir die Intervalle ermitteln, in denen die Ableitung f monoton steigt bzw. monoton fällt. Die Monotoniebereiche von f wiederum lassen sich berechnen, wenn man die Ableitung von f (= f ) daraufhin untersucht, in welchen Intervallen diese größer (bzw. kleiner) gleich Null ist (vgl. auch Satz 5.4.17). Wir bilden deshalb die erste und zweite Ableitung der Funktion f : f (x) = 3x2 , f (x) = 6x . Da f (x) ≥ 0 für alle x ≥ 0 und f (x) ≤ 0 für alle x ≤ 0 ist, können wir folgern: Auf (−∞, 0] ist f konkav, auf [0, ∞) ist f konvex. b) Um Satz 5.4.17 anwenden zu können, berechnen wir f und f : f (x) = −
2 6 , f (x) = 4 . x3 x
Da f (und f ) an der Stelle x = 0 nicht definiert ist und der Term x64 für alle x ∈ R\ {0} positiv ist, folgt: Die Funktion f ist auf (−∞, 0) und auf (0, ∞) konvex. Lösung zu Aufgabe 5.16 Wir wenden Satz 5.4.21 an: Dazu berechnen wir zunächst die Ableitungen. f (x) = x3 − 9x2 + 24x − 12 f (x) = 3x2 − 18x + 24 f (x) = 6x − 18 f (x) = 6 Gesucht ist xw mit f (xw ) = 0 ∧ f (xw ) = 0. f (xw ) = 6xw − 18 = 0 ⇒ xw = 3 ist einzige mögliche Wendestelle und wegen f (3) = 6 = 0 liegt in xw = 3 tatsächlich eine Wendestelle vor. Weitere Wendestellen besitzt die Funktion f nicht (denn als lineare Funktion besitzt f keine weiteren Nullstellen).
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
409
Lösung zu Aufgabe 5.17 a) f (x) = x3 − 2x2 − x + 2 (1) Festlegung des maximalen Definitionsbereiches: f ist ein Polynom, also auf ganz R definiert. (2) Festlegung des Stetigkeits- und Diffferenzierbarkeitsbereiches: Als Polynom ist f auf ganz R stetig und differenzierbar. (3) Bestimmung der ersten drei Ableitungen von f : f (x) = 3x2 − 4x − 1 f (x) = 6x − 4 f (x) = 6 (4) Betrachtung der Funktionswerte an den Rändern des Definitionsbereiches: Da die Funktion keine Polstellen besitzt, haben wir f nur für x → ∞ und x → −∞ zu untersuchen. Es ist lim x3 − 2x2 − x + 2 = lim x x2 − 2x − 1 x→±∞
x→±∞
= lim x2 (x − 2) , x→±∞
da die Konstanten im Funktionsterm für x → ±∞ keine Rolle mehr spielen. Also gilt: Für x → ∞ strebt f (x) → ∞, für x → −∞ strebt f (x) → −∞. (5) Bestimmung der Nullstellen: Wegen x3 − 2x2 − x + 2 = (x + 1) (x − 1) (x + 2) besitzt f die drei (reellen) Nullstellen x = −1, x = 1 und x = 2. (6) Bestimmung der Extremstellen und der zugehörigen Extrema: Notwendig für das Vorliegen einer Extremstelle (vgl. Satz 5.4.18): f (x) = 0 f (x) = 3x2 − 4x − 1 = 0 1 4 ⇔ x2 − x = 3 3 2 2 7 ⇔ x− = 3 9 2 1√ 2 1√ ⇔x= + 7 oder x = − 7. 3 3 3 3 Beide Stellen liegen im Definitionsbereich und sind somit kritische Stellen. Wir prüfen mit Hilfe der 2. Ableitung, ob eine Minimal- oder Maximalstelle vorliegt:
410
C. Lösungen
2 1√ + 7 3 3 2 1√ + 7 >0 f (xE1 ) = 6 3 3 2 1√ xE2 = − 7 3 3 √ 2 1√ − 7 =4−3 70
steigt streng
=0
f (x) ≈ 2, 11
0
steigt streng
spezielle Werte
monoton 7
√
√
1 3
√ − 13 7
7,
2 3
+
1 3
√ 7
lokales Maximum
monoton 7
√
7, ∞
lokales Minimum
monoton
(9) Untersuchung des Krümmungsverhaltens von f : Unter (7) haben wir eine Wendestelle bei xw = 0 festgestellt. Da, wie die Bezeichnung „Wendestelle“ schon ausdrückt, sich dort das Krümmungsverhalten der Funktion ändert, brauchen
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
411
wir z. B. nur für das Intervall (−∞, 0) zu ermitteln, um welche Art von Krümmung es sich handelt. Nach Satz 5.4.17 ist die 2. Ableitung von f an dieser Stelle zu untersuchen: f (x) = 6x − 4 < 0 für alle x ∈ (−∞, 0) , also ist f auf diesem Intervall konkav. Da nur eine Wendestelle vorliegt, folgt: Auf (0, ∞) ist f konvex. (10) Berechnung spezieller Funktionswerte: Neben den „ausgezeichneten“ Punkten des Funktionsgraphen wie Nullstellen, Extrempunkten und Wendepunkten ist es ratsam, an weiteren Stellen Funktionswerte f (x) zu berechnen:
2 3
x
f (x)
−2
−12
−1 √ − 13 7 0
0 ≈ 2, 11 2
ausgezeichnete Stelle Nullstelle lokale Maximalstelle Wendestelle
1
2 3
0 Nullstelle √ + 7 ≈ −0, 63 lokale Minimalstelle 1 3
2
0
3
8
Nullstelle
(11) Graph der Funktionen f und f :
412
C. Lösungen
y 2
f (x) = 3x - 4x - 1
7 6 5 4 3 2 1
-2
-1
1
2
3
x
-1 -2 f (x) = x 3 - 2x 2 - x + 2
b) f (x) =
x2 − 4 1 − x2
(1) Wegen f (x) =
(x − 2) (x + 2) x2 − 4 = 1 − x2 (1 + x) (1 − x)
erhält man Df = R\ {−1, 1}. An den Stellen x = −1 und x = 1 befinden sich Polstellen. (2) Da f eine (gebrochen) rationale Funktion ist, ist f über Df stetig und beliebig oft differenzierbar. (3) f (x) = f (x) = f (x) =
−6x (1 − x2 )2 −18x2 − 6 3
(1 − x2 ) −72x x2 + 1 (1 − x2 )
4
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
413
(4) a) An den äußeren Rändern: x2 − 4 3 = −1 − 2 1−x 1 − x2 lim f (x) = lim f (x) = −1
x→∞
x→−∞
Asymptote ist somit die Gerade zu y = −1. b) An den Polstellen: lim f (x) = −∞
x→−1+
lim f (x) = ∞
x→−1−
lim f (x) = −∞
x→1−
lim f (x) = ∞
x→1+
(5) An den Stellen x = −2 und x = 2 befinden sich Nullstellen. (6) Extremstellen: f (x) =
−6x
(1 − x2 )2 ⇔ −6x = 0
=0
⇔x=0 f (0) = −6 ⇒ f hat an der Stelle x = 0 ein lokales Maximum mit f (0) = −4. (7) Wendestellen: f (x) =
−18x2 − 6 3
(1 − x2 )
=0
⇔ −18x2 − 6 = 0 ⇔ 3x2 + 1 = 0 Diese Gleichung hat in R keine Lösung, daher hat f keine Wendestellen. (8) Aufteilung von Df in vier Intervalle: I1 = (−∞, −1) ,I2 = (−1, 0] I4 = (1, ∞) I3 = [0, 1) , Über I1 ist f monoton steigend, über I2 ebenfalls, über I3 monoton fallend und ebenso über I4 .
414
C. Lösungen
(9) f (x) ist auf dem Intervall I konkav genau dann, wenn f (x) ≤ 0 für x ∈ I gilt. Wegen f (x) = 0 auf Df folgt −6 3x2 + 1 f (x) = 0 und 1 − x2 > 0 oder ⇔ 3 (2) 3x2 + 1 < 0 und 1 − x2 < 0. Da 3x2 + 1 > 0 für x ∈ R ist, kann (2) nicht erfüllt werden. 3 f (x) < 0 ⇔ 1 − x2 > 0 ⇔ 1 − x2 > 0 ⇔ x2 < 1 ⇔ x ∈ (−1, 1) . Somit ist f auf (−1, 1) konkav. Da keine Wendestellen existieren, muss f dann auf dem restlichen Definitionsbereich konvex sein, d.h. f ist auf (−∞, −1) und auf (1, ∞) konvex. (10) Auf die Angabe einer Wertetabelle verzichten wir hier. (11) Graph der Funktion: y
6 4 2 -4
-2
2
4 x
-2
-6
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
Lösung zu Aufgabe 5.18 a) Wir bilden die erste Ableitung zu f (x) = f (x) =
x 2
415
und erhalten:
1 , x ∈ [−1, 1] , 2
d.h. es gilt für alle x ∈ [−1, 1]: f (x) = 0. Somit besitzt f in [−1, 1] keine lokale Extremstelle. Die globalen Extrema sind an den Rändern zu suchen: Wegen f (−1) = − 21 und f (1) = 12 besitzt f an der Stelle −1 ein globales Minimum und an der Stelle 1 ein globales Maximum (betrachtet auf dem Intervall [−1, 1] !). b) In Aufgabe 5.13d haben Sie gezeigt, dass f (x) = 4 − x2 in x0 = 0 eine lokale Maximalstelle besitzt. Wir untersuchen die Ränder des Intervalls [−2, 3]. f (−2) = 0 und f (3) = −5; mit f (0) = 4 können wir also schließen: Bezogen auf [−2, 3] besitzt f in x0 = 0 ein globales Maximum und in x1 = 3 ein globales Minimum. Lösung zu Aufgabe 6.1
a) f (x) = 2x − 2 ⇒ (2x − 2)dx = x2 − 2x + c = Fc (x) y
F5 (x) = x 2- 2x + 5
F3 (x) = x 2- 2x + 3
f ( x ) = 2x - 2
F0 (x) = x 2- 2x
1
–1
1 –1
x
416
C. Lösungen
b) f (x) = x2 ⇒
x2 dx =
1 3 x + c = Fc (x) 3 y
f ( x) = x2
x
1 –1 F3 ( x ) =
1 3 x +3 3
_1 x 3 +1 3 _1 3 F0 (x) = x 3
F1 (x) =
Lösung zu Aufgabe 6.2 Die Lösung ergibt sich unmittelbar aus der Differentialrechnung Kapitel 5, Tab. 5.3.2. Lösung zu Aufgabe 6.3 a) Wegen Fab = 13 b3 − a3 folgt: F24 =
1 3
3 4 − 23 =
56 3
= 18 32 .
b) Wir berechnen zunächst wieder Unter- bzw. Obersumme für F0b ; wie ib i im Beispiel 6.3.1 ist Δx = nb und ximin = (i−1)b n , xmax = n . 3 3 3 b b b b b b n 2 n + + ...+ Fo = n n n n n n b4 3 = 4 1 + 2 3 + . . . + n3 n 2 b4 n2 (n + 1) = 4 n 4 2 4 1 b 1+ = 4 n
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
417
3 3 3 b b b 3 b b b b n + 2 + ...+ (n − 1) Fu = 0 + n n n n n n n b4 b4 3 b4 = 4 + 4 2 + . . . + 4 (n − 1)3 n n n b4 3 3 = 4 1 + 2 + . . . + (n − 1)3 n 2 b4 (n − 1) n2 = 4 n 4 2 b4 1 = 1− 4 n 2 4 b4 b 1 lim Fon = lim = 1+ n→∞ n→∞ 4 n 4 2 4 b b4 1 lim Fun = lim = 1− n→∞ n→∞ 4 n 4
a
b 4 a4 b a4 b4 ⇒ ⇒ Fab = − x3 dx = x3 dx = ⇒ 4 4 4 4 0 0 Lösung zu Aufgabe 6.4 b
b 1 4 1 3 x x dx = = (b4 − a4 ) 4 4 a a Lösung zu Aufgabe 6.5
2
2
2 1 1 − x dx = a) 2xdx = [x2 ]21 = 3 x+ dx − x x 1 1 1 2
2
2
2 −2 sin x + 1 1 − sin x 2 b) dx + dx = dx = =1 2 x2 x2 x 1 1 1 1 x Lösung zu Aufgabe 6.6 a) f (x) = 2x + 4, g(x) = x2 + 2x + 3
1
1 (f (x) − g(x))dx = ((2x + 4) − (x2 + 2x + 3))dx −1 −1 1
1 1 3 1 2 (−x + 1)dx = − x + x =1 3 3 −1 −1
418
C. Lösungen
y 2
g( x ) = x + 2 x + 3
1
–1
x
1 –1
f ( x ) = 2x + 4
b) f (x) = x2 + 2, g(x) = x2
1
1 (f (x) − g(x))dx = 2dx = [2x]10 = 2 0
0
y
f ( x) = x2 + 2
g( x ) = x 2
1
–1
1
x
c) f (x) = x2 , g(x) = x3 1
1
1 1 3 1 4 1 x − x = (f (x) − g(x))dx = (x2 − x3 )dx = 3 4 12 0 0 0
C.1 Lösungen zu Kapitel 2 bis 6
y 1
f ( x) = x2 g( x ) = x 3
x
1
d) (1) f (x) = x2 , g(x) = x2 − 4x + 4
2
2 (f (x) − g(x))dx = (4x − 4)dx = [2x2 − 4x]21 = 2 1
1
1
(g(x) − f (x))dx =
(2)
1
(−4x + 4)dx = [−2x2 + 4x]10 = 2
0
0
y g( x ) = x 2 - 4 x + 4
f ( x) = x2
1
–1
1
x
419
420
C. Lösungen
Lösung zu Aufgabe 6.7 a) f (x) = 13 x3 = 0 für x = 0 . 2 F−2
0
2
1 3
1 3
x dx + x dx =
2 2
−2 0 0
2
1 1
= x4
+ x4 = 2 + 2 = 4
8 8 −2
0
b) sin x = 0 für x ∈ [−π, 2π] ⇔ x = −π ∨ x = 0 ∨ x = π ∨ x = 2π
2π F−π
0
π
2π
=
sin xdx + sin xdx+
sin xdx
−π 0 π
0
π
= [− cos x]−π + [− cos x]0 + [− cos x]2π π =
2+
2+
2=6
c) f (x) = 13 x3 + 2x2 + 3x = 0 ⇔ x = 0 ∨ x = −3; aber f (x) ≤ 0 für x ≤ 0, da x = −3 eine sog. doppelte Nullstelle ist; f (x) > 0 für x > 0; also:
0 1
1 3 1 3 1 2
x + 2x + 3x dx
+ x + 2x2 + 3x dx F−4 =
3 3 0
−4 0
1
1 2 3 3 2 1 4 2 3 3 2
4 =
x + x + x x + x + x
+
12 3 2 12 3 2 −4
0 =
59 11 8 9 + = =4 3 4 12 12
√ √ d) f (x) = x2 − 2 = 0 ⇔ x = − 2 ∨ x = 2
√
−√2
2
3 2 2 (x − 2)dx + √ (x − 2)dx
F−2 =
−2 − 2
3 16 √ 5 2+ + √ (x2 − 2)dx = 3 3 2
C.2 Lösungen zu Anhang A und B
C.2 Lösungen zu Anhang A und B Lösung zu Aufgabe A.1 a) − 7 + 12 + 18 − 23 = 0 b) − 14 + 30 + 12 − 18 = 10 c) (−20) · (−5) + 85 = 100 + 85 = 185 d) 28 − 12 = 16 e) − 5 − (−20) = −5 + 20 = 15 f) (−9) · (+6) = −54
Lösung zu Aufgabe A.2 a) (1) −16a − 42b (2) −12a − 8x + 14x − 9a = −21a + 6x (3) 5x + 7y − 8x − 4y = −3x + 3y b) (1) 6x − 12y + 2y − 8x = −2x − 10y (2) −3y + 4 − 5y + 20 = −8y + 24 (3) −6xy + 3xz − 8xz = −6xy − 5xz c) (1) 8(2x − 3y) (2) 3a(y − 3z) Lösung zu Aufgabe A.3 a) (1) 12x + 15x2 − 20 − 25x = 15x2 − 13x − 20 (2) −3a2 + 5ab + 6ab − 10b2 = −3a2 + 11ab − 10b2 (3) 5x − 20 − 2x2 + 8x − (6x − 8x2 − 24 + 32x) = −2x2 + 13x − 20 + 8x2 − 38x + 24 = 6x2 − 25x + 4 b) (1) 16x2 + 24x + 9 (2) 4y 2 − 16y + 16 (3) 4a2 − 12ax + 9x2 (4) 49a2 − b2 (5) a2 − x2
421
422
C. Lösungen
Lösung zu Aufgabe A.4 4 5
a)
3 5
e)
3 3(4x + 5) = 2(4x + 5) 2
b)
c)
a b
d)
x a
3y(3x + 2a) 3x + 2a = 3y(z − 1) z−1
f)
Lösung zu Aufgabe A.5 a)
5 20 = 24 6
e)
19 9 10 + = 12 12 12
b)
36 =6 6 f)
c)
5 7
d)
10 3 13 + = 42 42 42
48a2 xy 12ay 16a2 3xy · = = 5x 4a 20ax 5 2a − x 4bx − 3a k) 2 2 j) ab a x h)
i)
5 6 1 − =− 9 9 9 g)
6ax ax = 36zy 6zy
a 1 a+1 + = a2 a2 a2
Lösung zu Aufgabe A.6 a) x = 2 b) x = −7 c) x = 0 d) x = 2, 2 e) x = − 92 f) x =
1 12
g) keine Lösung h) Jede (rationale) Zahl ist Lösung. i) x = 1 j) x = 5, 1 Lösung zu Aufgabe A.7 a) x ≥ 2 -1
0
1
2
3
4
5
C.2 Lösungen zu Anhang A und B
b) x < −1 -4
-3
-2
-1
0
1
2
-3
-2
-1
0
1
2
-4
-3
-2
-1
0
1
2
-2
-1
0
1
2
3
4
c) x ≤ −2 -4
d) x ≥ −3
e) x < 2
f) keine Lösung Lösung zu Aufgabe A.8 a) x8 y −4 b) ab5 c) x10 y 3 d) a12 − a2
Lösung zu Aufgabe A.9 a) b)
√ 2 3 8 = 22 = 4 √ 5
−2 1 32 = 2−2 = 4
√ 4 81 = 3 −1 1 = 10 d) 0, 01 = 0, 1 c)
423
424
C. Lösungen
Lösung zu Aufgabe A.10 7
a) a 3 b) xy 2 x2 y 3 = x3 y 5 c)
a2 b 2 1 = 3 2 a b a
Lösung zu Aufgabe A.11 a) x1 = 5, x2 = 3 b) keine Lösung c) x =
1 3
d) x1 = −4, x2 = 3 e) x1 = 9, x2 = −9 f) Normalform: x2 − 3x − 10 = 0 Lösung: x1 = −2, x2 = 5 g) Normalform: x2 − 4x + keine Lösung
20 3
=0
h) Normalform: x2 + 43 x − 59 = 0 Lösung: x1 = − 35 , x2 = 13 i) Normalform: x2 + 8x − 9 = 0 Lösung: x1 = −9, x2 = 1 j) Normalform: x2 + 27 x − 15 49 = 0 Lösung: x1 = − 75 , x2 = 37 k) Normalform: x2 − 10x = 0 Lösung: x1 = 10, x2 = 0 l) Normalform: x2 − 73 x + Lösung: x1 = 2, x2 = 13
2 3
=0
Lösung zu Aufgabe A.12 √ √ a) (1) x1 = 8, x2 = − 8, x3 = 2, x4 = −2 (2) x1 = 2, x2 = −2
C.2 Lösungen zu Anhang A und B
425
b) (1) x1 = 0, x2 = 4, x3 = −4 (2) x1 = 0, x2 = 1 (3) x1 = 0, x2 = −2 (4) x1 = 0 Lösung zu Aufgabe A.13 a) Man erhält die quadratische Gleichung x2 + 32 x − 1 = 0 mit den Lösungen x1 = −2, x2 = 12 . b) Man erhält die quadratische Gleichung x2 − 6x = 0 mit den Lösungen x1 = 0, x2 = 6. Lösung zu Aufgabe A.14 a) (1) −3 (2) 5 2 4 (6) (5) 5 3 b) (1) x = 25 = 32 1 (3) x = 3−2 = 9 c) (1) a = 2
(4) −3
(3) 2 n (7) 2
2
(2) x = 2 3 =
√ 3 4
(4) x = 10
(2) a =
√ 4
2
(3) a = 17 Lösung zu Aufgabe B.1 a) ist eine (falsche) Aussage. b) ist keine Aussage im Sinne der Aussagenlogik (Vereinbarung B.1.1) c) ist eine (falsche) Aussage. d) ist keine Aussage; in der Mathematik wird eine Zeichenfolge wie „x + y“ als Term bezeichnet. Lösung zu Aufgabe B.2 zu (1): (6) oder (8) zu (2): (6) oder (8) zu (3): (5) zu (4): (7)
426
C. Lösungen
Lösung zu Aufgabe B.3 a) erfüllbar (Lösung: x = 2) b) allgemein gültig c) unerfüllbar (0 gehört nicht zu den natürlichen Zahlen) d) erfüllbar (Lösung: x = 1) Lösung zu Aufgabe B.4 1) f 2) w 3) w 4) w Lösung zu Aufgabe B.5 A B
C
B∨C
A ∧ (B ∨ C)
A∧B
A∧C
(A ∧ B) ∨ (A ∧ C)
w
w
w
w
w
w
w
w
w
w
f
w
w
w
f
w
w
f
w
w
w
f
w
w
w
f
f
f
f
f
f
f
f
w
w
w
f
f
f
f
f
w
f
w
f
f
f
f
f
f
w
w
f
f
f
f
f
f
f
f
f
f
f
f
Lösung zu Aufgabe B.6 a) A B ¬A ¬B A ∧ B
¬ (A ∧ B)
(¬A) ∨ (¬B)
w
w
f
f
w
f
f
w
f
f
w
f
w
w
f
w
w
f
f
w
w
f
f
w
w
f
w
w
b) A∧B
f
¬A ∧ B
f
¬A ∨ C
w
¬A ∧ C
w
A∨D
w
A∧D
f
¬A ∧ D
w
C∧D
w
¬C ∧ D
f
¬C ∨ ¬D
f ¬ (A ∨ C)
f
¬ (B ∧ D) w
C.2 Lösungen zu Anhang A und B
427
Lösung zu Aufgabe B.7 (2) und (4) sind die Verneinung. Lösung zu Aufgabe B.8 (1) falsch für alle x der Grundmenge (keine Lösung) (2) wahr für alle x der Grundmenge (alle Objekte von G sind Lösungen). Lösung zu Aufgabe B.9 (1) und (2) sind Implikationen, (3) nicht. Lösung zu Aufgabe B.10 a) M1 und M3 sind Mengen, z. B. 10 ∈ M1 , i ∈ M3 . M2 und M4 sind keine Mengen. b) M1 = {x|x ist ein Planet } M2 = {x|x ist Primzahl } c) M = {5, 6, 7, 8, 9, 10, 11} Lösung zu Aufgabe B.11 a) (1) weder N ⊂ M noch M ⊂ N (2) N ⊃ M (3) N ⊂ M b) {1}, {2}, {3}, {4}, {1, 2}, {1, 3}, {1, 4}, {2, 3}, {2, 4}, {3, 4}, {1, 2, 3}, {1, 2, 4}, {1, 3, 4}, {2, 3, 4}, auch ∅ ⊂ M und M ⊂ M . Lösung zu Aufgabe B.12 a) Ist M = {x}, so auch {x} ⊂ M und {x} ⊃ M. Ist M beliebig und x ∈ M, so gilt {x} ⊂ M. b) Bei (1) und (2) gilt: M ⊂ N ⊂ L. c) (a), (b) und (c) gehören zu (1), (b), (c) und (d) gehören zu (2). d) M = N, M ⊂ N, N ⊂ M. Lösung zu Aufgabe B.13 M und N seien die folgenden Teilmengen von K: M = {x|x ist leichter als 3, 5 t}, N = {x|x ist niedriger als 2, 5 m} .
428
C. Lösungen
Die Fahrzeuge, die zur Menge M gehören, dürfen über die Brücke von A nach B fahren; die Menge N enthält die Fahrzeuge, die die Unterführung benutzen dürfen. Die Elemente der Schnittmenge M ∩ N sind die Fahrzeuge, die auf beiden Wegen von A nach B fahren dürfen, denn sie erfüllen die Aussageform: (x ist leichter als 3, 5 t) ∧ (x ist niedriger als 2, 5 m), d.h. es ist M ∩ N = {x|(x ist leichter als 3, 5 t) ∧ (x ist niedriger als 2, 5 m)}. In der Vereinigungsmenge M ∪ N = {x|(x ist leichter als 3, 5 t) ∨ (x ist niedriger als 2, 5 m)} sind alle Fahrzeuge zusammengefasst, die mindestens auf einem der beiden Wege von A nach B fahren dürfen: sie sind entweder „leicht genug“ oder „niedrig genug“ oder beides. Lösung zu Aufgabe B.14 Richtig sind: M ∪ N = ∅, M ∩ N = ∅, M ∩ N ⊂ ∅, M ∩ N ⊃ ∅, M ∪ N ⊃ ∅. Lösung zu Aufgabe B.15 a) ja b) ja Lösung zu Aufgabe B.16 a) (1) Gegenbeispiel N = {1, 2, 3}, M = {1, 4, 6}, L = {3, 4, 5} N\M = {2, 3} = {1, 2} = N\L (2) Gegenbeispiel M, N, L wie bei (1): L\N = {4, 5}; L\(M ∩ N) = L\{1} = L (3) Gegenbeispiel wie bei (1): (L ∪ M)\N = {1, 3, 4, 5, 6}\N = {4, 5, 6}, L\N = {4, 5} b) (1) und (2): jeweils kann die ∨–Beziehung gefolgert werden. Lösung zu Aufgabe B.17 a) M × N = {(x, y)|x ∈ M ∧ y ∈ N} = {(1, 6), (1, 7), (2, 6), (2, 7), (3, 6), (3, 7)} N × M = {(x, y)|x ∈ N ∧ y ∈ M} = {(6, 1), (7, 1), (6, 2), (7, 2), (6, 3), (7, 3)} b) Es ist das Kreuzprodukt von M = {1, 2, 3, 4, 5, . . . } und N = {5}. Lösung zu Aufgabe B.18 A(3, 2), B(−2, 3), C(−3, −2), D(2, −3)
C.2 Lösungen zu Anhang A und B
429
Lösung zu Aufgabe B.19 Ein Punkt (x1 , y1 ) liegt auf einer Geraden mit der Gleichung y = ax+b, wenn gilt: y1 = ax1 + b. 2 13 15 zu B = (−2, 3): − 51 (−2) + 13 5 = 5 + 5 = 5 = 3. 1 13 3 13 10 zu A = (3, 2): − 5 · 3 + 5 = − 5 + 5 = 5 = 2.
Also liegen beide Punkte auf der Geraden mit der Gleichung y = − 15 x+ 13 5 . Lösung zu Aufgabe B.20 a) (1) (5 + i) + (2 + i4) = 7 + i5 (2) (−3 + i2) − (8 − i6) = −11 + i8 (3) (−4 + i2) · (1 − i5) = 6 + i22 (4) i3 : (8 + i4) =
3 20
3 + i 10
(5) −1 : i (−3) = − 3i b) (1) in R ist die Lösungsmenge leer. (2) in C lauten die Lösungen x1,2 =
3 2
± i 52
Stichwortverzeichnis
Symbole kgV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 lim f (x) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 x→x0 −
lim f (x) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
x→x0 +
lim f (x) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
x→x0
lim f (x) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
x→−∞
lim f (x) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
x→∞
⊂ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 ⊂ x ∈ M . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 x ∈ M . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 A Abbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26, 198 – höhere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 – n-te . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Ableitungsfunktion . . . . . . . . . . . . . 208 Ableitungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . 220 Absatzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Abschreibungsbetrag . . . . . . . . . . . . . . 2 Abzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Achsenabschnittsform – der Geradengleichung . . . . . . . . 117 Additionstheoreme. . . . . . . . . . . . . .140 Äquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Amplitude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15, 66 Annuität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Approximation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Asymptote . . . . . . . . . . . . 160, 175, 244 Aufzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Ausklammern . . . . . . . . . . . . . . 295, 320 Aussage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 – äquivalente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Aussageform . . . . . . . . . . . . . . . 329, 331 – allgemein gültige . . . . . . . . . . . . 331
– erfüllbare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 – unerfüllbare . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Aussagenverknüpfungen . . . . . . . . 333 B Barwert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5 Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 Bildungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Bedingung – hinreichende . . . . . . . . . . . . 342, 344 – notwendige . . . . . . . . . . . . . 342, 344 Betrag einer Zahl . . . . . . . . . . . . . . . 308 Betragsfunktion. . . . . . . . . . . . . . . . . .98 Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Bogenmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Break–Even–Point . . . . . . . . . . . . . . . 11 Bruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 – erweitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 – gleichnamiger . . . . . . . . . . . . . . . . 298 – kürzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Bruchgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 D Definitionsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . 90 – maximaler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Definitionslücke. . . . . . . . . . . . . . . . .127 – behebbare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Dezimalzahl – periodische . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 – abbrechende . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Dichtefunktion . . . . . . . . . . . . . . 39, 286 Differentialquotient . . . . . . . . . . . . . 203 Differential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Differentiation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Differentiationsregeln . . . . . . . 28, 212 Differenzmenge . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Differenzenquotient . . . . . . . . . 26, 198 Differenzierbarkeitsbereich . . . . . . 208 Differenzregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Disjunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 G. Adams et al., Mathematik zum Studieneinstieg, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58738-6
431
432
Stichwortverzeichnis
Diskontierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Divergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 – bestimmte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Durchschnittskosten . . . . . . . . . . . . . 11 E Einheit – imaginäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .369 Einheitskreis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .131 Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 – wohlunterschiedene . . . . . . . . . . 346 Endwert der Rente . . . . . . . . . . . . . . . . 5 ε-Umgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 – punktierte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Erwartungswert. . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Eulersche Konstante . . . . . . . . . . . . 323 Exponent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 Exponentialfunktion . . . . . . . . . . . . . 16 – allgemeine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 – natürliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Extremstelle . . . . . . . . . . . 34, 193, 228 – lokale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Extremwert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .228 F Faktorregel . . . . . . . . . . . . . . . . 259, 280 Fehler – absoluter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 – relativer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Fehlerrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Fehlerfortpflanzung . . . . . . . . . . . . . . 32 Fibonacci-Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Finanzmathematik . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Flächenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . 276 Flächeninhaltsproblem . . . . . . . . . . 262 Folge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 – alternierende . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 – arithmetische . . . . . . . . . . . . . . .3, 53 – beschränkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 – divergente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 – geometrische . . . . . . . . . . . . . . . . 4, 57 – konstante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 – rekursiv definierte . . . . . . . . . . . . . 48 – unbeschränkte . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Folgenglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Folgenindex. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Folgenzerlegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Folgerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .341 Formel – binomische . . . . . . . . . . . . . . 124, 294 Formvariable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9, 90
– abschnittsweise definierte . . . . . 99 – beschränkte . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 – – nach oben . . . . . . . . . . . . . . . 68, 103 – – nach unten . . . . . . . . . . . . . 68, 103 – bestimmt divergente . . . . . . . . . 175 – differenzierbare . . . . . . . . . . . 26, 202 – – auf (a, b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 – – beliebig oft . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 – divergente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 – eineindeutige . . . . . . . . . . . . . . . . 105 – fallende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 – ganz-rationale . . . . . . . . . . . . 12, 114 – gebrochen-rationale . 14, 127, 144 – injektive. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .105 – integrierbare . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 – konkave . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 – konstante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 – konvexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 – lineare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 – linksgekrümmte . . . . . . . . . . . . . 238 – monoton fallende . . . . . . . . . . . . 101 – monoton steigende . . . . . . . . . . . 101 – nicht-rationale . . . . . . . . . . . . . . . . 129 – periodische . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 – rationale . . . . . . . . . . . . . . . . . 14, 126 – rechtsgekrümmte . . . . . . . . . . . . 237 – stetige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 – – auf einer Menge . . . . . . . . . . . . 182 – – einseitig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 – steigende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 – trigonometrische . . . . . . . . . . . . . 130 – umkehrbare . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 – unbeschränkte . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Funktionsgleichung . . . . . . . . . . . . . . 93 – explizite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 – implizite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Funktionsterm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 G Gaußsche Zahlenebene . . . . . . . . . . 372 Gegenbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Gewinnfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Gewinnschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 – biquadratische . . . . . . . . . . . . . . . 320 – lineare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 – quadratische . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Grad des Polynoms . . . . . . . . . 12, 115 Graph . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Grenzkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Grenzkostenfunktion . . . . . . . . . . . . . 28 Grenzwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70, 169
Stichwortverzeichnis
433
– einer Folge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 – einer Funktion . . . . . . . . . . . . . . . 153 – linksseitiger . . . . . . . . . . 21, 165, 167 – rechtsseitiger . . . . . . . . . . . . . 21, 167 – uneigentlicher . . . . . . . . . . . . . . . 164 Grundintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Grundmenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
Kosinusfunktion . . . . . . . . . . . . 15, 135 Kotangensfunktion. . . . . . . . . . . . . .143 Krümmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Kreuzprodukt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 Kriterium für Extremwerte . . . . . 234
H
Lösung – der Aussageform . . . . . . . . . . . . . 330 – einer Gleichung. . . . . . . . . . . . . . . 300 – einer Ungleichung . . . . . . . . . . . . 305 Lösungsvariable . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Linearfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Logarithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 – binärer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 – dekadischer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 – dualer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 – natürlicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 – von b zur Basis a . . . . . . . . . . . . . 322 Logarithmusfunktion – zur Basis 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 – zur Basis a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 – natürliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
Hintereinanderschaltung . . . . . . . . 112 Hochpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 I Identität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12, 94 Imaginärteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Implikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 Infimum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69, 105 Integral – bestimmtes . . . . . . . . . . . . . . . 40, 271 – Riemann- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 – unbestimmtes . . . . . . . . . . . . . . . .255 Integralfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . 276 Integrand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254, 271 Integrationsgrenzen . . . . . . . . . . . . . 271 Integrationsintervall . . . . . . . . . . . . 271 Integrationskonstante . . . . . . . . . . . 258 Integrationsregel . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Interferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Intervall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 – abgeschlossenes . . . . . . . . . . . . . . . 307 – halboffenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 – offenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Intervallschachtelung . . . . . . . . . . . 369 K Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Kapitalwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Kardinalzahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .365 Kehrwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Kettenregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Koeffizient . . . . . . . . . . . . . . . . . 115, 292 Komplement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 Komplementärmenge . . . . . . . . . . . 360 Konjunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 Konstantenregel . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . 70, 169 – für x → x0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 – für x → −∞. . . . . . . . . . . . . . . . . .159 – für x → ∞ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Koordinate eines Punktes . . . . . . . 362 Koordinatensystem . . . . . . . . . . . . . 362
L
M Veränderung – marginale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Maximum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 – globales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 – lokales . . . . . . . . . . . . . 222, 228, 236 – – strenges . . . . . . . . . . . . . . . 228, 236 Maximalstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Menge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 – der ganzen Zahlen . . . . . . . . . . . . 366 – der geordneten Paare . . . . . . . . . 361 – der komplexen Zahlen . . . . . . . . 370 – der natürlichen Zahlen . . . . . . . 366 – der rationalen Zahlen . . . . . . . . . 367 – der reellen Zahlen . . . . . . . . . . . . 368 – disjunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 – leere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 – nichtleere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Mengendiagramm. . . . . . . . . . . . . . .349 Mengengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . 350 Mengenklammern. . . . . . . . . . . . . . . 347 Minimalstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Minimum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 – globales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 – lokales . . . . . . . . . . . . . 222, 228, 236 – – strenges . . . . . . . . . . . . . . . 228, 236 Monom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Monotonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
434
Stichwortverzeichnis
Monotoniekriterium . . . . . . . . . . . . 225
R
N
Randextremwerte . . . . . . . . . . . . . . 248 Rate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Realteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Regeln von de Morgan . . . . . . . . . . 338 Reihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2, 50 – arithmetische . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 – geometrische . . . . . . . . . . . . . . . 5, 61 – konvergente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Rekursionsformel . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Rente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Rentenbarwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Rentenendwertformel . . . . . . . . . . 5, 62 Reziprokfunktion . . . . . . . . . . . . . . . 127 Reziprokregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 Riemann-Integral . . . . . . . . . . . . . . . 271
Negation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Nenner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Nennerparabel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Nennerpolynom . . . . . . . . . . . . . 14, 126 Normalhyperbel . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Normalverteilung . . . . . . . . . . . 39, 288 Normalform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Nullfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9, 75 Nullfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Nullpolynom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Nullstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 – einer rationalen Funktion . . . . . 128 – komplexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 O Obersumme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Oder-Verknüpfung – ausschließende . . . . . . . . . . . . . . . 334 – nicht ausschließende . . . . . . . . . 334 Ordinalzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 P Paar – geordnetes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 Parabel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . 304, 364 Partialsumme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Platzhalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Pol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18, 175 Polstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Polynom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12, 115 – n-ten Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 – nullten Grades . . . . . . . . . . . . . . . 116 Polynomdivision . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Potenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 Potenzregel . . . . . . . . . . . . . . . . 213, 311 Probe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 Produkt – kartesisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 Produktregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Punkt-Steigungs-Form . . . . . . . . . 117 Q Quotientenregel. . . . . . . . . . . . . . . . .217
S Sattelpunkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Sattelstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Satz von Pythagoras . . . . . . . . . . . . 140 Schnittmenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 Schranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 – obere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 – untere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Schwingungsfrequenz . . . . . . . . . . . . 15 Signum-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Sinusfunktion . . . . . 15, 132, 135, 136 Stückkosten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11 Stammfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 Standardabweichung . . . . . . . . 39, 287 Stelle – kritische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Steigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26, 199 – mittlere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 – globale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 – im Intervalleckpunkt . . . . . . . . . 183 – lokale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Summe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 – einer geometrischen Reihe . . . . . 87 – einer Reihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Summenregel . . . . . . . . . 214, 260, 279 Superpositionsprinzip . . . . . . . . . . . . 15 Supremum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69, 105 T Tangensfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Tangente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .27, 199 Teilfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Teilmenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351
Stichwortverzeichnis
435
– echte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 – unechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 Term . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Tiefpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Tilgungsplan. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .60 Treppenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . 100
Wertebereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Wertetabelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Wurzel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .313, 315 – n-te . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315
U
x–Achse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362
Umkehrfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Ungleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 – lineare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 Unstetigkeitsstelle . . . . . . . . . . . . . . 181 Untersumme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Urbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Urbildmenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
Y
V Variable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292, 329 – unabhängige . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 – abhängige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Venn-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Veränderung – infinitesimale . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 – marginale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Verkettung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Vereinigungsmenge . . . . . . . . . . . . . 355 Verzinsung – einfache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4 – stetige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 – unterjährige . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 W Wahrheitswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Wahrheitstafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 Wendepunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 – horizontaler . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Wendestelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .241
X
y–Achse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 Z Zähler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Zählerpolynom . . . . . . . . . . . . . . 14, 126 Zahl – ganze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 – irrationale . . . . . . . . . . . . . . 314, 368 – natürliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 – rationale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .297 – reelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 – komplexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Zahlenebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 Zahlengerade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 Zahlenfolge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2, 44 – endliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 – unendliche reelle . . . . . . . . . . . . . . 44 Zeichenwechselstelle . . . . . . . . . . . . 230 Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Zinseszinsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Zinsfuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Zusammensetzung . . . . . . . . . . . . . . 112 Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 – eindeutige . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9, 44 Zuwachs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Zwei-Punkte-Form . . . . . . . . . . . . . 117 Zweiwertigkeit . . . . . . . . . . . . . 328, 336 Zwischenwertsatz . . . . . . . . . . . . . . . 188
Literaturverzeichnis
1. Bartsch, H.-J. (2007): Taschenbuch mathematischer Formeln. 21. Auflage; Deutsch, Frankfurt a.M. 2. Behrends, E. (2007): Analysis Band 1. 3. Auflage; Vieweg, Wiesbaden. 3. Blatter, Ch. (1996): Ingenieur Analysis 1-2. 2. Auflage; Springer, Berlin. 4. Böhme, G. (1990/91): Anwendungsorientierte Mathematik - Vorlesungen und Übungen für Studierende der Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften. Band I: 6. Auflage (1990); Band II: 6. Auflage (1991), Band III: 5. Auflage (1990); Springer, Berlin. 5. Bronstein, I.N., Semendjajew, K.A., Musiol, G., Mülig, H. (2005): Taschenbuch der Mathematik. 6. Auflage; Deutsch, Frankfurt a.M. 6. Buhlmann, M. (2004): Mathematik im Studium. Band I-II: 2. Auflage; Westarp, Essen. 7. Dobbener, R. (2007): Analysis - Studienbuch für Ökonomen. 4. Auflage; Oldenbourg, München · Wien. 8. Dörsam, P. (2006): Mathematik – anschaulich dargestellt – für Studierende der Wirtschaftswissenschaft. 13. Auflage, PD-Verlag, Heidenau. 9. Dorninger, D., Karigl, G. (1996): Mathematik für Wirtschaftsinformatiker. Band I: 2. Auflage (1996), Band II (1988); Springer, Wien. 10. Dück, W. (1988): Taschenbuch der Wirtschaftsmathematik: Formeln, Tabellen, Zusammenstellungen. 2. Auflage; Deutsch, Frankfurt a.M. 11. Erwe, F. (1969): Differential- und Integralrechnung. Band I-II, 2. Auflage; BI-Hochschultaschenbücher, Mannheim. 12. Forster, O. (2007): Analysis Band 1. 3. Auflage; Vieweg, Wiesbaden 13. Gal, T., Kruse, H.-J., Piehler, G., Vogeler, B., Wolf, H. (1990): Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler II: Analysis. 2. Auflage; Springer, Berlin · Heidelberg · New York. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 G. Adams et al., Mathematik zum Studieneinstieg, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58738-6
437
438
Literaturverzeichnis
14. Gal, T.; Gal, J. (1991): Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler – Aufgabensammlung. 2. Auflage; Springer, Berlin · Heidelberg · New York. 15. Gröbner, W., Hofreiter, N. (1975): Integraltafel. 5. Auflage; Springer, Wien. 16. Hackl, P., Katzenbeisser, W. (2000): Mathematik für Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler. 9. Auflage; Oldenbourg, München · Wien. 17. Heuser, H. (2006): Lehrbuch der Analysis - Teil 1. 16. Auflage; Teubner, Stuttgart · Leipzig · Wiesbaden. 18. Kemmitz, H. (2006): Lehrbuch der Analysis - Teil 1. 7. Auflage; Vieweg, Wiesbaden. 19. Luderer, B., Würker, U. (2005): Einstieg in die Wirtschaftsmathematik. 6. Auflage; Teubner, Stuttgart · Leipzig · Wiesbaden. 20. Ohse, D. (1998): Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler I: Analysis. 4. Auflage; Vahlen, München. 21. Puckert, W. (2005): Brückenkurs Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler. 5. Auflage; Teubner, Stuttgart · Leipzig · Wiesbaden. 22. Proß, S., Imkamp, T. (2018): Brückenkurs Mathematik für den Studieneinstieg. Springer Spektrum. 23. Ringleb, F.O. (1967): Mathematische Formelsammlung. 8. Auflage, de Gruyter, Berlin. 24. Rödder, W., Piehler, G., Kruse, H.-J., Zörnig, P. (1997): Wirtschaftsmathematik für Studium und Praxis 2 – Analysis I. Springer, Berlin · Heidelberg · New York. 25. Rödder, W., Zörnig, P. (1997): Wirtschaftsmathematik für Studium und Praxis 3 – Analysis II. Springer, Berlin · Heidelberg · New York. 26. Rommelfanger, H. (2001/2004): Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler. Band I: 6. Auflage (2004), Band II: 5. Auflage (2001); Spektrum Akademischer Verlag. 27. Schäfer, W., Georji, K., Trippler, G. (2006): Mathematik-Vorkurs. 6. Auflage; Teubner, Stuttgart · Leipzig · Wiesbaden. 28. Schirotzek, W; Scholz, S. (2005): Starthilfe Mathematik. 5. Auflage; Teubner, Stuttgart · Leipzig · Wiesbaden. 29. Schick, K. (1978): Aussagenlogik. 4. Auflage; Herder, Freiburg · Basel · Wien.
Literaturverzeichnis
439
30. Schwarze, J. (2003): Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler – Elementare Grundlagen für Studienanfänger. 7. Auflage; Neue Wirtschaftsbriefe, Herne · Berlin. 31. Schwarze, J. (2004): Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler. Band 1-3, 12. Auflage; Neue Wirtschaftsbriefe, Herne · Berlin. 32. Schwarze, J. (2007): Aufgabensammlung zur Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler. 6. Auflage; Neue Wirtschaftsbriefe, Herne · Berlin. 33. Stöppler, S. (1982): Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler. 3. Auflage, Gabler, Wiesbaden. 34. Strehlow, R. (2007): Mathematik-Klausurtrainer. Carl Hanser, München. 35. Tietze, J. (2006): Einführung in die angewandte Wirtschaftsmathematik. 13. Auflage; Vieweg, Braunschweig · Wiesbaden. 36. Unsin, E. (1993): Wirtschaftsmathematik – Mathematische Verfahren im betrieblichen Alltag. 5. Auflage, expert, Sindelfingen · Stuttgart. 37. Vogt, H. (1988): Aufgaben und Beispiele zur Wirtschaftsmathematik. 2. Auflage, Physica, Heidelberg. 38. Zehfuß, H. (1987): Wirtschaftsmathematik in Beispielen. 2. Auflage, Oldenbourg, München · Wien.