Ludwig XIV.: Redaktion: North, Michael; Reinhardt, Volker 9783806231618

Ludwig XIV., der Sonnenkönig, prägte seine Epoche. Er ist der Inbegriff des absolutistischen, frühneuzeitlichen Königs.

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German Pages 208 [306] Year 2015

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Ludwig XIV.: Redaktion: North, Michael; Reinhardt, Volker
 9783806231618

Table of contents :
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Titel
Impressum
Inhalt
Einleitung
I. Wachsen mit den Aufgaben – Die Jugend des Königs Louis XIV
II. Wege zum frühen Ruhm – Krieg und Politik bis zum Nimweger Frieden
III. Krieger, Kriegsherr, Schlachtenbummler – Ludwig XIV. im Felde
IV. An der Arbeit – Regierung, Verwaltung und Reformen
V. Auf der Bühne – Ludwigs Selbstinszenierung und Selbstverständnis
VI. Vielen nicht ungleich – Krisen und Kriege bis 1700
VII. Vor dem Hauptgewinn am Abgrund – Der Spanische Erbfolgekrieg
VIII. Fürst der Finsternis – Das Gegenbild des Sonnenkönigs
IX. Am Ende – Der Tod Ludwigs und die Bilanz seiner Herrschaft
X. Immer weiter … – Ludwigs Ruhm und Nachruhm
Karte
Dank
Anmerkungen
Quellen- und Literaturverzeichnis
Personenregister
Bildnachweis
Über den Autor
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Historische Biografie herausgegeben von Manfred Clauss Nikolaus Jaspert Michael North und Volker Reinhardt

Ludwig XIV. als Jupiter und Sieger über die Fronde. Zu seinen Füßen sieht man Waffen und Kriegsgerät, u. a. den Schild des Perseus mit dem Haupt der Medusa, sowie den kaiserlichen Adler. Im Hintergrund die Schmiede Vulkans. Gemälde von Charles ­Poerson, ca. 1655.

Martin Wrede

Ludwig XIV. Der Kriegsherr aus Versailles

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

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Der Theiss Verlag ist ein Imprint der WBG. © 2015 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Redaktion: Kristine Althöhn, Mainz Gestaltung und Satz: Vollnhals Fotosatz, Neustadt a. d. Donau Einbandgestaltung: Jutta Schneider, Frankfurt am Main Einbandabbildung: Ludwig XIX. zu Pferde. Gemälde von René Antoine Houasse (1679). Foto: © akg-images Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-8062-3160-1 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-8062-3161-8 eBook (epub): 978-3-8062-3162-5

Inhalt

Einleitung

I.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Wachsen mit den Aufgaben – Die Jugend des Königs Louis XIV . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Wege zum frühen Ruhm – Krieg und Politik bis zum Nimweger Frieden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 III. Krieger, Kriegsherr, Schlachtenbummler – Ludwig XIV. im Felde . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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IV. An der Arbeit – Regierung, Verwaltung und Reformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 V. Auf der Bühne – Ludwigs Selbstinszenierung und Selbstverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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VI. Vielen nicht ungleich – Krisen und Kriege bis 1700 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 VII. Vor dem Hauptgewinn am Abgrund – Der Spanische Erbfolgekrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 VIII. Fürst der Finsternis – Das Gegenbild des Sonnenkönigs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

I nhalt

IX. Am Ende – Der Tod Ludwigs und die Bilanz seiner Herrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 X. Immer weiter … – Ludwigs Ruhm und Nachruhm . . . . . . . . . . . . . . . . .

Karte

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Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellen- und Literaturverzeichnis Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einleitung

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n Gérard Corbiaus Film „Der König tanzt“, der den jungen Ludwig XIV., sein Verhältnis zur Macht, zur Musik und zum Hofkomponisten Lully ins Bild setzt, gibt es u. a. diese phänomenale Szene: Der König, in prachtvollem schwarzem Harnisch, aber ohne Helm – stattdessen mit nicht minder prächtigen Locken – reitet einen Hügel hinauf. Ihm voran marschieren Fußsoldaten mit Musketen, es folgen eine Zahl Trommler und mehrere Reiter. Auf dem Hügel erwarten den König dann einige Leinwände, Staffeleien sowie die dazugehörigen Maler. Ross und Reiter kommen unmittelbar vor ihnen zum Stehen. Ludwigs Gesicht nimmt einen entschlossenen Ausdruck an, er hebt mit heroischer Geste den Kommandostab und richtet ihn auf einen unsichtbaren und hier tatsächlich auch gar nicht vorhandenen Gegner – also ins Leere. Die Hofmusiker, die inzwischen Trommeln gegen Violinen getauscht haben, setzen mit nicht minder heroischen Klängen ein, und die Hofmaler machen sich eifrig ans Werk. – Betrachtet mit den Augen des 21. Jahrhunderts grenzt die Szene ans Absurde: Erweckt wird der Eindruck des Theaterkönigtums bzw. der royalen Militärschauspielerei. Bruchstücke von Schlachtszenen und Schlachtenlärm machen dann allerdings deutlich, dass es hier zumindest mittelbar auch um den Auftakt zu tatsächlichem Kriegsgeschehen gehen soll: den Devolutionskrieg von 1667/68.1 Zugrunde liegt möglicherweise in erster Linie ein kluger Einfall des Produzenten, der Kosten begrenzen wollte – Schlachtszenen sind aufwendig und teuer. Dahinter aber steht eine elementare wissenschaftliche Frage: Wie muss man die Realität von Ludwigs Herrschaft einschätzen? Ludwig war

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weder Feldherr noch Gesetzgeber. Inwieweit war er an den Großtaten seiner Regierungszeit tatsächlich beteiligt, was eigentlich hat er selbst an all dem getan, das von 1661 bis 1715 Frankreich und Europa bewegte? Worin bestanden „seine“ kriegerischen und politischen Erfolge, sein Heldentum, sein Ruhm und seine Größe? Was machte ihn zu jenem Modellherrscher, der nicht nur dem französischen Königtum seinen Stempel aufdrückte? – Das sind die Fragen, denen dieses Buch nachgehen will. Sie sind eingebettet in den Lebenslauf. Denn es geht darum, keinen „gewöhnlichen Sterblichen“ zu verstehen, sondern einen Fürsten, dessen Entschlüsse eigenen Logiken und Notwendigkeiten gehorchten. Um die zu erkennen, ist der Blick auf Kindheit und Jugend, Dynastie und Familie unerlässlich. Und es sind natürlich die Rahmenbedingungen zu erkunden, in denen sich dieser Herrscher bewegte: von der Fronde und der Regentschaft Annas von Österreich bis zur großen Prüfung des Spanischen Erbfolgekrieges. Vor diesem Hintergrund gilt es das Bild und das Handeln zunächst des jungen, dann des alten Königs zu entwickeln, festzustellen, inwieweit beide Ebenen zusammenfielen oder auseinandertraten.2 Fokussiert wird dies auf die Figur des Kriegsherren, desjenigen, der die politische Autorität besaß, der den siegreichen Herrscher darstellte und in dessen Namen sich alles vollzog – der allerdings keineswegs selbst die Befehle gab oder die Schlachten lenkte.3 Betrachtet werden allerdings auch die übrigen Felder von Ludwigs Handeln bzw. – um es präziser zu sagen – seiner Regierungstätigkeit, also die Arbeit im Rat und im Kabinett sowie deren Resultate. Denn Ludwig XIV. lässt sich eben nicht auf den „Krieger“ reduzieren. Besonders deutlich macht dies der Blick auf den Hof. Hier vollzog sich Regierungshandeln wie Bildproduktion. Hier zeigte sich Ludwig als König schlechthin: Herr über die Waf8

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Benoît Magimel als Ludwig XIV. in dem Film „Der König tanzt“ von Gérard Corbiau (2000).

fen, gewiss, aber auch über die Künste, die Wissenschaften, ja selbst die Natur, also über Geschmack und Geist seiner Epoche. Sein Hof und dessen Ausstrahlung wurden sicher sein größter Erfolg. Es ist dabei seit Langem klar, dass dieser Hof zu Versailles keineswegs jener „goldene Käfig“ war, den Norbert Elias hatte sehen wollen und in dem der absolute Monarch seinen Adel domestizierte und mit Nichtigkeiten beschäftigte. „Versailles“ ist wohl eher als Forum zu verstehen, auf dem Herrscher und Eliten sich ihrer Gemeinsamkeit und ihres besonderen Ranges in der Welt versicherten. Sicher kam es dabei durchaus zu Konflikten und auch zu „Domestizierungen“; doch konnte das Letztere gerade auch für den Herrscher selbst gelten. Beobachten lässt sich das jedenfalls für Ludwigs Nach9

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folger. Leonhard Horowski hat hierfür das Bild der „Belagerung des Thrones“ vorgeschlagen.4 Ludwigs Glanz strahlte also hell und dies durchaus nicht nur bei Hofe. Er blendete Bewunderer wie Rivalen und er forderte auch heraus. Lobschriften, Bilder, Denkmäler, die den „großen König“, gar den „größten König der Welt“ priesen,5 verlangten eine Antwort von jenen, die ihre eigene Ansicht von seinen Maßen hatten wie von seinen Taten – also den Kriegsgegnern. Es gab selbstverständlich auch das Gegenbild des Sonnen­königs, und es war das eines Fürsten der Finsternis. Englische, holländische oder deutsche Publizisten malten dieses Bild in den schwärzesten Farben. Französische Exil-Autoren waren daran nicht unbeteiligt. Auch dies macht im Übrigen Ludwigs „Größe“ aus, seine Bedeutung in der Geschichte, und wird im Folgenden zu betrachten sein. Besonderes Augenmerk wird aber noch auf einem anderen der Bilder Ludwigs liegen: nämlich auf dem, das er der Nachwelt hinterließ, auf seinem Nachleben im 18. Jahrhundert und darüber hinaus. Denn Ludwigs Herrschaft, seine eigene Performanz und die auf ihn gerichtete Panegyrik verschmolzen seine Person mit dem Königsamt. Für die französische Monarchie wurde das nach 1715 zum Strukturproblem. Für die französische Republik ist es noch 2015 ein Moment der Selbstironisierung, aber, wenn auch auf gebrochene, indirekte Weise, ebenso der Selbstvergewisserung. Betrachten lässt sich dies alles auf einer breiten Grundlage von Literatur und Quellen: Wenige Gestalten der französischen Geschichte sind in der französischen, aber auch in der englischsprachigen Forschung so breit (und so gut) dargestellt und analysiert worden. In Deutschland ist das so nicht der Fall, was mit anderen Forschungstraditionen zu tun hat, wohl auch mit größerer Distanz gegenüber dem Genre der Biographie, aber ebenso mit geringerem Publikumsinteresse für Gestalten 10

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der Vormoderne oder auch für deren Prozesse und Strukturen. Ludwig XIV. ist nach wie vor integraler Bestandteil des französischen Geschichtsbildes.6 Für seinen Wiener Gegenspieler Kaiser Leopold I. wird sich in Deutschland das so nicht sagen lassen, ebenso wenig, zum Teil natürlich aus anderen Gründen, wie etwa für den Großen Kurfürsten oder auch für den anderen „Großen König“, Friedrich II. von Preußen. Den größten auf Ludwig bezogenen französischen Publikumserfolg der vergangenen Jahrzehnte stellt wahrscheinlich der Louis XIV von Jean-Christian Petitfils dar, eine abgewogene, keineswegs unkritische, aber dem König grundsätzlich durchaus zugewandte Darstellung, die seit 1995 immer wieder aufgelegt wird. Politischer, das Regierungshandeln und die Zeitumstände klarer, zugleich detaillierter erfassend präsentiert sich demgegenüber aber wohl Le règne de Louis XIV (2005) aus der Feder von Olivier Chaline, ein Autor, der zudem den Vorzug besitzt, auch die habsburgische Perspektive gut zu kennen. Dem „Menschen Ludwig“ wiederum kommt wahrscheinlich nunmehr die 2012 erschienene Biographie von Thierry Sarmant, Louis XIV. Homme et roi, am nächsten. Auch in Darstellung wie Beurteilung der Regierung neigt sie weder zum positiven noch zum negativen Exzess. Nicht zuletzt gibt sie wichtige Hinweise auf Louis XIV après Louis XIV, also auf das Nachleben. Die entscheidenden Quellenwerke sind seit Jahrhunderten bekannt, erfreuten sich aber, über diese Zeiten hinweg, zum Teil recht unterschiedlicher Wertschätzung. Der Memorialist schlechthin von Ludwigs Hofleben und Regierung, also der Herzog Louis de Saint-Simon, ist natürlich unumgehbar. Allerdings ist er mit Vorsicht zu lesen, denn die „Memoiren“ sind mit großem zeitlichen Abstand verfasst und zudem mit einer klaren Gestaltungsabsicht: Der „kleine Herzog“ – so der Spottname Saint-Simons, der sich auf dessen Körpermaß bezog – 11

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wollte den „Großen König“ ein gutes Stück kleiner machen. Sein Herrscherideal war nicht Ludwig XIV., sondern Ludwig XIII. (der seinen Vater in den Herzogsstand erhoben hatte).7 Zugrunde lagen politische, aber auch persönliche Differenzen zwischen Höfling und Monarch. Höherer Quellenwert kommt den „Memoiren“ des Marquis de Sourches zu8 sowie dem (dann von Saint-Simon annotierten) Journal Dangeaus.9 Freilich sind sie weniger gut benutzbar bzw. weniger detailliert und so vielleicht auch im Unterhaltungswert geringer … Zumindest für den „mittleren“ Ludwig XIV. größte Bedeutung besitzt zudem die Relation – eine Art Abschlussbericht – des brandenburgischen Gesandten Ézéchiel Spanheim. Dieser hatte von 1680 bis 1689 als Vertreter des Großen Kurfürsten in Versailles gewirkt und dabei ein überaus klares, objektives Bild von König und Hof gewonnen bzw. gezeichnet.10 Keinesfalls gering ist natürlich der Unterhaltungswert der Briefe der Herzogin von Orléans, Liselottes von der Pfalz, der zweiten Ehefrau von Ludwigs jüngerem Bruder. Sie zeichnen ein gewiss subjektives, aber lebendiges und nicht durch Selbststilisierung getrübtes Bild vom Versailler Hofleben, von dessen Formen, aber gerade auch den Spannungen und Intrigen. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert hat man das aus deutscher Perspektive gerne als nationale Selbstbehauptung einer Pfälzer Prinzessin an einem perfiden französischen Hof lesen wollen, aus französischer Sicht als das unergiebige Geschwätz einer plumpen Deutschen, die sich dem Glanz von Versailles verweigerte. Beides geht natürlich gleichermaßen in die Irre. Vor allem die Arbeiten von Dirk Van der Cruysse haben „Madame“ (die Schwägerin des Königs) zur festen, wertvollen Referenz sowohl für das „Große Jahrhundert“, le Grand Siècle, gemacht als auch für dessen Großen König.11 Nicht zu vergessen sind freilich Ludwigs „Memoiren“ selbst – keine Erinnerungs- oder Rechenschaftsschrift im ei12

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gentlichen Sinne, sondern eine in den 1660er-Jahren erstellte Grundsatzerklärung und Erfahrungsbilanz, die sich als In­ struktionsschrift bzw. „politisches Testament“ an den Sohn und Thronfolger richtete. Der Text stammt nicht vollständig vom König selbst, sondern zu einigen Teilen auch von dessen Sekretären, aber er gibt durchgängig die Weltsicht und das Selbstbild des immer noch jungen und tatendurstigen Herrschers wieder. – Taten, die nicht zuletzt, sondern die zuerst kriegerische sein sollten.12

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I. Wachsen mit den Aufgaben – Die Jugend des Königs Louis XIV Ein König wird geboren

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ür die Geburtsdaten und -orte gewöhnlicher Sterblicher hält das 17. Jahrhundert einige Unsicherheiten bereit. Sie liegen zuweilen im Dunkeln. Für Fürsten bzw. für Fürstenkinder gilt dies naturgemäß nicht oder nur ausnahmsweise. Für den Thronfolger eines der mächtigsten Staaten Europas gilt es gar nicht. Zeit und Ort der Geburt Ludwigs XIV. stehen also fest: Der dauphin Louis, erster Sohn König Ludwigs XIII. von Frankreich und der Königin Anna, erblickte am 5. September 1638 gegen 11 Uhr vormittags im Schloss zu Saint-Germainen-Laye das Licht der Welt und des Hofes. Denn die Niederkunft erfolgte inmitten der höfischen Öffentlichkeit, die, wie es die Verfassungstradition vorsah, dem Ereignis beiwohnte, um Zweifel und Verdächtigungen auszuschließen – etwa solche der Kindesunterschiebung. Mutmaßungen richteten und richten sich stattdessen auf anderes, nämlich den Zeitpunkt der Empfängnis. Zeitgenossen spekulierten eifrig darüber und auch heutige französische Historiker bringen diesem Datum beträchtliches Interesse entgegen. Vorgeschlagen werden etwa der 23. November 1637, der 30. November oder auch der 5. Dezember.1 Das Interesse, das hinter dieser eigentlich wenig belangvollen Frage stand und nach wie vor steht, zeigt dreierlei: zuerst natürlich die enorme Bedeutung, die der Geburt des Thronerben in der Mo-

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narchie ganz grundsätzlich zukam bzw. schon deren Erwartung, also der Schwangerschaft der Monarchin. Dynastische Stabilität verbürgte die Stabilität auch des Staates. Und die französische Monarchie war zwei Generationen zuvor nicht nur von den Religionskriegen erschüttert worden, sondern auch vom Aussterben des Herrscherhauses der Valois und der umstrittenen Nachfolge der Bourbonen, einer reichlich entfernten Nebenlinie. Schon die Schwangerschaft der Königin, die Aussicht auf einen direkten Erben, war also ein Staatsereignis. Daneben kommt, zum Zweiten, dann natürlich das Gewicht zum Tragen, das nicht nur in der französischen Historiographie der Person gerade dieses Thronfolgers bzw. dann des Herrschers, Ludwig XIV., beigemessen wurde und weiter beigemessen wird. Es zählt offenbar auch das kleinste biographische (oder gar „vorbiographische“) Detail. Darüber hinaus aber ist, zum Dritten, hier zu erkennen, dass eben diese Geburt bzw. dass Empfängnis und Schwangerschaft keineswegs in einem „normalen“ ehelich-familiären Umfeld erfolgt waren, sondern alles andere als das. Die Hofpanegyrik sprach von einem enfant du miracle, einem „Kind des Himmels“ (wörtlich: des Wunders) also, und von einem Gottesgeschenk. Letzteres ein Titel, der dem Kind dann auch als Beiname beigelegt wurde – Louis Dieudonné. Der Vater allerdings nahm solche Hinweise auf göttliches Mitwirken an einem irdischen Vorgang eher unwillig auf.2 Tatsächlich war die Ehe der Eltern, der dieses Kind nun entsprang, über viele Jahre höchst problembeladen gewesen. 1615 geschlossen, konnte sie, persönlich wie politisch, lange Zeit als gescheitert gelten. Ludwig XIII. von Frankreich und Anna von Österreich (aus der spanischen Linie des Hauses Habsburg) verband wenig miteinander, wenn es nicht gegenseitiges Misstrauen und sogar Abneigung waren. Der König, schwerblütig, persönlich gehemmt, war von Frauen im Allge15

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meinen, der seinen im Besonderen, nur wenig angezogen. Homo­erotische Neigungen gelten als erwiesen, dass sie auch ausgelebt worden wären, ist allerdings wenig plausibel. – Es gibt keine entsprechenden Hinweise, und die persönliche Frömmigkeit des Monarchen macht es nicht wahrschein­ licher. Die Königin wiederum, attraktiv und vom Temperament her zumindest in ihrer Jugend eher das Gegenteil ihres Gatten, war und fühlte sich in ihrer Rolle zurückgesetzt, gekränkt gerade auch von der anti-spanischen Politik, die Ludwig XIII. und der Kardinal Richelieu als sein Erster Minister seit Ende der 1620er-Jahre planvoll ins Werk setzten. Es kam zu Hofintrigen, wechselseitigen Kränkungen – Alexandre Dumas’ „Drei Musketiere“ haben darin einen beträchtlichen realhistorischen Kern3 –, die zu völliger Entfremdung von König und Königin führten und die eheliche Gemeinschaft über Jahre praktisch aufhoben. Erst nach dem Scheitern der spanischen Kabalen der Königin und der Einsicht des Königs in die Notwendigkeit, dem Land einen anderen Erben geben zu müssen als seinen politisch urteilslosen jüngeren Bruder, kam es zu einer Wiederannäherung beider Partner und in deren Folge dann 1638 zur Geburt des ersten, 1640 zu der eines zweiten Sohnes. Die „Aussöhnung“ war von einem quasi-diplomatischen Austausch von Erklärungen begleitet gewesen. Die Königin hatte zugesichert, fortan keine Intrigen mehr anzustrengen. Der König wollte alles Gewesene vergessen haben und fortan mit seiner Frau leben, wie es einem guten Ehemann gebühre. Jean-Christian Petitfils bemerkt zu Recht, dies erwecke den Eindruck eines Notenwechsels zwischen vormals verfeindeten Mächten, die mühsam einen Ausgleich gefunden hatten.4 Das Bild des Gaston d’Orléans, des genannten jüngeren Bruders des Königs und bis 1638 präsumtiven Thronfolgers, muss man dabei eigentlich differenzierter zeichnen, als dies 16

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traditionell der Fall ist. Gaston war beständiger Rebell, auch in dieser Rolle allerdings unzuverlässig. Seine Bündnispartner konnten im Grunde nur darin sicher sein, dass er sie früher oder später verraten würde, denn anders als sie war er als direkter Erbe des Throns unangreifbar: Er konnte jederzeit auf Verzeihung rechnen. Über das wiederholte Scheitern seiner Rebellionen hinweg verfolgte er allerdings wohl, glaubt man wohlwollenden Betrachtern, tatsächlich eine liberalere, gemäßigtere politische Konzeption als sein älterer Bruder und dessen Erster Minister. Er war ein Exponent der ständischen, der „gemäßigten“ Monarchie des vergangenen 16. Jahrhunderts.5 Das hätte sich, einmal auf dem Thron, möglicherweise rasch geändert. Doch als Erbe der Krone war er auch deswegen eine unsichere Option, weil er selbst keine männlichen Erben besaß. Und die französische Krone ließ sich eben ausschließlich in männlicher Linie vererben; das war das sogenannte Salische Erbfolgerecht. Die Rangfolge unter den weiteren Nebenlinien des Hauses Bourbon aber war nicht völlig sicher und überhaupt die Aussicht auf einen solchen Erbgang recht gefährlich: Der dynastische Bruch von 1589, als die Valois ausstarben, die entfernt verwandten Bourbonen nachfolgten und sich gegen diese entfernte Nachfolge massivste Proteste erhoben, war in deutlicher Erinnerung. Wobei natürlich der seinerzeitige Widerstand vordringlich konfessionell motiviert gewesen war. Heinrich IV., der erste Bourbone, hatte 1589 noch (oder wieder) dem Protestantismus angehört. Das konfessionelle Moment mochte nun – Paris war eben eine Messe wert gewesen – seit Heinrichs Konversion entfallen sein: Seine Söhne, Ludwig wie auch Gaston, waren in dezidiert katholischem Geiste erzogen worden. Die dynastische Unsicherheit blieb beunruhigend genug. Die ehelichen Pflichten Ludwigs XIII. waren also königliche. Er musste sich mit 17

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seiner Frau versöhnen – im Rahmen des menschlich Mög­ lichen –, wollte er seinem Amt gerecht werden und seiner Pflicht vor Gott. Zweifel an seiner Vaterschaft, die in den folgenden Jahrzehnten von Gegnern und Feinden der Krone verschiedentlich lanciert wurden, entbehrten dabei der Grundlage. Der König selbst, der seiner Ehefrau politisch wie persönlich bis ans Ende seines Lebens nach wie vor nur wenig Vertrauen entgegenbringen sollte, stellte sie jedenfalls nicht an – dies hatte ja bereits seine Reaktion auf das vermutete göttliche Einwirken auf die Empfängnis angedeutet. Die übrigen Agnaten am Throne, die ja eventuell erbberechtigt gewesen wären, taten ebenfalls nichts Entsprechendes. Ein plausibler Nebenbuhler war am Hofe, im Umkreis der Königin, auch überhaupt nicht vorhanden. Im Übrigen aber blieb der Einfluss Ludwigs XIII. auf seinen Sohn und Nachfolger gering. Der Vater starb, als der Sohn noch nicht ganz fünf Jahre alt war. Größere persönliche Nähe zwischen beiden hatte sich nicht entwickeln können – ein Resultat der Gepflogenheiten der Zeit, aber auch der Unzugänglichkeit des Vaters. Dass Ludwig XIV. Versailles mit Rücksicht auf das väterliche Jagdschloss zur Residenz erwählt und dieses dann aus Pietät in den Neubau integriert hätte, ist ein ­Mythos – wenn auch einer, der schon auf die Bauphase zurückgeht.6 In der Selbstinszenierung des Sonnenkönigs sollten der unmittelbare Vorgänger und dessen Lebensleistung keine Rolle spielen. Auch der Dynastiegründer, Heinrich IV., nur eine sehr geringe. Darauf wird zurückzukommen sein. Anderes galt für das Verhältnis Ludwigs zu seiner Mutter, Anna von Österreich. Hier gab es Nähe, auch Zuwendung, Zärtlichkeit sogar. Sichtbar wurde dies etwa bei den verschiedenen Erkrankungen des Kindes, aber auch im täglichen Umgang. Und natürlich gab es langfristigen Einfluss. Als Königin18

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Der Vater: Ludwig XIII., König von Frankreich und Navarra (1610– 1643) im feldherrlichen Harnisch. So wie Heinrich IV. kommandierte auch der zweite Bourbone auf dem Thron seine Truppen wiederholt selber – anders als sein Sohn. Gemälde von Justus van Egmont (1635).

Mutter und Regentin wurde Anna zu einer der bedeutendsten Frauengestalten auf bzw. neben dem französischen Thron.7 – „Auf“ den Thron im eigentlichen Sinn gelangten, wie schon gesagt, nach Salischem Erbfolgerecht nur Männer. – Sie war es, die an der Politik Richelieus festhielt, an Mazarin als seinem Nachfolger, und die mit ihm gemeinsam den Krieg gegen Spa19

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nien fortführte, mit dem Kaiser den Westfälischen Frieden schloss. Sie hielt der Fronde stand, dem Aufstand des Pariser Amtsadels, des hohen Hofadels und auch der Bürger der Hauptstadt. Und sie übergab ihrem Sohn am Ende ihrer Regentschaft ein gefestigtes Königreich – behauptet gerade auch gegen Spanien, dessen König, Philipp IV., ihr eigener Bruder war. Letzteres wird in der französischen Geschichtsschreibung gern als eine Art „patriotische Wendung“ der durch die Geburt der Söhne endlich nationalisierten Anna von Österreich gewertet, die schließlich zur Französin geworden sei. Es ist freilich eher dynastisch und aus der Logik ihrer königlichen Rolle heraus zu verstehen, denn national oder patriotisch.8 Kinderlos und ungeliebt, nicht einmal respektiert, hatte sich Anna als Vertreterin ihres Geburtshauses – dem der Habsburger – verstanden, ja verstehen müssen. Eine andere Möglichkeit hatte man ihr, im Grunde genommen, gar nicht gegeben. Die fortgesetzte Korrespondenz mit Madrid, aber auch der von Dumas verewigte „Flirt“ mit dem Herzog von Buckingham (der wahrscheinlich eher von diesem ausgegangen war) können wohl nicht zuletzt als Resultat dieser Frustration gelten.9 Als Mutter des künftigen Königs, gar Regentin, waren ihre Rolle und Perspektive zwangsläufig verwandelt. Sie war zur Sachwalterin und zum Teil des Hauses Frankreich geworden, also dem ihres Sohnes. Auch frühere Unterstützer aus der Zeit der Opposition gegen Ludwig XIII. und Richelieu wurden enttäuscht. Die Regentin belohnte sie nicht oder doch nur in recht begrenztem Umfang. Mazarin und fast alle anderen Minister des verstorbenen Königs blieben im Amt. Anna hatte verstanden, dass Intrigen gegen den Staat, sofern sie sich gegen Richelieu und Ludwig XIII. gerichtet hatten, nun auch gegen sie und gegen Ludwig XIV. richten konnten. – Das war ungewöhnlich, insofern ein „alter Hof“, also die Amtsträger des Vorgängers, vom Nachfolger oder von dessen Vertrauten aller20

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Mutter und Sohn: Anna von Österreich mit dem Dauphin Ludwig. Beide standen einander durchaus nahe. (Französische Schule, vor 1643).

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meist rasch beiseitegeschoben wurden – und wenn nicht rasch, so doch in absehbarer Zeit. Die letzte Regentin Frankreichs, Maria de Medici, die von 1610 bis 1615 für Ludwig XIII. regiert hatte, hatte sowohl den Kurs als auch die Berater Heinrichs IV. recht bald verabschiedet.10 Doch gab es für die Art von verschobenem Rollenverständnis, das Anna von Österreich zeigte, durchaus auch historische Vorbilder: Der Herzog Louis d’Orléans war vor 1498 ein erbitterter Feind der Krone und ihres Machtanspruchs gewesen. Als Ludwig XII. in einer eigentlich nicht sehr wahrscheinlichen Erbfolge zum Träger dieser Krone geworden, verfocht er den gleichen Machtanspruch dann energisch und verband sich mit den Dienern seines Vorgängers.11 Anna von Österreich, die das entsprechende Exempel sicher nicht kannte, hielt es nur wenig anders. Kränkungen gegen oder Dienste für die Ehefrau Ludwigs XIII. waren von der Mutter und Vertreterin Ludwigs XIV. nicht unbedingt vergessen, aber sie rückten in den Hintergrund, wenn das im Sinne der Staatsgeschäfte war bzw. – der Begriff war nicht unumstritten, er galt aus theologisch-moralischer Perspektive weit- und weiterhin als Unwort – im Sinne der Staatsräson. Diese Haltung wurde Anna allerdings sicherlich dadurch erleichtert, dass ihr größter politischer wie persönlicher Gegner, eben Richelieu, schon 1642 gestorben war, ein halbes Jahr vor seinem König.12 Überhaupt ermöglicht wurde die „vollgültige“ Regentschaft der Anna von Österreich dabei erst durch einen politischen coup: Die Königin ließ in einer großen Staatszeremonie das Testament ihres Gatten für ungültig erklären, das ihre von der Verfassungstradition vorgegeben Position als Regentin sehr deutlich beschnitt und einen ganzen Regentschaftsrat zusammenstellte. Diese Zeremonie, das sogenannte lit de justice – wörtlich zu übersetzen als „Bett der Gerechtigkeit“ –, bestand 22

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im Erscheinen des Königs in seinem Obersten Gerichtshof, dem parlement – meist handelte es sich um das von Paris –, um dort symbolisch sein „Bett aufzuschlagen“ bzw. Residenz zu nehmen und damit die an die Richter delegierte Macht des roi-justicier wieder an sich zu nehmen. Der König, als Quelle des Rechts, erklärte seinen Willen und das parlement hatte dem zu folgen. Es hatte also einen bestimmten Rechtsakt zu „registrieren“, d. h. ihn den Gesetzen des Landes hinzuzufügen und künftig anzuwenden. Oder es hatte, wie im Fall des Testaments Ludwigs XIII., einen Rechtsakt für ungültig zu erklären. Widerspruchsmöglichkeiten der Magistrate gab es nicht. Das lit de justice war so die ultimative Waffe des Königtums, um von den häufig widerstrebenden Gerichts­höfen die Anerkennung von Gesetzen zu erzwingen.13 Im vorliegenden Fall war es natürlich die vom vierjährigen König begleitete Regentin, die ihren Willen kundtat, und das Pariser parlement zögerte auch gar nicht, sich dem zu fügen. Es erhielt nämlich im Gegenzug Mitwirkungsrechte zurück, die ihm von Richelieu genommen worden waren. Der Letzte Wille des toten Königs durfte und würde den Willen des Nachfolgers also nicht beschränken.

Ein König wächst auf Die Erziehung eines Thronfolgers, gar eines minderjährigen Throninhabers, stellte zu allen Zeiten eine Herausforderung dar. Und die Frühe Neuzeit hatte dabei einige bemerkenswerte, mehr als schwerwiegende Erziehungskatastrophen zu bieten, sei es etwa am preußischen, am russischen Hof oder auch anderwärts. Zugrunde lagen dem freilich oft – etwa bei den zwei angesprochenen Beispielen – politisch aufgeladene Vater-Sohn-Konflikte. Dazu konnte es nun am Hofe der Re23

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gentin Anna von Österreich schlechterdings nicht kommen, dennoch waren die Konfliktrisiken nicht gering. Das Kind Ludwig, dann der Heranwachsende, wurde natürlich von seiner Stellung geprägt. Die Überlegenheit seiner Position war ihm von klein auf bewusst. Zwar konnte ihm die mütterliche Autorität Grenzen setzen, doch im Umgang mit Höflingen, ­Erziehern, Spielgefährten – auch dem jüngeren Bruder – kam es zwangsläufig zu Streit und Spannungen, in denen kindlicher Trotz oder Übermut, notwendige Strenge und höfische Unterwürfigkeit sich zuweilen ungut verbanden. Der jüngere Bruder, Philipp von Orléans, wurde dem „König“ gegenüber offenbar systematisch zurückgesetzt. Für beide gab es zwar Körperstrafen, doch mit der üblichen Reverenz vertrugen die sich naturgemäß kaum. Zwar florierte gerade im 17. Jahrhundert das Genre der fürstlichen Erziehungslehren, der sogenannten Fürstenspiegel, doch pädagogische Reflexion stand nur bedingt dahinter. Ludwig erfuhr also früh, dass er Macht besaß und dass es letztlich sein Wille war – oder doch irgendwann sein würde –, der zählte. Ein hohes Selbstwertgefühl, das hieraus resultieren musste, war durchaus Erziehungsziel. Es lag dieses dann allerdings von der Selbstüberschätzung nicht weit entfernt, ein Tatbestand, der sich dann auch in Ludwigs Repräsentation und Regierungspraxis nur schwer wird übersehen lassen. Doch Beispiele für diesen Zusammenhang finden sich vielleicht nicht nur am französischen Hofe. Anna von Österreich war, was selbstgewissen Fürstenstolz angeht, ihrem Sohn eine gute Lehrmeisterin, und zwar durchaus in der Tradition ihres Hauses. Ludwig wuchs so jedenfalls in die Rolle des absoluten Monarchen geradezu und vollständig hinein, sie wurde ihm zur Natur.14 Verantwortlich für Unterweisung und Ausbildung waren neben der Mutter der Kardinal-Premierminister Mazarin als „Oberintendant“, der Abbé Beaumont de Péréfixe als Präzep24

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tor. Bis zum Alter von sieben Jahren war der Junge in weib­ licher Obhut gewesen, den Gepflogenheiten der Zeit entsprechend. 1646 begann der von männlicher Umgebung geprägte Lebensabschnitt und mit ihm Unterricht und Vorbereitung auf das Amt, das er auszufüllen haben würde. Der Herzog von Saint-Simon, der wichtigste Memorialist der Regierungszeit Ludwigs, zeichnet ein betont kritisches, geradezu abschätziges Bild von Bildung und vor allem Bildungslücken des Königs. „Sein Geist überragte wohl den Durchschnitt, war aber noch in der Lage sich zu entwickeln […]. Nur mit Mühe hatte man ihn Lesen und Schreiben gelehrt […].“15 Derartiges allerdings ist kaum zum Nennwert zu nehmen. Saint-Simon war dem Monarchen in heftiger Abneigung verbunden, die aus dessen mangelnder Wertschätzung resultierte (für die es wiederum sowohl politische wie persönliche Gründe gab). Doch auch Ludwig selbst erkannte im Rückblick manche Defizite seiner Jugendjahre. Auf fruchtbaren Boden fielen wohl die Unterweisungen in der Geschichte, im Lateinischen, das er allerdings nur noch passiv beherrschte, und auch die religiösen Inhalte, denen die Mutter, Mazarin und Péréfixe einen hohen Stellenwert zumaßen. Zudem erlernte Ludwig das Italienische und Spanische, wenn auch zumindest Letzteres wohl eher oberflächlich. Doch ein Mann des Buches, der Wissenschaften gar, war und wurde er niemals. Lektüre, so der savoyische Graf Primi Visconti, ein langjähriger Beobachter, ermüdete ihn leicht; seine Handschrift blieb tatsächlich lange unsicher. Und wenn es eines sichtbaren Zeichens bedurfte, dass Bücher und Bildung nicht eben Ludwigs Herzenssachen waren, so findet man sie in der Anlage von Versailles: Eine nennenswerte Bibliothek nämlich besaß das Schloss nicht – anders als etwa der Escorial Philipps II. von Spanien, in dem die königliche Büchersammlung einen zentralen Platz einnahm.16 Auch Ludwigs Auffassungsgabe galt zumindest in 25

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seinen frühen Jahren zunächst eher als langsam oder gar schwerfällig. Gegenüber den höfischen Spielkameraden begründete das die eine oder andere lebenslange Abneigung. Lerninhalte, dies war erkennbar, fielen dem jungen Ludwig nicht zu. Erkennbar waren bzw. wurden jedoch auch große Vorzüge des Jungen, etwa Ausdauer, Willensstärke, Selbst­ beherrschung und ein ruhiges Urteil. Das alles verband ihn wiederum mit Philipp II., seinem spanischen Urgroßvater, so, wie dann auch Auftreten und Arbeitskraft.17 Dem Studium zog Ludwig körperliche Übungen vor: Ausritte, die Jagd, die Fechtkunst und nicht zuletzt den Tanz, in dem er es zu einer gewissen Meisterschaft brachte, von der noch die Rede sein wird. Interesse brachte er auch für die Musik auf. Das deckte sich durchaus mit dem adelig-fürst­ lichen Bildungsideal der Zeit, in dem Körperlichkeit und Körperbeherrschung weiterhin eine beträchtliche Rolle spielten. Es deckte sich ebenso mit der guten Gesundheit und Konstitution Ludwigs und stärkte sie wohl auch weiter.18 Ein König von Frankreich brauchte auch gar kein Intellektueller zu sein; er durfte schlechterdings – in der Sprache und nach den Idealen von Renaissance wie Klassik – nicht zum „Pedanten“ werden. Denn Pedanterie, also Spezialistentum auf der Grundlage von Buchwissen, war unhöfisch bzw. unaristokratisch. Haltung und Anmut lernte man nicht aus Büchern; Entschlusskraft, Mut und Durchsetzungswillen schon gar nicht. Das aber waren die Qualitäten, nach denen sich der Wert eines Mannes – vor allem der eines Edelmannes – bemaß.19 Nun hatte bekanntlich die Schule der Könige ihren Ort ohnehin nicht oder nicht nur im Klassenzimmer – bzw., richtiger gesagt, nicht im Unterrichtsraum –, sondern in der Arena der politischen Auseinandersetzung und damit also, nach Meinung mancher, im Krieg. In Ludwigs Fall war es der Bürgerkrieg.20 26

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Der junge König in der Fronde „Gelernt“ hatte der König vom Tag des Todes seines Vaters an durch die unmittelbare Einbeziehung in die Staatsgeschäfte oder doch in die Zeremonien, für die er, als formaler Souverän, unentbehrlich war, ja eigentlich im Mittelpunkt stand: Die größte Bedeutung besaßen sicher die verschiedenen lits de justice. Zwar war es nicht der minderjährige Herrscher, der seinen Willen kundtat, sondern die Regentin oder aber der Kanzler. Doch die Gegenwart schon des Vierjährigen war zwingend erforderlich. Und auch bei kleineren Staatsakten war der König als zeremoniell entscheidende Gestalt zugegen, etwa bei Botschafterempfängen, der Entgegennahme von Akkreditierungen. Darüber hinaus wurde Ludwig von Regentin und Kardinalpremier früh auch in die gewöhnlichen Regierungsgeschäfte einbezogen und etwa an den Ratssitzungen beteiligt. Selbst das Aktenstudium lernte er so schon vor der Volljährigkeit kennen. Neben diesen Regelmäßigkeiten allerdings stand Ludwigs nachhaltiges Erleben von Unregelmäßigkeit, ja von Unruhe und Umsturz. So wie der französische Hof erfuhr auch der zehnjährige König 1649 von Prozess und Hinrichtung, denen ein anderer Monarch unterworfen worden war: Karl I. von England, der Gemahl von Ludwigs Tante, die infolge des englischen Bürgerkriegs daher auch schon geraume Zeit zuvor in Frankreich Zuflucht gesucht hatte. Das unerhörte Ereignis machte dort umso mehr Eindruck, als auch das französische Königtum gerade eine schwerwiegende Krise durchmachte: nämlich den letzten französischen Bürgerkrieg, die Fronde. Die Erfahrung sollte den König nachhaltig prägen, und das aus gutem Grund.21 Die Fronde hatte im Wesentlichen zwei Wurzeln, die mit­ einander im Zusammenhang standen: Zum einen waren dies 27

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die fortdauernden, sich noch verstärkenden Kriegslasten. 1648 war zwar der eine, der „deutsche Krieg“ beendet worden. Der Krieg gegen Spanien aber dauerte an, Steuern und Abgaben hatten sich im Lauf der Regierung Ludwigs XIII. mehr als verfünffacht, sie lasteten schwer auf dem Land und nicht zuletzt auf den Städten, d. h. den Stadtbürgern.22 Weder hatte 1642/43 der Tod Richelieus und des Königs daran etwas geändert noch der große Sieg von Rocroi. Und 1648 schien wiederum der Westfälische Frieden – mit Kaiser und Reich – nichts zum Besseren zu wenden. Daneben stand dann das Legitimitätsproblem der Regierenden: Die Regentin, die aus Spanien stammte, und ihr Premierminister, der Italiener war und nicht einmal von prominenter Geburt, konnten den Zweifeln an Kriegskurs und Kriegslasten nur mit einer begrenzten Autorität begegnen. Da nutzte es auch wenig, den minderjährigen König in den Vordergrund zu stellen und wiederholte lits de justice abzuhalten, um von den parlements die Registrierung, also die formale Anerkennung königlicher Finanzgesetze zu verlangen. Vor allem das parlament de Paris wurde zum ersten wichtigen Forum der Unzufriedenheit und zum politischen Akteur: Es erhob Forderungen nicht nur zur Rücknahme von Steuern und Abgaben, sondern auch zur Stärkung der Freiheit des Einzelnen gegenüber staatlicher Gewalt. Nicht länger als einen Tag sollte ein Untertan der Krone festgehalten werden können, ohne einem Richter vorgeführt zu werden – eine direkte Folge etlicher anklageloser Verhaftungen, die die parlements und die hinter ihnen stehende Öffentlichkeit hatten einschüchtern sollen. Die Maßnahme wurde in 1679 unter dem Begriff der Habeas-corpus-Akte tatsächlich Gesetz, allerdings in England. Taktische Rückzüge der Krone entspannten die Lage nicht, die Stimmung in Paris erinnerte offenbar an das Jahr 1588, als in der Hauptstadt der religiöse Bürgerkrieg zu 28

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offenem Aufruhr gegen die Politik König Heinrichs III. geführt hatte: Die Regentin, der junge König und der Hof ver­ ließen die Hauptstadt.23 In der Folge gesellte sich zur Revolte der Richter diejenige der Prinzen, d. h. der hohen Adeligen und vor allem jener von königlichem Geblüt. Sie teilten die Forderungen der parlements nur begrenzt, wollten aber die Stunde nutzen, um ihre bis dahin marginalisierte Machtposition auf Kosten der Krone wieder zu stärken. Und als Mittel dazu galt es vor allem, den Kardinal Mazarin zu vertreiben, den verhassten Ersten Minister. Den wichtigsten Part hierbei hatte das Haupt der jüngeren Nebenlinie der Bourbonen, der Prinz Condé, der sich gegen die Spanier einen Namen als Feldherr gemacht hatte.24 Mazarin war von Richelieu als Nachfolger „aufgebaut“ und von Ludwig XIII. benannt worden. Dieser hatte ihn auch zum Paten des dauphin bestellt, und zwar durchaus nicht als bloßen Stellvertreter des Papstes.25 Beide, König und Kardinalpremier, hatten Mazarin als vorzüglichen Diplomaten erkannt, der ihre politische Konzeption einer starken Kron­ gewalt teilte und der sie nach ihnen verteidigen würde. Anna von Österreich hielt an ihm fest, da sie in ihrer neuen Rolle als Regentin auch diese Konzeption übernahm, da sie ihn persönlich schätzte – Spekulationen, ob oder ggf. wann beide ein Liebespaar geworden sein sollten, sind freilich müßig –, nicht zuletzt aber, da sie wusste, dass er als Ausländer, von geringer Geburt, ohne jedes französische Netzwerk, einzig und allein von ihrem Vertrauen abhing. Dies war freilich auch seine Schwäche. Die französischen Eliten waren es in gewisser Weise gewohnt, von einem Gespann aus Monarch und Minister regiert zu werden. Allerdings waren sie es nicht unbedingt gutwillig gewohnt. Schon Richelieu hatte als „zweiter Mann im Staat“ alle Pfeile auf sich gezogen, war zum Gegenstand etlicher Ver29

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Der Mentor: Kardinal Jules Mazarin, erster Minister Ludwigs XIII. und Ludwigs XIV. von 1642 bis 1661. Gemälde nach ­Philippe de Champaigne.

schwörungen geworden.26 Und die Stellung eines solchen Favoriten war stets prekär: Er agierte als ausführender Arm seines Herrn – oder seiner Herrin – und wurde essenziel von dessen Vertrauen ins Amt befördert und dort gehalten. Politische Härten schrieb man auf sein Konto, und oft gingen sie 30

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auch tatsächlich auf ihn zurück. Er war, war er Minister, für die unangenehmeren Entscheidungen zuständig und für deren Durchsetzung bzw. Vertretung: sowohl innenpolitischer „Schild“ des Königs als auch, notfalls, Sündenbock. Königliche Gnadenerweise – die Gegenleistung – erhoben ihn dafür über die meisten Konkurrenten. Richelieu hatte, anders als in früheren Konstellationen, sowohl das Vertrauen des Herrschers monopolisiert als auch, weitgehend, dessen Gnadenerweise. Eine einzigartige Stellung, in der Mazarin ihm nachfolgte. Beliebtheit konnte daraus in beiden Fällen nicht resultieren. Anders als der Kardinal aus respektablem französischen Provinzadel galt der aus Italien jedoch der französischen Elite schlicht als nicht satisfaktionsfähig. Richelieu war von seinen zahlreichen Feinden gefürchtet worden, Mazarin wurde verachtet, zumindest bis zum Ende der Fronde. Die Fronde brachte die Monarchie ins Wanken. Auf einem der Höhepunkte, im Februar 1651, hatte man Vertreter der Pariser Bürgermilizen ins Schlafzimmer des Königs einlassen müssen, damit sie sich überzeugten, dass der Monarch noch unter ihnen sei bzw. in ihrer Hand … Mazarin war gezwungen, zeitweilig nicht nur das Amt, sondern das Land zu verlassen. Hunderte, Tausende Spottschriften gaben den Minister der Lächerlichkeit preis. Und die Regentin machte etliche weitreichende, freilich stets nur taktische und vorübergehende Zugeständnisse.27 Dass die Bewegung trotz alledem letztlich wieder zusammenbrach, dass Frankreich sich nicht dem Modell der ständischen Monarchie zuwandte, in dem die Macht der Krone sehr viel weitergehend ausbalanciert worden wäre, als dies so der Fall war, hatte verschiedene Gründe: Eine Rolle spielten sicher militärische Entscheidungen, eine andere die strukturellen Uneinigkeiten zwischen Prinzen, parlements und öffentlichem Protest bzw. namentlich die Rivalität unter den Prinzen selbst. Der Onkel des Königs, Gaston von Orléans, 31

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seine Cousins, die Prinzen Condé und Conti, die Herzöge von Beaufort oder von Longueville oder auch die großen Magnaten nicht-königlichen Geblüts hatten eben sehr unterschied­ liche Vorstellungen davon, wem die Zentralposition im Machtgefüge des Landes zukommen sollte – und, vor allem, wem nicht! Auf der anderen Seite stand eine vergleichsweise geund entschlossene Politik der Regentin, Mazarins und deren größte Trümpfe: die Autorität und Legitimität des Königs, dessen Ausstrahlung und nicht zuletzt dessen Gnadenerweise schließlich größer oder mehr wert waren, als die von rebellierenden Prinzen. Ihm und also auch seiner Regierung wandten sich, je länger die Auseinandersetzung währte, die moderateren Kräfte im Land und gerade das städtische Bürgertum wieder zu, nicht allein, aber eben auch in Paris. Die Fronde und entfernt auch die englische Revolution hielten für den jungen Ludwig XIV. verschiedene Lektionen bereit. Nicht nur das Eindringen der Aufrührer in sein Schlafzimmer vergaß er nicht. Auch dass Condé, auf der Höhe seines militärischen Ruhmes, dem noch minderjährigen Monarchen den üblichen Gruß und Respekt verweigerte, sollte sein Verhältnis zu diesem Cousin dauerhaft prägen und belasten, so, wie auch das zu den übrigen Vertretern der Nebenlinien. All dieses, die je nach Situation bedrängenden, erpresserischen, zum Teil als beleidigend gewerteten Forderungen der parlements oder der Prinzen, bildete einen Erfahrungshintergrund, der zu weitgehenden Konsequenzen führte: Von keiner dieser Seiten und auch von keiner anderen würde Ludwig jemals mehr Bedrohung oder gar Einschränkung der königlichen Gewalt dulden. Niemals würde er in die Nähe der Bedrängnis Karls von England geraten. Denn neben diesen überwundenen Bedrohungen stand natürlich die Erfahrung des Sieges, ja sogar des Triumphes. Ludwig hatte erlebt, dass und wie die Autorität des Monarchen wirkte – wie er selbst wirken konnte: Schon der Wille 32

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der aufrührerischen Pariser, sich der Person des Königs zu versichern, hatte ihm seine enorme Bedeutung vor Augen geführt. Im Oktober 1652 öffnete Paris dem König und dessen Truppen dann wieder die Tore und empfing den Souverän mit Begeisterung. Und er hatte erfahren, was Konsequenz ausmachte, die unbeirrbare Vertretung einer, seiner Position. Ein feierlicher Einzug von König und Regentin sowie ein ostentativ prunkvolles, demonstrativ im Louvre abgehaltenes lit de justice besiegelten schließlich die Unterwerfung der Richter und der Prinzen unter des Königs Majestät.28 Condé und einige andere freilich, die nach dem Scheitern der Fronde in die Spanischen Niederlande gegangen und dort in spanische Dienste getreten waren, sollten erst Jahre später nach Frankreich zurückkehren können: nach dem Pyrenäenfrieden von 1659.

Pyrenäenfriede und Eheschließung Die Fronde hatte Spanien im fortdauernden Krieg gegen Frankreich noch einmal eine Atempause gegeben. Seit der schweren Niederlage von Rocroi, 1643, waren militärischer Niedergang und finanzieller Ruin der Monarchie Philipps IV. unübersehbar geworden. Die Frage war, ob dies auch unumkehrbar sein würde. Der Friede mit der Niederländischen Republik, 1648, der die Unabhängigkeit der vormaligen Rebellen anerkannte, brachte Erleichterung, aber keine Wende. Und auch in der Fronde gelang dies nur begrenzt, wiewohl die inneren Unruhen natürlich die auswärtige Kriegführung Frankreichs mehr als nur belasteten. Selbst der Übertritt Condés, des geschlagenen Frondeurs, vormaligen Siegers von Rocroi, änderte wenig. Immerhin konnten im Süden die Rebellion Kataloniens niedergeschlagen und die Franzosen über die Pyrenäen zurückgedrängt werden. Und auch im Norden, in den 33

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Spanischen Niederlanden, ließ sich verlorenes Terrain wiedergutmachen: Zahlreiche kleinere Festungsstädte wurden zurückgewonnen, die wichtigste war Dünkirchen. Doch nach 1653 schlug das Pendel wieder zur französischen Seite aus, wenn auch noch nicht sehr heftig. Rethel, Sainte-Menehould, Landrecies fielen, und zwar unter den Augen Ludwigs XIV., der hier seiner ersten militärischen Kampagne beiwohnte. Doch einen entscheidenden Vorteil, der Spanien zum Frieden gezwungen hätte, gewann man nicht. Die Belagerung von ­Valenciennes etwa misslang, die Hafenstadt Dünkirchen war mangels Seemacht für Frankreich unbezwingbar.29 Hier setzte die Diplomatie Mazarins an. Die Erschöpfung auch der französischen Waffen machte es notwendig, neue Unterstützung zu mobilisieren, d. h. einen neuen Bündnispartner. Nach Lage der Dinge konnte das nur England sein – die englische Republik Oliver Cromwells. Und tatsächlich gelang es Mazarin die Unterstützung Cromwells zu gewinnen. Eine konkurrierende spanische Offerte wurde in London verworfen. Hieran nicht unbeteiligt war die traditionelle Abneigung der englischen Protestanten – und erst recht natürlich der Puritaner – gegen alles Spanische, aber wohl auch, dass Frankreich bereit war, den Exilkönig Karl II., Sohn des 1649 hin­gerichteten Karl I. und damit natürlich direkter Cousin Ludwigs XIV., auszuweisen. Dies sollte den Royalisten jede Grundlage nehmen. Das, was man in Flandern erobern würde, sollte im Übrigen zum Gutteil bei England bleiben.30 Diese Verbindung mit den Londoner „Königsmördern“ mochte nun für die französische Monarchie nicht gerade ­ehrenhaft gewesen sein, aber sie war wirksam: Mit englischer Unterstützung gelang es im Juni 1658, ein von Condé befehligtes Entsatzheer zu schlagen und Dünkirchen zur Übergabe zu zwingen. Etliche andere Festungsstädte in Flandern und im Hennegau folgten nun. Dies war eine militärische Kriegs34

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entscheidung. Selbst Brüssel lag in Reichweite der französischen Armeen. – Spanien suchte um Frieden nach. Dieser, der sogenannte Pyrenäenfriede, wurde Madrid zu relativ günstigen Konditionen gewährt, denn die Gebietsverluste waren mäßig. Zum einen trat Spanien die Grafschaft Roussillon ab, die nördlich der Pyrenäen lag, mit der Hauptstadt Perpignan. Ganz grundsätzlich sollte fortan der Hauptkamm dieses Gebirges die Grenze der beiden Königreiche bilden. Zum ersten Mal überhaupt war damit eine Grenzlinie zwischen zwei Ländern eindeutig fixiert. Allerdings sollte die Schwierigkeit in den folgenden Jahren, Jahrzehnten und letztlich Jahrhunderten dann darin bestehen, herauszufinden, wo denn dieser Hauptkamm tatsächlich lag.31 Die Spanischen Niederlande verloren Arras und den größten Teil der zugehörigen Grafschaft Artois sowie einige weitere, weniger bedeutende feste Plätze an der Grenze, etwa Le Quesnoy, Montmédy oder, schon an der Mosel gelegen, Diedenhofen. Diese relative Mäßigung der französischen Forderungen und Gewinne resultierte zum einen aus dem Willen Mazarins, England und die Niederlande nicht durch einen allzu starken Ausbau der französischen Position zu beunruhigen, zum anderen daraus, dass noch ein anderes, sehr viel wichtigeres Ziel zu erreichen war und auch erreicht wurde, nämlich die Eheschließung Ludwigs XIV. mit der ältesten Tochter Philipps IV. von Spanien, der Infantin Maria Teresa. Denn diese sollte weit mehr sein als nur eine dynastische Besiegelung des politischen Ausgleichs. In Spanien, anders als in Frankreich, waren Thronrechte auch in weiblicher Linie erblich. Und der älteste Sohn Philipps IV., der Infant Baltasar Carlos, war 1646 den Pocken zum Opfer gefallen, der zweite Sohn, aus der zweiten Ehe des Königs, erst 1657 geboren. Die Linie der spanischen Habsburger stand also unsicher da. Zwar sollte dann dem König 1661 sogar noch ein dritter Sohn geboren werden, doch da war der zweite bereits 35

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gestorben, im Alter von noch nicht ganz vier Jahren. Die hohe Kindersterblichkeit der Zeit machte weder vor dem Escorial halt, noch sollte sie in der Zukunft Versailles verschonen. Und wiewohl jener letztgeborene Sohn Philipps IV. dann vier Jahre später tatsächlich dessen Nachfolge antreten und das Kindesalter überleben würde, sollte das die Frage der spanischen Sukzession nur aufschieben. Auf ihn, Karl II. von Spanien, und auf sein Erbe wird zurückzukommen sein. Als Sohn und Ehemann jeweils ältester Infantinnen war Ludwig XIV. jedenfalls für eine etwaige spanische Thronfolge gut platziert.32 Dass die spanische bzw. habsburgische Seite auf die Verbindung eingegangen war, ja sie geradezu gesucht hatte, erklärt sich aus der Hoffnung auf das Überleben des männlichen Erben, aber auch aus dem Prestige, das aus der französischen Verbindung resultierte: Madrid hätte es als Kränkung empfunden und empfinden müssen, wenn der Infantin eine andere Kandidatin vorgezogen worden wäre. Zudem war klar, dass die Ehe Frankreich einige Zugeständnisse wert sein würde. Und darüber hinaus legte der Heiratsvertrag einen Erbverzicht Maria Teresas fest, der im Testament Philipps IV. noch einmal bekräftigt wurde. Allerdings war der Verzicht an die Zahlung einer hohen Mitgift geknüpft – wozu die spanische Krone, wie 1659 jeder wusste, schlechterdings nicht in der Lage war. Und in Spanien mochte der Letzte Wille eines Königs unmittelbare Gesetzeskraft besitzen. In Frankreich war das, wie 1643 gesehen, keineswegs der Fall.33 Im Pyrenäenfrieden war die Ehe vereinbart worden, 1660 wurde sie in Saint-Jean-de-Luz an der spanisch-französischen Grenze geschlossen, gefeiert und vollzogen. Binnen Jahresfrist sollte ein Thronfolger geboren werden, von den Lobschreibern des Hofes als Zeichen besonderen göttlichen Segens auf Land und Herrscher verstanden.34 Trotz einigem persönlichen Widerstreben Ludwigs, der seit Mitte der 36

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1650er-Jahre nicht nur verschiedene Geliebte gehabt hatte, sondern auch verschiedentlich verliebt gewesen war, wurde diese dynastische Verbindung also zum unmittelbaren dynastischen Erfolg – anders also als die seiner Eltern. Dabei besaß indes Maria Teresa weder äußerlich noch innerlich die Vorzüge ihrer Tante und Schwiegermutter Anna von Österreich. Eine echte Partnerin sollte die betont fromme, intellektuell aber wenig lebhafte und im Wesen eher introvertierte Königin für den von ihr bewunderten König nicht werden. Doch ist dies ein anderes Thema.

Die Regierungsübernahmen Ludwigs XIV. Sucht man den Anfang von Ludwigs Regierungszeit zu bestimmen, so verfügt man zumindest formal über eine gewisse Auswahl an möglichen Daten. Natürlich ist zuerst der 14. Mai 1643 zu nennen, der Tag, an dem der Vater starb und – der Tod setzte nach französischer Verfassungstradition den Nachfolger unmittelbar ins Amt ein – die Krone an den Sohn überging. Sodann der 5. September 1651, als Ludwig mit dem Eintritt ins vierzehnte Lebensjahr für volljährig erklärt ­ wurde – ein Schachzug, der die Autorität der Krone gegenüber den Frondeuren hatte erhöhen sollen. Allerdings blieben die Königin-Mutter und der Kardinal-Premier weiterhin die entscheidenden Persönlichkeiten im Rat, regierten nach wie vor in des Königs Namen. Wichtiger, zumindest symbolisch, war daher vielleicht der 7. Juni 1654, der Tag von Ludwigs Krönung und Salbung in der Kathedrale von Reims. In früheren Jahrhunderten war dies noch der entscheidende Rechtsakt und Übergangsritus gewesen, der den König eigentlich erst zum König gemacht hatte. Im 17. Jahrhundert war das nicht mehr der Fall, und bis ans Ende des Ancien Régime sollte die 37

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Legitimationskraft von Krönung und Salbung weiter nachlassen. Zumindest bis zu Ludwig XV. blieb sie freilich beachtlich.35 In diesen Jahren, nach Volljährigkeit und Krönung, etablierte sich eine Art Triumvirat an der Staatsspitze, allerdings unter Einbeziehung von nur zwei Männern: Ludwigs und Mazarins. Der dritte „Mann“ war die Königin-Mutter. Sie saß dem königlichen Rat weiter vor, doch ihr tatsächlicher Einfluss ging spätestens gegen Ende der 1650er-Jahre deutlich zurück. Seit 1658 wohnte der König den Ratssitzungen regelmäßig bei. Bis dahin war er das politische Instrument Mazarins und der Königin-Mutter gewesen. Doch dies konnte so nicht bleiben, und Anna von Österreich strebte es auch gar nicht an. Sie dürfte dabei wohl das warnende Beispiel ihrer Vorgängerin in der Rolle der ehemaligen Regentin vor Augen gehabt haben, nämlich der Maria de Medici. Diese hatte fast vierzig Jahre zuvor mehr als einmal versucht, das Heft bzw. die Regierungsgeschäfte in der Hand zu behalten und ihren Sohn, Ludwig XIII., fortdauernd zu dominieren. Sie war damit, nach Querelen, Aufruhr und Bürgerkrieg, fulminant gescheitert. 1631 hatte sie Frankreich verlassen, einige Jahre später war sie im Kölner Exil gestorben.36 Anders als Maria de Medici räumte Anna daher nach der Eheschließung ihres Sohnes den zeremoniell zweiten Platz am Hofe zugunsten von dessen Gemahlin, und auch ihrer eigenen allmählichen Marginalisierung in den Entscheidungsprozessen, die von Ludwig und Mazarin ausging, setzte sie keinen echten Widerstand entgegen.37 Mazarin führte Ludwig systematisch in die Staatsgeschäfte ein, bereitete mit ihm die Sitzungen und Beschlüsse des königlichen Rates vor. Die Königin-Mutter wurde nicht mehr zwangsläufig einbezogen. Dass es insofern tatsächlich ein Duumvirat, eine Zwei-MännerHerrschaft, gewesen war, die Frankreich schließlich unter 38

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Annas Ratsvorsitz regiert hatte, wurde deutlich, als Ludwig nach Mazarins Tod am 9. März 1661 erklärte, fortan selbst herrschen zu wollen, ohne Ersten Minister. Solange sein Pate und Mentor lebte, hatte Ludwig ihn gewähren lassen. Sein Tod war der Auslöser für die auch offizielle Neuverteilung der Macht. Und der König regierte nun auch formal ohne seine Mutter: Anna von Österreich wurde gezwungen, den reorganisierten königlichen Rat zu verlassen – dies zwar sehr zu ihrer Erbitterung, aber eben doch ohne politischen Konflikt.38 Und nun erst begann die eigentliche, die Selbstregierung ­Ludwigs XIV. Und mit ihr das Grand Siècle, das „Große Jahrhundert“. Es ließe sich auch als „Jahrhundert der Größe“ verstehen – zumindest der königlichen Größe.

Die Einrichtung der Macht Es gab bei der Neuverteilung der Macht auch andere Verlierer, nicht nur Anna von Österreich. So wurde der Kanzler Séguier, der noch ein Mann Richelieus war, zwar in seinem Amt bestätigt, aber aus dem neu zugeschnittenen engeren Rat verbannt. Überhaupt wurde dieser engere Rat fortan nur noch von vier Personen gebildet: Neben dem König waren dies zunächst der Finanzminister Fouquet, der Kriegsminister Le Tellier und der Staatsminister Lionne, der in der Folge die auswärtigen Beziehungen verantworten sollte. Ihnen oblag die „große Politik“, also alles, was die genannten drei Amtsbereiche betraf. Das Gremium erhielt bald die Bezeichnung „oberer Rat“ (Conseil d’en haut), was allerdings räumlich gemeint war und den Sitzungssaal bezeichnete. Die Mitglieder wurden vom König informell mündlich benannt bzw. geladen. Zugehörigkeiten von Amts wegen – etwa für den Kanzler – endeten. Daneben oder vielmehr darunter stand der Rat für die inneren Angelegenheiten 39

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des Königreichs, auch Depeschenrat genannt (Conseil des Affaires du dedans du Royaume bzw. Conseil des Dépêches), in dem dann zusätzlich der Kanzler sowie andere Ressort­ minister ihren Platz hatten. Mitglieder des Königshauses waren nicht mehr vertreten, Vertreter der großen Adelshäuser ebenso wenig. Hinzu trat der Finanzrat (Conseil des Finances). Ihnen saß der König nicht nur theoretisch vor oder führte die entscheidende Stimme, sondern tatsächlich. In den weiteren, mit spezielleren Aufgaben betrauten Räten – etwa jenen, die für die Justitz oder die Geistlichkeit zuständig waren – war er hingegen nur symbolisch präsent. Sie wurden an seiner statt vom Kanzler geleitet. Zusammensetzung, Konturen und Konstellation der Räte änderten sich naturgemäß im Laufe der Zeit und im Lichte der Herausforderungen. An ihrer Zusammenstellung und Konturierung allein durch den König aber änderte sich nichts.39 Der Tod Mazarins war zum Teil bejubelt worden – und dies nicht allein von seinen Erben. Auch, dass der König fortan ohne Ersten Minister und also ohne allmächtigen Favoriten regieren wollte, stieß auf heftigen Beifall, gerade innerhalb der Eliten. Weithin galt dies als Rückkehr zum Normalen, zu den guten alten, angeblich erprobten und im Grunde längst vergessenen Gepflogenheiten Heinrichs IV. und Franz’ I. Denn die waren natürlich zu ihrer Zeit durchaus nicht so ideal gewesen oder als solches angesehen worden, dass dies ihre Wiederkehr dringend erforderlich gemacht hätte. Allerdings gab es auch jetzt Zweifel, ob Ludwig zu irgendeiner Alleinregierung langfristig in der Lage sein würde, ob er also über die dafür notwendige Willens- und Arbeitskraft überhaupt verfügte. Die Zweifel sollten sich allerdings rasch zerstreuen. Der Fall des Finanzministers (eigentlich „Oberintendant der Finanzen“, surintendant des Finances) führte eindringlich vor Augen, wer fortan im Zentrum der Regierungsmacht stand und wer diese auch rücksichtslos zu gebrauchen wusste. 40

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Der „Fall“ des Nicolas Fouquet bezeichnet dessen Sturz. Literatur und auch Film stellen gern Prunk und Pracht seines in der Tat gewaltigen Schlossbaus in Vaux-le-Vicomte, südwestlich von Paris gelegen, in den Mittelpunkt, die den König provoziert und zum Handeln gereizt bzw. gezwungen hätten – und also zu Fouquets Verhaftung. Das ist insofern richtig, als Sturz und Verhaftung in der Tat mittelbar auf ein Fest in Vaux-le-Vicomte folgten. Es trifft auch dahingehend, dass der König selbst zu diesem Zeitpunkt kein vergleichbares, dem Zeitgeschmack entsprechendes Bauwerk besaß und Nachsicht für übertriebene Prätentionen von Rangniederen nicht zu seinen Eigenschaften gehörte. Ansprüche, die ihnen nicht zukamen und die die seinen beeinträchtigten, würde Ludwig weder von Nicolas Fouquet dulden noch, auch dafür sollte es Beispiele geben, vom Papst oder vom König von Spanien. Tatsächlich wähnte sich der Finanzminister wohl in einer Position, in der er die Nachfolge Mazarins auf sich zukommen sah, und er ließ dies auch nach außen deutlich werden. Das waren schwerwiegende Fehler bzw. Fehleinschätzungen. Doch seinem Sturz lagen noch andere Faktoren zugrunde: Bekannt ist die persönliche Rivalität mit seinem nachgeordneten Finanzintendanten Colbert. Eine Rivalität, die persönlich motiviert war, sich aber mit abweichenden Auffassungen über die Finanzierungspraxis des Staates verband. Fouquet war im Auftrag Mazarins dafür verantwortlich gewesen, der Krone in einer jahre- bzw. jahrzehntelangen Kriegs- und Krisenzeit die dringend benötigten Geldmittel zu beschaffen. Da die herkömmlichen Quellen, Steuern und Ämterhandel, hierfür nicht ausreichten, mussten Anleihen ausgegeben, kurzfristige Kredite aufgenommen und auch noch andere, undurchsichtigere Transaktionen durchgeführt werden. Dass bei all dem der persönliche Nutzen Fouquets wie auch Mazarins gemehrt wurde, verstand sich in einer politischen Kultur wie der des französi41

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schen Barock von selbst. Im Übrigen war es dann wiederum auch der Minister, der mit seiner Reputation, seinen Verbindungen und nicht zuletzt auch mit seinem Privatvermögen den Geldgebern der Krone das notwendige Vertrauen einflößte, auf dem ein Kreditgeschäft nun einmal beruhte. Und der, auch dies wurde erwartet, zur Not dann eben in die eigenen Taschen griff, wenn es wieder einmal dringend Kapital aufzutreiben galt.40 Das Vertrauen des Königs jedoch hatte Fouquet über all dem verloren, lange vor dem Fest von Vaux. Und genau diese Krise macht sich Colbert durch gezielte Indiskretion, Halbwahrheit und Verleumdung zunutze: Sein Biograph Daniel Dessert nennt ihn deswegen programmatisch „die Giftschlange“.41 Zwangsläufig verlor Fouquet mit dem Vertrauen des Königs sein Amt und mit diesem dann allerdings auch die Freiheit. Ludwig XIV. ließ ihn nach einer gemeinsamen Arbeitssitzung festnehmen und vor ein Sondergericht stellen. Korruption und Misswirtschaft waren die Anklagepunkte. Dass Fouquet nicht auch noch den Kopf bzw. das Leben verlor, hatte er seiner energischen, geschickten und letztlich wohl nicht ganz fehlgehenden Verteidigung zu verdanken, daneben aber auch seinen Verbindungen. Gnade vom König erfuhr er nicht. Er beschloss sein Leben 1680, nach über achtzenjähriger Haft, in der Alpenfestung Pignerolo. Fouquet war ein Aufsteiger gewesen, worauf sein Motto Quo non ascendet? („Wohin mag er nicht noch steigen?“) auch anspielt, freilich recht selbstbewusst. Das Selbstbewusstsein speiste sich nicht zuletzt daraus, dass der Aufstieg an die Staatsspitze sich aus einer recht soliden Ausgangsposition heraus vollzogen hatte. Der Minister entstammte zwei bedeutenden Amtsadelsdynastien, die Vorfahren waren Richter des Pariser parlement gewesen. Mehrere seiner Kinder heirateten dann in altadelige Herzogsfamilien ein. Fouquet war also 42

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recht bald dort angelangt, wohin sein Rivale Colbert erst noch kommen musste, und das allerdings aus deutlich ungünstigerer Ausgangslage. Es war dann dieses Netzwerk, das den Fall auch der Familie Fouquet auffing und zunächst milderte bzw. ihn langfristig sogar verhinderte. Ein Enkel des Gefangenen von Pignerolo, der Marquis de Belle-Isle, sollte im 18. Jahrhundert zum bedeutenden Kriegsminister Ludwigs XV. werden. Aufstieg und Fall des Ministers Fouquet haben ganz ohne Zweifel ihre romanesken Züge. Es fehlt nicht an Ehrgeiz und Eifersucht, nicht an Triumph und Tragik, schon gar nicht an Dramatik. Dennoch ist das Ereignis, nüchtern betrachtet, eher als einer jener Favoritenstürze oder einfach Ministerwechsel zu verstehen, die einen Neuanfang markierten und die dazu auch gedacht waren. Fouquet, sein Umfeld und seine Praktiken galten als verbraucht und einer vergangenen Ära zugehörig. Die Selbstregierung Ludwigs XIV., an die der Finanzminister nicht recht hatte glauben wollen, sollte auf anderen Grundlagen errichtet werden. Für sie würde sein Konkurrent und Nachfolger verantwortlich sein, denn auf ihn setzte der König.42 Auch Jean-Baptiste Colbert war ein Aufsteiger. Kein schlichter „Bürgerlicher“ mehr, wie dies Klischees und Schulbücher zum Teil immer noch forttragen, aber doch der Spross eines recht jungen, aus der Provinz stammenden amtsadeligen Hauses. Vater und Großvater hatten zum Patriziat in Reims gehört und dort Ämter bekleidet. Der Adelsrang, mit diesen Ämtern und mit notwendigem Grundbesitz, war also tatsächlich frisch erworben, was den Gegnern des Ministers erinnerlich blieb. Am Hofe war er im Gefolge Mazarins und auch Fouquets ­emporgekommen und hatte dann, wie gesehen, über den Letzteren die Oberhand erlangt. Er sollte durch sein Organisationstalent, seine Arbeitskraft und nicht zuletzt durch seine Skrupellosigkeit eine der Zentralfiguren in der ersten Regierungshälfte Ludwigs XIV. werden. Eine Zeit, in der es ihm gelingen 43

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sollte, einen „Clan“, eine regelrechte Ministerdynastie zu begründen, die sich Macht und Einfluss unter der Krone über Jahrzehnte mit nur wenigen anderen Männern bzw. Familien teilen musste. Diese Teilung allerdings überwachte der Herrscher sorgsam.43 Mit der Beseitigung Fouquets, der Beförderung Colberts, traf Ludwig also weitreichende personelle, aber auch strukturelle Entscheidungen. Denn die Nachfolge Colberts als „Finanzminister“ vollzog sich unter veränderten Bedingungen. Amt und Titel des Oberintendanten fielen weg und wurden ersetzt durch die eines Generalkontrolleurs, der weniger frei walten konnte, da er an den neu gegründeten Conseil des Finances gebunden war und damit nicht zuletzt an die Neuerung, dass in diesem Rat allein der König das Zeichnungsrecht für Zahlungsanweisungen besaß. Dass es trotz allem nicht gelingen sollte, Finanzverfassung und Finanzlage der Krone nachhaltig zu verbessern, hatte seine Gründe in den politischen Prioritäten, die die Krone – und also der König – in den kommenden Jahren und Jahrzehnten entwickelte. Reformen im Inneren sollten nur noch sehr bedingt dazugehören.

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II. Wege zum frühen Ruhm − Krieg und Politik bis zum Nimweger Frieden Grundlagen

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as 1966 erschienene Buch des Sozialhistorikers Pierre Goubert, „Louis XIV et vingt millions de Français“,1 ist einer der Marksteine der französischen Geschichtswissenschaft des 20. Jahrhunderts. Es brachte zwei zentrale Änderungen in der Perspektive auf den „Großen König“: Wesentlich war bereits, dass sich Goubert seinem „Helden“ bzw. dem Thema nicht mehr mit der bis dahin üblichen Unterwürfigkeit näherte. Er hinterfragte Motive und benannte Fehler. ­Zuweilen fällte er harsche Urteile. Noch wichtiger aber – kritische Stimmen gab es immerhin seit jeher in anderen Sprachen als dem Französischen – war vielleicht, dass Goubert Ludwig XIV. in unmittelbare Beziehung setzte zu dem von ihm regierten Land und zu den „20 Millionen Franzosen“, die es ausmachten. Ohne sie hätte es den „Großen“ bzw. den „Größten aller Könige“ schlechterdings nicht gegeben. Der wichtigste Hinweis steckte dabei bereits im Titel: Demographisch war Frankreich ein Riese unter den europäischen Mächten. Die Einwohnerzahl Spaniens lag am Ende des 17. Jahrhunderts unter 8 Millionen, die Englands unter 6 Millionen, die Schwedens oder der Niederlande bei 2 Millionen. Das römisch-deutsche Reich besaß nach dem Dreißigjährigen 45

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Krieg wohl noch etwa 16 bis 17 Millionen Einwohner, die ­allerdings bekanntlich nicht allein dem Kaiser Gehorsam schuldeten. Die Einwohnerzahl der kaiserlichen Erblande und -königreiche lag, für sich genommen, wohl zwischen jener Englands und der Spaniens. Für ihren König bedeuteten diese 20 Millionen Franzosen die wichtigste aller Ressourcen. Die Zahl selbst ist dabei nicht einmal besonders genau, denn sie wurde erst im Laufe von Ludwigs Regierungszeit durch Ausdehnung der französischen Grenzen erreicht. Gouberts Buch hat sie allerdings emblematisch gemacht. Doch auch das Frankreich von 1650 zählte bereits ebenso viele Menschen – 17 Millionen – wie das erheblich größere römisch-deutsche Reich. Die hohe Bevölkerungszahl resultierte aus den vergleichsweise vorteilhaften Bedingungen eines meist fruchtbaren, vielfältigen Agrarlandes. Île de France, Burgund, die Normandie, auch große Teile des Südens waren einigermaßen prosperierende Regionen. Die großen Hafenstädte an der Küste strahlten auf ihr Umland aus. Verkehrswege waren unzulänglich, aber weniger unzulänglich als anderwärts. Und doch sollte dies kein uneingeschränkt vorteilhaftes Bild erzeugen: Die Lebensbedingungen der Landbevölkerung waren natürlich allermeist mäßig bis miserabel, die Wirtschaftsmethoden rückständig. Hungerkrisen zeigten sich immer wieder und forderten einen hohen Tribut, wenn sie auch nie das Land im Ganzen erfassten. Wohlstand und ökonomischer Fortschritt waren in jener Zeit nicht in Frankreich zuhause, sondern in den Niederlanden. Metalle und Waffen mussten zum Großteil von jenseits der Grenzen eingeführt werden, denn Bergbau und Montanwirtschaft gab es im Königreich kaum. Überseeische Unternehmungen waren in unregelmäßiger Folge eingeschlafen, gescheitert oder hatten nur zu bescheidenen Ergebnissen geführt – etwa in Kanada –, die dem Mutterland nicht wirklich Gewinn brachten. Und doch war das relativ dicht 46

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besiedelte, relativ gut erschlossene, fruchtbare Land Frankreich eine Kraftquelle erster Ordnung. Es sollte auch höchsten Belastungen standhalten – wie eben der Herrschaft Ludwigs XIV.2 Regiert wurde das Land vom Prinzip her und in der Tiefe gleichfalls recht traditionell. Die „Zentralisierung“ Richelieus und das Scheitern der Fronde hatten der hochadeligen Autonomie die Grundlage entzogen, den Ambitionen der amtsadeligen Richter die Spitze genommen, doch ohne oder gar gegen den Adel war das Land schlechterdings nicht zu regieren. Auch städtische Autonomien bestanden fort – in bescheidenerem Umfang freilich als etwa im römisch-deutschen Reich – und erhebliche Unterschiede zwischen den Provinzen blieben bestehen: Es gab Provinzen, die eigene Ständeversammlungen besaßen, mit denen der Monarch seine Forderungen – etwa die nach Steuern – auszuhandeln hatte, es gab Provinzen, die zwar über keine Ständeversammlung, aber über ein eigenes parlement verfügten, mit dem die Krone gleichfalls rechnen musste, denn die Pariser Jurisdiktion erstreckte sich keineswegs über ganz Frankreich. Und es gab Provinzen, die das alles nicht hatten, wodurch sie aber nicht zwangsläufig leichter zu regieren waren. In jedem Fall mussten königliche Entscheidungen, Forderungen, Gesetze vor Ort von den lokalen Instanzen durchgesetzt werden. Im Normalfall waren das Adel, Amtsträger und städtische Patriziate, auch die Kirche wäre nicht zu vergessen.3 Adel und Patriziate bzw. Adel und Beamtenschaft lassen sich dabei noch viel weniger klar trennen, als dies etwa im deutschen Raum der Fall war, d. h. im Grunde gar nicht. Zwangsläufig besetzte die städtische Oberschicht die vor Ort und in dessen Umkreis jeweils verfügbaren Ämter, es mochten städtische oder königliche sein. Die meisten dieser Ämter – zumal der königlichen – waren nun erstens Kaufämter, d. h. sie gingen ins Eigentum des Erwerbers über, der damit auch 47

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nicht mehr absetzbar war. Sie konnten i.d.R. mit geringem Aufwand vererbt werden, d. h. gegen eine Gebühr. Und sie erhoben zweitens den Erwerber oder doch dessen Erben in den Adelsstand. Die Inhaber bildeten den sogenannten Amtsadel, der vom qua Geblüt legitimierten Schwertadel zwar oft geschmäht, ebenso oft aber auch geheiratet wurde, und der sich diesem in vielem anzugleichen suchte, etwa in Lebensführung und Selbststilisierung. Oder der dafür zumindest dessen Elite in den Blick nahm, denn geringer, verarmter Landadel wurde weder am Hof noch in der Stadt sonderlich ernst genommen. Die Spitzen des Amtsadels hingegen verfügten gerade in der Hauptstadt Paris über erhebliches soziales wie auch politisches Gewicht.4 Diese Amtsträger waren nun, ebenso wie der landgesessene Schwertadel, ausführende Organe der königlichen Zentralgewalt, noch mehr aber deren Herrschaftspartner, denn ohne ihre Mitwirkung gab es kaum Durchgriffsmöglichkeiten. Und Sanktionsmöglichkeiten ihnen gegenüber gab es gleichfalls nur wenige. Dafür sorgte der Eigentumscharakter der Kaufämter. Hiermit musste auch Ludwig XIV. rechnen – und dies in doppelter Hinsicht: Der Ämterhandel war eine der Haupteinnahmequellen der Krone und er sollte es bleiben. Neben diese traditionellen Amtsträger trat freilich im 17. Jahrhundert ein Beamter neuen Typs: der eines nur seinem Auftrag und Auftraggeber verpflichteten „Kommissars“, aus fürstlicher Machtvollkommenheit nominiert und natürlich dementsprechend auch wieder abberufbar. Dieser sollte gerade unter Ludwigs Herrschaft großes Gewicht erlangen. Seine Etablierung war allerdings ein allmählicher Prozess, und quantitativ handelte es sich um eine vergleichsweise kleine Gruppe. Die Abhängigkeit der Krone von Amtsträgern und Ämterhandel relativierten Kommissare bzw. Intendanten also nur in Maßen.5 48

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Auch die Finanzverfassung des Staates war verwickelt, weder von Effizienz noch von Rationalität bestimmt. Zwar überwogen die Einkünfte des Königs von Frankreich die seiner jeweiligen Nachbarn und Gegner deutlich. 20 Millionen Franzosen (oder auch nur 17 …) produzierten mehr Güter, zahlten mehr Steuern und Abgaben als 8 Millionen Spanier oder 6 Millionen Engländer. Auch waren die Steuern hier leichter auszuschreiben als unter anderen Kronen. Nur in den Provinzen mit eigener Ständeversammlung bedurfte es dafür Verhandlungen, in den übrigen konnte der Souverän seine Forderungen ohne weitere Abstimmung erheben, ganz und gar aus eigenem Recht. Allerdings machte das das Eintreiben nicht leichter, denn Steuern, die in einem ständischen Verhandlungsprozess bewilligt waren, besaßen eine höhere Legitimität als jene, die ein solches Verfahren nicht durchlaufen hatten. Die „Steuerfreudigkeit“ der Bürger hing durchaus davon ab. Natürlich gab es auch unterschiedliche Steuerregime für die Provinzen – direkte Kopfsteuern und indirekte Abgaben. Natürlich gab es unendliche Ausnahmen – namentlich, wenn auch nur in begrenztem Maße, für Adel und Kirche. Und dass das eigentliche Eintreiben bzw. Abliefern des Geldes ineffektiv, unzuverlässig und zeitraubend verlief, versteht sich gleichfalls von selbst.6 Damit „Staat zu machen“, den frühneuzeitlichen Kriegs- und Machtstaat aufzubauen, war nicht einfach.7 Und doch boten sich hier dem König von Frankreich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts andere Möglichkeiten als etwa dem König von Schweden oder dem römisch-deutschen Kaiser, deren Mittel weitaus bescheidener waren. Der König von Spanien war nach 1659 kein Konkurrent mehr, der König von England war noch keiner – er hatte ja überhaupt erst 1660 seinen Thron wiedererlangt. Allerdings gab es natürlich noch die Niederländische Republik, mochte deren Bevölkerung auch nur ein Zehntel der französi49

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schen ausmachen. Die wirtschaftliche und finanzielle Basis dieses Konkurrenten sollte sich bald als beachtlich erweisen.8

Erste Schritte – Ludwig XIV. im Heiligen Römischen Reich Erste Schritte auf der außenpolitischen Bühne hatte Ludwig vor 1661 nicht nur in Richtung auf Spanien unternommen, in Gestalt des Treffens mit seinem Schwiegervater Philipp IV. und der Hochzeitsfeier von Saint-Jean-de-Luz, sondern auch in Richtung auf das römisch-deutsche Reich, wenngleich hier nicht als Person, sondern eher als diplomatischer Schatten. 1657 war Kaiser Ferdinand III. gestorben. Da sein gewählter Nachfolger ihm bereits drei Jahre zuvor in den Tod vorangegangen war, ließ dies den Kaiserthron vakant werden. Für die französische Politik unter Mazarin ging es in dieser Situation nun darum, einen möglichen nicht-habsburgischen Kandidaten zu finden bzw. zu mobilisieren, etwa den Kurfürsten von Bayern. Auch eine eventuelle Kandidatur Ludwigs XIV. selbst wurde erwogen, allerdings nicht wirklich betrieben. Mazarin und der König begaben sich nach Metz, um die Kommunikation mit den Frankfurter Wahlhandlungen zu erleichtern. Als Garant des Westfälischen Friedens und damit der Reichsverfassung war Frankreich dort mit einem Gesandten vertreten. Weiter als bis Metz führte dieser Weg König und Kardinal aber nicht. Als einzig plausibler Kandidat erwies sich letztlich der erst achtzehnjährige Erzherzog Leopold, König von Ungarn und Böhmen, der überlebende jüngere Sohn des verstorbenen Kaisers. Der Münchner Wittelsbacher kandidierte nicht gegen Tradition, habsburgische Macht und die dem habsburgischen Kandidaten zuneigende Mehrheit der Kurfürsten. Ludwig XIV. 50

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hielt es sinnvollerweise ebenso. Eine offene, unsichere Wahl, die Gefahr der Niederlage galten völlig zu Recht als nicht hinnehmbar. Die Wahl selbst war aus Sicht eines Erbmonarchen bereits ein zweifelhafter Vorgang. Und ohnehin wäre eine solche französisch-deutsche Personalunion keineswegs allein Chance gewesen, sondern sehr viel mehr Risiko. Die französische Diplomatie begnügte sich letztlich damit, die Kurfürsten darin zu ermuntern, dem Kaiser eine sehr weitgehende Wahlkapitulation abzuverlangen. Als schriftliches Wahlversprechen mit Verfassungsrang war sie dazu bestimmt, Leopolds politische Möglichkeiten im Reich allgemein zu begrenzen und außerdem das Reich selbst gegen die dynastische Allianz von Madrid und Wien in Stellung zu bringen: Jede direkte militärische Unternehmung des Kaisers zugunsten Spaniens wurde – wie schon 1648 im Westfälischen Frieden – explizit und dauerhaft ausgeschlossen.9 Zumindest die Durchsetzung dieser Position war bis auf Weiteres ein erfolgreiches Manöver. Es hielt den Kaiser aus dem Reich heraus. Wichtiger noch war ein anderer Erfolg der französischen Politik: die gemeinsam mit dem Kurfürsten von Mainz betriebene Gründung des 1. Rheinbundes. Dieser vereinigte zahl­ reiche bedeutende wie unbedeutende Reichsfürsten zum gegenseitigen Schutz, was verfassungsgeschichtlich für sich ­genommen nichts Neues war. – „Bünde“, „Ligen“, „Einungen“ dieser Art hatte es im Reich seit jeher gegeben.10 Hanse und Schwäbischer Bund vor der Reformation, Protestantische Union und Katholische Liga danach sind nur die bekanntesten. – Hier aber waren es sowohl evangelische wie katholische Fürsten, die sich miteinander verbunden hatten. Das bedeutete nun sehr wohl etwas Neues, und es besaß ein merklich stabilisierendes Element für die sich gerade erst wieder entwickelnde mehrkonfessionelle politische Kultur „nach 1648“. Auch, dass der König von Frankreich als auswärtiger Bündnis51

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partner bzw. als Protektor des Bundes auftrat, war neu. 1658 konnte, ja musste auch dies als ein stabilisierendes Element gelten. Der Rheinbund überbrückte die Konfessionsspaltung, integrierte Frankreich ins Reich und balancierte die Macht des neuen Kaisers aus. Ludwig war also 1658 nicht Kaiser geworden, worauf Mazarin wohl letztlich auch gar nicht ernsthaft gerechnet hatte, aber doch Gegenkaiser. Eine Flugschrift pries ihn als „Befästiger der Christenheit“, „stätige(n) Feind des Mahometischen Reiches“, „tägliche(n) Erhalter des Teutschen Friedens“.11 Das Neben- und von Anfang an auch Gegeneinander Ludwigs XIV. und Leopolds I. sollte im Übrigen die Konstante der folgenden Jahrzehnte werden, wenn auch in anderer Weise, als sich dies zunächst anzubahnen schien. Doch den Höhepunkt von Ludwigs Einfluss und Geltung im Reich markierte erst das Jahr 1664. Im Jahr zuvor war in Ungarn der Krieg mit den Osmanen wieder ausgebrochen. Ein großes, an die 100 000 Mann starkes osmanisches Invasionsheer hatte Neuhäusel erobert, eine strategisch wichtige Festung im Norden der Donauebene, und es schickte sich an, noch sehr viel weiter vorzustoßen. Der Kaiser, dessen Kräfte weit unterlegen waren, hatte die Reichsstände um Hilfe ersucht und sie auch erhalten: Die Kontingente der Reichsfürsten verstärkten das kaiserliche Heer. Es waren freilich nicht nur die der Reichsfürsten. Auch der Rheinbund – unter Ludwigs Protektorat – trat auf, vereinigte, zum Missfallen Wiens, die Truppen seiner Mitglieder und komplettierte sie um ein nicht unerhebliches französisches Kontingent. Dieses Heer des Rheinbunds agierte neben dem des Kaisers und den Einheiten der übrigen Reichsfürsten als eine von drei Komponenten der christlichen Armee. Die Konstruktion bot Anlass zu Rang- und Kompetenzstreitigkeiten, doch verhinderten diese nicht, dass das Koalitionsheer am 1. August 1664 unter dem Oberbefehl des kaiserlichen Generals Montecuccoli bei 52

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St. Gotthard an der Raab einen großen Sieg über die Osmanen erfechten konnte: Es war der erste Erfolg dieser Art, dieses Ausmaßes, zu Lande, also in offener Feldschlacht. Mit ihm begann die mitteleuropäische „Türkenfurcht“, die Angst vor den überlegenen Kräften der Osmanen, allmählich zu schwinden. Der Krieg wurde dann aber rasch zu einem Ende gebracht. Dem Kaiser lag mehr an Stabilität als an dem Wagnis eines weiteren Feldzuges – zumal, da französische Truppen und Bündnispartner mitten in seinen Erblanden standen. Die Osmanen waren ohnehin von der Niederlage ernüchtert. Beide Seiten kamen überein, den Konflikt abzubrechen und es dabei zu belassen, dass jeder das besaß, was er besaß. Für den Kaiser bedeutete das durchaus ein paar schmerzliche Verluste.12 Der Sieg von 1664 wurde also politisch nicht weiter ausgenutzt. Selbstverständlich aber floss er ein in die kaiserliche Selbstdarstellung: Leopold I. ließ sich zum neuen Herkules ausrufen (bzw. ausmalen …), der über die türkische Hydra triumphierte. Und nicht minder selbstverständlich floss er auch ein in die Selbstdarstellung Ludwigs XIV. Er hatte dem Kaiser beigestanden, ihn, das Reich, das Christentum mannhaft und uneigennützig verteidigt. Er war der eigentliche Sieger – zumindest von Fontainebleau und dann Versailles aus gesehen, wo das Motiv der Schlacht von St. Gotthard in zahlreichen Varianten Glaube wie Größe des Königs illustrierte.13 Ein würdiger Erbe Ludwigs des Heiligen, so die Botschaft. Und im Grunde der wahre Schutzherr der westlichen Christenheit, anstelle jenes Kaisers, der bloß gewählt war und nur den Schein der Macht besaß, dessen Ressourcen es mit denen Frankreichs nicht aufnehmen konnten und der noch nicht einmal selbst ins Feld ziehen mochte.14

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„Nicht nur das Recht, sondern die Pflicht der Könige“ – Der erste Krieg, 1667/68 Der niederländische Staatsmann Johan de Witt sah 1664 schwere Zeiten voraus, für sein Land wie für Europa. Und die Ursache der Schwierigkeiten schien ihm in Frankreich zu liegen oder, genauer gesagt, beim König von Frankreich. Das Land, so formulierte de Witt, habe einen jungen, sechsundzwanzigjährigen Herrscher, der an Körper wie Geist gesund sei und kraftvoll. Der Autorität habe und den Willen, sie geltend zu machen. Der ein Land regiere, das von einer kriegerischen Nation bewohnt sei und das große Reichtümer besitze. Dieser König müsste schon eine ganz ungewöhnliche, ans geradezu Wunderbare grenzende Mäßigung zeigen, wenn er jenen Ehrgeiz von sich weisen würde, der doch jedem König eigen sei, nämlich den, die Grenzen seiner Länder zu erweitern.15 Die Äußerung findet sich in einem Memorandum, das für die Versammlung der Generalstaaten bestimmt war. Sie muss weder als verwegen noch als vermessen gelten. Denn de Witts Analyse traf ganz und gar zu: Frankreich war in der Mitte der 1660er-Jahre tatsächlich in besserer Verfassung als alle Nachbarn und Rivalen. Es hatte den Dreißigjährigen Krieg siegreich bestritten und dann in der direkten Auseinandersetzung mit Spanien die Oberhand gewonnen. Der Pyrenäenfriede hatte gezeigt, dass es nunmehr die Vormacht Europas war. Die königliche Armee war in jenen Jahren zeitweise auf die zuvor nie gekannte Stärke von 150 000 Mann angewachsen. Denn 20 Millionen Franzosen (oder 17 …) konnten inzwischen auch mehr Soldaten stellen und ausrüsten als ihre Nachbarn. Und anders als in früheren Zeiten war es nun tatsächlich eine Armee allein des Königs: direkt und nur ihm verpflichtet, befreit vom Einfluss hochadeliger Größen, die ihre Gefolgsleute 54

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(nach ihrem Belieben) dem König zur Verfügung stellten – oder eben auch nicht.16 Der Blick auf den König, auf Ludwig XIV. selbst, war ­gleichfalls nur allzu treffend: Von hohem Selbstgefühl, durchdrungen von seinem Rang und dem seines Hauses bzw. der fran­zösischen Krone, im vollen Bewusstsein der Mittel, die Frankreich besaß, sah er sich an der Spitze der europäischen Fürstengesellschaft. – Er hatte die Fronde bezwungen, in Deutschland den Frieden verbürgt, gegen die Türken den Sieg garantiert. Und als seit 1661 selbstregierender Fürst sollte er, wie de Witt richtig vorhergesagt hatte, nun sehr viel stärker als jeder Erste Minister oder aber als die Vertreter eines republikanischen Staatswesens die Verpflichtung verspüren, sich auch darüber hinaus in der Welt einen Namen zu machen, also seiner Krone Respekt, seinen „gerechten Forderungen“ Nachdruck zu verschaffen – und dies alles, wie sich verstand, im Zweifel durch die Gewalt der Waffen. Daran, dass Ludwig zum Krieg bereit war, gab es wenig Zweifel. Ebenso wenig daran, dass er selbst ins Feld ziehen würde. Zugrunde lag dieser spezifisch monarchischen „Bellizität“, d. h. der Bereitschaft eines Fürsten, zu den Waffen zu greifen (oder vielmehr der bereitwilligen Annahme, dieser Griff sei unabweisbar), natürlich das zeitgenössische Herrscherbild. Der König hatte von alters her zwei grundlegende Funktionen: Recht zu sprechen und Schutz zu gewähren. Wehrhaftigkeit war dem Herrscheramt eingeschrieben. Hinzu traten die Gebote der Ehre bzw. der Kampf um Reputation. Wollte der Monarch seinem Amt und dem gern angeführten Vorbild der Vorfahren gerecht werden, hatte er seine Stellung in der Welt zu wahren und nach Möglichkeit zu mehren: d. h. seinen Platz im andauernden Konkurrenzkampf der europäischen Fürsten. Schwäche gestattete dies eigentlich nicht, Nachlassen wurde mit Missachtung gestraft bzw. mit Forde55

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rungen nach weiterem Zurückweichen. Spanien war eben im Begriff, das zu erfahren. Ein Fürst konnte nicht darauf verzichten, „gerechte“ Ansprüche auf Land, Rang oder Titel zu vertreten und dies eben im Zweifel auch mit den Waffen, wollte er nicht seine Reputation beschädigen. Er hätte dadurch gleichsam Vorfahren wie Nachkommen verraten. Duldsamkeit war in dieser Logik nichts anderes als die Tugend der Gescheiterten. Außerdem galt für den Fürsten das Gleiche wie für die europäische Adelsgesellschaft in ihrer Gesamtheit: Man bewies sich in der Welt als Individuum vor allem in den Waffen. Und dies umso nötiger, als Rolle, Amt und Stand es forderten. Turniere mochten aus der Mode gekommen sein, Duelle waren es nicht, und Kriegsteilnahme war es schon gar nicht. Es galt für den Einzelnen, kriegerische Fähigkeiten zu zeigen, vor allem aber Mut und Todesverachtung. Tapferkeit, gar Verwegenheit und Entschlusskraft brachten Ruhm ein – gloire. Für vorsichtige Manövrierkunst galt das nur bedingt. Verhandlungsgeschick rangierte in einer anderen Kategorie. Ruhm aber war die Währung, nach der sich der Wert eines Mannes bemaß, wenn er denn „von Stand“ war, und also erst recht der eines Fürsten. Auch das Männlichkeitsideal der Zeit hatte hier seinen Platz. In einer solchen Perspektive also war der Krieg tatsächlich nicht so sehr das Recht, sondern er war die Pflicht der Könige, wie Ludwig XIV. dies in seinen „Memoiren“ erklärte.17 Dass seine Herrschaft eine kriegerische werden würde, ­entschied sich nun zur Mitte der 1660er-Jahre. 1665 starb ­Philipp IV. von Spanien, Ludwigs Onkel und Schwiegervater. Er hinterließ, das ist bereits angesprochen worden, ein geschwächtes Reich und einen minderjährigen Thronfolger von gleichfalls schwacher Gesundheit. Direkte Erbansprüche resultierten hieraus für die französische Krone noch nicht, der Vor56

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rang der männlichen Thronfolge stand außer Zweifel. Freilich war eine komplexe, aus völlig verschiedenen Teilen zusammengesetzte Monarchie wie die der spanischen Habsburger weder politisch noch rechtlich ein einziger Block. Für die spanischen Kronen – Kastilien, Navaronna und Aragon – galten eigene Regeln, für die italienischen Besitzungen ebenso und für die südlichen Niederlande natürlich nicht minder, zumal auch diese wiederum aus mehreren Einzelherrschaften zusammengesetzt waren. Im wichtigsten dieser Territorien, dem Herzogtum Brabant, hatten französische Kronjuristen nun ein privates Erbrecht entdeckt, das die ältere Tochter eines Erblassers gegenüber ihren jüngeren Brüdern begünstigte. Hierauf, auf dieses sogenannte Devolutionsrecht, gründete Ludwig im Namen seiner Frau territoriale Ansprüche und Forderungen. Der 1659 aus­gesprochene pauschale Erbverzicht sei im Übrigen ungültig, da die als Gegenleistung hierfür aufzufassende Mitgift nie gezahlt worden war. Das Letztere war zweifellos zutreffend. Das Erstere, die erbrechtliche Argumentation, allerdings war fragwürdig. Ludwig, so ließ sich entgegnen, erhob seine Forderungen nämlich nicht als Privatmann, sondern als Souverän. Er wollte Brabanter Land nicht als Herr von Beersel, Dilbeek oder Kampenhout besitzen – als Beispiele für beliebige Adelsgüter –, sondern das Herzogtum im Ganzen, als Landesherr. Und er wollte das beanspruchte Territorium mit Frankreich verbinden. Ein Privatrecht konnte dafür umso weniger die Grundlage sein, als das im Lande gültige Lehnsrecht und damit der Herzogstitel keinen weiblichen Erbgang kannten. Ansprüche hätten sich also nur darauf beziehen können, was Philipp IV. in Brabant als „Privatmann“ besessen haben mochte, nicht als König bzw. Herzog – und das war nicht feststellbar, die Aufspaltung gar nicht vorstellbar. Rein juristisch war das Problem im Grunde weder zu lösen noch überhaupt zu fassen. 57

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Doch lag dort, wie meist, auch gar nicht der entscheidende Punkt. Denn die „Devolution“, die dem Krieg den Namen geben sollte, war natürlich nur ein Vorwand und als solcher ohne Weiteres erkennbar. Der kaiserliche Diplomat Franz Paul von Lisola verfasste einen ebenso sarkastischen wie wirksamen Kommentar.18 Entscheidend war stattdessen vielmehr, dass Ludwig XIV. meinte, es seiner Ehre zu schulden, die vagen Ansprüche seiner Gemahlin zu vertreten, über die niemand anders als er selbst richten konnte. Und er sah die Gelegenheit, mit einem siegreichen Waffengang jenen Ruhm zu erwerben, dessen er in seiner Position bedurfte. Ludwig brauchte den Krieg zur Bestätigung seines Ranges und auch seiner selbst: Gott hatte ihn als König über Frankreich eingesetzt, damit er etwas daraus machte. Dass das militärisch wie politisch geschwächte, finanziell ausgeblutete Spanien zu effektiver Gegenwehr nicht in der Lage sein würde, war allen Beteiligten klar, was den französischen Entschluss zum Krieg natürlich eher verstärkte als abschwächte. Nur scheinbar im Gegensatz zu dieser Haltung stand die in ihrer Selbsteinschätzung defensive Motivation der jetzt einsetzenden französischen Expansionspolitik. Frankreich hatte sich seit den Tagen Karls V. von Spanien und dem Haus Habsburg eingekreist gesehen: Nord- und Ostfrankreich hatten mehr als einmal spanischen Invasionen offen­ gestanden. Wiederholungen wollte man nun ausschließen, ein für alle Mal. Und man wusste jetzt, dass man es konnte.19 Es ist entbehrlich, den militärischen Fortgang des Konflikts im Einzelnen zu verfolgen. Im Sommer 1667 rückten französische Truppen, der König mit ihnen, in die Spanischen Niederlande und die zu Spanien gehörende Freigrafschaft Burgund (Franche Comté) ein. Zu Feldschlachten kam es nicht. Frankreich verfügte über eine Armee von 130 000 Mann, Spanien hatte dem nichts entgegenzusetzen. Die spanischen 58

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Kräfte reichten lediglich dazu aus, Festungen und Städte im Land notdürftig zu verteidigen. Doch auch in der Belagerungskunst war die französische Armee überlegen. Zahlreiche kleinere Plätze vor allem in Flandern wurden rasch zur Übergabe gezwungen, ebenso die große Festung Lille (niederl. Rijssel). Die gesamte Franche Comté fiel innerhalb von nur drei Wochen in französische Hände. Es schien eine Frage der Zeit zu sein, wann Gent, Brüssel, Luxemburg – der Rest der Spanischen Niederlande – folgen würden. Dass dies dann freilich nicht geschah, hatte keine militärischen Gründe, sondern politische, und zwar solche, die weit in die Zukunft wiesen. Denn Ludwigs Vorgehen, die Leichtigkeit seiner Erfolge bzw. der absehbare Zusammenbruch der spanischen Position riefen die nördlichen Nachbarn auf den Plan.20 Die Republik der Niederlande war zwar bis dahin ein tra­ ditioneller Partner der französischen Krone gewesen, doch rührte diese Partnerschaft aus dem gemeinsamen Gegensatz zu Spanien. Für Frankreich war Spanien in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und besonders während der Religionskriege eine Bedrohung gewesen; die Republik hatte sich in dieser Zeit erst ihre Unabhängigkeit von spanischer Souveränität erkämpfen müssen. Schon im Westfälischen Frieden hatten sich die Vorzeichen aber geändert: Die Niederländer schlossen Frieden mit Philipp IV., verließen das Bündnis mit Frankreich. Eine geschwächte spanische Krone als Nachbar verbürgte mehr Sicherheit als die aufsteigende französische. Man wollte, wie ein zeitgenössisches Sprichwort sagte, Frankreich zwar als Freund, nicht aber als Nachbarn (Gallus amicus, sed non vicinus). 1667 trat das Problem dann mit neuer Aktualität hervor, und die Führung der Republik reagierte umgehend. Ein Seekrieg mit England wurde beendet, das Bündnis mit dem ehemaligen Gegner gesucht und ebenso das mit Schweden. Die so formierte Dreierallianz (Triplealliance) 59

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wollte den Konflikt durch Vermittlung beenden, d. h. durch Beendigung der französischen Expansion: Die Spanier sollten den Franzosen territoriale Zugeständnisse machen, Frankreich im Gegenzug von weiteren Forderungen absehen. Andernfalls würden die Verbündeten zugunsten Spaniens aktiv in den Konflikt eingreifen. Auf einen längeren Krieg gegen weitere Gegner war Ludwig XIV. zu diesem Zeitpunkt nicht vorbereitet. Er beugte sich daher der Vermittlung bzw. der – wie er es sah – Erpressung. Der Friede von Aachen im Frühjahr 1668 sprach Frankreich einige wichtige Städte und Festungen zu – etwa in Flandern das schon genannte Lille sowie Courtrai und Tournai, im Hennegau Charleroi, Ath und Binche –, er bewahrte aber die Spanischen Niederlande in ihrer Substanz. Dass es bei diesem Ergebnis nicht bleiben würde, zeichnete sich freilich sehr schnell ab. Denn für den Rest des 17. Jahrhunderts und für den Anfang des 18. mutierte fortan die Republik der Niederlande zum neuen „Erbfeind“ der Krone Frankreich – bis dahin war es natürlich Spanien gewesen.21 Fortschritte, weitere Erwerbungen über den Aachener Frieden hinaus, wurden ein selbstverständliches Ziel. Denn Wohlfahrt des Landes, Ehre der Krone und Ruhm des Herrschers erforderten sie zwingend. In der Realität, d. h. in der realen Wirksamkeit mochte die Reihenfolge der Faktoren eine andere gewesen sein.

Der Holländische Krieg und der Gipfel des Ruhmes Ludwig XIV. sah sich 1668 von den Niederländern herausgefordert und beleidigt. Er betrachtete sie als frühere Klienten, ehemals abhängige Verbündete seiner Krone, denen im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert nur die französische Unterstüt60

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zung in ihrem Aufstand gegen Spanien das Überleben gesichert hatte. „Ihre wichtigste Stütze hatte in meiner Freundschaft bestanden.“ – So der König in seinen Memoiren.22 Schon 1648 war ihr Verhalten undankbar gewesen, da ihr Sonderfrieden mit Spanien Frankreich allein im Kampf zurückließ. Nun war es beleidigend geworden. Die Kaufmannsrepublik, die in der Weltordnung weit unterhalb des französischen Thrones angesiedelt war, hatte sich erdreistet, dem ersten Monarchen der Christenheit in den Arm zu fallen, seine gerechten Forderungen zu hintertreiben und sich dessen auch noch öffentlich zu rühmen. – Auf die Friedensvermittlung von ­ ­Aachen waren Münzen geschlagen worden. – Hier die Ordnung wiederherzustellen, den Rang bzw. den Vorrang des Königs zu sichern und Wiederholungen vorzubeugen, schien dringend geboten. Auch wirtschaftliche, selbst religiöse Gründe ließen sich für einen weiteren Waffengang im Norden geltend machen; sie wurden freilich nicht entscheidend. Dass der Krieg kommen würde, stand also früh fest. Im Grunde wäre Ludwig 1668 am liebsten weiter nach Norden marschiert, um die Niederländer für ihren Hochmut zu strafen.23 Die vier Jahre zwischen dem Frieden von Aachen und dem Ausbruch des Holländischen Krieges dienten dann aber der Vorbereitung. Die Armee musste vergrößert, finanzielle Ressourcen mussten mobilisiert und bereitgestellt werden. Auch Verbündete galt es zu gewinnen. Ziel des Unternehmens sollte sein, die Niederlande zu territorialen wie wirtschaftlichen Konzessionen zu zwingen, sie damit zu einem abhängigen Klientelstaat zu machen, bzw. – in Ludwigs Weltsicht – sie wieder dazu zu machen. Damit verband sich die Erwartung, dass auch die südlichen, die Spanischen Niederlande eher über kurz als lang unter französische Souveränität kommen müssten. Dass ihre Existenz allein noch an der Macht der Republik hing, hatte man 1668 gesehen. 61

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Die Vorbereitungen gelangen recht gut. Der von Colbert verwaltete Staatsschatz füllte sich zumindest so weit, dass ein neuerlicher Krieg möglich wurde. Die verglichen mit ihren Konkurrenten hochgradig professionelle französische Diplomatie stellte Bündnisbeziehungen zu mehreren deutschen Reichsfürsten her: Köln, Münster, Hannover und Bayern, wobei die beiden Letzteren keine aktive Waffenhilfe versprachen, sondern nur politische Unterstützung. Finanzen und Diplomatie standen im Übrigen in einer sehr engen Wechselbeziehung, da die französischen Diplomaten die deutschen Fürsten nicht zuletzt mit der Aussicht auf Hilfs­ gelder (Subsidien) für die Sache ihres Königs gewannen – Gelder, mit denen diese dann ihre bewaffnete Macht finanzieren konnten.24 Zumindest Ähnliches galt auch für zwei nichtdeutsche Fürsten, nämlich für die Könige von England und Schweden. Beide waren zwar noch 1668 an der Seite der Niederländer gegen Frankreich aufgetreten, doch Perspektivenwechsel und die Aussicht auf Vorteile zulasten der Republik ließen das Bündnis mit Frankreich attraktiver erscheinen. Französische Finanzhilfen taten ein Übriges. – Die geringe Verlässlichkeit von Bündnisbeziehungen wurde zum Strukturmerkmal der europäischen Politik zwischen Westfälischem Frieden und Französischer Revolution. Die französische Armee, nach dem Friedensschluss von 1668 vorübergehend verkleinert, fand sich bald wieder auf den Kriegsstand von 120 000 Mann gebracht; 1672, im Jahr des neuerlichen Kriegsausbruchs, sollten es an die 150 000 sein, 1674 über 200 000.25 Vor allem aber gab es eine gewaltige Aufrüstung zur See. Die französische Kriegsmarine wurde zur mächtigsten in Europa. Seit 1670 verfügte sie über mehr als 100 große, mit mehreren Geschützdecks versehene Linienschiffe. England wie auch die Niederlande fielen bald deutlich 62

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Le Passage du Rhin. Der König führt seine Truppen über den Rhein – jedenfalls auf dem Bild von Adam Frans van der Meulen (nach 1672).

dahinter zurück. Für eine See- und Handelsmacht wie die Niederländische Republik musste das höchst bedrohlich sein.26 Der entscheidende Schlag sollte allerdings über Land geführt werden, um den Gegner sozusagen unmittelbar und ins Mark zu treffen. Im Mai 1672 war es so weit: Drei französische Heersäulen durchquerten die Spanischen Niederlande, verschiedene Reichsterritorien und rückten in das Gebiet der Republik ein. Der Bischof von Münster belagerte Groningen. Die Erfolge waren zunächst umfassend. Das Szenario des Devolutionskrieges schien sich zu wiederholen, denn das niederländische Militär war schwach, unzulänglich gerüstet und schlecht geführt. Die bewaffnete Macht zu Lande war von der Staatsführung nicht gut behandelt worden. Etliche Städte und Festungen wurden binnen Kurzem zur Übergabe gezwungen: 63

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’s-Hertogenbosch, Nimwegen, Arnheim. Die gut verteidigte Hauptfestung Maastricht wurde zunächst umgangen, isoliert und fiel im Folgejahr. Die Franzosen überquerten den Rhein, unter symbolischer Führung des Königs – ein Ereignis (Le passage du Rhin), das zu seinem vielleicht bekanntesten Ruhmestitel werden sollte. Binnen Kurzem rückte die Armee ins Herz des Landes vor, Ende Juni nahm sie Utrecht. Ludwig XIV. hielt einen feierlichen Einzug, etablierte sein Hauptquartier und verfügte, dass die Kathedrale fortan wieder ­katholisch sein würde. Amsterdam, das wirtschaftliche und ­politische Zentrum des Feindes, lag nicht einmal 50 Kilometer entfernt, scheinbar in unmittelbarer Reichweite. Die Republik stand vor dem Kollaps.27 Dass die Niederlande sich in diesem Katastrophenjahr (het rampjaar) schließlich doch halten konnten, verdankten sie im Wesentlichen vier Faktoren: Zum einen gelang es dem bis dahin von der Regierung ausgeschlossenen Prinzen von Oranien, Wilhelm III., in einem Staatsstreich die Führung von Regierung und Armee zu übernehmen und diese Position dann auch mit großer Entschlusskraft auszufüllen. Daraus folgte der zweite, unmittelbar militärische Faktor. Die Niederländer öffneten im Sommer die Schleusen der Deiche, überfluteten Teile der Provinzen Holland, Brabant und Utrecht und brachten so den französischen Vormarsch zum Stehen. Zeitgleich erkämpfte die niederländische Marine einen Abwehrerfolg zur See. Und hinter dieser „Wasserfront“ konnte dann ein weiterer Faktor wirken: die Amsterdamer Börse. Die Finanzwirtschaft der Republik fuhr nämlich auch angesichts der unmittelbaren militärischen Bedrohung durch französische Armee und anglo-französische Flotte fort zu funktionieren. Das für die Kriegführung nötige Kapital wurde dem niederländischen Staat weiterhin zur Verfügung gestellt, denn der Kredit, d. h. das Vertrauen in die Rückzahlungsmöglich64

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keit der Republik und also in ihren Bestand, war durchaus nicht erschöpft oder gar gebrochen.28 Dies wiederum bot nicht nur die Grundlage für Rüstungen zu Lande und zur See, sondern bot auch Möglichkeiten für eine diplomatische Offensive: das Knüpfen neuer Bündnisse, das Motivieren neuer Partner durch Hilfsgelder. Es flossen in dieser Hinsicht also nicht nur französische Louisdor („Goldene Ludwige“, nach dem darauf geprägten Bild des Königs) als Subsidien, sondern auch niederländische Gulden. Und diese fanden Abnehmer nicht zuletzt in Deutschland. Zu den – wenn auch niemals ganz verlässlichen – deutschen Partnern der Republik und Gegnern Ludwigs XIV. gehörten etwa der Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg sowie die Welfenherzöge von Braunschweig-Lüneburg.29 Wichtiger noch wurde der Schwenk der beiden Zweige des Hauses Habsburg auf die Seite der Republik: Sowohl der Kaiser als auch der König von Spanien schlossen 1673 Bündnisse mit dem – bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges – traditionellen Gegner, den ehemaligen Rebellen, die ja auch konfessioneller Widerpart gewesen waren. Kaiser Leopold I. oder König Karl II. von Spanien hatten für die calvinistische Republik im Grunde kaum andere Empfindungen als Ludwig XIV. Nun aber ging es darum, Frankreich einzudämmen; man hatte ein gemeinsames Interesse. 1674 erfolgte dann die Kriegserklärung an Ludwig XIV. vonseiten des Reichstages. Noch zehn Jahre zuvor war der König nicht nur offizieller Garant der Reichsverfassungsordnung gewesen, sondern auch Protektor des Rheinbunds, ja „Verteidiger der deutschen Freiheit“. Nun war er zum wiederum offiziellen „Feind des deutschen Reiches“ geworden, das zu neuer Einigkeit fand und sich hinter dem Kaiser versammelte. Der Rheinbund war längst aufgelöst, das Misstrauen gegenüber dem Kaiser vielleicht nicht verflogen, aber doch verdrängt. Ludwigs Aggression zwang das Reich zu neuer Einheit. 65

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Deutsche Bündnispartner sollte er vorerst nicht mehr finden. Und auch England verließ 1674 die französische Allianz: Dem Parlament, den Eliten und der protestantisch gestimmten Öffentlichkeit war sie seit jeher suspekt gewesen. Man verdächtigte den König Karl II. – nicht ganz ohne Grund –, sie dazu nutzen zu wollen, mittels geheimer französischer Zahlungen und eventueller Truppenwerbungen seine innenpolitische Machtposition in unerlaubter Weise verstärken zu wollen, also nach der „absoluten Macht“ zu streben, wie sie Ludwig XIV. in Frankreich (angeblich) besaß. Als Widerwille und Widerstand gegen diese profranzösische Orientierung der englischen Politik dann allzu deutlich zunahmen, ließ der König es auf eine Kraftprobe letztlich nicht ankommen. Er gab die kompromittierende Verbindung auf.30 Grundlegend für diese Wendung war natürlich die militärische Selbstbehauptung der Republik gewesen. Eine nicht unerhebliche Rolle spielte, darauf aufbauend, aber der Krieg der Federn bzw. der Druckerpressen, d. h. die Propaganda. Die französische Besatzung in den Niederlanden besaß tatsächlich sehr dunkle Seiten, Plünderungen und Gräueltaten aller Art eingeschlossen. Im Prozess der geistigen Mobilmachung wurden diese von niederländischen, aber auch von deutschen wie englischen Publizisten aufgegriffen und weithin bekannt gemacht. Andere Anklagen kamen hinzu. Man verdächtigte den König des Strebens nach der Weltherrschaft, sah ihn als wortbrüchigen Kriegsherrn, erkannte gegen Protestanten gerichtete Momente religiöser Verfolgung und Bedrückung. Auch Mätressenwirtschaft und Weiberhörigkeit erhöhten Ludwigs moralisches Schuldkonto weiter. Er wurde aus dieser Perspektive gleichsam zum „Fürsten der Finsternis“. Hiervon wird noch zu sprechen sein. Unmittelbare Folge dieser zahlreichen neuen Gegnerschaften war die Räumung der immer noch besetzten Teile der 66

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­ iederländischen Republik durch die französischen Truppen. N Versorgungs- und Rückzugslinien waren zu unsicher geworden. Die Kriegshandlungen verlagerten sich stattdessen in die südlichen, die Spanischen Niederlande und an den Oberrhein, besonders in die schon bald leidgeprüfte Pfalz und ins Elsass. Der Krieg ernährte hier den Krieg, d. h. die Armeen lebten aus dem Land, in dem sie sich gerade bewegten, und es kam auch bereits zu ersten systematischen Verwüstungen, die verhindern sollten, dass dem Feind Vorräte und Quartiere in die Hände fielen. Der Kurfürst von der Pfalz sandte deswegen dem französischen Marschall Turenne eine Forderung zum Duell, die dieser allerdings ignorierte: So etwas passte nicht mehr in die Zeit. Auch in früheren Zeiten allerdings war ­Derartiges, ein persönlicher Entscheidungskampf zwischen Hauptkommandierenden, zwar gelegentlich vorgeschlagen worden, etwa zwischen Karl V. und Franz I., aber niemals ­vorgekommen …31 Eine militärische Entscheidung in den Kategorien Sieg oder Niederlage fand der Holländische Krieg so nicht. Frankreich konnte den einen oder anderen Schlachten- bzw. Belagerungserfolg in den Spanischen Niederlanden erzielen – Letztere gerne in Anwesenheit des Königs –, es konnte das Elsass gegen Kaiserliche und Truppen des Reiches sichern und damit klarmachen, dass die endgültige französische Besitzergreifung hier kaum mehr abzuwenden sein würde. Es gab freilich auch verschiedene Niederlagen. Ins Reich und gegen die Niederlande vordringen konnten die französischen Armeen höchstens noch punktuell, dort halten konnten sie sich nicht mehr. Das Jahr 1674 war militärisch besonders ereignisreich: Im hennegauischen Seneffe siegte der Prinz Condé in einer blutigen Schlacht über Wilhelm III. von Oranien – wobei der Ausgang auch als Unentschieden gewertet wurde –, beim badischen Sasbach fiel der Marschall Turenne 67

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im kaiserlichen Artilleriefeuer, was sein Heer zum Rückzug zwang. 1675 wurde nahe Trier die Armee des Marschalls Créqui geschlagen, der Marschall selbst gefangen genommen. Die Episode war ein starker Moment der Selbstbestätigung für Kaiser, Reich und deutschen Patriotismus. Ebenso wichtig war vielleicht das militärische Desaster Schwedens. Gestützt auf das traditionelle Bündnis mit Frankreich und ermuntert von französischen Subsidien war das Land in den Krieg eingetreten, um gegen das Reich bzw. gegen Brandenburg eine zweite Front zu eröffnen und seine Vormacht­ stellung im Norden zu sichern. Das scheiterte in Gänze. Die Waffentaten des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, besonders die Schlacht von Fehrbellin, bildeten den Anfangspunkt für den Aufstieg Preußens bzw., um präzise zu sein, für die historische Erzählung davon.32 Dennoch: Frankreich als einzelne Macht war in der Lage, einer zahlreichen, allerdings auch vielgestaltigen Allianz standzuhalten. Alle Versuche der Gegner, nach Frankreich selbst vorzudringen, führten zu nichts. Und als beide Seiten schließlich aus finanzieller Erschöpfung heraus zu Friedensverhandlungen zusammenkamen, konnte Ludwig XIV. einen weiteren Trumpf ausspielen: seine überlegene, einen konsistenten Plan verfolgende und stets bestens informierte Diplomatie, die die gegnerische Koalition spaltete und ihre Mitglieder über wohldosierte separate Abmachungen gegeneinander ausspielte. Der Frieden von Nimwegen (1679) wurde so zum Triumph der französischen Außenpolitik und gilt mit einigem Recht als Höhepunkt der Herrschaft und Machtposition Ludwigs. Für die Gegner zahlte vor allem Spanien die Zeche. Frankreich erhielt weitere Teile der Spanischen Niederlande zugesprochen, namentlich die Städte Cambrai, Maubeuge und Valenciennes, gab einige andere allerdings auch zurück, und es erwarb eine ganze bisher spanische Provinz, die o.g. Frei68

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grafschaft Burgund. Lothringen blieb von französischen Truppen besetzt, ohne allerdings annektiert zu werden, da der Herzog die Rückgabebedingungen ablehnte, d. h. die französische Kontrolle der Verbindungsstraßen ins Elsass. Weitere nennenswerte territoriale Veränderungen gab es nicht, was aber eben bedeutete, dass Schweden auf französischen Druck hin in seine militärisch verlorenen deutschen Besitzungen wieder eingesetzt werden musste.33 Nennenswert war damit vor allem, dass Frankreich und sein König „vielen nicht ungleich“ (nec pluribus impar) gewesen waren, eine Wendung, die zum Motto Ludwigs XIV. werden sollte. Sie meinte, dass seine Waffen allein zahlreichen Gegnern standgehalten, dass sie sich ihnen ebenbürtig und im Grunde überlegen gezeigt hatten. Weiteren Ruhm schöpfte Ludwig daraus, dass er es gewesen war, der als großmütiger Sieger Europa den Frieden gegeben hatte – so war zumindest das Bild, das seine Hofhistoriker niederschrieben und das seine Hofmaler malten. Dieses Bild allerdings war erstens gefärbt und bot zweitens höchstens die halbe Wahrheit. Gemessen an den ursprüng­ lichen Absichten – die unbotmäßige Republik sollte als Rivale ausgeschaltet und Frankreichs Vorrang in Europa außer Zweifel gestellt werden –, gemessen auch an den Erfolgen der ersten Kriegsphase, handelte es sich nämlich auch nur um einen höchstens halben Sieg. Militärisch hatten sich die Niederländer behauptet, politisch war ihre Stellung stärker denn je. Und auch das zuvor fragmentierte römisch-deutsche Reich hatte Gestalt wie Position verändert. Kaiser und Reichsstände hatten begriffen, dass von Frankreich eine Gefahr ausging, der man nur gemeinsam begegnen konnte. Im Zeichen der französischen Bedrohung waren „Kaiser und Reich“ keine ­Gegensätze mehr, sondern bezeichneten (wieder) eine Handlungseinheit. Ludwig hatte den Kaiser ins Zentrum der 69

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Reichspolitik zurückgebracht und sich selbst marginalisiert – wenn noch nicht völlig, so doch recht weitgehend. Auch Frankreichs Bündnis mit England war im Krieg zerbrochen, jenes mit Schweden sollte trotz der im Frieden erzwungenen Rückgabe seiner deutschen Besitzungen bald folgen.34 Dennoch hatte die französische Diplomatie in Nimwegen ihre Gegner überspielen können. Sie hatte sie auseinanderdividiert, Kaiser und Reich inbegriffen. Jeder hatte seinen eigenen Vorteil gesucht, ihn allerdings nicht unbedingt gefunden. Anders als Frankreich: Seine Grenzen waren deutlich ausgedehnt worden, sein König hatte Ruhm erworben. Die zentrale Position aber, die Ludwig damit – neben den Niederlanden – im Mächtegefüge erreicht hatte, sollte nur so lange Bestand haben, wie er diese Gegner nicht neuerlich in eine gemeinsame Front zwingen würde.35

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er englische Historiker John Lynn, der hier nicht ohne Grund bereits recht häufig angeführt worden ist, hat darauf hingewiesen, dass das berühmte Porträt Hyacinthe Rigauds, das Ludwig XIV. im Krönungshabit darstellt, en majesté, ein nicht ganz so berühmtes Gegenstück besitzt: nämlich das Porträt des Kriegsherrn. Ludwig wird dort gezeigt als Herr des Schlachtfeldes, en roi de guerre. Alter, Haltung und Gestus des Königs sind dem bekannteren Bild recht verwandt, aber hier ist Ludwig abgebildet im Harnisch. Er stützt seinen Marschallstab auf einen ritterlichen Helm; im Hintergrund sieht man Kampfhandlungen. Lynn erkennt darin, ganz zu Recht, ein Echo auf das Porträt im Krönungshabit, denn beide bedingten einander: Ludwig als König, als Inkarnation der Souveränität, ist nicht denkbar ohne Ludwig als Krieger bzw. als Kriegsherr – und das Gleiche gilt natürlich umgekehrt.1 Doch ist Ludwigs konkrete Bedeutung für die französische Kriegführung nicht leicht zu bestimmen. Aus Sicht der höfischen Propaganda, die sein Minister Colbert überaus effizient ins Werk setzte, war der König der Urheber von allem: der Autor jeder Maßnahme, die zum Sieg führte, und ganz besonders natürlich auch der jedes einzelnen Sieges selbst. Münzen und Medaillen, die zu seinem Ruhm geschlagen wurden, feierten Ludwig etwa als Militärreformer: Sie zeigen einen König, der seine Truppen exerziert und der damit die Disziplin des Heeres wiederhergestellt hatte (disciplina militaris re­ 71

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stituta).2 Andere Medaillen, aber natürlich gerade auch eine schier endlose Reihe an Gemälden von Schlachten und Belagerungen aus den Werkstätten von Lebrun, Parrocel und Van der Meulen weisen ihn aus als Sieger: derjenige, der stets die Truppen führt und über die Feinde triumphiert. Den lebhaftesten Eindruck dieses um Ludwig konstruierten Heldenkultes bietet natürlich zum einen – und nicht zum Geringsten – Versailles: mit dem grandiosen Spiegelsaal, der die Siege des Königs geradezu vervielfachte – d.h. ihre Darstellung –, oder mit der „Treppe der Botschafter“, auf der den fremden Gesandten die Überlegenheit des Großen Königs und seiner Waffen gleichfalls noch einmal vor Augen geführt wurden. Zum anderen, und vielleicht noch konsequenter, vermittelt diesen Eindruck aber das Pariser Hôtel des Invalides. In dieser Anstalt zur Veteranenversorgung, gegründet und erbaut in den Jahren des Holländischen Krieges, zeigt eine Flucht von Sälen alle wesentlichen Erfolge der französischen Waffen bzw. – es sollte das Gleiche sein – Ludwigs persönlich: Der König nimmt im Devolutionskrieg Dôle oder Douai, im Holländischen Krieg Utrecht oder Maastricht, er führt seine Truppen bei Tolhuis über den Rhein oder bei Cassel zum Sieg. Jeder Sieg war sein persönlicher Erfolg. Und in vergleichbarer Manier markierte „Ludwig der Große“ als Sieger dann fortan auch den öffentlichen Raum: Denkmäler, vorzugsweise Reiterstandbilder in ganz Frankreich führten den Triumphator vor aller Augen. Jede Provinzhauptstadt hatte ihren Königsplatz mit ihrem Königsdenkmal. Und die Lobpreisungen der schreibenden Zunft blieben hinter denen von Malern und Bildhauern vielleicht in Wucht und Größe zurück, nicht aber in Ehrerbietung oder Wirksamkeit.3 Es kam geradezu zu einer Monopolisierung des Heldentums – zumindest des militärischen Heldentums – durch den Monarchen. „Held“ war im Grunde nur noch er allein. Die 72

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Der Kriegsherr: Ludwig als „Roi de guerre“, im Harnisch und mit Kommandostab, im Hintergrund Schlachtgetümmel – Ein Echo auf das „Staatsporträit“im Krönungsornat. Gemälde von Hyacinthe Rigaud, 1701.

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­ brigen Spieler auf dem Felde, und sei es der Große Condé, der ü Sieger von Rocroi und Seneffe, wurden zu bloßen „reflèts du soleil“, zu Reflexen der königlichen Sonne.4 Condé musste in den 1660er-Jahren seiner bis dahin gepflegten Selbstallegorisierung als neuer Alexander zugunsten des Königs entsagen. In den 1670er-Jahren reichte der König Alexander dann nach Gebrauch wieder an ihn zurück. Man war zu dem Ergebnis gelangt, dass der große Eroberer im Hinblick auf moralische bzw. sittliche Vorbildhaftigkeit sehr ernsthafte Zweifel aufwarf. Unterdessen aber wurde sogar der Begriff des Helden reserviert: Héro bzw. héroique sollte nur der König sein, alle anderen waren vielleicht noch sublime, erhaben.5 Den besten Eindruck von dieser Interpretation des Monarchen als des echten und einzigen Helden und Schlachtenlenkers vermittelt in den Pariser Invalides die Deckenmalerei des Refektoriums, des Speisesaals der Pensionäre. Man sieht dort die Darstellung – oder vielmehr die Imagination – der Schlacht von Cassel 1677 nahe der französischen Kanalküste. Dort hatte eine französische Armee schlechten Stand gegen spanisch-niederländische Gegner gehabt, dann aber doch den Sieg davongetragen, und zwar dank des Eingreifens von Philipp von Orléans, des jüngeren Bruders Ludwigs XIV., der dort nicht nur formal, sondern tatsächlich kommandierte. Freilich sollte er dieses Erfolges nicht recht froh werden. Sein Rückweg nach Paris geriet zum Triumphzug, begleitet von Lobgesängen und Hurrarufen auf den König, gewiss, aber eben auch und wohl noch etwas mehr auf Monsieur, den Bruder des Königs, „der die Schlacht gewonnen hatte“. Ludwig wurde das hinterbracht und Philipp bekam nie wieder ein Kommando. Er hatte Schatten geworfen auf den Ruhm des Königs, und das war nicht hinnehmbar. Im Bild in den Invalides wurde die Szenerie dann grundlegend korrigiert – und dies durchaus nicht zufällig, sondern auf Weisung des Kriegsministers 74

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­ ouvois, der so im höfischen Wettbewerb Boden gewinnen L wollte: Man sieht daher im Hintergrund einen Reiter in roter Marschallsuniform – das war Philipp von Orléans. Im Vordergrund dagegen erscheint auf einem Rappen, mit weißer Schärpe, der König und führt an der Spitze seiner Reiter siegreich den Angriff. Natürlich war das erfunden, „imaginiert“. Ludwig war nicht in Cassel gewesen, nicht einmal in der Nähe. Aber selbst abwesend, war er es, musste er es gewesen sein, der die Schlacht gewonnen hatte. Orléans’ militärischer Ruhm wurde vom Hof künstlerisch konfisziert.6 Der Realität entsprach jene „Inszenierung Ludwigs XIV.“ als des allgewaltigen Heldenkönigs also, wenn überhaupt, nur sehr bedingt.7 Wie sein Vater und sein Großvater hatte Ludwig zwar Geschmack am Militärischen, das steht außer Zweifel. Er schätzte das Feldlager, die Gemeinschaft mit den Soldaten – zumindest insofern diese „von Stand“ und für ihn wahrnehmbar waren. Der französische Historiker Lucien Bély hält fest, dass Ludwig im Felde bereitwillig auf Stroh schlief und schlechten Wein trank – wenn auch wohl nicht allzu häufig.8 Und er verstand auch sehr wohl etwas von der Sache, er besaß Kompetenz. Aufbau, Organisation, Ausrüstung der Armee vollzogen sich unter seiner unmittelbaren Mitwirkung. Der Marschall Turenne war Ludwigs Mentor in allen militärischen Fragen. Die Medaille, die ihn seine Truppen inspizieren und dadurch „die militärische Disziplin wiederherstellen“ lässt, war also keine Imagination. Aber anders als Heinrich IV. und selbst Ludwig XIII. war der „Große König“ eigentlich kein Feldherr, und in der Realität versuchte er auch gar nicht, einer zu sein. Von 1667 an begleitete er seine Truppen auf jedem Feldzug in den Niederlanden oder (seltener) am Rhein, doch er führte die Truppen nicht. Er gab keine Befehle, sondern beschränkte sich darauf, den Beratungen seiner Generäle und Marschälle beizuwohnen, der Mehrheit oder dem Höchst­ 75

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Auch abwesend war der König anwesend. Ludwig XIV. führt in der Schlacht von Cassel (11. April 1677) seine Truppen zum Sieg. Im Hintergrund rechts der tatsächliche Befehlshaber, Philipp von Orléans. Wandgemälde von Joseph Parrocel im Refektorium des Hôtel des Invalides, Paris, 1680/81.

kommandierenden beizupflichten und dessen Autorität zu stärken. In der Generalität bildeten sich in dieser Zeit offenbar argumentative, rhetorische Muster aus, um Zustimmung oder Ablehnung des Souveräns sicherzustellen. Ludwigs Rolle war es jedenfalls nicht, die Entscheidungen selbst bzw. allein zu treffen. Noch viel weniger ging es ihm darum, selbst unmittelbar ins Kampfgeschehen einzugreifen. Er sollte und wollte vielmehr „inspirieren“, Soldaten und Offiziere durch seine Prä76

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senz zu besonderen Leistungen anspornen. Denn für sie galt es natürlich, sich unter den Augen des Königs auszuzeichnen.9 Ludwig war also ein kriegerischer Herrscher, aber er war kein Krieger, er nahm nicht unmittelbar am Geschehen teil. Stattdessen war er Kriegsherr: nicht im englischen Sinne des warlord, des Söldnerführers auf eigene Rechnung, sondern im Sinne des Inhabers der höchsten politischen Autorität, von der alle militärischen Entscheidungen sich ableiteten.10 Bei jenem relativen Rückzug des Monarchen vom Kampf spielte durchaus eine Rolle, dass man ihn keiner unnötigen Gefahr aussetzen wollte. Sein unzeitiger Tod hätte das Land politisch schwächen können. Zwar gab Ludwig dennoch Proben persönlichen Mutes: Kugeln schlugen mehrfach neben ihm ein, ohne dass ihn dies bekümmerte. Aber er suchte die Gefahr nicht um ihrer selbst willen, es ging ihm nicht darum, Proben seiner Kampfkraft und Furchtlosigkeit abzugeben. Anders als zu Zeiten Franz’ I., der bei Pavia 1525 in kaiserliche Gefangenschaft geraten war, sah man den Platz des Souveräns nicht mehr im Schlachtgetümmel. Und auch die Gefahr von Niederlagen wollte man vermeiden. Sie hätten den Nimbus des „Größten aller Könige“ beschädigt. Ludwig wohnte daher keiner offenen, unkalkulierbaren Feldschlacht bei – als sich 1676 die Gelegenheit bot, schlug er sie aus –, sondern beschränkte sich auf die „Leitung“ von Belagerungen. Denn anders als bei Feldschlachten war der Ausgang von Belagerungen i.d.R. vorgezeichnet: Nach einigen Wochen Blockade und Beschießung waren Vorräte aufgebraucht und Mauern mürbe. Kam kein Entsatz, wurde verhandelt und die Stadt (oder Festung) übergeben. Zur Erstürmung kam es nur im Ausnahmefall. Aufgabe der Verteidiger war es nicht, unter rauchenden Trümmern zu sterben, sondern den Gegner aufzuhalten, seine Kräfte zu binden und dabei ebenso dem Gebot der Ehre zu folgen wie dem Gesetz der Vernunft. Die ehrenhafte Nieder77

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lage, wie sie hier eingeübt wurde, muss als eine der bemerkenswertesten Erfindungen der europäischen Kriegsgeschichte gelten.11 Belagerungen boten daher die Szenarien, in denen der Ruhm des Königs am hellsten strahlen konnte. Er konnte die militärischen Anstrengungen der Belagerer überwachen, die der Verteidiger beobachten. Er konnte inspirieren und ermutigen. Stand die Festung vor dem Fall, gab er Proben seiner fürstlichen Großmut, sei es gegenüber der tapferen Besatzung oder den geplagten Bewohnern. War die Stadt übergeben, konnte der siegreiche Monarch seinen Einzug halten, dem Sieg so Gestalt geben und den Truppen Zeichen seiner Anerkennung. Und die Hofmaler konnten ihr Werk tun bzw. fortsetzen. Festzuhalten bleibt jedoch, dass Ludwig auch bei der Leitung der Belagerungen niemals einen aktiven, entscheidenden Part übernahm – hier war essenziell die Expertise seines Marschalls Vauban gefragt. Ludwig blieb auch dort Zuschauer, er präsidierte lediglich den Ereignissen. Freilich tat er dies nicht als „Schlachtenbummler“, sondern als Inhaber der höchsten Autorität, eben als Kriegsherr. Er war es, der Vauban bestellt hatte, so wie er auch alle anderen Höchstkommandierenden auswählte oder aber wieder abberief. Denn gerade das war natürlich das Königsrecht par excellence. Seine Anwesenheit verlieh den Befehlen der Marschälle eine Kraft, die sie sonst nicht besessen hätten, und sie machte dem Gegner klar, dass es kein Entrinnen gab. Vauban, im Übrigen, war als Festungsbaumeister, Belagerungsexperte oder überhaupt als ­Stratege vielleicht der bedeutendste, sicherlich auch der nachdenklichste von Ludwigs Marschällen. Er war es, der den Festungsgürtel im Norden plante und anlegte, so wie auch alle anderen wesentlichen Verteidigungswerke jener Zeit. Aber sein sozialer Rang – er stammte aus burgundischem Kleinadel – schloss von vornherein aus, dass er Ruhm und Größe seines 78

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Königs in irgendeiner Weise würde zu nahe treten können. Anders als Condé oder Philipp von Orléans war er Ludwigs „Kreatur“, d. h. er war von ihm zu dem gemacht worden, der er war. Man kann nicht ausschließen, dass dies zur Wertschätzung, die er durch den König erfuhr, beigetragen hat …12 Die entsprechende Stilisierung Ludwigs als des einzigen „wahren“ Siegers zeigte im Übrigen durchaus Wirkung. Sie wurde von den Beteiligten verinnerlicht. Der Prinz Condé, der 1672 den Oberbefehl über den Rheinübergang beim Tolhuis geführt hatte, erhielt danach ein Glückwunschschreiben eines alten Freundes und ehemaligen Mit-Rebellen: Dies sei ein großartiger Erfolg, er könne dem Feldherrn dazu nur gratulieren. Aber letzten Endes verdanke man ihn selbstverständlich der Anwesenheit des Königs, der nichts zu widerstehen vermöge. Auch ehemalige Frondeure hatten den ludovizianischen Wertekanon internalisiert oder sie gaben sich zumindest den Anschein. – Das Schreiben lässt sich auch ironisch verstehen. Aber immerhin war Ludwig ja beim Rheinübergang tatsächlich vor Ort gewesen.13 Die Präsenz des Monarchen im Felde imponierte den Kriegsgegnern, namentlich den Spaniern. Ludwig erwies sich dabei auch als ausdauernd. Es handelte sich nicht um episodische Blitzvisiten. Man hat ausgerechnet, dass er zwischen 1672 und 1679 wohl 641 Tage bei der Armee verbracht hat. Und in den nächsten Auseinandersetzungen änderte sich daran zunächst wenig. Erst im Juni 1693, inmitten des Pfälzer Krieges, entschied sich der König, die Armee zu verlassen. Er meinte – wohl zu Recht –, dass er die verschiedenen Fronten künftig besser aus der Regierungszentrale in Versailles beobachten sollte. Immerhin stand die französische Armee ja nicht nur in Flandern, sondern auch am Oberrhein, in Oberitalien und in Katalonien. Vielleicht hatte die Entscheidung auch mit dem Lebensalter zu tun – Ludwig war inzwischen 55 – oder 79

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aber mit dem Verlust seines bewährten, administrativ erfahrenen Kriegsministers Louvois, der 1691 gestorben war. Die „Tränen der Maintenon“ jedoch, also der angebliche Wunsch seiner zweiten Ehefrau, den König stets bei sich zu wissen, auf die der gewohnt übelwollende Saint-Simon in seinen Memoiren die Entscheidung zurückführte, waren bei all dem nicht ins Gewicht gefallen.14 Das war nun allerdings eine fundamentale Veränderung. Eine Variante des Rigaud-Porträts, das Ludwig als Kriegsherrn zeigt, deutet dies recht subtil an: Ludwig wird auch dort im Harnisch und mit Marschallstab dargestellt, im Hintergrund Schlachtgetümmel … Zwar ist es hier nur ein Brustharnisch, unter dem man den roten Marschallsrock erkennt, doch Habitus und Szenario sind nahezu identisch. Allerdings stützt der König den bewussten Marschallstab hier nicht auf einen ritterlichen Helm, sondern auf einen kleinen barocken Beistelltisch, wie er auf Schlachtfeldern nur selten vorkam. Und er wird eingerahmt von gerafften Vorhängen.15 Überdeutlich zeigt dies den Paradigmenwechsel an: Der König schlug die Schlachten nunmehr aus dem Kabinett, betrachtete, „leitete“ sie von Ferne. Im Grunde, strukturell, handelte es sich dabei um den Versuch des Übergangs von einer Präsenz- zu einer Informationskultur von Herrschaft: Ludwig regierte, legitimierte oder entschied nicht mehr persönlich, sondern nach Aktenlage, bürokratisch. Das hatte sich ohnehin seit Längerem angedeutet: Die Entscheidung zur Verwüstung der Pfalz, 1690 getroffen, wird von dem französischen Historiker JeanPhilippe Cénat gedeutet als Exzess des Kabinettskriegs, d. h. als einigermaßen trauriger und auch nur mäßig erfolgreicher Höhepunkt einer Kriegführung, die fern der Kampfhandlungen bestimmt wurde.16 Dennoch mochte Ludwigs Rückzug von 1693 vernünftig gewesen sein. Die Koordination der Fronten und Kriegsanstren80

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gungen war objektiv besser von Versailles aus zu leisten als aus dem Feldlager vor Namur, Mons oder Ath. Gegenüber den unmittelbar betroffenen Truppen und Offizieren ging dies aber doch nicht ganz spannungsfrei ab. Der Marschall Luxembourg etwa macht Gegenvorstellungen. Er war von der Entscheidung seines Königs schockiert, ebenso wie der Rest der Armeeführung. Alle hatten die Anwesenheit des Monarchen als wichtigen moralischen Vorteil betrachtet, und dies umso mehr, als auch das gegnerische Heer vom König-Statthalter Wilhelm III. angeführt wurde. – Wobei der, wenn auch mit durchwachsenem Erfolg, als „echter“ roi-connétable agierte, als königlicher Feldherr. – Bei den Feinden habe daher ob der Abreise Ludwigs auch eitel Freude geherrscht. So jedenfalls wiederum Saint-Simon.17 Die Gemeinschaft des Monarchen, des Kriegsherrn, mit seinen kämpfenden Truppen aber war essenziell, sei sie auch noch so symbolisch. Und Ludwig war das bewusst. In der Folge ging es also darum, den abwesenden Monarchen weiterhin sichtbar mit der Armee zu verbinden. Traditionelles Mittel hierfür wäre eigentlich das Entsenden königlicher Prinzen gewesen, die Krone und Dynastie repräsentieren konnten. Daran knüpften sich allerdings drei Gefahren: Die erste war natürlich die für Leib und Leben der Betreffenden. Sie mochte im Allgemeinen beherrschbar erscheinen bzw. kalkulierbar, doch zumindest der Tod der direkten Thronerben wäre gefährlich gewesen und durfte nicht in Kauf genommen werden. Die zweite Gefahr bestand darin, dass Prinzen sich als militärisch inkompetent erweisen konnten und den Namen des Königs diskreditierten. Das war es übrigens, was dem Thronfolger auch tatsächlich widerfuhr. Die dritte und vielleicht größte ­Gefahr war aber wohl doch die, dass ein Prinz sich als kompetent erweisen, dass er Ruhm auf eigene Rechnung erwerben und den des Königs damit verdunkeln konnte. – Zu erinnern 81

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ist an Philipp von Orléans und die Schlacht von Cassell.18 Das Instrument ließ sich also nur wohldosiert anwenden. Wichtiger und auch interessanter als die punktuelle Entsendung königlicher Prinzen ist daher eine institutionelle Neuerung, die König und Armee bzw. König und Offizierskorps dauerhaft und sichtbar verbinden sollte: der Ludwigs­ orden – l’ordre royal et militaire de Saint-Louis. Anders als die etablierten höfischen Ritterorden war dieser rein als militärischer Verdienstorden konzipiert und als solcher nichts anderes als der Erste seiner Art. Er wurde vergeben für herausragende Waffentaten, denen der König so seine Anerkennung zollte. Ludwig XIV. nahm sowohl Auswahl als auch Auszeichnung der Ordensritter persönlich vor, in seinem Kabinett zu Versailles. Dies wurde begleitet von einer besonderen Eidesleistung, einer direkten persönlichen Verpflichtung des Ausgezeichneten auf den König – Monarch und Offizier gleichsam noch einmal verstanden als Lehnsherr und ritter­ licher Vasall. Nicht zuletzt auf diesem Wege sollte der abwesende König bei seinen kämpfenden Truppen im Felde präsent bleiben. Das war zumindest das Konzept. Freilich ließ es sich nicht durchhalten. Der Orden wurde ein Distinktionsmerkmal erster Güte. Die kriegerischen Zeitläufte brachten es allerdings mit sich, dass die Zahl der Auszuzeichnenden wuchs und wuchs. Man konnte schlechterdings nicht mehr alle künftigen Ordensritter auf den Weg nach Versailles schicken, dort empfangen, vereidigen, auszeichnen. Der Orden wurde stattdessen, vergleichsweise profan, im Felde verliehen, von vorgesetzten Offizieren. Und natürlich erlag man auch der Versuchung, den Saint-Louis als kostengünstige Ersatzleistung zu vergeben, wo man eigentlich eine Pension schuldete.19 Nach 1714, dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges, wurde die weitere zahlenmäßige Expansion des Ordens dann 82

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nicht mehr vom Krieg bewirkt, sondern vom Frieden. Die Verleihung fiel in die Hände der Militärbürokratie, sie erfolgte nahezu automatisch nach zwanzig Dienstjahren. Vor 1789 sollte es 17 000 Ordensritter geben. Die Verleihungsurkunde trug bereits die gedruckte Unterschrift des Königs. Auch so half der Saint-Louis, die Offiziere zu motivieren, das Offizierskorps als Verdienstgemeinschaft zu konturieren – das war jedenfalls das Urteil Napoleons, der etwas von der Sache verstand. Von einem persönlichen Band zwischen König und Vasall, Kriegsherr und Offizier konnte aber nur noch schwerlich die Rede sein.20 Allerdings war dies nicht mehr das Pro­ blem Ludwigs XIV., sondern das seiner sehr viel weniger kriegerischen Nachfolger. Der Vorzug, aber auch das Problem an Ludwigs Ruhm, an seinem imaginierten Feldherrntum war das Moment bzw. die Behauptung des Konkreten. Nur die abstrakte Größe des Königs zu feiern – also als Herkules, Alexander oder als römischer Caesar –, dies genügte den Anforderungen des „Großen Jahrhunderts“ auf Dauer nicht mehr. Peter Burke hat pointiert von einem Rückzug der Allegorien gesprochen, die er in den Kontext der Entzauberung der Welt einordnet.21 Dort, wo nach den Regeln der Klassik nur noch das „Wahre und Wahrhaftige“ schön sein sollte, musste Louis le Grand auch der konkrete, der wahrhaftige Urheber jener Siege sein, die in seinem Namen von seinen Truppen erfochten wurden. Darum wurde er als eigentlicher Befehlsgeber des Rheinübergangs gezeigt, als Hauptkommandierender vor Maastricht und Utrecht oder auch als Sieger von Cassel. Denn der Ruhm, wie es als Zeit­ genosse der Marschall Vauban formulierte, flog eben nicht herum „wie ein Schmetterling“, sondern er wurde erworben „durch wirkliche und wahrhaftige Taten“.22 Ludwig war sicher, entsprechend agiert zu haben, und Vauban hätte ihm keineswegs widersprochen. Er war bei seinen Truppen gewesen, 83

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hatte – symbolisch – ihre Leiden geteilt und er hatte die grundsätzlichen Entscheidungen für ihren Einsatz getroffen. Und seine Präsenz im Felde, wie symbolisch auch immer, hatte Bedeutung besessen für seine Soldaten. Gleichwohl lag hier ein kritischer Punkt: Es stellte sich, gerade nach 1693, die Frage der Glaubwürdigkeit. Nach bald dreißig Jahren Krieg, unzähligen Schlachten und Toten, vielen Siegen, aber auch ­bemerkenswerten Rückschlägen ließ es sich kaum mehr vermitteln, dass der jeweils abwesende König der Urheber von allem gewesen sein sollte. Es war auch nicht mehr immer wünschenswert. Infolgedessen wurde behutsam umgesteuert: Die Siege von Neerwinden (1693) oder gar Denain (1712) würde Ludwig nicht mehr für sich bzw. für sich persönlich in Anspruch nehmen.23 Für die Herrschaftspraxis der Nachfolger, aber auch für die künftige Beurteilung des Großen Königs selbst sollten sich hieraus dann einige weitere, weiterführende Fragen ergeben: Was machte den Ruhm eines Königs tatsächlich aus in Tun und Sein? Was war sein eigener wirklicher „Verdienst“, welchen Anteil hatte er gehabt an „seinen“ Siegen? Worin lag also tatsächlich seine „Größe“?

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IV. An der Arbeit – Regierung, Verwaltung und Reformen

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udwigs Ankündigung vom März 1661, nach dem Tode Mazarins, er wolle fortan ohne Premierminister selbst regieren, hatte zunächst nicht jeden bei Hofe überzeugt. Der Finanzintendant Fouquet sah sich bereits als Nachfolger des verstorbenen Kardinals, da er sich für ebenso unverzichtbar wie unangreifbar hielt und nicht entfernt damit rechnete, dass der junge Monarch tatsächlich die Willens- und Arbeitskraft aufbringen würde, die zur sachgemäßen Leitung der Staats­ geschäfte erforderlich war. Auch Anna von Österreich, die Mutter des Königs, glaubte nicht recht an dessen dauerhafte ­Alleinregierung. Sie soll die Ankündigung mit Lachen kommentiert haben. Beide wurden freilich umgehend eines Bes­ seren belehrt oder vielmehr – aus Sicht Fouquets – eines Schlechteren. Ludwig schnitt seine Regierung auf sich selbst zu. Des allzu selbstbewussten Finanzintendanten entledigte er sich, der mütterlichen Autorität ohnehin. Zwar sollte es andere Autoritäten als die seine durchaus weiterhin geben, doch waren diese fortan von ihm, dem König, abgeleitet. Und dies in unmissverständlicher Weise. Dass Fouquet seine Fehleinschätzung teuer bezahlen musste – mit lebenslanger Haft –, ist bereits gesagt worden. Auch Anna von Österreich verlor jeden politischen Einfluss. Allerdings konnte sie zugleich mit Genugtuung feststellen, dass ihr Sohn den Platz, den sie ihm durch ihre Regentschaft bewahrt hatte, nun auch tatsächlich ausfüllte, und zwar in Gänze.1 85

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Der König in seinem Rat Es ist natürlich eine Binsenweisheit: Kein König regierte jemals wirklich „allein“. Auch kein Sonnenkönig. Ludwig XIV. regierte „in seinem Rat“ bzw. aus seinem Rat heraus. Gemeint war damit im Prinzip die Gesamtheit der königlichen Ratsgremien, besonders aber der „Obere Rat“, der Conseil d’en haut, manchmal auch schlicht als Conseil royal bezeichnet. Ludwig hatte ihn umgestaltet, davon war bereits die Rede. Neben ihm selbst fanden nur die wichtigsten Minister darin Platz, kein ­königlicher Prinz – ausgenommen der Thronfolger, der aber erst sehr viel später hinzutrat – und auch kein Vertreter der großen Adelsclans. Sie alle hatten in der Vergangenheit – etwa während der Fronde – nicht unbedingt zu den Stützen des Thrones gehört. Der König führte den Vorsitz, lud die übrigen Mitglieder zu den Sitzungen und bestimmte die Tagesordnung. Verhandelt wurde hier die Außenpolitik. Den Vorsitz führte der König auch im Conseil des Dépêches, dem Depeschenrat – der im Wesentlichen innenpolitische Fragen behandelte. Im Conseil des Finances, dem Finanzrat, wurde der Vorsitz einem verdienten Höfling übertragen, etwa dem ersten Herzog von ­Villeroy, der so ein institutionelles Gegengewicht zum Intendanten bzw. Generalkontrolleur der Finanzen bilden sollte. Allerdings war auch der König im Rat präsent und führte daher die entscheidende Stimme. Denn Ludwig war – bzw. wollte sein – nicht nur sein eigener Premier, sondern auch sein eigener Finanzminister. Fouquets De-facto-Nachfolger ­Colbert hatte sich mit dem geringerwertigen Titel eines Generalkontrolleurs zu begnügen. Das alleinige Zeichnungsrecht für Geldanweisungen lag beim König.2 Freilich macht gerade diese Konstellation des scheinbar alles bestimmenden, über alles entscheidenden Monarchen die faktischen Grenzen der Alleinregierung deutlich. Ludwigs Urteil 86

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hing ab von den Informationen, die an ihn herangetragen wurden. Weder besaß er vertiefte Kenntnis vom Finanzwesen seines Landes, noch betrachtete er es als seine Aufgabe, diese zu gewinnen. Statt seiner besaß sie Colbert, der so in der Lage war, seine Politik ins Werk zu setzen, sie aber durch die Autorität des Königs gegen Kritik abschirmen konnte. Schon Ludwigs Eröffnungsrede im Finanzrat war von Colbert aufgesetzt worden.3 Frühere (oder auch spätere) Minister hätten Entsprechendes wohl gleichfalls gerne gesehen. Und der Anspruch, jede Anweisung selbst abzeichnen zu wollen, schlug natürlich leicht ins Gegenteil des eigentlich Intendierten um: Ludwig konnte die einzelnen Sachverhalte, die Mittel erforderten, kaum überblicken, geschweige denn prüfen. Er zeichnete also letztlich tatsächlich jede Anweisung ab, die ihm von Rat und Generalkontrolleur vorgelegt wurde.4 Das Gleiche galt für personelle oder institutionelle Fragen. Auch hier hing der König ab vom Urteil und von den Vorschlägen seines De-facto-­ Finanzministers und von dessen Getreuen. Es nimmt nur begrenzt wunder, dass die von Colbert zu Fouquets Sturz betriebene Kampagne – die Denunzierung übler Praktiken, die Ankündigung untadeliger Reformen – nicht sehr weit führte. Colbert stand seinem Rivalen an Gewandtheit nicht nach. Er verstand es ebenso wie dieser, finanzielle Auswege, Notbehelfe zu finden und sich darüber unentbehrlich zu machen. Und er verstand es natürlich, dabei dann auch seinen eigenen Vorteil zu sichern. Anders als Fouquet begnügte er sich aber stets mit einem Platz im Hintergrund. Niemals beging er den Fehler, Schatten auf die königliche Sonne zu werfen. Zwar erwarb auch Colbert im Amt ein ganz beträchtliches Vermögen, doch als Herrn von Vaux-le-Vicomte kann man sich ihn nur schwer vorstellen.5 Die Finanzverfassung der Monarchie blieb so aber im Grunde, strukturell, auf dem gleichen Stand, auf dem Ludwig sie von Mazarin über87

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nommen hatte: Steuern wurden unsystematisch, ungleich­ mäßig erhoben, bzw. sie wurden an Privatleute „verpachtet“, die eine adäquat erscheinende Summe vorschossen und die Abgaben dann auf eigene Rechnung eintrieben. Natürlich wuchs die Steuerlast – und zwar stärker als die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Der Ämterhandel wurde fortgesetzt, gesteigert bzw. in ganz neue Dimensionen geführt. „Jedesmal, wenn Eure Majestät ein Amt schafft, schafft Gott einen Narren, der dieses Amt kauft.“ Die Äußerung des Ministers Pontchartrain, einem der Nachfolger Colberts, ist bekannt.6 Sie stammt aus dem Umfeld des allmählich teuer werdenden Pfälzer Krieges. Allerdings waren mit einem königlichen Amt natürlich Privilegien verbunden – etwa die Steuerfreiheit. Privilegien also, die dann langfristig für die Staatskasse recht negativ zu Buche schlugen. War das nicht der Fall oder gingen die Privilegien verloren, verlor auch das Amt seinen Wert und die „Narren“ wurden nachdenklich. Im Grunde handelte es sich um eine verdeckte Kreditaufnahme: Die Einmalzahlung jetzt wurde vergolten durch Rückzahlung in der Zukunft. „Renten“, die die Krone verkaufte – auch dies eine Möglichkeit, Einnahmen zu antizipieren –, fanden Abnehmer, zum Ende des 17. Jahrhunderts freilich nur noch dann, wenn königliche Städte dafür bürgten.7 Colbert gelang es also weder, die Steuereinnahmen und deren Verwaltung zu angemessener Effizienz zu bringen, noch, ein Kreditwesen aufzubauen, das es an Umfang und Glaubwürdigkeit mit dem der Niederländischen Republik oder in der Folge dann Großbritanniens hätte aufnehmen können. Davon, dass im Finanzwesen „Ordnung“ geschaffen worden wäre, nach den Verfehlungen Mazarins, wie Ludwig dies sich selbst in seinen Memoiren attestierte, konnte nicht ernsthaft die Rede sein.8 Gleichwohl, und dies ist sicher eine der historischen Leistungen des „Generalkontrolleurs“ Colbert, gelang es ihm, Einnahmen und Ausgaben bis zu seinem Tode 1683 – und 88

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„Le roi tenant les sceaux.“ – Der König verfügt über die Staatssiegel. Ludwig XIV. leitet anstelle des Kanzlers die Sitzung eines der nachgeordneten Ratsgremien und nimmt dafür symbolisch das Siegel wieder an sich. Er zeigt damit, dass die Autorität des Kanzlers letztlich von ihm stammte. Französische Schule, nach 1672.

also auch über den Holländischen Krieg hinweg – in einem prekären, näherungsweisen Gleichgewicht zu halten. Er fand jeweils Auswege, konnte also die Gelder beschaffen, die der Krieg des Königs unmittelbar verlangte. In diesem Umfeld die Staats­ finanzen in grundsätzlicher Weise zu sanieren, war schlechterdings unmöglich. Dass Ludwig selbst dem Finanzrat angehörte, dass er selbst – theoretisch – sein eigener Finanzminister war, hatte mit dem relativen Erfolg Colberts freilich eher wenig zu tun.9 89

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Ein anderes oder doch anders nuanciertes Bild muss man für die Arbeit des Conseil d’en haut zeichnen und für Ludwigs Anteil daran. Ebenso wie der Conseil des Finances tagte auch der Conseil d’en haut zunächst im Wechsel zwei- bzw. dreimal wöchentlich. Bis 1715 nahm die Frequenz der Sitzungen allerdings weiter zu, die der anderen Ratsgremien verringerte sich. Die Teilnehmer verhandelten mündlich auf der Basis von schriftlichen Vorlagen, seien es Berichte, seien es selbst- oder fremdgefertigte Memoranden. Auch Ludwig brachte eigenhändig verfasste Schriftstücke in die Sitzungen mit ein. Die Dokumente wurden verlesen und diskutiert, den größeren Teil der Zeit nahm allerdings wohl die Lektüre ein, verschiedentlich auch der Vortrag von zusammenfassenden Berichten.10 Themen waren die politischen Konjunkturen und die sich daraus ergebenden Maßnahmen: Ende der 1680er-Jahre etwa die englische Revolution, die Entwicklungen im Osmanenreich, die Wendungen der deutschen Fürsten. Deutschland nahm – der Nähe und Bedeutung geschuldet, aber auch als Resultat der Komplexität seiner Verfassung – einen besonders breiten Raum ein in den Debatten des Rates. Zu erarbeiten waren die Instruktionen, die an die jeweils geforderten diplomatischen Vertreter ausgehen sollten, sei es in Konstantinopel, in Wien oder auch in Wolfenbüttel. 1700 wurde im Conseil d’en haut über die Frage von Annahme oder Ablehnung des spanischen Erbes entschieden, zehn Jahre später über die Friedensbedingungen der Alliierten im Spanischen Erbfolgekrieg. Die Meinungen waren jeweils durchaus gespalten. Neben der Außenpolitik, den Fragen von Krieg und Frieden, kamen aber auch solche der höfischen Rangordnung zur Sprache oder, damit oft verwandt, die jeweils aktuellen Rechtsstreitigkeiten unter den „Großen“ des Landes.11 Auch im Conseil d’en haut gab es aufseiten der zuständigen Minister, namentlich des Außenministers, einen gewissen Kompetenzvorsprung vor dem König, den dieser anerkannte und den 90

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entsprechenden Vorschlägen vielfach folgte. Anders als etwa im Finanzrat betrachtete Ludwig aber die außenpolitischen Entscheidungen als seine ureigene Angelegenheit und verfügte hier im Laufe der Jahre auch über ganz erhebliche e­ igene Erfahrungen und Kenntnisse. Meinungsgegensätze, Widerspruch unter den Ratsmitgliedern bzw. zwischen Rats­mitgliedern und dem König kamen also vor. Gab es klare Gegenpositionen, wurde abgestimmt. Dass Ludwig hier jemals überstimmt worden wäre, ist nicht bekannt und kaum plausibel. Umstimmen allerdings ließ er sich sehr wohl. Um die Vertraulichkeit zu gewährleisten, gab es keine Sitzungsprotokolle, die hier genauere Auskunft geben könnten. Überliefert sind lediglich Tagesordnungen, die ohne Weiteres zwanzig Punkte umfassen konnten. Dies macht einerseits deutlich, wie sehr die Sitzungen ins Detail gehen konnten, andererseits aber auch, dass der Conseil d’en haut das zentrale Leitungsgremium war und auch bis 1715 blieb. Nachweisen lässt sich dies im Übrigen gerade für die Zeit des Spanischen Erbfolgekrieges, etwa während der Friedenskonferenz von Geertruidenberg in den Jahren 1709/10. Der langjährige Außenminister Torcy – ein Vertreter des Colbert-Clans – hinterließ Memoiren, die Arbeitsweise und Arbeitslast des Rates in dieser Zeit deutlich machen. Sie zeigen dabei auch, dass Ludwig in seinem Urteil durchaus schwanken und zögern konnte, dass er seine Ungewissheit eingestand und Bestätigung suchte, dass es aber tatsächlich sein Urteil war, das letztlich entschied.12

Le travail du roi – Die Arbeit des Königs und der Minister Ludwigs Regierungstätigkeit vollzog sich freilich nicht allein in den Ratsgremien. Mehrere Stunden täglich verbrachte der König auch in seinem Kabinett am Schreibtisch, i.d.R. gemein91

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sam mit einem Sekretär oder auch einem der Minister. Akten wurden durchgearbeitet bzw. verlesen, Anfragen beschieden, Ernennungen vorgenommen. Das Verlesen der Schriftstücke folgte mittelalterlicher Tradition, es entsprang Ludwigs Vorliebe für mündlichen Vortrag gegenüber schriftlicher Lektüre.13 Man kann das durchaus als ein „Echo“ althergebrachter fürstlich-adeliger Abneigung gegen Buchwissen und Pedanterie ­ansehen. Natürlich ging es so auch um die Vorbereitung der Ratssitzungen, wobei dies sehr wohl bedeuten konnte, deren Diskussion und Entscheidung vorwegzunehmen bzw. festzu­ legen. Nicht zuletzt aber ging es um den endlosen Fluss von Bittschriften und deren Beantwortung durch königliche Gnadenerweise oder aber deren Verweigerung: Titel und Ämter oder die Anwartschaften darauf, Pensionen und Orden. Ludwig scheute sich keineswegs, selbst Notizen anzufertigen, mit eigener Hand Entscheidungen zu verfassen oder Antworten aufzusetzen. Zuweilen notierte er seine Antwort auf das eingegangene Schreiben, das dann in dieser Form returniert wurde. Nach Meinung des Ministers Pontchartrain schrieb Ludwig mehr als ein Lohnschreiber.14 Allerdings gilt die Regel, dass neun von zehn Schriftstücken, die des Königs Kabinett verließen und seinen Namenszug tragen, nicht von ihm, sondern von einem Sekretär verfasst wurden. Dieser ahmte die Handschrift seines Herrn möglichst getreu nach. Er war damit, wie SaintSimon pointiert bemerkte, der einzige Mann im Königreich, der das qua Amt besorgte, wofür andere mit dem Tode bestraft wurden.15 Man nannte das avoir la plume, also „die Feder (des Königs) führen“. Natürlich hatte Ludwig dem Sekretär prinzipiell bedeutet, in welchem Sinne eine Antwort abzufassen war. Es gab allerdings auch Vorgänge – solche nachgeordneter Bedeutung –, die der König gar nicht zu Gesicht bekam. Auf anderem Wege wäre wohl die schiere Masse des Schriftverkehrs nicht mehr zu bewältigen gewesen. Die unmittelbaren Sekretäre Lud92

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wigs hatten also eine wichtige Vertrauensstellung inne. Der bedeutendste unter ihnen war Toussaint Rose, Marquis de Coye. Saint-Simon zeichnet von ihm in seinen Memoiren das Bild eines aufrechten Dieners der Krone bzw. des Königs – Minister hätten sich um sein Wohlwollen bemüht, der König ihm blind vertraut und auch vertrauen können. Natürlich war das implizit eine Kritik am König selbst, der eben – in Saint-Simons Augen – seinem Amt in vielem nicht gerecht wurde und daher auf solche Diener angewiesen war … 16 Für die Minister selbst war die regelmäßige und kontinuierliche Arbeit mit dem König ein wichtiger Gradmesser ihres Einflusses und die beste Möglichkeit, diesen zu gebrauchen. Dies galt namentlich für Colbert und den langjährigen Kriegsminister Louvois, wobei gerade Letzterer gelegentliche heftige Auseinandersetzungen mit dem König nicht scheute. Louvois war der bedeutendste Vertreter des mit den Colbert rivalisierenden Clans Le Tellier, der vom gleichnamigen Kanzler Michel Le Tellier begründet worden war. Nicht in diesem Amt, aber in dem – bedeutenderen – des Kriegsministers folgte ihm 1677 sein Sohn François Michel, Marquis de Louvois. Zum Ende des Holländischen Krieges, in der Phase der Reunionen und zu Beginn des Pfälzer Krieges übte dieser den größtdenkbaren Einfluss auf Regierung und Armee aus. Sein Tod 1691 wird zuweilen als „eigentlicher“ Beginn der Alleinregierung Ludwigs XIV. betrachtet.17 Tatsächlich musste Ludwig hernach nicht nur einen neuen Kriegsminister benennen, sondern letztlich das Machtzentrum neu organisieren, in dessen Mittelpunkt der ebenso energische wie rücksichtslose Louvois bis dahin gestanden hatte. Das Adjektiv „brutal“ findet oft Anwendung, wenn von ihm die Rede ist – sei es auf Deutsch, auf Englisch oder auf Französisch.18 Das mag durchaus seine Richtigkeit haben, insofern Louvois zu den Urhebern der Verwüstung der Pfalz in den Jahren nach 1688 gehörte. Und mit den ihm 93

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untergebenen Offizieren aus Hoch- oder Höchstadel verfuhr er nicht immer viel rücksichtsvoller als mit Heidelberg oder Speyer. Man kann den Entschluss Ludwigs, sich nach 1693 nicht mehr selbst zu seinen kämpfenden Truppen zu begeben, sondern das Kriegsgeschehen von Versailles aus zu überwachen, auch damit in Verbindung bringen, dass der Monarch dort, in der Regierungszentrale, das Vakuum füllen musste, das der Tod seines wichtigsten und tatkräftigsten Ministers hinterlassen hatte.19 Die nächste „Ministergeneration“, Colbert de Torcy, Le Tellier-Barbezieux und andere, stammten zum Teil wiederum aus den beiden großen Clans, die Ludwigs erste Regierungshälfte mitgeprägt hatten. Ihre Repräsentanten erreichten allerdings nicht mehr die gleiche Bedeutung wie die vorangegangenen Träger des Namens. Neben ihnen stand im Übrigen, in diesem Fall mit zunehmender Bedeutung, der dritte ministerielle Clan der Epoche Ludwigs XIV., das Haus Pontchartrain-Phélypeaux. Ihnen stand ein König mit im Laufe der Jahre naturgemäß deutlich gewachsener Lebens- bzw. Regierungserfahrung gegenüber.20 Für Ludwigs Kabinetts- bzw. Schreibtischarbeit gilt das Gleiche wie für die Ratssitzungen: Seine Entscheidungen waren abhängig von den Informationen, die an ihn herangetragen wurden, bzw. von der Art und Weise, in der man sie präsentierte. Zutritt zum Kabinett des Herrschers zu haben, die Möglichkeit zum Vortrag, eröffnete Ministern oder auch Sekretären zwangsläufig ganz erhebliche Einflussmöglichkeiten. Sie konnten sich das Vertrauen des Königs sichern und sie konnten ihn auch durchaus lenken. Ähnlich wie bei der Armee im Felde gegenüber Marschällen und Generalen erkannte Ludwig die Kompetenz seiner Mitarbeiter an. Und da er Widerspruch ertrug – wenn auch in Maßen –, war es ihm auch nicht vordringlich darum zu tun, sich mit Ja-Sagern zu umgeben. Die 94

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Liste seiner Minister und engen Berater steht für das Gegenteil.21 Der König war also durchaus bereit, dem Rat seiner Umgebung, seiner hohen Amts- und Würdenträger zu folgen. Allerdings tat er es nicht unbedingt und nicht unbedenklich: Ein gewisses Maß an Misstrauen gegenüber seinen Dienern blieb Ludwig eigen und ebenso der Wille, sein Recht zur Letztentscheidung nicht nur zu wahren, sondern auch zu zeigen. Der Kanzler Le Tellier machte, um einem Bittsteller die Grenzen seines eigenen Einflusses zu verdeutlichen, folgende Rechnung auf: Von zwanzig Angelegenheiten, die er dem König vortrage, würden wohl neunzehn in seinem Sinne beschieden, und zwar ohne große Umstände. In einer Sache allerdings würde der König dann stets gegen seinen Rat entscheiden. Und zwar ganz bewusst, um zu zeigen, dass er der Herr sei. Worauf nun aber diese königliche Ablehnung gerade fallen werde, das könne man nie vorhersagen.22 Die Frage, ob Ludwigs Regierungsstil „bürokratisch“ genannt werden kann, wird unterschiedlich beantwortet.23 Sicherlich hat er bürokratische Züge. Ludwig kannte die Akten, er konnte sie bearbeiten, und er tat es auch – in dem Rahmen, in dem dies erforderlich schien. Schriftverkehr, Sitzungsvorbereitung und -nachbereitung waren ihm vertraut. Doch zum „Bürokraten“ machte ihn das nicht. Ludwig entschied weniger „nach Aktenlage“ als vielmehr im Gespräch – d. h. mit seinen Ministern, aufgrund deren Darstellung. Oder er entschied nach Augenschein und entsprechenden Konsultationen – was nichts grundsätzlich anderes war – etwa im Felde. Es war allerdings sehr wohl etwas anderes als das, was, einhundert Jahre zuvor, in Spanien Philipp II. eingerichtet hatte – Ludwigs Urgroß­vater. Ausführliches, minuziöses, nicht zuletzt einsames Studium war nur selten die Grundlage der Entscheidungen des Sonnenkönigs. Über deren Richtigkeit oder Fehlerhaftigkeit sagt das allerdings nichts aus. Und über die Manipulierbarkeit nur 95

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wenig. Auch schriftliche Memoranden und Berichte ließen sich schließlich „färben“ und für den Adressaten „zuschneiden“.

Friedliche Reformen – Ludwig als König des Inneren? Ludwigs XIV. in den 1660er-Jahren entstandene „Memoiren“ handeln zum größeren Teil von seiner, Ludwigs, Stellung in der Welt und von seinem Blick auf dieselbe. Es geht um Außenpolitik, fremde Mächte, schließlich den Devolutionskrieg. Zu einem kleineren, durchaus aber nicht unwichtigen Teil geht es jedoch auch um die inneren Angelegenheiten Frankreichs, den Zustand, in dem er sie vorgefunden hatte, und um die Maßnahmen, die er dann alsbald ergriffen habe, um sie zu ändern bzw. zu verbessern. „Unordnung abstellen“, „Ordnung herstellen“ sind in diesen Passagen recht häufig gebrauchte Wendungen, ebenso wie das Begriffspaar „Reform“ und „reformieren“. Ludwig stellte sich als innenpolitischer „Reformer“ dar, verstanden als jemand, der das Land wieder in jene (gute alte) Form brachte, die (angeblich) verloren gegangen war. Tatsächlich konnte er hier einige Anstöße für sich oder doch für seine Regierung in Anspruch nehmen. Aufs Ganze gesehen jedoch fällt Ludwigs innenpolitische Bilanz als „Reformer“ nur bedingt erfolgreich aus.24 Ein Beispiel für die Beteiligung des Königs an der Innenpolitik ist die Erarbeitung des erneuerten Straf- und Zivilgesetzbuches, die ab 1665 unternommen wurde. Rechtsprechung und -setzung gehörten natürlich weiterhin zu den grundlegenden Funktionen des frühneuzeitlichen Königtums. Der König von Frankreich war roi-justicier, königlicher Richter, Gerichtsherr.25 Ludwig schuldete es seinen Untertanen, Mängel abzustellen, die sich in der französischen Justiz der 1660er-Jahre 96

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gezeigt hatten. In seinen Memoiren kommt er wiederholt darauf zu sprechen.26 Angeregt von seinem Minister Colbert, ließ der König von hohen Justizbeamten Verbesserungsvorschläge erstellen, arbeitete diese durch, diskutierte sie mit den Autoren und gab schließlich den Auftrag, ein vereinheitlichtes Gesetzbuch zu schaffen, das standardisierte Rechtsfindungsprozesse einschloss. Willkür sollte Einhalt geboten werden. Dies betraf Verfahrensregeln, die Auswertung von Beweisen, auch die Anwendung der Folter. Leitendes Prinzip aller strafrechtlichen Regelungen blieb dabei die Abschreckung. Die Ergebnisse finden sich im Code Louis, der in zwei Teilen 1667 bzw. 1670 beschlossen wurde und bis zum Ende der Monarchie in Kraft blieb. Das Werk blieb damit allerdings ein Torso und steht weit hinter dem zurück, was dann im 18. Jahrhundert etwa in Preußen oder der Habsburgermonarchie in dieser Hinsicht erreicht werden sollte, aber es setzte einen Anfangspunkt für diese Einwicklung zu umfassender, rationaler Justizreform.27 In den gleichen Kontext gehören die von Colbert vorbereiteten, von Ludwig ermächtigten Grands jours d’Auvergne – eine Visitation der Richter und Gerichtshöfe dieser zentralfranzösischen Provinz, in der es über Jahrzehnte zu einer besonders hohen Zahl von Unregelmäßigkeiten der Justiz gekommen war, namentlich jener der Grundherren: von Inkompetenz über Günstlingswirtschaft bis zu massiver Korruption und offener Willkür. Die – Grands jours – sollten dem 1665/66 ein Ende machen und sowohl die Autorität des roi-justicier stärken als auch den Durchgriff seiner Regierung auf die entlegene Provinz.28 Die Rolle der Richter bzw. die der Oberrichter wurde vom König auch in anderer Hinsicht nicht unbedingt gestärkt. Dies zielte freilich besonders auf das Obergericht von Paris, das parlement de Paris, dessen Amtsbezirk das halbe Land umfasste. Der Gegensatz zwischen dem König und seinen Richtern ergab sich aus deren politischen Ambitionen, die Ludwig während 97

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Ludwigs bedeutendster Minister: Jean-Baptiste Colbert (1619–1683). Er war der eigentliche Autor von Ludwigs Finanz- und Wirtschaftspolitik sowie der Schöpfer der französischen Marine. Französische Schule, ca. 1665.

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der Fronde kennengelernt hatte. Die Obergerichte betrachteten sich als Teilhaber der königlichen Autorität, da sie aus der mittelalterlichen curia regis hervorgegangen waren, einen Teil der königlichen Amtsgewalt – eben die Rechtsprechung – besaßen bzw. wahrnahmen und zumindest in Paris auch im ehema­ ligen Königspalast ihren Sitz hatten. Freilich geschah diese Wahrnehmung der königlichen Amtsgewalt nicht aus eigenem Recht, sondern im Auftrag des Königs, der die entsprechende Delegation durchaus auch rückgängig machen konnte. Dies war das Prinzip der bereits angesprochenen lits de justice, bei denen der Monarch im parlement erschien, seine ursprüng­ liche höchstrichterliche Funktion wieder einnahm und das Gericht so an seinen Willen band.29 Im Übrigen teilte Ludwig die selbstbewusste Interpretation, die seine Oberrichter ihrer eigenen politischen Rolle hatten zuteilwerden lassen, ganz und gar nicht. Er sah sie nicht als Partner, sondern als Diener der Krone. Schon 1665 hatte er ihnen die Selbstbezeichnung als cours souveraines genommen und durch das wesentlich weniger anspruchsvolle cours supérieures ersetzt. – „Souverän“ war in Frankreich nach Ludwigs Auffassung nur einer allein, nämlich er selbst. 1673 nahm er ihnen das wichtigste politische Recht, über das sie verfügten, das sogenannte „Remonstrationsrecht“ (droit de remontrance). Es besagte, dass das Obergericht gegen ein königliches Gesetz Bedenken erheben konnte, und dadurch befugt war, die Registrierung des entsprechenden Gesetzes zu verweigern. – War das Gesetz vom parlement nicht „registriert“, d. h. verzeichnet, war es nicht in Kraft, niemand, kein Gericht konnte sich darauf berufen. Dies ließ sich dann zwar durch ein lit de justice überstimmen bzw. aus dem Weg räumen, doch war das Verfahren umständlich und zeitraubend. 1673 setzte Ludwig dem ein Ende. Den Richtern blieb nur ein nachträglicher Protest, der aber die Gesetzeskraft des königlichen Willens weder aufhob noch aufschob. Erst im 99

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18. Jahrhundert, unter Ludwigs Nachfolgern, sollte der Gegensatz zwischen Krone und parlements dann neuerlich zu politischer Brisanz führen.30 Die Richterstellen waren Kaufämter, nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen – der Zahlung einer Gebühr – wurden sie auch erblich. Das gab ihren Inhabern natürlich Unabhängigkeit und für die Krone war diese nicht immer erfreulich. Auch die Verwaltung des Königreiches, die ja im 17. Jahrhundert von der Rechtsprechung noch keineswegs klar geschieden war, stützte sich weiter auf diese überkommene Struktur der Kaufämter: Das Amt war das Eigentum seines Inhabers, sei es, dass er es erworben, sei es, dass er es ererbt hatte. Der Wert ergab sich aus dem Prestige und den Einkünften, der Preis konnte also schwanken. Natürlich ließ sich ein Amt auch mit Gewinn oder – in der Not – Verlust weiterverkaufen. Die Amtsträger waren nun an Weisungen zwar gebunden, konnten allerdings insofern recht unabhängig handeln, als sie nicht absetzbar waren und nur schwer zu maßregeln. Der König hätte dann das Amt zurückkaufen müssen, was nach Lage der Dinge – d. h. nach Finanzlage der Krone – unmöglich war. Sicher konnte man einen Amtsträger gelegentlich auch gefangen setzen, doch war das mühsam, meist unpopulär und löste das bestehende Problem nur selten. Mit anderen Worten: Amtsträger konnten Anweisungen durchaus auch ignorieren. Wollte die Krone eine Maßnahme durchsetzen, war es ratsam, sie nicht allzu kontrovers ausfallen zu lassen.31 Neben den Kaufämtern gab es freilich seit den Tagen Richelieus die parallele Struktur der in die Provinzen entsandten Kommissare. Diese waren unmittelbar ernannt, hatten ihre Positionen nicht gekauft und konnten darum auch wieder abberufen werden. Sie stellten einen neuen, weit in die Zukunft weisenden Beamtentypus dar. Unter der Bezeichnung der „Intendanten“ wurden sie unter Ludwig XIV. die entscheidenden 100

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Figuren der Provinzverwaltung. Allerdings blieb ihre Zahl gering: 1714 gab es genau 31, begleitet von wenigen Mitarbeitern und Schreibern. Sie blieben auf die Zusammenarbeit mit lokalen Amtsträgern also weiterhin angewiesen. Die Macht des ­Königs endete oft genug an der Türschwelle des Intendanten – oder an der seines Gesprächspartners.32 Die Bedeutung der Intendanten spiegelte den Bedeutungsverlust der bis dahin in den Provinzen waltenden Gouverneure wider. Im 16. und frühen 17. Jahrhundert hatten sie sich einer sehr weitgehenden Unabhängigkeit erfreut und sich durchaus nicht immer damit begnügt, die königliche Autorität zu vertreten und durchzusetzen. Sie entstammten i.d.R. dem hohen Adel oder waren gar königlichen Geblüts. Sie agierten als Bindeglieder zwischen der Krone und dem Provinzadel und verfügten oft über dessen weitgehende Loyalität, denn wiewohl sie natürlich einerseits die Interessen der Krone in den Provinzen vertreten sollten, wahrten sie doch andererseits zugleich die Interessen „ihrer“ Provinz und also „ihres“ Adels gegenüber der Krone. Diese Schlüsselposition wurde von Ludwig XIV. deutlich relativiert: einerseits durch die Einführung von Amtszeitbegrenzungen, die zwar wieder aufgehoben werden konnten (und auch wurden), die aber dennoch die Unabhängigkeit der Gouverneure beschnitten. Und andererseits durch das Verbot, in der Provinz, die man zu verwalten hatte, auch tatsächlich zu residieren. Das beließ den Gouverneuren zwar die Möglichkeit, in Versailles für ihre Provinz einzutreten, verringerte aber ihre direkte Autorität vor Ort. Dass sie sich an die Spitze von Unzufriedenheiten stellen und dem König die Stirn bieten konnten, war fortan ausgeschlossen.33 Dazu gab es freilich auch wenig Anlass. Denn Ludwigs Herrschaft, gerade auch seine Reformmaßnahmen, zielten nicht zuletzt darauf ab, das Einvernehmen mit dem Adel zu wahren. Die Armee bot ihm Karrieren, der Hof ein Forum. Hiervon 101

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wird noch die Rede sein. Ludwig vermochte es dabei freilich, Maßnahmen zum Schutz des Adels mit einer genaueren Aufsicht über den Adel zu verbinden: Die Möglichkeit zu beidem boten die recherches de noblesse, die Adelsrevisionen der Jahre 1666 bzw. 1696. Einerseits ging es um Adelsschutz: ­Adelige Klagen über Adelsanmaßungen, also unrechtmäßige Selbsterhebungen, gerne unter Verweis auf angeblich adelige Vorfahren ferner Zeiten oder ferner Länder, gab es seit dem 16. Jahrhundert, ebenso solche über den Ämterkauf, der Adelsqualität verlieh. Gegen Letzteren hatte die Krone wenig einzuwenden, da sie ihn selbst betrieb, gegen Erstere dagegen umso mehr. Der Zweite Stand sollte bewahrt werden, vor Eindringlingen geschützt. Es ging darum, dass der Adel natürlich als Stütze des Thrones angesehen wurde, als selbstverständliche Elite des Landes. Nicht zu unterschätzen ist aber auch die ständische Solidarität, die der König, der „erste Edelmann Frankreichs“, gegenüber „seinen“ Adeligen empfand. Ludwig setzte fest, dass die Adelsqualität einer jeden Familie juristisch zu prüfen sei, auf der Basis schriftlicher Beweise, vorzulegen vor entsprechend instruierten Kommissionen. Dies sollte jene Gestalten herausfiltern, die sich auf der Grundlage wohlhabender, adelsmäßiger Lebensführung den Stand bzw. den Titel „ersessen“ hatten, die tatsächlich aber weder zum Uradel gehörten, noch jemals vom Monarchen geadelt worden waren. Daran nahmen tatsächlich sowohl die altadeligen Familien Anstoß wie auch der Hof, denn solche Adelsusurpatoren stellten natürlich einerseits eine soziale Herausforderung dar, erhoben andererseits aber auch Anspruch auf Ämter und königliche Gnaden, die dann dem „echten“ Adel vorenthalten waren.34 Die Untersuchung war nun allerdings unter zwei Gesichtspunkten problematisch: Das „Ersitzen“ des Adels war im Grunde genommen bis ins 16. Jahrhundert hinein eine akzeptierte Form der Selbstergänzung des Zweiten Standes gewesen. 102

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Die soziale Praxis machte den Adeligen, wer adelsmäßig lebte, musste wohl auch von Adel sein und wurde als solcher akzeptiert. Der Kreis der von der Untersuchung schmerzhaft Betroffenen ging darum leicht über die vielleicht noch als solche erkennbaren, bewussten Adelsusurpatoren der Jahrzehnte vor 1661 hinaus. Und er schloss im Übrigen, das war der zweite Aspekt des Problems, jene recht eminenten Standesgenossen ein, die sich eigentlich solcher Fragen enthoben sahen, da ihre Adelsqualität aus „dem Dunkel der Zeiten stammte“, wie eine verbreitete Formulierung hierfür lautete. Gerade alt- bzw. uradelige Familien hatten begreiflicherweise kein Adelsdiplom in ihrer Truhe liegen. Sie mussten also mit den Ämtern der Vorfahren, den Heiratsverbindungen oder anderen Auszeichnungen argumentieren. Dies gelang in der Regel auch. Doch die Notwendigkeit, eine solche Argumentation zu entfalten, war bereits schmerzhaft. Im Übrigen aber gelang es oft genug, auch zweifelhaften Adel zu erhalten und ihn nachträglich legitimieren zu lassen. Denn die Krone bot – natürlich – einen ­finanziellen Ausweg an: Gegen ein Bußgeld von 2000 Livres gab es einen Dispens von der Nachweispflicht.35 Bei aller Inkonsequenz war damit aber doch klar, dass hier im Verhältnis von Adel und Krone eine neue Geschäftsgrundlage geschaffen worden war. Der Ämterhandel, aber auch die fürstlichen Nobilitierungen hatten im 16. Jahrhundert begonnen, den Adel auf eine neue, nunmehr juristische und insofern von der Krone definierte Basis zu stellen. Die recherches de ­noblesse brachten diesen Prozess zum Abschluss: Adelig war, wer den entsprechenden schriftlichen Nachweis von offizieller, d. h. königlicher Seite erbringen konnte. Die Selbstergänzung durch die bloße soziale Praxis wurde zurückgedrängt bzw. umgelenkt in die Bahnen des Ämterhandels. Ludwig XIV. und seine Minister hatten Frankreich im Innern verändern können: Es gab Anstöße zu verbesserter, ver103

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einheitlichter Justiz, zu zentraler, steuerbarer Verwaltung. In diese Anstöße oder auch Ansätze – sehr weit gediehen weder die Justiz- noch die Finanzreform – war Ludwig involviert. Er hatte die entsprechende Politik autorisiert. Zu einem „großen inneren König“ – ein Epitheton, das auf Friedrich Wilhelm I. von Preußen angewandt wurde – macht ihn das sicher noch nicht. Die Schwerpunkte seiner Herrschaft, seines Verständnisses davon und seiner Ausübung, lagen anderwärts. Und den größten innenpolitischen Erfolg, mit dem er sich vielleicht auch selbst am stärksten identifizierte, erzielte er ausgerechnet auf einem Gebiet, auf dem die nachfolgenden Generationen zu einer ganz anderen Einschätzung der Dinge kommen sollten als der Sonnenkönig: auf dem Gebiet der Religion.

Der König, das Land und der Glaube 1685 widerrief Ludwig XIV. das von seinem Großvater Heinrich IV. erlassene Toleranzedikt von Nantes. Schon seit Langem war es mehr und mehr ausgehöhlt worden. Richelieu und Ludwig XIII. hatten den Protestanten die politische Autonomie genommen, das Bekenntnis als solches aber nicht angetastet. Die religiösen Freiheitsrechte blieben bestehen. Allerdings sorgte die mehr oder weniger deutliche Zurücksetzung gegenüber der katholischen Staatsreligion dafür, dass gerade der Adel sich mehr und mehr vom Protestantismus abwandte. Der Glaube Calvins verlor gegenüber dem Richelieus und Ludwigs XIII., Mazarins und Ludwigs XIV. deutlich an Attrakti­ vität. Zwangsläufig verlor er damit auch an politischem, sozialem und kulturellem Gewicht. Eine Gefahr oder auch nur einen Machtfaktor, mit dem man rechnen musste, stellte er seit Ende der 1620er-Jahre nicht mehr dar. Im Gegenteil: Die Protestanten waren sich bewusst, dass ihr Überleben vom 104

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guten Willen der Krone abhing, und die Krone selbst wusste das ebenfalls. Die Loyalität protestantischer Offiziere und Amtsträger stand nicht mehr infrage. Doch die französischen Protestanten stellten auch ein nützliches Bindeglied dar zu Frankreichs protestantischen Partnern in Europa: zu Schweden, den Niederlanden, den deutschen Fürsten. Die begrenzte Toleranz auf der Basis des Edikts von Nantes war also ein hinnehmbares Zugeständnis.36 Nach dem Dreißigjährigen Krieg, nach der Fronde, also zur Mitte der 1650er-Jahre hin begann die Krone ihre Haltung gegenüber den Protestanten zu verändern. Die religiösen Anschauungen der (ehemaligen) Regentin, Annas von Österreich, und ihres Umfeldes waren daran nicht unbeteiligt. Doch auch darüber hinaus sah sich und war der französische Reform­ katholizismus auf der Siegesstraße. Der Klerus forderte wiederholt und vehement das weitere Zurückdrängen der „Häresie“. Und dies mit Erfolg: Eine lange Reihe von Bestimmungen, Mandaten und Resolutionen nahm ihren Anfang, die die Glaubensausübung wie soziale Existenz der Protestanten mehr und mehr einschränken sollte. Auf der symbolischen Ebene wurde etwa den Angehörigen des „vorgeblich reformierten Bekenntnisses“ (la religion prétendue réformée) vorgegeben, diesen obrigkeitlichen Begriff auch zur offiziellen Selbstbezeichnung zu machen. Es wurde die Kleidung der Pastoren reglementiert oder die der im Gottesdienst eventuell anwesenden Adeligen. Der forcierte Abriss zahlreicher „Tempel“ – unter verschiedenen Vorwänden – griff dann in die Substanz der Glaubensausübung ein. Die soziale Entfaltung der Protestanten beschnitt man durch die zunehmende Bindung von Ämtern oder auch Berufen an die katholische Konfession: Notare, Richter, Steuerpächter und andere mehr benötigten fortan ein certificat de catholicité. Konversionen zum „wahren Glauben“ – dem des Königs – wurden in jeder Hinsicht gefördert und erleichtert. 105

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Um besseren Zugriff auf die Familien zu gewinnen, senkte man das Mindestalter auf sieben Jahre. Besonderer Ehrgeiz richtete sich aber seit 1670 auf die Pastoren, um die bzw. um deren Übertritt die Krone mit erheblichen finanziellen Verheißungen warb – allerdings mit geringem Erfolg. Die sichtbaren Grenzen zwischen den Konfessionen wurden so jedoch allenthalben erhöht und verstärkt, sei es schließlich durch die Trennung der Toten, d. h. der Friedhöfe.37 Ludwig XIV., roi Très-Chrétien, hatte bei seiner Salbung und Krönung in Reims gelobt, die Kirche zu schützen – d. h. die katholische – und die Häresie zu vertilgen – also den Protestantismus. Er war erzogen worden im Geiste des Reformkatholizismus und hatte sich diesen prinzipiell auch zu eigen gemacht – von Fragen der persönlichen Lebensführung zunächst einmal abgesehen. Er teilte daher die Ansicht, das Fortbestehen des französischen Protestantismus sei eine Ano­ malie. Es gelte die verirrten Seelen zu retten, aber auch den Rang und den Charakter Frankreichs zu wahren, der „ältesten Tochter der Christenheit“. Denn die Gegenwart des Unglaubens gefährdete diese Ausnahmestellung.38 Ludwig stand also selbstverständlich hinter allen Maßnahmen, die die Präsenz und schließlich die Existenz der „vorgeblich Reformierten“ einschränkten bzw. infrage stellten. Er beobachtete ihre zunehmende Schwäche mit Genugtuung. Persönlich war es ihm besonders um die Konversion der letzten protestantischen Hochadeligen zu tun: Die des Marschalls Turenne 1668 hatte Signalcharakter. Dennoch zeichnete sich ab, dass die Politik des Drucks, der Verschlechterung der Lebensbedingungen der Protestanten und der Verlockung zur Konversion nicht zum Ziel führen würde. Nach dem Scheitern der vor allem auf die Pastoren zielenden Konversionskasse bzw. der mit ihr verbundenen Angebote begann daher die Phase der Gewalt.39 106

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Der Intendant des Poitou befahl 1681 den Einsatz des Militärs gegen die Religionnaires. Die Lasten von Einquartierungen und die damit einhergehenden, bewusst einkalkulierten Gewaltexzesse – die sogenannten Dragonnaden – brachten von da an rasche Erfolge. 38 000 poitevinische Protestanten konvertierten binnen weniger Monate, um dem Terror zu entgehen. Nach der Motivation der Übertritte bzw. nach deren religiöser Ernsthaftigkeit fragten weder die Beamten noch der Klerus. Und auch am Hofe, wo man die Zahlen zufrieden zur Kenntnis nahm, spielte dies keine Rolle. Die Dragonnaden wurden auf andere Provinzen ausgedehnt, die Erfolge waren vergleichbar, das Ende des französischen Protestantismus schien gekommen. Vier Jahre später sollte das Edikt von Fontainebleau, der Widerruf des Edikts von Nantes, den offiziellen Schlusspunkt unter diesen Prozess setzen. Die Konversionen, so die Präambel von 1685, zeigten, dass die Religionsspaltung ihr Ende gefunden hatte …40 Anders als oft zu lesen untersagte die Revokation freilich nicht das protestantische Bekenntnis als solches. Das Gewissen der einzelnen Untertanen sollte offiziell unbeschwert bleiben – dies war vermutlich dem Einfluss des Hofpredigers Bossuet geschuldet. Andernfalls wäre wohl der Zwang, der hinter den Konversionen stand, auch für dessen Urheber allzu deutlich sichtbar geworden. Formal wurde also lediglich das öffentliche Bekenntnis der religion prétendue réformée verboten und die Ausweisung der Pastoren verfügt. Es gab keinen Konversionsbefehl an die Untertanen. Ob freilich die private, häusliche Andacht dieser protestantischen Untertanen weiter möglich blieb, war Auslegungsfrage. Denn unter Strafe gestellt wurde auch jedwede religiöse „Versammlung“, jedes gemeinsame Gebet. Selbst der Besitz von protestantischen Bibeln und Texten konnte verfolgt werden. – Die Unbeschwertheit des einzelnen Gewissens war damit tatsächlich nur ein scheinbares Zuge107

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ständnis gewesen. Faktisch war schon die soziale Existenz, die Rechtsfähigkeit, nunmehr an das katholische Bekenntnis geknüpft: Taufe, Eheschließung, Testament und Beisetzung waren nur noch in dieser Konfession möglich. Und darüber hinaus wurde jede irgendwie geartete protestantische Glaubens­ praxis massiv unterdrückt. Die genannte Auslegungsfrage fand so eine eindeutige Antwort: Für die Glaubensdifferenz war kein Platz mehr.41 Ludwigs Beweggründe, die Zwangsmaßnahmen zu autorisieren, den Protestantismus mit Gewalt zu unterdrücken, lagen in seiner eigenen religiösen Gewissheit begründet, in seinem Amtsverständnis und in der aktuellen politischen Konjunktur. Gott hatte ihm Frankreich anvertraut, er sah sich also verpflichtet, das ganze Land zum „wahren Glauben“ zu führen. Am Anfang seiner Regierung, in den Memoiren von 1661, hatte er dafür allerdings noch Milde, genaue Beachtung des Edikts von Nantes und die Verweigerung jeglicher weiterer Gnaden und Wohltaten empfohlen.42 Die Wendung zur Gewalt, die seine Politik zwanzig Jahre später nahm, war insofern der Frustration geschuldet, aber auch der Notwendigkeit, mit europäischen Rivalen Schritt zu halten: Leopold I. hatte 1683 die Türken vor Wien zurückgeschlagen und unmittelbar darauf begonnen, Ungarn zurückzuerobern bzw. – richtiger gesagt – zurückerobern zu lassen. Das kaiserliche Ansehen in der Christenheit – nicht allein in der katholischen – nahm darüber einen enormen Aufschwung. Das galt sogar für die Hofkreise von Versailles: Mehrere prominente Adelige suchten kaiserliche Dienste oder zumindest venezianische. Ludwig musste etwas dagegensetzen, und die „Ausrottung der protestantischen Häresie“ war dafür das geeignete, das einzig verfügbare Mittel. Protestantische Bündnispartner, im Übrigen, die die Protestantenverfolgung hätte verärgern können, gab es kaum mehr. Die Abwendung Kurbranden108

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burgs schien ein vertretbarer Preis zu sein, angesichts des ewigen Ruhmes, den das Unterfangen dem „Allerchristlichsten König“ einzubringen schien.43 Die gegen Ludwig und gegen Frankreich gerichteten Flugschriften der Jahre nach 1685 bringen die Revokation demgegenüber gerne in Verbindung mit persönlichen Schwächen des Monarchen: seiner eigenen Sündhaftigkeit, dem Einfluss der Maitresse Maintenon oder dem des Beichtvaters Lachaise. Tatsächlich fielen die Verschärfung der Konversionspolitik hin zur Unterdrückung, schließlich der Wiederruf des Toleranzedikts zusammen mit der persönlichen Wendung Ludwigs zu religiöser Ernsthaftigkeit, ja zur Bigotterie. Und sicherlich haben weder sein Beichtvater noch seine zweite Ehefrau und vorherige Maitresse ihm von dieser Verschärfung abgeraten.44 Doch waren dies Begleitumstände. Unterdrückung, Verfolgung der Protestanten, der Widerruf des Edikts müssen gelten als Politik Ludwigs XIV., getragen von persönlicher Überzeugung, im Einklang mit seiner Umgebung und mit seiner Zeit. Denn Toleranz war, einigermaßen selbstverständlich, noch kein Wert des 17. Jahrhunderts – weder in Versailles noch in Wien und nur sehr begrenzt in London oder Amsterdam. Auch im Heiligen Römischen Reich ging es nach 1648 noch lange nicht um die Organisation von Toleranz, sondern um die territoriale Trennung der Konfessionen und, wo das nicht möglich war, um die Errichtung anderweitiger Grenzen.45 Die Revokation des Toleranzedikts war in Frankreich populär. Jedenfalls gilt dies für die veröffentlichte Meinung, die von Staat und Kirche alimentiert war. Adelig-höfische Memoiren sagen nichts anderes. Daneben scheint freilich in den von den Verfolgungsmaßnahmen betroffenen Regionen ein erhebliches Maß an nachbarschaftlicher Solidarität bestanden zu haben, das zum einen das Überleben der Protestanten gewährleistete, zum anderen das des Protestantismus. Denn letzten 109

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Endes überlebte der französische Protestantismus, wenn auch klandestin, „im Versteck“. Die Gläubigen genügten den obrigkeitlich geforderten Formen, praktizierten aber ihren alten Glauben weiter, was für die unmittelbare Umgebung ein gar so großes Geheimnis meist nicht war. Wahrscheinlich trug die staatliche Verfolgung sogar dazu bei, die Protestanten als bedrängte, aber auserwählte Minderheit neu zu konturieren und ihren Zusammenhalt zu stärken.46 Dem Land selbst – und auch seinem König – schadete die Revokation in jeder Hinsicht. Die Emigration von etwa 150 000 bis 200 000 Menschen bedeutete eine wirtschaftliche Schwächung, die verkraftbar gewesen sein mochte, die aber eben keineswegs positiv zu Buche schlug. Die Auswanderung war auch nicht ganz neu: Das bereits bestehende protestantische refuge in den Niederlanden wurde verstärkt, England und Teile Deutschlands traten als Rückzugsgebiete hinzu.47 Natürlich bedeutete das wiederum eine demographische, wirtschaftliche und kulturelle Stärkung dieser Länder – also der Gegner Frankreichs. Vor allem aber boten Protestantenverfolgung, Emigration und Aufnahme im refuge Gelegenheit zu einer gewaltigen Propagandaoffensive. Das protestantische Europa wurde mobilisiert, der „Antichrist“ von Versailles auf nachhaltigste Weise denunziert.48 Für die Glorious Revolution, den Sturz des katholischen, mit Ludwig verbündeten Jakob II. von England tat die Revo­kation also einiges. Die publizistischen Gegner Ludwigs XIV. waren nicht zuletzt und nicht zum Geringsten die französischen Protestanten im Exil, vor allem in London und Amsterdam. Sie fanden ihre Erben in der Aufklärung. Das 18. Jahrhundert sollte Ludwigs Revokation und Glaubenszwang darum keineswegs vergessen. Beifall gab es dafür nicht mehr. „Persécution“, „Réfugiés“, „Tolérance“ – die Artikel der „Encyclopédie“ Diderots sprechen eine deutliche Sprache. Es war für den „Großen König“ keine der Bewunderung.49 110

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Auch eine aus größerer innerer Einheit resultierende Stärke brachte die Revokation dem Land nicht. Der Grundsatz „un roi, une loi, une foi“ – ein König, ein Gesetz, ein Glaube – war zwar formal hergestellt, wirkte aber eben nur an der Oberfläche. Der Camisardenaufstand der Jahre 1702 bis 1704 sollte das zeigen. Und auch der französische Katholizismus sollte, für sich genommen, nach 1685 keineswegs zu einer einigen Stütze des Thrones werden. Streitigkeiten mit Rom, vor allem aber die Auseinandersetzungen mit der Reformbewegung der Jansenisten würden bis weit ins 18. Jahrhundert hinein auf der Monarchie lasten, auf ihrem Verhältnis zum Klerus und auf dem zu den Untertanen.

Der reformierte Riese – Ludwigs Armee Den größten „inneren“ Erfolg konnte die Politik Ludwigs XIV. wahrscheinlich auf jenem Gebiet verzeichnen, das zur äußeren Auseinandersetzung führen bzw. sie möglich machen sollte: auf dem der Neugestaltung der französischen Armee, dem Auf- und Ausbau des „stehenden Heeres“. Die bewaffnete Macht, die Ludwig übernahm, war nicht gering gewesen: Immerhin hatte sie den Krieg gegen Spanien gewonnen. Ludwigs Herrschaft sollte sie nicht nur im Umfang vervielfachen – von etwa 70 000 Mann im Friedensjahr 1661 auf etwa 340 000 Mann im Pfälzer Krieg. Für den Spanischen Erbfolgekrieg ist meist von über 400 000 Mann die Rede, es gibt aber auch Berechnungen, die, Miliztruppen einbezogen, eine Truppenstärke von bis zu 600 000 Mann nennen. Im Friedensjahr 1715 sollten es dann allerdings wiederum „nur noch“ 130 000 reguläre Soldaten sein, die Frankreich unter Waffen hielt. Doch nicht nur die Konturen, auch die Strukturen sollten sich bis 1715 deutlich verändern. Wie in allen anderen Bereichen wal111

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tete und entschied Ludwig auch hier nicht allein bzw. nicht im Alleingang, doch – wie in allen anderen Bereichen – waren die Entwicklungen auch hier ohne ihn nicht denkbar.50 Der „Riese des 17. Jahrhunderts“, wie der englische Militärhistoriker John Lynn die Armee Ludwigs nennt, wurde essenziell im Lande rekrutiert, auf – theoretisch – freiwilliger Basis. Es gab „grundherrliche“ Rekruten, also solche, die mit ihrem seigneur ins Feld zogen und unter ihm dienten. Der Regelfall aber war die landesweite Werbung, das Locken mit Handgeld und militärischem Nimbus. Während der großen Krisen des Pfälzer und des Spanischen Erbfolgekrieges wurde die Freiwilligkeit der Werbung dann zu einem nur noch sehr theoretischen Prinzip. Hier wurde, wie in anderen Ländern auch, mit allen notwendig erscheinenden Mitteln ermuntert bzw. betrogen und also „gepresst“. Zudem errichtete man ab 1688 ein obligatorisches Milizsystem. Strafgefangene zwangsmäßig zu rekrutieren, verweigerte der König. Für diese Klientel gab es auch bereits den Dienst auf den Galeeren.51 Neben der Rekrutierung aus dem Land ist aber doch festzuhalten, dass die Fremdenregimenter aus Deutschen, Iren und vor allem Schweizern eine gleichmäßig wichtige Rolle in der Armee der französischen Monarchie behielten, und zwar über die Regierungszeit Ludwigs XIV. hinaus. Erst die Französische Revolution sollte dem ein Ende bereiten. Ihre Stärke konnte bis zu 25 000 Mann erreichen. Disziplin und Loyalität machten sie zu einem wertvollen Instrument der Krone und ihrer Kriegführung, allerdings auch zu einem teuren: Deutsche wie Schweizer waren Söldner und sie hatten ihren Preis: Die Soldzahlungen fielen erstens höher aus als bei den „französischen“ Regimentern, konnten sich gar auf das Doppelte belaufen, und sie ließen sich, zweitens, auch bei leeren Kassen nicht aufschieben.52 Kommandiert wurde die Armee von ihren Offizieren, zum großen Teil Vertretern des alten, grundbesitzenden Schwert112

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adels. Die quantitative Expansion der Truppen und nicht zuletzt auch die hohe Sterblichkeit im Kriege sorgte allerdings dafür, spätestens nach 1688, dass auch Söhne des Amtsadels oder soziale Aufsteiger ihren Platz bzw. ihre Offiziersstelle finden konnten – und dies in großer Zahl. Kardinalproblem für die sinnvolle Rekrutierung und leistungsgerechte Karrieren war dabei die Käuflichkeit der Ämter auch in der Armee. Der Verkauf von Offiziers- und Kommandostellen durch die Krone war schon vor Ludwigs Regierungsantritt als Problem ausgemacht worden, da zum einen Finanzkraft allzu offensichtlich nicht immer mit militärischer Kompetenz einherging, und da, zum anderen, der Verkauf einer Offiziersstelle durch die Krone die Disziplinierungsmöglichkeit gegenüber dem Käufer ­beschnitt. Die Praxis wurde daher 1654 beendet – wobei es ­allerdings weiterhin Ausnahmen geben sollte.53 Der Weiterverkauf von Offiziersstellen allerdings, also von Inhaber zu Interessent, war zwar offiziell gleichfalls untersagt, blieb aber dennoch möglich und wurde toleriert oder vielmehr sanktioniert. Die Krone gestattete den Weiterverkauf einer Stelle, wenn denn der Käufer für den Dienst geeignet erschien. Es gab also ein Aufsichts- bzw. Prüfungsrecht und dieses führte durchaus zu Einsprüchen bzw. zu Zurückweisungen von Käufern, allerdings waren sie selten. Der Dienst in den Waffen, unter dem Befehl des Königs, entsprach der mentalen Disposition des französischen Adels. Er war schlecht bezahlt, doch wirtschaftlich ruinös durfte er nicht werden. Die Möglichkeit, Stellen weiterzuveräußern oder auch ihre Erblichkeit zu gestatten – Letzteres war angesichts des Berufsrisikos nicht gering zu veranschlagen –, trug dazu bei, das zu gewährleisten. Davon, dass der Ämterhandel in der Armee beendet worden wäre, kann also keine Rede sein. Wichtig war dennoch, dass es für den Verkauf einer Stelle der königlichen Genehmigung bedurfte und also eine Kontrolle etabliert war.54 113

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Ausgenommen von der Käuflichkeit waren letztlich die Dienstgrade zwischen Hauptmann und Obrist, die Generalsränge und die Kommandanturen der Grenzfestungen sowie der größte Teil der Subalterndienstgrade, vom Fähnrich an. Ausgenommen waren auch bestimmte, meist neu errichtete Truppenteile. Übrig blieb damit aber die Masse der Hauptmann- und Obristenstellen, also die Befehlspositionen über die Einheiten Kompanie und Regiment, die für die Armee grundlegend waren. Auf einem anderen Feld wurden grundsätzlichere Neuerungen erreicht, nämlich in der militärischen Hierarchie. Die Übung der Vergangenheit, dass gleichrangige Offiziere sich ein Kommando teilten oder darin abwechselten, hatte sich als wenig sinnvoll erwiesen. In mehreren Schritten wurde daher die Offizierslaufbahn vom Kadett bis zum Marschall eindeutig geordnet und innerhalb der Dienstgrade das Dienstalter zum Kriterium für die Befehlsführung erhoben. Auch der soziale Rang sollte – im Prinzip – ausgeblendet bleiben. Allerdings war das nicht immer durchzuhalten, da es der sozialen Praxis allzu sehr widersprach. Für königliche Prinzen galt es ohnehin nicht. Und es änderte natürlich auch nichts daran, dass „hohe Geburt“ die Karriere oft bestimmte: Hochadelige, die die Elitetruppe der maison du roi, des Königlichen Hauses, durchlaufen hatten – also die Garden –, besaßen andere Aussichten als namenlose Provinzadelige in unreputierten Provinzregimentern. Diese natürliche Hierarchie sollte auch keineswegs aufgehoben werden.55 Hohe Geburt allerdings schützte durchaus nicht vor Leistungsanforderungen. Wichtiger noch – und effizienter – als die Ordnung der Laufbahnen war die Einrichtung strikter Aufsicht über alle Offiziere des Königs. Auch Herzogssöhne hatten professionellen Standards zu genügen, das Prinzip von Befehl und Gehorsam entlang der Hierarchie wurde durchgesetzt. Die 114

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Militäradministration führte Buch über Leistungen wie Verfehlungen. Beiden Kriegsministern aus dem Hause Le Tellier war es um diese Disziplinierung in besonderer Weise zu tun gewesen, der Erfolg der Maßnahmen wird aber vornehmlich mit dem Sohn, dem Marquis de Louvois, in Verbindung gebracht. Tatsächlich besaß die öffentliche Demütigung, die er einem Hochadelsspross zuteilwerden ließ, der seine Kompanie vernachlässigt hatte, Signalcharakter: „Ihre Kompanie, mein Herr, ist in sehr schlechtem Zustand.“ – „Davon war mir nichts bekannt, mein Herr.“ – „Es ist ihre Aufgabe, dies zu wissen. Haben Sie für Abhilfe gesorgt?“ – „Ich werde die nötigen Befehle geben, mein Herr.“ – „Sie hätten sie bereits geben müssen, mein Herr. Sie müssen wählen, ob Sie sich wie ein Höfling benehmen oder ob Sie als Offizier Ihre Pflicht tun wollen.“56 Der Dialog ist in der französischen Historiographie legendär geworden. Nur wenige Werke zum Thema kommen ohne ihn aus. Es gab für Louvois’ Durchsetzungs- und Disziplinierungswillen aber durchaus noch andere Beispiele, auch, vom König gedeckt, gegenüber Hochadeligen. Letzten Endes rührte übrigens die gegenseitige Abneigung, die Ludwig mit seinem Memorialisten Saint-Simon verband, auch gerade daher, dass der Herzog kein wirklicher Soldat gewesen war und früh – aus Sicht des Königs zu früh – seinen Abschied erbeten hatte.57 Im Grunde eine völlige Neuschöpfung der Epoche Ludwigs XIV. war die französische Marine. Bezeichnenderweise trägt sie bis heute inoffiziell den Beinamen la Royale. 1661 verfügte sie über 18 Linienschiffe, auf dem Höhepunkt der Flottenrüstung und des Seekriegs sollten es über 130 sein. Der König selbst allerdings verstand, wie er selbst zugab, von Flottenbau und -führung, der Seefahrt allgemein, nur recht wenig. Zwar machte er sich durchaus kundig – an seinem Schreibtisch und in seinem Rat –, doch anders als Streitkräfte und Kriegführung zu Lande blieb ihm die Marine eher fremd. Nur 115

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dreimal in seinem Leben besuchte er Hafenstädte und nahm seine Schiffe in Augenschein: 1647 in Dieppe, 1660 in Marseille und 1680 wiederum in Dieppe.58 La Royale war essenziell das Werk Colberts – auch er natürlich alles andere als ein Seemann, aber der Seefahrt doch insofern zugewandt, als er sich von ihr versprach, Frankreich die Reichtümer der Welt zu erschließen. Die Kriegsflotte sollte dieses Vorhaben sichern und die Konkurrenten dabei ausschalten. Dass das nicht gelang, lag an einer Überforderung der französischen Ressourcen durch die Konfrontation mit beiden großen Seemächten, England und den Niederlanden, bzw. daran, dass für die Kriegführung Ludwigs XIV. die Auseinandersetzung zur See niemals Priorität erlangte und auch nicht erlangen konnte.59 Heer und Marine Ludwigs XIV. profitierten in entscheidender Weise von der gesteigerten wirtschaftlichen Leistungs­ fähigkeit Frankreichs, sie trugen ihrerseits auch dazu bei, diese zu erhöhen. Auch hierfür hatte Colbert die entscheidenden Weichen gestellt, die Politik des Merkantilismus ins Werk gesetzt. Die Bewaffnung wurde standardisiert und qualitativ verbessert. Auch die Uniform setzte sich allmählich durch. Unter den Waffengattungen gewann die Artillerie an Bedeutung. Für den Belagerungskrieg war sie entscheidend, in Feldschlachten spielte sie eine bedeutende Rolle. Auch die Infanterie entwickelte sich weiter: Nach dem Holländischen Krieg setzte sich das Bajonettgewehr durch und verdrängte bis zum Ende des Jahrhunderts die Kombination von Pike und Muskete. Natürlich musste die Waffenproduktion im Lande selbst stattfinden. Colberts Manufakturen sorgten dafür, dass die Importabhängigkeit beendet wurde. Die Waffen des Königs stammten aus Frankreich.60

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V. Auf der Bühne – Ludwigs Selbstinszenierung und Selbstverständnis Souveränität bauen1 – In Paris, Versailles und den Provinzen

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udwigs Herrschaft mochte bürokratische Züge besessen haben, ein Bürokrat war er nicht. Er regierte ganz wesentlich durch Performanz – durch Anwesenheit und Darstellung, durch die Verkörperung und Ausstrahlung von Autorität. Dies galt bei der Armee, im Felde, es galt aber selbstverständlich auch bei Hofe, also an jenem Ort, der für seine Regierungstätigkeit wie für seine Selbstdarstellung die größte Bedeutung besaß. Und Ludwigs Hof, das ist gut bekannt, setzte neue Maßstäbe. Dies war bereits der Fall, lange bevor Versailles erbaut, bezogen und zu einer Chiffre wurde für prunkvolle und damit für politisch wirksame, erfolgreiche Hofhaltung schlechthin. Seit den Tagen der Valois und vor allem seit jenen Franz’ I. verfügte die französische Monarchie über eine ganze Reihe prächtiger Residenzen, die sich von der Île de France aus ins Loiretal zogen. Saint-Germain-en-Laye, Ludwigs Geburtsort, und Fontainebleau, aber auch Chambord boten den Rahmen für den „jungen“ Hof eines Sonnenkönigs, der sich in dieser Rolle allmählich, aber zielgerichtet „erfand“. Daneben und offiziell eigentlich davor standen natürlich in der Hauptstadt 117

V. A uf

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B ühne – L udwigs S elbstinszenierung

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S elbstverständnis

Paris der Louvre und die benachbarten Tuilerien sowie das von Richelieu der Krone vermachte Palais Royal, in dem nach 1643 zeitweise die Regentin Anna von Österreich residiert hatte und das dann an Ludwigs jüngeren Bruder, Philipp von Orléans, fiel. Sie waren, Louvre und Tuilerien, der eigentliche Zentralort der französischen Monarchie, ihnen galt in architektonischer Hinsicht auch zunächst das besondere Augenmerk Ludwigs XIV. Die beiden benachbarten Schlösser wurden dauerhaft miteinander verbunden und – das galt für den älteren Louvre – klassizistisch überformt. Im Ergebnis sollten dabei sowohl dem Zeitgeschmack entsprochen als auch ältere Bauabschnitte bewahrt werden. Denn das Schloss wurde aufgefasst als Monument der französischen Monarchie ins­ gesamt, keineswegs allein des regierenden Monarchen oder seiner Zeit.2 Es sollte in seiner historischen Vielschichtigkeit erkennbar sein. Diese Haltung war unter Ludwigs Zeit- wie Standesgenossen durchaus verbreitet. Die Wiener Hofburg dokumentierte in ihrer Baugestalt das Alter und damit den Rang des Hauses Österreich, nicht anders als die Münchener oder die Dresdener Residenz für Wittelsbacher und Wettiner.3 In der Außenansicht des Louvre dominierten dann allerdings doch die gleichmäßigen klassizistischen Fassaden als Symbole der (wiedergefundenen) Würde und Macht der Krone Frankreich. Ein besonderer Stellenwert kam – und kommt bis heute – dabei der von Claude Perrault entworfenen Kolonnade an der Ostfassade zu, um deren Gestaltung es mehrere Wettbewerbe gegeben hatte.4 Die Arbeiten an den beiden Schlössern gehören in einen Zusammenhang verschiedener Bauprojekte, mit denen die ­ Hauptstadt durch die Monarchie geprägt wurde: Ludwigs Denkmäler auf der Place des Victoires und der Place Vendôme gehörten dazu – Letztere trug natürlich noch den Namen des Souveräns –, das Reiterstandbild Heinrichs IV. auf dem Pont 118

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Der König besucht den vollendeten Invalidendom, Paris, 28. August 1706. Mansart erklärt ihm die Architektur. – Gemälde von Pierre Denis Martin, gen. Martin le Jeune, nach 1706.

Neuf und der Triumphbogen der Porte Saint-Denis. Oder, auch symbolisch von kaum zu unterschätzender Bedeutung, das Hôtel royal des Invalides, dessen zentraler Kirchenbau an den Petersdom erinnern und ihn übertreffen sollte. Die Hauptstadt, die der Krone oft genug und nicht allein in der Fronde widerspenstig oder gar gefährlich geworden war, wurde weithin sichtbar an diese gebunden. Und die Souveränität des Königs war also nicht nur als Abstraktum „konstruiert“, sondern ganz konkret „gebaut“.5 Ähnliches galt für die Provinzstädte und damit also letztlich für ganz Frankreich. Jede Stadt von einiger Bedeutung erhielt unter Ludwig XIV. ihre place royale: einen zentralen 119

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Königsplatz, gesäumt von wichtigen oder doch architektonisch anspruchsvollen Bauwerken. Und in seiner Mitte fand sich ein Denkmal des Königs, Ludwigs XIV. selbst, meist als Reiterstandbild und stets in heroischer, herrscherlicher Pose. Es war dies bronzene Performanz (oder auch steinerne); Frankreich lag „unter den Hufen des Sonnenkönigs“.6 Die Monarchie wurde gleichsam eingeschrieben in die Stadtgestalt, der König als Person seinen Untertanen nahegebracht bzw. „vorgestellt“. Das alles zielte darauf, Größe abzubilden und Bewunderung oder doch Loyalität einzufordern. Das südfranzösische Montpellier ist dafür eines der besten Beispiele: Hier wurde ein Teil der Stadtbefestigung abgetragen, um „Ludwig dem Großen“ sowohl einen Triumphbogen als auch ein Reiterdenkmal zu errichten. Das Einreißen der Mauern, der Verzicht auf die Befestigung, verstärkte die Botschaft: Ludwigs Siege über äußere wie innere Feinde hatten die Anlagen überflüssig gemacht.7 In der Folge sollten Königsplätze und Monumente dann allerdings zu Kristallisationspunkten gerade auch von Kritik werden: Die Französische Revolution stürzte fast sämtliche Denkmäler Ludwigs – ebenso wie, sehr viel weniger zahlreich, die seiner Vorfahren und Nachfolger. Die Plätze wurden umbenannt – auch in Montpellier.8 Eigentliches, herausragendstes Denkmal Ludwigs, seiner Ansprüche und auch der Realität seiner Herrschaft war aber natürlich Versailles. Schon die Wahl des Ortes war seine ur­ eigene Entscheidung gewesen. Den Unannehmlichkeiten der Hauptstadt enthoben – also Lärm, Schmutz und Unruhe – lag das kleine Jagdschloss Ludwigs XIII. in einem reizvollen Waldgebiet. Ludwig XIV. fand Gefallen an dem Ort: In den 1660er-Jahren hielt er dort mehrere große Hoffeste ab und lebte die Romanze mit Louise de La Vallière, seiner ersten ­„offiziellen“ Mätresse. Bereits in dieser Zeit wurden Verschönerungen und Erweiterungen vorgenommen. Der eigentliche 120

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Ausbau erfolgte dann aber ab 1670, zunächst mit dem Ziel, eine große Nebenresidenz für König und Hof zu errichten. Der Entschluss, den Ort zur Regierungszentrale zu machen, fiel erst 1677. Alle baulichen, architektonischen Entscheidungen gingen vom König aus oder wurden mit ihm diskutiert, ihm in seltenen Fällen auch einmal abgerungen. Versailles kann und muss genuin als das Werk Ludwigs gelten.9 Der Ort war Teil der zentralen Königslandschaft im Südwesten von Paris: Die Kommunikationsmöglichkeiten mit Saint-Germain, Saint-Cloud oder der Hauptstadt selbst waren gut. Vor allem aber bot sich dort die Möglichkeit, etwas völlig Neues zu schaffen, das ureigene Monument von Ludwigs Herrschaft und Größe. Hierin muss man wohl das eigentliche Motiv der Entscheidung für Versailles sehen. Zwar blieb das Schloss des Vaters erhalten bzw. dessen Baukörper, allerdings im Wesentlichen wohl aus praktischen und finanziellen Gründen, nicht aus Respekt gegenüber dem Vorgänger: Das Argument der piété filiale, des treuen Angedenkens, wurde aufgebracht, um die Unregelmäßigkeit bzw. Uneinheitlichkeit des Neubaus zu erklären, die Kritik zum Verstummen zu bringen. In der Tat unterscheiden sich Gartenfront und die der Stadt zugewandte Ansicht deutlich, was Ästhetik wie Architektur­ theorie der Klassik widersprach und sich wahrscheinlich aus den sukzessiven Änderungen bzw. Erweiterungen des Projekts ergeben hatte.10 Erkennbar war der alte Kern der Anlage darüber hinaus aber nicht mehr: Neue Fassaden ummantelten ihn, das Schloss Ludwigs XIII. ging vollständig auf in dem Ludwigs XIV. Hinweise auf den Vater bzw. auf die bourbonische Dynastie überhaupt sucht man in Versailles im Übrigen ganz und gar vergebens. Das Bildprogramm von Appartements und Galerien illustriert Größe und Taten des Sonnen­ königs oder das, was dafür gelten sollte: Übernahme der Selbstregierung, die Siege des Holländischen Krieges, den 121

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Frieden von Nimwegen. Ludwig war nicht nur seinen Gegnern „nicht ungleich“, also überlegen, sondern auch den römischen Kaisern der Antike. Andere „Sonnen“ als ihn gab es nicht, auch nicht unter seinen Vorfahren.11 – Die Fokussierung entsprach Ludwigs Selbstgefühl, ergab sich aber auch daraus, dass die Bourbonen eben gerade einmal seit zwei Generationen Frankreich regierten – Ludwig war die dritte Generation – nach dem Aussterben der Valois. Man konnte keine Kontinuität propagieren, die es nicht gab. Die Fixierung auf den „Größten aller Könige“ ließ den dynastischen Bruch vergessen. Neu geschaffen wurde aber nicht allein das Bauwerk des Schlosses, sondern auch die darauf bezogene Stadt mit Amtsund Wohngebäuden. Denn Versailles sollte nicht eine von mehreren Residenzen sein, sondern dauerhafter Sitz des Königs, seiner Regierung und Mittelpunkt der französischen ­Gesellschaft – d. h. natürlich der Adelsgesellschaft. Und ein neues Gesicht erhielt auch die Schloss und Stadt umgebende Landschaft. Angelegt wurde der riesenhafte Park, auch er ein Abbild des Willens und der Größe Ludwigs XIV., sowie der zum Heranführen des Wassers benötigte Kanal von fast 100 km Länge – Wasser für den Park, das Schloss und die Stadt. Der König gebot so letztlich sogar der Natur: Nicht zu Unrecht wird die Anlage des großen Canal du Midi, der die Garonne bzw. den Atlantik mit dem Mittelmeer verband, in den gleichen Zusammenhang gerückt. Wie auch andere große Projekte Ludwigs hatte dieses einen konkreten Zweck – Bordeaux mit Marseille zu verbinden, einen neuen Verkehrsweg zu schaffen –, aber es beförderte darüber hinaus eine Botschaft: Ludwigs Wille war stärker als die Natur, er gab Frankreich ein neues Gesicht. Und wenn schon nicht ganz Frankreich, so doch zumindest der Ebene von Versailles …12 Das alles war nicht umsonst zu haben. Die Kosten des Schlossbaus waren fast so gewaltig wie dieser selbst, sie belie122

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Gesamtansicht von Schloss und Park Versailles, das Schloss mit allen Nebengebäuden. Gut zu erkennen sind die Hauptachsen sowie die Dimensionen des Parks, dessen Anlage als Sieg über die Natur galt. Gemälde des frühen 18. Jahrhunderts.

fen sich wohl auf 100 Millionen livres – das war der Staatshaushalt eines Friedensjahres. Eine andere Rechnung besagt, dass Versailles im Durchschnitt etwa 3% der jährlichen Staatseinnahmen verschlungen habe. Viel also, aber doch nicht ruinös – auch wenn die Zahl die Verhältnisse der Bauphase nicht recht widergibt. Das, was Ludwigs Finanzen ruinierte, war der Krieg, es war nicht der Hof und auch nicht dessen Errichtung. Kosten ließen sich im Übrigen gerade dadurch reduzieren, dass für die Baumaßnahmen – oder auch für deren Vorbereitungen: Rodungen und Entwässerungen – in großem Maß123

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stab Truppen eingesetzt wurden: Unter den über 30 000 Arbeitern im Jahr 1685 zählte man wenigstens 22 000 Soldaten. Und zu diesem Zeitpunkt war das Schloss bereits bezogen. Harte Arbeitsbedingungen, schlechte Versorgung und Krankheiten sorgten allerdings dafür, dass unter Soldaten wie Zivilisten auch die Verlustquote nicht gering war. Beim Bau von Versailles wurde, wie Olivier Chaline bemerkt hat, „viel gestorben“. Auch das gehörte zu den „Kosten“. Zur Zeit Ludwigs XIV. fiel es allerdings kaum ins Gewicht. Der Glanz des Hofes sollte davon nicht beeinträchtigt werden.13

Im Glanz der Sonne – Ludwigs Hof und Hofstaat Ein Sonnenkönig wollte und musste glänzen. Das versteht sich von selbst. Éclat, Glanz, war aber ohnehin das Grundprinzip frühneuzeitlicher Hofhaltung – schon lange vor Ludwig XIV. Im 16. Jahrhundert hatten sowohl Franz I. als auch Heinrich III. betont glanzvolle Hofhaltungen und Herrscherinszenierungen gesucht. Dass Heinrich III., dem letzten Valois, die Inszenierung misslang, hatte nichts mit dem Prinzip zu tun, sondern mit den Zeitumständen, d. h. den Religionskriegen. Der Glanz des Hofes sollte Rivalen dazu bringen, entweder ­bewundernd aufzuschauen oder aber demutsvoll den Blick zu senken. Und das Gleiche galt für die eigenen Untertanen: Der Hof musste die Eliten des Landes anziehen und ihnen versichern, dass es sich lohnte, gerade diesem Monarchen zu dienen, der – in Ludwigs Fall – offenkundig der größte der Welt war. Durchaus erwünscht waren natürlich Besucher gerade auch aus dem Ausland, die, sei es in offizieller Mission, sei es implizit, nur durch ihre Anwesenheit, den besonderen Rang des Königs und eben seines Hofes deutlich machten.14 124

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Den Glanz dieses Hofes kann man dabei durchaus messen. Vorhandene Zahlen sprechen eine nicht immer eindeutige, aber im Ganzen doch klare Sprache. Die Größe des Königs ließ sich etwa an der Zahl seiner Diener ablesen. In Versailles waren es 1699 etwa 5100 – also zu einem Zeitpunkt, als das Land keine Königin hatte. – Maria Theresas Hofstaat hatte bis 1683 zwischen 500 und 600 Bedienstete ausgemacht. – Die Zahl 5100 ist damit keineswegs übermäßig hoch: Sie umfasst die Haushalte aller Mitglieder der königlichen Familie – den des Königs selbst, die des Thronfolgerpaares und jene des ­Herzogs und der Herzogin von Orléans, Ludwigs Bruder und Schwägerin. Daneben umfasste sie auch die im Schloss präsenten königlichen Garden, etwa 1400 Mann. Überdies hatte Ludwig 1660 eine deutliche Verringerung seines eigenen Haushaltes vorgenommen und etliche in den Unruhezeiten der Fronde ernannte Höflinge verabschiedet. Sie waren aus politischer Gefälligkeit ernannt worden und für deren Fort­ setzung sah man keinen Grund mehr. Die hohe Zahl der Bediensteten an sich darf also auch nicht überbewertet werden. Für sich genommen sagt sie noch nicht allzu viel aus oder zumindest nichts Eindeutiges.15 Freilich bezeichnet eben die genannte Zahl von 5100 Hofbeamten nur die offiziell am Hof vom König Beschäftigen und ist also keineswegs zu verwechseln mit der Zahl der in Versailles tatsächlich Anwesenden. Einerseits wechselten sich die allermeisten Bediensteten in ihren Funktionen ab. Es waren also nicht alle ständig präsent. Andererseits kamen aber noch die Angehörigen der Hofbeamten hinzu, inoffizielle persönliche Bedienstete, auch Handlanger oder Tagelöhner und natürlich Heerscharen von Besuchern. Man muss davon ausgehen, dass – jedenfalls in „guten“ Zeiten – weit über 10 000 Menschen den Versailler Hof bevölkern konnten. Er war damit, es nimmt nicht wunder, unter allen vergleichbaren europäischen 125

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Institutionen die größte. Der Kaiserhof in Wien zählte unter Leopold I. weniger als 2000 Bedienstete. Seine Einbettung in die Stadt Wien macht weitere quantitative Vergleiche mit Versailles recht schwierig. Die enorme Anziehungskraft, die Ludwig XIV., sein Hof und sein Schloss auf die europäische Öffentlichkeit bzw. auf den Adel ausübten, steht aber außer Frage – und sie stand eben der Wiens, der Hofburg und des Kaisers deutlich voran.16 Ludwigs Höflinge mussten untergebracht und ernährt werden. Zumindest seinen offiziellen Dienern schuldete der König Kost und Logis: Das Schloss besaß 1715 1840 Zimmer und 110 Kellergewölbe – das entsprach einer Fläche von 46 000 m². In 209 Appartements bot es Platz für über 3000 Bewohner. Das war viel, aber ganz offenkundig nicht genug. Der überzählige Rest der Höflinge, der keine Unterkunft im Schloss fand, hatte sich mit Quartieren in der Stadt Versailles zu begnügen. Die waren teuer oder zumindest unbequem: Damen hatten mehrmals am Tag die Garderobe zu wechseln; hierfür in die Stadtwohnung zurückzukehren kostete nicht nur Zeit. Oder aber, das galt besonders für Zaungäste und sogenannte galopins (wörtl. Laufburschen), also rangniedere oder gar funktionslose Höflinge von nur geringem sozialem Gewicht, es war abends gar der Weg zurück nach Paris einzuschlagen.17 Zumindest die weniger prominenten Quartiere im Schloss – also die große Masse – boten allerdings gleichfalls nicht viel Bequemlichkeit. Sie bestanden in der Mehrzahl aus zwei Räumen von mäßiger Größe und auch nur mäßigem Komfort. Geheizt wurde unzureichend, Lärm war allgegenwärtig. Eigene Küchen besaßen im Prinzip nur die Funktionsappartements der höheren Amtsträger, die in der Pflicht waren, auch einen eigenen Tisch zu führen. Einige weitere wurden dann allerdings hinzugefügt. Dennoch – und die Liste der Unannehm126

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lichkeiten lässt sich verlängern etwa um Zuschnitt und Zustand von Toiletten bzw. Aborten oder von Bädern und Waschgelegenheiten18 – war jedwede Art von Wohnung im Schloss begehrt, ja umkämpft. Der König selbst wies sie an, und zwar im Prinzip völlig nach eigenem Gefallen, sieht man einmal davon ab, dass eben hohe Amtsträger ein ihrem Rang entsprechendes Appartement benötigten. Die Zuweisung konnte aber ebenso ausschließlich der Gunst des Herrschers entspringen und den Zweck verfolgen, Favoriten – oder Favoritinnen – Ludwigs auszuzeichnen. Prinzip des Wettbewerbs um die Quartiere war die Suche nach Komfort und Prestige. Beides hing zusammen und rührte aus Größe und Lage der Wohnung. Nähe zu den Appartements der königlichen Familie war dabei kein geringes Kriterium. Auch hohe Adelige, die in Versailles oder Paris prachtvolle eigene Residenzen besitzen mochten, legten Wert auf die Wohnmöglichkeit im Schloss: Sie verringerte die zurückzulegenden Wege (vom Umkleiden war bereits die Rede), verlängerte die Zeit, die man auf Bällen, Empfängen und Gesellschaften verbringen konnte. Sie ermöglichte auch den gelegentlichen Rückzug oder Gespräche abseits der höfischen Öffentlichkeit.19 In dem Maße, in dem Ämter den Besitzer wechselten, die Gunst des Königs den Adressaten, gab es häufig Umzüge. Der Herzog von Lauzun, ein alter Vertrauter des Königs, der aber zwischenzeitlich einige Jahre in Festungshaft verbracht hatte, wurde 1688/89 wieder in Gnaden bei Hofe aufgenommen. Aus Platzmangel brachte man ihn vorübergehend in einem Nebengebäude unter, bis er schließlich acht Zimmer nebst Küche im Schloss selbst erhielt. Ein deutlicheres Zeichen für seine wiedergewonnene Stellung konnte es nicht geben. Sein „Vormieter“ wiederum, der Marquis de Dangeau, der in Vertretung des Königs Großmeister des Ritterordens vom Heiligen Lazarus war, übernahm die Wohnung, die der just verstorbene Herzog 127

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von La Vieuville mit seinem am Hof funktionslosen und nun auch noch der königlichen Gnade verlustigen Sohn geteilt hatte. Dieser musste sich fortan mit einer „kleinen Unterkunft“ begnügen.20 Natürlich bedurfte das Schloss, seine Galerien und Empfangsräume, aber auch die Appartements einer repräsenta­ tiven Ausstattung und Möblierung. Auch hierfür hatte die Krone aufzukommen. Gegen Ende seines Lebens drohte Ludwig allerdings wiederholt damit, für die von seinen Höflingen immer wieder gewünschten Renovierungen oder Neudekorationen künftig nicht mehr aufzukommen. Es blieb aber wohl bei der Drohung. Parkett und Vertäfelungen, Spiegel und Deckengemälde oder auch Mobiliar und Bauausführung konnten freilich recht unterschiedlicher Qualität sein. Gerade die Nebengebäude und die Quartiere der Dienerschaft unterlagen hoher Abnutzung und boten offenbar zuweilen einen eher unerfreulichen, arg heruntergekommenen Anblick. Versailles blieb daher auch nach der Vollendung des Baus eine Baustelle. Angesichts der Dimension des Komplexes überrascht das nicht.21 Die Ernährung der „Tischgenossen“ (commensaux) des Königs – also seiner Diener von Stand, die Inhaber offizieller Hofämter – stellte eine weitere, nicht eben geringe Herausforderung dar in Bezug auf Organisation und auch Finanzierung. Denn Ludwigs Diener aßen zwar nicht an seinem Tisch, aber doch von seinem Tisch, d. h. auf seine Kosten. Natürlich boten Festlichkeiten den Geladenen freie Tafeln bzw. Büffets. Die regelmäßige Beköstigung allerdings gewährleisteten die Tafeln des Königs oder seiner Familienmitglieder sowie die­ jenigen der Großwürdenträger des Hofes, der Minister oder einzelner Magnaten, die dergestalt ihr Renommee pflegten. Denjenigen, die ihres niederen Ranges oder ihrer fehlenden Verbindungen wegen an den tables principales keinen Platz 128

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fanden, standen die wiederum vom königlichen Haushalt ­organisierten tables secondaires zur Verfügung, oder aber sie wurden mit direkten Deputaten an Lebensmitteln bzw. mit Geldzuweisungen „abgespeist“. Zumindest für die höfische Geselligkeit ebenso wichtig waren aber wohl die Möglichkeiten, „privat“ bei den Besitzern jener Appartements zu speisen, die Küchen besaßen. Die Möglichkeit zu entsprechenden Einladungen gab diesen ein erhebliches soziales Potenzial und unterstrich ihren Rang.22

Die Inszenierung des Sonnenkönigs – Hof und Hofzeremoniell Das Theater der Klassik orientierte sich an den drei aristotelischen Einheiten: Einheit des Ortes, der Zeit und der Handlung. Ludwigs Hof und die Bühne von Versailles sind nicht zu Unrecht als konsequente Umsetzung dieser drei Einheiten interpretiert worden. Alles Geschehen konzentrierte sich auf den einen Ort; die Geschichte vollzog sich in Echtzeit. Ludwigs Herrschaft und ihre Darstellung gelangten auf diesem Wege zu völliger Übereinstimmung.23 Die Formen dieser Darstellung waren bekanntlich elaboriert. Ludwigs lever, die Ankleidezeremonie, offenbarte und wiederholte jeden Tag eine präzise Abstufung der höfischen Ränge: Geregelt war, wer wann Zutritt zum königlichen Schlaf- bzw. Ankleidezimmer erhielt und, oft zitiert, wer ihm das Hemd reichen durfte. – Die entsprechenden Passagen aus den Memoiren Saint-Simons oder dem Bericht des brandenburgischen Gesandten Spanheim, die den Ablauf des lever schildern, sind bis heute fester Bestandteil deutscher Schul­ bücher. Sie sollen die Fremdartigkeit der Frühen Neuzeit unterstreichen.24 129

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Ein anderes, vielleicht noch besseres Beispiel für die Exaltierung, die des Königs Majestät im Versailler Zeremoniell erfuhr und die auch nach frühneuzeitlichen Maßstäben ungewöhnlich war, sind aber die öffentlichen Mahlzeiten. Ludwig, dessen „Tisch“ – im übertragenen Sinne – den gesamten Hof ernährte, speiste meist allein. Dies trug dann die Bezeichnung à petit couvert (mit kleinem Gedeck). Aber er speiste durchaus nicht einsam. Denn die Mahlzeit des Herrschers vollzog sich unter den Augen des Hofes, d. h. der umstehenden Höflinge. Der König saß zu Tisch, hohe Höflinge, ggf. auch Familien­ mitglieder waren um ihn herum aufgereiht. Zuweilen forderte Ludwig seinen Bruder auf, mit ihm Platz zu nehmen, doch war dies als besonderer Gunsterweis gemeint und als solcher kenntlich. Niedere Chargen, selbst namenlose Neugierige, durften an der Tafel vorbeidefilieren und dem Monarchen beim Genuss von rôtis und ragouts zusehen. Oft und natürlich wiederum öffentlich speiste der König freilich auch mit seiner Familie, d. h., nach dem Tod der Königin 1683, mit dem Thronfolgerpaar, seinem Bruder, dessen Ehefrau und ggf. dessen Sohn. Auch und erst recht diese Mahlzeiten, à grand couvert, waren zeremoniöse Anlässe im Angesicht des Hofes, die deutlich machen sollten, wem auf Erden der erste Rang zukam und wem man Loyalität und Gehorsam schuldete. Beim lever war es das Hemd, bei Tisch war es die Serviette des Königs, die wie eine Reliquie behandelt, von den höchsten Würden­ trägern herbeigetragen und überreicht wurde.25 Das elaborierte Zeremoniell, die Formen der Ehrerbietung sind schon von Zeitgenossen interpretiert worden als Ausdruck des Triumphes, den die Monarchie über eine vormals widerspenstige Nation errungen habe, bzw. über deren adelige Wortführer. Spanheim liest sie als Ausdruck sklavischer Unterwerfung, die den Franzosen gegenüber ihrem König eigen sei, wenn dieser selbst regiere und wenn er so viele Er130

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folge errungen habe, wie seit 1661 Ludwig XIV. – Eine Sicht, die die politischen bzw. publizistischen Gegner Ludwigs in Deutschland teilten, sie allerdings polemisch noch weiter zuspitzten.26 Richtig ist daran, dass Hofzeremoniell und die ­gesamte Hofhaltung natürlich eine stabilisierte Monarchie zeigten und zeigen sollten. Es war dies die wiedergewonnene gute, gottgewollte und natürliche Ordnung der Dinge. Und insofern kann denn auch von Triumph oder aber Unterwerfung nur bedingt die Rede sein: Die höfische Gesellschaft ­akzeptierte es, einem König mit Gehorsam, ja mit Demut zu begegnen, der seinen Platz voll ausfüllte. Sie akzeptierte es, „Ludwig den Großen“, „den Größten aller Könige“ zu erhöhen oder zu überhöhen, denn darin erhöhte sie zugleich sich selbst. Einem Richelieu, gar einem Mazarin zu dienen, konnte beschämend sein; eine spanische Regentin war nur bedingt besser platziert. Dem ersten König des Erdkreises zu dienen, durfte als Auszeichnung gelten. Man lüftete den Hut und verbeugte sich vor Ludwig – gerne mit einem Schuss Theatralik –, da man in ihm die Ideale der französischen Adelsgesellschaft verkörpert sah. Und ein Stück weit, zumindest, konnte man damit sich selbst meinen.27 Auch die scheinbaren Ausnahmen vom Zeremoniell waren Teil der Inszenierung, etwa Jagdgesellschaften oder die Aufenthalte in der relativen Ungezwungenheit von Marly, Ludwigs Refugium. Das kleine, 1686 fertiggestellte und 1816 abgerissene Schlossensemble, zwei Meilen nördlich von ­ ­Versailles gelegen, diente dazu, dem König und seinen Reisegenossen den Eindruck einfachen Landlebens zu vermitteln, der Nähe zur Natur. – Die Einfachheit war natürlich immer noch hinreichend elaboriert bzw. raffiniert und die Natur im Park wohlgeordnet. Ludwig begab sich dorthin mit jeweils nur wenigen Auserwählten. Dem Rest des Hofes blieb Marly verschlossen. Aufenthalte dort waren daher die Krönung 131

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manch Versailler Laufbahn. Es gab Konzerte, Spiele, Maskeraden oder Promenaden. Es ging um Geselligkeit in relativer Intimität. Das Zeremoniell war vereinfacht: Die Herren mussten in Gegenwart des Königs den Hut nicht abnehmen, ­gegenüber dem dauphin durften sie Platz behalten. Die Damen konnten sich mit schlichterer Garderobe begnügen. All dies schuf die Illusion des ruhigen, gemeinschaftlichen Landlebens und bedeutete doch vor allem Herrschernähe. Zunächst ergingen jeweils um die 50 Einladungen – meist für Ehepaare. Am Ende von Ludwigs Regierung gab es allerdings auch in Marly immerhin 140 Wohngelegenheiten. Wichtig an all dem war die in der Einladung zum Ausdruck gebrachte Gnade des Königs, die dem Einzelnen seinen Stellenwert in der Gesellschaft des Hofes zuwies. „Marly“ war ein Differenzierungs- und also Herrschaftsmittel. Das partielle Aufheben des Versailler Zeremoniells muss man tatsächlich als dessen Teil lesen: Es eröffnete die Möglichkeit zu weiterer Differenzierung bzw. zu Statusgewinn und zeigte so, gerade durch die scheinbare Freiheit vom Zwang, doch ­wieder die Souveränität des Königs.28

Der König tanzt – Herrschaft und Haltung im höfischen Fest Seinen eigentlichen Glanz entfaltete Ludwigs Hof im Fest. Dies gilt zumal für die erste Hälfte seiner Regierung, vor dem Bezug von Versailles. Die 1660er-Jahre – Ludwig und sein Hof sind noch jung – waren gekennzeichnet von mehreren strahlenden Festereignissen, namentlich dem Carrousel des cinq nations (1662) und den Plaisir de l’île enchantée (1664). Besonders das Erstgenannte wurde zu einer Manifestation von Ludwigs Anspruch und Größe, ein Signal sowohl an die franzö­ 132

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Carrousel der fünf Nationen, 5. Juni 1661. Ludwig XIV. veranstaltet ein großes Reiterspiel vor dem Tuilerienschloss. König, Hof und Adel paradierten vor den Augen der Hauptstadt. Ludwig zeigte seinen ­Anspruch auf die Führung der Christenheit. – Gemälde nach einer Zeichnung von Henri de Gissey, nach 1661.

sischen Eliten als auch an die ausländischen Rivalen. Die 1660er-Jahre waren aber auch die Zeit der großen Hofballette, in denen der König selbst mitwirkte. Und auch diese Mitwirkung besaß eine politische Botschaft.29 In Tanz und Fest zeigte der Edelmann – auch der königliche – Anmut und Erscheinung. In der Sprache der Zeit: prestance. Körperbeherrschung, Körperlichkeit gehörten essenziell dazu und waren nach wie vor wichtige Elemente der Adelskultur. Und Ludwig, daran sei erinnert, war durchaus kein 133

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Buchmensch. Er war stattdessen hervorragender, wahrscheinlich idealer Repräsentant einer, gewiss, Kunst und Kultur zugewandten, Bildung nicht abgeneigten, nach wie vor aber auch körperbetonten, haltungsbewussten und in dieser Weise selbstgewissen Welt des Adels. Le premier gentilhomme de France – der erste Edelmann Frankreichs und damit also ­eigentlich der Welt.30 Bekannt ist, dass Ludwig ein guter Tänzer war. Tanzkunst war nicht nur am Hofe hochgeschätzt. Noch immer der Fechtkunst verwandt, verlangte sie Geschick, Reaktion und Selbstbeherrschung.31 In mehreren Rollen führte Ludwig so etwa 1662 das Ballett zur Oper L’ Hercule amoureux an. In Szene gesetzt wurden darin der Rang bzw. Vorrang des Hauses Frankreich und die wiederhergestellte Ordnung innerhalb des Hauses: Alle infrage kommenden Familienmitglieder traten in rangniederen Rollen auf und unterstrichen den Glanz des ­Souveräns – nicht zuletzt der alte Frondeur Condé. Ludwig ­beschloss das Geschehen mit seinem Auftritt als die Sonne selbst, natürlicher Mittelpunkt, um den alles sich drehte. Das Stück und Ludwigs Auftritt galten als überaus geglückt, der König erntete großen Beifall. Nun hätte freilich auch die beste Inszenierung keine schlechte Performanz des Souveräns auffangen können. Doch diese Gefahr bestand nicht: Ludwig beherrschte seinen Auftritt und seinen Körper. Die Bewunderung, die sich auf den jungen Monarchen richtete, war echt. Bis 1670 sollte Ludwig immer wieder in ähnlichen Rollen auftreten, besonders oft und besonders erfolgreich bekanntlich in der des Sonnengottes Apoll.32 Das Spiel mit der Sonnendevise lag, wiederum 1662, auch dem Carrousel des cinq nations zugrunde, dem größten und wohl auch politischsten von Ludwigs Festen. Der König war dessen Mittelpunkt: Gegeben wurde ein Rossballet, das Züge eines Handlungsturniers bzw. Ritterspiels trug. Fünf Quadril134

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len traten auf, paradierten durch die Stadt Paris und vor dem Tuilerienschloss. Sie repräsentierten die fünf Nationen der Römer, Perser, Türken, Inder und „wilden Amerikaner“. Ludwig führte die erste, ranghöchste Quadrille – die der Römer. Und er führte die Sonnendevise, dazu das Motto ut vidi vici – „indem ich sah, siegte ich“. Das war nicht überraschend. Seit 1656 hatte Ludwig die Sonne zu seinem Symbol erkoren: „Von allen Planeten der edelste und strahlendste, der alle anderen Sterne, die ihn wie ein Hofstaat umringen, mit Licht erfüllt.“33 Das hatten auch durchaus bereits andere Monarchen vor ihm so gesehen, namentlich am Hofe zu Madrid. Dass Ludwigs „Nutzung“ der Sonne über die seiner habsburgischen Vorfahren und natürlich auch Zeitgenossen weit hinausging, dass sie eine sehr viel größere Konsequenz besaß, zeigt exemplarisch das Carrousel vom Juni 1662. Denn die Devisen aller anderen Teilnehmer waren auf diese Sonne Ludwigs bezogen. Für seinen jüngeren Bruder, Philipp von Orléans, hatte man einen Vollmond ausgewählt, umschrieben mit dem Motto „Allein die Sonne ist größer“. Condé, an der Spitze der türkischen Quadrille, führte einen Halbmond, begleitet vom Motto „er wächst, so er angesehen wird“ – angesehen von der Sonne natürlich. Und auch Condés Sohn, der den Titel eines Herzogs von Enghien führte, wurde klar ausgewiesen als reflèt du so­ leil, als Reflex der königlichen Sonne: Seine Devise war ein leuchtender Stern, „dessen Licht von einem größeren kommt“.34 Selbstverständlich pries man Ludwig auch direkt und lobte seine Performanz: Er war der „größte, der gewandteste und der großmütigste“ aller teilnehmenden Ritter, le plus grand, le plus adroit, les plus généreux. Seine posture, sein Sitz zu Pferde war unvergleichlich. Und selbstverständlich würde er daher auch alle Preise in den Wettbewerben des Carrousel gewonnen haben, wenn er sie nicht großzügig seinem Adel überlassen hätte.35 135

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Auch gilt, dass es sich natürlich um eine Inszenierung handelte, und das begeisterte Echo, das diese fand, war nicht zuletzt politisch in höchstem Maße korrekt. Doch es traf auch in der Sache zu. Ludwigs Auftritt glückte – nicht nur im Hercule amoureux oder im Carrousel des cinq nations. Schlechte ­Performanz im königlichen Amt – wie sie etwa Ludwig XVI. keineswegs zu Unrecht zugeschrieben wurde – hätte die Inszenierung der Größe dementiert. Unter Ludwig XIV., dem „Größten aller Könige“, bestand diese Gefahr nicht.36 Höfische Feste hatten eine eminente politische Funktion, und zwar nicht allein, indem sie die Pracht eines Monarchen zeigten und seine Ansprüche formulierten. Im Fest bewies und erfüllte sich die von Ludwig in seinen Memoiren formulierte „ehrenvolle Gemeinschaft“ von Adel und Fürst.37 Der Monarch war für seine Untertanen sichtbar und seine Gäste zugänglich. Er zeigte seinem Adel, dass er dessen Werte teilte. Der festliche Hof Ludwigs XIV. demonstrierte die wiedergefundene Ordnung und Stabilität der französischen Monarchie. Die dort hergestellte Gemeinschaft von König und Adel festigte diese weiter. Der Sonnenkönig glänzte über allen. Doch all jene, die von der Sonne beschienen wurden, hatten ihren Anteil an deren Glanz – also etwa die Teilnehmer des Carrousel von 1662. „Reflex der Sonne“ zu sein war daher, anders als Norbert Elias das gezeichnet hat, keine Marginalisierung des Adels durch den Fürsten, sondern Ausdruck von Gegenseitigkeit: König und Adel versicherten sich gegenseitig ihres Glanzes und ihrer Position.38 Das Carrousel von 1662 war ein öffentliches Ereignis gewesen. Es war, und mit ihm der Hof, in die Stadt Paris eingebettet gewesen. Bereits die Plaisirs de l’île enchantée, zwei Jahre später, besaßen einen partiell anderen Charakter, denn sie ­fanden in Versailles statt – noch war es das Jagdschloss Ludwigs XIII. 600 Gäste und noch sehr viel mehr Diener oder 136

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auch Zaungäste stellten zwar auch hier Öffentlichkeit her. Im Übrigen wurde das Ereignis mit gedruckten Darstellungen bedacht, die das Geschehen – Kavalkaden und Ritterspiele, Tanz und Theater – in angemessene Worte kleideten. Doch die ­ideale Adelswelt, die hier inszeniert wurde, lag nicht mehr in der Stadt, sondern vor ihren Toren, in der Natur. Die „verwunschene Insel“ vor dem Tuilerienschloss, unter den Augen von Paris, hätte sicher deutlich weniger Charme besessen.39 Die Einrichtung dann des Hofes und der Regierungszentrale in Versailles schuf eine neue Grundlage der höfischen Inszenierung. Sie fiel zusammen mit Ludwigs „Neuerfindung“ seiner selbst. Der französische Historiker Matthieu Lahaye spricht davon, Ludwig habe die Kunst beherrscht, „sich selbst nachzufolgen“.40 Er trennte sich von der Leichtigkeit oder auch der Leichtfertigkeit seiner freigeistigen ersten Regierungsjahre und definierte sich neu als auch moralisch unangreifbarer, ernsthafter Monarch. Er war, und mit ihm sein Hof, gereift bzw. schlicht älter geworden. Daraus folgte einerseits, dass die Ära der Mätressen endete, andererseits, dass auch mehrtägige ausgreifend-phantasievolle Ritterspiele nicht mehr die Form waren, die der ältere und schließlich auch alternde Sonnen­ könig für seine Feste wählte.41 Auch Versailles feierte – und zwar opulent. 1683 gab es den ersten Karneval, 1685 und 1686 noch einmal ambitionierte Carrousels. Doch der inzwischen fast fünfzigjährige König tat bei diesen nicht mehr mit, was allein die Ausstrahlung bereits reduzierte. Aus den folgenden Jahren und Jahrzehnten blieben dann vor allem Maskenbälle in Erinnerung. Ludwig hielt also weiterhin einen glänzenden Hof, die Eheschließung seines ältesten Enkels, des Duc de Bourgogne, verjüngte ihn noch einmal. Es ist mindestens übertrieben, die erste jugendlich-sinnenfrohe Hälfte von Ludwigs Regierung wie Hofleben einer zweiten, von ältlich-­ steriler Bigotterie geprägten gegenüberzustellen. Aber Über137

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schwang, Lebensfreude und künstlerische Kreativität der frühen Jahre waren zum Ende der 1680er hin, wenn nicht gewichen, so doch deutlich verringert. Nicht zuletzt die lang anhaltenden, nur noch bedingt erfolgreichen Kriege, die die zweite Hälfte von Ludwigs Herrschaft prägten, setzten der Leichtigkeit Grenzen und ebenso den Ausgaben. Die kulturelle Führungsposition ging allmählich vom Hof wieder an die Stadt über, d. h. an die Hauptstadt, an Paris.42

Mäzenatentum und Propaganda Auch Bauten, Zeremoniell und Feste hätten aber aus Ludwig XIV. nicht den gemacht, der er war und der er in gewisser Weise bis heute ist. Dazu gehörte auch eine umfassende und umfassend erfolgreiche Propaganda. Diese stützte sich auf die schönen Künste, die Literatur, die Geschichtsschreibung. Und eigentlich stützte sie sich nicht, sondern sie vereinnahmte.43 Ludwig förderte Kunst und Kultur. La Fontaine ist auch ohne Ludwig denkbar, Molière und Racine sind es nicht mehr, Per­ rault und Boileau erst recht nicht. Die Reihe lässt sich leicht verlängern.44 Ludwigs Pensionen boten ein Auskommen, seine Gunst verlieh Prestige. Dass Architekten (Mansard) und Gartenbaumeister (Le Nôtre), Maler (Le Brun) und Bildhauer (Girardon) entscheidend von Ludwig und von seinen Aufträgen profitierten, liegt auf der Hand. Ähnliches gilt für die Musik. An ihr war schon dem Heranwachsenden besonders ge­ legen. Die „Französische Oper“ wurde zum Leitmedium des Grand Siècle.45 Die Académie française, von Richelieu begründet, hätte ohne Ludwigs Förderung (und Auszeichnung) schwerlich jene zentrale Position im französischen Kultur­ betrieb erlangt, die sie dann sogar die Revolution und Indus­ triegesellschaft überleben lassen sollte: Seit 1672 war er ihr 138

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persönlicher Protektor. 1694 nahm er das von Richelieu in Auftrag gegebene Wörterbuch der französischen Sprache in Empfang. Dem König gewidmet, war es ein weiteres Monument seines Ruhmes. Andere Akademiegründungen traten hinzu.46 Nun hatte es allerdings auch vor Ludwig XIV. Kunst und Kultur in Frankreich gegeben und ebenso Mäzenatentum. Doch war dieses Mäzenatentum oder vielmehr diese Patronage nicht ausschließlich, phasenweise nicht einmal vordringlich von der Krone ausgegangen, sondern von den großen ­Magnaten.47 Nach 1661 änderte sich das. Ludwig – oder vielmehr auch hier Colbert in seinem Auftrag – sammelte die verwaisten Klienten ein, die Fouquet durch seinen Sturz hinterlassen hatte, Gaston d’Orléans durch seinen Tod. Er fand neue und ließ sie nicht mehr los. Die Kulturpatronage wurde monopolisiert. Ergebnisse und Konsequenzen dieser Strukturentscheidung sind bis heute spürbar. Denn anders als etwa im Reich konnten sich unter der Sonne Ludwigs konkurrierende Zentren nicht entwickeln. Einzig Chantilly, die Residenz des Prinzen Condé, konnte als „Nebenhof“ eine gewisse Eigenständigkeit bewahren. Nach 1686, dem Tod des „Großen Condé“, verlor es allerdings an Gewicht.48 Aber es lässt sich eben auch sagen – und im Übrigen wohl kaum bestreiten –, dass nicht nur der König die Kunst ermöglichte, sondern dass Ludwig XIV. selbst, dass die „Marke ­Ludwig“, ihre Erschaffung und ihr Erfolg ein Resultat dieser Patronage war. Der größte König war, ganz natürlich, der Förderer der größten Künstler. Sie entfalteten sich unter seinem Schutz. Aber sie schufen damit zugleich – und das gilt nicht allein für die Maler – das Bild eben dieses größten Königs. Ohne Molière, ohne Lully und Racine, ohne Le Brun, Van der Meulen und Girardon wäre Ludwigs Spur in der Geschichte eine geringere gewesen. Und er wusste das. Für die Politik des Ruhmes, die Colbert und Louvois ins Werk setzten, boten 139

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Siege und Taten die Voraussetzung – und seien es Siege und Taten, die Ludwig eher „inspiriert“ hatte als befohlen –, doch erst die künstlerische, öffentliche Aufbereitung sollte ihre Größe verbürgen.49 Die „Marke Ludwig“ bestand im Kern aus politischer Autorität, militärischer Macht und (imaginierter) Kompetenz, sie bestand ebenso aus Geschmack, aus kundiger Freude am Schönen und aus ambitionierter Großzügigkeit in der Umsetzung der entsprechenden Pläne. Im Laufe der 1680er-Jahre trat religiöse Ernsthaftigkeit hinzu, die die Libertinage verdrängte. Grundlage der „Marke“ war jedoch die royale Performanz. Ludwig stellte den König dar und er war der König, weil er den Anforderungen, die seine Zeitgenossen an das Amt richteten, die seine Künstler formulierten, in vorzüglicher Weise genügte – sei es im Felde oder sei es im Festsaal. Insofern ist der Begriff Darstellung sogar irreführend. Ludwig stellte das Königtum nicht dar, sondern er verkörperte es. König und Königtum, die „zwei Körper des Königs“, verschmolzen in ihm, in der Inszenierung von Versailles.50

Frauen, Kinder und Verwandte – Der König und seine Familien „Familienmensch“ war Ludwig nicht im üblichen Sinn des Wortes. Er ging nicht auf im Kreise von Ehefrau und Kindern – die Vorstellung allein ist abwegig. Der Stil der Zeit, das öffentliche Leben und die monarchische Autorität ließen Intimität, Familienleben, nur höchst bedingt zu. Doch ohne einen Blick auf die Familie bzw. auf das „Haus Frankreich“ sind Ludwig und die von ihm geprägte Monarchie nicht zu verstehen. Von seiner Mutter war bereits die Rede. Auch nach dem Abschied von der Macht blieb Anna von Österreich am Hofe prä140

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sent, Ludwig ihr emotional verbunden. Einfluss allerdings besaß sie nicht. Sie versammelte lediglich einen „alten Hof“ um sich, der deutlich sittenstrenger war als der „neue“ des ­Königs, unterstützte finanziell und moralisch die fromme Compagnie du Saint Sacrement. Deren hauptsächlicher Erfolg wurde das zeitweilige Verbot von Molières „Tartuffe“. Vom König betrauert starb Anna nach einer Brustkrebsoperation zu Beginn des Jahres 1666.51 Anna von Österreich hatte, eigener Erfahrungen eingedenk, in der Hierarchie des Hofes bereitwillig Platz gemacht für ihre junge Nichte und Schwiegertochter, hatte ihr auch ein gewisses Maß an Verständnis und Verbundenheit geboten. Auch andere Faktoren sorgten dafür, dass die Ehe Ludwigs XIV. und Maria Theresas von Spanien nicht in ähnlicher Weise dysfunktional wurde wie die von Ludwigs Eltern. Bekanntlich war der König Frauen nicht abgeneigt und Maria Theresa erregte niemals sein Missfallen. Sie war ihrem Gemahl in Bewunderung ergeben, zwischen beiden Partnern gab es keine Krisen. 1661, eineinhalb Jahre nach der Eheschließung, wurde der Dauphin geboren. Zwei weitere Söhne starben im Kindesalter, ebenso wie drei Töchter. Größere Gemeinsamkeiten gab es allerdings zwischen beiden Partnern gleichfalls nicht. Die Königin hatte weder den Charakter ihrer Tante, noch verfügte sie über die äußeren Vorzüge, die diese in ihrer Jugend besessen hatte. Sie war daher nicht nur politisch ambitionslos – was nach Lage der Dinge ein Vorteil war –, sondern auch intellektuell bzw. kulturell. Sie „glänzte“ nicht, und dies war durchaus ein Nachteil. Auf Hofund Hofleben besaß Maria Theresa keinen Einfluss, ihr Tod 1683 wurde zum Nicht-Ereignis. Die Herzogin Sophie von Hannover, die 1679 Versailles besuchte, hat von ihr tatsächlich ein nur wenig schmeichelhaftes Porträt gezeichnet.52 Maria Theresa war für Ludwig keine gleichwertige Partnerin. Sexuell, emotional und intellektuell suchte er anderwärts 141

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Erfüllung. Die fand er zunächst bei Louise de La Vallière, die ihm zwischen 1663 und 1667 mehrere Kinder gebar, sowie dann über mehr als ein Jahrzehnt bei Françoise-Athénaïs de Rochechouart-Mortemart, Marquise de Montespan. Sie war vom Ende der 1660er-Jahre an der weibliche Mittelpunkt des Hofes. Françoise-Athénaïs (der zweite Vorname war selbst gewählt) entstammte einer der ersten bzw. ältesten Familien Frankreichs und galt als vollkommene Schönheit. Sie stellte eine Mischung aus Hochmut und Intellektualität zur Schau, die ihr Feinde machte, ihr im „Zeitalter der Konversation“ aber auch Bewunderung eintrug – nicht zuletzt, nach einigem Zögern, die des Königs. Athénaïs besaß während des Jahrzehnts ihrer „Herrschaft“ kein völliges Monopol auf Ludwigs Gunst, galt jedoch als gleichsam offizielle Favoritin. Sieben gemeinsame Kinder demonstrierten das und festigten – zunächst – den Platz der Mutter. Zu Beginn der 1680er-Jahre war es dann allerdings die Gouvernante dieser Kinder, Françoise d’Aubigné, Marquise de Maintenon, die sie von der Seite des Königs verdrängte.53 Madame de Maintenon, „Witwe Scarron“ – sie war, was ihre Feinde nicht vergaßen, in frühen Jahren mit dem Komödienautor Scarron verheiratet gewesen – wurde zur bedeutendsten Figur an Ludwigs Seite. Sie entstammte dem protestantischen Kleinadel. Ihre Jugend war im wörtlichen Sinne „bewegt“ gewesen und hatte sie bis in die Kolonie Martinique und dann eben an die Seite des Dichters Scarron geführt. Aus erheblicher materieller Not heraus fand sie 1669 die Anstellung am Hofe als zunächst „versteckte“, dann offizielle Er­ zieherin der unehelichen Kinder Ludwigs. Dieser Aufgabe wurde sie offenbar in hohem Maße gerecht. Ihre Zöglinge waren ihr zugetan, und darüber erwarb sie das Vertrauen auch des Königs. Sie blieb Ludwig bis zu seinem Tode verbunden, zunächst als Mätresse, sodann, Zeichen der religiösen 142

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und moralischen Umkehr, als zweite, morganatisch angetraute Ehefrau. Die ganz und gar unstandesgemäße Ehe wurde freilich niemals offiziell bekannt gegeben. Sie bot dem König offenbar jene emotionale Stabilität, derer er nunmehr bedurfte. Von Feinden und Gegnern wurde Maintenon für viele Fehlentscheidungen Ludwigs verantwortlich gemacht – namentlich die Protestantenverfolgung. Ihr Einfluss war wohl tatsächlich erheblich: Häufig bei Besprechungen des Königs mit Ministern zugegen, hatte sie sein Ohr jederzeit. Auch Schriftliches bearbeitete Ludwig vielfach in ihrer Gegenwart. Ihre Grundlinie war die reformkatholischer Ernsthaftigkeit. In der Realität wird sie sich also tatsächlich nicht für ihre ehemaligen Glaubensgenossen verwendet haben. Messbar allerdings ist ihr Einfluss nicht, Aufzeichnungen sind nicht vorhanden. Maintenons offizielle Schöpfung war die Institution royale de Saint-Louis in Saint-Cyr, eine Stiftung für die Erziehung verarmter Adelstöchter.54 Ludwig sorgte also für seine Kinder, gerade auch die Unehelichen. Sein Hauptaugenmerk lag freilich auf dem dauphin, wie die „Memoiren zu seiner Instruktion“ eindringlich zeigen. Der Erfolg solcher Instruktion war unter den Zeitgenossen umstritten. Saint-Simon beurteilt den Thronfolger überaus negativ, gehörte freilich bereits der nächsten Generation an und zudem einer gegnerischen Hofpartei. Der Prinz habe „weder Laster noch Tugend besessen, weder Geist noch Kenntnisse und auch nicht den Willen, solche zu erwerben“. Er sei „geboren gewesen für jene Langeweile, die er an andere weitergegeben habe.“ Sophie von Hannover wusste gleichfalls nichts Erfreuliches über ihn zu sagen: insipide ist mit „fad“ am günstigsten übersetzt. Der brandenburgische Gesandte Spanheim nannte ihn médiocre, fand ihn Wissenschaft und Literatur abgeneigt. Auch militärische Fähigkeiten werden ihm abgesprochen.55 Er starb 1711, von seinem Vater aufrich143

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tig betrauert. Es war dies der erste in einer ganzen Reihe von Todesfällen, die das Bourbonenhaus heimsuchen und seine Stabilität bedrohen sollten.56 Saint-Simon hatte sich jener Hofpartei angeschlossen, die sich um den Sohn des dauphins bzw., wie man ihm zur Unterscheidung nannte, des Grand-Dauphins, gebildet hatte, den Duc de Bourgogne. Auf diesen, 1682 geboren, hielt er daher große Stücke. Zwar sei sein Jähzorn ebenso gewaltig gewesen wie sein Hochmut, doch habe dem ein überaus klarer Geist entsprochen, lebhaft und von rascher Auffassungsgabe.57 Der Duc de Bourgogne war einige Jahre von François de Fénelon erzogen worden, Erzbischof von Cambrai, und dieser hatte ihm andere Maximen vermittelt, als sie die kriegerische Herrschaft Ludwigs XIV. anbot. Fénelon zahlte dafür den Preis und wurde vom Hofe verbannt, aber seine Lehren hatten den jungen Prinzen wohl tatsächlich dazu gebracht, ein nach außen friedlicheres, auch im Innern auf mehr Ausgleich abzielendendes Herrschaftsmodell anzustreben.58 Dies zu verwirklichen, hatte er bekanntlich keine Gelegenheit. Er starb 1712 im Alter von neunundzwanzig Jahren. Seine Ehefrau war ihm einige Tage in den Tod vorausgegangen. Einen Monat später folgte beiden, fünfjährig, ihr ältester Sohn. Zwangsläufig wurde von Giftmord gemunkelt, tatsächlich hatten sich offenbar Röteln oder Masern verbreitet und die ärztliche Heilkunst der Zeit das ihre dazugetan.59 Ludwigs politisch wie genealogisch einzig verbliebener direkter Erbe wurde dadurch sein zu diesem Zeitpunkt zweijähriger Urenkel, der Duc d’Anjou. Denn der jüngere Bruder des Duc de Bourgogne, Philipp V. von Spanien, war, indem er 1700 den Thron zu Madrid bestiegen hatte, aus der französischen Thronfolgeordnung ausgeschieden. Auf die Belastbarkeit dieses Verzichts richteten sich allerdings von Anfang an Zweifel. Doch der Beweis musste nicht angetreten werden, der Erbe überlebte. Als Ludwig XV. 144

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sollte er bis 1774 regieren. Die Fragilität auch einer auf den ersten Blick relativ zahlenstarken Dynastie war dennoch offen zutage getreten.60 Es war allerdings nicht erst diese Bestandskrise des Hauses, die Ludwigs Augenmerk auf seine illegitimen Nachkommen gelenkt hatte. Bereits recht früh wurden sie „anerkannt“, legitimiert und mit klangvollen Titeln in die Hierarchie des Hofes eingeführt. Zum Teil geschah das bereits vor der offiziellen Trennung ihrer Mutter vom Marquis de Montespan, was durchaus juristische Probleme bereitete. Aber Virilität – in jeder Beziehung – zeichnete einen Herrscher aus, das fand nicht nur Ludwig. Auch für Heinrich IV. waren außereheliche Nachkommen weder moralisches Bedenken noch gar politisches Problem gewesen.61 Ludwig XIV. wies seinen natürlichen Söhnen, dem Duc du Maine und dem Comte de Toulouse einen Rang zwar nach den Repräsentanten der bourbonischen Nebenlinien zu, den Prinzen von Geblüt, aber oberhalb der ranghöchsten Herzöge von nicht­königlichem Geblüt, den ducs et pairs. Saint-Simon, der diese Gruppe repräsentierte und der ihre Ansprüche zur Richtschnur seines Handelns und Denkens gemacht hatte, sollte das nachhaltig erboßen.62 Zumindest partiell kontrovers waren auch die Ehen, die der König den Kindern seiner Parallelfamilie stiftete: Jene, die das Erwachsenenalter erreichten, wurden mit Söhnen bzw. Töchtern der Prinzen von Geblüt verheiratet, lediglich der Comte de Toulouse ehelichte eine „gewöhnliche“ Hochadelige. Diese bourbonischen Heiraten sollten das Haus einigen, aber auch das Prestige des Königs und seiner illegitimen Nachkommen wahren. Für ausländische Fürsten wären illegitime Töchter auch des Königs von Frankreich als Partnerinnen nicht infrage gekommen; ohnehin befanden sie sich mit ihm mehrheitlich gerade im Krieg. Es war, nach 1688, der um die Pfalz. Aus Ludwigs Sicht wiederum schien es sinnvoll, Ehen seiner 145

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Kinder mit dem nichtfürstlichen Hochadel aus Prestigegründen zu vermeiden. Die Linien Orléans und Condé waren von der Ansicht, Nachkommen von Ludwigs Mätressen in den eigenen Stammbaum aufzunehmen, nicht begeistert, doch sie hatten sich zu fügen.63 Brisant wurde die Positionierung der „Bastarde“ (so die übliche Diktion Saint-Simons) freilich erst in dem Moment, in dem diese in die Lage versetzt werden sollten, im Falle des Falles auf den Thron nachzufolgen. Ludwigs Testament sah eine solche Neuerung vor. Zwar sollten sie erst nach den Prinzen von Geblüt erben können, doch reichte dies aus, um Unruhe zu schaffen. Es war ein Eingriff ins Salische Erbrecht und damit eines der Staatsgrundgesetze. Die Regelung wurde nach Ludwigs Tod umgehend verworfen.64 Diese Nebenlinien – die Conti sind noch zu ergänzen – gehörten nicht zur königlichen Familie, aber doch zum Haus Frankreich. Einen Sonderfall bildete Ludwigs jüngerer Bruder, der die (bis heute bestehende) Linie Bourbon-Orléans begründete. Als fils de France, „Sohn Frankreichs“, kam ihm zumindest protokollarisch eine herausgehobene Stellung am Hofe zu. Politisch war er ebenso einflusslos wie seine weiter vom Thron entfernten Cousins. Für seinen Sohn, Philipp II. von Orléans, galt zunächst Ähnliches. Auch er hatte als petit fils de France noch einen eigenen Rang vor allen anderen Prinzen inne – wiederum gepaart mit politischer Einflusslosigkeit. Das Letztere sollte freilich nicht so bleiben. Als in legitimer Linie nächster männlicher Verwandter des neuen Königs wurde er – eine Königinmutter gab es nicht – nach Ludwigs Tod 1715 zum Regenten.65 Die Prinzen von Geblüt waren eine ungeliebte, aber unverzichtbare dynastische Reserve. Vor 1589 hatte für die Bourbonen nichts anderes gegolten. Ludwig misstraute ihnen – die „Fronde der Prinzen“ blieb ihm in Erinnerung. Von der Macht 146

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hielt er sie fern und also aus seinem Rat heraus. In seinen ­Memoiren gedachte er des Prinzen Condé mit Ranküne, seines Bruders mit offener Verachtung.66 Andere Monarchen nach ihm sahen nicht viel anders auf jene „Zwitterwesen, die weder Herrscher noch Privatleute“ waren“.67 An ihrer Stelle hervorgehoben sei hier abschließend eine Prinzessin von Geblüt – wenn auch „nur“ durch Heirat: Elisabeth Charlotte von der Pfalz, Herzogin von Orléans, die zweite Ehefrau von Ludwigs jüngerem Bruder. „Liselotte“ wurde 1671 mit Philipp von Orléans verheiratet, um ihrem Vater, Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz, das Wohlwollen Frankreichs zu sichern. Das gelang bekanntlich nicht, die Pfalz wurde bereits kurze Zeit später zum Schlachtfeld des Holländischen Krieges und Schlimmeres sollte noch folgen. Die Ehe für sich genommen allerdings war zunächst ein Erfolg – trotz mehr oder w­eniger offener homosexueller Neigungen des Herzogs. Ein Erfolg am Hofe war zunächst auch die Herzogin. Sie teilte Jagdleidenschaft und wohl auch Humor mit ihrem Schwager, der ihre Gesellschaft schätzte. Geringe Festigkeit im vor der Eheschließung angenommenen katholischen Glauben, vor allem aber die jederzeit erkennbare hochfürstliche Verachtung, die sie Madame de Maintenon entgegenbrachte und die mit Geringschätzung für die illegitimen Kinder des Monarchen gepaart war, führten allerdings dazu, dass Liselotte, „Madame Palatine“, nach 1680 weitestgehend in Ungnade fiel. Sie suchte Trost in mehreren Tausend Briefen an ihre Schwestern, vor allem aber an ihre Tante Sophie von Hannover, die ein lebendiges, stets entschieden parteiisches, aber niemals bewusst verzeichnendes Bild des Versailler Hofes und seiner Protagonisten boten.68 Nur noch wenige französische Historiker leisten sich den Fehler, in Liselotte vornehmlich eine teutonische Sauerkraut­esserin zu sehen.69 Ludwig XIV. regierte und dominierte sein Haus. In Versailles wurden die Ahnen in den Hintergrund geschoben, Kin147

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der und Cousins bekamen ihre Plätze zugewiesen. Die Bedeutung der Dynastie war Ludwig dabei zu jeder Zeit bewusst. Er begriff sich einerseits als Chef des Hauses, der eifersüchtig dessen Rang wahrte, und auch als Glied einer Kette, etwa indem er in den Memoiren erklärt, seinem Sohn ein Land mit mehr Macht und Größe hinterlassen zu wollen, als er selbst vorgefunden habe. Er war sich dabei im Klaren darüber, dass auch die stabilste Dynastie gegen Unglücksfälle nicht gefeit war. Die Todesfälle von 1711/12 hatten dies hinreichend deutlich gemacht. Dagegen allerdings ließen sich nur wenige Vorkehrungen treffen.70 Ludwig favorisierte seine „Familie“ – womit hier seine eigene direkte Nachkommenschaft gemeint sei – gegenüber ­seinem Haus. Er fühlte sich legitimen wie auch illegitimen Kindern emotional verbunden, versuchte daher gerade die Letzeren nach Kräften zu fördern. Menschlich mochte das überaus verständlich sein – gerade aus Sicht späterer Jahrhunderte, in denen einerseits größeres Gewicht auf die Kernfamilie ­gelegt wurde und wird, andererseits größere Offenheit für familiäres Patchwork herrscht. Im ausgehenden 17. Jahrhundert aber war das jedenfalls politisch höchst pro­blematisch und führte innerhalb des Hauses zu Verwerfungen.71

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VI. Vielen nicht ungleich – Krisen und Kriege bis 1700

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er Holländische Krieg hatte aus Ludwig XIV. Louis le Grand gemacht. Seit den Feiern des Friedens von Nimwegen setzte sich dieser Ehrenname in Frankreich durch, natürlich nicht ohne Förderung des Interessierten bzw. seiner Minister.1 Ruhm und Länder hatte er erworben, sich gegen eine große Zahl von Feinden durchgesetzt – nec pluribus impar –, Europa den Frieden gegeben. Es mochte eine etwas einseitige Interpretation gewesen sein, sie war aber, wie die Grenzverschiebungen zeigten, auch nicht geradezu falsch. In jedem Fall war der Nimweger Frieden kein Anlass, umzukehren oder einzuhalten. Der Weg zum Ruhm, zur Größe, sollte Ludwig weiterführen. Siege und Ergebnisse des Holländischen Krieges bestärkten ihn in seiner hohen Selbstauffassung. Er sah sich selbst, sein Haus und seine Krone an der Spitze Europas. Könige wie die von England und Spanien, Polen und Schweden galten als besiegt, abhängig oder nachgeordnet. Von rangniederen Fürsten wie etwa den Herzögen von Lothringen oder Savoyen braucht man nicht eigens zu reden. Auch der römisch-deutsche Kaiser als bloßer Wahlmonarch, den Reichsständen unterworfen, galt nicht ernsthaft als ranggleich. Zumal sein Machtpotenzial sich mit dem des Allerchristlichsten Königs nicht messen konnte. Ihm, Ludwig XIV., kam also, der jüngste Krieg hatte es erwiesen, die natürliche Führungs- bzw. Schiedsrichterposition in Europa zu. Um sie effektvoll ausüben zu können, also zweifels149

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frei und weithin sichtbar, musste die strategische Position Frankreichs freilich noch weiter gestärkt werden.2

Krieg im Frieden – Die Reunionen Nahziel war es dabei, die französischen Grenzen künftig so zu gestalten, dass sie gut zu verteidigen sein würden. Dies bedeutete, die Grenzen eindeutiger zu machen, einen klaren linearen Grenzverlauf anzustreben, Enklaven und Exklaven aufzuheben. Und es bedeutete natürlich auch, die Grenzen im Osten und Norden unter strategischen Gesichtspunkten weiter vorzuschieben. Dies ist nicht allein von französischen Historikern mit einigen guten Argumenten als Fortwirken des Bedrohungsgefühls des 16. Jahrhunderts erklärt worden, der Zeit der „habsburgischen Umklammerung“. Tatsächlich hatte ja auch der Holländische Krieg gezeigt, dass Frankreich sich notfalls alleine gegen seine sämtlichen Nachbarn behaupten musste und dass dies umso besser möglich war, je mehr man die Kampfhandlungen nach Norden oder Osten verlagern konnte. Und entsprechend war denn auch die Lehre, die Ludwig und seine Berater aus dem Krieg gezogen hatten. Bei Lichte betrachtet hatte die Auseinandersetzung allerdings ebenso erwiesen, dass die Nachbarn einzeln oder vereinigt zu einer wirklichen Bedrohung Frankreichs überhaupt nicht in der Lage waren. Die „Defensive“ als Grundlage der französischen Expansion war insofern eine Anschauung, die davon ausging, das eigene Land sei nur dann sicher, wenn der Grenzverlauf alle strategischen Vorteile vereinigte und es darüber hinaus gestattete, Nachbarn und mögliche Feinde nicht nur zu beobachten, sondern zu bedrohen. Diese wiederum sollten Frankreich gegenüber nach Möglichkeit kein Bedrohungspotenzial mehr besitzen können. Es ging also letztlich darum, das Land zum unangreifbaren 150

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Zentrum eines europäischen Kraftfeldes zu machen. Der Fachbegriff dafür lautet Hegemonie. Die hierauf gerichtete Defensive war also überaus aggressiv, ihr Ergebnis offensiv.3 Als geeignetes Mittel für jene „Klärung“ der Grenzverläufe und für deren weiteres Vorschieben an Maas, Rhein und Mosel war bereits vor 1679 die Rechtsfigur der sogenannten Reunionen entdeckt bzw. entwickelt worden. Wörtlich übersetzt handelte es sich um „Wiedervereinigungen“. Sie gründeten sich auf eine klassische Formel bei Gebietsveränderungen, die lautete, dieses oder jenes Territorium werde abgetreten „mit allem, was ihm zugehöre“. Hieraus leiteten die Juristen der französischen Krone ab, dass alle bestehenden oder in der Vergangenheit eventuell einmal wirksamen Lehnsbeziehungen zwischen den neu erworbenen französischen Territorien und denen ­anderer Reichsstände auch diese anderen Gebiete nunmehr der Souveränität des Königs zugeordnet hätten oder dass man dies zumindest behaupten könne. Französische Gerichte, die Reunions­kammern, fällten entsprechende Urteile und französische Truppen sorgten für deren Durchsetzung. Faktisch hieß dies, dem Landesherrn wurde mitgeteilt, er sei tatsächlich nicht Vasall des römisch-deutschen Kaisers, sondern des Königs von Frankreich und habe einen entsprechenden Lehnseid zu leisten. Weigerte er sich, dies zu tun, würde er seinen Besitz verlieren, was dann i.d.R. eintrat. Und natürlich hatten auch die „reunierten“ Territorien Lehnsbeziehungen zu anderen Gebieten oder diese irgendwann einmal gehabt. Das alles war die Fortsetzung des Krieges im Frieden.4 Erstes Opfer waren noch während des Holländischen Krieges die zehn elsässischen Reichsstädte der sogenannten Dekapolis gewesen. Ihr Fall ist freilich differenziert zu betrachten. Der König von Frankreich hatte im Westfälischen Frieden die Landvogtei über die Dekapolis erlangt, also eine Art Schutzherrschaft, sowie die Landgrafschaft Ober- und Unterelsass 151

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bzw. einigen Streubesitz, der diese Landgrafschaften territorial auszumachen schien. Das alles war bis dahin habsburgisch gewesen und nicht sonderlich bedeutend. Allerdings ließen sich die genannten Titel – und besonders die Landvogtei – verstehen nicht nur als eine theoretische „Oberherrschaft“ über die genannten Städte, sondern als sehr konkretes Herrschafts- und Besitzrecht an ihnen. In der Hand Ludwigs XIV. wurde das überterritoriale Schutzrecht des Landvogtes zur territorialen Souveränität des Königs von Frankreich. Jedenfalls war das eine Interpretation, die in Münster bewusst angelegt worden war, wenn auch (ebenso bewusst) höchst widerspruchsvoll – den Reichsstädten war zugleich die fortdauernde Reichsfreiheit bzw. -zugehörigkeit verbrieft worden. Beides, Reichsstandschaft und französische Oberherrschaft, schlossen einander natürlich aus. Die Frage war 1648 der Zukunft überlassen worden und die französische Politik beantwortete sie nach 1672 mit den ihr zur Verfügung stehenden Machtmitteln.5 Die Reunionen gingen freilich über den elsässischen Zehnstädtebund weit hinaus. Betroffen waren auch der Rest des Elsass, über den es kein Vogteirecht gab und der auch von der „Landgrafschaft“ nicht erfasst wurde, betroffen war die Pfalz und letztlich der ganze Raum zwischen Rhein, Mosel und Maas. Ausgangspunkte sollten nicht allein die extensiv ausgelegten elsässischen Bestimmungen von 1648 bieten, sondern auch die gleichfalls im Westfälischen Frieden erworbenen lothringischen Bistümer Metz, Toul und Verdun, zu denen sich etliche Lehnsverbindungen finden oder erfinden ließen. Den Reunionskammern gelang es auf diesem Wege, die dem Herzog von Württemberg gehörende Grafschaft Mömpelgard ihrem König zuzusprechen, ebenso die nassauische Grafschaft Saarbrücken, die zu den Spanischen Niederlanden gehörende Grafschaft Chiny und zahllose andere Territorien. Auch das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken wurde von den Reunionen erfasst, was 152

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allerdings den gravierenden Nachteil besaß, die Bündnisbeziehung zu Schweden zu beenden. Denn dessen König erbte das Territorium 1681 von einem Vetter, doch da war es bereits „re­ uniert“. Karl XI. in Stockholm nahm dies begreiflicherweise ungünstig auf. Nicht rechtlich, wohl aber sachlich gehörte die Annexion Straßburgs zu den Reunionen. Hier ging die Krone ohne jeden Rechtstitel vor, erklärte lediglich, auf feindliche Akte der Stadt im vorangegangenen Holländischen Krieg zu ­reagieren, und schickte Truppen. Der Rat ergab sich und akzeptierte die Souveränität des Königs. Am 23. Oktober 1681 hielt Ludwig selbst seinen feierlichen Einzug in die Stadt, was die Bedeutung der Erwerbung unterstrich. Sie schloss die des ganzen Elsass als geographischer Einheit ab und sicherte die Provinz militärisch gegen das Reich: Die Rheinbrücke war fortan in französischer Hand. Immerhin blieb die innere Ordnung Straßburgs – auch die lutherische Konfession – zunächst im Wesentlichen unberührt. Das sollte die Integration in den neuen Herrschaftsverband deutlich erleichtern.6 Die Reunionen waren zumindest außerhalb des Elsass kaum mehr als eine juristische Finte, die die gewaltsame Expansion verbrämte. Eine alte Lehnsbeziehung zwischen dem Bischof von Metz, dessen weltlicher Besitz Frankreich 1648 zugesprochen worden war, und dem Grafen von Chiny war nicht gleichbedeutend mit der Abtretung auch dieses Territoriums an die Krone. Und selbst im Elsass war das Verfahren natürlich mindestens fragwürdig. Ludwig selbst allerdings war wohl von seinen Rechten überzeugt. Das „Geschrei“ der Reichsstände – also die schriftlichen Proteste – beeindruckte ihn wenig. Er werde ihnen, wie er erklärte, „nichts lassen, was rechtmäßig seiner Krone gehöre“. Dass allerdings die Reunionskammern und ihre Räte oft genug mehr als fadenscheinig argumentierten bzw. urteilten, scheint seinen Ministern letztlich bewusst gewesen zu sein: Allzu offensichtlicher Übereifer beim „reunie153

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ren“ wurde zwar gelegentlich gebändigt, zu anderen Gelegenheiten aber auch genutzt, wenn dies denn ins Kalkül passte.7 Als Legitimation hinter der scheinbaren Legalität schienen letztlich Rang bzw. Vorrang des Königs zu genügen – und also seine Interessen. Eine höhere Instanz, um über diese zu urteilen, gab es ohnehin nicht. In der Sache gehorchte das Ganze neben dem Sicherheitsargument auch dem Willen, staatliche Souveränität eindeutig zu machen, Zweifelsfälle zu den eigenen Gunsten zu entscheiden (oft genug, nachdem man sie hergestellt hatte). Unbekannt waren solche Bestrebungen auch im Reich nicht: Münster und Braunschweig, Erfurt und Magdeburg wurden von ihren jeweiligen und lange eher relativen Landesherren nicht viel anders behandelt als Colmar oder ­Hagenau von ihrem Landvogt. Freilich waren die Sonderrechte geringer. Auch ging es nicht um unbestrittene Reichsstädte. Aber es ging gleichfalls darum, die fürstliche Oberhoheit durchzusetzen gegen städtische oder – anderswo – regionale Freiheiten. Allerdings waren dabei dem machtpolitischen Zynismus der deutschen Fürsten Grenzen gesetzt: Reichsrecht, Kaiser und Konkurrenten hielten die Ambitionen im Zaum. Korrektive dieser Art hatte Ludwig XIV. nicht – bzw. er meinte, sie nicht zu haben.8 Denn die Folgen der Reunionen waren letztlich ambivalent. Sie brachten für den Moment territoriale Vorteile, erweiterten Frankreichs Grenzen und erhöhten sein Machtpotenzial, noch mehr aber schürten sie öffentliche Empörung, politisches Misstrauen und förderten so die Mobilisation der europäischen Nachbarn – natürlich gegen Frankreich. Dies galt gerade für die Annexion Straßburgs, auch wenn es sich dabei durchaus nicht um jenes reichspatriotische „Fanal“ handelte, das, aus ­naheliegenden Gründen, die deutschnationale Geschichtswissenschaft vor und nach 1914 darin hatte sehen wollen. Für Fürsten wie Öffentlichkeit im Reich wurde klar, dass der aus154

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schließliche Maßstab der französischen Politik im eigenen Interesse bestand, dass Gewalt und Willkür die Mittel ihrer Durchsetzung waren, Rechte und Verträge nicht viel zählten. Partner, Verbündete, waren auf dieser Basis nur noch schwer zu finden. Das Urteil, das französische Historiker und Diplomaten des 18. Jahrhunderts dann über diese Politik fällten, sollte recht harsch ausfallen.9 Der unmittelbare Erfolg wie die mittelbaren Nachteile der Reunionen rührten dabei nicht zuletzt aus dem Kontext, in dem sie stattfanden, d. h. einer sich wieder zuspitzenden osmanischen Bedrohung der kaiserlichen Erblande und des Reiches. Der Waffenstillstand wurde 1682 brüchig, im Folgejahr zogen die Türken zum zweiten Mal vor Wien. Von Juli bis September 1683 belagerten sie die Kaiserstadt. Militärisch auf die Reunionen reagieren konnten daher weder der Kaiser noch die deutschen Fürsten. Spanien, das in seinen niederländischen Provinzen gleichfalls massiv von den französischen Gewaltakten betroffen war, erklärte zwar in einem Akt der Selbstbehauptung den Krieg. Es musste aber bald einlenken, da es keine Bündnispartner fand, denn die waren anderweitig beschäftigt. Freilich kam es zunächst nicht zu einer offiziellen Bestätigung der Erwerbungen durch Kaiser und Reich bzw. durch die betroffenen Fürsten, sondern lediglich zu einer befristeten Anerkennung gegen die Zusicherung, diese Politik nicht weiter fortführen zu wollen. Das war der „Regensburger Stillstand“ von 1684. Er setzte Ludwig in die Lage, seine „friedlichen Eroberungen“ der vergangenen Jahre zu behalten, sich zudem den Anschein der Mäßigung zu geben, da er seine Forderungen zurückstellte – d. h. weitere Expansion unterließ –, während der Kaiser in Ungarn gegen die Osmanen kämpfte. Dem Allerchristlichsten König stand das gut an.10 Ohnehin genügte dies Ludwig zunächst: Er konnte die Reunionen nicht nur behalten, sondern befestigen und darauf 155

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vertrauen, dass seine eigene Stärke auch in Zukunft ausreichen würde, um die Nachbarn in Schach zu halten. Für Kaiser und Reich genügte es ebenso: Sie konnten zunächst die türkische Niederlage vor Wien in vollem Umfang ausnutzen und die Rückeroberung Ungarns weit vorantreiben. Im Westen wurden dann ohnehin vier Jahre später die Karten neu gemischt.11 Hier lag also in mehrfacher Hinsicht eine politische Koordinatenverschiebung vor: Es endete die direkte militärische Bedrohung Mittel- und Osteuropas durch die Osmanen und bald auch das Bedrohungsgefühl, die sogenannte „Türkenfurcht“. Aber es begann die direkte militärische Bedrohung des Rheinlands oder des ganzen deutschen Südwesten durch Frankreich. Ludwig XIV. hatte sich entschlossen – im Verein mit seinen Ministern –, im Reich nicht mehr eine Einflusssphäre zu sehen, die man potenziell gegen den Kaiser mobilisieren konnte, sondern ein strategisches Vorfeld bzw. einen Expansionsraum. Dies war eine durchaus logische Konsequenz daraus, dass sich die Reichsstände im Holländischen Krieg für den Kaiser und gegen Frankreich entschieden hatten. Angesichts der französischen Aggression war das nicht unbedingt eine offene Wahl gewesen, aber das sah man natürlich in Versailles anders. Die französische Diplomatie versuchte in den Jahren nach dem Regensburger Stillstand zwar erneut, Bündnispartner im Reich zu werben. Und sie trieb dafür einen ganz erheblichen finanziellen Aufwand: Allein in den Anfangsjahren des kommenden Pfälzer Krieges wurden über 6 Millionen Livres gezahlt. Doch wenn Ludwigs Gesandte also in Berlin, Hannover oder Braunschweig gelegentlich offene Ohren fanden – und natürlich aufgehaltene Hände –, so ließ sich daraus keine profranzösische Partei formen und keine aktive Unterstützung organisieren, schon gar nicht auf Dauer. Der politische Ertrag der so aufgewandten Millionen blieb letztlich bescheiden.12 156

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Nur indirekt in diesen Kontext gehört im gleichen Jahr 1684 die Beschießung von Genua durch die französische Flotte. Ein Ereignis, dass Episode blieb, das Wege und Ziele der französischen Politik allerdings gut bezeichnet: Auch hier wurde Gewalt im Frieden eingesetzt, ohne Kriegserklärung. Als Anlass diente die Hilfsleistung für andere Gegner des Königs, gemeint war Spanien. Auch hier war das Ziel, durch Einschüchterung einen Politikwechsel zugunsten Frankreichs zu erzwingen und dabei den Namen des Königs glänzen zu lassen. In Genua gelang das auch. Der Doge musste sich auf eine Demuts- und Entschuldigungsmission nach Versailles begeben, die die französische Seite sorgfältig und aufwendig in Szene setzte. Im Reich würde Entsprechendes allerdings nicht gelingen, und Erfahrungen wie die der Genueser trugen durchaus dazu bei.13

Eine neue Runde unter neuen Bedingungen – Der Pfälzer Krieg und die Erste Große Allianz Die nächste „Runde“ der Konflikte zwischen Frankreich und seinen Nachbarn begann 1688. Beunruhigt von den großen Erfolgen des Kaisers in Ungarn, wollte Ludwig XIV. seine bisherigen, noch immer provisorischen Erwerbungen an Rhein und Mosel absichern, freilich auch die Gelegenheit nutzen, sie weiter auszudehnen. Gelegenheit dazu schien das Aussterben der bisher in der Pfalz regierenden Linie des Hauses Wittelsbach zu bieten. Dass nach dem Gesetz männlicher Erbfolge die nächstjüngere Linie nachfolgen würde, stand außer Zweifel. Allerdings war natürlich die Schwester des letzten Kurfürsten, Liselotte von der Pfalz, mit Ludwigs jüngerem Bruder verheiratet, dem Herzog Philipp von Orléans. Im Namen des Paares verlangte der König nun die Herausgabe des Hausbesitzes des verstorbenen Kurfürsten, von Land, Gütern, Gegenständen, 157

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die diesem „persönlich“ gehört hätten, nicht qua Amt – oder aber von deren Gegenwert. Und um sicherzugehen, dass dies auch geschehen würde, rückten französische Truppen in die Pfalz ein. Rechtlich war die Frage vielleicht etwas weniger artifiziell als die, die 1667 in Brabant aufgeworfen worden war: Bewegliche Güter ließen sich durchaus dem persönlichen Besitz des verstorbenen Fürsten zuordnen, und insofern es sich hier um den Übergang von einer Linie zur anderen handelte, die im Mannesstamm ausgestorben war, aber eine weibliche Erbin besaß, konnte man dafür zumindest Verhandlungsbedarf erklären. Diskreditiert wurde die Rechtsposition allerdings dadurch, dass Ludwig XIV. wie 1667 und in der Frage der Reunionen als Kläger auftrat, als Richter und als Inhaber der vollziehenden Gewalt.14 Kalkül Ludwigs und seiner Minister war es wohl, das militärisch immer noch im Türkenkrieg gebundene Reich durch Drohgebärden zum Eingehen auf ihre Forderungen zu zwingen, d. h. im Wesentlichen wohl die Reunionen zu sichern. Dies aber wurde nun zum Fehlkalkül. Und zwar sicherlich dem größten von Ludwigs Herrschaft. Zum einen lag das daran, dass Kaiser und Reich – angespornt von den jüngsten Erfolgen an der Donau – sich zur Annahme des Konfliktes auch am Rhein entschlossen. Kaiser Leopold konnte es sich schlicht nicht leisten, seine neu erworbene Führungsposition gegenüber den Ständen hier durch Nachgiebigkeit zu gefährden. Und sie entfalteten sogar die entsprechenden Kräfte. Zum anderen aber, vielleicht noch wichtiger, folgte es daraus, dass die englische Politik zum gleichen Zeitpunkt eine abrupte Wende nahm, bzw. eine „Revolution“ einleitete: die Glorious Revolution, die „glorreiche Revolution“ von 1688. Der zum Katholizismus übergetretene Stuart-Herrscher Jakob II. wurde im Herbst des Jahres mithilfe des Parlaments gestürzt und ersetzt von seinem protestantischen Schwiegersohn Wilhelm III. von 158

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Oranien, dem Statthalter der Niederlande. Jakob floh ins französische Exil. Der Oranier, nun mit der Macht seiner britischen Königreiche, wurde zur entscheidenden Gestalt aller weiteren gegen Frankreich sich formierenden Bündnisse. Zu beachten ist dabei freilich – und nicht selten übersehen –, dass hier die britische, im Kern englische, innenpolitische „Revolution“ zusammenfiel mit einer niederländischen Invasion. Wilhelm III. wurde von Teilen der englischen Elite „gerufen“. Und er trug Sorge, als Befreier des Landes aufzutreten, nicht als Eroberer. Dennoch handelte es sich im Kern um eine erfolgreich ausgeführte militärische Invasion durch den niederländischen Statthalter und seine Armee. Strategisch und logistisch war dies eine gewaltige Leistung. Vielleicht der größte militärische coup des 17. Jahrhunderts, zumindest seiner zweiten Hälfte. Doch er wurde als solcher von Anfang an mit Bedacht heruntergespielt, um sowohl das Ereignis als auch den neuen Monarchen zu anglisieren und nationale Aversion zu vermeiden. Denn natürlich waren die Niederländer aus englischer Sicht konfessionsverwandt. Aber zugleich waren sie eben auch Konkurrenten und in der Vergangenheit oft genug Kriegsgegner gewesen. Im Vordergrund der englischen Wahrnehmung sollte der Sturz des katholischen – und insofern eben unenglischen – letzten Stuart stehen, die Verteidigung des wahren Glaubens. Glorreich wurde daher die Revolution, nicht die Invasion. Auch das war eine politische Meisterleistung, die zeigt, dass Wilhelm III. zu Recht als „Größter“ der Gegner Ludwigs XIV. gilt.15 Der Krieg, der sich unter diesen Bedingungen 1688 entspann und bis 1697 dauern sollte, trägt nun verschiedene Namen. Sie spiegeln recht gut die nationalhistoriographischen Perspektiven wider. In Deutschland spricht man meist vom Pfälzer oder vom Pfälzischen Erbfolgekrieg. Letzteres ist insofern unzutreffend, als es nicht um die juristische Erbfolge im Kurfürstentum ging, 159

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also nicht um die Erbfolge, sondern nur um Teile des materiellen Erbes. Im Übrigen war die Pfalz ein besonders heimgesuchter Schauplatz der Auseinandersetzung, wovon noch die Rede sein wird, aber beileibe nicht der einzige: Gekämpft wurde außerdem in den Niederlanden, in Spanien und Italien, in Amerika sowie nicht zuletzt zur See. Die Bezeichnung „trifft“ also, in beiden Varianten, nur sehr partiell. Der Ausdruck „Orléans’scher Krieg“, der aufzeigen soll, dass es die Ansprüche des Herzogs und der Herzogin von Orléans waren, die den Konflikt auslösten, ist auch nur sehr bedingt überzeugend. Das Haus Orléans war neben dem König kein eigenständiger Akteur, „seine“ Forderungen boten lediglich Anlass und Vorwand. In Frankreich spricht man stattdessen traditionell vom „Krieg der Augsburger Liga“ (Guerre de la ligue d’Augsbourg), was einen wichtigen Faktor benennt, nämlich das (1686 in Augsburg beschlossene) Abwehrbündnis wichtiger Reichsstände und des Kaisers gegen Frankreich. Allerdings suggeriert dies, der Krieg sei von dem Bündnis ausgegangen oder es sei zumindest der eigentliche Kriegsgegner gewesen. Mit dieser Absicht war der Begriff auch lanciert worden; er ist zeitgenössisch und spiegelt die Bedeutung wider, die man in Frankreich der Liga beimaß bzw. beimessen wollte. Natürlich unzutreffenderweise, denn ein eigenständiger Akteur war die Augsburger Liga nie gewesen. Und schwerlich war sie jemals eine Bedrohung für Frankreichs Sicherheit. Die englische Forschung benutzt wiederum den überaus neutralen Terminus des „Neunjährigen Krieges“ (Nine Years’ War), gegen den sich, gerade wenn man an den Seekrieg und die Kolonien denkt, wenig einwenden lässt, der aber, zumal im deutschen oder französischen Kontext, auch nur wenig aussagt.16 – Historiker können Konventionen nur selten bestimmen, sie müssen mit ihnen umgehen. Die Länge des Konflikts, es ist bereits gesagt worden, entsprach nicht den französischen Erwartungen bei seinem Be160

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ginn. Sie war die Folge der starken Gegenwehr, auf die die französische Offensive stieß, und darin das Ergebnis der ersten, sich unter diesem Namen bildenden Großen Allianz: Diese vereinte England und die Niederlande, Kaiser und Reich (bzw. die Augsburger Liga) sowie Spanien und das norditalienische Savoyen-Piémont. Frankreich seinerseits fand im Reich zwar durchaus weiterhin den einen oder anderen Ansprechpartner, etwa die welfischen Herzöge, doch waren solche Kontakte im Wesentlichen dazu bestimmt, aus Versailles Subsidien einzustreichen, im Gegenzug möglichst nichts zu tun und in Wien den Preis für das eigene Engagement zu erhöhen. Eine aktive profranzösische Politik war den Reichsständen im Grunde unmöglich: Einerseits durch die zunehmend „patriotische“ Im­ prägnierung der politischen Kultur, andererseits – etwa am Rhein – durch die direkte französische Bedrohung.17 Hauptkriegsschauplatz wurden allerdings einmal mehr die Spanischen Niederlande. Der Oberrhein war demgegenüber ein Schauplatz von geringerer Bedeutung, doch kam dies der Region keineswegs zugute: Da die französischen Truppen hier zurückgenommen wurden und defensiv agieren sollten, erging an sie die Weisung, das zu räumende deutsche Grenzgebiet gezielt und umfassend zu verwüsten, um dem Gegner so die Möglichkeit zum Aufmarsch zu nehmen. Initiatoren waren wohl der Marschall Chamlay und der Kriegsminister Louvois; der König aber kannte, billigte und befahl das Vorgehen. Alles Vieh, alle Vorräte sollten fortgeschafft, alle Gebäude zerstört werden. Die Bürger von Mannheim und Heidelberg bekamen sechs Tage Zeit, ihre Habseligkeiten fortzuschaffen und die Städte zu verlassen, denn besonders diese sollten allen Wert für die Gegner verlieren, sei es als Stützpunkte oder als Winterquartiere. Zerstörungen und Verwüstungen in einigem Ausmaß waren in der frühneuzeitlichen Kriegführung keineswegs unbekannt. In solchem Maßstab, mit solcher Konsequenz al161

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Ein „Mordbrenner“. General Ezéchiel de Mélac, französischer ­Kommandierender in der Pfalz, die Brandfackeln in den Händen. Im ­Hintergrund Städte bzw. Gehöfte, die in Flammen aufgehen. – Ausschnitt aus einem Flugblatt, 1689.

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lerdings waren sie bis dahin noch nie ins Werk gesetzt worden. Der militärische Zweck wurde offenbar dennoch nur in begrenztem Umfang erreicht. Zum Teil erwies sich das Vorgehen sogar als kontraproduktiv, da die Disziplin der eingesetzten Truppen zum Teil völlig zerfiel. Die öffentliche Empörung wiederum, die diese Art der Kriegführung erregte, trug erheblich dazu bei, das gegnerische Lager zu stärken und geschlossen zu halten. Die deutsche Frankophobie erreichte ihren Höhepunkt. Finstere Berühmtheit erlangte dabei besonders der Name des Generals Ezéchiel de Mélac, der, versehen oft mit dem Etikett des „Mordbrenners“, zum Synonym wurde für sinnlose Zerstörungswut. Das Ungeheuerliche der Maßnahmen provozierte aber offenbar auch mehrfach französische Offiziere dazu, Protest zu erheben oder die Befehle schlicht zu unterlaufen.18 Das weitere Kriegsgeschehen war aber vor allem gekennzeichnet von der andauernden massiven Konfrontation in den Spanischen Niederlanden. Dort kam es zu mehreren großen Schlachten, Fleurus, Neerwinden oder Steenkerke, bei denen Feldarmeen von jeweils bis zu 80 000 Mann aufeinandertrafen, was eine quantitativ und logistisch neue Dimension besaß. Auch die Verluste wuchsen dabei: Bei Neerwinden, einem wichtigen französischen Erfolg, verloren die alliierten Gegner 12–14 000 Mann an Toten und Verwundeten, die Franzosen selbst auch zwischen 7000 und 8000. Insgesamt überwogen hier während der ersten Hälfte des Krieges die Vorteile für die französische Seite, sie erwiesen sich allerdings als wenig nachhaltig. Die hohen Verlustquoten zeigen den Fortschritt der Waffentechnik. Dem entgegengesetzt wurde ein verstärkter Aufwand bei Schanzarbeiten: Das Aufwerfen von langgezogenen Befestigungslinien gab den Kämpfen örtlich und phasenweise den Charakter eines Stellungskrieges.19 Dass hierbei das Land, in dem die Kämpfe stattfanden, schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde, liegt auf der Hand. Durchzüge, Einquar163

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tierungen, Abgaben, das Kampfgeschehen selbst forderten von der Zivilbevölkerung einen hohen Tribut. Es kam auch zu weiteren gezielten Verwüstungen, wiewohl in kleinerem Maßstab als in der Pfalz. Freilich wurde Brüssel 1695 in Brand geschossen. Ziel solcher Handlungen war es, „die Völker zum Weinen zu bringen“ (faire crier les peuples), wie dies der französische Kriegsminister Louvois bündig erklärte: Die Ressourcen des Gegners sollten so massiv wie nur möglich geschwächt und dabei auch die Untertanen gegen die Fortführung des Krieges eingenommen werden, um so – im Ergebnis – den Konflikt abzukürzen. Solche Auffassungen wurden von den Kriegsgegnern durchaus geteilt, nur hatten sie einstweilen deutlich geringere Möglichkeiten zur Anwendung. Sehr weit gediehen war die „Hegung des Krieges“ also im Zeitalter Ludwigs XIV. noch nicht. Der belgische Historiker Jean-Pierre Rorive spricht daher nicht vom „großen“, sondern vom „unglücklichen Jahrhundert“.20 Für den Fortgang des Konflikts wichtiger und von langfristiger Folgewirkung war freilich der Seekrieg, bei dem es, anders als zu Lande, tatsächlich zu nachhaltigen Entscheidungen kam. Eine erste, vor dem eigentlichen Kriegsausbruch, hatte ja bereits darin gelegen, dass Wilhelm III. von Oranien seine Armee erfolgreich nach England hatte übersetzen können, um Jakob II. zu vertreiben. Um dies rückgängig zu machen, seinen vertriebenen Cousin, dem er in Saint-Germain großzügig Exil gewährt hatte, wieder in sein Amt einzusetzen, befahl Ludwig XIV. seiner Flotte, die Kontrolle über den Ärmelkanal zu gewinnen. Ein erster Rückeroberungsversuch scheiterte 1690 in Irland. In der Schlacht am Boyne verlor Jakob II. seine britischen Königreiche zum zweiten Mal und diesmal endgültig.21 Zwar gelang es im gleichen Jahr tatsächlich dem französischen Admiral Tourville, die englisch-holländische Flotte bei Cap ­Béveziers/Beachy Head zu schlagen und für einen kurzen Mo164

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ment die Seeherrschaft zu erringen. Doch dies blieb angesichts der geringen Verluste der Gegner, vor allem aber wegen ihrer überlegenen Schiffbaukapazitäten Episode. Schon bald musste die französische Flotte wieder aus einer Position der zahlen­ mäßigen Unterlegenheit agieren. Und 1692 wurde sie durch den englisch-niederländischen Seesieg von La Hougue dann geradezu dezimiert. Befehle aus Versailles, die der tatsächlichen Lage nicht entsprachen, die Möglichkeiten der Flotte überschätzten, hatten daran einen erheblichen Anteil. Der Admiral Tourville fand sich gebunden an einen unbedingten Angriffsbefehl des Königs, der von falschen Voraussetzungen ausging, dennoch nicht ignoriert werden konnte und also in die Niederlage führte. Zu einer Invasion Englands – oder einer weiteren Irlands – sollte es nicht mehr kommen. Frankreich verringerte fortan sein Engagement zur See drastisch, setzte weniger auf die extrem teuren Flotten von Linienschiffen, sondern vielmehr auf den kostengünstigen Kaperkrieg – also auf staatlich gestützte bzw. autorisierte Piraterie. Die war zwar sogar wirtschaftlich recht profitabel, strategisch letztlich aber kaum entscheidend.22 Nach neun Jahren Kampf zu Lande wie zur See waren beide Seiten schließlich hinreichend erschöpft, um die für einen Kompromiss nötige Flexibilität zu zeigen. Krieg war teuer, mit steigender Tendenz, und namentlich um Frankreichs Staats­ finanzen stand es schlecht. – Um die des Kaisers ebenso, aber das verstand sich von selbst.23 Im Herbst 1697 schloss man daher im niederländischen Rijswijk Frieden (im zeitgenössischen französischen Stil Ryswick). Wiederum handelte es sich dabei nicht um einen Gesamtvertrag aller kriegführenden Mächte, sondern um Separatverträge Frankreichs und seiner Gegner. Dies eröffnete, ähnlich wie in Nimwegen, der französischen Seite die Möglichkeit, Wilhelm III., Leopold I. und das Reich durch jeweils wohldosierte Konzessionen gegeneinander 165

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auszuspielen. Das blieb nicht ohne Wirkung, dennoch war das Resultat ernüchternd: Frankreich gab, sofern sie sich noch in seinem Besitz befanden, die allermeisten Reunionen oder militärisch gewonnenen Faustpfänder zwischen Rhein und Maas auf, die entsprechenden Ansprüche ebenso, und behielt nur jene, die essenziell erschienen: nämlich die im Elsass und besonders Straßburg. Im Ergebnis wurden die Grenzziehungen insgesamt klarer, das französische Territorium geschlossener. Allerdings bekam Lothringen seine Unabhängigkeit und seinen Landesherrn zurück. Vor allem aber erkannte Ludwig XIV. nun Wilhelm III. als König von England an. Diese Bestätigung der Glorreichen Revolution dürfte als wichtigstes Ergebnis des Konflikts anzusehen sein. Neben dem Tatbestand vielleicht, dass die vergleichsweise geringen französischen Erwerbungen in keiner Weise das aufwogen, was exakt zur gleichen Zeit Kaiser Leopold im Reich an Boden gutgemacht und, vor allem, was er in Ungarn von den Türken zurückgewonnen hatte. Gerade der letztere Sachverhalt blieb weder in Versailles noch in Wien unbemerkt. Das politische wie militärische Potenzial von „Kaiser und Reich“ als Einheit hatte sich seit den Tagen von Nimwegen deutlich erhöht. Ein „Siegfrieden“ war Rijswijk für Ludwig XIV. so sicher nicht. Für seine Gegner in Wien, London, Den Haag oder Regensburg allerdings war er es auch nicht. Frankreich hatte sich ihnen allen nach wie vor als „nicht ungleich“ erwiesen – nec pluribus impar –, also als gleichwertig. Aber nicht unbedingt mehr als überlegen. Ludwigs Macht waren Grenzen gesetzt worden. Er hatte am Anfang des Konflikts seine Gegner unterschätzt und dies zum Ende auch begriffen. Seine Politik, als es auf den Frieden zuging, war daher von einer Kompromissfähigkeit gekennzeichnet, zu der er am Anfang des Krieges niemals willens oder in der Lage gewesen wäre. Seine Weltsicht hatte sich verändert: Das kann man auf den „Schock der Rea166

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litäten“ zurückführen – einen Krieg von neun Jahren Dauer hatte Ludwig 1688 keinesfalls erwartet –, aber wohl auch auf das Verschwinden maximalistischer Berater, wie etwa des 1691 gestorbenen Kriegsministers Louvois.24 In Versailles wie in allen anderen Hauptstädten war man sich dabei jedoch bewusst, dass der Rijswijker Frieden mit hoher Wahrscheinlichkeit eher ein Waffenstillstand bleiben würde. Denn die entscheidende „Runde“ der Auseinandersetzung, der Kampf um das spanische Erbe, stand nun unmittelbar bevor. Diese Frage war nun wohl die in der europäischen Politik wichtigste seit 1519, d. h. seit der Kaiserwahl Karls V. Darüber den Frieden zu bewahren, würde man zwar versuchen – das war immerhin etwas –, aber ob dies auch gelingen sollte, war mehr als ungewiss.25

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VII. Vor dem Hauptgewinn am Abgrund – Der Spanische Erbfolgekrieg Das Erbe

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ie persönliche Tragik des letzten spanischen Habsburgers, König Karls II., ist gut bekannt. 1661 geboren, folgte er seinem Vater im Alter von vier Jahren auf den Thron. Von sehr schwacher Gesundheit rechnete man eigentlich stets mit seinem Ableben und nie damit, dass er – trotz zweier Ehen – in der Lage sein würde, Kinder zu zeugen. Auch seine geistige Begabung galt als gering. Impulse irgendwelcher Art gingen von ihm nicht aus, statt seiner regierten die Hofparteien. Wichtigste politische Tat Karls war sein Testament. Und auch dieses wurde natürlich von seiner Umgebung massiv beeinflusst.1 Karl II. starb schließlich im November 1700, im Alter von achtunddreißig Jahren. In den Jahren vor seinem Tode hatte es bereits intensive Verhandlungen zwischen den Erbanwärtern und deren möglichen Verbündeten gegeben. Potenzielle Erben, nächste Verwandte durch vielfache Eheverbindungen der Vergangenheit, waren naheliegenderweise einerseits Kaiser Leopold I. und seine Söhne, also die österreichische Linie des Hauses Habsburg, die die dynastische Verbundenheit mit Madrid daher auch noch einmal betonten. Im Prinzip hatte die Casa d’Austria nie aufgehört, sich als Einheit zu betrachten. So etwas wie Erbverzichte hatte es hier nie gegeben. Andererseits 168

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waren es natürlich Ludwig XIV. und seine Nachkommen. Der dauphin, Ludwigs Thronfolger, war Sohn der ältesten Tochter Philipps IV., Enkel der ältesten Tochter Philipps III. Die Blutsbande zwischen Madrid und Versailles waren also keineswegs schwächer als die zwischen Madrid und Wien, nur hatten eben, anders als bei den Ehen innerhalb des Hauses, die Infantinnen bei der Eheschließung ihrer spanischen Thronrechte entsagen müssen. Favorisiert aber war zunächst ohnehin eine andere, eine „neutrale“ Lösung in Gestalt der Nachfolge des Kurprinzen Joseph Ferdinand von Bayern. Dynastisch wie politisch schien das sowohl für Ludwig XIV. als auch für Kaiser Leopold akzeptabel: Die Wittelsbacher hatten traditionell gute Beziehungen nach Versailles, im Prinzip ebenso nach Wien, wiewohl diese von einer latenten Rivalität nicht frei waren. Jedoch war Joseph Ferdinand ein Enkel des Kaisers, Sohn seiner Tochter Maria Antonia, und Urenkel Philipps IV. von Spanien. Ein Element dynastischer Kontinuität war also vorhanden. Im Übrigen wurde die Zustimmung Leopolds und Ludwigs dadurch erleichtert, dass ihre Söhne vorgesehen waren als Nebenerben für Mailand – das an Erzherzog Karl von Österreich fallen sollte, den jüngeren Sohn des Kaisers – bzw. für Neapel und Sizilien – das an den dauphin und nach dessen Regierungsantritt also an Frankreich kommen sollte. Dies wurde freilich in Madrid nicht gebilligt. Doch zu Beginn des Jahres 1699 starb der Plan ohnehin mit dem Thronkandidaten. Es mussten also nun die sehr viel weiter gehenden, seit Jahren, gar Jahrzehnten erwogenen Teilungspläne wieder in den Vordergrund rücken, wenn man den großen Krieg vermeiden wollte. Denn dass Bourbonen wie Habsburger sich wechselseitig das Gesamterbe bestreiten würden, lag auf der Hand. Besonders in London und Den Haag versuchte man daher, die Teilungslösung voranzutreiben und so das europäische Gleichgewicht zu wahren. 169

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Das Konzept des „Gleichgewichts“ wurde in der politischen Theorie oder auch Polemik schon seit Jahrzehnten angeführt. Sein Durchbruch zur Wirksamkeit lag in diesen Jahren der Diskussion um das spanische Erbe: Als Prinzip, nicht als Ergebnis einer Zufallskonstellation sollten die europäischen Mächte sich fortan einigermaßen die Waage halten. Zumindest sollte niemand das Übergewicht, die Vormacht erhalten können. Gegenbegriffe waren die „Universalmonarchie“ bzw., weniger traditionell, die Hegemonie. Die Lösung, die man in diesem Sinne schließlich für das spanische Erbe fand – im Wesentlichen zwischen London und Versailles –, lief darauf hinaus, dem dauphin neben Süditalien auch Lothringen zu geben, dessen Herrscher nach Mailand zu versetzen und den Rest Karl von Österreich zu belassen: das spanische Kernland, die südlichen Niederlande und natürlich die Kolonien.2 Aus britisch-niederländischer Sicht war das ein gutes Ergebnis. Spanien würde habsburgisch bzw. selbstständig bleiben, nicht an Frankreich angelehnt, die Spanischen Niederlande blieben erhalten als Puffer für die Republik; in Italien wäre Frankreich gestärkt und trotz eines habsburgischen Mailand künftig wohl die Vormacht. Doch angesichts der Erweiterung der europäischen Welt, d. h. der Handelsströme und der Kolonialimperien, war das sehr viel weniger bedeutend als noch um 1500, zur Zeit der Valois, als dies zum ersten Mal auf der historischen Agenda gestanden hatte. Auch für Versailles war es annehmbar, immerhin war ja Italien seit jenen fernen Tagen König Karls VIII. Ziel oder auch Traum der französischen Politik gewesen. Für Wien, wo man sich sehr viel schwerer tat, juristische Maximalpositionen zu räumen, da man dies in der Vergangenheit als Fehler erkannt hatte, wo gerade Italien als besonders wichtig galt und wo man im Übrigen soeben siegreich Frieden mit den Türken geschlossen hatte – im Januar 1699 in Karlowitz –, hätte es zumindest hinnehmbar sein 170

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­ önnen. Eine bindende Antwort vermied man dort allerdings k zunächst; bald sollte sie sich erübrigt haben.3 Für Madrid nämlich war der Plan durchaus kein gutes Ergebnis und auch kein hinnehmbares. Von dort aus gesehen galt es gerade, eine Teilung zu vermeiden und die Monarchie beisammenzuhalten. Das hatte mit politischer Selbstachtung zu tun, nicht zuletzt aber auch mit den Karrierechancen, die sich dem spanischen Adel in den Nebenländern boten. Von Höflingen und Geistlichen bedrängt bzw. bestärkt, verfasste Karl II. daher ein Testament, in dem er zwei alternative Alleinerben benannte: an erster Stelle den Herzog Philipp von Anjou, Enkel Ludwigs XIV., dem aufgegeben wurde, seiner französischen Thronrechte zu entsagen; an zweiter Stelle, für den Fall, dass Anjou das Erbe ausschlüge, Erzherzog Karl von Österreich. Die Reihenfolge hätte auch anders ausfallen können, sie war das Ergebnis höfischer Kämpfe, in denen die profranzösische Fraktion gerade die Oberhand gewonnen hatte. Damit aber war sie zugleich Ergebnis der nicht von der Hand zu weisenden Überlegung, dass sich die Integrität des geschwächten Weltreiches sehr viel besser mit als gegen Frankreich würde bewahren lassen. Die Einheit des Hauses ­Österreich, die seit 1648 ohnehin nur noch recht theoretisch gewesen war, stach nicht mehr als Argument. Wichtig war die der spanischen Monarchie.4 Ludwig XIV. hatte also die Wahl, ob er für seinen Enkel das Testament annehmen oder es ablehnen würde: ablehnen entweder zugunsten des Sohnes seines Rivalen oder für die Aussicht auf einen wahrscheinlich obsoleten Teilungsplan. Denn dieser war in Wien eben niemals wirklich akzeptiert worden. Ein gültiges Testament zugunsten des eigenen Kandidaten als Gesamterben hätte man dort kaum aus der Hand gegeben. Wohl richtiger gesagt: Ludwig hatte in dieser Frage keine echte Wahl. Ein Zurückweisen des spanischen Erbes wäre ange171

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sichts der – natürlich von Ludwig selbst geschaffenen – Gegnerschaft der europäischen Nachbarn fahrlässig gewesen. Er hätte sich gleichsam dem guten Willen seiner Feinde ausgeliefert. Der Spanische Erbfolgekrieg war insofern politisch wie juristisch der nach Lage der Dinge am besten begründete, der am wenigsten vermeidbare Waffengang seiner Regierungszeit. Natürlich ging es dabei um die „Größe“ des bourbonischen Königshauses und also auch um die Macht Frankreichs, aber um den persönlichen Ruhm des Königs selbst ging es diesmal nicht. Oder doch nur insofern, als Ludwig sich und seinen Sohn tatsächlich als legitime Erben Karls II. begriff und begreifen musste. Anders als in Frankreich galt in Spanien eben kein ausschließliches männliches Erbrecht. Genealogisch betrachtet stand der Bourbone insofern näher am spanischen Thron als der Habsburger, und juristische Erbverzichte spielten keine ernsthafte Rolle, wo es um die Ehre des Hauses ging. Hier „um des lieben Friedens willen“ zurückzustehen, wäre auch für weniger kriegerische, weniger selbstgewisse Fürsten keine Option gewesen. Der königliche Rat tagte also, auch der dauphin hatte darin natürlich eine Stimme, denn formal ging es aus französischer Sicht ja um „sein“ Erbe – also das seiner Mutter –, und die Risiken wurden sehr wohl erwogen: die ­sichere Feindschaft Wiens und die sehr wahrscheinliche der beiden Seemächte. Also der Krieg. Doch am Ende stand die zweifelsfreie Annahme des Testaments. Ludwig stellte dem Hof von Versailles den neuen König von Spanien vor und riet seinem Enkel, ein guter Spanier zu werden. Dem spanischen Botschafter wird hier der eher politisch als sachlich korrekte Ausruf zugeschrieben: „Es gibt keine Pyrenäen mehr. Sie sind eingeebnet. Und wir sind vereint!“ Dass dies tatsächlich nicht nur geologisch unzutreffend war, sollte sich zeigen.5 Eröffnet wurde der Konflikt durch Kaiser Leopold. Er machte in Italien seine Rechte als Lehensherr des bisher spa172

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nischen Herzogtums Mailand geltend und versuchte, zunächst vergeblich, das Land als erledigtes, also in männlicher Linie erbenloses Lehen des Reiches einzuziehen. Die zweite Front aber eröffnete Ludwig XIV., der seine Truppen in die Spanischen Niederlande einrücken ließ, diesmal mit Billigung des spanischen Königs, d. h. nunmehr Philipps V. Franzosen und Spanier zwangen die Besatzungen einiger 1697 den Niederländern überlassener Grenzfestungen, der sogenannten Barriere, zum Abzug. Das war noch kein Krieg, aber es sandte doch in die Niederlande wie nach England ein höchst bedrohliches Signal. Die von Karl II. testamentarisch verfügte Unvereinbarkeit der spanischen und französischen Kronen sollte gleichfalls nicht mehr gelten. Tatsächlich war sie, jedenfalls vom Prinzip her, mit dem Salischen Erbrecht Frankreichs nicht vereinbar: Die Erbfolge stand fest, sie war juristisch nicht zu verändern. Zu einer weiteren, besonderen Provokation wurde dann die Anerkennung des Sohnes und Erben des vertriebenen, 1701 verstorbenen Jakobs II. Stuart als rechtmäßigem englischen König. Doch da hatte sich, kurz vor seinem Tode, Wilhelm III. ohnehin bereits an die Neuaufstellung der Großen Allianz gemacht.6 Dass diese tatsächlich zustande kam, war keine Selbstverständlichkeit. Die politische Stimmung war zunächst weder in England noch in den Niederlanden sonderlich kriegerisch. Zunächst schien der Teilungsvertrag das Gleichgewicht zu verbürgen. Auch waren die Absichten und Positionen Wiens durchaus nicht über jeden Zweifel erhaben. Daran, das ganze spanische Erbe im Haus Österreich zu halten, hatte man, wie bereits gesagt, weder in London noch in Den Haag ein wirkliches Interesse; auch für die Reichsstände war das keineswegs zwangsläufig so. Dann schien das spanische Gesamterbe der Bourbonen zumindest kein unmittelbarer Kriegsgrund zu sein, da Karl II. in seinem Testament ja die Vereinigung der 173

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beiden Kronen ausgeschlossen hatte. Dennoch kam die zweite Große Allianz recht rasch zusammen: Sie umfasste schließlich die beiden Seemächte, den Kaiser, die allermeisten Reichsstände, Savoyen und Portugal. Für die beiden Seemächte spielten wirtschaftliche Erwägungen eine große Rolle: Madrid war alsbald im Begriff, in den Kolonien zu ihren Lasten den französischen Handel zu privilegieren. Die Provokationen aus Versailles besorgten den Rest. Für alle Mächte der Allianz ging es damit um die Gefahr, eine vereinigte französisch-spanische Universalmonarchie abzuwehren. Das politische Übergewicht, das diese dynastische Union zu erlangen schien, galt als völlig unannehmbar. Natürlich spielten auf dem Kontinent auch englisch-niederländische Subsidien oder politische Belohnungen eine Rolle – etwa die kaiserliche Zustimmung zur preußischen Königswürde. Ludwig XIV. selbst, wie gesagt, hatte aber nicht nur nichts getan, um die Befürchtungen der Gegenseite zu zerstreuen, sondern er hatte sie eher noch verstärkt. Und im Übrigen sprachen die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte allzu deutlich gegen ihn. Sie nährten die öffentliche Meinung wie auch, davon nicht unabhängig, die der Entscheidungsträger.7

Der Krieg Der Spanische Erbfolgekrieg bekam, auch wenn es wichtige Parallelen gab, ein anderes Gesicht als die vorherigen Konflikte: etwa durch die weiter wachsenden Heeresstärken – allein die französische Armee brachte es zeitweise auf mehr als 400 000 Mann – oder eben durch die schiere Dauer. Nicht zuletzt aber auch dadurch, dass der Krieg recht bald Frankreich selbst erreichte und das Land erstmals seit Langem wirklich bedroht war. Eine Niederlage schien möglich. 174

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Zunächst allerdings hatte dies gar nicht so ausgesehen: In der ganzen spanischen Monarchie war Philipp von Anjou als neuer König anerkannt worden, auch und gerade in Mailand, Neapel oder in den südlichen Niederlanden. Frankreich besaß zudem einen wichtigen Verbündeten im Reich: den bayerischen Kurfürsten Max Emanuel, der seit einigen Jahren zudem als Statthalter in Brüssel amtierte. Er hoffte, in dieser Allianz doch noch eine europäische Krone für sich und sein Haus zu erringen: eine, die seine Statthalterschaft in souveräne Herrschaft verwandeln würde. In Versailles fand er dafür Zustimmung.8 Die ersten Kriegsjahre brachten nun zunächst ein unentschiedenes Hin und Her, das die französisch-spanische Position weder erschütterte noch weiter verstärkte. Schauplätze waren vor allem Norditalien und der Südwesten des Reiches. Die Rebellion der Camisarden, eines Teils der verfolgten französischen Protestanten, schuf zwar Probleme, gewann aber keine wirkliche Bedeutung. Den Kriegsverlauf änderte jedoch eine wichtige militärische Entscheidung des Jahres 1704: In der Schlacht von Höchstädt besiegten die alliierten Feldherren, der Herzog von Marlborough und der Prinz Eugen von Savoyen, ein französisch-bayerisches Heer unter dem Befehl des Kurfürsten Max Emanuel und des Marschalls Tallard vollständig. Die Armee von etwa 60 000 Mann löste sich faktisch auf, Bayern wurde besetzt und der Kurfürst verließ das Land. Marschall Tallard wurde gefangen genommen. Die Reputation der französischen Waffen war von dieser Niederlage schwer beschädigt. Vor allem aber waren das Reich und die kaiser­lichen Erblande fortan von französischer Bedrohung frei. Englische, niederländische und deutsche Truppen rückten nun mit Macht in die südlichen Niederlande vor, die kaiserliche Armee in Italien. Der Oberrhein blieb (wiederum) ein Nebenkriegsschauplatz, diesmal immerhin einer ohne Exzesse. Die nächsten 175

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Die Schlacht bei Höchstädt, 13. August 1704. Die französisch-bayerische Armee wird von den vereinigten Heeren des Prinzen Eugen und des Herzogs von Marlborough geschlagen, die Bedrohung der kaiserlichen Erblande abgewehrt. Im Vordergrund rechts gibt Marlborough Befehle. Im Mittelpunkt stehen allerdings Kampfszenen der Reiterei, die dabei getöteten oder verwundeten Soldaten und die verendeten Tiere. Gemälde von Jan van Huchtenburg, frühes 18. Jahrhundert.

Jahre sollten dann noch weitere, größere Katastrophen für die französische Kriegführung bringen. – Ein Kapitel für sich stellte im Übrigen die österreichische Okkupation Bayerns dar, die das Land drangsalierte, ausplünderte und so umgehend einen Aufstand provozierte.9 1705 setzte sich der habsburgische Kandidat für das spanische Erbe, Erzherzog Karl (bzw. als spanischer König Karl III.), in Barcelona und Katalonien fest und baute, mit englischer 176

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­ nterstützung, seine Position in den Folgejahren aus. Er pro­ U fitierte hier von innerspanischen Gegensätzen zwischen Kastilien und der Peripherie, d. h. vor allem zu Katalonien. Spanien war der typische Fall einer „zusammengesetzten Monarchie“, in der es gemeinsame Institutionen wie Zusammengehörigkeitsgefühl nur in Ansätzen gab. Dies sollte sich – soweit es die Institutionen betraf – dann unter dem ersten Bourbonen ändern. Zunächst aber konnte Karl III. für einen Moment sogar Madrid gewinnen. Allerdings war sein katalanischer bonus in Kastilien zwangsläufig ein malus. Zu den zentralspanischen Eliten fand der habsburgische Prätendent kaum Zugang, militärisch durchsetzen konnte er sich nicht. Die europäischen Nebenländer der Krone hingegen gingen für Philipp V. dauerhaft verloren. In einer Reihe blutiger Schlachten – Turin, Ramillies, Oudenaarde … – vertrieben die von Marlborough und Eugen kommandierten Heere der Großen Allianz Franzosen und Spanier zunächst aus Italien, dann aus den südlichen Niederlanden. Und mit dem Fall von Lille am Ende des Jahres 1708 rückten die alliierten Truppen gar auf französisches Territorium vor. Freilich hatte gerade diese Belagerung auch gezeigt, wie lange eine geschickt angelegte, gut verteidigte Festung die Gegner binden und aufhalten konnte. Der „eiserne Gürtel“ (la ceinture de fer), den der Marschall Vauban in den vergangenen Jahrzehnten aus den vormals spanischen Festungsstädten Nordfrankreichs geformt hatte, konnte seine strategische Bedeutung recht erfolgreich unter Beweis stellen.10 Missernten und ein extremer Winter trafen das Land möglicherweise noch härter als die verlorenen Schlachten. Im Februar 1709 machte Ludwig XIV. den Alliierten daher Friedensangebote und fand sich zu weitgehenden Konzessionen bereit: In mehrmonatigen Geheimverhandlungen stimmte er zu, die französischen Gewinne seit 1668 oder gar seit 1648 zurückzugegeben. Und Philipp V. würde den spanischen Thron räumen. 177

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Dass Frankreich auf dem englischen Thron die Erben Wilhelms III. anerkennen würde, d. h. die protestantische Sukzession des Hauses Hannover, verstand sich von selbst. Das Land und auch sein König waren erkennbar kriegsmüde. An diesem Punkt allerdings überspannten die Alliierten den Bogen, denn sie waren nicht bereit, den Bourbonen zur Gesichtswahrung auch nur einen Teil des spanischen Erbes zu überlassen. Sie verlangten sogar, dass, sollte Philipp V. nicht freiwillig verzichten, alle anderen Mächte ihn aus Spanien vertreiben müssten – Frankreich eingeschlossen. Gespeist aus monumentalem Misstrauen gegenüber Ludwig XIV. und seiner Politik waren das nicht nur sehr weitgehende, sondern tatsächlich überzogene, demütigende Forderungen, die die französische Seite dann, der militärischen und wirtschaftlichen Krise zum Trotz, ablehnte. In einem beispiellosen Schritt wandte der König sich in einem öffentlichen Schreiben an seine Untertanen, um diese Fortführung des Krieges zu begründen und an den Patriotismus der Nation zu appellieren. – Begründungen, Erklärungen gegenüber den Untertanen hatten bis dahin nicht unbedingt zu seinen Herrschaftstechniken gehört.11 Natürlich las sich dies nun anders: Ludwig erklärte, ja er räumte ein, es sei die Hoffnung auf Frieden im ganzen Land so groß, dass er es seinen Untertanen schulde, ihnen die Gründe darzulegen, die dem entgegenstünden. Er verwies darauf, dass seine Feinde ihre Forderungen immer höher geschraubt hätten. Ihr Bestreben sei nur darauf gerichtet, Frankreich zu schwächen und dann alsbald einen neuen Krieg zu beginnen. Natürlich benannte er ausdrücklich auch die „Zumutung“, dass er selbst seinen Enkel vom spanischen Thron vertreiben solle. Zwar empfinde er für seine Untertanen ebenso große Liebe wie für seine Kinder, auch wisse er, da er alle Lasten des Krieges mit ihnen teile, wie nötig der Frieden sei. Und doch sei er gewiss, dass seine Untertanen Bedingungen wie diese, die dem 178

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Recht und der Ehre des französischen Namens widersprächen, von selbst zurückweisen würden. Über Sinn und Worte etwa des Kriegsmanifests von 1702 ging das weit hinaus.12 Der unmittelbare politische Effekt jenes Schreibens mochte nicht überwältigend gewesen sein – zwar wurde es tatsächlich im ganzen Land verbreitet, doch die Kritik am Krieg verstummte nicht. Aber die weiteren militärischen Entwicklungen sollten Ludwig recht geben. Nicht nur in Spanien gab es einen militärischen Umschwung, sondern, freilich in sehr begrenztem Umfang, auch in Frankreich selbst. Alliierte Invasionsversuche im Süden scheiterten, der Vormarsch im Norden blieb stecken. Bezeichnend war das Ergebnis der Schlacht von Malplaquet im Herbst 1709, der blutigsten des ganzen Krieges: 75 000 Franzosen unter den Marschällen Villars und Boufflers trafen auf 86 000 Alliierte, wiederum kommandiert von Marlborough und dem Prinzen Eugen. Am Ende des Tages zogen sich die Franzosen geordnet zurück, hatten den Kampf also nach den Begriffen der Zeit verloren. Ihre Verluste waren mit 11 000 Toten und Verwundeten hoch. Allerdings waren sie nur halb so hoch wie die der Alliierten. Deren Offensive war damit am Ende, einen entsprechenden Aderlass konnte keine Armee verkraften. Malplaquet gilt daher nicht zu Unrecht als ein „Pyrrhussieg“. Auch sein öffentlicher Widerhall war nur begrenzt positiv.13 Der eigentliche Umschwung, bzw. richtiger gesagt, der Ausweg aus dem Krieg sollte schließlich aber nicht militärisch motiviert sein, sondern politisch.

Die Friedensschlüsse Frankreich war es in den Jahren nach der Katastrophe von Höchstädt nicht gelungen, seinen früheren Verbündeten, den König von Schweden, gegen die Alliierten zu mobilisieren. 179

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Die Schlacht von Malplaquet, 11. September 1709. Das blutigste Aufeinandertreffen der verfeindeten Armeen im Spanischen Erbfolgekrieg. Es brachte keine militärische Entscheidung. Erkennbar sind die durchgehende Uniformierung und die in die Länge gezogenen Reihen der Truppenteile, die ein ganz anderes Bild bieten als die tief gestaffelten Einheiten des Dreißigjährigen Krieges. Gemälde (Ausschnitt) von Ignace Joseph Parrocel, nach 1710.

Karl XII., den der Große Nordische Krieg 1706 als Sieger nach Sachsen geführt hatte, verfolgte in Mittel- und Westeuropa keine politischen Ziele und wandte sich stattdessen wieder nach Osten.14 Die Geschichte hätte sonst leicht einen anderen 180

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Verlauf genommen. Im Westen wiederum begann wohl seit 1709, nach Malplaquet, das britische Interesse am Spanischen Erbfolgekrieg nachzulassen. Wichtige Ziele waren erreicht und die Lasten des andauernden Konflikts erheblich. Dies stellte die Kriegsteilnahme noch nicht infrage, sorgte aber dafür, dass die Verhandlungen mit Versailles wieder angeknüpft wurden. Natürlich gingen dabei die Kämpfe weiter: Douai, Béthune, Aire und Bouchain wurden aus der ceinture de fer herausgebrochen, wenn auch langwierig und unter hohen Verlusten. In Spanien scheiterten derweil neue alliierte Vorstöße auf Madrid. Zur entscheidenden Wende aber kam es in Wien: Im April 1711 starb dort Kaiser Joseph I. plötzlich an den Pocken. Er war erst 1705 seinem Vater Leopold auf den Thron nachgefolgt. Einziger möglicher Nachfolger für ihn, überhaupt letzter männlicher Habsburger, war nun sein jüngerer Bruder, der als Karl III. von Barcelona aus den spanischen Thron beanspruchte. Er wurde als Karl VI. im Oktober zum Kaiser gewählt und im Dezember gekrönt. Angesichts der Zeitumstände war das durchaus zügig, es hatte weder Gegenkandidaten noch sonstige Widerstände gegeben. Dies bedeutete nun aber nichts anderes, als dass, wenn es Karl VI. gelingen sollte, sich auch in Spanien durchzusetzen, damit also das gesamte spanische Erbe zu behaupten, er nicht nur das „Reich Karls V.“ wiederhergestellt hätte (in dem die Sonne nicht unterging …), sondern dass dieses sogar noch übertroffen wäre. Fast das ganze Königreich Ungarn hatten kaiserliche Heere zwischen 1683 und 1699 von den Osmanen zurückerobert. Die Aussicht auf diese „Universalmonarchie“ ließ die englische Unterstützung vollständig erlahmen: Man war für das europäische Gleichgewicht in den Krieg eingetreten – und für die eigenen Wirtschaftsinteressen darin –, d. h. gegen eine französisch-spanische Übermacht. Eine österreichisch-spanische Übermacht erschien da kaum besser. Sie war allerdings leichter zu verhindern.15 181

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Hofintrigen, Politik- und Ministerwechsel in London sorgten 1712 zunächst für die Abberufung des Herzogs von Marlborough als Befehlshaber der britischen Truppen in Frankreich und den Niederlanden. Sein Nachfolger erhielt dann Instruktionen, sich aus den Kampfhandlungen zurückzuziehen. Die Folge war zunächst ein Sieg der vom Marschall Villars kommandierten französischen Armee in der Schlacht von Denain, sodann die Rückeroberung von Douai, Bouchain, Le Quesnoy und noch einigen weiteren der im Laufe des Krieges verlorenen Festungen. Villars erwies sich damit als der f­ähigste der „späten“ Marschälle Ludwigs XIV. Sein Sieg konsolidierte die Lage Frankreichs und stärkte auch die französische Verhandlungsposition. Er schwächte auch keineswegs die faktische britische Schiedsrichterrolle. Die Erwartungen Karls VI. und des Reiches allerdings sollten die Friedensverhandlungen nur noch sehr begrenzt erfüllen.16 Offiziell eröffnet wurde der Friedenskongress von Utrecht im Januar 1712. Inoffiziell war zumindest der Gesprächsfaden zwischen London und Versailles seit 1709 nie wirklich abgerissen. Und wichtige Elemente des künftigen Vertrages – d. h. die britischen Gewinne – standen nach geheimen Vorverhandlungen auch bereits fest. Ein gewisser Risikofaktor lag darin, dass die ungewöhnliche Reihe von Todesfällen am französischen Hof Philipp V. in der dortigen Thronfolge recht weit nach vorn gebracht hatte, nämlich nach dem letzten Urenkel Ludwigs XIV. auf den zweiten Platz. Dies wurde durch eine entsprechende Verzichtserklärung Philipps gelöst, die im Übrigen auch seine spanischen Untertanen vehement von ihm forderten. Wie belastbar der Verzicht im Falle des Falles gewesen wäre, kann bzw. muss dahingestellt bleiben. – Denn die Frage stellte sich nicht, der Urenkel, der künftige Ludwig XV., überlebte.17 Bis zum April 1713 wurde das alles nun in Utrecht, im Geheimen aber auch weiterhin direkt zwischen London und Ver182

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sailles erweitert, verändert oder präzisiert. Schließlich lagen Verträge vor, in denen Frankreich Frieden mit Großbritannien und den Niederlanden schloss, mit Portugal, BrandenburgPreußen und Savoyen. Abschlüsse mit Spanien folgten. Großbritannien expandierte in Übersee und Mittelmeer, erhielt von Frankreich Teile Kanadas, von Spanien Gibraltar und Menorca. Die Niederlande erhielten eine robuste Festungsbarriere gegen Frankreich, die kleinen Mächte kleine Kompensationen.18 Die französische Nordgrenze war damit etwas zurückgenommen, das nordamerikanische Kolonialreich ein Stück geschwächt, die bourbonische Thronfolge in Spanien aber wurde anerkannt. Allerdings eben nur in Spanien: Man sah vor, dass alle europäischen Nebenländer an Karl VI. fallen sollten bzw. – Sizilien – an den Herzog von Savoyen. Französische Konzessionen zugunsten des Reiches jedoch würde es nicht geben. Vorstellungen vom europäischen Gleichgewicht entsprach das recht weitgehend. Angesichts der seit Jahren hochfliegenden, von patriotischer Rhetorik üppig genährten Erwartungen waren indes weder der Kaiser noch die Reichsstände bereit, sich diese nun ohne Weiteres zu eigen zu machen. Dazu bedurfte es erst der Einsicht in die Begrenztheit der – ohne maßgebliche Alliierte – eigenen Ressourcen bzw. des Verlustes der Festungen Landau und Freiburg im Herbst 1713. Im Vertrag von Rastatt schlossen im März 1714 Karl VI. und Ludwig XIV. Frieden. Ein inhaltlich identischer Abschluss mit dem Reich, d. h. der Gesamtheit der Reichsstände, folgte im September. Der Kaiser übernahm die für ihn in Utrecht bestimmten spanischen Nebenländer: Neapel, Sardinien, Mailand und, nicht zum Geringsten, die südlichen Niederlande. Mit der Kontrolle Italiens war für die habsburgische Dynastie und die sich formierende österreichische Monarchie das Wesentliche erreicht. Von der Festungsbarriere am Oberrhein, von der man im Reich geträumt hatte – also etwa auch der Rückgabe Straßburgs –, war 183

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natürlich keine Rede mehr. Selbst die beiden Wittelsbacher Kurfürsten von Bayern und von Köln, die es mit Ludwig XIV. gehalten hatten und deswegen geächtet worden waren, mussten restituiert werden. Der Status quo von 1697, im Wesentlichen also der von 1679, blieb damit erhalten – von kleineren Abweichungen abgesehen. Und bis ans Ende des Ancien Régime sollte sich territorial zwischen Frankreich und dem Reich kaum mehr etwas verändern. Auch hier konnte man nun, wie seit 1659 in den Pyrenäen, damit beginnen, in den folgenden Jahrzehnten eine präzise Grenzlinie zu ermitteln.19 Einen echten Gewinn brachte der Spanische Erbfolgekrieg damit zwar für die bourbonische Dynastie, aber weniger für Frankreich: Es ging nichts Wichtiges verloren, es wurde aber auch kaum etwas gewonnen. Die dynastische Nähe zu Spanien gewährleistete dann in den kommenden Jahrzehnten zwar oft politische Übereinstimmung mit dem südlichen Nachbarn. Manchmal bestärkte sie allerdings auch den Gegensatz. Die 1720er-Jahre etwa sollten zu erheblichen Spannungen führen, die nicht zuletzt aus dynastischer Eifersucht gespeist waren. Und im Übrigen wog Spanien fortan nur noch recht wenig im politischen Europa.20 Insofern war die „Einebnung der Pyrenäen“, wie sie der Botschafter Castel dos Rios im November 1700 in Versailles ausgerufen hatte, sicher eine schöne Formel gewesen. Sie erwies sich aber längerfristig auch politisch als nur wenig korrekt. Die von hier aus weiterführende Frage wäre wohl, inwiefern die im Ergebnis von 1713 sichtbare Differenz zwischen direktem nationalen Interesse Frankreichs und dynastischem Interesse des Hauses Bourbon dazu beitrug, dass im Laufe des 18. Jahrhunderts auch bourbonische Dynastie und französische Nation sichtbar auseinandertreten würden. Denn, dass Frankreich hier nicht „für den König von Preussen“ Krieg geführt hatte, sondern, in ganz ähnlicher Weise, für den von 184

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Spanien, war auch schon 1713 erkennbar. Zumindest ein Anfangspunkt dieser Entwicklung dürfte gesetzt gewesen sein.21 Weitere Forschungen wären hilfreich. Dieses Kapitel, so muss man resümieren, hat daher im Wesentlichen auch gehandelt von „Frankreich“ oder von seinen Gegnern. Von Staaten und Kronen. Von so oder anders ausgefallenen Entscheidungen, die von diesen oder jenen Konstellationen herbeigeführt wurden. Es hat vergleichsweise wenig gehandelt von Ludwig XIV. und seinem individuellen Handlungs- oder Ermessensspielraum bzw. von seiner Ausnutzung desselben. Das lag daran, dass dieser individuelle Spielraum klein geworden war. Ludwig hatte seit 1693 nicht nur als Person den Kriegsschauplatz verlassen. Auch seine Möglichkeiten, Kriegsgeschehen wie politisches Spiel nach eigenem Entschluss zu gestalten, waren seitdem deutlich geringer geworden. Der „Große König“ war stattdessen zunehmend abhängig von Strukturen oder Konjunkturen, auf die er und auf die auch die französische Kriegsmacht nur noch bedingt Einfluss besaßen: etwa die auf Meinungsbildung, Entscheidungsfindung und Ressourcenmobilisierung in England oder auch im römischdeutschen Reich. Dennoch bleibt eines: Fort- und Ausgang des Geschehens waren so oder anders ohne ihn nicht denkbar. Ein anderer als Ludwig XIV. hätte Frankreichs Kräfte wahrscheinlich weniger exzessiv gefordert. Seine Größe – oder auch Anmaßung – lastete ja sogar auf der Gegenseite. Einem anderen als Ludwig XIV. wären die Alliierten 1709 wohl mit weniger exzessiven Forderungen begegnet. Dass sie damit überreizten, wurde dann freilich ihr Schaden. Ein anderer als Ludwig hätte ihnen aber auch schwerlich die gleiche Modernisierungsleistung abverlangt. Die neue Einheit des Reiches etwa war Kaiser Leopolds Werk und das seiner fürstlichen Partner. Nicht minder aber war sie das Werk Ludwigs XIV., der dies alles erzwang: 185

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von der Reichskriegsverfassung 1681 bis zur abermaligen Reichskriegserklärung von 1702. Die Durchsetzung des Gleichgewichtsprinzips wiederum war in entscheidender Weise Wilhelm III. von Oranien geschuldet und seiner Bündnispolitik, nicht minder aber seinem bzw. ihrem großen Widerpart. Ludwigs Bedrohungspotenzial hatte Wilhelm als König von England vielleicht nicht geradezu ermöglicht. Doch es hatte ihm den Griff nach der Krone entscheidend erleichtert. Und Ludwigs Politik aus Drohung und Gewalt gegenüber den Nachbarn forderte eben jene Bündnisse und Mobilisierungen heraus, die Wilhelm III. zusammenbrachte, zusammenhielt oder sogar anführte und die dann schließlich auch den „Größten König der Welt“ recht erfolgreich „ausbalancieren“ konnten. Erkennbar ist dabei sogar, dass man, wohl schon im Laufe des Pfälzer Krieges, in Versailles diesen Zusammenhang zu verstehen begann: Ludwigs Bereitschaft, die spanische Monarchie zu teilen und eben nicht von vornherein auf seinen alleinigen und höheren Rechten zu beharren, zeigt, dass nach fast dreißig Jahren Krieg auch er schließlich bereit war, Rechte und Interessen der Gegenseite zu berücksichtigen, ein europäisches Gleichgewicht zu bewahren. Wenn auch nicht um jeden Preis. Daraus sollten dann vierzehn weitere Kriegsjahre resultieren.22

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VIII. Fürst der Finsternis – Das Gegenbild des Sonnenkönigs

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harles Perrault rief 1687 das „Jahrhundert Ludwigs des Großen“ aus, was dann bekanntlich den Startschuss für den „Modernismusstreit“ gab, die Querelle des Anciens et des Modernes.1 Nichts, niemand kam Ludwig gleich. Seine Taten und seine Zeit waren der Höhepunkt der Menschheitsgeschichte, keineswegs die Antike. Bezeichnung wie auch zugrunde liegende Bewertung des infrage stehenden Jahrhunderts waren in Frankreich Anlass zur intellektuellen Debatte. Im zeitgenössischen Europa waren sie, ganz unabhängig von jeder Modernismusfrage, zwar noch sehr viel weniger konsensfähig. Die Einschätzung allerdings, dass die Jahrzehnte zwischen 1661 und 1715 in grundlegender Weise von Ludwig XIV. geprägt waren, hätten wohl auch seine politischen oder publizistischen Gegner geteilt. Nicht nur war der Sachverhalt als solcher äußerst schwer zu bestreiten, sondern öffentliche Kritik und publizistische Angriffe, die sich aus den Niederlanden, England, dem römisch-deutschen Reich auf den „Großen König“ richteten, unterstrichen ihn geradezu, und zwar in reichem, vielleicht überreichem Maße. Kein Herrscher, keine historische Persönlichkeit war seit der Reformation, ja seit der Erfindung des Buchdrucks in ähnlicher Weise publizistisch unter Feuer genommen worden wie der Große König von Frankreich. Keiner war dadurch auch in ähnlicher Weise bekannt und als Individuum sichtbar geworden. Ludwig stieg nach 1670 auf zum bestgehassten 187

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Mann Europas. Nach ihm sollte wohl erst Napoleon wieder einen solchen „Rang“ erreichen und damit ähnliche Abneigungen mobilisieren. Diese mochten dann allerdings wohl noch deutlich stärker ausfallen und auch noch länger nachwirken.2 In den Jahrzehnten der Konfrontation mit den europäischen Nachbarn stand Ludwig XIV. aus bekannten Gründen auf dem Schlachtfeld nicht in der ersten Reihe. Auf dem Feld der publizistischen Auseinandersetzung war das anders. Hier zog er alle Pfeile auf sich, stand unmittelbar im Zentrum aller Kämpfe. Und es gab keine Möglichkeit, sich dem zu entziehen. Die direkten Rückwirkungen zumindest dieser Form des Krieges auf Frankreich, auf Ludwigs Regierung, Entscheidungen und Auftreten, würden freilich sehr gering bleiben. Es war ein Feder- bzw. Drucker-Krieg, der sich vor allem in Deutschland, England und den Niederlanden abspielte, auf geistige Mobilmachung zielte, der aber in Frankreich selbst nur ein sehr begrenztes Echo fand und das auch nicht wirklich suchte. Insofern gehört das „Gegenbild“, die Umdeutung des Sonnenkönigs zum Fürsten der Finsternis, nicht unbedingt zur „Biographie“ oder Herrschaftsgeschichte des Sonnenkönigs im engeren, herkömmlichen Sinne. Sehr wohl aber gehört es zur Einschätzung seiner historischen Wirksamkeit in Europa, jenseits der französischen Grenzen. Alles andere gäbe ein höchst unvollständiges Bild von Ludwigs historischem Wirken. Denn auch als Fürst der Finsternis war er eine Größe – wenngleich natürlich eine negative.3 Er war, als absoluter Monarch, für seine publizistischen Gegner die absolute Referenz. Der vollkommene Vertreter der französischen Krone, des Staates und der Nation. Derjenige, der die Politik Frankreichs ersonnen hatte und der sie ausführte. Seine französischen Lobredner, -maler oder -bildhauer sahen das ähnlich, wie wir wissen, aber eben in anderer 188

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­ kzentuierung. Ludwigs „Gegenbild“ ist insofern nicht mehr A und nicht weniger als die bewusste Antwort auf jenes Porträt des Königs, das man sich in Versailles angewöhnt hatte, der Welt entgegenzustellen: Die „Inszenierung Ludwigs XIV.“ hatte den größten und edelsten Monarchen entworfen, die ­dagegengesetzte „Enthüllung“ schuf den ehrlosesten, hochmütigsten und niederträchtigsten. Attackiert wurden der König als Person, die Inszenierungsformen seiner Herrschaft sowie nicht zuletzt natürlich die Art und Weise seiner Regierung. Das zielte auf Ludwigs politische Entscheidungen, besonders auf seine Kriegführung, aber auch auf die französische Verfassungsordnung im Grundsätzlichen, d. h. auf die absolute Monarchie. Mittel bzw. Medien der Angriffe waren Spott- und Gedenkmünzen, Flugblätter und Druckgraphiken oder Tausende von Flugschriften. Publiziert wurde in den Landessprachen Niederländisch, Englisch und Deutsch, aber auch auf Französisch, denn viele Attacken gingen von Vertretern des refuge aus, also von exilierten französischen Protestanten. Besonders erfolgreiche Schriften kursierten in mehreren Sprachen, vereinzelt auch immer noch auf Lateinisch. Manche Autoren waren prominent – Leibniz oder der Baron Lisola –, die meisten aber waren es nicht, und die große Mehrzahl der publizierten Schriften erschien anonym bzw. pseudonym. Politisch oder auch konfessionell lassen sich die Drucke dabei nicht immer klar verorten. Vollkommen eindeutig aber ist die Gegnerschaft, ja Feindschaft der Autoren gegenüber Ludwig XIV., Frankreich und zuweilen auch gegenüber allem Französischen. Patriotische Empörung war von nationalem Eifer dann nicht weit entfernt.4

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Die allgegenwärtige Sonne: Standarte eines Garderegiments mit Sonnen-Emblem Ludwigs XIV. und Motto „Nec pluribus impar“ – „Vielen nicht ungleich“. Farbtafel, Musée de l’armée, Paris.

Die Sonne und ihre Trabanten – Ludwigs Symbole und Monumente Sichtbarstes Zeichen für Ludwigs Politik und Ansprüche war die königliche Sonne. Sie symbolisierte Rang oder eigentlich Vorrang der französischen Monarchie und ihres Monarchen. Ludwig führte das Sonnensymbol als Devise seit 1656, das 190

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Motto nec pluribus impar – „vielen nicht ungleich“ – seit den 1660er-Jahren. Kein anderes fürstliches Emblem dürfte je eine ähnliche Verbreitung und Erkennbarkeit besessen haben. Und das lag nicht zuletzt an Abwehr oder auch Abscheu, die diese Sonne Ludwigs provozierte: Des Königs publizistische Gegner nahmen sich ihrer dankbar an. Mit scharfer Polemik geißelten sie den – wie sie fanden – darin zum Ausdruck kommenden Hoch- und Übermut. Dieser war nun natürlich umso anstößiger, als ja die Sonnendevise eigentlich gar nicht originell war und man sie in der Vergangenheit gerade in Madrid gern genutzt hatte. In Wien wiederum wollte auch Leopold I. nicht ganz ohne Sonne auskommen. Und im Übrigen war man dort vom eigenen, kaiserlichen Vorrang in der Welt ohnehin in einer Weise überzeugt, die der des Allerchristlichsten Königs nicht unbedingt nachstand. Eigentlich, historisch gesehen, ging sie ihr sogar voraus. Schließlich war der Kaiser der, wie er fand, wahre, rechtmäßige Universalmonarch.5 Nur hatte man weniger Möglichkeiten, dem Ausdruck zu geben. Naheliegenderweise wurden aber diese habsburgischen Bezüge in der an Ludwig adressierten Kritik nur höchst selten thematisiert, und wenn, dann nicht mit Blick auf die Allgemeinheit. Tatsächlich besaß ja Ludwigs „Nutzung“ der Sonne auch eine neue Qua­ lität. Ihre Frequenz, Konsequenz und ihr programmatischer Anspruch waren ungleich offensiver als alles, was die Habsburger, was Philipp II. oder Philipp IV., in dieser Hinsicht je geboten hatten oder was Leopold I. bieten würde.6 Exemplarisch zeigt dies ein diplomatischer Zwischenfall des Jahres 1682, als der französische Botschafter in Wien seinen Wohnsitz nicht nur mit dem Wappen seines Königs illuminierte, sondern auch mit dessen Sonnendevise und dem unschwer durchschaubaren Sinnspruch fulget ubique – „sie scheint überall“. Anlass für diese nur mäßig diplomatische Geste war die Geburt des zweiten Sohnes des Kaisers gewesen, 191

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des Erzherzogs Leopold. Absicht war es, die höfische Festgesellschaft und die Kaiserstadt an den Ranganspruch Ludwigs XIV. zu erinnern. In Stadt und Hofburg verstand man auch durchaus, was gemeint war. Die Antwort war eine Illumination der Sonne, der Weltkugel und des Mottos fulget ubique magis – „sie scheint überall stärker“ – unter dem Wappen des Hauses Österreich. In diesem Fall war es natürlich die „andere Sonne“, nämlich die des Kaisers.7 Dieses Argument der „anderen“, der eigentlichen Sonne sollte auch durchaus noch bei anderen, weiteren Gelegenheiten angespielt werden: Ein Flugblatt der späten 1680er-Jahre zeigt links den türkischen Halbmond, rechts die Sonne Ludwigs XIV. Beide werden von Wolken verdunkelt, derweil in der Bildmitte eine andere Sonne – jene Leopolds – hell erstrahlt. Doch um mit diesem Anspruch durchzudringen, die solare Devise für sich zu reklamieren, hätte der Wiener Hof weitaus aggressiver und konsequenter vorgehen müssen. Das aber verbot sich nicht nur aus finanziellen Gründen – Propaganda kostete Geld –, es hätte auch den Gestus der Bescheidenheit unterminiert, den der Kaiser seit seinem Regierungsantritt recht erfolgreich pflegte und politisch nutzte. In Wien wurde aus der finanziellen Not eine moralische Tugend.8 Mit großer Konsequenz betrieben wurde freilich die Iro­ nisierung der Sonnendevise, und dies nicht allein in Wien, sondern auch anderwärts, sei es im Reich oder in den Niederlanden. Flugblätter und Medaillen zeigten in großer Zahl unter­gehende oder sich verdunkelnde Sonnen, sie spielten auf bevorstehende Sonnenfinsternisse an, vor allem aber variierten sie das Motiv des herabstürzenden Phaeton mit dem Sonnenwagen. Zumindest bildlich ließen sich Ludwigs viel ­zitierter Hoch- und Übermut so strafen, ließ sich politischer Aufstieg in moralischen Absturz wenden.9

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„Louis le Grand“ - der Sonnenkönig als eifernder Protestantenverfolger. Die Karikatur war Teil einer Serie, die die „Helden der heiligen Liga“ verunglimpft. Anders als im Falle seiner Mitstreiter wird Ludwigs Gesicht nicht entstellt, an dessen Stelle die königliche Sonne ­gesetzt. Die aber besitzt – von der Kapuze umschlossen – keine Strahlkraft mehr. Kupferstich, nach Cornelis Dusart, ca. 1691.

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Ähnliches galt für Ludwigs gebaute Souveränität, die steinernen Monumente seiner Größe. Zum einen waren dies die künstlerisch ambitionierten, politisch höchst aussagekräftigen Denkmalsprojekte – namentlich dasjenige auf der Pariser Place des Victoires. Zum anderen war es Versailles. Das Fußstandbild auf dem „Siegesplatz“ war dabei, für sich genommen, noch nicht unbedingt anstößig. Zumindest die Statue des Königs war es nicht. Doch die beigegebenen Attribute, die Zeichen seiner Siege, waren es umso mehr: Nicht nur drückten Ludwigs Füße einen dreiköpfigen Zerberus zu Boden, der die Tripel­ allianz von 1668 repräsentierte. Auch war der Denkmalssockel mit Reliefs verziert, die die bisherigen Erfolge seiner Regierungszeit ins rechte Licht rückten: also etwa den von Spanien 1662 zugestandenen zeremoniellen Vorrang Frankreichs, die Schlachten und Belagerungen des Holländischen Krieges und dann den Frieden von Nimwegen, den der König Europa „gewährt“ hatte. Vor allem aber, um nun wirklich jede Unklarheit auszuschließen, kauerten zu Füßen des Monuments vier überwundene Feinde jenes Holländischen Krieges, dargestellt als gebundene Sklaven: Sie repräsentierten Spanien, die Niederlande, Kurbrandenburg und das Reich bzw. den Kaiser. Die Folgen waren diplomatische Proteste, die aber im bald beginnenden Pfälzer Krieg untergingen, sowie eine Welle der Empörung in den politischen Flugschriften, die diesen Konflikt begleiteten: Eitel, vermessen und prahlerisch sei das Bauwerk und eigentlich götzenhaft, ja lästerlich. Ein wahrhaft christlicher Herrscher dürfe und würde sich so nicht präsentieren lassen. Es waren nicht zuletzt Autoren des Refuge, die sich so vernehmen ließen. Aber auch Reichspatriotismus konnte man damit verbinden: Kaiser Leopold brauche derlei hohle Prahlerei nicht, wie eine zeitgenössische Schrift verkündete, sein Denkmal bestehe demgegenüber in der Liebe und Verehrung seiner Untertanen. – Dass das Sieges-Monument nicht auf Lud194

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wig selbst, sondern auf einen seiner Höflinge zurückgegangen war, den Duc de La Feuillade, machte nichts besser. Im Gegenteil: Es verriet, wie weit die Vergötzung des Herrschers an ­seinem Hofe vorangeschritten, welch kriecherische Umgangsformen dort eingeführt waren.10 Die gedruckte Empörung sollte freilich an kompetenter Stelle programmatische Inspiration nicht verhindern: Schlüters 1703 enthülltes Berliner Reiterstandbild des Großen Kurfürsten wurde gleichfalls von vier Sklaven begleitet. Und diese waren nicht gebunden, sondern in Ketten.11 Kaum anders als das Pariser Denkmal stufte man das Versailler Schloss ein – wobei es in der kriegerischen Polemik nicht um die Feinheiten der Architekturkritik ging und auch kaum um das Bildprogramm. Das waren eher Themen unter Diplomaten und adeligen Touristen.12 Publizistisch wurde auf den Komplex im Ganzen gezielt, d. h. auf seine Dimensionen, die einmal mehr entlarvt wurden als eitel, prahlerisch usw., sowie – und dies dann vor allem – auf die darin herrschenden Sitten. Denn attackieren wollte man nicht nur den steinernen König, sondern gerade auch den aus Fleisch und Blut. Wobei es dann, nur wenig überraschend, vornehmlich um Ludwigs Schwächen des Fleisches ging und also um die Versailler Sittenlosigkeit. Dabei spielte es keine Rolle, dass der König, als er das Residenzschloss 1682 bezog, längst im Begriff war, der jugendlichen libertinage Adieu zu sagen, und begann, sich als gewissenhafter katholischer Monarch und Christ neu zu erfinden. Die Motive der Sittenkritik waren seit den 1670er-Jahren bekannt und benannt. Sie wurden fortgeschrieben.13 Drei Strategien standen zur publizistischen Behandlung des Königs von Frankreich zur Verfügung: Man konnte ihn – mit echtem oder auch nur scheinbarem Respekt – charakterisieren als hochgemut, aber fehlgeleitet, also verführt von „bösen Räten“. Das war ein ganz traditionelles Moment der Hof- und 195

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Fürstenkritik. Oder man konnte ihn frontal attackieren: als Inbegriff des Lasters, Urheber allen Übels. Eine dritte Möglichkeit boten Spott und Ironisierung. Ludwig wurde umgeschrieben zur lächerlichen Gestalt. Alle drei Strategien sollten zur Anwendung kommen, nicht unbedingt strikt in der genannten Folge, aber doch mit klaren Schwerpunkten: Die leidlich oder scheinbar respektvollen Stimmen überwogen zu Beginn der politischen Konfrontation, also nach 1667, die hasserfüllten Frontalattacken dann am Ende der 1680er-Jahre, wobei ihnen schon recht bald ein noch deutlicheres Quantum an Spott und Satire folgte, als es die Debatte ohnehin schon begleitet hatte.

Sex and Crime – Ludwigs Lust und Laster Pionier zumindest der deutschen Publizistik, die sich im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts mit Frankreich und dem Sonnenkönig befasste, war der Baron Franz Paul von Lisola, ein kaiserlicher Diplomat, der aus der (noch spanischen) Franche Comté stammte, den aber der Dreißigjährige Krieg in die Dienste des Wiener Hofes geführt hatte.14 Er trat bereits 1667 den französischen Ansprüchen auf Brabant und andere Teile der Spanischen Niederlande entgegen und dekonstruierte deren juristische Rechtfertigung. Sein „Bouclier d’estat et de justice“, in deutscher Übersetzung der „Schild des Staates und der Gerechtigkeit“, inspirierte das Genre der politischen Flugschriften über Jahrzehnte. Er hatte das Glück, sogar in Paris Beachtung zu finden, wo König und Außenminister von dem Ärgernis und seinem Verursacher Kenntnis nahmen und über Gegenmaßnahmen berieten. Argumentativ zielte die Schrift auf Gründe bzw. Vorwände der königlichen Politik und auf des Königs Berater. Dieser selbst wurde – scheinbar – von aller ­Kritik ausgenommen, da an seiner hohen Gesinnung, seiner 196

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L aster

Aufrichtigkeit und Friedfertigkeit keine Zweifel bestünden. Gemeint war natürlich das Gegenteil. Dennoch bewegte die Ironie sich im Rahmen der rhetorischen Konventionen und des diplomatisch Tolerablen. Sie deutete freilich bereits an, dass es mit den wahren Qualitäten, auch den Führungsqualitäten, des fehlgeleiteten Herrschers nicht weit her sein könne.15 In diese Kerbe ließ sich noch kraftvoller schlagen. Lisolas weitere Schriften, aber auch die anderer Autoren zeichneten kunstvoll den Kontrast zwischen den großen Möglichkeiten, die Ludwig XIV. besaß, und dem, was er daraus machte. Energie und Tatkraft, mit denen Ludwig seine Ziele verfolge, seien beispielhaft, so Lisola. Nur leider seien es die falschen Ziele, ihre Verfolgung eines wahren christlichen Monarchen unwürdig. Auch das „Türkenargument“, von dem man noch sehr viel hören sollte, wurde hier bereits eingeflochten: Ludwig hätte wohl Mut und Mittel, Europa im Kampf gegen die Osmanen voranzugehen, doch statt sie entsprechend zu nutzen, beschwere er die Christenheit mit inneren Kriegen – gemeint war der Holländische –, für die es keine Rechtfertigung gebe.16 Tatsächlich wurde der Holländische Krieg zur entscheidenden Phase für die publizistische Kritik an Ludwig XIV. und an seiner Politik. Der Ton verschärfte sich, und die Argumentationspalette wurde erweitert. Man bescheinigte Ludwig – und zwar mit zunehmender Erbitterung – Rechtsbruch und Raubgier: Er erkenne nur einen Grundsatz an, nämlich den, dass er nicht „esclave seiner parole“ sei, sich also an Recht, Gesetz oder gegebenes Wort nicht zu halten brauche. Sein Ziel sei tatsächlich die Weltherrschaft, die Universalmonarchie.17 Und man attackierte ihn fortan ad hominem, als Individuum oder vielmehr als Mann. Auch dies geschah mit zunehmender Intensität. Beides ließ sich sogar recht gut zusammenführen: Denn so, wie Ludwig fremde Frauen begehrte, so begehrte er eben auch fremde Länder. In einer Schrift von 1674 las sich das folgender197

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maßen: Große und kostbare Gebäude habe Ludwig erbauen, viele Bankette, Komödien und Ballette aufführen lassen. Doch könne er sich dabei eben „auch des Fleisches ohnmöglich enthalten, denn er ziemlich ohnersättlich scheinet, weil er mit seiner guten Hauß-Speise nicht vorlieb nimmt, sondern gar zu sehr nach frembdem Fleisch schnappet.“18 Gemeint waren nicht Ragouts oder Braten. Insofern auch er selbst dem Ehebruch entsprungen sein sollte – etliche Flugschriften legten ihm daher den Namen „Mazarindonné“ bei –, konnte das nicht weiter überraschen. Das Motiv der königlichen Amouren wurde fortan fester Bestandteil des Repertoires der antifranzösischen Polemik. Einige der in dieser Hinsicht markantesten oder auch deftigsten Schriften entstammen dabei aber gerade jener Phase, in der Ludwig libertinage durch Bigotterie ersetzte – deutliches Zeichen, dass die Autoren sich nicht nur an Hofkreise wandten, in denen so etwas eventuell bekannt war, sondern auch an eine darüber hinausgehende höfische wie städtische Öffentlichkeit. Dem Publikum musste etwas geboten werden, und in diesem Fall war das ein von der Wollust getriebener, vom Wohlleben verweichlichter König, der damit im Grunde keiner mehr war. Den Frauen ergeben, ließ er sich entweder von seiner Lust beherrschen oder gleich von den Mätressen selbst. Maintenon und Montespan, Fontange und La Vallière regierten an seiner Stelle. Er verfehlte so das monarchische Ideal, aber auch das gesellschaftliche: Der Mangel an Selbstbeherrschung machte ihn geradezu zum Gegenbild des galant-eleganten hônnete homme, der stets „Meister seiner selbst“ war.19 Der „späte“ König geriet seinen Gegnern dann vollends zur ridikülen Gestalt. Die Niederlagen zunächst des Pfälzer, dann des Spanischen Erbfolgekrieges, bzw. der Empfang der entsprechenden Nachrichten machte ihn zum törichten Greis. Oder sie gaben vielmehr Gelegenheit, ihn als solchen zu zeichnen. Gerne führte man Verzweiflungsausbrüche nach diversen 198

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Niederlagen an – auch dies natürlich ein Sakrileg für jeden hônnete homme. Lustvoll karikierte man das „geborgte Haar“ des perückentragenden Monarchen. Mit größter Begeisterung aber spielte man eben immer wieder die Marquise de Maintenon in den Vordergrund, um sie als eigentliche Regentin des Königs und des Königreichs zu zeichnen. Fleischeslust war ein Laster, Mätressen waren von Übel, aber die Gynäkokratie, die Weiberherrschaft, bedeutete einen Verstoß gegen die göttliche Weltordnung. Ludwig bot ihr, wie seine Gegner fanden, alle Voraussetzungen. Der Mann war gescheitert, und auch der von Gott eingesetzte Monarch verfehlte seine Bestimmung. Er war seiner Aufgabe nicht gewachsen.20

Satansgestalt – Der Allerchristlichste als Erbfeind Ludwig als König von Frankreich war jedoch nicht nur von Gott direkt eingesetzt – das waren andere Monarchen even­tuell auch –, sondern er war der „älteste Sohn der Kirche“, Frankreich deren „erstgeborene Tochter“. Die Beinamen stammten aus dem Frühmittelalter, sie spiegelten die Bedeutung wider, die die Konversion Chlodwigs und der Franken besessen hatte. Hieraus war im Laufe der Zeit in der französischen Königstitulatur der Roi Très-Chrétien geronnen, der „Allerchristlichste“, auf den sich traditionell die besonderen Rangansprüche der französischen Krone gründeten. Für die publizistischen Gegner besagter Krone bildete gerade das dann auch eine besondere Herausforderung. Noch deutlicher und drastischer rückte das religiöse Moment aber durch die Hugenottenverfolgung ins Zentrum der Aufmerksamkeit und damit der Kritik. Sie sollte Ludwig geradezu zur Satansgestalt werden lassen.21 Bereits den Holländischen Krieg interpretierte das Lager der Gegner zum Teil unter religiösen Gesichtspunkten bzw. unter 199

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konfessionellen. Ludwig agiere als Agent des Papsttums – also des römischen Antichrist. In den Niederlanden wie im Reich ziele er auf den Untergang des wahren Glaubens – also des protestantischen. Tatsächlich war ja die französische Motivation für den Feldzug gegen die calvinistische Republik von kon­ fessioneller Abneigung nicht frei, wenn diese auch nicht im Vordergrund stand und für den Entschluss zum Krieg nicht ausschlaggebend gewesen war. Ein Almanachblatt von 1672 hatte ob der Siege Ludwigs immerhin den „Triumph der Kirche“ verkündet – natürlich der römischen.22 Von niederlän­ discher Seite wurde dies im Übrigen durchaus erwidert. Die seit Langem eingeführte Selbststilisierung der Republik zum „neuen Israel“ verlieh dem religiösen Argument Kraft und Plausibilität auch im Kampf mit Frankreich.23 Im konfessionell gespaltenen Reich war hingegen ein anderes Motiv beliebter, denn es ließ sich auch auf katholischer Seite verwenden, bzw. mit Blick auf diese. Hier wurde die religiöse Motivation des Krieges rundweg bezweifelt. Wenn, wie es hieß, Ludwig von Religion rede, gelegentlich die katholische Messe restituiere, so sei das nichts als Tarnung, ein bloßer „Staats-Mantel“. „Religion“ verdecke „Region“, also Regiersucht. Ohnehin nehme die königliche Kriegführung weder Rücksicht auf Kirchen noch auf Klöster. Dass im Dreißigjährigen Krieg der Schwedenkönig Gustav Adolf kirchlichen Besitz und katholische Leben nicht geschont habe, sei zwar schlimm gewesen. Dass in Gestalt Ludwigs XIV. nun aber ein katholischer Herrscher ebenso verfahre, sei wohl noch schlimmer. Erklären könne man das nur dadurch, dass Ludwig tatsächlich ein bloß vorgeblicher Katholik sei, dass er tatsächlich überhaupt keine Glaubensüberzeugung besitze und dass er infolgedessen auch daran arbeite, in Frankreich eine Art Zwischenreligion zu verkünden. Diese sehe etwa vor, dass man einerseits französische Kirchenlieder singen, andererseits die Messe aber „in eine ge200

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E rbfeind

heime Sprache versetzen“ solle – als trefflicher Mittelweg zwischen dem Lateinischen und der Volkssprache.24 Diese Argumentationslinie ließ sich in der Folgezeit fortschreiben und noch weiter ausbauen. Einerseits gab die „unchristliche“ französische Kriegführung nach 1688 dafür Anlässe, ebenso die gegenreformatorischen Maßnahmen, die diese begleiteten. Andererseits ließ sich die gallikanische Verfassung der französischen Kirche mit ihrer starken Stellung der Krone dafür heranziehen, ebenso wie allfällige politische Differenzen zwischen Versailles und Rom. Im Ergebnis sah man einen ludovizianischen Synkretismus: Franzosen seien nicht römisch-, sondern „königlich-katholisch“. Im reunierten Elsass habe man jedoch eine Sonderregelung getroffen: Hier dürfe ein jeder allen Kirchen zugleich angehören, also ebenso lutherisch wie reformiert und auch katholisch sein. Religion, das sei völlig klar, bedeute Ludwig gar nichts. Oder, anders gewendet und damit noch weiter zugespitzt: „Religion“ sei in Frankreich eigentlich nur der Wille des Königs, Synonym für dessen plaisir, „Ehrgeiz“ und nicht zuletzt „Wollust“. Daraus im Wesentlichen bestehe der „Bourbonismus“. Wenn man daher den Krieg gegen Frankreich als Religionskrieg betrachte, so sei er das sicher nicht in konfessioneller Hinsicht, sondern vielmehr, weil es gegen die „Frantzösische Atheisterey“ gehe, weil Glaube gegen schieren Unglauben stehe. Diesem gab Ludwig sein Gesicht oder, richtiger gesagt, seine publizistischen Gegner taten es für ihn. An die Stelle Gottes hatte der König sein eigenes Abbild gesetzt und seinen eigenen Willen oder aber die „Staatsräson“. Sie rechtfertigten jede Schandtat und jeden Rechtsbruch.25 Argumentationen wie diese waren darauf ausgerichtet, das konfessionell gespaltene Reich beisammenzuhalten. In den Niederlanden oder in England musste man entsprechende Rücksichten nicht nehmen, konnte also konfessionell „eindeu201

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tiger“ mobilisieren. Erst recht galt das für das Refuge, die vertriebenen Hugenotten. Für sie ging es weniger darum, König und Katholizismus auseinanderzuhalten, als vielmehr Ludwig und Frankreich. Der „Allerchristlichste“ wurde daher zum „Allerunchristlichsten“ – was ein vergleichsweise naheliegendes, aber hinreichend destruktives und also ungemein erfolgreiches Wortspiel war. Oder er wurde zum primogenitus satanae, zur Geißel Gottes, zum Feind des christlichen Namens. Ludwig erschien nicht mehr als Agent des Antichrist, sondern er war es selbst: der zweite „Erbfeind der Christenheit“, der „Türck in Occident“. Man rief auf zu seinem Sturz, und dies allerdings nicht allein aus religiösen Gründen.26

„Die Frantzösische Türckey“ – Ludwigs Krieg­ führung und Regierungssystem Zwischen 1672 und 1676 erschien in mehreren Ausgaben, deutsch wie niederländisch, eine Schrift mit dem suggestiven Titel „Die Frantzösische Türckey“. Ob sie sich bewusst auf einen französischsprachigen Vorläufer von 1576 bezog, mitten aus den Religionskriegen, ist unklar. All diese „Türkeien“ jedoch besaßen eine eindeutig anti-absolutistische Zielrichtung, denunzierten die übergroße Macht des französischen Königtums und deren Missbrauch durch den Amtsinhaber. Dieser – 1672 also Ludwig XIV. – regiere nicht als ein legitimer christlicher König, sondern als ein Willkürherrscher, ebenso wie der osmanische Sultan. Dies beginne damit, dass der französische Adel von der Macht ausgeschlossen sei und in finanzieller Abhängigkeit gehalten werde. Aber „versklavt“ sei im Grunde das ganze Volk. Da passe es gut, dass die Franzosen – ganz genauso wie die Türken – im Grunde Sklavenseelen seien, „ein Volk von Eseln“. Genauso wie die Türken fehle es ihnen am 202

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rechten christlichen Glauben und an rechter christlicher Ordnung. Die einen beteten ihren „verfluchten Mahomet“ an, die anderen ihren ebenso verfluchten König. Hier wie dort herrsche Unterwerfung statt Verhandlung und Gewalt statt Recht.27 Absolutismuskritik in dieser oder noch anderer Form wurde in den 1670er- und 1680er-Jahren zum Allgemeingut der gegen Ludwig und gegen Frankreich gerichteten europäischen Publi­ zistik. Sie war konsensfähig nicht nur zwischen den Konfessionen, sondern auch zwischen den Nationen: Deutsche, Engländer, Niederländer betrachteten sich jeweils selbst als das freieste aller Völker. In Frankreich seien hingegen selbst höchste Würden­ träger jederzeit mit dem Tode bedroht (so wie bei den Osmanen …) und die Steuerlast komme der Enteignung gleich (ganz so, wie es auch bei den Osmanen kein Eigentum gebe, da alles dem Sultan zu Gebote stünde). Auch das französische Refuge konnte in solche Kritik einer tyrannischen Herrschaft einstimmen – wenn es sie nicht ohnehin selbst entworfen hatte. Aus dieser Perspektive wiederum musste allerdings differenziert werden zwischen dem Monarchen und der Nation. Man befand ihn daher unmittelbar und persönlich schuldig, die überkommene französische Freiheit beseitigt, Rechte, Privilegien, ja die ganze ständische Ordnung eingeebnet zu haben. Die Franzosen seien so herabgesunken zu Knechten, ihr Status noch erbärm­ licher als der der Türken. Denn als Gesetz gelte in Frankreich fortan nur noch eines: Der Wille des Königs.28 Ludwig maße sich ja sogar an, über „Gewissen und Hertzen“ seiner Untertanen zu verfügen. Und das tue eben – so wurde zumindest vereinzelt bemerkt – in seinen Ländern nicht einmal der Sultan. Attacken auf Ludwig persönlich, auf seine persönliche Regierungsform waren in dieser Art natürlich auch außerhalb des Refuge konsensfähig. Ein König, der die eigenen Untertanen wie Sklaven halte, wolle eben auch noch die umliegenden Länder erobern, deren Fürsten erniedrigen und deren Völker auspressen.29 203

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Der „Türkenvergleich“, die Gleichsetzung der französischen und osmanischen Regierungssysteme, Herrschaftsmethoden, aber auch der (angeblichen) Mentalitäten war von schneidender Schärfe. Schlimmeres konnte man einem Roi TrèsChrétien nicht entgegenhalten. Und es ließ sich sogar noch ­zuspitzen: einerseits dadurch, dass man die nach 1681 sich ­abzeichnende Interessenidentität von König und Sultan als ein geheimes Bündnis interpretierte, Fortsetzung desjenigen, das im 16. Jahrhundert Franz I. mit Suleiman dem Prächtigen geschlossen hatte. Andererseits, indem man die französische Kriegführung brandmarkte: Auch sie sei nämlich nichts anderes als „türkisch“. – Das sollte bedeuten: regellos und grausam, ohne jeden Skrupel.30 Den Holländischen Krieg fassten besonders die Kupferstiche von Romeyn de Hooghe ins Bild. Sie zeigten Ausschreitungen französischer Besatzungstruppen, namentlich die Massaker in den Orten Bodegrave und Zwammerdam. Geprägt werden die Bilder nicht zuletzt von entgrenzten Gewalttaten an Kindern: Man sieht Säuglinge, die auf Schwerter und Lanzen gespießt sind bzw. „gepfählt“ – ein Motiv, das traditionell die Türkenkriege begleitete und den Gegner grundsätzlich als „barbarisch“ brandmarkte. Auch in Worten illustrierte man – von niederländischer wie von deutscher Seite – die „Frantzösische Tyranney“, die „Frantzösische Verstörung“, den „Frantzösischen Soldaten-Teufel“. Besondere Prominenz erlangten kommandierende Offiziere wie die „Mord-Brenner“ de la Brosse und Mélac oder, in besonderem Maße, der Marschall Luxembourg. Ihm wird geradezu ein Mord-Aufruf in den Mund gelegt: „Raubet, tödtet, schändet; und so man etwas gewaltigers und greulichers verüben mag, so seyd nicht träge darinnen.“ Das war natürlich reines Phantasieprodukt, auch wenn in Luxem­bourgs Befehlsbereich tatsächlich eine besonders hohe Zahl an Ausschreitungen fiel. Zumindest im Holländischen 204

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Krieg galt der Marschall als ein eher laxer Truppenführer, was den Intentionen seines Königs allerdings widersprach.31 Im Pfälzer Krieg wurde die Polemik noch weiter getrieben, wurden Türken wie Hunnen zitiert. Die Verwüstung der Pfalz bot dafür den Anlass. Und nun war es, aus Sicht der gegne­ rischen Publizisten, eben der König selbst, der seine „BärWölffe“ – also seine entsprechend abgerichteten Soldaten – anstachelte zu Taten bzw. zu Untaten: „Was ich wil und befehle, sofort ist und muß es geschehen. Wir achten die Pfafferey nicht, was Nonnen, was Sanctum. Raison des Krieges, dessen Recht und Anstalt können hierunter kein Respect oder Reflexion machen. Alt-abergläubisches Wesen gehöret vor die Weiber und Kleinmüthigen, das Götter-Geschwätze und Getändle ist vor keinen tapffern Soldaten. … Wir sind König und Gott auff Erden, was wir setzen, was wir thun, was wir glauben, das ist recht.“32

Auch dies war natürlich Phantasieprodukt. Es zielte freilich ebenso auf die exzessive Gewalt der französischen Kriegführung wie auf die ähnlich entgrenzt erscheinende Überhöhung des Königs. Die Erstere ließe, so fand man, die Auseinandersetzung eigentlich kaum mehr als Krieg erscheinen, sondern vielmehr als eine „bestialische Raserey“. Und man suchte auf deutscher Seite nun deren Gründe im verdorbenen, „türkischen“ Charakter der französischen Nation zu finden. Noch mehr aber suchte man sie zu finden im Charakter ihres tyrannischen Königs, des „grausamen Greuels und Abgotts Ludewigs des Vierzehenden“. Und weder ließ noch lässt es sich leugnen, dass Ludwig, der Kriegsherr, tatsächlich in letzter Konsequenz die Verantwortung trug für die Taten wie für die Untaten, die in seinem Namen geschahen. Ganz so, natürlich, wie auf ihrer Seite seine weniger kriegsmächtigen, weniger hervorstechenden Gegenüber auch.33 205

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Ludwig XIV. im Krieg der Federn – Folgen und Spuren Welche konkreten Folgen hatten diese öffentlichen Attacken auf den „größten König der Welt“? Im Vordergrund stand zunächst die Mobilisierung im Feindeslager. Es handelte sich um Propaganda, und die wollte nicht die andere Seite überzeugen oder auch nur erreichen, sondern die eigene Seite bestärken. Sie sorgte dafür, dass politisch die Reihen geschlossen wurden und blieben. Einerseits galt es klarzumachen – etwa schwankenden Reichsfürsten –, dass es eine französische Bündnisoption nicht mehr gab. Andererseits musste die Bereitschaft der Untertanen gestützt werden, die Kriegsanstrengungen zu tragen oder vielmehr zu ertragen. In Frankreich selbst wurden diese fremden Attacken auf den König nur partiell rezipiert: Zu Beginn der Auseinandersetzung nahm man im Pariser Machtzentrum die Schriften Lisolas noch zur Kenntnis, sah sich provoziert und sann auf Gegenmaßnahmen. Natürlich verhinderte man auch ihre Verbreitung im Lande. Die Gegenmaßnahmen zielten aber vor allem auf die Wahrnehmung der königlichen Politik jenseits der französischen Grenzen, sie waren von der Sorge motiviert, mögliche Partner im Reich zu verlieren. In der Folgezeit spielte dies dann allerdings kaum noch eine Rolle: Zum einen waren spätestens nach 1685 die möglichen Partner ohnehin weitgehend verloren, zum anderen ließ sich der Woge an publizistischer Empörung schlechterdings nichts mehr entgegenstellen.34 In Frankreich selbst aber konnte natürlich die massive Frankophobie, die sich seit dem Holländischen Krieg an die Person des Königs knüpfte und dann allerdings auch anderes ins Ziel fasste, kaum Gehör finden. Lediglich die Schriften des Refuge wurden in begrenztem Umfang rezipiert, die Argumente im Hinblick auf Ludwigs Religion und Frankreichs Religionsver206

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im

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fassung zirkulierten auch im Lande selbst. Das Gleiche galt für die Kritik ad hominem. Die Sexualität des Königs blieb ein Thema auch in der zweiten, der sittenstrengeren Hälfte seiner Regierung, etliche Satiren schrieben Mätressenwirtschaft und débauche Ludwigs fort. Wie sehr Ludwig infolge der Lasten des Spanischen Erbfolgekrieges dann in seinem eigenen Königreich zum Fürsten der Finsternis wurde, sollte sich freilich erst bei bzw. nach seinem Tod zeigen: Eine hohe Zahl polemisch zugespitzter Nachrufe entwarf ein Bild des einstigen Sonnenkönigs, wie es dunkler auch seine deutschen, niederländischen oder englischen Feinde nicht gezeichnet hätten.35 Die Nachwirkungen der nationalen, frankophoben Polemiken, in die die Angriffe auf Ludwig XIV. einzuordnen sind, waren auf den ersten Blick nur begrenzt. Schon im Spanischen Erbfolgekrieg schlugen die Wogen der öffentlichen Empörung nicht mehr so hoch wie zuvor. Der Konflikt lief kontrollierter ab als die vorigen und war letztlich im Ergebnis für Ludwigs Gegner auch erfolgreicher. Weder das Reich noch die Niederlande sahen sich in ihrer Existenz bedroht. Die vor 1700 bzw. 1713 verbreiteten antifranzösischen Motive sollten sich dann im 18. Jahrhundert zwar durchaus wiederfinden – im Österreichischen Erbfolgekrieg oder im Siebenjährigen Krieg –, doch weniger aggressiv, mit sehr viel geringerem Empörungspotenzial. Das lag im Wesentlichen im Gang der weiteren Ereignisse begründet. Es lag jedoch auch daran, wie sehr eben die gesamte antifranzösische Publizistik jener Epoche Ludwigs XIV. auf diesen selbst fokussiert gewesen war. Er hatte die Pfeile, den Hass auf sich gezogen. Mit seinem Tod war das Ziel dafür verschwunden.36 Dennoch ist eine langfristig wirksame nationale Bewusstseinsbildung in den Ländern von Ludwigs Kriegsgegnern ohne Frankophobie nicht denkbar. Dies gilt etwa für England bzw., 207

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richtiger gesagt, für Großbritannien, also für die Ausformung einer spezifisch britischen nationalen Identität.37 Es gilt aber auch für das Reich, wo politische Reform, relative Einheit oder vielmehr der Willen dazu erzwungen wurden vom französischen Druck. Die Frankophobie wiederum ist nicht vorstellbar ohne ihren Urheber, Ludwig XIV., den Fürsten der Finsternis. Er hatte die Gründe und die Motive der Empörung besorgt, er wurde selbst zum stärksten Motiv der gegen ihn gerichteten Propaganda. Und er trug damit bei zur Herstellung eines eigentlich politischen Raumes. Politik wurde ihm gegenüber formuliert und debattiert. Man wurde sich darüber klar, dass der „wahre Glaube“ keine Bündnisse aufwog, dass „Interesse“ per se kein Teufelszeug war und dass auch die eigene Obrigkeit durchaus einmal einen Fehler begehen konnte. Natürlich stellten Ludwigs Kritiker nicht den Kaiser infrage. Aber sie formulierten politische Normen und Ziele, denen er gerecht werden musste, ebenso wie seine fürstlichen Vasallen. Von dort war es noch ein weiter Weg zu jener „kritischen“ aufgeklärten Öffentlichkeit, wie sie das 18. Jahrhundert dann – sehr partiell – hervorbringen sollte. Doch darf man sich die Öffentlichkeit des 17. Jahrhunderts keineswegs so unkritisch und bloß rezeptiv vorstellen, wie dies lange gesehen wurde. Schon die Kriege Ludwigs XIV. kannten öffentliche Debatten, die Notwendigkeit politischer Begründungen und deren Infragestellung, also Wechselwirkungen zwischen Regierten und Regierenden. Daran hatte der Urheber dieser Kriege einen entscheidenden Anteil.38

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IX. Am Ende – Der Tod Ludwigs und die Bilanz seiner Herrschaft Dem Ende entgegen – Ludwigs Testament

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eim Abschluss des Utrechter Friedens, im April 1713, stand Ludwig im 74. Lebensjahr. Er musste sein Haus bestellen. Dem Land den dringend benötigten Frieden zurückzubringen, hatte dazugehört; mit den Verträgen von 1713 (und 1714) die wesentlichen Eroberungen der Vergangenheit zu sichern, natürlich ebenso. Aber auch für die innere Ordnung war Vorsorge zu treffen. Denn es lag auf der Hand, dass Ludwigs Nachfolger, der 1710 geborene dritte Sohn des verstorbenen Duc de Bourgogne, mit einiger Wahrscheinlichkeit minderjährig zur Regierung gelangen würde. Es stand also eine Regentschaft bevor und die musste, nach Lage der Dinge, an den (in legitimer Linie) nächsten männ­ lichen Verwandten des Thronerben fallen. Das war nach dem Tod von Ludwigs drittem Enkel, dem Herzog von Berry – dem jüngeren Bruder des Duc de Bourgogne und Philipps V. von Spanien –, nunmehr Philipp von Orléans, Ludwigs Neffe. Der König, der ja auch sein Schwiegervater war, schätzte ihn nicht. Dazu hatte die wenig erbauliche Lebensführung Philipps beigetragen – der Herzog hielt sich etliche Geliebte und hatte mit ihnen mehrere Kinder –, noch mehr aber dessen offene Glaubensskepsis und Freigeistigkeit. Eine Zeit lang hatte man ihn verdächtigt, es mit der Hexerei zu halten, und angesichts der Reihung von Todesfällen in der 209

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königlichen Hauptlinie war ihm ganz erhebliches Misstrauen entgegengeschlagen, offiziellen Bekundungen zum Trotz auch von seinem Onkel.1 Ludwig versuchte daher am Ende seines Lebens, den künftigen Regenten so weit wie möglich zu beschränken bzw. zu entmachten. Dazu gehörte auch der Versuch, für seine beiden illegitimen Söhne einen speziellen Rang zwischen Hochadel und Prinzen von Geblüt zu schaffen, sie zur Nachfolge an der Krone zuzulassen und so die ältere, von ihm ausgehende Linie des Hauses wieder zu stärken. Namentlich der Duc du Maine, der seinem Vater und auch Madame de Maintenon wohl am nächsten stand, sollte als Gegengewicht zum Regenten aufgebaut werden. Ludwigs Testament wies ihm mit dem Oberbefehl über die königlichen Garden die Verantwortung für die Sicherheit des künftigen Königs zu – das war während einer Regentschaft naturgemäß eine Schlüsselstellung. Und der König formierte einen ganzen Regentschaftsrat, dem der Herzog von Orléans, erster Prinz von Geblüt, lediglich vorsitzen sollte. Der Rat umfasste neben dem Herzog die beiden illegitimen Söhne Ludwigs, Maine und Toulouse, den Duc de Bourbon als weiteren Prinzen von Geblüt, den Kanzler, die Minister und mehrere Marschälle – eine solide Mehrheit also, die Ludwigs Vertrauen besaß. Über die Belastbarkeit der Bestimmungen machte sich der König aber wohl nur wenig Illusionen. Immerhin war es ja seine erste eigene formale Amtshandlung gewesen, in einem lit de justice das Testament seines Vaters, Ludwigs XIII., für ungültig erklären zu lassen und so seine Mutter, Anna von Österreich, zur vollgültigen Regentin zu machen. Jedenfalls übergab er seinem Vertrauten, Marschall Villeroy, einen Brief an den künftigen Ludwig XV. Dieser sollte ihm ausgehändigt werden, wenn er das Alter von siebzehn Jahren erreichte. Der König empfahl seinem Urenkel darin nochmals ausdrücklich den Duc du 210

D em E nde

entgegen

– L udwigs T estament

Der Sonnenkönig mit seinen Erben und Vorgängern: Ludwig sitzend in der Mitte. Links stehend sein Sohn, der „Grand Dauphin“; rechts dessen Sohn, der Duc de Bourgogne. Im Vordergrund der Urenkel, Louis Duc d‘Anjou, der spätere König Ludwig XV. Ganz links die ­Erzieherin der französischen Königskinder, Madame de Ventadour. Im Hintergrund stehen Büsten von Heinrich IV. (links) und Ludwig XIII. (rechts). Das Bild vereinigt sechs Generationen des Hauses Bourbon und zeigt Ludwig XIV. als dessen zentrale Gestalt. – ­Gemälde von Nicolas de Largillière, ca. 1710.

Maine und er forderte ihn auf, alle eventuellen Änderungen an dessen Rang, die während der Regentschaft eingetreten sein könnten, rückgängig zu machen und alles wieder auf den Stand zu bringen, den es bei seinem, Ludwigs XIV., Tod gehabt habe.2 Das geschah übrigens auch, allerdings weit frü211

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seiner

H errschaft

her, auf Veranlassung des Regenten, als dieser sich Groß­ zügigkeit leisten konnte.3

Der König stirbt Ludwig verbrachte seine letzten beiden Lebensjahre zum großen Teil in Marly. Er inszenierte dort noch einmal die Freuden und die Ruhe königlichen Landlebens. Zur letzten großen Staatsaktion seiner Herrschaft und seines Versailler Hoflebens wurde der Empfang der Botschafter, die der Schah von Persien gesandt hatte, im Februar 1715, und ihre Verabschiedung, im August. – Das Ereignis sollte den Anlass für Montesquieus „Lettres persanes“ geben, die Frankreich und die französische Gesellschaft nach 1700 aus einer scheinbaren Außenperspektive beschrieben. – Der König zeigte sich dem Hof, dem Land und den persischen Botschaftern noch einmal als Mittelpunkt des Geschehens, Inhaber der monarchischen Vollgewalt.4 Allerdings war für seine Umgebung merklich, dass dieses Geschehen, auch die üblichen Rituale und Regierungsgeschäfte den alternden Herrscher inzwischen merklich anstrengten. Ludwig hatte im Laufe seines Lebens verschiedene Erkrankungen überstanden und auch deren ärztliche Behandlung. Im großen Ganzen war seine Gesundheit robust geblieben. Seit Mitte der 1690er-Jahre hatte sich das langsam geändert, im letzten Lebensjahr dann mit Macht. Seit dem Frühjahr 1715 ließ Ludwigs Appetit nach, er ermüdete leicht und der Körper verfiel offenbar rapide. Im Juli hatte der König Mühe, für eine Parade zu Pferde zu steigen und diese dann auch im Sattel durchzustehen. Immerhin näherte er sich seinem 77. Geburtstag. Der körperliche Verfall war auch von außen nicht mehr zu übersehen. Londoner Buchmacher nahmen nun Wetten auf seinen bevorstehenden Tod an.5 212

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stirbt

Die letzte Erkrankung erfasste den König im August. Ludwig hatte Schmerzen im Leib, im Bein, er verspürte Übelkeit und zugleich Durst, der nicht verging. Die erste Diagnose lautet auf Reizung des Ischiasnervs. Bald aber wurde klar, dass es sich um Gangräne handelte – Wundbrand am Bein, verursacht wohl von Altersdiabetes. Weder die Krankheit noch ihre Symptome waren behandelbar. Die von Ludwigs Leibarzt Fagon verordnete Eselsmilch dürfte den Zustand des Kranken allerdings zumindest nicht verschlimmert haben. Einhalt gebot sie natürlich ebenso wenig: Der Brand schritt also fort. Es wurde erwogen, das Bein zu amputieren, doch dazu konnte man sich nicht entschließen. Sowohl dem König als auch seiner Umgebung war klar, dass dies das Ende bedeutete.6 Ludwigs letzte Tage sind oft erzählt worden. Der König setzte sein öffentliches Leben fort bis zum Schluss. Am 24. August leitete er, bereits schwer erkrankt und stark leidend, zum letzten Mal den Finanzrat. Am 25., es war der Tag des Heiligen Ludwig, speiste er nochmals öffentlich, in großer Schwäche und mit erkennbarer Mühe. Erst am 26., als offensichtlich wurde, dass Verbände, Einstiche und Eselsmilch die Gangräne nicht aufgehalten hatten, zog der König sich zurück. Es begann die Vorbereitung auf den Tod und damit zugleich der Reigen der Abschiedsaudienzen: für den Marschall Villeroy, seinen Altersgenossen, mit dem er aufgewachsen war und dem er den Schutz des künftigen Königs anvertraute, für den Herzog von Orléans, dem er versicherte, sein Testament werde nichts für ihn Unangenehmes enthalten, und natürlich für den künftigen König selbst, seinen Urenkel und vierten dauphin, inzwischen fünfeinhalb Jahre alt. Er prophezeite dem Jungen, dass er ein großer König werden würde, und räumte eigene Fehler ein: Den Krieg und die Bauten habe er zu sehr geliebt, der Urenkel möge ihn darin nicht nachahmen. Besonders der Krieg bedeute das Unglück des Volkes. – Hier sprach nicht unbedingt Reue, aber doch Erfahrung.7 213

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Der sterbende König verabschiedete sich auch von seiner weiteren Familie – Liselotte von der Pfalz schrieb davon in bewegten Worten – und er verabschiedete seinen Hof. Er dankte seinen Dienern, versicherte sie seiner Zufriedenheit mit ihren Diensten und empfahl ihnen seinen Nachfolger. Zu diesen ­Abschiedsworten gehört auch das Zitat: „Ich gehe nun, aber der Staat bleibt.“ – Das war den Höflingen auch durchaus bewusst. Sie hatten bereits begonnen, sich in Richtung auf die neue „Sonne“ umzuorientieren, d. h. auf den Herzog von Orléans. Seine Empfangsräume im Versailler Schloss waren in diesen letzten Augusttagen gut gefüllt.8 Am 28. und am 29. schien sich kurzzeitig noch einmal Besserung einzustellen, was man dem Elixier eines eigens angereisten provenzalischen Wunderheilers zuschrieb, sodass sich auch die Räume des Herzogs von Orléans noch einmal leerten. Doch war dies nicht von Dauer. Am 30. verabschiedete der König Madame de Maintenon, nachdem er sie noch einmal ausdrücklich der Fürsorge des künftigen Regenten anvertraut hatte. Phasenweise fiel er dann in Bewusstlosigkeit. Die Agonie währte bis zum Morgen des 1. September: Etwas nach 8 Uhr starb Ludwig XIV., König von Frankreich und Navarra, im 77. Jahr seines Lebens, dem 73. seiner Regierung. Die Gefasstheit, mit der er dem Tode begegnet war, entsprach seiner seit den 1680er-Jahren entwickelten Religiosität und ebenso dem Ideal des honnête homme der Klassik, der stets Herr seiner Selbst war, seiner Äußerungen und Regungen – nicht zuletzt durch Festigkeit im Glauben. Ludwig hatte es verinnerlicht und verkörpert wie kaum ein anderer. Seine Haltung nötigte sogar Saint-Simon Hochachtung ab – auch wenn das dessen Sicht auf den König und seine Regierung nicht veränderte.9

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Der König ist tot Saint-Simon hatte sich, seit Langem schon, an Philipp von Orléans angeschlossen. Er schien ihm, nächst dem verstorbenen Duc de Bourgogne, am besten geeignet, eine Regierung des Einvernehmens zwischen Krone und Hochadel einzuläuten. Widerwille gegen die „Bastarde“ spielte bei dieser Allianz – auf beiden Seiten – keine geringe Rolle. Der „kleine Herzog“ hatte eine gute Wahl getroffen, wie sich erwies. Philipp von Orléans sollte zu einem recht fähigen Regenten werden, Sachwalter des Thrones und zugleich Mittler zum Adel.10 Ludwig XIV. starb am 1. September 1715, doch der König von Frankreich starb nie. Sein politischer Körper war unsterblich. Ludwig XV. wurde daher unmittelbar in sein Amt eingesetzt, sobald sein Vorgänger den letzten Atemzug getan hatte. Eine Regentschaft mochte es geben, aber kein Interregnum. Der neue König wurde ausgerufen, der Hof erwies ihm die Reverenz und der Regent handelte fortan in seinem Namen.11 Die ersten Handlungen Philipps von Orléans liefen darauf hinaus, wenig überraschend, zunächst das Testament Ludwigs XIV. zu „kassieren“, d. h. es für ungültig erklären zu lassen. Das gelang reibungslos: Bereits am Tag nach dem Ableben des Königs begab sich der Herzog ins parlement de Paris und examinierte mit den Räten Ludwigs Testament. Natürlich stellte man fest, dass und wie die Rolle des Regenten darin beschränkt wurde. Orléans sicherte daraufhin dem Gericht zu, ihm das Einspruchsrecht gegen königliche Gesetze zurückzugeben, die Ludwig XIV. ihm genommen hatte. Die Richter stellten infolgedessen fest, dass dem Herzog als dem nächsten möglichen Thronerben die Regentschaft vollumfänglich zukomme. Der Duc du Maine gab den Konflikt verloren. Er verzichtete auf das Kommando der königlichen Garden und also darauf, die Person des neuen Königs zu schützen bzw. zu kontrollieren. Wenige Tage später wurde Orléans Coup 215

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durch ein lit de justice besiegelt. Der Erste Präsident des parlement erklärte, dass Ludwig XV. die Vollgewalt seines königlichen Amtes seit jenem Moment ausübe, in dem Ludwig XIV. den letzten Atemzug getan habe. Und er reklamierte zugleich seinen, der Parlamentsräte und der Pairs von Frankreich – die im Gericht Sitz und Stimme hatten – Anteil an dieser Vollgewalt. Eine neue Epoche begann.12 Nachdem der Großkämmerer mit den klassischen Worten „Der König Ludwig XIV. ist tot. – Es lebe König Ludwig XV.“ den Herrschaftsübergang bekannt gemacht hatte, musste u. a. Sorge für den Körper und also die Beisetzung des Vorgängers getragen werden. Der Leichnam wurde eine Woche in Versailles aufgebahrt, dann nach Saint Denis überführt und auch dort wiederum aufgebahrt, diesmal für sechs Wochen. Es gab etliche prominente Gedenkgottesdiente und Predigten, die die Größe Ludwigs ebenso priesen wie die Gottes. Am 23. Oktober 1715 wurde Ludwig XIV. feierlich in die Grablege der französischen Könige gesenkt. – Bis ins 16. Jahrhundert war dies noch der entscheidende rite de passage von einer Herrschaft zur anderen gewesen.13 – Die vorhergesagte und erwartbare ewige Ruhe sollte er dort freilich nicht finden: Fast achtzig Jahre später, im August 1793, entschieden die siegreichen Machthaber der Revolution, nicht nur alle Monumente der königlichen ­Gräber zu zerstören, sondern auch die Leichen der gewesenen ­Tyrannen. Alle Bourbonen (und ihre Vorgänger) wurden in Massengräber geworfen und mit Kalk überdeckt, Heinrich IV. ebenso wie sein Enkel, der „Größte König der Welt“.14

Ludwig XIV. – Ein König des Krieges? Ludwig XIV. starb, allen offiziellen Zeremonien zum Trotz, jenseits des Kreises seiner nächsten Höflinge und Angehörigen 216

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unbetrauert. Saint-Simon, der hier allerdings seine eigenen Gefühle für die der Allgemeinheit nahm, erklärte, angesichts des Sterbens und dann des Todes des Monarchen habe sich kaum jemand bemüht, Bedauern auch nur zu heucheln. Selbst die, die ihm viel (oder gar alles) verdankten, hätten das nicht getan. Bei einem der Gedenkgottesdienste des Hofes hätten sich neben den „offiziell“ Mitwirkenden darum ganze sechs Trauergäste eingefunden. Frankreich und Europa hätten sich nach Ludwigs Tod stattdessen von einer großen Last befreit gefühlt. „Paris ebenso wie die ruinierten Provinzen atmeten auf und bebten vor Freude. Die Ausländer waren froh, einen Mon­ archen los zu sein, der ihnen so lange seinen Willen aufgezwungen hatte. Und doch benahmen sie sich maßvoller als die Franzosen.“ Das Unglück des letzten Viertels dieser langen Herrschaft – Kriegslasten und Niederlagen – habe das Glück der ersten drei Viertel zunichtegemacht.15 In der Zuspitzung mochte das übertrieben sein, besaß aber einen wahren Kern. Das Ende einer langen Regierung war kaum je mit Dankbarkeit befrachtet, und das Ende der Regierung Ludwigs XIV. war es mit Sicherheit nicht. Vierzig Jahre Krieg und eine noch länger erprobte Autorität hinterließen Spuren.16 Ludwig selbst hatte am Ende seines Lebens vor den dunklen Seiten seiner Herrschaft nicht die Augen verschlossen. Auf dem Sterbebett, es ist bereits angesprochen worden, räumte er gegenüber dem Thronfolger ja durchaus Fehler ein – die übermäßige Lust am Kriege und am Bauen. Er ermahnte den fünfjährigen Jungen, ihm in beidem nicht nachzueifern – was dieser dann auch nicht tat. Doch dafür gab es noch andere Gründe. Der Grund wenn nicht für die Reue, so doch zumindest das Bedauern Ludwigs XIV. in seinen letzten Tagen liegt auf der Hand. Bauwerke und Kriege – vor allem die Letzteren – hatten dem Land und der Krone Gewinne und Ansehen gebracht. Die 217

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Grenzen Frankreichs waren erweitert worden, seine Kriegsmacht hatte auch einer umfassenden europäischen Koalition standgehalten. Doch die Kosten hierfür waren enorm gewesen, gerade im Spanischen Erbfolgekrieg. An Gut und an Blut hatte die Nation einen hohen Preis gezahlt für die Ambitionen ihres Herrschers. Systematische, fundamentale Kritik daran hatte nicht SaintSimon, sondern ein anderer hoher Höfling formuliert: François de Fénelon, Erzbischof von Cambrai und Erzieher des Duc de Bourgogne, Ludwigs ältestem Enkel und zweitem dauphin. Unter dem Eindruck von Lasten, Verheerungen und auch Misserfolgen besonders des Pfälzer Krieges hatte er versucht, seinem jugendlichen Zögling ein anderes, friedlicheres Herrscherbild zu vermitteln, als es der regierende Monarch verkörperte. Zentrale Aussagen waren etwa die Klage, dass der Ruhm eines Königs sein Volk stets leiden lasse, und die Warnung, dass ein Herrscher, der nur oder zu sehr Krieger sei, sein Amt höchstens zur Hälfte ausfülle. Die Aussagen kursierten am Versailler Hof, fanden den Weg auch zum König,17 und sie wurden als das erkannt, was sie waren: eine Frontalattacke auf die Politik Ludwigs XIV. und auf diesen selbst. Fénelon fand sich 1699 in sein Provinzbistum verbannt. Dabei muss man freilich feststellen, dass die Zuspitzung natürlich die pädagogische Botschaft eindringlich transportierte, sie aber dem Gegenstand der Kritik nicht wirklich ­gerecht wurde. Ludwig XIV. war ja keineswegs ein „Nur-Krieger“ bzw. ein „halber König“ gewesen. Das hätte man allenfalls von seinem Zeitgenossen Karl XII. von Schweden sagen können, der tatsächlich unentwegt Krieg führte, der selbst an der Spitze seines Heeres stand und schließlich auch fiel. Er war damit (und mit seiner asketischen Persönlichkeit) für das beginnende 18. Jahrhundert ein Faszinosum, doch andere Facetten als die militärische besaß seine Herrschaft tatsächlich 218

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nicht. Sie endete im Übrigen in einer kompletten Katastrophe, dem Zusammenbruch der schwedischen Großmacht. Derartiges oder auch nur entfernt Ähnliches lässt sich so vom „Sonnenkönig“ keineswegs sagen – ein Beiname, übrigens, der ja auch nicht zwangsläufig kriegerisch oder militärisch konnotiert war.18 Ludwigs XIV. Herrschaft besaß hinreichend andere Aspekte als die militärischen, der Monarch selbst war durchaus kein „Eisenkopf“ (wie Karl XII.). Doch, dass auch Ludwig ein höchst kriegerischer König war, ist überhaupt nicht in Abrede zu stellen. Allerdings war er weder ein gekrönter Feldherr noch ein Soldat bzw. ein „Soldatenkönig“. Über fünfundzwanzig Jahre lang begleitete er seine Heere, aber er führte sie nicht. Dennoch ist seine Rolle auf militärischem Gebiet nicht zu unterschätzen. Dies geht zunächst daraus hervor, dass er auch hier wieder, im Verein mit dem jeweiligen Kriegsminister, in die Fragen der Organisation bzw. Reorganisation von Heer und Marine engstens einbezogen war. Es geht daraus hervor, dass des Königs Anwesenheit im Felde keine leere Geste war. Er „inspirierte“ dazu, sich unter seinen Augen auszuzeichnen. Und es geht schließlich und unmittelbar daraus hervor, dass die Armee Ludwigs wichtigstes politisches Instrument war, dessen er sich ausgiebig bediente. Es waren Ludwigs Ambitionen, die es erforderlich machten, das Heer zu erhalten, es zu verbessern und zu vergrößern. Im Spanischen Erbfolgekrieg hielt Frankreich schließlich, wie gesehen, über 400 000 Mann unter Waffen. Und ganz zwangsläufig wirkten sich diese Ambitionen auch auf die Kriegsgegner aus, die ihre Kriegsmacht, zum Teil auch ihre politische Verfassung, ebenfalls auf einen Stand bringen mussten, aus dem heraus sie der Herausforderung begegnen konnten. Denn, dass es Herausforderungen waren, ist unbestreitbar. Die französische Geschichtswissenschaft verwendet, auch hier219

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von war die Rede, einige Sorgfalt darauf, die defensive Motivation von Ludwigs Eroberungskriegen aufzuzeigen. Tatsächlich gab es natürlich gewiss den Erfahrungshintergrund des 16. und frühen 17. Jahrhunderts, in dem Frankreich und auch die Hauptstadt Paris mehrfach von spanischen Invasionen bedroht waren. Gegen etwaige Wiederholungen sollten verteidigungsfähige Grenzen geschaffen werden. Und es gab danach dann die Erfahrung, allein europäischen Koalitionen gegenüberzustehen, die man nicht überwältigen, sondern nur ermatten konnte. Dafür aber musste das französische Territorium von Kriegseinwirkungen freigehalten werden, die Abwehr musste an oder vor der Grenze erfolgen, die man insofern möglichst weit vorzuschieben hatte. Allerdings lag den frühen Kriegen Ludwigs und erst recht der Politik der gewaltsamen Annexionen mitten im Frieden, der Reunionen, nicht nur ein umfassender, alles überragender Machtanspruch zugrunde, sondern auch ein erhebliches Maß an Zynismus und Wille zur Erpressung. Fähigkeit zu Ausgleich und Selbstbeschränkung werden demgegenüber erst spät erkennbar. Im Übrigen war das Szenario der Frankreich „bedrohenden“ Koalitionen von Ludwigs kriegerischer Politik selbst geschaffen. Das Ergebnis dieser Politik war ansehnlich, wenngleich nicht ohne Schatten. Frankreich gewann beachtliche Gebiete: das ganze Elsass, die Franche-Comté, ein gutes Stück der Spanischen Niederlande. Alle zwischenzeitlichen Gewinne, die darüber hinausgingen, hatten keinen Bestand. Zugleich aber wurde dieser absolute Zuwachs dadurch relativiert, dass die Nachbarn lernten, Frankreich zu misstrauen, sich gegen seine Ambitionen zu verbünden und ihre eigenen Kräfte zu steigern. Die Entwicklung der englischen Seemacht oder auch die Eroberung Ungarns durch den Kaiser wogen Frankreichs Erwerbungen bei Weitem auf. Die politisch-militärische Hegemonie, d. h. die beherrschende Stellung Ludwigs in Europa währte letztlich 220

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vielleicht zwei oder zweieinhalb Jahrzehnte, etwa von 1665 bis 1690.19 Von den sozialen „Kosten“ – Ressourcenverbrauch, Verwüstung, Tod – wäre noch ausführlicher zu handeln. Ihre Begründung fand all dies jenseits der offiziellen Verlautbarungen im Rollenbild des frühneuzeitlichen Königs, der zum Krieger berufen war, sowie in Ludwigs Selbstbild. Er sah sich von Gott an die Spitze der spätestens seit 1659, dem Frieden mit Spanien, mächtigsten Krone der Christenheit gestellt. Es war an ihm, diese Position zu rechtfertigen bzw. sichtbar zu machen und dabei die Machtmittel, die Frankreich ihm bot, auch zu nutzen. – Ob die Politik anderer Herrscher jener Zeit von moralischeren Imperativen geleitet wurde, kann man zwar behaupten, aber auch bezweifeln.20

Ludwig XIV. – Ein König des Inneren? Die Begriffe „Reform“ und „reformieren“ erscheinen in Ludwigs „Memoiren“ zwar mit beachtlicher Frequenz, doch ein „Reformer“ war der König nicht oder doch nur sehr eingeschränkt: Unter Ludwigs Zutun erfolgreich neu geordnet ­wurden das Militärwesen und die französische Religionsverfassung – Letztere auf Kosten, zum unsagbaren Schaden der Protestanten und auch dem des Landes. Colbert hatte durch und für den Ausbau von Armee und Flotte das Manufaktur­ wesen geschaffen, sodass Frankreich wirtschaftliche Stärke gewann. Die Armeen des Königs konnten fortan aus dem Land heraus bewaffnet werden, französische Luxusprodukte eroberten Europa. Verwaltung und Finanzverfassung aber wurden nur wenig verändert, die Kriegsanstrengungen ließen dafür keinen Raum. Finanziell lebte der König von Frankreich also weiterhin „von der Hand in den Mund“, wobei die Hand meist einem Steuerpächter gehörte, der die benötigten Sum221

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men vorschoss, um anschließend das Geld mit gehörigem Aufschlag auf eigene Rechnung wieder von den Untertanen einzutreiben. Zentralisierung und staatliche Durchgriffsmöglichkeiten schritten nur behutsam voran: Die Gerichtshöfe verloren das Widerspruchsrecht, aber die Krone musste dennoch weiter mit ihnen auskommen. Provinzstände, soweit sie 1661 noch vorhanden waren, blieben erhalten und ein wichtiger Herrschaftspartner. Ludwigs Autorität war groß, doch zugleich war klar, dass das große Land sich nur im Konsens mit den überkommenen lokalen und regionalen Instanzen lenken ließ und nicht gegen sie. Der Erfolg dabei gab Ludwigs Regierung recht: Zwar gab es noch vereinzelte Revolten – die wichtigste war jene der protestantischen Camisarden –, aber es waren wenige und sie ließen sich beherrschen.21 Bedeutung für die innere Gestalt des Landes entfaltete Ludwig daneben vor allem als Auftraggeber von Vermessung und Erfassung: Frankreich wurde „inventarisiert“. Seit Mitte der 1660er-Jahre bereisten Kartographen die Provinzen, nahmen deren Gestalt und Grenzen auf. Die Intendanten verzeichneten Städte – besondere Aufmerksamkeit galt Festungsstädten – und Dörfer, deren wirtschaftliche Bedeutung und die Ein­ wohnerzahlen. Daraus entstanden dann regelrechte Landesbeschreibungen. Auch historiographische Unternehmen gehören in diesen Zusammenhang. Erfassung und Vermessung Frankreichs unter Ludwig XIV. folgte dem Geist der Zeit, trieb ihn aber auch voran. Genauere Kenntnis bildete fortan die Grundlage für effizientere Herrschaft. Ludwigs eigene „Handschrift“ allerdings trägt die Verzeichnung des Landes nur insofern, als es ihm darum ging, den Platz Frankreichs in der Welt sichtbar zu machen.22

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Ludwig XIV. – Ein König der Kunst und der Kultur? Außer Zweifel steht der Erfolg Ludwigs auf dem Gebiet von Kunst und Kultur bzw. in deren Förderung. Und hier ist zwar nicht seine „Handschrift“, wohl aber sein Wille erkennbar. Sicher war in seiner Erziehung manches vernachlässigt worden. Doch dass und wie er Gefallen zumindest an den schönen Künsten fand, ist offensichtlich und unbestreitbar. Galerien und Sammlungen, Mäzenatentum und Akademiegründungen legen davon Zeugnis ab. Und natürlich seine Baulust – also vor allem Versailles. Dass es sich hierbei nicht um uneigennütziges Interesse handelte, lag in der Natur der Sache: Ludwig förderte die Künste wie auch die Wissenschaften nicht als uneigennütziger Mäzen, sondern als König. Sie hatten seinem Ruhm zu dienen, ihn zu mehren – so wie alles und alle anderen auch. Dabei war es selbstverständlich, dass der König sich für Kunst und Kultur interessierte, sie ermutigte und förderte. Einer von Ludwigs Vorgängern, Franz I., hatte im frühen 16. Jahrhundert erklärt, ein unkultivierter König sei nichts anderes als ein gekrönter Esel. Diese Sicht der Dinge hatte sich seitdem eher noch verstärkt.23 Dabei fällt auf, dass der eigentliche kulturelle Höhepunkt des „Großen Jahrhunderts“, des Grand Siècle, „Versailles“ voranging, d. h. nicht dem Bau, aber doch dem Bezug des Schlosses. Der Hof des jungen Ludwig XIV., in Saint-Germain und Fontainebleau, erfand oder ermöglichte die Komödien Molières, die Tragödien Corneilles und Racines oder auch die Musik Lullys. Für Ludwig war auch dies neben ästhetischem Genuss nicht zuletzt Manifestation seiner Größe. Die Künste verdankten ihm ihre Blüte und feierten ihn entsprechend. Sein künstlerisches Urteil, d. h. sein „Geschmack“ (ein zentraler Begriff der Zeit) wurde 223

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zu dem Frankreichs und Europas – freilich waren es ein Geschmack und ein Urteil, die dem König sehr weitgehend zugeschrieben wurden, die von seiner Umgebung beeinflusst waren, die aus ihr und der Zeit hervorgingen.24 Die Werke „seiner“ Maler und Musiker, Literaten und Architekten machten ihn so zum nicht nur politisch, sondern auch geistig führenden Monarchen Europas. Die von zeitgenössischen wie nachlebenden Bewunderern genährte Vorstellung allerdings, Ludwig sei nicht nur Eroberer, sondern auch Künstler gewesen, die gleiche Hand, die das Schwert geführt habe, habe auch den Geist regiert, geht an der Sache vorbei. Anders als etwa Friedrich der Große von Preußen schrieb Ludwig weder Verse noch historische Betrachtungen, weder komponierte er, noch korrespondierte er mit den Philosophen seiner Zeit. Aber anders als Friedrich gab er oder gab doch sein Hof geistige Impulse, die frisch waren und die sich fortpflanzten.25 Er verstand die intellektuellen und künstlerischen Strömungen seiner Zeit und förderte sie. Er trug dazu bei, die künstlerischen Maßstäbe zu setzen. Und er half damit entscheidend, die Grundlage für eine kulturelle Hegemonie Frankreichs zu schaffen, die wesentlich länger währen sollte als nur bis zum Pfälzer Krieg.

Ludwig XIV. – Ein König des höfischen Schauspiels? Mit Kunst und Kultur eng verschränkt war der Hof des Königs. Bauten, Gemälde und Statuen, Fest, Musik und Theater machten ihn zu dem, was er war, und erfüllten ihn mit Leben. Doch war der Hof selbstverständlich sehr viel mehr als nur die Summe seiner Kunstwerke, und für den Ludwigs XIV. gilt dies doppelt. Denn der Hof, die höfische Inszenierung stellte sicher den größten Erfolg seiner Herrschaft dar. In Versailles (wie 224

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zuvor in Saint-Germain und Fontainebleau) wurde der Sonnenkönig entworfen und in Szene gesetzt als idealer und absoluter Monarch, Gebieter der Menschheit wie auch der Natur, die im Park gebändigt war. Und diese Inszenierung strahlte bekanntlich nicht nur weit ins ganze frühneuzeitliche Europa, sondern auch lang – vielleicht sogar bis heute. Ein frühneuzeitlicher Königshof hatte drei elementare Funktionen: Er war der regelmäßige Aufenthalt des Herrschers und bot ihm den entsprechenden Rahmen. Er war das Zentrum seiner Regierung und umfasste die entsprechenden Einrichtungen. Und er war ein Forum für die Kommunikation zum einen zwischen Herrscher und Eliten, zum anderen unter den Angehörigen dieser Eliten selbst.26 Zum Aufenthalt des Herrschers wie auch zur Kommunikation mit oder unter den Eliten gehörte dabei ganz selbstverständlich, dass der Hof Glanz und Unterhaltung zu bieten hatte. Höfischer Glanz und also auch höfische Feste mussten die Bedeutung des Herrschers widerspiegeln, seine vornehmsten Untertanen an ihn binden und Konkurrenten wenn nicht blenden, so doch zumindest beeindrucken. Dies alles erreichte die französische Hofhaltung vor dem Bezug von Versailles vorzüglich und ­danach in Vollendung. Die Kosten hierfür waren natürlich ­erheblich. Die genannten selbstkritischen letzten Worte Ludwigs machen dies deutlich. Doch wenn der Hof seine Funktion erfüllen sollte, war Glanz, war eben auch Verschwendung unverzichtbar. Langeweile hätte niemanden angezogen, und Geiz war ein schlimmes Laster. Nun gibt es gar keinen Zweifel daran, dass Ludwigs Hof seine Funktion erfüllte. Insofern waren die für Bauten, Schmuck und Feste aufgewandten Gelder also keineswegs verschwendet, sondern, ganz im Gegenteil, sinnvoll investiert. Das Besondere, besonders Erfolgreiche hieran rührte aus dem alles bis dahin Dagewesene übertreffenden Rahmen des 225

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Versailler Schlosses, aus Größe und Pracht des Bauwerks und des umgebenden Parks, dem Ludwigs besonderes Augenmerk gegolten hatte: In mehreren Versionen stammt von ihm eine „Anleitung, die Gärten von Versailles zu zeigen“.27 Unterstrichen wurde dies durch die räumliche Trennung von Stadt Paris und Königshof: Beide Orte waren füreinander erreichbar, doch Schmutz, Lärm und Unruhe der Hauptstadt lagen hinter der Residenz. Der König versammelte hier seine Untertanen von Stand – den Adel –, soweit sie zum Erscheinen bei Hofe geeignet oder in der Lage waren. Von „goldenem Käfig“ und leeren Amüsements, die die ältere Forschung hier hat erkennen wollen, kann nicht ernsthaft die Rede sein. Aber auch Zerstreuung gehörte eben ganz selbstverständlich dazu: neben Spiel und Fest nicht zuletzt auf der Jagd, dem aristokratischen Sport par excellence.28 Zentrale Figur war, wie sich versteht, der König selbst. Dies spiegelt bereits die künstlerische Ausgestaltung des Schlosses wider. Versailles war Ludwigs Schöpfung und wurde zu seinem Denkmal. Andere königliche Schlösser, sei es in Frankreich, sei es in den Nachbarländern, machten schon über die Baugeschichte weithin sichtbar die Tradition der Dynastie deutlich und ggf. deren herausragende Gestalten. In Versailles war dies bekanntlich nicht der Fall. Hier gab es nur „den König“, d. h. Ludwig XIV., hinter dem die Dynastie bzw. das vorangegangene französische Königtum verschwanden. Dies rührte einerseits daher, dass die Bourbonen eine junge Dynastie waren. Bis zur Thronbesteigung durch Ludwigs Großvater Heinrich IV., 1589, waren sie nur eine sehr weitläufig mit dem regierenden Herrscher verwandte Nebenlinie gewesen. Und auf diese kurze Ahnenreihe im Königsamt zu verweisen war ebenso wenig sinnvoll wie auf die nichtköniglichen Ahnen oder die Vorgänger aus anderen Linien. Andererseits spiegelte dieser Monopolismus den Willen Ludwigs wider, sich in den 226

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Mittelpunkt des höfischen wie auch staatlichen Lebens zu stellen, alles auf sich als den Träger der Krone und Souverän zu beziehen, Ablenkungen nicht zu dulden. Gestützt wurde diese Zentralität der Figur des Königs durch das elaborierte Zeremoniell. Formen der Ehrerbietung schufen und inszenierten Distanz zwischen dem Monarchen und dem Rest der Menschheit, auch gerade der höfischen. Und sie differenzierten die verschiedenen Ränge der höfischen Menschheit untereinander. Oft zitiert worden sind die von Saint-Simon und Spanheim beschriebenen levers oder auch die Mahlzeiten des Herrschers, der Kampf um die tabourets für die Damen, also das Recht, in Gegenwart der Königin zu sitzen, oder all die kleinen Unterschiede zwischen „Prinzen“ und Herzögen, die Saint-Simon (und andere Herzöge) so erbosten.29 Freilich konnte – und sollte – das Zeremoniell auch unterlaufen werden. Dies war entweder hinter verschlossenen Türen der Fall, im Kreis der Vertrauten, auf der Jagd oder in den vom Zeremoniell entlasteten Zonen, etwa der Nebenresidenz Marly. Es war auch der Fall im Felde, wo König und hohe Offiziere ein gewisses Maß an informeller Gemeinschaft teilten. Damit wird aber auch deutlich, dass im Zentrum dieses höfischen Universums eine Person stehen musste – bzw. eine Persönlichkeit –, die willens und in der Lage war, öffentlich zu leben und die königliche Autorität zu verkörpern, die in Sprache wie Auftreten diese Autorität glaubhaft machen konnte. Und auch Historiker, die Ludwig nicht zugeneigt sind, kommen nicht umhin, festzustellen, dass dies bei ihm in hohem Maße der Fall war. Ludwig trat auf als das Idealbild sowohl eines Monarchen wie auch eines Edelmanns. Er konnte die Größe seiner Krone darstellen und zugleich für seine Untertanen von Stand zugänglich bleiben. Er machte deutlich, dass er ihre Vorstellungen und Werte teilte, etwa bezogen auf die persönliche Ehre, aber auch auf den täglichen Zeitvertreib. Und er gab ein Bei227

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spiel für das, was nach seiner Meinung und nach der seiner Zeitgenossen einen honnête homme des „Großen Jahrhunderts“ auszeichnete: Geschmack und Gewandtheit, Mut und Gleichmut – Letzterer etwa in Unglück, Niederlage oder eben vor dem Tod. Ludwig mochte weder Feldherr noch Gesetzgeber gewesen sein, weder roi-sergent noch roi-philosophe. Er war der König gewesen, der Souverän. Er hatte das Königtum verkörpert und ihm Gestalt gegeben – seine Gestalt.

Ludwig – Der Mensch hinter dem König Mensch und König sind eigentlich nicht wirklich zu trennen – das gilt nicht allein für Ludwig XIV., sondern für die Allermeisten seines Standes. Für ihn aber, der Frankreich zweiundsiebzig Jahre regierte und der über Frankreichs Grenzen hinaus seine Zeit dominierte wie kaum je ein anderer Monarch, gilt es in besonderem Maße. Ludwig war aufgewachsen im Bewusstsein seiner Herausgehobenheit. Er war, in seinen eigenen Worten, „König und geboren es zu sein“. Zwischen ihm und dem Rest der Menschheit lag eine enorme Distanz. „Unsere Erhabenheit entfernt uns von unserem Volke“ – wie er in seinen „Memoiren“ für den dauphin festhielt und ihm gerade deshalb besondere Demut empfahl.30 Mit des Königs eigener Demut war es freilich zumindest zum Zeitpunkt der Abfassung jener „Memoiren“ – also in der zweiten Hälfte der 1660er-Jahre – nicht unbedingt zum Besten bestellt. Ludwig war Ende zwanzig, besonders im Devolutionskrieg hatte er erste Erfolge erfahren und jeder Abschnitt des Werkes – ob er nun vom König verfasst, diktiert oder auch nur sinngemäß dem Schreiber vorgegeben wurde31 – atmet Selbstgewissheit oder auch Hochmut. Für das Jahr 1661 hält er fest: „Ich gebe zu, dass in jenen Anfängen, da ich sah, wie meine 228

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Reputation von Tag zu Tag größer wurde, mir alle Dinge leicht fielen und mir gelangen.“32 Gemeint sind damit u. a. die Ausführung der Bestimmungen des Pyrenäenfriedens – der noch Mazarins Werk war – und die Unterstützung der venezianischen Verteidigung Kretas gegen die Türken – die Episode blieb. Die Zeilen, die dem Kaiser und dem Heiligen Römischen Reich gewidmet sind, spiegeln das Machtgefälle der Jahre nach 1661, aber auch das Selbstgefühl desjenigen, der dieses Machtgefälle für gottgegeben, selbstverständlich und sich selber angemessen hielt. „Um diesen Fürsten [den Kaiser] zu lehren, mich besser zu kennen, zwang ich ihn, aus den Titulaturen seiner Gesandten die Eigenschaften eines Grafen von Ferrette und Landgrafen des Elsass zu tilgen, da diese Lande mir im Frieden von Münster abgetreten worden waren. Und ich veranlasste ihn ebenso, aus einem Bündnisvertrag gegen die Türken die Titulatur des Oberhauptes der Christenheit zu streichen.“33

Seinen zwar geliebten, aber nur gering geschätzten Bruder fertigte er 1666 mit sehr viel weniger Worten ab: Die Ansprüche des Herzogs hätten ihn beunruhigen können, wenn er nicht gewusst hätte, von welchem Kaliber dieser war und von welchem er selber.34 Diese Selbstgewissheit fiel auch anderen auf. Saint-Simon, der Ludwig „einen überaus mittelmäßigen Verstand“ zusprach und sich ein Vergnügen daraus machte, seine politischen Fehler aufzuzählen,35 war nicht der Einzige, der dahinter ein gutes Stück Selbstüberschätzung erkannte. Der brandenburgische Gesandte Spanheim, sehr viel ruhiger, uninteressierter und objektiver im Urteil als der „kleine Herzog“, nannte des Königs Verstand weder brillant noch außergewöhnlich, seine Kenntnisse begrenzt, kommt aber zu dem Ergebnis, dass vor allem die Regierungserfahrung ihm Energie, Autorität und Urteilsvermögen habe zuwachsen lassen. Eine gute Auffassungsgabe, 229

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Ernsthaftigkeit und Ausdauer seien ihm eigen gewesen – und damit alle Eigenschaften, derer ein großer König bedürfe.36 Der Gesandte erlebte und beurteilte Ludwig während der 1680erJahre, also schon in reiferem Alter. Zugleich erkannte er aber auch eine beachtliche Oberflächlichkeit und eben Selbstüberschätzung Ludwigs: Die beständigen Lobreden hätten ihn dazu verleitet, sich selbst tatsächlich für eines jener Genies erster Ordnung, einen der Helden des Jahrhunderts zu halten, die alles erkennen und entscheiden, alles selbst unternehmen, planen und ausführen.37 Das aber, blickt man gerade auf die Kriegführung, sieht man aber auch auf die Innenpolitik, war er schlechterdings nicht. Spanheim und Saint-Simon hatten das erkannt und andere zweifellos ebenso. Auch die übrigen Charaktereigenschaften Ludwigs sind von seiner Rolle als König kaum oder gar nicht zu trennen, etwa die Undurchdringlichkeit, der Sinn dafür, nicht zu viel und nichts zu schnell zu versprechen, Entscheidungen zurückzuhalten oder sie, waren sie gefallen, nicht erkennen zu lassen.38 Bekannt, ja geradezu legendär, ist das je verrai! – „ich werde sehen“, das er auf Bitten aller Art ergehen ließ. Des Königs Majestät durfte sich nicht zu leicht offenbaren; Voreiligkeit war keine Herrschertugend. Ludwig hatte dies selbst ausdrücklich so formuliert: Ein König müsse seine Worte wägen. „Was ein Einzelner sagt, mag unbedeutend sein. Sagt es ein König, besitzt es Gewicht.“39 Die königliche Undurchdringlichkeit bedeutete freilich auch ein Mittel, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. Sie konnte dann durchaus – und vielleicht gar nicht zu Unrecht – als Falschheit oder Verschlagenheit erscheinen: Dies betraf gerade nächste Familienangehörige, von denen etwa Widerworte zu befürchten waren. Philipp von Orléans machte diese Erfahrung mehr als einmal.40 Zu Ludwigs Undurchschaubarkeit gehörte auch die untadelige und geradezu sprichwörtlich gewordene Höflichkeit, die er 230

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in allen Situationen zeigte und die nur höchst selten ins Wanken kam – etwa in stürmischen Diskussionen mit seinem Kriegsminister Louvois.41 „Der König“, so erklärte Sophie von Hannover nach ihrem Besuch in Versailles 1679, „ließ nichts aus, weder in seinem Benehmen noch in seinen Worten, um mir zu zeigen, dass er einer der höflichsten Fürsten der Welt ist.“42 Ludwig übte Höflichkeit gegen auswärtige Besucher (oder Besucherinnen) ebenso wie gegen die eigenen Diener und Berater. Auch dies machte den honnête homme aus, war aber ebenso Teil seines Willens, sich selbst und seine Gefühle nicht zu erkennen zu geben, und im Übrigen den Höflingen ein Beispiel. Zumindest die ostentative Höflichkeit trug damit – das Zitat Sophies von Hannover zeigt es – durchaus zu seinem Ruhm bei, und das nicht allein in Frankreich.43 Thierry Sarmant, einer der jüngeren französischen Biographen Ludwigs XIV., erklärt diese bewusste und demonstrative Undurchschaubarkeit Ludwigs mit einem gehörigen Maß an ursprünglicher Schüchternheit. Als Kind sei Ludwig langsamer und schwerfälliger gewesen als etwa sein Bruder und daher seiner selbst nicht recht sicher. Es mochte auch väterliches Erbe eine Rolle gespielt haben. Mit den Jahren habe er die Beschränkung dann zwar überwunden, aber niemals restlos abgelegt. Dazu passt Ludwigs Einsicht in seine eigene oft nur unzulängliche Sachkenntnis, seine Bereitschaft, dem Rat seiner Minister und Marschälle zu folgen und auch sein Bemühen um personelle Kontinuität in seiner Umgebung, d. h. um vertraute Gesichter.44 Bei all dem muss man freilich bedenken, dass man es über sieben Jahrzehnte hinweg zwar mit derselben Person, keineswegs aber mit derselben Persönlichkeit zu tun hat. Das ist auch einigermaßen selbstverständlich: Der Kind-König von 1650 war nicht der königliche Greis von 1715. Und auf dem Weg ­dazwischen verwandelte sich der sensuelle, fast allen Vergnü231

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gungen zugeneigte jugendliche Held der 1660er-Jahre – oder vielmehr der Mann, der diesen Helden darstellen wollte – zum gereiften Amtsinhaber, persönlich gewissenhaften Reform­ katholiken und Protestantenverfolger der 1680er und 90er. Ebenso musste der „allzeit Siegreiche“ (das war eigentlich Teil der Titulatur seines Wiener Cousins) des Devolutions- und vielleicht auch noch des Holländischen Krieges zwischen 1688 und 1713 lernen, dass die Waffen auch gegen ihn entscheiden konnten und die Vorsehung keineswegs zwangsläufig auf ­seiner Seite stand. Echte „Größe“ – Seelenstärke und Selbstüberwindung, Mut und Ausdauer – zeigte Ludwig insofern eigentlich erst im Alter, angesichts der Niederlagen und Schicksalsschläge des Spanischen Erbfolgekrieges. Sie zwangen ihn, sehr weitgehende Kompromisse anzubieten, die überzogenen alliierten Forderungen aber abzulehnen und sich mit Würde an sein Volk zu wenden, um die Lasten dieser Politik zu erklären. Noch in den 1690er-Jahren, im Pfälzer Krieg, wäre ihm das kaum in den Sinn gekommen.45

Puppe oder Puppenspieler? Seit vielen Jahren wird diskutiert, in welchem Maße Ludwig tatsächlich „Puppenspieler“ war – derjenige der die Fäden der höfischen oder ministeriellen Marionetten zog – oder aber selbst „Puppe“, von denselben Ministern und Höflingen aufgerufen und gelenkt. Auf die Problematik hat 1981 erstmals ausdrücklich der Literaturhistoriker Jean-Marie Apostolidès hingewiesen, allerdings eine sehr schematische Antwort gegeben: Er stellte den jugendlichen roi-machiniste, den Puppenspieler, dem ältlichen roi-machine gebenüber. Das ist so sicher nicht haltbar. Das zeigen etwa Spanheims Hinweise auf die Regierungserfahrung gerade des reiferen Monarchen, bzw. auf 232

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deren Wert im Umgang mit Ministern oder Beratern. Und die Colbert gewidmeten Arbeiten von Daniel Dessert zeigen, dass, was eigentlich nicht sehr überrascht, gerade der junge König zu einem guten Teil manipuliertes Produkt seiner Umgebung war oder zumindest – Dessert schätzt die herrscherliche Autorität letztlich zu gering ein – doch nicht derjenige, der in einem fort die Marionetten tanzen ließ.46 Etwas subtiler ist die Frage gestellt worden, wie Ludwig – als absoluter Monarch, der er war – tatsächlich regiert habe: autoritär, sozusagen vom Thron hinab, oder konsensuell, aus seinem Rat heraus. Die Antwort fällt recht leicht, und sie gilt auch für die Frage nach Puppe und Puppenspieler: Beides war möglich oder – richtiger gesagt: Beides war unvermeidbar und geradezu notwendig. Ludwig traf Grundsatzentscheidungen – etwa über Krieg und Frieden. Er war unumgehbar in Fragen der militärischen Strategie und der Außenpolitik. Aber man konnte ihn beeinflussen und, gerade in Fragen minderer Ordnung oder in solchen, die vertiefte Sachkenntnis erforderten, auch manipulieren. Er hatte auch die Grundsätze des Hoflebens bestimmt – „Versailles“, wie gesagt, war sein Werk – und das galt nicht nur für die Baulichkeiten, sondern auch für den Hof als kulturelles Phänomen und sozialen Kosmos. Das alles verhinderte freilich nicht, dass gerade in der regulierten Welt dieses Hofes auch der Monarch an Fäden hing und in seinem Tagwerk, in seinen Kontakten, Informationen und dadurch dann auch in seinen Entscheidungsspielräumen, „reguliert“ war. Eigentlich bedingte es dies sogar. Ludwig hatte etwa keine sonderliche Freude an Zeremonien, aber er unterzog sich ihnen weitgehend klaglos, mit großem Pflichtbewusstsein. Und ihm war bewusst, wen er jeweils in seinen Konsultationen zurate zu ziehen hatte. Im Übrigen übte er natürlich das Königsrecht der Ernennungen aus: Die Personalauswahl gerade für Spitzen­ 233

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positionen mochte durch Rechte und Gewohnheiten eingeschränkt gewesen sein, doch die Frage von Gnade oder Ungnade des Fürsten blieb für jede Ministerkarriere entscheidend.47 Wichtig bleibt dabei, dass Ludwig sich bewusst dafür entschieden hatte, die „Großen“ des Landes, besonders seine männlichen Verwandten, aus den wichtigen Regierungsgeschäften herauszuhalten, und ebenso, dass die Ministerdynastien (Colbert, Le Tellier, Pontchartrain) ihren Aufstieg in Regierungsämter unmittelbar dem König schuldeten, von dessen Vertrauen sie daher direkter abhingen, als dies bei einem ­Prinzen oder Herzog der Fall gewesen wäre, namentlich bei solchen mit königlichem Stammbaum. – Das war eines der Grundprinzipien des Favoritentums. Dass im Frankreich des Grand Siècle alles von Ludwigs Launen und Vorlieben abhing, dass der Satz Car tel est notre plaisir – „Weil es mir so gefällt“ der einzige war, der die politische Verfassung des Landes bestimmte, ist ein Zerrbild, das im Holländischen und im Pfälzer Krieg die publizistischen Gegner des Sonnenkönigs entworfen haben.48 Zwänge und Pflichten gab es auch für den absoluten Monarchen, und an den Fäden ihrer Beamten laufen oft auch demokratisch gewählte Politiker …

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X. Immer weiter … – Ludwigs Ruhm und Nachruhm

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udwig XIV., das lässt sich mit nur geringer Übertreibung sagen, ist König von Frankreich geblieben weit über seinen Tod hinaus. Im Grunde ist er es noch heute. Sagt man „König von Frankreich“, sieht man das Porträt Rigauds und denkt Louis XIV. Die Gründe dafür liegen in den realen Erfolgen der Herrschaft, der durchaus vorhandenen Kraft der Persönlichkeit, vor allem aber in der, wie Peter Burke es nennt, fabrication, der überaus erfolgreichen technisch-propagandistischen Herstellung eines Bildes vom „Größten aller Könige“, das bis heute fortwirkt.1 Denn diese fabrication kam, aller Unbeliebtheit, ja Verhasstheit des alten Königs zum Trotz, mit dem 1. September 1715 keineswegs an ihr Ende. „Plus ultra“ – „immer weiter“ war die Devise Kaiser Karls V. gewesen. Sie hatte seinen Machtanspruch und Tatendrang widergegeben. Im Grunde passte sie wenigstens ebenso gut zu des Kaisers französischem Nachfahren. Und dies zumal nach 1715: Ludwig fand kein Ende. Seine Entscheidungen, Erfolge und nicht zuletzt seine herrscherliche Performanz wurden und blieben maßstabsetzend für seine Nachfolger – ob sie es wollten oder nicht. Bis zur Revolution, bis zum Tuileriensturm 1792, blieb die französische Monarchie fixiert auf das Bild des Großen Königs – und viele ihrer Untertanen blieben es mit ihr. Diese Referenz der gar nicht so fernen Vergangenheit war in mancher Hinsicht ein Wettbewerbsvorteil der beiden unmittelbaren Nachfolger: Sie konnten nicht nur vom Potenzial, sondern 235

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auch vom Prestige zehren, das Ludwig hinterlassen hatte – vorzüglich ausgedrückt etwa im Versailler Schloss. In anderer Hinsicht war diese ererbte Größe freilich recht problematisch, denn die Nachfolger mussten sich an ihr messen lassen und zugleich versuchen, sich von ihr abzusetzen. Anders gesagt: Der Schatten des Großen Königs lastete sowohl auf Ludwig XV. als auch auf Ludwig XVI. Und das Gewicht dieses Schattens war nicht gering.2

Der Große König und seine Nachfolger Denkt man an die Erschöpfung Frankreichs nach vier Jahrzehnten Krieg, an die Unbeliebtheit desjenigen, der für all das die Verantwortung trug, so erscheint es zunächst paradox, dass der unbetrauert gestorbene König überhaupt als Maßstab und Schatten empfunden werden konnte. Tatsächlich wurde Ludwig XV. zunächst ganz anders dargestellt als sein Vorgänger – nämlich friedlicher, hoffnungsvoller, als ein Neubeginn. Bei einem Kind-König, nach der über siebzigjährigen Herrschaft eines zum Schluss fast Achtzigjährigen bot sich das freilich auch an. Auch noch der jugendliche Herrscher aber, nach der Volljährigkeit, füllte zunächst eher die Rolle eines betont friedfertigen Monarchen aus: Louis le Pacifique, der eben keine Kriege führte und der trotz eines Mangels an Jahren ein Vater seines Volkes war. Historische oder vielmehr dynastische ­Anleihen nahm man eher bei Heinrich IV., dem faktischen Begründer der Dynastie. Und gemeint war damit nicht so sehr der Sieger im Bürgerkrieg, sondern der umsichtige, friedliche Herrscher, der das Land geeint und der auf die Wohlfahrt seiner Untertanen gesehen hatte. Nicht der „Große König“ ­ wurde also zitiert, sondern der „Gute König“. Und nicht dessen heroischer panache blanc, die Armbinde des Feldherrn, son236

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dern die landes­väterliche poule au pot, das Huhn im Topf. – Tatsächlich entwickelte sich so auch und gerade Heinrich IV. zur historischen Figur, die einerseits der Monarchie und dem Monarchen Legitimation spendete, die andererseits aber auch als unerreichtes Vorbild angesehen und so als Vorwurf gegen den gerade amtierenden Herrscher gewendet werden konnte.3 Dass er das Maß Heinrichs IV. verfehlte, sollte Ludwig XV. dann einige Jahrzehnte nach seiner Thronbesteigung, zum Ende des Österreichischen Erbfolgekrieges, auch direkt vorgehalten werden. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings auch Ludwig XIV. als Maß wiederentdeckt bzw. wiedereingeführt worden – und zwar nicht zuletzt von seinem direkten Nachfolger selbst. Ludwig XV. war 1722 gekrönt und gesalbt worden, und er war nach Versailles zurückgekehrt. 1726 entließ er seinen Ersten Minister, den in Ungnade gefallenen Duc de Bourbon – einen Prinzen von Geblüt also –, und erklärte, wie sein großer Vorfahr fortan selbst regieren zu wollen. Am Hof und in der Regierung solle „alles auf dem gleichen Fuße bleiben, wie es unter dem verstorbenen König gewesen (sei)“. Er wolle dessen Beispiel „in allem folgen“. Das war die Festlegung auf das Repräsentationsmodell der höfischen Monarchie und auf deren Versailler Rahmen. Und es sollte daraus auch eine Festlegung auf Zeremoniell und Usancen werden, die Ludwig XIV. eingeführt hatte. Auf lange Sicht bedeutete dies eine Selbstfesselung der französischen Monarchie, die in ihrer Repräsentation keine jener Veränderungen aufnehmen konnte, die das 18. Jahrhundert brachte bzw. forderte.4 Zunächst allerdings rührten Schwierigkeiten daher, dass Ludwig XV. ein überkommenes, höchst klassisches Element nur recht unzureichend in seine eigene herrscherliche Performanz und Selbstdarstellung einzubeziehen vermochte: nämlich das des Kriegsherrn. Denn das Modell des roi pacifique 237

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trug eben nicht sonderlich lang. Seit den 1730er-Jahren ent­ wickelte sich in Teilen der französischen Eliten die Erwartung, der König möge nicht nur in Worten dem Modell seines Vorgängers folgen, sondern auch mit Taten: Er möge wirklich selbst regieren (nicht durch seinen Mentor, den Kardinal Fleury als faktischen Premierminister) und er möge endlich selbst ins Feld ziehen, sich als Kriegsherr zeigen. Eliten und Öffentlichkeit hatten sich vom Spanischen Erbfolgekrieg und seinen Nachwirkungen erholt. Relative Erfolge wie den Polnischen Thronfolgekrieg (1733–1738) sah man als Ermutigungen.5 Als mit Kaiser Karl VI. 1740 das Haus Habsburg in männlicher Linie ausstarb, der preußische Überfall auf Schlesien den Österreichischen Erbfolgekrieg eröffnete und der Fortbestand der habsburgischen Monarchie infrage stand, stiegen auch in Frankreich die Erwartungen. Und sie richteten sich auf den König. Man erwartete von ihm, dass er das Land gegen den alten Rivalen führen und ihn entscheidend schlagen werde. Ludwig neigte zunächst freilich zu Zurückhaltung und Neutralität. Er erklärte bei Hofe, „auf dem Mont Pagnote“ bleiben zu wollen – das war ein Hügel in den Wäldern nördlich von Compiègne, einem der bevorzugten Jagd­ reviere des Königs. Es sollte bedeuten, er würde sich aus dem Streit heraushalten. Ein Höfling fand die Antwort: „Eure Majestät werden es dort kalt finden, Ihre Vorfahren haben dort nicht gebaut.“ Ludwig XV., sollte das heißen, verfehlte das Maß. Niemals hätte Ludwig XIV. sich so beschämend friedlich verhalten. Niemals hätte im Übrigen Ludwig XIV. ein solches Widerwort geduldet.6 Frankreich trat dann bekanntlich doch in den Krieg ein. Der König reiste tatsächlich zur Armee, und der Marschall Noailles, ein überlebender Vertrauter des großen Vorgängers, kommentierte das, zu Tränen gerührt, mit den Worten, „endlich zeigten sich wieder Blut und Geist Ludwigs XIV. und Hein238

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richs IV.“.7 Der Nachfahr hatte dann als Kriegsherr auch durchaus Erfolg. Er fand seine Momente des Ruhmes, namentlich in der Schlacht von Fontenoy 1745, der er beiwohnte, dadurch seine Truppen inspirierte und in der er im Übrigen auch Beispiele an Tapferkeit gab. Die englisch-holländischen Gegner wurden geschlagen, der König gefeiert als siegreicher Kriegsherr – als roi de guerre. Ludwig XV. fand auch eine dem Geist der Aufklärung entsprechende eigene Note, indem er sich die Sorge um die Verwundeten angelegen sein ließ – selbst die der Feinde – und seinem Sohn, dem dauphin, das Schlachtfeld als einen Ort des Schreckens zeigte, für den Herrscher Verantwortung trügen. Beides hätte Ludwig XIV. so wohl nicht getan.8 Dennoch blieb der Erfolg des Nachfolgers als Kriegsherr unzureichend. Dies zeigt sich bereits darin, dass es in der Mitte des 18. Jahrhunderts niemandem mehr in den Sinn kam, den König als den alleinigen Sieger und wahren Urheber des Geschehens anzusehen – auch dem Monarchen selbst nicht. Sieger von Fontenoy war der Marschall Moritz von Sachsen, nicht Ludwig XV. Und dieser selbst behauptete auch gar nichts anderes. Ein großes Gemälde des Malers Pierre L’Enfant zeigt die beiden Protagonisten auf dem Schlachtfeld: Der König deutet mit der rechten Hand auf den Marschall. In der klassischen Bildsprache mochte das eine Geste sein, die den Befehl ausdrückte. Lesen ließ sie sich freilich auch so, dass hier der König auf den eigentlichen Sieger wies. Moritz von Sachsen selbst brachte die realen Verhältnisse recht klar zum Ausdruck. In einem Brief erklärte er, der Monarch habe ihn während der Schlacht in seinen Handlungen „in keiner Weise behindert oder beunruhigt“. Der Souverän und Kriegsherr hatte also im Felde zumindest nicht gestört. Auch das wäre unter Ludwig XIV. weder so gesagt noch so gemalt worden.9 Kern des darstellerischen Misserfolgs Ludwigs XV. war allerdings nicht die Art und Weise, in der dieser den Kriegsherrn 239

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verkörperte, sondern dass er letztlich darauf verzichtete, ihn überhaupt zu verkörpern. Denn die Kriegsteilnahme blieb Episode. Am Siebenjährigen Krieg nahm der Monarch als Person nicht mehr teil, und er verzichtete auch darauf – was noch weit schwerer wog –, sich durch Auftritt und Habitus mit der Armee zu assoziieren. Anders als die Mehrzahl seiner Amtskollegen trug der König von Frankreich im 18. Jahrhundert keine Uniform oder, präziser, er trug sie überaus selten. Anders als etwa Georg III. von England oder Kaiser Joseph II. unternahmen weder Ludwig XV. noch Ludwig XVI. in nennenswerter Zahl Truppenbesuche und Inspektionen. Der Vergleich mit Friedrich dem Großen und der Stilisierung der preußischen Monarchie fällt noch drastischer aus. Sich in Uniform zu zeigen, war nun aber im 18. Jahrhundert nicht Ausdruck von Militarismus, sondern es symbolisierte – zumal an der Staatsspitze – Tatkraft und Dienstbereitschaft. „Des Königs Rock“ als Rock des Königs, das war ein vergleichsweise einfaches Mittel, um den Monarchen als pflichtbewussten, tatkräftigen Vater des Volkes auszuweisen und als Diener des Staates. Der König von Frankreich, wie gesagt, bediente sich dieses Mittels nicht.10 Beide Nachfolger Ludwigs XIV. verzichteten darauf, weil sie sich von Struktur und Formen seiner höfischen Monarchie gefangen nehmen ließen und diese niemals zu ihrer eigenen machten. Unter dem Großen König war die Uniform bei Hofe verpönt gewesen. Die Uniformierung hatte, zu seinen Leb­ zeiten, auch noch lange nicht den Stellenwert erreicht, den sie dann nach 1715 erlangen sollte. Aber weil das so gewesen war, sollte es auch so bleiben, allen Veränderungen und allen Aufrufen zur höfischen Veränderung zum Trotz. Hätten nun die Monarchen diese höfische Sphäre häufiger verlassen – so, wie das unter dem jüngeren Ludwig XIV. ja durchaus der Fall gewesen war, wenn dieser die Provinzen bereiste oder sich zur Armee ins Feld begab –, dann wäre dies wohl zumindest ein 240

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Gegengewicht zur fortdauernden Inszenierung von Versailles gewesen. Das aber war eben nicht der Fall. Ludwig XVI. unternahm immerhin eine – eine einzige – offizielle Reise in seine Provinzen: Im Juni 1786 begab er sich zur Besichtigung der Flotte nach Cherbourg, also in die Normandie. Er betrachtete dies – mit Recht, wie sich erweisen sollte – als Höhepunkt seiner Herrschaft. Um dem Monarchen und der Monarchie das dringend benötigte Image von Dienst, Tatkraft und Verantwortung zu erwerben, genügte diese Reise nach Cherbourg aber natürlich nicht im Entferntesten. Das Problem von Versailles war keineswegs, dass der Herrscher neben der Hauptstadt residierte oder dass diese Residenz besonders prachtvoll ausfiel. Das Problem war, dass der Herrscher jenen höfischen Kosmos weder physisch noch darstellerisch verließ, dass die Inszenierung Ludwigs XIV. nicht um die benötigten „aufgeklärten“ Elemente erweitert wurde – anders als etwa am Wiener Hof unter Joseph II., anders auch als in London. Ludwig XVI. fand zu einer solchen Modernisierung immerhin einen Ansatz, indem er versuchte, einen Gestus der Bescheidenheit zu entwickeln und sich als roi-bienfaiteur, als wohltätiger König, zu zeigen. Das war durchaus reflektiert; es ging auf den Duc de Bourgogne und die Lehren Fénelons zurück. Wie man weiß, blieb aber der Erfolg letztlich mäßig.11 Insofern war es dann freilich nicht das Modell Ludwigs XIV., das den Nachfolgern Fesseln anlegte und die Bourbonenmonarchie gegenüber ihrer Zeit in Rückstand brachte – das Wort „Anachronismus“ mag zu stark sein –, sondern es war das Modell des späten Ludwig XIV., des Herrschers, der ab 1693 nicht mehr bei der Armee war, nicht mehr die Provinzen bereiste und der mit seinem regulierten Hof allmählich alterte. Auch der alternde Sonnenkönig allerdings regierte nach wie vor zwar durch Information – Arbeit am Schreibtisch, mit den Ministern, im Rat –, ebenso und nicht ­zuletzt 241

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aber gerade auch durch Performanz. Er verkörperte den König von Frankreich – sichtbar und mit Erfolg. Seine Nachfolger scheiterten an der Performanz: Diejenige Ludwigs XV. ließ Wünsche offen, die Ludwigs XVI. wurde zur allgemeinen Enttäuschung. Und beide Herrscher verzichteten darauf, ihre durchaus vorhandene Informiertheit, die bürokratischen Elemente ihrer Regierung, nach außen darzustellen. Sie machten es ihren Kritikern leicht, sie als rois-fainéants abzuqualifi­ zieren, als Nichtstuer-Könige.12 Das, was die beiden späten Bourbonen vom Großen König unterschied, waren also Haltung und Haltungsnoten, es war aber auch das geistige Umfeld. Das 18. Jahrhundert war fasziniert von Größe und Genie. Es entdeckte und feierte den „großen Mann“, der sich durch Genie und Tatkraft selbst erhob. Die Größe der Könige, bis dahin selbstverständliches Attribut jeder einigermaßen vorzeigbaren monarchischen Herrschaft, verblasste daneben und geriet allmählich in Zweifel. Zwar war unbestreitbar, dass einzelne Könige sich durchaus als „große Männer“ erwiesen oder erwiesen hatten – Heinrich IV., Friedrich II. von Preußen –, doch machte das die Sache kaum besser. Nun behaupteten weder Ludwig XV. noch Ludwig XVI., große Männer zu sein. Der Erstere verzichtete darauf, den Sieg von Fontenoy für sich selbst zu reklamieren. Der zweite verzichtete ostentativ darauf, sein Porträt in eine Galérie des grands hommes einrücken zu lassen – was wohlberechnet war und Teil des Bescheidenheitsgestus. Doch ergab sich daraus leicht die Frage: Wenn der Monarch nicht groß war, wozu war er dann Monarch? „Deine werten Untertanen verdienen einen König, der sie übertrifft.“ Eine Mahnung, sie war schon an Ludwig XV. ergangen, die ohne Mühe auch zur Schmähung werden konnte.13 Ludwig XIV. war natürlich gleichfalls kein Genie gewesen, bzw. er hatte solches nur sehr eingeschränkt besessen. Seine „eigenen“, authentisch-individuellen Taten kann und konnte 242

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man als solche füglich in Zweifel ziehen. – Doch waren bzw. sind dies eben nachträgliche Zweifel. Zu Zeiten des Sonnen­ königs wurden sie nicht vorgebracht. Noch Voltaires Siècle de Louis XIV benannte zwar etliche Schattenseiten, blieb aber eine Huldigung an den „Großen König“ und eine kaum verbrämte Kritik an dessen Nachfolger.14 Allerdings brachte die Aufklärung auch andere Haltungen zu Ludwig hervor, und diese trugen dann bis zur Revolution und über sie hinweg das ihre dazu bei, dass der Beiname des „Großen“ sich verlor. Ludwigs Größe war eben – anders als etwa die Napoleons – nicht individuell gewesen, nicht erkämpft, sondern im Wesentlichen aus jenem Amt erwachsen, das ihm zugefallen und mit dem er dann verschmolzen war. Das lässt sich immerhin kongenial nennen. Ludwig XIV. hatte, was Haltungen, Normen und Werte angeht, in Übereinstimmung mit seiner Epoche gelebt. Für seine Nachfolger galt das nicht mehr oder doch nicht mehr ausreichend. Und auch die Größe des Sonnenkönigs war nicht mehr die der kommenden Zeiten.

Die Körper des Königs Das Buch Ernst Kantorowiczs über „Die zwei Körper des Königs“ ist für die Beschäftigung mit der europäischen Monarchie der Vormoderne in jeder Hinsicht grundlegend: Der persönliche, physische Körper des Königs – das Individuum – steht neben dem politischen, abstrakten Körper – dem Staat. Blickt man auf die Monarchie Ludwigs XIV., kommt die Anwendungskraft der Analyse freilich an ihre Grenzen. Zum einen hat man es nicht mehr mit dem mittelalterlichen England zu tun, sondern mit dem frühneuzeitlichen Frankreich. Zum anderen aber hat man es mit Ludwig XIV. zu tun und mit seiner „Herstellung“ oder auch Inszenierung, mit seiner Prä243

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senz, geradezu Allgegenwart sowie mit seiner für die Zeitgenossen staunenswerten Performanz.15 Ludwig war präsenter, seinen Untertanen gegenwärtiger als jeder König vor ihm, Heinrich IV. und Franz I. inbegriffen. Er wurde ihnen physisch vertraut durch die monarchische Bildpropaganda wie auch durch die zahllosen Denkmäler, die die Städte Frankreichs markierten. Er war ihnen gegenwärtig natürlich schon durch die schlichte Dauer seiner Regierung oder auch durch die Lasten, die diese verursachte. Alle vier Elemente, Dauer und Gewicht der Herrschaft, Performanz und mediale Präsenz des Herrschers, führten dazu, dass zwischen 1661 und 1715 Ludwig XIV. und der König von Frankreich, der Mensch und das Amt, in eins fielen. Der Mensch Ludwig absorbierte das Amt des Monarchen – oder er ließ sich von diesem absorbieren. Body natural des Monarchen und body politic der Monarchie waren kaum mehr zu trennen. Für die Nachfolger, ihre Repräsentation und Autorität, resultierte daraus das oben beschriebene Problem.16 Diese Interpretation des Verhältnisses von Amt und Person des Monarchen unter und nach Ludwig XIV. lässt sich jedoch auch anders wenden: Ludwig, so kann man argumentieren, hinterließ seinen Nachfolgern nämlich einen dritten Körper des Königs. Neben den natürlichen Körper Ludwigs XV. und den politischen Körper der „Krone Frankreich“ trat eine sehr lebendige Erinnerung an die prägende monarchische Gestalt der Vergangenheit. Das konnte Heinrich IV. sein oder eben Ludwig XIV. Neben ihnen mussten sich die Nachfolger behaupten, was ihnen letztlich nicht gelang. Diese „Erinnerung“ mochte in weiten Teilen konstruiert gewesen sein oder auch erfunden – ideale Herrscher waren weder der erste noch der dritte Bourbone gewesen –, aber sie war da, sehr konkret und unumgehbar. Eine ähnliche Konstellation – Franz I. wäre gleichfalls dafür infrage gekom244

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des ludovizianischen

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men – hatte es in der Vergangenheit noch nicht gegeben. Sie war ein Ergebnis der Medienkultur des späten 17., dann des 18. Jahrhunderts und damit also der „Herstellung“ bzw. der Fortschreibung Ludwigs XIV.17

Das Problem des ludovizianischen Absolutismus Hergestellt mit dem Bild des Königs wurde auch das des königlichen Absolutismus. Besonders Ludwigs publizistische Gegner zeichneten es in kräftigen Farben – d. h. im Wesentlichen in Schwarz. Der König war ihnen ein alles beherrschender ­Tyrann, die Wurzel jeden Übels. Der Realität entsprach das ­natürlich nicht. Die historische Forschung der vergangenen Jahrzehnte hat mit großem Erfolg nach dem „Nicht-Absolutistischen im Absolutismus“ gesucht und ist dabei auch im Frankreich Ludwigs XIV. fündig geworden. Der Begriff selbst wird nachdrücklich infrage gestellt, schon weil er eine Konstruktion des 19. Jahrhunderts ist, vor allem aber, weil er der politischen Wirklichkeit der Frühen Neuzeit nicht gerecht wird, nicht einmal unter dem Sonnenkönig. Konsequenterweise bezieht sich die Ablehnung daher nicht nur auf das Konzept, sondern auch auf den Epochenbegriff.18 Zeitgenössischer Quellenbegriff ist hingegen der der „absoluten Monarchie“ – der, legibus solutus, von positiven Gesetzen gelösten Königsherrschaft. Aus ihm ergab sich in den politischen Debatten des 19. Jahrhunderts der „-ismus“. Der absolute Monarch, ob in Frankreich oder anderswo, war freilich in der politischen Theorie wie auch dann in der Praxis der Frühen Neuzeit niemals so unumschränkt, wie dies die Flugschriftenautoren des Refuge behaupteten und wie es den Historikern des 19. oder auch noch des 20. Jahrhunderts lange scheinen wollte. Ludwig XIV. ist dafür im Grunde genommen sogar das 245

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beste Beispiel: Ihm gelang für die Krone ein gutes Stück Machtausbau und Autoritätsgewinn. Seine Machtmittel – man denke an die Armee – und sein Renommee waren größer als die seiner Vorgänger, Frankreich war genauer erfasst und wurde zielgerichteter regiert. Dennoch blieb die Macht auch des größten unter den absoluten Monarchen relativ, blieb auf Ausgleich und Kompromiss mit anderen Instanzen angewiesen. Vereinzelte Durchsetzungen kontroverser Maßnahmen schloss das ein. Die Grands Jours d’Auvergne etwa können als Beispiel dienen und waren so auch in der Zeit selber gemeint: Die Krone statuierte ein Exempel.19 Ludwigs „Absolutheit“ war insofern ein Postulat. Sie stand für einen Diskurs und theoretischen Anspruch sowie für eine hochgemute Inszenierung monarchischer Herrschaft. Sie stand sehr wohl auch für Machtausbau. Sie stand nicht dafür, dass der Monarch tatsächlich alle anderen Instanzen beseitigt, dass er tatsächlich das ganze Land allein nach seinem Willen regiert und geformt hätte. Das war in der politischen Kultur der Vormoderne weder möglich noch überhaupt vorstellbar. Versteht man den „Absolutismus“ also im modernen Sinne wörtlich, losgelöst vom Sprachgebrauch und von der politischen Praxis der Frühen Neuzeit, schafft der Begriff wohl in der Tat mehr Verwirrung als Klarheit. Freilich gilt das für die vorgeschlagenen Alternativen – Ancien Régime, Barock … – nicht minder: Das 17. Jahrhundert fühlte sich in keiner Weise ancien und der (französische) baroque endete mit Ludwig XIII. oder Gaston von Orléans. Danach begann die Klassik. Dass nun die absolute Monarchie trotz aller Relativierung eine der wichtigsten Signaturen der Zeit zwischen Richelieu und Robes­pierre darstellt, unterliegt gar keinem Zweifel. Es zeigt sich freilich, dass man durchaus von ihrem herausragendsten Vertreter handeln kann – also von Ludwig XIV. –, ohne dabei den „Absolutismus“ sonderlich zu bemühen.20 246

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das , was bleibt

Ludwig heute – Oder das, was bleibt Was bleibt nun vom „Großen König“? Natürlich bleibt die steinerne Hinterlassenschaft: Schlösser und Denkmäler – Letztere, soweit sie überlebten oder wieder aufgerichtet wurden. Oder auch die „gemalte“, also Hunderte von Gemälden, die den siegreichen, heroischen Herrscher „ins rechte Bild“ setzten. – Insgesamt bleibt wohl weiterhin vor allem das Bild eines Monarchen, der zeit seiner langen Regierung Amt und Person in einer Weise miteinander verschmolz, die die Zeitgenossen in ihren Bann zog, die ihr Verständnis vom Königtum und selbst noch das der Nachlebenden dauerhaft prägte. So dauerhaft, dass dies für die Nachfolger zum Problem wurde. Ludwig XV. oder Ludwig XVI. passten weder die Schuhe noch der Marschallsrock oder der Kürass des „Großen Königs“. Es blieben (und bleiben) natürlich die territorialen Erwerbungen, die bereits auf die heutige Gestalt des Landes verwiesen, das viel zitierte hexagone. Allerdings war das letztlich ein Zufallsergebnis bzw. eines, das sich nur aus der Rückschau, in der das Hexagon tatsächlich quasi als die naturgegebene Gestalt Frankreichs genommen wird, so konstruieren lässt. Die Integration der neu erworbenen Provinzen gelang, da diese zum einen nicht übergroß waren, und da ihnen, zum anderen, die auch in diesem Fall nicht gar so absolute Monarchie Ludwigs XIV. hinreichende lokale oder regionale Autonomie beließ. Im Elsass tolerierte der König sogar den Protestantismus.21 Zwar gab es also in Frankreich bei Ludwigs Tod ein im zeitgenössischen Vergleich beachtliches Maß an politischer Zentralisierung, doch blieb diese letztlich immer noch bescheiden und wenig planvoll. Der heutige französische Zen­ tralstaat ist also eine Schöpfung der Revolution, Napoleons und des 19. Jahrhunderts, nicht Ludwigs XIV. 247

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Von den territorialen Erwerbungen zu trennen, aber keinesfalls zu vergessen, ist der dynastische Erfolg – die Übernahme des spanischen Thrones durch das Bourbonenhaus. Frankreich als Staat hatte davon geringen Nutzen, doch es erhöhte den Rang der Dynastie. Das ist heutzutage nicht mehr der Fall – französische und spanische Bourbonen sind zerstritten – und auch ohne Belang, doch in Madrid „herrscht“ noch immer ein Nachkomme Ludwigs, des roi-soleil, der, wie es im Herbst 1700 einen Moment lang schien, die Pyrenäen eingeebnet hatte … Es bleibt damit natürlich auch die kriegerische Politik Ludwigs als eine wichtige Etappe in der Entwicklung der europäischen Staatengemeinschaft bzw., wohl richtiger gesagt, der Staatenkonkurrenz. Gerade weil die französische Hegemonie Episode blieb – nicht einmal das spanische Erbe hatte das ändern können –, wurde klar, zum wiederholten, aber keineswegs zum letzten Mal, dass Europa nicht zu einem einigen Kraftfeld werden, sondern vielfältig bleiben sollte. Auch die französische Kulturdominanz im Übrigen war letztlich in Zeit, Raum und Intensität relativ. Es bleibt aber natürlich gerade ein kulturelles Erbe, das nach wie vor lebendig ist: Die Autoren des „Großen Jahrhunderts“ gehören weiterhin zum Kanon der französischen Literatur und also der Lektüre. Sie sind daraus nicht wegzudenken. Und wer Molière, Corneille, Racine sagt, denkt dann nach wie vor auch an den königlichen Auftraggeber. Aber Ludwig XIV. gehört eben auch selbst zum „Kanon“. Das historische Bewusstsein Frankreichs, das Selbstgefühl des Landes, kommt ohne ihn nicht aus. Das heißt keineswegs, dass man sich weiterhin kritiklos mit ihm identifiziert. Aber es heißt, dass man sich Frankreich ohne ihn auch in seiner heutigen Gestalt nicht ­vorstellen kann. Nach Jacob Burckhardt machte bekanntlich gerade das historische Größe aus.22 Diese Größe Ludwigs oder doch die zentrale Bedeutung, die er in der französischen Ge248

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schichte wie im Geschichtsbild besitzt, schlägt sich nieder etwa in unzähligen wissenschaftlichen oder aber erzählenden Veröffentlichungen: Es wird nur wenige französische Historiker des Grand Siècle geben, die noch nicht „ihren“ Louis XIV publiziert haben oder im Begriff sind, das zu tun. Der Markt dafür ist offenkundig vorhanden. Und es gibt neben dem gedruckten natürlich auch den verfilmten König. Ludwig ist über die vergangenen Jahrzehnte cineastisch weniger präsent gewesen als seine beiden Nachfolger (oder die Ehefrau des zweiten Nachfolgers). Aber seine Präsenz ist doch unübersehbar, sei es in den Hauptrollen von Benoît Magimel (Le roi danse, 2000) oder Alan Rickman (A Little Chaos, 2014), sei es als Hintergrund­ figur, auf die das ganze Geschehen ausgerichtet ist, wie in ­Roland Joffés „Vatel“ (2000).23 Nicht zuletzt aber in der politischen Alltagskultur des gegenwärtigen Frankreich hat Ludwig XIV. weiterhin seinen Platz. Die offiziellen Amtsfotografien des Staatspräsidenten zitieren im Grunde nach wie vor das klassische Staatsporträt Rigauds und den roi en majesté. Unter de Gaulle, dem ersten Präsidenten der V. Republik, war das geradezu überdeutlich; seitdem schwächt es sich ab, bleibt aber gerade durch Abweichung dem Muster verpflichtet. De Gaulles Selbstinszenierung machte im Übrigen noch weitere bewusste Anleihen beim Grand Siècle und beim Großen König, etwa bei Staatsempfängen und -zeremonien, u. a. etwa in Versailles.24 Doch die Parallele wirkt auch in anderer Hinsicht: Mit Sorgfalt und Ausdauer werden die französischen Präsidenten seit 1958 karikiert als Wiedergänger entweder Ludwigs XIV. – als solcher galt und gilt natürlich gerade Charles de Gaulle – oder aber seiner „kleinen“ Nachfolger. Das letztere Schicksal traf bzw. trifft nahezu zwangsläufig fast alle weiteren Inhaber des höchsten Staatsamtes, in besonderer Weise aber wohl Louis XV-Giscard und nunmehr Louis XVI-Hollande.25 Ziel bei alldem war oder ist es im Zweifel 249

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Charles de Gaulle als Ludwig XIV., auf dem Thron sitzend, „en habit de sacre“. Im Hintergrund Yvonne de Gaulle als Madame de Maintenon. Auf den Knien des „Königs“ sitzt Henri d’Orléans, Comte de Paris, der bourbonische Thronprätendent, mit einem Fläschchen Salböl in der Hand. Ironisiert wird sowohl das monarchische Gebaren des Präsidenten als auch sein ambivalentes Verhältnis zum Bourbonenspross, das zwischen royalistischer Ehrerbietung und royaler Herablassung schwankte. Karikatur von Roland Moisan, 1961.

250

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­ eiterhin, übertriebene, groteske Ansprüche und Attitüden zu w kritisieren oder aber Schwäche und Erfolglosigkeit zu denunzieren. Pompidou fügte sich nur bedingt in das Muster, ist aber ohnehin eher vergessen. Mitterand und Sarkozy wiederum kam eine Sonderstellung zu. An Attitüden und Grotesken standen sie de Gaulle nicht nach. Doch wurde Mitterand häufiger als Napoleon gezeichnet, Sarkozy ganz überwiegend. Auch sie kamen freilich nicht davon, ohne dass ihnen Ludwigs Allongeperücke übergestülpt worden wäre. Im Falle Mitterands lag das auch durchaus nahe – keiner der bisherigen Präsidenten nach de Gaulle war in Auftreten und Selbstgefühl monarchischer als der erste Sozialist im Elysée. (De Gaulle wiederum war im Übrigen auch als Napoleon abgebildet worden.) Im Falle Sarkozys lag die Stilisierung zum Sonnenkönig demgegenüber deutlich ferner, was sich nicht nur aus der Körpergröße, sondern auch aus dem persönlichen Habitus ergab. Sarkozys Louis XIV-Karikaturen zielen daher zum einen auf die darstellerische Diskrepanz – zwischen dem Petit Nic’ und dem Grand Charles (de Gaulle) liegen Welten –, zum anderen auf seinen „hyperpräsidentiellen“ Regierungsstil, der autoritären Interventionismus mit medialer Dauerpräsenz verband. Das schien Journalisten auf Ludwig XIV. zu verweisen. Im Hinblick auf die Medienpräsenz hatte das durchaus einiges für sich, im Hinblick auf politische Hyperaktivität und sprunghafte Interventionen aber deutlich weniger – hier zeigte sich vor allem das Fortwirken des Absolutismus-Klischees.26 Auch die Karikaturen, das Verteilen schlechter Haltungs­ noten an „Hyper-“ (Sarkozy) oder „normale“ (Hollande) Präsidenten, zeigen jedoch, dass es in der französischen Öffentlichkeit nach wie vor eine bestimmte Erwartung an die Statur des Staatsoberhaupts gibt, den Chef de l’État, die über den Tag und die Tagespolitik weit hinausgeht. Frankreich, das ist zumindest unter den Eliten weiterhin eine verbreitete Anschauung, hat 251

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einen Platz in der Welt, der nicht der geringste ist. Und der Staatschef sollte diesem Rang entsprechen und ihm Ausdruck geben. Das ist wiederum nicht der geringste Teil seines Amtes. Man kann dahinter durchaus einen nach wie vor bestehenden Wunsch nach Größe erkennen und eine Überzeugung von Frankreichs „Mission“. De Gaulle und Napoleon, die Revolution und die Aufklärung haben daran ihren Anteil. Aber es ist keine Frage, auf wen das wirklich zurückgeht.27

252

K arte

Frankreich im Zeitalter Ludwig XIV. 1661–1715 Erwerbungen im 1. Eroberungskrieg 1667/68 (Friede von Aachen 1668) Erwerbungen im 2. Eroberungskrieg 1672–1678 (Friede von Nimwegen) Erwerbungen im 3. Eroberungskrieg und Reunionspolitik (Friede von Rijswijk 1697) Lothringen und Bar 1670 –1697 fr. besetzt Grenze Frankreichs 1714 Grenze Frankreichs seit der Machtübernahme der Bourbonen 1589 Artois Schlacht im span. Erbfolgekrieg 1701–1714 Amiens Sitz von Intendanten

Vereinigte Niederlande Amsterdam Rijswijk Rh

Deutsches Reich

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100

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Dank Am Ende des Buches steht der Dank an jene, die an seiner Entstehung beteiligt waren. Dazu gehören Michael North und Volker Reinhard als Mitherausgeber der „Historischen Biografien“, die das Projekt angeregt haben. Dazu gehört auch Daniel Zimmermann, der es als Lektor betreut, seinen säumiogen Autor aufgemuntert und nicht mehr vom Haken gelassen hat. Dazu gehören aber auch die Kollegen Rainer Babel, Horst Carl und Gerrit Walther, die Teile des Manuskripts gelesen haben; Johannes Arndt, in freundschaftlicher Verbundenheit, hat sich gar des ganzen Textes angenommen und viele wichtige Hinweise gegeben. Zu nennen ist auch das Deutsche Historische Institut Paris, das im Rahmen seines Fellow-Programms den Autor wiederholt beherbergte und so die Basis für Recherchen in den einschlägigen Bibliotheken bot. – Meine Familie schließlich musste allzu lange mit einem papierenen Gast leben und (immerhin handelte es sich um den „Größten König der Welt“) dessen nicht eben geringe Ansprüche ertragen. Für Hilfe, Rat, Verständnis sei ihnen allen hier herzlich gedankt. Grenoble im Frühjahr 2015

254

Martin Wrede

Anmerkungen Einleitung 1 Gérard Sabatier, Louis XIV et le cinéma: métamorphoses d’un imaginaire monarchique, in: Mathieu Da Vinha u. a. (Hg.), Louis XIV. L’image et le mythe, Rennes/Versailles 2014, S. 325–337; Godehard Janzing, Le pouvoir en main. Le bâton de commandement dans l’image du souve­ rain à l’aube des temps modernes, in: Thomas Gaehtgens/Nicole Hochner (Hg.), L’image du roi de François Ier à Louis XIV, Paris 2006, S. 245–280. 2 Vgl. Louis Marin, Le portrait du roi, Paris 1981. 3 Vgl. hierzu bereits Martin Wrede (Hg.), Die Inszenierung der heroischen Monarchie. Frühneuzeitliches Königtum zwischen ritterlichem Erbe und militärischer Herausforderung, München 2014 (bes. die Einleitung des Hgs.). 4 Norbert Elias, Die höfische Gesellschaft. Untersuchungen zur Soziologie des Königtums und der höfischen Aristokratie, 7. Aufl. Frankfurt a. M. 1994; Leonhard Horowski, Die Belagerung des Thrones. Machtstrukturen und Karrieremechanismen am Hof von Frankreich 1661–1789, Ostfildern 2012. Vgl. auch Claudia Opitz (Hg.), Höfische Gesellschaft und Zivilisationsprozess. Norbert Elias’ Werk in kulturwissenschaftlicher Perspektive, Köln u. a. 2005. 5 Lucien Bély, Louis XIV. Le plus grand roi du monde, Paris 2005. 6 Siehe etwa Da Vinha u. a. (Hg.), Louis XIV, S. 7–18 (Introduction). 7 Hier benutzte Ausg.: Louis de Rouvroy, duc de Saint-Simon, Mémoires, hg. von Yves Coirault, 8 Bde. Paris 1983–1996. Siehe auch: Ders., Traités politiques et autres écrits, hg. von Yves Coirault, Paris 1996. 8 Louis-François du Bouchet, marquis de Sourches, Mémoires du marquis de Sourches sur le règne de Louis XIV, hg. von G.-J. de Cosnac/ A. Bertrand, 13 Bde. Paris 1882–1893. 9 Philipp de Courcillon, marquis de Dangeau, Journal du marquis de Dangeau, avec les additions inédites du duc de Saint-Simon, hg. von E. Soulié u. a., 19 Bde. Paris 1854–1860. 10 Ézéchiel Spanheim, Relation de la cour de France en 1690. Nouvelle édition, établie sur les manuscrits originaux de Berlin …, hg. von Émile Bourgeois, Paris/Lyon 1900. 11 Dirk Van der Cruysse, Madame sein ist ein ellendes Handwerck. Liselotte von der Pfalz, eine deutsche Prinzessin am Hofe des Sonnenkönigs, 3. Aufl. München/Zürich 1995. Dort auch zu den Ausgaben. Vgl. auch ders., Saint-Simon et Madame Palatine, in: Francia 14 (1986), S. 245–261.

255

A nmerkungen

12 Benutzte Ausg.: Louis XIV, Mémoires pour l’instruction du dauphin, hg. von Pierre Goubert, Paris 1992.

I. Wachsen mit den Aufgaben – Die Jugend des Königs Louis XIV 1 Jean-Christian Petitfils, Louis XIV, Paris 2008 (EA 1995), S. 24f.; Bély, Louis XIV, S. 7. 2 Petitfils, Louis XIV, S. 25. 3 Claude Schopp, L’enfant du miracle. Genèse d’une œuvre, in: Olivier Renaudau (Hg.), Mousquetaires! (Ausstellungskatalog), Paris 2014, S. 37–44. 4 Petitfils, Louis XIV, S. 23. 5 Jean-Marie Constant, Gaston d’Orléans. Prince de la liberté, Paris 2013; Pierre Gatulle, Gaston d’Orléans. Entre mécénat et impatience du pouvoir, Seyssel 2012, bes. S. 219–288. 6 Mathieu Da Vinha, Le Versailles de Louis XIV, Paris 2009; Katharina Krause, Versailles als Monument Ludwigs XIV., in: Christoph Kampmann u. a. (Hg.), Bourbon – Habsburg – Oranien. Konkurrierende Modelle im dynastischen Europa um 1700, Köln/Weimar/Wien 2008, S. 85–95. 7 Fanny Cosandey, La reine de France. Symbole et pouvoir, Paris 2000; Ruth Kleinman, Anne d’Autriche, Paris 1993 (Orig.: Anne of Austria. Queen of France, Columbus 1985); Chantal Grell (Hg.), Anne d’Autriche. Infante d’Espagne et reine de France, Paris u. a. 2009. 8 Jean-François Dubost, Anne d’Autriche, reine de France: mise en perspective et bilan politique du règne, in: Grell, Anne d’Autriche, S. 41−109, hier 51 u. 69. 9 Kleinman, Anne d’Autriche, S. 122, Petitfils, Louis XIV, S. 22. 10 Paolo Bassani Pacht u. a. (Hg.), Marie de Médicis. Un gouvernement par les arts (Ausstellungskatalog), Paris 2004; Françoise Graziani/Francesco Solinas (Hg.), Le „Siècle de Marie de Médicis“, Turin 2003. 11 Laurent Vissière, Sans poinct sortie hors de l’ornière. Louis II de La Trémoïlle, 1460–1525, Paris 2008, S. 139f.; zur entsprechenden Selbstinszenierung des ritterlichen, großmütigen, väterlichen Königs: Nicole Hochner, Louis XII. Les dérèglements de l’image royale, Seyssel 2006. 12 Françoise Hildesheimer, La double mort du roi Louis XIII, Paris 2007, S. 23–28. 13 Sarah Hanley, The lit de justice of the Kings of France. Constitutional Ideology in Legend, Ritual, and Discourse, Princeton, N.J. 1983 (franz. Übers. Paris 1991). 14 Jean Meyer, L’éducation des princes du XVe au XIXe siècle, Paris 2004, S. 31–37. Siehe auch im Sbd. von Ran Halévi (Hg.), Le savoir du prince

256

A nmerkungen

du Moyen Age aux Lumières, Paris 2002, die instruktiven Beiträge von Joël Cornette und Hervé Drévillon. 15 Saint-Simon, Mémoires, Bd. V, S. 982 (Übers. vom Verf.). 16 Olivier Chaline, Le règne de Louis XIV, 2 Bde., Paris 2009 (EA 2005), Bd. 1, S. 29; Thierry Sarmant, Louis XIV. Homme et roi, Paris 2012, S. 549f. Vgl. Jean-Baptiste Primi Visconti, Mémoires sur la cour de Louis XIV, hg. von Jean-François Solnon, Paris 1988, S. 108. 17 Friedrich Edelmayer, Philipp II. Die Biographie eines Weltherrschers, Stuttgart 2009; Petitfils, Louis XIV, S. 43f. 18 Stanis Perez, La santé de Louis XIV. Une biohistoire du roi-soleil, Seyssel 2007. Dort auch zu den o.g. Kinderkrankheiten. 19 Joël Cornette, Le savoir des enfants du roi sous la monarchie absolue, in: Halévi, Le savoir, S. 111–145, hier 137f. 20 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 33. 21 François-Joseph Ruggiu, Un événement de la Fronde? La mort de Charles Ier d’Angleterre dans les écrits du for privé français, in: JeanPierre Bardet u. a. (Hg.), Les écrits du for privé en Europe du Moyen Âge à l’époque contemporaine, Pessac 2010, S. 535–554; Stéphane Haffemayer, La mort de Charles Ier Stuart dans la culture politique française au XVIIe siècle, in: XVIIe siècle 257, 2012/4, S. 605–625. 22 Michel Pernot, La Fronde, Paris 1994; Orest Ranum, The Fronde. A French Revolution, 1648–1652, New York 1993. Zur Steuerlast Françoise Bayard, Le monde des financiers au XVIIe siècle, Paris 1988, S. 28–44, hier 41. 23 Pernot, La Fronde, S. 83–96. 24 Bernard Pujo, Le Grand Condé, Paris 1995; Katia Béguin, Les princes de Condé. Rebelles, courtisans et mécènes dans la France du Grand Siècle, Seyssel 1999. 25 Der Knabe war nach der Geburt notgetauft worden, die eigentliche Taufe erfolgte erst 1643, wenige Wochen vor dem Tod des Königs. Zur Taufe Hildesheimer, La double mort, S. 183–193. 26 Jean-Marie Constant, Les conjurateurs. Le premier libéralisme politique sous Richelieu, Paris 1987; Hélène Fernandez-Lacôte, Les procès du cardinal de Richelieu. Droit, grâce et politique sous Louis le Juste, Seyssel 2010. Zum Favoriten grundsätzlich Werner Paravicini/Jan Hirschbiegel (Hg.), Der Fall des Günstlings. Hofparteien in Europa vom 13. bis zum 17. Jahrhundert, Ostfildern 2004; John H. Elliott/Lawrence B. Brockliss (Hg.), The World of the Favourite, New Haven, London 1999. 27 Zu den Mazarinaden Christian Jouhaud, Mazarinades. La Fronde des mots, Paris 1985; Hubert Carrier, Les muses guerrières. Les Mazarinades et la vie littéraire au milieu du XVIIe siècle, Paris 1996. 28 Pernot, La Fronde, S. 321f.

257

A nmerkungen

29 Petitfils, Louis XIV, S. 130–133; Bartolomé Benassar/Bernard Vincent, Spanien im 16. und 17. Jahrhundert, Stuttgart 1999 (franz. Orig. Paris 1999), S. 160–162. 30 Klaus Malettke, Hegemonie, multipolares System, Gleichgewicht. Internationale Beziehungen 1648/1659–1713/1714, Paderborn u. a. 2012, S. 283–289; ders., Die Bourbonen, Bd. 1, Von Heinrich IV. bis Ludwig XIV., Stuttgart 2008, S. 158–160. 31 Heinz Duchhardt (Hg.), Der Pyrenäenfriede 1659. Vorgeschichte, Widerhall, Rezeptionsgeschichte, Göttingen 2010. – Die Grenzziehung wurde 1868 abgeschlossen. Peter Sahlins, Boundaries. The Making of France and Spain in the Pyrenées, Berkeley, Cal./Oxford 1989. 32 Bély, Louis XIV, S. 53–55; Malettke, Die Bourbonen, Bd. 1, S. 161f. 33 Lothar Schilling, Das Jahrhundert Ludwigs XIV. Frankreich im Grand Siècle, 1598–1715, Darmstadt 2010, S. 91. 34 Charles Perrault, Ode au Roi sur la Naissance de Monseigneur le Dauphin, in: ders., Recueil de divers ouvrages en prose et en vers, 2. Aufl. Paris: Coignard 1676, S. 173–178. 35 Ronald G. Asch, Sacral Kingship between Disenchantment and Re-Enchantment. The French and English Monarchies 1587–1688, New York/ Oxford 2014, S. 98–101. 36 Dubost, Anne d’Autriche, S. 47, 67, 99–101. 37 Ebd., S. 101–103. 38 Thierry Sarmant/Matthieu Stoll, Régner et gouverner. Louis XIV et ses ministres, Paris 2010, S. 63f. 39 Ebd.; Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 104–110. 40 Jean-Christian Petitfils, Fouquet, Paris 1998; Christian Howald, Der Fall Nicolas Fouquet. Mäzenatentum als Mittel der politischen Selbstdarstellung 1653–1661, München 2011 (bes. zu Vaux-le-Vicomte). 41 Daniel Dessert, Colbert ou Le serpent venimeux, Paris 2000. 42 Malettke, Die Bourbonen, Bd. 1, S. 182f. Zur Finanzverfassung MarieLaure Legay, La banqueroute de l’état royal. La gestion des finances publiques de Colbert à la Révolution française, Paris 2011. 43 Daniel Dessert, Le royaume de Monsieur Colbert, 1661–1682, Paris 2007. Zur Clanbildung und Machtverteilung Horowski, Die Belagerung, S. 267–277.

II. Wege zum frühen Ruhm − Krieg und Politik bis zum Nimweger Frieden 1 Zitiert wird nach der Ausgabe Paris 1993 (Hachette, Collection Pluriel). Deutsche Übersetzung: Ludwig XIV. und zwanzig Millionen Franzosen, Berlin 1973.

258

A nmerkungen

2 Goubert, Louis XIV, S. 43–61; Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 262–269. 3 Michel Nassiet, La France au XVIIe siècle, Paris 2006, S. 155–161. 4 Michel Figeac, Les noblesses en France. Du XVIe au milieu du XIXe siècle, Paris 2013, S. 206–236. 5 Anette Smedley-Weill, Les intendants de Louis XIV, Paris 1995. 6 Legay, La banqueroute, S. 41–82; Michel Antoine, Le cœur de l’état. Sur­ intendance, contrôle général et intendances des finances, 1552–1791, Paris 2003, S. 239–285. 7 Wolfgang Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 1999, S. 325–328. 8 Simon Schama, The Embarassment of Riches. An Interpretation of Dutch Culture in the Golden Age, London 1991 (EA 1987); Henri Méchoulan, Das Geld und die Freiheit. Amsterdam im 17. Jahrhundert, Stuttgart 1992 (franz. Orig. 1990). 9 Karl Otmar von Aretin, Das Alte Reich, 1648–1806, 3 Bde., Stuttgart 1993–1997, Bd. 1, S. 190–197. 10 Anton Schindling, Der erste Rheinbund und das Reich, in: Volker Press (Hg.), Alternativen zur Reichsverfassung in der Frühen Neuzeit?, München 1995, S.123–129; Horst Carl, Einungen und Bünde, in: Stephan Wendehorst/Siegrid Westphal (Hg.), Lesebuch Altes Reich, München 2006, S. 101–106; Frank Göttman, Die Bünde und ihre Räume, in: Recht und Reich im Zeitalter der Reformation. Festschrift für Horst Rabe, hg. von Christine Roll/Bettina Braun, 2. Aufl. Frankfurt a. M. 1997, S. 441–469. 11 Überblick bei Aretin, Das Alte Reich, Bd. 1, S. 197–200; im Detail Klaus Malettke, Les relations entre la France et le Saint-Empire au XVIIe siècle, Paris 2001, S. 230–257. Zitat: Deß Aller-Christlichsten Königs Friedhaltendes Gemüth mit den Ständen deß Teutschen Reiches, o.O. 1662, S. 6. 12 Aretin, Das Alte Reich, Bd. 1, S. 219–225; Martin Wrede, Das Reich und seine Feinde. Politische Feindbilder in der reichspatriotischen Publizistik zwischen Westfälischem Frieden und Siebenjährigem Krieg, Mainz 2004, S. 125–135. 13 Martin Wrede, Türkenkrieger, Türkensieger. Leopold I. und Ludwig XIV. als Retter und Ritter der Christenheit, in: Kampmann u. a. (Hg.), Bourbon – Habsburg – Oranien, S. 149–165; Gérard Sabatier, Versailles ou la figure du roi, Paris 1999, S. 128, 143f., 314f. u. 400. 14 Louis XIV, Mémoires, S. 74–76. 15 Vgl. John A. Lynn, A Quest for Glory. The Formation of Strategy under Louis XIV, in: Williamson Murray u.a ( Hg.) , The Making of Strategy. Rulers, States, and War, Cambridge 1994, S. 178-204, hier 186. Zit. nach: Ernest Lavisse, Histoire de France depuis les origines jusqu’à la Révolution, Paris 1983 (EA 1906), Bd. 8/2, S. 98.

259

A nmerkungen

16 John A. Lynn, Giant of the Grand Siècle. The French Army, 1610–1715, Cambridge 1997. 17 „La guerre, quand elle est nécessaire, est une justice non seulement permise, mais commandée aux rois.“ Louis XIV, Mémoires, S. 105. 18 Markus Baumanns, Das publizistische Werk des kaiserlichen Diplomaten Franz Paul Freiherr von Lisola, 1613–1674. Ein Beitrag zum Verhältnis von absolutistischem Staat, Öffentlichkeit und Mächtepolitik in der frühen Neuzeit, Berlin 1994, S. 179–186. 19 Louis XIV, Mémoires, S. 71. 20 John A. Lynn, Les guerres de Louis XIV, 1667–1714, Paris 2010 (engl. Orig. 1999), S. 118–125; Charles-Édouard Levillain, Vaincre Louis XIV. Angleterre – Hollande – France. Histoire d’une relation triangulaire 1665–1688, Seyssel 2010. Auch zum Folgenden. 21 François Bluche, Dictionnaire du Grand Siècle, Paris 2005 (EA 1990), Art. „ennemi héréditaire“, S. 537. 22 Louis XIV, Mémoires, S. 49. 23 Paul Sonnino, Louis XIV and the Origins of the Dutch War, Cambridge u. a. 2002 (EA 1988). 24 Siehe allgemein Michael Busch, Art. „Subsidien“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, hg. von Friedrich Jäger u. a., 16 Bde., Stuttgart 2005–2012, Bd. 12, Sp. 1210–1212; beispielhaft zu Funktion und Bedeutung im deutsch-französischen Kontext des 18. Jahrhunderts Peter Claus Hartmann, Geld als Instrument europäischer Machtpolitik im Zeitalter des Merkantilismus. Studien zu den finanziellen und politischen Beziehungen der Wittelsbacher Territorien Kurbayern, Kurpfalz und Kurköln mit Frankreich und dem Kaiser von 1715 bis 1740, München 1978. 25 Zahlen: Lynn, Les guerres, S. 123f.; Bély, Louis XIV, S. 105. 26 Lynn, Les guerres, S. 95–117; Daniel Dessert, La Royale. Vaisseaux et marins du roi-soleil, Paris 1996. 27 Jonathan I. Israel, The Dutch Republic. Its Rise, Greatness, and Fall, 1477–1806, Oxford/New York 1998 (EA 1995), S. 796–806. Auch zum Folgenden. 28 Zur niederländischen Staatsfinanzierung: Marjolein C. ’t Hart, The Dutch Wars of Independence. Warfare and Commerce in the Netherlands 1570–1680, London, New York 2014. 29 Aretin, Das Alte Reich, Bd. 1, S. 237–265; Georg Schmidt, Geschichte des Alten Reiches. Staat und Nation in der Frühen Neuzeit, 1495–1806, München 1999, S. 216–227. 30 Levillain, Vaincre Louis XIV, S. 203–227. – Der Rheinbund war auf begrenzte Zeit geschlossen worden. Parallel zum Devolutionskrieg kam dann eine Verlängerung nicht mehr zustande. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 1, S. 238f. Im Detail Malettke, Les relations, S. 314–346. 31 Wrede, Das Reich, S. 399f.

260

A nmerkungen

32 Zu Ereignis und Überformung Peter-Michael Hahn, Dynastische Selbstdarstellung und Militärmacht. Kriegerische Symbolik als höfische Zeichensprache in Brandenburg-Preußen im 17. Jahrhundert, in: Ronald G. Asch/Martin Wrede (Hg.), Frieden und Krieg in der Frühen Neuzeit. Die europäische Staatenordnung und die außereuropäische Welt, München 2001, S. 115–138, bes. 135–137. 33 Aretin, Das Alte Reich, S. 265–271; Malettke, Hegemonie, S. 367–377. 34 Kritisches Resümee der französischen Politik bei Sarmant, Louis XIV, S. 227f. 35 Wrede, Das Reich, S. 474–483. Zur umstrittenen „Schiedsrichter-Position“ im Staatengefüge Christoph Kampmann, Arbiter und Friedensstiftung. Die Auseinandersetzung um den politischen Schiedsrichter im Europa der Frühen Neuzeit, Paderborn u. a. 2001, S. 220–237.

III. Krieger, Kriegsherr, Schlachtenbummler – Ludwig XIV. im Felde 1 Lynn, Les guerres, S. 9. Zum Staatsporträt Kirsten Ahrens, Hyazinthe Rigauds Staatsporträt Ludwigs XIV. Typologische und ikonologische Untersuchungen zur politischen Aussage des Bildnisses von 1701, Worms 1990. 2 Medailles sur les principaux evenements du regne de Louis le Grand avec des expliquations historiques. Par l’Académie Royale des Médailles et des Inscriptions. Paris 1702, S. 85. 3 Frédéric Lacaille (Hg.), Peintures murales aux Invalides. L’œuvre révélé de Joseph Parrocel, Dijon 2005; Isabelle Richefort, Adam-François van der Meulen. Peintre flamand au service de Louis XIV, Antwerpen 2004; Michel Martin, Les monuments équestres de Louis XIV. Une grande entreprise de propagande monarchique, Paris 1986. 4 Stéphane Castelluccio, Les carrousels en France du XVIe au XVIIe siècle. Paris 2002, S. 146–169. 5 Mark Bannister, Condé in Context. Ideological Change in SeventeenthCentury France. Oxford 2000, S. 189–191; Thomas Kirchner, Der epische Held. Historienmalerei und Kunstpolitik im Frankreich des 17. Jahrhunderts, München 2001; ders., „Les reines de Perse aux pieds d’Alexandre“, de Charles Le Brun, Paris 2013, S. 64–73, 108–117. 6 Michel Hanotaux, Le programme iconographique du réfectoire, in: Lacaille (Hg.), Peintures murales, S. 166–229, hier 214f. 7 Peter Burke, Ludwig XIV. Die Inszenierung des Sonnenkönigs. Berlin 1993. 8 Bély, Louis XIV, S. 132. 9 Martin Wrede, Einleitung: Die Inszenierung der mehr oder weniger heroischen Monarchie. Zu Rittern und Feldherren, Kriegsherren und

261

A nmerkungen

Schauspielern, in: ders. (Hg.), Die Inszenierung der heroischen Monarchie, S. 8–39. 10 Stig Förster u. a. (Hg.), Kriegsherren der Weltgeschichte. München 2006, S. 7–17 (Einleitung); Joël Cornette, Le roi de guerre. Essai sur la souveraineté dans la France du Grand Siècle. Paris 2000 (EA 1993). 11 Holger Afflerbach, Die Kunst der Niederlage. Eine Geschichte der Kapitulation, München 2013. 12 Michèle Virol, Vauban. De la gloire du roi au service de l’état, Seyssel 2003, S. 71–92. Kritisch zu Ludwigs Rolle im Felde: Sarmant, Louis XIV, S. 221–229. 13 Zum Rheinübergang Lynn, Les guerres, S. 126f. Angeführte Quelle: Henri-Charles de La Trémoïlle an Louis II de Bourbon-Condé, 04/07/1672, Archives du château de Chantilly, P XXXIX, fol. 230f. 14 Louis de Rouvroy, duc de Saint-Simon, Mémoires, hg. von Yves Coirault, Bd. 1, Paris 1983, S. 89. Vgl. Jean-Philippe Cénat, Le roi stratège. Louis XIV et la direction de la guerre, 1661–1715. Rennes 2010, S. 30; Cornette, Le roi de guerre, S. 204–207. 15 Eine weitere Variante zeigt den König wiederum in voller Rüstung, aber ohne Kriegsgeschehen im Hintergrund und insofern noch deutlicher „im Kabinett“. 16 Cénat, Le roi stratège, S. 148–155, 162, 173. 17 Saint-Simon, Mémoires, Bd. 1, S. 90. 18 Cénat, Le roi stratège, S. 32–38. 19 Martin Wrede, Ohne Furcht und Tadel – Für König und Vaterland. Frühneuzeitlicher Hochadel zwischen Familienehre, Ritterideal und Fürstendienst, Ostfildern 2012, S. 284–288. 20 Zur Einschätzung Napoleons Anne de Chefdebien u. a., Ordres et décorations en France, Paris 2006, S. 40. 21 Burke, Ludwig XIV., S. 153–160. 22 „La véritable gloire ne vole point comme le papillon; elle ne s’acquiert que par des actions réelles et solides.“ Vauban, Pensées d’un homme qui n’avoit pas grand’chose à faire, in: Albert de Rochas d’Aiglun, Vauban, sa famille et ses écrits, ses „oisivetés“ et sa correspondance, 2 Bde., Paris 1910, Bd. 1, S. 615–631, hier 627. 23 Burke, Ludwig XIV., S. 137–148; Rochelle Ziskin, The Place de Nos Conquêtes and the Unraveling of the Myth of Louis XIV, in: The Art Bulletin 76, 1994, S. 147–162.

IV. An der Arbeit – Regierung, Verwaltung und Reformen 1 Kleinman, Anne d’Autriche, S. 490f. – Zum Beginn von Ludwigs Alleinregierung und zum Sturz Fouquets siehe Kap. 2.

262

A nmerkungen

2 3 4 5

Sarmant/Stoll, Régner, S. 147. Antoine, Le coeur de l’état, S. 295 u. 303. Dessert, Le royaume, S. 286; Sarmant/Stoll, Régner, S. 155. Dessert, Colbert, S. 96, ders., Le royaume, S. 103f. u. 287; Jean Villain, La fortune de Colbert, Paris 1994. 6 François Bluche/Jean-François Solnon, La véritable hiérarchie sociale de l’ancienne France. Le tarif de la première capitation (1695), 2. Aufl. Genf 1995, S. 35. 7 Wolfgang Reinhard, Kriegsstaat, Steuerstaat, Machtstaat, in: Asch/ Duchhardt (Hg.), Der Absolutismus – ein Mythos?, S. 277–310, hier 287. 8 Dessert, Le royaume, S. 103; Antoine, Le cœur de l’état, S. 291, 303 u. 319. Vgl. Louis XIV, Mémoires, S. 45–47. 9 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 294; Sarmant/Stoll, Régner, S. 557. Die (relative) Leistungsfähigkeit des französischen Finanzsystems betont Françoise Bayard, Comment faire payer les riches?, in: Anne Béroujon u. a. (Hg.), Des caisses du roi aux poches des cadavres. Une historienne à l’œuvre, Françoise Bayard, Grenoble 2015, S. 59–79; dies., Fiscalité directe, fiscalité indirecte. Les choix raisonnés de la monarchie française au XVIIe siècle, in: ebd., S. 81–113. 10 John C. Rule, The king in his council. Louis XIV and the ,Conseil d’en haut‘, in: Robert Oresko u. a., Royal and Republican Sovereignty in Early Modern Europe. Essays in Memory of Ragnhild Hatton, Cambridge 1997, S. 216–241, hier 232. 11 Rule, The king, S. 225–231, Sarmant/Stoll, Régner, S. 168–171. 12 Rule, The king, S. 238–241, Sarmant/Stoll, Régner, S. 168–176. 13 Sarmant/Stoll, Régner, S. 197. 14 Sarmant/Stoll, Régner, S. 196f. 15 „Avoir la plume, c’est être faussaire public, et faire par charge ce qui côuterait la vie à tout autre.“ Saint-Simon, Mémoires, Bd. 1, S. 803. 16 Sarmant/Stoll, Régner, S. 194–196; Saint-Simon, Mémoires, Bd. 1, S. 803f. u. 806. 17 Bély, Louis XIV, S. 78; Sarmant, Louis XIV, S. 380. 18 Petitfils, Louis XIV, S. 235; Bély, Louis XIV, S. 109; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 2, S. 33; John C. Rule, Louis XIV, roi-bureaucrate, in: ders. (Hg.), Louis XIV and the Craft of Kingship, Columbus 1969, S. 3–101, hier 50. 19 Bély, Louis XIV, S. 81. 20 Sarmant/Stoll, Régner, S. 103–105; Bély, Louis XIV, S. 81f. Zur Dynastie Pontchartrain: Sara E. Chapman, Private Ambition and Political Alliances. The Phélypeaux de Pontchartrain Family and Louis XIV Government, 1650–1715, Rochester/Woodbridge 2004. 21 Bély, Louis XIV, S. 80f., 85f., 88f. Vgl. (kritischer) Petitfils, Louis XIV, S. 514–519.

263

A nmerkungen

22 Sarmant/Stoll, Régner, S. 180f. 23 Rule, Roi-bureaucrate; Bély, Louis XIV, S. 78; Sarmant/Stoll, Régner, S. 204 u. 561. 24 Louis XIV, Mémoires, S. 47, 53, 63–65 (für 1661) sowie 87, 142, 210–212 (Folgejahre). 25 Jean Barbey, Être roi. Le roi et son gouvernement en France de Clovis à Louis XVI, Paris 1992, S. 380f. 26 Louis XIV, Mémoires, S. 47, 63 u.ö. 27 Bély, Louis XIV, S. 74f. u. 91f.; Chaline, Le règne, Bd. 2, S. 40–49; Arlette Lebigre, La justice du roi. La vie judiciaire dans l’ancienne France, Paris 1988. 28 Arlette Lebigre, Les Grands jours d’Auvergne. Un tournant dans l’histoire de la justice, in: Emmanuèle Lesne-Jaffro (Hg.), Fléchier et les Grands jours d’Auvergne, Tübingen 2000, S. 23–32; dies., Les Grands jours d’Auvergne. Désordre et répression au XVIIe siècle, Paris 1976. 29 John J. Hurt, Louis XIV and the parlements. The Assertion of Royal Authority, Manchester/New York 2002; Hanley, The lit de justice. 30 Alain J. Lemaître (Hg.), Le monde parlementaire au XVIIIe siècle. L’invention d’un discours politique, Rennes 2010, bes. die Beiträge von Julian Swann und Peter Campbell. 31 Goubert, Louis XIV, S. 77–83. 32 Smedley-Weill, Les intendants, S. 317–321; Michel Antoine, Art. „Intendants“, in: Lucien Bély (Hg.), Dictionnaire de l’Ancien régime, Paris 1996, S. 667–671; François Bluche, Art. „Intendants“, in: ders., Dictionnaire, S. 763–765 (Zahlenangaben). 33 Horowski, Die Belagerung, S. 33 u. 38–43. 34 Jean-Marie Constant, L’enquête de noblesse de 1667 et les seigneurs de Beauce, in: ders., La noblesse en liberté, XVIe–XVIIe siècles, Rennes 2004, S. 21–41. 35 Ronald G. Asch, Das monarchische Nobilitierungsrecht und die soziale Identität des Adels im 17. und 18. Jahrhundert. Eine Problemskizze, in: ders. u. a. (Hg.), Die frühneuzeitliche Monarchie und ihr Erbe. Festschrift für Heinz Duchhardt zum 60. Geburtstag, Münster u. a. 2003, S. 91–108. 36 Janine Garrisson, L’édit de Nantes et sa révocation, Paris 1985, S. 50– 118. 37 Yves Krumenacker, Les protestants du Poitou au XVIIIe siècle, 1681– 1789, Paris 1998, S. 44–51; Brian E. Strayer, Huguenots and Camisards as Aliens in France 1598–1789. The Struggle for Religious Toleration, Lewiston, NY u. a. 2001, S. 85–142; Garrisson, L’édit, S. 119–133. 38 Alexandre Yali Haran, Le lys et le globe. Messianisme dynastique et rêve impérial en France aux XVIe et XVIIe siècles, Seyssel 2000, S. 166f., 349f.

264

A nmerkungen

39 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 229; Bély, Louis XIV, S. 204f.; Garrisson, L’édit, S. 168–183; Elisabeth Labrousse, La révocation de l’Édit de Nantes. Une foi, une loi, un roi?, Paris 1990, S. 153–181. 40 Krumenacker, Les protestants, S. 62–113; Labrousse, La révocation, S. 159–163, 174–181; Garrisson, L’édit, S. 203–237. 41 Krumenacker, Les protestants, S. 133–166; Labrousse, La revocation, S. 185f. 42 Louis XIV, Mémoires, S. 81f. 43 Haran, Le lys, S. 330–339; Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 231–233. 44 Alexandre Maral, Le Roi-Soleil et Dieu. Essai sur la religion de Louis XIV, Paris 2012, S. 260–276; Wolfgang Cilleßen (Hg.), Krieg der Bilder. Druckgraphik als Medium politischer Auseinandersetzung im Europa des Absolutismus, Berlin 1997, S. 224f.; Martin Wrede, Das Reich, S. 343f. 45 Étienne François, Die unsichtbare Grenze. Protestanten und Katholiken in Augsburg 1648–1806, Sigmaringen 1991; Thierry Wanegffelen, L’Édit de Nantes. Une histoire européenne de la tolérance, XVIe – XXe siècle, Paris 1998, S. 157–181. 46 Raymond Mentzer, Blood and Belief. Family Survival and Confessional Identity among the Provincial Huguenot Nobility, West Lafayette, Ind. 1994, S. 162–183; Krumenacker, Les protestants, S. 279–325 u. 409–433; Strayer, Huguenots and Camisards, S. 375–440. 47 Barbara Dölemeyer, Die Hugenotten, Stuttgart 2006, sowie Ansgar Reiss/Sabine Witt (Hg.), Calvinismus. Die Reformierten in Deutschland und Europa (Ausstellungskatalog), Dresden 2009; Sabine Beneke/Hans Ottomeyer (Hg.), Zuwanderungsland Deutschland. Die Hugenotten (Ausstellungskatalog), Berlin 2005. 48 Wrede, Das Reich, S. 361–364, 474–483; Cillessen (Hg.), Krieg der Bilder, S. 208–227. Hierzu im Einzelnen unten, Kapitel 8. 49 Wanegffelen, L’Édit de Nantes, S. 199–223. Vgl. bes. den Art. „Réfugiés“, in: Denis Diderot/Jean Le Rond d’Alembert, Encyclopédie. Ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, 17 Bde., Paris 1751– 1766, Bd. 13, S. 907, der die Revokation zur „finstersten Maßnahme, die je der Rat eines Herrschers habe ergreifen können“, erklärt. 50 Differenziertere Zahlenangaben bei Lynn, Giant, S. 45–48. Vgl. Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 326. 51 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 327. 52 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 329. 53 Hervé Drévillon, L’impôt du sang. Le métier des armes sous Louis XIV, Paris 2005, S. 273–315. 54 Drévillon, L’impôt, S. 179–211, 275–289. 55 Drévillon, L’impôt, S. 217–271; Guy Rowlands, The Dynastic State and the Army under Louis XIV. Royal Service and Private Interest 1661– 1701, Cambridge 2002, S. 299.

265

A nmerkungen

56 Zit. nach Lynn, Les guerres, S. 62. Vgl. Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 334. – Zu den Le Tellier-Kriegsministern Rowlands, Dynastic State, S. 23–46. 57 Drévillon, L’impôt, S. 54–68; Georges Poisson, Monsieur de Saint-­ Simon, Paris 2000, S. 145f. 58 Sarmant/Stoll, Régner, S. 192; Dessert, La Royale, S. 18f.; Bernard Lutun, La marine de Colbert. Études d’organisation, Paris 2003. 59 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 339–346; Lynn, Les guerres, S. 95–117; Dessert, La Royale, S. 22–33. 60 Dessert, La Royale, S. 61–77; Drévillon, L’impôt, S. 109–116; Philippe Minard, La fortune du Colbertisme. État et industrie dans la France des Lumières, Paris 1998; Aimé Richardt, Colbert et le Colbertisme, Paris 1997.

V. Auf der Bühne – Ludwigs Selbstinszenierung und Selbstverständnis 1 Henning Eichberg, Ordnen, Messen, Disziplinieren. Moderner Herrschaftsstaat und Fortifikation, in: Johannes Kunisch (Hg.), Staatsverfassung und Heeresverfassung in der europäischen Geschichte der frühen Neuzeit, Berlin 1986, S. 346–375, hier 350, spricht in Bezug auf Festungen von „gebauter Souveränität“. Der Ausdruck kann auch Nicht-Mili­ tärisches bezeichnen. 2 Michel Carmona, Louvre et Tuileries. Huit siècles d’histoire, Paris 2004, S. 147–173; Katharina Krause, Versailles als Monument Ludwigs XIV., in: Kampmann u. a. (Hg.), Bourbon – Habsburg – Oranien, S. 85–95, hier 88f. 3 Hellmut Lorenz, Die Wiener Hofburg im 18. Jahrhundert. Legitimation durch Tradition, in: Kampmann u. a. (Hg.), Bourbon – Habsburg – Oranien, S. 96–106. Siehe im gleichen Band auch die Beiträge von Ulrich Schütte und Eva-Maria Krems. 4 Krause, Versailles, S. 86–90; Bély, Louis XIV, Paris 2005, S. 151f. 5 Michel Martin, Les monuments équestres de Louis XIV. Une grande entreprise de propagande monarchique, Paris 1986; Andreas Köstler, Place Royale. Metamorphosen einer kritischen Form des Absolutismus, München 2003; Dietrich Erben, Paris und Rom. Die staatlich gelenkten Kunstbeziehungen unter Ludwig XIV., Berlin 2004, S. 341–372. Jeweils auch zum Folgenden. 6 Volker Hunecke, Europäische Reitermonumente. Ein Ritt durch die Geschichte Europas von Dante bis Napoleon, Paderborn 2008, S. 197–221, hier 211. 7 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 8f. Siehe auch ebd., Bd. 2, S. 163f. 8 Günther Lottes, Damnatio historiae. Über den Versuch einer Befreiung von der Geschichte in der Französischen Revolution, in: Winfried Speit-

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A nmerkungen

kamp (Hg.), Denkmalsturz. Zur Konfliktgeschichte politischer Symbolik, Göttingen 1997, S. 22–48; Lynn Hunt, Symbole der Macht – Macht der Symbole. Die Französische Revolution und der Entwurf einer politischen Kultur, Frankfurt a. M. 1989 (engl. Orig. 1984). 9 Thierry Sarmant, Les demeures du soleil. Louis XIV, Louvois et la surintendance des bâtiments du roi, Seyssel 2003, S. 304–309; Da Vinha, Le Versailles, S. 25–37; Alexandre Maral, Le roi, la cour et Versailles. Le coup d’éclat permanent, 1682–1789, Paris 2013, S. 16–24. 10 Krause, Versailles, S. 92; Hendrik Ziegler, Louis XIV et ses ennemis. Image, propagande et contestation, Paris/Versailles 2013 (dt. Orig. Der Sonnenkönig und seine Feinde. Die Bildpropaganda Ludwigs XIV. in der Kritik, Petersberg 2010), S. 198f. 11 Krause, Versailles, S. 92–95; Burke, Ludwig XIV., S. 110f.; Sabatier, Versailles. 12 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 376f., 381; Sarmant, Les demeures, S. 141– 147. Zum Park als Abbild von Ludwigs Ambition Chandra Mukerji, Territorial Ambitions and the Gardens of Versailles, Cambridge 1997. 13 „On meurt beaucoup à Versailles.“ Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 372f. Zu den Finanzen siehe Yves-Marie Bercé, Louis XIV. Idées reçues, Paris 2005, S. 107f. 14 Siehe vergleichend John Adamson (Hg.), The Princely Courts of Europe. Ritual, Politics, and Culture under the Ancien Régime, London 1999, besonders die dem französischen und dem habsburgisch-österreichischen Hof gewidmeten Beiträge von Olivier Chaline und Jeroen Duindam. – Zu Ludwigs éclat bzw. dem von Versailles zuletzt Maral, Le roi, sowie Markus Castor u. a. (Hg.), Entre Soleil et Lumières. Les stratégies de la représentation et les arts du pouvoir. Papers on French Seventeenth Century Literature, Jg. XLI, Bd. 80 (2014). 15 Jeroen Duindam, Vienna and Versailles. The Courts of Europe’s Dynastic Rivals, 1550–1780, Cambridge 2003, S. 54–61. 16 Duindam, Vienna and Versailles, S. 73–80 u. 302–309. 17 Da Vinha, Le Versailles, S. 21f. 18 Da Vinha, Le Versailles, S. 105–126. 19 Da Vinha, Le Versailles, S. 45–54; Jean-François Solnon, La cour de France, Paris 1987, S. 292–297. Zur Topographie von Schloss und Appartements bzw. zum Wettbewerb um die Wohnungen siehe grundsätzlich auch William R. Newton, L’espace du roi. La cour de France au château de Versailles 1682–1789, Paris 2000, bzw. ders., Hinter den Fassaden von Versailles. Mätressen, Flöhe und Intrigen am Hof des Sonnenkönigs, Berlin 2013 (franz. Orig. Paris 2008). Geht es um den Kontext, sind allerdings beide Arbeiten von Klischees nicht frei. 20 Da Vinha, Le Versailles, S. 51f. Vgl. Dangeau, Journal, Bd. 2, S. 337. 21 Sarmant, Les demeures du soleil, S. 173–190; Da Vinha, Le Versailles, S. 170–181.

267

A nmerkungen

22 Da Vinha, Le Versailles, S. 81–96; Newton, Hinter den Fassaden, S. 40–65. 23 Maral, Le roi, S. 31. 24 Saint-Simon, Mémoires, Bd. 5, S. 605f., Bd. 8, S. 563–565; Spanheim, Relation, S. 277–281. Vgl. Frédérique Leferme-Falguières, Les courtisans. Une société de spectacle sous l’Ancien Régime, Paris 2007. Bspe. für die Präsentation in aktuellen Schulbüchern: Sven Christoffer u. a., zeitreise 2, Stuttgart 2011, S. 105; Thomas Berger-von der Heide/HansGert Oomen, entdecken und verstehen 2. Von der Reformation bis zur Weimarer Republik, Berlin 2013, S. 47. 25 Maral, Le roi, S. 47–50; Johannes Kunisch, Die Einsamkeit des Königs an der Tafel. Das öffentliche Herrschermahl Ludwigs XIV., in: Uwe Schultz (Hg.), Speisen, Schlemmen, Fasten. Eine Kulturgeschichte des Essens, 2. Aufl. Frankfurt a. M./Leipzig 1995, S. 219–230. 26 Spanheim, Relation, S. 290f. Vgl. zur Polemik im Folgenden, Kapitel 8. 27 Gerrit Walther, Protest als schöne Pose, Gehorsam als event. Zur Formation des ludovizianischen Absolutismus aus dem Geist der Fronde, in: Lothar Schilling (Hg.), Absolutismus, ein unersetzliches Forschungskonzept?, München 2008, S. 173–189; Sarmant, Louis XIV, S. 565. 28 Solnon, La cour, S. 364–366; Maral, Le roi, S. 149–151. 29 Solnon, La cour, S. 253–314; Marie-Christine Moine, Les fêtes à la cour du Roi-Soleil 1653–1715, Paris 1984; Sabine du Crest, Des fêtes à Versailles, Paris 190; Wrede, Ohne Furcht, S. 341–350. 30 Wrede, Ohne Furcht, S. 318–347; Georges Vigarello, Le corps redressé. Histoire d’un pouvoir pédagogique, Paris 2001; ders., Histoire du corps. De la Renaissance aux Lumières, Paris 2005. 31 Wrede, Ohne Furcht, S. 323; Walter Salmen, Der Tanzmeister. Geschichte und Profile eines Berufes vom 14. bis zum 19. Jahrhundert, Hildesheim 1997. 32 Petitfils, Louis XIV, S. 288f.; Marie-Françoise Christout, Louis XIV et le ballet de cour ou le plus illustre des danseurs, 1651–1670, Paris 2002; dies., Le ballet de cour de Louis XIV: mises en scène, Neuaufl. Paris 2005, S. 107–109, 165–169, 189–194. – Vgl. Isaac de Benserade, Vers du ballet royal dansé par Leurs Majestéz entre les actes de la grande tragédie de l’Hercule amoureux, Paris 1662. 33 Louis XIV, Mémoires, S. 137. Zu den Einzelheiten des Carrousels siehe Castelluccio, Carrousels (es geht essenziell um das Carrousel von 1662), sowie Wrede, Ohne Furcht, S. 341–347. Wichtigste Quelle dazu ist Charles Perrault, Courses de Teste et de Bague, faites par le Roy et par les Princes et Seigneurs de sa Cour en l’Année MDCLXII, Paris 1670. 34 Castelluccio, Carrousels, S. 150–169. 35 Perrault, Courses, S. 2. Weitere Verweise bei Wrede, Ohne Furcht, S. 342.

268

A nmerkungen

36 Martin Wrede, Des Königs Rock und der Rock des Königs. Monarch, Hof und Militär in Frankreich von Ludwig XIV. zu Ludwig XVI., in: ders. (Hg.), Die Inszenierung der heroischen Monarchie, S. 382–408. 37 Louis XIV, Mémoires, S. 135. 38 Wrede, Ohne Furcht, S. 346f. Vgl. Elias, Die höfische Gesellschaft, S. 226f. 39 Solnon, La cour, S. 272–276. 40 Matthieu Lahaye, Louis XIV – roi-père, père de roi, in: Da Vinha u. a. (Hg.), Louis XIV, S. 45–55, hier 54. 41 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 39–54; Petitfils, Louis XIV, S. 311–317. 42 Wrede, Ohne Furcht, S. 347–350; Solnon, La cour, S. 306–310; Maral, Le roi, S. 399–417. 43 Burke, Ludwig XIV., S. 67–78. 44 Jürgen Grimm, Das Jahrhundert der Klassik, in: ders. (Hg.), Französische Literaturgeschichte, 5. Aufl. Stuttgart/Weimar 2006, S. 162–210. 45 Bély, Louis XIV, S. 152f. 46 Chaline, Le règne, S. 356f. 47 Chaline, Le règne, S. 354–362; Nicolas Le Roux, Le roi, la cour, l’état. De la Renaissance à l’Absolutisme, Seyssel 2013, S. 67–81; Gérard Sabatier, Le prince et les arts. Stratégies figuratives de la maonarchie française de la Renaissance aux Lumières, Seyssel 2010. – Zu Gaston d’Orléans im Besonderen siehe Gatulle, Gaston d’Orléans, zum Großen Condé Béguin, Les princes de Condé, S. 61–84. 48 Béguin, Les princes de Condé, S. 340–386. 49 Burke, Ludwig XIV., S. 13. 50 Vgl. Ernst H. Kantorowicz, Die zwei Körper des Königs. Eine Studie zur politischen Theologie des Mittelalters, Stuttgart 1990 (engl. Orig. 1957). 51 Dubost, Anne d’Autriche, S. 47, 67, 99–101. Vgl. Louis XIV, Mémoires, S. 159. 52 Memoiren der Herzogin Sophie nachmals Kurfürstin von Hannover, hg. von Adolf Köcher, Neudr. d. Ausg. Stuttgart 1879, Osnabrück 1969, S. 123f. 53 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 45–49; Petitfils, Louis XIV, S. 301f. Vgl. Benedetta Craveri, L’âge de la conversation, Paris 2002 (ital. Orig. Mailand 2001). 54 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 52–54. 55 Saint-Simon, Mémoires, Bd. 4, S. 96; Spanheim, Relation, S. 116f.; Memoiren der Herzogin Sophie, S. 120. Zum Militärischen siehe Cénat, Le roi stratège, S. 32–36. 56 Petitfils, Louis XIV, S. 645f. 57 Saint-Simon, Mémoires, Bd. 4, S. 413f. 58 Chaline, Le règne, S. 386–394. 59 Petitfils, Louis XIV, S. 656–658. Vgl. Saint-Simon, Mémoires, Bd. 4, S. 447–452.

269

A nmerkungen

60 Petitfils, Louis XIV, S. 656f.; Sarmant, Louis XIV, S. 497f. Neben bzw. nach Philipp V. von Spanien gab es noch dessen und des Duc de Bourgogne jüngsten Bruder, Charles Duc de Berry, der aber im Frühjahr 1714 nach einem Reitunfall verstarb. 61 Chaline, Le règne, Bd. 2, S. 396f.; Katherine B. Crawford, The Politics of Promiscuity. Masculinity and Heroic Representation at the Court of Henry IV, in: French Historical Studies 26 (2003), S. 225–252. 62 Poisson, Monsieur de Saint-Simon, S. 197–199; Emmanuel LeRoy Ladurie/Jean-François Fitou, Saint-Simon ou le système de la cour, Paris 1997, S. 146–149. Vgl. Saint-Simon, Mémoire sur l’intérêt des princes du sang à empêcher tout agrandissement des enfants legitimés des rois, in: ders., Traités, S. 621–752. 63 Leferme-Falguières, Les courtisans, S. 139–141; Van der Cruysse, Madame sein, hier S. 382f. Vgl. Saint-Simon, Mémoires, Bd. 1, S. 32f.; Die Briefe der Liselotte von der Pfalz, Herzogin von Orleans, hg. von Carl Künzel, Ebenhausen bei München 1912, S. 150 (21.2. und 5.3.1692, an Sophie von Hannover). 64 Bély, Louis XIV, S. 261f.; Chaline, Le règne, Bd. 2, S. 396. 65 Chaline, Le règne, Bd. 2, S. 396f.; Petitfils, Louis XIV, S. 595–564. 66 Louis XIV, Mémoires, S. 45 u. 159f. Vgl. ebd., Présentation (par Pierre Goubert), S. 19–22. 67 Friedrich der Große, Das Politische Testament von 1752. Aus dem Französischen übertragen, hg. von Friedrich von Oppeln-Bronikowski, Stuttgart 1974, S. 46. 68 Van der Cruysse, Madame sein, bes. S. 405, 445 u. 450 zu Madame de Maintenon. Vgl. Die Briefe der Liselotte, S. 138 (16.12.1689, an Sophie von Hannover). 69 François Bluche, Louis XIV, Paris 1986, S. 531; Petitfils, Louis XIV, S. 551. Vgl. aber ebd., S. 561. 70 Louis XIV, Mémoires, S. 106; Saint-Simon, Memoires, Bd. 4, S. 437, 439. Vgl. Petitfils, Louis XIV, S. 557, 562; Chaline, Le règne, S. 395. 71 Sarmant, Louis XIV, S. 413f. Zu den Spannungen innerhalb des Hauses siehe im Folgenden Kapitel 9.

VI. Vielen nicht ungleich – Krisen und Kriege bis 1700 1 Petitfils, Louis XIV, S. 401. 2 Kampmann, Arbiter und Friedensstiftung, S. 214–220. 3 Chaline, Le régne, Bd. 1, S. 178–200. – Lynn, Les guerres, S. 47f., spricht von „aggressiver Defension“. 4 Lynn, Les guerres, S. 171–180; Malettke, Hegemonie, S. 385–394, sowie, im Detail, ders., Les relations, S. 367–432.

270

A nmerkungen

5 Fritz Dickmann, Der Westfälische Frieden, 6. Aufl. Münster 1992, S. 265–273, 406–410, 482–485; Malettke, Les relations, S. 166–173, 266–271; Franz Bosbach, Die Elsaßkenntnisse der französischen Gesandten auf dem Westfälischen Friedenskongreß, in: Francia 25/2, 1998, S. 27–48. 6 Zur Integration Straßburgs und des Elsass Guido Braun, Deutsch-französische Geschichte 1648–1789. Von der politischen zur kulturellen Hegemonie Frankreichs, Darmstadt 2008, S. 45f.; Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 740–744, 750–756. Das Luthertum wurde langfristig dennoch deutlich zurückgedrängt. 7 Zitat nach Bertrand Auerbach, La France et le Saint Empire Romain Germanique depuis la Paix de Westphalie jusqu’à la Révolution Française, Paris 1912 (ND Genf 1976), S. 208f. Auerbach sieht in der Wortwahl den Einfluss des Ministers Louvois. Zum Kontext und Ludwigs eigener Implikation Petitfils, Louis XIV, S. 407–410; im Detail Malettke, Les relations, S. 387–425. 8 Aretin, Das Alte Reich, Bd. 1, S. 408f.; Heinz Schilling, Höfe und Allianzen. Deutschland 1648–1763, Berlin 1989, S. 235–240. 9 Wrede, Das Reich, S. 463–467; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 1, S. 280– 286. – Zur französischen Wahrnehmung Martin Wrede, Das Reich und seine Geschichte in den Werken französischer Staatsrechtler und Historiker des 18. Jahrhunderts, in: Francia 27/2 (2000), S. 177–211. 10 Sabatier, Versailles, S. 400. 11 Aretin, Das Alte Reich, Bd. 1, S. 298–309. 12 Braun, Hegemonie, S. 55; Wrede, Das Reich, S. 155–166, 435–450. 13 Burke, Ludwig XIV., S. 123–127. 14 Aretin, Das Alte Reich, Bd. 2, S. 25–30. 15 Zur niederländischen Eroberung Lisa Jardine, Going Dutch. How England plundered Holland’s Glory, New York 2008; zur englischen Revolution Steven Pincus, 1688. The First Modern Revolution, Yale 2009; zur Biographie Wilhelms III. Wout Troost, William III. The StadholderKing. A Political Biography, Farnham 2005. 16 Heinz Duchhardt u. a. (Hg.), Der Friede von Rijswijk 1697, Mainz 1998, S. 7f. (Vorwort). 17 Martin Wrede, Die Welfen im Reich. Selbstverständnis und Selbstdarstellung einer (mehr oder weniger) patriotischen Dynastie, 1648–1714, in: Ronald G. Asch (Hg.), Hannover, Großbritannien und Europa. Erfahrungsraum Personalunion, 1714–1837, Göttingen 2014, S. 149–177. 18 Zu den Kriegshandlungen Lynn, Les guerres, S. 201–209; Cénat, Le roi stratège, S. 152–156. Zur öffentlichen Reaktion Wrede, Das Reich, S. 402–407. Zum Mordbrenner Mélac Michael Martin: Ezechiel du Mas, comte de Mélac (1630–1704). Eine biografische Skizze, in: Francia 20/2 (1993), S. 35–68. Vgl. Wrede, Das Reich, S. 397–404.

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A nmerkungen

19 Lynn, Les guerres, S. 209–265, bes. 244f. 20 Jean-Pierre Rorive, Les misères de la guerre sous le Roi-Soleil. Les populations de Huy, des Hesbaye et du Condroz dans la tourmente du Siècle de malheur, (Préface d’André Corvisier), Liège 2000. Zur Beschießung Brüssels Horst Carl, Brüssel 1695 – Kriegszerstörungen und ihre Visualisierung im späten 17. Jahrhundert, in: Birgit Emich/Gabriela Signori (Hg.), Kriegs/Bilder in Mittelalter und Früher Neuzeit, Berlin 2009, S. 295–315. 21 Pádraig Lenihan, 1690. Battle of the Boyne, Stroud 2003; John Barratt, Battles for the Three Kingdoms. The Campaigns for England, Scotland, and Ireland, 1689–1692, 2. Aufl. Stroud 2013. 22 Lynn, Les guerres, S. 223–225, 238–241, 263f. Zur französischen Flotte und See-Strategie genauer Dessert, La Royale, S. 133f., 255f., 275f. Vergleich bei Martine Acerra u. a. (Hg.), Les marines de guerre europé­ ennes, XVIIe–XVIIIe siècle, 2. Aufl. Paris 1998. 23 Katia Béguin, Financer la guerre au XVIIe siècle. La dette publique et les rentiers de l’absolutisme, Seyssel 2012; Jean Bérenger, Les Habsbourg et l’argent. De la Renaissance aux Lumières, Paris 2014; ders., Finances et absolutisme autrichien dans la seconde moitié du XVIIe siècle, Paris 1975, S. 353–403. 24 Malettke, Hegemonie, S. 444–446; Cénat, Le roi stratège, S. 153f., 175f. u. 339f. 25 Duchhardt u. a. (Hg.), Rijswijk; Cénat, Le roi stratège, S. 338–341.

VII. Vor dem Hauptgewinn am Abgrund – Der Spanische Erbfolgekrieg 1 Jaime Contreras, Carlos II el hezichado. Poder y melancolía en la corte del último Austria, Madrid 2003, S. 278–314. 2 Malettke, Hegemonie, S. 461–470; Wrede, Das Reich, S. 384–391. 3 Leopold I. hatte 1668 angesichts der manifesten französischen Überlegenheit einem ersten (geheimen) Teilungsplan zugestimmt. Diese Zustimmung drohte von da an, seine prinzipielle Zurückweisung der französischen Forderungen unglaubwürdig zu machen. Malettke, Hegemonie, S. 462–469; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 1, S. 240f., Bd. 2, S. 97–103. 4 Aretin, Das Alte Reich, Bd. 2, S. 99–109. 5 Chaline, Le régne, Bd. 1, S. 212; Bély, Louis XIV, S. 231–235, bes. 234 (Zitat). 6 Matthias Schnettger, Der Spanische Erbfolgekrieg, 1701–1713/14, München 2014, S. 28–35; Lynn, Les guerres, S. 278–286. 7 Malettke, Hegemonie, S. 475–483; Wrede, Das Reich, S. 54–65, 435–449; Johannes Arndt, Herrschaftskontrolle durch Öffentlichkeit. Die publi-

272

A nmerkungen

zistische Darstellung politischer Konflikte im Heiligen Römischen Reich 1648–1750, Göttingen 2013, S. 505–525. 8 Aretin, Das Alte Reich, Bd. 2, S. 119–124; Reginald De Schryver, Max II. Emanuel und das Spanische Erbe. Die europäischen Ambitionen des Hauses Wittelsbach, 1665–1715, Mainz 1996, S. 1–48. 9 Lynn, Les guerres, S. 298–305. Zu Höchstädt im Einzelnen Marcus Junkelmann, „Das greuliche Spectaculum.“ Die Schlacht von Höchstädt 1704, Augsburg 2004; zu Besatzung und Rebellion in Bayern Christian Probst, Lieber bayerisch sterben. Der bayerische Volksaufstand der Jahre 1705 und 1706, München 1978, S. 61f., 183. 10 Lynn, Les guerres, S. 86–90, 332f.; Virol, Vauban, S. 93–102, 111–116. – Zu Spanien Henry Kamen, Philip V. The King who Reigned Twice, Yale 2001, S. 15–17, 42–47, 51f., 62–68. 11 Bély, Louis XIV, S. 244f.; Petitfils, Louis XIV, S. 627–639. 12 Text bei Petitfils, Louis XIV, S. 635f. – Ludwigs Kriegsmanifest von 1702 hatte in allgemeinen Wendungen gegnerische Provokationen benannt sowie die Notwendigkeit, die eigenen und die Länder des Königs von Spanien zu verteidigen. Daneben wurde die Eröffnung der Feindseligkeiten befohlen. Auszug bei Heinz Duchhardt, Krieg und Frieden im Zeitalter Ludwigs XIV., Düsseldorf 1987, S. 42f. Zu frühneuzeitlichen Kriegserklärungen Anuschka Tischer, Offizielle Kriegsbegründungen in der Neuzeit. Herrscherkommunikation in Europa zwischen Souveränität und korporativem Selbstverständnis, Berlin 2012, hier S. 67. 13 Lynn, Les guerres, S. 340–344; Schnettger, Erbfolgekrieg, S. 65f. 14 Schnettger, Erbfolgekrieg, S. 50f.; Wrede, Das Reich, S. 298–302. 15 Lynn, Les guerres, S. 346–356; Malettke, Hegemonie, S. 491–499; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 2, S. 215–229. 16 Lynn, Les guerres, S. 359–364; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 2, S. 229–240. 17 Petitfils, Louis XIV, S. 656–661. 18 Seit der englisch-schottischen Parlamentsunion von 1707 lässt sich staatsrechtlich von Großbritannien sprechen. Der Begriff wird jedoch bereits in der politischen Terminologie des 17. Jahrhunderts zu Bezeichnung bzw. Selbstbezeichnung der Stuart-Monarchen verwandt, d. h. seit der dynastischen Union von 1603. Ronald G. Asch, Jakob I., 1566–1625. König von England und Schottland, Stuttgart 2005, S. 65. 19 Malettke, Hegemonie, S. 502–510; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 2, S. 232– 248. 20 Heinz Duchhardt, Balance of Power und Pentarchie, 1700–1785, Paderborn u. a. 1997, S. 169–171, 262–273. 21 „Travailler pour le roi de Prusse“ bedeutet, ohne Lohn zu arbeiten. Die Wendung ergab sich aus der französischen Teilnahme am Österreichischen Erbfolgekrieg 1740/48. – Wrede, Des Königs Rock, S. 382–408. 22 Cénat, Le roi stratège, S. 340f.

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A nmerkungen

VIII. Fürst der Finsternis – Das Gegenbild des Sonnenkönigs 1 Grimm, Das Jahrhundert der Klassik, hier S. 203. 2 Charles J. Esdaile (Hg.), Popular Resistance in the French War’s. Patriots, Partisans, and Land-Pirates, Basingstoke 2004; Michael Broers/Peter Hicks/Agustin Guimera, The Napoleonic Empire and the New European Political Culture, Basingstoke 2012. 3 Jean Schillinger, Les pamphlétaires allemands et la France de Louis XIV, Bern u. a. 1999; Wrede, Das Reich, S. 324–483. Aus kunsthistorischer Sicht Ziegler, Louis XIV. 4 Wrede, Das Reich, S. 397–407, 474–483. Zu Lisola Baumanns, Lisola. Zu Leibniz als publizistischem Gegner Ludwigs XIV. Martin Wrede, Leibniz und Frankreich – Feindbild und Vorbild, in: Friedrich Beiderbeck u. a. (Hg.), Umwelt und Weltgestaltung. Leibniz politisches Denken in seiner Zeit, Göttingen 2014, S. 277–292. 5 Johannes Burkhardt, Die entgipfelte Pyramide. Kriegsgrund und Friedenskompromiß der europäischen Universalmächte, in: Klaus Bußmann/Heinz Schilling (Hg.), 1648. Krieg und Frieden in Europa, 3 Bde., Münster/Osnabrück 1998, Bd. 2, S. 51–60. 6 Ziegler, Louis XIV, S. 27–93, bes. 33f. (Diskussion der Originalität). Zu habsburgischen Vorbildern Marie Tanner, The Last Descendant of Aeneas. The Hapsburgs and the Mythic Image of the Emperor, New Haven, Conn. 1993, S. 236f.; Friedrich Polleross, Sonnenkönig und österreichische Sonne. Kunst und Wissenschaft als Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln, in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 40 (1987), S. 239–256. 7 Zu den solaren Ambitionen Leopolds I. neben Polleross, Sonnenkönig, bes. Jutta Schumann, Die andere Sonne. Kaiserbild und Medienstrategien im Zeitalter Leopolds I., Berlin 2003. 8 Die „Not“ war natürlich sehr relativ. Zur modestia Schumann, Die andere Sonne, S. 284f., sowie Friedrich Polleross, Pro decore Majestatis. Zur Repräsentation Kaiser Leopolds I. in Architektur, Bildender und Angewandter Kunst, in: Jahrbuch des Kunsthistorischen Museums Wien 4/5 (2003), S. 190–295, hier 194f., 206, 216–218 u.ö.; ders., Zwischen Konfrontation und Imitation. Französische Einflüsse am Wiener Hof um 1700, in: Karl Möseneder u. a. (Hg.), Barocke Kunst und Kultur im Donauraum, 2 Bde., Petersberg 2014, Bd. 2, S. 530–547, hier 532. 9 Ziegler, Louis XIV, S. 38–42. 10 Ziegler, Louis XIV, S. 95–125. 11 Hunecke, Europäische Reitermonumente, S. 225–229. 12 Ziegler, Louis XIV, S. 183–201. 13 Bély, Louis XIV, S. 210–214; Wrede, Das Reich, S. 341–349; Ziegler, Louis XIV, S. 206–210.

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A nmerkungen

14 Baumanns, Lisola, S. 114–161. 15 Baumanns, Lisola, S. 170. 16 Baumanns, Lisola, S. 211; Wrede, Das Reich, S. 337f. 17 Wrede, Das Reich, S. 392–397. 18 Die schwangere aber einen Fehl gebährende Lilie, o.O. 1674, zit. nach Wrede, Das Reich, S. 339. 19 Wrede, Das Reich, S. 338–346; Cillessen (Hg.), Krieg der Bilder, S. 308f., 312f., 324f., 348f. 20 Wrede, Das Reich, S. 345. Zur „Weiberherrschaft“ Heide Wunder, Gynäkokratie. Auf der Suche nach einem verloren gegangenen Begriff der frühneuzeitlichen politischen Sprache, in: Zeitenblicke 8, Nr. 2 (30.06.2009), http://www.zeitenblicke.de/2009/2/wunder/index_html (Zugriff 03.02.2015). 21 Wrede, Das Reich, S. 357; Haran, Le lys et le globe, S. 141–156. 22 Cillessen (Hg.), Krieg der Bilder, S. 100f. 23 Cillessen (Hg.), Krieg der Bilder, S. 120f., 152–155; Gerrit Groenhuis, Calvinism and National Consciousness: The Dutch Republic as the New Israel, in: Alastair C. Duke/Coenrad A. Tamse (Hg.), Church and State since the Reformation, Den Haag 1981, S. 118–133. 24 Wrede, Das Reich, S. 361. Vgl. Project Der Religions Veränderung In Franckreich, „Pariß“ 1673. 25 Wrede, Das Reich, S. 395. Vgl. Der Frantzösische und das Heil. Röm. Reich verderbende grausame Greuel und Abgott Ludewig der Vierzehende König in Frankreich …, o.O. 1689; Die Aller-Christlichsten Fragstücke oder Der neu-eröffnete Catechismus Sr. Aller-Christlichsten Majestät Ludovici XIV Königs von Franckreich …, „Cölln: Pierre Marteau“ 1706. 26 Wrede, Das Reich, S. 474–483. Vgl. bes. De Lydsaamheid en het Geloove der Heiligen Onder so viel en bittere sware Verfolgingen …, (Amsterdam) 1688. Zu England und den Niederlanden neben Groenhuis, Calvinism, siehe Pasi Ihalainen, Protestant Nations Redefined. Changing Perceptions of National Identity in the Rhetoric of the English, Dutch and Swedish Public Churches 1685–1772, Leiden 2005; Tony Claydon/Ian McBride (Hg.), Protestantism and National Identity. Britain and Ireland c. 1650 – c. 1850, Cambridge 1998. 27 Wrede, Das Reich, S. 364. Vgl. etwa die Ausg. Frantzöische (!) Türckey, Das ist: Summarisches Project wie das heutige ietztlebende Franckreich die Türckischen Staats-Maximen … erlernet, o.O. 1675; Het France Turckye … Of kort Verhael van de principaelste Wercken van sijn Christe­ lijckste Mayesteyt …, „Rotterdam“ 1673. Zum osmanischen Feindbild im 17. Jh. Wrede, Das Reich, S. 66–185. 28 Wrede, Das Reich, S. 367f. 29 Wrede, Das Reich, S. 373. Vgl. Solstitium Gallicum, Oder die Frantzösische Sonnenwende …, o.O. 1690, S. 29.

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A nmerkungen

30 Cillessen (Hg.), Krieg der Bilder, S. 136–143; Wrede, Das Reich, S. 397–407. 31 Bertrand Fonck, Le maréchal de Luxembourg et le commandement des armées sous Louis XIV, Seyssel 2014, S. 336f.; Lynn, Giant, S. 403; Wrede, Das Reich, S. 400. Vgl. Frantzösische Tyranney, o.O. 1674, fol. E 2r (Zitat). 32 Wrede, Das Reich, S. 367. Vgl. Christliches Bedencken Hoher Gemüther über die außgeschickten Bär-Wölffe Des Aus einem Aller-Christlichsten in einen Aller-Unchristlichsten verwandelten Frantzosen Königes. Aufgesetzet von Martin Rabenac, Hamburg 1689, fol. A 4r-v (Zitat). 33 Wrede, Das Reich, S. 403f. Vgl. Der Frantzösische und das Heil. Röm. Reich. 34 Baumanns, Lisola, S. 325–334; Wrede, Das Reich, S. 435–455; ders., Die Welfen im Reich. 35 Henri Duranton, „Ci-gît notre invincible roi.“ Épitaphes et autres requiem pour la mort de Louis XIV, in: Da Vinha u. a. (Hg.), Louis XIV, S. 243–260; Stanis Perez, Nec lubricus impar. Les galanteries de Louis XIV en question, in: Da Vinha (Hg.), Louis XIV, S. 217–228. 36 Wrede, Das Reich, S. 539–541. 37 Linda Colley, Britons, Forging the Nation, 1707–1837, 2. Aufl. London 1994, S. 25f. 38 Arndt, Herrschaftskontrolle durch Öffentlichkeit, S. 201–238, 505–525; Martin Wrede, L’ennemi héréditaire entre croisades et convenances. Séculariser un concept sacral, in: Laurent Bourquin u. a. (Hg.), La politique par les armes. Conflits internationaux et politisation, XVe – XIXe siècle, Rennes 2013, S. 77–90.

IX. Am Ende – Der Tod Ludwigs und die Bilanz seiner Herrschaft 1 2 3 4 5

Sarmant, Louis XIV, S. 413–415. Sarmant, Louis XIV, S. 499; Chaline, Le règne, Bd. 2, S. 394–397. Sarmant, Louis XIV, S. 525. Sarmant, Louis XIV, S. 500–502. Sarmant, Louis XIV, S. 503; Perez, La santé de Louis XIV, S. 120–133. Dort auch zum Folgenden. 6 Maral, Le Roi-Soleil et Dieu, S. 299–311; Bluche, Louis XIV, S. 885–889. Vgl. Saint-Simon, Mémoires, Bd. 5, S. 410–413, 617. 7 Chaline, Le règne, Bd. 2, S. 397f. Besonders ausführlich zu Ludwigs letzten Tagen siehe Alexandre Maral, Les dernier jours de Louis XIV, Paris 2015. 8 Sarmant, Louis XIV, S. 507f. – Zum Abschied Liselottes Van der Cruysse, Madame sein, S. 571f. Vgl. Die Briefe der Liselotte, S. 343f. (27. August 1715, an Raugräfin Luise).

276

A nmerkungen

9 Maral, Le Roi-Soleil, S. 290–304; Sarmant, Louis XIV, S. 510f.; Bluche, Louis XIV, S. 893f. Vgl. Saint-Simon, Mémoires, Bd. 5, S. 412f., 617; ders., Parallèle des trois premiers rois Bourbons, in: ders., Traités politiques et autres écrits, S. 1013–1333, hier 1287. 10 Saint-Simon war alles andere als großgewachsen, woraus sich der Spottname petit duc ergab. LeRoy Ladurie/Fitou, Saint-Simon, S. 384–442; Alexandre Dupilet, La régence absolue. Philippe d’Orléans et la polysynodie, 1715–1718, Seyssel 2011, S. 79–122. Siehe auch Denis Reynaud/ Chantal Thomas (Hg.), Le Régent. Entre fable et histoire, Paris 2003. 11 Vgl. Ralph E. Giesey, Le roi ne meurt jamais. Les obsèques royales dans la France de la Renaissance, Paris 1987 (engl. Orig. 1960). Das von Giesey entwickelte Bild, in dem erst die Beisetzung den Herrschaftsübergang symbolisch kenntlich machte, entsprach seit dem Tod Heinrichs IV. nicht mehr der Verfassungsrealität. 12 Sarmant, Louis XIV, S. 513–520; Chaline, Le règne, Bd. 2, S. 400. Siehe ferner Hurt, Louis XIV, S. 125–172; Jean-Pierre Labatut, Les duc et pairs de France au XVIIe siècle, Paris 1972, S. 82–88. 13 Giesey, Le roi, S. 36, 112. 14 Alain Boureau, Le simple corps du roi. L’impossible sacralité des sou­ verains français, XVe–XVIIIe siècle, Paris 2000, S. 71–91. 15 Saint-Simon, Mémoires, Bd. 5, S. 617f. 16 Duranton, „Ci-gît notre invincible roi.“ 17 Chaline, Le règne, Bd. 2, S. 177–179, 386–394; Maral, Le Roi-Soleil, S. 163f.; Jacques Le Brun, Du privé au public: l’éducation du prince selon Fénelon, in: Halévi (Hg.), Le savoir du prince, S. 235–260. 18 Zu Karl XII. Joachim Krüger, Karl XII. Der „heroische“ Militärmonarch Schwedens, in: Wrede (Hg.), Die Inszenierung der heroischen Monarchie, S. 357–380. 19 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 628–649. 20 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 156–161, Bd. 2, S. 416–424. Vgl. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 1, S. 265–286, Bd. 2, S. 119–124. 21 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 506–531. 22 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 269–274; Sarmant, Louis XIV, S. 558; Monique Pelletier, Les cartes des Cassini. La science au service de l’état et des provinces, Neuaufl. Paris 2013, S. 41–50, bes. 47. Vgl. Daniel Nordman, Art. „Cartes“, in: Bély (Hg.), Dictionnaire, S. 209–212. 23 Die Formulierung stammt von Johannes von Salisbury, aus dem 12. Jh. Siehe Jean-François Solnon, François Ier. Le chevalier lettré, in: ders., Le goût des rois. L’homme derrière le monarque, Paris 2015, S. 13–40. Vgl. zu Franz I. ferner Anne-Marie Lecoq, François Ier imaginaire. Symbolique et politique à l’aube de la Renaissance française, Paris 1987, S. 64f.; Robert J. Knecht, Un prince de la Renaissance. François Ier et son royaume, Paris 1998 (engl. Orig. 1994), S. 152–156; Bruno Petey-Girard, François Ier

277

A nmerkungen

et les lettres, in: ders./Magali Véne (Hg.),François Ier. Pouvoir et image (Ausstellungskatalog), Paris 2015, S. 208–219; Magali Vène, Des livres et un roi, in: Petey-Girard/Vène (Hg.), François Ier, S. 220–231. 24 Sarmant, Louis XIV, S. 277–280. 25 Nicolas Milanovic/Alexandre Maral, Louis XIV. L’homme et le roi (Ausstellungskatalog), Paris 2009, hier bes., Philippe Beaussant, Le goût du roi, S. 56–63, sowie der entsprechende Katalogabschnitt, S. 236–347. Vgl. die klassische Panegyrik bei Solnon, Le goût, Kap. 5–7. Zu Friedrich II.: Thomas Biskup, Friedrichs Größe. Inszenierungen des Preußenkönigs in Fest und Zeremoniell, 1740–1815, Frankfurt a. M. 2012, S. 76–97. 26 Überblick: Ronald G. Asch, Art. „Hof“, in: Jäger u. a. (Hg.), Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 5, Sp. 564–573. 27 Louis XIV, Manière de montrer les jardins de Versailles, hg. von Catherine Szántó, Versailles 2013. 28 Maral, Le roi, S. 25–265; Philippe Salvadori, La chasse sous l’Ancien Régime, Paris 1996, S. 215–217. 29 LeRoy Ladurie/Fitou, Saint-Simon, S. 43–72. 30 Louis XIV, Mémoires, S. 51, 61, 107. 31 Zur Frage der Verfasserschaft Pierre Goubert, Présentation, in: Louis XIV, Mémoires, S. 7–39, hier 7f.; Marie-Claude Canova-Green, On ne naît pas roi, on le devient: Louis XIV au miroir de ses Mémoires, in: Da Vinha u. a. (Hg.), Louis XIV, S. 33–43, hier 33. 32 Louis XIV, Mémoires, S. 79. 33 Louis XIV, Mémoires, S. 73. 34 Wörtl. Übers.: „Wenn ich nicht um die Härte seines Herzens gewusst hätte und um die des meinigen.“ Louis XIV, Mémoires, S. 160. 35 Saint-Simon, Parallèle, S. 1262. 36 Spanheim, Relation, S. 66f. 37 Spanheim, Relation, S. 71. 38 Primi Visconti, Mémoires, S. 28, 100. 39 Louis XIV, Mémoires, S. 188. 40 Sarmant, Louis XIV, S. 550f. 41 Zum Verhältnis zu Louvois Sarmant, Louis XIV, S. 346–348; Petitfils, Louis XIV, S. 514f. Siehe auch Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 114. Vgl. SaintSimon, Mémoires, Bd. 1, S. 32–35, Bd. 5, S. 381–385, 456, 527f. 42 Sophie von Hannover, Memoiren, S. 121. 43 Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 127–135. 44 Sarmant, Louis XIV, S. 550–552; Chaline, Le règne, Bd. 1, S. 35f., 111– 114. Vgl. Primi Visconti, Mémoires, S. 108. 45 Dazu Kapitel VII. 46 Jean-Marie Apostolidès, Le roi-machine. Spectacle et politique au temps de Louis XIV, Paris 1981; Dessert, Le royaume. Vgl. auch Burke, Ludwig XIV. Der Originaltitel spricht von der „Fabrication of Louis XIV“.

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A nmerkungen

47 Sarmant, Louis XIV, S. 554–557; Horowski, Die Belagerung, S. 92–106, 217–227; 456f. 48 Wrede, Das Reich, S. 364–374.

X. Immer weiter … – Ludwigs Ruhm und Nachruhm 1 Burke, Ludwig XIV. Vgl. Sarmant, Louis XIV, S. 529–565; Da Vinha u. a. (Hg.), Louis XIV. 2 Wrede, Des Königs Rock, S. 382–408. 3 Christian Biet, Henri IV. La vie, la légende, Paris 2000; Danièle Thomas, Henri IV. Images d’un roi entre mythe et réalité, o.O. 1996. 4 Zit. nach Michel Antoine, Louis XV, Paris 1989, S. 161f. Vgl. dort auch zum Kontext, ebenso bei Wrede, Des Königs Rock, S. 388f. Allgemein zu Ludwig XV. siehe auch Bernard Hours, Louis XV. Un portrait, Toulouse 2009. 5 Antoine, Louis XV, S. 427–434; Jens-Ivo Engels, Königsbilder. Sprechen, Singen und Schreiben über den französischen König in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Bonn 2000, S. 210–226, 266–268. 6 Zit. nach Antoine, Louis XV, S. 301. Vgl. Wrede, Des Königs Rock, S. 388f. 7 Zit. nach Michèle Fogel, Les cérémonies de l’information dans la France du XVIe au XVIIIe siècle, Paris 1989, S. 248. 8 Wrede, Des Königs Rock, S. 389–392. 9 Wrede, Des Königs Rock, S. 391; Godehard Janzing, Le pouvoir en main. Le bâton de commandement dans l’image du souverain à l’aube des temps modernes, in: Thomas Gaehtgens/Nicole Hochner (Hg.), L’image du roi de François Ier à Louis XIV, Paris 2006, S. 245–280. Zitat: Charles Philippe d’Albert, duc de Luynes, Mémoires du duc de Luynes sur la cour de Louis XV, hg. von L. Dussieux/E. Soulié, Bd. 7, Paris 1861, S. 179 (Moritz von Sachsen an unbekannten Empfänger, 12.05.1745). 10 Wrede, Des Königs Rock, S. 392–404. Zur Uniform bei Hofe im 18. Jahrhundert im Einzelnen siehe Philip Mansel, Monarchy, Uniform, and the Rise of the Frac, in: Past & Present 96 (1982), S. 103–132; ders., Dressed to Rule. Royal and Court Costume from Louis XIV to Elizabeth II, New Haven, Conn. u. a. 2005, S. 18–36. 11 Wrede, Des Königs Rock, S. 399–403; Aurore Chéry, Louis XVI ou le nouvel Henri IV, in: Bulletin du Centre de recherche du château de Versailles. Articles et études, mis en ligne le 16 septembre 2010. URL: http:// crcv.revues.org/10466 ; dies., Les Leszynski et l’image du roi bienfaisant. Un modèle pour la monarchie française?, in: Les carnets du LARHRA 2012–2, S. 55–71. Zum Verzicht auf Reisen: Gilles Bertrand, Du voyage dans les traités d’éducation aux pratiques

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A nmerkungen

royales et aristocratiques: le cas français au XVIIIe siècle, in: Gérard Luciani/Catherine Volpilhac-Auger (Hg.), L’ Institution du prince au XVIIIe siècle, Paris 2003, S. 15–23. Allgemein zu Ludwig XVI. siehe Jean– Christian Petitfils, Louis XVI, Paris 2005; John Hardman, Louis XVI. The Silent King, London 2000. 12 Wrede, Des Königs Rock, S. 392–404, mit weiteren Verweisen. Zeitgenössische Kritik an der herrscherlichen Performanz Ludwigs XVI. siehe etwa bei Emmanuel duc de Croÿ, Journal inédit du duc de Croÿ, hg. von Emmanuel Henri de Grouchy/Paul Cottin, 4 Bde. Paris 1906/07, Bd. 3, S. 208f., 231f., 291 u.ö. – Vgl. die deutsche Teilübers. des Tagebuchs: Emmanuel de Croÿ, Nie war es herrlicher zu leben … Das geheime Tagebuch des Herzogs von Croÿ 1718–1784, hg. u. übers. von Hans Pleschinski, München 2011. 13 Thomas W. Gaehtgens/Gregor Wedekind (Hrsg.), Le culte des grands hommes, 1750–1850, Paris 2009. Zitat: Arlette Farge, Lauffeuer in Paris. Die Stimme des Volkes im 18. Jahrhundert, Stuttgart 1992 (franz. Orig. Paris 1992), S. 242. 14 Erstaufl. Berlin 1750. Vgl. Sarmant, Louis XIV, S. 534f. 15 Kantorowicz, Die zwei Körper des Königs. 16 Zur Assimilation von natürlichem und politischem Körper des Königs unter Ludwig XIV. siehe etwa Sabatier, Versailles, S. 565; Asch, Sacral Kingship, S. 112; Wrede, Ohne Furcht, S. 350. 17 Zur individuellen memoria als „drittem Körper“ des Königs (oder sehr lebendigem Schatten) siehe bereits Martin Wrede, Königsmord – Tyrannentod. Wie man sich der drei Körper des Königs entledigt – oder es zumindest versucht (16.–18. Jahrhundert), in: Historisches Jahrbuch 133 (2013), S. 225–254, bes. 251f. 18 Siehe zur Debatte etwa Schilling (Hg.), Absolutismus; Asch/Duchhardt (Hg.), Der Absolutismus – ein Mythos? – Aufgeworfen wurde die Frage durch die Studie von Nicholas Henshall, The Myth of Absolutism. Change and Continuity in Early Modern European Monarchy, London/ New York 1992. – Zur Begriffskonstruktion des 19. Jahrhunderts: Reinhard Blänkner, „Absolutismus.“ Eine begriffsgeschichtliche Studie zur politischen Theorie und zur Geschichtswissenschaft in Deutschland, 1830–1870, Frankfurt a. M. u. a. 2011. 19 Konzise Überblicke zu Theorie und Praxis des Absolutismus: Martin Wrede, Art. „Absolutismus“, in: Jäger u. a. (Hg.), Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 1, Sp. 24–34; James B. Collins, Art. „Absolutism“, in: Jonathan Dewald (Hg.), Encyclopedia of the Early Modern World. 1450 to 1789, 6 Bde. Chicago 2004, Bd. 1, S. 1–7. 20 Jean-Marie Constant, La folle liberté des baroques, 1600–1661, Paris 2007; Heinz Duchhardt/Matthias Schnettger, Barock und Aufklärung, 5. bearb. u. erw. Aufl. München 2015 (bis zur 3. Aufl. u.d.T.: Das Zeitalter des Absolutismus).

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A nmerkungen

21 Sarmant, Louis XIV, S. 554–563, bes. 557f. 22 Jacob Burckhardt, Weltgeschichtliche Betrachtungen, Ausg. München 1978, S. 153. Natürlich spricht Burckhardt von der Welt als ganzer, die ohne den „großen Mann“ unvollständig geblieben wäre. 23 Sabatier, Louis XIV et le cinéma, S. 325–337. 24 Anne-Élisabeth Spica, Le Grand Siècle et le Grand homme. De Gaulle et le XVIIe siècle, in: Littératures classiques 76 (2011), S. 41–51. 25 Guillaume Doizy/Pascal Dupuis, Caricatures de présidents, 1848–2012, in: Sociétés et représentations 36 (2012), S. 9–16 (Einleitung zum gleichnamigen Themenheft der Zeitschrift); Jean-Laurent Cassely/Jean-Marie Pottier, À chaque président de la Ve République son roi, in: Slate.fr, 30.11.2012 (Zugriff vom 19.05.2015). Siehe auch: Von de Gaulle bis Mitterand. Politische Karikatur in Frankreich 1958– 1987 (Ausstellungskatalog), Münster 1987. Speziell zu de Gaulle: Spica, De Gaulle et le XVIIe siècle, S. 51; Laurent Martin, De Gaulle et le Canard enchaîné: je t’admire, moi non plus, in: Sociétes et représentations 36 (2012), S. 109–124. Siehe im übrigen die Satire von André Ribaud, La Cour. Chronique du Royaume, Neuaufl. Paris 1990, die - mit Karikaturen von Roland Moisan - im Stil Saint-Simons de Gaulle als Wiedergänger des „Königs“ zeichnet. 26 Doizy/Dupuis, Caricatures, S. 10; Martin, De Gaulle et Le Canard enchaîné, S. 115; Cassely/Pottier, À chaque président. 27 Bély, Louis XIV, S. 267.

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299

Personenregister Alexander der Große 74, 83 Anna von Österreich 8, 14f., 18–22, 24, 29, 37–39, 85, 105, 118, 140f. 210 Apostolidès, Jean-Marie 232 Baltasar Carlos, Infant von Spanien..35 Barbezieux, Louis François Marie Le Tellier, Marquis de 94 Beaufort, Francois de Bourbon-Vendôme, Duc de 32 Beaumont de Péréfixe, Paul Philippe Hardouin de (Abbé)..24f. Belle-Isle, Charles-Louis-Auguste Fouquet, Duc de 43 Bély, Lucien 75, 255 Berry, Charles de France, Duc de 209 Boufflers, Louis-François, Duc de (Marschall) 179 Bourbon-Condé, Louis-Henri, Duc de 210, 237 Bourbon-Condé, Henri Jules, Herzog von Enghien, Prince de 32, 135 Burckhardt, Jacob 248 Burke, Peter 83, 235 Castel dos Rios, Manuel de Semmenat, Marquis de (Botschafter) !($ Cénat, Jean-Philippe 80 Chaline, Olivier 11, 124 Chamlay, Jules-Louis Bolé de (Marschall) 161 Christoph Bernhard von Galen, Bischof von Münster 63

300

Colbert, Jean-Baptiste (Finanzminister) 41–44, 62, 71, 86–94, 97f., 116, 139, 221, 233f. Colbert de Torcy s. Torcy Corbiau, Gérard 7f. Corneille, Pierre 223, 248 Créqui, François de Blanchefort de (Marschall) 68 Cromwell, Oliver 334 Dangeau, Philippe de Courcillon, Marqiuis de 127 de Witt, Johann 54f. De Gaulle, Charles 249–252 Dessert, Daniel 42, 233 Dumas, Alexandre 16, 20, Elias, Norbert 9, 136 Eugen, Prinz von Savoyen 175–177, 179 Fagon, Guy-Crescent (Leibarzt Ludwigs) 213 Fénelon, François de (Erzbischof von Cambrai) 144, 218, 241 Ferdinand III., Kaiser des HRR 50 Fleury, André-Hercule de (Kardinal) 238 Fouquet, Nicolas Finanzminister 39, 41–44, 85–87, 139f. Franz I. von Frankreich 40, 67, 77, 117, 124, 204, 223, 244 Friedrich II. von Preußen 11, 242 Friedrich Wilhelm I. von Preußen 104 Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg 65, 68

P ersonenregister

Gaston de Bourbon, Duc d’Orléans 16f., 31, 139, 246 Georg III., König von England 240 Girardon, François (Bildhauer) 138f. Giscard d’Estaing, Valéry Marie René (Staatspräsident) 249 Goubert, Pierre (Historiker) 45f. Gustav II. Adolf, König von Schweden 200 Heinrich III., König von Frankreich 29, 124 Heinrich IV., König von Frankreich 17–19, 22, 40, 75, 104, 118, 145, 216, 226, 236f., 242, 244 Hollande, François (Staatspräsident) 249 Horowski, Leonhard (Historiker) 10 Jakob II., König von England 110, 158, 164 Joseph I., Kaiser des HRR 181 Joseph II., Kaiser des HRR 240f. Joseph Ferdinand, Kurprinz von Bayern 169 Kantorowicz, Ernst 243 Karl V., Kaiser des HRR 67 Karl VI., Kaiser des HRR (Erzherzog von Österreich und Karl III. von Spanien) 169f., 176f., 181, 183, 238 Karl I., König von England 27, 34 Karl II., König von England 34, 66 Karl II., König von Spanien 36, 65, 168, 171, 173 Karl XI. von Schweden 153 Karl XII. von Schweden 180, 218f. Karl Ludwig, Kurfürst von der Pfalz 147

La Chaise, François d’Aix de, genannt Père Lachaise (Beichtvater Ludwigs XIV.) 109 La Feuillade, François d’Aubusson, Duc de (Marschall) 195 Lahaye, Matthieu (Historiker) 137 La Vallière, Louise de (Mätresse) 120, 142, 198 La Vieuville, Charles, Duc de 128 Lauzun, Antonin Nompar de Caumont, Duc de 127 L’Enfant, Pierre (Maler) 239 Le Brun, Charles (Maler) 138f. Leibniz, Gottfried Wilhelm 189 Le Nôtre, André (Gartenbaumeister) 138 Leopold I., Kaiser des HRR, Erzherzog und König von Ungarn und Böhmen 11, 50, 53, 108, 126, 165, 168, 191 Le Tellier, François Michel, Marquis de Louvois (Kriegsminister) 74, 80, 94f., 115, 139, 161, 164, 167, 231, 234 Le Tellier, Michel, Marquis de Louvois (Minister) 39, 93, 115, 234 Lionne, Hugues de, Marquis de Berny (Minister) 39 Liselotte von der Pfalz (eigentl. Elisabeth Charlotte von der Pfalz, Herzogin von Orléans) 12, 147, 157, 214 Lisola, Franz Paul, Freiherr von 58, 189, 196f., 206 Longueville, Henri II d’Orléans, Duc de 32 Louis de France, Duc de Bourgogne (Enkel Ludwigs XIV.) 137, 144, 209, 211, 215, 218, 241 Ludwig XII. von Frankreich 22

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P ersonenregister

Ludwig XIII. von Frankreich 12, 15f., 19f., 22, 29, 38, 75, 104, 211, 246 Ludwig XV. von Frankreich 38, 144, 182, 210f., 215f., 236.240, 242, 247 Lully, Jean-Baptiste (Komponist) 7, 139, 223 Luxemborug-Pinay, Francois Henri de Montmorency-Bouteville, Duc de (gen. „Marschall Luxemburg“) 81, 204 Lynn, John (Historiker) 71, 112 Magimel, Benoît (Schauspieler) 9, 249 Maine, Louis-Auguste de Bourbon, Duc du 145, 210, 215 Maintenon, Françoise d’Aubigné, Marquise de 80, 109, 142f., 147, 198f., 210, 214, 250 Maria Antonia von Österreich 169 Maria de Medici 22, 38 Maria Teresa, Infantin von Spanien 35–37 Marlborough, John Churchill, Herzog von 175–177, 179, 182 Max Emanuel, Kurfürst von Bayern 175 Mazarin, Jules (Kardinal) 19f., 24f., 29–32, 34f., 38–41, 43, 50, 52, 85, 87f., 104, 131, 198, 229 Mélac, Ezéchiel de („Mordbrenner“, General) 162f., 204 Mitterand, François Maurice Adrien Marie (Staatspräsident) 251 Molière, Jean-Baptiste 138f., 141, 223, 248 Montecuccoli, Raimondo (General) 52 Montespan, Françoise-Athénaïs de Rochechouart-Mortemart, Marquise de 142, 145, 198

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Montesquieu, Charles-Louis de Secondat, Baron de La Brède et de 212 Moritz von Sachsen (Marschall) 239 Napoleon Bonaparte 83, 188, 243, 247, 251f. Noailles, Adrien-Maurice, Duc de (Marschall) 238 Parrocel, Joseph (Maler) 72, 76, 180 Perrault, Charles (Schriftsteller) 138, 187 Perrault, Claude (Architekt) 118 Petitfils, Jean-Christian (Historiker) 11, 16 Philipp II. von Spanien 26, 95, 191 Philipp IV. von Spanien 20, 50, 56f., 59, 191 Philipp V. von Spanien, Herzog Philipp von Anjou 144, 177f., 182 Philippe (I) de Bourbon, Duc de Orléans (Bruder Ludwigs XIV.) 42, 74–76, 79, 82, 118, 125, 135, 147, 157, 160, 210, 213 Philippe (II) de Bourbon, Duc de Orléans (Neffe Ludwigs XIV., Regent) 146, 209, 214f. Pompidou, Georges Jean Raymond (Staatspräsident) 251 Pontchartrain, Jérôme Phélypeaux, Comte de (Minister) 88, 92, 94 Primi Visconti, Jean-Baptiste (Giovanni Battista), Graf 25 Racine, Jean 138f., 223, 248 Richelieu, Armand-Jean du Plessis, Premier Duc de Richelieu (Kardinal) 16, 19f., 22f., 28f., 31, 39, 47, 100, 104, 118, 131, 138f., 246 Rigaud, Hyacinthe (Maler) 71, 73, 80, 235, 249

P ersonenregister

Romeyn de Hooghe (Maler) 204 Rorive, Jean-Pierre (Hitoriker) 164 Saint-Simon, Louis de Rouvroy, Duc de 11f., 25, 80f., 92f., 115, 129, 143–146, 214f., 217f., 227, 230 Sarkozy, Nicolas (Staatspräsident) 251 Sarmant, Thierry (Historiker) 11, 231 Scarron, Paul 142 Schlüter, Andreas (Architek) 195 Spanheim, Ézéchiel 12, 129f., 143, 227, 229f., 232 Sourches, Louis Francois du Bouchet, Marquis de 12 Suleiman der Prächtige 204 Torcy, Jean-Baptiste Colbert de (Außenminister) 91, 94 Toulouse, Louis Alexandre de Bourbon, Comte de 145, 210 Tourville, Anne Hilarion de Costentin, Comte de (Admiral) 164f.

Toussaint Rose, Marquis de Coye 93 Turenne, Henri de La Tour d’Auvergne, Vicomte de (Marschall) 67, 75, 106, Van der Cruysse, Dirk (Historiker) 12 Van der Meulen, Adam Frans (Maler) 63, 72, 139 Vauban, Sébastien Le Prestre de (Marschall) 78, 83, 177 Villars, Claude-Louis-Hector de (Marschall) 179, 182 Villeroy, François de Neufville, Duc de (Marschall) 86, 210, 213 Voltaire (eigentl. François-Marie Arouet) 243 Wilhelm III. von Oranien, Statthalter der Niederlande und König von England 64, 67, 81, 158f., 164–166, 173, 186

303

Bildnachweis Karte S. 252: Peter Palm, Berlin. akg-images: S. 19, 21, 30, 73, 89, 98, 119, 123, 133, 162, 180, 190, 193; © bpk / RMN - Grand Palais / Paris, hôtel des Invalides/ Pascal Segrette: S. 76; Bridgeman Art Library: S. 2, 176, 250; Interfoto: S. 211; Picture-alliance: S. 9; WBG-Archiv: S. 63

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Über den Autor Martin Wrede, geb. 1969, ist Professor für die Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Grenoble. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf dem Gebiet der politischen Kultur des frühneuzeitlichen Europa, besonders auf der Geschichte des europäischen Adels und der Monarchie, den deutsch-französischen Beziehungen sowie wechselseitigen Wahrnehmungen und Feindbildvorstellungen.