Ludwig August Frankl (1810–1894): Eine jüdische Biographie zwischen Okzident und Orient 9783412504717, 9783412503741

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Ludwig August Frankl (1810–1894): Eine jüdische Biographie zwischen Okzident und Orient
 9783412504717, 9783412503741

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Louise Hecht (Hg.)

LUDWIG AUGUST FRANKL (1810–1894) Eine jüdische Biographie zwischen Okzident und Orient

:: INTELLEKTUELLES PRAG IM 19. UND 20. JAHRHUNDERT

Herausgegeben von Steffen Höhne (Weimar), Alice Stašková (Prag/Berlin) und Václav Petrbok (Prag)

Band 10

Louise Hecht (Hg.)

­ UDWIG AUGUST L FRANKL (1810–1894) Eine jüdische Biographie zwischen Okzident und Orient

2016 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Englischer Titel: Ludwig August Frankl (1810–1894) A Jewish Biography Between Occident and Orient

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: Schreibmappe Ludwig August Frankls mit eingesetzter Ehrenmedaille mit seinem Bildnis, Wien 1880. Jüdisches Museum Wien. © 2016 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com © 2016 Louise Hecht et al., Olomouc This work is licensed under the Creative Commons NamensnennungNicht kommerziell 4.0 International License. To view a copy of this license, visit http://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ Die Quellen aller Abbildungen wurden sorgfältig recherchiert. Sollte uns ein Nachweis entgangen sein, bitten wir Sie, mit der Herausgeberin Kontakt aufzunehmen. Satz und Korrektorat: Kerstin Mayerhofer, Wien ISBN (Print) 978-3-412-50374-1 ISBN (OA) 978-3-412-50471-7 https://doi.org/10.7788/boehlau.9783412504717

Inhaltsverzeichnis Eine polyphone Biographie – Einleitung Louise Hecht............................................................................................................. 11

1. Kapitel Biographische Welt: Traditon und Akkulturation „Wie glücklich ist sicher die gute Paula, …“ Frauen im Leben von Ludwig August Frankl Dieter J. Hecht.......................................................................................................... 47 Genealogie der Familien Frankl und Frankl von Hochwart (mit Basch) Georg Gaugusch........................................................................................................ 77

2. Kapitel Öffentliche Welt: Literatur und Revolution Ludwig August Frankl als tschechischer Dichter? Václav Petrbok......................................................................................................... 89 Der „Mitgenannte“. Ludwig August Frankls Stellung in der Literaturgeschichte Jörg Krappmann...................................................................................................... 121 Konkurrenz und Kompensation. Ludwig August Frankl und Ferdinand Kürnberger Hubert Lengauer..................................................................................................... 137 Die Bedeutung der Sonntagsblätter Ludwig August Frankls für die Wiener Musikkritik Barbara Boisits....................................................................................................... 157

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Inhaltsverzeichnis

Gedichte von Ludwig August Frankl in ihren Vertonungen. Ein Spektrum musikalischer Übersetzungen. Stefan Schmidl......................................................................................................... 183 Ludwig August Frankls Bedeutung in der Revolution von 1848 Ernst Wangermann................................................................................................. 195 Ludwig August Frankl und die Wiener Unterhaltungsblätter im Vormärz Gertraud Marinelli-König........................................................................................ 207

3. Kapitel Jüdische Welt: Philanthropie und Wissenschaft Ludwig August Frankl als historischer Mythograph der Marranen Carsten Wilke......................................................................................................... 221 Ludwig August Frankls „Nach Jerusalem!“ Über die Logik der Widersprüche und das Zerbröckeln der Metaphern Marie Krappmann................................................................................................... 241 “My Heart is in the East”: Ludwig August Frankl’s Mission to the Orient in the Footsteps of Yehuda Halevy Yochai Ben-Ghedalia............................................................................................... 257

4. Kapitel Patriotische Welt: Denkmäler, Biographien und Nachrufe Ludwig August Frankl – Politiker der Erinnerung Herlinde Aichner.................................................................................................... 275 „Durch Wort und That“: Motto und Credo Louise Hecht........................................................................................................... 291 Ludwig August Frankl und das Jüdische Museum Gabriele Kohlbauer-Fritz......................................................................................... 323

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Inhaltsverzeichnis

Epilog Frankl Reloaded A Biographical Sketch Louise Hecht........................................................................................................... 339

Biographische Zeittafel.......................................................................................373 Stammbaum der Familie Frankl..........................................................................376 Chronologische Auswahlbibliographie von L. A. Frankl...............................379 Abbildungsverzeichnis.........................................................................................382 Quellen- und Literaturverzeichnis.....................................................................383 Personenregister...................................................................................................424 Adressen der Autorinnen und Autoren............................................................427

Louise Hecht

Danksagung Dies ist der Moment, all jenen zu danken, die sich über viele Jahre für Leben und Werk von Ludwig August Frankl begeistert und den Weg bis zur Vollendung des Buches unterstützend begleitet haben. Am Anfang stand eine im Dezember 2010 vom Kurt-und-Ursula-Schubert Center for Jewish Studies und dem Lehrstuhl für Germanistik der Palacký Universität unter Schirmherrschaft der Israelischen Botschaft in der Tschechischen Republik organisierte Konferenz anlässlich von Ludwig August Frankls 200. Geburtstag. Die Konferenz hatte sich eine umfassende Kontextualisierung des Jubilars sowie seines Werkes und Wirkens zum Ziel gesetzt, die als wissenschaftliche Initialzündung für den vorliegenden Band diente. Hiermit sei den Mitorganisatorinnen Prof. Ingeborg Fiala-Fürst und Prof. Ludvík Václavek (Katedra Germanistiky, Univerzita Palackého v Olomouci), den Kooperationspartnern vom Institut für Germanistik der Alpen-Adria Universität Klagenfurt und dem Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg, Dr. Michael Silber dem Cardinal Franz Koenig Chair (The Hebrew University, Jerusalem), der Aktion Österreich – Tschechische Republik, der Jüdischen Gemeinde Olomouc, dem Österreichischen Kulturforum Prag sowie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Konferenz für wissenschaftliche Expertise und/oder finanzielle Unterstützung aufs herzlichste gedankt. Die vorliegende kollektive Biographie hätte ohne die fruchtbare Zusammenarbeit vieler Kolleginnen und Kollegen unterschiedlicher Fachbereiche niemals zustande kommen können; abgesehen von den Autorinnen und Autoren profitierte der Band erheblich von Anregungen, wertvollen Kommentaren und/oder Materialspenden der folgenden Personen: Israel Bartal, Michal Frankl, Christa Kupferblum, Heinrich Lorenz, Barbara Otto, Christa Prokisch, Michael Silber, Lisa Silverman, Liliane Weissberg, Peter Varga, Alexandra Wanka und Michael Wögerbauer. Mein Dank gilt ebenso zahlreichen Archiven und Bibliotheken auf verschiedenen Kontinenten sowie ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die die Forschungsarbeit fachkundig unterstützten und großzügig Abbildungsmaterial zur Verfügung stellten; konkret seien die Central Archives for the History of the Jewish People (Jerusalem), das Jüdische Museum Prag, das Jüdische Museum Wien, das Leo Baeck-Institute (New York), die National Library of Israel (Jerusalem), das Österreichische Staatsarchiv (Wien), das Staatsarchiv

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München, die Wienbibliothek im Rathaus, das Wien Museum und das Wiener Stadt- und Landesarchiv genannt. Steffen Höhne und Václav Petrbok schlugen nicht nur vor, den Band in ihrer gemeinsam mit Alice Stašková herausgegebenen, angesehenen Reihe Intellektuelles Prag im 19. und 20. Jahrhundert zu publizieren, sondern brachten sich auch aktiv bei Gestaltung und Finanzierung des Buches ein; für ihre Geduld und ihr Engagement sei ihnen aufrichtig gedankt. Für finanzielle Unterstützung, ohne die der Band das Licht der Welt niemals erblickt hätte, bedanke ich mich außerdem beim Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, dem Lehrstuhl für Germanistik sowie dem Kurt-und-Ursula-Schubert Zentrum für Jüdische Studien der Palacký Universität Olomouc, dem Österreich Zentrum Olomouc und dem Zukunftsfonds der Republik Österreich. Kerstin Mayerhofer gebührt ganz besonderer Dank für das gewissenhafte Lektorat des deutschen Textes und das fachkundige Layout des Manuskripts. Martin Knor brachte nicht nur seine sprachliche Expertise, sondern auch historisches Fachwissen bei der Übersetzung der Einleitung ins Englische ein; Sonia Gollance sei aufs herzlichste für die einfühlsame Überarbeitung des englischen Teiles gedankt und Anna Macová für die unverzichtbare administrative Unterstützung des Projekts. Herrn van Ooyen und Frau Sandra Hartmann vom Böhlau Verlag danke ich für die professionelle Begleitung des Herstellungsprozesses. Schließlich, und ganz besonders, möchte ich mich bei meinem Mann, Dieter J. Hecht, bedanken, der nie müde wurde, über Frankl und seine Zeit zu diskutieren und bei allen auftretenden Problemen mit Fachkenntnis und Umsicht Rat erteilte.

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Eine polyphone Biographie – Einleitung Im Jahr 1837 begab sich ein junger jüdischer Absolvent der medizinischen Fakultäten von Wien und Padua auf seine Grand Tour durch Italien. Diese Reisen waren ursprünglich Teil der formalen und intellektuellen Ausbildung junger Aristokraten (Pieper 2008: 3-7), doch im 18. Jahrhundert wurden sie zusehends auch im Bildungsbürgertum populär (Chaney 1998: XI). Infolge von Akkulturation und sozialer Mobilität der mitteleuropäisch jüdischen Gesellschaft traten ab Beginn des 19. Jahrhunderts auch junge Juden in die Fußstapfen ihrer nichtjüdischen Altersgenossen. Zwar waren Reisen aus geschäftlichen und familiären Gründen in der traditionellen jüdischen Gesellschaft weit verbreitet, die Grand Tour diente jedoch völlig anderen Zwecken; mit ihrer doppelten Stoßrichtung von intellektueller und moralischer (Aus)Bildung verkörperte sie das Ideal deutscher Bildung und bezeugte somit jüdische Bemühungen, sich deutsche Kultur anzueignen (Kaplan 1991: 8-10). Neben dem Besuch von Sehenswürdigkeiten war die Freundschaft mit Intellektuellen, Schriftstellern und Künstlern wie auch die Bekanntschaft mit bedeutenden Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft ein wesentlicher Programmpunkt der Reise. Ausgestattet mit einem Empfehlungsschreiben des bekannten Wiener Orientalisten Joseph von Hammer-Purgstall (1774‑1856),1 bemühte sich unser jüdischer Reisender um eine Audienz bei Kardinal Giuseppe Gasparo Mezzofanti (1774-1849), dem Direktor der vatikanischen Bibliothek. Der polyglotte Kardinal, der sich einiges auf seine „Gewandtheit“ zugute hielt, die Nationalität seiner Gäste nach der damals populären Wissenschaft der Physiognomie zu taxieren, begrüßte unseren Reisenden auf Deutsch. Vorsichtig korrigierte ihn der Besucher: Monsignore, mir ist es leid, Ihre Gewandtheit beschämen zu müssen. Ich bin in Böhmen geboren, und doch nicht aus böhmischem Stamme, wiewohl meine Muttersprache die böhmische ist. (Frankl 1844: 346-349)2

„Welcher Nazionalität gehören Sie also an?“, fragte der Kardinal neugierig. Der junge Mann erzählte, wie sein Ur-Urgroßvater aus unbekannten Gründen 1  Frankl lernte Hammer-Purgstall vermutlich um 1828 kennen; letzterer war seit 1817 mit Caroline Heinikstein (1797-1844), Frankls Großcousine verheiratet. 2  Wiederholt etwa bei Kohut 1900: 395f.

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von Palästina nach Mitteleuropa gekommen, dessen Sohn sich in Deutschland niedergelassen hatte und der Großvater unseres Reisenden schließlich nach Böhmen übersiedelt war. Nach Austausch weiterer Höflichkeiten übergab der junge Mann dem Kardinal sein Empfehlungsschreiben, das ihn als begabten „deutschen“ Poeten pries. „Sehen Sie, Sie sind ein Deutscher, ein deutscher Dichter“ (Frankl 1844: 347), triumphierte der Kardinal. „Ich schreibe in deutscher Sprache, Monsignore“, erwiderte der junge Mann. Und ist es nicht gleich, welche Form, welche Sprache man wählt, um seine Gedanken und Gefühle auszusprechen! Sie, Monsignore, werden als wahrer Sprachen-Kosmop-Weltbürger (er lächelte über die eigene Verbesserung) dieser Meinung wohl beipflichten.“ „Niemals!“ fing er [der Kardinal] lebhaft und italienisch an. „Mir ist die italienische Sprache die liebste auf der ganzen Erde, wiewohl ich reichere, stolzere Sprachen kenne […]. (Frankl 1844: 347)

Seine Erinnerungen an diese Reise publizierte Ludwig August Frankl im Jahr 1844, als er bereits ein anerkannter Schriftsteller und Herausgeber einer wichtigen Wiener Kulturzeitschrift war. Für viele tschechische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wird Frankls Schilderung dieses Treffens mit Mezzofanti als Beweis seiner Verbundenheit mit dem Tschechischen gesehen, das er hier als seine Muttersprache bezeichnete. Dies war ein schwerwiegendes Argument im kulturellen und politischen Kampf, der seit Beginn des 19. Jahrhunderts zwischen Tschechisch und Deutsch in den Böhmischen Ländern tobte. In Anwendung des von Deleuze und Guattari entwickelten Models hat Václav Petrbok in seinem Beitrag sensibel versucht, Frankl aus diesem fruchtlosen Konflikt herauszulösen, indem er obiges Zitat als Beweis für Frankls funktionalen Multilingualismus interpretierte, innerhalb dessen dem Tschechischen, Deutschen und Hebräischen jeweils unterschiedliche Funktionen in Frankls Leben zugewiesen werden. Eine derart verstandene Mehrsprachigkeit schließt den auf Einsprachigkeit abzielenden Nationalismus a priori aus. Die zitierte Episode soll hier daher Frankls kulturellen und politischen Liberalismus illustrieren, der ihn bewog, Nationalismus und andere monokausale Weltanschauungen abzulehnen. Bemerkenswert an jenem Gespräch mit Mezzofanti scheint in diesem Zusammenhang weder Frankls Erwähnung des Tschechischen als seine Muttersprache noch die funktionale Verwendung verschiedener Sprachen, sondern seine geschickte Weigerung, sich in nationale Kategorien einpassen zu lassen. Im Geiste des Liberalismus beantwortete Frankl die Frage nach seiner Nationalität daher ausweichend. Der polyglotte Kardinal lehnte Frankls Ansinnen, sich als Kosmopolit zu definieren, empört ab und nützte die Gelegenheit, um seine Verbundenheit mit seiner italienischen Muttersprache zu demonstrieren. Frankl jedoch erzählte, nach seiner Natio-

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nalität gefragt, stolz das Schicksal seiner jüdischen Vorfahren und verwies auf deren wiederholte Migration. Damit stellte er sich scheinbar als archetypischer Jude vor, der seine Loyalitäten den Zwängen der Bedürfnisse anpasst und kein Vaterland hat. Im Gegensatz zu diesem vermeintlichen Mangel an Vaterlandssinn soll im vorliegenden Buch gezeigt werden, dass Frankl – ein glühender Patriot für Habsburg und Österreich – eine Einordnung entlang nationaler Kategorien bewusst zurückwies, da er sie für sinnlos, wenn nicht gar für kontraproduktiv hielt. Während Mehrfachidentitätskonstruktionen häufig darauf fußen, dass das Individuum sich gleichzeitig als Insider und als Outsider sieht, war Frankl tatsächlich in verschiedenen Kulturen zu Hause, zwischen denen er keinerlei Antagonismus wahrnahm.3 Er verstand seine komplexe multi-ethnische Diaspora-Identität als tschechisch-deutsch-jüdischer Kosmopolit nicht als problematisch, sondern als enorm bereichernd und fühlte sich tatsächlich in vielen Welten zu Hause.4 Die folgende Einteilung von Frankls Biographie in verschiedene ‚Welten‘ ist daher weder chronologisch noch kontrastiv zu verstehen; sie stellt lediglich den (unzulänglichen) Versuch der Historikerin dar, die Gleichzeitigkeit des Lebens in einer ordnenden Struktur abzubilden.

Biographische Welt: Tradition und Akkulturation Ludwig August, mit jüdischem Namen nach seinem verstorbenen Großvater Lazar bzw. Abraham Elazar genannt, Frankl wurde 1810 im böhmischen Städtchen Chrást/Chrast geboren und zählte zur ersten Generation akademisch gebildeter Juden in der Habsburger Monarchie. Ab dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts spielte er eine herausragende Rolle im Wiener Geistes- und Kulturleben. Er entstammte einer angesehenen jüdischen Familie aus Böhmen, deren ‚Stammmutter‘, Frankls Großmutter Marianne (Mirjam) Frankl (geb. Hönig, 1752-1829), die Schwester von Israel Hönig von Hönigsberg (1727-1808) war. Der äußerst erfolgreiche Israel Hönig wurde 1784 nach Verstaatlichung des österreichischen Tabakmonopols zum Direktor von Tabak-, Bankal- und Mautgefälle ernannt und im Jahre 1789 als erster Jude

3  Für jüdische Mehrfachidentitätskonzepte in der Habsburgermonarchie Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts s. Rozenblit (2001). 4  Zur Definition von jüdischer Diaspora-Identität s. Boyarin/Boyarin (1993): 693-725.

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in der Habsburger Monarchie geadelt.5 Ein weiterer Bruder der Großmutter, Adam Hönig (1745-1811), ließ sich taufen und nahm danach, im Zuge seiner Nobilitierung (1784), den Namen Henikstein an. Er und seine Kinder spielten zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle im Wiener Wirtschafts- und Kunstleben (Mittenzwei 1998: 228-232). Im Gegensatz zur Familie Henikstein engagierten sich die Mitglieder der Familie Hönig nicht nur in der christlichen Gesellschaft, sondern auch in den jüdischen Gemeinden von Prag und Wien. Maximilian von Hönigsberg (1754-1832) war langjähriger Repräsentant der Juden in Wien und Soliman von Hönigsberg (1804-1864) Sekretär der jüdischen Kultusgemeinde in Prag. Eine Generation später sollte die Familie Frankl ähnliche Positionen bekleiden. Wie viele Juden in Böhmen und Mähren hatten L. A. Frankls Eltern und Großeltern als Tabakhändler und -verleger eine verhältnismäßig gesicherte wirtschaftliche Position inne. Seine Großmutter Marianne und ihr Mann Lazar erhielten mit dem Tabakverlag in Chrudim auch das Recht, sich als Juden in der Stadt anzusiedeln. Nach dem Tod von Lazar Frankl im Jahr 1792 bekam Marianne durch Intervention ihres Bruders Israel Hönig den Verlag im Städtchen Chrást/Chrast zugesprochen, den sie gemeinsam mit ihrem Sohn Leopold (1776-1825) führte.6 Die zur erfolgreichen Führung des Verlages nötige Bildung setzte ein gewisses Maß an Akkulturation voraus; sie umfasste neben Deutsch- und Mathematik- auch erkleckliche Buchhaltungskenntnisse. Da ihnen diese Bildung gepaart mit Unternehmergeist und Offenheit für Neues zu einer gesicherten wirtschaftlichen Position verholfen hatte, ermöglichten die Tabakverleger zumeist auch ihren Kindern eine höhere (universitäre) Ausbildung, die jenen im 19. Jahrhundert als Eintrittskarte in die allgemeine Gesellschaft diente.7 Ludwig August Frankl besuchte daher zunächst das Gymnasium in Prag und in Litomyšl/Leitomischl. Nach dem frühen Tod seines Vaters Leopold Frankl war er gezwungen, seine Schulbildung kurzfristig zu unterbrechen. Als ältester Sohn musste er gemeinsam mit seiner aus dem mährischen Lysice/ Lissitz stammenden Mutter Therese Frankl (geb. Hermann, 1784-1848) bei den Wiener Behörden um die Weiterführung des Tabakgewerbes ansuchen, 5  Zur Familie Hönigsberg s. Hecht L. 2010: 203-223; zu Hönigs Nobilitierung s. Drewes 2013: 167f., 378. 6  S. dazu den Beitrag von Dieter J. Hecht in diesem Band: 47-76. Weder in Chrudim noch in Chrást/Chrast bestand eine jüdische Gemeinde: Kestenberg-Gladstein 1969: 385, Anm. 179. 7  S. Hecht L., “Jewish Families and the Tobacco Monopoly in the Habsburg Monarchy.” [29.10.2013].

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da Frauen das Gewerbe offiziell immer noch nicht alleine betreiben konnten. Im Jahr 1827 reisten sie daher gemeinsam nach Wien. Auf dieser Reise lernte L. A. Frankl unter anderem Joseph von Hormayr (1782-1848), den Herausgeber des Archivs für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst, kennen. Der Begegnung verdankte er seine erste Publikation, eine in epische Form gekleidete böhmische Volkssage mit dem Titel Johann Pancir, die Hormayr 1828 in seinem Archiv veröffentlichte (Frankl 1828: 140-142).8 Auch das erste Portrait des jungen L. A. Frankls, ein Werk seines damals in Wien studierenden Cousins Leopold Pollak (1806-1880), entstand auf jener Reise.9 Nach Abschluss des Gymnasiums begann L. A. Frankl in Wien Medizin zu studieren. Da die finanzielle Situation der Familie nach dem Tod des Vaters angespannt war, arbeitete er – wie viele junge jüdische Intellektuelle – während seines Studiums als Hauslehrer. Einer seiner Schüler war Gustav Figdor (18161879), Sohn des tolerierten Großhändlers Wilhelm Wolf Figdor aus Kittsee, mit dem er 1829/30 das Salzkammergut bereiste. (Deborah 10.06.1866: 128; Frankl, 1860: 14) Laut eigenen Angaben unterrichtete er 1832 als Hauslehrer bei Markus (Meschulam) Hirsch Beer (1785-1857), einem der Vorsteher der Wiener Judenschaft im Vormärz. (Wachstein 1926: 31)10 Diese Tätigkeit verschaffte ihm nicht nur das für sein Studium notwendige Einkommen, sie brachte ihn auch mit einigen der führenden jüdischen Familien Wiens in Kontakt, was seinen weiteren Lebensweg nicht unwesentlich beeinflussen sollte. Gleichzeitig kam er durch die Publikation historischer Gedichte, teils patriotischen Inhalts, schon früh zu literarischen Ehren; in diesem Kontext sind vor allem das Habsburglied (1832) zu nennen, das ihm eine Audienz bei Kaiser Franz I. und eine goldene Schnupftabakdose von Kronprinz Ferdinand eintrug (Wiener Zeitung 23.02.1832: 173) sowie Cristoforo Colombo (1836), dem er die Ehrenbürgerschaft der Stadt Genua verdankte. (Schlossar 1904: 706) Nach mehreren Studienjahren in Wien beendete L. A. Frankl sein Medizinstudium im Jahre 1837 schließlich an der Universität von Padua, woraufhin er die eingangs erwähnte Italienreise antrat. Nach Wien zurückgekehrt, nahm L. A. Frankl im September 1838 eine Stelle als Sekretär der „Wiener Judenschaft“ an (Letteris, Wiener Mittheilungen

8  Zur Sage s. den Beitrag von Václav Petrbok im vorliegenden Band: 98-120. 9  Ein Nachweis dieses mittlerweile verschollenen Portraits findet sich in dem von Frankl selbst angelegten Verzeichnis seiner Portraits in der Wienbibliothek, Nachlass L. A. Frankl, HIN 25479; s. auch Abbildung 32. 10  Beers aus Metz stammende Frau Eugenie (geb. Silny) war eine bekannte Pianistin und Schülerin von Hummel, der ihr 1820 auch eine Sonate widmete; s. dazu Kroll 2007: 120.

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01.04.1863: 25 f.),11 die er seinen während des Studiums geknüpften Beziehungen zu einflussreichen jüdischen Familien verdankte. Von seiner medizinischen Ausbildung machte er keinen weiteren Gebrauch. Neben seinem Brotberuf als Administrator innerjüdischer Angelegenheiten widmete sich L. A. Frankl fortan hauptsächlich literarischen Unternehmungen, mit denen er sich im gebildeten Wiener (Groß)Bürgertum einen Namen machte. 1842-1848 gab er die bedeutende Kulturzeitschrift Sonntagsblätter heraus, die vielen jüdischen und nichtjüdischen Autorinnen und Autoren im Vormärz als literarische Plattform diente. (Dollar 1932) In diesen Jahren baute er ein umfassendes Netzwerk von Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunden auf, deren Texte zu unterschiedlichen Themen er in seiner Zeitschrift publizierte. Wie von verschiedenen Autorinnen und Autoren in den hier versammelten Beiträgen thematisiert, bedeutete die Revolution von 1848 für L. A. Frankl eine politische und gesellschaftliche Zäsur. Wiewohl er sich zur Zeit des Neoabsolutismus als ,böhmischer Jude‘ noch wiederholt mit Ausweisung aus Wien bedroht sah,12 konnte er in der liberalen Periode endgültig seinen Platz in der allgemeinen (Wiener) Gesellschaft erobern. Eine 1866 in der jüdischen Zeitschrift Deborah veröffentlichte Biographie L. A. Frankls legt beredtes Zeugnis von dieser Akkulturation ab; über mehrere Zeilen werden hier seine Ehrentitel und -mitgliedschaften aufgezählt. Der biographische Abriss tituliert ihn als Ehrenbürger von Chrast, Zaphet und Tiberia, Ehrenmitglied des Musik- und Handwerkerverein, des Hayden-Comites in Wien, des Kepler-Vereins in Weil, Mozarteums in Salzburg, obderennsischen Vereins in Linz, historischen Vereins für Steiermark und Krain, Gartenbaugesellschaft in Frauendorf, Alterthumsgesellschaft in Alexandrien und Kairo, Gesellschaft der Ärzte und Naturforscher in Athen, k.k. geologischen Reichsanstalt Wien. (Deborah 1866: 129)

Bis zu seinem Tod im Jahr 1894 sollten – abgesehen von seiner Nobilitierung und der Ehrenbürgerschaft der Stadt Wien – noch zahlreiche weitere Ehrungen folgen.13 (Ehren)Mitgliedschaften in lokalen, regionalen oder nationalen Gesellschaften dienten gleichermaßen der (bildungs)bürgerlichen Selbstvergewisse11  Den aschkenasischen Juden Wiens war es bis nach der Revolutionen von 1848 untersagt, eine formale Gemeinde zu bilden und die dementsprechenden Funktionen zu besetzen. Erst 1852 wurden die Statuten der israelitischen Religions- bzw. Cultusgemeinde von Wien durch die NÖ. Statthalterschaft genehmigt; s. Wolf 1861: 1-8. 12  S. den Beitrag von Ernst Wangermann in diesem Band: 195-206. 13  S. Curriculum Vitae von Ludwig August Frankl in der Beilage zu seinem Adelsakt, ÖStA, Adelsakt A. L. Frankl von Hochwart, 1876 und Parte von Ludwig August Frankl von Hochwart, 1894.

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rung wie der Förderung patriotischer und nationaler Interessen.14 Signifikant erscheint in diesem Kontext, dass L. A. Frankl zwar lokale und regionale Vereine unterstützte (z.B. den Musikverein in Wien oder den historischen Verein für Steiermark und Krain), sich jedoch nicht von nationalen Verbindungen vereinnahmen ließ. Neben kulturellen Initiativen engagierte er sich auch für (natur)wissenschaftliche Belange, wofür seine medizinische Ausbildung zweifellos eine zweckmäßige Voraussetzung darstellte. So war er nicht nur Ehrenmitglied verschiedener musikalischer Vereine, sondern etwa auch im Kepler-Verein von Weil,15 in der Altertumsgesellschaft von Kairo und Alexandrien sowie in der Gesellschaft der Ärzte und Naturforscher von Athen; die letzten drei Orte verweisen auf L. A. Frankls Orientreise im Jahre 1856, von der noch zu sprechen sein wird. Die ebenfalls erwähnte Ehrenbürgerschaften von „Zaphet und Tiberia“ erinnert vor allem durch die beredte Absenz von Frankls Reiseziel Jerusalem daran, dass die eigentliche Mission seiner Orientreise, eine „Kinderbewahranstalt“ für Untertanen der Habsburger Monarchie zu gründen, aufgrund religiöser und politischer Verwerfungen nur teilweise verwirklicht werden konnte. Das Engagement für jüdische und nichtjüdische Anliegen verband L. A. Frankl mit seinen fünf Geschwistern, die in Chrást/Chrast, Jičín/Gitschin, Prag und Wien lebten. Drei von ihnen, nämlich David Bernhard, Eduard und Wilhelm wurden in ihren jeweiligen Heimatgemeinden zu Stadträten gewählt. Daher wird die biographische Skizze von Frankls jüngstem Bruder Wilhelm (1821-1893) in der bereits erwähnten Zeitschrift Deborah, die viele Ausgaben mit der Kurzbiographie einer bekannten Persönlichkeiten eröffnete, mit einem Lob auf die bemerkenswerten Verdienste jüdischer Erziehung eingeleitet: Daß jüdische Eltern viel und oft über ihre Kräfte für die Erziehung ihrer Kinder thun, ist eben so bekannt als allgemein anerkannt; […] Aus kleinen, unbedeutenden Städtchen und Dörfern sehen wir daher oft Männer hervorgehen, die in Großstädten sich Geltung zu verschaffen wissen, weil eben ihre Erziehung seitens gebildeter Eltern eine zweckmäßige und gute war. In keinem Hause dürfte sich diese Bemerkung mehr bewähren, als in dem des ehemaligen k.k. Tabakdistriktverlegers Leopold Frankl in der kleinen böhmischen Stadt Chrast in Chrudimer Kreise, dessen Söhne jeder in den betretenen Laufbahnen ausgezeichnet sind und Tüchtiges leisten, daher in den Kreisen, wo sie wirken, zu den hervorragendsten Per14  Zur Förderung nationaler Identität durch patriotische Gesellschaften s. Klíma 1993: 234f. sowie King (2002). Zum Zusammenhang zwischen Identität und Nationalität s. Krueger (2009). 15  Während eines Kuraufenthalts in Karlovy Vary/Karlsbad schrieb Frankl ein ‚Festspiel‘ für die dort versammelten Naturforscher, dessen Reinertrag für ein Keplerdenkmal in der Stadt Weil bestimmt wurde: Ehrentheil 1867: 144f.

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Louise Hecht sönlichkeiten zählen. Der älteste Sohn dieses Hauses ist der gefeierte Dichter, Orient-Reisende und beliebte Schriftsteller Dr. L. A. Frankl, Secretär der Israelitengemeinde in Wien, der zweitgeborene, Eduard [1817-96] ist Kaufmann und Stadtrath in seinem Geburtsorte Chrast. Der dritte, David Bernard [1820-59] war Chef einer bekannten Prager Firma, Handelskammermitglied, Stadtrath und Direktor der Handelsakademie […]; der vierte endlich ist Wilhelm, Gemeinderath, Vorstandsmitglied der israelitischen Cultusgemeinde [in Wien], früher Vorstand des Vereins für fromme und wohlthätige Zwecke, Repräsentant des kaufmännischen Vereins Union in Wien, Mitglied des niederösterreichischen Gewerbevereins und der Handelskammer, k.k. Rath, Ritter des k.k. Franz Joseph-Ordens und des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone, und seit kurzem Director der k.k. privil. Pfandleihanstalt […] (Deborah 1866: 111).

Die darauf folgende Biographie von Wilhelm Frankl zeigt paradigmatisch die Karrierestationen eines jüdischen Politikers im 19. Jahrhundert, die von allgemeiner Bildung und geschäftlichem Erfolg erst zu Ehrenämtern in der jüdischen Gemeinde und schließlich zu geachteten Positionen in der christlichen Gesellschaft und der Politik führten. Wilhelm Frankl besuchte das Gymnasium in Prag und absolvierte einen technischen Lehrgang. Danach arbeitete er in der Prager Firma seiner Onkel Joseph und Samuel Pollak. Ab 1847 war er Firmenbevollmächtigter für Heereslieferungen; im Revolutionsjahr 1848 zog er nach Wien, wo er seine künftige Wirkungsstätte finden sollte. Durch seine Brüder lernte Wilhelm in Prag und Wien zahlreiche Dichter und Intellektuelle kennen, was ihn zu eigener schriftstellerischer Tätigkeit inspirierte. Sein dreiaktiges Drama Des Märzen Idus sollte im November 1848 am Burgtheater aufgeführt werden, wozu es nach Niederschlagung der Revolution jedoch nicht mehr kam. (Wurzbach 1858: 334) Obwohl er zur Zeit der Revolution in Wien gewesen sein dürfte, ist nichts über Wilhelms aktives revolutionäres Engagement bekannt. 1852 etablierte er sich in Wien als selbständiger Kaufmann und machte danach rasant Karriere. 1858 war er bereits im Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, 1859 Repräsentant der Wiener Kaufmannschaft und 1865 erhielt er das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens. Neben Wilhelm Boschan (1813-1890) und Ignaz Kuranda (1811-1884) gehörte Wilhelm Frankl ab 1861 zu den wenigen Juden, die vor der Verfassungsära zu Gemeinderäten gewählt wurden; aus dieser Zeit dürfte auch das Portrait auf S. ?? stammen. (Cendes/Opll 2006: 193; Deborah 20.05.1866: 112) Als Wilhelm im Jahr 1893 starb, füllte die Auflistung seiner Ordern und Ehrenbezeichnungen in der Parte sieben kleingedruckte Zeilen. (Neue Freie Presse 20.03.1893: 7) Ein meist unterbelichteter, aber oftmals entscheidender Aspekt derartiger Karrieren war verwandtschaftliche Vernetzung, vor allem durch die Ehefrauen, wie aus den Beiträgen von Georg Gaugusch zur Genealogie der Familie Frankl und Dieter J. Hecht zu den Frauen im Leben von L. A. Frankl deutlich

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hervorgeht. L. A. Frankl heiratete 1843 Ernestine Wiener (1821-1857), die einer bekannten Prager Familie entstammte. Sein jüngerer Bruder David Bernhard Frankl (1820-1859), der spätere Stadtrat von Prag, vermählte sich 1845 mit Rosalie Bondi (1827-1904), gleichfalls Spross einer bedeutenden Prager Familie. Auch Karoline Frankl (1824-1884), die jüngste unter den Geschwistern, konnte durch die 1848 mit Isaak Flekeles (1815-1851) geschlossene Ehe in eine geachtete Prager Familie einheiraten. Wilhelm Frankl ehelichte 1850 die ebenfalls einer angesehenen Prager Familie entstammende Louise Hock (1829-1897) und war dadurch zusätzlich mit den einflussreichen Prager Familien Porges und Stössels verschwägert. (Gaugusch 2011: 727, 1202f.) Diese Frankl Geschwister fanden also aufgrund ihrer Ehepartner Eingang in die Oberschicht der Prager jüdischen Gesellschaft. Für die zwei verbleibenden Brüder spielte die Heiratspolitik eine geringere Rolle. Der 1815 geborene Adolf blieb unverheiratet und verstarb 1866 in Chrást/Chrast; sein Grabstein auf Abbildung 4 – abgesehen von der Erwähnung in den Familiantenlisten seine einzige historische Hinterlassenschaft – befindet sich am jüdischen Friedhof von Zájezdec/Zajezdetz im Gräberhain der Familie Frankl.16 Auch Eduard (1817-1896) verblieb in seiner Heimatstadt; er heiratete 1847 die aus Lomnice/Lomnitz in Südmähren stammende Rosa Skutzeky (1824-1879) und wurde nach 1848 Stadtrat von Chrást/Chrast, wo er sich bis zu seinem Konkurs im Jahre 1871 auch als Kaufmann betätigte. (Frankl 1860: 13; Gerichtshalle 07.12.1871: 404) Der politisch erfolgreichste unter den Frankl Brüdern war zweifellos der in Prag tätige und jung verstorbene David Bernhard (1820-1859). Die meisten Informationen über sein Leben und Wirken entstammen einer anlässlich seines Todes von L. A. Frankl verfassten Biographie. Abgesehen von den hagiographischen Zügen gibt sie Aufschluss über das Leben der Familie Frankl und die Ausbildung der Brüder. David Bernhard besuchte zunächst die tschechische Schule in Chrást/Chrast; zu Hause lernte er neben Deutsch auch Hebräisch, Klavierspielen und Gesang. Als zwölfjähriger Knabe wurde er zu seinem Bruder Ludwig August nach Wien geschickt, wo er unter anderem in dem von Salomon Sulzer geleiteten Chor der 1826 eröffneten Synagoge in der Seitenstettengasse sang. Über seinen Bruder lernte David Bernhard auch Franz Grillparzer, Joseph Hammer-Purgstall und Caroline Pichler kennen. Als Fünfzehnjähriger begann er, in der Firma seiner Onkel Josef und Samuel Pollak in Prag zu arbeiten. In Prag machte er die Bekanntschaft des Schriftstellers Wolfgang Adolf Gerle (1781-1846), der ihn in den Salon von 16  Da in Chrást/Chrast keine jüdische Gemeinde bestand, gab es auch keinen Friedhof.

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Elise Herz (1788-1868) einführte. Nach seiner Hochzeit mit Rosalie Bondi im Jahre 1845 trat David Bernhard in die Firma seines Schwiegervaters ein, deren Plünderung durch antisemitisch aufgehetzte Arbeiter er im Zuge der Revolution von 1848 miterlebte.17 Im selben Jahr war er bereits im Vorstand der jüdischen Gemeinde. 1849 wurde er zum Stadtverordneten der Stadt Prag ernannt und 1850 als erster Jude zum Stadtrat gewählt. Laut L. A. Frankl war David Bernhard als Stadtrat auch zu kaiserlichen Hofbällen am Hradschin geladen. 1855 erhielt er das Bürgerrecht der Stadt Prag; aus dieser Zeit dürfte das Portrait auf Abbildung 8 stammen. Er starb am 20. November 1859 an einem Schlaganfall. (Frankl 1860: 8-33) Die Schilderung des Begräbnisses vom 22. November bezeugt eindrucksvoll seine Integration in die jüdische wie auch in die christliche Welt: Den Zug eröffnen zweihundert [jüdische] Arme, ihnen folgen die Schüler der Josefstädter Haupt-Unterreal- und Talmudthora-Schule, die Mitglieder des Vereins für Nächstenliebe, die Pfründner der von Lämel’schen Versorgungsanstalt. Diesen schließt eine Abtheilung der [christlichen] Bürger-Infanterie mit der Musikkapelle sich an. Von den Zöglingen der Handelsakademie und von Unterofficieren, die alle brennende Fackeln tragen, umgeben, folgt ein mit vier Pferden bespannter Trauerwagen. Der Sarg ist von einem schwarzen Bahrtuche überhangen, auf dem die Hauptmannsuniform des Hingeschiedenen: Czako, Degen und Schärpe liegen. An der Seite des Bahrtuches ist ein goldenes Kreuz an rothem Bande befestigt,18 welches sonst an der Brust des Mannes glänzte, der im Sarge liegt. Dem Trauerwagen folgt ein zwölfjähriger Knabe, das einzige Kind […]. Ihm schließen sich die Brüder und die übrigen Verwandten des Hingeschiedenen an. […] Während der Zug durch enge Gassen sich windend den prächtigen Graben streift und den großartigen Roßmarkt emporzieht, läuten die Glocken aller anliegenden Kirchen und schreiten hinter dem Leichenwagen die beiden ehrwürdigen Rabbinen der alten jüdischen Gemeinde Prags […]. Beide in schwarzseidenen polnischen Talaren und hohen pelzverbrämten Mützen. Ihnen folgt der gelehrte wortmächtige Prediger der jüdischen Gemeinde Dr. Kämpf, umgeben von dem Vorstande derselben […]. (Frankl 1860: 3f.)

Im Trauerzug zogen also Seite an Seite sowohl traditionelle Proponenten der Prager jüdischen Gemeinde – vertreten durch die Rabbiner Salomon Juda Rappaport (ShI“R, 1790-1867) und Samuel Freund (1794-1881) – als auch Repräsentanten des modernen Prager Judentums, wie etwa der Orientalist und Prediger der Prager ‚Reformgemeinde‘ Saul Isaac Kämpf (1818-1892). Da David Bernhard Frankl als Stadtrat überdies Kommandant der Bürgerwehr 17  Zu den Prager Ausschreitungen s. Niedhammer 2013: 91f. 18  Dabei handelte es sich um das von Kaiser Franz Joseph am 16.02.1850 „zur Belohnung treuer und tätig bewährter Anhängigkeit an Kaiser und Vaterland, vieljähriger, anerkannt ersprießlicher Verwendung im öffentlichen Dienst oder sonstiger um das allgemein Beste erworbener Verdienste“ gestiftete Zivil‑Verdienstkreuz: Stolzer/Steeb 1996: 294.

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war, nahmen nicht nur der Prager Magistrat und christliche Honoratioren an seinem Begräbnis teil, es läuteten außerdem alle Kirchenglocken am Weg. Die gemeinsame Teilnahme von Juden und Christen an einem jüdischen Begräbnis ruft einerseits die Beerdigung der Märzgefallen im Wien des Jahres 1848 in Erinnerung, anderseits verweist es auf die heraufziehende liberale Ära, die mit dem Staatsgrundgesetz von 1867 schließlich die bürgerliche Gleichberechtigung bringen sollte. Den nicht erhaltenen monumentalen Grabstein für David Bernhard Frankl zierten zwei Grabinschriften: eine deutsche, von seinem Bruder Ludwig August verfasste, die Bürgerrecht und Stadtratswürde als ultimative Erfüllung von David Bernhards Leben darstellte; und eine hebräische Inschrift, aufgesetzt vom befreundeten Schriftsteller Max Letteris (1800-1871), die den Verstorbenen – zwar nicht in traditionellen Worten, doch im Sinne jüdischer Tradition – als Menschenfreund und Wohltäter der Armen pries. (Frankl 1860: 33f., mit Skizze des projektierten Grabmals)

Öffentliche Welt: Literatur und Revolution Wenn Böhmen mir durch Geburt zum Mutterlande geworden ist, so nenne ich doch durch die Bildung, die mir der tiefernste deutsche Geist gewährte, seine Heimat mein Vaterland. (Teniers 1865: 287)

Mit diesem Zitat präsentierte Alfred Teniers (= Sigmund Herzl, 1830-1889) L. A. Frankl, dem er 1865 eine sechsseitige Biographie in den Illustrirten Monatsheften für die gesammten Interessen des Judenthums widmete, sein biographisches Subjekt als in verschiedenen Kulturen verankert, zwischen denen er (literarisch) zu vermitteln versuchte. Die Untiefen dieser Vermittlungstätigkeit auszuloten, unternehmen einerseits der bereits erwähnte Beitrag von Václav Petrbok und andererseits jener von Gertraud Marinelli-König, die Frankls frühe Jahre im Spiegel der vormärzlichen Unterhaltungsblätter sowie seine Kontakte zu serbischen und böhmischen Schriftstellerinnen und Schriftstellern nachzeichnet. Tatsächlich hatte Frankl in seinen Sonntagsblättern nicht nur jüdische und christliche Schriftsteller nebeneinander publiziert, sondern einer Reihe junger jüdischer Literaten aus seiner ‚böhmischen Heimat‘ ein literarisches Sprungbrett geboten; so zum Beispiel Moritz Hartmann (1821-1872), Sigmund Engländer (1820-1902),19 Siegfried Kapper (1821-1879) und Leopold 19  Zur Biographie des unverdient vergessenen Engländers s. Häusler 1982: 83-137.

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Kompert (1822-1886), die sich durch Veröffentlichungen in den Sonntagsblättern einem breiten deutschsprachigen Publikum vorstellen konnten. Überdies unterstützte Frankl den aus Mähren stammenden Simon Deutsch (1822-1877) durch Ankündigung seiner Publikationen in den Sonntagsblättern.20 In der Folge profilierten sich die meisten von ihnen in den 1840er und 1850er Jahren durch die Herausgabe von bedeutenden, wenn auch oft kurzlebigen Zeitschriften. Während Frankl trotz seiner Brückenfunktion das Deutsche als seine literarische Heimat betrachtete, hatte sich beispielsweise Siegfried Kapper erst nach der negativen Rezeption seiner tschechischen Gedichte endgültig der deutschen Sprache zugewandt.21 L. A. Frankl übernahm jedoch nicht nur die Patronage für jüngere böhmische Autoren, sein literarisches Netzwerk inkludierte auch seine Altersgenossen, mit denen er sich durch das Engagement für die deutsche Kultur, aber auch für Pressefreiheit vereint wusste. Dazu zählten etwa der aus Prag stammende radikale Journalist und spätere Reichsratsabgeordnete sowie Gemeinderat von Wien Ignaz Kuranda (1811-1884); der ebenfalls aus Prag gebürtige Journalist Adolf Neustadt/l (1812-1875), der aufgrund von Zensur und politischer Repression einen Teil der 1830er und 1840er Jahre auf Wanderschaft verbrachte; sowie der in Mähren geborene Rabbiner Leopold Löw (1811-1875), der seit den 1830er Jahren in Ungarn lebte und sich nicht nur als liberaler Rabbiner, sondern auch als Herausgeber der Zeitschrift Ben Chananja (1858-1867) einen Namen machte.22 In dankarem Angedenken widmeten ihm zahlreiche Schriftsteller ihre Werke.23 Die Sonntagsblätter hatten aber nicht nur literarische Neuigkeiten zu bieten. Ab 1843 erweiterte Frankl seine Zeitung mit den Kunstblättern um eine Beilage, die den Diskurs über Kunst und Kunstgeschichte in der Habsburger Monarchie erstmals einem breiten Publikum zugänglich machten.24 Da die Auseinandersetzung mit Musik einen integralen Bestandteil des bürgerlichen Bildungskanons darstellte, worauf in mehreren Beiträgen verwiesen wird, spielte Musik 20  Z.B. die Herausgabe eines Wörterbuchs von Menachem ben Saruq in: Sonntagsblätter 30.03.1845: 298; einer „Beschreibung der hebräischen handschriftlichen Werke der k.k. Hofbibliothek“ (gemeinsam mit Albrecht Kraft)s. Sonntagsblätter 31.01.1847: 16; sowie „Jüdischer Plutarch“ (hg. gemeinsam mit Franz Gräffer) s. Sonntagsblätter 14.11.1847: 405. Zu Deutschs revolutionärem Engagement s. auch Miller M. 2010: 379-393. 21  S. dazu Kieval 2000: 71-84. 22  Zu Adolf Neustadt und Leopold Löw s. die Einträge von Silber in: Yivo Encyclopedia (2008) [22.03.2014]; zu Ignaz Kuranda s. Doublier 1906: 445-450 sowie Wistrich 1990: 140-142. 23  Eine Auswahl an Widmungen findet sich in Ehrentheil 1867: 147. 24  S. den Beitrag von Louise Hecht in diesem Band: 291-322.

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sowohl in Frankls Biographie wie auch in den Sonntagsblättern eine wesentliche Rolle. Letztere waren unter anderem aufgrund der ausgezeichneten Musikkritik von Julius Becher (1803-1848) sehr populär, wie Barbara Boisits in ihrem Beitrag eindrücklich skizziert. In den Märztagen von 1848 hatte Frankl mit dem ersten unzensierten Gedicht Die Universität gleichsam eine Hymne der Revolution geschaffen,25 die etwa zwanzig Mal vertont worden war, wie Stefan Schmidl in seinem Beitrag über die Vertonung verschiedener Frankl-Gedichte aufzeigt. Wie viele seiner Mitstreiter verwandelte Frankl die Sonntagsblätter mit Ausbruch der Revolution von einem kulturellen in ein politisches Organ, das für Pressefreiheit, Demokratie und Emanzipation der Juden kämpfte. Die Ausgabe vom 19. März 1848 begann er daher mit folgender programmatischen Erklärung: Ich redigire die Sonntagsblätter seit 6 Jahren und 2 ½ Monaten; es erschienen 322 Nummern derselben. Ich erkläre hiemit allesammt für null und nichtig, und beginne heute mit Nr. 1. (Frankl 1848: 127)

Hatte Frankl bis zu den Märztagen die explizite Behandlung politischer Themen tunlichst vermieden, bildeten sie nun den Haupt- wenn nicht gar alleinigen Inhalt der Zeitschrift. Nicht zufällig publizierten die Sonntagsblätter zu dieser Zeit zahlreiche Artikel von Ferdinand Kürnberger (1821-1879), laut Karl Kraus der „größte[.] politische[.] Schriftsteller [,] den Österreich je gehabt hat“.26 Das Eintreten für die Ziele der Volkserhebung führte am 22. Oktober 1848, wenige Tage vor Niederschlagung der Revolution in Wien, letztlich auch zur Schließung der Zeitung. Diese für jeden Chefredakteur missliche Lage zeitigte für den Juden Frankl allerdings zusätzliche Konsequenzen, welche die prekäre Situation von Juden und Jüdinnen vor der Verfassungsära offenbaren. Als böhmischer Jude genoss Frankl kein Heimatrecht in Wien und wurde daher aufgrund revolutionärer Betätigung bzw. wegen Kontakten zu radikalen Revolutionären von der neo-absolutistischen Regierung wiederholt mit Ausweisung bedroht.27 Wie Ernst Wangermann in seinem Beitrag zu Frankls Bedeutung in der Revolution von 1848 aufzeigt, vermochte Frankl lediglich durch gute Beziehungen zu verschiedenen höher gestellten Persönlichkeiten sowie dank Intervention der Wiener jüdischen Gemeinde das Schicksal abzuwenden (Vielmetti 1975: 196f),28 das viele seiner weniger privilegierten Reli25  S. Abbildung 27. 26  S. den Beitrag von Hubert Lengauer in diesem Band: 137-156. 27  Wien Bibliothek, NL Ludwig August Frankl, ZP H 7-F 7. 28  Frankl verlor allerdings seine Anstellung als Professor für Ästhetik am Konservatorium.

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gionsgenossen traf. So musste etwa Ignaz Kuranda, dessen im Oktober 1848 in Wien gegründete Ostdeutsche Post (1848-1866, mit Unterbrechungen vom 26.10.-18.12.1848 sowie vom 10.01.-06.02.1849) eine dezidiert konstitutionelle und großdeutsche Linie vertat, im Februar 1849 von der Redaktion der Zeitung zurücktreten und wurde im September 1851 nach Böhmen ausgewiesen. Erst im Herbst 1853 konnte er zurückkehren und die Leitung der Zeitung erneut übernehmen (Doublier 1906: 448f., Wistrich 1990: 141f.; Szanto, Die Neuzeit 29.04.1881: 133-135). Radikalere Vertreter der Revolution wurden entweder hingerichtet, wie Hermann Jellinek (1822-1848), oder mussten nach den Oktoberkämpfen aus Wien fliehen, um erst viele Jahre später (wie Moritz Hartmann) oder nie mehr zurückzukehren (wie z.B. Sigmund Engländer und Simon Deutsch). Wie seine literarischen Arbeiten zweifelsfrei darlegen, war Frankl seit seiner Jugend an historischen Themen interessiert. Mit besonderem Eifer sammelte er Schriften, Dokumente und Devotionalien der 1848er Revolution, da er sich ihrer historischen Bedeutung bewusst war. Darunter befand sich etwa auch eine Bestätigung von Ferdinand Colloredo-Mannsfeld, dem Kommandanten der Akademischen Legion, vom 1. Mai 1848 über den Erhalt von 1.000 Gulden zur Uniformierung der Legion, gespendet von den jüdischen Einwohnern Wiens.29 Frankls persönliche Identifikation mit der Revolution ist unter anderem daran abzulesen, dass er sich noch 1849 von Joseph Matthäus Aigner (1818-1886) in der Uniform der akademischen Legion portraitieren ließ.30 Frankl äußerte auch wiederholt seine Absicht, eine Geschichte der Revolution zu verfassen; ein Vorsatz, den er zunächst vermutlich aufgrund der allgemeinen politischen und seiner prekären persönlichen Situation nicht realisieren konnte. Mit dem Beginn der liberalen Ära setzte sodann die gesamtgesellschaftliche Rezeption der Revolution ein; 1864 wurde auf dem damaligen Schmelzer Friedhof (heute Märzpark) ein Obelisk zum Gedenken an die Märzgefallenen errichtet. Wenig später begannen die führenden Tageszeitungen Gedenkkolumnen zu publizieren. Die Neue Freie Presse druckte am 13. März 1866 einen redaktionellen Artikel zum Andenken an die 1848er Revolution ab, der die mangelnde öffentliche Rezeption beklagte (Neue Freie Presse 13.03.1866: 1). Frankl, der in der Folge zu einem treuen Chronisten der Revolutionsereignisse für die Zeitung werden sollte, veröffentlichte seine erste Kolumne zur März-Revolution aber bezeichnenderweise erst 1868, also 29  S. Abbildung 29. 30  S. Portraitverzeichnis im Frankls Nachlass, Wienbibliothek, Nachlass L. A. Frankl, HIN 25479.

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nach Erlass der Verfassung und damit der bürgerlichen Gleichberechtigung für Juden (Frankl, Neue Freie Presse 13.03.1868: S. 1-3)31. Im Zuge öffentlicher Aufarbeitung der Revolutionsereignisse erschien im Jahre 1872 – rechtzeitig vor der 25-Jahr Feier – das zweibändige Werk 1848. Geschichte der Wiener Revolution. Darin stellte der Journalist und spätere Reichsratsabgeordnete Heinrich Reschauer gemeinsam mit dem ehemaligen Revolutionär und Schriftsteller Moritz Smets (Smetazko) die Chronologie der Ereignisse in Wien auf über 600 Seiten detailreich und prächtig illustriert dar. Unter den Dargestellten finden sich eine Reihe jüdischer Revolutionäre, wie z.B. Adolf Fischhof, Heinrich Spitzer – einer der ersten Gefallenen der Revolution am 13. März – Josef Goldmark und Ludwig August Frankl sowie eine jüdische Gruppe, die auf dem Salzgries die Revolution feiert. Frankls Beitrag zur Revolution würdigten die Autoren unter anderem durch Abdruck seiner Gedichte Die Universität und Kecker Ban über den kroatischen Ban (Vizekönig) Joseph Jelačić, der den Wiener Oktoberaufstand gemeinsam mit Fürst Windschgrätz niedergeschlagen hatte (Reschauer 1872).32 Frankls Beitrag zur Revolution wurde also hauptsächlich als literarischer empfunden. Dies belegt auch eine als der Wiener bzw. österreichische Parnass bekannt gewordene Karikatur von Franz Gaul (1802-1874) aus dem Jahr 1862, wo Frankl gemeinsam mit 59 anderen um den ‚Dichtergott‘ Franz Grillparzer gruppierten Schriftstellerinnen und Schriftstellern von 1848 abgebildet ist.33 Während er sich im 19. Jahrhundert als Schriftsteller großer Wertschätzung und Beliebtheit erfreute, fiel Frankls dichterisches Werk schon bald nach seinem Tode der Vergessenheit anheim. Wie aus dem gefeierten Dichter ein ‚Mitgenannter‘ wurde, dessen Name in spätere literaturwissenschaftliche Abhandlungen lediglich aufgrund seiner Verbindung mit anerkannten Schriftstellern wie Franz Grillparzer, Ferdinand Raimund, Nikolaus Lenau, Anastasius Grün und Friedrich Hebbel Eingang fand, legt Jörg Krappmann in seinem Beitrag anschaulich dar. Durch Förderung und Publikation der erwähnten jungen jüdischen Schriftsteller und Journalisten versuchte Frankl, auch jüdischen Stimmen Eingang in den Kanon der deutschsprachigen Literatur zu verschaf31  Weitere Frankl-Feuilletons zu diesem Thema druckte die Neue Freie Presse in den Jahren 1869, 1872, 1883 (am 13., 15. und 16.3.), 1884, 1885, 1886, 1888, 1889, 1890 und 1891. 1873 publizierte die Zeitung erneut einen redaktionellen Artikel zum 25-jährigen Jubiläum der Revolution; 1878 wurde ein Revolutions-Feuilleton von Karl v. Thaler abgedruckt. 32  S. auch Smets 1872: Abbildungen Bd. 1: 181, 221, 309, 239, 405. Nachruf auf Heinrich Spitzer, Bd. 1: 227f. Gedichte von Frankl: Bd. 1: 396, Bd. 2: 597. 33  S. Abbildung 43; eine Beschreibung findet sich bei Adalbert Stifter 1848, cit.Buxbaum 2005: 297f.

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fen. Sein umfangreiches soziales Netzwerk umfasste neben den erwähnten Schriftstellerinnen, Schriftstellern und Familienmitgliedern auch jüdische und christliche Gelehrte, Politiker und Künstler, wie Josef von Hammer-Purgstall, Anton von Schmerling, Josef von Hormayr, Adolf Fischhof sowie die Maler Joseph Matthäus Aigner, Carl Rahl, Friedrich von Amerling und Leopold Pollak. Die unterschiedliche Bewertung der 1848er Revolution sowie der deutschen und österreichischen Politik nach Königgrätz spaltete die ehemals im Kampf um demokratische Freiheiten geeinten Revolutionäre nach der Wirtschaftskrise in den 1870er Jahren in einander bekämpfende politische Gruppen und Parteien. Mit dem Zerbröckeln des liberalen Konsensus wurde Antisemitismus verstärkt als (politische) Waffe zur Desavouierung von Gegnern und vormaligen Weggefährten eingesetzt. Das zuvor als billig angesehene Engagement von Juden und Jüdinnen für die deutsche Kultur und ihre Heroen wurde nunmehr als anmaßende Aneignung interpretiert. Dass diesen Attacken oftmals persönliche Motive zugrunde lagen, illustriert der Beitrag von Hubert Lengauer am wechselvollen Verhältnis zwischen L. A. Frankl und Ferdinand Kürnberger. Kürnberger, der scharfzüngige politische Feuilletonist, fühlte sich als Schriftsteller verkannt (war er doch auch von Gaul nicht in den Wiener Parnass aufgenommen worden) und warf dem erfolgreichen Frankl daher unmäßige Selbstdarstellung vor. Von Ausnahmen abgesehen, fügt sich die zeitgenössische und moderne Rezeption von Frankl in den klassischen Männerkosmos des 19. Jahrhunderts ein. Tatsächlich beschränkte sich Frankls Inklusionspolitik aber nicht auf Juden; er bemühte sich vielmehr stets, die Genderzuweisungen der bürgerlichen Gesellschaft aufzuweichen und das kreative Potential von Frauen ins rechte Licht zu rücken. Caroline Pichler (1769-1843), in deren Kreis er 1832 durch Hammer-Purgstall eingeführt worden war, als der Salon nur mehr von „glanzvollen Erinnerungen“ lebte, widmete Frankl in den Sonntagsblättern einen sechsseitigen Nachruf und ein eigenes Kapitel in seinen Memoiren (Frankl, Sonntagsblätter 09.07.1843: 677-682; Hock 1910: 104-111). Neben ihren literarischen Leistungen faszinierten ihn an Pichler zweifellos ihre außergewöhnliche Bildung und der gesellschaftliche Glanz ihres Hauses, der Frankl – selbst in seiner Dekadenz während der 1830er Jahre – neue soziale Horizonte erschloss. Neue literarische Horizonte eröffneten ihm dagegen das Werk der ersten modernen hebräischen Dichterin Rachel Luzzatto/Morpurgo (1790-1871), das er durch Vermittlung ihres am Collegio Rabbinico in Padua tätigen Cousins Samuel David Luzzatto (1800-1865) kennen lernte. 1847 publizierte Fran-

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kl ein gemeinsam mit Max Emanuel (Mendel) Stern aus dem Hebräischen übersetztes Gedicht der Triestiner Dichterin zusammen mit ihrer Biographie in seinen Sonntagsblättern. Dadurch machte er auch das deutschsprachige Publikum mit dem Werk dieser außergewöhnlichen Frau bekannt (Frankl, Sonntagsblätter 06.06.1847: 279-281),34 die sich in bewusster Konfrontation mit den Genderkonventionen der jüdischen Gesellschaft für ihr poetisches Oeuvre ausschließlich der hebräischen Männer- und Gelehrtensprache bediente. Frankls Faszination an Grenzüberschreitungen ungewöhnlicher Frauen manifestierte sich bereits Anfang der 1840er Jahre, als er selbst einer anderen Rachel huldigte; seinem 1842 publizierten, biblisch-romantischen Gedicht Rachel stellte er eine leidenschaftliche Widmung an die französisch-jüdische Schauspielerin Rachel Félix (1821-1858) in Versform voran (Frankl 1842). Mit einer weiteren Künstlerin, deren Leben und Werk den geschlechtsspezifischen Rahmen sprengte, setzte sich Frankl fast drei Jahrzehnte später, im Zuge seines Engagements für blinde jüdische Kinder auseinander, wie im folgenden Abschnitt erörtert werden wird. Frankls Schriftverkehr mit verschiedenen Frauen, vor allem Schriftstellerinnen und Mäzenatinnen, nehmen in seinem Nachlass einen nicht unbeträchtlichen Umfang ein. Wie die Korrespondenz mit seiner ersten Frau Ernestine vermuten lässt, ging dieser Verkehr zuweilen auch über ein freundschaftliches Verhältnis hinaus.35 Trotzdem wurde Frankls vielfältigen Beziehungen zu Frauen in der Forschung bisher kaum Rechnung getragen; diese lässt vielmehr das Bild eines typischen, durch die Geschlechterrollen des 19. Jahrhunderts geprägten Patriarchen entstehen. L. A. Frankls Sohn Bruno Frankl-Hochwart erfasste die Befindlichkeit seines Vaters in viel adäquaterer Weise; in seinen Memoiren aus den 1930er Jahren nahm er neben eigenen Erinnerungen an den Vater viele Texte von Frankl über Frauen auf, unter anderem eine 38-seitige Biographie der serbischen Dichterin Milica Stojadinović Srpkinja (18281878), mit der Frankl nicht nur korrespondierte, sondern deren Werk er auch durch Publikationen förderte (Frankl‑Hochwart, WStLA, HS, B154/2).36

34  Zu Rachel Morpurgo s. Hecht L. 2006: 105-130. 35  S. den Beitrag von Dieter J. Hecht in diesem Band: 47-76. 36  Eine Übersetzung von Frankls Biographie war bereits 1906 in der Literaturzeitschrift Beograd erschienen s. Beograd, 17,12 1906: 903-924; s. auch den Beitrag von Gertraud MarinelliKönig in diesem Band: 207-220.

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Jüdische Welt: Philanthropie und Wissenschaft



Die Taube hat ihr Nest, der Fuchs die Kluft Der Mensch die Heimath. Juda nur die Gruft. (Frankl 1847: Motto)

Das bekannte Byronsche Zitat aus den Hebräischen Melodien hatte Frankl sinnig als Motto über seine erste historische Arbeit im engeren Sinne gestellt; Das schmale Bändchen enthält eine kurze Beschreibung des ältesten erhaltenen jüdischen Friedhofs in der damaligen Wiener Vorstadt Rossau, die er 1847 publizierte. Der elfseitige Abriss zur Geschichte des Friedhofs aus historischen Dokumenten stützt sich auf einen von Josef Veit, dem früheren Sekretär der Wiener Judenschaft, im Jahrbuch Bikkure ha-Ittim publizierten umfang- und kenntnisreichen Aufsatz aus dem Jahre 1823 (Veit 1823: 261-296 [Deutsch in hebräischen Buchstaben]), den Frankl in seiner Abhandlung allerdings verschweigt. Darüber hinaus umfasst das Büchlein die deutsche Übersetzung von 15 Grabinschriften und eine dreiseitige Zusammenstellung traditionell jüdischer Toten- und Sterbegebräuche aus unbekannten Quellen. Frankl verstand sich also nicht nur als Sekretär der Wiener Judenschaft, sondern auch als deren Historiograph, Ethnograph und Archivar. Ohne sich ihres gesamten wissenschaftlichen Instrumentariums zu bedienen, hatte er damit die Forderungen der Wissenschaft des Judentums nach Dokumentation der eigenen Tradition und Geschichte umgesetzt, und mit dem ihm eigenen Scharfblick Friedhöfe als eminente Kulturzeugnisse ins Auge gefasst. Der Obertitel Zur Geschichte der Juden in Wien lässt vermuten, dass er die Dokumentation des ältesten jüdischen Friedhofs in Wien als Beginn einer Reihe von kulturhistorischen Arbeiten projektiert hatte. Anstelle eines weiteren Bandes erschien fünf Jahre später jedoch eine ‚zweite Auflage‘ des Bändchens, wesentlich erweitert um die Geschichte der von ihm als Tempelhof bezeichneten Synagoge in der Seitenstettengasse, die 1826 eröffnet worden war (Frankl 1853).37 In der Einleitung beschrieb Frankl nun das verwendete Aktenmaterial, welches einen Teil des von ihm neugeordneten Archivs der Wiener jüdischen Gemeinde bildete. Dieses hatte im Januar 1848 auf sein Betreiben eigene Räume angewiesen bekommen (Frankl

37  Die ‚Neuauflage‘ war von 26 auf 78 Seiten angewachsen. Zur Geschichte der Synagoge s. auch Der Wiener Stadttempel. Die Wiener Juden (1988), ein anlässlich einer neuerlichen Renovierung und dem ‚Gedenkjahr‘ 1988 von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien herausgegebener Band.

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1853: Vf., Anm).38 Deutlich kommt darin Frankls Wunsch zum Ausdruck, die mehrere tausend Dokumente umfassende Sammlung (ab 1626) in gutem Zustand zu erhalten und Historikerinnen und Historikern für eine „Sitten- und Kulturgeschichte des Landes, vorzüglich aber Wiens“ zugänglich zu machen (Frankl 1853: VI, Anm.). Jüdische Geschichte sollte seiner Meinung nach also kein Ghettodasein fristen, sondern ein integraler Teil der Landes- bzw. Lokalgeschichte werden. Vermutlich sah er seine eigene „Darstellung der allmäligen Entwicklung des israelitischen Gottesdienstes und des religiösen Jugendunterrichts in Wien“, die den zweiten Teil des Bandes darstellt, als Vorarbeit für eine derartige Studie an (Frankl 1853: VII; 31-78). Nur zwei Jahre danach publizierte er die Inschriften des alten jüdischen Friedhofs in Wien (Frankl 1855), scheinbar also eine weitere Auflage der obigen beiden Bände. Tatsächlich handelt es sich dabei aber um den ersten Versuch einer vollständigen wissenschaftlichen Dokumentation des Friedhofes. Wie in der Einleitung dargelegt, hatte die Wiener Judenschaft den Friedhof nicht nur renovieren lassen, sondern auch Salomon Gottlieb Stern (~1812-1883) mit der Abschrift der Grabsteine beauftragt. Stern, ein aus Rechnitz stammender Schriftsteller, der unter anderem in der hebräischen Druckerei von Anton Schmid als Korrektor arbeitete (Brüll 1893: 108f), hatte 702 der insgesamt 931 Grabsteine dokumentiert; von einigen Inschriften konnten allerdings nur wenige Wörter oder Zeilen aufgenommen werden, da der Rest zum damaligen Zeitpunkt bereits unleserlich war (Frankl 1855: VIII).39 Zusätzlich zu den Originalinschriften enthält der Band eine deutsche Namensliste sowie von Frankl zusammengestellte Informationen zu 25 Grabsteinen bzw. den dort begrabenen Personen (davon fünf Frauen) auf Deutsch. Obwohl Bernhard Wachstein, der im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts das Standardwerk zum Friedhof in der Rossau verfasste (Wachstein 1912-17), Frankls ‚Vorarbeiten‘ ob ihrer Unwissenschaftlichkeit kritisierte, kommt der Dokumentation im mitteleuropäischen Raum Pioniercharakter zu. Neben eigenen Werken mit jüdischer Thematik, wie das bereits erwähnte romantische Gedicht Rachel (1842) und das Versepos Der Primator (1861), das

38  Frankls Bemerkung, die Dokumente seien völlig ungeordnet und in schlechtem Zustand gewesen, ist nur bedingt Glauben zu schenken, da ja auch sein Vorgänger Veit historische Abhandlungen publiziert, also offensichtlich Interesse am Material gehabt hatte. 39  Das Verzeichnis enthält 705 Nummern, drei davon sind aber lediglich mit „unleserlich“ aufgenommen.

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Fragen jüdischer Identität anhand einer Judenverfolgung in Prag abhandelt,40 edierte Frankl mit Libanon (1855) die erste moderne jüdische Lyrikanthologie in deutscher Sprache (Frankl 1855a).41 Eine besonders kuriose Mischung aus Literatur und historischer Forschung stellt die 1854 in zwei Teilen in der Allgemeinen Zeitung des Judentums erschienene Biographie des Baron Diego d’Aguilar (~1699-1759) alias Moses Lopez Pereira dar (Frankl, Allgemeine Zeitung des Judentums Heft 50, 11.12.1854: 630-634; Heft 52, 25.12.1854: 656-661), die Carsten Wilke ins Zentrum seiner Untersuchungen zum Marranenmythos stellt. Der zweite Teil beinhaltet eine Auseinandersetzung mit historischen Quellen unterschiedlicher Güte und Provenienz, anhand derer sowohl d’Aguilars Karriere als Generaltabakpächter in der Habsburger Monarchie als auch seine Intervention zugunsten verschiedener jüdischer Anliegen beschrieben werden;42 die im ersten Teil in mythischen Zügen dargestellte Herkunft d’Aguilars sowie seine Aufnahme in Wien beruft sich dagegen auf eine angebliche mündliche Überlieferung, die Frankl dem sephardischen Rabbiner von Wien Ruben Baruch bzw. dessen Vorfahren zuschreibt. Obwohl sich Frankl Zeit seines Lebens mit jüdischen Fragen auseinandersetzte, lässt sich eine gewisse Intensivierung jüdischer Themen nach der 1848er Revolution feststellen. Dies mag einerseits der Tatsache geschuldet sein, dass er sich nach der Schließung seiner Sonntagsblätter nur mehr fallweise dem Journalismus widmete; andererseits war seine Aufenthaltsgenehmigung in Wien nach einer Hausdurchsuchung im Jahre 1851 explizit an die Bedingung geknüpft, dass er sich „literarischer Tätigkeit für die Tagesblätter“ enthalte und keine Korrespondenz mit „Revolutionsflüchtlingen im Ausland“ pflege.43 Damit war nicht nur seine Absicht vereitelt, eine historische Darstellung der Revolutionsereignisse zu verfassen; angesichts staatlicher Überwachung muss40  Das Versepos wurde von Zeitgenossen zwei Mal ins Hebräische übersetzt; von Max Letteris unter dem Titel Nasi bi-Israel, Wien 1862 und von Jakob Fischer als Rosh ha-Edah, Wien 1862; Zur Analyse s. Aichner 2001: 333-361. 41  Die zweite, erweiterte Auflage erschien ebenfalls in Wien noch im selben Jahr; 3. Auflage: Wien 1864; 4. Auflage: Wien 1868; ein Nachdruck wurde in Breslau 1880 verlegt. S. dazu auch den Beitrag von Herlinde Aichner in diesem Band: 275-290. 42  Z.B. Zitate aus Abraham Trebitschs Korot Ha-Ittim (1801), mündliche Mitteilungen von Jost und dem in London weilenden Josef Wertheimer, v.a. aber eine Publikation des k.k. Finanzbeamten Joseph Retzer, Tabakpachtung in den österreichischen Ländern von 1670‑1783, nach echten Urkunden, Wien 1784, dem d’Aguilars Karriere als kaiserlicher Generalpächter entnommen ist. 43  S. k.k. Militärgouvernment vom 19.10.1851, in dem Frankls Aufenthaltsgenehmigung zunächst nur bis Ende des Jahres 1851 verlängert wurde, in Wienbibliothek, Nachlass L. A. Frankl, ZP H7-F7.

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te der Rückzug auf innerjüdische Themen während des Neoabsolutismus als sicherer Hafen erscheinen. Frankls Engagement beschränkte sich jedoch nicht auf historische und literarische Arbeiten; er engagierte sich auch aktiv für jüdische Anliegen. Besondere Bedeutung erlangte seine Verbindung mit Elise Herz (1788-1868), der Tochter des Woll- und Textilfabrikanten Simon Edler von Lämel (1766-1845), die er wohl durch Vermittlung seines Bruders David Bernhard kennengelernt hatte. Dieser war – wie oben erwähnt – durch den Schriftsteller Gerle in den Prager Salon von Elise Herz eingeführt worden (Frankl 1860: 17). Herz, die sich bereits in Prag in verschiedenen philanthropischen Projekten engagiert hatte,44 übersiedelte bald nach dem Tod ihres Mannes Heinrich Eduard (Elkan) Herz (1785-1849) nach Wien, wo sie ihr Engagement unter anderem für die von Josef von Wertheimer (1800-1887) errichtete Israelitische Kinderbewahranstalt fortsetzte. 1854 stiftete sie zum Gedenken ihrer Mutter gemeinsam mit ihren Geschwistern ein Armenhaus in Prag. Im folgenden Jahr, anlässlich des 25. Geburtstags von Kaiser Franz Joseph, tat sie den Vorstehern der Wiener jüdischen Gemeinde in einem Schreiben kund, dass sie das Andenken ihres Vaters durch Errichtung einer Kinderbewahranstalt in Jerusalem zu ehren wünsche.45 Die Gemeindevorsteher sollten als ehrenamtliche Kuratoren dieser „Simon Edler von Lämel Stiftung“ fungieren, die sie unter den Schutz des Kaisers zu stellen gedachte. Als Agenten zur praktischen Umsetzung des Vorhabens wählte sie Ludwig August Frankl. Die im Juli 1856 unter dem Namen „Lämel-Schule“ eröffnete Anstalt zählt nicht nur zu Frankls langlebigsten Unternehmungen, sondern ist zweifellos auch die besterforschte. Ein stattliches Gebäude in Jerusalems Neustadt (Yeshayahu Straße 13) trägt zwar heute noch die Aufschrift „Simon Edler von Lämel-Schule“, wurde jedoch erst im Jahre 1903 unter veränderten Prämissen eröffnet. Die von Frankl in Anwesenheit des österreichischen Konsuls Josef von Pizzamano (1809-1860) und zahlreicher Honoratioren im Juli 1856 eingeweihte Schule befand sich in der Jerusalemer Altstadt in gemieteten Räumen und bestand lediglich aus drei kleineren Zimmern und zwei Sälen (Antscherl 1906: 30). Von Anbeginn an war das Unternehmen von heftiger Polemik wie auch von regem Medieninteresse begleitet, das Frankl selbst durch mehrere Publikationen anheizte.46 Die historische Forschung hat die Schulgründung 44  So war sie etwa gemeinsam mit ihrer Schwester Franziska Vorsteherin der israelitischen Kleinkinderbewahranstalt in Prag gewesen: Niedhammer 2013: 257. 45  Zur Stiftung von Elise Herz s. den Stiftungsbrief, CAHJP, A/W 375 sowie Antscherl  1906: 5-8. 46  Eine Auswahl der deutschsprachigen Artikel bringt Niedhammer 2013: 262f.

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sowohl im Kontext der jüdischen Geschichte von Eretz Israel als auch von Mitteleuropa in den Blick genommen.47 Gestützt auf die angeführte Literatur und den Stiftungsbrief seien im Folgenden daher nur die wesentlichsten Eckdaten angeführt. Im mitteleuropäischen Kontext fiel Elise Herzens philanthropisches Engagement in Jerusalem in die historisch sensible Periode des Neoabsolutismus,48 in der Juden – nach einer kurzen Phase der Zuversicht während der 1848er Revolution – ihrer Hoffnung auf bürgerliche Gleichstellung wiederum beraubt wurden. Hatten sie sich aktiv für die Revolution engagiert, mussten sie – wie oben dargestellt – zudem mit Repressalien und sogar einer Ausweisung aus der Hauptstadt rechnen. Die Anregung und Durchführung philanthropischer Projekte bot somit eine willkommene Möglichkeit zur Stärkung jüdischen Selbstbewusstseins. Doch mit ihrer Entscheidung, das Projekt nicht nur in der jüdischen Gemeinschaft zu verankern (mittels Bestellung der Wiener Gemeindevorsteher zu Stiftungskuratoren), sondern unter staatliche Oberaufsicht zu stellen, bewies Herz neben patriotischer Gesinnung auch praktisches und politisches Geschick. Durch Gewährung ‚kaiserlichen Schutzes‘ erhielt die Anstalt öffentliche Anerkennung. Damit war sie in administrativer und finanzieller Beziehung staatlicher Kontrolle unterworfen, wodurch innerjüdische Querelen oft ausgeglichen werden konnten. Trotz massiver Opposition aus verschiedenen jüdischen Kreisen, die zur grundlegenden Revision des ursprünglichen Planes führte, gewährleistete dieser kluge Schachzug letztlich die Realisierung des Projektes. Den politischen Ambitionen der Habsburger Monarchie im Nahen Osten bzw. in Jerusalem kam die Schulgründung durchaus entgegen. Nach Ende der ägyptischen Besetzung Palästinas im Jahre 1840 hatten sich die Großmächte ihren Einfluss durch die Eröffnung von Konsulaten in der Heiligen Stadt gesichert. Die Habsburger Monarchie war mit ihrem 1849 eröffneten Vizekonsulat das Schlusslicht in einer Reihe diplomatischer Vertretungen,49 die neben politischen auch religiöse Anliegen verfolgten – im konkreten Fall die Vertretung katholischer Untertanen und Interessen. Der erste (Vize-)Konsul Josef von Pizzamano musste jedoch bald feststellen, dass die überwiegende Mehrheit seiner Untertanen nicht Katholiken, sondern aschkenasische Juden aus Russland oder Galizien waren. Neben der Verantwortung für die lateinische Kirche übernahm er also auch die Sorge für die jüdischen Untertanen 47  S. etwa Gelber 1948: 95-108, 199-219 [Hebr.]; Ben-Ghedalia (2006) [Hebr.]; Vielmetti, (1975); Morris (1990); Niedhammer 2013: 255-280. 48  Zur Periodisierungsdebatte s. Brandt 2014: 11-34. 49  1852 wurde das Vizekonsulat zu einem vollwertigen Konsulat aufgewertet.

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und ihre Sozialeinrichtung, die während des Krimkrieges (1853-56) von jüdischen Philanthropen aus verschiedenen Ländern errichtet wurden.50 Im Zuge dieser Tätigkeit setzte er sich auch mit Elise Herzens Vorschlag auseinander, den er prinzipiell begrüßte. Seiner Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten verdankten sich einige Revisionen. So wurde beispielsweise die ursprüngliche Idee fallengelassen, eine gemischt-konfessionelle Kinderbewahranstalt zu gründen; möglicherweise hatte er auch zur Erkenntnis beigetragen, dass eine (Knaben)Schule den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung besser diene als die im Kontext der kapitalistischen Industriegesellschaft entstandene Institution der Kinderbewahranstalt. Doch selbst die Autorität des österreichischen Konsuls vermochte die aschkenasische Gemeinde Jerusalems, die eigentlichen Adressaten der Anstalt, nicht von ihrer Nützlichkeit zu überzeugen. Die von traditionellen jüdischen Kreisen in Wien ausgehende Polemik gegen die ‚Einmischung‘ einer akkulturierten Jüdin in Jerusalemer Belange begann bereits vor Frankls Abreise aus Wien und hatte neben religiösen zweifellos auch ökonomische und machtpolitische Motive. Frankls Versuche, Ignaz Deutsch (1808-1881), den Hauptgegner des Projektes in Wien, persönlich umzustimmen scheiterten;51 Yochai Ben-Ghedalia vermutet sogar, dass Deutsch hinter einem anonymen Hinweis steckte, der die Behörden an Frankls revolutionäre Vergangenheit und seine politische Bedenklichkeit erinnerte (Ben-Ghedalia 2006: 34f.).52 Die von Deutsch gewarnte Gemeinde der Perushim verhängte noch vor ihrer Eröffnung einen Bann gegen die Schule,53 in der sie eine Brutstätte gefährlicher Neuerungen sah. Infolge des Widerstands unter den aschkenasischen Juden Jerusalems wurde das Institut ausschließlich von sephardischen Kindern frequentiert, da der sephardische Oberrabbiner das Projekt tatkräftig unterstützte.54 Ob man das Unternehmen angesichts dieser Entwicklungen für erfolgreich hält, wie Frankl und der österreichische Konsul, oder als gescheitert ansieht, wie Fran50  Das von James de Rothschild gestiftete und von seinem Beauftragten Albert Cohn 1854 errichtete Krankenhaus stand ebenso unter dem Schutz des k.k. Konsulates wie die anlässlich desselben Besuches von Cohen gegründete Handwerksschule für Knaben und die Mädchenschule. S. Ben‑Ghedalia 2009: 15-18 [09.02.2015]; zur Mädchenschule s. auch Shilo 2005: 151-153. 51  Deutsch stellte seine Sicht der Dinge in einer im Juni 1856 verfassten Denkschrift an Pizzamano dar: Deutsch (1856). 52  Der Hinweis führte zu einer ministeriellen Weisung, dass Frankl lediglich die zur Gründung des Schulprojekts nötige Unterstützung zu gewähren sei. 53  S. Abbildung 35. 54  Von 40 aufgenommen sephardischen Kindern waren 12 jedoch ebenfalls österreichische Untertanen: Frankl 1858: II, 140-142.

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kls Kritiker und manche moderne Interpreten (z.B. Vielmetti), hängt vor allem von den eigenen Erwartungen ab. Im Gegensatz zu vielen anderen philanthropischen Einrichtungen im Heiligen Land erwies sich die Schule jedenfalls als äußerst langlebig. Auch die staatlichen Autoritäten schienen mit Entwicklung und Niveau der Schule zufrieden zu sein; denn anlässlich des zehnjährigen Schuljubiläums zeichnete der österreichische Konsul verdiente Schüler mit Gedenkmedaillen aus Silber und Bronze aus, die der Hofgraveur Carl Radnitzky (1818-1901) geprägt hatte (Wiener Zeitung 22.02.1866: 4).55 Im Jahre 1888 wurde die Schule mit dem von der Frankfurter jüdischen Gemeinde unterhaltenen Verein zur Erziehung jüdischer Waisen in Palästina vereinigt, wodurch sie neuen Aufschwung nahm, was schließlich zum Ankauf eines Grundstückes in der Neustadt und zum Bau des anfangs erwähnten Hauses führte. Herzens Initiative und Frankls Aktivität hatten also ein beständiges Werk geschaffen. Frankls Orientreise im Jahre 1856, beziehungsweise seine Beschreibung derselben, wurde von zwei Autorinnen und Autoren als zentrales Element von Frankls jüdischer Identität in den Blick genommen: Marie Krappmann kontextualisiert Frankls literarische Ausbeute der Reise – die drei Bände Nach Jerusalem! (2 Bde., 1858) und Aus Egypten (1860) – mit der allgemeinen Literatur von Orientreisen im 19. Jahrhundert. Yochai Ben‑Ghedalia dagegen interpretiert den Reisebericht als Frankls Versuch, in der Tradition des mittelalterlichen jüdischen Dichters Yehuda Halevy (neue) ‚Zionslieder‘ zu verfassen, deren ‚Sehnsuchtsvektor‘ sich jedoch unversehens umkehrte; weilte Halevys Herz „im Osten“ (Jerusalem), während sein Körper „im äußersten Westen“ (Spanien) wohnte, war Frankls Wirken und Sehnen auf den Westen (Europa) ausgerichtet, selbst als er in Jerusalem am Ziel jüdischer Sehnsüchte stand. Bereits 1856 hatte Frankl mit dem zweisprachigen Bändchen Nach der Zerstörung dem Publikum die ersten poetischen Früchte seiner Orientreise präsentiert. Diese Sammlung „Hebräischer Elegien“ (Frankl 1856: 32, 38. Hebräisch von Max Letteris) war in Anspielung auf ihr philanthropisches Aufbauwerk in Eretz Israel mit einer Widmung an drei Frauen versehen, die gleichzeitig das Engagement der Großmächte Österreich, England und Frankreich repräsentierten – Elise Herz, Judith Montefiore (1784-1862) und Betty (Salomon) Rothschild (1805-1886). In den folgenden Jahren erschienen Frankls Reisebeschreibung Nach Jerusalem und Aus Egypten, die sich großer Popularität erfreuten und wiederholt neu aufgelegt und übersetzt wurden.56 Schon 1859 brachte 55  Die Vorderseite der Medaille zeigt den Namen der Schule auf Hebräisch, die Rückseite eine Palme und ein Zitat aus Ps. 8,3; s. Abbildung 37. 56  Nach Jerusalem, erschien zunächst in 2 Bänden bei Baumgärtner, Leipzig 1858; Die Zusammenfassung aller 3 Bände erschien in der Nies’schen Buchdruckerei C.B. Lorck, Leipzig

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Reverend Patrick Beaton eine verkürzte englische Übersetzung unter dem Titel The Jews in the East heraus, die Frankls Namen allerdings nur kleingedruckt auf der Titelseite erwähnt (Beaton 1859). Eine getreue hebräische Übertragung von Nach Jerusalem durch Frankls Freund Mendel Stern erschien im Jahre 1860 in Wien; Aus Egypten wurde in der hebräischen Übersetzung von Abraham Gottlober 1862 publiziert (Frankl 1860).57 Neben der Schulgründung in Jerusalem verfolgte Frankl auf seiner Reise auch wissenschaftliche Ziele, nämlich den Erwerb von ‚Rasseschädeln‘ für die Österreichische Akademie der Wissenschaften.58 Frankls Reise sowie seine Beschreibung derselben zeugt insgesamt also von der problematischen Sicht jüdischer wie christlicher Österreicher auf den ‚Orient‘. Weitgehend ungebrochen war im 19. Jahrhundert dagegen die Selbststilsierung von Juden als ‚ortientalischem Volk‘, wie sie auch Frankl in der eingangs ztitierten Präsentation seiner Familiengeschichte gegenüber Kardinal Mezzofanti benutzt hatte. Dementsprechend bedienten sich Architekten für die in der Emanzipationsepoche zunehmend pompöser und repräsentativer geplanten Synagogenbauten verstärkt des ‚orientalischen‘, später als maurisch bezeichneten Stils (Kalmar 2001: 68-100). Die 1838-1840 von Gottfried Semper in Dreseden erbaute Synagoge gehörte zu den ersten und beeindruckendsten Beispielen dieses architektonischen Trends.59 Von außen ein massives, byzantinisch-romanisches Bauwerk, das an frühchristliche Kirchen wie San Vitale in Ravenna gemahnte, war der Innenraum nun erstmals einheitlich nach dem Vorbild islamischer Kunst ausgestaltet. Der im Inneren durchgängig verwendete orientalische Stil wurde an der Westfassade durch zwei achteckige turmähnliche Vorbauten aufgenommen, die auf die beiden Säulen Jachin und Boas des salomonischen Tempels verwies.60 Als die 1852 schließlich als Gemeinde anerkannte Wiener Judenschaft ihrem neu-errungenen Status durch den Bau eines angemessenen Gotteshauses in der Leopoldstadt Ausdruck verleihen wollte, bediente sie sich einer ähnli1858-60; eine Neuauflage dieses dreibändigen Werkes publizierte Interdocumentation Co, Zug (Schweiz) 1975; eine verkürzte Ausgabe erschien im Schocken Verlag: Nach Jerusalem: Ein Reisebericht aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, Berlin 1935. Aus Egypten wurde erstmals in Leipzig bei Baumgärtner 1860 verlegt; eine 2. Auflage in Wien bei C. Greif 1868. 57  Eine Neuauflage dieses Werkes erschien Jerusalem 1999. Mi‑Mitsrayim, Wien 1862; dieser Band enthält auch Max Letteris’ Übersetzung von Der Primator. 58  S. dazu die Beiträge in diesem Band von Louise Hecht: 291-322 und Gabriele Kohlbauer: 323-338. 59  Zur Semper Synagoge in Dresden s. Künzl 1984: 162-175. 60  S. die Beschreibung in 1 Könige 7,21.

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chen Formensprache. 1854 beauftragte sie den renommierten HistorismusArchitekten Ludwig Förster (1797-1863) mit der Planung eines imposanten freistehenden Synagogengebäudes, das mindestend 2,000 Personen Platz bieten und einschließlich Nebengebäuden auf dem in der Wällischgasse (heute Tempelgasse) erworbenen Baugrund entstehen sollte. Förster, der die Grundsätze seiner Planung 1859 in der von ihm gegründeten Allgemeinen Bauzeitung darlegte, hielt den salomonischen Tempel für die ‚zweckdienlichste Form‘ zur Gestaltung von Synagogen, die seit Beginn des 19. Jahrhunderts unter dem Einfluss der Reformbewegung auch verstärkt als ‚Tempel‘ bezeichnet wurden.61 Da keine ausreichende Beschreibung des salomonischen Tempels überliefert sei, bediene er sich der Formensprache von „dem israelitischen Volke verwandeten orientalischen Völkerschaften“, besonders der arabischen (Förster 1859: 14). Demgemäß errichtete er einen dreischiffigen Hallenbau im ‚syrisch-arabischen‘ (‚maurischen‘) Stil, der insgesamt fast 4,000 Personen fassen konnte; die Hälfte der mehr als 2,000 Sitzplätze war für Frauen reserviert, die in den Seitenschiffen auf zwei übereinander liegenden Galerien Platz fanden. Die aus rot und gelb gebrannten Ziegeln gestaltete Fassade wurde an der Westseite durch den Eingangsbogen dominert. An den Ecken des Mittelschiffs brachte Förster – wie Semper in Dresden – zwei schlanke Säulen an, die „an die Säulen am Salomonischen Tempel“ erinnerten (Förster 1859: 14f.).62 Die am 15. Juni 1858 durch Adolf Jellinek (1821-1893) eingeweihte Synagoge sollte bis zu ihrer Zerstörung im Novemberpogrom 1938 das größte jüdische Gotteshaus Österreichs bleiben. Für den „im Bau befindlichen Tempel“ in der Leopoldstadt hatte Frankl während seines Jerusalem Aufenthaltes den Schlussstein am Zionsberg gebrochen, den er „zu einem sarkophargartigen Kästchen“ verarbeitet von seiner Orientreise mitbrachte (Frankl 1858: II, 125).63 Wiewohl in der Wiener jüdischen Gemeinde weitgehender Konsens darüber herrschte, dass die neue Synagoge nach außen repräsentativ wirken sollte, hatte die Frage nach wünschenswerten Kultreformen eine heftige Polemik entfacht. Zwar war die Bimah, das in traditionellen aschkenasischen Synagogen in der Mitte befindliche Pult für die Torah-Lesung, dem liberalen Modell gemäß an die Ostwand vor den Torah-Schrein gerückt worden, doch die Frage nach Zulässigkeit einer Orgel, bereits seit den 1810er Jahren ein zentraler Streitpunkt zwischen tra61  Zu dieser Terminologie s. Hecht L. 2008: 315f. 62  Interessanterweise hielt er Minarette für islamische Imitationen der Tempelsäulen. 63  Dazu auch den Beitrag von Gabriele Kohlbauer in diesem Band: 323-338 sowie Abbildung 22.

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ditionellem und Reformjudentum, erregte die Gemüter.64 In diesem Kontext ist Frankls 1857 gehaltener Vortrag vor dem beratenden Komitee in der jüdischen Gemeinde zu sehen, in dem er die Einführung einer Orgel klar zurückwies. Wie viele gemäßigt traditionelle Juden hielt Frankl den Einbau einer Orgel für religionsgesetzlich legitim; seine Ablehnung gründete vielmehr in der christlichen Konnotation des Instruments. „Wenn wir durch eine Strasse gehen und Orgelklänge vernehmen; so steht vor unserer Fantasie der Messe lesende Priester und wir empfinden Weihrauchduft;“ diese Assoziation stoße traditionelle Juden notwendig zurück. Ebenso wie für die architektonische Gestaltung von Synagogen der an Kirchen gemahnende gotische Baustil zu vermeiden sei, solle bei der Innenausstattung auf die Orgel verzichtet werden; denn die Orgel sei „das klingende Christentum“ sei, sowie „die Gothik das gemauerte“ (Ehrentheil 1867: 150).65 Der von Förster gewählte ‚syrischarabische‘ Stil und vor allem die den salomonischen Tempel evozierenden Säulen an der Fassade erschienen ihm dagegen als adäquater Ausdruck (s)eines selbstbewussten Judentums, das nicht auf Nachahmung fremder Traditionen angewiesen war (Ehrentheil 1867: 152). Neben der autonomen Definition seines Judentums lässt Frankls Standpunkt aber auch die Position des langjährigen Gemeindesekretärs erkennen, der um Kompromissfindung bemüht war und unnötige Provokationen zu vermeiden trachtete. Im März 1863 feierte Frankl sein 25-jähriges Amtsjubiläum als Sekretär der Wiener Judenschaft bzw. der Israelitischen Kultusgemeinde von Wien. Zu diesem Anlass wurden dem Jubilar von den Gemeindebeamten, den Gemeindedienern und mehreren Freunden prächtig ausgestaltete Gratulationsadressen überreicht. In Würdigung des Jubilars brachte Simon Szántó (1819‑1882) in seiner liberalen österreichisch-jüdischen Wochenschrift Die Neuzeit nicht nur eine Beschreibung der Zeremonie, sondern auch eine ausführliche Biographie von L.  A.  Frankl (Szántó, Die Neuzeit, 20.03.1863: 144f).66 Szántó sah Frankls Stärke in der Verbindung zwischen seinen poetischen Neigungen und der profanen Profession. Durch die Kombination „des Realen und Idealen, des Geschäftsmannes und des Phantasten, des praktischen Geistes und gebildeten Geschmackes“ habe Frankl nicht nur der Gemeinde gedient (Szántó, Die Neuzeit, 20.03.1863: 145), sondern dem einst verachteten Amt des 64  Zum Orgelstreit s. Hecht L. 2008: 352f. 65  Diese prinzipielle Ablehnung hinderte den jüdischen Architekten Max Fleischer freilich nicht, im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts mehrere Synagogen im neo-gotischen Stil zu errichten: Beyer 2010: 320-336. 66  Einen fast identen Artikel druckte Letteris 10 Tage später in seinen Wiener Mittheilungen ab. Zur Neuzeit s. Hecht D. 2013: 223-240.

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Gemeindesekretärs Würde verliehen. Im Anschluss zählte der Artikel Frankls Leitungen im innerjüdischen Bereich auf: Neben der (formalen) Anlegung eines Gemeindearchivs zählten dazu die Einrichtung eines Bades im jüdischen Krankenhaus (nach seiner verstorbenen Mutter ‚Theresienbad‘ genannt), umfangreiche Bücherspenden für die Religionsschule und das Krankenhaus, die „Einführung der Wiener Leichenhofordnung, der Gemeindematrikel [und] der Manipulation in der Kanzlei“. Dem wäre seine federführende Rolle beim Entwurf der Statuten für die Wiener jüdische Gemeinde hinzuzufügen (Wiener Blätter 11.07.1850: 4). Zum Dank für die Ordnung der Gemeindeangelegenheiten wurde er ehrenhalber zum Beirat gewählt und behielt diese Position, bis die neuen Gemeindestatuten Gemeindebeamte vom Vorstand ausschlossen. Er engagierte sich auch im Vorstand zahlreicher (jüdischer) Wohltätigkeitsvereine; außerdem ließ er Ölgemälde von den Vorstandsmitgliedern der Wiener jüdischen Gemeinde anfertigen, um einen „Ahnensaal des Vorstandes“ zu begründen; die Bilder zieren bis zum heutigen Tag den Sitzungssaal der Israelitischen Kultusgemeinde Wiens. Seine Aktivitäten reichten jedoch weit über die Wiener Stadtgrenze hinaus. So konzipierte er beispielsweise die Statuten der jüdischen Gemeinde zu Debrecen und der in den 1860er Jahren (wieder)gegründeten Gemeinde in Krems (Letteris, Wiener Mittheilungen 01.04.1863: 26). Die Ehrung und ihre Beschreibung in der Neuzeit und den Wiener Mittheilungen wurden offensichtlich von mehreren Journalen zum Anlass für biographische Abrisse genommen.67 Unermüdliche Aktivität sowie die „Jubelgreis-lerei“, wie Frankl die Feierlichkeiten um sein Amtsjubiläum in einem Brief an Anastasius Grün voll Selbstironie bezeichnete (Frankl‑Hochwart B. 1897: 151), hatten der Gesundheit des rüstigen Jubilars offensichtlich härter zugesetzt, als er es wahrhaben wollte. Vermutlich führte Überarbeitung zu einer temporären Erblindung während Frankls Sommerfrische im Jahre 1863; daraus gebar er die Idee, ein jüdisches Blindeninstitut ins Leben zu rufen.68 Dafür gelang es ihm, Jonas Freiherr von Königswarter, den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien, zu begeistern, der das Unterfangen mit seinem Geld und Prestige

67  S. beispielsweise die bereits zitierten Biographien in den Illustrirten Monatsheften für die gesammten Interessen des Judenthums 1865: Anm. 38 und Deborah 1866: Anm. 23. 68  Das Blinden-Institut auf der Hohen Warte bei Wien. Monographie nebst wissenschaftlichen und biographischen Beiträgen 1878: 1; zu Frankls Engagement für diese Institution s. den Beitrag von Louise Hecht in diesem Band: 291-322.

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unterstützte.69 Das mithilfe von privaten Spenden großzügig ausgestattete Internat mit Lehrwerkstätten70 – das erste seiner Art in der Habsburger Monarchie – wurde im Jahre 1872 eröffnet. Im nächsten Jahr berief Frankl eine internationale Konferenz für den Unterricht blinder Kinder in Wien ein und setzte dadurch neue Standards auf diesem Gebiet. Das Israelitische Blindeninstitut auf der Hohen Warte sollte folgerichtig recht wörtlich mit Frankls Namen verbunden bleiben.71 Als Anerkennung für seine mannigfaltigen Leistungen erhielt er 1876 das Adelsprädikat ‚von Hochwart‘ verliehen, in Anspielung auf das Blindeninstitut auf der Hohen Warte. Beseelt von seinem Bemühen das Israelitische Blindeninstitut auch nach seiner Eröffnung auf dem letzten Stand zu halten, besuchte Frankl 1875 unter anderem das Privat‑Blinden-Institut in Linz, das eine lebensgroße Wachsbüste der blinden Pianistin Maria Theresia Paradis (1759-1824) aufgestellt hatte. Zusätzlich besaß das Linzer Institut ein Stammbuch der Künstlerin mit Einträgen zwischen 1774 und 1821, das ihr Cousin Felix Levasori della Motta der Anstalt im Jahre 1836 geschenkt hatte.72 Dieses diente Frankl als Grundlage für seine 1876 veröffentlichte Biographie der Künstlerin, die zum Wohle von Absolventen des Linzer Instituts vertrieben wurde (Frankl 1876: III, 7). Er propagierte damit Leben und Werk einer Frau, die den geschlechtsspezifischen Rahmen ihrer Zeit bewusst gesprengt hatte, indem sie als Pianistin und Komponistin allein durch Europa reiste. Bis zu den 1970er Jahren sollte Frankls Biographie die einzige umfassende Würdigung der einst gefeierten Künstlerin bleiben; diese Pionierleistung wird in Marion Fürsts penibel recherchierter Biographie von Paradis aus dem Jahre 2005 anerkannt (Fürst 2005: 7-12). Darüber hinaus unterstützte Frankl auch andere philanthropische Einrichtungen für Juden, wie etwa das 1852 von Mikulov/Nikolsburg nach Wien übersiedelte und von Joel Deutsch (1813-1899) geleitete Israelitische Taubstummen Institut in Wien. Frankl besuchte das Institut wiederholte Male und widmete ihm zwei Gedichte (S. Krenberger 1928: 15).73

69  In der Publikation zum Blindeninstitut wurde ihm dafür mit einer 5-seitigen Biographie gedacht: Das Blinden-Institut auf der Hohen Warte: 50-55. 70  Die Liste der Stifter und Spender füllt 10 kleingedruckte Seiten: ibid.: 39-49. 71  S. Abbildung 44. 72  Stammbuch und Kassette der Maria Theresia Paradis, Wienbibliothek, HIN 92659. 73  Zum Taubenstummeninstitut s. Hecht D. 2010: 31-54.

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Patriotische Welt: Denkmäler, Biographien und Nachrufe Daran muss wohl der Moёt-Chandon Schuld gewesen sein, den ich in fröhlicher Gesellschaft getrunken, dass mir in der Neujahrsnacht träumte, der Dr. Ludwig August Frankl, der sein Leben der Verherrlichung berühmter Verstorbener gewidmet und jetzt die Errichtung eines Schillerdenkmals angeregt, gehe mit der Absicht um, auch mir ein Monument zu errichten. […] Die „Beschaffung der Mittel“ für eine solche [Statue] sei die herkömmliche. Nur habe er wegen der Neuheit des Falls statt der bisher üblichen zwei Comités, eines Herren- und eines Damen-Comités nämlich, diesmal drei Comités gebildet, indem er, um auch hartherzige Menschen, welche unempfindlich gegen Männerbitten und Weiberthränen seien, zu rühren, ein unschuldvolles Kinder-Comité hinzugefügt habe. Er, seine Gemahlin und sein erstgeborenes Knäblein seien, einem ehrwürdigen Gebrauche folgend, Obmann, Obfrau und Obkind der bezüglichen drei Comités. […] Ich war fast zu Thränen gerührt, als ich diese Subskriptions-Einladung, für mein Monument gelesen hatte, und ich sah ein, dass man eben selber verstorben sein müsse, um die Verdienste des Herrn Frankl würdigen zu können. (Spitzer 1869: 238-242)

So kommentierte der geniale Feuilletonist Daniel Spitzer (1835-1893), der sich bereits verschiedentlich mit feiner Ironie über Frankls Eifer beim Verfassen von Nachrufen geäußert hatte, im Januar 1869 des Letzteren Bemühen um die Errichtung eines Schillerdenkmals in Wien. Frankls Vorliebe für handfeste Erinnerungsstücke wurde von seinen Zeitgenossen mit mehr oder weniger bösartigem Spott registriert und kommentiert. Herlinde Aichner dagegen kontrastiert in ihrem Beitrag gekonnt die Ambivalenz zwischen Frankls ‚Erinnerungspolitik‘, die ihn zum Denkmalsetzer sowie zum Biographen seiner Schriftstellerfreunde werden ließ, mit der ‚Chronologie des Vergessens‘, dem sein eigenes Oeuvre nach seinem Tode anheimfiel. Frankls Leidenschaft für die Errichtung von Denkmälern war weder ein Spleen der liberalen Ära, noch beschränkte er sich auf Literaten; sie scheint vielmehr unmittelbar mit seinem oben ausgeführten Interesse für Friedhöfe verbunden zu sein, die er ebenfalls als Erinnerungsorte charakterisierte. Schon in den Sonntagsblättern hatte er sich nachdrücklich für Errichtung bzw. Konservierung von Grabdenkmälern berühmter Komponisten eingesetzt, die in Wien verstorben waren. Anlässlich seines Berichtes über die Aufstellung einer Beethovenstatue in des Komponisten Geburtsstadt Bonn rief er 1845 zur Renovierung von Beethovens vernachlässigtem Grabmal auf (Frankl, Sonntagsblätter 10.08.1845: 745-747), das sich bis zur Überführung in ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (1888) auf dem Währinger Friedhof befand. Dank mehrerer Spendenaufrufe der Zeitung und eines Benefizkonzertes konnte der Grabstein bald instand gesetzt werden. Fast zur selben Zeit publizierte August Schweigerd in den Sonntagsblättern einen Appell, für Christoph Willibald

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Glucks „ärmliches Grab“ auf dem Matzleinsdorfer Friedhof „einen einfachen bescheidenen Stein“ zu errichten (Schweigerd, Sonntagsblätter 17.08.1845: 779-780). Nach einer intensiven Spendenaktion der Sonntagsblätter und der Musikzeitung konnte das neue Grabmal mit Frankls tatkräftiger Unterstützung zum 132. Geburtstagsfeste des Komponisten im Juli 1846 feierlich enthüllt werden (Frankl, Sonntagsblätter 12.07.1846: 649-650). In beiden Fällen hatten die Initiatoren das (regional)patriotische Argument angeführt, dass Wien es seinem Ruf als Musikstadt schulde, für die Erhaltung der Musikergräber Sorge zu tragen. Der spätere Polizeibeamte Schweigerd thematisierte allerdings auch die sich formierenden Kritik gegen die sogenannte Denkmalwut, wie die Begeisterung des Bürgertums für die Aufstellung neuer Denkmäler von Kritikern spöttisch genannt wurde (Schweigerd, Sonntagsblätter 17.08.1845: 780). Schweigerd hatte das Unbehagen bezüglich Denkmäler schon in den 1840er Jahren wahrgenommen, Frankl dagegen war noch in den 1860er Jahren von der Möglichkeit fasziniert, den öffentlichen Raum mit Denkmälern für Dichter und Künstler bürgerlicher Herkunft zu bevölkern. Nach seiner Rückkehr aus dem ‚Orient‘ widmete er sich daher erneut mit großem Einsatz der Schaffung bürgerlicher Erinnerungsorte aus Erz und Marmor. 1858 unterstützte er die Initiative des Vereins für Verschönerung der Umgebungen von Heiligenstadt und Nussdorf, der das erste österreichische Beethovendenkmal in Heiligenstadt zu errichten trachtete, wo der Komponist im Jahre 1802 Linderung seiner diversen Leiden, u.a. der beginnenden Taubheit, gesucht hatte. Im Zuge der Spendenkampagne konnte der Bildhauer Anton Dominik von Fernkorn (1813-1878), der eben mit seinem monumentalen auf den Hinterbeinen balancierenden Reiterstandbild von Erzherzog Karl Aufsehen erregt hatte, zur kostenlosen Ausführung einer überlebensgroßen Bronzebüste gewonnen werden (Niederrheinische Musikzeitung 15.09.1860: 304); sie wurde am 15. Juni 1863 auf dem Beethovengang, dem Lieblingsspazierweg des Komponisten in Heiligenstadt, enthüllt. Während sich die eben beschriebenen Denkmalerrichtungen ohne nennenswerte Opposition verwirklichen ließen, verlief die Aufstellung des Schillerdenkmals an der Wiener Ringstraße höchst kontrovers, wie auch das obige Zitat veranschaulicht. In den Diskussionen um das Schillerdenkmal bündelte sich nicht nur der Geist der liberalen Ära, in der es konzipiert wurde; in den oft antisemitischen Invektiven gegen Frankl und jüdische Finanziers des Projektes kündigte sich bereits jene antiliberale Atmosphäre an,74 die Karl Lueger im Jahre 1895 schließlich zu seinem Wahlerfolg verhelfen sollte. Frankls hier 74  S. den Beitrag von Hubert Lengauer in diesem Band: 137-156.

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kurz zu skizzierendes Engagement für den deutschen Nationaldichter zeitigte durchaus ambivalente Konsequenzen. Einerseits verband sich mit dem Erfolg des Projektes der Höhepunkt seines gesellschaftlichen Ansehens, andererseits machten ihn Umfang und Prominenz des Planes zunehmend zur Zielscheibe für Antisemitismus. Was Juden und Liberale (bzw. jüdische Liberale) als angemessenen patriotischen Beitrag zur Stadtgestaltung betrachteten, begriffen andere als anmaßende Vereinnahmung Wiens – im Extremfall als ‚Verjudung‘ der Stadt, der die liberale Ideologie Vorschub leistete. Der 100. Geburtstag Friedrich Schillers im Jahre 1859 wurde vielerorts zu glanzvollen Feiern genützt, bei denen das Bürgertum seinem Streben nach Freiheit von fürstlicher Herrschaft Ausdruck verlieh. In der Habsburger Monarchie dagegen ging die Initiative – wie so oft – von oben aus; hier war es der Kaiser, der des Dichters Symbolkraft als Propagandist deutscher Einheit für seine Zwecke nützen wollte. Franz Joseph dekretierte daher, dass „der freie Raum, der nach dem angenommenen Stadterweiterungsplane das zu erbauende Hofschauspielhaus umgeben wird, […] den Namen Schillerplatz zu erhalten habe.“ (Kapner 1973: 36) Wie viele andere Träume wurde auch diese Idee ein Opfer von Habsburgs Niederlage gegen Preußen in der Schlacht bei Königgrätz/Hradec Králové. Während der liberalen Ära, die der Dezemberverfassung von 1867 folgte, sah sich das selbstbewusste, nunmehr von absolutistischer Herrschaft befreite Bürgertum Österreichs durch Schiller angemessen repräsentiert. Gemeinsam mit seinem Freund Anton Alexander Graf von Auersperg (= Anastasius Grün, 1806-1876) gründete Frankl also ein Komitee für die Errichtung eines Schillerdenkmals in Wien, das viel Phantasie bei der Überwindung von Schwierigkeiten und bürokratischen Hürden an den Tag legte.75 Gemeinsam mit Stefan von Schey, der als Kassier des DenkmalComités fungierte, betrieb Frankl eine intensive Spendenkampagne, die innerhalb von acht Monaten (Mai bis Dezember 1868) bereits etwa ein Drittel der Kosten eingeworben hatte;76 neben dem Kaiserhaus und Großindustriellen rekrutierten sie auch bürgerliche Kreise und Vereine, Zeitungsredaktionen, Lehrer- und Schülerkomitees sowie Arbeitervereine. Als die Spendensammlung angesichts des Börsenkrachs von 1873 ins Stocken geriet (Kapner 1973: 38f.), wurden verstärkt Benefizveranstaltungen organisiert. Wie die Korrespondenz zwischen Frankl und Auersperg belegt, diskutierten die beiden Freunde das Projekt in jeder Phase, doch scheint Frankl nicht nur in finanziellen Belangen der spiritus movens des Unternehmens gewesen 75  S. den Beitrag von Hubert Lengauer in diesem Band: 137-156. 76  Zur Dokumentation der Aktivitäten s. Kapner 1973: 104-125.

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zu sein (Frankl‑Hochwart B. 1897: 275-360). Denn während Auersperg die Schnittstelle zwischen grünem und Wurstelprater bzw. den Platz vor der alten oder neuen Universität als Aufstellungsort ins Auge fasste, hatte sich Frankl von Anfang an für die schließlich ausgewählte Stelle, vor der Akademie der bildenden Künste und schräg gegenüber vom Palais Schey ausgesprochen (Frankl‑Hochwart B. 1897: 275f.). Trotz Frankls unermüdlicher Tätigkeit dauerte es mehr als acht Jahre, bis die vom deutschen Bildhauer Johannes Schilling geschaffene Statue am 10. November 1876 schließlich eingeweiht werden konnte. Für seine zahlreichen Verdienste und Bemühungen wurde Frankl danach in den Ritterstand erhoben.77 1880 ehrte die Stadt Wien die Aktivitäten des Wahlwieners Frankl durch Verleihung des Ehrenbürgerrechts. Im Jahre 1891 gelang es Frankl, an den einander gegenüberliegenden Seiten des nunmehrigen Schillerparks auf Stelen aufgesetzte Steinbüsten seiner Freunde Nikolaus Lenau und Anastasius Grün platzieren zu lassen (Kapner 1973: 129f.); beides Werke des aus Österreichisch-Schlesien stammenden Bildhauers Karl Schwerzek. Auch auf dem 1882 publizierten Aufruf zur Errichtung eines Goethedenkmals, das – allerdings erst im Jahre 1900 – dem Schillerdenkmal gegenüber aufgestellt wurde, findet sich die Unterschrift von „Ludwig August Ritter Frankl von Hochwart“ (Kapner 1973: 192). Frankls 1910 von Heinrich Hahn angefertigte Büste aus schwarzem Marmor wurde an einem weniger prominenten, doch mit seinem Engagement innig verbundenen Ort platziert – vor dem Eingang des Israelitischen Blindeninstituts auf der Hohen Warte. Mittlerweile hat Frankls Büste den öffentlichen Raum verlassen und ist ins Foyer jenes Gebäudes gewandert, das heute als Polizeistation Verwendung findet.78 Durch seine erfolgreiche ‚Erinnerungspolitik‘ gelang es Frankl jedoch, sich selbst in repräsentative Plätze der Stadt einzuschreiben. Indem er die Erinnerung an Beethoven, Gluck, Schiller, Lenau und Grün durch Denkmäler würdigte, verewigte Frankl auch seinen eigenen Namen, wie seine zeitgenössischen Kritiker wiederholt spöttisch angemerkt hatten. Frankls Faible für manifeste Erinnerungsstücke beschränkte sich nicht auf Denkmäler. In einer für das aufstrebende Bürgertum des 19. Jahrhunderts charakteristischen Attitüde führte sein historisches Interesse zu rastloser Sammelleidenschaft; Freunde und Verwandte beschrieben seine Wohnung daher verschiedentlich als ‚Museum‘.79 Diese dient Louise Hecht in ihrem Beitrag 77  S. „Beiträge für ein Schiller-Denkmal in Wien“, 11. Verzeichnis, WStLA, Kl. Bestände, Denkmäler und Brunnen, A 33-11, M. 24. 78  S. Verleihung des Ritterstanddiploms vom 10.12.1876, ÖStA, AVA, Adelsakten L.A. Frankl 10.12.1876. 79  S. Abbildung 48.

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als theoretischer Ausgangspunkt für eine Annäherung an Frankls Identitätskonstruktionen. Gabriele Kohlbauer dagegen thematisiert mit Frankls Beitrag zur Gründung des jüdischen Museums in Wien, das als erstes seiner Art im Jahr 1895 eröffnet wurde, den Transfer von Frankls Erinnerungsstücken vom privaten in den öffentlichen Raum.

Conclusio Ludwig August Frankl stellt mit seiner Mehrfachidentitätskonstruktion einen besonderen Glücksfall für Historikerinnen und Historikern dar, da er sich nicht nur auf verschiedenen Gebieten betätigte, sondern in seinen Schriften, seiner Autobiographie und seinem Nachlass eine umfassende persönliche Dokumentation hinterlassen hat, die die Hauptquelle zur Rekonstruktion seines Lebens bildet. Die Basis für Frankls Biographie ist sein umfangreicher Nachlass, der sich seit 1938 im Besitz der Stadt Wien befindet.80 Diesen legte Frankl bewusst als einen „Speicher des Gedächtnisses“ an (Assmann 2001: 16f.), so sammelte er etwa Dokumente und Publikationen über die Revolution von 1848, um deren Geschichte zu schreiben. Diese Sammlung umfasst insgesamt 427 Objekte, vor allem Druckschriften, die von der Wienbibliothek mit dem rosa Stempel „Sammlung Ludwig August Frankl“ versehen wurden. Wichtige Teile seiner Wissensüberlieferung waren – durchaus zeituntypisch – nichtjüdischen und jüdischen Frauen gewidmet. So besaß Frankl etwa die Vereinsstatuten des „Wiener demokratischen Frauenvereins“ vom September 1848 und die handschriftlichen Erinnerungen seiner Präsidentin, Karoline von Perin (1808-1888) vom Oktober 1849 sowie Korrespondenz mit Ida Pfeifer (1797‑1858) und Betty Paoli (1814-1894). 81 Insgesamt umfasst der Nachlass mehrere tausend Briefe, Urkunden und Drucksorten, die für den vorliegenden Band ausgiebig genutzt wurden. Zusätzlich stand zu einigen Themen umfangreiches Archivmaterial zur Verfügung. Als besonders ergiebig erwiesen sich die Nachforschungen im Central Archive for the History of the Jewish People und der National Library 80  S. das Foto von Frankls letzter Wohnung, Abbildung 48. 81  Den Großteil kaufte die Bibliothek im Februar 1938, einen kleineren Teil erst im Juni 1938 von Frankls Sohn Bruno; s. Wienbibliothek im Rathaus, Nachlass Ludwig August Frankl und Bestände des Wien Museums.

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of Israel in Jerusalem; das Jüdische Museum Wien und das Wien Museum trugen durch wichtige Dokumente zur Vervollständigung des Bildes bei. Weitere wichtige Quellenbestände bilden zeitgenössische Zeitungen und Zeitschriften jüdischer wie nichtjüdischer Provenienz, in denen Frankl entweder publizierte oder die er rezipierte, sowie Quelleneditionen und Publikationen, die heute nicht mehr vorhandenes oder unzugängliches Archivmaterial abdruckten oder zusammenfassten. Die Mischprovenienz des verwendeten Materials gestattete die Rekonstruktion von Frankls Leben und Wirken auf verschiedenen Ebenen und in einem sehr breiten Kontext. Bedingt durch seine lange Lebenszeit (1810-1894) lässt sich durch Frankls Biographie die jüdische Geschichte des 19. Jahrhunderts in verschiedenen geographischen Zentren nachvollziehen. Dem Facettenreichtum dieser Biographie versucht das Buch durch einen pluralistischen Ansatz gerecht zu werden. Fünfzehn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kombinierten sozial- und ideengeschichtliche sowie literatur- und kulturgeschichtliche Methoden und Modelle, um eine polyphone Biographie zu erschaffen, in der Frankls historisches Leben und Wirken mit dem Bild kontrastiert wird, das er selbst hinterließ. Die dadurch entstandene ‚Kollektivbiographie‘ ist thematisch strukturiert, ohne über eine durchgehende Chronologie zu verfügen. Diese Vorgangsweise überwindet das einheitliche Narrativ und betont, dass Biographien keinen kohärenten Zusammenhang, keine Linearität besitzen (müssen) (Bödeker 2003: 41-47). Als zentrale Untersuchungsräume dienten Frankls familiäres Umfeld, sein politisches und literarisches Schaffen, sein jüdisches Engagement sowie die von ihm (mit)erschaffene kulturhistorische Denkmalslandschaft. Dass Frankls von liberalem Geist getragene Verbindung verschiedener Welten zum Zeitpunkt seines Todes bereits einen Anachronismus darstellte, bezeugen nicht nur antisemitische Invektiven und Luegers Wahlsieg im folgenden Jahr; Nationalismus und Rassismus verlangten nach eindeutigen Definitionen, die geteilten Loyalitäten keinen Platz ließen; das rasche Verschwinden von Frankls einst so populärem literarischen Werk aus Literaturgeschichten und Anthologien sowie die weitgehende Auslöschung seiner Person aus dem österreichisch-deutschen, tschechischen wie auch jüdischen kulturellen Diskurs und Gedächtnis bekunden die fortdauernde Wirkungsmacht dieser monokausalen Weltbilder.

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„Wie glücklich ist sicher die gute Paula, …“ (Voigt 1878) Frauen im Leben von Ludwig August Frankl Ludwig August Frankls Name findet sich in vielen wissenschaftlichen Abhandlungen über Literatur, jüdische Geschichte und Orientreisen. Die meisten Arbeiten verbinden seinen Namen mit anderen Männern seiner Zeit. Die zeitgenössische und die moderne Rezeption von Frankl fügte sich damit in den klassischen Männerkosmos des 19. Jahrhunderts ein. Frauen kommen nur am Rande vor, wie z.B. Caroline Pichler (1769-1843), deren Salon Frankl häufig besuchte, und die blinde Pianistin Maria Theresia Paradis (1759-1824), deren erster Biograf Frankl im Jahr 1876 war. Umfangreicheres Material über Frauen um Frankl findet sich im bereits öfters thematisierten Nachlass in der Wienbibliothek. Briefe, Urkunden, und Drucksorten geben Auskunft über ein beachtliches öffentliches und familiäres Frauennetzwerk. Besondere Bedeutung erlangte seine Verbindung mit Elise Herz (1788-1868), die ihn als Agenten für die Gründung der Lämel-Schule in Jerusalem auswählte, weil sie ihn ihm die erstrebenswerte Verbindung von österreichischem Patriotismus und Judentum sah (Vielmetti 1975: 169-175).1 Gleichzeitig spielten sicher seine verwandtschaftlichen Verbindungen nach Prag eine Rolle, besonders hinsichtlich der weiblichen Familienmitglieder. Die Bedeutung des familiären Frauennetzwerks der Familie Frankl blieb in der bisherigen Forschung weitgehend unbeachtet. Hierzu gehört seine Großmutter Marianne Frankl, seine Mutter Therese Hermann sowie seine beiden Frauen Esther und Paula Wiener. Im Folgenden soll daher eine Verortung von Frauen im Privatleben von Ludwig August Frankl vorgenommen und ihre Bedeutung für sein soziales Umfeld untersucht werden. Chronologisch erstreckt sich der biographische Rahmen mit seiner Netzwerkrelevanz über fünf Generationen, von seiner Großmutter Marianne Frankl bis zu seiner einzigen Enkelin Ilse Knoche, d.h. vom 18. bis ins 20. Jahrhundert; in geographischer Hinsicht von Kuttenplan und Chrást/Chrast über Brno/Brünn, Prag und Wien nach Jerusalem und nach Weimar, München und Graz. Anhand dieser für die Familie bedeutenden Orte sollen soziale Mobilität und wirtschaftliche

1  Zum Engagement von Elise Herz s. Niedhammer 2013: 255-280.

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Etablierung über die Generationen bis zur Vernichtung während der Shoah verfolgt werden.

Ahnenbilder: Enkelin und Schwiegertochter Ilse Knoche, geb. Frankl-Hochwart (1892-1946) Am 2. August 1946 starb Ilse Knoche im Landeskrankenhaus Graz im Alter von nur 54 Jahren. Der Tod, der am 16. April 1892 in Wien geborenen Knoche, wirft eine Reihe von Fragen auf, die über das Einzelschicksal hinaus Rückschlüsse auf das soziale Umfeld der Familie Frankl-Hochwart ermöglichen. Ilse Frankl-Hochwart war seit dem 20. April 1922 mit dem Münchner Prominentenzahnarzt Erich Knoche (1884-1969) nach evangelischem Ritus verheiratet gewesen.2 Das Ehepaar wohnte in der Leopoldstraße 38 in München. Ein Polizeiakt aus der NS-Zeit gibt sporadische Einblicke in ihr Leben. Im April 1934 konnte Ilse Knoche noch die Prüfung für einen Autoführerschein machen. In den folgenden drei Jahren konnte sie trotz ständiger Passprobleme immer wieder nach Wien zu ihren Eltern reisen. Ihr Mann bekommt als Jude keine Reisegenehmigung. Ab April 1937 klassifizierten die NS‑Behörden Ilse Knoche mit drei jüdischen Großeltern nach den Nürnberger Rassegesetzen als Jüdin. Zu diesem Zeitpunkt befand sie sich gerade in Wien bei ihren Eltern. Nach dem ‚Anschluss‘ dürfte sie wieder nach München übersiedelt sein, wie Unterlagen über die Auswanderung belegen. Anfang 1939 erhielt das Ehepaar Knoche die Ausreisegenehmigung nach Bolivien.3 Während Erich Knoche noch im selben Jahr nach Bolivien flüchten konnte, blieb Ilse aus unbekannten Gründen im Deutschen Reich. Sie übersiedelte zunächst nach Wien zu ihren Eltern. Da deren Wohnung im März 1942 ‚arisiert‘ worden war, musste sie untergetaucht sein. Denn beim Tod ihres Vaters Bruno Frankl-Hochwart im Mai 1943 war den Wiener Behörden ihr Aufenthaltsort unbekannt. Sie dürfte damals als ‚Bombenflüchtling‘ nach Schloss Ey2  Zu Erich Knoche s. Korkhaus 1969: 389f. Leider konnte ich von den Nachkommen seiner zweiten Frau, Susanne Knoche, und dem Stadtarchiv München keine weiteren Dokumente erhalten. 3  S. Polizeiakt über Ilse Knoche im Staatsarchiv München (StAM), Polizeidirektion München (Pol. Dir.) 14584.

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besfeld in der Südsteiermark gekommen sein. Ihr Überleben in der Steiermark verdankte sie wohl dem Schutz bzw. dem Kontakt zur Familie Conrad von Eybesfeld oder gefälschten Papieren. Die Eybesfelds waren über die Familie Henikstein mit den Frankls weitläufig verwandt.4 Ob die Verwandtschaft für den Schutz verantwortlich war oder eine Freundschaft der Familien aus der Zeit vor 1938 bestand, konnte nicht eruiert werden. Nach Kriegsende lebte Ilse Knoche kurzzeitig auch auf Schloss Flamhof, einem weiteren Besitz der Familie Eybesfeld in der Südsteiermark. Es gibt kaum Quellen zum Leben von Ilse Knoche. Der Nachlass ihrer Eltern bzw. ihr eigener dürfte Großteils während der Shoah vernichtet worden sein. Dem Jüdischen Museum Wien wurden vor 1938 von verschiedener Seite immer wieder Objekte aus dem Besitz der Familie Frankl übergeben, unter anderem im Jahr 1932 „Photos und Reliquien von Frauen aus der Familie Dr. Ludwig Frankl“.5 Dieser Bestand gilt heute als verloren. So finden sich über Ilse Knoche, abgesehen vom Polizeiakt im Staatsarchiv München, nur die wenigen Informationen aus dem Bezirksgerichtsakt. Am aussagekräftigsten ist ein darin enthaltener Erbschaftsstreit zwischen ihrem Ehemann, der 1947 aus La Paz seinen Anspruch geltend machte, und Geschwistern ihrer Mutter, die in Deutschland überlebt hatten und das Erbe für sich beanspruchten. Die elterliche Wohnung in Wien 3., Reisnerstraße 9/11, existierte nicht mehr, Schmuck und Wertpapiere waren angeblich in Dänemark versteckt.6 Ilse Knoche überlebte die Befreiung nur knapp über ein Jahr. Andere Familienmitglieder, die die Shoah überlebt hatten, korrespondierten danach nur über einen Anwalt. Vom einst weit verzweigten Netzwerk der Familie Frankl war kaum etwas übrig geblieben. Aus der Anwaltskorrespondenz ist jedoch zu ersehen, dass Ilse Knoche mit überlebenden Verwandten in Kontakt war. Über den Erhalt dieser Briefe ist nichts bekannt.

Frieda Frankl-Hochwart, geb. Voigt (1868-1943) Die Mutter von Ilse Knoche war Frieda Frankl-Hochwart aus Weimar. Sie starb drei Jahre vor ihrer Tochter, am 31. Oktober 1943 in der ‚Nervenheil4 WStLA, BG I, Verlassenschaft Bruno Dagobert Frankl-Hochwart, 14 A, 294/43. Genealogisches Handbuch der Freiherrlichen Häuser, Bd. II, 1957: 68-71. 5  Geschenk von Wolf Herrnfeld, Wien I. Inventarbuch des Jüdischen Museum Wien. 6  Steiermärkisches Landesarchiv, Bezirksgericht Leibnitz, Verlassenschaft Ilse Knoche, A 380/46.

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anstalt‘ in Wien 19., Obersteinergasse 18-24.7 Bis 23. März 1942 lebte sie mit ihrem Mann Bruno Dagobert Frankl-Hochwart in ihrer Wohnung in der Reisnerstraße 9. Dann musste das Ehepaar ins Altersheim für ‚nicht‑arische‘ Christen und ‚Mischehepaare‘ in Wien 9., Seegasse 16 umziehen. Die Arisierung der Wohnung und die Übersiedlung mussten für die 74‑jährige ein großer Schock gewesen sein. Drei Monate später wird als ihr neuer Wohnort die ‚Nervenheilanstalt‘ angegeben, wo sie wahrscheinlich Opfer des Euthanasieprogramms wurde. Die Ehe zwischen Frieda und Bruno Frankl-Hochwart zählte Ende des 19. Jahrhunderts zu jenen häufigen Verbindungen jüdischer Familien, die innerhalb der Verwandtschaft geschlossen wurden, um familiäre Netzwerke zu verfestigen und auszubauen. Frieda Frankl-Hochwart wurde nicht nur die Schwiegertochter von Ludwig August Frankl, sondern sie war gleichzeitig auch Großcousine ihres zukünftigen Mannes. Ihre Mutter Marie Voigt, geb. Schmelkes, war die Tochter des bekannten jüdischen Kurarztes Gottfried Schmelkes aus Teplice/Teplitz (Böhmen) und seiner Frau Rosalia Pollak, der Tochter von Frankls Tante Katharina Pollak, geb. Frankl (17851865). Katharina und ihre Schwester Babette Frankl (1776-1851) heirateten zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Brüder und Lederwarenfabrikanten Joseph und Samuel Pollak in Prag.8 Ein ähnliches Heiratsverhalten findet sich über mehrere Generationen hinweg auch bei den Prager Familien Prizbram, Dormitzer und Jerusalem (Niedhammer 2013: 228f.). Über die Verwandtschaftlichen Verhältnisse und familiären Beziehungen geben auch Briefe und gegenseitige Besuche Auskunft. So sind Briefe von Marie Voigt aus Weimar, wo sie mit dem Buchhändler Heinrich Voigt verheiratet war, an ihren Onkel Ludwig August Frankl und seine Frau Paula erhalten, in denen Marie über Familienangelegenheiten berichtete. Es gab auch Familientreffen, so hielt sich z.B. Paula Frankl im August 1862 in Teplice/Teplitz bei der Familie Schmelkes auf.9 Im Zuge dieses herzlichen und engen familiären Kontaktes lernten sich schließlich Frieda Voigt und Bruno Frankl-Hochwart näher kennen und heirateten am 8. Juni 1891 standesamtlich in Weimar und einen Tag später in der evangelischen Pfarre in Wien. Hierfür hatte sich Bruno Frankl-Hochwart im 7  Loc.cit. 8 S. zu den Verehelichungen der Familien Pollak, Schmelkes, Frankl und Wiener über mehrere Generationen hinweg den Beitrag von Georg Gaugusch in diesem Band: 77-88. S. auch WStLA, Meldedatenabfrage Bruno Frankl-Hochwart. 9 Briefe von Marie Voigt an Ludwig August und Paula Frankl aus den Jahren 1878/79. Wienbibliothek, Nachlass Ludwig August Frankl, Inv. 102.621, 102.621, 103.709, 103722. Paula Frankl an Ludwig August Frankl, 08.08.1862. Wienbibliothek, Nachlass Ludwig August Frankl, ZPH7, F 2.

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Juli 1890 in Wien evangelisch taufen lassen. Sein Taufpate war sein zukünftiger Schwiegervater. Nach der Hochzeit verbrachten Frieda und Bruno die Sommermonate immer wieder mit ihrer Tochter Ilse in Weimar, wie ihre gemeinsame Korrespondenz zeigt. Egodokumente Friedas sind dennoch nur spärlich zu finden. Es gibt aber rund 20 Briefe von ihr an ihre Schwiegereltern. Über ein besonders inniges Verhältnis legen die Briefe an ihre Schwiegermutter Paula Frankl (1831-1895) in deren letzten beiden Lebensjahren Zeugnis ab. Der Großteil dieser Briefe beschäftigte sich mit der Gesundheit der Schwiegermutter, die am 29. August 1895 an Darmkrebs starb. Frieda beriet sich mit ihr aber auch über Haushaltsfragen und Dienstbotinnen: Geliebtes Mutterl, heute möchte ich Dich innig um eine große Hilfe-Leistung bitten – wenn Dir dieselbe keine Unannehmlichkeiten bereitet – was Du mir ja natürlich offen sagen müsstest. Du weißt, dass mir mein vorjähriges Mädchen Toni geschrieben, sie wieder in Dienst zu nehmen. Dieselbe ist kein Ideal und hatte ihre Fehler; aber sie ist sehr fleißig – bügelt prachtvoll, kocht so ziemlich – ist willig und bescheiden. Sie hatte bei mir 12 fl. und außerdem Nachtmahl. Ich habe ihr geantwortet, dass ich gesonnen sei, sie aufzunehmen, wenn sie sich im Kochen während anderthalb Jahre vervollständigt hat; wenn sie neben meinem zweiten Mädchen für Ilse die ganze Wäsche übernimmt, die Wohnung vor meiner Rückkehr putze und einlässt. Ich werde ihr 12 fl. Lohn mit Nachtmahlgeld geben. Für ihr Nachtmahl habe sie selbst zu sorgen. (Frankl-Hochwart 1894)

Da die Dienstbotin Toni mit allem einverstanden war, fragte Frieda ihre Schwiegermutter, ob deren Dienstbotin Kathi, die ihre Wohnung kannte, die ‚Neue‘ beim Wohnungsputz einweisen könnte. Wie dieser Brief zeigt, war die Korrespondenz beider Frauen traditionell auf privaten Informationsaustausch beschränkt. Die Briefe im Nachlass belegen das bürgerliche Familienleben der Familie Frankl-Hochwart mit Reisen, Trennungen, Besuchen bei Verwandten und Familiennachrichten. In den Briefen von Frieda und Bruno Frankl‑Hochwart standen Mitteilungen über das Heranwachsen der Tochter Ilse und Sorgen um die 1894 verwitwete Schwiegermutter im Mittelpunkt. Einzelheiten über die Wahl der Ehepartner und die Korrespondenz der Verlobten bzw. Tagebücher, die Aufschlüsse über persönliche Motive liefern könnten, sind nicht überliefert. Neben Ehemann und Kind, Tanten und anderen Verwandten erwähnte Frieda auch öfters ihren Schwager Lothar Frankl-Hochwart. Über den 1862 geborenen Lothar, einem international anerkannten Neurologen an der Universität Wien und dem Allgemeinen Krankenhaus, ist jenseits seiner Arbeit wenig bekannt. Einzig der spätere Sprachwissenschaftler Rudolf Meringer (1859-1931) schrieb über seinen Freundschaft zu Lothar, den er als jungen Mann auf der Sommerfrische in Alt-Aussee im Jahr 1887 kennen gelernt

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hatte, und über gemeinsame private Erblebnisse (Meringer, Neue Freie Presse, 12.02.1915: 13). Als junger Erwachsener erklärte Lothar sich zunächst als konfessionslos, um kurze Zeit später im November 1893 wieder zum Judentum zurückzukehren.10 Er blieb bis zu seinem Tod am 19. Dezember 1914 Junggeselle. Einzigen Aufschluss über Frauen in seinem Leben gibt das Testament vom März 1914. Zum Universalerben erklärte er seinen Bruder Bruno bzw. seine Nichte Ilse. Lothar ersuchte seinen Bruder, „allen meinen Freunden und Freundinnen Andenken aus meinem Besitz zu geben. Die Dienstboten mögen Geldgeschenke erhalten.“ Namentlich nannte er nur zwei Personen. Lotte Forchheimer sollte das Amerling-Gemälde die „Orientalin“ und Flora Friedmann zwei „Architekturbilder“ Amerlings bekommen. Seine Briefe und Tagebücher mussten laut testamentarischer Verfügung „ungelesen“ verbrannt werden.11 Im Nachlass in der Wienbibliothek fanden sich deshalb nur Briefe, die Lothar als Kind oder Jugendlicher an seiner Eltern geschrieben hatte und deren Form das private ‚Du‘ bestimmte. Diese Briefe verdeutlichen, dass Briefeschreiben ein wichtiger Bestandteil der bürgerlichen Kultur war, weshalb Kinder schon früh angehalten wurden, dem gerade nicht anwesenden Elternteil ihren Alltag brieflich mitzuteilen.12 Von Bruno und Lothar FranklHochwart sind einige solcher Briefe aus der Kinderzeit erhalten. Von Frieda fehlen sie bzw. sind in Weimar verblieben. 1938 sind sie jedenfalls nicht mit dem Nachlass von Ludwig August Frankl an die Stadt Wien verkauft worden. Der Großteil der privaten Korrespondenz dürfte während der Shoah verloren gegangen sein, vor allem durch die erzwungenen Übersiedlung des Ehepaares Frankl‑Hochwart ins Altersheim für ‚nicht-arische‘ Christen in Wien 9., Seegasse 16. Frieda Frankl-Hochwart war laut Nürnberger Rassegesetzen ‚Mischling‘. Da sie aber mit einem Juden verheiratet war, galt sie als Jüdin. Im Altersheim verstarb der 83‑jährige Bruno Frankl‑Hochwart am 1. Mai 1943. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof am Wiener Zentralfriedhof, 4. Tor in der Gruppe 19a beerdigt, der Gruppe für Christen oder Konfessionslose jüdischer Abstammung.13

10  S. dazu den Beitrag von Georg Gaugusch in diesem Band: 77-88. Lothar Frankl ist im Grab seiner Eltern am Zentralfriedhof, Israelitische Abteilung, 1. Tor begraben. Nachruf in der Wiener Klinischen Rundschau, Sonderdruck, Nr.1/2, (1915). 11  S. WStLA, BG I, Verlassenschaft Lothar Frankl-Hochwart, 1 A, 182/14. Die Familie Frankl-Hochwart war über die Familie Pollak mit den Forchheimers verwandt. 12  Zur Bedeutung von Familienbriefen s. Hämmerle/Saurer (2003). 13 S. auch Friedhofsdatenbank der Israelitischen Kultusgemeinde und WStLA, Meldedatenabfrage.

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Ahnenbilder: Ehefrauen Paula Frankl (1831-1895) Ludwig August Frankl war zweimal verheiratet und hatte aus diesen Ehen vier Söhne – Johann, Egon Ernst, Dagobert Bruno und Lothar Amadeus. Die ersten beiden starben bereits im Kindesalter. Seine zweite Frau Paula (Pauline) Wiener heiratete er am 25. Oktober 1857, nur ein halbes Jahr nach dem Tod seiner ersten Frau Ernestine (Esther) Wiener im Februar. Paula war die Nichte seiner ersten Frau. Die Familie Wiener war eine angesehene Familie in Prag und unter anderem mit den Familien Wehle und Porges verwandt. Der Vater von Paula, Hermann Wiener (1796-1854) war höherer Steuerbeamter und die Schwiegermutter Theresia (1802-1868) entstammte der angesehenen Familie Piesling. Paula heiratete mit Ludwig August Frankl einen um 21 Jahre älteren Mann, der als Sekretär der jüdischen Gemeinde in Wien und als Schriftsteller zu dieser Zeit bereits eine angesehene und relativ sichere gesellschaftliche Position innehatte. Einen Eindruck von dem Ehepaar – wenn auch lange nach der Hochzeit – vermittelt ein erhaltenes Fotos (Abb. 17) von Paula und Ludwig August Frankl aus dem Jahr 1890. Es zeigt eine gutbürgerliche Frau (geadelt seit 1876), die ihren Mann (unter)stützt. Hierzu gehörte die Bewirtung zahlreicher Gäste, aber auch Paulas Engagement in Frauenorganisationen. Eine Würdigung ihres Engagements publizierte Frankl anlässlich ihres silbernen Hochzeitstages am 25. Oktober 1882 in seinem Liebesgedicht An Paula: […] Noch seh’ ich Dich im Jugendglanz, Die Augen, schwarze Sonnen, Auf reichem Haar den Myrthenkranz, Der Mund, ein Zauberbronnen. Du sprachst, es klang mir wie Gesang; Als mich Dein Blick getroffen Und sanft mir in die Seele drang, Erwachte süßes Hoffen. Und was Dein Mund und was Dein Blick Versprach, hast Du gehalten. Es fing ein segenreich’ Geschick Im Hause an zu walten. Du hast geschafft, Du ruhtest nie, Am Abend, wie am Morgen, Doch Deines Geistes Poesie Verklärte Alltagssorgen. Und war der eig’ne Herd bestellt,

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Dieter J. Hecht Erfüllt des Hauses Pflichten, In weiten Kreisen sieht die Welt Dich edles Werk verrichten. Doch auch der Dichter Wort, ein Lied, Nachhallt’s in Deinem Busen, So ward des Hauses eng’ Gebiet Ein stilles heim der Musen. Und dass der Bau sich stolzer hebt, Sich mit dem Besten kröne, Hast Du, beglückend, schön belebt Ihn mit dem Schmuck der Söhne. (Frankl 1882)

In diesem Gedicht verherrlichte Frankl vor allem die häuslichen Tugenden seiner Frau, auf ihr öffentliches Engagement ging er nur verklausuliert ein. Da Frankl sich ansonsten sehr für das Auftreten von Frauen im öffentlichen Raum engagierte, verwundert seine Zurückhaltung. Anscheinend schätze er das Auftreten fremder Frauen. Dennoch lässt das Gedicht auf ein liebevolles Verhältnis schließen. Die Bestätigung dieser innigen Beziehung findet sich in den vielen erhaltenen Briefe von Paula, die anlässlich ihrer zahlreichen Reisen entstanden. Diese führten sie und Frankl unabhängig von einander wiederholt zu Familienbesuchen nach Teplice/Teplitz, Prag, Chrást/Chrast und Weimar, aber auch zur Kur- und Sommerfrische nach Karlovy Vary/Karlsbad, Gmunden, ins Salzkammergut, nach Salzburg und Venedig. Inhaltlich behandelten diese Briefe sowohl familiäre Alltagserlebnisse wie Essen, Treffen mit Freunden und Familie, als auch Friedrich Hebbels Gesundheit und berufliche Angelegenheiten. Paula berichtete auch über Gottesdienste in der Seitenstettengasse, wo die Familie Frankl bis 1882 auch eine ‚Dienstwohnung‘ bewohnte.14 Die vielfältigen Einblicke in Frankls Alltag und Berufsleben beruhen auf Paulas Briefen; Frankls Briefe an seine Frau fehlen fast gänzlich. Diese waren wohl separat verwahrt und sind verloren gegangen. Das Ehepaar Frankl schrieb einander fast täglich, wenn sie durch Reisen voneinander getrennt waren. Wie wichtig dieser Gedankenaustausch für beide war, vermittelt ein verzweifelter Brief von Paula, von Montag, dem 3. September 1868: Theurer, lieber Ludwig, ich bin in der furchtbarsten Aufregung, seit Freitag kein Brief von Dir, heute könnte schon kommen ein Schreiben [sic]. Ich kann mir nichts anderes denken, als dass Du sehr, sehr unwohl bist. Luduwižkŭ, mein Luduwižkŭ, was kann es denn sein, mich von Freitag bis Dienstag, ohne Nachricht zu lassen? (Frankl P. 1868) 14 Nach der Pensionierung von Frankl als Archivar der Israeltischen Kultusgemeinde übersiedelte er mit seiner Familie in die „Freiwohnung“ für Schriftsteller im Palais Schey an der Ringstraße. Zur Wohnung s. den Beitrag von Louise Hecht in diesem Band: 291-322.

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Die tschechische Anrede im Diminutiv verwendete Paula häufig. Wie gut ihr Tschechisch war, lässt sich daraus allerdings nicht erschließen. Da sie in Prag aufwuchs, dürfte ihr Umfeld weitgehend deutschsprachig gewesen sein. Frankl dagegen war in Chrást/Chrast einer kleineren Stadt, der den Königsgrätzer Bischöfen als Sommersitz diente, aufgewachsen, wo er engen Kontakt zur tschechischsprachigen Lokalbevölkerung hatte und in der Volksschule Tschechisch lernte. Paula verwendete in der direkten Ansprache ihrer Briefe mehrere Koseformen für Frankl. Sie selbst zeichnete meistens mit ‚Deine Paula‘. Die Herzlichkeit ihrer Briefe hatte auch nach dem Tod ihres ältesten Sohnes Egon Ernst Bestand, der im Alter von vier Jahren, am 8. Juli 1862, ein Monat nach der Geburt des dritten Kindes verstarb. In dieser Zeit sind die Briefe jedoch voller Trauer. So sinnierte Paula ein halbes Jahr nach dem Tod ihres Sohnes am 24. Oktober 1862 in einem Brief anlässlich des fünften Hochzeitstages: „Wie hätte alles so schön sein können. Es sollte nicht sein!“15 Ihre Korrespondenz beschränkte sich aber nicht auf die Familie. Sie korrespondierte mit eigenen Freunden und Bekannten wie auch mit Kollegen und Freunden ihres Mannes, darunter Marie Ebner-Eschenbach, Karl und Ottilie Franzos, Christine und Friedrich Hebbel, Franziska Meissner-Diemer, Salomon von Mosenthal und Constant von Wurzbach. Eine besonders herzliche und langjährige Freundschaft verband sie mit Marie und Leopold Kompert. Von 1844 bis 1848 war Marie Kompert mit Ludwig Pollak, einem Cousin von Ludwig August Frankl verheiratet.16 Zu den langjährigen Freunden gehörte auch Adolf Fischhof. Erwähnt sei hier eine aus dem Jahr 1877 stammende Grußadresse von Paula Frankl an Fischhof anlässlich des 13. März, für die sich letzterer herzlich bedankte: Verehrte Freundin! Sie ließen den 13. März nicht ohne freundlichen Gruß vorüberziehen. Wie sehr bin ich Ihnen dafür verpflichtet. Auch der deutsch-österr. Leseverein der Wiener Hochschulen begrüsste mich. Es war dies der erste Sympathiebeweis, den mir die Universitäts-Jugend seit dem Jahre 1848 gab. (Fischhof 1877)

Paulas Anteilnahme an den politischen Ereignissen von 1848 war wohl im Engagement ihres Mannes begründet, möglicherweise aber auch in der positiven Rezeption der Revolution ab den späten 1860er Jahren. Fischhof beteuerte in seinen Briefen stets die Freundschaft zu Ludwig August Frankl, der ihm auch 15 Paula an Ludwig August Frankl, 24.10.1862, Wienbibliothek, Nachlass Ludwig August Frankl, ZPH7, F 2. 16 Marie und Leopold Kompert an Paula Frankl, 20.08.1863. Wienbibliothek, Nachlass Ludwig August Frankl, ZPH7, F 2. Für den Hinweis auf das verwandtschaftliche Verhältnis danke ich Georg Gaugusch.

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während seiner neunmonatigen Haft beigestanden war, und seine Sympathie für Paula und ihre Kinder.17 In den ‚privaten Briefen‘ finden sich auch Verweise auf das öffentliche Engagement von Paula Frankl. So war sie unter anderem Präsidentin des israelitischen Mädchen-Unterstützungs-Vereins, im Damenkomitee zur Errichtung des Schillerdenkmals sowie im Damenkomitee für die Weltausstellung in Chicago im Jahr 1893. Die Aufzählung dieser Organisationen macht deutlich, dass sie sich über traditionelle Wohltätigkeit hinaus engagierte. Einen Einblick in die Arbeit gibt eine in der Presse abgedruckte Rede von Paula auf der 16. Generalversammlung des Mädchen-Unterstützungs-Vereins vom 9. Januar 1889: Wovon vor Jahren nur leise gesprochen werden durfte, was in unserer Gemeinde noch vor zwanzig Jahren nicht zur Ehre eines Hauses gereichte, es hat sich heute überall Bahn gebrochen. Es ist dies die Erkenntnis von der Erwerbsfähigkeit der Frauen. Ja, heute sind wir so weit gekommen, dass wir nicht mehr alle die Mädchen aufnehmen können, die sich zu uns herandrängen. Der Umschwung, der in den letzten Jahren stattgefunden hat, ist hauptsächlich auf die veränderten Verhältnisse in Wien und der ganzen Monarchie zurückzuführen, aber auch der Umstand hat daran theil, dass die Familien zur Einsicht gekommen sind, dass Frauenarbeit ebenso entlaste wie Männerarbeit. Heute stehen wir vor unserer Gemeinde und können stolz auf die Tausende von Mädchen hinblicken, die wir erwerbsfähig gemacht haben, und unter denen sehr viele sind, die an Stelle des Mannes der Armuth im Hause steuern. (Die Neuzeit 1889: 55)

In diesen Sätzen fasste Paula Frankl die Quintessenz von Arbeit und Zielen des Vereins zusammen. Die Gründung des Mädchen-Unterstützungs-Vereins war bereits 1867 im Umfeld des wenige Monate zuvor gegründeten Wiener Frauen-Erwerbs-Vereins erfolgt, der sich als erster nicht-konfessioneller Frauenverein neben karitativer Arbeit vor allem der Schul- und Berufsausbildung von Frauen widmete. Damit war der Mädchen-Unterstützungs-Verein nicht nur erst der dritte jüdische Frauenverein in Wien, sondern auch fester Bestandteil der österreichischen Frauenbewegung. Die Gründerinnen stammten aus dem wohlhabenden Bürgertum und waren zunächst unverheiratet. Die Sozialstruktur des Vereins änderte sich in den folgenden Jahren nicht bloß durch Verehelichung der Gründerinnen und der Aufnahme von geadelten Frauen, sondern auch durch Aufnahme von Männern als Mitglieder ab 1872. Absolventinnen der Schulen des Mädchen-Unterstützungs-Vereins konnten eine Lehrerinnenausbildung machen, arbeiteten als Buchhalterinnen, in fotographischen Anstalten und als Kindergärtnerinnen, u.a. in dem von Ludwig August Frankl gegründeten Israelitischen Blindeninstitut, das Paula als Präsidentin

17 Adolf Fischhof an Paula Frankl, 05.12.1886. WStLA, HS, B 152/2, Bruno Frankl.

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des Mädchen-Unterstützungs-Vereins bereits im Dezember 1872 besuchte.18 Die sich verändernde Sozialstruktur des Vereins spiegelte sich auch in der zitierten Rede von Paula Frankl wider. Als neue Vorstandsmitglieder wurden 1889 Emma Pollak, geb. Gutmann von Gelse und Katharina Popper von Podraghy aufgenommen. Als Ehrenmitglieder nahm die Generalversammlung u.a. den Oberrabbiner Adolf Jellinek und den Baron Moritz von Hirsch auf. Letzterer verdiente sich die Aufnahme durch eine jährliche Spende von fl. 3.000. In den Genuss dieser beachtlichen Summe kam der Verein auf Initiative von Paula Frankl, die Baron Hirsch kontaktierte, um zusätzliche finanzielle Mittel für den Verein zu lukrieren. Neben diesem Fundraising organisierte sie auch Benefizveranstaltungen namhafter Künstler zu Gunsten des Vereins (Die Neuzeit 08.02.1889: 54f; 22.02.1889: 75f.). Erfahrung in Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit erwarb Paula schon zwanzig Jahre zuvor an der Seite ihres Mannes bei den Bemühungen um Errichtung des Schillerdenkmals an der Wiener Ringstraße. Ludwig August Frankl hatte anlässlich von Friedrich Schillers 100. Geburtstag im Jahr 1859 die Idee, ein Schiller-Denkmal in Wien errichten zu lassen und begann, hierfür Spenden zu sammeln. Gemeinsam mit Stefan von Schey und Anastasius Grün gründete er ein Festkomitee, um die Idee umzusetzen (Wiener illustriertes Intelligenz Blatt 15.11.1876: 2). Zur flächendeckenden Propagierung ihrer Idee gründeten sie auch ein eigenes Damenkomitee, dem – wie dem Männerkomitee – prominente Jüdinnen und Nichtjüdinnen angehörten, darunter auch Baronin Marie Ebner‑Dubsky, Paula Frankl, Zerlinde Gabillon, Auguste von Littrow-Bischoff, Henriette von Wiener-Welten, Gräfin Wilhelmine Wickenburg-Almásy und Henriette Zimmermann. Das Wiener Frauen-Komitee versuchte, über verschiedene Veranstaltungen Geld für die Finanzierung des Denkmals aufzutreiben, z.B. mit einer Schiller-Denkmal-Lotterie. Paula Frankl muss als Schriftführerin fungiert haben, weil ein mit ihrem Namen bezeichnetes Notizbuch erhalten blieb, in dem die ersten Sitzungen des Damenkomitees und die Aufgabenverteilung stichwortartig festgehalten sind.19 Im März 1868 erhielt das Festkomitee schließlich die behördliche Genehmigung zur Spendensammlung. Bereits am 20. Mai 1868 publizierte das Präsidium des Schiller‑Denkmalkomitees die erste Spendenliste. Wie aus den fortlaufend publizierten Listen ersichtlich, spendeten vom Kaiserhaus abwärts nichtjüdische und jüdische Männer und Frauen der gesamten Monarchie. So18  Zum Mädchen-Unterstützungs-Verein s. Malleier 2008: 49. Gästebuch des Israelitischen Blindeninstituts 1872-1939 mit rund 3000 Namen s. Leo Baeck Institute Archive, Siegfried Altmann Collection, Series III, Box 1, Folder 10: 5. 19  WStLA, A 33, Kt. 10, M 20 und M 21.

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gar in entfernten Orten wie Rio de Janeiro und St. Petersburg erfolgten Sammlungen durch die jeweiligen österreichischen Diplomaten. Neben Privatpersonen spendeten auch Schulen, Militäreinheiten und Vereine; Theater hielten eigene Benefizveranstaltungen ab. Es gab Aufrufe und eigene Komitees in vielen Provinzen, z.B. rief am 3. April 1869 in Brno/Brünn ein gemischtes Männer und Frauen Komitee zur Unterstützung des Denkmalprojekts auf. Aus den Aufrufen und über Berufs- und Standesangaben in den Spenderlisten wird ersichtlich, dass sowohl die Proponentinnen und Proponenten als auch die Spenderinnen und Spender eine große soziale Streuung aufwiesen. Dem Komitee gelang es nicht nur, die enorme Summe für die Errichtung des großen Denkmals innerhalb von acht Jahren aufzutreiben, sondern mit der Mobilisierung breiter Bevölkerungsschichten in weit von einander entfernten Orten ein Guppenfinanzierungskonzept erfolgreich umzusetzen.20 Wie ihre männlichen Kollegen waren auch die Mitglieder des Schiller-Damenkomitees gut vernetzt und engagierten sich in verschiedenen Vereinen und in öffentlicher Frauenarbeit. So finden sich etwa Auguste von LittrowBischoff, Henriette von Wiener-Welten und Wilhelmine Wickenburg-Almásy auch im Frauenkomitee zur Vorbereitung des ersten Frauenpavillons für die Weltausstellung in Wien im Jahr 1873 (Barth-Scalmani/Friedrich 1995: 189f.). Aufgrund von Paula Frankls langjährigem öffentlichen Engagement und ihrer guten Vernetzung trat das Handelsministerium im Mai 1892 an sie heran, um sie für die Mitarbeit im österreichischen Frauenkomitee bei der Weltausstellung in Chicago im Mai 1893 zu gewinnen. Paula Frankl akzeptierte die Einladung und übernahm die Auswahl für die Sektion Literatur, außerdem nahm sie auch an der Jury für Kunst teil.21 Das Komitee stand unter dem Protektorat der Erzherzogin Maria Theresia. Ihm gehörten 14 Frauen, Großteils aus dem Hochadel, an (nur drei besaßen keinen Adelstitel). Wer von den Honoratiorinnen und Honoratioren nach Chicago reiste, lässt sich im Detail nicht feststellen. Mit Sicherheit war Ottilie Bondy vor Ort, die als bekanntes Mitglied der österreichischen Frauenbewegung das österreichische Komitee als Jurorin für Erziehung vertrat und als dessen Schriftführerin fungierte.22 Einen Einblick in Arbeit und Präsenz österreichischer Frauen bietet eine zeitgenössische Publikation über die Exponate im Woman’s Building, die eine Stickerei des WienerFrauenerwerbs-Verein erwähnt. Objekte wie dieses veranschaulichen, dass die 20 WStLA, A 33, Kt. 10, M 20 und M 21. 21  Korrespondenz über die Arbeit im Frauenkomitee für die Weltausstellung in Chicago. Wienbibliothek, Nachlass Ludwig August Frankl, ZPH7, Mappe 1. 22  Offizieller Bericht der k.k. Österreich. Central-Commission für die Weltausstellung in Chicago im Jahr 1893 1894: 1f. und 31f.

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Ausstellung vor allem von weißen wohlhabenden Frauen für Frauen gestaltet wurde (Elliot 2001: 42). Die Sektion von Paula Frankl wählte für Chicago 110 Werke von Schriftstellerinnen aus. Bei der Bücherrücksendung im April 1894 fehlten jedoch 41 Bände.23 Die Gründe hierfür gehen aus den vorhandenen Dokumenten nicht hervor. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Paula Frankl aber bereits weitgehend aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen, was einerseits mit dem Tod ihres Mannes im März 1894 und andererseits mit ihrer eigenen Gesundheit zusammenhing. Am 27. August 1895 verstarb sie in Wien an Darmkrebs. Die Neuzeit würdigte sie mit einem Nachruf; die Schilderung des Begräbnisses am 29. August erinnerte an das Begräbnis von Frankl, nur weniger pompös (Die Neuzeit, 30.08.1895: 389).

Ernestine Frankl, geb. Wiener (1821-1857) Ludwig August Frankls erste Frau Ernestine Wiener entstammte einer gut vernetzten Prager Familie. Ihr Vater Juda Seligmann Wiener war Vizedirektor des k.k. jüdischen Steuergefälles in Prag, ihre Mutter Sara Lucka (?-1841) bereits dessen zweite Frau.24 Ernestine hörte den Namen ihres späteren Mannes zum ersten Mal im Jahr 1838 bei der Lesung von dessen Gedicht Don Juan im Hause Ludwig Pollaks, eines Cousins von Ludwig August Frankl, der sich unter anderem führend im Verein zur Reform des jüdischen Kultus in Prag engagierte.25 Im Herbst 1841 trafen sich Ernestine Wiener und Ludwig August Frankl zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht.26 Zu diesem Zeitpunkt war Fankl über seine Cousine Josepha Schmelkes bereits mit der Familie Wiener verwandt, da diese bereits 1829 Ephraim, den Bruder von Ernestine, geheiratet hatte. Über Frankls erste Frau gibt es viel weniger Zeugnisse über Engagement im öffentlichen Bereich als von Paula. Ernestines früher Tod im Jahr 1857 sowie der ihres einzigen Kindes im Jahr 1844 dürften hierfür hauptsächlich verant23  Korrespondenz über die Arbeit im Frauenkomitee für die Weltausstellung in Chicago. Wienbibliothek, Nachlass Ludwig August Frankl, ZPH7, Mappe 1. 24  S. hierzu den Beitrag von Georg Gaugusch in diesem Band: 77-88. Sara Wiener verstarb am 22/23. Dezember 1841. Ernestine Wiener an Ludwig August Frankl, 01.01.1843. Wienbibliothek, ZPH7, F 2. 25  Ernestine Frankl an Ludwig August Frankl, 11.03.1851, Wienbibliothek, ZPH7, F 2. Zwei Tanten von Ludwig August Frankl aus Chrást/Chrast haben Anfang des 19. Jahrhunderts die Fabrikantenbrüder Josef und Samuel Pollak in Prag geheiratet. Zu Ludwig Pollaks Engagement s. Hecht L. 2008: 348. 26  Ernestine Frankl an Ludwig August Frankl, 11.03.1851, Wienbibliothek, ZPH7, F 2.

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wortlich sein. Doch im Nachlass findet sich Korrespondenz des Ehepaars zwischen den Jahren 1841 und 1856 wie auch Dokumente über die Hochzeit vom 22. Juni 1843 in Prag.27 Die erhalten gebliebenen Briefe geben somit einen umfassenderen Einblick in das Verhältnis der beiden Eheleute, ihren Alltag und ihre soziales Milieu. Bereits einen Monat vor der Hochzeit stellte Juda Wiener ein ‚Zeugnis‘ aus, in dem er sein Einverständnis zur Ehe seiner Tochter mit Ludwig August Frankl bestätigte. Als leitender Beamter des jüdischen Steuergefälles wusste Juda Wiener bezüglich bürokratischer Hürden und ihrer Umgehung Bescheid. Der Magistrat der Stadt Prag, der sein ‚Zeugnis‘ genehmigte, verzögerte oder verweigerte vor 1848 nämlich häufig die Erteilung des Heiratskonsenses ohne ersichtliche Gründe (Leininger 2006: 48). Die Ketuba von Ernestine Wiener ist zwar nicht erhalten, aber ein deutscher Ehevertrag überlebte im Nachlass. Den Ehevertrag unterschrieben der Bräutigam Ludwig August Frankl, der Brautvater Juda Wiener, dessen Söhne Hermann und Simon Wiener sowie die Braut Ernestine Wiener; letzteres im Gegensatz zur Ketuba, wo die Braut prinzipiell nicht unterschreibt. Ernestines Unterschrift sollte wohl die einzelnen Punkte des Vertrags in zivilrechtlicher Hinsicht besser absichern. Der Vertag bestätigt die beachtliche Mitgift von fl. 14.000 und eine jährliche Rente von fl. 300 für Frankl; zudem regelte er gegenseitige Erbansprüche, falls einer der Partner in den ersten Jahren der Ehe verstarb, und stellte unter Punkt 2 fest, dass der Schuhausziehungsbrief (Chaliza)28 von Frankls Brüdern erwirkt sei (unterschrieben von den unverheirateten Brüdern Eduard und Bernhard). Die Trauung vollzog der Prager Reformrabbiner Michael Sachs. In seiner Bestätigung vermerkte Sachs, dass Frankl Mitglied der israelitischen Gemeinde zu Holíč/Holics/Holitsch in Ungarn (heute Slowakei) sei. Als ältester Sohn hätte Frankl Anrecht auf die Familiantenstelle in Chrást/Chrast gehabt. Seit 1726 durfte nämlich nur der älteste Sohn einer Familie heiraten, um die Zahl der Juden in Böhmen und Mähren konstant zu halten. Viele der jüngeren Söhne gingen deshalb nach Ungarn, wo es keine so strengen Niederlassungsbeschränkungen gab, um dort das Heimatrecht zu erlangen und eine Familie zu gründen.29 Da Holíč/Holics/Holitsch direkt an der Grenze zu Mähren liegt, scheint Frankl sich dieser Strategie bedient zu haben, um die Famili27  Alle Dokumente über die Hochzeit mit Ernestine Wiener stammen aus: WBR, ZPH7, F 3. 28  Eine biblische Zeremonie, die die Witwe eines kinderlos verstorbenen Mannes vor der Ehe mit ihren Schwagern befreit. 29 Zur Familiantengesetzgebung s. Miller M. 2011: 35-40. S. auch Kestenberg-Gladstein (1969). Zur Weitergabe an Eduard Frankl s. den Beitrag von Georg Gaugusch in diesem Band: 77-88.

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antenstelle im April 1844 an seinen Bruder Eduard weitergeben zu können. Denn er selbst hatte seinen Lebensmittelpunkt bereits seit längerer Zeit in Wien und benötigte keine Familiantenstelle. Er arbeitete als Herausgeber der Sonntagsblätter und als Sekretär für die ‚jüdische Gemeinde‘. Letzteres sicherte ihm die Aufenthaltsgenehmigung in Wien. Wie der Briefwechsel zwischen dem Brautpaar zeigt, musste Frankl trotzdem einige bürokratische Hürden überwinden und erhielt die Papiere aus Holíč/Holics/Holitsch erst unmittelbar vor der Hochzeit. In den Monaten vor der Hochzeit setzte eine intensive Familienreisetätigkeit ein. Frankls Mutter Therese kam nach Prag, Ernestine und ihr Bruder Simon fuhren nach Chrást/Chrast und Ernestines Vater fuhr nach Wien. Frankl schickte seiner Braut Bücher und Noten zum Lesen und Singen, u.a. Adelbert Chamisso. Ernestine liebte besonders Violinkonzerte, vor allem jene von Henri Vieuxtemps.30 Anfang Mai 1843 waren die Vorbereitungen soweit fortgeschritten, dass rund 100 Personen zur Hochzeitsfeier in ein Lokal in das Dorf Bubeneč/Bubentsch (heute Prag) eingeladen wurden. Die Trauung selbst fand in Prag statt, ursprünglich sollte sie in der Synagoge in Habry/ Habern abgehalten werden, wo die Wieners wohl eine Familiantenstelle besaßen. Ernestine wünschte sich, am 22. Juni zu heiraten; denn da könne der Bräutigam am 18. Juni kommen, über Samstag in Prag bleiben und mit ihr in den Tempel gehen; „nachher könnte uns die halbe Stadt gratulieren, was hier Sitte ist.“31 Wie aus diesem Zitat und weiteren Briefen hervorgeht, dürfte die Familie Wiener, zumindest die Eltern, religiös gewesen sein. So schrieb Ernestine etwa im März 1843: „Morgen kann ich Dir nicht schreiben, da Samstag ist, und es wäre mir sehr ungenehm überrascht zu werden.“32 Dieses Zitat zeigt, dass jüdische Traditionen für Ernestine noch eine gewisse Bedeutung hatten. Da sie sich ihrer jüdischen Identität bewusst war, thematisierte sie dieses Thema auch in den Briefen mit Frankl: Dein letzter Brief hat mich wieder erinnert, dass Du ein Jude bist, wenn ich wieder mit Dir zusammen sein werde, gerathe ich sicher in Verlegenheit sobald in Deiner Gegenwart von unserer Nation gesprochen wird, da ich mir durchaus nicht denken kann, dass Du derselben angehörst. (Wiener 1843)

30 S. Briefe von Ernestine Wiener an Ludwig August Frankl, 13.12.1842, 04.01.1843, 25.05.1843, 15.06.1843, Wienbibliothek, ZHP7, F 2. 31 Ernestine Wiener an Ludwig August Frankl, 09.05.1843, Wienbibliothek, ZHP7, F 2. 32 Ernestine Wiener an Ludwig August Frankl, 17.03.1843, Wienbibliothek, ZHP7, F 2.

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Ernestine nahm Frankl also nicht als Juden wahr, gleichzeitig war ihr sein Judentum aber wichtig. In einem weiteren Brief betonte sie, dass sie nicht seine Braut sein könnte, wenn er nicht Jude wäre.33 Die Briefe aus den Jahren 1841-1843 können auch als Brautbriefe gesehen werden. Die Parallele zu den berühmten Brautbriefen Mendelssohns ist auffallend, obwohl im Unterschied zu Mendelssohn die Briefe der Braut erhalten blieben und nicht jene des Bräutigams. Aus Ernestines Briefen wird deutlich, dass Frankl – ähnlich wie Mendelsohn 80 Jahre davor – verschiedene Bildungsansprüche an seine künftige Frau stellte, die jene nicht immer zu seiner Zufriedenheit erfüllte. Besonders deutlich zeigen die Briefe den charakterlichen Unterschied zwischen Ernestine und ihrer Nichte Paula, Frankls zweiter Frau. Ernestine thematisierte ihre Beziehung zu Ludwig August Frankl und rügte ihn für sein Verhalten: Ich wollte Dir eigentlich nicht so schnell antworten, denn ich bin bitterböse auf Dich, doch um Dir zu beweisen, wie gerne ich ein gutes Beispiel befolge, entschloss ich mich, trotz meinem Ärger, Dir schnell zu antworten. Ich schreibe mit wahrer Engelsgeduld (denn man stört mich jeden Augenblick) einen 6 Seiten langen Brief, und Du beklagst Dich über die wenigen Zeilen, soll ich da nicht böse werden, doch das allein ist es nicht, höre weiter. Du sagst, ich soll es mir klar machen, warum ich Dich liebe, Dir genügt es nicht zu wissen, dass es so ist, ich glaube Dir nicht, Du zweifelst an meiner Liebe, ich soll Dir das „Warum“ erklären, Du bist wohl oft gekränkt worden, deshalb hast Du auch so wenig Vertrauen, Dir genügt keine Versicherung. Du hast nie wahrhaft geliebt, sonst würdest Du nicht fordern, ich soll Dir sagen, warum ich Dich liebe. Es haben mich mehrere Männer interessiert, immer war es irgend eine ausgezeichnete Eigenschaft, die mich (doch immer nur für kurze Zeit) fesselte, Geist, Wissen, Talente, Herzensgüte, zu Dir zieht es mich von dem ersten Augenblicke, wo ich Deinen Namen nennen hörte mit magischer Gewalt, und ich kann Dir auf Dein „warum“ nur wieder mit dem Rückertschen Gedichte antworten. Ich liebe Dich, weil ich Dich lieben muss. Ich liebe Dich, weil ich nicht anders kann. Ich liebe Dich aus einem Himmelschluss. Ich liebe Dich durch einen Zauberbann. Jetzt nur noch eine Frage, warum soll ich Dich nicht lieben? […] (Wiener 1842)

Mit der poetischen Antwort und der sie beendenden Gegenfrage verstand es Ernestine, mit ihrem zukünftigen Mann auf gleicher Augenhöhe zu kommunizieren. In den von ihr erhaltenen Briefen finden sich neben Beschwerden und Mahnungen auch zahlreiche Neckereien: Du schreibst mir neulich, ich soll den ferneren ununterbrochenen Unterricht im Lieben übernehmen. Ich werde einen leicht fassenden gutmüthigen Schüler finden, der undankbar genug sich vornimmt mein Meister zu werden. Ich habe Dir schon gesagt lieber Freund, das Lieben versteht ihr Männer nicht, ich würde sogar einen ungelehrigen Schüler finden, wollte ich mir die Mühe nehmen Dich zu unterrichten, und ein Meister wird kein Mann, auch Du nicht. (Wiener 1843)

33 Ernestine Wiener an Ludwig August Frankl, 17.05.1843, Wienbibliothek, ZHP7, F 2.

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Andererseits finden sich in den Briefen auch viele Stellen, an denen sie ihrer Sorge um seine Gesundheit oder der Sehnsucht nach ihm Ausdruck verleiht. Der Hochzeit folgte die Geburt des Sohnes Johann am 5. April 1844 in Wien. Den Sommer verbrachte Ernestine bei ihrer Schwiegermutter und ihren Schwagern in Chrást/Chrast. Am 1.  September 1844 reiste sie mit Eduard Frankl, der den Markt in Brno/Brünn besucht hatte, und Siegfried Kapper wieder nach Wien zurück.34 Das Familienglück war jedoch nur von kurzer Dauer. Bereits am 15. November 1844 starb der Sohn am so genannten Gedärmbrand. Für die folgenden Jahre liegen über Ernestines Leben keine genauen Informationen vor. Ein Brief von Ludwig August Frankl aus dem Frühjahr 1851, auf den noch näher einzugehen sein wird, deutet an, dass sie – vermutlich 1846/47 – eine Fehlgeburt hatte. Danach bekam sie keine weiteren Kinder. Ein Hinweis darauf findet sich im Brief von Ernst von Feuchtersleben and Ludwig August Frankl vom 22. Juni 1846, wo er sich als erstes (eher untypischer Weise) nach dem Wohlbefinden von Frankls Frau erkundigte (Heger/Otto 2002: 218). Über die Zeit der Revolution von 1848 können nur Vermutungen angestellt werden. Frankls aktives Engagement, seine Verwundung im Oktober und die Niederschlagung der Revolution im selben Monat rückten auch Ernestine wieder ins Zentrum des Geschehens. Im Februar 1849 fuhr Frankl mit anderen jüdischen Honoratioren nach Kroměříž/Kremsier, um bei den Beratungen des Reichstages zugunsten der jüdischen Bevölkerung zu intervenieren (Baron 1951: 39). Da er kein Heimatrecht in Wien besaß und sein Status aufgrund seiner Involvierung in die Revolution unsicher war, wollte Frankl während seines Aufenthalts in Kroměříž/Kremsier erfahren, was in Wien passierte. Ernestine verwehrte sich in ihren Briefen jedoch vehement, als ‚Spitzel‘ im Haus der Kultusgemeinde verwendet zu werden. Sie berichtete ihm u.a. über ihre Besuche bei der Familie Kuranda, der Geschäftsreise von Wilhelm Frankl für die Firma J. J. Pollak sowie über die erfolglose Aufführung eines Dramas von Ferdinand Kürnberger.35 Um die Ehe der Frankls dürfte es zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr zum Besten gestanden haben. Im Nachlass sind vom Frühjahr 1851 Briefe erhalten, in denen Ernestine ihrem Mann erklärte, dass sie die Trennung bzw. Scheidung wünsche. In ihrem Brief vom 18. Februar 1851 warf sie ihm vor, dass er sie bereits seit ihrer Heirat gering schätze, eitel sei, Affären mit ver34 Ernestine Frankl an Ludwig August Frankl, 23.08.1843, Wienbibliothek, ZPH7, F 2. 35 Ernestine Frankl an Ludwig August Frankl, 18.02., 22.02. und 28.02.1843, Wienbibliothek, ZPH7, F 2; zu Kürnberger vgl. auch den Beitrag von Huber Lengauer in diesem Band: 137-156.

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schiedenen Frauen gehabt und sich seit 1847 völlig von ihr zurückgezogen habe: Ich sagte Dir vor wenig Wochen im Scherz, dass ich mich von Dir Scheiden lasse, Du fragest nicht nach der Ursache, sondern antwortetest mir ganz trocken, ich möge Dir das einmal ganz ernsthaft sagen, ich thue dies heute, indem ich Dir erkläre, dass ich mich im Laufe des Sommers von Dir trenne. Ich komme Dir wirklich entgegen, indem ich einen Schritt thue zudem Du nicht die Kraft hattest, Dir erscheint die Ehe als Fessel und wenn Du auch zehnmal behauptest, dass dies kein Vorwurf für mich sei, so lag doch an mir die Schuld, dass es mir nicht gelang Dir ein häusliches Glück zu bereiten. […] da ich soviel Schmach, Erniedrigung, Demütigung nicht länger mehr ertragen kann. Achtung, Vertrauen gegen mich, hast Du nicht gekannt. Du hast mich desavouiert oder wo das nicht möglich war so herabwürdigend als möglich behandelt. […] Du wurdest im Winter 1843 für jeden Sonntag zu Frau v. Wertheimer zu Tische geladen, Du gingst zu Deinem besten Freunden ohne mich, die man desavouiert hatte. Ich enthalte mich jeder Kritik, die Welt sprach mir gegenüber nur von Infamie der Frau v. Wertheimer. So ging das fort durch acht Jahre. […] Es wäre lächerlich wollte man einem Dichter nicht die Freiheit gönnen sich für ein inter‑ essantes Geschöpf zu begeistern, nicht aber sich für solche Damen zu interessieren, von denen die Welt behauptet, dass sie weder schön noch geistvoll und nur vielleicht dadurch ausgezeichnet sind, dass ihr Lebenswandel nicht der tadelloseste ist. Man kann dir jetzt nicht mit dem milden Antheil eine Jugendsünde vorwerfen nachdem Du in ein Alter trittst, wo derlei Liebschaften anfangen lächerlich zu werden. Geliebt hast Du keine von all diesen Zahllosen, es waren geschmeichelte Eitelkeiten und Zeitvertreib, ich glaube ein Mann von Geist und Bildung könnte eine würdigere Anregung finden. […] Du hast Dich seit vier Jahren von mir getrennt, ich kann mir bei aller Gedankenlosigkeit, die Du mir zumuthest, doch nicht einbilden, dass Du wie ein Mönch lebst, der die Regeln seines Ordens streng befolgt. (Frankl E. 1851)

Dieser schriftlichen Auflistung der Eheprobleme verdanken wir die Kennt‑ nis von Charakterzügen und Ereignissen, die in biografischen Abhandlungen über Frankl bisher keinen Eingang gefunden haben. In ihrem Brief vom 11. März 1851 begründete Ernestine ihre Präferenz für die schriftliche Kommu‑ nikation mit ihrem Ehemann, „weil ich da viel leichter mit Dir sprechen kann, Du bist in Deinen Briefen viel liebenswürdiger als im Gespräch.“ (Frankl E. 1851) Derselbe Brief bietet auch Aufschlüsse über das Leben jüdischer Mädchen im Vormärz und ihre Probleme bei der Partnersuche. Ernestine rekapitulierte die Jahre des Kennenlernens ab 1841, ihre Ängste und Sehnsüchte. Gleichfalls berichtete sie aber, dass sie davor, einen anderen Mann heirateten wollte, was von ihrem Vater verhindert wurde. In ihrer Trauer um den Geliebten hat sie alle folgenden, vom Vater vorgeschlagenen Kandidaten abgelehnt. Gleich‑ zeitig fürchtete sie jedoch, dass der Vater – bereits über 70‑jährig – sterben

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könnte. Dadurch wäre sie in die ‚Gewalt‘ ihres Bruders gekommen, was die Sache noch verschlimmert hätte.36 Da zwischen Frankl und Ernestine offensichtlich keine Gesprächsbasis mehr bestand, entschied er sich zehn Tage später, seiner Frau schriftlich zu antworten und verfasste einen langen Rechtfertigungsbrief. Zwischenzeitlich hatte sich Ernestine entschlossen, im Mai aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen und ihren Anteil an der Wohnungseinrichtung zu verkaufen.37 In seinem Antwortschreiben beanspruchte Frankl das Bett, sein Arbeitszimmer und seine Kleider für sich, alles andere solle sie verkaufen; er wolle sie auch weiterhin finanziell unterstützen. Außerdem ging er auf alle erhobenen Vorwürfe ein und versuchte, sie zu entkräften. Insbesondere was die Affären betraf, wies er alle Schuld von sich, berief sich auf Missverständnisse, die er hätte aufklären können, wenn Ernestine mit ihm gesprochen hätte. Das Schweigen seiner Frau interpretierte Frankl als Gleichgültigkeit, die zur weiteren Zerrüttung der Ehe geführt habe. Damit wies er Ernestine Mitschuld am Zustand der Ehe zu. Auf zwei Punkte dieses Briefs soll noch näher eingegangen werden, weil sie bisher unbekannte Einblicke in Frankls Leben gewähren. Nach der Hochzeit war Frankl depressiv gewesen und hatte an Selbstmord gedacht: Ich fühlte mich sehr unglücklich. Eines Nachts stand ich vom Bette auf, mich hatte die ganze Bitterkeit des Lebens nicht schlafen lasse; ich legte mich ins Fenster, das aus unserer damaligen Wohnung gegen das Wasser schaute, und überlegte, ob ich nicht ein Ende machen sollte. (Frankl 1851)

Im Brief argumentierte Frankl, dass er es nicht getan habe, weil er seine Frau, die für ihre Art nichts konnte, nicht zurücklassen wollte, und er sich als Arzt gegen den Vorwurf wehrte, dass Selbstmord erblich sei. Auf welches Familienmitglied er sich hierbei bezog, ist unklar. Als ausschlaggebenden Grund weiterzuleben, gab er schließlich seine Feigheit an. Eine weitere Lebenskrise hatte Frankl nach der Geburt seines Sohnes. Er schrieb, dass er sich in der Gegenwart des Kindes unwohl fühlte; erst als der Sohn starb, merkte er, dass er ihn liebte. Die spätere Fehlgeburt seiner Frau und der Hinweis der Ärzte, dass eine weitere Schwangerschaft tödlich wäre, hätten ihn veranlasst, sich völlig von Ernestine zurückzuziehen. Am Ende des Briefes schlug Frankl vor, dass sein zu Besuch weilender Bruder Eduard ihre Briefe lesen und seine Meinung 36  Ernestine Frankl an Ludwig August Frankl, 11.03.1851, Wienbibliothek, ZPH7, F 2. Juda Wiener starb fünf Monate nach der Hochzeit am 24.11.1843. S. Lieben/Koppelmann Lieben 1890: 23. 37 Ernestine Frankl an Ludwig August Frankl, 02.03.1851, Wienbibliothek, ZPH7, F 2.

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äußern bzw. vermitteln sollte. Wenn sie danach noch immer gehen wolle, würde er ihrer Familie schreiben, „Meine Frau ging von mir, und sie hatte recht!“ (Frankl 1851) Warum Ernestine schließlich auf die Scheidung verzichtete, bleibt letztlich ungeklärt. Der soziale und gesellschaftliche Druck der Familie dürften wohl eine Rolle gespielt haben. Ein weiterer Grund könnte auch ihr schlechter Gesundheitszustand gewesen sein. Im Sommer 1853 befand sich Ernestine zu einer längeren Kur in Baden.38 Ihr Gesundheitszustand scheint sich aber nicht wirklich gebessert zu haben. Als Frankl im Frühjahr 1856 zu seiner Orientreise aufbrach um in Jerusalem die Kinderbewahranstalt von Elise Herz zu gründen, lebte Ernestines Nichte Paula bereits im gemeinsamen Haushalt. Die Korrespondenz zwischen dem Ehepaar war während der Orientreise ähnlich liebenswürdig wie jene der frühen 1840er Jahre. Ernestine machte sich Sorgen, bemängelte die schlechte Postverbindung und berichtete über gesellschaftliche Kontakte. Sie verkehrte mit Adolf Neustadt und Adolf Fischhof, aber auch Elise Herz kam zu Besuch. Viele ihrer Bekannten, wie die Wertheims, die Mannheimers und die Benedikts, übersiedelten für den Sommer nach Döbling. Ihr war das dortige Gesellschaftsleben zu mühsam. Sie zog eine Somemrfrische in Baden mit Regine Kuranda (1825-1906) vor.39 Frankl kehrte im Sommer nach Wien zurück und brachte den von ihm freigekauften äthiopischen Sklavenjungen Musa aus Ägypten mit, der im Alter seines verstorbenen Sohnes Johann war. Das Familienleben der Frankls gestaltete sich in weiterer Folge recht turbulent. Laut Frankl kümmerte sich Musa aber rührend um die bereits schwerkranke Ernestine (Frankl ²1868: 205-228, vor allem 216f.).40 Ernestine starb nur wenige Monate später, am 3. Februar 1857, Frankls 47. Geburtstag. Einen Nachruf verfasste Meir Letteris, der ihr, frei nach Goethe, als letzte Worte „Licht, Licht!“ in den Mund legte. (Wiener Mittheilungen 1857: 24.) Im April desselben Jahres errichtete Frankl eine Stiftung im Namen seiner ersten Frau. Er spendete ihren ‚Sparpfennig‘, eine Staatsschuldverschreibung von fl. 100, von der jährlich drei Mädchen der israelitischen Religionsschule in Wien ein Buch mit Gedenkwidmung erhalten sollten, und ein silbernes Kultgefäß für den in Bau befindlichen Leopoldstädter Tempel.41 Kurze Zeit später, am 25. Oktober 1857, heiratete Frankl seine zweite Frau Paula Wiener. 38  Ernestine Frankl an Ludwig August Frankl, 20.07.1853, Wienbibliothek, ZPH7, F 2. 39  Ernestine Frankl an Ludwig August Frankl, 15.05., 28.05., 08.07.1856, Wienbibliothek, ZPH7, F 2. 40 Zu Musa s. den Beitrag von Louise Hecht in diesem Band: 291-322. 41 Im Jahr 1884 stimmte Frankl dem Ansuchen des Vorstandes der Israelitischen Kultusgemeinde zu, nach Auflösung der Vergabe der Prämienbücher für die Religionsschule das

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Ahnenbilder: Mutter und Großmutter Therese Frankl, geb. Hermann (1784-1848) Therese Hermann heiratete am 13. Juli 1808 Leopold Frankl in Lysice/Lissitz in der Nähe von Brno/Brünn. Über ihre Familie ist wenig bekannt. Einzig Siegfried Kapper erwähnt das Elternhaus in einer 74‑seitigen Biographie über Frankl, der ersten ihrer Art, aus dem Jahr 1849 [!]. Demnach betrieben David und Salomena Hermann ab 1776 ein Branntweinhaus in Lysice/Lissitz und ein Alaunwerk im 25 km entfernten Tišnov/Tischnowitzund und erwirtschafteten damit einigen Wohlstand (Rakonitzky (Kapper) 1850: 351f.).42 Nach ihrer Hochzeit übersiedelte Therese nach Chrást/Chrast, wo ihr Mann gemeinsam mit seiner Mutter den Tabakdistriktverlag führte. Als Tabakdistriktverleger gehörten die Frankls zu einer privilegierten Schicht, die über ein gewisses wirtschaftliches Vermögen und allgemeine Bildung verfügte. Sie besaßen auch einiges Sozialprestige, weil Leopold Frankls Mutter die Schwester von Israel von Hönigsberg (1724-1808), einem der Direktoren des Tabakmonopols, war (Hecht L. 2010: 215-218). Über die Hochzeit von Leopold und Therese Frankl sowie deren weiteres Leben gibt es, abgesehen von Ansuchen bzw. Erlässen ihren Tabakverlag betreffend, nur Anekdoten aus Frankls Schriften. In diesen zitiert er auch den Wortlaut einiger ihrer Briefe.43 Eine besondere Rolle bei Zu- und Einordnung von Therese Frankl in den historischen Kontext spielen zwei Abbildungen, die bei den Nachkommen ihres Sohnes David Bernhard (1820-1859), dem ersten jüdischen Stadtrat von Prag, erhalten blieben.44 Hierbei geben vor allem Kleidung und Haartracht Auskunft über ihren sozialen Status. Die beiden Abbildungen zeigen sie als junge Frau vor ihrer Hochzeit und als ältere Frau, vermutlich in den 1830er Jahren.

Geld für den jährlichen Ankauf von Büchern für die Bibliothek zu verwenden. Stiftungsbrief der Ernestine Frankl Stiftung, CAHJP, AW 1107,48. 42  Václav Petrbok entschlüsselte das Pseudonym von Kapper s. hierzu seinen Beitrag in diesem Buch. Laut der biographischen Sammlung von Leon Rusizka starb David Hermann im Jahr 1819 und Salomena Hermann im Jahr 1835. WStLA, Biographische Sammlung Leon Rusizka, Karton 6. 43 Tabakdistriktverlag der Familie Frankl, Wienbibliothek, ZPH7, F 3. 44 S. Abbildung 3; Für die Überlassung der Abbildungen möchte ich mich herzlich bei Heinrich  Lorenz Lirbunau bedanken. David Bernhard war mit Rosalia Bondy (1825-1904) verheiratet.

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Ludwig August Frankl hatte nach dem frühen Tod seines Vaters im Jahr 1825 eine intensive Beziehung zu seiner Mutter. Auf diese zum Teil überhöhte Stellung der Mutter in Frankls Leben verwies bereits Ernestine Wiener in ihrem ersten Brief an die zukünftige Schwiegermutter im Oktober 1842: „er [Frankl] selbst redet immer mit Tränen in den Augen von Ihnen“.45 In den folgenden Jahren thematisierten zwei Freunde, nämlich Max Emanuel Stern und Siegfried Kapper, Frankls innige Verbundenheit zur Mutter; Stern widmete seine hebräische Übersetzung des von Frankl 1842 publizierten biblisch-romantischen Gedichts Rachel, Frankls Mutter mit einem eigenen Gedicht (Frankl 1842).46 Und Kapper bezeichnete in seiner Frankl-Biographie die Liebe zur Mutter als Frankls eigentliche Inspiration für das Gedicht Rachel (Rakonitzky (Kapper), 1850: 419). Der Sohn gedachte seiner Mutter erstmals im Nachruf auf seinen Bruder David Bernhard Frankl aus dem Jahr 1860. Er betonte darin vor allem die weltliche und religiöse Bildung der Mutter: Nicht ohne Bildung, wenn man die weit zurück gerückte Zeit ihrer Jugend, die sie in ihrem Geburtsort Lissiz verlebte, betrachtet, waren neben Büchern weltlichen Inhalts, vorzüglich die heiligen, altertestamentarischen ihre bevorzugten Lieblinge. Sie kannte die Bibel genau, sie wussten die Psalmen auswendig und die Weissagungen der Propheten und Aussprüche der ‚Chachamim‘ waren ihr geläufig. (Frankl 1860: 9)

Wie sie sich die religiöse und weltliche Bildung angeeignet hatte, lässt sich nicht genau feststellen. Die weltliche Bildung könnte sie in der christlichen Trivialschule in Lysice/Lissitz erworben haben. Denn eine deutsch-jüdische Schule gab es vor Ort nicht und die nächsten größeren jüdischen Gemeinden wie Boskovice/Boskowitz und Lomnice/Lomnitz waren mit 12 km bzw. 14 km für den täglichen Schulweg zu weit;47 eine andere Möglichkeit wäre ein Hauslehrer. Die religiöse Bildung muss Therese im Elternhaus erhalten haben. Eine fast gleich lautende Beschreibung über die Ausbildung seiner Mutter findet sich in Frankls Erinnerungen, wobei dort die „Aussprüche der Chachamim“ durch „die Sprüche der Weisen in hochdeutscher Übersetzung“ ersetzt sind (Hock 1910: 44). Mit dieser Formulierung wollte Frankl einerseits klarstellen, dass seine Mutter als eine aus streng religiösem Haus stammende Frau die Grenzen der religiösen Frauenerziehung nicht überschritten hatte, d.h. nicht Hebräisch las, andererseits bezeugte er aber auch, dass die Familie Hochdeutsch und nicht Jiddisch sprach.48 Laut Frankl veranlasste diese Bil45 Ernestine Wiener an Therese Frankl, 30.10.1842, Wienbibliothek, ZPH7, F 2. 46 S. auch Stern (²1851). Die erste Auflage der Übersetzung stammt aus 1845. 47 Zu den deutsch-jüdischen Schulen s. Hecht L. 2011: 159-176. Zur christlichen Trivialschule s. Wolny 1836: 115. 48 Zur Mädchenerziehung s. Hecht L. 2011: 253-272.

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dung und Belesenheit seine Mutter nach dem unerwarteten Tod seines Vaters Leopold im Jahr 1825, ihn unter wirtschaftlichen Entbehrungen weiter das Gymnasium besuchen zu lassen. Im Nachruf auf seinen Bruder von 1860 würdigte er dies mit folgenden Worten: Sie kannte aber seinen [Frankls] Hang zu Studien und sie selbst besaß zu viel Ehrgeiz um ihn denselben zu entreißen. Ihre Briefe aus jener Zeit sind ein wahres Muster eines energischen Vertrauens zu Gott, dass den Gedanken nicht aufkommen lässt, als könnte er eine Mutter und ihren Waisen verlassen! (Frankl 1860: 9)

Diese Briefe sind leider nicht erhalten geblieben, doch es gibt ein Ansuchen um Weiterführung des Tabakverlages nach dem Tod ihres Mannes. Da Therese Frankl als Witwe den Verlag nicht automatisch zugesprochen bekam, lief die Familie Gefahr, den Verlag und damit ihre Einkommensgrundlage zu verlieren. 1827 reiste sie in dieser Angelegenheit mit ihrem ältesten Sohn Ludwig August nach Wien, um bei den Behörden vorzusprechen. Mit Verweis auf die Verdienste ihres Mannes und seiner Eltern für den Tabakverlag sowie auf die drohende wirtschaftliche Not der Familie gelang es ihr schließlich, den Verlag zu behalten. Sie musste aber auch Frankl als Mitarbeiter anführen.49 In seinen Memoiren widmete Frankl seiner Mutter immer wieder einige Zeilen und druckte Briefausschnitte von ihr ab, wobei er ihre Religiosität betonte. Zu den bekanntesten gehört die Schilderung von der Schaustellung der goldenen Dose, die Frankl als Dank für das Gedicht Habsburglied im Jahr 1832 von Kronprinz Ferdinand erhalten hatte. Frankl sandte die Dose an seine Mutter in Chrást/Chrast, der Sommerresidenz der Königsgrätzer Bischöfe, wo sie für großes Aufsehen sorgte: Mein theurer, geliebter Sohn! In unserem Hause geht es jetzt zu wie in einer Kirche, wo das Allerheiligste ausgestellt ist. Die Menschen wallfahrten zu uns, um das Geschenk, welches der junge König von Ungarn – der Gott der Heerschaaren schütze sein geheiligtes Haupt! – Dir gegeben hat, zu sehen. Zuerst kamen die Chraster, die es kaum glauben können, dass ein Jüngling, noch dazu ein Judenkind, das sie heranwachsen sahen, eine so hohe Auszeichnung empfangen hat. Der Herr Dechant und die Kapläne kamen und ich musste die Dose zum Bischof bringen, weil er sich auch von dem Wunder, das Gott über unserem Hause aufgehen ließ, überzeugen wollte. Nun erst die Juden aus den umliegenden Gemeinden! Die können nicht genug staunen und sprechen von dem Glücke, das deiner Mutter widerfahren ist und dabei, ich muß lachen, wägen sie die Dose auf der Hand, um zu sehen, wie schwer und wie viel wert sie sein mag. Mein geliebter theuerer Sohn! Bleibe Du nur bescheiden und unserem heiligen Glauben treu. Dir wird dann Gott – gepriesen sei er im Himmel und auf Erden, wie König David in seinen Psalmen sagt – immer helfen und Segen auf dich wie Tau träufeln lassen. Amen! (Hock 1910: 169f.) 49 S. Dokumente über den Tabakdistriktverlag in Chrást/Chrast, Wienbibliothek, ZPH7, F 3. S. Rakonitzky (Kapper) 1850: 378.

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Die große Aufmerksamkeit, die die Auszeichnung erregte, war für Therese Frankl sicher aufregend und beglückend. Der intensive Kontakt zwischen jüdischer und christlicher Bevölkerung war für die Familie Frankl hingegen nichts Neues. Zum einen weil Chrást/Chrast eine Kleinstadt war, wo es keine getrennten Lebensbereiche gab, zum anderen führten die Frankls mit dem Tabakdistriktverlag ein Geschäft, in dem sich die gesamte Bevölkerung traf. Darüber hinaus gibt es zu Therese Frankls Leben nur wenige Quellen. Frankl erwähnt in seinen Erinnerungen, dass er in seiner Kindheit mit seiner Mutter nach Lysice/Lissitz fuhr, wo sein Großvater David und sein Onkel Beer Hermann schwer erkrankt waren und am selben Tag verstarben (Hock 1910: 46f.). Aus den Brautbriefen Ernestine Wieners wissen wir, dass Therese Frankl am 16. Mai 1843 nach Prag kam, mit Ernestine im Theater und bei deren Bruder im Garten war, aber bei ihren eigenen Verwandten wohnte. Zur Hochzeit kam sie erneut nach Prag.50 Wie lange sie den Tabakverlag führte, ist nicht bekannt. Ihr Söhne Adolf und Eduard wohnten weiterhin in Chrást/ Chrast. Am 7. März 1848, wenige Tage vor der Revolution, starb sie in Chrást/ Chrast. Therese Frankl wurde auf dem jüdischen Friedhof im nahe gelegenen Dorf Zájezdec/Zajezdetz begraben, weil es in Chrást/Chrast keinen jüdischen Friedhof gab. In Zájezdec/Zajezdetz sind auch ihr Mann, einige ihrer Kinder und ihr Schwiegervater begraben. Frankl beschrieb den Tod seiner Mutter im Nachruf auf seinen Bruder David Bernhard: Sie sah noch ihre Kinder versorgt und guten Zeiten entgegen gehen; sie ließ sich ihr jüngstes Kind, ihre einzige Tochter, im Brautschmucke an ihrem Sterbelager vorführen, da sie keine Hoffnung mehr fühlte, dieselbe unter dem Trauhimmel zu begleiten. Sie starb betagt, unmittelbar vor den verhängnisvollen Märztagen des Jahres 1848 und hinterließ ein nicht unansehnliches Vermögen, vor Allem aber den Ruhm einer innerst frommen, geistig starken wohltätigen Frau, eines in sich fest geschlossenen mit sich und der Welt klaren Charakters, deren Namen noch jetzt in weiten Kreisen gesegnet wird. Auf dem kleinen Gottesacker des böhmischen Dorfes Zajesdec ruht sie neben ihrem Gatten und von ihr verkündet der Grabstein, dass sie dem Pelikan glich, der das Herzblut vergießt, um seine Jungen zu nähren. (Frankl 1860: 10)

Frankl zählte in diesem Nachruf erneut die Tugenden seiner Mutter auf und bemühte einen antiken Mythos zur Verklärung ihrer Person. Gleich zu Beginn der Schilderung erwähnte er Thereses einzige Tochter. Seine Schwester Caroline fehlt im biographischen Umfeld von Ludwig August Frankl weitgehend. Vielleicht, weil Frankl sie als Kind kaum gesehen hatte, da er zur Zeit ihrer Geburt bereits das Gymnasium besuchte und danach zum Studium in Wien war. Sie und ihre Kinder sind auch historisch schwer fassbar. Die wichtigste 50 S. Ernestine Wiener an Ludwig August Frankl, 24.05.1843, Wienbibliothek, ZPH7, F 2.

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Quelle ist ein undatierter Brief an Frankl, in dem sie auf seine Bitte biographische Angaben zu ihrer Familie schickt. Caroline Frankl (1824-1884) war dreimal verheiratet und hatte mit jedem ihrer Männer Kinder – insgesamt fünf, von denen zwei im Kindesalter starben. Alle Männer gingen akademischen Berufen nach und stammten aus Böhmen, aus der Gegend von Chrást/Chrast. Caroline übersiedelte jedoch bei jeder Hochzeit in einen anderen Ort. Zur Zeit ihres Briefes wohnte sie in Jihlava/Iglau. Frankl erwähnt, dass eine Schwester beim Tod der Mutter kurz vor ihrer Hochzeit stand. Laut Prager Familiantenbuch erhielt sie bereits am 30. Dezember 1847 die Bewilligung zum Ehekonsens mit dem Arzt Isaak Flekeles (1815-1851). Kurz nach dem Tod ihrer Mutter heiratete Caroline Isaak in Prag; im Januar 1849 kam die erste Tochter Therese Flekeles zur Welt. Nach dem Tod ihres ersten Mannes heiratete Caroline im April 1851 den aus Jičín/ Gitschin stammenden Arzt Emanuel Sommer (1810-1855). Im April 1852 wurde ihre Tochter Marie Sommer geboren. Carolines dritter Mann war der aus Svratka/Swratka stammende Salomon Breitenfeld (1830-1913), Lehrer für Französisch und Übersetzer. Die Hochzeit fand am 25. April 1865 im nahe gelegenen Luže/Lusche statt, wo die Breitenfelds ursprünglich eine Familiantenstelle hatten. Berufsbedingt übersiedelte das Ehepaar mehrere Male. 1866 wurde die Tochter Camilla geboren. Caroline Frankl schrieb den erhaltenen Brief wohl in den späten 1860er Jahren. Sie beklagte sich über ihre älteren Töchter und das geringe Gehalt ihres Mannes. Aus den Parten der Breitenfelds wird schließlich klar, dass die älteste Tochter, den aus Prag stammenden Moritz Pollak geheiratet hatte. Die beiden jüngeren Töchter blieben unverheiratet. Camilla Breitenfeld wurde am 4. Juli 1942 von Olomouc/Olmütz nach Theresienstadt und am 15. Oktober 1942 nach Treblinka deportiert und dort ermordet.51

Mater familias: Marianne Frankl, geb. Hönig (1755-1829) Als Mater Familias ist wohl Marianne Frankl, die Großmutter von Ludwig August Frankl anzusehen. Als jüngste Schwester von Israel Hönig von Hönigsberg gehörte sie dem Familienclan der Hönigs an, die als Tabakmonopolpächter unter mehreren Kaisern Ansehen und Reichtum erlangten. Bereits unter Maria Theresia erhielt die Familie per Hofbeschluss von 1761 das Recht, sich 51 Caroline Breitenfeld an Ludwig August Frankl, Wienbibliothek, ZPH7, F 2. Für weiterführende Daten möchte ich mich bei Georg Gaugusch herzlich bedanken.

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überall niederzulassen, wo es Judengemeinden gab und dort auch Häuser zu erwerben. Den Höhepunkt gesellschaftlichen Ansehens erreichte die Familie mit der Ernennung Israels und dessen Bruder Moses Hönig zu Direktoren des Tabakmonopols im Jahr 1784 und der darauf folgenden Erhebung Israels in den Adelsstand durch Joseph II. am 2. September 1789.52 Marianne Hönig heiratete 1767 Lazar Frankl, dessen Familie vor 1670 zu den einflussreichsten Familien Wiens gehört hatte, die den Erhalt des jüdischen Friedhofs in der Seegasse über die Vertreibung hinaus durch einen Vertrag mit der Stadt Wien sicherte. Nach der Vertreibung ließ sich die Familie in Fürth nieder (Pribram 1918: 246 und 254-257. Frankl 1853: 5-17). Lazar und Marianne Frankl erhielten als Mitgift u.a. den Tabakdistriktverlag in der Kreisstadt Chrudim. Ludwig August Frankl beschrieb seine Großmutter in seinen Memoiren mit folgen Worten: Löbel Hönigs Tochter Marjem, zu deutsch Marianne, war schön, hellblond, blauäugig, und was in damaliger Zeit für sehr merkwürdig galt, sie war deutsch belesen und sprach französisch. Die im hohen Alter noch schöne Matrone erzählte es gerne, welche Huldigung ihr vom Kaiser Joseph II. zu Teil geworden war. (Hock 1910: 34)

Diese publizistische Ehrung veröffentliche Frankls Neffe Stefan Hock erst 16 Jahre nach Frankls Tod im Jahr 1910. Doch ehrte die Familie ihre Ahnin in ähnlicher Weise bereits 1860 im Nachruf auf David Bernhard Frankl: Die Großmutter väterlicher Seits, Marianne, die mit in der Familie lebte, eine durch Geist und noch im Alter durch Schönheit ausgezeichnete Frau, war eine geborene Hönig und die Schwester jenes Israel Hönig, der wegen seiner Verdienst um den Staat von Kaiser Josef II mit dem Titel und Range eines k.k. österreichischen Regierungsrathes ausgezeichnet, mit dem Prädikate von Hönigsberg in den Adelstand erhoben und den gegen den Willen der österreichischen Landstände Herr der Herrschaft Velm mit allen Patronatsrechten in Nieder-Österreich worden ist. (Frankl 1860: 10)

Das gesellschaftliche Ansehen der Familie betonte Frankl auch in seinen Erinnerungen, als er darauf verwies, dass die Großeltern nach der Hochzeit nach Chrudim übersiedelten, wo sie als Tabakverleger nicht nur als erste Juden wohnen, sondern auch den kaiserlichen Adler an ihrem Haus am Ringplatz anbringen durften. Zum gesellschaftlichen Ansehen gehörte auch, dass die beiden Söhne bei den Kapuzinern Unterricht erhielten und die fünf Mädchen in der Stadtschule. Zu Hause wurde Deutsch gesprochen, in der Schule lernten sie auch Tschechisch (Hock 1910: 35). Nach dem Tod von Lazar Frankl im Jahr 1792 konnte Marianne den Tabakdistriktverlag als Frau nicht weiter führen. Sie suchte um Genehmigung an, einen Tabakverlag gemeinsam mit ihrem 52 Zum Tabakmonopol und der Familie Hönigsberg s. Hecht L. 2010: 215-218.

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Sohn führen zu dürfen. Durch Intervention ihres Bruders Israel Hönig von Hönigsberg erhielt sie gemeinsam mit ihrem ältesten Sohn Leopold, Ludwig August Frankls Vater, den Tabakverlag in der kleineren Stadt Chrást/Chrast (Hock 1910: 35f.). Dort wuchsen Ludwig August Frankl und seine Geschwister auf. Informationen über ihr Leben in Chrást/Chrast stammen weitgehend von Ludwig August Frankl, der in seinen Erinnerungen verschiedene Anekdoten aus dem Leben der Großmutter erzählt. Was in diesen Texten fehlt, ist die Tatsache, dass Marianne Frankl am 9. August 1829 in Polná/Polna verstarb.53 Einen Hinweis auf diesen letzten Lebensabschnitt von Marianne Frankl bietet Kapper, indem er erwähnte, dass Frankl auf dem Weg zum Studium nach Wien im Jahr 1828 seine Großmutter in Polná/Polna besuchte (Rakonitzky (Kapper) 1850: 380). Einen weiteren Hinweis liefert ein undatierter Entwurf für das Ansuchen von Therese Frankl bei Kaiser Franz I. um Weiterführung des Tabakverlages in Chrást/Chrast. Dort wird erwähnt, dass Marianne Frankl für ihre Verdienste den Tabakverlag in Polná/Polna verliehen bekam, von dessen Einkünften sie aber kaum leben könne.54 Die Verleihung eines, wenn auch kleinen Verlags, ist bemerkenswert, weil Witwen normalerweise keine Verlage erhielten. Sowohl Marianne als auch Therese Frankl konnten nach dem frühen Tod ihrer Männer den Verlag nur gemeinsam mit ihren Söhnen weiterführen. Ab wann Marianne in Polná/Polna lebte, ließ sich aufgrund der Quellenlage nicht klären, vermutlich erst in den letzten Lebensjahren. Für eine 80-jährige Frau musste die Übersiedlung nach Polná/Polna und der kleine Tabakverlag einen sozialen Abstieg bedeutet haben. Dies verdeutlicht, wie prekär die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse bei Todesfällen bzw. im Zuge von behördlichen Genehmigungen selbst für wohlhabendere Juden und Jüdinnen sein konnten. Zum Gedenken an Marianne Frankl schenkte Ludwig August Frankl im Jahr 1856 der Gemeinde Polná/Polna einen Etrog und Lulav (rituelle Objekte für Sukkot), die er aus Jerusalem mitgebracht hatte (Die Presse, 30.10.1856: 7). Weitere Einblicke in die wirtschaftlichen und religiösen Verhältnisse der Familie bietet ein ‚Kopierbuch‘ der Familie Henikstein, in dem Briefe in Abschriften erhalten sind. Dort finden sich unter anderem Briefe von Adam Albert von Henikstein (1740-1811), der sich hatte taufen lassen und 1784 in den Adelstand erhoben wurde, an seine Schwester Marianne Frankl und an seine Nichte Veronika (Aloysia Barbara) Frankl. Die Briefe an Marianne Frankl aus 53  Národní Archiv Praha, HBMa 1637, Sterbematrik Polna: Maria Frankl, Tabakverlegerin. Diesen Hinweis verdanke ich Georg Gaugusch. 54  Entwurf für ein Ansuchen beim Kaiser Franz I., undatiert, Wienbibliothek, Nachlass Ludwig August Frankl, ZPH7, F 3.

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den Jahren 1799/1800 betreffen vor allem wirtschaftliche Angelegenheiten. Zum einem versprach Adam von Henikstein bei seinem Bruder Israel von Hönigsberg zu intervenieren, weil dieser seiner Schwester seine jährliche Unterstützungszahlung nicht weiter zahlte, zum anderen bestand er auf seinem Recht, den von seinem Vater geerbten Synagogensitz selbst zu verwerten, d.h. verkaufen zu können. Abgesehen von den finanziellen Aspekten zeigen diese Briefe, dass trotz der Taufe eines Bruders weiterhin Kontakt zwischen den Geschwistern und deren Nachkommen bestand. In streng religiösen Familien sitzen Eltern bei der Taufe eines Kindes ‚Shive‘, d.h. sie betrauern sie wie Verstorbene, und brechen den Kontakt ab. Henikstein versuchte hingegen in den Briefen an seine Nichte Veronika vom Juni 1801 zwischen ihr und ihrer Mutter Marianna Frankl zu vermitteln. Veronika wollte sich für ihre Verehelichung taufen lassen und beschuldigte ihre Mutter, ihr jegliche Unterstützung, inklusive Kleidung zu verweigern. Der selbst getaufte Henikstein begrüßte den Schritt zur Taufe, wies aber darauf hin, dass ihm Marianne Frankl versichert hatte, ihrer Tochter Kleidung geben zu wollen, ihre Tochter diese aber ablehnte.55 Der Inhalt des Briefes zeigt deutlich, dass es zwischen Marianne Frankl und ihrer Tochter wegen der Taufabsicht zu einem Konflikt kam. Auch Mariannes zweite Tochter Fanny ließ sich anlässlich ihrer Hochzeit taufen. Da ihre getaufte Schwester zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war, nahm sie denselben Taufnahmen an, der auch jener ihrer Taufpatin, der Gräfin Kinsky war, Schwester des Königsgrätzer Bischofs, der die Taufe vollzog. Ihre Taufe wurde am 17. Juni 1810 vollzogen.56 Sie heiratete den ehemaligen Offizier Johann Schenda. Frankl beschrieb den familiären Konflikt zwischen Mutter und Tochter in seinen Erinnerungen: Während die Kirchenglocken läuteten, um die Bevölkerung zur feierlichen Taufe der Tochter zu laden, saß ihre Mutter auf der Erde mit zerrissenem Oberkleide und um sie ihre Kinder. Denn wenn ein Sohn oder eine Tochter vom Judentume abfällt, müssen die Eltern um das Kind, wie um einen Toten, trauern. So saß Marianne Frankl und ihre Familie sieben Tage lang auf der Erde und betrachtete stumm den Riß an ihrem Kleide. Bald nach ihrer Taufe wurde Aloysia Barbara, wie sie jetzt nach ihrer Patin hieß, dem von ihr geliebten Manne angetraut. Nie wieder durfte sie die Schwelle ihres mütterlichen Hauses betreten, und, während ihre Geschwister in späteren Jahren mit ihr verkehrten, – das Auge der Mutter hat die Tochter nicht wieder gesehen. Sie hatte zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Diesen Enkeln wendete die Großmutter zärtliche Liebe zu. (Hock 1910: 40f.) 55  Adam Albert von Henikstein an Marianne Frankl, 04.12.1799, 11.05.1800. Adam Albert von Henikstein an Veronika Frankl, 03.06. und 26.06.1801. WStLA, Henikstein, HS A 194. Zur Familie Henikstein s. Jäger Sunstenau (1950); Bernd (2002). 56 Zum Sterbe- und Taufdatum der Frankl Schwestern s. den Beitrag von Georg Gaugusch in diesem Band: 77-88.

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Frankl selbst spielte oft mit diesen Kindern und erhielt von ihnen Bücher zu lesen. Er vergaß aber nicht darauf hinzuweisen, wie groß die sozialen Sanktionen bei Taufen waren. So fiel es seiner Großmutter schwer, die anderen Kinder gut zu verheiraten, weil sich zwei Töchter hatten taufen lassen. Es gelang ihr schließlich, drei Töchter mit den aufstrebenden Familien Schmelkes und Pollak in Prag zu verheiraten. Der strikte Bruch von Marianne Frankl mit ihren getauften Töchtern verwundert dennoch, weil sie gleichzeitig mit zumindest einem ihrer getauften Brüder, nämlich Adam von Henikstein, Kontakt hatte. Auch ihr Neffe, Josef von Henikstein (1768-1838), einer der Gründer der österreichischen Nationalbank, setzte sich noch 1825 für den Tabakdistriktverlag der Familie Frankl ein.57 Die verwandtschaftlichen Beziehungen zur Familie Hönigsberg, aber auch zu den getauften Familienzweigen der Henikstein, Hönigshof und Hönigsfeld, wirkten sich auch noch eine Generation später für Ludwig August Frankl aus. Seine Großcousine, Caroline von Henikstein (1797-1844) heiratete den Gelehrten Joseph von Hammer-Purgstall. Dieser führte Frankl im Jahr 1832 in den Salon von Caroline Pichler (1769-1843) ein (Hock 1910: 105f.). Auch in späteren Jahren erhielt er von Verwandten großzügige Unterstützung. Sein Großcousin Moses Hönig von Hönigsberg stiftete bei der Errichtung des Blindeninstituts auf der Hohen Warte (1872) u.a. einen wertvollen Torahvorhang und dessen Töchter Marie Tauber (1818-1888) und Louise Tauber (1824-1894) unterstützten Frankl bei verschiedenen Projekten.58 Anhand dieser Beispiele wird deutlich, dass das verwandtschaftliche Frauennetzwerk der Familien Hönigsberg-Frankl über mehrere Generationen funktionierte. Es stellte nicht nur eine wichtige Stütze bei traditioneller Wohltätigkeit wie dem Blindeninstitut dar, sondern förderte die Karriere Frankls als Schriftsteller und Intellektueller.

57 Josef von Henikstein an Marianne Frankl, 1825, WStLA, Henikstein, HS A 194. 58 Curatorium des Israelitischen Blinden-Institutes 1873: 49. S. hierzu den Beitrag von Gabriele Kohlbauer-Fritz in diesem Band: 323-338.

Georg Gaugusch

Genealogie der Familien Frankl und Frankl von Hochwart (mit Basch)1 Dieser Zweig der weit verzweigten Familien Frankl stammte vermutlich aus Fürth in Bayern. Lazar Frankl kam durch seine Ehe mit der Tochter des Löbl Hönig aus Chodová Planá/Kuttenplan in Böhmen in ein verwandtschaftliches Naheverhältnis zu dieser bedeutenden Tabakhändlerdynastie Österreichs in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Sein Sohn Leopold Frankl war, wohl durch diese Verbindung, als k.k. Bezirks-Tabaksverleger in Chrudim (Böhmen) tätig. Dessen ältester Sohn Dr. Ludwig August Frankl hatte als Aktuar und Archivar der Juden in Wien sowohl für die jüdische Geschichtsschreibung als auch durch seine schriftstellerische Tätigkeit für die Literaturgeschichte Österreichs große Bedeutung. Er war mit allen wichtigen Schriftstellern seiner Zeit eng befreundet und gern gesehener Gast in den Salons des Wiener christlichen und jüdischen Großbürgertums. Er gab von 1842 bis 1848 die Wiener Sonntagsblätter heraus und wurde als emeritierter Professor der Ästhetik am Konservatorium, Archivar und Schulrat der Stadt Wien, ferner als Begründer des Israelitischen Blindeninstituts auf der Hohen Warte durch Verleihung des Ordens der Eisernen Krone 3. Klasse mit Allerh. Entschließung vom 14. November 1876 und Diplom vom 10. Dezember 1876 mit dem Prädikat „von Hochwart“ in den österr. Ritterstand erhoben. Sein jung verstorbener Bruder David Bernhard Frankl war Stadtrat von Prag, dessen einziger Sohn Großgrundbesitzer in Mähren.2 Die Nichte dieser beiden Brüder, Adele Frankl, heiratete Dr. Samuel Siegfried Basch, Leibarzt Kaiser Maximilians von Mexiko. Nach seiner Rückkehr wurde er für seine Verdienste in Mexiko mit dem Diplom vom 3. Juli 1869 in den österreichischen Ritterstand erhoben. Nach 1870 war er einer der bekanntesten Badeärzte in Mariánské Lázně/Marienbad (Böhmen). Wappen (1876) für Dr. med. Ludwig August Frankl: In Blau ein silberner eingebogener Sparren, rechts oben von einer besaiteten Davidsharfe, links oben von einer befußten Schale, die von einer, aus derselben schlürfenden Schlange 1  Überarbeitete und ergänzte Version des gleichnamigen Kapitels in Gaugusch 2011: 724‑730. 2  Zum Wirken David Bernhard Frankls s. Frankl (1860).

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umwunden wird, begleitet, unter dem Sparren auf grünem Boden ein Palmenbaum, alles golden. Zwei gekrönte Turnierhelme, rechts mit blau/goldenen, links mit blau/silbernen Decken. Rechte Helmzier: Es erwächst eine armlose, blond behaarte Kindsgestalt einwärtssehend, bekleidet mit einem blauen Leibrock, dessen goldener Umschlagkragen ausgespart ist, über den Augen trägt dieselbe eine schwarze Binde mit rückwärts angebrachter Schleife und herabhängenden Enden. Linke Helmzier: Ein silbernes Einhorn hervorspringend mit silbernen Hufen, Bart, Horn und Mähne. Devise: DURCH WORT UND THAT. Wappen3 (1869) für Dr. med. Samuel Basch: Ein von Blau und Gold gevierter Schild, in 1. ein schrägrechter silberner Balken mit einem roten Kreuz belegt, in 2. und 3. bricht aus der Teilung ein schwarzer, rot bezungter Adler hervor, in seiner Klaue eine einwärts geringelte grüne Schlange würgend, in 4. erhebt sich ein brauner Felsenberg aus natürlicher See, auf dessen Gipfel ein grüner Kaktus mit drei flachkugeligen Blättern und je zwei solchen kleineren auf jedem angewachsen. Zwei gekrönte Turnierhelme, der rechte mit blau/silbernen Decken, links mit schwarz/goldenen Decken. Aus der rechten Helmkrone erhebt sich ein geschlossener blauer Adlerflug, der auf jedem Flügel von einem schrägrechten silbernen Balken durchzogen ist und dessen vorderer Flügel mit einem natürlichen Äskulapstabe belegt ist. Aus der Helmkrone zur Linken wächst ein goldener, rot bezungter Löwe, in beiden Vorderpranken einen geringelte grüne Schlange vor sich haltend. Devise: FIDE ET FIDENTIA. Vernetzung: Beer (Trebitsch), Epstein (über Wehle), Leon (über Pollak und Schönstein), May, Porges von Portheim (über Pollak), Wehle. Lazar Frankl (Fürth, Chrudim), k. k. Tabakverleger in Chrudim, geb. … Fürth (Bayern), gest. … 1792 Chrudim … (begr. …), verh. … ca. 1767 (Ehekonsens) … (…) mit Marianne Hönig4, Tabakverlegerin in Chrudim, später in Chrást/ 3  Eine Darstellung des Wappens und Beschreibung analoger Fälle s. Göbl 1995: 1-21, besonders 8 und Abb. 1. 4  S. Soupis židovských rodin v Čechách z roku 1793 2004: 36f. (Stadt Chrudim). Zur Beziehung zwischen der Familie Frankl und der später nobilitierten Familie Hönig in Wien s. Bernd (2002); Kompert 1847/48: 118-144. Laut dem Familiantenbuch der Kuttenplaner Herrschaft befand sich Marianne Frankl als Tabakverlegerin in Chrást/Chrast. Weiters ist dort vermerkt: „Laut eingebrachter Zuschrift des Chraster Amtes vom 21. May 1827 hat die Anna Frankel, Wittwe, bei ihrer Einvernehmung erklärt, daß sie die hinsichtlich ihrer beiden Söhne obverlangten Dokumente nicht beischaffen könne, und ohnehin keinen An-

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Chrast (Böhmen), geb. ca. 1752 Chodová Planá/Kuttenplan (Böhmen), gest. 9. August 1829 Polná/Polna No. 37, Altersschwäche (begr. 10. August 1829 …), Tochter des Löbl Hönig und der Peßl …. Zwei Söhne und fünf Töchter: A. Berman (Bernhard) Franz Frankl, Offizier in der k. k. Armee, geb. … Chrudim … (Taufe …), gest. … 1814, 1817 oder 1823 Prag … (k. k. Garnisonspital), … (röm.-kath., begr. …), ledig und kinderlos. B. Leopold (Löbel, Löb Segall) Frankl, k. k. Bezirks-Tabakverleger in Chrást/ Chrast bei Chrudim (Böhmen), geb. ca. 1770 …, gest. 15. Kislev 5586 (25. November 1825), Schlag (begr. … jüdischer Friedhof Zájezdec/Zajezdetz bei Chrudim, Gräberhain Frankl), verh. … 1808 Lysice/Lissitz (IKG, Ehekonsens vom 13. August 1808) mit Theresia Hermann, geb. November 1784 Lysice/Lissitz bei Lomnice/Lomnitz (Mähren), gest. 7. März 1848 … (begr. … jüdischer Friedhof Zájezdec/Zajezdetz bei Chrudim, Gräberhain Frankl), Tochter des Kaufmanns in Lysice/Lissitz David Hermann und der …. Fünf Söhne und eine Tochter: 1. Dr. med. Ludwig (Lazar) August Ritter Frankl von Hochwart5, Sekretär und Archivar der Wiener Israelitischen Kultusgemeinde, geb. 3. Februar 1810 Chrást/Chrast (Böhmen), gest. 12. März 1894 Wien I., Opernring 10, Herzfehler (begr. 14. März 1894 Zentralfriedhof Wien 5b/35/58), verh. (1) 22. Juni 1843 Prag6 (IKG) mit Esther (Ernestine) Wiener7, geb. ca. 1821 Prag, gest. 3. Februar 1857 Wien, Seitenstettengasse 494, Erschöpfung der Kräfte (begr. 5. Februar 1857 jüdischer Friedhof Währing 327, neu 5/17), Tochter des Juda Seligmann Wiener und dessen zweiter Frau Sara T. David Lucka; verh. (2) 25. Oktober 1857 Wien8 (IKG) mit der Nichte seiner ersten Frau Pauline (Paula) Wiener, geb. 24. März 1831 Prag, gest. 27. August 1895 Wien I., Opernring 10, Krebs des Darmes (begr. 29. August 1895 Zentralfriedhof

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spruch auf den Besitz dieser Familienstelle machen werde, weil ihr 1ter Sohn als Lieutenant in der k. k. Armee Anno 1823 und ihr 2ter als Chraster Familiant im Jahre 1825 gestorben ist.“ Die Familiantenstelle wurde am 30. Juni 1833 von Kuttenplan nach Chrast übertragen. S. Österreichisch Biographisches Lexikon 2003: 347; Czeike 2004: 358f; Eisenberg 1893: 126f; Hock 1910: 28-45 (Kapitel „Meine Vorfahren und Meine Eltern“); Gold 1931/32: 66-79; Wolf 1861: 111f. (Fußnote), 172 (Fußnote), 175, 183 (Fußnote); Gelber 1924: 151-155 (Konflikt mit Ignaz Deutsch); Wachstein/ Taglicht/ Kristianpoller 1930: 55; Kohut 1900: 389-396 (mit zwei Portraits); Wlaschek 1997: 55; Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 2002: 353f. Beistände: Juda Seligmann Wiener und J. J. Pollak. S. Wolf 1861: 157. Beistände: Moses Kohn und L. Wärndorfer.

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Wien 5b/35/58), Tochter des Sekretärs der k. k. Steuerdirektion in Prag Hermann b. Juda Seligmann Wiener und der Therese (Esther) T. Isaias Piesling. Kinder: a. aus erster und b.-d. aus der zweiten Ehe: a. Johann Frankl, geb. 5. April 1844 Wien, Leopoldstadt 585, gest. 15. November 1844 Wien, Leopoldstadt 585, Gedärmbrand (begr. 16. November 1844 jüdischer Friedhof Währing 913, neu 4/392). b. Egon Ernst Frankl, geb. 9. September 1858 Wien, Seitenstettengasse 494, gest. 8. Juli 1862 Wien, Seitenstettengasse 494, häutige Bräune (begr. 10. Juli 1862 jüdischer Friedhof Währing 5450, neu 18/92). c. Dr. jur. Dagobert Bruno Alexander Ritter Frankl von Hochwart9, k. k. Hofrat, Sekretär der Kaiser-Ferdinand-Nordbahn in Wien, geb. 5. März 1860 Wien, Seitenstettengasse 494 (Taufe 14. Juli 1890 Wien10, Evang. Stadtpfarre AB), gest. 1. Mai 1943 Wien IX., Seegasse 16, Schlagadernverkalkung, Herzmuskelentartung, Herzlähmung (Evang. AB, begr. 5. Mai 1943 Zentralfriedhof Wien 4. Tor, 19k/5/15), verh. 8. Juni 1891 Weimar (StA …) und 9. Juni 1891 (Evang. Pfarre Weimar AB) mit Frieda Voigt, geb. 20. Mai 1868 Weimar … (Taufe …), gest. 20. Oktober 1943 Wien III., … (Evang. AB; begr. …), Tochter des Christian Heinrich Ferdinand Voigt11 und der Marie Schmelkes12. Eine Tochter: 1.) Ilse Henriette Katharina Frankl von Hochwart, geb. 16. April 1892 Wien IV., Karlsgasse 9 (Taufe13 1. Juni 1892 Wien Evang. Stadtpfarre AB), gest. 2. August 1946 Graz … (Wohnort: …), … (begr. …), verh. 20. April 1922 Wien14 (Evang. Stadtpfarre AB) mit Dr. phil. Erich Günther Knoche, Zahnarzt in München, geb. 13. Juli 1884 Berlin (IKG, Taufe …), gest. … (verh. (1) … (Ehe geschieden LG Gotha 14. Februar 1921) mit …, geb. …, gest. …, Tochter des … und der …), Sohn des Isidor Simon

9  Austritt aus dem Judentum 3. Juli 1890 … 10  Taufpate: Dr. phil. Alexander Ritter Weil von Weilen, Privatdozent an der Univ. Wien, Wien VII., Burggasse 22. 11  S. Deutsches Geschlechterbuch 1910: 508 (Artikel Voigt II). 12  Tochter des Dr. med. Gottfried Schmelkes und der Rosalie Pollak aus Teplitz. 13  Taufpate: Heinrich Voigt, Verlagsbuchhändler in Weimar vertreten durch seine Gattin  Marie. 14  Trauzeugen: Heinz Knoche, Regierungs…, Berlin-Willmersdorf und Carl Eidlitz, Burgschauspieler, Wien IV., Weyringergasse 8.

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Knoche und der Sophie Liepschütz. [1946: Schloß Flamhof bei St. Nicolai im Sausal, Bezirk Leibnitz, Steiermark] d. Dr. med. Lothar Amadeus Ritter Frankl von Hochwart15, a.o. Univ.Prof. für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Wien und Abteilungsvorstand am Allgemeinen Krankenhaus in Wien, geb. 12. Juni 1862 Wien Seitenstettengasse 494, gest. 19. Dezember 1914 Gainfarn bei Baden, Wasserheilanstalt (Wohnort: Wien IX., Schwarzspanierstraße 15), Gehirntumor (begr. 22. Dezember 1914 Zentralfriedhof Wien 5b/35/60), ledig. 2. Adolph Frankl16, geb. 27. Mai 1815 Chrást/Chrast (Böhmen), gest. 3. Jänner 1866 … (begr. … jüdischer Friedhof Zájezdec/Zajezdetz bei Chrudim, Gräberhain Frankl), vermutlich ledig und kinderlos. 3. Eduard Frankl, Familiant, Kaufmann und Inhaber der Firma Eduard Frankl in Chrást/Chrast, geb. 20. März 1818 Chrást/Chrast (Böhmen), gest. 29. September 1896 Chrást/Chrast No. 16, Gicht (IKG Hermanmestetz; begr. 1. Oktober 1896 jüdischer Friedhof Zájezdec/Zajezdetz bei Chrudim, Gräberhain Frankl), verh. … 1847 (Ehekonsens17 vom 15. Mai 1847) … (…) mit Rosalia (Rosa) Skutezky18, geb. 5. Februar 1824 Lomnice/Lomnitz (Mähren), gest. 7. September 1879 Chrást/ Chrast No. 16, Lungenlähmung (IKG Přestavlk; begr. 10. September 1879 jüdischer Friedhof Zájezdec/Zajezdetz bei Chrudim, Gräberhain Frankl), Tochter des Abraham Skutezky und der Elisabeth Bauer. Vier Kinder: a. Theresia Frankl, geb. ca. 1849 Chrást/Chrast (Böhmen), gest. nach 1914 … (begr. …), verh. 20. Februar 1867 Prag19 (IKG) mit Bernhard Wedeles (seit … Wedells), Großhändler, Gesellschafter der Firma Joachim Wedeles Sohn und Hausbesitzer in Prag, geb. … 1837 Prag (Taufe … röm.-kath. Pfarre …), gest. 20. April 1892 Prag, Florenzgasse 1023-II., … (röm.-kath., begr. 23. April 1892 15  Austritt aus dem Judentum …, Rücktritt zum Judentum von der Konfessionslosigkeit 30. November 1893 Wien. S. Deimer 1989: 143f. (mit Portrait); Atlas 1967: 50 (dort auch zu seinem Vater); Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 2002: 353 und Neuen Freien Presse 19.12.1914 (Abendausgabe): 3, Nachruf. 16  Zu Adolph Frankl vermerkt das Familiantenbuch: „Adolph ist blödsinnig und aus diesem Grunde wurde mit Hofkanzleidekret vom 5. April 1844 Z. 8114 die Übertragung der väterlichen Familiantenstelle an den 3geborenen Eduard bewilligt.“ 17  Eduard Frankl hatte mit Konsens vom 7. Juni 1844 die Bewilligung erhalten Theresia Breitenfeld zu heiraten, diese Ehe kam aber nicht zu Stande. 18  S. Národní listy 27.09.1879 (Nachruf). 19  Beistände: Eduard Frankl und Hermann Fuchs, Prag.

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Prag, christlicher Wolschaner Friedhof VII/20/20; verh. (1) … (…) mit Antonia (Dine) Lustig, geb. ca. 1841 …, gest. 22. März 1865 (24. Adar 5625) Prag 763-II., Entkräftung (begr. … Prag, alter jüdischer Friedhof Olšany/Wolschan VI/728b), Tochter des Hopfenhändlers … (Jehoschua) Lustig und der am 10. März 1863 zu Prag im 43. Lebensjahre verst. Babette (Gitl) T. Jakob Stern), Sohn des Prager Familianten Joachim Isak Wedeles und der Anna T. Löw Herschmann Klaber. [1904: Salzburg; 1914: Prien am Chiemsee] b. Hugo Ludwig Frankl, geb. 6. März 1851 …, gest. 22. Juli 1866 … (begr. … jüdischer Friedhof Zájezdec/Zajezdetz bei Chrudim, Gräberhain Frankl). c. Wilhelmine Frankl20 (Pseudonym: Wilhelm Rank), Schriftstellerin und Übersetzerin, geb. 29. November 1852 Chrást/Chrast (Böhmen), gest. 29. Juni 1936 Prien am Chiemsee (Bayern), … (begr. …), ledig. d. Karl Hubert Frankl21, Kaufmann in New York und Chicago, USamerikanischer Staatsbürger, geb. 24. März 1855 Chrást/Chrast (Böhmen; Taufe … röm.-kath. Pfarre …), gest. nach 1908 …, ledig [1901: Königlich Weinberge bei Prag]. 4. David Bernhard Frankl22, Kaufmann und Stadtrat in Prag, geb. 8. Mai 1820 Chrást/Chrast (Böhmen), gest. 20. November 1859 Prag 730-I., Schlagfluß (begr. … Prag, alter jüdischer Friedhof Olšany/Wolschan …), verh. 24. August 1845 Prag23 (IKG) mit Rosalie Bondy, geb. … 1827 Prag, gest. 24. Juli 1904 Mauer bei Wien, Hauptstraße 63 (Wohnort: I., Auerspergstraße 2), Com. Diabetorum (am 27. Juli 1904 nach Gotha zur Feuerbestattung überführt, die Urne wurde am 1. August 1904 auf dem Zentralfriedhof Wien 19/56/68 beigesetzt; verh. (2) 4. November 1873 Fünfhaus24 bei Wien (IKG, Ehe getrennt 8. April 1881 LG Wien) mit Carl (Charles) Wehle25 (Wehlé), Komponist und Kla20  S. Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 2002: 357; Kürschners Deutscher Literaturkalender 1934: 211. 21  WStLA, Nachlass Ludwig August Frankl, ZPH 7, M 3. US passport applications 17951925. [14.02.2015]. 22  S. Wurzbach 1858: 334. Wlaschek 1997: 55; Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 2002: 352f; Ben Chananja, Heft 1 1860: 27f. (Nekrolog). 23  Beistände: J. J. Wolf und Lazar Bondy. 24  Beistände: Sal. Bondy und Joh. Gust. Wehle. 25  Rücktritt zum Judentum 5. September 1873 Wien (IKG Wien Proselytenprotokoll 398/1873, ledig, laut diesem am 18. Mai 1857 in Paris aus dem Judentum ausgetreten und

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viervirtuose in Paris, geb. 17. März 1825 Prag (Taufe …), gest. 3. Juni 1883 Paris IX., Rue Duperré 28, … (Evangelisch …, begr. 5. Juni 1883 Friedhof Montparnasse, evangelische Abt. eigenes Grab), Sohn des Isak b. Gabriel Wehle und der am 6. Mai 1888 zu Nogent-sur-Seine (Frankreich) im 86. Lebensjahre verst. Clara T. Koppelmann Porges), Tochter des Lazar b. Gabriel (Gotthold) Bondy und der Judith T. Adam b. Nehemias Reach. Ein Sohn: a. Ludwig Frankl26, Großgrundbesitzer in Březolupy/Brzezolup bei Uherský Brod/Ungarisch Brod in Mähren, geb. 7. Dezember 1847 Prag 741-I. (Taufe … röm.-kath. Pfarre …), gest. 4. Juni 1910 Wien VIII., Auerspergstraße 9 (Wohnort: I., Auerspergstraße 2), Zuckerharnruhr (röm.-kath., begr. 16. Juni 1910 Zentralfriedhof Wien 71d/31, Familiengruft), verh. 27. Oktober 1872 Uherské Hradiště/ Ungarisch Hradisch27 (eingetragen IKG Wien) mit Eugenie Rosa May28, geb. 16. Mai 1852 Pozořice/Posorschitz (Mähren; Taufe … röm.-kath. Pfarre …), gest. 17. März 1940 Wien I., Auerspergstraße 2, … (röm.‑kath., begr. 21. März 1940 Zentralfriedhof Wien 71d/31, Familiengruft), Tochter des Zuckerfabrikanten Hermann May und der Josefine Winterstein. Zwei Kinder: 1.) Benno Dagobert Josef Frankl29, geb. 21. Juni 1879 Wien I., Auerspergstraße 2 (Taufe 21. November 1899 röm.-kath. Pfarre Votivkirche), gest. 25. März 1909 Davos (Schweiz; Wohnort: I., Auerspergstraße 2), … (röm.-kath., begr. 29. März 1909 Zentralfriedhof Wien …, am 23. April 1909 exhumiert und auf demselben Friedhof in der Familiengruft 71d/31 wiederbestattet), ledig.

am 3. September 1873 in Wien aus der Evang. Kirche HB ausgetreten). Zu ihm und seinen spektakulären Reisen s. Mendel 1879: 306-308. 26  Austritt aus dem Judentum 18. November 1903 Wien, Gutsbesitzer, verh., I., Auerspergstraße 2. S. Wlaschek 1997: 55; Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 2002: 353. 27  Beistände: Hermann May, Zuckerfabrikant und Ludwig August Frankl. 28  Austritt aus dem Judentum 18. November 1903 Wien, Gutsbesitzersgattin, I., Auerspergstraße 2. 29  Austritt aus dem Judentum 11. Oktober 1899 Wien, ledig, I., Auerspergstraße 2. Zu seiner Verlobung mit Yvonne Back de Surany, Tochter des Banquiers in Konstantinopel Josef Back de Surany s. Neue Freien Presse 09.01.1909: 9.

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2.) Friederike Frankl30, geb. 21. September 1881 Březolupy/Brzezolup … (Mähren, Taufe … röm.-kath. Pfarre …), gest. 16. Jänner 1971 … (röm.‑kath., begr. 21. Jänner 1971 Friedhof Hadersdorf-Weidlingau 3/MR/102), verh. 4. Mai 1904 Wien31 (röm.kath. Pfarre Votivkirche) mit Dr. h.c. Heinrich Ritter Lorenz von Liburnau32, k. k. Forstrat und Dozent an der k. k. Hochschule für Bodenkultur, geb. 23. Dezember 1869 Wien III., … (Taufe … röm.-kath. Pfarre St. Rochus), gest. 24. Oktober 1957 Wien XVI., … (röm.-kath., begr. 30. Oktober 1957 Friedhof Hadersdorf‑Weidlingau 3/MR/102), Sohn des Josef Roman Ritter Lorenz von Liburnau und der Rosalia Mussoni. 5. Wilhelm Frankl33, k. k. Börsensensal und Schriftsteller in Wien, geb. 3. Dezember 1821 Chrást/Chrast (Böhmen), gest. 20. März 1893 Wien I., Schottenring 17, Marasmus (begr. 21. März 1893 Zentralfriedhof Wien 20/21/31), verh. 23. Juni 1850 Prag34 (IKG) mit Louise (Elisabeth) Hock, geb. ca. 1829 Prag, gest. 10. Juli 1897 Wien IX., Liechtensteinstraße 13, Entartung der Bauchorgane (begr. 12. Juli 1897 Zentralfriedhof Wien 20/21/31), Tochter des Simon Hock und der am 9. September 1858 zu Wien, Stadt 860, verst. Marie Stösseles35. Drei Kinder: a. Adele Frankl36, geb. 16. April 1851 Wien, Leopoldstadt 657 (Taufe 8. Mai 1889 röm.-kath. Burgpfarre), gest. 2. Dezember 1906 Wien IX., Frankgasse 6, Herzfleischentartung (röm.-kath., begr. 4. Dezember 1906 Zentralfriedhof Wien 35d/8/9), verh. 1. November 1870 Wien37 (IKG) mit Dr. med. Samuel Siegfried Karl Ritter von 30  Austritt aus dem Judentum 18. November 1903 Wien, Gutsbesitzerstochter, ledig, I., Auerspergstraße 2. 31  Beistände: Johann Freiherr von Chlumecky, k. u. k. geheimer Rat, I., Parkring 16, Guido Graf Dubsky, k. u. k. Kämmerer und geheimer Rat, Lissitz in Mähren, Adolf Ritter von Guttenberg, k. k. Hofrat, XVIII., Hofstallgasse 4 und Ferdinand Kaltenegger, k. k. Hofrat, Brixen in Tirol. 32  Zur Familie Lorenz von Liburnau s. WGT 7 1935/36: 97. 33  S. die kurze Notiz in Wurzbachs Artikel zu seinem Bruder David Bernhard Frankl, ferner Handbuch österreichisches Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 2002: 356. 34  Beistand: Emanuel Hock. 35  Ihre Verlassenschaft wurde vom k.k. BG Innere Stadt an das k.k. LG Wien abgetreten. Als Erben traten ihre drei Kinder, Dr. med. Jakob Hock, Arzt in Wien, Wilhelm (Wolf) Hock und Elisabeth Frankl auf. 36  Austritt aus dem Judentum 1889, verh., Private aus Wien. 37  Beistände: Wilhelm Frankl und Max Rosenthal.

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Basch38, Badearzt in Marienbad, geb. 9. September 1837 Prag … (Taufe 21. Februar 1879 Wien, röm.-kath. Burgpfarre), gest. 26. April 1905 Wien IX., Frankgasse 6, Blutgefäßverkalkung (röm.-kath., begr. 27. April 1905 Zentralfriedhof Wien 35d/8/9), Sohn des Privatiers Philipp b. Abraham Basch und der Eva Bunzl. Zwei Töchter: 1.) Hedwig von Basch39, Malerin in München, geb. 9. Jänner 1872 Wien I., Spiegelgasse 23 (Taufe … röm.-kath. Pfarre …), gest. … 1931 …, Selbstmord durch … (begr. …), verh. … 1907 München (…; Ehe geschieden …) mit Bohdan von Suchocki, Maler in München, dann Chicago und Mexiko, geb. ca. 1862 … (Russisch Polen), gest. … (begr. …), Sohn des A. von Suchocki und der … [München] 2.) Gertrud von Basch, geb. ca. 1881 … (Taufe … röm.-kath. Pfarre …), gest. 31. Dezember 1887 Wien IX., Liechtensteinstraße 22, Diphtheritis (röm.‑kath., begr. 2. Jänner 1888 Zentralfriedhof Wien 35d/8/9), ledig. b. Dr. jur. Gustav Leopold Frankl40, Advokat, zuletzt Magistratsbeamter in Wien, geb. 7. Jänner 1853 Wien, Wildpretmarkt 580, gest. … (begr. …), verh. 11. November 1883 Bielitz (IKG; Ehe kinderlos getrennt LG Wien 6. Mai 1887) mit Ernestine Wachtel, geb. …, gest. …, Tochter des … und der … [1900: Wien IX., Clusiusgasse 12; 1910: Wien XVII., Alszeile 101; 1913: Wien XVII., Hernalser Hauptstraße 202]. c. Marianne Frankl, städtische Lehrerin in Wien, geb. 22. Oktober 1862 Wien, Stadt 580, gest. 7. Mai 1900 Zentralfriedhof Wien, isr. Abteilung (Wohnort: Wien IX., Garnisongasse 22), Selbstmord durch Erschießen (begr. 9. Mai 1900 Zentralfriedhof Wien 20/21/31), ledig. 6. Caroline Frankl, geb. 24. Mai 1824 Chrást/Chrast (Böhmen), gest. 18. Dezember 1884 Prag, k. k. Allgemeines Krankenhaus (Wohnort: Prag 487-I.), Carcinoma (begr. 20. Dezember 1884 Prag, alter jüdischer Friedhof Olšany/Wolschan XIV/304), verh. (1) ca. 1848 … (…) mit Dr. med. Isak (Ignaz) Flekeles, Arzt in Turnov/Turnau (Böhmen), geb. 7. Juni 1815 Prag, Judenstadt 102, gest. 23. August 1850 Turnov/Turnau …, epidemische Cholera (begr. 25. August 1850 jüdischer Friedhof 38  S. Deimer 1989: 48-50 (mit Portrait); Atlas 1967: 47; Österreichisches Biographisches Lexikon 2003: 52; Corti (1924), laut Index. 39  Austritt aus dem Judentum 1887 Wien. 40  Austritt aus dem Judentum 1887 Wien, Hof- und Gerichtsadvokat, geschieden.

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Georg Gaugusch

Turnov/Turnau), Sohn des Familianten in Prag Wolf David Flekeles und der Rebekka T. Joseph Hock; verh. (2) 29. April 1851 Zámrsk/ Samrsk41, Bahnhof (IKG Jičin/Gitschin) mit Dr. med. Emanuel Sommer, Arzt in Jičin/Gitschin, geb. ca. 1814 vermutlich in Podiebrad/ Poděbrady (Böhmen), gest. 7. April 1855 Jičin/Gitschin No. 92, Lungenlähmung (begr. 9. April 1855 jüdischer Friedhof Jičin/Gitschin), Sohn des Familianten auf der Herrschaft Podiebrad/Poděbrady Moses Sommer (auch Wltschek) und der Rosalia Bukowan; verh. (3) 25. April 1865 Chroustovice/Chroustowitz42 bei Chrást/Chrast (IKG Luže/ Lusche) mit Salomon Josef Breitenfeld, Oberrealschulprofessor und Übersetzer der französischen Sprache in Litomyšl/Leitomischl und Prag, geb. ca. 1830 Svratka/Swratka bei Hlinsko (Böhmen), gest. 3. Mai 1913 Prag, Na Struze 5, Arteriosklerose (begr. 5. Mai 1913 Prag, neuer jüdischer Friedhof Olšany/Wolschan 20/5/3), Sohn des Familianten in Luže/Lusche Markus Breitenfeld und der Katharina Löwy aus Rosice/Rossitz bei Chrást/Chrast. C. Hindl (Karline, Charlotte, Scheindl) Frankl, geb. ca. 1770 Chrudim (Böhmen), gest. 13. Oktober 1821 (18. Tishri 5582) Prag 736-I., Entzündung im Bauche (begr. … Prag, alter jüdischer Friedhof Olšany/Wolschan VIII/258), verh. ca. 1786 … (…) mit Salomon (Salkind) Schmelkes43, Kaufmann und Familiant in Prag, geb. ca. 1769 …, gest. 28. Februar 1838 Prag 1067-II., Lungenschwindsucht (begr. … Prag, alter jüdischer Friedhof Olšany/Wolschan VIII/259), Sohn des Gabriel Schmelkes und der Gitl …. [Prag]. D. Veronika Frankl, geb. … Chrudim (Böhmen), gest. … (begr. …), verh. … (…) mit …, Kaufmann in Brody (Galizien), geb. …, gest. vor dem 3. Februar 1810 …, Sohn des … und der … E. Babette (Baberl, Brandl) Frankl, geb. ca. 1776 Chrudim (Böhmen), gest. 9. Dezember 1851 Prag 1248-II., Entkräftung (begr. 11. Dezember 1851 Prag, alter jüdischer Friedhof Olšany/Wolschan IX/177), verh. … (…) mit Joseph Joachim Pollak, Kaufmann, Großhändler und Lederwarenfabrikant in Prag, geb. ca. 1771-1776 Loděnice/Lodenitz bei Svatý Jan pod Skalou/St. Johann unter dem Felsen (Böhmen), gest. 24. Februar 1871 (4. Adar 5631) Prag 771-I., … (begr. 27. Februar 1871 Prag, alter jüdischer 41  Beistände: David Krasa aus Skworetz und Josef Hermann aus Lomnitz in Mähren. 42  Beistände: Nathan Breitenfeld aus Chrast und Josef Löwy aus Rossitz. 43  Seine Tochter Josepha Schmelkes, geb. ca. 1803 heiratet am 8. Juli 1829 Prag (IKG) Ephraim b. Juda Wiener. Beistände waren Juda Wiener und Joseph Pollak. Ein Sohn war der bekannte Balneologe Gottfried Schmelkes.

Genealogie der Familien Frankl und Frankl von Hochwart (mit Basch)

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Friedhof Olšany/Wolschan IX/177), Sohn des Joachim Pollak und der Sara … F. Katharina Frankl, geb. ca. 1785 Chrudim (Böhmen), gest. 21. Oktober 1865 Košíře/Kossirz bei Smíchov/Smichow No. 151, … (begr. …), verh. … (…) mit Samuel Joachim Pollak, Lederfabrikant und Handelsmann in Košíře/Kossirz bei Smíchov/Smichow bei Prag, geb. ca. 1787 Loděnice/ Lodenitz oder Bubovice/Bubowitz bei Svatý Jan pod Skalou/St. Johann unter dem Felsen (Böhmen), gest. 9. Dezember 1853 Košíře/Kossirz bei Smíchov/Smichow No. 151, … (begr. …), Sohn des Joachim Pollak und der Sara … G. Fradel (Freude, Fanni) Aloisia Barbara Frankl, geb. ca. 1790 … (Taufe 17.  Juni 1810, röm.-kath. Pfarre Chrast44), gest. … Chrást/Chrast …, Sturz vom ersten Stock (röm.-kath., begr. …), verh. … (…) mit Johann Schenda45, geb. …, gest. …, Selbstmord durch Erhängen (röm.-kath., begr. …), Sohn des Johann Schenda und der Veronika Postl. (Zwei Kinder). Quellen: Archiv hlavního města Prahy (Stadtarchiv Prag): Konskriptionsschein: David Bernhard Frankl (1846); Heraldisch Genealogische Gesellschaft Adler – Partezettelsammlung: Josef J. Pollak (1871); Národní Archiv (Prag): Heimatscheine des David Bernhard Frankl (1858: Prag 730-I., 1864: 912-II., 1867: 1050-II.), Joseph Pollak (Prag 716-I., 1248-II. und 771-I.), Samuel Pollak (Smichow 151). Familiantenbücher: HBF 55 (Chrudimer Kreis II): Familiantenstelle 3089, Chrast No. 61 (Löbel oder Leopold Frankel) und sein Sohn Eduard; HBF 106 (Pilsner Kreis III): Familienstelle …, Kuttenplaner Herrschaft No. 1 (Maria Anna Witwe des Lazar Frankl); Neue Freie Presse (verfilmt): Todesanzeigen in den Ausgaben vom 7. Juni 1883 (Charles Wehlé), 2. Jänner 1888 (Gertrud von Basch), 7. Mai 1888 (Clara Wehle), 20. März 1893 (Wilhelm Frankl), 13. März 1894 (Dr. Ludwig August Ritter Frankl von Hochwart), 28. August 1895 (Paula Frankl von Hochwart), 11. Juli 1897 (Louise Frankl), 26. Juli 1904 (Rosa Wehle geb. Bondy verw. Frankl), 26. April 1905 (Samuel Siegfried Ritter von Basch), 3. Dezember 1906 (Adele von Basch), 28. März 1909 (Benno Dagobert Frankl), 1. Juni 1910 (Ludwig Frankl), 21. Dezember 1914 (Dr. Lothar Ritter von Frankl-Hochwart); Österr. Staatsarchiv: Abt. Allg. Verwaltungsarchiv: Adelsakten Dr. Ludwig August Ritter Frankl von Hochwart (1876), Dr. med. 44  S. Hock 1910: 40 (laut dieser Darstellung wurde Fanni Frankl am ersten Sonntag nach Pfingsten, am Fest der Heiligen Dreifaltigkeit des Jahres 1810 katholisch getauft. Im Jahr 1810 fiel dieser Tag auf den 17. Juni). 45  Zu ihm und seiner Familie s. Hock 1910: 38-43.

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Georg Gaugusch

Samuel Ritter von Basch (1869); Prager Tagblatt: Todesanzeige in der Ausgabe vom 22. April 1892 (Bernhard Wedells); Wiener Stadt- und Landesarchiv: Kartei der Fremden: Ludwig Frankl (1880: Auerspergstraße 2/7), Rosa Frankl (1870: Kärntnerstraße 20), Kartei der Ausgeschiedenen: Ludwig August Frankl Ritter von Hochwart (1857: Stadt 494, 1870: Seitenstettengasse 4, 1890: Albrechtsgasse 3); Verlassenschaftsakten: Dr. Bruno Frankl (Amtsgericht Innere Stadt 14A 294/1943), Ernestine Frankl geb. Wiener (BG Innere Stadt 4A 263/1857), Marianne Frankl (BG Josefstadt 1A 541/1900), Marie Hock geb. Stösseles (BG Innere Stadt 4A 1236/1858).

Abb. 1 - Ludwig August Frankl von Ludwig Pollak, 1838. Privatbesitz Kupferblum

Abb. 2 - Marianne Frankl, geb. Hönig (1755-1829), um 1775. Privatbesitz Lorenz

Abb. 3 - Therese Frankl, geb. Hermann (1784-1848), um 1805. Privatbesitz Lorenz

Abb. 4 - Grab von Adolf Frankl (1815-1866) im Gräberhain der Familie Frankl in Zájezdec/ Zajezdetz bei Chrást/Chrast, um 2010. Privatbesitz Gaugusch

Abb. 5 - Brief von Ernestine (Esther) Wiener (1821-1857) an Ludwig August Frankl, Prag 19.11.1842. Wienbibliothek im Rathaus

Abb. 6 - Trauschein von Ernestine und L. A. Frankl, Prag 1843. Wienbibliothek im Rathaus

Abb. 7 - Ludwig August Frankl in der Uniform der Akademischen Legion mit Säbel, von Josef Matthäus Aigner, Wien 1849. Jüdisches Museum Wien

Abb. 8 - David Bernhard Frankl als Stadtrat von Prag, um 1855. Privatbesitz Kupferblum

Abb. 9 - Wilhelm Frankl als Stadtrat von Wien, um 1865. Jüdisches Museum Wien

Abb. 10 - Geburtshaus von L. A. Frankl in Chrást/Chrast. Privatbesitz Hecht

Abb. 11 - Brief von Ludwig August Frankl and Paula Frankl, Teplice/Teplitz, undatiert. Wienbibliothek im Rathaus

Abb. 12 - Parte von Caroline Breitenfeld, geb. Frankl (1824-1884). Prager Tagblatt, 20.12.1884, S.14

Abb. 13 - Brief von Paula, Bruno und Lothar Frankl an Ludwig August Frankl, Mondsee 07.08.1871. Wienbibliothek im Rathaus

Abb. 14 - Ludwig August Frankl mit Bruno und Lothar Frankl in Bad Aussee, um 1867. Wienbibliothek im Rathaus

Abb. 15 - Ludwig August Frankl von Friedrich Schilcher, um 1865. Wien Museum

Abb. 16 - Adelswappen von L. A. Frankl Ritter von Hochwart, 1876. Österreichisches Staatsarchiv

Abb. 17 - Paula und Ludwig August Frankl, 1890. Österreichische Nationalbibliothek

Abb. 18 - Führerschein von Ilse Knoche, geb. Frankl-Hochwart (1892-1946), München 1934. Staatsarchiv München

Abb. 19 - Grabstein von Ludwig August Frankl am Zentralfriedhof, Israelitische Abteilung (1. Tor), Wien 2014. Privatbesitz Hecht

Abb. 20 - Ausschnitt aus dem Gedenkblatt zur Eröffnung des israelitischen Tempels in der Leopldstadt am 15.06.1858, mit Abbildung desselben. Jüdisches Museum Wien

Abb. 21 - Torah-Zeiger von Ludwig August Frankl 1856 aus Jerusalem mitgebracht und 1873 dem Israelitischen Blindeninstitut auf der Hohen Warte gestiftet. Siegfried Altmann Collection, Leo Baeck Institute New York/Foto Hecht

Abb. 22 - Steinfragment aus der Omar-Moschee am Tempelberg in Jerusalem von Ludwig August Frankl 1856 mitgebracht. Jüdisches Museum Wien

Abb. 23 - Rimonim (Torah-Aufsätze), von Ludwig August Frankl 1856 aus Jerusalem mitgebracht, vermutlich für den Leopoldstädter Tempel. Jüdisches Museum Wien

Abb. 24 - Zwei orientalisierende Briefköpfe aus dem Nachlass von Ludwig August Frankl (Collage 2014). Wienbibliothek im Rathaus

Václav Petrbok

Ludwig August Frankl als tschechischer Dichter?1 Man hängt, wie auch die geistige Richtung sei, mit dem Geburtslande doch durchs Gemüt unlöslich, wenn auch häufig unbewußt, zusammen. Ein czechisches Wort, ein Bild aus der Heimath weckt 1000 Erinnerungen, die der Seele wert und wehmutvoll vertraut sind. (Frankl 1863; cit. Donath 1934: 424)

Einführung – Begegnung mit Mezzofanti Am 14. April 1844 veröffentlichte der schon bekannte Dichter, Sekretär der Wiener Israelitischen Gemeinde, MUDr. Ludwig August Frankl2 in der von ihm redigierten belletristischen Zeitschrift Sonntagsblätter den Artikel „Begegnung mit Mezzofanti“. Er kehrte damit zu seiner Reise durch Italien zurück, die ihn im Jahre 1837 von Padua (wo er zum Doktor promoviert wurde) über Mailand, Venedig, Vizenza, Padua, Bologna nach Rom und Neapel bis zum Paestum geführt hatte. Während der Reise hat er mehrere Künstler (den recht namhaften dänischen Bildhauer Bertel Thorvaldsen, aber auch den damals fast unbekannten ‚Landsmann‘, deutschböhmischen Dichter, Furier beim General­quar­tier­meisterstab, Joseph Emanuel Hilscher) persönlich kennengelernt. Über sein Treffen mit dem berühmten polyglotten Kustos der Vatikanischen Bibliothek und Kardinal Giuseppe Gasparo Mezzofanti (1774-1849)3, 1  Die Studie konnte dank der Alexander von Humboldt-Stiftung entstehen. 2  Programmatisch über die Stellung der Juden in den böhmischen Ländern „in der Zwickmühle der bitteren Kämpfe zwischen Tschechen und Deutschen, die im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts immer intensiver wurden“ s. Iggers 1988: 428-442. Über den Lebenslauf und das Wirken von L. A. Frankl s. vor allem Kestenberg‑Gladstein 2002: 25-56; weiters Zintzen 2001: 362-389; Scheichl 1999: 45-61; zu bio- und bibliographischen Übersicht s. Jacob 1998: 346-360 oder Heuer 1991: 309-322. 3  Wie die tschechischen Patrioten die Eifer der damaligen Symbolfigur des sprachlichen „gerechten“ Genius Mezzofanti zu schätzen wussten, zeigt auch der in der Zeitschrift Květy, „Česká pocta kardinálu Mezzofantimu“, in Květy 13 1846: 617f. veröffentlichte Artikel, wo der Autor, ein tschechischer katholischer Priester, Autor der Kinderliteratur und Übersetzer aus den klassischen Sprachen Karel Alois Vinařický (1803-1869) auf Mezzofantis Tschechischkenntnisse, seine Lektüre tschechischer Werke (u.a. der Königinhöfer Hand-

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schrieb Frankl, ausgestattet mit dem Empfehlungsschreiben vom Orientalisten Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall: Als er uns genug nahe war, ging ich ihm mit einer stummen Verneigung entgegen, und er empfing mich schnell mit den Worten in deutscher Sprache: „Seien Sie mir herzlich willkommen!“ „Monsignore, es fällt mir auf, daß Sie mich deutsch ansprechen, da noch kein Wort aus meinem Munde kam.“ „Zu mir kommen viele Fremde aller Nazionen, und da habe ich die Routine – verzeihen Sie, Gewandtheit muß ich Ihnen sagen – erlangt, aus der Fisiognomie – eh! aus den Gesichtszügen – die Nazionalität zu erkennen.“ „Monsignore, mir tut es leid, Ihre Gewandtheit beschämen zu müssen. Ich bin in Böhmen geboren, und doch nicht aus böhmischem Stamme, wiewohl meine Muttersprache die böhmische ist.“ „Welcher Nazionalität gehören Sie also an?“ Auf diese in böhmischer Sprache gesprochene Frage erzählte ich ihm, wie mein Ururgroßvater, mir unbekannt durch welche Schiksale, aus Palästina gewandert sei, dessen Sohn in Deutschland und dessen Enkel, mein Großvater, in Böhmen sich angesiedelt habe. – „So viel weiß ich durch Tradizion...“ [...] „Sprechen Sie eine orientalische Sprache?“ Er stellte diese Frage in hebräischer; ich raffte aus der Erinnerung in derselben eine Antwort mühselig zusammen, und überreichte ihm den Brief Hammer-Purgstall´s. „Sehen Sie, Sie sind ein Deutscher, ein deutscher Dichter.“ „Ich schreibe in deutscher Sprache, Monsignore, wenn Sie anders den Dichter gütig gelten lassen wollen.“ „Warum schreiben Sie nicht in Ihrer Muttersprache, der böhmischen?“ „Meine ersten Versuche waren in derselben, aber der böhmische Dichter hat wenig Hörer, und so...“ „Sie hätten vielleicht ihm mehr Hörer geworben.“ „Vielleicht! Und ist es nicht gleich, welche Form, welche Sprache man wählt, um seine Gedanken und Gefühle auszusprechen! Sie, Monsignore, werden als wahrer SprachenKosmop-Weltbürger (er lächelte über die eigene Verbesserung) dieser Meinung wohl beipflichten.“ „Niemals!“ fing er lebhaft und italienisch an. „Mir ist die italienische Sprache die liebste auf der ganzen Erde, wiewohl ich reichere, stolzere Sprachen kenne, aber in ihr bin ich bequem und reich, wie in einem Sammtkleide; in den andern muß ich doppelt denken; an

schrift, die ihm angeblich František Palacký während seiner Reise in die Vatikanischen Bibliotheken schenkte) und Versuch einer Dichtung aufmerksam gemacht hat. Als Belohnung und zugleich als prestigeträchtige Manifestation schenkte ihm „die tschechische Geistlichkeit im Leitmeritzer Bistum“ das tschechisch-deutsche Wörterbuch von Josef Jungmann, die Anthologie der alttschechischen Literatur Výbor z literatury české und das Gymnasiallehrbuch Slovesnost zusammen mit dem Gedicht Poklona českého duchovenstva Jeho eminenci (...) Josefu Mezzofantimu. Zu Mezzofanti s. Russell 1858: 332f., zuletzt kritisch Hofer (1993).

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den Gedanken, den ich aussprechen will, und an die Weise, wie ich ihn aussprechen will.“ (Frankl 1844: 346)4

Frankls Erzählung könnte exemplarisch für seine Zuordnung und Bewertung der Rollen der einzelnen Sprachen dienen. Folgend der These von Deleuze und Guattari, die die Ausführungen von Henri Gobard weiterentwickelt haben, kann man Vier-Sprachen-Model annehmen: a) die „vernakulare“, bodenständige, territoriale oder Mutter-Sprache b) die „vehikulare“, vermittelnde, städtische, Staatssprache c) die „referentiale“, Maßstabe setzende Sprache, d.h. die Sprache des Sinns und der Kultur d) die „mythische Sprache“ am Horizont der Kulturen. (Deleuze, Guattari 1976: 34)

Der eben zitierte Bericht von Frankl zeigt deutlich, wie er selbst die Rolle der einzelnen Sprachen – des Deutschen, Hebräischen und Tschechischen – in seiner Lebenswelt einschätzte. Die Rolle der vehikularen Sprache spielte in Böhmen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem Deutsch, wenn auch das Tschechische allmählich als die vermittelnde Sprache von Kleinhandel und Landwirtschaft an Bedeutung gewann. Die Sprache ‚des Sinns und der Kultur‘ waren im 19. Jahrhundert Deutsch und Tschechisch, aber immer noch wurde die deutsche Sprache – und zwar ab den 1770er Jahren sozial sowie kulturell – als die Prestigesprache in den böhmischen Ländern bewertet. Dabei herrschte auch im Sinne der immer noch einflussreichen Theorie der ‚imitatio bonorum‘ die Überzeugung vor, dass Tschechisch nicht über genug Ausdrucksmittel verfüge. Die Entwicklung der tschechischen Literatur im „langen 19. Jahrhundert“ (Bauer 2004) beweist jedoch die allmähliche Revision dieser Einstellung bei den Zeit­ge­nos­sen, ggf. ihre (aktive) Umwandlung / den Sprachwechsel in die tschechische literarische Produktion. In den böhmischen Ländern wurde seit dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts die Forderung 4  Wiederholt etwa bei Kohut 1900: 395f. oder auch in der Lemberger Zeitschrift Rozmaitości. Über den Artikel gab auch eine Nachricht Václav Bolemír Nebeský in der Zeitschrift Květy 11, 07.06.1844: 272 mit folgender Bemerkung: „Toto je úsudek neomylného zajisté v tom případu soudce, jenž umí padesát jazyků, přece ale jeden svůj mateřský, miluje.“ [Das ist ein Urteil des sicher im Fall unfehlbaren Richters, der fünfzig Sprachen kennt, doch die eine, seine Muttersprache, liebt], später ein Anonymus in der schon politisch brisanten Zeit der besiegten Revolution, Národní noviny 2, 27.11.1849: 2002 und immer wieder in verschiedenen Variationen als warnendes Beispiel für die Notwendigkeit, in seinem schriftstellerischen Schaffen, der eigenen Muttersprache treu zu bleiben, so Ferdinand Čenský, „Václav Bolemír Nebeský“, in: Osvěta 1883: 199; „Jazyk mateřský“, in: Obzor 6 1883: 76f.; auch in den Streiten um die Unterrichtssprache im böhmischen Schulwesen wurde die Erzählung mehrmals instrumentalisiert, z.B. „Zákon proti duševnímu týrání dítek“, in: Národní listy 23, 26.07.1883: 1, wo Frankl als „zněmčilý český žid“ [germanisierter böhmischer Jude] bezeichnet wird.

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nach einer eindeutig monolingualen Identität von den Bildungseliten schrittweise durchgesetzt und schließlich a priori verlangt. Dazu kam noch die feste Überzeugung, dass mit dem Sprachwechsel auch ein Nations- und Identitätswandel5 verbunden seien. Das literarische Schaffen ist dabei keine Ausnahme, wovon auch die außerordentliche Bedeutung der sprachlich-schriftlichen Kultur und ihre Symbolisierung als Kulturmerkmal mit Tradition (Höhne 2004: 117-133; zuletzt Petrbok 2014: 101f.) (als Substitution der fehlenden eigenen Staatlichkeit) gerade bei den Deutschen und Tschechen in den böhmischen Ländern Beweis ist. Auch in meiner Studie über Frankl zeige ich, wie seine tschechischen Zeitgenossen und Freunde versucht haben, ihn als tschechisch schreibenden Dichter zu ‚annektieren‘. Des Weiteren wird im Beitrag untersucht, welche Rolle die tschechische Sprache in Frankls ‚Lebenswelt‘ gespielt hat. Sicher war gerade die Sprachenfrage und die Sprachenzugehörigkeit „eine weitere Konfliktzone jüdischer Identitätskonstruktion“ (Wallas 2002: 7). Für die Analyse des sprachlichen (d.h. auch literarischen) Verhaltens wird im Folgenden insbesondere Jürgen Habermas’ kommunikationstheoretische Ausdeutung des Lebensweltbegriffs herangezogen. Demnach wird das spezifische Zusammenspiel der drei Aspekte der Lebenswelt – Kultur, Gesellschaft und Persönlichkeit – je nach Handlungs- oder Sprechsituation untersucht werden. Die Lebenswelt wird hier verstanden als „der transzendentale Ort, an dem sich Sprecher und Hörer begegnen; wo sie reziprok den Anspruch erheben können, dass ihre Äußerungen mit der Welt zusammenpassen; und wo sie diese Geltungsansprüche kritisieren und bestätigen, ihren Dissens austragen und Einverständnis erzielen können“ (Habermas 1981: 192). In meiner Analyse möchte an den Beitrag von Stephan Braese anknüpfen, der in seiner Arbeit Eine europäische Sprache: Deutsche Sprachkultur von Juden 1760 – 1930 die Rolle des Deutschen im Prozess der Sakralisierung und schließlich auch der Ethnisierung der vernakulären Sprachen einerseits und der immer­währen­den transnationalen sowie transterritorialen Stellung der deutschsprachigen Juden untersucht hat (Braese 2010: 129-175).6

5  Hier sei ohne Anspruch auf Vollständigkeit auf einige (literatur)historischen Studien aus dem böhmischen Milieu verwiesen: Günther Wytrzens, Sprachkontakte in der Dichtung. Zweisprachige Autoren im Alten Österreich, in: Die slawischen Sprachen 4 1983: 143-151, jetzt auch Wytrzens 2009: 65-75; Krolop 1993: 13-31; Luft 1996: 37-51; Luft 1996a: 143169; Svatoš 2000: 33-42; Luft 2001: 105-122; Nekula (2003); Petrbok 2014: 97-107. 6  Über die Beziehung Frankls zu Böhmen schrieben meines Wissens bis jetzt nur der in sionistischer Bewegung tätiger Pädagoge und Literaturhistoriker Oskar Donath (Židovská ročenka 5695 1935-36: 72-77) und der sozialdemokratische Publizist und Übersetzer, ein

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Das Tschechische im familiären Umfeld Frankls Mehrmals schrieb Frankl über seine Vorfahren und seine Familie. Die Rolle der Tradition hat er nach der jüdischen Lehre mit der (elegischen) kulturellen und historischen Erinnerung begleitet, die „die Überlieferung“ als „die Ideologie der konnektiven Gerechtigkeit, die Einsicht in den Zusammenhang von Tun und Ergehen verbindet, die als Weisheit gilt“ (Assmann 62007: 298).7 Obwohl die Umgangssprache der Familie Deutsch war; wissen wir aus der erwähnten Geschichte mit Mezzofanti (in seiner Erinnerungen erwähnt Frankl das Thema niemals), dass Tschechisch seine Muttersprache war. Diese Tatsache bezeugen auch zahlreiche Erwähnungen über das tschechische Volkslied als Evokation der Kindheit – das Motto im Anfang dieser Studie ist hier keine Ausnahme.8 Seine Mutter Therese aus Lysice/Lissitz bei Brno/ Brünn stammte aus dem tschechischsprachigen Milieu und gerade das Mutterbild, in Frankls Werk anhand der leiblichen und biblischen Deutungsmuster präsentiert, prägte zweifellos seine starke Bindung an die ‚engeren‘ Heimat(en) Kommilitone Franz Kafkas, Rudolf Illový (Rozvoj 34 11.02.1927: 3f.) S. auch Leclerc 2014: 69-83. 7  Das bezeugt auch Frankls langjährige Tätigkeit als Archivar der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien, seine in iudaicis aktive schriftstellerische und dichterische Tätigkeit und nicht zuletzt auch seine Initiatiative, das Wiener Jüdische Museum zu errichten. Frankls Erinnerungen, herausgegeben postum von Stefan Hock, erschienen auf Kosten von seinen Söhnen in der Prager Bibliothek deutscher Schriftsteller aus Böhmen 1910. Bereits 1850 veröffentlichte ein gewisser Dr. Rakonitzky (Siegfried Kapper) eine umfangreiche biografische Skizze über Ludwig August Frankl in: Libussa. Jahrbuch für das Jahr 1850 1850: 351-425, mit dem schon erwähnten Motto aus den Kappers České listy. Das bis jetzt nicht entschlüsselten Pseudonym schreibe ich Kapper nach der Rezension in Bohemia zu. „Literärische Notizen“, in: Bohemia 22 24.12.1849: 3. Über seine Vorfahren wurde auch ein Teil seiner Erinnerungen ediert: Zeitschrift für Geschichte der Juden in der Tschechoslowakei 2 1931/32: 67-80. 8 In seiner Reisebeschreibung Nach Jerusalem! heißt es: „Schon während unseres Mahles verdunkelte es sich allmälig; ich sah nach Wochen wieder einen grauen Himmel. Ibraim verkündete Regen und mahnte zum Aufbruche. Wir saßen bald im Sattel, denn in drei Stunden, hieß es, werden wir in Damaskus sein. Trotz des umwölkten Himmels hatte die Glut, die unsichtbar auf uns niederdrückte, nicht abgenommen. Die Berge singen an kahler, die Thäler unfruchtbar zu werden. Wir zogen Stunden lang über eine Hochebene, nur da und dort in einer Einsenkung war ein, mühsam aus dem Gestein sich windender Baum sichtbar, und plötzlich klang aus verklungener Kindheit ein böhmisches Volkslied in mir empor vom Baume, der einsam im Felde steht, und so traurig ist, wenn auch eine Rose zu seinen Füßen blüht“ (Frankl 1858: I, 338). Hierzu s. auch den Beitrag von Marie Krappmann in diesem Band: 241-256.

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– die Geburtstadt Chrást/Chrast mit der Sommerresidenz des Königgrätzer Bischofs und ganz Böhmen (Kestenberg-Gladstein 1969: 36).9 Nach der Ausbildung im Elternhaus erhielt Frankl seinen weiteren Unterricht in tschechischer Sprache vom damaligen tschechischen Schullehrer Jan Nepomuk Filcík in der Stadtschule.10 Aus Frankls Erinnerungen geht hervor, dass er von ihm und seinem pädagogischen Wirken (Unterricht in Musik und Baumschule) sehr beeindruckt war: Aus eigener Begabung hatte er sich zu einem vorragenden Pädagogen und denkenden Schulmeister emporgearbeitet und gewann in seinem Wirkungskreise eine kulturhistorische Bedeutung für die Schuljugend. (...) Der fromme, doch vorurteilslos denkende Mann erfreute sich nicht der Gunst der geistlichen Behörde, die für seine materiellen Verhältnisse zu sorgen hatte. (Hock 1910: 21f.)

Im Unterschied zur verbreiteten tschechischen Ansicht erwähnt Frankl jedoch auch Filcíks (obligatorischen) Deutschunterricht; so habe Filcík Frankl „mit Erfolg die Regeln der deutschen Sprache und Rechtsschreibung in ihren Anfängen bei[gebracht]“. Beim Erlernen des korrekten Deutschen half ihm auch Moses Mendelssohns Bibelübersetzung. Die Kenntnis des Deutschen als Vehikel des sozialen Aufstiegs im ländlichen Milieu war selbstverständlich; auch nach Jahren äußerte sich Frankl – dem Wertsystem der kulturellen Superiorität der deutschen Kulturnation folgend – so: Sie [Studenten der Theologie, Juristen, Mediziner, Pädagogen] brachten in ihr Elternhaus ebenfalls deutsche Bildung, deutsche Anschauungsweise und die Bewohner bemühten sich umsomehr, wenn nicht deutsch zu sprechen, doch deutsch zu verstehen. Das tschechische Schrifttum fing erst an, sich in Nachahmungen deutscher Meister zu versuchen und selbst diese Literatur drang nicht in das kleine Städtchen vor, zu welchem auch noch keinerlei Zeitungen Zugang gefunden hatte. (Hock 1910: 19)

Auf Deutsch las Frankl auch Bücher, die er von seiner christlichen Cousine (die Schwester seines Vaters war zum Christentum übergetreten) Karoline Schenda bekam: Kotzebues Schauspiele, Erzählungen über Rübezahl, Anekdoten über Friedrich den Großen und Josef II. Bald darauf wurde er – durch 9 Kestenberg-Gladstein zitiert in diesem Zusammenhang die Verse aus dem Zyklus Rachel (1842) und spricht sogar über die „starke Mutterbindung, die er [Frankl] in dieser präfreudischen Zeit ungehemmt besingt.“ (Kestenberg-Gladstein 1969: 36) 1845 übersetzte M. E. Stern Rachel ins Hebräische für die Zeitschrift Bikkure ha-Ittim. S. Sonntagsblätter 29.06.1845: 624. 10 Über Jan Nepomuk Filcík (Johann Nepomuk Filcik) als Lehrer Frankls s. Květy 14 1847: 139; sehr skeptisch Rakonitzky 1850: 363; Unsere Tage: Blicke aus der Zeit in die Zeit 1861/62: 125; weiters zu Filcík (1785-1837) etwa Šmíd (1900) (Separatabdruck aus Beseda učitelská 32, 1899/1900).

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seine geliebte Großmutter väterlicherseits Marjem alias Marianne – zum Leser von Schillers Werken sowie „sentimentalen Klosterhistorien“, aber er abonnierte auch die in Prag herausgegebene Zeitschrift Hyllos (Rakonitzky 1850: 371; Hock 1910: 41f.).11 Er wusste jedoch auch über tschechische Bücher zu erzählen, die von einigen Leuten aus seiner Umgebung gelesen wurden. So erwähnt er z.B. einen gewissen Bakeš, „einen armen Mezulaner [Hersteller der lokalen Baumwollröcke, Wollweber] “ und Heiler, „der hatte einmal irgendwo den Sagen und Märchen liebenden tschechischen Historiker Wenzel Hajek gelesen und alles, was der erzählte, für heilige Wahrheit gehalten. [...] Wir glaubten all das wörtlich“ (Hock 1910: 26).12 Nicht zufällig zählte Frankl die historischen Sagen nach Hájeks Chronik neben den Anekdoten über Bakeš’s Heilen auf. Er tat es etwas nachsichtig und skeptisch, aber mit einer gewissen Sehnsucht nach der Kindheit. Die Grundlagen des Lateinischen – „nach langem Familienrathe“ wurde er von seinem Vater Leopold zum Studium bestimmt – erhielt er von dem Chraster Dechant Dvořák.13 Ab Herbst 1823 besuchte Frankl das Prag-Neustädter Piaristengymnasium. Die Prager Eindrücke „aus jener Zeit, die Liebe zu seinem Vaterlande und dessen Vergangenheit fanden später in manchem Gedichte seinem Ausdruck“ und waren für ihn wichtig. Unter seinen Lehrern sind Wolfgang Wessely, der spätere Oberrabbiner von Breslau, Zacharias Frankel und vor allem Guido Lang als derjenige, der „für die Schönheiten der klassischen Literatur zu erwecken verstand“, und als Beförderer der jungen deutschsprachigen Poeten, zu nennen (Rakonitzky 1850: 372).14 In seinen Gymnasialjahren kam Frankl also hauptsächlich mit deutscher Lyrik und Prosa in Kontakt und nicht – wie die häufig verbreitete Meinung in der tschechischen Literaturgeschichtsschreibung behauptete – mit jener in tschechischer Sprache. 11  Hyllos (im Verlag K. E. Rainold) und sein tschechischsprachiges Gegenstück Hyllos – Dobrozvěst und Hyllos erschienen in den Jahren 1819-21, für die spätere tschechische Variante wurde eine Auswahl von Artikeln aus dem deutschsprachigen Hyllos von Jan Hýbl übersetzt. Frankl abonnierte sicher die deutsche Version. 12 Hájeks Kronika česká… erschien 1541 und 1821-23 (deutsch 1596, 1697, 1718), und behandelt die Geschichte Böhmens vom Eintritt der Tschechen in Böhmen bis 1526. Einige von Frankl reproduzierte Sagen sind jedoch Echo der damals viel verbreiteteren Volksbuchlektüre, die in Böhmen in zwei Landesprachen zirkulierte. 13 Die Prager Schulepisode und alle Erwähnung seiner Schulprobleme fehlen in seinen posthum herausgegeben Erinnerungen, sie sind nur in der Biographie von Rakonitzky (1850: 369-376) enthalten. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die glühend patriotischen Passagen von Siegfried Kapper nachträglich ergänzt wurden. 14 Hier begeisterte Anmerkungen über den poetischen Wettbewerb am Gymnasium und über das Prager deutsches literarischen Leben, geprägt von K. E. Ebert.

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Die Belege für Frankls landespatriotische Gesinnung werden im folgenden Text mehrmals erwähnt und analysiert. Hier sei nur auf seine Familie verwiesen. Sein Bruder David Bernhard (08.05.1820 Chrást/Chrast – 20.11.1859 Prag) war Kaufmann in Prag. 1848 wurde er zum Vorstand der jüdischen Gemeinde, 1849 zum Stadtverordneten und 1850 schließlich zum Stadtrat gewählt. Trotz der Juni-Ereignisse 1848, als „eine wilde czechische Rotte [...] das Haus Bondis [...] zu demoliren suchte und fremdes Eigenthum zerstörte [...] und er verlor den größten Theil seines Vermögens“, „fühlte sich [David Bernhard Frankl] stets als von allen Bürgern Prags, welchem Glauben sie auch angehörten, gewählt“ (Frankl 1860: 18, 22).15 David Bernhard Frankl wurde auch Mitglied des Ausschusses für den Bau des Nationaltheaters in Prag (Lumír 2 1852: 309) und gründete die ‚David Bernhard Frankl’schen Bürgerstiftung‘ zur Unterstützung Prager jüdischer und christlicher Kinder sowie die Stiftung für zehn christliche Kinder aus seiner Geburtsstadt Chrást/Chrast und zehn jüdische Arme aus dem Dorf Zájezdec/Zajezdetz, die „betheilt werden sollen“. Außerdem bestimmte er auch eine Summe zur „augenblicklichen Vertheilung an Arme in Prag“ (Allgemeine Zeitung des Judenthums 33 25.11.1859: 740; Lumír 9 1859: 1148)16 Der zweite Bruder Wilhelm Frankl, einst Dramatiker, ab 1852 als Lederhändler in Wien und ab 1861 prominentes Gemeinderatsmitglied der Stadt Wien, veröffentlichte in der Vormärzzeit mehrere Artikel über die böhmische Musik und das böhmische Drama und verfasste auch einige Novellen. In beiden Texten trug er zur weiteren Idealisierung der böhmischen (tschechischen) musikalischen und Gesangkultur der Tschechen bei, sei es auf dem Lande (z.B. bei Handwerkern) und in der Kirche oder bei der Verteidigung „der poetischen Naturen der Böhmen“ zusammen mit dem Lob des tschechischen Dichters Jan Erazim Wocel (Frankl W., Allgemeine Wiener Musikzeitung 4 1844: 446f; ders., Oesterreichische Blätter für Literatur und Kunst 3 1846: 857f.)17 Der dritte Bruder Eduard/Edvard blieb in Chrást/Chrast und wurde Gemischt15 Über die signifikante Rolle der Wohltätigkeit des wohlhabenden Judentums bei dem Modernisierungsprozess und Assimilation s. Karady 1999: 134f. 16 In Zájezdec gibt es auf dem jüdischen Friedhof einen Gräberhein der Familie Frankl, die Empire-Synagoge aus 1845 wurde 1925 zerstört. S. Fidler 1992: 76. Die nächste Synagoge in der Frankls Kindheit war in Hroubovice/Raubowitz, sie existiert mit dem Nachbargebäude, der jüdischen Schule, ab 1979 nicht mehr. Zur Genealogie der Familie Frankl s. den Beitrag von Georg Gaugusch in diesem Band: 77-88. 17  Etwas übetrieben schreibt über Wilhelm Frankl als über den Propheten „tvůrce a velmistra naší hudby Bedřicha Smetany“ [des Schöpfers und Grossmeisters unserer Musik Bedřich Smetana] Hnilička, Národní politika 52 27.01.1934: 7. In der tschechischen Presse geriet er später jedoch wegen seiner Unparteilichkeit in der Frage über die Unterrichtssprache

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warenhändler; im Jahr 1848 war er eine Zeit lang Mitglied der Nationalen Garde, bis er „jako národně nespolehlivý“18 [als national unzuverlässig] entlassen wurde; in der Verfassungsära (nach 1861) wirkte er bis 1868 als Stadtrat. Seine erneute Wahl für die Deutsche Verfassungspartei 1867 wurde in dem jungtschechischen Presseorgan Národní listy mit antisemitischem Anwürfen kommentiert.19 Unter weiteren Verwandten mit böhmischen Wurzeln sei schließlich auch der Englischlehrer Karl/Karel E. Frankl erwähnt und seine Tochter, Frankls Nichte Wilhelmine Frankl Rank (Pseud. Wilhelm Frank, geb. 29.11.1852 Chrást/Chrast – 29.06.1936 Prien am Chiemsee) (Národní politika 46 08.05.1928: 5), die nach Deutschland übersiedelte und sich u.a. mit Übersetzungen aus dem Tschechischen beschäftigte.20 Sein Geburtsort Chrást/Chrast kommt mehrmals in seinem Schaffen als ein mit Emotionen beladenes Thema vor, wobei Frankl niemals die tschechische Präsenz in der Stadt verschweigt, aber sie auch nicht besonders hervorhebt. Im Album zum Besten der durch die Überschwemmungen im Frühjahre 1845 in Böhmen Verunglückten veröffentlichte er z.B. ein rührendes Gleichnis im Geiste der religiöser Toleranz über den aufklärerischen Bischof Johann Leopold von Hay, der nach dem Toleranzpatent den neu angemeldeten „Hussiten“ (recte evangelischen Christen) für ihre in der Rekatholisierungszeit vernich-

im Schulwesen in die Kritik: Národní listy 3 02.05.1863: 3. Zu Wilhelm Frankl s. Felder 1964: 149f. 18 S. Allgemeines Adress- und Handels- Handbuch der Hauptstadt Prag sammt Vorstädten verbunden mit einem vollständigen nach Strassen und Hausnummern verfassten Wohnungs-Anzeiger und des Grossgrund- und landtäflich eingetragenen Realitätenbesitzes des ganzen Landes auf Grund authentischer Quellen 1871: 26; Šmíd 1938: 6, erwähnt, dass die Partei um Eduard Frankl als „frankfurťácká“ [der Frankfurter Nationalversammlung gutgesinnt], wobei die Partei vom tschechischen Schmoeger als „vlastenecká“ [nationalgesinnt] bezeichnet wurde. 19 Es ging um die Partei „nenárodní a pokroku nemilovnou... vulgo říkejme ji židovskou“ [nicht national und Fortschritt nicht liebend vulgo sagen wir ihr jüdisch] (Národní listy 7 08.10.1867: 3). Weiters zur Kommunalpolitik in Chrást/Chrast, in der die Gruppe um Eduard Frankl gegen die tschechische Partei von Führer Karel Probus Schmoeger sogar Gerichtsverfahren führte, bis sie 1868 bei den Neuwahlen besiegt war: Šmíd 1938: 7-11. 20  Wilhelmine Frankl-Rank übersetzte zwei Bücher des tschechischen Neoromantiker Julius Zeyer, aber auch Novellen und Erzählungen von Jaromír John, Pavla Kytlicová oder Jan Neruda, die sie in der Prager Presse 1921 und 1922 veröffentlichte. Für biographische Angaben s. Heuer 1981: 99; Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert 2002: 357. S. die lobende Rezension von Čapek, Lidové noviny 29 06.10.1921: 7 oder von Pick, Prager Presse 14.03.1922: 4.

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tete Familienbibeln seine eigenen gab (Frankl 1845: 185).21 Viel Platz widmet Frankl in seinen Erinnerungen der Chraster Kulturgeschichte, aber auch die merkwürdigen „Gestalten“ seiner Jugend lässt er nicht außer Acht (Hock 1910: 3-28).22 Das Elternhaus porträtierte er in seiner Dichtung Chrast nach dem letzten Besuch dort (wohl auf der Rückkehr von der Weimarer Tagung der Schillerstiftung im Jahre 1891).23 Elegisch – in Parallele zum herbstlichen Wetter – schildert er seinen Spaziergang durch „meiner Heimat stille Stadt“; er sieht noch die Stelle, wo „der Spielplatz seiner Jugend“ war, sucht jedoch vergebens nach „den Spielgesellen, Czechenmädchen mit den hellen Augen, blondem Haargeflecht“ und in seinem Geburtshaus trifft er nur „fremde Menschen“. Die „Gestalten, längst vergessen“ starren ihn an, er antwortet in Todesahnung: „Bald bin ich in eurem Chor!“. Erst auf dem Friedhof ertönt das Lied: [...] der Mutter Stimme wieder 21  Später veröffentlicht auch in den Sonntagsblättern 6 01.08.1847: 373-377. Als Motto zur Erzählung dienen die vielsagenden tschechischen Verse von Siegfried Kapper, jedoch im (schlechten) Tschechischen abgedruckt (hier korrigiert): „Dětinství mého vzdálené ty časy / Vlast – láska – pověst – zpěv – o jemné hlasy“ [Meiner Kindheit ferne Zeiten / Heimat – Liebe – Sage – Gesang – o milde Stimmen]. Für die tschechische Übersetzung s. Poutník 2 1847: 203-205. Der Text wurde von Dr. Č. (Josef Rodomil Čejka, 1812 – 1862), Arzt, Kritiker und Übersetzer (u.a. W. Shakespeare), einer der Propagatoren der jüdischtschechischen Annäherung in den 40er Jahren, übersetzt. Als der Dichter und Pädagoge František Ladislav Čelakovský Anfang der 1850er Jahre beabsichtigte, den Artikel in das neu enstandene tschechischsprachige Gymnasiallesebuch zu übernehmen, schied der Minister Leo von Thun, das Lesestück beim Zensurverfahren aus. S. Bílý/Černý 1933: 75.   22  Die Passagen über Chrást/Chrast wurden in der Lokalpresse in tschechischer Übertragung veröffentlicht (s. Schmoeger, Český východ, Nr. 18-27 (1911). Über das jüdische Chrást/Chrast etwa Heisler 1934: 96f. In Frankls Nachlass (Wien, Wienbibliothek im Rathaus) findet man u.a. Chrást/Chrast – Diarium in der tschechischen Sprache (1830-1874, durchlaufend ergänzt), Brief von seinem Cousin Emanuel Schenda über den Podlažitzer Maler Antonín Machek (datiert 7/10/1846, Chrást/Chrast); weiters findet man hier einen Brief vom Bruder Eduard aus der Zeit der österreichisch-preußischem Krieg (datiert 27/6/1866, Chrást/ Chrast) und eine „Reliquie“: das tschechische Gedicht Řeč k jmeninám Jeho Biskupské Excellenci Karlovi z Hanlu, Kralohradeckemu biskupu, panu na Chrasti a.t.d. (Inzipit: Opět vzešlo slunce drahé…). 23  Nach Donath, Židovský kalendář 1935-1936: 77, errichtete Frankl in seiner Geburtstadt und in drei Nachbardörfern die Schulbibliotheken; Bücher schenkte er auch der Piaristenbibliothek in Litomyšl/Leitomischl. Zu seinem 70. Geburtstag wurde er vom Chraster Stadtamt zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. Nach Rakonitzky, „Ludwig August Frankl“: 425 war Frankl jedoch Ehrenbürger von Chrást/Chrast schon „seit Anfang des Jahres 1849 […] eine Auszeichnung, die um so mehr hervorgehoben zu werden verdient, als sie nicht nur den den Empfänger, sondern auch die freisinnigen Geber ehrt.“

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raunt mir in die Seele nieder. Wie durch welkes Laub der Wind Flüchte Dich zu meinem Herzen, Auszuweinen Deine Schmerzen, Bist Du müde? Armes Kind! (Frankl 1891: 4)

Das Muttermotiv wird mit Frankls Sehnsucht nach Heimat in Zusammenhang gebracht; hier am Ende seines Lebens um das Thema des irdischen Endes und der Rückkehr zu den Vorahnen erweitert. Noch eine Chraster Geschichte sei erwähnt, die jedoch eher zu der Wahrnehmung der böhmischen und Wiener Verhältnisse bei der tschecho-jüdischen Öffentlichkeit beiträgt. Zu Frankls 100. Geburtstag, im Wettbewerb zwischen dem deutschem Prag24 und Wien, veröffentlichte ein anonymer tschecho-jüdische Wiener Korrespondent unter dem Titel Vídeň – a Chrast [Wien und – Chrást/Chrast ] die Zuschrift des damaligen Chraster Bürgermeister, der den Söhnen des Dichters Frankl für das geschenkte Exemplar der gerade erschienenen Erinnerungen dankte. Er kontextualisierte dies mit dem Desinteresse des Wiener Magistrats für die von der Wiener Jüdischen Gemeinde veranstalteten Frankl-Feier, um nachzuweisen, Luegers Wien konnte freilich nicht anders sein berüchtigtes kulturelles Niveau dokumentieren als mit der unerhörten Gemütsrohheit, mit der es die Feier des verdienten Erweckers und Freiheitskämpfers ignoriert. [Luegerova Vídeň nemohla ovšem jinak dokumentovati svou pověstnou kulturní úroveň, než neslýchanou surovostí, ignorujíc oslavu zasloužilého buditele a bojovníka za svobodu.] (Rozvoj 1910: 4)

Das Böhmische/Tschechische in Frankls literarischem Schaffen Die böhmische Thematik, also die sich auf das Land Böhmen ohne Sprachenunterschied beziehende Thematik, im Unterschied zur tschechischen (d.h. mit ,ethnischen‘ Tschechen) zusammenhängende Problematik ist in Frankls gesamten Schaffen präsent. Dazu hat sein Aufenthalt in Litomyšl/ Leitomischl beigetragen: Besonders in den Erinnerungen berichtet Frankl über seine literarischen Erstlinge im Zusammenhang mit der schulischen Sozialisation am Leitomischler Gymnasium, obwohl er zuerst bedauerte, aus Prag 24 Der Zentralverein für jüdische Angelegenheiten feierte seinen 100. Geburtstag durch Lesen seiner lyrischen Werke vom „Mitglied der hiesigen Landesbühne“ Ouno, Bohemia 83 30.01.1910: 11.

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zurückzukehren in „d[ie] klein[e] Licealstadt“ (Rakonitzky 1850: 374).25 Neben der Lektüre der Naturlyrik von Friedrich Matthison, elegischer Dichtung von Ludwig Hölty und Ossians Gesängen in hexa­metri­scher Übersetzung von Michael Denis, weckte auch die Geschichte Böhmens von Franz Pubitschka26 großes Interesse bei Frankl. Dazu hat sicher nicht nur ihr „sagen- und legendenhafter“ (Hock 1910: 58). Inhalt beigetragen, sondern auch der Unterricht in der lateinischen und grie­chi­schen Sprache27 und in der Geschichte durch den gebürtigen Leitomischler Pater German (Josef) Präsident (1790-1865).28 Präsident, der ab 1812 am Gymnasium, zwei Jahre später auch an der Philosophischen Lehranstalt wirkte, gehörte zweifellos zu den namhaftesten Pädagogen dieser Einrichtungen. In seinen Vorträgen betonte er – wenn auch sehr kritisch gegen die Französische Revolution, den ‚Freiheitsschwindel‘ – die gesellschaftliche Rolle und Nützlichkeit des von aufklärerischen Grundsätzen gesteuerten Staates, wobei er Geschichte aus der universalistischen Position eines ‚toleranten Aufklärers‘ im Sinne von Karl Heinrich Ludwig Pölitz interpretierte. Geschichte betrachtete Präsident als praktische Philosophie, die an Beispielen gelehrt wird. Fanatismus und Gewalt lehnte er ab; der Mensch ist seines Erachtens zuallererst nach seinen moralischen Eigenschaften und Kenntnissen, erst dann nach seiner Religion, Sprache und Rasse zu beurteilen. Nach Präsidents Meinung sollen nämlich diese Vereine (Staaten) auf das Menschengeschlecht, und auf die Bildung und Veredlung desselben wohlthätig wirken, [wodurch] der Endzweck glücklicher als im Naturstande zu leben, vollkommen erreicht ward. (Skřivánek 2008: 78)

25  Bald nach dem Tode seines Vaters am 25.11.1825 setzte Frankl seine philosophischen Studien weiter fort, nach den damals gültigen Regeln wurde er Zögling des Leitomischler – und nicht Prager – Lyzeums. S. Rakonitzky 1850: 374. In den Erinnerungen spricht Frankl jedoch über den Leitomischler Aufenthalt etwas versöhnlicher. 26 Franz (Franciscus, František) Pubitschka (Pubička) (1722-1808), Jesuit und späterer Weltpriester, böhmischer Standeshistoriker, Autor der Chronologischen Geschichte Böhmens unter den Slaven (6 Teile in 10 Bänden, bis 1618 geführt; 1771-1808). An ihn knüpfte kritisch František (Franz) Palacký mit seiner Geschichte von Böhmen (1836-1867), bzw. Dějiny národu českého v Čechách a v Moravě (1848-1876) an. Zu Pubitschka s. Krofta 1943-45: 1-24; Zouhar (2014). 27  Präsident forderte die Studenten auf, lateinische Texte ins Tschechische zu übersetzen. 28 Sein Vater Jan soll Ende des 18. Jahrhunderts die tschechische Chronik von Litomyšl/ Leitomischl geschrieben haben. S. Růžička 1963: 76. Zu Präsident s. Růžička 1967: 39-50, neu und gründlich Skřivánek 2008: 78f. und zuletzt Skřivánek 2010: 210 f. Über Präsident äußerte sich Frankl mehrmals sehr herzlich in seinen Erinnerungen (Hock 1910: 68f.).

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Seine auch für Frankl einflussreichen kosmopolitischen Ideen sind in seiner Analyse des „wahren und unwahren Patriotismus“ in der Schrift Aufmunterung zum Patriotismus (Wien 1822) sichtbar: Der falsche oder Afterpatriot ist ein sehr gefährlicher Mensch in einem Staate. Er missbraucht den bedeutungsvollen Nahmen eines Patrioten nur zur Maske und zum Schilde, selbstsüchtige Pläne darunter zu verbergen, und desto sicherer auszufüllen und sucht unter dem täuschenden Scheine des Eifers für’s Allgemeine nur sein eigenes Interesse; oder er wirft sich auch in den tobenden Stürmen gefährlicher Volksbewegungen zum Sprecher oder zum Haupt einer Parthey auf, die die Rechte des Ganzen zu verfechten scheint – und dann wäre ein Patriot so viel ein Demagog, das heißt Volksführer, oder vielleicht Volksverführer. (Skřivánek 2008: 78)

Aus Frankls deutschsprachigem Schaffen (zumindest bis Anfang 1848 in Wien gedruckt) (Marinelli-König 2011: 129-187) ist evident, dass er sich mit verschiedenen bohemikalen Themen befasst hat. Mit einem Thema gehörte er jedoch zu den ersten Schriftstellern, der sich damit beschäftigte; die während des 19. Jahrhunderts immer präsentere Problematik Goethe‑in‑Böhmen behandelte Frankl in seinem Aufsatz „Graf Kaspar Sternberg und Goethe“,29 1862 veröffentlichte er „Schiller, Beethowen und Goethe in Karlsbad“. Die Gunst des berühmten Wissenschaftlers Kaspar Graf von Sternberg gewann Frankl mit seinem Huldigungsgedicht An die Naturforscher bei ihrer Versammlung in Prag im Jahre 1837. In diesem Opus verband er die Etymologie des Namens der böhmischen Landeshauptstadt Prag (tschechisch Praha, deutsch eigentlich Ort, wo sich eine ‚Schwelle‘ befindet) mit der damals prestigeträchtigen altgriechischen Kultur: Hier thaten auf sich Hallen ihr und Bogen Ihr erster Tempel ragte hier empor, Noch rauscht davon der Moldau stolze Welle, Wie Praga war des Lichtes gold’ne Schwelle. (…) Ein Habsburg hielt mit geistigen Genossen Der Weisheit Schatze hier in sich’rer Hut, Und wollt ihr in der Kunst Geschichte blättern, Es glänzet Rudolph draus mit gold’nen Lettern. Ein König wieder aus dem kräft’gen, alten, Umkränzten Stamm’ vereint den heut’gen Bund: Ein großes Fest der Wissenschaft zu halten, Die Priester nahen mit geweihtem Mund Wie wird es glänzend sich und hell entfalten,

29  S. die Schilderung seines Empfangs bei Graf von Sternberg, Zeitschrift für Kunst, Literatur und Mode, 17.01.1839: 57-60; evtl. auch Sternberg und Goethe, Sonntagsblätter 1 01.10.1842: 705-708.

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Wie wird es strahlend durch die Fernen kund! So seid gegrüßt und mög’ es Gott gefallen, Gegrüßt zum Heil! in diesen würd’gen Hallen. (Frankl 1840: 250)

Die Phantasie des jungen ‚Philosophen‘ weckten jedoch besonders die Lebensschicksale von starken und heroischen Persönlichkeiten (oft Frauen) aus der mittelalterlichen böhmischen Geschichte, die zwar oft mit Macht und Gewalt konfrontiert sind, aber ihren Hochmut und starken Willen – jedoch nicht immer ihre Tugend – bewahren. Dazu gehört etwa die Geschichte und das Ende von Johann Pancyr (Jan Pancíř), das Thema eines Lieblings von Kaiser Karl IV. (er hatte ihm in Pisa das Leben gerettet), der später zum Raubritter und quasi eine Robin-Hood-Figur wird. Karl ließ ihn jedoch „auf dem Schlosse Ziampach gefangen […] und auf einem Baume aufhängen; wobey [Karl] ihm aus Erbitterung den Strick selbst um den Hals warf, mit den Worten: der König theile nicht allezeit goldene Ketten aus“ (Pubitschka 1784: 463).30 Dieses Thema verarbeitete Frankl in seinem ersten gedruckten Werk in Form einer Ballade in Hexametern, formal inspiriert von Grillparzers Ahnfrau. Er überreichte es persönlich dem Historiker und Publizisten Josef von Hormayr in Wien für seine Zeitschrift Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Frankl 1828: 140-142).31 Auch die böhmische ‚Jeanne d’Arc‘ Agnes von Sezyma (Anežka Sezimová), Tochter des verstorbenen Prokops von Sezyma, die 1425 die Wälle im südböhmischen Kame­ni­ce­/­Kamenitz bei der Schlacht am Teich Kalich/Kelch mit „mehr als männlicher Tapferkeit“ (Pubitschka 1795: 191) gegen Maynhardt von Neuhaus verteidigte und von Prokop dem Großen freien Abzug erhielt, veranlasste Frankl zur Abfassung des Schauspiels Agnes

30  In der späteren Erzählung Jan Pancéř von Prokop Chocholoušek (Lumír 1851-52) verlor der Held die Züge des Raubritters und wurde Vorkämpfer für soziale Gerechtigkeir und Freiheitsverteidiger. Die Sage reproduzierte kürzlich Hulpach 2005: 26-29, weiters Panáček 2005: 14-16. Žampach/Sandbach liegt im Vorgebirge des Adlergebirges in Ostböhmen, unweit von Litomyšl/Leitomischl. 31  Über die Entstehungsgeschichte s. Hock 1910: 59, den Besuch bei Hormayr schildert Hock 95-99. Hormayr soll ihm dabei gesagt haben: „Studieren Sie fleißig Geschichte, studieren Sie überhaupt etwas, was Sie innerlich reicher macht. [...] Die Wissenschaft, vor allem Geschichte, ist die Armatur des Geistes.“ Eine ähnliche Idee, „wie der Held überall siegreich sei, wo er für seine Überzeugung, für die Freiheit des Volkes kämpfe, aber tragisch untergehe, wo Tyrannei seinen Arm leite“, wurde Haupthema seines epischen Gedichts Don Juan d’Austria: Heldenlied (1846). Das Gedicht beurteilte später streng als „dvojí rekord: nejnaivnější zpracování historického motivu a nejšpatnější hexametry nové německé literatury“ [doppelter Rekord: die naivste Bearbeitung eines historischen Motivs und die schlechtesten Hexameter der neuen deutsche Literatur ] s. Kraus 1936: 535.

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Sezyma. Historisches Schauspiel in vier Aufzügen.32 Mit diesem Drama ging er zum namhaften tschechischen Dramatiker und Dichter Václav Kliment Klicpera (1792-1859) nach Hradec Králové/Königgrätz. Über den Besuch erzählte Frankl folgendes: […] kaum hatte er [Klicpera] den Zweck meiner Wallfahrt vernommen, reichte er mir treuherzig die Hand, seine Züge wurden freundlich und die fast studentisch kollegiale Weise stach gar sehr ab gegen die meine Ehrenbietung fordernden geistlichen Professoren. Er lud mich sofort ein, sein Gast zu sein, Herberge bei ihm zu nehmen. Er sagte mir, daß er eben ein unabweisliches Geschäft und daher nicht Zeit habe, mein Drama zu lesen; doch möchte ich es, bis zu seiner Heimkehr, schon seiner Frau vordeklamiert haben. „Ich liebe sie und sie versteht Poesie.“ [...] Nach jedem Akte sprach sie ihre verständnisinnige Meinung in bescheidenster Weise aus und erzählte am Tisch dem heimgekehrten Gatten in klarer Form den Inhalt meines Schauspiels. „Sie können sich was darauf einbilden,“ sagte der Professor, „wenn die was lobt! Ich lese ihr alles vor, was ich schreibe, und folge pünktlich, wenn sie etwas tadelt. (Hock 1910: 63f.)

Frankl musste bei Tisch – es waren auch zwei tschechische Studenten33 dabei – einige seiner mitgebrachten Ballade und Romanzen vortragen. Dann „erbat sich [Klicpera] das Heft, um alle in Ruhe zu lesen.“ Am nächsten Tag stellte Klicpera bei der Verabschiedung die Frage nach Frankls Sprachenwahl in der Dichtung: Am folgenden Morgen begleitete mich der so treffliche Mann, dem ich manche Belehrung zu danken hatte, bis vor die Festungswerke hinaus, wo die Elbe sich mit dem Adlerflusse vereinigt. „Sehen Sie,“ sagte er, mir herzlich die Hand zum Abschied reichend, „so sollen die Deutschen und die Tschechen sich miteinander vereinigen. Die Dichter und die Histo-

32  Er versuchte auch vergebens die Tragödie im Theater an der Wien in Auftrag zu geben: Hock 1910: 86f. Das attraktive Thema der böhmischen Amazonin wurde mehrmals bearbeitet: das Gedicht Johann Schöns, „Agnes Sezyma und Prokop Holý“ erschien auch bei Hormayr 1823: 375-385. Die Sage bearbeitete später auch Malý 1840: 160-166. Die Übersetzung von Malýs Version wurde von einem Anonymus mit der Chiffre „ch“, in: Ost und West 5 1841: 2f. und 5f. veröffentlicht. Die Oper Agnes von Sezyma nach dem Libretto von F. A. Werner mit Musik vom Lemberger Musik- und Kompositionslehrer Stephan Wiethe wurde in Lemberg gespielt: Got 1997: 497. Got führt statt Werner irrtümlich L. Buonavoglia als Librettisten an. Franz Anton Werner, vielleicht ein Bekannter von Frankl, hat auch Klicperas Theaterstücke ins Deutsche frei übersetzt: Šormová/ Ludvová 2009: 85f. und 89. Für die Hilfe bei der Suche nach dem richtigen Autor des Theaterstückes danke ich herzlich Jitka Ludvová. 33  Möglicherweise war einer von ihnen der spätere Journalist, Dramatiker und Belletrist Joseef Kajetán Tyl (1808-1856), der zu dieser Zeit bei Klicpera wohnte.

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riker könnten das zu Wege bringen. Möchten Sie nicht meinem Beispiele folgen und neben dem Deutschen auch tschechisch schreiben? (Hock 1910: 64f.)34

Auf die Beantwortung der Frage kommt es Frankl in seinen Erinnerungen jedoch nicht an. Klicpera hatte er aber nicht vergessen; er schickte ihm seine Werke und bemühte sich, dessen Werk in Wien zu propagieren,35 wie aus weiterem ersichtlich wird, auch in seinen Sonntagsblättern. Als 16-jähriger schrieb Frankl auch das Trauerspiel in fünf Akten und vierfüßigen gereimten Trochäen mit dem Titel Die Brautnacht nach Müllners Drama Die Schuld36 mit einem freudschen Thema, nämlich der ahnungslosen Liebe eines Vaters zu seiner Tochter, „wie jene des Oedipus zu seiner Mutter“. Damit erregte Frankl auf ein Unwohl der Patres, worüber er – nicht ohne Stolz – in seinen Erinnerungen berichtet (Hock 1910: 55-58).37 Das Spiel wurde von der Theatergesellschaft von Johann Suvara im Saal des Gasthofes ‚Zur Hölle‘ mit großem Erfolg gespielt. Nur die Tatsache, dass das Stück von der Zensur am Chrudimer Kreisamt akzeptiert und sein geliebter Professor German Präsident als Frankls Befürworter bezeichnet wurde, ermöglichten die Aufführung. Auch der Märtyrertod von Wenzel dem Heiligen (in zwei Aufzügen), ein Schauspiel, formal inspiriert durch Grillparzers Ahnfrau, die ‚im katholischen Sinne‘ das Machtkomplott seines Bruders, des späteren Fürsten Boleslav und seiner heidnischen Mutter der Herzogin Drahomira thematisierte, hätte die ‚frommen Gesinnungen‘ der Professoren nach der Affäre mit der Aufführung seines Schauspiels Die Brautnacht versöhnen sollen. Zur 34 Im Weiteren erwähnt Frankl auch das tragische Schicksal von Klicperas Familie und das letzte Treffen mit ihm vor seinem Tod. Für Frankl stand das Gespräch auch in symbolischem Zusammenhang: die Elbe repräsentiert das deutsche, die Adler das tschechische Element. 35  Aus dem Brief von Ehefrau Anna Klitzpera Schwamberg (26.01.1833) geht hervor, dass Klicpera zwei Jahre davor dank Vermittlung einer Bekannten sein Zauberspiel Das Brünner Rad dem Hoftheater angeboten hatte, das Stück sollte bis auf weiteres angenommen werden, aber der Autor erhielt keine Verständigung. Anna Klicperová schlug eine kleine Korrektur im Drama vor. „Mein Mann weiß keine Sylbe davon [...]. Sie würden gewiß Ihr möglichstes thun, um hier zu helfen.“ Die Edition des ganzen Briefes s. Endlicher 1956: 86f. 36   Müllners seinerzeit sehr populäres Schicksaldrama in vier Akten Die Schuld (1816) wurde schon 1817 (1827 in Buchform veröffentlicht) von František Šír übersetzt, wegen der Zensur und den unbefriedigenden Umständen der tschechischsprachigen Bühne erst am 01.01.1833 im Prager Standestheater inszeniert; die Aufführung war nicht erfolgreich. T. H. [Josef Kajetán Tyl] 1833: 15f. 37 Über Frankls Aufführung s. Nejedlý 1907: 44-50, überarbeitet und unkritisch später als Nejedlý: 1950: 106 und 199f.

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‚Vorlesung‘ (aber nicht zur Aufführung) kam es angeblich im Znaimer Kapuzinerkloster, wo ein Verwandter „den barfüssigen, strickumgürteten Mönchen, zu ihrer großen Erbauung wiederholt“ das Drama vorgelesen haben soll (Pubitschka 1771: 189f; Hock 1910: 58f.).38 Frankl beschränkte sich keineswegs auf die böhmische Geschichte: er verfasste beispielsweise auch das Bruchstück eines einaktigen, „in gereimten vierfüssigen Trochäen“ (Hock 1910: 87) geschriebene Versdramas Rudolf von der Wart (Schauspiel in einem Aufzug, dat. 1827) über den gleichnamigen schwäbischen Adligen. Selbigem wurde empfohlen, sich der Verschwörung von Johannes Parricida gegen den grausamen Kaiser Albrecht I. im Jahre 1308 anzuschließen, was schließlich zur schrecklichen Strafe des Radebrechens führte, seine tapfere und opferwillige Frau Gertrude musste sein Leiden und seinen Tod mit ansehen.39 Seine historischen Schicksalspersönlichkeiten, der Zusammenstoß zwischen ihren persönlichen Leidenschaften und ihrer gesellschaftlichen Stellung und der sich daraus ergebende dramatische Konflikt, haben Frankl besonders interessiert. Aber auch die leichten, etwas burlesken Seiten seines Schaffens sollen hier erwähnt werden: In Form eines Bänkelliedes bearbeitete er die Sage über den späteren ‚Wohltäter‘ Laurenz Taulowetz (Vavřinec Toulovec). Einen feierlichen Charakter hatte die erste Buchveröffentlichung des „edlen Moldau­sohns“, mit der er sich von seinen Professoren und Mitschülern40 und 38 Der erste Aufzug des Schauspieles ist in seinem Nachlass erhalten. Für das Thema interessierte sich auch Franz Grillparzer, der Beethoven einen Operntext anbieten wollte. Das Bruchstück ist in seinem Nachlass erhalten. S. Pečman 1981: 106. 39  Als Grundlage dienten Frankl entweder das Schauspiel Gertrud von Wart oder Treue bis in den Tod von Joseph Conrad Appenzeller (1813), oder Heinrich Zschokke, Des Schweizerlands Geschichte für das Schweizervolk (1822: 44-46). Die Veröffentlichung dieser Komposition im Almanach Aurora wurde – laut Frankls Erinnerungen von der K. K. Obersten Polizei- und Zensurbehörde verboten, mit der Begründung „ein Fürst aus dem Hause Habsburg darf auf der Bühne oder in einem Gedichte nicht ermordet werden, wenn es auch beklagenswert genug ist, dass man es in einem Geschichtswerke erzählen muß.“ (Hock 1910: 87).  40   Seine Mitschüler erwähnt Frankl leider nicht, „nur von einem hörte ich, daß er sich als tschechischer Dichter hervorgetan haben soll.“ Es ist möglich, dass es sich um František Matouš Klácel (1808-1882), Absolvent der Leitomischler philosophischen Jahrgänge 182527, Dichter, Übersetzer, Philosoph und sozial-utopischer Denker handelt, der 1869 in die USA auswanderte. Er übersetzte auch Frankls Gedicht Die Universität: Klácel, Týdeník 1 23.03.1848: 94 f. Die Universität wurde auch von zwei Komponisten aus den böhmischen Ländern (František/Franz Škroup, Autor der Musik zur späteren tschechischen Hymne, und Pavel Křížkovský) vertont. Die Originalversion wurde auch in der Zeitschrift Moravia abgedruckt: Moravia 11 18.03.1848: 136. Zu Vertonungen von Frankls Gedichten s. den Beitrag von Stefan Schmidl in diesem Band: 183-194.

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in notweniger „fromme[r] Treue an den Fürstenthron“ verabschiedete, und Abschiedsworte beim Austritte aus der Philosophie zu Leitomischl im Jahre 1828 in achtzeiligen Stanzen, das der Verleger Jan Tureček druckte und in vielen Exemplaren verbreitet haben soll.41 Die böhmischen Themen bilden in Frankls Werk einen roten Faden, obwohl nach seiner Übersiedlung nach Wien Ende der 1820er Jahre sein Interesse vor allem anderen Themen und Motiven galt. In seiner Sammlung Das Habsburglied (1832) finden sich keine böhmischen Motive, nicht einmal das häufige behandelte Thema Přemysl Otokar II., was aber nicht verwundern soll: Das Gedicht Die Schlacht am Weißen Berge wurde zensiert (Donath 193536: 75).42 Die typische zeitgenössische Vormärzdichtung mit ihren Andeutungen der historischen Stoffe ist bei Frankl vertreten. Das Gedicht Böhmische Sage transformiert eine alte Sage zur Vorhersage einer mutigen, prophetischen Tat: In der Nacht wird ein Schwert in die Baugrundlagen der Brücke vom Bauherrn eingemauert, das wie einst den Weg durch den Stein durchhaut und als „Flammenfinger“ zeigt, „wo Heil dem Vaterlande glüht“ (Frankl 1845: 74f.). 43 Warum er die Sage über Fräulein Berka von Dub, die das tschechische Lied über ihre Einmauerung von einem Harfenisten in der Kindheit enthält, übersetzte, erklärte Frankl so: Wenn es schon als historisches Denkmal die gesamte Lesewelt, so interessirt es den Schreiber dieser Zeilen noch besonders durch den Umstand, daß er das Fräulein Berka von Dub in drei Romanzen in seinen eben erschienenen Gedichten (Leipzig, bei Brockhaus 1841, [sic!, Gedichte, 1840]) besungen hat, als eine Heldin, die vor so viel hundert Jahren in der Nähe seines eigenen Geburtsortes gelebt und gelitten hat. (Frankl 1841: 307)44

Die Aussage zeigt nicht nur seine lokal- bzw. landespatriotische Gesinnung, sondern auch seine Selbstrepräsentation als Vermittler kollektiver Identität. 41  Über sein Gedicht von Toulovec, das er „in richtigem Nibelungenmaß“ schrieb und „dem im Lokalpatriotismus schwärmenden, sonst nüchternen Mathematicus [Prof. Khom] widmete. Ich erhielt eine gute Note und denke noch heute an den trefflichen Mann“ (Hock 1910: 51f.) Zur etwas burlesken lokalen Sage, nach der der betrunkene Taulowec alte Weiber von einer Höhle herabrollen ließ: Jelínek 1839: 253 f. (allgemein über Taulowec 233255), neu bei Hulpach 2005: 26-29.  42  Über die weiteren mit der Sammlung zusammenhängenen Zensurmassnahmen (Gedicht über Josef II.) s. Hock 1910: 176. 43  Das Gedicht registriert Kraus 1902: 287. Die Sage in Prosa in etwas veränderten Fassung (das Schwert soll in die Richtung vom Berg Blaník zeigen, woher die erwachten Soldaten dem böhmischen Lande zu Hilfe kommen und ihre Feinde /in mehreren Varianten ausländische Deutsche/ erschlagen) erwähnt: Svátek 2005: 104. Frankl vermittelte der österreichischen Leserschaft auch das Sujet der bekannten Golem-Sage s. Frankl 1836: 368. 44  Über die Sage und ihre Bearbeitung s. Gerhard 1956: 159-176.

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Durch die eigene Selbstinszenierung drückt sie auch Suche nach Anerkennung aus. Der Diskurs wird dabei deutlich durch ästhetische Momente – durch das dichterische Einbildungsvermögen – geprägt (Giesen/Junge 1991: 279 und 289f.). Auch dem beliebten Thema deutschsprachiger Dichter aus Böhmen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – dem Hussitentum – widmete Frankl mehrere Gedichte: Unter dem Titel Magnificus rector veröffentlichte er zwei Gedichte (An der Moldau und Am Kostnitzer See) in der Zeitschrift Ost und West, mit der Anmerkung, er habe sie ursprünglich für das Jubiläumsalbum der Prager Universität bestimmt, die Zensur jedoch ihren Abdruck verhindert (Frankl, Ost und West 12 23.03.1848: 141).45 In dem zweiten Gedicht träumt Hieronymus, Jan Hus – der Christus ähnlich sieht – würde ihm seinen Verrat verzeihen; Hieronymus stirbt schließlich versöhnt auf dem Scheiterhaufen im Gebet.46 Auch eine weitere kontroverse Persönlichkeit der böhmischen Geschichte weckte seine Aufmerksamkeit: der Herzog Wallenstein. Im Leitomischler Waldsteiner Schloss hatte ein junger Erzieher des Grafen Georg Waldstein Frankl nicht nur die Bücher aus der dortigen Bibliothek (Hofmannswaldau und „literarisch etwas bedeutende Dichter“, auch Müllners Schuld) geliehen, sondern er ihm auch die Atmosphäre des Hauses vermittelt, besonders die vielen Darstellungen aus dem Leben Wallensteins, welche die Gänge und den Hof des Schlosses schmückten. Frankl schrieb mehrere Wallenstein-Balladen, von denen aber nur eine, die Ballade Des Friedländers Ende, zum Druck gelangte (Frankl 1831: 558).47 Seine späteren Dichtungen mit böhmischen Themen wurden von der literarischen Öffentlichkeit in Österreich positiv aufgenommen, im Gegensatz zu den Erstlingswerken, über die Frankl in seinen Erinnerungen aber sehr wohlwollend spricht. In der Gesamtrezension der Libussa-Almanache, herausgegeben von Paul Aloys Klar, wurde z.B. programmatisch geschrieben: Viele Deutsche von Geburt und Sprache sind, selbst ohne die böhmische Sprache zu kennen, achtbare Förderer und Unterstützer der böhmischen Sache [...], jüngere Talente haben sich 45 In den Erinnerungen spricht Frankl auch über den Versuch, ein Drama über Hus und Hieronymus zu schreiben: „auch der Märtyrtod des Johannes Huß beschäftigte mich in lebhafter Weise; doch gedieh nur eine Szene, in welcher der Magister mit seinem Freunde und späteren Schicksalgenossen Hieronymus von Prag in volltönenden Worten über die Geschichte der Welt sprach.“ (Hock 1910: 59). Zu seinen Werken mit der Hus Thematik sehr reserviert: Kraus 1924: 76-78. 46 Das Gedicht erschien auch in der Sammlung Ludwig August Frankl, Helden- und Liederbuch 1861: 149, in der Gruppe Glaubensstreiter, unter dem Titel Hieronymus in Kostnitz.  47 Weiters Jüdisches Athenäum: Gallerie berühmter Männer jüdischer Abstammung 1851: 42.

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die Sprache selbst angeeignet und stehen unter den rüstigen Kämpfern für die böhmische Literatur. Wir haben diese Worte vorangestellt, um einen Standpunkt zu der Besprechung des vorgenannten Buches zu erlangen. Es ist in diesem Buche, ohne Rücksicht auf sprachliche Verhältnisse, das Vaterland mit warmer Liebe aufgefaßt. Möge darum auch dem Unternehmen des Herausgebers des Jahrbuches von beiden Parteien eine, der Tendenz der Sache und dem Werthe des Gebotenen angemessene Anerkennung gezollt werden! [...] So ohne alle aufzählen zu wollen, nennen wir: Karl Egon Ebert, Wenzel Alois Swoboda, Ludwig A. Frankl, Karl Herlossohn [...].(Oesterreichische Blätter für Literatur und Kunst 1845: 388)48

Bisher war die Rede über Frankls großes Interesse für tschechische Volkslieder und ihre zeitweilige Verbreitung. Wie war jedoch seine Stellung zur neuen tschechischen Literatur? Bekannt ist eine relativ umfangreiche Vermittlung und Übersetzung tschechischer Literatur in den Sonntagsblättern, vor allem von seinem Prager Freund Siegfried Kapper (1821-1879). Kapper, der „den Dichtern seiner Heimat“ (Frankl und Karl Egon Ebert) die erste Gedichtsammlung Slavische Melodien (1844) widmete, war auch Autor von wichtigen Beiträgen über die tschechische Literatur und mehrerer Übersetzungen aus dem Tschechischen (u.a. des Gedichts Máj [Mai] von Karel Hynek Mácha).49 Frankl kann man eventuell für den Autor mehrerer unsignierter Beiträge halten, in denen er u.a. über die Gesamtübertragung von Karel Hynek Máchas Máj50 oder die Ankündigung der České listy [Böhmische Blätter] informierte. Demnach erregte ihr „poetischer Werth, wie [...] ihre Tendenz, Juden- und 48 S. auch die spätere Beurteilung seiner (meist unveröffentlichten) Erstlinge bei Joseph Christian Zedlitz: „es entstanden in kurzer Zeit nacheinander die Trauerspiele „Agnes von Sezima“, mit der er zu dem böhmischen Dramatiker Klicpera eine Fußwallsahrt nach Königgrätz unternahm „Rudolf von der Wart“, „Wenzel der Heilige“, Arbeiten, die der Dichter als Kuriosa und wunderliche Reliquien einer eben so sehr strebenden als irrenden Jugend unter sieben Riegeln verschlossen hält, und unter andern auch einige Gedichte [sic!] in cechischer Sprache.“ (Zedlitz 1850: 267). 49  Die gesamte Bibliographie der die böhmischen Länder betreffenden Beiträge in den Sonntagsblättern zu erfassen und zu analysieren, ermöglicht das erschienene Kompendium Gertraud Marinelli-König, Die böhmischen Länder in den Wiener Zeitschriften des Vormärz (bis jetzt erschienen: Teil 1, Wien 2011 und Teil 2, Wien 2013, Teil 3, Wien 2014, von fünf geplanten). Zu den Sonntagsblättern s. Dollar (1932); Leclerc 2011: 91f. Über Kapper als Übersetzer tschechischer Dichtung (K. H. Mácha, mährische Volkslieder) und Kritiker der tschechischen Dichtung in den Sonntagsblättern vor allem Donath 1909: 422-424 und Donath 1934: 335f., hier sind auch Briefe von Kapper an Frankl aus 1872 (413) und von Frankl an Kapper (424) veröffentlicht, die eine lebenslange Freundschaft bezeugen. Eine noch nicht edierte umfangreiche Kollektion der Briefe von Kapper befindet sich im Frankls Nachlass in der Wienbibliothek im Wiener Rathaus. 50  In einer Anmerkung zu Siegfried Kappers Artikel „Karel Hynek Mácha und die neuböhmische Literatur“ wurde vermerkt: „Aus begreiflichen Gründen erwähnt der Herr Verfasser seiner trefflichen Uebersetzung des „Mai“ ins Deutsche nicht; wir erlauben uns

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Slaventhum einander verwandter zu machen, allgemeines Aufsehen“ (Sonntagsblätter 09.03.1845: 229). An dieser Stelle sei noch einmal Václav Kliment Klicpera erwähnt. Noch vor der Veröffentlichung seines Artikels über Mezzofanti schrieb Frankl sehr anerkennend über zwei tschechische Bühnenautoren – den schon erwähnten Klicpera und Jan Nepomuk Štěpánek. Frankl informierte über das Schaffen von Štěpánek, erinnerte zugleich an Klicpera und fragte: „Kennen ihn unsere Theaterdirektoren? Und doch hat dieser Dichter, wonach die modernen deutschen mühsam ringen, den Grund zu einer slavischen Nazionalbühne gemauert“. In dem letzten, etwas poetisierenden Absatz mit dem Aufruf: „Kliczpera lebt!“ mahnt er indirekt die Öffentlichkeit, sich mehr mit Klicperas Werk zu befassen.51 Nach mehr als einem Jahr (29. September 1845) dankte Klicpera Frankl in einem persönlichen Brief für diesen Text. Für die Zwecke meiner Studie ist die Frage wichtig, wie Klicpera seine literarische ‚Zurücksetzung‘ interpretierte. Klicpera erklärte mit folgenden Worten, wie schicksalhaft die Sprachenwahl sein kann, die in die literarische Peripherie führt: „[Ich] schreibe czechisch, weil es Not thut, weil ich einigen Beruf dazu in mir fühle; schreibe aber auch deutsch, wenn es Stoff und Zeitbedürfniß erheischen.“ Schließlich korrigierte Klicpera auch seine frühere Empfehlung zum literarischen Sprachenwechsels, die er Frankl 1828 erteilt hatte, und schilderte dabei seine Vision des idealen, konfliktsfreien gesamtösterreichischen dynastischen Patriotismus: Bei uns bedauert man allgemein, daß Sie mit ihrem Genius, mit Ihrem Feuereifer für alles Schöne und Edle unserer Muttersprache – wie es lautet – untreu geworden sind. Ich für meinen Theil preise den Stern, der Ihnen dahin vorgeleuchtet, wo Sie dermalen sind. Sie bleiben Czeche, ob Sie an Ufern der Donau oder der Moldau wandeln, ein echter czechischer Nationalgeist athmet aus allen Ihren Schriften hervor welcher immer Sprache Sie sich […] bedienen mögen. […] Nicht als ob ich ein Otakarslied [sic!], eine Czechiade etc. in unserer Sprache von Ihnen nicht ungemein gerne lesen würde; aber Ihr Habsburglied, Ihre Colombiade etc. mußten deutsch geschrieben werden. Zu der wahren Liebe zum Vaterland, unserem angestammten Fürsten und allen schönen müssen wir uns begegnen, dann sind wir echte Patrioten, und unser Lied wird gehört und geehrt von der Drau bis zum Borne der Elbe, ja an den hohen Stufen des Thrones findet es Anklang und Beifall, in welcher Sprache wir immer innerhalb Oesterreichs Gränzen singen mögen. (Endlicher 1956: 90f./ Horyna 1982: 128)52

dieselbe als eine höchst gelungene hier zu nennen.“ (Kapper, Sonntagsblätter 1 01.05.1842: 314). S. Jähnichen 1967: 308 et passim. 51  Zu Wenzl Kliczpera und Johann Nepomuk Stiepanek s. Frankl, Sonntagsblätter 25.02.1844: 185-187. 52 Neu über die Rezeption von Klicpera im Wiener Theaterbetrieb und Übersetzungen seiner Werke, Šormová/Ludvová 2009: 81 und 84-89.

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Aus dem weiteren, mir zugänglichen Textmaterial von L. A. Frankl, ist mir kein weiteres so ausgeprägtes Engagement Frankls für einen tschechischen Literaten bekannt.53 Auch deshalb wurde Frankl bei seiner neuen Werkesausgabe des deutschböhmischen Dichters Josef Emanuel Hilscher schon am Anfang der Verfassungsära von tschechischer Seite mehrmals in der Presse angegriffen. Die Persönlichkeit Hilschers und sein Werk wurden nämlich in Litoměřice/Leitmeritz zur Zeit der sich zuspitzenden deutsch-tschechischen Beziehungen als „nationaler Besitzstand“ von den Deutschen instrumentalisiert (Frankl 1863).54 Weniger bekannt sind Frankls Übersetzungen aus dem Tschechischen, die seine Beziehung zur tschechischen Literatur gut veranschaulichen. Abgesehen von dem in den Erinnerungen erwähnten Einakter von Klicpera Der dreigehörnte Viergehörnte,55 das er eher aus Langweile, zusammen „mit einem Kapuziner“ auf einem Ausflug übersetzte, findet man nur ein paar Volkslieder (neben italienischen, serbischen und krainerischen): Treue, Scheiden, In den Tod in seiner späten Sammlung Episches und Lyrisches (Frankl 1890: 130-132). Die Kenntnis des Tschechischen war jedoch für ihn sicherlich hilfreich bei der Gusle‑Übersetzung, wo er auch seine Kenntnis der slavischen Mythologie (Erwähnung

53 Weiters pflegte Frankl jedoch Kontakte zu mehreren slawischen Künstlern. S. Frankl 1846: 103f. 54 Das Buch enthält auch einen Bericht des Comités für das Hilscher-Monument und das Verzeichnis der P. T. Subskribenten. Hier heißt es: „In der Zeit, als die Czechen mit fieberischem Hast ihre Genien zu verherrlichen suchten, wurde in Leitmeritz die Erinnerung an den eingebornen Dichter Josef Emanuel Hilscher und seinen düstern Lebensgang wachgerufen. [...] Im Oktober 1861 vereinigten sich mehrere Bürger der Stadt zu der bestimmten Tendenz, das Andenken desselben durch ein Denkmal zu ehren. Der bekannte Protest der Bürger von Leitmeritz gegen die Czechierung der Schule [...] war eben vorausgegangen und hatte eine entschiedenere Stimmung in Vielen erzeugt. In Folge dieser konnte man einen günstigen Einfluss auf den Fortgang des Unternehmens hoffen.“ Diese Aktivität verstanden die Tschechen als Angriff gegen das Andenken an K. H. Mácha, der in Leitmeritz starb (und bis 1938 dort begraben war). Wenn auch Frankl in der Einführung des Werkes vorsichtig schrieb („So mögen denn beide Denkmäler /Máchas und Hilschers/ fortan ragen und glänzen als edle Wahrzeichen der Stadt und zweien Dichtern zweier Stämme gewidmet friedlich in dem Weichbilde der einen Stadt neben einander stehen, mögen sie gleichzeitig ein Sinnbild des Friedens und der Eintracht der edlen Stämme sein, die das schöne gesang- und thatenreiche Land bewohnen“ Frankl 1863: XXXVII), reagierten beide Seiten überempfindlich und auch infolge dessen vertiefte sich die gemeinsame kulturelle und politische Entfremdung beider Nationen in Böhmen. S. Kraus 1936: 521-535, der behauptet, dass Frankl Mácha unterschätzte; deutlich ausgewogener Mikušek 1995: 229-239. 55 Es geht wohl um das falstaffische Schauspiel Rohovín čtverrohý (1826).

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des Vampir-Glaubens) zu zeigen wusste.56 Die Vorrede zu Gusle (1852) war für ihn auch Anlass, sein kulturpolitisches Credo zu präsentieren. Er brachte dort erneut seine Meinung über die Rolle der Dichtung zum Ausdruck. Frankl sah in ihr ein mögliches Versöhnungs- und Bindungsglied zwischen den sich immer mehr entfernenden Nationen, deren uneinheitliche politische Richtung schon die Revolution 1848 völlig entblößt hat: Die Lieder und das religiöse Element haben die Nationalität erhalten [...] Slavische Lieder, die der Czechen, klangen an meiner Wiege, und so die der stammverwandten Serben sind mir nicht fremd. Möge die innige Vereinigung, die zwischen Slaven und Deutschen durch Versündigung von hüben zu drüben nicht möglich scheint, wenigstens auf dem ideale Gebiethe der Dichtung sich verwirklichen! Wenn Böhmen mir durch Geburt zum Mutterlande geworden ist, so nenne ich doch durch die Bildung, die mir der tiefernste deutsche Geist gewährte, seine Heimat mein Vaterland. Lieder sind ein versöhnend schöner Farbenbogen, der als das alte Zeichen des Friedens und des Bundes zwischen den Slaven und Deutschen sich spannen mag! (Frankl 1852: XX und XXIV)57

Auch in seiner Korrespondenz findet man gemäßigte Äußerungen auch über die zeitgenössische tschechische Politik – wenigstens bis Anfang der 1870er Jahre –, wie es aus seinem Brief an Anastasius Grün aus der Zeit der sogenannten Fundamental-Artikel, des Versuchs eines österreichisch-tschechischen Ausgleichs, offensichtlich ist.58 56 Über Frankl als Übersetzer der serbischen Heldenlieder, seine Bekanntschaft mit Vuk Karadžić und dessen Tochter „Wilhelmine, der geistvollen Serbin“ s. Murko 1951: 902 f. Murko war auch mit Frankls Söhnen Lothar (1862-1914) und Bruno (1860-1943) befreundet. Die südslawischen Lieder mit ihm zugleich ins Deutsche übersetzten Anastasius Grün, Volkslieder aus Krain (1850), Siegfried Kapper, Lazar, der Serbencar (1851) und Gesänge der Serben (1853), Johann Nepomuk Vogel, Marko Kraljewitsch (1851). 57 Hierzu auch den Beitrag von Gertraud Marinelli-König in diesem Band: 207-220.. 58 „Der leider noch immer bettlägerige Fischhof, den Potocki, Beust, Czartoryski u.s.w. ab und zu besuchen, um ihn zu hören, sagte mir gestern, er habe Grund zu glauben, daß ein Ausgleich mit den Czechen zu Standen kommen werde. Er nannte mir auch zwei Herren, die den Dienst der Vermittlung thun.“ (Frankl-Hochwart B. 1897: 296) Grün erwiderte ihm aber entscheidend:„[…] glaube ich auch nicht an jenen Ausgleich mit den Czechen, welchen Fischhof – dem ich übrigens mit achtungsvollsten Sympathien zolle – in so nahe Aussicht stellt. Worauf die Czechen das Hauptgewicht legen, kann ihnen kein „österreichisches“ Ministerium zugestehen; nebensächliche Zugeständnisse wären aber eben so gut auf dem korrekten Wege erreichbar gewesen […] Könnten Dr. Fischhof und andere Ausgleichredliche die slavischen Kulturbestrebungen so in nächster Nähe sehen, wie es mir hierzulande gegönnt war und ist, ihre Anschauungen müßten bedeutende Modificationen erleiden. Nur wenn es in seinen Grundelementen deutsch bleibt, hat Oesterreich noch eine Zukunft, das ist meine Ueberzeugung. Freilich trägt dieses Deutschthum in seiner edelsten vollsten Bedeutung etwas, das man in gewissen Regionen instinktmäßig perhorrescirt, aber auch dies spricht zu seinen Gunsten.“ (Frankl-Hochwart B. 1897: 299)

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Frankl hatte jedoch ein verzerrtes Bild von der neuen tschechischen Literatur. Er beschränkte sie vorwiegend (aber nicht ganz) auf Volkslieder, die moderneren Entwicklungen verfolgte er kaum oder er marginalisierte sie. Die romantische Idee der Dichtkunst, begründet auf dem Kult der Volkspoesie, versperrte ihm zugleich mit seinen politischen Überzeugungen, die frei von jedem Nationalismus waren, aber klare kulturelle Überheblichkeit demonstrieren, den Weg zur Literatur, die von seinen tschechischen Zeitgenossen geschrieben wurde. Aus seinem späteren Gedicht An Karl Egon Ebert zum 80. Geburtstag spürt man nicht nur die Unterschätzung, sondern auch die Enttäuschung angesichts des neueren tschechischen Schaffens, wahrscheinlich veranlasst durch die angezweifelten und später als Fälschungen entlarvten Königinhofer und Grünberger Handschriften. Zugleich erwähnt Frankl elegisch und bitter auch die frühere landespatriotische Prägung der deutschsprachigen Dichtung in Böhmen: Wie liebten sie [deutsche Dichter] dies Böhmen Mit seinen Burgen, Strömen, Wein und Granatenglanz; Sie segneten und priesen Mit seinen Paradiesen Den Stolz des Heimatland’s. In deutschem Lied erhalten Sind Böhmens Kraftgestalten, Der Frauen holder Flor. Ist, ebenbürtig ihnen Klangschönen Laut’s erschienen Ein Czechendichter-Chor? Doch! Einer band in Eile An alte, rost’ge Pfeile Ein nachgeahmtes Lied. War das ein stolzes Erbe! Bis des Beweises herbe Kritik den Schalk verrieth. Das jetzt in Haß entfernte, Vom deutschen Geiste lernte, Dankt so das goldne Prag? Wie auch die Pulse zittern, Doch will nicht verbittern Mir Deinen Freundentag. Dich grüß’ ich, deutsche Eiche Im schönen Königreiche, Die weithin schattend grünt, Weit über Böhmens Grenzen, Das Du mit deutschen Kränzen

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Zu schmücken Dich erkühnt. (Frankl 1881: 26f.)59

Die weiteren archivalischen Funde können diese These jedoch abschwächen, wie es z.B. der Fund einer Visitenkarte Frankls mit der Widmung an den tschechischen Dichter der kosmopolitischen Schule Jaroslav Vrchlický (18531912)60 oder die Anmerkung von Moritz Schönbaum über den Brief von Frankl an seinen tschechischen Übersetzer des Gedichtes Primator beweisen (Schoenbaum, Rozvoj 11.02.1910: 3).61 59  Später abgedruckt auch in Frankl 1890: 206-208. Kurz davor wurden die beiden Handschriften von dem Wiener Universitätslehrer der tschechischen Sprache Alois Vojtěch Šembera abgelehnt. Ähnlich betrachtete die slowenische Literatur Frankls aus Krain gebürtigen Freund Anastasius Grün, der sich auch mit der Übersetzung der Volkslieder befasste. S. Scharmitzer 2010: 273-282. Durch die Aufnahme von Frankls Gedichten in die Antologie von Heinrich von Lobsdorf (Hg.), Lieder der Heimath. Blüthenlese aus dem deutschböhmischen Dichtergarten wurde sein Werk auch definitiv Teil des deutschböhmischen Dichterkanons: von Lobsdorf 1871: 90-98. 60  Literární archiv Památníku národního písemnictví Praha, fond Jaroslav Vrchlický, korespondence přijatá. Reproduziert im Anhang. Zu Vrchlickýs Treffen mit Frankl schrieb Kraus „[…] Za politických bojů let šedesátých a sedmdesátých se Frankl rázně postavil na cimbuří strany Čechům zavile nepřátelské […] Někdy v prvních letech devadesátých vypravoval mi Jaroslav Vrchlický, kterého profesor Albert byl uvedl do některých bohatých rodin vídeňských, o své návštěvě u Frankla, který za hovoru s ním trpce litoval, že Čechové si ho nevšímají. Teprve po letech mne napadlo, že Vrchlický s tím vypravováním spojoval úmysl; že se chtěl milému starému pánu zavděčit a naznačoval, že bych se mohl o takovou opožděnou oslavu jeho pokusit. Nebyl bych ovšem hnul prstem, ani kdybych ten úmysl byl uhodl anebo byl výslovně požádán o to. Wir dich ehren? Wofür?!“ [In den politischen Kämpfen der 60er und 70er Jahre stellte sich Frankl energisch an die Spitze der den Tschechen feindlichen Seite. […] Einmal in den frühren 90er Jahren erzählte mir Jaroslav Vrchlický, den Prof. Albert in einige reiche Wiener Familien eingeführt hatte, über seinen Besuch bei Frankl, der während des Gesprächs mit ihm bitter bedauerte, dass die Tschechen ihn nicht berücksichtigen. Erst nach Jahren fiel mir ein, dass Vrchlický mit dem Erzählen Absicht verband; dass er dem alten Herrn einen Gefallen tun wolle und schlug ihm vor, dass ich mich um eine solche verspätete Feier bemühen könnte. Ich hätte natürlich keinen Finger gerührt, auch nicht, wenn ich die Absicht erriet wäre oder ausdrücklich darum ersucht worden wäre. Wir dich ehren? Wofür?!] (Kraus 1936: 534) 61  In Frankls Nachlass (Wienbibliothek im Rathaus) befindet sich auch die deutsche Übersetzung (mit Anmerkung „Übersetzung aus Rozvoj, No. 5. u. 6., 1910“). Es geht um das Buch Ludvík August Frankl, Primátor: povídka veršem v sedmi zpěvích, přeložil Josef Žalud, Praha 1893 (auch in Kalendář česko-židovský 1893-94: 55-90). Das Buch ist die einzige Buchübersetzung Frankls ins Tschechische. Der Übersetzer JUDr. Josef Žalud (12.03.1850 Stádlec u Tábora/Stalletz b. Tabor – 12.03.1923 Prag), Abgeordneter des böhmischen Landtags, Prager Gemeindeältester, publizierte juristische Schriften, übersetzte aus dem Deutschen und Magyarischen und ist auch Autor eines Lehrbuchs der jüdischen Religion. Die Übersetzung mit den Anmerkungen und kurzer Biographie von Frankl gab er im Selbstverlag

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Frankl – ein tschechischer Dichter?62 Zuletzt soll versucht werden, die etwas provokante Frage nach Frankls tschechischem Schaffen in breiterem Kontext zu beantworten. Das Tschechische hat in seinem Schaffen eine sehr marginale Rolle gespielt. Es ist aber auf jeden Fall interessant, dass sein einziges tschechisches Gedicht sehr bald nach der Publikation des Artikels über Mezzofanti erschien. Der tschechische Dichter, Philologe und Publizist Václav Bolemír Nebeský,63 ein Bekannter von Frankl, der damals in Wien als Erzieher in einigen adeligen Familien wirkte, hat nicht nur Frankls Artikel über das Treffen mit Mezzofanti ins Tschechische übersetzt und kommentiert, sondern kurz darauf auch das erwähnte Gedicht veröffentlicht: Das Lied (Píseň) Du sagst, daß meine Augen Verliebt sind Ich nehme meinen Spiegel zur Hand Um deine Behauptung nachzuprüfen. heraus. Ein Brief von Žalud an Frankl wurde auch im Nachlass von Frankl aufgefunden. Die weiteren Übertragungen von Frankls Gedichten befinden sich in seinem Nachlass in der Wienbibliothek im Rathaus (Liebeslied Marné ptání (Aj hory hory ještě vy stojíte…; mit Zensurimprimatur, Wien, 17.11.1843) und die elegische Komposition Polská kněžna (dle L. A. Frankla; V lesním zámku, jejžto vítá…), und Tři básně dle L. A. Frankla: Reflexives Gedicht Hořící svíce (Světlá duše prostranství tmavého…), mythologisches Gedicht Danae (Leží a dřímá přerozkošná zem..), Paralelismen zwischen Natur und Menschenswelten Vlnin klam (Tam vlna teče v rychlém pospíchání…). Alle drei Gedichte sind mit „V. F.“ unterzeichnet. Veröffentlicht wurde jedoch nur eine Übersetzung. Vincentius Furch, „Dej pozor, nechceš slyšet, děvo milá“, in: Básně 1 (1843): 40. Zum Autor der Übersetzungen Vincenc Furch (8.08.1817 Krasonice u Telče/Krasonitz bei Telsch – 05.01.1864 Wien), der Frankl in Wien persönlich kennenlernte: vor allem Svoboda 1917: 271 über seine Übersetzungen der Gedichte von Frankl. Außerdem ist hier auch das Gedicht „Básníkova píseň přípitná“ (podle L. A. Frankla; Inzipit Já nechci pít!) vorhanden. Bei letzteren Übersetzungen kommt als möglicher Autor auch Václav Hanka (1791-1861) in Frage. S. Rakonitzky 1850: 425. Für eine weitere Übersetzung von Frankl ins Tschechische s. M. L. (Max Lederer?), Moderní legenda. Českožidovské listy 12, 1906, Beil. Nr. 1, S. II-III. 62  Zum Thema im breiteren Kontext s. Riff 1983: 68 (über Frankl jedoch leider sehr knapp und etwas schematisch über die Rezeption der Assimilationsdebatte im tschechischen Milieu), weiters immer noch erwähnenswert Donath, Věstník židovské obce náboženské 13.03.1934: 9. 63  Zu Nebeský (1812-1882) s. immer noch die umfassende Monographie von Hanuš 1896: 20, 22, 71. Nebeský wird auch mehrmals lobend in den Sonntagsblättern als „einer unter den schönsten Hoffnungen der neuczechischen Poesie“ erwähnt: Sonntagsblätter 3 26.05.1844: 500; zuletzt über die Wiener Voraussetzungen seiner Gedankenwelt Petrbok 2012: 123‑131.

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Ich konnte jedoch das Feuer der Liebe in ihnen nicht entdecken. Desto heftiger fühlte ich es, im Herzen entbrennen. Dort kommt es unaufhörlich Und wenn auch ein einziges Traum Meine Augen schließt, fühle ich In ihm diese Flammen hadern. Nur du hast entbrannt Mein unschuldig Herz, Jetzt komme liebstes Mädel und verlösche mein Trübsal! [Píseň//Ty pravíš, že mé oči/Zamilované jsou -/Vzal zrcadlo jsem k ruce -/Chtě zkoumati řeč tvou./Já však jsem oheň lásky/V nich nemoh’ naleznout;/Tím prudčeji jsem cítil/Jej v  srdci zaplanout.//Tam hoří neustále,/A když i luzný sen/Mé oči zavie, cítím/V  něm hárat plápol ten.//Jen ty jsi zapálila/Mé srdce nevinné;/Teď pojď, rozmilé děvče/A zhasni strasti mé./] (Frankl 1845: 229; cit. Donath 1934)64

Frankls einziges erhaltenes tschechisches Gedicht Píseň, das er in der Gymnasialzeit (um 1828) geschrieben hatte, gab Nebeský im Zusammenhang mit der Beschreibung des Besuchs bei Mezzofanti als Beweis heraus, dass Frankl durchaus in der tschechischen Sprache zu dichten fähig sei. Der Abdruck war auch eine Bestätigung, dass Nebeský das Gedicht von Frankl persönlich erhalten hatte: „probíraje se ve svých papírech naleznuv tento český pokus z mladistvého věku“ [seine Papiere durchsuchend, fand er diesen tschechischen Versuch aus seinem Jugendalter]. Die tschechische Mission übte Nebeský etwas später auch an Friedrich/Bedřich Bach und Franz Zwierzina von Ruhwald/František Zvěřina z Ruhevaldu aus.65 Nebeskýs Strategie, Frankl der 64  Hier befindet sich auch ein Brief von Donath an Bruno Frankl-Hochwart vom 27.03.1934, wo es hieß: „Zwei kleine Aufsätze über Ihren Vater L. A. Frankl dürften Sie umso mehr interessieren als die Wiener Presse, soweit ich mich überzeugte, den 40. Todestag Ihres Vaters sang- und klanglos vorübergehen liess. […] Da ich mich mit dem Vormärz viel beschäftigte, widmete ich auch der erhabenen und vornehmen Gestalt Ihres Vaters gerne meine Aufmerksamkeit. Der „Primator“ […] machte auf mich einen tiefen Eindruck.“ Das Gedicht erschien auch in zeitgenössischer Übersetzung „frei nach dem Böhmischen“ von Johann Karl Rippar/Jan Karel Rypár Hranický s. Der Sammler: Ein Unterhaltungsblatt 37 29.05.1845: 338. 65  S. Nebeský, Květy 10 29.01.1843, mit folgender Anmerkung zur der Veröffentlichung ihrer tschechischen Gedichte und Beurteilung ihrer bisherigen deutschsprachigen Dichtung: „Zde vystupují poprvé s českým pokusem dva dosud němečtí básníkové [...] Oba tito spřátelení básníkové, rodilí Čechové, pobloudivše nějaký čas v cizině, poznali, že u nás, národu mladistvého, rostoucího, u národu pěkné budoucnosti, jest pravé pole pro mladé a

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tschechischen Literatur einzuverleiben, wird zusätzlich durch den Abdruck eines Liebesgedichts von Siegfried Kapper [mit dem Inzipit Uplyne čas – nedlouho – slast a hoře / Die Zeit vergeht – nicht lange – Wonne und Gram] in derselben Nummer von Květy bestätigt (Nebeský, Květy 12 15.05.1845: 229). Später kommentierte Nebeský dies folgendermaßen: Das tschechische Gedicht von L. A. Frankl […] brachte vielleicht manchen auf den Gedanken, wie viele schöne Kräfte uns bei den günstigeren Umständen hätten bewahrt werden können. Wir bemerken nur, dass sogar der gebürtige Tscheche durch seine umgekehrte Bildung mit seiner Sprache umzugehen nicht im Stande ist, außer wenn er sich in mehrjährigem privaten Fleiß ihre Kenntnis aneignen würde. So eine Misere herrscht bei uns. – Sind Friedrich Bach und Franz Zwierzina von Ruhwald gänzlich verstummt? [Česká básnička L. A. Frankla […] přivedla snad mnohému na mysl, jak mnoho krásných sil při okolnostech příznivějších by se nám bylo zachovalo. Podotkněme jen to, že i rozený Čech převráceným svým vychováním není v stavu jazykem svým vládnouti, leda by si byl mnoholetou soukromní pilností známost jeho přiosobil. Tyto potíže již mnohého odstrašily. Taková bída u nás panuje. – Což Bedřich Bach a František Zvěřina z Ruhwaldu docela umlkli?] (Nebeský 1845: 239)66

Die Veröffentlichung seines Liebesgedichts Píseň zusammen mit den sonst deutschsprachigen Dichtern Bach und Zwierzina soll deshalb im breiteren Kontext auch als Überzeugungsmittel für weitere Autoren verstanden wernadějné síly. Pro nás ale jest to znamenitý úkaz pochodem času vzmáhající se národnosti.“ [Hier treten zwei bisher deutsche Dichter erstmals mit einem Versuch auf Tschechisch auf den Plan. […] Diese beiden befreundeten Dichter, gebürtige Böhmen, erkannten, nachdem sie eine Zeitlang im Ausland umhergeirrt waren, dass bei uns, einer jugendlichen und wachsenden Nation, einem Volk mit schöner Zukunft, das richtige Betätigungsfeld für junge und hoffnungsvolle Kräfte läge. Für uns ist dies aber ein ausgezeichnetes Zeichen einer im Lauf der Zeit heranwachsenden Nationalität.] – Zum weiteren Kontext der tschechischsprachigen Episode im Werk von Bach (1817-1865) s. Reinwarth 1900: XXVIf.; zu Franz Zwierzina (1819-1845) siehe Stichwort von Färber/ Petrbok 2008: 1794. 66  Auf derselben Seite von Květy informiert Nebeský u.a. auch über den Druck eines jüdischen Gebetbuches in Wien bei Franz E. Schmid und J. J. Busch in tschechischer Übersetzung und auch die Vorbereitung der tschechischen Übersetzung der Bibel für jüdischen Gebrauch mit Kommentar. Bei dieser Gelegenheit betonte er den Vorrang des Tschechischen und schätzte ihn als Kulturleistung sehr hoch: „velmi důležitý krok jest to zajisté“ [es ist gewiss ein sehr wichtiger Schritt]. Das Gebetbuch Tefilot Jisrael aneb Modlitby Israelitů wurde von einem Anonymus (-p.) in Květy 14 1847: 111 lobend rezensiert. Näheres über seine Entstehungsgeschichte, an der auf Veranlassung durch Siegfried Kapper Josef Jaroslav Kalina und Ignaz Schulhoff (nicht aber Ludwig August Frankl) teilnahmen, bei Salač 19251926: 160-162 (mit Abdruck der Vorrede). Frankl veröffentlichte in den Sonntagsblättern die Ankündigung des Gebetbuches und später widmete er Kalina auch einen Nekrolog in den Sonntagsblättern. S. Sonntagsblätter 6, Beilage Wiener Bote 04.07.1847: 226 und 18.07.1847: 250.

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den, tschechisch zu dichten. Sie sollte ‚Überläufer‘ für die tschechische Sache gewinnen und zugleich die Kritik des damaligen Schulsystems zum Ausdruck bringen. Ganz im Sinne von Nebeskýs Bemühungen um die Akkulturation und Assimilierung der böhmischen Juden in die tschechische Gesellschaft, auf die ihn um 1843 der Dichter, Prosa-Autor und später von den Tschechen gehasste Publizist David Kuh aufmerksam machte, ist auch der Appell seines Freundes Kapper zu erwähnen. Kapper veröffentlichte nämlich in seiner Sammlung České Listy (Böhmische Blätter) drei Gedichte Václavu Bolemíru Nebeskému (An Václav Bolemír Nebeský), wo er die Diskussionen mit Nebeský über seine Sympathie zu Palästina mit seiner Liebe zu „vlast Vltavská“ (Heimat an der Moldau) folgendermaßen verglich: „O Václave, ty neznáš boly rmutné: / Milovat vlast, a být v ní cizincem [O Václav, Du kennst nicht den herben Schmerz, / die Heimat zu lieben und in ihr ein Fremder zu sein] (Kapper 1846: 42). Die Komposition „Naftalimu S…owi“ (An Naftali S…) widmete er einem skeptischen (ehemaligen) Freund, der „zahlouben v rumy bytnosti zatmělé / S očí si ztratil ku blaženství cestu“ [versunken in die Untiefen der verdüsternden Existenz / Aus den Augen verlorst du den Weg zur Seligkeit]. In dem dritten Gedicht „Přivítání (D. K…owi)“ (Begrüßung. An D. K…) dankt Kapper Kuh für seine publizistischen Bestrebungen für die jüdisch‑tschechische Annäherung. Schließlich veröffentlichte er auch eine umfangreiche Komposition mit dem Titel Ludvíku Franklovi (An Ludwig Frankl), wo er Frankl anspricht: Warum verirrst Du Dich mit der Leier zu den Hercules’- Säulen? Wohin fährst du mit dem Schiff des Seglers aus Genua? Und das mächtige Meer durch weite Ebene warum führt es Dich zu fremden Ufern des Geistes der Jahre? […] Als ob Deine Heimat eine arme Wüste wäre, nichts großes in ihr nicht passiert wäre Und als ob die böhmische Scholle das Blut der Helden nicht kennte, die ihre Stirn schon für ihre Glaube erhoben […] Kehre zur Heimat zurück, befreit von den schweren Sünden! Sieh die rühmlichen Chore aus den uralten Zeiten, blasse Schatten der Männer und der Frauen in Rüstung, die zu Mitternacht auf dem Berggipfel wandern […] Wohl dem Lied, das die Heimat feiert! Es ist auch der Tat, und es stirbt nicht. Möge die Verhüllung des Zeitalters das andere verdecken Es fließt immer lebendiger aus dem Mund der Nation! [Nač bloudíš k Herkulovým sloupům s lyrou?/Kam pluješ s Janovského plavce lodí?/A moře nesmírného plání širou/Proč k cizím břehům ducha let tě vodí?//[…]//Jakoby vlast tvá byla pouště chudá,/Nic velkého se v ní nebylo dělo./A reků krev neznala česká hru-

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da,/Již za víru povzneslo svoje čelo//[…]//Ku vlasti vrať se zbaven těžké viny!/Viz tam pradávných časů slavné sbory,/Mužů i panen bledé stíny/An kráčej´ v půlnoc na temenu hory!//[…]//Blaho té písni, která Vlast svou slaví!/I ona činem jest, a nezahyne./Ať jinou kryje věku příkrov tmavý,/Ona vždy živěj z úst národu plyne.] (Kapper 1846: 66-70)67

Was hat jedoch ihr Autor zu ihrer Entstehungsgeschichte gesagt? Etwas marginal schrieb Frankl später: Dagegen wendete mir das ewig Weibliche, dem ich schon als Gymnasiast in Prag zu huldigen anfing, eine erhöhte Aufmerksamkeit zu. Besonders war es ein Edelfräulein, der ich in freundlicher Zuneigung ein böhmisches Gedicht, das einzige, das ich je in dieser Sprache geschrieben habe, widmete. (Hock 1910: 58)

Kurz danach erwähnte er jedoch in sehr poetischer und sentimentaler Weise auch sein letztes Treffen mit seiner tschechischen Freundin, die ihm eine vom Herbst rot gefärbte Aster reichte. „So blutrot ist mein Schmerz,“ sagte das tschechische Edelfräulein in ihrer Muttersprache und übergab mir noch ein von ihr für mich gesticktes Tuch, das sie am Halse trug. „Trockne damit deine Tränen!“ Wir umarmten uns weinend noch einmal und mich losreißend trat ich die Fußwanderung in meine Geburtsstadt an.“ (Hock 1910: 67)

Schlussfolgerungen Aus der vorangegangenen Analyse wird deutlich, dass Ludwig August Frankl zu jenen Personen gehörte, die man am ehesten „Österreicher böhmischer Herkunft, akkulturiert in der deutschen Kulturnation“ nennen mag; nämlich diejenigen Persönlichkeiten, die neben den Deutschböhmen und Tschechen aus dem jüdisch-deutschsprachigen kulturellen Kontext stammten (Csáky 2011: VIIf.).68 Die Herausbildung der vielfachen Identitätskonstruktionen im 19. Jahrhundert – religiösen, kulturellen und politischen Loyalitäten folgend 67  Auf S. 120 erwähnt Kapper „známo jest, že Frankl, když z mládí v Litomyšli studoval, české básně psal. V této jemu připsané básni dotýkám se spisů jeho: „Kolumbus“, „Orientálské pověsti“ a „Don Juan de Austria“ [es ist bekannt, dass Frankl, als er als jung in Litomyšl/Leitomischl studierte, tschechische Gedichte schrieb. In diesem ihm gewidmeten Gedicht spiele ich auf seine Schriften „Cristoforo Colombo“, „Orientalische Sagen“ [gemeint ist etwa Rachel] und „Don Juan d´Austria“. Weiters s. Donath 1911: 566f. 68  Zu diesem Thema s. Beller 1996: 215-238; für Böhmen und Prag s. Herzog 2001: 141-160.

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– lässt sich plastisch am Beispiel von Frankls Leben und Wirken beobachten. Dabei setzte die sprachlich-kulturelle Heterogenität immer mehr auf Differenzen; dabei wird der Anspruch auf sprachlich-kulturelle und auch später auf politische Hegemonie der beiden Nationen in den böhmischen Ländern artikuliert. Frankl bewegte sich jedoch immer noch in der Gedankenwelt des gesamtösterreichischen (kritisch) dynastischen Patriotismus mit deutlichen Zügen von böhmischem Landespatriotismus deutschkultureller Prägung. Auch seine räumliche Entfernung vom böhmischen kulturellen Milieu änderte an seiner Einstellung zu Böhmen und seinen Einwohnern beider Sprachen kaum etwas, ja es scheint, dass seine (geographische) Distanz zu Böhmen der Grund für seine unveränderte Einstellung in diesen Nationalitätenfragen war.69 Die tschechische kulturelle Elite verhielt sich zu ihm ambivalent – im Prozess der Herausbildung der tschechischen Nationalsprache wurde die sprachliche Praxis einzelner Akteure des literarischen Lebens einer genauen Kontrolle unterzogen.70 Die Sprache wurde zum Instrument für die Konstituierung einer 69  Für diese treffliche Anmerkung bin ich Louise Hecht dankbar. In der Nachricht „Ludwig August Frankl“ heißt es, „dreizehn Jahre lang hatte der Sänger den Boden der engeren Heimat, den er durch manche schöne Dichtung verherrlicht hat, nicht betreten“. Während seines Besuchs hat Frankl im Spiegelsaale des Deutschen Hauses „auf Einladung des Schriftsteller- und Künstlervereins Concordia“ einen Vortrag über Nikolaus Lenau gehalten. (Bohemia 55, 03.12.1882: 1) 70  Es gelang mir bis jetzt nur einen Nekrolog in der tschechischen Presse zu finden, und zwar im Amtsblatt Pražský denník 29 14.03.1894: 3. Einer der führenden tschechischen Journalisten, Jan Neruda, schrieb in seinem Nekrolog für seinen Freund Siegfried Kapper jedoch folgendes: „Náš velký Kollár, […] náš Čelakovský, […] náš Mácha, […] s nimi celý houf zdatných mužů kypřili půdu českou. Rovněž živo jako mezi Čechy a Maďary bylo i mezi rakouskými Němci. Kdežto ve Vídni pěl Grün, v Pešti Beck, jmenovala se u nás jmena Bach, Hartmann, Frankl, Meissner. A byly to vesměs krásné, velké talenty. […] Veliká minulost česká rozechvívala jich mladou mysl. Ludvík Frankl psal české verše. […] Neobstáli v pozdějších zkouškách. Když nadešel den různění a muž po muži volal: „Já Němec!“ – „Já Čech!“ neozval se více v žádném Němci – „člověk“ [Unser großer Kollár, […] unser Čelakovský, […] unser Mácha, […] und mit ihnen eine ganze Schar tüchtiger Männer lockerten den tschechischen Boden. Ebenso lebendig wie bei den Tschechen und Magyaren war es auch bei den österreichischen Deutschen. Während in Wien Grün, in Pest Beck sangen, wurden bei uns die Namen Bach, Hartmann, Frankl, Meissner genannt. Und es waren durchwegs schöne, große Talente. […] Die große tschechische Vergangenheit erschütterte ihr junges Gemüt. Ludvík Frankl schrieb tschechische Verse […] Sie bestanden spätere Prüfungen nicht. Als der Tag der Ausdifferenzierung kam und ein Mann dem anderen zurief: „Ich bin ein Deutscher!“ – „Ich ein Tscheche!“, ließ sich in keinem Deutschen mehr vernehmen – „ein Mensch“.] S. ähnlich auch Josef Václav Frič (nach Cvejn 1957: 332), der dabei den deutschen Schuldzuweisungen u.a. gegen den tschechischen Antisemitismus in den 1840er Jahren und besonders in der Revolution ablehnt. Das

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kulturellen (und später auch politischen) Differenz. In den Debatten über die ‚Zugehörigkeit‘ Frankls zu der deutschsprachigen bzw. tschechischen Literatur (Kultur) wird deutlich, wie die sprachlichen Loyalitäten besonders in den Diskursen über die politische und kulturelle Zugehörigkeit des böhmischen Judentums ein brisantes Thema darstellten, und zwar bereits seit den 1840er Jahren.

Problem ist jedoch komplexer zu analysieren, an dieser Stelle sei nur angegeben: die vermeintliche Selbstverständlichkeit der tschechischen nationalen Forderungen ermöglichte es ihren zahlreichen Verfechtern auch nach Jahren nicht, die Ereignisse des revolutionären Geschehens kritischer zu betrachten. Aber auch auf der deutschen Seite beobachtet man Zögern die tschechische Elite – ebenso wie die tschechische Gesellschaft – als Vertreter eines politisch eigenständigen und autarken Volkes wahrzunehmen. S. dazu zuletzt Petrbok (2014b).

Jörg Krappmann

Der ‚Mitgenannte‘. Ludwig August Frankl und die Literaturgeschichte Den Überlegungen zur literaturhistorischen Einordnung Ludwig August Frankls sei ein Zitat vorangestellt, das sich den unbegrenzten Möglichkeiten der Volltextsuche des World Wide Web verdankt. In der kurzen Erzählung Das Schwert, eine Reminiszenz an die akademische Legion, legt Hans Martinek dem Protagonisten folgende Bewertung in den Mund: Ludwig August Frankl war einer [sic!] jener bedeutenden Persönlichkeiten, wie sie nur diese Zeit des Vormärz bzw. 1848 hervorbringen konnte. In ihr vereinigten sich die verschiedensten Strömungen und Kräfte anscheinend unvereinbar gegensätzlicher Art zu einem harmonischen Ganzen, wie wir es uns kaum vorstellen konnten und wie wir auch nicht glauben wollten, dass sie es gäbe. (Martinek 2008: 50)

Daran ist vor allem einmal bemerkenswert, dass die Person Frankls einer literarischen Bearbeitung würdig erachtet wird. Die Erzählungen in dem Band kreisen nämlich bei weitem nicht nur um Themen des 19. Jahrhunderts, ja aktualisieren überhaupt nicht umfänglich historische Motive. Zudem schafft es der kurze Ausschnitt die wichtigsten Punkte zu nennen, auf die im weiteren in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den literarischen Arbeiten und der Person Frankls wieder zurückzukommen sein wird: Anerkennung der Vielseitigkeit von Person und Werk, Unverständnis gegenüber der Vereinigung von Gegensätzen, keine explizite Berücksichtigung der literarischen Arbeiten, Konzentration der Identitätsbildung Frankls auf die Revolutionszeit. Besonders muss aber herausgestellt werden, dass sich Martinek hier in positiver Art und Weise an Frankl erinnert, denn die zahlreichen Kritiker gingen nicht so verständnisvoll mit Frankl ins Gericht. Schon die Zeitgenossen sahen Frankls Aktivitäten zwiespältig, wobei sich gerade zwei seiner Landsleute durch unerbittliche Schärfe auszeichneten. Der im südmährischen Mikulov/Nikolsburg geborene Journalist, Schriftsteller und Ästhetiker Hieronymus Lorm (1821-1902) hält sich an den literarischen Qualitäten schadlos. Frankls Habsburglied wäre ein „von Lobqualm umsäuselter Stammbaum“ der Dynastie (Lorm 1847: 224), die Gedichte seien nur „Drechslerarbeit“, in der sich zwar viel „Erdichtetes aber nichts Gedichtetes“ fände (Lorm 1847: 226), das Epos Don Juan schließlich bedauert Lorm als „Frauenstickerei (...), trotz aller Farbenpracht nur ein Kunststück, nie ein

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Jörg Krappmann

Kunstwerk“ (Lorm 1847: 230). Der selbsternannte „Czeche“ und „Händelmacher“ Uffo Horn (1817-1860) (Horn 1842: 24), einer der agilsten demokratischen Agiteure im Böhmen der Vormärzzeit (Václavek 2000: 278-287; Veigl 2008), schlägt in die gleiche Kerbe, greift aber darüber hinaus auch schon angebliche menschliche Schwächen Frankls an, wenn er ihn des „Selbstlobs“ bezichtigt und ihm nachsagt, er wäre „ohne festen Charakter“. (Horn 1842: 47) Aus der Perspektive der gegenwärtigen Literaturwissenschaft lässt sich aus den Invektiven von Lorm und Horn zweierlei ableiten. Erstens, dass die heutige Literaturkritik im Vergleich zu derjenigen des 19. Jahrhunderts nur noch ein zahnloser Plüschtiger ist. Zweitens, dass sich beider Meinung durchgesetzt hat. Obwohl Frankl noch bis zu Beginn des 20 Jahrhunderts die Anthologien österreichischer Lyrik mitbestimmte, ist er heute aus dem literarischen Kanon verschwunden, wird allenfalls noch als Verfasser des Gedichtes Die Universität erwähnt, wobei gerne nachgeschoben wird, dass dieses seinen Ruhm eher dem Zeitpunkt seiner Publikation als seiner ästhetischen Qualität verdankt. Zur Differenzierung der Opfer literaturgeschichtlicher Marginalisierungsprozesse hat sich innerhalb der Forschung zur deutschböhmischen und deutschmährischen Regionalliteratur eine Terminologie eingebürgert, die zwischen Vernachlässigten, Vergessenen und Verschollenen unterscheidet. Zu den Verschollenen zählt Frankl zweifelsohne nicht, liegen doch seine Biographie und sein Werkverzeichnis mehr oder weniger lückenlos vor. Auch zu den Vergessenen kann man ihn nicht rechnen, da seine Leistungen in literatursoziologischen Arbeiten zur Vormärzzeit, in Publikationen aus dem Umfeld der Judaistik oder in Studien zum Reisebericht des 19. Jahrhunderts präsent gehalten werden. Schließlich ist, spätestens durch diese umfassende Publikation, Frankl auch nicht oder nicht mehr zu den Vernachlässigten zu ordnen. Da er aber auch innerhalb der Germanistik nicht so präsent ist wie seine Zeitgenossen Nikolaus Lenau oder Franz Grillparzer, habe ich mich nach der Durchsicht einschlägiger Literaturgeschichten für den vielleicht nicht schönen, aber zumindest treffenden Begriff der ‚Mitgenannte‘ entschlossen. Die Berechtigung erschließt sich aus einigen Zitaten: „Neben Hartmann und Meissner treten alle übrigen Talente unserer Lande stark zurück. Das gilt auch für Ludw. Aug. Frankl“, heißt es etwa in der Geschichte der deutschen Literatur in Böhmen, die 1925 von Rudolf Wolkan herausgegeben wurde. (Wolkan 1925: 68) Knapp zehn Jahre später wird von Wilhelm Szegeda in einem ähnlichen Projekt Biographie und Werkverzeichnis Frankls auf vier Zeilen zusammengedrängt und mit dem Verweis abgeschlossen, dass seine Epen hinter denen Meißners zurückstehen. Diesem selbst, Hartmann und Lorm sind hingegen jeweils halbseitige Ein-

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träge gewidmet (Szegeda 1934: 86). Beide Literaturgeschichten sind regional eingeschränkt, unterliegen also nicht dem ‚Gervinus-Schock‘ der die nationale österreichische Literaturgeschichtsschreibung bis ins 20. Jahrhundert hemmte. Trotzdem wird Frankls literarisches Werk auch hier marginalisiert. Die Praxis des ‚Mitnennens‘ setzt sich bis in die jüngste Vergangenheit fort, dokumentiert u.a. in Friedrich Sengles monumentaler Synopse der Biedermeierzeit (Sengle 1971-1980: 2, 690 und 3, 127) oder in Herbert Zemans einbändiger Literaturgeschichte Österreichs (Zemann 1996: 349), und macht auch vor Monographien nicht halt, wie Hubert Lengauers Studie zur Rollenproblematik des Schriftstellers um 1848 zeigt (Lengauer 1989). In letzter Zeit, scheint es, hat die kulturwissenschaftliche Perspektivierung der Germanistik zumindest in Österreich zu einer Neubewertung der Lebensleistung Frankls geführt. Als „Revolutionär, Reisender und Kulturfunktionär“ wird Frankl von Christiane Zintzen im neuesten Band zur 1848er Revolution in Österreich apostrophiert (Zintzen 2001: 362-389). Ausgespart bleiben in dieser Charakteristik, durchaus symptomatisch, die genuin schriftstellerischen Leistungen. Deswegen besteht Anlass, nun auch die Stellung Frankls in der Literaturgeschichte zu überdenken. Zunächst soll aber nochmals die Dringlichkeit dieses Unterfangens verdeutlicht werden. In der voluminösen zweiten Auflage von Wilpert/Gührings Standardwerk Erstausgaben deutscher Dichtung finden sich inzwischen Minimalstbibliographien zum barocken Gelegenheitsdichter Christian Brehme oder dem Berliner Dandy Walter Cale, die in Sekundenbruchteilen im Internet ermittelt werden können. Um für sie Raum zu schaffen wurden aber die Bibliographien „unbekannterer dritt- und viertrangiger Autoren“ (von Wilpert, Gühring 1992: V) wie es im Vorwort heißt, gestrichen. Darunter eben auch der Eintrag zu Frankl. Entscheidend an dieser Tatsache ist nicht die fehlende Bibliographie – die könnte über die Erstausgabe erschlossen werden – sondern die hyperbolisch-despektierliche Begründung. Auch in diese Kategorie der niederrangigen Autoren fällt der aus dem böhmischen Dorf Buchwald stammende Lehrer und Dichter Johann Peter. Er war von 1882-1896 Schulleiter in Niederösterreich und kam dabei in Kontakt mit Peter Rosegger, in dessen Zeitschrift Heimgarten er auch publizierte. Seine Freundschaft mit Rosegger, seine Erzählungen aus und volkskundlichen Betrachtungen über den Böhmerwald verbanden sich bald zu der Ehrenbezeichnung ‚Rosegger des Böhmerwaldes‘. 1894, also im Todesjahr Frankls, veröffentlichte Peter unter dem Titel Der Poet im Dorfschulhause eine Sammlung von Gedichten. Darunter ein panegyrisches Sonett auf sein Vorbild:

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L. A. Frankl Als Knabe schon ward Kunde mir gegeben Von deines Sanges hoher Meisterschaft Und als ich Jüngling war, da schöpft´ ich Kraft Aus deinen Werken und aus deinem Leben Denn durch dein Lied ging hohes Götterweben! Du sangst von Minne, Lenz und Rebensaft Und schufest auch im Leben meisterhaft, Denn hier auch winkten Palmen deinem Streben. Ein Hochfürst bist du in der Dichter Reich! Du flochtest Habsburgs Volke Ruhmeskränze Und warst ein ganzer Mann im Thun und Streben! Vollendet ist, wie Du, kein Zweiter gleich! Du zeigtest uns die Welt im Liebeslentze Heil dir! Die Liebe war dein ganzes Leben! – (Peter 1894: 37f.)

Das Gedicht ist ein literarisches Zeugnis für die Ehrungen, Auszeichnungen und Freundschaftsbekundungen, die Frankl im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sammelte und die an den runden Geburtstagen kumulierten. Für Zintzen sind diese Ehrungen Ergebnis der publizistischen „Betriebsamkeit“ und „literarischen Umtriebigkeit“ des Autors. Mit seiner Beteiligung an der Revolution und seiner Reise in den Orient betrieb Frankl eine „Erinnerungsindustrie“, die in hohem Maße von „Verwertungsökonomie“ geprägt war, um den Grad der „Bewirtschaftung von Erlebniskapital“ stets gleichmäßig hoch zu halten. So gelang es dem „politisch korrekten Gelegenheitsdichter“ sein „schöngeistiges Dilettieren“ in gesellschaftliche Wertschätzung und finanziellen Erfolg umzumünzen. Nicht mehr mit Zintzen, sondern mit Bourdieu gesprochen, hat sich Frankl also auf dem literarischen Feld des nachmärzlichen Wien durch zwei Distinktionsmerkmale durchsetzen können, die er geschickt in einer Vielzahl von Kontexten einsetzte. Die beharrliche Vermarktung seines kulturellen und symbolischen Kapitals – erinnert sei daran, dass Frankl noch an seinem Todestag das letzte Erinnerungsblatt an die Revolution verfertigte – führte schließlich aber zu Abnutzungserscheinungen, die den Distinktionswert so weit senkten, dass innovativere Akteure das literarische und gesellschaftliche Feld besetzen konnten. Dieser Erklärungsansatz klingt vielversprechend, macht er doch plausibel, warum ein Autor mit so hohem Ansehen im Kultur- und Gesellschaftsleben Österreichs ein so rasches literaturgeschichtliches Ende fand. Unterstützt wird diese These zudem durch die teils harsche Kritik an Frankls Gebaren, die gerade zum Ende seines Lebens hin durch Ferdinand Kürnberger und Daniel Spitzer die literarästhetische Kritik Lorms noch steigerte und Uffo Horns rein

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satirischen Angriff auf Frankl breiter ausdifferenzierte. Diese Kritik wurde mit derselben Beharrlichkeit geführt wie Frankls Erinnerungsmanufaktur, so dass Ernst Wechsler in seiner Übersicht über die Wiener Autoren 1888 Frankl schon vor der Monotonie der Angriffe in Schutz nehmen musste. Wechslers Verteidigung hat dann auch eher den Schriftsteller Frankl als den Kulturfunktionär im Blick: Es ist eine große Ungerechtigkeit, dass die neue Schriftstellergeneration den Schöpfungen Frankls nicht jenes Interesse entgegenbringt, welches sie eigentlich verdienten. Seine rein lyrischen Gedichte sind der Hauptzahl nach wunderschön, farben- und gedankenreich; die epischen Schöpfungen, einstmals viel gelesen, sind bedeutende Leistungen. (Wechsler 1888: 201)

Damit schlägt Wechsler die Kerbe, die Peter mit seinem Sonett ausfüllt. Der Vers „du sangst von Minne, Lentz und Rebensaft“ enthält mit Wein, Weib und Gesang in nuce die Trias der biedermeierlichen Liedproduktion, in die sich nur der allfällige Lenz geschlichen hat, der aber, wie die letzte Strophe zeigt, weniger auf die von Frankl ausgiebig bediente Gattung Naturlyrik zielt, sondern neben der Wirkung des Alkohols auch die berühmten Frühlingsgefühle als libidostimulierende Kraft anerkennt. Darüber hinaus hebt Peter noch die habsburgtreuen Gedichte und Epen hervor, worunter offenbar dem Habsburglied eine besondere Bedeutung zukommt. Lediglich die Anspielung auf den „rechten Mann in Tun und Streben“ ließe sich hinsichtlich Frankls Auftreten als Kulturfunktionär deuten. Auf den Orientreisenden hingegen deutet wenig, will man nicht die Palmen, statt sie auf die barocken Ehrbezeugungen fruchtbringender Dichtergesellschaften zu beziehen, tatsächlich aus Palästina herüberwinken lassen. Noch weniger, nämlich nichts, erfährt man über das Gedicht Die Universität und von Frankls Zeitzeugenschaft der Revolution von 1848. Es handelt sich auch keineswegs um die Würdigung eines bestimmten Ausschnitts in Frankls Leben wie die zweifache Wiederholung des Epithetons ‚ganz‘ belegt. Textgestalt wie Textgehalt nehmen diesen Ganzheitsgedanken auf. Sie weisen wie auch die formalen Textelemente auf keinen Bruch hin. Das Verschweigen des vormärzlichen Frankl scheint in der politischen Einstellungen Peters begründet zu sein. In seinen Erzählungen und Anekdoten aus dem Böhmerwald zeigt er sich als standhafter Konservativer, der das traditionelle Leben der einfachen Bauern den Städtern als moralisches Vorbild entgegenhält. Die Lyriksammlung ist von Beginn an in aggressiverem Ton gehalten. Peter stilisiert sich in die Rolle des Praeceptor Bohemiae, der als deutschnationaler Lehrer den deutschen Schülern den Weg im Kampf gegen das herandrängende Tschechentum weist. Seine nationalen Gedichte scheuen vor keinen Attacken zurück (u.a. Vergleiche der Tschechen mit Tieren usw.).

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Die deutschnationale Gesinnung paart sich mit einer kritischen Haltung gegenüber der romorientierten katholischen Kirche, so dass Peter eine gewisse Nähe zu Schönerers Los‑von-Rom-Bewegung unterstellt werden kann, obwohl sie in den Quellen nicht belegt ist. Diese politische Verankerung mag erklären, warum Peter im Huldigungsgedicht auch Frankls Engagement für die jüdische Gemeinde außen vor lässt, sie erklärt aber nicht, warum Peter überhaupt Frankl ein, noch dazu unumwunden lobendes, Sonett widmet. Die Antwort auf diese Frage ist banal. Peter hielt Frankl wie Wechsler für einen bedeutenden Schriftsteller der deutschsprachigen Literatur. Also trotz, nicht wegen seines Engagements in der Vormärzzeit lobt Peter Frankl und nimmt damit eine kontradiktorische Position zu Lorm ein. Dieser beginnt seine Werkbetrachtung nämlich mit der Rechtfertigung, warum er mit Frankl ‚schärfer ins Gericht‘ gehen dürfe, ja müsse als mit den anderen literarischen Größen, die er in Wien’s poetische Schwingen und Federn auflistet. Als ‚Landsmann‘ der fortschrittlichen Schriftsteller Kuranda, Meissner und Hartmann sei Frankl schon wegen seiner Herkunft in der Lage und auch verpflichtet, eine ebenfalls fortschrittliche Haltung in der Politik und vor allem in der politischen Literatur einzunehmen. Damit ist der Finger auf die literaturgeschichtliche Wunde gelegt, denn der Vergleich Frankls mit seinen revolutionären Landsleuten, der ja auch zu den Abwertungen in den oben angeführten Literaturgeschichten führte, hinkt. Frankl wurde 1810 geboren, die fortschrittlicheren Kräfte, um bei dem Ausdruck zu bleiben, aber um zehn Jahre später: Hartmann, Kürnberger und Lorm 1821, Meissner ein Jahr darauf. Frankl war also genau um die Halbgeneration älter, die in der jugendlichen Entwicklung, seit Max Brods Generationenmodell der Prager deutschen Literatur ist das für die Literatur bezeugt (Brod 1966: 35), von entscheidender Bedeutung für die Herausbildung kultureller und politischer Überzeugungen ist. Das entscheidende Datum dabei ist nicht die Pariser Julirevolution von 1830, sondern die Rheinkrise von 1840, von der an allgemein eine Radikalisierung des politischen Diskurses festzustellen ist. Die Rheinkrise ist aber auch die Grenzscheid für die politisch engagierten Schriftsteller. Das kann am Beispiel der Auseinandersetzung zwischen Georg Herwegh und Ferdinand Freiligrath, der zu den von Frankl geschätzten Autoren gehörte, rasch verdeutlicht werden. Freiligrath, übrigens auch Jahrgang 1810, hatte 1841 ein historisches Gedicht vorgelegt, in dem er die Stellung des Künstlers in politisch bewegten Zeiten analysierte. Er kommt zu dem Ergebnis: „Der Dichter steht auf einer höhern Warte, als auf den Zinnen der Partei“ (Ilberg 1976: 44).1 Herwegh 1 Die Verszeile stammt aus dem Gedicht Aus Spanien.

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bezieht daraufhin in einem an Freiligrath gerichteten Gedicht mit dem programmatischen Titel Die Partei die Gegenposition: Partei! Partei! Wer sollte sie nicht nehmen, Die noch die Mutter aller Siege war! Wie mag ein Dichter solch ein Wort verfemen, Ein Wort, das alles Herrliche gebar? Nur offen wie ein Mann: Für oder wider? Und die Parole: Sklave oder frei? Selbst Götter stiegen vom Olymp hernieder Und kämpften auf der Zinne der Partei! (Herwegh 1842; cit. Wuthenow 1970: 105)2

Herwegh verschreibt sich als Dichter ganz der tagespolitischen Agitation, während Freiligrath noch zu diesem späten Zeitpunkt am Primat der Kunst gegenüber der Politik festhält. Erst nach einem Treffen mit Karl Marx schließt auch er sich der Tendenzliteratur an. Der Titel der anschließend publizierten Gedichtsammlung, Ein Glaubensbekenntnis, macht unmissverständlich deutlich, dass diese Entscheidung zugleich eine weitgehende Identifikation von Leben und Werk nach sich zog. Der Streit zwischen Herwegh und Freiligrath spiegelt die veränderte Stellung der Literatur wider, die durch die Karlsbader Beschlüsse „praktisch von Staats wegen als operatives Genre konstituiert“ wurde (Stein 2001: 255). Damit wurden die Schriftsteller in den Stand versetzt, neben einer ästhetischen und gegebenenfalls moralischen Wirkung auch eine politische Stoßkraft zu entfalten, deren Wirkung nicht nur auf der rezeptiven Seite sensibel gemessen wurde. Gleichzeitig wurde auch darauf geachtet, ob die in der Literatur eingeforderte Tatkraft mit der persönlichen Haltung und den individuellen Aktivitäten des jeweiligen Autors korrespondierte. Diese Entwicklung stieß nicht auf ungeteilte Freude in der schreibenden Zunft, wuchs doch gen 1848 hin der „Druck, Gesinnungstreue als Beglaubigung des Für und Wider einzufordern bzw. zu demonstrieren und umgekehrt die Verweigerung, den Abfall und den Gesinnungswandel als Feigheit, Verrat und Abtrünnigkeit zu entlarven bzw. zu verurteilen“ (Stein 2001: 262). Die Überlagerung des politischen und des poetischen Diskurses beinhaltete ein enormes Potential für ‚Risiko-Biographien‘. Für Freiligrath etwa war der Entscheidungsdruck besonders hoch, da er seit 1839 eine Existenz als freier Schriftsteller führte und sich noch keine feste Position auf dem literarischen Markt erobert hatte. Ganz im Gegensatz zu Frankl, der durch das Habsburglied 2 Partei ist hier nicht im Sinne einer festen politischen Gruppierung zu verstehen, sondern, das deutet die Verbindung „Partei nehmen“ in Herweghs Gedicht unmißverständlich an, im Sinne eines offen zu Tage tretenden politischen Engagements der Autoren. S. Denkler 1978: 181-184.

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und seine Epen schon eine recht gesicherte Stellung im literarischen Leben Österreichs und als Sekretär der jüdischen Gemeinde einnahm. Als leitender Redakteur der Sonntagsblätter für heimatliche Interessen konnte er zudem bis 1848 mit dem Verweis auf die Moderatorqualitäten eines Zeitschriftenleiters in Zeiten verschärfter Zensurgesetzgebung an der wohlwollend objektiven Position des Künstlers festhalten, die Freiligrath bis Anfang der 1840er Jahre eingefordert, aber später verlassen hatte. Um Frankls Verhalten vor, während und nach der Revolution über den allgemeinen Parteienstreit und seine Folgen noch präziser innerhalb der spezifisch österreichischen Verhältnisse zu verorten, empfiehlt sich ein Vergleich mit Anastasius Grün und Karl Isidor Beck, zwei seiner zeitgenössischen Mitstreiter. Mit Graf Auersperg, der mit den anonym erscheinenden Spaziergängen eines Wiener Poeten (1831) und dem unter seinem Pseudonym Anastasius Grün publizierten Gedichtband Schutt (1835) bekanntlich die Vormärzliteratur in Österreich begründete, verband Frankl fast ein halbes Jahrhundert lang eine enge Freundschaft, die auch noch über den Tod hinaus hielt. Denn Frankl besorgte die erste Werkausgabe von Grün und er lieferte mit der Aufbewahrung des Briefwechsels zwischen beiden Dichtern lange Zeit die wichtigste biographische Quelle für das Leben des Grafen von Auersperg. In der neuesten Monografie zu Anastasius Grün gibt Dietmar Scharmitzer eine einführende Kurzcharakteristik des Dichters, die auf den ersten Blick mit Frankls Werdegang Übereinstimmungen aufweist: „Spätromantische Hoffnung, Pionier des Vormärz, Renegat, Patron liberaler Bestrebungen im jungen Reichsrat und poeta doctus“ (Scharmitzer 2010: 13). Die Verbindung zwischen liberalistischer Grundhaltung und Renegatentum prägt auch die meisten Urteile über Frankl. Werden für die liberale Seite meist die Publikationen in den Sonntagsblättern, die Unterzeichnung der Schriftstellerpetition von 1845 und die zahlreichen Erinnerungsblätter an die Ereignisse und Persönlichkeiten der Märzzeit ins Feld geführt,3 so sind es eben auch diese Erinnerungen, die den demokratischen Kräften wegen ihrer allzu kaiserfreundliche Haltung und Verharmlosung der revolutionären Wirren und der danach einsetzenden Verfolgungen, nebst späterer Nobilitierung Material für Frankls Darstellung als politischer Wendehals bieten. Gleichwohl bleibt Frankls Einsatz für liberale Ideen im religiösen Leben der jüdischen Gemeinde davon unangetastet (Scharmitzer 2010: 30; Aichner 2001: 333-361).

3  Zum Anspruch der Schriftstellerpetition, ihrer Wirkung und der Beteiligung Frankls s. Bruck 2001: 312-318.

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Die Anerkennung als poeta doctus begründete Frankl durch seine Reiseberichte über den Orient und festigte sie durch Mitgliedschaften in zahlreichen künstlerischen, kulturpolitischen und wissenschaftsnahen Vereinen. Reden und mündliche wie schriftliche Ehrbekundungen zu Frankls Begräbnis belegen seinen Rang, wenn auch manchmal nur noch die Einhaltung bürgerlicher Etikette im Vordergrund der Grußadressen gestanden haben mag. Der Bezug zur Spätromantik ist ebenfalls schnell hergestellt. Neben den Epen weist Frankls Werk zahlreiche andere Gedichte und Gedichtzyklen mit historisch-romantischen Themen auf, die mit den Erzeugnissen der Schwäbischen Dichterschule vergleichbar sind.4 Außerdem ist vor allem bei einigen frühen Gedichten (u.a. Böse Stunde, Ebb’ und Fluth, Sonnenuntergang, Der nächtliche Reiter) die Vorbildfunktion Lenaus offensichtlich. Weitere Überlegungen hierzu sollen zunächst zurückgestellt werden, um auf den zentralen Unterschied in den Charakteristiken der beiden Dichter hinzuweisen, denn ein Pionier des Vormärz war Frankl beileibe nicht. Ein Jahr nach den Spaziergängen, durch die sich eine solche Attribuierung für Grün rechtfertigt, erschien als Frankls erste selbständige Publikation das Habsburglied, alles andere als eine kritische Hinterfragung der historischen Machtentfaltung des österreichischen Herrschergeschlechts.5 Als erstes Auftreten auf dem literarischen Markt wäre eine kritische Auseinandersetzung mit dem politischen System für Frankl nicht ohne Konsequenzen geblieben. Konsequenzen, die auch der Graf von Auersperg befürchtete, als er seine Spaziergänge anonym erscheinen ließ. Doch auch nach einer vorzeitigen Enttarnung des Verfassers hätte sich dieser auf die finanziellen Rücklagen der adeligen Familie und die Bewirtschaftung seiner Güter in Krain zurückziehen können. Ein derartiges finanzielles Polster hatte sich Frankl zu diesem Zeitpunkt noch nicht erworben. Zudem wurde der Aufenthalt der Juden in Wien durch eigene Gesetze geregelt. Um diese strikt zu überwachen, wurde dafür eigens 1792 das ‚k.k. Judenamt‘ gegründet, das oft genug willkürlich Aufenthaltsbewilligungen nicht genehmigte oder gewährte beendete

4  In seinen Erinnerungen widmete Frankl Ludwig Uhland einen eigenen Abschnitt, in dem er seine literarischen Leistungen ebenso feiert, wie er sich über den schwierigen Umgang mit dem wortkargen und wenig geistreichen Dichter beschwert. S. Hock 1910: 121-137. 5  Glaubt man der Ehefrau Grüns, dann begann die Freundschaft zwischen den beiden Dichtern im Jahr 1830. Die unterschiedliche politische Konzeption und Rezeption der beiden Texte scheint ihre Freundschaft nicht beschädigt zu haben. Auch dies ist als Beleg zu werten, dass es in Österreich in den 1830er Jahren für die Autoren noch nicht notwendig war, einseitig für die revolutionäre Bewegung zu optieren. S. Scharmitzer 2010: 208.

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(Meyer 1918: 244f.). Auch Frankl war nach dem Scheitern der Revolution von Ausweisung bedroht. Wie rasch ein unter der Ägide der Freiheitlichkeit zunächst erfolgreich begonnener Lebensweg Mitte des 19. Jahrhunderts brechen konnte, zeigt das Schicksal von Karl Isidor Beck, dem Frankl hinsichtlich des gesellschaftlichen Ranges näher stand als dem Grafen Auersperg. Frankl war Beck bereits 1833 erstmals begegnet und förderte seine literarische Entwicklung. Becks erste Sammlung Nächte. Gepanzerte Lieder (1838) enthält neben frühen Eklogen auf den technischen Fortschritt auch sozialkritische Gedichte. Zu diesem Zeitpunkt war „Becks Programm […] das des jungen Deutschland“ (Häusler 2001: 270), doch wies er lediglich auf soziale Missstände hin und vollzog die spätere Radikalisierung des Vormärz zum proletarisch-revolutionären Denken nicht mit.6 Nach der Oktoberrevolution kehrte er nach Wien zurück und arbeitete als Feuilletonredakteur im konservativen Journal des Österreichischen Lloyd. Mit der Publikation des Gedichtes An Franz Joseph bekam er endgültig das „Odium des Renegatentums“ (Häusler 2001: 295). Beck konnte seinen Gesinnungswandel nicht zum Erfolg im bürgerlichen Leben führen. Krank und vereinsamt verlebte er „von Almosen, die ihm Freunde seiner früheren Dichtungen zukommen ließen“, seine Altersjahre in Wien (Häusler 2001: 298). Auch Frankl hatte früh erfahren müssen, welchen tiefen sozialen Einschnitt plötzliche Änderungen in der finanziellen Versorgung hervorrufen können. Nach dem vorzeitigen Tod seines Vaters gelang es der Mutter nur mit großer Anstrengung, die Ausbildung ihres ältesten Sohnes zu sichern. Für die Ausbildung seines jüngeren Bruders David Bernhard sorgte dann L. A. Frankl selbst, der ihn in Wien aufnahm und ebenfalls unter Entbehrungen bei seinen weiteren Studien unterstützte (Frankl 1860: 12-15). David Bernhard ging später zurück nach Böhmen, wo er in Prag schnell zu einem erfolgreichen Kaufmann und späterhin Stadtrat wurde. Er starb am 22. November 1859 mit nur 39 Jahren und sein Begräbnis war bis dato eines der prunkvollsten in Prag, das nicht ohne Irritationen vom Prager Bürgertum und der jüdischen Gemeinde gemeinsam begangen wurde.7 Bei beiden Brüdern resultierte 6   S. die ausführliche Kritik, die Friedrich Engels im Dezember 1839 für den Telegraph für Deutschland verfasste; Engels 1844: 22-26. 7 „Wie das seltsam in einander klingt. Die christlichen Glocken und der ebräische Psalm, die Trauermusik der Soldaten und der Gesang der Rabbinen! Dieser Widerspruch ist es, was die Menschen in den Straßen, in den Fenstern und auf den Giebeln staunen macht. Die Christen nicht allein, auch die Juden! […] Das Staunen der Menge wird nicht geringer, als sie erst hinter den Rabbinen und dem Vorstande der jüdischen Gemeinde ihren Magistrat, ihre Stadträthe und Stadtverordneten, den Präsidenten der Handelsakademie und der Bör-

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aus der jugendlichen Notsituation ein starker Wille zum gesellschaftlichen Aufstieg, der es beiden in geradezu paradigmatischer Weise ermöglichte, die Mauern des Ghettos hinter sich zu lassen. Auf diese Leistung beruft sich auch Richard M. Meyer, der Frankl neben Leopold Kompert als wichtigsten literarischen Vorreiter der Befreiung der Juden aus dem Ghetto hervorhebt.8 Die beiden Punkte zusammen, das Finden einer jüdischen Identität in der Mitte des 19. Jahrhunderts und das Streben nach einer gesicherten Existenz in bewegter Zeit bestimmen die individuelle Disposition des Menschen Ludwig August Frankl. Dieser biographische Aspekt sollte, trotz aller Schwierigkeiten, die sich auf der theoretischen Ebene der Korrelation von Autor und Text ergeben, und trotz aller Auswüchse des Biographismus in der Literaturwissenschaft, bei einer gerechten Beurteilung des dichterischen Werkes von Ludwig August Frankl stets berücksichtigt werden. Über das ‚Epochenproblem Vormärz‘ wird (nicht nur) in der Literaturwissenschaft seit Mitte der 1970er Jahre gestritten. Dabei geht es einerseits um die Festlegung des zeitlichen Einschnitts (1815, 1830, 1840), andererseits um die Beurteilung, ob mit der gescheiterten Revolution Abschied vom „spekulativen Rausch“ der dreißiger und vierziger Jahre genommen wurde, oder ob nicht vielmehr Verrat am Fortschritt zu konstatieren sei (Bucher 1976: 36). Zuletzt plädierte Bernd Balzer nach zahlreichen Vorarbeiten, u.a. des Forum Vormärz Forschung, dafür, die Literaturgeschichte nicht zu sehr an die Epochenschwelle Revolution zu binden (Balzer 2006: 8-13). Fasst man das lange 19. Jahrhundert als kontinuierlichen Prozess auf, dann muss Frankl kein Mitgenannter bleiben, sondern kann von der Peripherie ins Zentrum des Interesses rücken.9 Lange Zeit galt das Urteil von Stefan Hock, dem Herausgeber der Erinnerungen, dass 1848 über das Politische hinaus auch „einen tiefen Einschnitt in Frankls literarischer Produktion“ bedeutete (Hock 1910: X). Doch schon bei der Suche nach Gedichten Frankls für eine Anthologie zur politischen Vormärzdichtung würde man in arge Verlegenheit geraten. Freilich ließe sich für einige Verse aus den Epen Christoforo Colombo (1836) oder Don Juan d’Austria (1846), durch subtile Interpretation auch eine freiheitlich politische Lesart begründen. Trotzdem fehlt ihnen und den frühen Gedichten das Exsekammer, Repräsentanten der kaiserlichen Regierung und allgemein bekannte und ehrsame Bürger einherschreiten sieht, um einem – Juden das letzte Geleite zu geben“ (Frankl 1860: 4f). 8   Nur hier, an keiner anderen Stelle der 1000-seitigen Literaturgeschichte erhält Frankl seinen Platz zugewiesen, womit sein Status als Mitgenannter abermals Bestätigung findet. S. Meyer 1900: 744. 9 S. dazu Eke/Werner (2000).

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klamatorische, der Anstoß zur befreienden Tat, ja sogar eine über das individuelle Schicksal hinausreichende Gesellschaftskritik. Eine Ausnahme bildet das Gedicht Schwerterschmiede, in dem das lyrische Ich bei seiner nächtlichen Wanderung durch den Hochwald von einem Chor aufgeschreckt wird. Junge Schmiede erzeugen ein besonderes Schwert, dessen Funktion eindeutig festgelegt wird: Doch muß Kampf sein, Flamm’ und zuck es Durch die Weltnacht Wie ein Blitzstrahl Für die Freiheit, Für die Freiheit, Für das Recht! (Frankl 1880: 56)

Als Korrektiv treten aber direkt im Anschluss die alten Schmiede auf, die zwar nicht die Berechtigung dieses Kampfes bestreiten, aber eine endgültige Lösung und eine daraufhin einsetzende Friedenszeit bevorzugen: Daß es Gott wollt’: Dieses Schwert schon Wär’ das letzte Dieser Welt! (Frankl 1880: 56)

Durch das einschränkende Plädoyer der alten Schmiede fehlt dem Kampf um Freiheit und Recht doch die politische Sprengkraft, wie sie z.B. im Gedicht Schlafe! Was willst du mehr von Hoffmann von Fallersleben oder dem Reiterlied von Herwegh zum Ausdruck kommt, die beide ebenfalls die Schwertmetapher verwenden. Außerdem fehlt die konkrete zeitgeschichtliche und regionale Anbindung, wie sie von Heinrich Heine in Die schlesischen Weber oder noch plakativer von Georg Weerth in Die Rheinischen Weinbauern geleistet wird. Und was, außer einer unverbindlichen liberalen Aussage, bliebe von Frankls ‚Revolutionsgedicht‘ Die Universität politisch relevant, wäre es nicht das erste zensurfrei erschienene Gedicht in Österreich, „welches in einer Zahl von einer halben Million Exemplaren verbreitet und von 27 Tondichtern componirt wurde“. (Schlosser 1904: 707) Um sicheres Terrain für das literaturgeschichtliche Überleben von Frankl zu erschließen, ist es notwendig, ihn einmal der hegemonialen vormärzlichen Verhaftung zu entziehen und in einen anderen Gruppenzusammenhang zu bringen. Schließlich schätzen Johann Peter und Ernst Wechsler Frankls Lyrik wegen ihrer Farbenpracht und der Liebesmotivik. Da diese Elemente weder in den politischen noch in den nachmärzlichen historischen Balladen oder den Feiertagsgedichten eine Rolle spielen, scheinen sich beide eher am Früh-

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werk Frankls zu orientieren. Das Charakteristikum dieser frühen Gedichte ist eine bewusste Vermischung von Naturschilderung und Weltschmerz. Die Natur fungiert dabei in doppelter Weise, manchmal führt ihre Betrachtung in eine pessimistische Stimmung hinein, meistens aber befriedet sie das aufgewühlte Gemüt des Dichters. Die Verwandtschaft mit der Dichtung Lenaus, die bereits hinsichtlich einer Nähe zur Spätromantik angesprochen wurde, ist offensichtlich. Die enge Beziehung zwischen beiden Autoren, die sich neben privaten Kontakten auch auf poetologische Konzepte erstreckte, bestätigt Frankl selbst in seiner Studie Zu Lenaus Biographie (1854). Allerdings scheint die Basis, auf der sich die stilistische und thematische Verwandtschaft ergibt, eine unterschiedliche zu sein. Anhand der lyrischen Produktion des sogenannten Schubertkreises, in dessen Mittelpunkt Johann Mayrhofer und Franz von Schober standen, und dem sich später auch Johann Gabriel Seidl anschloss, diskutiert Ilija Dürhammer die Weltschmerzdichtung abseits der ausgetretenen Pfade von Platen und Lenau. Obwohl der Weltschmerz dabei an recht unterschiedlichen Texten und individuellen Lebenswegen diagnostiziert wird, bleibt der Befund überraschend gleich: Wieder ist der „Weltschmerz“ nicht allein durch eine ideologische Erschütterung bedingt, sondern maßgeblich durch trostlos empfundene Lebensumstände, und wieder stellt sich die Frage, ob es sich dabei tatsächlich um „Weltschmerz“ oder „nur“ um eine Depression, eine Melancholie handelt, die nicht zwangsläufig aus den Zeitumständen und den einwirkenden weltanschaulichen Voraussetzungen resultiert. (Dürhammer 1998: 93)

Obwohl Dürhammer der individuellen Lösung zuneigt, wagt er keine endgültige Entscheidung, da die Autoren des Schubertkreises, alle noch vor 1800 geboren, sich zumindest in Ansätzen mit den theoretischen Arbeiten etwa von Friedrich Schlegel und Schelling auseinandersetzten, ihnen somit ein ‚weltanschaulicher‘ Weltschmerz nicht einwandfrei abzusprechen ist. Nach allen Informationen, die über die Ausbildung und den ideellen Hintergrund Frankls bekannt sind, ist diese Verankerung bei ihm aber auszuschließen. Seine Weltschmerzgedichte reflektieren demnach tatsächlich die eigene Situation nach dem Tod des Vaters, in dem sein weiterer Lebensweg von Ungewissheit und Überlebensangst geprägt war. Und es sind auch ‚nur‘ diese Ängste, die sich in den immer wiederkehrenden Fragen innerhalb der frühen Naturlyrik ausdrücken. Kranichzug Herbst ist es rings, duftlose Sterne Blühn Astern durch bereiftes Grün. Ich blicke krank und bleich zur Ferne,

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Betrachte still des Tags Verglühn. Zerriss’ne, feuchte Nebel steigen Durch Bäume rauscht des Windes Flug. Es zieht, ein schattenhafter Reigen, Am Horizont der Kranichzug. Beglückte Wandrer nach dem Süden! Nur einer, dem der Flügel brach, Sie kümmern sich nicht um den Müden, Er ringt der Schar vergebens nach. Ein Jäger traf wohl seinen Flügel Es trägt ihn kaum, er sinket bang Herab zu einem dunklen Hügel, Die Brust voll wehem Sehnsuchtsdrang. Und Dämmrung hat sich rings ergossen, Der rasche Kranichzug entschwand Ich denk’ an meine Sanggenossen Und an das warme Lorbeerland. (Frankl 1880: 8)

Die invozierte Herbststimmung, Dämmerung, Sehnsucht und kränklicher Zustand des lyrischen Ich sind standardisierte Topoi der biedermeierlichen Weltschmerzdichtung, die Frankl hier nicht besser oder schlechter als üblich in eine Naturschilderung poetisch einbindet. Es wird aber auch ein spezifisches Element der frühen Lyrik Frankls erkennbar. Im Gegensatz zu Lenau und anderen gibt es keinen unmittelbaren Vergleich zwischen dem augenblicklichen Zustand der seelischen oder körperlichen Krankheit und der symbolisch aufgefassten Natur.10 Der Verweischarakter zwischen dem verletzten Kranich und dem ebenfalls gehandicapten Ich („krank und bleich“) bezieht sich stattdessen auf die zukünftigen Folgen. Das Zurückbleiben des Kranichs evoziert die Angst des Ich, den Zug verpasst zu haben, nicht mitgekommen zu sein. Der Verweis auf die ‚Sanggenossen‘ konkretisiert am Ende des Gedichts den engeren Aussagegehalt. Es handelt sich um ein autopoetisches Gedicht, das die Angst Frankls verdeutlicht, seinem angestrebten Lebensziel einer Dichterexistenz nicht zu genügen. Das Motiv des Zurückbleibens (Bienenbegräbnis, Vorbei) und autopoetische Reflexionen (Königstraum, Sonett, Flieh, An eine Kokette) durchziehen das lyrische Werk Frankls. An dieser Stelle gehen sie jedoch eine Verbindung ein, die zweifellos auch in ihrer ästhetischen Umsetzung gelungen ist. Die finanzielle Notlage als Movens unterscheidet Frankls Lyrik dann aber auch von der ästhetisch-psychologisch angelegten Dichtung eines Niembsch von Strehle10 S. das Verspaar aus Lenaus bekanntem Gedicht Himmelstrauer: „Wie auf dem Lager sich der Seelenkranke,/Wirft sich der Strauch im Winde hin und her“. 

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nau.11 Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass diese Thematik bereits mit den ersten literarischen Erfolgen in geringerem Ausmaß behandelt wird und nach seiner Anstellung als Sekretär der jüdischen Gemeinde fast gänzlich aus den literarischen Arbeiten verschwindet. Frankls literarisches Werk steht also zwischen biedermeierlicher Weltschmerzdichtung und revolutionärem Vormärz, und damit zwischen Skylla und Charybdis der Literaturgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts. Das erklärt die Stellung als Mitgenannter. Diese Zwischenstellung muss Julie Adam aufgefallen sein, die Frankl in ihrer wenig beachteten Anthologie Der Natursinn in der deutschen Dichtung sowohl vom engeren Kreis um Lenau als auch entschieden von den politischen Lyrikern des Vormärz trennt (Adam 1908: 6-22). Hingegen bindet sie ihn mit Seidl, Ebert, Hilscher, Schindl und Justus Frey in eine Gruppe, deren Gemeinsamkeit sie in einer Fortführung der Stimmungslyrik Uhlands erkennt. In dieser Umgebung wird das dichterische Talent Frankls deutlich. Doch Julie Adams Gruppeneinteilung ist nicht nur einem zeitlichen, an Generationen haftenden Kategorienschema, sondern durchaus einem politischen, zumindest einem historischen Kalkül verpflichtet. Das beweist ihr eigenes literarisches Schaffen, vor allem der Roman Aus dem alten Österreich (Adam 1925), der die unterschiedlichen Wege der Vormärz- und Revolutionsgeneration nur mit wenigen Strichen andeutet, sie aber infolge der Reaktionen der Söhnegeneration auf die weitere Entwicklung der Habsburgermonarchie bis etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts projiziert. Adam betreibt keine Verklärung des alten Wien im Sinne der Essays und Anekdotensammlungen eines Vincenz Chiavacci, sondern beklagt ernsthaft den Verlust eines funktionierenden Wertesystems. Hier liegt tatsächlich konservatives, gar restauratives Denken vor. Davon ist Frankl ebenfalls weit entfernt. Seine literarischen Texte im Nachmärz werten nur selten, sind stets objektivierend. Das Ausdrücken einer eigenen Meinung bleibt den außerliterarischen Zeugnissen vorbehalten, vor allem den Orientbeschreibungen und Gedenkreden. Implizit äußert sie sich auch in Gusle (1852), der Sammlung und Übersetzung serbischer Nationallieder, sowie der Anthologie Andreas Hofer im Liede (1884). Mag sein, dass große Literatur der individuellen Krise ihres Verfassers bedarf. Frankl aber gelang es ab der Mitte seines Lebens, derartige Krisen zu 11 Die Werkausgabe Frankls verzeichnet leider keine Daten zur Entstehungszeit der Gedichte. Da jedoch die Epen in dieser Ausgabe in der chronologischen Reihenfolge abgedruckt wurden, vertraue ich darauf, dass auch innerhalb der Lyrik keine einschneidenden nachträglichen Veränderungen vorgenommen wurde. Das Gedicht kann bezüglich dieser Einschränkung einer frühen Schaffensphase zugeordnet werden.

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vermeiden. Vorzuwerfen ist ihm das kaum. Er selbst erkannte wohl diesen Schwachpunkt, denn spätestens ab der Revolutionszeit versiegen Erlebnislyrik und autopoetische Überlegungen. Stattdessen konzentrierte er sich in seinem literarischen Schaffen auf begleitende Kommentare zur Entwicklung des 19. Jahrhunderts, das von ihm einschließlich der Revolutionszeit als Kontinuum erlebt wurde. Damit reflektiert er vielleicht sogar mehr als andere die Charakterisierung des Vormärz als „Übergangsepoche“ (Wienbarg 1964: 76). Auch neuere literaturwissenschaftliche Modelle, die diskursanalytische und transkulturelle Theorien oder die Ergebnisse des New Historicism weiterentwickeln, setzen „an die Stelle des alten Konstrukts einer (Literatur-) Geschichte in Ab-Brüchen und Diskontinuitäten eine Literaturgeschichtsschreibung in der Perspektive längerfristiger Umsetzungen, Beschleunigungen und Stillstellungen“ (Eke 2005: 18). Diesem Modell kommt die Vielfalt der Themen in Frankls Werk und der rasche Wandel seiner Tätigkeitsbereiche sicher entgegen. Frankl könnte zu einem guten Gradmesser für die Reichweite von Erklärungsmustern und Erkenntnissen werden. Die Dichtungen Frankls sind und bleiben weitgehend unspektakulär. Sie erhalten aber unter der neuen Fragestellung einen ganz eigenen Reiz.

Hubert Lengauer

Konkurrenz und Kompensation. Ludwig August Frankl und Ferdinand Kürnberger 1. Das Ärgernis Ludwig August Frankl hatte nicht nur Freunde und Gönner. Er hatte auch Feinde und Neider. Das ist nicht ungewöhnlich in der literarischen Konkurrenzgesellschaft. Ungewöhnlich ist es in einem Fall, in dem eine frühere Freundschaft in Gegnerschaft kippt und die Polemik zeitgemäße Züge annimmt – die des wachsenden Antisemitismus im späten 19. Jahrhundert. In einem Feuilleton zum Begräbnis Grillparzers (1872) holt der Feuilletonist Ferdinand Kürnberger zu einem antisemitischen Rundumschlag aus: ‚Dem Ideal meines Lebens‘ stickte eine Baronin Todesco, als ob Grillparzer den Wiener Courszettel gedichtet hätte, die Ideale von Todescoleben! ‚Dem Meister Grillparzer sein Jünger Mosenthal‘ stickt der Letztere, und Grillparzer muß sich das ruhig gefallen lassen; […] Ein Dr. Heinrich Jaques stürzt, da die Leiche noch warm ist, in ein Redactionsbureau und hinterlegt fünfhundert Gulden für die Ehre – des Dr. Heinrich Jaques, alias für ein Grillparzer-Denkmal. Und doch ist Dr. Ludwig August Frankl seit sechs Jahren mit dem Ideal „seines“ Lebens noch nicht zu Stande gekommen, nämlich mit ‚seinem‘ Schillerdenkmal! Nebenbei bemerkt, lauter gute Gesellschaft, wie sie sehen. Gutes, altes Blut; längst vor Christus dagewesen! Und insofern hätte der Berliner fast doch wieder Unrecht: seltsame Leute sind diese Wiener! Wie kommen wir zu dieser Ehre? Was bei einer solchen Gelegenheit Wien vertritt, ist ein reiner Großmuthsact von Samaria und Jerusalem und Wien schaut bewundernd zu. Das ist Alles. Ein wirklicher Wiener war bei der ganzen Grillparzer Todtenfeier höchstens eine kleine verschwindende Nebenperson, nämlich Grillparzer. Die Ruhmes-Hyänen aber, welche schmausend über seine Leiche herfielen, werden Wien kaum ihre Mezzo-Heimath nennen wollen; ihre Urheimath nennen sie wärmere Länder! (Kürnberger 1872; cit. Deutsch 1911: 280)1

Für alle, welche den politischen Schriftsteller und Literaturkritiker schätzen, ist diese Stelle (und sind Stellen ähnlichen Inhalts) ein Ärgernis. Mit ihr Kürnbergers Verdienste zu tilgen und den Schriftsteller als Antisemiten abzuschreiben, fällt schwer. Kann man sie ‚erklären‘? Erklären hieße in diesem Fall weder verzeihen noch ignorieren, sondern jene spezifischen Momente darzustellen, 1  Künftig im Text abgekürzt als GW II mit Seitenzahl.

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mit denen er sich einer rassistischen Schematisierung anschloss, die ab den 1870er Jahren salonfähig und Teil der politischen Normalität wurde. Besonders gravierend erscheint in diesem Rahmen die Invektive gegen Ludwig August Frankl, mit dem Kürnberger eine lange und in den Anfängen durchaus enge Beziehung verband. Es tut sich eine Reihe von Fragen auf: Ist seine Polemik gegen Frankl ein Symptom oder eine zufällige, auf persönliche Differenzen oder Idiosynkrasien (Kürnbergers) gegründete Einzelheit ohne historische Relevanz? Ist, andererseits, unser Sensorium für Antisemitismus in dem Maße gestiegen, dass wir in jeder einschlägigen Äußerung Auschwitz heraufdämmern sehen? Dies einerseits zu Recht, denn es sind solche ‚zufälligen‘ Äußerungen, die den Antisemitismus ‚salonfähig‘ oder zu einer ignorierten Normalität gemacht haben, auf dessen Basis erst der Exzess der Shoa möglich war. Anderseits zu Unrecht, wenn man Autoren wie Kürnberger diesem Urteil unterwirft, denen – von anderen Grundlagen her – die Vorbereitung des Exzesses nicht grundsätzlich als Absicht unterstellt werden kann. Dafür spricht einiges aus der literarischen Karriere Kürnbergers. Ein Aufsatz Kürnbergers über Leopold Kompert (in der Reihe Literarische Charaktere der von Frankl herausgegebenen Sonntagsblätter vom 10. September 1848) etwa hebt die Rolle der Juden im Prozess der Demokratisierung hervor. Die Dorfgeschichten, zu denen Komperts Geschichten Aus dem Ghetto gezählt werden, seien es gewesen, „welche es mahnend verrieten: der Tag der Volksherrschaft ist in Deutschland angebrochen, und die Poesie, der Herold des Zeitgeistes, verkündet sein Morgenrot. Wär’ ich ein König oder ein Aristokrat gewesen, diese Novellen hätten mich mehr erschreckt, als die verwegenste Destruktions‑Phrase eines französischen Redners.“ Später heißt es: Ja, ist nicht die sämtliche Christenheit eine privilegierte Kaste, den Juden gegenüber? Konnten und durften sie übergangen werden, als sich der demokratische Geist der Dichter zum Rächer suspendierter Menschenrechte waffnete und der Freiheit eine Gasse, der Mooshütte des schwielenvollen Fröners in der Literatur eine vorbildliche Perspektive auf die ewige Gerechtigkeit der Volksvertretung öffnete? Nein, auch für diese am schwersten und tiefsten geknechtete Klasse der Staatsbürger trat ein Repräsentant auf, der sie mit dem glänzenden Golde der Poesie aus dem Bagno der politischen Gefangenschaft und der öffentlichen Meinung loskaufte – es war Leopold Kompert. (GW II: 396-397)

Kompert, so heißt es weiter, „entriegelt die traurigen Pforten des Ghettos und zeigt uns im Spiegel der Dichtung, die ihre Schönheit nur von der Wahrheit leiht, hinter den eisernen Gittern ein ebenso würdiges Volk als vor denselben“ (GW II: 399). Sogar Ernst Moritz Arndts legendäre National-Frage wird für

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die Juden abgewandelt: „Was ist des Juden Vaterland? Das Land, das ihn mit Schmach und Kränkung überhäuft […]?“ (GW II: 399) Was man also bei verkürzender, oberflächlicher Betrachtung den ‚Antisemitismus Kürnbergers‘ nennen könnte – und es gibt die einschlägigen Formulierungen ab 1869 – ist eingebettet in komplexere Zusammenhänge und Prozesse: in das Verblassen und Auflösen der 1848er Tradition einerseits und eine kunstphilosophische Debatte über Denkmäler anderseits. Als drittes und vielleicht mächtigstes Moment könnte man die narzisstische Kränkung Kürnbergers sehen, es nie zum Theaterdichter gebracht zu haben. Aus dieser Kränkung bezog er die Energie für die Schärfe seiner politischen und literarischen Feuilletons. Zeitgenossen und Nachwelt haben über diesen ‚Antisemitismus‘ Kürnbergers hinweggesehen. Weder Karl Kraus (der allerdings eine zweifelhafte Quelle für derartige Einschätzungen wäre) noch Ludwig Wittgenstein (der Kürnberger als Motto-Spender für die erste Fassung des Tractatus verwendet) noch Ingeborg Bachmann haben daran Anstoß genommen. Das ändert noch nichts an dem Faktum von Kürnbergers antisemitischen Anwürfen. Für eine bessere Einschätzung der Genese seiner Äußerungen gilt es allerdings, die historischen und individuell-zufälligen Momente auseinanderzulegen. Was war die persönliche Ebene, was der politische Rahmen der Entwicklung?

2. Pathos der Revolution und schillerndes Verblassen 1867 kommt es in der nachgeholten Aufarbeitung von 1848er Forderungen durch das Staatsgrundgesetz zur endgültigen legistischen Emanzipation der Juden (Pulzer 1966: 17). Gerade in der Folgezeit verschärft sich der Antisemitismus und wandelt sich vom religiösen zum rassistischen; andere nationale Hassgefühle wirken nach dem ‚Ausschluss‘ aus Deutschland (mit der Schlacht von Königgrätz und nach dem Ausgleich mit Ungarn) verstärkend, ebenso die Reichsgründung 1871 und der Börsenkrach von 1873; die Wiener Burschenschaft ‚Libertas‘ schließt ab 1878 auch getaufte Juden von der Mitgliedschaft aus, in den 1890er Jahren schließen beinahe alle Burschenschaften (nicht alle Studentenverbindungen) Juden aus, 1897 kommt es durch Bürgermeister Karl Lueger zur „Eroberung Wiens“ (Pulzer 1966: 162) und damit zu einer Art Schulterschluss von akademischer Intelligenz und kleinbürgerlicher Massen-

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bewegung. Hier lernte Hitler seinen Antisemitismus. Beide Komponenten, akademischer Hintergrund wie kleinbürgerlich-demokratische Bewegung, sind für die Detailfrage hier, den ‚Antisemitismus‘ Kürnbergers gegenüber Frankl, entscheidend. Das Jahr 1848 hatte ja beide noch einig gesehen. Frankl war mit seinem ersten zensurfreien Gedicht Die Universität hervorgetreten, das den Anteil der Studenten und der akademischen Intelligenz an der Revolution bestätigte und verstärkte. Kürnberger hat die meisten seiner etwa 30 Publikationen des Jahres 1848 in Frankls Publikationsorganen, hauptsächlich in den Sonntagsblättern mit den Beilagen Literaturblatt und Kunstblatt publiziert. Die enge Verbundenheit hält an und ist durch die Briefe Kürnbergers an Frankl dokumentiert (aus Dresden, 22. November 1848 bis 10. Februar 1849), die in überschwänglichen Formulierungen an Frankl appellieren, dem Theaterstück Quintin Messis den Zugang zur Bühne des Burgtheaters zu verschaffen, sei es durch Intervention beim Burgtheaterdirektor Franz Holbein, sei es durch Mithilfe an der Umgestaltung des Stücks. Beide Zumutungen, denen Frankl offenbar nachgegeben hat, haben nicht zum Erfolg geführt, das Stück ist – wie alle folgenden theatralischen Bemühungen Kürnbergers – ohne Erfolg geblieben. Überschwänglichkeit und Unterwerfungsgesten kennzeichnen den Beginn dieser Briefe: Dresden, Donnerstag d. 22.11.1848. Werthester Herr Doktor! Ich erfülle eine der schönsten u. angenehmsten menschlichen Pflichten, indem ich Ihnen nochmals für die vielen u. lautsprechenden Beweise Ihrer edelmüthigen Theilname u. Zuvorkommenheit, womit Sie die letzten Stunden meines traurigen Aufenthaltes in Wien erfreut haben, meinen wärmsten u. aufrichtigsten Dank ausspreche. Wenn ich dabei das lebendige Interesse, den innigen Antheil, den ich auch an Ihrem Schicksale nehme, für eine würdige Erwiederung Ihrer vielen Aufmerksamkeiten gegen mich halten dürfte, so wäre nie eine freundschaftliche Verbindlichkeit leichter u. angenehmer bezahlt geworden, denn ich darf mir mit freudiger Zuversicht das Zeugniß geben, daß ich von ganzem Herzen Ihnen Theilname, Mitgefühl, Sorge in der allgemeinen Bedrängniß u. die besten Wünsche für eine glückliche, glorreiche, aller rohen Gewalt mit Geistesmacht obsiegende Zukunft hege. (Wienbibliothek, HIN. 101.396)

In der Folge wird Frankl mit allerhand Besorgungen um die in Wien zurückgelassenen Manuskripte und anderer Requisiten betraut, mit denen Kürnberger seine Doppelkarriere als Schriftsteller und Revolutionär fortsetzen wollte. Dem einen sollte eine Empfehlung an Karl Gutzkow dienen, dem anderen das Kostüm: Darf ich neben diesen wichtigeren Dingen noch einen kleinen Wunsch meines Herzens aussprechen, so trage ich inniges Verlangen – nach meiner Legionsuniform. […] Wollen Sie also gefälligt bei nächster vorkommender Gelegenheit, die zu suchen ich Sie dringend

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bitte, mir auch diesen Wunsch erfüllen, u. die Uniformstücke sammt Stürmer, wozu ich noch das fehlende, deutsche Band aus dem Ihren hinzuzufügen bitte, mir herauf in meine nordische Verbannung schicken. Ein Schwert, oder vielmehr einen Hirschfänger, wie sie in Thüringen u. Heßen allgemein sind, gedenke ich schon aus Eigenem zu acquiriren. (Wienbibliothek, HIN. 101.396)

Zum Jahreswechsel (28.12.1848) gibt es noch einen Rückblick: P.S. Freundschaftlichste Grüße von Gutzkow. Den Jahreswechsel will ich hier nicht weiter mit Worten und Wünschen berühren. Wer dürfte in Eile u. Kürze das ungeheure Thema, das Scheiden eines Jahres 1848 abmachen! Ich gratulire Ihnen nicht zum neuen Jahre, ich gratulire Ihnen zum alten! Ich gratulire Ihnen, daß Sie im Jahre 48 gelebt, daran mitgewirkt haben! F.K. (Wienbibliothek, HIN. 101.403)

Neben Leopold Kompert und Samuel Tauber, wurde auch Frankl beauftragt, ausständige Honorare einzutreiben. Das dürfte teilweise gelungen sein, denn Anfang 1849 heißt es an Frankl aus Dresden: „Werthester Herr Doktor! Für Ihre treue u. eifrige Behandlung meiner Interessen empfangen Sie meinen wiederholten innigsten Dank“ (Wienbibliothek, HIN. 101.404). Weder die literarischen noch die politischen Hoffnungen Kürnbergers sollten sich erfüllen. Ein Rückblick, gut 16 Jahre nach der Revolution, gibt davon Kunde. Er wird allerdings erst 1906 von Karl Kraus in der Fackel publiziert als Eingabe an S. Exzellenz den Staatsminister Grafen Belcredi. Kraus nennt Kürnberger an dieser Stelle „den größten politischen Schriftsteller den Österreich je gehabt hat“, konstatiert aber gleichzeitig: Es gibt kein Andenken Ferdinand Kürnbergers. Wer sollte sich auch in den Tagen, da der öffentliche Schwachsinn durch dreihundert Aufführungen der „Lustigen Witwe“ in Anspruch genommen ist, daran erinnern, dass ein großer Publizist, ein feiner Romancier und Novellist, ein Dramatiker jenes Namens einmal in Wien gelebt hat? (Kürnberger, cit. Die Fackel 1906: 5-6)

Kraus argumentiert freilich auch in die Gegenrichtung: Aber das Entsetzliche ist, dass, was einem Kürnberger geschah, heute dem letzten Laufburschen eines Zeitungsgeschäftes nicht mehr geschehen könnte. Und immer noch jedem, der nicht über das Machtmittel der Druckerschwärze verfügt! (Kraus, Die Fackel 1906: 5-6)

Kraus argumentiert gegen die Machtausübung der Presse, gegen die Umkehrung der Machtverhältnisse, und in jenem „letzten Laufburschen eines Zeitungsgeschäfts“ ist schon der Kommis antizipiert, der in Heine und die Folgen an den Brüsten der deutschen Sprache fingern wird, nachdem ihr Heine das Mieder gelockert hat. Kraus ist dort selbst Antisemit, und der Antisemitismus Kürnbergers, wenn er ihn je bemerkt haben sollte, war für ihn wohl kein Grund zur Ablehnung.

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Es zeigt sich, dass der (nach Kraus) „größte politische Schriftsteller“ im Jahr 1866 seine 1848er Antezedentien herunterspielt, freilich im persönlichen Interesse: „Es war einmal im Jahre 1848 – ich weiß nicht mehr ob vor oder nach Christi Geburt, jedenfalls ist es schon lange her – eine gewisse Erregung unter den Leuten, und ich war einer von den Millionen Erregten“ (Kraus, Die Fackel 1906: 16). Kürnberger ging es um die Ausstellung seines Passes, den er als Achtundvierziger nicht bekommen hatte, bzw. um die polizeiliche Verfolgung, der er durch die österreichischen Behörden ausgesetzt war, weil er illegal nach Deutschland ausgereist war. Unterdessen war nämlich Kürnberger 1866 Sekretär der Schiller-Gesellschaft in Österreich geworden. Das ist nicht ohne Bezug zum Jahr 1848 zu verstehen. Der lange Arm der österreichischen Bürokratie erreichte ihn 1866 teils wegen, teils trotz dieser Funktion. Die österreichische Bürokratie rechnete wohl zusammen und befand, er müsse eine kurze Gefängnisstrafe wegen Passvergehens absitzen. Das vermittelnde Datum zwischen 1848 und 1866 ist die Schillerfeier des Jahres 1859 und die Gründung von Zweigvereinen der Schillerstiftung in Österreich. Beides belegt, dass Schiller als literarisch-politische Leitfigur der nachrevolutionären Ära fungiert. Er stellt ein klassisch-zentralistisches Moment der deutschsprachigen Literatur in der Habsburgermonarchie dar. Damit wird er auch in die Legitimationsdebatte dieses Staates einbezogen, in der kulturnational-deutsche Interessen in permanentem Konflikt mit den staatsnationalen der Vielvölkermonarchie stehen. Schiller zieht die ideologischen Projektionen auf sich, welche von 1848 über 1859, 1866 bis 1870/71 die historischen Ereignisse umspielen: von der Reprise des 1848er demokratischliberalen Pathos im Jahre 1859 bis zum Nationalismus und Rassismus der frühen 1870er Jahre. 1855, zur Zeit der „blutigen Ohrfeige“ (Grillparzer) des Konkordats wurde Grillparzer vom Leipziger Schiller-Verein zum Mitglied gewählt, „und wahrlich Sie haben recht getan“, schreibt er zurück. Nicht als wollte ich meinen eigenen Erzeugnissen damit einen besonderen Wert zuschreiben, aber es gibt keinen größeren Verehrer Schillers in Deutschland als mich. Goethe mag ein größerer Dichter sein, und ist es wohl auch; Schiller aber ist ein größeres Besitztum der Nation, die starke, erhebende Eindrücke braucht, Herzensbegeisterung in einer am Mißbrauch des Geistes kränkelnden Zeit. (Grillparzer; cit. Pörnbacher 1970: 852)

Das Schillerfest vom November 1859 zielte auf diesen Effekt, bot aber als erste öffentliche politisch-literarische Manifestation nach der Revolution auch die Gelegenheit, alte Parolen und alte Helden aufzuwärmen; als eine den deutschen Genius glorifizierende Feier wurde sie Ansatzpunkt deutsch-

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nationalistischer Agitation, aber auch anderer Hoffnungen. Natürlich fand Grillparzer dann auch ein Haar in dieser Suppe, die nur teilweise nach seinen Wünschen angerichtet wurde. Er war, so heißt es in den Aufzeichnungen der Helene Lieben, zum Mitglied des Schiller-Feier-Komitees gezwungen worden, denn er hatte keine Lust zu der ganzen Geschichte: ‚Es werden gewiß wieder eine Menge Dummheiten gemacht werden; auch gefällt es mir nicht, dass die Deutschen jetzt um jeden Preis die Volkstümlichkeit Schillers im politischen Sinne hervorkehren wollen, als ob dies sein größtes Verdienst wäre. […] Jetzt wollen sie Schiller durchaus zur Einigung Deutschlands benützen – mein Gott, wenn sie sonst nicht einig sind, so werden sie es durch diese Feste nicht werden.‘ (Grillparzer; cit. Pörnbacher 1970: 967)

Schon 1858, im Vorfeld der Feier, war die Gründung eines Wiener Zweigvereins der Schillerstiftung initiiert worden, ausgerechnet von Friedrich Halm, einem der Konkurrenten Grillparzers in seiner Beamtenkarriere. Halm wurde auch Obmann des Zweigvereins, Leopold Kompert und Salomon Mosenthal waren Schriftführer (Goehler 1909: 19f.).2 Beides, Feier wie Verein, mögen im Rückblick grandioser erscheinen als sie waren. Die Schillerstiftung unterstützte vor allem mittellose Schriftsteller, der notorisch in Geldnot befindliche Adalbert Stifter hat mehrmals Zuwendungen bezogen. Schon Karl Gutzkows dritter literarischer Bericht von 1863 über den Gesamtverein, der in Weimar residierte, hatte allerdings die Illusionslosigkeit erkennen lassen, mit der im Namen des deutschen Idealismus Literaturpolitik und Geldverteilung betrieben wurden, hatte die verschiedenen literarischen Cliquen genannt, die befriedigt werden wollten und mit Häme auf den „ganze(n) Anhang der Oberlehrer und Gymnasialprofessoren Norddeutschlands“ (Goehler 1909: 117) hingewiesen. Nun sollten wohl auch die Süddeutschlands und der Habsburgischen Gebiete dazukommen, der ‚Vorort‘ der Stiftung wurde 1866 nach Wien verlagert. Wie 1859, vor der Schillerfeier, kam auch hier ein Denkanstoß aus der Politik, aus einem verlorenen Krieg, und befestigte den Mut der Verzweiflung. Ferdinand Kürnberger, eben zum Sekretär der Stiftung gewählt (seine Konkurrenten waren u.a. Ludwig August Frankl, Ludwig Speidel und Emil Kuh), setzt zum Geburtstag Schillers 1866 den Zeitläufen seine programmatische Darstellung des Instituts ‚Schillerstiftung‘ entgegen: Tausende von Deutschen, irre geworden an einem Deutschland, welches zum Stoffe hasardierender Rechen-Exempel herabgesunken, mögen jetzt in der Schiller-Stiftung eines jener wenigen und unschätzbaren Gebilde erblicken, welche das Gemeingefühl der Nation darstellen, den ununterbrochenen Gedanken der deutschen Einheit und, sagen wir mindes2  Die Gründung erhielt nach einem Ansuchen vom 15.01.1859 am 06.02.1859 die kaiserliche Bewilligung und – in der Folge – beträchtliche Zuwendungen vom Kaiserhaus.

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tens, geistigen Freiheit, einen Gedanken, welcher in der Schiller-Stiftung so erhaben über den Parteien thront und von den mächtigsten Gewalten des Tages so absolut unberührt bleibt, als wäre Bismarck ein Name aus einem Cooperschen Indianer-Romane oder Königgrätz ein ausgebrannter Krater im Monde. (Goehler 1909: 15)

Sogar der Caesarismus, die in Frankreich vorgeführte aktuelle Gefahr der Despotie, erschien in diesem Lichte ungefährlich: „Kein Cäsar wird je in Deutschland Glück machen, wenn er nicht etwas von Schiller hat, denn nicht der Cäsarismus – der Idealismus ist Deutschlands Regierungsprinzip“ (Goehler 1909: 18). Nun, auch politische Schriftsteller können sich täuschen. Bismarck setzte nicht auf Reden und Majoratsbeschlüsse, sondern auf Eisen und Blut, und räumte rhetorisch zumindest mit „jener Menge katilinarischer Existenzen“ auf, „die ein großes Interesse an Umwälzungen haben“ (Bismarck 1928: 140). Kürnberger, der ein Katilina-Drama seit mehr als einem Jahrzehnt in der Schublade hatte, war allerdings lernfähig, die Lektion des Preußisch-Französischen Kriegs und die Reichsgründung überzeugten ihn, wie viele andere seiner Generation und seiner Profession, völlig. Andere gingen in die Gegenrichtung: Franz Schuselka, alter Achtundvierziger und Redner an der Schillerfeier von 1859, wechselte das Lager. Den deutsch-nationalen Erwartungen konnte oder wollte er nicht mehr entsprechen und so wurde er in den Augen der Zeitgenossen zum Renegaten der Revolution. Sein föderalistischer Kurs, sein Appell zur „Völkereinigung“, seine „Vorschläge zur Versöhnung der Nationalitäten Österreichs“ nach dem Muster der Vereinigten Staaten von Amerika stellten ihn ins politische Ausgedinge, er wurde als Verräter an der deutsch-liberalen Sache gemieden, und nach Drohungen beendete er 1871 seine politische Karriere; er, der wahrscheinlich der beliebteste Redner und Volksheld der Revolution von 1848 gewesen war, mit einem Kult, der sich in modischer Nachahmung von Schuselka-Bart, Schuselka-Hut und SchuselkaBusennadeln geäußert hatte (Wurzbach 1999: 380). Ende Dezember 1868 lieferte Kürnberger seinen letzten Bericht für die Schillerstiftung ab. Unterdessen hatte er sich als politischer Feuilletonist etabliert.

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3. Erz und Papier: Das Denkmal Schillers Der verbal-rhetorischen Schiller-Verehrung folgte ab 1868 die Kampagne für ein Schillerdenkmal. Am 21. März erfolgte ein Aufruf für ein Schiller-Denkmal, unterzeichnet von Anastasius Grün, der die Liste anführte, über Franz Grillparzer, Eduard Hanslick, Heinrich Laube, Friedrich Halm bis zu Constant von Wurzbach und Andreas Zelinka, dem Bürgermeister von Wien, und dem Philosophen Robert Zimmermann. In ihrer Mitte Ludwig August Frankl. Geldbeträge wurden gegen Bestätigung angenommen von Stefan von Schey, Zuschriften waren „‚An das Schillerdenkmal-Comité in Wien‘, zu Handen des Vicepräses desselben, Herrn Ludwig August Frankl, Seitenstättengasse Nr. 4, gefälligst zu adressiren.“ (Kapner 1973: 107) Die Textierung des Aufrufs ist Anastasius Grün zu verdanken. Die Erinnerung an die Schillerfeier 1859 macht den Anfang, die „folgenschwere Katastrophe“ von Königgrätz und der folgende Ausgleich mit Ungarn entmutigen nicht, es besteht vielmehr die Hoffnung, „dass vermorschende Grenzpfähle jenem geistigen Zusammenhange, welchem es sein Bestes, Edelstes und Heiligstes dankt, keinen Abbruch thun können und sollen!“ (Kapner 1973: 106) Auf die neue Situation, den Ausschluss aus dem von Bismarck anvisierten Deutschen Reich war zu reagieren. Im Text Grüns sollte Schiller auch für den Vielvölkerstaat reklamiert werden: „Wenngleich der deutsche Stamm zunächst berufen sein mag, zu den Ehren seines nationalen Dichters mitzuwirken, so lebt doch in den Grenzen dieses weiten Reiches kein Volksstamm, dessen Geistesleben sich dem bewältigenden Einflusse jener Ideenwelt zu entziehen vermöchte, als deren würdigsten Träger der grosse Dichter nicht einem Cultur‑Volke allein, sondern der ganzen gesitteten Menschheit gelten darf.“ (Kapner 1973: 106) Bis zur Enthüllung des Denkmals sollte es allerdings noch acht Jahre dauern. Am 10. November 1876 wurde das Denkmal enthüllt, schon am 1. Oktober war die Liste der Spender veröffentlicht worden, an deren Spitze sich Kaiser Franz Josef mit 1000 Gulden eintragen ließ (Sisi und Erzherzog Rudolf zahlten je 500). Der großzügigste Einzel-Spender war der Kassier des Denkmal‑Comités, Stefan Frh. von Schey, mit 1600. Der Gemeinderat der Stadt Wien war mit 5000 Gulden dabei, eine Benefizvorstellung der Agnes Bernauer von Friedrich Hebbel im Dezember 1868 hatte 1682 Gulden und 86 Kreuzer erbracht. Die Familie Frankl war mit kleineren Beträgen vertreten (Kapner 1973: 112-125). Kürnberger ist nicht unter den Spendern. Im Tagebuch notiert er am 5. November 1876: „Eine Zusendung

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[doppelt unterstrichen] des Schiller Denkmal=Comite´s vorgefunden. Bleibt uneröffnet liegen. – Gute Evac“. Kürnberger hatte eine Niederlage zu verdauen. Am 10. November, dem Tag der Enthüllung heißt es im Tagebuch: „Zwischen 10 u. 11 bewirkt niedergehender Schneenebel die finsterste Stunde des Jahres; es ist fast Nacht. Und just das ist die Enthüllungsstunde des Schillerdenkmals! Der Himmel scheint d´accord mit meiner ‚Opposition‘.“ Erst am 13. November notiert er: „Gang zur Schillerstatue“.3 Alle polemische Mühe, die er gegen die Statue aufgewendet hatte, war also umsonst. Im Oktober, einen Monat davor, hatte er den Band der literarischen Feuilletons, die Literarischen Herzenssachen, abgeschlossen; deren Höhepunkt und Endpunkt ist der dreiteilige Essay „Vom Denkmalsetzen in der Opposition“, den er zwischen 1868 und 1873 geschrieben hatte und der im November und Dezember 1873 in der Deutschen Zeitung erschienen war. Wie sehr ‚Schiller‘ dennoch seine Sache war, zeigt eine Briefstelle aus dem Jahr 1871, als Kürnberger einmal – und auch das nur für kurze Zeit – Hoffnung schöpfen konnte, auf dem Theater zu reüssieren. Anlässlich der Erstaufführung seines Dramas Firdusi am 4. November 1871 in München, feierte Kürnberger seine zweite Geburt, die als Dramatiker. Ein Münchener Rezensent hatte das Stück nicht auf den Grundton „Weilen und Mosenthal, sondern [...] eher auf Tasso“ gestimmt gefunden. „Damit ist mein Name“ – so Kürnbergers Reaktion in einem Brief – im Großen und Ganzen an seine richtige Stelle gestellt, und wenn ich mir auch nicht einbilden werde, daß er bei Goethe stehen kann, so sehe ich doch, es wird ein Name sein ungefähr wie Otto Ludwig, Hebbel, Heinr. v. Kleist, kurz ein Dichtername, kein HandwerkerName. [...] Die tiefste und niedrigste Stelle ist zurückgelegt und es kann jetzt nur aufwärts gehen ... Wissen Sie, daß jetzt Schillers Geburtstag ist? Er wurde im ersten Jahre geboren, ich im fünfzigsten. Die Hauptsache ist – daß man nicht ungeboren stirbt. (Kürnberger 1871; cit. Deutsch 1907: 214f.)

Das Ziel schien erreicht, auf das der seit Ende der 1840er Jahre, seit den Briefen an Frankl und den Verhandlungen mit den Burgtheaterdirektoren Franz Holbein und Heinrich Laube hinsteuerte, ein Ziel, für das er jederzeit die Erfolge auf dem Feld des Romans und des Feuilletons geopfert hätte. Es sollte aber nichts (oder wenig) draus werden: „Die Münchener FirdusiTantiéme hat mir bare 53 fl 7 kr. eingetragen. Es scheint, das Stück wird nicht mehr gegeben. Ich sage, es scheint, denn ich würdige Baron Perfall meines 3  Handschriftliches Tagebuch Ferdinand Kürnbergers 1876, Wienbibliothek HIN. 76183 I a (14541).

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Briefwechsels nicht“, schreibt Kürnberger am 31. Jänner 1872; er ist gesundheitlich angeschlagen, nimmt Morphin gegen Krampfhusten und verschiebt die geplanten Vorlesungen in Deutschland auf später.4 Im literarischen Feuilleton ist sein Elan jedoch ungebrochen, er schreibt (vielleicht auch zur Kompensation) in dieser Phase mehr als je zuvor und einige seiner brillantesten Feuilletons. Was waren Kürnbergers Gründe für die Opposition gegen die SchillerStatue? Wenige Monate nach seiner Tätigkeit in der Schiller-Stiftung hatte Kürnberger sein erstes polemisches Feuilleton gegen Frankl und das Schiller-Denkmal-Comité geschrieben, „Vom Denkmal‑Bettel“ (Presse vom 12.02.1869, GW II 303-310). Er war damit nicht allein. Schon im Jänner 1869 war ein viel witzigeres Feuilleton von Daniel Spitzer publiziert worden. Im Traum erscheint dem Feuilletonisten ein Abgesandter Frankls, freilich unter der Voraussetzung, dass er, Spitzer, tot sei: ‚Herrn Dr. Ludwig August Frankl hat Ihr Tod tief erschüttert, und so hat er beschlossen, Sie vor der Vergessenheit zu bewahren und‘ --- ‚Friede sei meiner Asche!‘ unterbrach ich den Sprecher erschreckt, als wenn ich schon unter die Füße der Franklschen Trauerverse gerathen wäre. ‚Besorgen Sie nichts‘, bemerkte der Fremde lächelnd, ‚der Doktor denkt nicht daran, auch Ihnen einen Nekrolog nachzusenden wie tausend Andern, vielmehr geht er mit der Idee um, sie monumental zu behandeln, gleichwie er ... unserem unsterblichen Schiller ein Standbild zu errichten beschlossen hat.‘ (Spitzer 1869; cit. Kapner 1973: 108f.)

Frankl habe zu diesem Zweck nicht nur ein Herren – und ein Damen-Comité, sondern auch ein Kinder-Comité eingerichtet, in dem sein erstgeborenes Knäblein Obkind sei. Ich war fast zu Thränen gerührt, als ich diese Subskriptions-Einladung für mein Monument gelesen hatte, und ich sah ein, dass man eben selber verstorben sein müsse, um die Verdienste des Herrn Frankl würdigen zu können [...]. (Spitzer 1869; cit. Kapner 1973: 108f.)

In Kürnbergers Feuilleton Vom Denkmal-Bettel hallt (anders als bei Spitzer) sichtlich die Enttäuschung nach, mit den eigenen Theaterstücken nicht reüssiert zu haben. Das wird verallgemeinert zur Behauptung, dass der DenkmalBettel durch Benefizvorstellungen Geld für das lebendige Theater abziehe. Schiller selbst sei mit den Gedichten Pegasus im Joche und Die Theilung der Erde Zeuge für die erbärmliche Rolle des Dichters in der Welt. Die Denkmal-Proponenten forderten dem deutschen Theater, welches die deutschen Dichter ohnedies kurz genug hält, Summen auf Summen ab, um diese Gelder – dem Marmor oder der Bronce, also der todten Hand zuzuwenden. Was aber die todte Hand gewinnt, das verliert selbstverständlich die lebendige. […] 4  Briefe an eine Freundin: 218.

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Dabei sind diese Herren aber nicht etwa – verkleidete Dienstmänner und Commissionäre der Bildhauer, nein, die Tollheit ist completer; sie sind am häufigsten selber Poeten oder jedenfalls Liebhaber der Poesie, bilden sich ein, vor der übrigen Volksmasse den Interessen der Poesie näher zu stehen, kurz, sind „begeistert für alles Edle, Schöne und Gute“, wie es im Curialstyl der Philister heißt. (GW II 303-304) Kurz und gut, die deutsche Theaterkasse, wenn sie Jahresbilanz macht und im abgelaufenen Jahre so manches stattliche Tausend dem Denkmal-Bettel geopfert sieht, einem Bettel, der ihr auch fernerhin droht, wird sich darauf einrichten und sich vornehmen, im nächsten Jahre um ein neues Stück weniger anzunehmen, die tantièmepflichtigen Stücke ein wenig seltener, diejenigen, welche nichts kosten, ein wenig öfter zu geben; mit Einem Worte, der ganze Voranschlag wird zum Nachtheil der lebenden Dichter ausfallen, er wird sich strecken nach der Decke und diese Decke, ohnedies kurz genug, ist eben durch den DenkmalBettel noch weiter verkürzt worden. Die Theatersteuer für Denkmäler wird also stets auf die lebenden Theaterdichter umgelegt werden. Man kann sich darauf verlassen, daß diese und immer nur diese es sind, welche die Denkmalsteuer zu tragen haben. Es muß als ein unanfechtbarer national-ökonomischer Grundsatz erkannt werden: was der deutschen Theaterkasse entgeht, das entgeht dem deutschen Theaterdichter. (GW II: 305)

Der literaturpolitischen Begründung folgt eine kunsthistorische: Das Denkmalsetzen in Standbildern ist keine nordische Sitte: wir haben es von den Alten adoptirt. Aber in der ganzen antiken Literatur findet sich nicht die leiseste Andeutung, daß die Römer und Griechen ihre Denkmäler mittels Hausbettel gesetzt hätten. (GW II: 308)

Kürnberger kann sich nationale, d.h. von der Volksvertretung oder durch National-Subvention finanzierte Denkmäler vorstellen, aber nicht durch ‚Hausbettel‘ aufgestellte. Gerade darin lag aber offenbar die kulturpolitische Intention des Denkmalkomitees, nämlich das Schillerdenkmal als demokratisch fundierte und demokratisch finanzierte Geste zu setzen. Für Ludwig August Frankl hingegen stellt sich in seinen Erinnerungen das Denkmalsetzen als eine auf die Revolution von 1848 gerichtete Aktion dar. Seinen Bericht über die Wiener Studenten beginnt er mit einer etwas weit ausholenden Vorgeschichte. Die Erzählung ist dabei gewiss von seinen späteren Strebungen als Denkmalsetzer geprägt: „In Alt-Österreich durfte keinem Staatsmanne, keinem Feldherrn, keinem Meister in der Wissenschaft oder Kunst eine Statue errichtet werden. Es musste sonach in der gemeinherrschenden Anschauung als ein freisinniger Fortschritt angesehen werden, dass im Jahre 1842 dem ‚Musikanten‘ Mozart in Salzburg eine Statue errichtet wurde“ (Hock 1910: 314). Frankls Befund wird durch die Kunstgeschichte zum Teil bestätigt. Im Gegensatz zu Paris, London und anderen großen Städten fehlten in Wien dynastische Monumente. Die österreichischen Barockkaiser wünschten Verehrung nicht für sich, sondern für Gott, schreibt Gerhard Kapner (Kapner 1973: 1). Den Anfang des Denkmalkults in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts machen dann allerdings die Denkmäler der Dynastie und

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ihrer Feldherrn: Erzherzog Carl, der Sieger von Aspern, Prinz Eugen und Feldmarschall Karl Schwarzenberg, der Führer der Alliierten in der Völkerschlacht bei Leipzig. Die Aufstellung der Monumente 1860, 1864 und 1867 kontrastierte zu den wenig ruhmreichen Schlachten von Magenta und Solferino (1859) und Königgrätz (1866), für die keine Denkmäler zu setzen waren, wie Kaiser Franz Josef gehofft haben mag und die kritische Öffentlichkeit bemerkte (Kapner 1973: 92-94). 1859 wurde, anderseits, Schillers Geburtstag als Chance genützt, an die bürgerlichen Freiheitsforderungen von 1848 zu erinnern, vor allem an die Forderung nach freier Rede. Das mag Frankl bewogen haben, schon die Enthüllung des Mozart-Denkmals in Salzburg im Lichte bürgerlicher Opposition zu sehen. Die Initiative war allerdings auch damals eine ‚dynastische‘, sie kam von Ludwig I. von Bayern. Zur Enthüllungsfeier kamen dann auch, wie Frankl berichtet, deutsche Studenten mit schwarz-rot-goldenen Pfeifenquasten und Bändern, was in der Folge zur Gründung von Burschenschaften in Wien führte. Noch in seinen spät geschriebenen Erinnerungen konnte Frankl nicht ahnen, dass diese Studentenverbindungen Zellen des Antisemitismus werden sollten, wie oben erwähnt. Kürnberger hingegen unterstellt 1869 für das Schillerdenkmal durchaus persönliche Motive und ignoriert die politischen: Kommt nichts zusammen, – und ich habe es immer so geahnt, – dann ist eure ganze Denkmalsetzerei eben nicht Nationalsache, wie es eure Phrasen so widerlich lügen, sondern sie ist eben Privatsache, sie ist Sache eurer persönlichen Liebhaberei, um nicht das Schlimmere zu sagen, eurer persönlichen Eitelkeit. Dann hat der Banquier Königswarter u.a. auch nichts für Schiller gegeben, sondern er hat gegeben für L. A. Frankl, den Sammler und Glaubensgenossen, der ihn persönlich bedrängte. Und hier eben ist’s, wo ich nach der Polizei rufe. (GW II: 309)

In der Nennung der Namen und im Tonfall steckt hier die antisemitische Invektive. Es sollte zu Kürnbergers Missbehagen doch etwas ‚zusammenkommen‘, wenn es auch dauerte. Auch 1876/77, nach der Denkmal-Enthüllung, war Kürnberger mit seiner Polemik nicht allein. Das bissigste Feuilleton gegen Frankl kam wiederum von Daniel Spitzer, anlässlich der Nobilitierung Frankls. So wie Mosenthal und Weilen nach langjährigem mühseligen Dichten, hat nun auch Frankl, der Sänger der Freiheit und anderer berühmter Verstorbener, diesen Orden erhalten, der zu den Eigentümlichkeiten des israelitischen Volkes gehört. Jedes Totengräberkind weiß, welche Verdienste Frankl sich um die Bewohner der Friedhöfe Wiens erworben hat. Er war hinter dem Leichenwagen jedes illustren Verstorbenen zu finden, so dass die Rappen freudig wieherten, wenn der alte Stammgast aller Leichenzüge schwarz gekleidet und zuletzt sogar mit schwarzgefärbtem Bart und Haar sich auch nur in der Ferne zeigte, und es ging wiederholt die Rede, er sei zum Ehrenmitgliede der Entreprise des pompes funèbres

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ernannt worden. Obwohl er Arzt ist, hat er doch den ärztlichen Beruf niemals ausgeübt, eine Enthaltsamkeit, die umso überraschender ist, da doch zweifellos der Arzt Frankl dem Nekrologisten Frankl eine zahlreiche Klientel verschafft hätte. (Spitzer 1877; cit. Kalbeck, Deutsch 1914: 134-135)5

Kürnberger hat Spitzers Feuilleton mit Genugtuung im Tagebuch vermerkt. Er selbst blieb – im Gegensatz zu Spitzer – eher humorlos und versuchte, seinen Ärger über das Schillerdenkmal und Frankls öffentlichen Anspruch, Schiller zu vertreten, auf ein anderes Fundament zu stellen, das der Kunstgeschichte und Kunstphilosophie. Auch diese Argumentationslinie reicht weiter zurück; Kürnberger hatte sie schon vor der Revolution aufgenommen und bei Frankl in den Sonntagsblättern publiziert. Im Feuilleton „Ich möchte lesen lernen“ in Frankls Sonntagsblättern vom 9. Jänner 1849 nimmt Kürnberger den Gegensatz von antiker und moderner Kunst auf und bestimmt die je dominanten Kunstgattungen: Ja, die Werke unserer Musik geben uns Ersatz für die Werke des alten Meißels; in der Musik sind wir Modernen, was die Alten in der Plastik waren, diese Kunst dürfen wir der ihrigen so kühn entgegensetzen wie keine andere. (GW II: 348)

In der Rezension zur Ausgabe von Schillers und Goethes Briefwechsel (1870) wird diese Argumentation auch gegen hohe Autorität wiederaufgenommen und in die Polemik gegen das Schillerdenkmal eingebaut: Es war von dem seligen Jakob Grimm, welcher die Lebendigkeit des deutschen Volksthums, wie Keiner, empfand, doch etwas Unlebendiges, Abstractes und Todtes, kurz ein kleines Schulmeisterzöpfchen, das ihn menschlicherweise in den Nacken schlug, als er im Rausch der hundertjährigen Schillerfeier das Wort hinwarf, jede Stadt, jedes Dorf sollte sein Schiller-Denkmal haben, man sollte das Bild unseres Dichters von Ort zu Ort, an Brunnen und unter Dorflinden erblicken können. (GW II: 140)

Dagegen setzt Kürnberger: Ein heiliger Schiller wäre unter deutschen Bauern und deutschen Bäuerinnen ein gewaltiger Schnitzer, und den ‚großen Mann‘ verstehen sie vollends nicht. Ferner war das Genie der Plastik die eigenthümliche Naturgabe der Griechen, die nicht jedes beliebige Volk sich ertrotzen kann, die sich nicht willkürlich nachahmen und nachäffen läßt. Die griechischen Finger bilderten, man möchte sagen fast schon im Mutterleibe; das war ein unaufhörliches, angebornes Spielen und Bilden in Thon, ungefähr wie bei uns auf den Klaviertasten. Der griechische Mozart war ein Bildhauer und nannte sich Praxiteles, der griechische Beethoven war auch ein Bildhauer und nannte sich Phidias. (GW II: 141).

5  S. auch das Feuilleton Spitzers „Frankls Totenklage“ vom 23. April 1871, Spitzer 1912: 26‑29.

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Der deutsche Volksgenius sei dichterisch, musikalisch, weniger schon malerisch, zuletzt aber ganz und gar unplastisch. Eine „plastische Sündfluth von Schillerköpfen“ könne nie volkstümlich werden, und der Gebildete brauche sie für sein Verhältnis zu Schiller nicht. Nicht was sich sehen, sondern was sich denken läßt, liegt im Bedürfniß und in der Neigung der Deutschen. Die nationalste Schillerstatue ist immer Schiller selbst, und die EinthalerAusgabe seiner Werke, welche einen Schiller für Hunderttausende schafft, ist das volksthümlichste, einzig wahre und wirkliche Schillerdenkmal. (GW II: 142)

Zum Jahreswechsel von 1869 auf 1870 hatte Kürnberger auch in einem politischen Feuilleton Frankl attackiert, allerdings verdeckt und pauschal, aber wer das Feuilleton „Vom Denkmal‑Bettel“ gelesen hatte (knapp ein Jahr davor) konnte die Zusammenhänge herstellen. Ziel der Polemik ist zunächst Börne, dem die prophetische, prognostische Kraft des Genies Goethe ermangle, schließlich aber „jenes im unsittlichen Ichkultus versunkene, von Reklame zu Reklame kriechende Wurmgeschlecht, welches sich heutzutage Dichter nennt“ (Kürnberger 1910: 106 [= GW I 103-108]). Die Lektüre von Thomas Carlyle dürfte zu diesen Schematisierungen ermutigt haben. 1870/71 kamen andere Emotionen flankierend hinzu. Die deutsche Reichsgründung hat neben den politischen Feuilletons auch die Polemik auf dem Feld der Literatur befeuert. Die Bedrohung, durch die slawischen Teile der Monarchie majorisiert zu werden, provoziert bei Kürnberger einen manifesten Rassismus. Der „Reclame“ als publizistischem Phänomen wird eine „ethnologische“ Begründung unterlegt, die Slawen und Juden gleichermaßen gegen den „Deutschen“ absetzt. Im Feuilleton „Der Reclamewolf in der Schafhürde“ von 1872 heißt es: Sprechen wir aber jetzt von der Wurzel und von dem ethnologischen Grunde der Erscheinung! Wir haben dann, die Sonde so tief geführt, von einem der undeutschesten Züge Wiens zu sprechen, wovon instinctiv nicht viel gesprochen wird. Und kommt er zur Sprache, so heißt er – Gemüthlichkeit! […] Gemüthlich nennt ihr das? Feig ist es, schlaff, schlotterig, waschlappig, mattherzig, schwachmüthig, kraftlos, nervlos, energielos, widerstandslos, Mangel an Muth, Männlichkeit, Wehrhaftigkeit, Mangel an Kern, Härte, Festigkeit, an Prall und Gegenprall, Alles Fladen, nichts Stahl und Stein! Euer ewiges Bedürfniß, liebenswürdig zu sein und den Charmanten zu spielen und gute Gesichter zu zeigen, und von Freundlichkeit, Nachgiebigkeit, Gefälligkeit, Wohldienerei und Lieb-Kinderwesen zu überfließen, das ist der slavische Blutstropfen in euch, die Buhlerei, die wollüstelnde Sinnlichkeit, das Weibertemperament, die Weiberschwachheit, und Weiberweichheit. Ein weibliches Volk seid ihr, kein männliches. Nennt euch nicht Deutsche. Der Deutsche kann Nein sagen, der Deutsche stellt seinen Mann. Nichts ist euch unmöglicher. Stirn an Stirn hat kein Wiener je Nein gesagt. Er hat vertröstet, hingehalten, Ausflüchte gemacht und dann – sich ergeben. (GW II: 296f.)

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Zum Exempel dient hier wiederum Ludwig August Frankl, der öffentlich erwähnte Pompfüneberer bei allen Begräbnissen. In schlecht (und zwar mythologisch) verhülltem Neid über die Öffentlichkeitswirksamkeit Frankls wirft sich Kürnberger zu Frankls (= Telemachs) Mentor auf. Das einstige Mündel (von 1848 und danach) will Vormund werden: Welche Talente sollen nachwachsen, wo die Mittelmäßigkeit, wo Null und Unter-Null im Reclamenpomp der Presse wie Könige mit schlepptragenden Pagen erscheinen? Die Hand auf Schiller’s und Goethe’s Briefwechsel wie auf der heiligen Bibel, möchte Mentor seinem Telemach Ernst, Fleiß, Studium, rastloses Bilden und Streben in einem erhabenen und für ewige Zeiten nachahmungswürdigen Musterbilde zeigen; aber – Telemach lernt nichts, sondern überläuft die Redactionen, schreibt Bettelbriefe und lacht seinem Mentor unter die Nase, denn er ist ein größerer Mann und in kürzerer Zeit geworden! (GW II: 301)

Den Hintergrund bildet freilich die ‚Staatenbildung‘, von der Bismarck ein Exempel gebildet hatte, und dass sie im Vielvölkerstaat vermisst wird, ist dem „asiatisch-slavischen Geist“ zuzuschreiben: Wie bis an die Halden der Türkenschanze die asiatische Steppenflora reicht, so reicht in unsern Geist jener asiatisch-slavische Geist hinein, welcher, schwach zu Staatenbildung und auf der niedrigen Stufe von Stamm und Familie befangen, so schwer über das PersönlichSinnliche hinauskommt, so unempfindlich für die compacte, aber geisterhafte Solidarität der Dinge ist, dagegen so überempfindlich für Personen und Persönchen im Einzelnen, ihre Einflüsse, Anreizungen, Belleitäten, Suchten und Hänge. (GW II: 302)

4. Die kunsthistorische Dimension Die Polemik gegen Frankl hatte in der Konkurrenz innerhalb der SchillerStiftung ihren Ursprung und vergiftete das Verhältnis zwischen den 1848 vielleicht nicht befreundeten, aber doch konsensuell agierenden Schriftstellern. Die persönlichen Gründe liegen auf der Hand, der Antisemitismus war die Keule, die Kürnberger, angestachelt durch die Slawisierungsängste in der Monarchie und die Reichsgründung, zur Hand nahm. Daran gibt es wenig zu deuten. Es lohnt aber, noch einen kurzen Blick auf die Begründungen zu werfen, die Kürnberger zur Unterfütterung seiner Polemik heranzog und die eine Eigendynamik von Gedanken und Formulierungen zeigen. Es entsteht (wiewohl die Polemik gegen das konkrete Denkmal das Hauptziel bleibt) eine Art spekulativer Überschuss, der Beachtung verdient.

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Dazu ein kurzer Gang durch den Essay „Das Denkmalsetzen in der Opposition“ (GW II 310-342).6 Seine schon genannte Hauptthese ist, dass das Denkmalsetzen keine ‚nordische‘ Kunst sei, sondern eine antike, griechische. Mit dieser These sieht Kürnberger sich in ästhetischer Opposition, einer Opposition, mit der man allein noch ein öffentlicher Störenfried sein könne. Die politische Opposition sitze schon warm in der Presse, die moralische gehe schon in allen Töchterschulen aus und ein. Die sanglantesten Revolutionäre, die creditfähigsten Anarchisten, Menschen, auf deren Umsturzbestrebungen man bauen kann, sind oft reine Kinder und buchstabieren eine ästhetische Fibel, welche schon an den langen Regenabenden in der Arche Noäh ein abgegriffenes Büchlein war. Nicht die ersten Anfänge und primitivsten Voraussetzungen findet sie vor, ein Störenfried ist die ästhetische Opposition in fast allen Parteikreisen, ein ungebetener Gast, welcher überall auf conservative Gewohnheiten, ja auf reactionäre Triebe stößt. (GW II: 311)

Die These ist: die Kunst der Alten gehe vom Körper aus und sei plastisch; die der Modernen gehe von der Seele aus und sei lyrisch, musikalisch, malerisch. Nur für Halbgebildete sei das ein Stoff für ganze Bücher und Wintersemester“, für Ganzgebildete sei es „mit drei Worten“ zu sagen: Die Kunst der Alten ging von dem Körper aus, die Kunst der Neuen geht von der Seele aus. Die Kunst der Alten war deßhalb plastisch, die Kunst der Neueren ist lyrisch, musikalisch, malerisch, kurz romantisch […] und Alles, was man weiß, nicht blos rauschen und brausen gehört hat, läßt sich in drei Worten sagen. (GW II: 312)

In der Antike sei das Denkmal ein „Organ der Publicität“, das in der Moderne durch andere Organe der Publizität ersetzt ist: Wir besitzen ein Schulsystem, von dessen Entwicklung die Alten nicht entfernt eine Ahnung hatten und welches jede Generation in den Stand setzt, das Denkwürdigste aller vorhergegangenen Generationen genau und sicher zu wissen. Alle Erzgießereien der Welt werden kindisch, ja wahrhaft absurd, wenn sie in der Production des Andenkens mit dem modernen historischen Schulunterricht concurrieren zu können sich einbilden. Tritt das unterrichtete Schulkind aus der Schule ins Leben, so umgibt es vollends ein Ocean von Publicität, die moderne Presse! (GW II: 312)

Außerdem gebe es die Konversationslexika, die das Wissen bewahrten: Unsere Denkmäler – darf man behaupten – wachsen ganz eigentlich aus dem Conversations-Lexikon erst heraus; weit entfernt, daß sie ein Andenken stifteten, so sind sie vielmehr Nachzügler und Schmarotzer dieses Andenkens. Das Andenken selbst aber – Dank unserer Schulbildung und dem ganzen Arsenal unserer Publicität – war viel unmittelbarer, viel lebendiger und vollkommener längst schon vorhanden, ehe es zur Setzung des sogenannten 6  Entstehung zwischen Mai 1868 und Dezember 1873, zuerst publiziert in der Deutschen Zeitung, 15. und 30.11.1873 und 07.12.1873.

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Denkmales kam, und dieses Denkmal läuft unter diesen Umständen am imposanten Triumphwagen der modernen Publicität buchstäblich wie das fünfte Rad nebenher – überflüssig, zwecklos und in dieser Zwecklosigkeit rein unbegreiflich, (GW II: 313-314)

Kürnbergers Ikonoklasmus erinnert an den ‚linguistic turn‘, den schon Lessings Laokoon dem Vergleich der Künste gegeben hat und der sich in Hegels Ästhetik fortsetzt. Publizität ist die Haupt-Kategorie, und sie ist sprachlichschriftlich besser gewährleistet als in Standbildern, die Schrift ist, nach Horaz, ‚aere perennius‘, dauerhafter als das Erz. In diesem Sinn – und hier greift Kürnberger noch einmal auf die Stiftung zurück, deren Generalsekretär er gewesen war, ehrte die Schiller-Stiftung das Andenken Schiller’s und war Schiller’s Denkmal – Denkmal im modernen und lebendigen Sinne. Die Erz- und Marmor-Denkmäler, die sich dessenungeachtet das Recht der Phrase nicht nehmen lassen und der Stiftung Geldkräfte entziehen, wie der Vampyr warmlebendiges Blut saugt, sind es in einem todten, moderigen und reactionären Sinne oder, besser zu sagen, Unsinne und Widersinne. (GW II: 315)

Das Denkmalsetzen sei gewissermaßen zufällig und mache auch vor obskuren kroatischen Offizieren auf der Ostseite des Praters nicht halt. Kürnberger spielt damit auf einen Obelisken für Leutnant Johann Kolinich an, der „in Erfüllung seiner heiligsten Pflichten“ am 16. Oktober 1848 gegen die Wiener Aufständischen gefallen war (GW II: 587, Kommentar). Der Appell an die gemeinsame Vergangenheit von Kürnberger und Frankl und der Vorwurf des Verrats sind deutlich: Auf der Westseite wäre vielleicht nicht minder die Stätte denkwürdig, wo Robert Blum geblutet. Wer setzt ein Denkmal darauf ? Ludwig August Frankl? Ich zweifle. (GW II: 317)

Kürnbergers Argumentation zeitigt dabei einen Literaturbegriff, der (in Folge von Wielands und Goethes Begriff der Weltliteratur) über das Nationale hinausgeht und entgrenzt, aber einen Kunstbegriff, der identitätsbildend und abgrenzend wirkt. In der Literatur sei der Deutsche Weltbürger: Hier liegt ein Deutscher auf seinem Sopha und liest zum zehntenmale – „seinen“ geliebten Cervantes! Dort schwelgt ein anderer Deutscher in „seinem“ göttlichen Briten. Ein dritter Deutscher legt gähnend den Gleim aus der Hand und greift nach dem Perser Hafis. Ein vierter Deutscher übersetzt mongolische Volksmärchen, ein Fünfter zingalesische[sic!] Liebeslieder. Sich selbst überlassen und zu Hause auf ihrem Sopha gehen diese fünf Deutschen ihrem wirklichen und natürlichen Nationalgefühl nach, welches eben, zu ihrem Ruhme sei es gesagt, ein Gefühl für die ganze Weltbildung ist. Sind sie aber in einem Vereine beisammen, „so sind wir Deutsch und wollen Deutsche sein“ (donnerndes Hoch!), und ein Phraseur unter ihnen beantragt ein Denkmal für den „vaterländischen“ Dichter Gleim oder Kleist, Utz, Pfeffel oder Gellert. Vielleicht derselbe, welchen der Gleim gelangweilt, aber Hafis unterhalten hat. So steht denn das Denkmal, aber stehen deßhalb die „vaterlän-

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dischen“ Dichter wirklich tiefer und einflußreicher im deutsch-nationalen Ideenkreise als Homer und Sophokles, Cervantes und Shakespeare? (GW II: 318-319)

In der bildenden Kunst seien schon die Voraussetzungen für Denkmalplastik weniger günstig: Der Kunstpflege der Körperschönheit kam auch die Natur mit den schönern südlichen Racen entgegen, und beide vereint arbeiteten so sehr dem Plastiker vor, daß sein halbes Werk schon gethan war. Der Norden liefert nicht südliche Leibesschöne und die nordische Ethik noch weniger. Unsere ganze Ethik geht auf die unsichtbare Schönheit der Seele. Höchstens haben wir noch schöne Köpfe, wie wenn auch der Kopf der beseelteste Theil des Körpers ist. (GW II: 319-320).

Auch bei Schiller sei nur der Kopf schön, sonst sei er langhalsig, langarmig, langbeinig, dünn, ja ‚komisch‘. Die moderne Charakter-Realistik äußere sich in Jacken und Kniehosen und erfordere eine Art plastischer Schneiderkunst. Der Versuch, die Griechen zu imitieren, stoße hier an seine Grenzen. „Und wehe, wenn zwischen Nasen- und Zehenspitze ein so tolles, ungeberdiges und gar keine Raison annehmendes Ding unterwegs liegt, wie zum Beispiel Schubert’s Bauch!“ Hier seien Kunstgriffe nötig, „um die Ineinslebung des griechischen Idealbauches mit dem deutschen Bierbauche […]’dialektisch zu vermitteln“, etwa dadurch, dass man den Bauch „im sitzenden Schoße und unter einem bedeckenden Mantel“ verbirgt. (GW II 330) Die griechische Klassik sei (wohl seit Winckelmann, der aber nicht erwähnt wird) in die (deutsche) Literatur gerutscht: Mit vollem Rechte können wir sagen: das Studium der antiken Plastik ist weit weniger unserer Plastik als einem geistigern Elemente, unserer Sprache, und in ihr unserer Poesie zugute gekommen. Was uns die alten Bilder zu leisten hatten, das suche man nicht bei unsern Bildhauern, sondern suche es im Wilhelm Meister, in Hermann und Dorothea, in der Iphigenia und von Fall zu Fall bei Schiller; man suche es in der Prosa Grimm’s, Humboldt’s und Schleiermacher’s, Schopenhauer’s und Fallmerayer’s. Namentlich der Letztere ist ein Beispiel einziger Art, wie man die reinste attische Schönheitslinie bilden könne, ohne von dem üppigsten Laubwerke eines romantisch‑modernen Phantasie-Luxus nur ein Zweiglein zu opfern. Sein Styl findet in der ganzen ineinsgelebten Neu-Plastik kein Seitenstück. Zweimal sei es gesagt und verdient furchentiefer als im bloßen Vorbeigehen eingegraben zu werden: in unsern Antikensälen zeichnen mit weit größerm Erfolg unsere guten Schriftsteller als unsere besten Bildhauer! (GW II: 336)

Auch die politische Plastik der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sei eine Afterkunst, eine Kunst ‚nach‘ der Literatur oder Publizistik: Man setzte Denkmäler als Illustrationen zu Leitartikeln. Man veranstaltete Enthüllungsfeierlichkeiten, um Meetings zu veranstalten. Das Denkmal diente der Politik zum Vorwande. Man sagte Gutenberg-Denkmal und meinte Preßfreiheit. Man sagte Hermann-Denkmal und meinte deutsche Einheit. Das Denkmal war der Sack, auf welchen man schlug, aber

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die Tendenz meinte man. Natürlich braucht ein Sack nicht eben plastisch-schön zu sein, ist auch gar nicht im Stande, einen Künstler zu begeistern; er ist als Sack schon gut genug, wenn er so ledern ist, wie der Stuttgarter Schiller oder der Mainzer Guttenberg. Kein Mensch verlangt, daß er nach zweitausend Jahren noch das Entzücken der Welt sein soll; unser plastischer Sack soll blos das Futteral für eine Tagesparole sein. (GW II: 339)

Das schließt exakt an Frankls Reflexionen über die Rolle der Plastik in den Erinnerungen an! Kürnberger bezieht – und das ist kein übler Gedanke – die Plastik des idealisierten Einzel‑Körpers auf die Dimension und Konzentration der griechischen Stadtstaaten. Nur dort kann die schwierigste, aber ist sie geboren, die fertigste und unerbittlichste aller Kunstformen geboren werden, die Plastik, welche mit scharfen Linien in die Luft hineinschneidet und Alles abschneidet und ausschließt, was nicht concentrirtestes Ich ist. Just auf dem Gegenpol dieser Kunst stehen die Neuern. Just das Ausranken, Hinübergreifen und In-die-Ferneklingen, just die Malerei mit ihren täuschenden Perspectiven, die Musik mit ihren Dur- und Moll-Schwebungen, die Lyrik mit der Flucht ihrer Augenblicke, just der unendliche und absolute Widerspruch der Plastik, das Reagieren gegen die Form, die Romantik der Formauflösung, ist Sinn und Seele der modernen Kunst. […] Bei uns suchte man nicht plastische Concentration, sondern ihr Gegentheil: seelische Expansion. (GW II: 318)

Man sieht aus dem romantischen Konzept heraus zugleich die Ich-Auflösung der Jahrhundertwende mit Mach und Hofmannsthal heraufdämmern. Verblüffend und deprimierend zugleich ist eine andere Prophetie, und mit ihr schließt Kürnberger seinen Essay ab. Für uns Nachgeborene schließt sich damit auch der Kreis zur antisemitischen Polemik. Wir kehren am Ende zum Ärgernis des Anfangs zurück: zu den Phobien des 19. Jahrhunderts und ihren Konsequenzen im Zwanzigsten. Vielleicht, so Kürnberger, sei es der geheime Plan der Natur, das Erz der Statuen für einen andern Zweck aufzuheben, den (scheinbar geschichtsphilosophisch nötigen) Kampf der Deutschen gegen die Slawen: Erst vor wenigen Jahren ist das große Ungewitter zwischen der deutschen und der gallischen Race zum Ausbruch gekommen, und wir Alle glauben zu wissen, daß zwischen der deutschen und der slavischen Race vielleicht noch ein größeres Ungewitter in der Luft liegt. Glückliches Volk, das dann so reiche Erz-Arsenale von Geistesheroen besitzt, die es in Kanonen umgießen kann! […]Wir haben Denkmäler – wir haben – Kanonenfutter! (GW II: 342)

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Die Bedeutung der Sonntagsblätter Ludwig August Frankls für die Wiener Musikkritik Mit seinen Sonntagsblättern1 bot Ludwig August Frankl (1810-1894) von 1842 bis 1848 der Wiener Musikkritik ein wichtiges Forum. In der in qualitativer Hinsicht nicht allzu erfreulichen vormärzlichen Presselandschaft ragten die Sonntagsblätter wohltuend hervor, und das nicht nur für die Literatur und bildende Kunst, sondern auch auf dem Gebiet der Musik. Von Beginn an gab es diverse Beilagen (Kunstblatt, Literaturblatt), darunter auch den u.a. für Musikberichte zuständigen und ab 1847 beigelegten Wiener Boten. Um auf die vielfältigen Ereignisse und Wendungen der Revolution rasch eingehen zu können, erschien ab dem 27. März 1848 zusätzlich die Wiener Abendzeitung. Tägliches Ergänzungsblatt der „Sonntagsblätter“, deren letzte Nummer am 24. Oktober 1848 herauskam. Auch hier findet man regelmäßig, allerdings meist kürzere, Musikhinweise. Fast zeitgleich mit den Sonntagsblättern, nämlich von 1841 bis 1848, erschien die von August Schmidt (1808-1891) und ab 1847 von Ferdinand Luib (1811‑1877) herausgegebene Allgemeine Wiener Musik-Zeitung,2 in den 1840er Jahren Wiens einziges länger bestehendes3 und ausschließlich der Musik gewidmetes Blatt, für das u.a. Alfred Julius Becher (1803-1848), Ferdinand Peter Graf Laurencin (1819-1890; Pseudonym Philokales), Franz Gernerth (1822‑1901), August Wilhelm Ambros (1816-1876) sowie der junge Eduard Hanslick (1825-1904) schrieben. Regelmäßige Musikberichte brachte aber 1  Sie erschienen wöchentlich. Der genaue Titel für den ersten Jahrgang (erste Nummer vom 02.01.1842) lautete Sonntags-Blätter für heimathliche Interessen, ab dem 2. Jahrgang (erste Nummer vom 01.01.1843) nur mehr Sonntags-Blätter, ab dem 3. Jahrgang (erste Nummer vom 07.01.1844) ohne Bindestrich Sonntagsblätter. Aufgrund der Märzrevolution änderte Frankl die Zählung ab dem 7. Jahrgang, Nummer zwölf vom 19.03.1848 um auf Neue Folge Nr. 1 und nannte die Zeitung ab dann Wiener Sonntagsblätter, deren letzte (31.) Nummer am 22.10.1848 erschien. 2  Ab 1845 Wiener allgemeine Musik-Zeitung genannt. 3  Der 1829 gegründete und bei Haslinger herausgegebene Allgemeine Musikalische Anzeiger Ignaz Franz Castellis wurde Ende 1840 eingestellt und gewissermaßen von der Allgemeinen Wiener Musik-Zeitung abgelöst. Der Anzeiger erlebte von Jänner bis Mai 1848 eine kurzfristige Neuauflage, herausgegeben vom Archivar der Gesellschaft der Musikfreunde Franz Glöggl (1796-1872).

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neben den Sonntagsblättern noch eine Reihe weiterer nicht auf Musik spezialisierter Unterhaltungsblätter wie die Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode (1816-1849), der Österreichische Zuschauer. Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und geistiges Leben (1836-1857), Der Sammler (1809-1846), Der Wanderer (1814‑1873) oder Der Humorist (1837-1862) von Moritz Gottlieb Saphir (1795-1858). Dazu kamen Theaterzeitschriften wie die Allgemeine Theaterzeitung (1806-1859) Adolf Bäuerles (1786-1859) oder Tageszeitungen wie die Wiener Zeitung.4 Frankl, der sich in die Belange der Musikredaktion seiner Zeitschrift nicht eingemengt haben soll (Ullrich 1971: 360), bewies mit der Wahl von Alfred Julius Becher als erstem Musikredakteur eine glückliche Hand. Becher, Sohn eines deutschen Kaufmannes, profunder Musikkenner sowie Komponist, war ursprünglich Jurist und kam in dieser Eigenschaft Ende 1840 nach Wien, wo er sich bald als Musikkritiker einen Namen machte. Er war ein Freund Frankls und wie dieser Mitglied der Künstlervereinigungen Concordia und Soupiritum.5 Becher brachte von Beginn an ein hohes Niveau in die Wiener Musikberichterstattung6 und wurde von Frankl auch entsprechend gewürdigt: „Seine große, allgemeine Bildung, sein philosophisch geschulter Geist prägten sich zugleich in einem damals in Oesterreich noch wenig gekannten, scharf zugeschliffenen Styl aus“ (Frankl 1891: 2). Becher wurde zum Vorbild für die ambitionierteren unter seinen nachfolgenden Kritikern, so auch für Hanslick, von dem er als „der beste Musikkritiker des vormärzlichen Wien, ja, der einzige, der überhaupt ernst zu nehmen war“ (Hanslick 1987: 93), bezeichnet wurde. Von Oktober 1841 bis Februar 1843,7 gelegentlich auch noch später, schrieb Becher Kritiken für die Allgemeine Wiener Musik-Zeitung, durfte dort aber nur 4  Zur Musikkritik im Vormärz s. Ullrich 1971: 353-362; Antonicek 1995: 331f. 5  Das Soupiritum – benannt nach dem von den Mitgliedern gemeinsam einzunehmenden Souper – wurde 1841 auf Initiative des Schriftstellers Karl von Holtei (1798-1880) gegründet und setzte sich überwiegend aus den Mitgliedern der Concordia zusammen. 1848 aufgelöst, fand es 1852 in der Baumannshöhle (benannt nach dem Dichter Alexander Baumann, 1814-1857) einen Nachfolger. S. Frankl, Die Presse 01.03.1862 sowie Ullrich 1974: 58. 6  Die Wiener Musikkritik vor Becher konnte sich keineswegs mit der von Schumann in dessen Neuer Zeitschrift für Musik geübten messen. Bechers wohl bedeutendster Vorgänger Friedrich August Kanne war bereits 1833 verstorben. Ullrich 1971: 355. 7  Siehe auch seinen Hinweis in den Sonntagsblättern: „Vom heutigen Tage an habe ich aufgehört, Mitarbeiter der Allgemeinen Wiener Musikzeitung zu sein. Wien, am 1. März 1843.“ Sonntagsblätter 2 05.03.1843: 235. Bei verschiedenen Gelegenheiten konnte er sich kleine Seitenhiebe gegen seinen früheren Arbeitgeber nicht verkneifen. S. etwa Sonntagsblätter 2 12.03.1843: 261.

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über Konzerte, nicht dagegen über das ihm – wie seine einschlägigen Beiträge für die Sonntagsblätter beweisen – sehr am Herzen liegende Musiktheater schreiben. Für mehrere Blätter gleichzeitig zu schreiben, war – schon aus ökonomischen Gründen – durchaus üblich (Ullrich 1971: 357). Hanslick schreibt in seiner Autobiographie, wie es ihm gelang, ein keineswegs selbstverständliches, wenn auch bescheidenes Honorar von Frankl zu erhalten (Hanslick 1987: 69). Becher, der noch zu den bestbezahlten gehörte, erhielt im Jahre 1842 von der Allgemeinen Wiener Musik-Zeitung ein monatliches Honorar von 25 fl. CM, von den Sonntagsblättern zusätzlich 12 fl. (Hanslick 1987: 363; Ullrich 1974: 95 und 97). Dennoch waren Bechers ständige Geldnöte ein offenes Geheimnis. Aus Frankls Nachlass in der Wienbibliothek hat sich ein versifizierter Bettelbrief Bechers an Frankl vom 29. April 1842 erhalten: Lieber Frankl – Mein Beutel ist krankl; Von Geld bin ich gänzlich entblösst – verstehst? Drum spenden Sie aus milder Hand Ein Tröpflein auf den dürren Sand Und schicken Sie mir durch den Ueberbringer Ein Papier mit der Zahl der Finger Von einer oder gar beiden Händen, Wodurch Sie mich ungemein verbänden. Je nach der Zahl der Gulden Gedenkt Ihrer in Hulden Und atmet wieder frei Ihr Becher Bey! (Becher 1842; cit. Dollar 1932: 158)

Seine erste Kritik für die Sonntagsblätter schrieb Becher bereits für die Nr. 2 des ersten Jahrgangs vom 9. Jänner 1842. Seine letzte8 – über eine der zahlreichen musikalisch-deklamatorischen Akademien von Saphir – erschien am 26. Mai 1844. Sie war vom Zensor zusammengestrichen und abgeändert worden, woraufhin Becher im Juni dieses Jahres die Musikredaktion für die Sonntagsblätter niederlegte, weil er sich von Frankl in seinem Kampf gegen den Zensor9 nicht ausreichend unterstützt fühlte (Ullrich 1974: 98). Nachfolger Bechers, der sich im Revolutionsjahr den Demokraten anschloss, die Zeitung Der Radikale herausgab und am 23. November 1848 wegen 8  Vereinzelte Essays erschienen auch danach in den Sonntagsblättern, dagegen keine Musikkritiken mehr. S. etwa seinen längeren Beitrag „Ueber nazionalen Musikstil. Eine Rhapsodie“, in: Sonntagsblätter 5 17.05.1846: 463-470. 9  Über die Auswirkungen der Zensur auf die Kritik schrieb nach Aufhebung derselben infolge der Märzrevolution Josef Plank den Artikel „Musik und Preßfreiheit“, in: Sonntagsblätter 7 19.03.1848: 143. S. auch Hanslick, Wiener Zeitung 24.03.1848: 1, Wiederabdruck in Hanslick 1993: 156-158.

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Hochverrats standrechtlich erschossen wurde, war Josef Plank; nach Ullrich ein „recht mittelmäßiger Referent“ (Ullrich 1971: 360),10 der bis zum Ende der Sonntagsblätter Musikredakteur blieb. Vereinzelte Musikkritiken schrieben auch der für Theaterberichte (ausgenommen Hofburgtheater) zuständige Johann Wagner11 sowie Eduard Hanslick, der 1846 von Prag nach Wien wechselte, um hier sein Jurastudium fortzusetzen. Bereits in Prag hatte er Musikkritiken geschrieben, und zwar für die Zeitung Ost und West (bzw. deren regionale Beilage), und war damit Frankl aufgefallen (Hanslick 1993: 281). Allgemeinere Betrachtungen mit Musikbezug finden wir von Frankl selbst sowie von Ignaz Franz Castelli (1781-1862), Franz Gräffer (1785-1852), Joseph von HammerPurgstall (1774-1856), Otto Freiherr von Hingenau (1818-1872), Ferdinand Kürnberger (1821-1879), Siegfried Kapper (1820-1879), Leopold Kompert (1822-1886), Johann Peter Lyser (1804-1870), Otto Nicolai (1810-1849), Johann Otto Prechtler (1813-1881), Albert Rimmer (1818-1855), Ludwig Scheyrer (1811-1874), dem Arzt Ignaz Schwarzenberg, der unter dem Pseudonym Dis einige Beiträge verfasste,12 Sternau (Pseudonym für Johann Nepomuk Berger, 1816-1870) u.a.13 Viele der nur mit einer Abkürzung oder Sigle zeichnenden Verfasser konnten bis dato noch nicht identifiziert werden. 10  Becher distanzierte sich entschieden von den Kritikerleistungen Planks und verwahrte sich dagegen, mit seinem Nachfolger verwechselt zu werden. Sonntagsblätter 5 17.05.1846: 470. Von Hanslick erfahren wir, dass Plank – so wie Hanslick selbst – von der Ausbildung her Jurist war. Auch Hanslick lässt übrigens kein gutes Haar an Plank, wie einige seiner Briefe an den Komponisten Johann Vesque von Püttlingen aus dem Jahre 1850 beweisen. S. Ibl 1949: Anhänge 29 und 38; s. auch Hanslick 1993: 289. 11  Wagner, der im Sommer 1843 für den offenbar abwesenden Becher einspringen musste, zog sich den Spott eines Wiener Korrespondenten der Neuen Zeitschrift für Musik zu, der allgemein den Stand der Wiener Musikkritik beklagte und mit Hinblick auf Bechers auch andernorts gerügten, unregelmäßigen Arbeitseifer meinte: „kann ich dafür, wenn der Deutschthümler Hr. Becher sich in Baden gütlich that, und in den Sonntagsblättern den pseudonimen Dr. Wagner schreiben ließ?“ „Wiener Briefe. Nr. 4.“, in: Neue Zeitschrift für Musik 18.12.1843: 195. „Wagner“ war allerdings kein Pseudonym. Siehe auch Ullrich 1974: 312. 12  Dessen Pseudonym lüftete Frankl u.a. in seinem Buch Friedrich von Amerling. Ein Lebensbild (Frankl 1889: 41). 13  Um einen Eindruck von der Vielfalt dieser musikessayistischen bzw. literarischen Musikbetrachtungen in den Sonntagblättern zu geben, seien einige beispielhaft angeführt: Castelli, „Gefundenes und Empfundenes. Begegnungen mit Gutzkow, Mendelssohn-Bartholdy, Berly“ (22.01.1843: 73-77); Dis, „Musikdiebe“ (30.01.1842: 79-81); Frankl, „Töchter und Musik. Epilog der heurigen Konzertsaison“ (15.05.1842: 337-340); Frankl, „Die erste Pamina“ (28.08.1842: 609-612); unter dem Pseudonym Ludwig Norbert: „Till Eulenspiegels Kreuz- und Querzüge durch Wien. Im Jahre 1845“ (24.08.1845: 794-800; 21.09.1845: 889-894); Hammer-Purgstall, „Der steierische Tanz“ (24.08.1845: 807f.); Hingenau,

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Im Folgenden sollen anhand ausgewählter Kritiken die Positionen der Sonntagsblätter zum zeitgenössischen Musikleben und -schaffen beleuchtet werden.14 Dabei erfolgt eine Konzentration auf solche Themen,15 die allgemein die deutschsprachige Musikkritik im Vormärz am meisten bewegten: die Haltung zum Virtuosentum und zur Unterhaltungsmusik, das Verhältnis von italienischer (auch französischer) und deutscher Oper bzw. allgemein die nationale Charakterisierung von Musik, die Bestimmung herausragender Werke der Gegenwart und Vergangenheit im Sinne einer Kanonbildung sowie die Frage nach der Professionalisierung der Musikausübenden.16

Virtuosentum Bereits in seiner ersten Kritik vom 9. Jänner 1842 spricht Becher ein Thema an, das er auch in der Folge mit allen ihm zu Gebote stehenden rhetorischen Mitteln aufgreifen wird: den Kampf gegen reine Virtuosität, die des geistigen Gehalts bzw. der Seelenhaftigkeit entbehre, und gegen eine ihr entsprechende Instrumentalmusik. Der jungen Pianistin Sophie Bohrer (1828-1899) attestiert er zwar „bedeutendes Talent“, nennt aber „die Richtung modern, äußerlich, auf Effect im materiellen Sinn des Wortes berechnet; [den] Vortrag in stereotyper Weise angelernt; die gewiß vorhandene innere Empfindung nicht entwickelt“ (Sonntagsblätter 1 09.01.1842: 38). Der Geiger Antonio Bazzini (1818-1897) gilt ihm als „gewaltiger Held im Mechanischen. Aber die Psiche fehlt ihm. […] wer Nahrung für sein Gemüth sucht, wird nüchtern nach

„Ueber Töne und Farben“ (19.01.1845: 57-58); Kürnberger, „Warum so wenig Musik?“ (9.04.1848: 235); Kapper, „Zwei Kompositore“ [Pergolesi, Duni] (01.01.1843: 7); Kompert, „Eine Musikantenwerbung. Aus dem Romane der Pußta“ (19.01.1845: 49-56); Lyser, „‚Mandl wo hast’s Bandl?‘. Terzett von Mozart“ (5.10.1845: 947f.); Nicolai, „Die Musik der Sixtinischen Kapelle in Rom. Charwoche 1836“ (23.03.1845: 265-272); Rimmer, „Künstler und Virtuosen“ (6.07.1845: 636-638); Scheyrer, „Das Andante der C-moll-Simfonie. Aus dem Tagebuch eines Beethoven-Enthusiasten“ (22.09.1844: 881-887); Sternau, „Musik und Konzerte. Novemberreflexionen eines musikalischen Laien“ (16.11.1845: 1064-1066). 14  Einen knappen Überblick gibt auch das Kapitel „Konzertnachrichten“, in: Dollar 1932: 151-180. 15  S. für das Gebiet der Musikgeschichtsschreibung Hentschel (2006). 16  Für eine lebendige Schilderung des vormärzlichen Wiener Musiklebens siehe auch Hanslick 1869: 325-372.

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Hause gehen“ (Sonntagsblätter 2 17.04.1842: 276).17 In zeittypischer Weise wird Virtuosität mit industrieller Produktion verglichen, und das Ergebnis reizt zu Wortspielen. So sagt Becher über den Pianisten Friedrich Schröder: „Des jungen Virtuosen Technik ist außerordentlich, oft überraschend, aber ihm fehlt die geistige Belebung, es sind Künste, die er uns vormacht, aber keine Kunst“ (Sonntagsblätter 1 30.10.1842: 791). Dem Pianisten Leopold von Meyer (1816‑1883) empfiehlt er, „nachdem er seine Virtuosität bis in’s Unglaubliche gesteigert hat, […] nun auch der vollendeten Form etwas mehr Inhalt zu geben“ (Sonntagsblätter 2 07.05.1843: 453).18 Neben der einseitigen Betonung der Technik werden auch „Hiper‑Sentimentalität und Weltschmerzelei“ (Sonntagsblätter 3 17.03.1844: 259) als Zeichen mangelnder Aufrichtigkeit im Gefühl getadelt. Der Usus der Zeit, die Virtuosität an eigenen Stücken vorzuführen, wird oft kritisiert, besonders dann, wenn dabei nur mangelndes technisches wie kompositorisches Können zutage tritt. So werden die Eigenkompositionen der Brüder Adolf (1813-1887; Geiger) und Julius Stahlknecht (1817-1892; Cellist), beide Mitglieder der Berliner Hofkapelle, beschrieben als „unerfreuliches buntscheckiges Gemengsel von deutschen, französischen und italienischen Stylproben; schon daß beiden Stücken Motive aus Bellinischen Opern zu Grunde liegen, gibt eine Geistesarmuth und eine Seichtheit der Richtung kund, die ich deutschen Musikern nur verzeihe, wenn sie von Seiten der Virtuosität überwiegend groß dastehen.“ Ganz typisch für diese Art von Kompositionen gilt ihm auch ein Harfenkonzert von Nicolas Charles Bochsa (1789-1856): „Das Konzert, weder an Umfang noch Gehalt groß, entbehrt aller Haltung; es sind zusammengewürfelte Sachen, theilweise recht hübsch, aber ohne allen innern Zusammenhang, vom widersprechendsten Karakter, das Orchester ohne allen Grund ohrenbetäubend-lärmend“ (Sonntagsblätter 1 24.04.1842: 302). Der Kult um die Virtuosen reizte auch den Herausgeber der Sonntagsblätter zu entsprechenden Betrachtungen. „Comödianten des Compositeurs“ nennt sie Frankl und vergleicht sie mit dem damals in Wien ungeheuer populären „Affendarsteller“ und Artisten Eduard Klischnigg (1813-1877) (Frankl, Sonntagsblätter 1 06.02.1842: 89).19 Josef Plank trennt sie scharf von den ‚echten‘ 17  Ähnlich urteilt er auch über den Geiger Theodor Haumann (1808-1878), s. Sonntagsblätter 2 06.11.1842: 806. 18  Siehe auch Sonntagsblätter 3 17.03.1844: 252f. 19  S. Frankl, Sonntagsblätter 1 25.12.1842: 913-916 sowie Frankl, Sonntagsblätter 1 15.01.1842: 49-51, ferner Frankl, Sonntagsblätter 5 08.03.1846: 217-221 sowie unter demselben Titel in Wiener Bote. Beilage zu den Sonntagsblättern 6 07.11.1847: 387-390.

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Künstlern und verweist auch auf die Gepflogenheit des durch Ausgabe von Freikarten ‚erkauften‘ Erfolgs (Plank, Sonntagsblätter 3 01.12.1844: 1127f.), eines von verschiedenen Rezensenten regelmäßig angeprangerten Missstandes. Nur wenige Virtuosen können vor der strengen Kritik bestehen. Zu ihnen zählt der belgische Cellist Adrien-François Servais (1807-1866), den Becher als „vollendeten Virtuosen“ bezeichnet, allerdings mit einem für diese Zeit nicht untypischen nationalen Vorbehalt, da er ihn der französischen Richtung zuordnet. „Epigrammatisch zugespitzte Empfindung, graziose Koketterie, bizarre Launen, hingebende Leidenschaft, auffahrende Keckheit, rhetorische Emfase – jagen im buntesten Wechsel durcheinander“ (Sonntagsblätter 1 20.02.1842: 142). Überaus geschätzt hat Becher auch den belgischen Geiger Henri Vieuxtemps (1820-1881): [W]as ihn über so Viele, ja über die bei weitem Meisten unserer heutigen ausübenden Künstler […] setzt, ist sein feines und reines Gefühl, das allen Tand verschmäht, alle Buhlerei mit grellen Effekten verwirft, und stets nur der Göttin Kunst, nie dem Götzen Mode huldigt. Wahrheit und Natur liegen seinem Vortrage zu Grunde, nicht Uebertreibung und Verzerrung […] (Sonntagsblätter 1 11.12.1842)

In einem weiteren Artikel nimmt Becher den Virtuosen vor der Kritik Moritz Gottlieb Saphirs (Der Humorist 10.12.1842: 995) und Karl Kunts20 (1800?‑1852) in Schutz. Becher kontert den beiden, die sich abschätzig über Vieuxtemps’ Spiel geäußert hatten, dass nur jene Kritiker, die selbst „ein Stükchen Künstlernatur“ besäßen, „Begeisterung, Schwung, Seele“ im Spiel von Vieuxtemps zu erkennen vermögen (Sonntagsblätter 1 08.01.1842: 44).21 Im Februar und März 1846 begeisterte Liszt das Wiener Publikum. Plank, der im Jahr zuvor den mit Ehren überhäuften Pianisten ironisch als „den Mann der Mode, der Presse, der schönen Welt, ja des Jahrhunderts, den tausendmal bekränzten, den Hofrath, Doktor, Ehrensäbelproprietarius Liszt“ (Sonntagsblätter 4 09.02.1845: 143) bezeichnet hatte, bemüht sich vergeblich um Distanz: „Liszt reißt bei seinem Spiele die Kritik aus ihrem Stoizismus heraus und zwingt sie, die Wage einstweilen bei Seite zu legen, […] ohne sich erst jedes Stükchen genau abzuwägen“ (Sonntagsblätter 5 08.03.1846: 234). Zu den Kritikeraufgaben zählte auch, unter den vielen Wunderkindern der Zeit die künftig großen Musiker zu erkennen. Besonders beeindruckt 20  Kunt hatte das Spiel des Virtuosen als „kalt, kleinlich nuanciert, und schwunglos bis zum Lethargischen“ bezeichnet. S. Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode 13.12.1842: 1983. 21  S. auch seine Kritik vom 30.04.1843: 418f.

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zeigt sich Becher etwa von den Geigern Joseph Joachim (1831-1907) (Sonntagsblätter 2 07.05.1843: 452), Josef (1828-1893) und Georg Hellmesberger (1830-1852) (Sonntagsblätter 3 18.02.1844: 167), dem Hornisten Richard Lewy (1827-1883) (Sonntagsblätter 1 14.08.1842: 589) sowie dem Pianisten Anton Rubinstein (1829-1894). Scharf verurteilt er dagegen die Unsitte, talentierte Kinder zu früh mit zu schweren Stücken öffentlich auftreten zu lassen, so wie im Falle der zwölfjährigen Pianistin Johanna Kern, und er regt an, „solche Kinderquälerei und Kunstprostituzion unter polizeiliche Aufsicht“ zu stellen (Sonntagsblätter 2 19.03.1843: 285). Fasziniert war Becher von den Schwestern Teresa (1827-1904) und Marie (1832-1848) Milanollo, zwei jungen Violinvirtuosinnen, deren Konzerte von April bis Juni 1843 er ungewöhnlich oft und ausführlich besprach (Sonntagsblätter 2 23.04.1843: 404f.; 30.04.1843: 416f.; 07.05.1843: 453; 14.05.1843: 460; 28.05.1843: 527f.). Speziell an Theresa würdigte er „die in noch so unreifem Alter übernatürlich erscheinende Tiefe der Empfindung und die daraus hervorgehende Vollendung der Exekuzion“ (Sonntagsblätter 2 23.04.1843: 405), und er meint mit Bezug auf Goethes Chorus mysticus aus Faust II: „So kann aber auch kein Mann spielen! es gibt eine gewisse Feinheit und Zartheit der Empfindung, die das eigenste Heiligthum des weiblichen Geschlechts sind“ (Sonntagsblätter 2 30.04.1843: 417). Auch Frankl widmete den Schwestern einen Beitrag, in dem er besonders Teresa mit einem von Fra Angelico gemalten, Violine spielenden Engel vergleicht, den es auf die Erde verschlagen habe (Sonntagsblätter 2 30.04.1843: 414f.).22 Des Öfteren prangert Becher bei Wunderkindern eine glatte Brillanz auf Kosten kindlicher Naivität an. So meint er über den Pianisten Theodor Leschetitzky (1830-1915): „leider hat die elegante und brillante Richtung […] sein junges Gemüth schon der Affektazion preis gegeben; es ist nichts Frisches, Kindlichwahres in seinem Vortrage“ (Sonntagsblätter 2 04.06.1843: 552).23 Auch beim Pianisten Carl Filtsch (1830-1845), einem Schüler von Chopin und Liszt, vermisst er „eine gewisse schlichte Natürlichkeit der Auffassung“ und bemerkt „hier schon eine Geziertheit des Ausdrucks, eine Ueberzuckerung der Empfindung“ (Sonntagsblätter 2 17.12.1843: 1212). Eher Mitleid als Kritik bringt man dagegen alternden Virtuosen entgegen, die vergessen würden, dass „Virtuosenthum und Jugend unzertrennlich 22  Auch Johann Wagner beteiligte sich an dieser Euphorie. S. Sonntagsblätter 2 02.07.1843: 651. Ein kritischer Artikel erschien dagegen unter dem Titel Milanollo-Jubel unter der Chiffre A. S. S. Sonntagsblätter 2 21.05.1843: 502f. 23  S. auch Sonntagsblätter 3 21.04.1844: 372f.

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sind“, wie Plank angesichts eines Konzertes des Pianisten Ignaz Moscheles (1794‑1870) feststellte (Sonntagsblätter 3 08.12.1844: 49). Mitunter vermeinte man auch erleichtert, ein Ende der reinen Virtuosität ausrufen zu können und diese wieder zur „gehorsame[n] Vollstreckerin des genialen Gedankens“ machen zu können, „denn die Virtuosität ist eben so wenig emanzipationsfähig in der Kunst, als das Weib im Leben“ (Albert, Sonntagsblätter 04.03.1845: 210f.). In diesem Fall bemüht der Kritiker keinen nationalen, sondern einen geschlechterpolaren Vergleich, bei dem von vorne herein klar ist, welcher Pol positiv und welcher negativ besetzt ist.

Opernaufführungen Neben dem Virtuosenkult wurde wohl die italienische Oper am meisten gescholten. Sie sei oberflächlich, nehme keine Rücksicht auf den Text, der zudem meist schlecht gewählt werde, konzentriere sich musikalisch ganz auf die Melodie unter Berücksichtigung sängerischer Virtuosität24 auf Kosten dramaturgischer Wahrheit und weise eine allzu simple Harmonie sowie eine nur auf Effekt bedachte Instrumentierung auf. Diese Grundhaltung liest sich dann in radikalisierter Form anlässlich der Wiener Erstaufführung von Verdis Nabucco am 4. April 1843 am Kärntnertortheater bei Becher folgendermaßen: Zu den gewöhnlichen Fehlern der modernen italienischen Schule,25 als da sind Karakterlosigkeit der Motive, Monotonie des Rhithmus, Armuth der Harmonie, Ungeschicktheit der Begleitung, Sinnwidrigkeit der Deklamazion, gedankenlose Stereotipie der Formen u.s.w. u.s.w., die sich hier in fast beispielloser Monstrosität angehäuft finden, gesellt sich in dieser Oper auch noch der totale Mangel des sonstigen einzigen Vorzugs der Gattung, nämlich 24  „Kehlenklöppelei italienischer Bravour“ nennt sie Plank an einer Stelle. S. Sonntagsblätter 3 27.10.1844: 1019. 25  Becher versteht darunter die auf Rossini folgenden Komponisten wie Vincenzo Bellini (1801-1835), Gaetano Donizetti (1797-1848), Saverio Mercadante (1795-1870) und auch Giuseppe Verdi (1813-1901). Älteren Komponisten wie Domenico Cimarosa (1749-1801), Antonio Salieri (1750-1825), Valentino Fioravanti (1764-1837), Niccolò Antonio Zingarelli (1752-1837) und Giovanni Paisiello (1740-1816) bescheinigt er größere Qualität bei allerdings gleicher Grundausrichtung. S. Sonntagsblätter 1 10.04.1842: 259f. Größere Wertschätzung bringt er dagegen Gaspare Spontini (1774-1851) und Luigi Cherubini (1760-1842) entgegen. S. Sonntagsblätter 1 31.07.1842: 550f. Cherubinis Vorzug besteht nach Becher allerdings gerade darin, auch französische und deutsche Stilelemente aufzugreifen. S. Sonntagsblätter 1 28.08.1842: 622f.

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eines fließenden, gefälligen Gesangs! In der That mit einer solchen Dürftigkeit an Melodien, und wo einmal eine auftaucht, für die man dem Kompositeur nicht eine actio furti [= Klage wegen Diebstahls] anhängen könnte, mit einer solchen Plattheit der Erfindung dürfte sich kein Deutscher vor ein Publikum wagen, ohne die gerechteste Entrüstung zu erregen. (Sonntagsblätter 1 10.04.1842: 259f.)26

Auch der Librettist Temistocle Solera (1815-1878) verdiene eher „einen Kranz von Stechpalmen statt von Lorbeeren“ (Sonntagsblätter 2 09.04.1843: 358). Diese Kritik wurde übrigens fünf Jahre später von Bechers Nachfolger Josef Plank noch einmal wörtlich aufgegriffen (Wiener Bote. Beilage zu den Sonntagsblättern 7 30.01.1848: 65) als Nabucco am 30. Jänner 1848 zum ersten Mal in deutscher Sprache aufgeführt wurde, wohl ein Beweis für die breite Akzeptanz dieses Urteils, aber auch für Planks geringeres Kritikertalent. Nicht alle Mitarbeiter der Sonntagsblätter teilten Bechers scharfe Ablehnung der italienischen Oper. Ihre Kritik fiel oft wesentlich milder aus oder wich gar einer Bewunderung. Über die Opern Gaetano Donizettis (1797-1848), der 1842 wegen seiner Erfolge in Wien k.k. Hofkomponist und Kammerkapellmeister wurde, wurde auch so geurteilt: „Das Hinreißende dieser Tondichtungen gehoben durch den Wohllaut italischer Sprache empfinden alle Nazionen, die eine italienische Oper besitzen“ (Sonntagsblätter 1 20.02.1842: 240). Becher selbst setzte Donizetti weit über Verdi und verlieh seiner Überzeugung Ausdruck, „jene bombastisch-leere Oper ‚Nabucodonosor‘ selbst würde in ihrer ganzen konzentrirten Quintessenz gegen die eine Arie des Ernesto im ‚Don Pasquale‘ zum Dezimaltheilchen verschwinden“ (Sonntagsblätter 2 21.05.1843: 504). Eine ähnliche Rangordnung unter den lebenden italienischen Opernkomponisten stellte auch Plank auf: „Donizetti hat Talent, Mercadante zeigt Studium ohne Talent, und Verdi zeigt weder das eine noch das Andere“ (Sonntagsblätter 3 30.06.1844: 613). Interessanterweise wurde nach Bechers Abgang von der Allgemeinen Wiener Musik-Zeitung im Februar 1843 das Gerücht gestreut, dieser habe seine Kritikerstelle wegen zu großer Kritik an Donizetti und aufgrund von dessen Intervention verloren, obwohl Becher in dieser Zeitung im Unterschied zu den Sonntagsblättern gar nicht für die Opernberichterstattung zuständig war.27

26  Kritische Bemerkungen Bechers zur italienischen Oper finden sich u.a. auch in Sonntagsblätter 1 22.05.1842: 383f. und 2 09.07.1843: 672f. 27  S. Hirschbach, Musikalisch-kritisches Repertorium, 01.01.1844: 53. Siehe auch Ullrich 1974: 231f. Eine ähnliche Mitteilung machte auch die von Karl Gottfried Theodor Winkler unter dem Pseudonym Theodor Hell herausgegebene Dresdner Abend-Zeitung. S. Dollar 1932: 164.

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Ein Dauerthema war die Bevorzugung der italienischen gegenüber der deutschen Oper – auch außerhalb der italienischen Staggione28 – gerade am Kärntnertortheater, d.h. an der Hofoper, an der „das Ausländische vor dem Einheimischen nur zu sehr den Vorzug genießt“, wie Becher zu Beginn des Jahres 1842 anlässlich der Aufführungen von Beethovens Fidelio und Mozarts Zauberflöte schreibt (Sonntagsblätter 1 16.01.1842: 52).29 Entsprechend ausführlich und wohlwollend äußert er sich, wenn eine neue deutsche Oper auf das Programm gesetzt wird, auch wenn es sich um ein Erstlingswerk wie Mara von Josef Netzer (1808-1864) handelt (Sonntagsblätter 1 20.03.1842: 213-215) bzw. die Oper beim Publikum durchfällt wie im Falle von Franz Lachners (1807‑1895) Katharina Cornaro, „die nicht der Mode fröhnt und bei der Masse um Beifall bettelt, […] dem verwöhnten Geschmak mundet die kräftige, nahrhafte Kost nicht, denn Lachner’s Stil ist […] ein echt deutscher“ (Sonntagsblätter 1 27.11.1842: 852). Dem Opernkomponisten Otto Nicolai, den er als Dirigenten so überaus schätzte, warf Becher dagegen vor, zu sehr am „Gängelband[] fremder Muster“ (Sonntagsblätter 2 09.04.1843: 348) zu hängen und „sich der blendensollenden Gehaltlosigkeit an[zu]schließen, die der Krebsschaden selbst der talentvollsten neuitalienischen Komponisten ist“ (Sonntagsblätter 3 11.02.1844: 141), und er erklärt diesen ‚Übelstand‘ mit Nicolais teilweise in Italien erhaltener musikalischer Ausbildung, die ihn dazu verleite, „sich einem leichtfertigeren Streben zu überlassen, als es ihm in Deutschland je eingefallen wäre“ (Sonntagsblätter 3 11.02.1844: 140). Als Franz Pokorny (1797-1850) im Jahre 1845 neben dem Josephstädter Theater auch das Theater an der Wien übernahm und neu ausstattete, verbanden die Kritiker, unter ihnen Plank, damit die Hoffnung, dass hier die deutsche Oper eine Heimstätte finden werde, dass hier Opern von Carl Maria von Weber (1786-1826), Joseph Weigl (1766-1846), Louis Spohr (1784-1859), Heinrich Marschner (1795-1861) und Albert Lortzing (1801-1851) gespielt würden, an die einheimische Komponisten wie Anton Emil Titl (1809-1882), Carl Binder (1816-1860) oder Franz von Suppé (1819-1895) anknüpfen könnten (Sonntagsblätter 4 27.04.1845: 401f.). Tatsächlich wurde das Theater in den kommenden Jahren eine echte Konkurrenz für die Hofoper.

28  Diese wurde von Josef Wagner in einer Kritik als „40tägige[] Wanderung durch eine Opernwüste“ bezeichnet. Sonntagsblätter 30.07.1843: 744. Zur italienischen Staggione in Wien s. auch Jahn (2006). 29  Fidelio wurde am 01. und 09.01. aufgeführt, die Zauberflöte am 11.01. „neu in Szene gesetzt“. S. Jahn 2004: 377. S. auch Bechers Besprechung der Zauberflöte in den Sonntagsblättern 1 30.01.1842: 84-86.

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Kurios in ihrer Verbindung von Gemütstiefe, religiöser und militärischer Stärke mutet die Beschreibung an, mit der Plank Spohrs Oper Jessonda zur deutschen Oper schlechthin erklärt: „Wie kunstvoll umschlingen sich in diesem Meisterwerke des Herzens wehmuthsvolle Liebeslaute, priesterlicher Weiheklang und rauschender Kriegersang“ (Sonntagsblätter 3 21.07.1844: 692). Zeitgenössischen deutschen Komponisten wirft er mitunter vor, langweilige30 oder schlechte31 Opern zu schreiben und damit auch selbst Schuld zu tragen an der Misere der deutschen Oper. Der deutschen Oper verwandt, weil in Spohr, Weber und Felix Mendelssohn Bartholdy (1804-1847) wurzelnd, sah Becher die zeitgenössische englische Oper, deren Balladenton er als nationale Eigenheit sieht (Sonntagsblätter 3 10.03.1844: 237f .).32 Neben der italienischen wird auch die französische Oper – und zwar in Bezug auf Musik und Libretto – stark kritisiert. Bei der Besprechung von Adolphe Adams (1803-1856) Oper Königin für einen Tag (La Reine d’un jour) bemerkt Becher im Hinblick auf das Libretto von Eugène Scribe (1791-1861) und Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges (1799-1875): Die Franzosen haben ein unläugbares Geschik, Operntexte aller Art abzufassen; glüklich in Auffindung passender historischer Momente, oder in Erfindung leichtfaßlicher fingirter Handlungen, verstehen sie fast noch besser die szenische Ver- und Entwicklung des gewählten Stoffes […]. Ein näheres Betrachten läßt freilich oft genug Mangel an Tiefe in der Anlage, an Folgerichtigkeit in der Durchführung wahrnehmen; aber verständlich und interessant sind sie fast immer. (Sonntagsblätter 1 13.03.1842: 185)

Diese Textanlage komme sehr der Musik entgegen, „der sich in neuester Zeit selten eine andere gute Eigenschaft nachrühmen läßt, als die einer gewissen äußern Eleganz“. Adams Musik zu dieser Oper findet er misslungen, und er lässt in Richtung Hofoperndirektion ausrichten: „Traurig aber ist es, daß zu dergleichen Trivialitäten des Auslandes auf deutschen Bühnen gegriffen wird, während uns die Heimath an Altem und Neuem so unendlich viel Besseres darbeut“ (Sonntagsblätter 1 13.03.1842: 186). Über Adams komische Oper Der Brauer von Preston urteilt Plank in einer Mischung aus politischem und nationalem Vorurteil: „Die Franzosen scheinen ihren proletarischen Sinn auch in die Kunst hineinzutragen“, doch werde deren Trivialität „von einer gewissen Leichtigkeit umweht […]; allein der Ka30  U.a. Johann Hoven (= Vesque von Püttlingen) und seiner Oper Liebeszauber. S. Sonntagsblätter 4 16.03.1845: 257f. 31  U.a. Anton Emil Titl und seiner Oper Das Wolkenkind. S. Sonntagsblätter 4 23.03.1845: 282f. 32  Diese Überlegung stellte Becher anlässlich der Erstaufführung von John Liptrot Hattons (1809-1886) Oper Pasqual Bruno am Kärntnertortheater an.

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rakter der Gemeinheit wird darum noch nicht verdekt, weil sie manchmal eine pikante Wendung hat“ (Sonntagsblätter 3 14.07.1844: 661). An Aubers Oper Die Sirene nach einem Libretto von Scribe erklärt Plank den Unterschied zwischen „französischem“ Esprit und „deutschem“ Geist. Während dieser „seinen Gegenstand ganz durchdringt und sättigt“, sei jener „mehr ein Sprudelgeist, der sich auf der Oberfläche herumtreibt, aber da auch manche schillernde Blasen aufwirft“ (Sonntagsblätter 3 29.09.1844: 925). Eine Verbindung der drei Richtungen der italienischen, französischen und deutschen Oper sah Plank anlässlich einer Aufführung von Robert der Teufel in Giacomo Meyerbeer (1791-1864) verwirklicht: „dem Effekte, welchen er in Italien gelernt, verband er das Karakteristische, das er in Deutschland studiert, und das Graziöse, welches er in Frankreich gefunden.“ Dieser national gefärbten Produktionsästhetik stellt er eine entsprechende Rezeptionsästhetik gegenüber: „Die Deutschgesinnten loben in diesen Koalizionsopern die Kraft der Instrumentirung und Chorführung, die Italiener die Melodie und die Franzosen Alles, sogar die schönen Dekorazionen und artigen Tänze“ (Sonntagsblätter 3 28.07.1844: 709).33 Für Meyerbeers Grand operá, insbesondere für dessen Hugenotten, tritt Eduard Hanslick in einem Aufsatz von 1847 ein, trotz der vielen Anfeindungen, die Meyerbeer erfuhr, nicht zuletzt durch Robert Schumann (1810‑1856) (Neue Zeitschrift für Musik 05.09.1837: 73-75),34 dessen abfällige Äußerungen Hanslick bekannt waren. Schon die Stoffwahl sei überaus gelungen: „Die Oper war zum ersten Male die Trägerin gigantischer Völkerbewegungen, und es handelt sich nicht mehr darum, ob der Hanns die Grethe bekömmt, oder nicht.“ Hier wehe „der Hauch der Weltgeschichte“ hindurch. Dementsprechend liege der Vorzug der Musik in der „bisher unerhörten Gewalt und Großartigkeit der Massenwirkung und der gleichfalls in solchem Grade früher nicht gekannten Kunst der Steigerung.“ Sie sei gekennzeichnet durch „jenen starken, aber zugleich wahren Effekt, der durchglüht ist von der Flamme der Begeisterung, und geläutert durch das Licht des Geistes“. Hanslick stellt Meyerbeer über Wagner, den er im Übrigen zu dieser Zeit noch überaus schätzt,35 denn letzterer werde „kaum die Popularität Meyerbeers je erlangen; es fehlt 33  Eine ähnliche Verbindung sah Plank auch bei dem englischen Komponisten Michael William Balfe (1808-1870), den er in Bezug auf dessen Oper Die vier Haimons-Kinder als „den Meyerbeer der komischen Oper“ bezeichnete. Sonntagsblätter 3 22.12.1844: 1211. 34  Wiederabdruck in Kreisig 51914: 318-321. 35  Für seine umfangreiche Tannhäuser-Rezension aus dem Jahre 1846 s. Hanslick, Wiener allgemeine Musik-Zeitung, 28.11., 01.12., 03.12., 10.12., 12.12., 15.12., 17.12., 19.12., 22.12., 24./26.12. und 29.12.1846, Wiederabdruck in Hanslick 1993: 57-94.

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ihm vor Allem der üppige Melodienreiz dieses Meisters, und dann hat er zu großen Theil an der deutschen Erbsünde: der spekulativen Filosofie“ (Hanslick, Sonntagsblätter 6 14.02.1847: 96-98).36 Interessant ist, dass Hanslick diesen Text mit einigen Änderungen und Erweiterungen über ein Jahr später in der Neuen Berliner Musikzeitung noch einmal veröffentlichte, diesmal aber am Schluss die antisemitisch gefärbte Kritik Schumanns aufgreift, wenn er plötzlich behauptet: „Meyerbeer’s Musik hat keine Aufrichtigkeit; und so kommt es, dass uns bei seinen effectvollsten Stellen oft die Geschichte einfällt, wie Judas den Heiland verrieth um 30 Silberlinge“ (Neue Berliner Musikzeitung 30.09.1848: 280-282).37 Meyerbeer wurde im Februar 1847 – nach der Erstaufführung seiner Oper Vielka38 am Theater an der Wien – zu einem Festabend eingeladen, bei welcher Gelegenheit Castelli und Frankl ein von ihnen gemeinsam verfasstes Geistergespräch vortrugen, das als Dialog zwischen Christoph Willibald Gluck (1714‑1787) und Josef Lanner (1801-1843) gestaltet ist, u.a. die italienische Oper und die zensurbedingten Verunstaltungen der Hugenotten39 aufs Korn nimmt sowie ein Lob auf Meyerbeer aus dem „volkstümlichen“ Munde Lanners bringt: Was der komponirt, muß gut klingen, Man mag’s deutsch, wällisch oder französisch singen. Der ist beim wahren deutschen Styl geblieben, Obwohl er noch keine deutsche Oper hat geschrieben. […] Kurz, ich sag Ihnen, der Meyerbeer ist ein Mandl mit Kren, Was der macht, ist Alles gleich gut und schön […]. (Sonntagsblätter 7 06.08.1848: 589)40

36  Wiederabdruck Hanslick 1993: 107-110, siehe auch 332f. 37  Für einen Vergleich beider Lesarten s. Hanslick 1993: 110-114. Zu Hanslicks jüdischer Herkunft und zu seinen Äußerungen zum Judentum s. Boisits 2009: 91-107, besonders 100f. 38  Es handelt sich dabei um die erste Umarbeitung seiner 1844 in Berlin uraufgeführten Oper Ein Feldlager in Schlesien. S. Döhring 1991: 140-142. 39  Die Oper musste bei ihrer Wiener Erstaufführung am 06.06.1839 am Theater in der Josephstadt unter dem für die aktuelle Politik unverdächtigen Titel Die Ghibellinen in Pisa aufgeführt werden, wodurch die brutale Unterdrückung der französischen Protestanten durch Katholiken durch die nicht mehr aufregenden, in weiter historischer Ferne verbleibenden politischen Auseinandersetzungen zwischen Welfen und Ghibellinen ersetzt wurde. Der in der Oper vorkommende und in seiner religiös-politischen Symbolhaftigkeit nicht weniger aussagekräftige lutherische Choral Ein feste Burg konnte aber zur Belustigung der Musikkenner die Zensur ohne Probleme passieren. Siehe Antonicek, 1995: 305. 40  Der Text war ursprünglich von der Zensur abgeändert worden. Nach Aufhebung der Zensur und als „heiterer Laut in den ersten Chören der Gegenwart“ erschien er in seiner Originalgestalt in: Sonntagsblätter 7 06.08.1848: 589. Siehe dazu auch Hanslick 1894: 73.

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Gerügt werden regelmäßig auch schwache Libretti von Balletten: „Es sollte ein Dichter, wie dem Opernkompositeur, den Text zum Ballete liefern. Vollendung der Beine und Elasticität des Körpers verbinden sich nicht stets mit Elasticität der Fantasie und mit Elasticität des Gedankens“, schreibt Becher anlässlich der Wiener Erstaufführung des Feensees von dem Tänzer Antonio Guerra (1806-1846) am 18. Jänner 1842 (Sonntagsblätter 1 23.01.1842: 68; Jahn 2004: 377).41 Die dichterischen Schwächen von Ballettmeistern wurden geradezu zum Topos in den einschlägigen Rezensionen.42

Geistliche Musik Zwar nehmen den größten Raum der Musikartikel Konzert- bzw. Opernkritiken ein, doch gibt es auch Beispiele von Besprechungen geistlicher Musik, in erster Linie von Oratorienaufführungen. Ein Beitrag von Frankl setzt sich kritisch mit der religiösen Musik der Gegenwart auseinander. Frankl beklagt darin die Anleihen bei der Opern- und Tanzmusik ebenso wie die mangelnde religiöse Haltung der Komponisten, die „meist anderen Glaubensbekenntnisses oder was noch schlimmer eines Hegelschen oder gar keines“ seien (Frankl, Sonntagsblätter 1 27.03.1842: 223). An der Wiener Erstaufführung von Rossinis Stabat mater am 31. Mai 1842 im großen Redoutensaal beklagt Becher die große Begeisterung des breiten Publikums für das Werk eines Komponisten, der zwar „auf der Bühne zu Hause“, aber „zugleich in der Kirche ein Fremdling“ sei, und erklärt sich diese Begeisterung damit, dass das große Publikum einem solchen Werk gar nicht die richtige, nämlich religiöse Stimmung entgegenbringe und daher Rossinis „weltlich-sentimentale und sinnliche Musik“ im Unterschied zur „schwache[n] Minorität von Kunstrichtern“ auch nicht verwerfe (Sonntagsblätter 1 05.06.1842: 414). Sehr deutlich spricht Becher hier die erzieherische Funktion seines Standes an, der die Aufgabe habe, das Publikum zu seiner Geschmackshöhe empor zu führen. Offensichtlich war Frankl mit Bechers 41  Im Unterschied dazu hebt Plank hervor, dass im Feensee mehr Idee geboten werde „als die gewöhnliche des Auf- und Niederrennens, des in die Höhe und in die Breite Springens.“ Sonntagsblätter 3 14.07.1844: 661. 42  Siehe etwa Josef Plank über Guerras Ballette Fortuna und der Stern, Nankin und Der Mädchenraub in Venedig, alle drei mit Musik von Wilhelm Ludwig Reuling (1802-1877), in Sonntagsblätter 3 06.10.1844: 951f. und 15.12.1844: 1188 sowie 4 09.03.1845: 236f.

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hartem Urteil nicht ganz zufrieden, jedenfalls druckte er in der übernächsten Nummer (Sonntagsblätter 1 19.06.1842: 444f.) eine differenziertere Besprechung von Rossinis Werk ab, die er von den Grenzboten übernahm.43 Bechers ästhetische Strenge wird auch in einer Besprechung von Haydns Schöpfung44 deutlich, in der er bekennt, des Komponisten „Blumen-tändelndes Genie“ sei wohl für den Stoff der Jahreszeiten geeignet, verfehle aber denjenigen, der „einer kolossaleren, überirdischen Region des Geistes angehört“ (Sonntagsblätter 2 19.11.1843: 1126f.). Angesichts des Oratoriums Noah, komponiert von Franz Seraphin Hölzl (1808-1884) auf einen Text von Anton von Perger (1809-1876), stellt Plank die Notwendigkeit neuer Oratoriumsvertonungen in Frage (Sonntagsblätter 3 10.11.1844: 1061f.), ohne Zweifel zu lassen an der nationalen Zugehörigkeit dieser Gattung: „Unsere Oratorien und unsere Simfonien sind wie nichts Anderes durch und durch deutsch, durch und durch das Ergebniß tiefer, in Gemüth und Geist wurzelnder Kunst“ (Sonntagsblätter 3 17.11.1844: 1092).45 Groß waren die Erwartungen im Vorfeld der Wiener Erstaufführung von Mendelssohns Elias, der am 14. November 1847 unter der Leitung des Komponisten aufgeführt werden sollte. Hanslick verfasste im Vorfeld nach dem Studium der Partitur einen hymnischen Artikel. Er bezeichnet darin den Elias neben dem Paulus als „unstreitig das Gediegenste, was seit Seb. Bach und Händel im Gebiete des Oratoriums geleistet wurde“ (Hanslick, Wiener Bote. Beilage zu den Sonntagsblättern 6 31.10.1847: 357-363).46 Mendelssohn sei „die merkwürdige Verschmelzung des strengen Bach’schen Stils mit dem Zauber der romantischen Musik“ (Hanslick 1993: 120) gelungen. Hanslick schließt mit der Hoffnung, Mendelssohn würde diesmal in Wien ein voller Erfolg zuteil, denn „wenn wir auch nicht hoffen dürfen, daß Wien je ein Grenzdamm sein werde, gegen das Schlechte aus dem Süden, so wird es doch gewiß aufhören, ein Grenzdamm zu sein, gegen das Gute aus dem Norden“ (Hanslick 1993: 127). Mendelssohn konnte seiner Dirigierverpflichtung nicht mehr nachkommen: Er verstarb am 4. November. Am 14. November brachten die Sonntagsblätter 43  Die Grenzboten. Eine deutsche Revue 2 (1842): 275-277. Frankl gibt die Quelle allerdings nicht preis – er nennt sie in einer Anmerkung nur als „zweite, von einem ausländischen, geistreichen Musiker uns zugekommene Kritik“ -, eine Unsitte, die er, wenn sie sein Blatt betraf, oft genug angeprangert hat. S. etwa Sonntagsblätter 1 10.04.1842: 264 und 23.10.1842: 768. 44  Aufgeführt am 5. und 09.11.1843 im Rahmen des von der Gesellschaft der Musikfreunde veranstalteten Musikfestes in der k. k. Winterreitschule. 45  Eine ähnliche Bemerkung stellt Plank auch bei der Gattung Lied an. S. Sonntagsblätter 3 04.08.1844: 730. 46  Wiederabdruck Hanslick 1993: 120.

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neben Berichten über sein Ableben auch einen Prolog von Frankl, der vor der jetzt von Johann Baptist Schmiedel (1790-1849) dirigierten Aufführung gesprochen wurde,47 sowie einen Freundesnachruf von Becher (Wiener Bote. Beilage zu den Sonntagsblättern 6 14.11.1847: 410f.). Nur im Ausnahmefall wird in den Sonntagsblättern über liturgische Musik im engeren Sinne geschrieben, besonders auffällig daher ein Bericht von Andreas Schumacher48 (1803-1868) über eine Messe der griechisch-orthodoxen Gemeinde zum heiligen Georg (am Hafnersteig, Wien I.), deren einstimmige Gesänge vom Vizehofkapellmeister Gottfried Preyer (1807-1901) vierstimmig ausgesetzt worden waren.49

Programmgestaltung Kanonisierung, Professionalisierung Neben der Aufführungsbesprechung war es den Musikkritikern ein Anliegen, das Publikum auf besonders wertvolle Werke hinzuweisen, deren Kanonisierung in Konzertprogrammen bis heute wirksam ist. So lobt Becher die Zusammenstellung von Werken Mozarts, Beethovens, Schuberts und Webers in einem Konzert des Sängers François Wartel (1806-1882) und seiner Frau, der Pianistin Thérèse Wartel (1814-1865): „Solche Programme läßt man sich schon gefallen! da bekommt man doch wahre Musik zu hören“ (Sonntagsblätter 2 22.01.1843: 82).50 Öfter noch beklagt er das Fehlen klassischer Kompositionen, die geeignet wären, den Geschmack des Publikums zu fördern, etwa in einem Konzert des Pianisten Eduard Pirkhert (1817-1881) (Sonntagsblätter 2 31.12.1843: 1271f.). Neben der Fixierung ‚klassischer‘ Werke bestand eine wichtige Aufgabe darin, von den gegenwärtigen Komponisten jene hervorzuheben, deren Werke das Schaffen ihrer Zeitgenossen weit überragen würden. Dazu zählten in den 1840er Jahren insbesondere Mendelssohn, Schumann und Hector Berlioz 47  Wiener Bote. Beilage zu den Sonntagsblättern 6 14.11.1847: 413f. Eine langatmig geratene und gegenüber Hanslick wenig Neues bietende Besprechung nach der Aufführung lieferte Plank. S. Wiener Bote. Beilage zu den Sonntagsblättern 6 21.11.1847: 421-424. 48  Schumacher war sonst für die Theaterberichterstattung (insbesondere für das Hofburgtheater) zuständig. 49  S. dazu Jaklitsch 2004: 220-230. 50  Aufgeführt wurden u.a. die Ouvertüre zu Mozarts Figaro, Beethovens Adelaide und Sonate pathétique, Lieder von Schubert (Im Frühling, Das Geheimnis) und Webers Konzertstück.

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(1803-1869). So lobt Becher ein Konzert der Gesellschaft der Musikfreunde vom 7. Jänner 1842 für ihr Programm,51 das das Wiener Publikum mit Werken Mendelssohns bekannt machte. Becher spricht bei dieser Gelegenheit auch das Problem an, neuere Werke wie die Mendelssohns von einem Orchester (in diesem Fall jenes der Gesellschaft) spielen zu lassen, das noch immer zu einem großen Teil aus musikliebenden Dilettanten besteht. Die Aufführung war zwar nicht, wie die Gediegenheit der Compositionen, sie verdient, aber immerhin gebührt der ‚Gesellschaft der Musikfreunde‘ alles Lob und der wärmste Dank aller Verehrer wahrhaft edler und begeisterter Musik, daß sie es vorzog, diese herrlichen Werke in etwas mangelhafter Weise dem Publikum vorzuführen, statt noch länger auf Wien den Makel haften zu lassen, das, was fast das ganze übrige Deutschland als den Höhepunkt der gegenwärtigen Tonkunst preist, gar nicht zu kennen! – Und daß eine Privat-Gesellschaft hierin das Beispiel geben mußte, beweist aufs neue, was ich öfters schon ausgesprochen habe, daß der Sinn, die Anlage zur Musik hier auf weit höherem Standpunkte steht, als die öffentliche Erscheinung derselben. (Sonntagsblätter 1 23.01.1842: 70)

Entsprechend gerügt wird dagegen, wenn dieselbe Gesellschaft sich von den programmatischen Vorstellungen des Kritikers entfernt und etwa eine Arie aus der Oper Il Giuramento von Mercadante bringt: „eine so werthlose Komposizion sollte in einem Konzerte einer Gesellschaft, die einen höhern Zweck52 verfolgt, nicht vorkommen“ (Sonntagsblätter 1 27.02.1842: 158). Auch die Programmgestaltung der Concerts spirituels, jener seit 1819 bestehenden Orchestervereinigung, die sich die Aufführung hervorragender symphonischer und geistlicher Musik – ebenfalls unter überwiegender Mitwirkung von Musikliebhabern – zum Ziel gesetzt hat, wird von Becher im März 1842 kritisiert. Zu bunt und potpourrihaft sei mitunter das Programm, zu mangelhaft die Vorbereitung. Als Vorbild werden den Concerts spirituels die musikalischen Matineen Raphael Georg Kiesewetters (1773-1850) entgegengehalten, jenes „musikalische[n] Polyhistor[s]“, der „die Elite wahrer Kunstfreunde mit so vieler Urbanität erfreut“ (Sonntagsblätter 1 27.03.1842: 225).53 51  Am Programm standen die Ouvertüre Die Hebriden op. 26 („Fingals-Höhle“), der Psalm 114 „Da Israel aus Ägypten zog“ op. 51 und die Sinfonie-Kantate Lobgesang op. 52. Die Werke wurden im Rahmen eines Subskriptionskonzertes (und nicht wie Becher schreibt als „Abend-Unterhaltung“) zugunsten des Konservatoriums der Gesellschaft aufgeführt. S. Pohl 1871: 94. 52  Schon bei ihrer Gründung im Jahre 1812 wurde die „Emporbringung der Musik in allen ihren Zweigen“ zum „Hauptzweck“ der Gesellschaft bestimmt. Siehe Pohl 1871: 5. 53  Kiesewetter veranstaltete von 1816 bis 1842 sorgfältig ausgesuchte und vorbereitete Hauskonzerte mit älterer Musik. Herfrid Kier, Raphael Georg Kiesewetter (1773-1850). Wegbereiter des musikalischen Historismus (Studien zur Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts 13), Regensburg 1968.

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Zufriedener zeigt sich Becher mit dem Programm der Konzerte im folgenden Jahr, ebenso mit dem Publikumsandrang, der zeige, „daß es in Wien, trotz aller Ausbreitung einer mehrfach-frivolen Richtung, trotz allem Uebergewichte gar mancher eben so unkünstlerischen als undeutschen Tendenzen (um mich fast pleonastisch auszudrücken), dennoch eine unzersprengbare Falanx treugesinnter Kunstfreunde gibt“ (Sonntagsblätter 2 05.03.1843: 235). Aus dem Programm vom 2. März 1843, an dem ihm nur Donizettis Ave Maria stört, hebt Becher besonders Bachs Cembalokonzert in d-Moll (BWV 1052) hervor, das durch die Bemühungen von Josef Fischhof54 (1804-1857), der es auch am Klavier vortrug, zur Aufführung gelangte. In seinen „fast übermenschliche Geistesgröße athmenden Werken“ erinnert Bach ihn an den Nibelungenheld Siegfried, der sich im Blute des erschlagenen Drachen badet, wodurch er die Sprache der Natur verstehen lernt und unverwundbaren Leibes wird; nur daß ich die nach der Siegfriedssage zurückgebliebene Verletzbarkeit des Schulterblattes bei Bach, dem ganz Unnahbaren vermisse, während bei den meisten unserer weichlichen heutigen Reputazionen vor lauter verwundbaren Schulterblättern nichts vom gehörnten Siegfried zu ersehen ist; dafür haben sie auch nichts von der Sprache der Natur erlernt. (Sonntagsblätter 2 05.03.1843: 237)

Die Reihe der Concerts spirituels im Jahre 1845 geben Josef Plank Gelegenheit, allgemein über den schlechten Musikgeschmack des Wiener Publikums – „Der Geschmack im Essen ist besser, als der Geschmack in der Musik“ – zu räsonieren: Nirgend könnte der reine Geschmack in der Musik so allgemein verbreitet sein als in Wien, weil keine andere Stadt ein solcher Focus war, in dem die genialsten, würdigsten und edelsten Meister der Tonkunst gewirkt haben; aber es ist zu sehr den Einflüssen vom Süden her ausgesetzt; es hat der gehörprikelnden italienischen Musik nicht widerstanden, es hat ob der Künstelei viel von seinem Sinn für die Kunst eingebüßt. (Sonntagsblätter 4 06.04.1845: 329)

Für die besseren, weil ‚klassische‘ Werke bringenden Programme55 der Concerts spirituels hätten weder die vornehme Welt des Adels noch die unteren Klassen Verständnis, sondern nur die „mittlere Sfäre, wo stets der regste Sinn 54  Fischhof, Klavierlehrer am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde, erwarb sich insgesamt um die Wiederbelebung Bachs in Wien große Verdienste. 55  Mit der am 4. April erstmals vollständig aufgeführten Missa solemnis von Beethoven hatte Plank allerdings – und er war nicht der einzige – seine Probleme. Sie sei voll der „seltsamsten Schnörkel, von welchen man nicht weiß, warum sie da sind“ (Sonntagsblätter 4 06.04.1845: 330). Eine Woche später veröffentlichte Frankl das Gedicht Beethoven in Fesseln. Nach Anhörung der Messe in D, indem der Komponist einmal mehr mit Prometheus verglichen wird, den die Götter für die Kunst, die er den Menschen gebracht hat, mit Taubheit bestraft hätten. S. Sonntagsblätter 4 13.04.1845: 353f.

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für das Geistige und Würdige herrscht“ (Sonntagsblätter 4 06.04.1845: 330). Hier zeigt sich der Stolz bürgerlichen Selbstverständnisses, das sich sozial, aber eben auch ästhetisch sowohl nach oben als nach unten abgrenzt und zu dessen Sprachrohr in Angelegenheiten der Kunst sich die Kritiker machen. Bechers Kritik an der mangelnden Orchesterleistung bei Konzerten der Gesellschaft der Musikfreunde56 oder der Concerts spirituels steht im Zusammenhang eines schon länger gefühlten Bedürfnisses nach einem professionellen Orchester auch für Aufführungen symphonischer Musik. Bisher bestanden solche nämlich nur an den Theatern. Am 28. März 1842 fand im großen Redoutensaal ein symphonisches Konzert statt, das ausschließlich von Mitgliedern des Hofopernorchesters unter der Leitung seines Kapellmeisters Otto Nicolai ausgeführt wurde. Es war die Geburtsstunde der Wiener Philharmoniker, an deren Zustandekommen Becher keinen geringen Anteil hatte (Hellsberg 1992: 9-34). Unter dem ursprünglichen, auf dem Programmzettel letztlich zu „Concert“ abgeänderten Titel „Filharmonische Akademie“ schrieb Becher eine Kritik für die Sonntagsblätter und lobte die gelungene Aufführung (Sonntagsblätter 1 03.04.1842: 245).57 Anlässlich des zweiten Konzertes am 27. November 1842, wiederum unter der Leitung von Nicolai, schrieb Becher in Richtung Orchester und Dirigent: Vorwärts auf dieser Bahn, meine Herren, die ungeschmälerte Anerkennung aller Ernstfühlenden ist ihnen gewiß, und es kann nicht fehlen, daß bei fortgesetztem Streben das Wiener-Orchester dem besten der Welt angereiht, vielleicht sogar allen übrigen vorgesetzt wird, da hier der instrumentale Geist heimisch, den man z.B. in Paris erst künstlich wie im Treibhause hat erzeugen müssen. (Sonntagsblätter 1 04.12.1842: 876)

Eine Steigerung gelang tatsächlich beim dritten Konzert am 19. März 1843 mit der Aufführung von Beethovens Neunter (Sonntagsblätter 2 26.03.1843: 294298),58 das nicht nur in Bechers längste Werkbesprechung für die Sonntagsblätter mündet, sondern ihm – mit Bezug auf den anders urteilenden Grillparzer – auch Gelegenheit gab, Beethoven über Mozart zu stellen (Sonntagsblätter 2 26.03.1843: 296).59 56  In einer Kritik nennt er sie „Konzerte von Dilettanten für Dilettanten“, s. Sonntagsblätter 1 11.12.1842: 894. 57  Eine ausführlichere Besprechung schrieb Becher für die Allgemeine Wiener Musik-Zeitung 07.04.1842: 172 und 09.04.1842: 177-178. 58  Am 26.03.1843 wurde das Konzert, erweitert um einen Prolog von Saphir, „[z]ur Gedächtnißfeier des Sterbetages L. van Beethovens“ wiederholt. S. Sonntagsblätter 2 02.04.1843: 330f. Am selben Tag schrieb Frankl das Gedicht Beethoven lebt! Ibid.: 331. 59  Grillparzer hatte in der Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode 24.01.1843 das Gedicht Zu Mozarts Feier veröffentlicht, in dem er Mozart erklärt zum „Ausdruck“ und

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Die Befürchtung, dass die Konkurrenz durch die philharmonischen Konzerte den Concerts spirituels schaden könnte, teilt Becher nicht, und er empfiehlt den theatersüchtigen Wienern einen Vergleich mit den Leipziger Gewandhauskonzerten. Es wäre auch in der That ein wenig arg, wenn in der k. k. Residenzstadt Wien mit ihren 3-400,000 Einwohnern, die Jahr-aus Jahr-ein fünf Theater60 täglich genügend füllen, zwei Gesellschaften sich im Wege stehen sollten, die zusammen im ganzen Jahre ein halbes Dutzend Konzerte veranstalten! Es ist eigentlich schon arg genug, daß man, Alles in Allem gerechnet, jährlich allerhöchstens zwanzig Aufführungen gediegener Konzertmusik (Virtuosen-Leistungen abgerechnet) hier zu hören bekommt, während in dem verhältnismäßig kleinen Leipzig der Gewandhaus-Verein allein jedes Jahr diese Anzahl im Abonnement hinzustellen im Stande ist. (Sonntagsblätter 2 05.03.1843: 235)

Die philharmonischen Konzerte mit ihrer Aufführung Beethovenscher Werke geben Plank die Gelegenheit, einmal mehr nationale Unterschiede hervorzukehren: Ich kann mir es nicht leicht denken, daß die so gepriesenen Exekuzionen Beethoven’scher Instrumentalwerke im Pariser Konservatorium auf der Höhe jener unserer filharmonischen Künstler oder gar noch über denselben stehen. Eben so schwer wird es mir, zu glauben, daß ein französisches Publikum die Größe, Tiefe und Herrlichkeit in diesen ewigen Schöpfungen des deutschen Genius zu erfassen und so innig zu lieben im Stande sei, wie ein deutsches. Dem germanischen Stamme ist einmal ein tieferes Urtheil und ein offeneres, eingänglicheres Gemüth vor dem romanischen eigen. (Sonntagsblätter 3 03.11.1844: 1046)

Gingen die Bemühungen der Gesellschaft der Musikfreunde und der Concerts spirituels um eine „klassische“ Programmgestaltung nach Meinung der sich als Elite begreifenden Musikkritiker „von der strikten Observanz“61 in die richtige Richtung, um in den geschmacksbildenden „Muster-Aufführungen“ der philharmonischen Konzerte zu gipfeln, so wurden andererseits davon abweichende Konzerttraditionen, speziell von Becher, streng gerügt. Das betraf insbesondere die so beliebten Virtuosenkonzerte sowie die „musikalisch‑deklamatorischen“ Akademien mit ihren bunten Programmen aus gesprochenen und musikalischen Vorträgen, deren Erträge oft wohltätigen Zwecken „Hüter wahrer Kunst / In der der Himmel sich vermählt der Erde.“ Mozart wird hier im Unterschied zu Beethoven wegen seines „klassischen“ Maßhaltens bevorzugt: „Nennt ihr ihn groß? er war es durch die Grenze. / Was er getan und was er sich versagt, / Wiegt gleich schwer in der Schale seines Ruhms.“ Wiederabdruck Sauer/Backmann 1932: 192. 60  Gemeint sind das Kärntnertortheater, das Burgtheater, das Theater an der Wien sowie die Theater in der Josephstadt und Leopoldstadt. 61  Becher in seiner Besprechung anlässlich einer Aufführung von Rossinis Stabat mater, in der er unmissverständlich das Recht in Kunstfragen aufseiten einer „schwache[n] Minorität“ von Kritikern sieht. Sonntagsblätter 1 05.06.1842: 414.

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zukamen. Jene vom 26. Mai 1844, eine der zahlreichen von Saphir veranstalteten, führte, wie eingangs erwähnt, zu Bechers Kündigung, da er über die Zensurierung seiner Besprechung (Sonntagsblätter 3 26.05.1844: 499f.)62 verärgert war. Die Programmzusammenstellung aus verschiedensten Gattungen und Stilhöhen bei dieser Akademie mag einen Eindruck von derartigen Aufführungen geben, die die Konzerte dominierten – speziell wenn man die ähnlich aufgebauten, von Virtuosen veranstalteten hinzurechnet – und zunehmend die um ‚würdige‘ Programme bemühte Kritik herausforderten: Saphirs Gedichte Das innere Auge (mit melodramatischer Begleitung für Klavier und Violine von Titl) und Das Liedlein von der Rose, seine Humoreske Etüden, eine Arie aus Donizettis Oper Gemma di Vergy, Violinvariationen von Charles Auguste de Bériot (1802-1870) sowie eine Cavatine aus Donizettis Betly. Eine zwiespältige Aufnahme bei Wiens Kritikern fand Berlioz, der im November 1845 und Jänner 1846 sechs Konzerte gab. Plank reiht sich in die Reihe derjenigen Kritiker ein, die Berlioz’ Fähigkeiten etwa in der Instrumentationskunst durchaus anerkannten, seine programmmusikalischen Einfälle aber als zu exzentrisch und seine ganze Richtung als zu „verstandesmäßig“ ablehnten (Plank, Beilage zu den Sonntagsblättern 4 23.11.1845: 1091-1093).63 Das Programm zur Symphonie fantastique persiflierte Eduard von Bauernfeld (18021890) in der Beschreibung einer imaginierten „modernsten“ Symphonie (Bauernfeld, Sonntagsblätter 5 11.01.1846: 25-28). Über die Berlioz-Konzerte schrieb auch Becher eine umfängliche Kritik – und zwar für die Wiener allgemeine Musik-Zeitung (02.12.1845: 573-575, 09./11.12.1845: 589-591, 30.12.1845: 625f.) -, in der er begeistert für den französischen Komponisten eintritt. Ein Vergleich mit Planks Besprechungen zeigt dabei recht deutlich Bechers überlegene Kritikerbegabung. Eine Lanze für den in Wien kaum bekannten und noch weniger geschätzten Robert Schumann, sowohl für den Komponisten als auch den Musikschriftsteller,64 brach Eduard Hanslick mit seinem ersten Artikel für die Sonntagsblätter aus dem Jahre 1846. Schumann gilt ihm hier als „einer der geistvollsten und eigenthümlichsten musikalischen Dichter Deutschlands […]. Tiefe und Wahrheit des Gefühls, eine überschwengliche Fantasie und an vielen Orten ein echt Jean Paulscher Humor sind die karakteristischen Vorzüge

62  Zu Saphirs Akademien und seine Tätigkeit als Musikkritiker s. auch Hanslick 1894: 79. 63  S. auch ders., Beilage zu den Sonntagsblättern 4 30.11.1845: 1115-1117; ders., Sonntagsblätter 5 11.01.1846: 28-30; ders., Sonntagsblätter 5 08.02.1846: 140f. 64  Schumanns Neue Zeitschrift für Musik galt vielen Musikkritikern als Vorbild, so auch Becher, der von 1835 bis 1837 einige Beiträge für sie verfasst hatte; s. Ullrich 1974: 290-301.

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seiner Komposizionen“ (Sonntagsblätter 5 06.12.1846: 1176).65 In seiner Autobiographie schreibt Hanslick, wie er diesen Aufsatz vor der Drucklegung dem Herausgeber Frankl zunächst aus dem Manuskript vorlesen musste. Als dieser eine unklare Stelle darin fand und Hanslick ihm dieselbe nicht gleich erklären konnte, gab ihm Frankl folgende Erklärung: „Wenn zwei gebildete Menschen eine volle Viertelstunde über einen Satz, einen Ausdruck disputieren und sich nicht verständigen können, so muß vonseiten des Autors ein Fehler vorliegen“ (Hanslick 1894: 69). Ein Ausspruch, den Hanslick, der sich tatsächlich eines nicht nur pointierten, sondern auch gut lesbaren Stils befleißigte, immer wieder eingefallen sein soll, „sooft ein unklarer, mißverständlicher Satz meiner Feder entschlüpfen“ wollte (Hanslick 1894: 69). Schumann hielt sich Ende 1846 und Anfang 1847 mit seiner Frau Clara, die hier vier Konzerte gab, in Wien auf. Im dritten, spärlich besuchten Konzert vom 1. Jänner 1847 dirigierte er auch sein Klavierkonzert sowie die B-DurSymphonie. Plank schrieb darüber eine knappe Kritik (Wiener Bote. Beilage zu den Sonntagsblättern 6 03.01.1847: 8).66 Erst das vierte Konzert war ausverkauft, was sich aber nicht der späten Würdigung des Künstlerpaares verdankte, sondern vielmehr der Mitwirkung der Sängerin Jenny Lind67 (1820-1887), jener „schwedischen Nachtigall“, die am Theater an der Wien für Furore und ein volles Haus gesorgt hatte. Das Publikum wolle eben „nur mehr elektrisirt, und nicht mehr tief und seelisch angeregt sein“, bemerkt Plank dazu (Wiener Bote. Beilage zu den Sonntagsblättern 6 17.01.1847: 18). Dem Phänomen Lind wurde am 14. Februar 1847 sogar eine außerordentliche Beilage gewidmet, für die sich Frankl wegen seiner sonstigen Vorbehalte gegen Virtuosität in einer Vorbemerkung rechtfertigen zu müssen glaubte (Wiener Bote. Beilage zu den Sonntagsblättern 6 14.02.1847:57).68 Auch das großteils auf ablehnende Kritik stoßende kompositorische Werk (Ullrich 1971: 182-220; Gruber 2013: 457-481) des ehemaligen Musikredakteurs Becher wurde in den Sonntagsblättern gewürdigt. Plank anerkennt anlässlich zweier Konzerte, die Bechers Streichquartettschaffen gewidmet waren, dessen Mut, neue Pfade beschreiten zu wollen, auch wenn „diese Musik des 65  Wiederabdruck in: Hanslick 1993: 105. 66  Plank berichtet irrtümlich von einer Symphonie in D. 67  Auf Ersuchen Mendelssohns setzte sich Becher in Wien für die Sängerin ein und verfasste auch eine Biographie über sie: Jenny Lind. Eine Skizze ihres Lebens und ihrer Künstlerlaufbahn bis zu ihrem ersten Auftreten in Wien, Wien 1846. Eine zweite, überarbeitete Auflage erschien 1847. S. dazu Federhofer‑Königs 1992: 87. 68  „Jenny Lind. Außerordentliche Beilage zu den Sonntagsblättern Nr. 7.“; s. Wiener Bote. Beilage zu den Sonntagsblättern 6 14.02.1847: 57.

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Geistes, der scharfsinnigen Kombinazion, nicht so faßlich ist“ (Sonntagsblätter 5 01.02.1846: 108) und er insbesondere die zu lange Ausdehnung der einzelnen Sätze kritisiert. Auch Hanslick zählt Becher zu jenen Komponisten, „welche es verachten, die Musik blos als schmeichelnden Ohrenkitzel, als leeres Geklingel zu pflegen, die an formaler Schönheit kein Genüge finden, die Tonkunst nur in ihrer höchsten Bedeutsamkeit aufgefaßt wissen wollen, als Offenbarung der innersten Gefühls- und Ideenwelt.“ Doch halte „das schaffende Vermögen nicht gleichen Schritt mit der Gesinnung“ (Wiener Bote. Beilage zu den Sonntagsblättern 6 11.04.1847: 121).69

Schlussfolgerungen Hanslicks Urteil über die Sonntagsblätter – „Dieses Blatt war unter den vormärzlichen Journalen Wiens weitaus das literarisch gediegenste und geschmackvollste“ (Hanslick 1894: 68) – gilt mit Einschränkungen auch für das Gebiet der Musikkritik. Blieb diese auch im Vergleich zu Musikzeitschriften der Zeit in der Regel umfangmäßig begrenzt70 – mehr Raum hatten nur die selteneren essayistischen Musikbetrachtungen –, so ist ihre Bedeutung für die Wiener Musikpublizistik der 1840er Jahre dennoch unbestritten. Diesen Umstand verdankten sie vor allem ihrem ersten Musikredakteur Alfred Julius Becher, der in die Wiener Kritik nach norddeutschem Vorbild einen deutlich härteren, „ungemütlicheren“ Tonfall einführte. Becher hat sich auch selbst so gesehen, wenn er schreibt, dass er sich „in Wien dem undankbaren Geschäft unterzogen habe, in musikalischen Angelegenheiten […] den Cato Censor zu spielen […], indem die Aufführungen keineswegs den gerechten Erwartungen entsprachen, die man in einer Stadt wie Wien, wo Kräfte sich vereint finden wie nirgends in der Welt, zu hegen sich veranlaßt und genöthigt sieht“ (Allgemeine Wiener Musik-Zeitung 07.04.1842: 172 und 09.04.1842: 172). Neben Fischhof, Hanslick, Laurencin und Ambros zählte Becher zu jenen gebildeten Musikkennern und -kritikern, die sich zunehmend als Erzieher des Publikums sahen mit der Aufgabe, dessen Geschmack zu veredeln. Die meisten seiner 69  Wiederabdruck Hanslick 1993: 115, siehe auch 333f. 70  Zu Hanslicks ausführlicherer Besprechung von Bechers Kompositionen (Sonntagsblätter 6 11.04.1847: 120) vermerkte die Redaktion ausdrücklich, dass man dieser nur ausnahmsweise wegen Bechers Bedeutung für die Sonntagsblätter mehr Raum gegeben habe.

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Kollegen bei den Sonntagsblättern waren zwar deutlich konzilianter, vertraten im Allgemeinen aber doch dieselbe Grundtendenz. Gemeinsam arbeitete man aktiv an der Herausarbeitung eines Kanons bezüglich des Konzert- und Opernrepertoires mit und forderte nachdrücklich die Professionalisierung des Musiklebens. Kritisiert wurde dagegen alles, was diesem musikalischen Bildungsideal entgegenstand: die bunt gemischten Konzertprogramme ebenso wie das Ausufern des Virtuosentums mit seiner ‚seichten‘ Kunstmusik, das Überhandnehmen ‚unwürdiger‘ Unterhaltungsmusik und die ‚unbefriedigende‘ Situation des Musiktheaters im Allgemeinen sowie die der italienischen Oper im Besonderen. Dabei wird die ‚Überlegenheit‘ der von den Kritikern propagierten Musik (Mendelssohn, Schumann etc.) bzw. die ‚Unterlegenheit‘ anderer Richtungen sowohl ästhetisch wie auch ethisch, national oder mit Bezug auf Genderdifferenzen begründet. Die bürgerliche Musikkritik im Jahrzehnt vor der 1848er Revolution hat maßgeblichen Anteil daran, dass die überwiegende Unterhaltungsfunktion von Musik zunehmend problematisiert wird. Musik – wie alle anderen Künste – avanciert zum unverzichtbaren Bildungsgut, dessen Pflege einen wesentlichen Teil des national-kulturellen Gedächtnisses ausmacht. Die bürgerliche Klasse, die für die ihm so lange vorenthaltenen politischen Rechte im März 1848 auf die Barrikaden steigen wird, zeigt sein neues Selbstbewusstsein zunächst in Kunstangelegenheiten. Mit strengeren Urteilen, die sich meist gegen den allgemeinen Publikumsgeschmack richten, wird die Überlegenheit einer bürgerlichen Bildungselite suggeriert, die die sich selbst gestellte Aufgabe der Erziehung des Publikums überaus ernst nimmt. Diese Entwicklung war kein ausschließliches Wiener Phänomen, ganz im Gegenteil: Eine ernsthafte Musikkritik war in Metropolen wie Paris und London und einigen deutschen Städten wie Leipzig und Berlin schon längst etabliert und setzte sich in Wien vor 1848 – nicht zuletzt wegen der strengen Zensur – nur langsam durch. An diesen Bestrebungen waren jedenfalls die Sonntagsblätter wesentlich beteiligt.

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Gedichte von Ludwig August Frankl in ihren Vertonungen. Ein Spektrum musikalischer Übersetzungen. Wie Bühnen- oder Filmadaptionen literarischer Vorlagen sind Vertonungen von Gedichten oft harter Kritik ausgesetzt. Selten wird zugestanden, dass es gelungen sei, den Gehalt, die Atmosphäre, die vermeintliche Essenz eines Primärtextes adäquat in ein neues Medium zu übersetzen. Um dies zu gewährleisten, seien die Darstellungsparadigmen zu unterschiedlich, nicht zuletzt aufgrund des Verlustes des Wort-Primats. Unschwer zu erkennen, spricht aus solchen Verdikten die Genieästhetik des 19. Jahrhunderts, die die Intentionen eines Autors vor Trivialisierungen und ideologischen Umdeutungen ‚bewahren‘ zu glauben meint, die die Vertonung eines Autorentextes stets zum vermeintlichen ‚Willen‘ eines Autors in Relation setzt. Roland Barthes’ mort de l’auteur (1967/68) hat diese Rezeptionskonvention spät ins Wanken gebracht – ohne sie freilich beenden zu können. Dennoch hat sich vielfach die kulturwissenschaftlich inspirierte Auffassung durchgesetzt, dass Vertonungen wertvolle Primärquellen einer Wirkungs-, noch mehr einer allgemeinen Wahrnehmungs- und Repräsentationsgeschichte darstellen. Im Falle der Lyrik eines so einflussreichen Akteurs wie Ludwig August Frankl von Hochwart lassen sich etwa musikalische Erzähl- und Deutungsmodi bzw. Narrativkonventionen des ‚langen 19. Jahrhunderts‘ aufzeigen.

Die Universität Ohne Zweifel ist Die Universität das am häufigsten in Musik gesetzte Gedicht Frankls. Es zählt zu der Gruppe von literarischen Manifestationen, die während des Wiener Märzaufstandes 1848 entstanden. „Während des Wachstehens“ geschrieben, wurde Die Universität als erstes zensurfrei gedrucktes Gedicht (Roser 2007: 50) in einer Auflage von 8.000 Exemplaren aufgelegt und gratis verteilt. Die Verse stießen auf breiteste Akzeptanz, so dass anschließend

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eine zweite, noch höhere Auflage erschien. In der aufgeheizten Atmosphäre des Märzaufstandes stimulierte Frankls Gedicht deswegen bald viele Musiker zur Komposition des Textes – nicht zuletzt aus dem Ehrgeiz heraus, eine ‚österreichische Marseillaise‘ zu erschaffen. Etwa zwanzig Vertonungen haben sich erhalten, die sehr verschiedene Ansätze wählten und hierin das ganze Spektrum musikdramatischen Ausdrucks der Jahrhundertmitte bezeichnen. (Partsch 2013) Das Gedicht beginnt mit einer Hypophora, einer Frage, die sogleich selbst beantwortet wird, und mündet in eine Geminatio, eine unmittelbare Verdoppelung des Wortes „Universität“. Mit einem sich steigernden Dreischritt der Lexeme „Waffe“ – „Fahne“ – „Trommelklange“ bezeichnet Frankl unmissverständlich den entschlossen-kriegerischen Charakter seines Gegenstandes. Dabei vollzieht sich die poetische Wahrnehmung des metaphorischen „Nahens“ der Universität in visueller und akustischer („Trommelklange“) Dimension – ein zusätzlicher Ansatzpunkt für Vertonungen, die allerdings kaum genutzt wurde: Was kommt heran mit kühnem Gange? Die Waffe blinkt, die Fahne weht, es naht mit hellem Trommelklange die Universität, die Universität. (Frankl 1848)

Die als „36stes Werk“ bei Haslinger verlegte und „unseren hochherzigen Studirenden achtungsvoll gewidmet[e]“1 Universität des späteren ‚Erfinders‘ der Wiener Operette Franz von Suppé (1819-1895) ist die artifiziellste musikalische Fassung von Frankls Gedicht. Seit 1845 als „Chef-Komponist und -Dirigent“ am Theater an der Wien verpflichtet (Rausch 2006: 2359), widmete Suppé der Revolutionsbewegung neben der Universität noch weitere fünf Vokalstücke, nahm ansonsten aber von dezidierteren politischen Bekundungen Abstand (Roser 2007: 51). Seine Annäherung an Frankls Text ist die Form des Marsches (Roser 2007: 50), die Besetzung eines Klavierliedes und das Tempo eines ‚Allegro marziale‘. Die Eingangsfrage wird piano gestellt, kontrapunktiert von der linken Hand des Klavierparts, die die Vokalphrase symmetrisch spiegelt (Bsp.1).

1  Die Universität. Gedicht von L. A. Frankl. In Musik gesetzt für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte und unseren hochherzigen Studierenden achtungsvoll gewidmet von Franz v. Suppé 1848: Deckblatt.

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Bsp.1 Franz von Suppé: Die Universität (1848)

Suppés langjährige Praxis im Musiktheater zeigt sich dann in seiner Interpretation der Geminatio, deren Effekt er mit typischen Mitteln der Oper inszeniert. Eine Pause bereitet die Nennung der Universität vor, diese geschieht hierauf unbegleitet, unterstrichen nur von akkordischen Schlägen. Auch die Dynamik beschreibt einen Spannungsbogen, von fortissimo bis hin zum endlich dreifachen forte (Bsp.2).

Bsp.2 Franz von Suppé: Die Universität (1848)

Ähnlich komponierte die Universität auch Georg Pichler, über den keine biographischen Erkenntnisse existieren. Seine Fassung erschien bei Diabelli. Wie Suppés Werk ist sie „unseren hochherzigen Studierenden, ihren edlen Vorständen und Lehrern gewidmet“ (Pichler 1848: Deckblatt) und strukturiert sich als „lebhaft, kräftig, feurig“ (Pichler 1848: 2) indizierter Marsch, akzentuiert durch einen punktierten Rhythmus (Bsp.3).

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Bsp.3 Georg Pichler: Die Universität (1848)

Die Universität des Benedict Randhartinger (1802-1893) war 1848 eine der beliebtesten Vertonungen von Frankls Gedicht (Partsch 2013). Der im niederösterreichischen Ruprechtshofen geborene Randhartinger war Sängerknabe und Schüler von Antonio Salieri gewesen. Er pflegte eine Freundschaft mit Franz Schubert (dessen Oeuvre er auch in seinem eigenen Schaffen verpflichtet zeigte), reüssierte als Tenor in der Hofkapelle und wurde 1846 zum Vizehofkapellmeister, 1862 zum Hofkapellmeister berufen (Harten 2005: 1864f.). In seiner Universität setzte der renommierte Komponist Randhartinger die rhetorischen Figuren Frankls ebenfalls mit theatralischen Effekten um, die sich schon in der Besetzung manifestieren: So intoniert ein Chor den Refrain, zwei Solostimmen übernehmen die Strophen (Partsch 2013). Der Stimmumfang ist hierbei sehr weit disponiert, die einleitende Frage durchmisst mit dem Ambitus cis1-cis2 eine ganze Oktave (Bsp.4).

Bsp.4 Benedict Randhartinger: Die Universität (1848)

Die Geminatio differenziert Randhartinger: Sie erklingt zuerst im vierstimmigen Satz, dann im oktavierten unisono – ein wohl kalkulierter Kunstgriff, um ein singendes (und hörendes) Kollektiv ‚Gemeinschaft‘ imaginieren zu lassen (Bsp.5).

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Bsp.5 Benedict Randhartinger: Die Universität (1848)

Randhartingers Version ähnelt jene von Nina Stollewerk (1825-1914), einer der wenigen komponierenden Frauen des Vormärz. Stollewerk, die später den Bürochef der Kaiser Ferdinands-Nordbahn, Hugo von Rosthorn, heiratete, war bereits als 16-Jährige publiziert worden und stieß im Feuilleton durchgehend auf wohlwollende Kritiken (Flotzinger 2003).2 Ihre Vertonung der Universität ist eine ambitionierte Komposition, die routinierte Ausführende voraussetzt: So erstreckt sich der Stimmumfang der einleitenden Frage bis hin zur Undezime (Bsp.6a), dramatisiert ein jäher Oktavsprung Frankls pathetisches Bild der wehenden Fahne (Bsp.6b).

Bsp.6a Nina Stollewerk: Die Universität (o.J.)

Bsp.6b Nina Stollewerk: Die Universität (o.J.)

In den Einleitungsfiguren der drei letztgenannten Versionen, Pichlers, Randhartingers und Stollewerks, zeigt sich deutlich das Vorbild der Marseillaise. Alle drei integrierten den charakteristischen, Anfangsaufstieg von Rouget de Lisles berühmter Hymne, Grundton – Quart – Quint – Oktav, in ihre Kompositionen und unterstrichen damit deren revolutionäre Stoßrichtung.

2  S. [27.09.2011].

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Von diesen referentiellen Auslegungen unterscheidet sich signifikant jene Universität‑Version, die als Verfasser den ‚k.k. Vice-Hofkapellmeister‘ Theodor Leschetizky nennt,3 bei dem es sich allerdings keinesfalls um den gefeierten Pianisten Leschetizky (1830-1915) handeln kann. Da auch Ludwig Köchels Verzeichnis der kaiserlichen Hofmusikkapelle keinen Amtsinhaber dieses Namens listet, dürfte es sich um ein Pseudonym oder eine Erfindung zum Zweck der Verkaufsförderung gehandelt haben (Köchel 1976 bzw. 1869). Jedenfalls ist die für Männerchor und in der Tonart B-Dur gesetzte Komposition betont schlicht, choralartig gehalten, auf allgemeine Singbarkeit bedacht (Bsp.7a und 7b).

Bsp.7a Theodor Leschetizky (?): Die Universität (o.J.)

Bsp.7b Theodor Leschetizky (?): Die Universität (o.J.)

3  Wienbibliothek, Musiksammlung, Sign. Mex: Mc 1144.

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Sonstige Vertonungen Auch abseits der Universität war Frankls Werk Gegenstand zahlreicher kompositorischer Auseinandersetzungen. In der 1873 verlegten Monografie über das Blinden-Institut auf der Hohen Warte in Wien findet sich etwa neben Frankls Aufsatz Blindheit und Poesie auch eine Sammlung von vier Vertonungen seiner Gedichte. Die „blinden Kindern gewidmet(en)“ (Curatorium des Israelitischen Blinden-Institutes 1873: 73). Lieder für Singstimme und Pianoforte wurden von Randhartinger, vom Domkapellmeister an St. Stephan Gottfried Preyer, und einem nicht näher bezeichneten J. Fischer vertont. Diese kurzen Kompositionen (Gebet, Morgenlied, Abendlied und Blinde Kinder einen Baum pflanzend) sind betont schlicht gehalten, von klassizistischer Diatonalität und Regelmäßigkeit, die Universalität konnotieren soll. Andere Frankl-Vertonungen orientieren sich hingegen deutlich an spezifischen Vorbildern. Im Falle von Schloß Berg (aus Ein tragischer König) des in Wien unterrichtenden böhmischen Komponisten Heinrich Kafka (1844-1917) (Flotzinger 2003: 931) stand offensichtlich Franz Schuberts Erlkönig Pate (Bsp.8).

Bsp.8a Heinrich Kafka: Schloß Berg (o.J.)

Die implikationsreichen Verse Frankls „Entkrönter König, komm’ herab, Wahn war, was Du geschaffen“ akzentuiert Kafka mit einem verminderten Septakkord (auf dem Wort „Wahn“; Bsp.10). Auch dies stellte eine durchaus konventionelle zeitgenössische Praxis dar.

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Bsp.8b Heinrich Kafka: Schloß Berg (o.J.)

Ebenfalls den kompositorischen Normen seiner Zeit verpflichtet, dabei aber wesentlich versatiler als Kafka war Carl Debrois van Bruyck (1828-1902), Musikschriftsteller und Nachfolger Eduard Hanslicks als Kritiker der Wiener Zeitung, daneben Komponist in der Tradition Robert Schumanns und Johannes Brahms’ (Harten 2002: 304). Nach seiner Übersiedelung nach Waidhofen/Ybbs (1874) entstand ein kleiner Zyklus von Frankl‑Vertonungen, die er am 14. Juni 1876 „dem Dichter hochachtungsvoll“ (Wienbibliothek, MH 10030/c) widmete. Der Zyklus besteht aus vier Liedern, deren hauptsächlicher Inhalt Natur und Naturmetaphorik bildet. So Lerchenschlag, das zweite Lied, das in As-Dur steht und in Sechzehntelfiguren die Euphorie angesichts des Frühlingsbeginns ausdrückt (Bsp.9), gefolgt vom gesetzteren Waldgruß in derselben Tonart (Bsp.10) und beschlossen vom kontemplativen An einen alten Stamm (Bsp.11).

Gedichte von Ludwig August Frankl in ihren Vertonungen

Bsp.9 Carl Debrois van Bruyck: Vier Lieder (1876), Nr. 2 Lerchenschlag

Bsp.10 Carl Debrois van Bruyck: Vier Lieder (1876), Waldgruß

Bsp.11 Carl Debrois van Bruyck: Vier Lieder (1876), An einen alten Stamm

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Es existieren aber auch Frankl-Vertonungen, die progressivere Töne anschlagen. Ein nicht eindeutig identifizierbarer Heinrich Müller setzte beispielsweise am 29. Juli 1915 Asyl in Musik.4 Dieses Gedicht war bereits einmal von Fritz Goltz im frühromantischen Stil vertont worden (Kastner 1892: 333f.),5 Müller setzte es aber nun, wenige Wochen nach dem Kriegseintritt Italiens in den Ersten Weltkrieg, mit expressiven Wendungen in Musik, die an die Harmonik von Richard Wagners Tristan und Isolde gemahnten (Bsp.12).

Bsp.12 Heinrich Müller: Asyl (1915)

Eine Ausnahme unter allen Frankl-Vertonungen bildet schließlich Die Schwerterschmiedte [sic!], eine vermutlich nach der Jahrhundertmitte entstandene „melodramatische Musik“ (Wienbibliothek, MH 9344/c) für die ungewöhnliche Kombination von Klavier und Harmonium von Leopold Alexander Zellner (1823-1884), einem aus Zagreb gebürtigen Wiener Virtuosen des Instruments der (Phys-)Harmonika, der seit 1868 auch Generalsekretär der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien war (Rausch 2006: 2724). Zellner knüpfte mit der Die Schwerterschmiedte an die Tradition des Melodrams an, einer Gattung des 18. Jahrhunderts, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aber wieder Zuspruch erfuhr. Frankls Text notierte Zellner als rhythmisierte Deklamationsstimme über den beiden Systemen von Klavier und Harmonium. Strukturell wird in der Komposition ausgiebig Gebrauch von Tremolo-Effekten gemacht (Bsp.13), die Harmonik ist dagegen wenig expansiv, vertraut mehr auf den Reiz der unvertrauten Klangfarbenmischung.

4  S. Österreichische Nationalbibliothek, Musiksammlung. Sign. F82.H.Müller.43. Mus. 5  Der Autor bedankt sich bei Dieter J. Hecht für den Hinweis.

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Bsp.13 Leopold Alexander Zellner: Die Schwerterschmiedte (o.J.)

Fazit: Im Schatten der Universität Bis in die Zeit des Ersten Weltkriegs zogen professionelle Komponisten, aber auch Laien, Liebhaber und Dilettanten Ludwig August Frankls Dichtungen als Vorlagen heran. Frankls Platz in der Musikgeschichte Österreichs ist allerdings vor allem durch die Universität determiniert, ein Gedicht, das im Zuge der Revolution von 1848 zu einem der meistkomponierten Texte in Wien wurde und unterschiedlichste musikalische Ausdeutungen zeitigte. Als besonders signifikant können jene Versuche gelten, die Frankls Verse – nach dem Vorbild der Marseillaise (und in allzu enger Abhängigkeit von dieser) – hymnische Gestalt gaben. Schon aufgrund der niedergeschlagenen Revolution musste es indes scheitern, diese Kompositionen dauerhaft im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. In ihren divergierenden kompositorischen Inkarnationen repräsentieren sie jedoch bis heute anschaulich die Zeit ihrer Entstehung.

Ernst Wangermann

Ludwig August Frankls Bedeutung in der Revolution von 1848 Ludwig August Frankls Erinnerungen sind keine Autobiographie im eigentlichen Sinn, sondern eine posthume von Stephan Hock ausgewählte Sammlung von Artikeln, die Frankl in späteren Jahren an verschiedenen Stellen über sein Leben und seine Erfahrungen bis zum Untergang der Revolution von 1848 veröffentlicht hat. Für Frankls Rolle in der Revolution von 1848 sind sie nicht sehr ergiebig. Dieser Beitrag zu Frankls Rolle in der Revolution von 1848 basiert daher vorrangig auf den wöchentlichen Sonntagsblättern, denen Frankl nach den Märztagen 1848 einen fast ausschließlich politischen Charakter verlieh, und auf der Wiener Abendzeitung, die er ab Ende März 1848 als ‚Tägliches Ergänzungsblatt‘ der Sonntagsblätter herausgab. Von 1842 bis März 1848 waren die Sonntagsblätter eine vorwiegend kulturelle Zeitschrift. Die Bedingungen des Metternich-Sedlnitzky Régimes machten eine offen politische Publizistik unmöglich. Die Sonntagsblätter sind jedoch ein Indiz dafür, dass es auch unter den absurden und restriktiven Kontrollen dieses Régimes möglich war, eine kulturell anspruchsvolle Zeitschrift herauszugeben, und in literar-kritischen Aufsätzen, wenn auch manchmal nur zwischen den Zeilen, politische und soziale Ideen und Perspektiven zu artikulieren. Bezüglich des kulturellen Niveaus der Sonntagsblätter sei nur erwähnt, dass die Musikkritik einige Jahre von Alfred Julius Becher, später von Eduard Hanslick bestritten wurde.1 Hanslick erinnerte in seiner Autobiographie an die herausragende Stellung der Sonntagsblätter in der vormärzlichen Kulturlandschaft Wiens: Dieses Blatt war unter den vormärzlichen Journalen Wiens weitaus das literarisch gediegenste und geschmackvollste. Dem oberflächlichen Neuigkeitskram und Theaterklatsch der übrigen Blätter stand es durch seine Bevorzugung der Poesie und bildenden Künste, durch seine ernste Haltung und gewählte Sprache vornehm gegenüber. Ludwig August Frankl, dessen poetisches und journalistisches Talent durch die ruhige Anmut seines Verkehrs noch an Reiz und Einfluß gewann, bildete in Wien eine Art literarische Gesandtschaft, bei welcher kein schreibender [...] Ankömmling sich vorzustellen unterließ. (Hanslick 1987: 68)

1  S. Dazu auch den Beitrag von Barbara Boisits in diesem Band: 157-182.

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Bezüglich der Artikulierung politischer und sozialer Ideen und Perspektiven möchte ich hervorheben, dass Frankl in den Sonntagsblättern den kulturellen Bestrebungen der nicht‑deutschen Völker des Habsburgerreichs große Aufmerksamkeit schenkte. Die Augsburger Allgemeine Zeitung machte ihm diesbezüglich 1844 den Vorwurf, er huldige dem ‚Slavismus‘; das wäre ein Widerspruch, da er doch als deutscher Schriftsteller Geltung zu erlangen suchte.2 Frankl antwortete auf diesen Vorwurf wie folgt: Ebenso könnte man uns bei vorkommenden Artikeln, die, der Tendenz des Blattes gemäß, bald ungarische, bald italienische Sitten und Zustände zur Darstellung wählen, Magyarismus oder Welschthum als einseitige Richtung vorhalten. Wir werden unser Geburtsland eben so wenig als den Antheil, den wir deutscher Bildung schuldig geworden sind, undankbar verläugnen. (Sonntagsblätter 3 07.07.1844: 635f.)3

Im Zusammenhang mit seinem Anliegen, die verschiedenen Völker des Habsburgerreichs mit einander kulturell bekannter zu machen und einander dadurch näher zu bringen, schenkte Frankl dem tschechisch-jüdischen Schriftsteller Siegfried Kapper viel Aufmerksamkeit. Über die ersten tschechischen Gedichte Kappers, die 1846 unter dem Titel České listy veröffentlicht wurden, schrieb Frankl: Herr Kapper [...] ist jetzt damit beschäftigt, ein Bändchen Gedichte in böhmischer Sprache zu sammeln, [die] durch ihren poetischen Wert, wie durch ihre Tendenz, Juden- und Slaventhum einander verwandter zu machen, allgemeines Aufsehen erregen. (Sonntagsblätter 4 09.03.1845: 229)

Im Revolutionsjahr 1848 verfasste Siegfried Kapper zahlreiche richtunggebende Artikel in Frankls Journalen. Wenden wir uns nun diesem Revolutionsjahr zu. Die Massendemonstrationen und Petitionen vom 12. und 13. März erzwangen von einem erstarrten und senilen Régime die ‚Bewilligungen‘ und feierlichen Versprechen vom 14. und 15. März – Abschaffung der Zensur und Pressefreiheit, Bewaffnung der Studenten und Bürger in einer Volkswehr (Nationalgarde mit einer eigenen Akademische Legion), und Zusage einer Verfassung. Diese Konzessionen, obwohl noch keineswegs gesetzlich verankert, schufen unmittelbar und de facto politische Freiheit – Rede-, Presse- und Assoziationsfreiheit. Frankls Reaktion auf diese Umwälzung ist gut bekannt. Als qualifizierter Medikus reihte er sich in die Akademische Legion ein und diente als Leutnant bei der neunten Kompagnie des Medizinerkorps (Marx 1969: 185). Während seines 2  Zu Frankls Slavismus, Bohemismus sowie Siegfried Kapper s. auch den Beitrag von Václav Petrbok in diesem Band: 89-120. 3  Ich bin Frau Dr. Gerda Lettner für den Hinweis auf diesen Aspekt zu Dank verpflichtet.

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ersten Wachdienstes in der Nacht zum 14. März, setzte er den Studenten, die eine entscheidende Rolle in der revolutionären Bewegung eingenommen hatten, ein literarisches Denkmal mit dem Gedicht Die Universität. Dieses Gedicht ist als erste zensurfreie Schrift, und mehrmals in Musik gesetzt, so etwas wie die Marseillaise der österreichischen Revolution geworden.4 Die Universität ist m.E. jedoch mehr als ein gelungenes Gelegenheitsgedicht. Für Frankl war die Alma Mater Rudolphina eine Herzenssache (Frankl 1848: 99f.).5 In der ersten nach den Märztagen erschienen Ausgabe seiner Zeitschrift erklärte er: Ich redigire die „Sonntagsblätter“ seit 6 Jahren und 2 ½ Monaten; es erschienen 322 Nummern derselben. Ich erkläre hiemit allesamt für null und nichtig, und beginne heute mit Nr. 1. Am 15. März – des Märzen Idus für die finsteren Knechte – ist ein neuer Tag heraufgebrochen. (Sonntagsblätter 7 19.03.1848: 127)

Und schon in dieser ersten Nummer berichtete Frankl unter dem Titel „Lernfreiheit und Lehrfreiheit“ über die von Ernst von Feuchtersleben initiierte Petition der Wiener Medizinischen Fakultät um Lern- und Lehrfreiheit im österreichischen Unterrichtswesen. Danach verfolgte und unterstützte Frankl in seiner Zeitung alle Bemühungen Feuchterslebens im Revolutionsjahr 1848 um eine fortschrittliche Unterrichtsreform.6 Ab der Ausgabe vom 19. März 1848 sind die Sonntagsblätter tatsächlich eine vorwiegend politische Zeitschrift mit einem kulturellen Schwerpunkt. Ein Literaturblatt und Kunstblatt erschienen als gelegentliche Beilagen. Ab dem 27. März erhielten ihre Abonnenten gratis eine meist vierseitige täglich außer Sonntag erscheinende Zeitung – die Wiener Abendzeitung – als Ergänzungsblatt. Sonntagsblätter und Wiener Abendzeitung erschienen regelmäßig bis zur Verhängung des Belagerungszustandes über Wien durch Windischgrätz Ende Oktober 1848. Die meisten genannten Beiträger zu den Journalen Frankls waren schon vor der Revolution seine Mitarbeiter. Sein früherer Musikkritiker, Alfred Becher, gründete im Juni jedoch eine eigene Zeitung, Der Radicale. Frankl führte seine beiden Journale pluralistisch. Es kamen unterschiedliche Meinungen zum Ausdruck. Für uns stellt sich daher die Frage, in wie weit die von Autoren signierten Artikel auch deren persönliche Meinung zum Ausdruck brachten. 4  Zu den verschiedenen Vertonungen des Gedichtes s. auch den Beitrag von Stefan Schmidl in diesem Band: 183-194. 5  In diesem Artikel regte er ein Denkmal für den Gründer der ehrwürdigen Institution, Rudolf den Stifter, auf dem Universitätsplatz an. 6  Dazu Heger 2002: 230 und 848.

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Diese Frage ist schwer zu beantworten. Auffallend ist die Häufigkeit der signierten Beiträge von seinem späteren Widersacher Ferdinand Kürnberger und von Siegfried Kapper.7 Ihre konsequente Zustimmung zu den revolutionären Ausbrüchen in Wien, angefangen von den Märztagen, über die Sturmpetition vom 15. Mai, die Barrikaden vom 26. Mai, bis zu den Gewalttätigkeiten vom 6. Oktober, muss m.E. auch als Frankls eigene Position angesehen werden. Die Verantwortung für die unerfreulichen Aspekte dieser Ausbrüche, so die Linie der Blätter Frankls, trügen die Kamarilla und das jeweilige Ministerium, insofern als letzteres sich niemals eindeutig genug von den konterrevolutionären Intrigen der Kamarilla distanzierte. Als z.B. das Ministerium Pillersdorf  die nach der Flucht des kaiserlichen Hofes am 17. Mai 1848 in Wien vorherrschende beklemmte Stimmung dazu ausnützen wollte, die Akademische Legion mit militärischer Gewalt aufzulösen, und dadurch Ende des Monats die gewaltigen Unruhen der ‚Barrikadentage‘ provozierte, hätte es direkt die konterrevolutionären Pläne der den Kaiser umgebenden Kamarilla befördert.8 Bei aller prinzipiellen Zustimmung zu den revolutionären Ausbrüchen in Wien, nahmen Frankls Blätter für sich in Anspruch, den ‚Rechtsboden‘ nicht verlassen zu haben. Seit den Zusagen vom März und April 1848 – so das Argument – wäre Ferdinand I. ein ‚konstitutioneller Kaiser‘. Seine kaiserlichen Versprechungen wären unwiderruflich. Daher wären alle, die den Kaiser zu absolutistischen Schritten verleiteten, oder sich gegen seine konstitutionelle Autorität auflehnten, als Rebellen zu betrachten. In der ersten Ausgabe der Sonntagsblätter nach dem 6. Oktober, erschien ein unsignierter Artikel, den wir daher als redaktionellen Leitartikel interpretieren können, unter dem Titel „Die Oktoberrevolution und die Czechen“. In diesem Artikel wird Jelačić, der Ban von Kroatien, der sich nun nicht mehr für die Rechte der Kroaten einsetzte, sondern mit militärischer Macht Wien bedrohte, als „herrenloser Abenteurer“ bezeichnet. Die Maßnahmen des Ministeriums zu dessen militärischer und finanzieller Unterstützung wären daher „treulose Schritte“, worüber Wien zurecht seinen Missmut zum Ausdruck gebracht hätte. Die tschechischen Abgeordneten hätten sich durch ihr Verlassen des Konstituierenden Reichstags in Wien mit der Kamarilla vereinigt (Sonntagsblätter 7 15.10.1848: 734f.). In der Wiener Abendzeitung vom 11. und 12. Oktober erschienen zwei mit dem Namen ‚Ernst‘ signierte Artikel. Der erste rief die Mitbürger „um des 7  Zu Ferdinand Kürnberger und sein Verhältnis zu Frankl s. den Beitrag von Hubert Lengauer im vorliegenden Band: 137-156. 8  S. dazu auch v. Pillersdorf 1849: 48-59.

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Himmels Willen“ zu Mut und Ausdauer im Kampf gegen Jelačić und die gegen Wien vorgehenden Streitkräfte auf, während der zweite Artikel warnte: Wir dürfen nun und nimmer den legalen Boden verlassen [...] Unser Verhältniß zum Throne muß unerschüttert bleiben. [Wenn wir siegen], dann gilt es den Sieg mit Mäßigung zu benutzen, und der Vereinbarung mit der Dinastie jede mögliche Chance zu lassen. (Wiener Abendzeitung, 11.10.1848: 664; Wiener Abendzeitung, 12.10.1848: 667f.)

Frankl stand mit seinen Journalen von den Märztagen bis zur Eroberung Wiens durch Windischgrätz und Jelačić Ende Oktober konsequent auf der Seite der Revolution, weil für ihn die Revolution ein möglicher Weg war, das Habsburgerreich in eine konstitutionell‑demokratische Monarchie zu verwandeln. Man kann Frankl also, im Sprachgebrauch der Zeit, der Richtung der ‚entschiedenen Linken‘ zuordnen. Nun zur Frage: welche Stellung bezogen die Journale Frankls hinsichtlich der Spannungen und Konflikte zwischen den Völkern des Habsburgerreichs, die es ja der Kamarilla und ihren Verbündeten in der Armee überhaupt erst ermöglichten, die in den Märztagen bis in die Grundfesten erschütterte Staatsmacht, zuerst in Prag, dann in Mailand, und schließlich in Wien, wieder zu festigen? Den Ungarn galt vorerst Frankls uneingeschränkte Bewunderung. Sie hatten die Lage geschaffen, welche die Wiener Märztage erst möglich gemacht hatten. Die öffentliche Verlesung einer Reichstagsrede Kossuths im Hof des Landhauses der niederösterreichischen Stände hatte mächtig auf die dort versammelte Menge gewirkt. Am 9. April segelte Frankl mit einer Deputation der Wiener Studenten donauabwärts zum Reichstag in Pressburg. Adolf Fischhof verlas dort eine von Frankl verfasste Adresse: Tausende und aber tausende Herzen unseres großen Vaterlandes hat es elektrisch berührt, als noch vor unseren [...] Märztagen aus Eurer Mitte der Gedanke auftauchte: „Constitution für ganz Österreich“. (Sonntagsblätter 7, 15.04.1848: 237)

Das kommentierte Frankl dann noch in einem von ihm selbst signierten Artikel mit den Worten: Wie weit sind uns die Ungarn voraus! [...] Die Ungarn wußten was wir wollen sollten [...]. Und [...] welche Berserkerlustigkeit9 [bei uns], als uns die Konstitution verkündet wurde. Die Ungarn [hingegen] fragten sogleich nach den Garanzien [sic]. (Sonntagsblätter 7, 30.04.1848: 283)

9  Ich halte dieses Wort für sehr bemerkenswert als Charakterisierung der grenzenlosen Euphorie, mit der Wien auf die kaiserlichen Bewilligungen vom 15.03.1848 reagierte.

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In demselben Artikel kam jedoch auch bittere Enttäuschung zum Ausdruck. In Pressburg war zu Ostern ein Pogrom ausgebrochen. Die Juden wurden mit brutaler Gewalt aus der Nationalgarde ausgeschlossen und alle, die das Ghetto verlassen hatten, gezwungen dorthin zurückzukehren (Horel 1995: 169-172). Frankl erinnerte jetzt an die Rede Kossuths an die Deputierten der Wiener Studenten, in der er die Gleichstellung aller Stände und Konfessionen als Devise des ungarischen Ministeriums bezeichnet hatte: In derselben Stadt, in welcher er diese [...] Worte sprach, haben sie die Menschheit mit Füßen getreten, [...] wehrlose, friedlich neben ihnen wohnende Nachbarn geplündert und getödtet [...]. Wollt ihr noch da Eure Könige krönen, wo das sittenlose Laster plündert, wo die Menschen zu Hyänen werden [...]? Ungarn! Eurer Welt und Nachwelt seyd Ihr es schuldig, den reinen Hermelin ungarischer Ehre von den Blutflecken in Preßburg zu befreien. (Sonntagsblätter 7, 30.04.1848: 287)

Für die letzte Ausgabe der Sonntagsblätter, als Wien bereits von den Truppen Jelačić’s und Windischgrätz’ völlig eingeschlossen war, verfasste Frankl den Artikel „Ungarische Worte, Worte, Worte“. Er glaubte nicht recht an die Echtheit der Plakate, die einen Angriff der ungarischen Streitkräfte auf die Belagerer von Wien in Aussicht stellten, und die gedrückte Stimmung in der belagerten Stadt aufmunterten. Er vermutete, dass diese Plakate das Werk ungarischer Agenten in Wien waren, die durch die Verlängerung des Widerstands von Wien Zeit für die Vorbereitung ihres eigenen bevorstehenden Kampfes gewinnen wollten. Mit vernehmbarer Verbitterung schrieb Frankl: „Die Wiener werden nicht zweimale Blut und Gut vergießen und einsetzen, für die Nation, die sich so gerne die edle, feurige, hochherzige schelten läßt“ (Sonntagsblätter 7 22.10.1848: 751). Die Position Frankls und seiner Mitarbeiter zum fünftägigen Aufstand in Mailand, der Radetzky zwang, seine Truppen aus der Stadt zurückzuziehen, war ausgesprochen widersprüchlich. Theoretisch gönnte man natürlich den lombardischen und venetianischen Untertanen der Krone die Freiheiten, die man, wie man glaubte, sich selbst erkämpft hatte. Aber in der Ausgabe der Sonntagsblätter vom 11. April berichtete ein ‚Augenzeuge‘ über den Aufstand in Mailand. Er hatte nur Sarkasmus und Hohn für die Teilnehmer am Aufstand, und besonders für die Frauen unter ihnen. Über die ‚Deutschen‘, die mit den italienischen Aufständischen sympathisierten, war er empört. Dieser ‚Augenzeuge‘ scheint auf Frankl einigen Eindruck gemacht zu haben. Denn während die Wiener Abendzeitung in ihrem ersten Italien betreffenden Artikel noch ihre Leser tröstete, dass die Donau für das Gedeihen der Monarchie wichtiger wäre als der Po (Wiener Abendzeitung 11.04.1848: 1), protestierte sie nach dem Erscheinen des Augenzeugenartikels feierlich gegen die Forderung

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des autonomen ungarischen Kriegsministeriums, dass „in dem Augenblick der furchtbarsten Krise“ die ungarischen Soldaten aus Italien abgezogen werden sollten (Wiener Abendzeitung, 02.05.1848: 134). Wesentlich für diese Stellungnahme scheint die Erwägung gewesen zu sein, dass ein fremder Fürst, ein „schlauer, treuloser König“, Karl Albert von Sardinien, im lombardischen Freiheitskampf interveniert hatte. Dessen anfängliche Erfolge gegen die österreichische Armee unter dem „greisen Feldmarschall“ Radetzky, bedeuteten für Frankl und seine Mitarbeiter, ebenso wie vor allem für die Tiroler, dass die Ehre der österreichischen Waffen befleckt worden wäre, und daher so bald wie möglich wieder hergestellt werden müsse. Die Wiener Abendzeitung versorgte ihre Leser regelmäßig mit detaillierten Nachrichten über den Krieg in Norditalien, die immer in einem betont patriotischen Ton verfasst waren.10 Adolf Foglar, auf dessen Namen wir in Frankls Journalen öfters stoßen, bestand in seinen Überlegungen nach Radetzkys Einnahme Vicenzas im Juni 1848 darauf, dass die Gefühle der Wiener und Tiroler Freiwilligen, sowie die Gefühle der Spender der vielen patriotischen Gaben für das Heer in Italien, bei den kommenden Friedensverhandlungen als ‚Stimme des Volkes‘ berücksichtigt werden müssten.11 Nach Radetzkys Sieg bei Custozza und Karl Alberts Rückzug aus der Lombardei hielten die Sonntagsblätter die Ehre der österreichischen Waffen für wiederhergestellt. Jetzt plädierten sie für freiheitliche Zugeständnisse an die italienischen Untertanen Habsburgs. Zu dieser Zeit tagte schon der Konstituierende Reichstag in Wien. Von einigen monarchistisch orientierten Abgeordneten wurde alsbald der Antrag gestellt, der Reichstag möge an die glorreiche österreichische Armee eine Gruß- und Dankadresse richten. Die Wiener Abendzeitung brachte dazu einen mit ‚D‘ signierten Artikel, von dem ich vermute, dass er aus Frankls Feder stammt. Mit einer derartigen Adresse, hieß es da, würde der Reichstag, dieser Kongress freier Völker, alle die Sünden, die gegen ein freies Volk begangen wurden, sanktionieren. Die Armee, die noch nicht die Erfahrung gemacht hätte, mit dem Volk für das Volk zu kämpfen, würde das Lob weniger auf den Heldenmut der Soldaten, als auf die politische Anwendung desselben beziehen. Erst wenn Österreicher und Italiener ihre Freiheit gemeinsam genießen, und die Armee an dieser Freiheit brüderlich teilnehmen kann, „mag ihr eine Grußadresse nicht durch Kouriere überschickt, sondern von Bruderhand in die Bruderhand gelegt werden“ 10  Dass Frankl mit dieser Agitation direkt der Konterrevolution in die Hände spielte, bezeugen die Briefe Metternichs an Ficquelmont, die Karl Obermann bearbeitet hat; s.: Obermann, 1969: 220. 11  S. „Italiens Pazifikation“, Sonntagsblätter 7 25.06.1848: 465f.

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(Wiener Abendzeitung 15.09.1848: 575). Fürwahr eine schöne, und für Frankl charakteristische utopische Vision! Bei weitem das schwierigste und komplizierteste durch die Revolution aufgeworfene Problem war das Verhältnis der deutschsprachigen Österreicher zu den slawischen Völkern im Norden und Süden des Habsburgerreichs. Auf Frankls Bemühungen vor der Revolution, diese Völker einander kulturell näher zu bringen, ist eingangs verwiesen worden. Die Bestrebungen im Revolutionsjahr den Deutschen Bund, zu dem die deutschsprachigen und viele slawische Gebiete der Monarchie gehörten, in einen konstitutionellen deutschen Nationalstaat zu verwandeln, verschärfte das Problem mit einem Schlag radikal, vor allem im sprachlich und ethnisch gemischten Böhmen. Die Sonntagsblätter und die Wiener Abendzeitung sind ein Indiz dafür, dass sich die Literaten und Intellektuellen des Kreises um Frankl über die Tragweite und die Implikationen dieser Polarisierung nur sehr langsam Klarheit verschafften. Während der ersten „Berserkerlustigkeit“, wie Frankl es so treffend nannte, über die Märzerrungenschaften, begnügte man sich mit einem schauderhaften „wie du mir, so ich dir“. Die Tschechen hatten sich am 8. April ein eigenes Ministerium für die Länder der böhmischen Krone errungen, und jetzt – so argumentierte man auf deutsch-österreichischer Seite während des Streits um die Wahlen zum Frankfurter Parlament – wollten sie den deutschen Österreichern noch verbieten, sich dem neu entstehenden einigen Deutschland „innig anzuschließen“. Als die Wahlen zum Frankfurter Parlament in einigen Gegenden Böhmens fast bürgerkriegsähnliche Zustände provozierten, veröffentlichte Frankl in den Sonntagsblättern einen von Franz Laß signierten Artikel mit dem bedeutungsvollen Titel „Zuerst Deutschland, dann Österreich“. In ihrem Misstrauen gegen die deutschen Österreicher, argumentierte Laß, hätten die Tschechen ein eigenes Ministerium verlangt und eine ethnisch gemischte Provinz durch den absoluten Machtspruch eines konstitutionellen Kaisers an sich gefesselt. So dürften sie sich doch jetzt nicht beklagen, wenn „wir [Deutsche] uns so innig, so fest wie möglich an Deutschland anklammern, wenn wir [...] das konstituierende deutsche Parlament im Sinne aller deutschen Staaten beschickt wissen wollen“ (Sonntagsblätter 7 23.04.1848: 262f.). Auch Windischgrätz’ Unterdrückung des Prager Juniaufstandes, die die Aussichten für eine konstitutionell-demokratische Zukunft im ganzen Habsburgerreich stark verdunkelte, schaffte in dieser Frage noch keine Klarheit. Erst die Wahlen zum Konstituierenden Reichstag, in denen die Tschechen eine solide rechts- und monarchistisch orientierte Phalanx von Abgeordneten nach Wien schickten, die sofort nach dem 6. Oktober geschlossen den Reichstag

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verließen und nach Böhmen zurückkehrten, veranlasste die deutschsprachige Linke, das Problem des konstitutionellen Zusammenlebens der verschiedenen untereinander vermischt lebenden Völker des Habsburgerreichs gründlich zu überdenken. In ihrer Ausgabe vom 16. Oktober 1848 berichtete die Wiener Abendzeitung über den Antrag des deutsch‑böhmischen Abgeordneten Borrosch im Reichstag, einen ‚Völkerkongress‘ einzuberufen, der mit der nächsten Adresse dem Kaiser in Olomouc/Olmütz vorgelegt werden würde. Die Völker müssten selbst ihre gegenseitige Beziehung ‚normieren‘, sie seien mündig (Wiener Abendzeitung 166, 16.10.1848: 3). Schon in der übernächsten Nummer musste die Zeitung berichten, dass der Antrag Borrrosch in der Antwort des Kaisers nicht erwähnt wurde (Wiener Abendzeitung 168 18.10.1848: 1). Die Sonntagsblätter veröffentlichten gleichzeitig in einem von Tschabuschnigg gezeichneten Artikel grundsätzliche Überlegungen zur Frage der Nationalitäten. Das Gefühl der Nationalität wäre potentiell „ein gewaltiger Hebel der Freiheit“, drohe jedoch jetzt im Habsburgerreich die Freiheit zu zertrümmern. Die Nationalitäten Liebhaberei setze den österreichischen Staat der Gefahr der Verblutung aus.  Doch wären Slawen und Deutsche durch ihre gemeinsame Geschichte einander viel näher als viele Slawennationen zu einander. Unter Metternich wären die Deutschen und Tschechen gleichermaßen unterdrückt worden. Warum sollten sie sich nicht gemeinschaftlich der neuen Freiheit erfreuen? Die Freiheit stehe über der Nationalität (Sonntagsblätter 7 15.10.1848: 737-739). Eine Woche später erschien in der allerletzten Ausgaben der Sonntagsblätter der bedeutendste Artikel über die Nationalitätenfrage, signiert von Siegfried Kapper, jenem oben erwähnten böhmisch-österreichischen Schriftsteller, der sowohl deutsche als auch tschechische Gedichte verfasst hatte, und die Integration der Juden in Böhmen und Mähren in die tschechische Nation für möglich hielt. Der beantragte Völkerkongress würde, gleichzeitig mit den Arbeiten des Konstituierenden Reichstags an der Verfassung, die Mittel und Wege beraten, „durch welche jede [politische] Suprematie irgend einer Nationalität, so wie jede [politische] Subordination unter eine andere, verunmöglicht werden können“. Das Ergebnis dieser Beratungen könnte unter den gegebenen Umständen nur eine Föderation sein. Erst wenn die gegenseitigen Interessen der Nation durch feste Bürgschaften sichergestellt sein würden, könne eine von lebendigem Gemeingeiste durchseelte Beratung der Verfassung stattfinden. Wegen „der unglücklichen geographischen Distribution“ all jener, die den Anspruch erheben, zu einer und derselben Nation zu gehören, müsste es entweder ein Recht auf Selbstbestimmung für jedes einzelne Dorf, wenn nicht für jedes Haus geben, oder es müsse zu einer neuen Völker- oder Na-

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tionenwanderung kommen. Der Kongress würde wohl beides ablehnen. Er müsste dann auf einen Mittelweg sinnen. „Es dürfte notwendig werden, wenn nicht Österreich in ein neues Provinzialsystem, so doch die Provinzen in ein neues Kreissystem zu bringen, dem möglichst thunlich die nationalen Charaktere als geographische Demarkation zu grunde liegen [müssten], und wo dies durchaus nicht thunlich, entweder ein friedliches Übereinkommen, oder die Majorität, die Vermöglichung der austauschenden Übersiedlung als Ausschlag dienen müsste“ (Sonntagsblätter 7 22.10.1848: 745-747). In diesem Artikel, dessen komplizierter Stil der Komplexität des Problems entspricht, hat Kapper einerseits die verheerenden Folgen des Unvermögens unserer Vorfahren, das Problem zu lösen, vorausgesehen, nämlich eine neue ‚Völker- oder Nationenwanderung‘. Er hat andererseits den viel versprechenden Lösungsversuch, der im Kremsierer Verfassungsentwurf vom März 1849 enthalten war, im Wesentlichen vorweggenommen. Es war allerdings – wie so oft – zu spät. Kappers eben zitierter Artikel erschien in der letzten Ausgabe der Sonntagsblätter, die Frankl noch herausbringen konnte. Zu diesem Zeitpunkt war sich Frankl bereits im Klaren, dass Wien verloren und weiterer Widerstand daher sinnlos war. Damals begegnete er zufällig auf der Straße seinem ehemaligen Musikkritiker Alfred Becher, und eröffnete ihm seine Meinung. Becher, der in sehr erregtem Zustand war, reagierte wütend auf Frankls ‚Defaitismus‘. Darauf konnte Frankl der Versuchung nicht widerstehen, dem Herausgeber des Radicalen ein von ihm selbst verfasstes radikales Gedicht zu übergeben, das er selbst nicht mehr zum Druck befördern, oder dazu nicht den nötigen Mut aufbringen konnte. Becher nahm das Gedicht und veröffentlichte es in einer der letzten Ausgaben des Radicalen (Ullrich 1974: 138). Das Gedicht ist an den Ban von Kroatien gerichtet, an Jelačić, der unter dem Kommando von Windischgrätz an der Belagerung von Wien teilnahm. Es entstand wahrscheinlich in Zusammenhang mit den Artikeln, mit denen Frankl zu Beginn des Kampfes um Wien seine Leser zu Mut und Ausdauer im Kampf gegen die militärische Konterrevolution aufgerufen hatte. Aber es geht darüber hinaus. Denn Frankl sah der Möglichkeit einer Niederlage der Revolution klar ins Auge, und war dennoch überzeugt, dass die Geschichte mit dieser Niederlage nicht ihr letztes Urteil über die Sache der demokratischen Freiheit gesprochen haben würde: Kecker Ban, Komm nur an Mit den drohenden Gebärden! Siegst du auch, was kann dir werden? Warst doch nur ein Knecht auf Erden

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Trat’st der Freiheit in die Bahn Kecker Ban, Komm nur an! Lies im Buche der Geschichte, Wer die Helden, wer die Wichte, Und dann frage dich und richte: Welchen reih’t die Zeit dich an? (Frankl 1848; cit. v.Helfert 1882: 393)

Frankl ergriff nach der Eroberung Wiens durch Windischgrätz und Jelačić nicht die Flucht ins Ausland, unterhielt aber nach den Akten des Militär Gouvernements  und der Polizei eine verdächtige ausländische Korrespondenz. Deswegen wurde ihm durch die Behörden bald klargemacht, dass er, als in Wien nicht zuständig, auch kein Aufenthaltsrecht in Wien besitze. Dieses musste er sich jetzt mit zahlreichen untertänigsten Gesuchen und offenbar notwendigen Bagatellisierungen seiner Tätigkeit während des Revolutionsjahres über viele Jahre hindurch mühsam erkämpfen.12 Trotz der Interventionen zugunsten Frankls von Seite der Minister Schmerling und Bach wollte der Chef des Militär-Gouvernements und Polizeiminister Kempen „diesen bösen Feigling“ noch im September 1851 aus Wien verbannen. Er änderte diese Meinung auch nicht, als Frankl bei ihm persönlich vorgesprochen hatte (Mayr 1931: 227 [Eintragung vom 29.09.1851]). In der nach der Überwindung der Revolution über die revolutionären Aktivisten geführten Polizeikartei wurde Frankl daher weiterhin als „bedenklich“ und nur „scheinbar loyal“ geführt: 1848 ultraradikal, wirkte so durch die Presse, 1849 wegen aufreizender Artikel und politisch bedenklicher Korrespondenz ins Ausland unter Polizeiüberwachung gestellt; in neuerer Zeit schlug er sich auf die Seite der Regierung und erhielt Aufenthaltsbewilligung für Wien. Ist immerhin bedenklich, scheinbar loyal. (Polizeikartei, Grundbuch F 44; cit. Marx, 1969: 210f.)

Man könnte Frankls Lage in Wien in den Jahren des Neoabsolutismus mit den Worten seines Dichterfreundes Anastasius Grün beschreiben. Der Sieg der Konterrevolution hatte Frankl von „den frischen grünen Hainen“ der Märztage in die „dumpfe Sichenstube“ von Absolutismus und Zensur zurückversetzt.13

12  Abschriften dieser Gesuche befinden sich in der Wienbibliothek, Nachlass Ludwig August Frankl, ZPH 7, Fol. 7. Ich danke Herrn Dieter J. Hecht für die liebenswürdige Zusendung von Photokopien dieser für den Neoabsolutismus so charakteristischen Dokumente. 13  S. die ersten Zeilen von Grüns Gedicht „Spaziergänge eines Wiener Poeten“ (1831): „Aus der dumpfen Siechenstube nach den frischen grünen Hainen / Läßt der Kranke gern sich leiten von den liebevollen Seinen.“ S. Grün 1832: 3.

Gertraud Marinelli-König

Ludwig August Frankl und die Wiener Unterhaltungsblätter im Vormärz Meine Auseinandersetzung mit Ludwig August Frankl erfolgte im Rahmen eines großangelegten komparatistischen Projekts. Es handelt sich dabei um die Auswertung der Wiener Unterhaltungsblätter und gelehrten Zeitschriften in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, genauer gesagt bis 1848, im Rahmen des ‚Wiener Vormärz-Slavica Projektes‘. Somit sind nicht nur die von Ludwig August Frankl ab 1842 herausgegebenen Sonntagsblätter und das zuvor mitherausgegebene Österreichische Morgenblatt Gegenstand meiner Forschungen, sondern auch die Person des aus Chrást/Chrast in Böhmen gebürtigen Ludwig August Frankl, der zum Medizinstudium nach Wien gekommen war und sich zu einem der einflussreichsten Medienleute entwickelte. Beschäftigt man sich mit den böhmischen Ländern in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, so stößt man auf das wohlbekannte Faktum, dass obwohl die Prestigesprache das Deutsche war, eben diese Periode für die tschechische Kultur als die ‚Wiedergeburtszeit‘ von eminenter Bedeutung ist. In den Philologien erfolgt die Aufarbeitung und Darstellung des historischen Schrifttums im Regelfall im Rahmen der jeweiligen Sprache, wobei diese Grenzlinien in der Komparatistik in ausgesuchten Fällen aufgehoben werden. Eine Überschreitung der philologischen Grenze ist aber in einem Projekt zur historischen Pressegeschichte notwendig, zumal wenn es sich um den Blick von außen auf einen mehrsprachigen Raum handelt. Die Außenperspektive erfolgt im Falle meines Projektes von Wien.1 Der Beitrag wird sich im Folgenden mit Frankls belletristischen Beiträgen in den Wiener Unterhaltungsblättern sowie dem medialen Echo zu seinen Büchern, und seinem Netzwerk in Bezug auf die böhmischen Länder und die Slawen befassen.

1  Im Folgenden wird das in der Arbeit Gertraud Marinelli-König, Die böhmischen Länder in den Wiener Zeitschriften und Almanachen des Vormärz (1805-1848). Tschechische nationale Wiedergeburt – Kultur- und Landeskunde von Böhmen, Mähren und Schlesien – Kulturelle Beziehungen zu Wien. Teil I. Wien 2011, gesammelte Material ausgewertet.

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Das belletristische Frühwerk Frankl begann 1828, im Alter von 18 Jahren, in Hormayrs-Archiv und dessen Nachfolgeorganen, in den Feierstunden sowie auch in der Allgemeinen Theaterzeitung Kurztexte in gebundener Sprache zu veröffentlichen. Sein Debut war die gereimte Übertragung einer böhmischen Volkssage Johann Pancyr (Frankl, 1828: 140-142).2 In der Folge wurden Gedichte abgedruckt, die topographische Plätze vornehmlich im heutigen Österreich in lyrischer Form behandelten: den Wolfgangsee und den Traunsee im Salzkammergut (Frankl, Die Feierstunden 9 31.10.1829: 77; Frankl, Die Feierstunden 20 09.12.1829: 171f.), die Salzbergwerke in Ischl (Frankl, Die Feierstunden 6 21.10.1829: 49f.) und die Gollinger Wasserfälle in Oberösterreich (Frankl, Die Feierstunden 30 13.01.1830: 265).3 Außerdem richtete er ein Gedicht an Grillparzer (Frankl, Allgemeine Theaterzeitung 113 21.09.1830: 461). In seinen frühen Gedichten besang Frankl Monumente und Kunstwerke: den Theseustempel im Burggarten in Wien (Frankl, Archiv für Geschichte 28 03.01.1829: 241), die Grabdenkmäler von Beethoven und Schubert im Wiener Vorort Währing (Frankl, Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode 36 25.03.1834: 281-283), das Denkmal für Joseph II. als ‚Pflüger‘ in Prostějov/Prossnitz in Mähren, das Joseph Wenzel Fürst Liechtenstein hatte errichten lassen (Frankl, Wiener Zeitschrift 31 12.03.1831: 245f.). Ein weiteres Gedicht über Joseph II. in den Feierstunden vom 15. August 1831 ist begleitet von einem Hinweis, wonach in kürze ein Werk mit dem Titel Der Heldensang von Habsburg erscheinen werde (Frankl, Die Feierstunden 137 15.08.1831: 1087f.). Wiederholt erschienen in der Folge Gedichte mit Hinweisen, dass es sich um Fragmente aus einem bald zu erscheinenden episch-lyrischen Gedicht handle. Das Österreichische Archiv kündigte das Erscheinen des Werkes an, zwei Wochen später die renommierte Theaterzeitung unter Bezugnahme auf die Feierstunden: Ein junger Literator, Nahmens Frankl, bearbeitet die Regentengeschichte des Habsburgschen Kaiserstammes in Versen und gibt selbe unter dem Titel Habsburglied heraus. Ebersberg theilte in seinen Feyerstunden das Eingangsgedicht mit, welches im Ganzen gelungen zu nennen ist. (Allgemeine Theaterzeitung 129, 27.10.1831: 523)

2  Zur Analyse des Werkes s. den Beitrag von Václav Petrbok im vorliegenden Band: 89-120. 3  Golling liegt zwar im Bundesland Salzburg, aber die habsburgische Bürokratie hatte dem nach dem Wiener Kongress 1815 endgültig eingegliederten Erzbistum keine administrative Selbständigkeit zugebilligt und es administrativ an Oberösterreich angeschlossen. Diese Herabstufung wird z.B. in dem Werk von Feldern Rolf (1841), besonders deutlich.

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Das Habsburglied erschien 1832 im Verlag der Ghelen’schen Erben. Rezensionen brachten die Wiener Unterhaltungsblätter, wie der Sammler, die Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur und Mode, die Feierstunden sowie das Oesterreichischen Archiv für Geschichte, Erdbeschreibung, Staatenkunde, Kunst und Literatur. Zwei Rezensenten firmierten mit Namen. Rappaport für den Sammler und Franz Carl Weidmann für die Theaterzeitung. Bei Rappaport handelt es sich wohl um Moritz Felix Rappaport (Max Reinau, 1808-1880), der ebenfalls in Wien Medizin studiert hatte. Seine poetischen Fähigkeiten hatte Rappaport 1832 mit der Canzone Goethe, Seinen Manen gewidmet dargetan (Wiener Zeitschrift 28 05.03.1839, Beilage 10), sich später in seiner Vaterstadt Lemberg als Arzt niedergelassen, wo er weiterhin schriftstellerisch tätig war, u.a. als Redakteur der Leseblätter, einem Beiblatt der Lemberger politischen Zeitung (Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert 2002: 1093). Rappaports Rezension des Habsburglieds war wohl der Beginn einer langen Freundschaft; denn 1880 verfasste Frankl eine „Epistel an Moriz Rappaport“ zu dessen 80. Geburtstag4 und Rappaport einen Sonettenkranz zu Frankls 70. Geburtstag (Rappaport 1880). Franz Carl Weidmann (1787-1867) dagegen war ein vielbeschäftigter Chronist in den Wiener Blättern und ein topographischer Schriftsteller, der zunächst gemäß der Familientradition als Dramatiker und Schauspieler begonnen hatte. Bereits 1832 wurde ein Exemplar des Habsburgliedes als Preis für die gelungenste Lösung einer Charade, welche Franz Schuselka für die Feierstunden erdacht hatte, ausgeschrieben.5 Das Habsburglied wurde populär; nach seiner Machart, so wird etliche Jahre später berichtet, sei das Werk Přemyslowci (Die Przemysliden, 1839) von Jan Erazim Vocel (1803-1871) gestaltet: Die Premisliden, so ist ein böhmisch-nationales Heldenbuch überschrieben, das der Hr. W. Wocel, (Verfasser des Trauerspieles: Die Harfe und mehrerer anderer Schriften in böhmischer Sprache), in Prag herausgegeben hat. In der Anlage das Habsburglied von Ludwig August Frankl nachahmend, zeichnet es sich durch Kraft und Schwung der Sprache, durch interessanten Scenenwechsel, wie ihn das berühmte Königsgeschlecht reich bietet, und durch warme Vaterlandsliebe aus.6

4  Ludwig August Frankl Ritter von Hochwart, Epistel an Moriz Rappaport zu seinem … Geburtstage [19. Jänner 1878], Wien 1880. Frankl, „Notiz über den jüdisch-deutsch-polnischen Dichter Moriz Rappaport“, in: Die Dioskuren X ,1881: 423f, zitiert nach Wytrzens 2009: 44 (Erstveröffentlichung 1962). 5  Schuselka, Beilage zu den Feierstunden 9 19.12.1832: 81. Auch Frankl versuchte sich in diesem Genre: Frankl, Die Feierstunden 6 14.10. 831: 48. Als Preis wurde ein Exemplar der Geschichte Wiens von Mailáth in Aussicht gestellt. 6  „Neuigkeiten. Aus der literarischen Welt,“ in Allgemeine Theaterzeitung 135 06.07.1839: 664.

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Frankl wurde fortan als „Verfasser des Habsburgliedes“ tituliert. Der Wiener Maler und Lithograph Joseph Lavos, der 1848 im Wahnsinn Selbstmord beging, fertigte nach Sujets aus dem Habsburglied zwei Genreblätter an,7 die nach Wurzbach der Graf Revitzky, österreichischer Gesandter in Florenz, erwarb.8 Von Frankl erschienen weiterhin Balladen auf vaterländische Themen sowie Gelegenheitsgedichte in allen Wiener Unterhaltungsblättern. Für Ende Mai 1833 wurde das Erscheinen eines weiteren Buches angekündigt, Epischlyrische Dichtungen, gedruckt und verlegt bei Johann Paul Sollinger, einem Verlagshaus, dessen Sortiment für die damaligen Wiener Verhältnisse als beeindruckend beurteilt wird (Frank/Frimmel 2008: 183). Der Band ist Hofrat Joseph von Hammer(-Purgstall), dem großen Orientalisten, gewidmet.9 Wiederum erschienen Vorabdrucke, Auszüge und Rezensionen. Darunter z.B. eine italienische Übersetzung von „Byron am Lethe“. Auf die philanthropische Neigung des inzwischen 23-jährigen Frankl verweisen Gelegenheitsgedichte wie „Bey der Gründung eines Armenhauses gesprochen“ (Frankl, Der Sammler 43 10.04.1834: 173).10 Im Folgenden wandte sich Frank orientalischen Themen zu und es erschienen Gedichte wie „Die Sprüche des Koran“ (Frankl, Die Feierstunden 101 23.05.1834: 945f.), „König Richard und Sultan Saladin“ (Frankl, Die Feierstunden 105 04.06.1834: 993). Dann erschienen seine Sagen aus dem Morgenland, diesmal beim Leipziger Verleger Friedrich August Leo.11 Es fanden sich zwei Rezensionen, eine davon von Joseph von Hammer(-Purgstall) (v. Hammer, Allgemeine Theaterzeitung 11 15.01.1835: 369), eine andere von einem anonymen Rezensenten verfasst (Wiener Zeitschrift 100 20.08.1835: 807f.). Max Letteris in Prag sollte einige dieser Texte zusammen mit Byrons Hebrew Songs ins Hebräische übersetzen (Letteris, Sonntagsblätter 38 20.09.1846: 904). 7  N. P., „Vaterländische Literatur. Scenen aus dem Habsburgliede.“ Bildlich dargestellt von Lavos 1833: 42f. S. Thieme/ Becker/ Vollmer 1999 [1928, 1929]: 479. 8  „Die Weissagung nach dem gleichnamigen Gedichte L. A. Frankl’s (ein Astrolog am Hofe Friedrich’s verkündet dem Pagen Rudolph von Habsburg seine künftige Größe); – Die nächtliche Kunde, ebenfalls nach einem Gedichte von L. A. Frankl (der Burggraf von Nürnberg verkündet dem Grafen Rudolph von Habsburg, daß er deutscher Kaiser geworden ist), beide Bilder gelangten in den Besitz des Grafen Revitzky, damaligen österreichischen Gesandten in Florenz.“ (v. Wurzbach 1865: 230f.) 9  Joseph von Hammer (ab 1835 Hammer-Purgstall) war ein angeheirateter Verwandter von Ludwig August Frankl, s. Bernd 2002: 105f. 10  Eine siebenseitige Gelegenheitsschrift: Der 9. August 1832. Zum Besten der armen Schulkinder in Baden, war 1832 in Wien bei den Geb. Edlen v. Ghelen’schen Erben als selbständiges Werk erschienen. 11  Eine Mikrofiche-Ausgabe dieses und anderer Werke Frankls wurde vom Verlag Saur in München in den Jahren 1990-1994 hergestellt.

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Bei der nächsten Buchpublikation wechselte Frankl abermals den Verlag. Hammer‑Purgstalls Werk Duftkörner, aus persischen Dichtern gesammelt war bei Friedrich Brodhag in Stuttgart erschienen. Es war Frankl zugeeignet. Dieser bedankte sich dafür bei Hammer-Purgstall öffentlich mit dem Gedicht Ghasel in der Wiener Zeitschrift (Frankl, Wiener Zeitschrift 96 11.08.1836: 765) und wählte für sein „romantisches Heldengedicht“ Cristoforo Colombo ebenfalls Brodhag in Stuttgart als Verleger (Der Sammler 88 23.07.1835: 352). Im Programm dieses Verlages fanden sich damals Autoren wie Anton Johann Gross-Hoffinger, E. T. A. Hoffmann, Nikolaus Lenau, Walter Scott, Richard Otto Spazier, Ludwig Bechstein und Joseph Freiherr von Eichendorff. Christoforo Colombo wurde ausgiebig rezensiert; 12 es kam auch ein Dankdekret aus Genua. Frankls nächstes Werk erschien bei Hirschfeld in Wien. Es handelt sich um eine Byron-Übersetzung (Parisina, 1836). Von 1836 bis 1839 veröffentlichte Frankl in der Wiener Zeitschrift in Fortsetzung „Reise-Skizzen aus Italien“, und südländische Themen wurden auch in den Folgejahren immer wieder aufgegriffen. Es war beabsichtigt, diese Reiseskizzen Mitte 1840 bei Heckenast in Pesth erscheinen zu lassen (Oesterreichisches Morgenbaltt 61 20.05.1840: 244 [Neuigkeit]), wozu es anscheinend aber nicht gekommen ist. 1840 mehrten sich wiederum die Anmerkungen, wonach Gedichte, die nun vornehmlich im Oesterreichischen Morgenblatt erschienen, Vorabdrucke einer bei Brockhaus in Leipzig zu erscheinenden Sammlung seien. Sie trug den schlichten Titel Gedichte und wurde mit zahlreichen Rezensionen bedacht.13 Am 5. Dezember 1841 veranstaltete Frankl im Theater in der Josephstadt eine ‚Musikalisch-declamatorische Akademie‘ zum Vorteil des Krankenhauses in der Rossau und des vom Erzherzog Franz Carl zu begründenden Krankenhauses an der Wieden.14 Frankl bediente sich nunmehr auch zusehends anderer journalistischer Gebrauchstexte, wie z.B. Porträtskizzen, Genrebilder, Betrachtungen, Rezensionen und Theaterkritiken. Zeitlich fällt dieser Wandel zusammen mit der Gründung seiner Sonntagsblätter (Sonntags-Blätter für heimathliche Interessen, 1842-1848). Immer öfter begab er sich auf musikalisches Gebiet, wie in den Skizzen: „Sind Virtuosen Künstler? Eine Betrachtung veranlasst durch die Wunderkinder Joachim, Bohrer, Rubinstein“ (Sonntagsblätter 6 06.02.1842: 89-91), „Die religiöse Musik der Gegenwart. Eine aforistische Betrachtung“ (Sonntagsblätter 13 27.03.1842: 222f.), „Töchter und Musik. Epi12  1887 wurde das Werk als 74. Band der Reihe Deutsch-Oesterreichische Nationalbibliothek in Reichenberg verlegt. 13  Die Originalausgabe besitzt in Österreich die Salzburger Universitätsbibliothek. 14  S. dazu Der Sammler 189 27.11.1841: 776; 192, 02.12.1841: 788; 196, 09.12.1841: 802 Anzeige; Wiener Zuschauer 148 10.12.1841: 1476f.

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log der heurigen Konzert-Freuden“ (Sonntagsblätter 20 15.05.1842: 337-340) oder „Die erste Pamina“ (Sonntagsblätter 35 28.08.1842: 609-612). Als außerordentliche Beilage zu den Sonntagsblättern erschien das „kleine romantische Epos“ Rachel über die berühmte französisch-jüdische Schauspielerin Rachel (Élisa-Rachel Félix, 1821-1858). Max Emanuel Stern (1811-1873) sollte dieses Gedicht zwei Jahre später ins Hebräische übertragen.15 Frankl’sche Texte wurden vertont, und zwar von Wenzel Tomaschek, wobei von einem vertonten Gedicht auch eine tschechische Übersetzung von Václav Hanka (Sonntagsblätter 3 15.01.1843: 86 [Notizen]; Wiener Zeitschrift 64 31.03.1843: 512) erschien. In Musik gesetzt wurden Frankls Gedichte unter anderem von Emil Titl (Oesterreichisches Morgenblatt 94 05.08.1840: 376 [Musik]), Staudigl (Sonntagsblätter 15 09.04.1843: 360) und vielen uns heute kaum noch bekannten Komponisten wie Becher, Hackl, Hoven, Füchs, Kullak, Küken, Lenz (Beilage zu den Sonntagsblättern 3 15.01.1843: 68 [Notizen]). Der Kaiser ließ Frankl eine goldene Medaille zustellen für die „Allerhöchstdemselben von dem Redakteur der Sonntagsblätter, Dr. Ludwig August Frankl überreichten poetischen Werke“ (Der Sammler 151 20.09.1842: 628 [Feuilleton]). Gelegenheitsgedichte waren für Frankl immer schon ein Betätigungsfeld. Einem gereimten Nachruf auf Graf Platen (Frankl, Wiener Zeitschrift 16 06.02.1836: 123f.) vorausgegangen waren Gedichte an den Freiherrn von Jacquin, dem Präsidenten der naturforschenden Gesellschaft in Wien (Frankl, Oesterreichisches Archiv 129 27.10.1832: 513f.), an die Schauspielerin Sophie Schröder (Frankl, Allgemeine Theaterzeitung 99 17.05.1833: 397) und an Julie Rettich als Darstellerin des Gretchens im Faust (Frankl, Allgemeine Theaterzeitung 210 21.10.1835: 838). Sein Nekrolog auf Karoline Pichler erschien 1843 in den Sonntagsblättern (Frankl, Sonntagsblätter 29 16.07.1843: 677-682). Mit dem Theater befasste sich Frankl ebenfalls permanent, hervorgehoben sei besonders sein Beitrag über Ferdinand Raimund in Sigmund Engländers Salon von 1847 (Allgemeine Theaterzeitung 124 25.11.1847: 496 [Correspondenz‑Nachrichten]). Ein weiteres Werk aus der Feder von Frankl erschien 1846 „in prachtvoller Ausstattung“16 in Leipzig, diesmal im Verlag von Jo15  Zu den Beiträgen von und über Max Emanuel Stern in den Wiener Unterhaltungsblättern s. Marinelli‑König 2004: 49-52. 16  „Titelvignette: Medaillon mit Darst. Juan d’Austria (nach Goldmedaillon, 1571 graviert von Melin), Vignette ausgeführt von E. Kretschmar. 12 Ornament-Initialen (Holzschnitte), gez. von E. Kretschmar, geschn. von C. Richard 45.384-B.Alt-Mag Leinen-Einband (Kaliko), beide Deckel mit blindgepr. Rahmen mit ornamentalen Eckstücken, beide Deckel mit Mittelstücken: Ritter-Insignien (Helm mit Federbusch, Adler, Schild, Schwert nach Original von Juan d’Austria, Streitaxt, Lorbeerzweig), auf dem Vorderdeckel in Gold ausge-

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hann Jakob Weber; es handelt sich um das ‚Heldenlied‘ Don Juan d’Autria.17 Einer der Rezensenten dieses Werkes war August Silberstein (1827-1900), der, so ist seiner Biographie zu entnehmen, aufgrund seines Engagements in der Revolution von 1848 nach Flucht und Rückkehr eine zweijährige Festungshaft im Staatsgefängnis Špilberk/Spielberg in Brno/Brünn verbüßen musste (Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 2022: 1267). Auszeichnungen folgten; so die Mitgliedschaft im „Historischen Vereine für Steiermark, Kärnthen und Krain“ aufgrund der Protektion von Erzherzog Johann (Wiener Zeitschrift 210 21.10.1847: 839 [Feuilleton. Lokal-Kurier]). Als letzte selbständige Publikation Frankls vor 1848 erschien bei Mörschners Witwe & Bianchi in Wien die schmale Schrift: Zur Geschichte der Juden in Wien. 1. Der alte Judenfreithof (1847). Die „neueste Leistung“ des „gefeierten vaterländischen Dichters L. A. Frankl“ hat offensichtlich sehr vielen Anklang im Publikum und bei der Kunst gefunden (Wiener Zeitschrift 40 13.07.1847: 559 [Feuilleton]).

Zu Frankls serbischen Kontakten Zu den gesellschaftlichen Ereignissen im Wiener Fasching ab den 1840er Jahren zählten die sogenannten „Slawenbälle“ (Wytrzens 2009: 17-36, insb. 24-26). Neben hohen Staatsbeamten pflegte diese „Se. Hoheit Fürst Milosch (Obrenović)“ mit seiner Gegenwart zu beehren. Über den Ball vom 10. Februar 1846 im Graziensaal berichtet der Sammler. Besonders hervorgehoben wird darin, dass „allein Dr. Frankl die Poeten vertreten“ musste. Die Künstler Gyrowetz, Dreyschock, Dessauer, Ernst, sämmtlich geborne Böhmen, so wie Mad. Peche, waren gegenwärtig; die Poeten mußte aber Dr. Frankl allein vertreten. Die Tanzordnung enthielt ein elegantes Blatt in Form eines Buches; die Vorderseite zeigte die Göttin des Ruhmes, Slawa mit dem böhmischen Löwen; die inneren Seiten stellten eine Bogenhalle dar, von der heiligen Linde umrankt, über welcher verschlungene Hände sinnig hinweisen auf brüderliche Eintracht unter den Slawen selbst, nicht minder zwischen ihnen führt; Rücken mit goldgepr. Lanze mit Blattranken, weiteren Insignien, auf dem Schild der Titel und Verfassername“. S.  [26.11.2010]. 17  S. dazu Oesterreichisches Morgenblatt 67 06.06.1846: 268 (Feuilleton. Omnibus); Der Wiener Zuschauer 103 29.06.1846: 820-822; Silberstein, Der Sammler 107 09.07.1846: 426f. (Telegraf alles Neuen, Interessanten und Pikanten. Literatur-Warte.); Wiener Zeitschrift 138 11.07.1846: 551f (Feuilleton. Lesekabinet).

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und ihren Nachbarn; möge es so sein und bleiben! – [...]. Hoffentlich bringt uns der nächste Karneval die Wiederholung dieses interessanten Festes und zwar in einem größeren Lokale. (Ein Unterhaltungsblatt, 26, 14.02.1846: 103f.)

Das letzte in Wiener Blättern angekündigte Werk vor der Revolution von 1848, in welcher Frankl als Akteur bekanntlich eine Rolle spielen sollte,18 war seine Übertragung serbischer Heldenlieder ins Deutsche Gusle. Serbische Nationallieder.19 Sie erschien allerdings erst 1852 im Wiener Verlag von Albert A. Wenedikt, der auf den Verlag slawischer Schriften spezialisiert war.20 Die Gattung ‚Serbische Volkslieder‘ stieß seit dem Ersten Serbischen Aufstand (1804-1813) europaweit auf mediales Echo, wobei der in Wien lebende Volksliedsammler Vuk Stefanović Karadžić (1787-1864) als zentrale Figur anzusehen ist, dem im serbischen kulturellen Gedächtnis bis zum heutigen Tag ein Übermaß an Bedeutung zugesprochen wird. Frankls Nachdichtung vorangestellt ist ein umfangreicher Einführungsteil; darin wird die Rezeption der serbischen Heldengesänge rekapituliert, es wird die Leistung von Vuk als Volksliedsammler, der sich „ein unsterbliches Verdienst um sein Volk“ und „um die ‚Weltliteratur‘ überhaupt“ erworben habe, über alle Maßen gepriesen, und es werden die Texte kommentiert. Seltsam ist es, daß, während an eine Million Menschen in Oesterreich serbisch reden und der Stoff so nahe lag – näher noch als dem deutschen Norden – es außer dem Mähren Wessely kein Oesterreicher unternommen hat, sich des zu Tage liegenden gediegenen Metalles zu bemächtigen. Als ob sie sich plötzlich besonnen hätten; und um das Versäumte einzubringen, taucht nun eine ganze Gruppe österreichischer Poeten auf, um das serbische Lied zu übersetzen, oder nachzudichten. Der Glänzendste: Anastasius Grün, schritt mit der Uebersetzung der krainerischen, den serbischen nahe verwandten Volksliedern voran; ihm folgten Siegfried Kapper mit seinem, serbischen Nationalgesängen nachgedichteten Lazar, der Serbenzar, und J. N. Vogl mit der Uebersetzung der Lieder vom Kraljewitsch Marco. Und so mögen diese Drei einem Vierten gestatten, auf der Wanderung durch den prachtvollen Urwald serbischer Poesie sich zu ihnen zu gesellen. (Frankl 1852: VIIIf.; VI)21

18  S. dazu den Beitrag von Ernst Wangermann in diesem Band: 195-206. 19  „Es ist höchst verdienstlich und interessant, diese Urpoesie durch Frankl’s, wie zu erwarten, treffliche Uibersetzung vermittelt zu erhalten, indem das Original einer Sprache angehört, welche fünf Millionen Menschen sprechen, deren dritter Theil österreichische Unterthanen sind.“ S. Allgemeine Theaterzeitung 249 18.10.1847: 995 (Wien. Geschwind, was gibt’s in Wien Neues?) 20  Im Katalog der ÖNB findet sich bei diesem Buch der Vermerk: „Restituiert als NS-Raubgut gemäß BGBl. I 181/1998 und wieder erworben.“ 21  Hinweise auf die Werke der genannten Nachdichter in den Wiener Blättern wurden gesammelt: s. Marinelli-König (1992).

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Frankl verkehrte in den Kreisen der Wiener Serben, wo er u.a. die Dichterin Milica Stojadinović Srpkinja (1828-1878) traf, die mit Vuk’s Tochter Minna befreundet war. Letzterer sind die Gusle mit den Worten „Dem Fräulein Wilhelmine Karadschitsch. Der geistvollen Serbin der deutsche Dolmetsch.“ gewidmet. Es entstand eine Freundschaft zwischen Frankl und Milica Stojadinović, die von einer romantisch schwärmerischen Liebe zu ihrem Volk geprägt war, von welcher zu Lebenzeiten drei Gedichtbände (1850, 1855, 1869) und Tagebuchaufzeichnungen in Teilbänden (1861, 1862, 1866) erschienen waren. 1891 veröffentlichte und kommentierte Frankl ausführlich die Briefe der Dichterin an ihn in dem literarischen Jahrbuch Die Dioskuren (1872-1896), welches der „Erste Allgemeine Beamten-Verein der Österreichisch-ungarischen Monarchie“ herausgab (Frankl, 1891: 169-185)22 Diese Briefausgabe trägt den Titel: „Eine österreichisch-serbische Dichterin. Milica Stojadinović“ und enthält auch die Übersetzung ihres Gedichtes Ein Dichterkranz, Ludwig August Frankl gewidmet, durch Minna Karadžić und Frankls Übersetzung des Gedichtes Песма (Lied, 1854) (Wytrzens 2009: 47). Dort ist auch der Hinweis enthalten,23 dass Frankl für das Wurzbach’sche Biographische Lexikon einen Beitrag über die Dichterin verfasste, dieser scheint allerdings keinen Eingang in das Lexikon gefunden zu haben. Die Originalbriefe finden sich im Frankl-Nachlass in der Wienbibliothek.24 Der Frankl’sche Dioskuren-Beitrag wurde 2002 in serbischer Übersetzung herausgebracht.25 In biographischen Beiträgen über diese ver22  Zitiert nach Wytrzens 2009: 47 (Erstveröffentlichung 1962). Verwiesen sei auch auf den Beitrag „Vuk Karadžić in der Wiener Presse“, ibid.: 321-333 (Erstveröffentlichung 1987). 23  Der Hinweis ist der serbischen Übersetzung von Frankls Dioskuren -Beitrag entnommen, welcher mit einigen Anmerkungen versehen, 2002 erschienen ist (Франк 2002: 44). 24  Die Briefe wurden von Dieter Hecht im Nachlass Ludwig August Frankl, Kt. ZPH 7/3; 7/4 gefunden und der Verfasserin zur Kenntnis gebracht. Besonderer Dank geht an Marianne Wenger vom Archiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, welche die Kurrentschrift entzifferte. Die acht Briefe in deutscher Sprache wurden im Zeitraum von 1851-1865 verfasst. Bei der vorgenannten Publikation handelt es sich neben einer biographischen Einleitung um die Übersetzung dieser Briefe ins Serbische, wobei Stichproben ergeben, dass Abweichungen im Wortlaut der gedruckten Versionen vorkommen. Dies wird auch in der anonym erschienenen serbischen Ausgabe angemerkt, die ihrerseits nicht frei von Fehlern ist. So wird die Franklsche Übertragung des Gedichtes Песма rückübersetzt und es ergeben sich starke Abweichungen vom Original. (s. Франк 2002: 37-39). 25  Den bibliographischen Hinweisen im serbischen Wikipedia-Eintrag: Милица Стојадиновић. Српкиња [18.06.2012] ist zu entnehmen, dass bereits 1906 eine Übersetzung dieser Briefauswahl erschienen war: Лудвиг Аугуст Франкл: Једна австроугарска песникиња, Милица Стојадиновић (Ludwig August Frankl, Eine österreichisch-ungarische Dicherin, Milica Stojadinović), in: Српски књижевни гласник, Београд, XVII, 12, 1906: 903-924.

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gessene Dichterin, welche derzeit ‚wiederentdeckt‘ zu werden scheint, werden die Wiener Dichter Frankl und Johann Gabriel Seidl (1804-1875) stets erwähnt und die Briefausgabe von Frankl bildet eine der biographischen Hauptquellen über ihr Leben.26

Zu Frankls ‚böhmischen‘ Kontakten Zu den Vertrauten Frankls zählte Johann Nepomuk Berger (1816-1870), der unter dem Pseudonym ‚Sternau‘ publizierte. Berger war ein Jurist, dem Frankl die Leitung der Sonntagsblätter während seiner Abwesenheit anvertraute (Sonntagsblätter 39 28.09.1845: 913). Auch er war Böhme. Für den sehr produktiven Wolfgang August Gerle (1781-1846), der seinem Leben 1846 durch einen Sprung in die Moldau ein Ende machte, verfasste Frankl einen ausführlichen Nekrolog. Einer von Gerles hinterlassenen Abschiedsbriefen war nach Frankls Aussage an ihn adressiert gewesen (Frankl, Sonntagsblätter 32 09.08.1846: 745-758). An den aus Cheb/Eger stammenden Karl Johann Ritter Braun von Braunthal (Jean Charles, 1802-1866) war 1834 ein Gedicht gerichtet (Frankl, Allgemeine Theaterzeitung 38 22.02.1834: 150). Frankl rezensierte auch Brauns Bücher Fragmente aus dem Tagebuch eines Ehemannes (1833) (Österreichisches Archiv 81 06.07.1833: 332f.) und Morgen, Tag und Abend aus dem Leben eines Dichters (1834) (Der Sammler 16 06.02.1834: 64; 21 18.02.1834: 83f.). Allerdings kam es in der Folge zu einem Zerwürfnis, das auch in den Sonntagsblättern manifest wurde: Am 6. Juni 1802 wurde der bekannte Dichter Karl Ritter Braun von Braunthal in Eger geboren. In früher Jugend verwaist und sich selbst überlassen, warf er sich mit Eifer auf die klassischen Studien und hatte schon in seinem 18. Jahre die Antigone des Sophokles, einen Theil der Äneide und die besten Oden des Horaz metrisch übersetzt. In der Wiener Zeitschrift und in dem Zuschauer tritt er zuerst mit größeren Versuchen öffentlich auf, und bald rechnete man ihn unter die hoffnungsvollsten jungen Dichter. In Breslau und Berlin setzte er seine literarischen Arbeiten fort, und las in letzter Stadt seine beiden Trauerspiele: 26  S. z.B. den erwähnten umfangreichen Wikipedia-Eintrag (s. o.) sowie die Zusammenstellung Zapisi u Beču i o Beču (Notizen in Wien und über Wien), zusammengestellt von Gordana Ilić Marković anlässlich der internationalen Tagung „Na počesima srpske filologije – Sava Mrkalj“ (An den Anfängen der serbischen Philologie – Sava Mrkalj), Institut für Slawistik der Universität Wien vom 27.11.2010.

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Die Geopferten und Graf Julian, öffentlich vor. Bald darauf kehrte er nach Wien zurück und entwickelte eine außerordentliche schriftstellerische Tätigkeit. Mehrere Werke verschiedenen Inhalts traten nach einander an’s Licht, und die meisten Wiener Journale versorgte er mit Mittheilungen. Im J. 1837 gab er einen Musenalmanach heraus. Ungeachtet vieles Verfehlte aus seiner Feder floß, hegte man von ihm große Erwartungen und zählte ihn zu den bedeutenderen und schönen Talenten Wiens. Aber sein Stern, der so glänzend aufging, ist beinahe spurlos in dem Dunkel der Vergessenheit verschwunden, und sein Schicksal eine traurige Warnung, wie tief selbst der herrlichste Geist sinken kann, wenn er sich blinder Leidenschaft überlässt und die hohe Reinheit seines Berufes aus den Augen verliert. In Folge seines bekannten Streites mit Anastasius Grün und anderer missgünstiger Verhältnisse verließ er Wien, und sein Name war beinahe verschollen. Da machte er zu Ende des vorigen Jahres wieder von sich rechen, wo er im Kometen über den ‚trivialen‘ Mozart, und die ‚geistige Misere‘ eines Schiller und Lessing den Stab brach. Aber den tragischen Ruhm eines modernen Herostrat hat er nicht erreicht, sondern eher den sehr lächerlichen eines kritischen Don Quixote, der im fruchtlosen Versuche, jene Heroen von ihrem Thron zu stoßen, den Arm auskegelt.27

Das Werk von Joseph Emanuel Hilscher (1806-1840), dem Übersetzer von Byrons Hebrew Songs, gab Frankl, mit einem biographischen Vorwort versehen, bei Gustav Heckenast in Pesth aus dem Nachlass heraus (Allgemeine Theaterzeitung 229 23.09.1840: 1059 [Correspondenz-Nachrichten. Aus der literarischen Welt]). Auch Hilscher war ein geborner Böhme, der ausgewandert war. Eng waren auch Frankls Beziehungen zu Siegfried Kapper. In einer Notiz über das Erscheinen von dessen Slavischen Melodien (1844) (Allgemeine Theaterzeitung 209 01.09.1843: 916 [Correspondenz-Nachrichten. Musikalischer Telegraf]).28 wird erwähnt, dass diese Sammlung „den Dichtern seiner Heimat, Ludwig August Frankl und Karl Egon Ebert“ gewidmet sei (Der Sammler 106 02.07.1844: 431 [Feuilleton]). In den Sonntagsblättern wurden schließlich auch aus diesem Werk Lieder und Skizzen veröffentlicht (Sonntagsblätter 10 09.03.1845: 229 [Litterarische Streiflichter]).29 Siegfried Kapper lieferte den Sonntagsblättern auch eine Skizze über eine Wanderpartie, die ihn durch Chrást/ Chrast geführt hatte. Man gelange, vorbei an einer Grabinschrift für Bischof Hay (Johann Leopold Ritter von Hay / Jan Leopold z Haye, 1735-1794), der am Hof Joseph II. gelebt hatte, zu Felseninschriften, die zum Großteil von einem gewissen Dobrofsky stammten, welcher in Chrast lebe und sich das 27  Astolf, Wiener Zuschauer 68 07.06.1843: 724. In den Sonntagsblättern erschienen negative Kurznotizen über Braunthal, s. Sonntagsblätter 47 20.11.1842: 836; Sonntagsblätter 49 04.12.1842: 874. Sonntagsblätter 30 23.07.1843: 715-716. 28  Das Werk erschien 1844 bei Eichhof in Leipzig. 29  Zu Hinweisen auf die in den Sonntagsblättern und anderen Wiener Unterhaltungsblättern publizierten Lieder bzw. Hinweise auf Rezensionen seiner Slavischen Melodien s. MarinelliKönig 2011: 317-326.

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baufällige Geburtshaus von Ludwig August Frankl gekauft habe. (Sonntagsblätter 39, 29.09.1844: 909-915; 43, 27.10.1844: 1009-1012). Ein kurioser Hinweis auf die Popularität der Wiener Unterhaltungsblätter in Mähren kann folgender Notiz entnommen werden (Orsagh, Wiener Zuschauer 70 02.05.1846: 558f. [Aus unserer Zeit]). Der Gerichtsaktuar Joseph Eugen Orsagh berichtete aus Kralice/Kralitz: In der dortigen Amtskanzlei sei ein Mann von „empfehlendem Äußern“ vorgeführt worden, der sich als Johann Nepomuk Vogl, Redakteur des Österreichischen Morgenblattes, ausgab. Er behauptete, beim Botanisieren in der Gegend seine Brieftasche samt Reisepass, Bargeld und einen Wechsel verloren zu haben. Der Beamte habe Verdacht geschöpft, ob es sich nicht um einen Doppelgänger von Vogl, einem zur damaligen Zeit sehr bekannten Schriftsteller, handle. So fragte er ihn: „‚Wer dirigirt Ihre Zeitung, wenn Sie nicht zu Hause sind?‘ – ‚Dr. Frankl. Ich mache alle Jahre Reisen, im vorigen war ich in Serbien und Italien.‘ Sichtbar verlegen sprach er noch Manches über Zeitschriften und Redakteure.“ Am nächsten Tag wurde das „bedenkliche Subjekt“ eingezogen und eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet. In Rage brachte Frankl die missliche Lage von Kunstschaffenden. So z.B. die Nachricht in der Prager Zeitschrift Ost und West, dass der dortige Theaterdirektor Stöger für die bedrängte Lage der hinterbliebenen Familie des Dramatikers Jan Nepomuk Štěpánek (1783-1844) eine nicht sehr zahlreich besuchte Benefizveranstaltung veranlasst habe. Aus der Bohemia wurde eine Würdigung des Verstorbenen übernommen, der an die 200 Stücke verfasst hatte, und nach heutiger Einschätzung (Štaif 2010: 44f.) der eigentliche Schöpfer des tschechischsprachigen Theaters war. Und doch am 14., also an seinem Begräbnißtage, eine Vorstellung zum Besten der armen Hinterbliebenen!! Wie starb in unseren Mauern vor nicht vielen Monaten der 70jährige Wilhelm Vogl, an dessen geistigem Marke alle deutschen Bühnen zehrten und noch zehren? Er mußte in der Theaterzeitung, wir schämen uns, das Wort niederzuschreiben, aber es ist dem so – betteln. Das deutsche Volk, heißt es oft, ist in seiner politischen Entwicklung immer noch ein Kind, und Beispiele wirken doch sonst auf Kinder! [...]. (Beilage zu den Sonntagsblättern 8, 25.02.1844: 187)

Der Beitrag, dem dieses Zitat entnommen ist, greift aber weiter aus und liest dem Wiener Publikum auch bezüglich eines weiteren Prager Theatermannes die Leviten. Hat die deutsche Lesewelt schon oft den Namen Wenzel Kliczpera vernommen? Wie sollte sie auch, er ist ja kein Schauspieler, noch weniger, wie der Name darthut, eine Dame, die dem Publikum ihre unsterblichen Beine im rechten Winkel zeigt, oder, wie Hegeln in seinen Briefen über Wien schreibt, ‚im stumpfen‘. Er ist ja nur ein geistvoller, schöpferischer

Ludwig August Frankl und die Wiener Unterhaltungsblätter im Vormärz

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Dichter und ach, nur ein österreichischer! Wann wird das Vornehmthun der Kritik von ‚draußen‘ aufhören? Was ist ihr Grün, Grillparzer, Zedlitz, Halm, Stelzhammer, Bek, Seidl, Ebert, Lenau‚ und so weiter. (..). (Štaif 2010: 185)

Beispielsweise hätte ein Herr Mundt in seiner Deutschen Literaturgeschichte Grillparzer bloß mit einigen Zeilen abgefertigt. Und doch können wir den Herren, bezüglich unserer Dichter, ein Wort eines großen Schwaben geruhig (sic) zurufen: ‚Ihr Herren draußen in der Welt / Die Nasen eingespannt.‘ Ich komme auf eine schlimmere Wendung: An Kliczpera’s Unbekanntheit hat die außerösterreichische deutsche Lesewelt wenig Schuld, kennt ihn denn die österreichisch-deutsche? fand er in der fleißigen, als Kardinalwerk trefflichen, österreichischen Nazionalenziklopädie, in welcher doch so viele Nichtösterreicher prangen, einen Platz? Kennen ihn unsere Theaterdirektoren? Und doch hat dieser Dichter, wornach die modernen deutschen mühsam ringen, den Grund zu einer slavischen Nazionalbühne gemauert. Kliczpera ist einer der gewappnetsten Vorkämpfer der modernen, böhmischen, dramatischen, wie Kollar in seinen historisch-elegischen Sonetten der lirischen Poesie. An vierzig Dramen schrieb der treffliche Dichter, Tragödien und Lustspiele voll Kraft und volksthümlicher Gesinnung. Vor ihm gab es kein böhmisches Theater. Und doch fand sich keiner unter dem Volke, das so gerne Sanskrit liest und aus dem Chinesischen übersetzt, der die Mühe unternommen hätte, ihn den Deutschen zu erobern? (…) Nur Siegfried Kapper, der reizende Slavische Melodien sammelt, übersetzte ein Fragment des Dramas Sobieslav (..). Kliczpera lebt. Ich sah den liebenswürdigen Dichter im Jahre 1828 frisch, kräftig, schöpfungsfreudig und im Jahre 1837 wieder. Sein Haar war unterdessen weiß geworden, manche schmerzliche Verluste trafen das Herz des edlen Mannes, im Auge brannte nicht mehr das Feuer von ehedem. Er bepflanzte den aufgefahrenen Boden eines ihm freundlich zugewiesenen Theiles der Festungswerke in Königgrätz. Der Boden war dankbarer, es stand ein Wald von Georginen in bunter, reicher Blüthe, und weithinaus glänzte das Haupt des Riesengebirges in herbstlich duftiger Sonnenpracht. ‚Weiß. Wie mein eigenes Haupt‘, sagte mir wehmüthig der Dichter, und zeigte auf die Schneekoppe. (Štaif 2010: 185-187)

Mit dieser Reminiszenz an den großen Václav Klicpera sind wir chronologisch wiederum an unseren Ausgangspunkt in das Jahr 1828 zurückgekehrt. Es konnte hier lediglich ein flüchtiger Überblick über den Schriftsteller Frankl im Spiegel der Wiener Journalistik vor 1848 vermittelt werden, und es wurde zu zeigen versucht, dass er ganz im Geist der ‚vaterländischen Ideologie‘ Kontakte zu seinen böhmischen Landsleuten und zu den Wiener Serben unterhalten, gepflegt und gefördert hat. Insgesamt konnten in den Wiener Unterhaltungsblättern vor 1848 einschließlich der Sonntagsblätter an 390 Beiträge von bzw. über Frankl gefunden werden (Marinelli-König 2011).30 Seine literarischen Werke aus der Zeit vor 1848 haben ebenso wie die Werke einer großen

30  S. auch die Register dazu via [27.02.2012].

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Zahl seiner Zeitgenossen31 ‚die Zeit nicht überdauert‘. Die Ursachen dieser Entwicklung verdienten eine nähere Untersuchung. Dass Ludwig August Frankl es wagte, mit einem Gedichtzyklus über das Haus Habsburg, welches sakrosankt war, zu debutieren, zeugt von Mut und Geschick. Zweifelsohne zählte er zu den einflussreichsten Persönlichkeiten des vormärzlichen Wiens.

31  In der genannten Materialsammlung wurden Autoren aus den böhmischen Ländern bzw. von dort nach Wien zugewanderte Schriftsteller und sich journalistisch Betätigende erfasst. Im Kapitel „Nachrichten über Schriftsteller“ sind Hinweise auf Beiträge zu tschechischen Schriftstellern und in deutscher Sprache publizierenden Schriftstellern aus den böhmischen Ländern bzw. in Wien ansässigen in alphabetischer und chronologischer Reihung angeführt. Dazu zählen belletristische Beiträge aus der eigenen Feder, Rezensionen bzw. Ankündigungen ihrer Werke, Erwähnungen in Korrespondenzberichten und biographische Notizen. Die Titel der rezensierten bzw. angekündigten Werke wurden den Quellen vorangestellt. Die Liste umfasst 257 Autoren, darunter 3 Autorinnen.

Carsten L. Wilke

Ludwig August Frankl als historischer Mythograph der Marranen Seit dem zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts zählte der historische Roman in Europa und Amerika zu den literarischen Gattungen, die den Ideen nationaler und religiöser Zugehörigkeit einen populären erzählerischen Ausdruck gaben (Geppert 2009). Früh brachte er Subgattungen und bevorzugte Stoffkomplexe mit fest stehenden politisch-kulturellen Aussagen hervor: Mittelalterromane beschworen die soziale Intensität vormoderner Gemeinschaften und die biedere Loyalität zu großen Männern; der katholische Katakombenroman über spätantike Stoffe umgab den Widerstand gegen die Säkularisierung mit der Glorie der Märtyrerlegende (Reiß 2008: 162-164). Parallele, wenngleich eigene Gattungstraditionen bildeten jene historischen Romane aus, die seit den 1830er Jahren für ein jüdisches Publikum verfasst wurden (Horch 1985; Glasenapp 2003: 203-231). Die ‚Ghettogeschichten‘ über aschkenasische Stoffe, die Heinrich Heine mit dem Rabbi von Bacharach inaugurierte, suchte den jüdischen Blick auf das romantische Mittelalter; und den ‚Marranenroman‘ mit seinem sephardischen Kolorit zeichnete Katakombenhelden jüdischer Religion, die zwischen Innen und Außen, Judentum und Umwelt einen prekären Ausgleich schufen. Die Vergegenwärtigung einer fremden Vergangenheit ist für Autor und Leser meist nur ein Mittel, um zeitgenössische Anliegen zu verhandeln. Der historische Roman, so erkannte Georg Lukács (Der historische Roman, 1937) bot einen imaginären Ausgleich von Widersprüchen, die in der Gegenwartsperspektive nicht aufzulösen waren. So haben diese populären Romane ein verfälschtes Bild bestimmter geschichtlicher Topoi geradezu gesucht und im allgemeinen Bewusstsein dermaßen verfestigt, dass es längst gegen alle historische Kritik resistent ist. Die Katakomben werden stets als unterirdische Ersatzkirchen für verfolgte Christen vorgestellt, entsprechend erschienen die Marranen als Beispiele von „Glaubenstreue, Mut und Standhaftigkeit“ (Lehmann 1990: 236), denen weder Folter noch Flammentod ein christliches Bekenntnis entreißen konnten. Gerade ihre tendenziöse Umerzählung der Geschichte verleiht den Marranengeschichten ihren Aufschlusswert. Indem sie die Widersprüche der jüdischen Moderne in den konventionellen Spiegel einer ritterlich verklärten Ver-

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gangenheit projizierten, befriedigten sie unerfüllte Wünsche nach Heldentum und Authentizität, die der unromantische Säkularisierungsprozess freisetzte. Aus den historischen Marranen, die entmutigt dem Druck zur Apostasie nachgaben, macht die Erzählung den harten Kern jüdischen Widerstands, der unter den schwersten Bedingungen von Verfolgung, Bespitzelung und Tortur am Judentum festhält, ein postsäkulares Judentum, das auf dem vermeintlich natürlichen Grundgestein der Familiensolidarität und Blutsverwandtschaft aufbaut und dessen Triebfeder das ‚Herz‘ mit all seinen sentimentalen Ausläufern ist. Die widersprüchliche Gestaltung des Spanientopos verschachtelt aufgeklärte und romantische Deutungen und strebt nach der liberalen Legende vom goldenen maurischen Zeitalter, aus dem die Juden als bessere Elite in die Neuzeit hineinreichen. In diesem Sinne boten Prosaerzähler die Marranen dem modernen Judentum als eine usable history an (Ismar Schorsch),1 noch bevor sich die Geschichtsschreibung des Themas bemächtigte. Umgekehrt dienten die wissenschaftlichen Darstellungen von Meyer Kayserling (1859) und Heinrich Graetz (1864-66) wiederum als Quelle für Romane. Die Erforschung dieser populären Werke als Projektionen und Problematisierungen moderner jüdischer Existenz hat in jüngster Zeit wachsendes Interesse auf sich gezogen und bedeutende Fortschritte gemacht. Der Frage nach dem nationalen, europäischen oder kosmopolitischen Bezugsrahmen jüdischer Populärliteratur kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Erst allmählich wird das nationale Schema einer ‚deutsch-jüdischen‘ Literatur durchbrochen: Setzten die ersten Studien über die Ghettonovelle bei dem Preußen Aron Bernstein an (Glasenapp 1996; dies. 1999: 43-53), hat doch in den letzten Jahren deren eigentlicher Schöpfer, der Böhme Leopold Kompert, seine angemessene Ehre erhalten.2 Eine ähnliche Entwicklung nahm die Forschung über den literarischen Marranentopos. Florian Krobb, der in einer bahnbrechenden Studie aus dem Jahr 2002 die Entwicklung der Marranenromane bis ins 20. Jahrhundert verfolgte (Krobb 2002), identifizierte drei Begründer des Genre: die Brüder Phöbus und Ludwig Philippson und den Mainzer Rabbiner Markus Lehmann. Mit dem Feuilletonroman Die Familie y Aguilar von 1873 verfasste Lehmann das zweifellos erfolgreichste Werk mit einem iberischen 1  Jost 1832: 444: „... meist aus Spanien und Portugal herstammend, einen weit edlern Charakter als jene entfalteten und in den Europäischen Geist einzugehen sich eigneten“. S. Schorsch 1989: 47-66; Gelber 2004: 45-56; Schapkow 2005: 67-80; ders. 2008: 327-347, ders. 2011: 32. 2  S. dazu Wittemann (1998); Fuchs/Krobb (1999); Vivanco 2001: 147-166; Kucher 2002: 17-33; Hess 2007: 576-615; Ludewig 2007: 215-220; Schoeps 2008: 183-191; Hess 2010: 72-110.

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Scheinchristen als Helden. Es hat die spanische Vergangenheit des Barons Diego d’Aguilar (1699-1759) zum Thema, der zwischen 1725 und (vermutlich) 1749 in Wien als Steuerpächter und Hofbankier tätig war (McCagg 1989: 163-183). In ihrer Wirkung vergleichbar mit der so genannten ‚Ghettonovelle‘ Leopold Komperts, verfestigte auch die Marranengeschichte ein romantisches Schlagwort und ein entsprechendes ‚Assoziationsfeld‘, mit dem sich die jüdische Geschichte – so Krobb – „von einem Synonym der Isolation und kulturellen Rückständigkeit zur Signatur von Ganzheit, Zusammenhalt, Identität“ machen ließ (Krobb 2002: 49). Das Schimpfwort marrano, das in historischen spanischen Quellen nur selten vorkommt, wird im 19. Jahrhundert ein Gemeinplatz, eine allgemein verständliche „Chiffre“, die den „Problemkomplex von erzwungener Anpassung und Verfolgung“ evoziert und das Paradox vor Augen führt, dass Verfolgung einerseits Identitätsverlust bewirkt, andererseits ein Zugehörigkeitsbewusstsein intensiv wieder herstellt (Krobb 2002: 49). Wie jedes verdienstliche Buch hat auch Krobbs seine Schwächen, und diese hängen nicht zuletzt mit seiner germanistischen Landkarte zusammen. Die englische Schriftstellerin Grace Aguilar (1816-1847), eine Urenkelin des Wiener Barons (Baroja 1978: 33), bleibt mit ihrem einflussreichen Werk The Vale of Cedars ebenso unerwähnt wie der böhmisch-jüdische Literat, auf dessen Vorlage Lehmanns Erfolgsroman beruhte: Ludwig August Frankl. Wie stark die so genannte ‚deutsch-jüdische‘ Literatur in einem europäischen Kontext steht, betonte Jonathan M. Hess in einem neueren Werk (Hess 2010: 9); dieselbe Schlussfolgerung wird durch die ergebnisreiche Dokumentation nahe gelegt, die Michael Studemund-Halévy 2010 und 2013 über die judenspanischen erzählerischen Bearbeitungen der Aguilar-Biographie veröffentlicht hat (Studemund‑Halévy 2010: 36-38, ders. 2013, 239-294).3 Ich möchte auf der Basis von Studemund-Halévys Dokumentationsarbeit die verschiedenen deutschen und judenspanischen Versionen der Legende in ihrer Gestaltung des Stoffes miteinander vergleichen, ihre unterschiedlichen Entstehungsumstände und Tendenzen beleuchten und dabei zu dem Schluss kommen, dass Ludwig August Frankl der eigentliche, bisher verkannte Gestalter des Marranentopos war. Frankl spielte nämlich erstmals das Potenzial der Persönlichkeitsspaltung zwischen sozialem Aufstieg und Treue zu den jüdischen Wurzeln aus, die den Stoff des Marranenromans ausmacht. In einer oberflächlichen Form fand er

3  S. [13.05.2013].

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es in seinen beiden Vorbildern ausgeführt,4 dem Feuilletonroman Die Marannen, der unter dem Namen von Phöbus Philippson 1837 im ersten Jahrgang der Allgemeinen Zeitung des Judenthums zu lesen war,5 und Grace Aguilars eben erwähntem ‚Zederntal‘, das 1850 postum erschien. Beide Romane kreisen um adlige geheimjüdische Familien. Während die Männer hohe Regierungsstellen bekleiden und zum vertrauten Umgang mit den Staatsoberhäuptern gelangen, obliegt den Frauen die Aufgabe, die Grenzen der jüdischen Identität zu verteidigen. Sowohl in den ‚Marannen‘ als auch im ‚Zederntal‘ – und nicht anders in Ludwig Philippsons Roman Jakob Tirado von 1867 – steht ein Mädchen im heiratsfähigen Alter im Zentrum der Handlung, die aus Treue zum jüdischen Glauben auf alle weltlichen Ehren und sogar auf die Liebe eines christlichen Ritters verzichtet. Religion, Alter und Geschlecht der Heldinnen sollten anscheinend das der hauptsächlichen Leserschaft widerspiegeln. Auch deren Nationalität wird durch einen narrativen Kunstgriff aus der Distanz in die iberische Handlung eingefügt. In Phöbus Philippsons Roman ist die Heldin eine deutsch-jüdische Einwanderin, bei Grace Aguilar erscheint als nichtjüdischer Protagonist ein Engländer, und bei Ludwig Philippson spielt die Handlung zwar im niederländischen Freiheitskampf, wird aber über die einleitende Evozierung des Brüsseler Denkmals für die Grafen Egmont und Hoorn mittelbar mit einem deutschen Klassiker, Goethes Drama Egmont, in Verbindung gebracht. Trotz der dramatischen Konflikte zwischen Ehre, Liebe, Glauben und Patriotismus, die diese Romane entfalten, verspürt keine der Gestalten eine identitäre Unsicherheit oder macht eine innere Entwicklung durch. Die Spaltung zwischen jüdischen Wurzeln und christlichem Status wird durch räumliche Disjunktion befriedigend gelöst. Phöbus Philippsons Marannen haben eine 4  Die Marranenfigur erscheint erstmals in Berthold Auerbachs Spinoza-Roman von 1837. Ein anachronistisches Mittelalter umgibt den Vater des späteren Freigeists Uriel da Costa in Lissabon: „Miguel da Costa, nach dessen Tode seine ganze Familie aus Oporto verschwand, war einer der stattlichsten Ritter, die ich auf dem Turniere zu Lisboa gesehen; er war einst ein eifriger Anhänger unserer heimlichen Gemeinde gewesen“ (Auerbach 1855: 2). Auerbachs Spinozaroman ist einer der Kandidaten für das Erstlingswerk der jüdischen historischen Fiktion. S. Sorkin 1985: 100-119; Skolnik 1999: 101-125; Maio 2002: 223-257; Hess 2010: 27, 222. 5  Noch im Jahr des Erscheinens von Auerbachs Spinoza druckte Ludwig Philippson in der soeben gegründeten Allgemeinen Zeitung des Judenthums einen Feuilletonroman „Die Marannen“, den er seinem älteren Bruder, dem Arzt Phöbus Philippson zuschreibt und später als „Anfang der ganzen modernen jüdischen Belletristik“ preisen sollte. So auch Ben-Ari 1997: 143-151; s. Krobb 2002: 46; ders. 2000: 29; Schapkow 2011: 282; und kritischer Hess 2010, 26-27.

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geräumige Kaverne, in der Hunderte geheimjüdische Offiziere, Kleriker und Großbürger unter der Erde eine Art Reformgottesdienst feiern (Philippson 1837: 314). Grace Aguilar, die seit 1828 im Landhaus der Familie in Devonshire lebte, macht dieses Statussymbol der britisch-jüdischen Oberschicht zur unantastbaren Festung des Judentums. Julien Henriquez nämlich, der Held ihres Zederntals, ist der Besitzer eines versteckten luxuriösen Landsitzes in der Wildnis der Toledaner Berge: In diesem vollkommen abgeschlossenen jüdischen Reich leben die Frauen ohne jeden Kontakt mit der Außenwelt in ihrem Glauben, während die Männer nach ruhmreichem Staats- und Armeedienst, falls sie nicht ehrenvoll für ihr Vaterland gefallen sind, zu den Hohen Feiertagen einkehren. Grace Aguilar interessiert es weniger als Philippson, dass die secret Jews in Wahrheit am katholischen Kultus teilnahmen, da sie Geheimhaltung nicht als soziale Verstellung, sondern als raumzeitliche Verborgenheit interpretiert. Mit ihren verworrenen Lesefrüchten führt sie die Geheimjuden des 15. Jahrhunderts auf die westgotischen Verfolgungen des 7. Jahrhunderts zurück. Im Rückzugsraum des ‚Zederntals‘ hätten sie schon seit neun Jahrhunderten ihren wahren Glauben insgeheim gepflegt, eine perfekte Kenntnis des Hebräischen weitergetragen und ihre biologische ‚Rasse‘ vor fremdem Einschlag bewahrt: “a race of ages, in whose pure thoughts such fearful sin hath never mingled” (Aguilar 1895: ch. XXIII). Ein emotionaler Konflikt entsteht erst, als sich der englische Adlige Arthur Stanley, der nach der Schlacht von Tewkesbury (1471) eine ruhmreiche Exilslaufbahn in Spanien eingeschlagen hat, in das Tal verirrt und in die Enkelin des Hausherrn verliebt, Dona Marie Henriquez, die bereits ihrem jüdischen Cousin verlobt ist. Eingedenk der Werte ihrer Familie opfert diese ihre Liebe dem Glauben auf und drängt sich nach dem Martyrium, indem sie die christliche Eidesformel verweigert. Durch einen frühen Tod bleibt sie „verschont von dem größten Verbrechen, schrecklicher als jedes andere in der Auffassung eines Juden, der Apostasie“ (Aguilar 1895: ch. XXX). Die Marranengeschichte kennt also keinen inneren Konflikt, sondern nur den Außen-Innen-Gegensatz zwischen der Welt und der Katakombe. Ludwig Philippsons kann in seinem Roman Jacob Tirado von 1867 ebenso wenig ohne dieses konstante Raumschema auskommen, sodass er seine Inquisitionsflüchtlinge sogar im Bauche des Fluchtschiffes ein geheimes Betzimmer mit auf die Reise nehmen lässt. Frankls Marranengeschichte bricht mit diesen Versatzstücken des Katakombenromans. Seine Geheimjuden haben kein unterirdisches Ghetto zu ihrer räumlichen Segregation. Der Baron d’Aguilar, so die von Frankl berichtete Legende, sei als Kind von seinen geheimjüdischen Eltern dem katholischen Klerus zugeführt worden, stieg vom Priesterseminar bis zum Bischof und In-

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quisitor auf. Als er eines Tages seine eigene, unerkannte Schwester zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilte, eilte seine Mutter zu ihm und offenbarte ihm seine wahre Herkunft. Aus Erschütterung über den von ihm verantworteten Tod der Schwester bekehrte sich Diego d’Aguilar zum Judentum und flüchtete nach Wien: Dieses Ziel seiner Reise verbindet seinen Lebensweg mit der Erfahrungswelt von Frankls Lesern und Leserinnen. Die Geschichte erschien in der Allgemeinen Zeitung des Judenthums am 11. Dezember 1854 unter der Rubrik „Abhandlungen verschiedenen Inhalts“ (Frankl 1854: 630-634, 656-661; Studemund-Halévy 2013: 248-261). Frankls Aufsatz ist von unbestimmbarer Gattung: Er befleißigt sich bald fiktionalen Erzählens, bald ethnographischer oder historischer Forschung, bald allgemeiner Überlegungen zu den Unterschieden zwischen – modern gesprochen – Geschichte und Gedächtnis. Auf diese Mischung von Dichtung und Wahrheit scheint mir am besten der von Linda Hutcheon für zeitgenössische Romane geprägte Ausdruck „historiographische Metafiktion“ zu passen (Hutcheon 1988). Metafiktional ist sein Erzählen insofern, als es den eigenen fiktionalen Charakter ausgiebig reflektiert. Für seine Biographie des Barons, die Frankl im Hauptteil des Aufsatzes erzählt, beruft er sich nämlich auf eine mündliche Geschichte, die ihm der Wiener sephardische Rabbiner Ruben Baruh (1811-1875) aus Erzählungen seines Großvaters, eines Geldwechslers am Vesirshof in Konstantinopel, berichtet haben soll. Frankl sieht diese Geschichte dem „Instinkt der schöpferischen Volksphantasie“ entsprungen (Frankl 1854: 656), und räumt ein, dass in ihr „Dichtung und Wahrheit innig ineinanderverschlungen“ seien.6 Als erster Mythograph des Barons d’Aguilar fand Frankl zahlreiche Nachfolger in späteren literarischen Bearbeitungen; selbst geschichtliche Darstellungen über die Wiener Sepharden stützen sich bald mehr, bald weniger leichtgläubig auf die Legende.7 Dass Frankl, wie er selbst behauptet, eine mündliche Überlieferung nachschrieb, wird von den meisten Historikern ernst genommen, so fragwürdig

6 „So weit die mündliche Mittheilung des ehrwürdigen Chacham; ich habe in schuldiger Pietät vor einem Ueberlieferten nichts hinzugethan und nichts hinweggenommen. Offenbar ist es, daß die Erzählung schon einem flüchtigen Blicke manches Unwahrscheinliche, ja selbst manches völlig Unrichtige zeigt. Es ist offenbar, daß uns hier Dichtung und Wahrheit innig ineinanderverschlungen entgegentreten, daß aber selbst der Dichtung wirkliche Thatsachen, nur poetisch ausgeschmückt, zu Grunde liegen mögen. Wir sehen hier wieder [...] den phantastischen Poeten, der unbewußt im Volke lebet, schaffen“ (Frankl 1854: 657). 7  S. als Beispiel Grunwald 1913: 295-300; Schleicher 1934: 42-46; Grunwald 1936: 130-134; Papo 1967: 327f; Malka 1995: 80-85; Lebl 2003: 340f., 368f., mit weiteren Angaben.

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man deren historischen Gehalt auch einstufen mag.8 Noch Studemund-Halévy vermutet, dass Frankl und die judenspanischen Autoren eine gemeinsame hebräische Quelle für die Legende benutzt haben müssen, die freilich „bis heute unbekannt“ geblieben sei (Studemund-Halévy 2010: 36). Das Problem ist allerdings, dass vor Frankl keine biographische Quelle über den Baron irgendetwas von dessen Karriere als spanischer Prälat zu wissen scheint. Der Verweis auf Rabbiner Baruh, der erst 1846 aus Sarajevo nach Wien gekommen war (Brocke/Carlebach 2004: 182) und schwerlich über Familienüberlieferungen von den Madrider Ereignissen verfügte, kann nicht als verlässliche Quellenangabe gelten; eher handelt es sich um eine literarische Fiktion Frankls nach Art einer Rahmenerzählung (Jäggi 1994). Auch der Inhalt der Binnenerzählung weckt den Verdacht, dass hier eher eine Erfindung des 19. als eine Volkslegende des 18. vorliegt. Die Handlung nämlich erinnert an Verdis Oper Il Trovatore, wo der ebenfalls spanische Graf Luna seinen Rivalen, den Troubadour Manrico, zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilt und in einem dramatischen Finale zu spät von dessen Adoptivmutter erfährt, dass er seinen eigenen Bruder hingerichtet hat, der als Kind von Zigeunern geraubt und aufgezogen worden war. Mit der Enthüllung der Zigeunerin Azucena Egli era tuo fratello! gipfelt Verdis Oper, ebenso wie Frankls Geschichte ihren dramatischen Höhepunkt im Moment der Verkündigung der jüdischen Mutter erhält: „Es ist, die Du zum Feuertode verurtheilt hast, Deine leibliche Schwester“ (Frankl 1854: 631). Verdis Troubadour, uraufgeführt am 19. Januar 1853 in Rom, war im Folgejahr am Wiener Kärntnertortheater (offiziell „k.k. Hoftheater nächst dem Kärnthnerthore“) gespielt worden; Giacomo Meyerbeer sah die Oper dort am 23. Juli (Meyerbeer 2002: 339 und 799). Frankls fünf Monate später erschienene Geschichte verdankt ihre Inspiration sichtlich der Wiener Oper und hatte keine sephardische Volksphantasie nötig. Im Nachhinein allerdings hat die jüdische Volksphantasie aus Frankl (und somit aus Verdi) geschöpft. Gerade weil Frankl weniger Mythograph als Mythenschöpfer gewesen ist, scheint die literarische Nachwirkung seines Aufsatzes so interessant. Ähnlich wie im Fall des Don Juan und des Graf Dracula wurde auch in dem des Baron d’Aguilar eine schriftstellerische Kunstlegende nachträglich zur Volkslegende und stieg schließlich zum historischen Faktum auf. Eins haben alle Bearbeitungen des Aguilar-Stoffes, seien sie in Belletristik, Populärwissenschaft oder im heutigen Internet, gemeinsam: die Autoren

8  Mit einiger Skepsis schreibt nur Schleicher: wie Frankl „aus dem glaubwürdigen Munde des Chacham‘s ... vernommen zu haben angibt“ (Schleicher 1934: 42).

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haben die Erzählung anonymisiert und sich stets gehütet, den Namen Frankls zu nennen.9 Beginnen wir mit dem aschkenasischen Rezeptionsstrang. Fast zwei Jahrzehnte nach Frankl, nämlich 1873, legte Markus Lehmann, der schon erwähnte Rabbiner der orthodoxen Trennungsgemeinde in Mainz, seinen eigenen Feuilletonroman vor. Unter dem Titel Die Familie y Aguillar. Eine Erzählung vom jüdischen Heldenmut zur Zeit der spanischen Inquisition erschien er in Folgen in Lehmanns Zeitschrift Der Israelit, gegründet mit der ausdrücklichen Absicht, „dem orthodoxen Juden die unjüdisch-jüdischen Blätter vollkommen entbehrlich zu machen“ (Israelit 1860: 11).10 Lehmanns Neufassung der Aguilarlegende hatte einen durchschlagenden Erfolg. Noch im Erscheinungsjahr begann Israel Meir Borell eine hebräische Übersetzung in der Zeitschrift Ha-Levanon (Ha-Levanon 16.07.1873: 4).11 Die deutsche Originalfassung erschien mehrmals in Buchform;12 im Jahr 1883 veröffentlichte Nachum Meir Sheykevich (1846‑1905) eine freie jiddische Bearbeitung (Sheykevich [„SheMeR“] 31890); und seit 1895 teilen sich mehrere hebräische Buchfassungen und Bearbeitungen den Markt, darunter solche in einfachem Hebräisch, wie sie in den ersten drei Jahrzehnten des Staates Israel zur sprachlichen und ideologischen Integration der Neueinwanderer genutzt wurden.13 Die Übersetzungen ins Englische, Französische und Spanische sind Werke der Nachkriegszeit und bis heute auf dem jüdisch‑religiösen Jugendbuchmarkt präsent.14 Dieser beachtlichen aschkenasischen Nachwirkung von Frankls AguilarErzählung steht eine sephardische zur Seite. Sie begann 1877 damit, dass 9  Erst Schleicher verwies 1933 ausdrücklich auf Frankl. Indem er ihn allerdings als reinen Tradenten behandelte, hat er seine Legende nicht kritisch beleuchtet, sondern sie mit seinem Urteil über Aguilar als „eine der merkwürdigsten Gestalten der neueren jüdischen Geschichte“ sogar wahrscheinlich gemacht; s. Schleicher 1934: 42 und 59. 10  Zitiert nach Brocke/Carlebach 2004: 579. 11  S. auch Studemund-Halévy 2013: 242. 12  Die Familie y Aguillar: Erzählung (1895); Die Familie y Aguillar: eine jüdische Erzählung (1900) als Bde. 9-11 von „Lehmann‘s jüdische Volksbücherei“ (1922); Die Familie y Aguillar (1990). 13  S. dazu Bronshteyn (1895); Neuausgaben Tel-Aviv [1936], 1947, 1949, [1966]; in einfachem, vokalisiertem Hebräisch von Yardeni (1940, 1965, 1968, 1975, 1980, 1982); Parush (1955, [1964]); Bearbeitung von Fridman (1990-97). 14  Der Worldcat listet siebzehn Ausgaben in sieben Sprachen aus den Jahren 1892-2007, darunter À l’ombre de l’Inquisition, übersetzt von Marguerite Klein, Brooklyn/ Paris 1974; The family Y Aguilar: a story of Jewish heroism during the Spanish Inquisition, adapted from the German by Jacob Breuer, New York 1958, 1965, 1983; La familia y Aguilar, Buenos Aires [1987?]. Eine ungarische Bearbeitung erschien in der Zwischenkriegszeit; siehe Jakab Singer, Diego d‘Aguilar: egy marannus története, Timisoara, „Aurora“ konyvnyomda, [1920?].

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ein ungenannter Übersetzer die hebräische Übersetzung von Markus Lehmanns deutschem Roman ins Ladino brachte (El Nasyonal 26 11.07.1877 bis Nr. 33).15 Eine eigene Ladino-Rezeption wurde offenbar hervorgerufen durch die Grundsteinlegung der Wiener sephardischen Synagoge am 16. November 1885 (Papo 1967: 333). Nur eine Woche später nämlich eröffnete die erste Nummer der in Rumänien erscheinenden judenspanischen Zeitschrift Luzero de la Pasiensia, herausgegeben von Rabbiner L. M. Crispin, mit der Wiener Gründungslegende.16 Der ungenannte Autor, den Michael Studemund-Halévy als Aaron Semo identifiziert, will die Geschichte ungefähr zehn Jahre zuvor, also 1875, in Wien niedergeschrieben haben.17 Lehmanns Roman war damals bereits veröffentlicht, doch der Autor scheint ihn nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Vielmehr übernimmt er Frankls Handlung nahezu unverändert, schmückt sie vielfach aus und streicht Frankls begleitende distanzierende Bemerkungen. Bei Semo erhält die Aguilar-Legende einen neuen Zusammenhang: Sie beschreibt die Umstände, die zur Gründung der sephardischen (‚türkischen‘) Gemeinde in Wien geführt haben, und bildet ein würdiges Pendant zu dem Gründungsmythos um Maria Nunes und Jacob Tirado, den die sephardische Gemeinde von Amsterdam zelebrierte.18 Die Legende bewies, dass die Wiener Sephardim nicht anders als jene von Amsterdam und London Nachkommen spanischer Adliger, keine verelendeten Ostjuden seien. Dies apologetische Interesse an der Legende erklärt es, dass sie gleich in zwei Fassungen die zweisprachige Festschrift ziert, die zur Fertigstellung des neuen ‚Türkentempels‘ im Jahr 1890 von Adolf von Zemlinsky herausgegeben wurde. Die deutsche Version und die judenspanische, beide anonym, scheinen unabhängig voneinander auf der Basis von Frankls Text entstanden zu sein, wiederum ohne jeden Einfluss des Lehmannschen Romans (Zemlinsky 1888: 2-6).19 Der deut15  S. auch Studemund-Halévy 2013: 242. 16  “Istoria enteresante: el estabilimento de la onorada Comuna Spagniola en Viena, trezladada del ebraico conteniendo la beografia del Baron Diaga [!] de Aguilar”, Luzero de la Pasiensia 1,1 21.11.1885: 5-16; 1,2; 1,3 26.12.1885: 37-40; 1,4; 1,7 03.03.1886: 108-112; 1,8 18.03.1886: 116-121. 17  Er bemerkt tatsächlich, dass „der Redakteur des Luzero de la Pasiensia“, also Rabbiner Crispin zu den Hohen Feiertagen 1878 in Wien weilte. (Halevy 2010: 116) 18  Siehe darüber die Studien von Cohen 1987: 67-72; Salomon 1992 103-161. Stationen der Legende im 19. Jahrhundert sind Graetz 1866: 513-517; Philippsons 1867, dann die Festschrift von de Castro (1875). 19  Im deutschen Teil „Gründung der sephardischen Gemeinde in Wien“ bzw. 2-7 im LadinoTeil “El Enkuvrido o Diego de Agilar”. Letzterer wurde lateinisch transliteriert und nachgedruckt von Studemund-Halévy 2013: 287-294.

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sche Autor muss Zemlinsky selbst gewesen sein, der judenspanische der Rabbiner Michael Menahem Papo; dies zumindest schrieb der Sohn des letzteren achtzig Jahre später (Papo 1967: 327). Der judenspanische Broschürentext hatte die Ehre, in lateinischen Lettern 1904 in die angesehene Zeitschrift der Königlichen Akademie der Geschichte in Madrid übernommen zu werden, eingefügt in einen Vortrag des ehemaligen spanischen Botschafters in Wien, Isidoro de Hoyos y de la Torre (de Hoyos y de la Torre 1904: 230-236).20 Semo, Zemlinsky, Papo und Hoyos haben allesamt ihre deutsche Vorlage bei Frankl verleugnet. Semo will seine Geschichte aus dem Hebräischen übersetzt haben. In einer Fußnote am Schluss referiert er die von Frankl fingierte Überlieferungslinie von Rabbiner Baruh und weist auf Meir Letteris (1800‑1871) als den hebräischen Bearbeiter der Legende hin.21 Letteris hat tatsächlich eine Reihe von Werken Frankls ins Hebräische übersetzt, doch scheint von seinen Publikationen, die ich in der Jerusalemer Nationalbibliothek einsehen konnte, keine die Aguilar-Legende zu enthalten. Auch in der hebräischen Presse der Zeit habe ich die vermutete Letteris-Übersetzung nicht auffinden können, obwohl die Zeitschriften Ha‑Magid und insbesondere Kochve Jitzchak aus Wien (1845-1870) nicht selten Übersetzungen aus dem Deutschen abdruckten. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass mit einem fiktiven Verweis auf Letteris eine falsche Fährte gelegt werden sollte, um das Augenmerk von der Frankl-Vorlage abzulenken, da Letteris infolge seiner Arbeit für die Britische Bibelgesellschaft in jüdischen Kreisen keinen besseren Leumund genoss als Frankl selbst. Dennoch ist eine hebräische Vermittlung zwischen dem deutschen Original und den vier Texten der sephardischen Rezeptionslinie eher unwahrscheinlich. Denn die letzteren stehen der Quelle bei Frankl bemerkenswert nahe, was vor allem im Vergleich zur aschkenasischen Rezeption ins Auge springt. Zwar spielen alle Versionen der Handlung in Madrid, doch verlegt Lehmann die Vorgeschichte der Familie in das landschaftlich reizvollere Valencia, um die Heimatliebe der Marranen als zentrales Auswanderungshindernis plausibel zu machen. Lehmann bringt aus verschiedenen Lesefrüchten22 spanisches Lokalkolorit in seinen Roman, verpflichtet dem aufklärerischen Stereotyp 20  Zit. nach [5.09.2012]. 21  “Istoria enteresante”: 110 Anm.: “Esta Istoria lia esta trezladada en lingoas bivas y la trezlado en Ebraico el Rav Rebi Mair Alevy Letres”; Studemund-Halévy 2013: 241-242. 22  Insbesondere des polemischen Historikers Llorente: „der Geschichtsschreiber der spanischen Inquisition, Llorente“ (Lehmann 1990: 11). Zum Beispiel erzählt Lehmann, die Verbrennung von Balthasar Lopez, die sich in Wahrheit 1654 in Cuenca ereignete, nach Llorente 1818: 472; s. Lehmann 1990: 85f.

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von Tyrannei, Aberglauben, Glaubenshass, Ignoranz, Arbeitsscheue, Grausamkeit und Rechtlosigkeit; seine konventionellen Symbole sind Inquisition und Stierkampf. Gleichzeitig begegnen Elemente des romantischen Spaniens: Olivenhaine und Zitronen, Keramik, die Heilige Jungfrau und ritterliche Kriegshelden. Wie schon bei Heinrich Heine schafft die kluge Verknüpfung des aufklärerischen und des romantischen Spanienbilds ein Land, das nach der aufgeklärten Maurenherrschaft dem christlichen Fanatismus verfällt und damit auf das Deutschland der nachnapoleonischen Restauration gemünzt werden konnte.23 Lehmanns jüdische Familie lebt im schönen Valencia „seit zwei Jahrhunderten“ im Untergrund, hat aber ihren Glauben rein gehalten. Diegos Vater Don Manuel betont überdies, dass „nur jüdisches Blut in unseren Adern fließt“ (Lehmann 1990: 5f.). Lehmann ordnet die jüdisch-christliche Segregation nach dem Raumschema des Katakombenromans.24 Er baut seinen Marranen eine große, geheime unterirdische Synagoge, in der ein vollkommen orthodoxer Gottesdienst stattfindet (Lehmann 1990: 20-23; 73). Alle Requisiten sind darin eingelagert, von den Torarollen bis hin zu „Sterbekleider[n] für den Versöhnungstag“. Die Familie beschäftigt keinerlei nichtjüdisches Personal, wohl aber einen alten jüdischen Religionslehrer (Lehmann 1990: 14f.) und eine koschere Köchin (Lehmann 1990: 29f.).25 Bei Frankl überantwortet die Familie Aguilar ihr Kind Mosche alias Diego freiwillig dem geistlichen Stand, da es „redseliger als ihre anderen“ ist und sie zu verraten droht. Lehmann schwächt diese radikale Assimilation dahingehend ab, dass er das Kind während der Verhaftung seines Vaters zu den Dominikanern verschleppen lässt und ihm sodann ein Schicksal ausdenkt, das dem des geraubten Edgardo Mortara ähnelt: Dieser jüdische Junge war 1858 in Rom von der päpstlichen Justiz seinen Eltern entrissen worden, weil ein Kindermädchen ihn heimlich getauft hatte; zu Lehmanns Zeiten war er auf dem Weg zur Priesterweihe (Lehmann 1990: 48 und 90f.). Während Frankls Erzählung in medias res bei der Wiedererkennungsszene dreißig Jahre später 23  Wie Philippsons Marranen nehmen auch Lehmanns Partei für die Niederländer gegen die Spanier in einer als permanent gedachten Konfliktsituation zwischen Fanatismus und Freiheit (Lehmann 1990: 3). Allerdings weiß Lehmann, dass auch in den Niederlanden die Juden von Gesellschaft und Staat ausgeschlossen waren (Lehmann 1990: 7). 24  Auch die Inspiration der katholischen Katakombenromane kam zum Teil aus Lehmanns Wohnort Mainz. S. Gräfin Hahn-Hahn (1856). Die unterirdische Geheimkirche als symbolischer Raum erscheint schon zu Anfang des Trauerspiels Die Katakomben (1810) von Karl Christian Wolfart und trägt hier eine vehement antinapoleonische Botschaft. 25  Die Köchin hat „das grosse Brett mit den vielen Löchern“ zum Fleischsalzen.

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einsetzt, ist bei Lehmann die Verwandlung des Sohnes vom Juden in einen Inquisitor und zurück nur eine Nebenhandlung, überragt von der religiösen Standhaftigkeit des Vaters und dessen wunderbarer Rettung aus Kerker, Folter und Blutgerüst. Sheykevich trivialisiert die Handlung dahingehend, dass er dem Inquisitor, dem er schon in Spanien den Titel ‚Baron von Aguilar‘ gibt, eine Liebesintrige mit der Tochter einer ‚Markise von Pereira‘ andichtet, die sich, von ihm gerettet, am Ende des Romans als seine Schwester erweist. Die Peripetie der Identitätsvertauschung ist die zentrale Wiedererkennungsszene, die Frankl und die Sepharden an den Anfang, Lehmann und Sheykevich ans Ende der Geschichte stellen. Heldin ist bei Frankl Diegos Mutter. Sie hat keinen Namen, sie heißt nur ‚das Weib‘. In der Nacht vor der Hinrichtung von Diegos Schwester dringt sie in den bischöflichen Palast ein und lässt den Bischof aus dem Bett holen. Der aufgestörte Inquisitor, nur mit einem übergeworfenen purpurfarbenen Mantel bekleidet, empfängt ‚das Weib‘ in einem düsteren Vorraum.26 Vergeblich fleht die verängstigte Frau27 um das Leben ihrer Tochter.28 Als der Inquisitor sie abweisen will, gibt sie endlich ihr Geheimnis preis: Die zum Tode Verurteilte sei seine, des Inquisitors, Schwester und sie selbst seine Mutter. Die Wirkung dieser dramatischen verbalen Enthüllung unterstreicht ‚das Weib‘ durch eine körperliche. „Bei diesen Worten riß sie das Busentuch auseinander und sagte noch: ‚Du selbst hast an dieser Brust mit ihr die Muttermilch gesogen‘“ (Frankl, 1854: 631).29 Was die jüdische Mutter hier einsetzt ist, literaturgeschichtlich gesprochen, ein Versatzstück aus dem erotischen Ro26  S. “Istoria enteresante”: 6: “en vista se alevanto el sinior de su kama, se metio un manto de purpura sovre sus ombros”. 27  Frankl, 1854: 631: „empfing in einem matt erleuchteten Saale das fremde Weib, welches sich stumm und tief vor ihm verneigte und todtenblaß und zitternd die Augen vor ihm senkte“; Semo, “Istoria enteresante”: 6: (Studemund-Halévy 2013: 263) “kon sus karas palidas, komo una kara de muerta, y komo una muda, ke non poedia avrir su boka para avlar, y kon sus ojos temblando, en la tera.” 28  Ibid.: 631, sie allein trage die Schuld, sie, ihre Mutter; “Istoria enteresante”: 7: “sepas sinior ke elia non es kulpoza, la kulpa esta onde mi, siendo io su madre, io ledi estas enstruksiones religiozas, la povre ninia loke kulpa?” 29  S. [Semo,] “Istoria enteresante”: 7: (Studemund-Halévy 2013: 264) “y avlando esto se razgo los vistidos de sovre sus pec[h]os y le dis, o, juro por Dios santo, estos pec[h]os ke te esto amostrando, alec[h]aron ati y atu ermana la ke jusgastes oì para kemarla amaniana en el foego”; [Michael Papo], “El Enkuvierto”: 3: (Studemund-Halévy 2013: 288) “Mira me Se., avló la mužer adelantre, razgando con prisa su vestido y descubriendo los pechos, diziendo: de estos pechos mamastes tu! con ellos aleché y mantuve a ella y a ti! mi ijo sos tu”. Hoyos, “Los judíos españoles”: 232: “Mírame Señor – habló la mujer adelante, rasgando con prisa sus vestidos, – de estos pechos mamaste tu, yo te parí, yo só tu madre”.

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man. Beispielsweise erscheint die überfallsartige Entblößung der Brust durch Wegreißen des ‚Busentuchs‘ in dem anonymen Roman Schwester Monika von 1815, den der Buchhandel E. T. A. Hoffmann zuzuschreiben pflegt und in gegenwärtigen Nachdrucken mit dem Vermerk „empfohlen ab 16 Jahren“ vertreibt. „‚Ach, du redest wie ein Engel, Oberst!‘ rief entzückt meine Mutter, riß ihr Busentuch ab, legte sein Gesicht auf ihre wogende Brust und drückte ihn an sich, während sie seine Hosen aufmachte“ (Hoffmann 1971: 30).30 In seinem deutschen Text zur zweisprachigen Festschrift des Wiener Türkentempels hat Zemlinsky die Entblößungsszene kurzerhand gestrichen. Wie anzüglich sie auch dem judenspanischen Bearbeiter Papo erschien, zeigt die hier hinzugefügte Replik des Inquisitors, der seine Mutter als boracha perdida (etwa: „betrunkene liederliche Frau“) beschimpft. In Frankls originaler Version kommt es nun zu leidenschaftlichen Umarmungen zwischen der halb entblößten Mutter und dem nur mit einem Umhang bekleideten Inquisitor; die Assoziationen eines ödipalen Liebesverhältnisses liegen hier gar nicht fern. Als er vor dem Weibe zurückweichend, umzustürzen drohte, rief sie ‚Schema Jisrael!‘ und hielt ihn mit ihren Armen aufrecht [...] Er ließ sich wie erstarrt von ihr halten [...] Sie faßte ihn kräftiger und sprach noch viele lebendige Worte zu ihm [...] Er wankte, von ihr geführt, einem Lehnstuhle zu, dann eilte sie an die Thüre des Saales und schloß sie ab. Als sie zurückkehrte, flossen Thränen über seine Wangen. Sie begrüßte ihn mit einem ‚Baruch Haschem‘, d. i. Gesegnet sei Gottes Name, und umarmte ihn und sah ihn an, den sie seit seiner Kinderzeit nicht gesehen, nach dem sie sich gesehnt all ihr Lebelang und dem sie sich niemals zu nähern gewagt hatte. (Frankl 1854: 631; Studemund-Halévy 2013: 250)

Papo entflieht dieser zweideutigen Szene, indem er Don Diego sofort in Ohnmacht auf sein Bett fallen und in tiefen Schlaf versinken lässt – ein Antiklimax, den Hoyos in seiner Paraphrase belustigt kommentiert.31 Semo hingegen lässt gleich die ganze Szene in Diegos Schlafzimmer spielen und den Inquisitor ohnmächtig aus dem Bett fallen (kaio de su kama abasho). Unter dem Vorwand von Wiederbelebungsmaßnahmen fällt die Frau auf dem Fußboden über ihn her mit Umarmungen und Zärtlichkeiten, die Semo über ein Dutzend Zeilen hinweg detailliert schildert. Die Wiedervereinigung der jüdischen Mutter mit ihrem Sohn lässt an das messianische Geschehen einer doppeldeutigen Prophetenstelle denken, Jesaja 30  Zit. nach [2.11.2013]. 31  Hoyos 1904: 232f.: “Pueden figurarse los señores Académicos las lamentaciones y angustias de la desdichada que veía á su hija próxima á una horrible infamante muerte y á su hijo, á quien acababa de recobrar, y que era en su concepto el único que la podría librar, presa de largo síncope”.

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62,5, wo Zion, das Land Israel, als Mutter angeredet wird, die zur messianischen Zeit die Juden als allegorische Braut erwartet. Ihre visuelle Enthüllung des nackten, biologischen Restjudentums ist mit einer verbalen Offenbarung synchronisiert: ‚Das Weib‘ bedeutet dem Inquisitor den gemeinsamen Ursprung aus „den Geschlechtern der Anoßim“ (Frankl 1854: 631),32 sie nennt seinen Geburtsnamen „Mosche“, gefolgt von einigen liturgischen Brocken in hebräischer Sprache.33 Die freibrüstige Mutterfigur, die das ‚Schma Jisrael‘ ertönen lässt, passt gut in den Vorstellungskomplex eines modernen Nationalempfindens und erinnert unwillkürlich an dessen Emblem, die Allegorie der Republik, die auf Eugène Delacroix Gemälde Die Freiheit führt das Volk von 1830 die Marseillaise intoniert. In der Türkei hat die islamische Regierungspartei dieses unzüchtige Gemälde jüngst aus den Schulbüchern ausgemerzt; und der orthodoxe Rabbiner Lehmann muss das entsprechende literarische Bild Frankls seinerzeit als ähnlich anstößig empfunden haben. In seiner radikal umgeschriebenen Wiedererkennungsszene begibt sich statt der Mutter der Vater zum mächtigen Sohn, welcher hier nicht verwirrt im Schlafrock dasteht, sondern stattlich als „ein Bild männlicher Kraft und Schönheit“ beschrieben wird. Der Offenbarung des Vaters an Diego (Lehmann 1990: 157) folgt die Diegos an seine eingekerkerte Mutter, die bei Lehmann nicht ‚das Weib‘ sondern Donna Annunziata heißt und wie ein stilles Andachtsbild „von einer Strahlenglorie umgeben schien“. Die intensiven Berührungen bei Frankl und den sephardischen Erzählern werden in aschkenasischer Fassung auf die keusche Geste Diegos begrenzt, seiner Mutter unter Tränen die Hand zu küssen.34 Lehmann fügt die im Dialog aufscheinende Mehrsprachigkeit auch in das ideale Geschlechterregime des Diasporajudentums ein, indem er die hebräischen Ausrufe aus dem Mund der Mutter streicht und sie für den Vater reserviert. Den weiblichen Familienmitgliedern bleibt die aktive Teilnahme an der mas-

32  “Istoria enteresante”: 8: so io forsada (anusa), y tu tambien sos de los forsados. Der Begriff „Marranen“ wird von Frankl nicht gebraucht. 33  Semo (“Istoria enteresante”: 9) schreibt an der letzteren Stelle nur “grasias a Dios”, er hat den hebräischen Segensspruch Baruch Hashem (aus Psalm 68,20) getilgt, der ihm vermutlich zu aschkenasisch klang; die Sephardim ziehen Baruch Adonai (aus Psalm 106,48) vor. 34  Lehmann 1990: 176-180; siehe insbesondere 177: „Voll Liebe und Bewunderung schaute er auf die abgezehrte Gestalt, auf das hagere Antlitz, das die erhabene Begeisterung verklärte und das, vom Schein seiner Laterne beleuchtet, von einer Strahlenglorie umgeben schien“.

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kulinisierten Handlung, ja sogar die Kenntnis davon versagt.35 Wahrscheinlich hat der jiddische Bearbeiter dies als zu extrem empfunden; denn er lässt die Wiedererkennungsszene erneut von der Mutter ausgehen, die dem Sohn eine auf ihrer (verhüllten) Brust befindliche Kamee des Londoner Oberrabbiners zeigt und damit die Erinnerung auslöst (Sheykevich 31890: 69f.). Mutter und Sohn fliehen bei Frankl gemeinsam und versuchen die Schwester zu retten. Sie kommen allerdings zu spät zum Autodafé und werden nur Zeugen, wie die Schwester entschlossen alle Angebote der Mönche ablehnt, durch Glaubensabfall ihr Leben zu retten. Bei Frankl „sprach sie statt aller Antwort in hebräischer Sprache einen Psalm“; Semo hingegen legt ihr einen wortreichen Schwanengesang in den Mund, bevor sie mutig in die Flammen springt.36 Zemlinsky lässt die Schwester zu Tode foltern, der Vater war bei ihm schon früher auf dem Scheiterhaufen gestorben, die Mutter stirbt an den Strapazen der Flucht. Allein Lehmanns Roman rettet nicht nur den Vater, sondern auch die Schwester des Helden vor dem drohenden Flammentod und lässt überdies die Mutter ihre Reise überleben, da er für die Moral seiner Geschichte eine vereinte jüdische Familie benötigt. Frankl schlägt einen Bogen von Madrid nach Wien, der seine Geschichte zur Ursprungslegende der sephardischen Gemeinde in Wien machen sollte. Mit dem Vorsatz, als Juden „zu leben und zu sterben“, reisen Mutter und Sohn zu Schiff nach London und sodann nach Wien, „wo die fromme Kaiserin Maria Theresia auf dem Throne ihrer Väter saß“ (Frankl 1854: 632).37 Wie bei den Gründungsmythen der Amsterdamer Gemeinde gerät die Geschichte nun an den unvermeidlichen Widerspruch, dass die ins Judentum zurückstrebenden Gründerhelden ausgerechnet einen Ort wählen, wo es gar keine jüdische Gemeinde gab. Frankl ersinnt die folgende Intrige. Der österreichische Feldherr 35  Lehmann 1990: 193: „Allmählich hatte Don Diego seine Mutter darauf vorbereitet, dass sie die Nachricht ohne Schaden für ihre Gesundheit vernehmen konnte“; 219: „Er ist ein Mann und weiss, was er zu tun hat“. 36  Frankl 1854: 631; “Istoria enteresante”: 11: (Studemund-Halévy 2013: 266) “elia respondio kon un korajo, komo una Leiona kon boz alta a fasa de todo el poevlo diziendo: eskuchad todos los parados aki, y tu el pret (papa)! mai trokare io mi religion, y mi ley santa ke mos dio Dios en monte de Sinai! io me entrego en nombre de mi santo Dio! Adonai! Dios de Israel! Y me ardo en esta entorcha de lumbre komo los sakrifisios y olokostos que se ardian en la ara! en kaza de moestro templo santo! Ay! ay! en los sielos de ariva! vo gozar de su luz! y mai trokare mi ley! ... elia kanto un salmo de David, (Teelim) en la lingoa santa”. 37  Semos Bearbeitung führt detailreicher das Opfer an Besitz und Ehre aus, das der Inquisitor seinem Glauben zuliebe brachte. “Istoria enteresante”: 12: “Deso bienes! averes! gloria! repotasion! y non kijo saver ni de una de elias, koando ia supo ise akordo que es el nasido de gidio, y ke por un desplazer y hiero vino aser Hristiano”.

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Erzherzog Karl sei bei seiner Einnahme von Madrid im spanischen Erbfolgekrieg durch den Inquisitor Diego d’Aguilar unterstützt worden. Zufällig hätte der Erzherzog auf seinen Feldzügen seine Tochter Maria Theresia als kleines Mädchen bei sich gehabt, desgleichen deren späteren Ehemann Franz Stephan, damals ein Säugling, den er just vom Inquisitor Diego taufen ließ. Bei einem Empfang der königlichen Hoheiten erhielt Diego von der kleinen Maria Theresia einen weißen Handschuh zum Beweis ihrer Dankbarkeit. Als er lange Zeit später mit seiner Mutter aus Madrid floh, habe er die Geistesgegenwart gehabt, dieses Erinnerungsstück einzupacken, so dass er es, in Wien angekommen, der nunmehrigen Kaiserin in Wien vorlegte, Asyl erbat und es auch erhielt. Allein Franz Stephan war höchst erbost über die Entdeckung, von einem Juden getauft worden zu sein. Den judenspanischen Plagiatoren Frankls hat das Handschuhmotiv offensichtlich nicht gefallen; Semo macht aus dem Handschuh einen Schleier,38 Zemlinsky ein Halsband, Papo ein Armband. Die Unwahrscheinlichkeit der Geschichte liegt auf der Hand, denn als Karl 1710 Madrid besetzte,39 war Diego d’Aguilar zehn Jahre alt und Maria Theresia noch gar nicht geboren. Ihr späterer Ehemann war zwar schon auf der Welt, befand sich allerdings in Lothringen. Rettendes Eingreifen zugunsten der österreichisch-ungarischen Juden ist Inhalt weiterer Überlieferungen, die Frankl über den Baron mitteilt. D’Aguilar habe nach der Eroberung von Temesvár 1716 über die Einbürgerung der dortigen Sepharden verhandelt, in seiner Wiener Stadtresidenz gemeinsame sephardische Gebete abgehalten, aus denen die türkisch-jüdische Gemeinde hervorging, und habe durch seine Verwendung beim Sultan zu einem ungenannten Moment die Juden Österreichs vor Vertreibung gerettet. Da sowohl Frankl wie Lehmann pro-österreichisch gestimmt sind,40 passt der Wegzug Aguilars aus Wien am Ende seines Lebens nicht gut ins Bild. Die Legende aus eigener Nachforschung vervollständigend, unterstützt durch den mährischen Rabbiner Josef Weisse, kann Frankl bestätigen, dass der Baron nach London abreiste und dort starb (Frankl 1854: 656f.). Bei Frankl erhält Diego, ‚der spanisch-jüdische Grande‘, das Tabakmonopol als Pfründe zum Lohn für sein ritterliches Auftreten bei Maria Theresia. Lehmann denkt sich den Vater seines Helden als Besitzer eines Ritterguts;41 er 38  “Istoria enteresante”: 9, 12: un velo ciko; Hoyos 1904: 234, “quitó la manera de su mano”. 39  Vom 21. September bis zum 9. November 1710. 40  Lehmann 1990: 225 und 233, gegen Preußen und Frankreich. Weitere frankreichfeindliche Bemerkungen s. 126f. und 193. 41  Also als „Landwirt“: Lehmann 1990: 5; und Ritter: Lehmann 1990: 23 gleichzeitig. Gerade das Verharren im Christentum erklärt Lehmann durch die Heimatliebe des Vaters, der am

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lässt den Sohn Diego in seiner Jugend als spanischen Kleriker seinen militärischen Genius zugunsten der Österreicher einsetzen; dass er zu Abwehr der ersten Belagerung von Barcelona beitragen konnte (1713), erklärt dann seine spätere Berufung an den Kaiserhof (Lehmann 1990: 219-222). Spanienromantik mit Rittertum und Kampfesmut schuf eine akzeptablere Gründergestalt, als es die des internationalen Finanzmannes gewesen wäre. Gerade diese Gestalt schält sich aber aus der Familien- und Migrationsgeschichte heraus, die rezente Forschungen portugiesischer und spanischer Historiker ans Licht gebracht haben (Baroja 1989: 361-363; Guimarães/Andrade 2005: 253-297).42 Diego d’Aguilars Urgroßeltern lebten in Mogadouro, einer Kleinstadt im äußersten Nordosten Portugals, und waren vor allem im portugiesisch-spanischen Grenzhandel mit Textilien beschäftigt. Eine Verfolgung durch die Inquisition in der Mitte des 17. Jahrhunderts traf dort neben mehreren anderen Familienmitgliedern auch Diegos Großvater Francisco Lopes Pereira. Da dieser zudem in einen Eifersuchtsmordfall verwickelt war, setzte er sich 1653 nach Spanien ab, wo er mit seinem Bruder Diogo Lopes Pereira und anderen nordportugiesischen Einwanderern mit der Verwaltung des Tabakmonopols im Königreich Granada beschäftigt war. Dieses Monopol, das Spanien 1636 eingeführt hatte, bauten neuchristliche Finanzleute zu einer tragenden Säule der Staatsfinanzen aus (Romero 2007: 17f.; Wilke 2012).43 Die finanzwirtschaftliche Innovation zahlte sich langfristig aus. Die Tätigkeit der Familie Lopes Pereira als Tabakpächter sollte sich fast über ein ganzes Jahrhundert erstrecken, von 1653 bis 1747: der Großvater Francisco Lopes Pereira stieg bis zum Generalpächter des Monopols in Kastilien auf, der Vater Manuel versah ähnlich hohe Stellen in Portugal44 und auch der Sohn Diego baute seine österreichische Karriere auf das Tabakgeschäft geliebten Ackerbau festhält und befürchtet, er würde sich als Jude dem Handel widmen müssen (s. Lehmann 1990: 5). 42  Online-Ausgabe von Guimarães/Andrade s. [07.04.2012]. Die genealogische Verbindung zwischen der Familie Lopes Pereira von Mogadouro und dem Baron d’Aguilar ist nicht eindeutig erwiesen. Caro Baroja und Sanz Ayán vermuten, der Baron sei ein Neffe von Francisco Lopes Pereira gewesen, während Guimarães und Andrade (292f.) ihn ebenso hypothetisch zum Enkel des letzteren machen, über dessen Sohn Manuel Lopes Pereira. Diese Lösung wird auch in einem online erstellten Stammbaum der Familie festgehalten; s, [07.04.2012]. 43  In den 1640er Jahren bürgerte sich der Gebrauch des Genussmittels sehr plötzlich in ganz Europa ein, s. Goodman 1993: 65. 44  Vielleicht infolge der Verstaatlichung der kastilischen Tabakadministration im Jahr 1701; siehe Romero 2007: 21f.

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auf. Sowohl Francisco als auch Manuel wurden in ihrer Jugend durch die Inquisition verurteilt, kehrten aber jedes Mal rasch in die Geschäftswelt zurück.45 Diegos Karriere am Hof Maria Theresias steht anscheinend nicht mit einer Inquisitionsverfolgung im Zusammenhang, sondern folgte der Logik des weitgespannten Finanzsystems der Familie. Im Erbfolgekrieg hatte Manuel von Portugal aus die Feldzüge von Erzherzog Karl in Spanien finanziert und insbesondere dessen Besteigung des österreichischen Kaiserthrons 1711 durch einen beträchtlichen Kredit erleichtert, woraufhin Manuel und Diego Lopes Pereira mit Konzessionen, dem Adelstitel und der Erlaubnis zur Gründung der sephardischen Gemeinde entschädigt wurden. Den geldwirtschaftlichen Hintergrund der Geschehnisse haben Frankl und Lehmann getilgt und romantische Erzählungen über Frauendienst und militärische Glanztaten an dessen Stelle gesetzt. Das Klischee von Spaniens fossilisierter Feudalordnung, ein wesentlicher Bestandteil des Marranentopos, verarbeitete das Unbehagen mit der bürgerlichen Ordnung bezüglich Wirtschaft und Religion. Für Frankls persönliche Identifikation ist es aufschlussreich, dass er seinen Baron Aguilar mit dem eigenen geadelten Großonkel Israel Hönig Edler von Hönigsberg in Parallele bringt (Frankl 1854: 658). Ich möchte meine Ergebnisse nun in vier Punkten zusammenfassen. Erstens ist der Marranenmythos keiner Volkslegende zu verdanken, sondern einer bewussten Auseinandersetzung mit jüdischen Zeitfragen bei Historikern und Literaten, unter denen der bisher fast völlig übersehene Ludwig August Frankl in der ersten Reihe steht. Zweitens wurde der Ausdruck ‚Marrane‘ im 19. Jahrhundert erst allmählich zum Klischee. Weder Grace Aguilar, noch Frankl oder Semo benutzen ihn; erst Graetz’ Geschichte scheint ihn popularisiert zu haben (Graetz 1864: 80f., 301; ders. 1866: 244).46 Unter den Bearbeitern der Aguilarlegende teilte erst Zemlinsky 1890 dem Marranenbegriff eine Schlag-

45  Ihre Verhaftung durch die Inquisition im Jahre 1658 endete 1664 mit dem Abschwören. Francisco kehrte in das Geschäft zurück und pachtete 1678 die Tabaksteuer für ganz Kastilien. Sein Sohn Manuel Lopes Pereira hatte die Geschäfte während der Haft seines Vaters übernommen und sich zur Verschleierung der Familienverhältnisse den falschen Namen Aguilar zugelegt. Ein Inquisitionsurteil in Toledo verurteilte ihn 1670 zum Exil aus Toledo, Granada und Madrid. Auch ihm gelang eine rasche Rückkehr in die Geschäftswelt. Ab 1675 pachtete er zusätzlich die Versorgung der Garnisonen in Ceuta in Nordafrika. Um die Wende zum 18. Jahrhundert, als sein Vater schon gestorben war, kehrte er nach Portugal zurück. Im Jahr 1703 war er in Porto im Tabakgeschäft tätig, und hier lebte sein Sohn Diego anscheinend in seiner Kindheit. 46  Lehmann 1990: 151, referiert das Wort eher distanziert. Jost 1827: 63 spricht noch von „neuen Christen“.

Ludwig August Frankl als historischer Mythograph der Marranen

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wortfunktion zu.47 Die Ausbreitung dessen, was wir besser als einen dynamischen Motivkomplex bezeichnen sollten, sprengt drittens das Konstrukt einer ‚deutsch-jüdischen Literatur‘. Seine Herausbildung ist nur in einem globalen jüdischen Literaturraum zu verstehen, der neben hebräischen, jiddischen und judenspanischen Stimmen auch solche in verschiedenen Landessprachen einschloss. Und viertens erlaubte dieser Motivkomplex radikal unterschiedliche Interpretationen. Die konventionelle Lösung, die der jüdische historische Roman seit seinen Ursprüngen bietet, setzt eine rigide ordnende Raum- und Zeitteilung durch. Königshof, Katakombe und Kerker, Orte der Verfolgung und der Freiheit fixieren die Koexistenzmöglichkeiten moderner Kultur und jüdischer Identifikation auf einer dichotomisch aufgebauten Landkarte. Frankls Erfindung eines Inquisitors, der zugleich Jude ist, ist nichts weniger als eine perfide Herausforderung, die die konventionelle Raumteilung des Romans durch eine allgegenwärtige Spaltung des Bewusstseins sabotiert. Sein jüdisches Subjekt stellt sich ohne schützende Höhle der beunruhigenden Erfahrung von Hybridität, entdeckt sein Judentum in einer Kindheitserinnerung mit ihrer Erfüllung ödipaler Wünsche. Diese Reminiszenzen, geheftet an einen fast vergessenen Beschneidungsnamen, an Fetzen hebräischer Gebete, vage Erinnerungen an Familienrituale, passen natürlich auf den Kulturzustand der iberischen Marranen weit weniger als auf den der zweiten Generation assimilierter Juden im bürgerlichen West- und Mitteleuropa während der Jahre nach 1848. Mit dreißigjähriger Zeitverschiebung vollzieht die sephardische Rezeption der 1880er Jahre den von Frankl ersonnenen Identitätsverlust nach und lässt sich faszinieren von der allegorischen Muttergestalt, dem ‚Weib‘, dessen Körper und Stimme als letzter mythischer Urgrund der jüdischen Identität verbleibt. Im Protest gegen Frankl, wie wir nun erkennen, baut Lehmanns aschkenasischorthodoxer Marranenroman größere Katakomben denn je, während er den Topos der jüdischen Milchbruderschaft geradezu polemisch unterläuft. Denn in seinem Aguilar-Haushalt übernimmt ein robustes christliches Mädchen den Ammendienst: „Sie hatte blondes Haar und blaue Augen; sie war sicherlich gotischen Ursprungs, und kein jüdisches Blut floss in ihren Adern“ (Lehmann 1990: 25). Gerade die Muttermilch gehört der einzigen Fremden im Haus, der späteren Verräterin.

47  Zemlinsky 1888: 3: „Wer sich durch Flucht retten konnte – der that es – wer nicht, der mußte eben Christ werden der Form nach, wenngleich er in seinem Innern doch noch immer Jude blieb wie zuvor, er wurde ‚Maranne‘“.

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Furchtloser als gegenüber dem Ewig-Weiblichen erweist sich Rabbiner Lehmann allerdings gegenüber Baron Diego d’Aguilars Geldgeschäften. Unbesorgt um das judenfeindliche Klischee des Tabakmonopolisten und Finanzabenteurers,48 zeigt Lehmanns jüdisch-orthodoxer Jugendbuchklassiker den Baron im Gespräch mit dem Kaiser über den Staatshaushalt und legt ihm eine Apologie von Geld, Genuss und Konsum in den Mund: All das Böse, welches man dem Tabakrauchen nachsagt, beruht auf Vorurteil und Unkenntnis. Es ist weder der Gesundheit schädlich, noch verdirbt es die guten Sitten. Auch so überflüssig ist es nicht, wie es wohl erscheinen mag. Es ist ein Stimulationsmittel, das überaus anregend wirkt. Allein, die Überflüssigkeit zugegeben, so kann der Staat doch unmöglich alles Überflüssige verbieten. Wollte er das tun, so müsste er am Ende die Zivilisation rückgängig machen und seine Untertanen zu dem Kulturzustand der Troglodyten zurückführen.(Lehmann 1990: 229f.)

So lavierte die literarische Erfindung eines postsäkularen Judeseins zwischen gemeindlicher, ethnischer oder sozioökonomischer Identität, kumulierte diese Alternativen und grenzte sie voneinander ab, brachte sie in Dynamik oder männlich-weibliche Dialektik, all dies indem sie einen überschaubaren Vorrat erzählerischer Symbole gestaltete und variierte, von der Katakombe über die Mutterbrust bis hin zum Handschuh und zur Zigarre.

48  Stieda 1910: 170f: „Tabakpächter waren „Fremde, Abenteurer, häufig jüdische Geldleute, die unter starker Übertreibung der zu erwartenden hohen Einnahmen die Landesfürsten geneigt zu machen wissen, auf ihre Pläne einzugehen“.

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Ludwig August Frankls „Nach Jerusalem!“ Über die Logik der Widersprüche und das Zerbröckeln der Metaphern. Im Gesamtwerk von Ludwig August Frankl nimmt sein zweibändiger Reisebericht Nach Jerusalem! eine besondere Stellung ein, in dem er – hauptsächlich auf Grund der Gattung – meistens als ein historisch wertvolles, informatives, literarisch jedoch nicht weiter besonders beachtenswertes Buch wahrgenommen wird. Es wird hauptsächlich als Quelle von bis dahin unbekannten statistischen Angaben und Informationen über soziale Missstände in der jüdischen Bevölkerung im damaligen Palästina geschätzt. In der Rezeptionsgeschichte wird geradezu eine Dichotomie zwischen dem ‚Poeten‘ Frankl und dem objektiv distanzierten Verfasser des Reiseberichts konstruiert. In diesem Sinne beurteilt das Werk auch der amerikanische Rezensent C. H. Brigham, der sich in der North American Review höchst erfreut darüber zeigte, dass Frankl trotz seiner literarischen Neigungen auf die poetische Ausschmückung des Berichts verzichtet und die Schilderungen in nüchternem Tone gehalten hat: From the poetic temperament of Dr. Frankl, we might expect some vision of future glory to the people, some meditation of prophecy fulfilled and the Messiah’s kingdom established on the mountain of the Lord. But he wisely refrains from any speculations upon the future, and contents himself with the more useful duty of pointing out real evils, and their possible remedy. (Brigham 1862: 353)

In ähnlichem Sinne hebt Wurzbach Frankls Reisebericht als „ein für die Kenntnisse der israelitischen Zustände im Orient bedeutendes Buch“ hervor und rühmt es als „das erste Werk, welches mit statistischen Nachweisen und mit schonungsloser Darstellung der großen Uebelstände, die prosaische Seite des bisher nur poetisch verklärten Orients aufdeckt.“ (Wurzbach 1858: 338) In der Rezeptionsgeschichte dieses Werkes wurde stets die angestrebte Objektivität bei der Schilderung der gesellschaftlichen Zustände in Palästina als der höchste Wert betont, die Objektivität eines jüdischen Betrachters.1 1  Palästinaschilderungen in deutscher Sprache aus der Sichtweise eines jüdischen Beobachters schienen noch am Ende des 19. Jahrhunderts für das Lesepublikum eine Seltenheit zu sein, wovon die Einleitung des Reiseberichts von Willy Bambus, einem führenden Berliner Vertreter der Chowewe-Zion, Zeugnis ablegt: „Bei der großen Anzahl von Reiseschilde-

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Brigham will in Frankl sogar den ersten wirklichen Nachfolger von Benjamin Tudela sehen, wobei er eben die jüdische Perspektive als eine Garantie für verlässliche Informationsvermittlung hervorhebt, die den christlichen Reiseberichten aus diversen Gründen abginge. Als Novum galt natürlich in erster Linie die offen kritische Einstellung eines jüdischen Reisenden zu bestimmten Phänomenen in der jüdischen Gesellschaft des damaligen Palästina. Nicht selten wurde übrigens in späteren Reiseberichten christlicher Provenienz Frankls kritische Einstellung missinterpretiert, um antijüdische Stereotype zu bekräftigen. Die Autoren solcher Fehldeutungen fühlten sich überdies von den vorwiegend ablehnenden Reaktionen der orthodoxen Schichten in Palästina auf die Reformeingriffe ‚von außen‘ bestätigt. In diesem Sinne berichtet z.B. der Schweizer Theologe und Palästinareisende Konrad Furrer im Jahre 1865 mit Hinweis auf Frankls Reisebericht über die Jerusalemer Juden Folgendes: Ihr Geist ist noch in den selben Fesseln gebunden, ihre Frömmigkeit von derselben Finsterniß erfüllt. Ja, wenn heute Christus vor ihnen stünde, sie würden das Kreuzige über ihn mit derselben fanatischen Freude schreien wie damals. Daran zweifelt niemand, der weiß, wie sie ihre neusten Wohlthäter Frankl und Montefiore aufgenommen. (Furrer 1865: 41)

Frankl selbst versucht, Nach Jerusalem! als ein unparteiisches, von der literarischen Tradition der Reiseberichte unabhängiges Werk darzustellen, indem er unermüdlich auf die Andersartigkeit seines Berichts explizit hinweist. Allerdings muss dazu angemerkt werden, dass die einleitende Abgrenzung von anderen Reiseberichten zu den ‚Standardtricks‘ dieser Textgattung zählte, die in erster Linie zur besseren Konkurrenzfähigkeit des jeweiligen ‚völlig neuartigen‘ Reiseberichts auf dem Markt beitragen sollten. Frankl versucht, die Exklusivität seines Buches hauptsächlich gegenüber den zahlreichen Berichten christlicher Missionare und Pilger zu behaupten, die den europäischen Lesern Palästina vor dem Hintergrund seiner historischen Größe in bunten Farben ausmalten. Dabei kritisiert er die häufig idealisierende, verklärende Darstellung des Landes, wodurch er gleichzeitig dem Leser seine nüchterne Haltung vor Augen führen will, die frei von poetischer Verklärung sein soll. In diesem rungen, die heute schon über Palästina vorhanden sind, scheint es etwas gewagt ein neues Buch über dieses Land zu schreiben. Dennoch dürfte die vorliegende Schrift in dieser umfangreichen Literatur eine Sonderstellung einnehmen, weil ich als Jude und strenggläubiger Jude den Verhältnissen der Juden Palästinas [...] besondere Aufmerksamkeit schenkte. Seit 40 Jahren, seit der Reise nach Jerusalem von Ludwig August Frankl, ist keine Schilderung einer Reise nach dem gelobten Lande von jüdischem Standpunkt aus in deutscher Sprache erschienen. Darum glaube ich, dass meine Schrift vielleicht eine Lücke ausfüllen kann.“ (Bambus 1898: 5)

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Sinne tadelt er nicht nur die Werke christlicher Provenienz, sondern auch die Reiseberichte seiner in Jerusalem wohltätig wirkenden Glaubensgenossen. Über Jerusalem heißt es in klagenden Tönen: Diese Witwe Jehova’s! welch’ einen Lebenswandel führt sie! Um Gott! aber darf ich es wagen zu glauben, daß alle die in ihren Berichten Jerusalem verklären, indem sie seine alte Herrlichkeit entrollen, daß alle blind für die Gegenwart sind, und nur ich, der Einzelne offene Augen habe; oder ich allein nur geistigen Verfall und Ruine sehe? (Frankl 1858: II, 185f.)

Mit diesen Worten distanziert er sich von Sir Moses Montefiore und Albert Cohn, den er mit respektvoller Kritik „Verleumder im edlen Sinne“ nennt. In der pointierten Gegenüberstellung kann Frankl selbst sich letztendlich als der unparteiische, objektive Beobachter ins Licht rücken, der sich von der religiösen Bindung an das Heilige Land nicht beirren lässt: „Er [Cohn] spricht in frommer Begeisterung [...] Ich schreibe in hoffnungsloser Wahrheitsliebe“ (Frankl 1858: II, 186). Frankls unermüdliche Bemühungen um die Hervorhebung des Gegensatzes zwischen der wahrheitsverklärenden ‚frommen‘ Sichtweise und seiner eigenen, von ihm als unbefangen dargestellten Haltung können auch als Reaktion auf die heftige und lang andauernde Kontroverse mit Ignaz Deutsch gedeutet werden. Auf diesen Konflikt wird in Frankls Reisebericht direkt angespielt: Es wurde bekannt, dass denunziatorische Briefe nach London, Amsterdam, Altona geschrieben worden waren. Die Großgemeinde sah sich bemüßigt, ebenfalls dahin zu schreiben und die Sachlage ihrerseits darzustellen; denn wirklich war sie in Gefahr, von dort keine Unterstützungen mehr zu erhalten. Zu dieser Zeit richtete auch, wie wir später erfuhren, ein frömmelnder Aschkenasi aus Wien, dessen Denunziationen wir bereits nachgewiesen haben, an den Rabbiner von London ein Schreiben mit dem Ansuchen, von dorther die Anstalt mit dem Banne zu belegen! Dergleichen Münze muß, wie einem falschen Wechsler zur Warnung des Publikums auf den Ladentisch genagelt werden. (Frankl 1858: II, 142)2

Die von Frankl beanspruchte „hoffnungslose Wahrheitsliebe“, auf die sich allerdings auch andere zeitgenössische Orientreisende wie Ida Pfeiffer, Alexander Freiherr von Warsberg oder Monsignor Mislin beriefen, offenbart sich in einem literarischen Werk, welches, obwohl der Autor dies systematisch ablehnt, in eine normierte literarische Tradition eingebunden ist. Die Reiseliteratur über den nahen Orient stellt im 19. Jahrhundert eine durchaus komplexe Gattung dar, die mit relativ festgelegten Topoi und Leitmotiven operiert. Veronika Bernard macht in ihrer Studie Österreicher im Orient auf die auffallende Schablonenhaftigkeit der Reisebeschreibungen des Orients aufmerksam, die 2  Zu der Entwicklung des Konflikts s. z.B. Ben-Ghedalia (2009) [20.09.2011].

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sie allerdings als Folge der Normiertheit der gesamten österreichischen Literatur des 19. Jahrhunderts betrachtet. Den Grund sieht sie hauptsächlich in den Eigenheiten des österreichischen Bildungswesens, das sich seit der Zeit Josefs II. um eine einheitliche sprachliche Ausbildung mit Akzent auf dem Ausbau situationsgebundener rhetorischer Fähigkeiten bemühte. Die rhetorische Einübung der Stilebene, die mit der Schreib-Situation korrespondieren sollte, widerspiegelte sich gerade in Reiseberichten sehr deutlich: „[S]achlicher Stil solange Informationen vermittelt werden; poetischer Stil sobald man zur Schilderung von Eindrücken übergeht“ (Bernard 1996: 9). Das durch die Gattung geprägte Stilgemisch war eben die Stil-Ebene, der sich neben Anton Graf Prokesch von Osten, Jakob Philipp Fallmerayer, Friedrich Fürst von Schwarzenberg, Ida Pfeiffer und weiteren Reisenden auch Ludwig August Frankl bediente. Allerdings kann man bei Frankl die Stilmischung sicherlich nicht nur als eine Konsequenz der unifizierenden Sprachausbildung ansehen, wie es Veronika Bernard postuliert. Der unvermittelte Wechsel zwischen sachlicher und poetischer Stilebene in Frankls Reisebericht wurde in der Forschung bereits mehrmals aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Herlinde Aichner deutet die Mischung der Topiken der zeitgenössischen jüdischen aufklärerischen Literatur mit dem auf die Vergangenheit ausgerichteten romantischen Ruinen‑Topos als die textstrategisch intendierte Veranschaulichung des Schemas aus Enttäuschung und Erwartung (Aichner 2001: 333-361). Christiane Zintzen bezeichnet Frankls kennzeichnendes Schwanken zwischen dem nackten Referat und der impressionistischen Skizze einzelner Phänomene als einen „Effekt der doppelten Agenda des Kultusgemeinde-Sekretärs und des Poeten“ (Zintzen 2001: 376), wobei sie auf sein spezifisches poetologisches Programm aufmerksam macht, das anscheinend auf der Tag/Nacht-Metaphorik des Diskurses von 1848 basiert und skizzenhafte Wiedergabe des Wahrgenommenen betont. Die im 3. Band geforderte daguerrotypische Aufzeichnung der Eindrücke und Geschehnisse bewirkt laut Zintzen das ständige Entgleiten des Faktischen: „Es ist spannend, auf welche Weise sich hier „im Bildfeld ‚Licht‘ bzw. ‚Erscheinung‘ Realismus und Romantik amalgamieren, bzw. wie sich selbst neutrale Nomina wie ‚Szene‘ und ‚Gestalt‘ als Kippfiguren zwischen Wahrheit und ‚Fantastik‘ herausstellen“ (Zintzen 2001: 380). Das praktische Resultat des umgesetzten poetologischen Programms ist letztendlich die Vermittlung „möglichst reichhaltiger Nachrichten über die Juden im Orient“, was sich nach Zintzen stets mit Frankls individueller Bestrebung verbindet, „den Orient zur Mehrung des persönlichen Status auszubeuten“ (Zintzen 2001: 385).

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Die poetisch-pragmatische Zwittergestalt ist allerdings nicht bloß das Ergebnis eines mit Geschick umgesetzten poetologischen Plans, sondern auch Quelle mehrerer Widersprüche, auf die im Folgenden näher eingegangen wird. Die im philanthropischen Diskurs verankerten kritischen Betrachtungen der Zustände unter der jüdischen Bevölkerung im damaligen Palästina hinsichtlich der unzureichenden Arbeitsmoral und des fehlenden Bildungswillens, früher Eheschließungen, Bettelei usw. wurden bereits genügend behandelt und analysiert; dies gilt auch für Frankls Bemerkungen zur zeitgenössischen Politik der europäischen Mächte, die er in seinen Reisebeschreibungen gekonnt in frei paraphrasierten Dialogen mit verschiedenen orientalischen Machtrepräsentanten zum Ausdruck bringt. Die ‚poetischen Sequenzen‘ werden, wie bereits gezeigt wurde, als eine Art Konterpart interpretiert, dessen Funktion nicht ganz klar zu definieren ist. Meistens wird eine dichotome Beziehung postuliert, in der sich zwei durch verschiedene Erzählregister markierte Kontraste gegenüberstehen. Das Taumeln zwischen pragmatischer Betrachtungsweise und poetischer Verklärung ist bei Frankl allerdings nicht nur an die Dichotomie enttäuschende Gegenwart versus idealisierte, im romantischen Lichte wiedergegebene Vergangenheit gebunden (Aichner 2001: 354). Die von Herlinde Aichner ins Feld geführte Vermischung von Aufklärungsdiskurs und Romantizismus spiegelt sich auch in den Reflexionen über die Vergangenheit selbst – insbesondere was die historische Überlieferungsgeschichte des biblischen Textes anbelangt. So wird auch im Bezug auf die Vergangenheit kein homogenes romantisierendes, sondern ein höchst inkonsistentes, um nicht zu sagen widersprüchliches, Bild transportiert. An manchen Stellen des Textes wird die biblische Überlieferung in der Konfrontation mit der Gegenwart bestätigt, es wird geradezu eine direkte Verbindungslinie zwischen dem Jetzt und dem Damals der biblischen Zeit geschaffen. Zu einem solchen zeitlichen Zusammenschluss kommt es z.B. in der Schilderung von Josefs Grab: Wie genial auch schon das gelobte Land geschildert und beschrieben wurde, die einfache naive Darstellung der Bibel überbietet Alles. Und da die Zustände im Morgenlande sich so wenig verändern, die Menschen in ihren Gewohnheiten bis auf die Tracht sich treu geblieben sind, so meint man oft, die Bibel schildere die Gegenwart. (Frankl 1858: II, 431)

Eine Textstelle wie diese war es wohl, die Veronika Bernard zu dem verallgemeinernden Schluss bewog, Frankl erkläre, wie viele seiner Kollegen, die biblische Darstellung von Land und Volk für noch immer zutreffend (Bernard 1996: 70). Allerdings findet man in Frankls Reisebeschreibung genauso viele Passagen, in denen offenbar das Gegenteil behauptet wird, indem auf die unüberwindbaren Unterschiede zwischen der biblischen Überlieferung und

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dem heutigen Zustand hingewiesen wird. Die Idylle der in die Gegenwart übertragenen biblischen Bilder wird einige Seiten später vernichtet und mit einer naturwissenschaftlichen Begründung zu Grabe getragen. Dabei wird der Anspruch des biblischen Textes auf die Vermittlung historischer Fakten implizit in Frage gestellt. So heißt es etwa bei der Beschreibung der Landschaft am Jordan: [...] kaum war es trotz der günstigen Verhältnisse jemals so, wie der Leser der Bibel und der Propheten es sich vorstellt. Das Klima, wenn fast alles wechselte, ist dasselbe geblieben, die Formation der Berge hat sich nicht verwandelt. Eine Hauptbedingung des Wachstums, die Quellen und die Leitung der Wasser ist freilich verschwunden. Doch kann dieses Land mit seiner, der tropischen sich nähernden Glut, niemals den Anblick eines grünenden Gartens, einer frischen Landschaft gewährt haben. (Frankl 1858: II, 455)

Aus dieser Konfrontation zwischen der historischen Realität und der biblischen Überlieferung findet Frankl zwei Wege; einen, der ihn als einen im aufklärerischen Diskurs verwurzelten Pragmatiker kennzeichnet, nämlich den anthropologischen, und einen poetologischen, den er als Dichter einschlägt. Als Pragmatiker versucht er, die Diskrepanz zwischen der biblischen Überlieferung und der Realität, die an mehreren Stellen ihres Reiseberichtes auch seine „verehrte Freundin“ (Frankl 1858: I, 183) Ida Pfeiffer in ähnlicher Weise schildert,3 durch die unterschiedlichen Lebensbedingungen zu begründen, denen die Völker ihre Weltsicht angepasst haben: Einem Volke aber, das in der Wüste lange gelebt hat, dem Botschafter saftig kühle Trauben dahinbringen, das aus den trostlosen Einsamkeiten plötzlich an einen frisch hinströmenden Fluß, dessen Wasser süß und wohlschmeckend ist, in die Oase von Jericho gelangt, ihm muß alles üppiger und glanzvoller erscheinen als dem an einen solchen Anblick gewöhnten Menschen. (Frankl 1858: II, 455f.)

Hiermit knüpft Frankl an die verschiedenen Thesen über den klimatischen Einfluss bei der Wahrnehmung von Palästina an, die in den zeitgenössischen Reiseberichten häufig als Erklärungsmodus fungierten. In diesem Sinne findet er die biblische Darstellung tatsächlich zutreffend, allerdings nur im Bezug auf das subjektive Wahrnehmungsbild der damaligen Bewohner. Andererseits betont er stets die durch menschliche Phantasie geschaffenen fiktiven Momente in der Überlieferungsgeschichte, die er allerdings gleichzeitig als die wirklich religionsstiftenden Momente ansieht. Im Zusammenhang mit der Schilderung 3  „Man kann sich gar nicht vorstellen, dass diese Gegenden jemals fruchtbar und schön gewesen. Sie mögen sich wohl besser ausgenommen haben, wie heutzutage, wo die armen Einwohner von ihren Pascha’s und anderen Beamten bis aufs Blut geschunden werden, allein von Wiesen, Triften und Waldungen mag auch damals schwer viel zu sehen gewesen sein.“ (Pfeiffer 1846: 116)

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des Besuches von Rachels Grabstätte kommentiert er die überlieferte Gestalt der Patriarchenmutter als ein erst durch das Einweben in narrative Strukturen entstandenes Idealbild. Nicht die reale historische Figur wird verherrlicht, sondern ein narratives Konstrukt: Es ist ein edler Zug des Menschenherzens, dass es gerne verklärt, was ihm schön und edel scheint. Geist und Fantasie müssen ihre Strahlen leihen zu einem Heiligenschein, der die Gestalten umgiebt und der Mensch betet frommer an, was er selbst geschaffen hat. (Frankl 1858: II, 487)

Frankl spielt an dieser Stelle zweifellos auch auf sein 16 Jahre früher komponiertes episches Lied Rachel an, das in seinen Augen einen Teil des fiktiven Gesamtmosaiks darstellt, welches die Objekte der Anbetung ausmacht. Die romantisierende, beinahe metaphysische Erzählhaltung wird hier – und in ähnlicher Weise an mehreren Stellen des Textes – bewusst reflektiert und dadurch teilweise aufgehoben. Die mit der deprimierenden Gegenwart in Kontrast stehende einstige Größe wird auf diese Weise als eine hauptsächlich durch die Imaginationskraft kreierte dargestellt. Überdies wird auch implizit auf die narrative Verankerung der gesamten Überlieferung mit zahlreichen Legenden angespielt, die in den Text häufig eingewoben werden. Die ununterbrochene Metareflexion des Schaffens- und Schreibprozesses ist das, was Frankl neben der oft erwähnten kritischen Darstellung der gesellschaftlichen Missstände in der jüdischen Bevölkerung von den zeitgenössischen Autoren der orientschildernden Reiseberichte wie Anton Graf Prokesch von Osten, Marie Josef von Geramb oder Ida Pfeiffer unterscheidet. Auch in der Gesamtdarstellung des Orients führt Frankl die gängigen Topoi ein, die er dann systematisch auf literarischem Wege seziert. Mehrmals bedient er sich bei den Beschreibungen ‚orientalischer‘ Szenen verschiedener Referenzen auf Tausend und eine Nacht, wie es in der zeitgenössischen Reiseliteratur üblich war. So etwa bei dem Besuch von Smirna: „In einem märchenhaften Traum von tausend und einer Nacht glaubt sich der nordische Fremdling versetzt, wenn er das Land betritt“ (Frankl 1858: II, 130). Diese komplexe Metapher der Märchenwelt aus Tausend und einer Nacht, die bei Autoren wie Alexander Freiherr von Warsberg, Kronprinz Rudolf oder Anton Graf Prokesch von Osten ungebrochen wirkt, wird bei Frankl ständig demontiert und in Frage gestellt. Einerseits durch den Hinweis auf störende Elemente auf der Ebene der Gegenwart, andererseits durch die Dichotomie außen / innen. Einer der in den Reiseberichten immer wiederholten Schauplätze des orientalischen Lebens, der Bazar in Jerusalem, wird mit dem üblichen Vergleich mit einem Märchen aus Tausend und einer Nacht erstmals

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als eine ‚typisch orientalische‘ Szene eingeführt, die dann allerdings durch Hinzufügung fremdartiger Elemente relativiert wird: Die Wirkung ist eines plötzlich aus tausend und einer Nacht auftauchenden Märchens, das nur noch toller und ironischer wird, wenn sich Menschen zwischen drängen in schwarzem Frack und rundem Hute, Frauen in einem Anzuge, mit dem sie auf dem Graben in Wien, oder auf den Boulevards in Paris erscheinen könnten. (Frankl 1858: II, 147f.)

Die ironische Wirkung wird durch das Eindringen des nüchternen europäischen Geschmacks in die als buntes Gemisch geschilderte Orientszene verursacht. „Niemals widerte mich der unsagbar geschmacklose Anzug unserer Salons so sehr an, wie in den Straßen, in den Bergen und in den Thälern des Orients“ (Frankl 1858: II, 148). Das Eingreifen von außen, das Frankl auf der politischen und kulturellen Ebene billigte und befürwortete, scheint den Poeten Frankl auf der ästhetischen Ebene zu stören.4 Diese zweischneidige Haltung hängt aufs engste zusammen mit dem Bild des ‚orientalischen‘ Menschen, das in Frankls Reisebuch vermittelt wird.5 Einerseits wird die ungezwungene Natürlichkeit des Orientmenschen im Vergleich mit dem normgebundenen Europa betont, andererseits werden häufig wenig schmeichelhafte Parallelen zwischen dem ‚typisch Aschkenasischen‘ und ‚typisch Orientalischen‘ gezogen. So etwa bei dem Besuch der Synagoge des Rabbi Eisik in Safed: „Als ich die russisch-polnischen Glaubengenossen auf den unsagbaren Schmutz aufmerksam machte, verstanden sie mich nicht, hier haben die sumpfigen Ströme polnischer und orientalischer Unreinlichkeit sich vereinigt“ (Frankl 1858: II, 341).6 Die eingeprägten Orientstereotype werden nicht nur durch die ständige Präsenz verfremdender Momente auf der Gegenwartsebene demontiert, son4  Dies steht im engsten Zusammenhang mit der Tatsache, dass Frankl den Orient offenbar bereits seit 1842 als einen „Ort der Regeneration für die Kunst“ wahrnahm. S. Aichner 2001: 354. Das Eindringen fremdartiger Elemente in die bisher ungetrübte Quelle der künstlerischen Inspiration, als welche Frankl den Orient empfand, musste er folglich missbilligen. 5  Veronika Bernard sieht in Frankls Darstellungsweise lediglich den Gegensatz zwischen orientalischer Natürlichkeit und europäischer Normengebundenheit: „Immer wieder versucht er durch den Vergleich zu Europa den Beweis zu führen, die vermeintliche Unanständigkeit des Orientalen stelle nur Natürlichkeit mit ethischem Hintergrund dar, während Ähnliches in Europa wirklich nur Verdorbenheit verkörpere.“ (Bernard 1996: 76) 6  Solche Parallelisierungen bringen natürlich nicht nur Frankls ambivalente Einstellung zum orientalischen Milieu zum Ausdruck, sondern auch seine Haltung gegenüber der aschkenasischen ostjüdischen Kulturwelt. Die Feststellung Herlinde Aichners, Frankl konnte „in den ostjüdischen Massen keine ‚Brüder‛ sehen, weder Glaubensbrüder mehr noch bereits nationale“, bestätigen zahlreiche Passagen in Frankls Reisebuch. S. Aichner 2001: 354.

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dern gleichermaßen durch die durchgehende Kontrastierung zwischen der Betrachtungsperspektive von außen und von innen.7 Das Bild des Orients von außen entspricht durchaus den Konnotationen, die damals mit dem metaphorischen Bildregister von Tausend und einer Nacht eng verbunden waren. In der Beschreibungssequenz, in welcher der erste Eindruck von Konstantinopel vermittelt wird, passt Frankl auch die sprachliche Ebene der komplexen Metapher an: Die Fantasie rang vergebens, irgend ein Gesetz zu finden, nach welchem dieses Chaos von Wundern sich aufgebaut hat. Es schien, als ob Dämonen und Genien, die mit einander im Kampfe lagen, wetteifernd gebaut und gepflanzt hätten, diese Welt von Palästen, Zipressenwäldern, Kuppeln, Minareten, Gärten, goldenen Zinnen und unbesiegbaren Mauern. (Frankl 1858: I, 147-149)

Solche poetischen Textpassagen, die mit vertrauten Bildregistern die ‚äußeren‘ Orienteindrücke vermitteln, werden allerdings meistens vom unmittelbar darauffolgenden Zweifel an der Vermittlungskraft der Sprache begleitet, der die dick aufgetragenen Metapherfarben wieder verblassen lässt: Wie wäre Konstantinopel zu schildern um Dem, der es nicht gesehen hat, ein Bild davon zu geben? Im glücklichsten Falle wäre es das eines Riesenkaleidoskopes, aber jede leiseste Bewegung des Bootes, auf dem wir fahren, jede Weile, die wir vorwärts kommen, gibt schon neue Szenen, unerwartete Gruppen, überraschende Anblicke. (Frankl 1858: I, 157)

Dem lyrischen Bild in Prosa wird ein Gedicht mit dem Titel An Byzanz hinzugefügt, das zwar dem europäischen Leser die für ihn aus den Orientdiskursen vertraute Metaphorik bietet, gleichzeitig jedoch den in den Sprachbildern lauernden Untergang der „von Dämonen und Genien“ geschaffenen Wunderwelt prophezeit (Frankl 1858: I, 148). Die romantisierende Gesamtmetapher wird in Frankls Reisebericht noch konsequenter zerstört, sobald der Schritt von außen nach innen gewagt wird. Der Beschreibungsmodus hält sich stets an das gleiche Muster; die durch sprachliche und metaphorische Kunstgriffe erbaute Kulisse wird prompt niedergerissen: Alle Pracht und Herrlichkeit Konstantinopels verschwindet, wenn man das Schiff verlässt und in die engen, schmutzigen Gässchen tritt, die von ärmlichen, hölzernen Häusern gebildet werden, wo entweder ein rasendes Gewühl, oder auch bange Einsamkeit herrschen, heiser aufbellende Hunde und Aeser, der Verwesung preisgegeben, lagern. (Frankl 1858: I, 160)

7  Zu den Beschreibungskategorien Außen und Innen im Bezug auf Konstantinopel in Werken von Graf Anton Prokesch von Osten, Josef Russeger, Ida Pfeiffer, Franz Grillparzer, Monsignor Mislin, Murad Efendi und Ludwig August Frankl s. Bernard 1996: 51-56.

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Der Wechsel von orientalischen Scheinprachtbildern mit den ernüchternden Schnappschüssen aus dem Innenraum wird bei Frankl konsequent als Mittel zur Zerlegung der eingebürgerten Orientmetapher eingesetzt. Die Allgemeingültigkeit dieser Kontrastwahrnehmung des Äußeren und Inneren des Orients wird von Frankl auf einigen Stellen explizit kommentiert: „[...] auf einem Berge uns entgegen grüßt eine im Sonnenscheine weißglänzende Stadt, die je näher wir kommen, wie jede orientalische Stadt, ihren Zauber einbüßt, es ist das Dorf Masd el Krum“ (Frankl 1858: II, 329). Gleichzeitig wird jedoch das Orientalische immer wieder als das Ursprünglichere betont, nicht nur als Regenerationsquelle für die europäische Kunst, sondern auch als die ursprüngliche Basis der jüdischen Kultur und Religiosität. Es sind meistens detaillierte Einzelbetrachtungen, in denen die Bewunderung für die Originalität des orientalischen Judentums im Kontrast zu europäischen Nachahmungstendenzen zum Ausdruck kommt. Als pars pro toto werden einzelne Elemente herausgenommen und mit dem europäischen Kontext konfrontiert. In diesem Sinne wird z.B. die Ursprünglichkeit der Bekleidung gepriesen und in Kontrast zu den neu eingeführten Kleidungsregeln in Kreisen des reformierten Judentums in Europa gestellt: Ich sah die Urform des Talit, den die Juden noch jetzt in den Landsynagogen um den ganzen Leib thun, wohl auch das Haupt mit ihm verhüllen. Es schien mir, daß diese Tracht, wie sie auch eine orientalisch nationale ist, weit würdiger der Nachahmung, als die der protestantischen Prediger. Es scheint mir jedes Mal als widerlich nachäffend, wenn unsere Prediger in schwarzer Kutte und weißen Bäffchen, mit dem sogenannten Quadratchen auf dem Haupte, den Talit zu einer Stola eng zusammengelegt, erscheinen, und noch dazu häufig mit wenig origineller salbungsreicher Kantilene sprechen. (Frankl 1858: II, 359)

Mit der gleichen Intention wird das orientalische Gebetshaus gelobt, das auf übermäßige Möblierung verzichtet, denn „dadurch gewinnt die Synagoge an freiem Raum und gewährt keinen so unordentlichen Anblick, wie bei uns, wo die in Kirchen üblichen Betbänke nachgeahmt worden sind“ (Frankl 1858: I, 137). Frankl versucht anhand von solch unauffälligen Details die Rolle des Orients als des Ursprungslands des Judentums im weiteren Sinne hervorzuheben. Oft reicht dazu die Ansicht eines Holzgitters an der Frauengalerie, die sich in einer orientalischen Synagoge im zweiten Stock befindet: „So konnte ich in diesem unbedeutenden Umstande eine Reihe von Bemerkungen beginnen, wie Hunderte von kleinen und mannigfachen Gewohnheiten der Juden im Abendlande aus dem Oriente stammen, und da erst begriffen werden können“ (Frankl 1858: I, 137). Das orientalische Judentum in seiner Ursprungsund Vorbildfunktion wird in einer relativ abstrakten, undifferenzierten Weise dargestellt, was mit den präzisen Abgrenzungen und Charakterisierungen

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konkreter jüdischer Gruppierungen kontrastiert, die auf der Gegenwartsebene kritisiert werden. Insoweit entspricht der Topos der orientalischen Ursprünglichkeit auch im Bezug auf das Judentum seiner Grundhaltung, der Orient sei vordergründig eine Belebungsquelle für die ästhetische Wahrnehmung.8 In diesem Kontext werden auch viele europäische kulturelle Landschaften als Nachahmungen des Orientalischen dargestellt, die erst nach der Einfügung in den ursprünglichen Kontext verstanden werden können. So deklassiert Frankl z.B. im ersten Band seiner Reisebeschreibung Venedig als eine unvollkommene Kopie, die im Vergleich mit dem orientalischen Vorbild deutlich an Wert verlieren muss: „Ich verstand erst Venedig in Konstantinopel. Dieses ist das gewaltige Original, jenes eine kleine, wenn auch künstlerische Nachahmung; ein Stück orientalischer Architektur in die Lagunen des adriatischen Meeres getragen“ (Frankl 1858: I, 157). Die häufig wiederkehrenden Überlegungen zum künstlerischen Schaffen, hauptsächlich zur Malerei und Literatur, werden vor dem Hintergrund der Ursprünglichkeitsdebatte ausformuliert. So werden an mehreren Stellen im Text christliche Maler kritisiert, die, anstatt das noch bestehende Original getreu abzubilden, auf unvollkommene Nachahmungen zurückgreifen: Nur begreifen wir nicht, warum die Heiligenmaler der Gegenwart die mit einer noch unvollendeten Kunst dargestellten Originale nachahmen, und diese somit aus der zweiten, noch schwankenden und suchenden Hand nehmen. Eine Reise nach Palästina und nach Egypten, wo sich der Typus der Menschengestalt bis auf die Tracht treu erhalten hat, würde für ihre Absicht besser passen, als eine Wallfahrt nach Rom [...] Nie sah ich schönere Modelle zu Darstellungen aus dem alten und neuen Testamente als in dem Lande der Bibel. (Frankl 1858: II, 390f.)

Diese aus der Prämisse der Natürlichkeit und Ursprünglichkeit des Orientalischen hervorgehende These über die Regeneration der Kunst durch den Orient wurde von Frankl bereits lange vor seiner Reise nach Palästina vertreten. Seine Reiseerfahrungen werden hier also pragmatisch als ein nachträgliches Argument für eine festgelegte Konklusion genutzt. Die nachträgliche Beweisführung für eine vorgefertigte Theorie stellt sich im Allgemeinen als eine in Frankls Reisebericht typische Strategie heraus. Sie wird parallel mit der Erzählhaltung eines objektiven Berichterstatters kombiniert, was nicht selten den Eindruck der Widersprüchlichkeit im Text hervor8  In diesem Zusammenhang wird nachvollziehbar, warum in Frankls Reisebericht hauptsächlich äußere, sinnlich wahrnehmbare Attribute des „orientalischen“ Judentums hervorgehoben werden, möge es sich um Kleidung, Bauweise der Synagogen oder der Friedhöfe handeln.

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ruft, wie dies schon am Beispiel der Reflexionen über die biblische Überlieferungsgeschichte demonstriert wurde. Am deutlichsten fällt diese Ambivalenz allerdings auf, wenn Frankl die Aufgaben und Ziele des kulturellen Transports aus Europa reflektiert. Einerseits wird das Bild einer sozial verkommenen, der europäischen Hilfe bedürftigen jüdischen Gesellschaft in Palästina vermittelt, durch das Frankl als der objektive philanthropische Kritiker bekannt wurde. In diesem Erzählregister wird nie danach gefragt, ob kultureller Transfer stattfinden soll, sondern lediglich wie dies in Angriff genommen werden muss. Dabei wird der philanthropische Auftrag Österreichs gegenüber England, Frankreich, Spanien und Preußen stets hervorgehoben. Erst der durch Österreich initiierte kulturelle Transfer könne nach Frankl zur Entfaltung des Selbstbewusstseins und dadurch auch zur Befreiung des Judentums in Palästina beitragen. Dabei wird der klassische aufklärerische Topos der produktiven Arbeit zum Stichwort: Gebt ihnen Arbeit, dass sie arbeiten lernen, kauft ihnen Aecker, die sie hier, aber nicht in der Heimat besitzen dürfen, daß sie selbst im Schweiße des Angesichtes, wie der Herr es will, ihr Brot erackern, und aus einer Kolonie von Bettlern eine edle Gemeinde werden und den Name des Herrn heiligen! (Frankl 1858: II, 183)

Auf dieser Ebene nähert sich Frankl mit seiner Forderung nach dem starken Arm Österreichs, der zur Verbesserung der Zustände beitragen soll, den Thesen Josef Russegers, der die Funktion Europas als Vormund stets betonte (Russeger 1841-1848: 168).9 Andererseits wird häufig in Folge des von Frankl oft angewandten Topos der orientalischen Ursprünglichkeit und Natürlichkeit die Dichotomie Kultur versus Freiheit aufgestellt. Das vorgefertigte Bild des natürlichen, ungezügelten Orientalen, das in der damaligen Reiseliteratur in zahlreichen Schattierungen fest verankert war, mündet bei Frankl nicht selten in eine Gegenüberstellung von europäischer Kultur und orientalischer Freiheit, die dem aufklärerischen Diskurs zu widersprechen scheint. Besonders deutlich kommt dies in den Textpassagen über die Beduinen zum Ausdruck, die Frankl als ‚Wüstenbrüder‘ der Juden bezeichnet. Die Parallelisierung fängt mit der Auflistung von physischen Korrespondenzen an, die Juden und Beduinen als nächste Stammesverwandte kennzeichnen. Dabei werden bei dem Skizzieren der gemeinsamen Züge die meisten Stereotype aufgezählt, die in der europäischen Literatur des 19. Jahrhunderts als Beschreibungsschablonen für die Inszenierung jüdischer Figuren dienten:

9  Zur Rezeption des Orientalen bei Russeger s. Bernard1996: 113.

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Die Beduinen, die uns begleiteten und alle, die ich schon früher gesehen hatte, machten den entscheidenden Eindruck auf mich, daß sie die wahren Stammesgenossen der Juden sind. Die gebogene Nase, das spitze Kinn, überhaupt die Energielosigkeit der unteren Kinnlade, die mehr kleine und magere Gestalt, die Hast und Bewegungen der Hände, mit denen sie jede ihrer Reden begleiten, das kurze fragende Vorsichhinstrecken derselben, das einseitige Achselzucken machten mich oft glauben, dass ich mich mitten unter Juden befinde. (Frankl 1858: II, 447)

Es scheint, als ob Frankl absichtlich das gesamte Register der Beschreibungsautomatismen ins Spiel bringen würde, um es unmittelbar danach zu relativieren. Das physische Erscheinungsbild der Beduinen wird als eine Art Spiegel für das Ostjudentum entworfen, das in dem zeitgenössischen Diskurs mit völlig identischen Attributen umschrieben wird. Sie werden allerdings gleichzeitig mit der Vorstellung der Unbändigkeit, Unabhängigkeit und Freiheit verbunden. Gleich in der nächsten Textpassage idealisiert sie Frankl als ein Urbild des stolzen Judentums, das noch nicht durch die Fesseln der Diaspora geknechtet wurde. [...] nur Eines war anders: der aufrechte energische Gang der Beduinen, ihnen hat noch kein Haß der Jahrhunderte, keine Liebe des sie umgebenden Mohammedanismus den Nacken sklavenhaft gebeugt; in ihnen geht noch das Barbarenthum der Freiheit aufrecht [...] (Frankl 1858: II, 447)10

Zum Schluss dieser Parallelbetrachtung der Juden und Beduinen wird die Kultur als ein abstraktes Bedrohungselement definiert: „Wann wird die Kultur in diese Bevölkerungen dringen, aber auch ihrer Freiheit ein Ende machen?“ (Frankl 1858: II, 457) Die Kultur wird im abstrakten Sinne als ein Gegenpart zur Freiheit aufgefasst, was im krassen Kontrast zu dem philanthropischen Pragmatismus steht. In diesem Diskurs, der offenbar im romantischen literarischen Topos des freien Barbarentums fest verwurzelt ist,11 gewinnt auch der Begriff der Freiheit eine andere Bedeutung; es handelt sich plötzlich nicht um eine durch Bildung und Arbeit errungene Freiheit, wie sie Frankl für die Juden in Palästina der Gegenwart fordert, sondern um einen natürlichen Wert der orientalischen Ursprungsgesellschaft. Auf dieser Erzählebene nähert sich Frankl den Ansichten Fallmerayers, der vor allzu intensiv steigendem westli10  Diese und viele andere Textstellen besagen gleichzeitig Vieles über Frankls Einstellung zum osteuropäischen Judentum. Es wird an mehreren Stellen die von Herlinde Aichner erwähnte Tatsache durchaus bestätigt, dass Frankl nur wenig von einer Regeneration des Westens durch den Osten hielt. S. Aichner 2001: 354. 11  Besonders die Spätromantiker hegten die Vorliebe für exotische Motive und „wilde“, natürliche Helden, die als idealisiertes Gegenbild zum europäischen „Kulturmenschen“ inszeniert wurden, wie etwa in Nikolas Lenaus bekanntem Gedicht „Die drei Indianer“.

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chen Einfluss eindringlich warnte. Während jedoch bei Fallmerayer die Kritik in seiner politischen Überzeugung wurzelte, ein starkes Osmanisches Reich könne zum politischen Gleichgewicht beitragen (Fallmerayer 1861: 356f.),12 entsprangen Frankls Reflexionen über die ungezügelte Freiheit des Orientalen eher einem eingebürgerten literarischen Topos, worauf er letztendlich selbst aufmerksam macht. Gerade solche Passagen, in denen mit eingebürgerten deskriptiven Automatismen ‚das typisch Orientale‘ aus der Position eines Europäers hervorgehoben wird, bieten scheinbar illustrative Belege für den heftig umstrittenen13 Ansatz Edward Saids (Said 1995). Allerdings muss im Auge behalten werden, dass sich Frankl nicht konsequent an das stereotype europäische OrientKonstrukt hält und es häufig als funktionales Mittel bei der Suche nach der Abgrenzung der jüdischen Identität einsetzt. Es wird zwar das Bild des Anderen (Orientalischen) als des Fremden konstituiert, gleichzeitig wird jedoch bei Frankl das Fremde oft nicht an der ‚europäischen‘,14 sondern an der jüdischen Identität gemessen, sodass letztendlich die verbindenden Momente in den Vordergrund treten. Das, woran gemessen wird, mag ein Konstrukt sein, allerdings wird durch diese Stereotypbilder keine Distanz geschaffen: Das Fremde wird domestiziert. Parallele Tendenzen zeigen sich in den Reflexionen über die religiöse Freiheit und die Stellung der Religionen zueinander. Einerseits schildert Frankl als objektiver Berichterstatter nüchtern konkrete Auseinandersetzungen, die das Zusammenleben der einzelnen christlichen, muslimischen und jüdischen Gruppierungen mit sich bringt. Andererseits ist als Konterpart stets das Bild der idealen Koexistenz präsent, das im Toleranzdiskurs der Aufklärung seine Wurzeln hat und durch literarische Darbietungen geprägt wurde. So gemahnt die von Frankl geschilderte Geschichte eines christlichen Mönchs, der mit 12  Zu Fallmerayers politischen Ansichten s. auch Bernard1996: 114f. 13  S. z.B. Al-Azm (2000). Im deutschsprachigen Raum die Studie von Polaschegg (2005). Polaschegg macht zurecht auf die ungenügende Auseinandersetzung mit Saids Thesen aufmerksam: „Statt dessen wird Orientalism auch fünfundzwanzig Jahre nach seiner ersten Veröffentlichung noch als Neuerscheinung gelesen, als von professioneller Rezeption und Kritik oder nachträglicher Revisionen des Autors unangetasteter und somit gänzlich geschichtsloser Text. Diese konsequente Erstlektüre hat zur Folge, dass seit langem diagnostizierte Aporien, schlichte und theoretische Fehler Saids wiederholt und in die Literatur- und Kulturwissenschaft hinein fortgeschrieben werden. Und an solchen ist – wie die differenzierte Diskussion der vergangenen Jahre gezeigt hat – die Studie keineswegs arm.“ (Polaschegg 2005: 28f.) 14  Für Polascheggs Kritik an Saids Verständnis von Europa als eine monolithische Größe, s. Polaschegg 2005: 143f.

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finanzieller Hilfe eines Muslimen zwei verlassene Mühlen umbaut, die ihm wiederum eine drusische Familie vermietet, nicht zufällig an Lessings Ringparabel, auf die Frankl selbst am Schluss der kurzen Zwischenerzählung anspielt: „[...] und so unternahmen drei Männer, jeder einer anderen Religion angehörend, die Wiederherstellung der Mühlen, von der die Grundsteinlegung eines christlichen Klosters abhing“ (Frankl 1858: II, 319). Wie vorher der spätromantische Topos der freien, ungezügelten Barbaren, wird hier ein Topos der Aufklärungsliteratur eingesetzt und gleichzeitig als solcher entblößt. In Frankls Werk Nach Jerusalem! begegnet in der Instanz des Erzählers nicht nur ein pragmatischer Berichterstatter dem romantischen Dichter. Die Mehrschichtigkeit der Erzählhaltungen und -perspektiven in Frankls Reisebericht lässt sich auf diese häufig erwähnte Dichotomie nur schwer reduzieren, hauptsächlich weil die eingebrachten Topoi in den ‚poetischen‘ Passagen ununterbrochen hinterfragt werden. Die zahlreichen Widersprüche, auf die hingewiesen wurde, entspringen nicht nur der doppelten Agenda des Pragmatikers und des Literaten, sondern entstehen zwingend auch durch das bewusste Reflektieren und Infragestellen der literarischen Topoi. Hinter der Maske des Poeten versteckt sich ein reflektierender Schriftsteller, der den Schreibprozess und die darin auftauchenden Topoi stets als solche markiert und demontiert, wodurch er Teile seiner Berichterstattung implizit selbst anzweifelt.

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“My Heart is in the East”: Ludwig August Frankl’s Mission to the Orient in the Footsteps of Yehuda Halevy On August 18, 1855, the Bohemian-oriented Jewish philanthropist from Vienna, Elise Herz (1788-1868), wrote a letter to the board of the local Jewish community, expressing her wish to establish a Kinderbewahranstalt in Jerusalem, in honor of the Kaiser’s birthday, and in memory of her late father, the noble Simon von Lämel (1766-1845).1 Herz had two requests: that the board apply for Austrian protection for the institution, and that the secretary of the community – Ludwig August Frankl (1810-1894) – be allowed to oversee its establishment.2 Both requests were fulfilled.3 Herz’s choice of Frankl met with an enthusiastic reception, as evidenced by Frankl’s correspondence and reports in the contemporary Jewish press (Frankl 1858: I, 10-12; Niedhammer 2010: 57-64). The Viennese correspondent of the popular Jewish newspaper, Die Allgemeine Zeitung des Judentums, attributed this enthusiasm to Frankl’s organizational abilities, as manifested in his success as the secretary of the Viennese Jewish community. However, Frankl’s skills were not limited to the practical facets of life, and the correspondent added: Allerdings dürfte auch Frankl noch eine andere Ausbeute aus dem gelobten Lande mitbringen. Es werden die berühmten Plätze Sinn und Phantasie des Dichters erfüllen und nach Jahrhunderten werden wie wieder von einem Dichter unseres Volkes die Gesänge Zions vernehmen.(Allgemeine Zeitung des Judenthums, 22.10.1855: 553)

Centuries had passed since the song of Zion was heard on European soil. Centuries since the pilgrimage of the great twelfth-century poet, thinker, and seeker of Zion – Yehuda Halevy (?-1141) – in whose footsteps Frankl was designated to follow.

1  On the Kinderbewahranstalt see: Vielmetti 1975: 167-204; esp. 175-180; Ottenheimer 1932: 328-335. 2  Elise Herz to the Board of the Viennese Jewish Community, 18 August 1855, Central Archives for the History of the Jewish People Jerusalem [CAHJP], A/W/376a; partially cited in Frankl 1858: 1-6. 3  For the establishment of the Lämelschule see: Vielmetti (1975); Ben‑Ghedalia (2006) [in Hebrew]; Niedhammer 2010: 49-72.

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Shifting Images of Halevy Halevy was a master of various genres of poetry, from wine and love poems to elegy and liturgy.4 Nonetheless, of his poetic works, the most famed were his Songs of Zion, or Zionides, which were quite unique in his day. These poems of yearning for the Holy Land and the ruined city of Jerusalem became a significant liturgical component of Tisha be-Av, the day dedicated to mourning the destruction of the first and second temples, inviting numerous imitations by later bards. Intriguingly, Halevy’s Zionides became an integral part not only of the liturgy of the Sephardim – the descendents of Iberian Jewry – but also of the liturgy of the Ashkenazim – the Central- and Eastern European Jews. Halevy’s longing for Zion, however, had found expression not just in verse but also in action. In his old age he left Spain for Egypt, en route to Jerusalem. Nearly all our information about this journey derives from his poems and letters: both those written aboard ship in the stormy Mediterranean and the ones that reflect his struggles with the affluent Jews of Cairo, who tried, unsuccessfully, to deter him from traveling to the Crusaders’ land. Writing his own Odyssey to the Promised Land, Halevy became a quasi-mythological figure who made his way over ocean and desert to Jerusalem, until his friends in Egypt lost contact with him. This Odyssey had a tragic end, according to sixteenth-century legend at least (ibn Yahya 1587: 40b. [in Hebrew]). The legend relates that Halevy did arrive at the Holy City,5 but, that upon kneeling to kiss its stones, he was trampled to death by an Arab horseman at the Gates of Heaven – as Halevy designates the city in his poems. The poet, whose persona was interwoven into the myth and reality of his lyrics, was perceived as the ultimate seeker of Zion throughout the ages. In that sense, the emergence of Jewish nationalism in the second half of the nineteenth century simply shifted the traditional perception of Halevy from a mourner of a destroyed city into a precursor of the Zionist revival.6 From the latter half of the eighteenth century, another dimension was added to the perception of the poet beyond the religious-national aspects just mentioned above. As a prominent figure of the medieval Golden Age in Spain, Halevy was perceived by the Haskalah – the Jewish Enlightenment – as 4  There is a vast literature on Halevy. See, recently, Yahalom (2009); Scheindlin (2008). 5  And recent research confirms this point. See: Yahalom 2009: 161-168. 6  For the shifting character of Halevy through the ages see: Yahalom 2009: 1-21; Doron (1977) [in Hebrew]; Werses 1986: 247-286 [in Hebrew]; Malkiel 2010: 1-15. For perceptions of Halevy’s philosophical writings see: Shear (2008).

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representing the desirable blend of Jewish and humanistic wisdom.7 One of Moses Mendelssohn’s (1729-1786) first published works was a 1755 German translation of Halevy’s best-known Zionide – “Zion Will Thou not Ask” – which appeared in a non-Jewish journal.8 The importance of this translation in the eyes of Mendelssohn’s circle is evidenced by their decision to include it in the 1778 brochure Alim li‑Trufa, which promoted the main project of the Haskalah period: the new German translation of the Bible; for them, this translation was seen as manifesting Mendelssohn’s translation abilities and his place of honor within the general Enlightenment.9 Mendelssohn’s translation found its way to the bi-lingual prayer books of German Jewry, and was repeatedly republished during the nineteenth century (Niehoff 1924: 313). Still, the impact of Jewish-Iberian poetry on the German-Jewish prayer book went beyond Mendelssohn. In demonstrating their rupture with traditional Ashkenazic cult, the advocates of reform of Jewish synagogue culture turned to medieval Spain. Prominent rabbis adopted the Sephardic pronunciation for the Hebrew liturgy, and Moorish architectural style dominated the newly built temples. For similar reasons, Reform congregations abandoned medieval Ashkenazi Piyut, the liturgical poetry, in favor of the Sephardic Piyut, including some of Halevy’s hymns, perceived as more esthetically pleasing and appropriate to the synagogue setting (Schorsch 1989: 53-57). At the same time that Sephardic poetry was gaining entrée to the Reform temple, the Wissenschaft des Judentums sought to liberate the ancient texts from their traditional synagogal function, and to examine them from a scientific perspective. One important means of so doing was to excavate ancient texts that were buried in European libraries, or held by non-European Jews. Most of the Jewish medieval poetry known before and in Mendelssohn’s day was comprised of liturgical texts, preserved through their use as prayers. The profane, ‘secular’, genres of poetry, which constituted the main part of Halevy’s repertoire, were almost forgotten. In that sense, the 1839 ‘rediscovery’ of Halevy’s Diwan by Samuel David Luzzatto (1800-1865), who purchased it via a book-dealer from the Jews of Tunis, marked a new era in the research of medieval Jewish poetry. The second third of the nineteenth century saw the 7  For the place of the Golden Age of Iberian Jewry in the formation of Haskalah consciousness see: Schapkow 2008: 327-347; Schorsch 1989: 47-66. Reprinted in: Schorsch 1994: 71-92; and Feiner 1996: 239-251. For the perception of Halevy’s philosophical writings by the Berlin Haskalah see: Shear 2008: 209-245. 8  Reprinted in: Mendelssohn 1971-2004: 14: 261-264. 9  Reprinted: Mendelssohn 1971-2004: 14: 363-368. For an analysis of Mendelssohn’s translation see: Niehoff 1998: 313-325 [in Hebrew]; Werses 1986: 249.

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publication of the first critical editions of Halevy’s Diwan, its translation into European languages, and the emergence of a new research field, namely Jewish medieval (i.e. Iberian and non-Ashkenazi!) poetry, pursued by prominent Jewish scholars like Luzzatto (Luzzatto 1840 [in Hebrew]; ders. 1864 [in Hebrew]), Leopold Dukes (1810-1891) (Dukes 1837; ders. 1842), Hirsch Edelman (1805-1858) and Marcus Heymann Breslau (?-1864) (Edelman/Dukes 1851), Michael Sachs (1808-1864) (Sachs 1845), Abraham Geiger (1810-1874) (Geiger 1851), and Saul Isaac Kämpf (1818-1892) (Kämpf 1858).10 Luzzatto’s title for his edition of Halevy’s Diwan: Betulat Bat Yehuda (The Maiden [or: virgin] of Judea) cites Lamentations 1,15, thereby alluding to Halevy’s Zionides, which comprised the bulk of the published Diwan. However, Luzzatto’s lyrical dedication of the book to the occasion of young Galician maskil Yehoshu’a Heschel Schor’s (1818-1895) wedding reveals another reason for his choice (Luzzatto 1840: 1-2). Part of the Diwan consists of love poems and in his dedication Luzzatto seems to teach the bridegroom a poetical lesson in love, in an Italianate version of the medieval poems of desire.11 Yet, Luzzatto underscores the fact that this is not the only explanation. At the end of this poem, he states that the Maiden is neither Zion nor the new bride. Rather, it is Halevy’s poetry itself that has remained virginal and hidden in the dark all those years, until he, Luzzatto, grasped and knew her (in the biblical sense).12 Luzzatto prefers to ignore the Diwan’s former owners, the Oriental Jews of Tunis, who regarded it as a sanctified everyday object. From his perspective, the book had been lying in the dark for centuries, until redeemed by European science.13 Still, the culture in question was not simply that of contemporary Oriental Jews, the keepers of the scrolls. Rather, the place of medieval Spain itself in the eyes of the nineteenth‑century Jewish agents of modernization was quite complicated. Did they consider it a Golden Age, or part of a Dark Age, as the Middle Ages were perceived in Christian consciousness? (Feiner 1996; 10  It must be noted, however, that the first comprehensive work on Iberian-Jewish poetry, forming the basic paradigms of its study, was written by a non-Jew: Delitzsch (1836). 11  The Maiden of Judea (Yehuda) here alludes to the bride’s father, Yehuda Landau. See Luzzatto 1840: IV. 12  Luzzatto 1840: 2: “Aval avi lefanekha zemirot/avi hashir, Yehudah sar te’udah/Bema’pel avdu shanim vedorot/adey qamti veghiliti avedah/betulut hen veghever lo yeda’an/veheveti leyofian yom pequdah/veribiti mekhirehen, vehayah/zehav ophir be’enay az lenidah”. On Luzzatto’s pioneering feelings in this field see: Doron 1977: 24-25. 13  For the Wissenschaft des Judentums’ attitude toward Oriental Jewry as mere “manuscript keepers” see: Gerber (2009) [in Hebrew].

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Schorsch 1989: 63-65) And in Halevy’s case: weren’t his writings lost in the dark – to borrow Luzzatto’s image – in the first place? Was Halevy an archetypical hero, or just a text?14 Among the various historiosophical solutions, one was the application of the nineteenth-century Romantic attitude to the Jewish sphere.15 Therefore, the nineteenth‑century Halevy was not only a protagonist of Enlightenment, but also a Jewish troubadour. Heinrich Heine’s (1797-1856) famous poem Yehuda ben Halevy (Heine 1851: 213-260), published in Hebräische Melodien, part of one of his last collections of poems – Romanzero – depicts the medieval poet as an old Jewish troubadour, singing his love song before his beloved Maiden – the Maiden of Zion – and, in the unhappy ending, tragically dying at her feet. Heine cites Sachs’ book in his notes to the poem (Schorsch 1989: 62; following: Siegrist 1968: 521). Still, ‘his’ Halevy resembles Luzzatto’s (Feiner 2004), a representative of the ‘true’ essence of Judaism, the rich Semitic alternative to the Hellenic Homer. Lying sick on his ‘mattress grave’ in the Parisian exile, Heine – a converted Jew – longed for the pure Jewish essence which the medieval Hebrew poet represented and criticized the neglect of his heritage by the Parisian Jewish elite.16 As Aviva Doron has shown in her study of Halevy’s poetry, researchers in every generation have their own image of Halevy that reflects the then current ideology (Doron 1977: 214-217). Accordingly, 870 years after his death, his figure still serves as an influential model in the twenty-first century, as emerges from the renaissance his poetry has enjoyed among prominent Israeli rock artists in recent years. However, when we come to Ludwig August Frankl, the above-mentioned facets of Halevy take on a new slant. Now, Halevy is not just a religious, national, maskilic, or romantic figure. In an age of discovering the Orient, Halevy emerges as the ultimate European Jewish traveler to the East.17 It is not the Muslim, North-African-oriented al-Andalus that he is leaving, but rather Europe; his wanderings are not a holy pilgrimage, but a mission of discovery; his

14  Although, at least in Luzzatto’s case, one should bear in mind his strong personal affinity with the counter-rationalist Halevy. On this see: Feiner 2010: 129-149 [in Hebrew] 15  For the Jewish Romantic expressions in art and literature see: Cohen 1992: 130-155. 16  I hope to discuss the hidden contemporary political, social, and cultural critique in this poem in the future. 17  On the place of Orientalism (in the Saidian sense) in medieval Jewish literature see: BenShalom 2010: 7-51 [in Hebrew]. I thank Prof. Dr. Avriel Bar-Levav for the reference.

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poems are not Zionides, but Sagen aus dem Morgenlande – and Frankl was expected to follow in Halevy’s footsteps.18

A Jewish Orientalist The nineteenth-century proto-colonial interest in the East was reflected in the unprecedented interest shown by western and central European Jews for the fate of Oriental Jews, Jews of Jerusalem in particular. Manifested in diplomatic, philanthropic, and financial endeavors, these early expressions of Jewish colonialism, which I have treated elsewhere (Ben-Ghedalia 2006: 140-162; ders. 2008: 101-111; ders. 2009: 11-28; ders 2010: 65-72), also found scientific and cultural expression in Jewish Orientalism. Interestingly, by the mid-nineteenth century, prominent Jewish Orientalists, like Solomon Munk (1805-1867) (Frankel 2005: 155-162), Louis Loewe (1809-1887) (Loewe 1985: 104-117 ; Frankel (1997); Şeni 2005: 173-176), and Albert Cohn (1814-1877) (Loeb (1878); Şeni 2005: 167-173), either headed or accompanied many of the European Jewish diplomatic and philanthropic missions to the East. Unlike the just-mentioned scientifically trained and polyglot scholars, Frankl had no academic education in the field of Orientalism, or knowledge of Semitic languages, beyond a basic ability to read Hebrew. Nevertheless, as the Viennese correspondent of Die Allgemeine Zeitung des Judentums alluded, Frankl was chosen due to his excellence as a poet and as an editor of neo-Romantic and Orientalist literature. In the personal introduction to his travelogue, Nach Jerusalem!, Frankl delineates the process of inner growth from the traditional yearning for Jerusalem during his Bohemian childhood to the unique Jewish Orientalist enunciation of his adult poetry in Vienna: Das Erste, was ich in frühester Jugend lesen und verstehen lernte, waren die heiligen fünf Bücher in der Ursprache. Die jugendliche Fantasie wurde mit den von heiliger Legende und Geschichte verklärten Szenen näher vertraut, als mit den sie umgebenden Bildern und Gestalten. Gewiß erscheinen ihr die lezteren im Abstich zu dem glanzvollen Morgenlande kalt, kahl und gleichgültig. Allmälig bevölkerte sich die heimisch gewordene, ferne Szene mit den Gestalten der Profeten und ihre am Tage erlernten, begeisternden Worte hallten in den Träumen des Knaben nach. [...] 18  On Frankl’s description of the Orient in the context of travel literature, see also the contribution of Marie Krappmann in this volume: 241-256.

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Andere Studien beschäftigten mich später als Jüngling, andere Kreise hatten mich aufgenommen und die eigenthümliche Melodie, mit der die Sehnsucht nach Jerusalem so wehmütig meine Jugend umrauscht hatte, war fast völlig verklungen. Ein günstiges Geschick brachte mich in Wien in vertrauteste Beziehung zu dem mir unvergeßlichen, väterlichen Freund Hammer-Purgstall. Er erschloß mir den Orient mit seinen brennenden Farben und Lichtern, indem er mir durch Wort und Schrift die engen Kreise des Vaterlandes meiner Väter weiter zog und die Fantasie von einer kleinen Erde, der ganzen großen des Morgenlandes zuführte. Herder, Goethe, Rückert vollendeten, was Hammer-Purgstall mächtig in mir anregte. [...] So suchte ich die frühesten geistigen Jugendeindrücke zu verkörpern. Ich schrieb Sagen aus dem Morgenlande, deren Gestalten aber zumeist dem kleinen Lande der Urväter angehörten, während der ganze glanzvoll Orient ihr großartiger Hintergrund war. (Frankl 1858: I, 14-15)

Frankl here describes a quite common route for a nineteenth-century Jewish intellectual: starting life in a traditional family and receiving a religious education; leaving the Jewish sphere behind in favor of local or European culture; and re-turning to his former values and culture in a new mode, dressed and reshaped in modern European garb (Graetz M. 2006: 249-295; Cohen (1992); Frankel 1981: 49-132). Still, as distinguished from his disciples, friends, and colleagues in the Viennese Jewish-Romantic literary scene (Cohen 1992: 141‑149), Frankl’s 1830-1850 notions of his childhood in Bohemian Chrást/ Chrast do not focus on the imagined-traditional life in the provinces of the Habsburg Empire. Rather, it turns to the child-imagined land of the prophets, re-drawing his once naive traditional visions in European Orientalistic colors. He does not apply recent trends to the Jewish experience by ‘returning to the Ghetto’, but rather tries to exceed the Ghetto boundaries by playing an active role in the European penetration of the East. However, as a Jew, Frankl is a double agent of Orientalism, who plays in two fields simultaneously: the internal Jewish one – which is, in a sense, also oriental by definition – and the general Austrian/European sphere. As Elise Herz states: „Der Sänger des Don Juan d’austria19 ist stammgemaße unseres Zions Sänger, und ein Morgen[-] wird das Abendland brüderlich umfaßen!“ (Niedhammer 2010: 70). In that sense, Frankl is both the object and the subject of his journey. His mission to his brothers-in-faith in the Levant is also an inner journey, an attempt to define his place in European culture using the Orientalistic apparatus. Still, Frankl’s interest in the East is not restricted to Jerusalem or the Holy Land. He is following in Halevy’s footsteps – whilst wearing Lord Byron’s boots. Two volumes of his travelogue are dedicated to Greece and Egypt, and a considerable part of the Palestinian volume deals with its non-Jewish 19  Referring to: Frankl (1846).

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elements.20 That attitude was shared by Frankl’s Jewish circle in Vienna, as may be seen from Max Letteris’ book review, where he relates to Frankl’s journey to “das Reichs Homer’s” and “das Land der Bibel”, while awaiting the next volume, dedicated to Egypt, the third foundation of human culture (Letteris, Wiener Mittheilungen 19.07.1858: 110). The same voice emerges from a letter sent to Frankl by his cousin, the painter Leopold Pollak, urging him to make a pilgrimage to Olympus, to hail Apollo and the Muses in the name of a Jewish poet and artist (Allgemeine Zeitung des Judenthums, 22.10.1855: 553). We already encounter Frankl’s Orientalistic tendencies in his third book, the Sagen aus dem Morgenlande from 1834 (Frankl 1834), which treats topics ranging from Alexander the Great, to Moses and Solomon, to Koran legends. These tendencies were also apparent in his 1842 poem Rachel (Frankl 1842)21 and in the anthology Libanon which he edited in 1855 (Frankl 1855). As part of the preparations for his mission, a special collection of Frankl’s oriental and biblical-romantic poetry was published, under the title Nach der Zerstörung: hebräische Elegien (Frankl 1856). The bi‑lingual edition, with Hebrew translations by Max Letteris, was sent to the Jewish communities of the East, in order to demonstrate Frankl’s acquaintance with the oriental reality. The palm tree, a visual representation of the Orient, appeared on Frankl’s personal letterhead at that time, and was later incorporated as a prominent element into his coat of arms.22 It was on this stationery that Frankl thanked all those who had congratulated him on being chosen for the mission to the East, and expressed their wish that he bring back with him a new song of Zion, and, of course, souvenirs of a less poetic nature, like bottles of holy water from the Jordan River. From Frankl’s archive and his travelogue we learn that Frankl did fulfill these personal requests upon coming back from the East (Frankl 1858: II, 290; Niedhammer 2010: 66-67), as well as various scientific-Orientalistic missions (Frankl 1858a). Upon his return to Vienna, Frankl published his three-volume travelogue: the two volumes titled Nach Jerusalem! (Frankl 1858) in 1858, and its third part, titled Aus Egypten, (Frankl 1860) in 1860. The book is a literary masterpiece 20  Thus, both the name of the English edition: Beaton (1859); and the Hebrew translation: Ludwig August Frankl, Nach Jerusalem!. Reise in Griechenland, Kleinasien, Syrien, Palästina, ins Ebräische übersetzt von M.E. Stern, Wien 1860 – that omits most of the non-Jewish chapters – miss the significance of the original aim of the author and his immediate circle of readers. 21  Second, bi-lingual, edition (translated into Hebrew by Max Emanuel Stern), Wien 1845; a second edition of the bi-lingual publication: Wien 1851. 22  Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Adelsdiplom Ludwig August Frankl von Hochwart, 10.11.1876.

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of Orientalism, with a rich mosaic of ritual, legend, and myth incorporated in Frankl’s descriptions of his encounter with the East and its Jews. Drawing on his rich experience as an editor, Frankl merged various documents from the archives of Eastern Jewish communities, alongside field observation and journalistic correspondence, into a lucid narrative.23 By way of enhancing the coherence and fluency of his narrative, Frankl dusted off the biblical and historical heroes who once peopled his poetry, and used them as interludes between the dry facts, with him, the narrator, playing their parts in this neo-Romantic dramatization. He compares his forty-day stay in Jerusalem to that of Moses on Sinai (Frankl 1858: II, 254), and, when facing opposition to the school from his Eastern European brethren, we find him crossing the Kidron Valley and climbing the Mount of Olives in the footsteps of King David, who fled his own flesh and blood, Absalom (Frankl 1858: II, 93-97). The inauguration of the Lämel Institute – the new center for scholarship and cult – is portrayed through the character of the sage Yohanan Ben Zakkai asking the Roman commander to allow him to establish a scholarly center at Yabneh to substitute for the destroyed temple (Frankl 1858: II, 165). In addition, an early poem by Frankl about Ben Zakkai serves as an interlude between the announcement of the proposed institute and Frankl’s departure for the East (Frankl 1858: I, 17-20). As noted earlier, Frankl’s Romantic writing exceeded the bounds of the ‘Ghetto’ and was embedded in the wider sphere of European interest in the East. Therefore, we should not be surprised that Frankl indicates that his departure from Vienna for the East took place on the same date that Peter the Hermit called for the Peoples’ Crusade to the Holy Land! (Frankl 1858: I, 21-22) Received as an important Orientalist work, Nach Jerusalem! remains an important source for the study of Eastern Jewry and nineteenth-century Palestine to the present. The title chosen for the 1859 English translation by Patrick Beaton, The Jews in the East (Beaton 1859), highlights the book’s reception as an Orientalist work soon after its appearance, and a lexical entry dedicated to Frankl – and not to others with closer connections to the Jews of the East – in a recent encyclopedia of Oriental Jewry, exemplifies his impact one-hundredand-fifty years after his journey (Schapkow 2010: 234). The book was translated into Hebrew – the first two parts by Max Emanuel Stern (1811-1873) (Frankl 1860a), and the third by Avraham Ber Gottlober (1811-1899) (Frankl 23  On Frankl’s editing techniques in Nach Jerusalem! see: Ben-Ghedalia 2006: 11-12. On Frankl’s depiction of an Ottoman community which he did not even visit, based on letters sent to the Viennese Jewish community, see: Ben-Naeh/Ben-Ghedalia 2014: 309-326 [in Hebrew].

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1862); excerpts were translated into various European languages shortly after its appearance. The book was also reviewed by numerous journals around the globe, most of them non-Jewish.24 Its twentieth-century editions illustrate the book’s continued relevance: e.g. the 1935 abridged Schocken Verlag edition, which omitted any signs of inner-Jewish dispute and focused on the ‘rich and true’ Jewish life in the East, so longed-for in those dreadful last days of German Jewry (Frankl 1935). Another example is the 1973 reprinting of the Jerusalem chapters from the Hebrew translation, as the first publication in a series of sourcebooks on the history of the land of Israel that marked the historiographical revival of this field in Israeli academia after the 1967 War (Frankl 1973 [in Hebrew]), and the full reprint edition of the Hebrew translation by a commercial publishing house in 1999.25

Frankl and Halevy Frankl’s intensive writing about the Orient, as well as his focus on biblical and historical heroes, suggests correspondence between him and the renowned medieval pilgrim and his poetry. In fact, as we have seen, Frankl’s close circle also shared these expectations. His 1855 anthology of poetry dealing with Jewish and biblical themes, Libanon, includes five of Halevy’s poems, in Geiger’s translation. In his poetic portrayal of the 1492 expulsion of the Jews from Spain in his Der 9 Ab 1492 (Frankl 1856: 27), Frankl shifts the words of the poet Don Jehuda on the beloved land of Israel to the poet’s land of residence, Spain, now divested of its Jewish inhabitants. However, his acquaintance with the poet and his works are more evident in Aus Egypten. Following the description of the Tisha be-Av services in the Cairo synagogue, Frankl retranslates one of Halevy’s famous Zionides (Frankl 1860: 137-139), and dedicates an entire chapter to the famous Jewish traveler to Egypt (Frankl 1860: 142-151). Using a citation from Heine as an epigraph, Frankl provides a comprehensive description of the poetic and anti-philosophical works of Abu’l Hasan, as Halevy is known in Arabic, placing him second among Jewish poets to the psalmist only. In this chapter, Frankl aims to expand the poet’s reading audience, and urges 24  For how the book was perceived shortly after its publication see Stern’s German introduction to Frankl/Stern, Nach Jerusalem! 25  A reprint of Frankl/Stern, Nach Jerusalem!, Jerusalem 1999.

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the publication of a comprehensive edition of Halevy’s Diwan by Luzzatto, in order to enhance the medieval poet’s modern reception – a project that was stalled due to financial difficulties. Unlike his Nach Jerusalem!, which was published by the Institute zur Förderung der israelitischen Literatur, Frankl does not see this project as a necessarily Jewish undertaking. Rather, he designates for this purpose no less than the deutsch-morgenländische Gesellschaft or, alternatively, the kaiserliche Akademie der Wissenschaft in Vienna (Frankl 1860: 144). Frankl’s goal was to present this scholarly edition of a medieval Hebrew text as an allHabsburg, and even all‑European cultural artifact, with the target audience being the average non-Jewish reader, who had already become acquainted with Halevy via Heine. As for the editor, Frankl notes, although Luzzatto is not a member of the Academy, he is still an Austrian professor (ein Österreicher und Kaiserlicher Professor) in the Padua Rabbinical College. Hence, Frankl strives to add to the Austrian scientific scene not only the Jewish medieval text, but also the discriminated-against nineteenth-century Jewish scholarship. Frankl’s affinity with Halevy may also have had a personal bent. He deems it necessary to point out that, like many other oriental poets throughout the ages, Halevy was also a physician. His emphasis on the medieval poet’s reluctance to practice this profession (Frankl 1860: 145), smacks strongly of his own ambivalence regarding his formal training as a Medicinæ Doctor, as evidenced by his satirical 1853-1855 Hippokrates series.26 Halevy’s well-known Zionide, “My heart is in the east and I’m at the far end of the west”, expresses the Iberian poet’s yearning for the land of his ancestors, urging him to go on pilgrimage, first via words, then by ship. Frankl, his nineteenth-century metamorphosis, was chosen to go beyond his stanzas, and to travel to the east – or the East, as a cultural and not a geographical term – in order to meet his literary subject, bringing back with him a new song of Zion.

The Betrayed Dream Still, we must note, that even though it is an Orientalist masterpiece, Nach Jerusalem! was not what Frankl’s readers expected on his return from Jerusalem. 26  Though, it must be noted, that the elderly Halevy was rather critical of his occupation as a poet: Yahalom 2009: 98-106.

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They anticipated not a travelogue, but, rather, a new poem cycle, a product of the poet’s face-to-face encounter with the subject of his poetry. In his Hebrew introduction to Nach der Zerstörung, Max Letteris sets out these expectations: Many honorable persons longed to come to the holy land but were unable to do so, for numerous obstacles stood in their path, keeping them from fulfilling their desire. But to the aforesaid poet increased joy was granted from heaven to lead him to the place of the ancient treasures of Israel. If our spirits are uplifted when we read the words of God on the tablets of the Holy Writ and in the books of travelers to the lands of the Orient, how much more will his lyrics intensify when he gazes upon Zion, once perfect in beauty, Jerusalem and its ruins, the burial place of our sacred fathers from days of yore! We are certain that this poet, who has always molded every precious, pleasant thing into poetic jewels, will turn this into a tool, a work of art; thus will his lyrics be elevated a thousand-fold; his violin will sing the praises of God and his glory and the hopes of Israel for the coming generations in the form of pure, intelligible stanzas. (Letteris; Frankl 1856: 11)27

Nevertheless, Frankl’s violin was silent while he was in Jerusalem, and remained so even in his retrospective writing about the city. He incorporated some of his old poems in the book (Frankl 1858: I, 17-20; II, 200-201, 265-267, 488), and several poems by others were added to the Hebrew translation (Frankl/ Stern 1999: 341-346, 481-491, 500-503). Frankl inserted several poetic stanzas that he had scribbled in various visitors’ books during his journey (Frankl 1858: I, 348; 324, 398), and also several oriental literary pieces, accompanied by musical notes,28 or a German translation (Frankl 1858: I, 361; II, 150, 240243, 437). While investigating the first two volumes of the travelogue, I found only six poems by Frankl whose origins I could not trace in earlier cycles of his poems; one of which will be discussed in the following pages. Three of the remaining poems are short pieces, published in smaller font, interspersed in the appropriate chapters as part of the descriptive prose narrative and not as independent poems (Frankl 1858: II, 326, 439, 460-461).29 The other two, which did appear in the usual poetic form, were integrated in the book’s first part, and treat classic venues such as Athens and Byzantium (Frankl 1858: I, 75-76, 147-149). Only as Frankl gets further away from Jerusalem does original Orientalist poetry become more present in his writings, as may also be seen from the more distant perspective of the 1860 Aus Egypten,30 after the elapse of time that may have alleviated Frankl’s pain. 27  In Hebrew, here rendered into English by Dena Ordan. 28  The Arab poetry differs from the European one in the sense that the lyrics and the wording come together. (Frankl 1858: I, 234-237; II, 369-372) 29  Years later, Frankl did integrate those pieces as “representable” poems in his Ahnen bilder (1864). 30  As well as another work from that time: Niedhammer 2010: 66.

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Yet, it is perplexing that Frankl wrote not one stanza of poetry during his forty-day stay on Mount Zion. Only after leaving the city walls behind did Frankl compile his impressions from the weeks spent in Jerusalem, take out his diary, and pen a modern elegy (Klagelied) for Jerusalem (Frankl 1858: II, 297). As a prologue to the poem (Frankl 1858: II, 298-301) Frankl cited the harsh words of the prophet Isaiah (1:21): “Alas, she has become a harlot, the faithful city”, alluding to the discrepancy between the glorious city of ancient times and in the poet’s imagination – and the ruined reality: „Wer weilen dürfte an den heiligen Stellen!“ War meiner Jugend Wunsch und früher Traum. Es sehnt der Hirsch nach frischen Wasserquellen, Wie nach Jerusalem mein Herz, sich kaum! O hätt’ ich niemals deinen Grund betreten Und dich geschaut nur mit der Sehnsucht Blick. Was führte, günst’ger mir als dem Profeten, Mich in das Land der Väter das Geschick? Gebälk von Zedern sah ich stolz sich heben, Musik der Psalmen tönte wunderbar Und schöner, als es jemals war im Leben, In Glorien stellte sich dein Bild mir dar! Ich kam – o nur die Berge sind geblieben, Zu Gräbern ausgehölt, bis hoch empor, Drin ruhn, vom Zorn Jehova’s aufgerieben, Sein Volk, die Könige, der Priester Chor. Wo find die Palmen, wo die duft’gen Blumen? Und der so lang um Zions Fall geweint, Und Spiegel war von seinen Heiligthumen, Der Kidron selbst, er ist versiegt, versteint. (Frankl 1858: II, 298-299)

For Frankl, the face-to-face encounter with oriental reality proved a frustrating experience. The Kidron River, probably imagined as an Asian version of the Danube, turned out to be a vast, deserted graveyard. The kings, priests, and prophets, who once dwelled in this enchanted city – and still played an active role in Frankl’s poems – were buried six feet under. Death was everywhere. The only living creatures depicted in the poem are the local Orthodox Jews, who – like the Franciscan Friars – served as grave-keepers. As described here, the city resembles Byron’s portrayal of Israel in his Hebrew Melodies: “The wilddove hath her nest / the fox his cave,/ Mankind their Country / Israel but the grave!” (Byron 1905: 217).31 Frankl notes that even the living in this ruined city 31  Byron’s influence on Frankl may be seen in Frankl’s translation of Byron’s “Parisina” (1836); as well as the fact that he included most of Byron’s Hebrew Melodies in his Libanon: Frankl 1855: 26-32.

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come there only to die in the valley of Jehoshaphat (Frankl 1858: II, 300). As a philanthropist, whose purpose in coming to Jerusalem was to offer physical, social, cultural and religious repair, Frankl criticizes the distorted demographic structure of the local Jewry, which was largely populated by elderly, mainly women pilgrims.32 Shaking the dust of the Jehoshaphat Valley from his feet before leaving the city forever, Frankl turns to the eternal mourner for the city – Yehuda Halevy: Unsterblicher Genoß! Dein muß ich denken,33 Den auch hierher geführt der Sehnsucht Pein, Mit Thränen diesen heil’gen Staub zu tränken Und so das Herz zu drücken jeden Stein. [...] Gleicht auch mein Lied nicht deiner Zionide, Juda Halewi hieß mein Vater auch, Und Zions Untergang im Klageliede Besing auch ich, umweht von Gräberhauch. Doch meinen Namen nennet ein Jahrhundert Dem andern nicht, wie deinen stolzen Ruhm. Warum traf mich, wenn nicht gleich dir bewundert, Auf Zions Schutt ein größres Martirthum? Ein Lanzenstoß hat dir das Herz durchstochen, Mir gingen tausend durch die Seele hier; Ein fremder Feind hat dir das Herz gebrochen, Der Stammgennosse und der Bruder mir! (Frankl 1858: II, 299-300)

According to Frankl, his fate was even more tragic than Halevy’s. If Halevy was killed by an Arab, Frankl was ‘assassinated’ by his own flesh and blood; whereas Halevy died as a martyr while reciting the songs of Zion, Frankl lived to witness the eternal death of the city at the hands of die neuen Zionswächter, probably an allusion to the Altona-based Orthodox newspaper, Der treue Zions-Wächter, that had ceased publication several years earlier. Still, it must be noted that the confrontation of Halevy with the contemporary ‘grave-keepers’ is an additional example of the shifting, misleading, perceptions of the poet. It was none other than Halevy who established the pious one-way-ticket pilgrimage to the Holy Land in Judaism. Whereas classical Jewish pilgrims, as in the Muslim world, visited the holy sites and returned home, it was Halevy’s uniquely pious and poetic character that molded his journey into a new mode of pilgrimage, that is, coming to the Holy Land in order to live out one’s last days devotionally in close proximity to God (Scheindlin 2008: 4-5).

32  For Frankl’s criticism see his final report in ibid.: II, 169-170. 33  And here Frankl explains to the reader in a comment that he is referring to Halevy.

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Still, the poem has a happy ending. The Old Jerusalem is being destroyed from within, but a New Jerusalem is being built in Europe: Doch ist der Tempel Gottes nicht mehr deiner, Du weine nicht mein Volk an seiner Wand! Wird doch in ihm verehrt, wie einst, nur Einer, Der unsichtbar der Welten Kreise spannt. (Frankl 1858: II, 300)

According to Frankl, compensating for the third and final destruction of earthly Jerusalem is the erection of a New Jerusalem in Europe. It was of no avail to weep at the Wailing Wall, because the Jew has a new, worldly mission to the nations (Niedhammer 2010: 64-66). As a symbolic act, Frankl brought back with him a curved stone from Mount Zion to serve as the cornerstone for the new Temple, now in Vienna’s second district (Frankl 1858: II, 124‑125). Shortly after the publication of Nach Jerusalem!, Max Letteris translated this poem into Hebrew, and published it as a special supplement to his Wiener Mittheilungen for Tisha be-Av.34 I wonder whether this new elegy, written by a modern metamorphosis of Halevy, was recited that year in the Jewish temple on Seitenstettengasse, as a modern Zionide, to quote Letteris’ term in his book review (Letteris, Wiener Mittheilungen 19.07.1858: 111). However, it was not only the city – or Halevy – that died in Jerusalem, and Frankl describes the death – or eclipse – of his own heart: Sie kommen in Jerusalem zu sterben Und auszuruhn im Thale Josaphat Es starb auch mein Herz, als ich diesen Erben Von Gottes heil’gem Königreich genaht. (Frankl 1858: II, 300)

The harsh opposition to his educational reforms by the Eastern European Jews had a devastating effect on the poet, leading to literary impotence. The writer’s silence, however, also had a retrospective effect, as may be seen from Frankl’s testimony: Meine Aufgabe war glücklich gelöst, Ich rüstete mich zur Abreise, reicher geworden an Erlebnissen eigenthümlicher Art, aber von jener Wehmut erfüllt, die ein unglückliches Glück in der Seele eines Dichters ist. All’ die Gesänge, die ich dem Heiligen Lande und seinen profetischen Gestalten geweiht hatte, hier wären sie niemals in meiner Seele empfangen, und vom Geiste großgezogen worden. (Frankl 1858: II, 288)

Still, I wish to argue that it was not the ruthless encounter with his Orthodox opponents that led Frankl to reconsider his literary work. Rather, it was his 34  Beilage zu Nr. 28 der ‚Wiener Mittheilungen‘ 19.07.1858, in: Wienbibliothek im Rathaus, Druckschriftensammlung, Sign. E 50831.

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overall encounter with the East: the gap between the imagined illuminated Orient and the dark – or grey – eastern reality. In that sense, the spears that impaled the poet’s heart were more internal in origin. It was not his brethren who were responsible for this betrayal; rather, it was the poet’s ‘betrayed dream’, to borrow Albert Béguin’s term (Béguin 1939). Béguin relates to the betrayed dream of the Romantic traveler, who discovers the discrepancy between the imagined scene and the reality. This motif has been explored by Edward Said (Said 1985 [first published 1978]: 92-110),35 in connection to the crisis experienced by the traveler to the Orient. Yet, at times the discovery of the betrayal is nothing more than another literary convention, which can even serve as a cynical vehicle: as in the case of Mark Twain’s The Innocents Abroad (Twain 1869).36 Still, in Frankl’s case, this was hardly literary convention. As I have mentioned before, the poet’s silence is not restricted to the Jerusalem chapters, and is apparent throughout the book. It is worth pondering whether Frankl’s turn to more local themes, such as the Bohemian-Jewish roots of his 1862 Der Primator (Frankl 1862), reflects a certain shift in subject matter, perhaps attributable to his traumatic encounter with the subject of his writing: an Orient not imagined but very real. Having said that, it should be noted that his next collection, the 1864 Ahnenbilder,37 does include some new Orientalist works.

Conclusion Halevy’s famous poem: “My heart is in the east, and I’m at the far end of the west”, expresses the distance between Jerusalem – under Crusader rule – and the poet, bound fast in Muslim Spain, the western edge of the then known world. The distance was bridged, however, by the poet’s yearning, writing, and ultimate pilgrimage. For Frankl, who traveled by train and steamboat, the gap was less geographic than mental and cultural. Thus, Frankl might have transformed Halevy’s verses to something like: My heart is in the Orient, and I – yea, I am – at the very far end of the West.

35  See also: Mitchell 1992: 289-317, here esp. 309-314. 36  On Twain, see: Obenzinger 1999: ch. 10. 37  See Frankl, Ahnenbilder.

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Despite the differences between the two, I am not certain that Frankl’s attempt to follow in Halevy’s footsteps was a complete failure. Even the disappointing encounter between the betrayed dream and reality may be best expressed by Frankl’s description of the final station of Halevy’s Odyssey: Keine Nachricht, kein Ton, kein Lied dringt von ihm mehr zu seiner Mitwelt. Wie ein Stern, den man lange und liebevoll betrachtet und auf seinem Gange verfolgt hat, verschwindet uns der Pilger zwischen den Gräbern und Trümmern der Gottesstadt. (Frankl 1860: 150)

Abb. 25 - „Die Brautnacht“. Erstes Theaterstück von L. A. Frankl, entstanden im Gymnasium in Litoměřice/Leitmeritz, 1827. Wienbibliothek im Rathaus

Abb. 26 - Titelblatt des Gedichtes „Rachel“ mit einer Widmung an die Schauspielerin Rachel Félix (1821-1858), Wien 1842. Jüdisches Museum Wien

Abb. 27 - Gedicht „Die Universität“, erstes unzensuriertes Gedicht der Revolution von 1848. Jüdisches Museum Wien

Abb. 28 - Brief von Leopold Kompert an Ludwig August Frankl, 05.12.1849. Wienbibliothek im Rathaus

Abb. 29 - Bestätigung von Ferdinand Colloredo-Mannsfeld, Kommandant der Akademischen Legion, über die Spende von eintausend Gulden der jüdischen EinwohnerInnen Wiens für die Uniformierung der Legion, 01.05.1848. Wienbibliothek im Rathaus

Abb. 30 - Brief von Ignatz Castelli an Ludwig August Frankl, 03.02.1849. Wienbibliothek im Rathaus

Abb. 31 - Ludwig August Frankl, von Carl Rahl, 1855. Privatbesitz Hecht

Abb. 32 - Liste der Ölgemälde und Aquarelle von Ludwig August Frankl, 1855. Wienbibliothek im Rathaus

Abb. 33 - Gedicht „Der serbische Kranz“ von Milica Stojadinović Srpkinja mit Widmung an L. A. Frankl, 1850er Jahre. Wienbibliothek im Rathaus

Abb. 34 - Elise Herz, geb. von Lämel, Stifterin der Lämel-Schule in Jerusalem, um 1860. Jüdisches Museum Prag

Abb. 35 - Bann gegen Lehre und Unterricht an der Lämel-Schule in Jerusalem, Juni 1856. Österreichiches Staatsarchiv

Abb. 36 - Huldigungsgedicht an L. A. Frankl von Hermann Josef Landau anlässlich der Rückkehr aus Jerusalem, 1856. Wienbibliothek im Rathaus

Abb. 37 - Rechts: Torah-Schrank, den L. A. Frankl als Spende für die Lämel-Schule nach Jerusalem brachte. Links oben: Gedenkmedaille für L. A. Frankl anlässlich seines 70. Geburtstages, 1880. Links unten: Gedenkmedaille für die Lämel-Schule, 1850er Jahre. Privatbesitz Ben-Ghedalia

Abb. 38 - „Nach der Zerstörung. Hebräische Elegien“ von L. A. Frankl, 1856, Deutsch/Hebräisch; mit Widmung an Elise Herz, Judith Montefiore und Betty Rothschild. Privatbesitz Kupferblum

Abb. 39 - Don Jose Perez, L. A. Frankl und Moshe Schnitzer beim Brechen des Grundsteins für den Leopoldstädter Tempel in Wien, Jerusalem 1856. Österreichische Nationalbibliothek

Abb. 40 - Plakat für ein Benefizkonzert für das erste Beethovendenkmal in Österreich, 28.08.1860. Wienbibliothek im Rathaus

Abb. 41 - Denkmal Friedrich Schillers in Wien, errichtet 1876, Wien 2014. Privatbesitz Hecht

Abb. 42 - Versepos „Der Primator“, Deutsch/Hebräisch, Wien 1862. Privatbesitz Kupferblum

Abb. 43 - Der Wiener Parnass, Karikatur österreichischer Schriftsteller und Journalisten von Franz Gaul, 1862. Österreichische Nationalbibliothek

Abb. 44 - Israelitisches Blindeninstitut auf der Hohen Warte in Wien, um 1900. Wikisource/Public Domain

Abb. 45 - L. A. Frankls Biographie von Maria Theresia von Paradis, Linz 1876.

Abb. 46 - Ehrenblatt für die Institutionen der Israelitischen Kultusgemeinde und ihre Stifter; L. A. Frankl Dritter von links unten mit Schriftrolle, undatiert. Jüdisches Museum Wien

Abb. 47 - Palais Schey am Opernring 10 in Wien, um 1900. Wikisource/Public domain

Abb. 48 - Wohnung von L. A. Frankl im Palais Schey, vermutlich anlässlich seines 80. Geburtstages, 1890. Wien Museum

Abb. 49 - Antisemitische Karikatur von L. A. Frankls Adelswappen. Wiener Luft, Beilage zum Figaro, Nr. 51, 1876

Abb. 50 - Büste von L. A. Frankl im ehemaligen Israelitischen Blindeninstitut auf der Hohen Warte, errichtet 1910, Wien 2014. Privatbesitz Hecht

Herlinde Aichner

Ludwig August Frankl – Politiker der Erinnerung Ludwig August Frankls Mitstreiter aus den Revolutionstagen von 1848, Adolf Fischhof, antwortet auf die Bemühungen des Freundes um die Errichtung eines Schillerdenkmals in Wien mit einer scherzhaften Kontrafaktur: Ich hatte seine Photographie, welche die ganze Gestalt wiedergibt ausgeschnitten, sie auf ein von mir skizzirtes Piedesthal gestellt, und dieses mit folgender Inschrift versehen: Ludwig August Frankl Schriftsteller Monumentsetzer Grundsteinleger Und was er gestellt, gesetzt und gelegt; Das dankt ihm Mit- und Nachwelt bewegt. Diese Monuments-Skizze wollte ich als scherzhafte Festgabe dem Briefe beifügen, unterließ aber die Sendung, damit des Guten nicht zu viel geschehe. Die Absicht einer Verletzung lag himmelweit von mir entfernt, da zu einer solchen Intention mir die Roheit des Herzens fehlt. Doch Verletzung ist Verletzung, mag sie absichtlich oder unabsichtlich erfolgt sein, und sie heischt, daß man sich entschuldige. (Adolf Fischhof an Paula Frankl, 31.12.1876. Wienbibliothek, Handschriftensammlung, HIN 100543).

War schon mit Fischhof ein kleines Zerwürfnis über die Ironisierung von Frankls Arbeit an den Repräsentationsformen zeitgenössischer bürgerlicher Erinnerungskultur zu fürchten, so hegte ein anderer Achtundvierziger, Ferdinand Kürnberger, zum selben Anlass den Verdacht, Frankls Denkmalstiftungen bildeten letztlich nicht ein Schiller-, sondern ein Ludwig August Frankl-Denkmal, seien also bloß dem Geltungsbedürfnis eines literarischen Wichtigtuers zu verdanken (Kürnberger 1911: 310). Immerhin soll die dreifache Widmung in Fischhofs Papierdenkmal noch des Schriftstellers und des Grundsteinlegers – gemeint sind Frankls philanthropische Projekte in der Gründerzeit – gedenken. Der „Mit- und Nachwelt“ von Frankls späten Jahren fällt es immer schwerer, die verschiedenen Facetten seiner Tätigkeit zusammenzubringen. Ferdinand v. Saars Epitaph auf Frankl wünschte: „So lebt mit seines Namens Ruf, | Was er im Geist und Herzen schuf“, gemeint sind – mit einer versteckten Anspielung an die jüdische Dichtungstradition – Frankls „Lied“ „[w]ie Harfenton“, sowie die „Werke[ ] edler Menschlichkeit“ (v. Saar;

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cit. Minor o.J.: 93). Dem Publizisten Wilhelm Goldbaum zerfällt Frankl schon in einen „Schriftsteller“, einen „Menschen“ und einen „Bürger“ Frankl (Goldbaum, Neue Illustrirte Zeitung 1880/1, Nr. 19: 294). Dem kontrastiert Frankls eigener Wahlspruch „Wort und That!“,1 der als Einheit postuliert, was wenig später nicht mehr als Einheit verstanden werden kann. Frankls eigene Wirkungsgeschichte ist – gegen Frankls Tätigkeit auf dem Feld der Erinnerung – eine Chronologie des Vergessens.2 In Minckwitz’ Neuhochdeutschem Parnaß von 1864 war Frankl „einer der vorzüglichsten Lyriker und Epiker österreichisch-deutscher Zunge“, „einer der würdigsten Vertreter deutscher Poesie in dem weitherrschenden Wien, für die Größe Oesterreichs begeistert wie wir Deutschen alle, ringend für den gesunden Fortschritt des Volkes ohne Glaubensunterschied, giebt Frankl uns das Bild eines ebenso humanen als tüchtigen Charakters“ (v. Wurzbach, Die Heimat. Illustrirtes Familienblatt 5/1 (1880), Nr. 19: 300 und 302). In Constant v. Wurzbachs Festartikel zum 70. Geburtstag 1880 hieß es noch: „Dies beneidenswerthe Los [Gesundheit und Tatkraft bis ins hohe Alter, H. A.] ward einem Manne zu Theil, dessen Name immer mit Ehren genannt wird, wenn man von den besten Dichtern Oesterreichs spricht, dessen Name verflochten ist mit manchem großartigen Werke, das sein Entstehen oft nur der Anregung dieses Mannes verdankt […] Von den höchsten Idealen begeistert, hat Frankl sie stets im praktischen Leben zu verwirklichen gesucht und vielfach verwirklicht. Der Name des Dichters glänzt in der Geschichte der deutsch-österreichischen Literatur, und er wird auch immerdar auf dem Gebiete der Kunst und der Menschenfreundlichkeit genannt werden“ (v. Wurzbach, Die Heimat. Illustrirtes Familienblatt 5/1 (1880), Nr. 19: 300 und 302). Von einer Forschungsgeschichte zum Werk des Schriftstellers Frankl lässt sich nicht sprechen.3 Der Literaturgeschichte ist Frankl heute nur mehr als Quellenlieferant und Zeitgenosse gegenwärtig; als Zeitzeuge und Anekdotenlieferant zu seinen Freunden Grillparzer, Hebbel und Lenau sowie bestenfalls als der Autor des ersten zensurfreien Gedichtes von 1848, Die Universität, als Einblattdruck und als Lied damals stark verbreitet; der jüdischen Geschichtsschreibung als Philanthrop und als liberaler Funktionär der Wiener jüdischen Gemeinde, der er ab 1838 als Sekretär vorgestanden war. Schon was seine Aktivität in der Märzrevolution betrifft, vermischen sich Selbstpositionierung 1  Frankls Devise im Wappen, anlässlich der Erhebung in den erblichen Ritterstand, 1876. 2  S. dazu auch den Beitrag von Jörg Krappmann in diesem Band: 121-136. 3  An älteren Arbeiten sind zu nennen Werner 1900: 15-38, sowie die Biographie von Wolbe 1910; Dollar, 1932. An neueren Arbeiten s. Vielmetti 1975: 167-204; Morris 1990; Aichner 2001, 333-361 u. 362-389.

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und historischer Diskurs. Frankl hat die Revolution zugleich als Geschichtsschreiber erlebt (Hock 1910: XIV), die Revolutionserinnerungen, die Frankl jährlich in einem Gedenkfeuilleton in der Neuen Freien Presse im März hochhält, beziehen sich auch immer nur auf den März 1848, nicht auf den Oktober: Fanatischer Jubelsturm erschüttert die Stadt; [...] Tücher wehen, Blumen fliegen, Freude auf jedem Antlitze, Zuruf aus jedem Munde, die ganze lebendige Generation schwebt in diesem Augenblicke weit über dem Lose der Menschheit und genießt einen Moment, der jedes Glück des einzelnen Menschenschicksals, und sei es das höchste und süßeste, riesenhoch überragt. Die Erde und die tausendjährige Weltgeschichte hat nur wenig solche Feste, und göttergleich fühlt sich das Geschlecht, das daran Teil hat. [...] Die ewigen Sterne leuchten auf die Szene. Sich völlig fremde Menschen umarmen sich in den Straßen, Saturns Zeitalter ist auf Erden zurückgekehrt, und der gleiche Freudenbecher tränkt eine halbe Million Menschen. (Hock 1910: 330f.)

Die Saturnalien, als die Grillparzers Erzählung Der arme Spielmann das Brigittenauer Volksfest beschrieb – und zu dessen Entstehungsgeschichte Frankls biographische Aufzeichnungen immer noch die wichtigste Quelle bilden -, sieht Frankl in ein Ereignis hinein, dessen Zeuge er nicht nur wurde, sondern in dem er auch eine nicht geringe Rolle spielte. Auf diese Weise sollte das Revolutionserlebnis vom kommunikativen in das kulturelle Gedächtnis4 hinübergerettet werden. An der Grenze zwischen diesen beiden Gedächtnisformen ist Frankls Gesamtwerk angesiedelt.

1. Literarisches Leben Der Position als Memorialist der Revolution im Liberalismus ging im Vormärz eine mühsame Karriere im literarischen Leben seiner Zeit voraus. Nicht nur hat Frankl in Aufsätzen und Memoiren viele jener Anekdoten überliefert, von denen heute noch das Bild der österreichischen Vormärzepoche geprägt ist;5 als Jude aus Chrást/Chrast in Böhmen, der zeitlebens die Taufe verweigerte, bot ihm nur das Medizinstudium realistische akademische Erfolgsaussichten. Den Erfolg seiner literarischen Arbeiten wie der epischen Gedichte Das Habsburglied (Wien: Ghelen 1832) und Cristoforo Colombo. Romantisches Gedicht (Stuttgart: Brodhag 1836) benützt Frankl als Entreebillet in die Salons von Karoline Pichler und des schon damals berühmten Orientalisten Joseph v. Hammer-Purgstall; 4  Die Begrifflichkeit folgt Assmann J. 1999; S. auch Assmann A. 2010. 5  Frankls Erinnerungen sind eine Quelle z.B. des Zensurforschers Houben 1924.

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mit Franz Grillparzer, Friedrich Hebbel, Nikolaus Lenau und Anastasius Grün [d.i. Anton Alexander Graf Auersperg] verkehrt er im Silbernen Kaffeehaus. Als Publizist wirkte Frankl dann zuerst beim Österreichischen Morgenblatt (begr. 1836), als er 1840 dessen Redaktion übernahm, konnte er sich bereits auf „die gütige Teilnahme und Beachtung, die [das Publikum] bis jetzt meinen Schriften geschenkt hat“, berufen (Dollar 1932: 28) und die Schriftstellerwelt zur Mitarbeit auffordern. Nach sechs Nummern konnte er den „mich ehrenden Beitritt unserer gefeierten Schriftsteller Bauernfeld, Castelli, Feuchtersleben, Grillparzer, Halm, Hammer-Purgstall, Kaltenbäck, Lenau, Karoline Pichler, Prechtler, Prokesch-Osten, Realis,6 Seidl, Vogl“ melden (Dollar 1932: 29). Mit Neujahr 1842 begann Frankls eigene Wochenschrift Sonntagsblätter zu erscheinen, die ursprünglich Austria. Zentralblatt für vaterländische Interessen hätte heißen sollen.7 Zur Mitarbeiterliste der Sonntagsblätter gehörten dann auch Anastasius Grün, Johann Ladislaus Pyrker, Karl Gottfried v. Leitner, Heinrich Lorm (d.i. H. Landesmann) und Franz Stelzhamer. Frankl ‚nimmt‘ also arriviertere Kollegen aus dem Morgenblatt ‚mit‘; als einzige nennenswerte Rundschauzeitschrift Österreichs in deutscher Sprache sind die Sonntagsblätter zugleich die erste Anlaufstelle für jüngere Autoren. Als Herausgeber betreute Frankl dann auch – unter vielen anderen – Moritz Hartmann, Alfred Meißner, Leopold Kompert und Joseph Rank sowie Johann Nepomuk Berger, Franz Schuselka und Ignaz Kuranda. Zum Mitarbeiterstab gehörten also zugleich künftige Revolutionäre (Hartmann, Meißner, Schuselka) wie künftige Funktionäre der Israelitischen Kultusgemeinde (Kuranda, Kompert). Wenn sich mit Recht von einem „literarischen Leben“ sprechen lässt, so hat Frankl eines geführt. In der Revolution von 1848 hat Frankl mit seiner Zeitschrift eine gewichtige Rolle gespielt, was ihm nach der Eroberung von Wien einige Schwierigkeiten eintrug. Alfred Julius Becher, einer der drei Hingerichteten des Oktober 1848, war als Musikkritiker für die Sonntagsblätter tätig gewesen, Frankl soll selbst noch unmittelbar vor der Eroberung Wiens ein Gedicht in Bechers eigener Zeitschrift Der Radikale veröffentlicht haben. Im Nachmärz führt er seine literarische Produktion (1846 war das „Heldenlied“ Don Juan d‘Austria bei Weber in Leipzig erschienen) weiter mit Übersetzungen, Lyrik und Versepik, die um Fragen jüdischer Identität kreist (Der Primator. Gedicht in 7 Gesän6  Pseudonym von Frankls Vorgänger als Redakteur, Gerhard Ritter Göckelberghe zu Dützele. 7  Der Titel war eine Reminiszenz an Joseph Schreyvogels Wiener Sonntagsblatt (18071809), das selbst in der Tradition der englischen Wochenschriften der Aufklärung stand. Die Sonntagsblätter hatten 300 Pränumeranten, die Auflage war bescheiden. S. dazu Dollar 1932: 38 f.

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gen. Prag, Wien 1861); mit Libanon (1855) gab er eine Lyrikanthologie mit jüdischen Themen heraus, die neben Klassikern wie Jehuda Halevy und Lord Byron (Hebrew Melodies) auch eigene Gedichte sowie Lyrik seiner Kollegen im genannten literarischen Kontext enthält. In den österreichischen Lyrikanthologien zwischen 1848 und 1890 war Frankl der am häufigsten vertretene Autor (Kaiser, Michler 2002: 191f.). Insbesondere in der historischen Ballade wurde allgemein Frankls poetische Stärke gesehen; auch diese Gattungspräferenz kann als symptomatisch gelesen werden, da gerade die Ballade des 19. Jahrhunderts auf dem Feld der historischen Erinnerung Fragen ethnischer und nationaler Identität verhandelt. Die enge persönliche Verknüpfung Frankls mit der intellektuellen Welt des österreichischen Liberalismus dürfte allerdings auch das umfassende Vergessen seiner Person und seiner literarischen Arbeiten verschuldet haben. Mit seinem Tod wurde Frankl aus dem literarischen Kanon der Gegenwartsliteratur, dem er in der einen oder anderen Rolle fast sechzig Jahre lang angehört hatte, hinausgedrängt.8 Ob der zunehmende Antisemitismus den Wiener jüdischen Gemeindefunktionär Frankl mehr getroffen hat als die rasante ästhetische Modernisierung der Jahrhundertwende den Epiker und Lyriker Frankl, sei dahingestellt – jedenfalls ist es bemerkenswert, dass auch seine Arbeit an der Konstruktion sowohl ‚österreichischer‘ als auch ‚jüdischer‘ Identität keine Aufmerksamkeit mehr gefunden hat.

2. Biographieren Frankl hat nach einer Biographie und Werkausgabe Joseph Emanuel Hilschers von 1840 (Frankl 1840) eine stattliche Anzahl von biographischen Texten verfasst, zu Nikolaus Lenau (1854) (Frankl 1854), zu der blinden Komponistin Maria Theresia von Paradis (Frankl 1876), zu dem Maler Friedrich Amerling (Frankl 1889), zu Franz Grillparzer (Frankl 1884), Friedrich Hebbel (Frankl 1884a) und Ferdinand Raimund (Frankl 1884b). Eine geplante Biographie seines Freundes Anastasius Grün kam neben der Herausgabe der ersten Werkausgabe Grüns durch Frankl nicht mehr zustande, die dazu gesammelten Materialien wurden von Frankls Sohn Bruno v. Frankl-Hochwart für die

8  Eine Sammelausgabe der Gedichte und der epischen Gedichte erschien 1880 bei Hartleben (3 Bände).

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Edition des Briefwechsels der beiden Autoren benützt (Frankl 1877)9. Als letzte Publikation Frankls gehört in diese Werkgruppe die Herausgabe von Tagebuch- und Briefdokumenten zur Beziehung zwischen Lenau und Sophie Löwenthal (Frankl 1891). Was nach philologisch-antiquarischen Anstrengungen aussehen mag, erweist sich bei näherem Hinsehen als ein in seinem Status problematisches Unternehmen. Die vier biographischen Texte zu Lenau, Grillparzer, Hebbel und Raimund sind jeweils Zur Biographie [...] betitelt und markieren so eine Differenz zur Biographie als historisch-literarischer Gattung im strengen Sinn, die Frankl auch betont: „‚Zur Biographie‘ Raimunds sind diese Blätter überschrieben.“ (R 44) Zunächst handelt es sich bei den Biographierten um Zeitgenossen, mit denen Frankl in persönlichem Verkehr stand; 1885 erschienen die vier Texte bei Hartleben zusammengebunden mit der Deckelprägung „Erinnerungen an österreichische Dichter“. Damit rücken die Texte in den Kontext von Frankls eigener Biographie, und tatsächlich ist das Verhältnis des Berichterstatters zum Biographierten von Bedeutung für die Organisation der Texte. Richard Maria Werner spricht davon, dass sich Frankl „mit rührender Liebe seinem Werke hingab, für Grillparzer, für Lenau Bezeichnendes, menschlich Merkwürdiges und Charakteristisches zu bewahren“ (Werner 1900: 18). Frankls Texte stehen also zwischen der Devotion den Großen gegenüber und einer Selbstehrung als ihr Vertrauter.10 Im Fall Hebbels steht Frankls Gedächtnisbemühung unter deutlich apologetischem Vorzeichen: „Ich schließe diese Mittheilungen, die in treuer Erinnerung an ihn, ein kleines Denkmal für den merkwürdigen Dichter und eigenartigen Menschen sein sollen. Es sei den Schattenrissen, die pietätlose Hände von ihm gezeichnet haben, ein Lichtbild entgegen gehalten [...]“. (H 75) Die Texte beginnen mit der ersten Begegnung Frankls mit dem Biographierten und enden mit Bemerkenswertem zu dessen Tod. „Wir werden in den nachfolgenden Mittheilungen ebenfalls nicht chronologisch vorgehen, das sachlich Zusammengehörige aneinanderfügen und einzelne Züge, die das Bild des Dichters und seines Charakters anschaulich machen, zusammenstel9  S. dazu auch Castle (o.J.): VII u. CXXXIII. 10  „Mögen diese Erinnerungen an einen der besten deutsch-österreichischen Dichter und Lebens-Märtyrer, die einen Abschnitt meiner eigenen Lebensbeschreibung, mit der ich beschäftigt bin, bilden, eine gleich freundliche Theilname wachrufen, wie sie meinen verwandten Publikationen über Ferdinand Raimund, Josef Emanuel Hilscher, Friedrich Hebbel und Franz Grillparzer vom Publicum und von der Kritik zu Theil geworden ist.“ (L VIII).

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len.“ (G 13) Ihrem Status nach handelt es sich bei Frankls Texten letztlich um Anekdotensammlungen im Interesse des ‚Charakteristischen‘. Dass es etwas Charakteristisches gibt, und dass es mitzuteilen wäre (wenn nicht Interessen Lebender entgegenstehen), steht außer Frage, wenngleich Frankl sieht, dass mit der Denkmalsetzung durch intime Mitteilungen dem Geehrten nicht in jeder Hinsicht ein guter Dienst erwiesen ist. Die lückenlose Erforschung der Lebenszeugnisse und -verhältnisse großer Männer aus Devotion, die zur selben Zeit die Goethe-Philologie ins Extrem treibt, schlägt um in eine Trivialisierung: „Diese fast rührende Pietät bringt aber unseren Heroen Nachtheil: sie können nicht mythisch werden. [...] Die meisten der ewigen Dichter haben, man könnte sagen, durch ein günstiges Geschick, sich der vollen grellen Beleuchtung entzogen, und das Halbdunkel ist es eben, aus dem Heroen plastischer hervortreten: Homer und Firdussi, Aischylos und Shakespeare, Kalidasa und Klingsor, Hesiod und Ofterdingen.“ (L 1) Weniger Idolatrie als Diskretion ist es, die aus dem Lebensbruchstück ein Ganzes machen soll. Die Kunst der ‚Charakteristik‘, wie sie Frankl vor Augen hat, benötigt das Anekdotische, und rechtfertigt es zugleich.11 Als Kärrnerarbeit versteht Frankl seine erinnernden Schriften, die er einmal mit dem Bild der Mosaikfabrik in Florenz verdeutlicht (L 2). Die Anekdote formiert auch den persönlichen Umgang mit ‚Geistesheroen‘ (Kürnberger 1911: 339): ‚Große Männer‘ stehen zeitgenössisch unter dem Druck der Gattung Anekdote. Als Ludwig Uhland Wien besucht, lauert eine ganze Schar von Wiener Freunden und Bezugspersonen auf ein treffendes Wort, einen markanten Ausspruch, die Enthüllung eines charakteristischen Wesenszuges und wird bitter enttäuscht (Hock 1910: 121-137). Im österreichischen Nachmärz mehren sich die Gelegenheiten zur Bilanzierung von Schriftstellerleben, die auch eine Form der literarischen auf die politische Reaktion darstellen. Deshalb ist es wohl nicht zufällig, dass sich Frankl, aber auch Friedrich Hebbel und Anastasius Grün, zwei ebenfalls in der Revolution aktive Autoren, zunächst der Biographie zuwenden; auch Constant v. Wurzbachs vielfältiges bio- und bibliographisches Werk hat in dieser Periode seinen Ursprung (Lebensaft/Reitterer 1992: 1-13). Anhand dreier Arbeiten aus den 1850er Jahren lassen sich die verschiedenen Zugänge zum Genre erkennen. Lenau ist ein politisch brisanter Name, im Gewand der Biographie lässt sich auch über die Literaturverhältnisse im Vormärz schreiben, die im Nachmärz wiederzukehren drohten. Frankls Beiträge zu Lenau erschie11  „Die kleinen anekdotischen Züge sind es zumeist, die den individuellen Menschen charakterisieren. Der psychologisch entwickelnde Biograph wird sie, wie der Maler die der Pallette aufgesetzten Farben nicht entbehren können.“ (R 44)

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nen zunächst 1851 im Wiener Wanderer, 1854 dann in Buchform. Grün moniert den „fast zu große[n] Reichthum an Farben, welche Sie dem künftigen Maler auf die Palette gelegt haben [...]“ (Frankl Hochwart 1897: 36). Im Gegenzug empfiehlt Frankl zu Grüns eigener Darstellung von Lenaus Lebensgang: „Da und dort eine Arabeske, eine Blume, eine Facettirung wird den Reiz erhöhen und Sie vor einem Vorwurfe wahren“(Frankl Hochwart 1897: 42), vor dem Vorwurf des Plagiats nämlich („Ihre Biografie ist eine treueste Benützung des Ihnen von Andern [Mayer, Niendorf, Frankl, Schurz] mitgetheilten Materiales“ (Frankl-Hochwart 1897: 42). Grüns faktographischer Ansatz verfehlt das biographische Ziel, doch auch die stärker reflexionsbetonte Form, die Hebbel zur Darstellung Feuchterslebens wählt, lehnt Frankl ab: „Kaum tritt, und vom Dramatiker hätten wir das Recht es zu erwarten, die Gestalt plastisch rund hervor, höchstens stellenweise als ein Basrelief, und doch standen ihm treffliche Materialien [...] bei einem überdies eben hinfließenden Leben zu Gebote“ (Frankl-Hochwart 1897: 47f.). Frankls Arbeiten setzen auf die plastische Geste und auf die überlegene Einsicht des persönlichen Kontakts; er scheut sich nicht, literarische Texte in seine Lenau-Erinnerungen einzuschalten, Grüns Sonette an den wahnsinnigen Lenau (L 114-116) und auch ein eigenes Sonett (L 120). Die Anekdote ist kein historisches Dokument, sondern eine literarische Gattung, die insbesondere im 19. Jahrhundert eine steile Karriere erfährt und unmittelbar mit der virulenten Heldenverehrung zu tun hat. (Auch die historische Ballade setzt an der Anekdote an, Frankls umfangreiches Balladenwerk ist dafür ein Beispiel.12) Das zeigt sich spätestens dann, wenn ein weiterer, diesmal philologisch agierender Sammler auftritt und Frankls Texte nun zu einem noch größeren, aus noch mehr Devotion entstandenen Mosaik und Denkmal verwenden will.13 Als August Sauer die Gespräche Grillparzers sammelt, ist er auf Frankls Aufzeichnungen als wichtige Quelle verwiesen, die einer Quellenkritik selten standhält: „Wo man L. A. Frankls so reichlich fließende Mitteilungen mit denen anderer Zeugen vergleichen kann, sieht man, wie er übertreibt oder die Dinge verschiebt. In der bekannten Raimund12  Hock weist auf eine andere „mit besonderer Vorliebe und besonderem Geschick gepflegte“ Gattung im Werk Frankls hin, die „versifizierte Anekdote, die nie ohne inneren Anteil erzählt wird und, wenn sie etwa Beethoven oder Mozart betrifft, tiefe Empfindung und feine Schalkhaftigkeit zu entschiedener Wirkung vereint“; Schiller als Feldscher habe sich wahre Popularität errungen. Hock 1910: XIII. 13  „Die Rückbindung der Erinnerung an ein labiles, zufälliges, der individuellen Perspektive unterworfenes Element ist Gefahr und Chance für den Wissenschaftler und die Wissenschaft zugleich.“ (Oesterle 2005: 14). Die Wissenschaft des späten 19. Jahrhunderts war eine solche Chance zu sehen nicht bereit.

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anekdote lässt Grillparzer den Dichter nach [Friedrich] Kaisers Erzählung [...] ‚in einer Kleidung voll Staub und mit Baumharz beschmutzt‘ aus dem Wald kommen. Nach Frankls Wiedergabe [...] trieft Raimunds ‚blaue schlottrige Bluse‘ da und dort von Harz; ‚hinter jedem Ohre stak ihm eine Feder, eine dritte hielt er auch nebst einem Tintenfasse und Papier in der Hand‘.“ Frankl neige zur „Legendenbildung“, Szenen male Frankl theatralisch aus und zitiere wörtlich. „Man bringt ihm aber Mißtrauen entgegen, wenn man beobachtet, wie er ein anderesmal [...] selbst den Rückzug antritt und den betreffenden Absatz in der Buchausgabe seiner Erinnerungen streicht“ (Sauer 1906: VIII). Wirklich dokumentarisch wird Frankl nur in medizinischen Fragen, wo es um Lenaus Wahnsinn, zu dessen Ursachenfindung Frankls Bericht beitragen soll,14 und Raimunds Verstimmung geht, um den Verbleib von Raimunds Schädel (der von Anton Rollett, einem Anhänger der Phrenologie Franz Josef Galls, seiner Sammlung einverleibt wurde, wo er sich bis heute befindet) und um Lenaus Sektion (bei der der Arzt Frankl assistiert). Der Germanist Stefan Hock verteidigte Frankl gegen Sauers Vorhaltungen gerade mit der Bekräftigung des Quellenwertes im allgemein-historischen Sinn: Er hat gelegentlich herbe Kritik ob seiner Unzuverlässigkeit erfahren. Man hat ihm da schweres Unrecht getan. Mit übermenschlichem Fleiß hat der mannigfach beschäftigte Mann die Quellen zu seinen Darstellungen gesammelt, Augenzeugen befragt, schriftliche Berichte eingefordert, Akten studiert. Er mag in dem Wust angehäufter Papiere sich oft selbst nicht mehr zurecht gefunden und schließlich Lücken aus dem Gedächtnis – nicht immer ganz richtig – ergänzt haben. Doch sind die Irrtümer in seinen Mitteilungen vor allem auf das große Vertrauen zurückzuführen, das er seinen Gewährsmännern schenkte, deren Darlegungen möglichst wörtlich zu folgen ihm geboten schien. So sind denn seine Feuilletons ‚Aus halbvergangener Zeit’ nicht ohne Verstöße gegen die historische Wahrheit; aber fast immer sind sie die genaue Wiedergabe dessen, was die Zeitgenossen geglaubt, vermutet, gewußt haben. Wenn sie sonst gar keinen Wert hätten, wären sie wichtig als Zeugnisse der öffentlichen Meinung. Sehr oft aber sind sie bis ins Einzelne auf sichere Basis gegründete Quellenschriften [...]. (Hock 1910: XIV)15 14  „Bei dieser lebhaften Theilnahme nun für das Unglück des Dichters schien es mir, abgesehen von jeder anderen Absicht, eine Pflicht, das, was ich über die Entstehungsgeschichte des Uebels weiß, wenigstens anzudeuten; beschäftigt sich doch die Wissenschaft mit dem Leben selbst sonst unbedeutender Menschen, wenn es gilt, den Spuren ihrer geistigen Zerrüttung nachzuforschen.“ (L 2) 15  Sauer reagierte auf Hocks Entgegnungen mit einer konzilianteren Position gegenüber Frankls Aufsätzen in der Vorrede zum Nachtragsband: „Ein besonderes Wort erheischen L. A. Frankls Veröffentlichungen und Aufzeichnungen. Daß nicht alles, was er als Ausspruch des Dichters erzählt, von ihm persönlich gehört worden war, hatte er selbst schon in der Einleitung zu seinem Büchlein zugegeben. Seit Beginn unserer Sammlung sind wir aber über Frankls Arbeitsweise genauer aufgeklärt worden. [...] Ich habe mich nun bemüht,

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Die poetische Freiheit, mit der Frankls Anekdoten zu Werke gehen, rechtfertigt sich durch die prinzipielle Ebenbürtigkeit des Beschreibenden den Beschriebenen gegenüber – als Dichter. In Listen von Zeitgenossen, die Frankl anführt, findet sich sein eigener Name;16 Lenau vermittelt den Druck von Frankls literarischen Arbeiten und wird für die Sonntagsblätter gewonnen (L 73), vor einem Wahnsinnsausbruch liest Frankl dem Dichter aus seinem Don Juan d’Austria vor (L 106). Grillparzer wird Frankls Cristoforo Colombo vorgetragen, was diesen zu einem ‚charakteristischen‘ Ausspruch verleitet (G 4). Hebbel spricht sich in seiner Biographie über Frankls Gedicht Der Primator aus (H 16-20). Frankls Schreiben über andere Autoren verweist auf eine Epoche, in der noch die Dichter für die Literatur (damit auch für die Erinnerung und Dokumentation der Dichter) und die Zeitgenossen für die Zeitgeschichte zuständig sind und in der sich die Rollen des professionellen Philologen und Historikers noch nicht exklusiv ausdifferenziert haben. Deshalb können Frankls Erinnerungsbildern aus Vormärz und Revolutionszeit, die er in Zeitungen und Zeitschriften publiziert, von Historikern historische Vorwürfe gemacht werden. Nach dem Tod Anastasius Grüns übernimmt er die Herausgabe seiner Schriften, die Grün selbst als Ausgabe letzter Hand in Angriff genommen hatte und verdrängt dadurch den Philologen Karl Julius Schröer, was Frankl vom Philologen Eduard Castle verübelt werden kann. Mochte Frankl auch um faktische Richtigkeit bemüht gewesen sein, steht doch eine ästhetische Organisation immer im Vordergrund, was auch für seine Revolutionserinnerungen gilt.17 Unter der Rubrik und Gattungsbezeichnung Denkmale brachte Frankls Werkausgabe Epitaphe auf bekannte und unbekannte Persönlichkeiten. Das Gelegenheitsgedicht nimmt in den Werkausgaben zeitgenössischer Autoren breiten Raum ein; bei Frankl, einem der Meister dieser Gattung, ist das Gelegenheitsgedicht als ‚Denkmal‘ Teil einer umfassenden Strategie im Feld der Erinnerung, die auch das steinerne Denkmal umfasste.

in diesem Bande aus seinen Mitteilungen noch alles das auszulesen, was auf mehr oder weniger sicherer Grundlage zu ruhen scheint. Die kritische Forschung wird da, wie bei den übrigen undatierten Nachträgen, noch manches zu leisten haben“ (Sauer 1916: IX f.). 16  L 5 (Silbernes Kaffeehaus); L7 („Wiener Dichterkreis“, Gäste); H 66 (Hebbels Begräbnis). 17  S. Zintzen 2000: 505-522. Fischhof erkennt diese Genregrenze genau: „Zum Geschichtschreiber jenes stürmischen Jahres fehlt ihm der politische Blick, aber zum, Memoirenschreiber bringt er den feinen Beobachtungssinn, sowie die plastische Darstellung mit, und sein vollendetes Werk [die Erinnerungen, H. A.] würde eine Bereicherung unserer Memoiren-Literatur sein.“ Fischhof an Paula Frankl, 11.02.1876. Wienbibliothek, Handschriftensammlung, HIN 100508.

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3. Denkmalsetzen Die spektakulärere Seite von Frankls Tätigkeit auf dem Feld der Erinnerung war die ‚Denkmalsetzerei‘, die sich als Fortschreibung im biographischen Modus mit anderen Mitteln verstehen lässt. Auf Frankl geht der Entwurf eines Grabdenkmales für Nikolaus Lenau zurück (vgl. L 130 f.), in der Neuen Freien Presse regte er ein Doppeldenkmal für Lenau und Anastasius Grün an, das schließlich 1891 am Wiener Schillerplatz18 enthüllt wurde; er arbeitete für ein Gluck-Denkmal in Wien, ein Hilscher-Denkmal in Litoměřice/Leitmeritz und setzte das erste Standbild Beethovens in Österreich in Wien Heiligenstadt (G 43-45). Übertroffen wurden diese Aktivitäten durch Frankls Eintreten für ein Schiller-Denkmal in Wien.19 Wie eingangs erwähnt, hat Ferdinand Kürnberger Frankls Erinnerungspolitik mit einer ausführlichen, sowohl auf die Sache als auch auf die Person zielenden Polemik begleitet.20 Sie soll nun die Folie für das Verständnis dieser Erinnerungspolitik abgeben. Kürnbergers Polemik ist sprachlich ebenso brillant wie sachlich ungerecht; zudem undankbar, verdankt Kürnberger seinen eigenen Eintritt in das literarische Leben doch Frankls Sonntagsblättern und Frankls Protektion (Dollar 1932).21 Das Denkmalsetzen stand für Kürnberger im Verdacht, nicht die geehrten Männer, sondern auf deren Kosten „die Unbekannten, die Männer des Denkmalkomitees“ (Kürnberger 1911: 290) bekannt zu machen: Frankl, „Reklamenwolf in der Schafhürde“, hat „vor vierzig Jahren schlechte Verse skandiert und das Publikum hat sie großmütig vergessen. Hilft nichts! Der Versifex selbst will nicht vergessen sein. Kann er als Dichter nicht leben, so können andere Dichter doch sterben. Nekrologe auf sie halten eine Zeitlang trefflich vor, sich selbst in Erinnerung zu bringen; leider verraten sie, daß man in der Prosa nicht stärker als sonst in Versen. Also tun wir weiter gar nichts mehr, als daß wir überhaupt die toten Dichter zu Grabe begleiten.“ (Kürnberger 1911: 298)

18  Dazu L 136f. (Anregung in der Neuen Freien Presse, Einsetzung eines Komitees unter Vorsitz Schmerlings). Dazu auch Castle (o.J.): CXXXIII. 19  Dazu G 47-50 (Grillparzers Unterschrift unter den Aufruf zum Schillerdenkmal); FranklHochwart 1897: 260-314. Die Anregung zum Schillerdenkmal ging im Jänner 1868 von Frankl aus, Grün war Präsident des Komitees, Frankl Vizepräsident. S. Frankl 1988: 129139, insb. 129-132 (Schiller/Lenau); Mikoletzky 1995: 165-183. 20  Zu Kürnberger s. auch den Beitrag von Hubert Lengauer in diesem Band: 137-156. 21  S. auch Kürnberger an Heinrich Laube, 1851, cit. Kürnberger 1900: 3-7.

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Die Denkmalstifterei als „Denkmal-Bettel“ ziehe letztlich Geld von den lebenden Autoren ab, die Spende für das Denkmal, durch „moralischen Zwang“ der Presseöffentlichkeit erpresst, erscheine – bei gleichbleibenden „Kultur“ausgaben des Publikums – an der Theaterkasse als Verlust (Kürnberger 1911: 306). Wäre das Denkmalsetzen eine nationale Angelegenheit, so müssten öffentliche „National-Subskriptionen“ auch den gewünschten Erfolg haben – wenn nicht, dann nicht; dann aber sei auch das Denkmalsetzen „Privatsache“ „persönliche[r] Eitelkeit. Dann hat der Bankier Königswarter u. a. auch für Schiller nichts gegeben, sondern er hat gegeben für L. A. Frankl, den Sammler und Glaubensgenossen, der ihn persönlich bedrängte“ (Kürnberger 1911: 309); „fürs L. A. Frankl-, ich wollte sagen: fürs Schillerdenkmal“ (Kürnberger 1911: 310). Kürnbergers an Frankl personalisierte Invektive ist fundiert in einer regelrechten Theorie des Denkmals, mit verblüffend modernen Formulierungen: die antike Funktion des Denkmals als eines „Organs der Publicität“, nämlich die „Produktion des Andenkens“ (Kürnberger 1911: 313), hätten in der Moderne Schulunterricht und Presse übernommen. Kürnbergers These, dass das Denkmalsetzen den Ehrenden und nicht den Geehrten ehre, ließe sich mit Pierre Bourdieus Theorie des symbolischen Kapitals reformulieren; die historisch-politische Dimension des Denkmalsetzens im 19. Jahrhundert wird von Kürnberger dabei als ‚Vorwand der Politik‘(Kürnberger 1911: 338) heruntergespielt. Tatsächlich ist das moderne Denkmalsetzen eine Erfindung der demokratischen Linken und zurückführbar auf die Französische Revolution (Agulhon 1995: 51-99). Die traditionelle religiöse Möblierung des öffentlichen Raums durch Heiligenstatuen und Bildstöcke wird jetzt zu einer politischen Kodierung, der der Liberalismus seine eigenen Markierungen entgegensetzt. In dieser Tradition sieht sich der Achtundvierziger Frankl, wenn er berichtet, dass „[i]n Alt-Österreich [...] keinem Staatsmanne, keinem Feldherrn, keinem Meister in der Wissenschaft oder Kunst eine Statue errichtet werden“ durfte: Es mußte sonach in der gemeinherrschenden Anschauung als ein freisinniger Fortschritt angesehen werden, daß im Jahre 1842 dem ‚Musikanten‘ Mozart in Salzburg eine Statue errichtet wurde. […] Die Geistlichkeit protestierte in Salzburg gegen die Aufstellung der Statue auf einem Platze, wo die des heiligen Michael stand, und das war von ihrem Standpunkte aus nicht ganz unberechtigt. (Hock 1910: 314f.)22

Kein Denkmal, sondern einen jährlichen Erinnerungsartikel hat Frankl (in dem von Kürnberger dafür vorgesehenen) Medium der Zeitung dem Andenken der Märzrevolution gewidmet. Die Attacken des Revolutionsveteranen 22  Dieses Ereignis führte zur Gründung der ersten österreichischen Studentenverbindung.

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und Nationalliberalen Kürnberger gegen den Revolutionsveteranen und Ringstraßenliberalen Frankl laufen letztlich darauf hinaus, Frankl habe sich mit einer Degenerationserscheinung des Liberalismus, der Ringstraßenplutokratie, aus Gründen der persönlichen „Reklame“ arrangiert; die in Erz gegossenen Zeichen der Ringstraßenbourgeoisie deuteten auf diese selbst zurück, nicht auf die dargestellten „Geisteshelden“ oder die „deutsche Kultur“. Es wäre nun sicherlich falsch, gegen Kürnbergers leicht antisemitisch gefärbte Polemik Frankls Erinnerungsprojekte durch ihre Einschreibung in einen Raum ‚jüdischer‘ Memorialkultur retten zu wollen. Doch zeigt der Durchgang durch Frankls Erinnerungsarbeiten, dass sie quer zur wohl wichtigsten Funktion öffentlicher Memoria im fortgeschrittenen 19. Jahrhundert stehen, zur Erfindung nationaler Traditionen (Hobsbawm 1983: 1-14). Als Funktionär der Kultusgemeinde hat Frankl auch zur jüdischen Kulturgeschichte Wiens das Seine beigetragen (bezeichnenderweise als „Beitrag zur Alterthumskunde Österreichs“ (Frankl 1855a), seine Nähe zur jüdischen Ringstraßengesellschaft für philanthropische Unternehmungen wie die Begründung des Israelitischen Blindeninstituts auf der Hohen Warte genützt, das von 1873 bis 1938 bestand. Schon in den 1840er Jahren war Frankl (mit Leopold Kompert und anderen) für den Israelitischen Handwerkerverein tätig gewesen.23 Den in den achtziger Jahren anlaufenden Hilfsprojekten für das jüdische Galizien stand Frankl hingegen strikt ablehnend gegenüber (Landau, Neue National-Zeitung 04.02.1910: 4), weniger aus der damals verbreiteten Reserve der ‚Assimilierten‘ gegenüber dem Ostjudentum, sondern eher aus Distanz gegenüber den jüdisch-identitären Hoffnungen, die man protozionistisch auf das Echt-Nationale im Ostjudentum zu setzen begann. Frankls leicht anachronistischer österreichischer Patriotismus eröffnete ihm einen – wenn auch gefährdeten – Raum, jüdische Besonderheit nicht-national und als Normalität zu leben. Begonnen hatte Frankls Karriere in den patriotischen Kreisen um Karoline Pichler, der Ansatz Hormayrs, der durch eine breite kulturell-historische Tätigkeit die Monarchie zu einer ‚österreichischen Nation‘ vertiefen wollte, lebte in den Sonntagsblättern weiter. Juden hatten als Minderheit gerade in Vielvölkerstaaten die besten Entfaltungsmöglichkeiten vorgefunden, da diese ‚vormodernen‘ Staatsgebilde die in Westeuropa mit der Nationalstaatsbildung verbundenen Modernisierungen in behutsamerer Weise zu organisieren hatten.24 Die Vielvölkerstaaten waren für das Judentum, die „nicht-nationale Nation“, die „letzte Inkongruenz“ auf dem Kontinent der Nationen und Na23  Vorsteher des Vereins war 1852 der Vater Hugo v. Hofmannsthals. S. Frankl 1855c. 24  Zu dieser Problematik s. Judson/Rozenblit 2005; Rozenblit 2001.

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tionalismen, die Erinnerung an die „Relativität der Nationalität“ (Baumann 1996: 111) der prototypische Ort – bis sich auch hier die Nationalisierungsprozesse durchsetzten, die letztlich das Ende dieser Staaten bedeuteten. (Es ist kein Zufall, dass in diesem Prozess der Antisemitismus eine besondere Rolle spielte.25) Frankls Habsburgerloyalität dürfte in dieser Erkenntnis wurzeln: Er wollte keineswegs dem Hofe schmeicheln um sich Auszeichnungen zu erwerben, sondern war ehrlich von der Sendung der Habsburger in Österreich und ihrem objektiven Verhalten den Juden gegenüber überzeugt, denen sie zumal in der liberalen Ära Schutz angedeihen liessen. Und Frankl war eine dankbare Natur, ein ehrlicher Patriot. Aus Vaterlandsliebe, die aber mit der Liebe zur Freiheit und zum Fortschritt verbunden war, erklärt sich auch seine Stellungnahme zur Revolution von 1848 [...] Seinen Jugendidealen blieb er treu, obwohl er zeitweilig den Eindruck eines Hofpoeten hervorrief. (Scherlag o.J.: o.A.)

Die ebenso umfassende wie umtriebige literarische, philologische, historische, journalistische, memoriale und philanthropische Autorschaft Frankls in mehrfachem Sinn stellt sich somit nicht als konjunkturbedingte Projektemacherei dar, sondern als der kohärente und in verschiedenen Medien seiner Kultur unternommene Versuch, einen solchen Begriff von jüdischer Normalität plausibel zu machen.26 Zunehmend gerieten allerdings Frankls Erinnerungsprojekte selbst durch gegenläufige identitäre Indienstnahmen in Schwierigkeiten: Werkausgabe und Denkmalbüste seines Freundes Hilscher in den sog. ‚Leitmeritzer Denkmalstreit‘ zwischen ‚Deutschen‘ und Tschechen (Mikušek 1995: 229239)27; seine Orientreise 1856, der Reisebericht und die literarischen Gelegenheitsarbeiten der Reise im „Mnemotop Palästina“ (Assmann 2010: 59f.)28 galten

25  Fischhof resümiert in einem melancholischen Brief von 1878, in dem er sich für Frankls Zusendung des diesjährigen „Märzartikels“ bedankt: „Welcher Gegensatz zwischen den jetzigen Märztagen und jenen des Jahres 1848! Damals revolutionäre Menschen und zahmes Wetter, und jetzt das Wetter rebellisch, und die Menschen zahm. Die neue Aera war eine mittelmäßige Lehrerin und eine schlechte Erzieherin. Drei Jahrzehnde und kein großer öffentlicher Character, keine überragende Mannesgestalt. Die österreichische Staatsnatur völlig verkennend, rufen unsere Politiker den nationalen Hader, und mit ihm die unedelsten Gefühle wach. Selbst die Herzen der Jugend sind nicht mit Liebe erfüllt, sondern mit Missgunst und rancune. Sieh’ nur, wie die akademische Bürgerschaft Nationalitäts=Cordone zieht. So ist unsere Vergangenheit unerfreulich, unsere Gegenwart trübe, und die Zukunft? Alt zu sein, ist der einzige Trost.“ (Fischhof an L. A. Frankl, 23. 3. 1878. Wienbibliothek, Handschriftensammlung, HIN 100526). 26  Darauf weist auch Frankls Mitarbeiterschaft an der Allgemeinen Zeitung des Judentums in der Ära Philippson. Arbeiten Frankls sind verzeichnet Horch 1985: Register. 27  S. dazu auch den Beitrag von Václav Petrbok in diesem Band: 89-120. 28  Zum ‚Reisebericht‘ Nach Jerusalem s. auch den Beitrag von Marie Krappmann in diesem Band: 241-256.

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dem Zionismus als Dokumente nationaler Ignoranz (Bató 1918: 125‑129).29 Mit der von ihm in Jerusalem im Auftrag von Elise Herz begründeten Lä‑ melschule, einer Schulstiftung in der Tradition jüdischer Philanthropie, geriet Frank in eine Auseinandersetzung mit der ansässigen orthodoxen Gemeinde, die ‚weltlicher‘ Bildung mit Misstrauen gegenüberstand (Ben-Ghedalia 2006). Frankl beschrieb Jerusalem zugleich als jüdischen Sehnsuchtsort und als heruntergekommene orientalische Stadt (Leuenberger 2007: 31-68); in seinen literarischen Arbeiten versammelt er ein vollständiges Inventar der späteren zionistischen Symbolik, ohne sie national zu bündeln. Mit seinem Libanon hat‑ te Frankl – mit beachtlichem Erfolg – die wohl erste deutschsprachige jüdische Lyrikanthologie modernen Typs herausgegeben; in einer zionistischen Antho‑ logie Libanon von 1908 ist Frankl zwar mit zwei Jerusalem-Gedichten vertre‑ ten, seiner Vorgängerunternehmung, zweifellos Vorbild für diese Sammlung, wird aber nicht gedacht (Hirschfeld 1908). Frankls Projekt der Zusammen‑ führung der Rollen von Schriftsteller und Zeitgenosse, Geschichtsschreiber und Menschenfreund war schon bald gescheitert, auch und gerade dort, wo seine eigene zerbrechliche und gefährdete Position ins Spiel kam. Seine Ar‑ beit an der Grenze von kommunikativem und kulturellem Gedächtnis sollte jedenfalls als Versuch gelesen werden, liberale Zeitzeugenschaft auf Dauer zu stellen, ihre Werte zu sichern, liberalen Enthusiasmus in kulturelle Kanonisie‑ rung zu überführen. Die steinernen Denkmäler, die Frankl gesetzt hat, stehen noch, und laden zu neuen semantischen Besetzungen ein.

29  Zu Frankls aufsehenerregender Orientreise 1856 sowie seinen Reisebericht Nach Jerusalem! (1858) s. Aichner 2001.

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„Durch Wort und That“: Motto und Credo Unter zahlreicher Beteiligung aller Kreise der Gesellschaft ist heute Ludwig August Frankl, der alte Achtundvierziger, der seinen Idealen bis zum letzten Atemzuge treu geblieben, zu Grabe geleitet worden. Schon um 9 Uhr morgens versammelten sich im Trauerhause, Opernring Nr. 10, die ersten Leidtragenden, und in ununterbrochener Folge fuhr Wagen um Wagen vor. Die Trauergäste begaben sich in die Wohnung im vierten Stockwerke, in welcher der Dichtergreis in einfacher Weise aufgebahrt lag. (Neue Freie Presse 14.03.1894, Abendblatt: 2)1

Hierauf führte der eineinhalb Spalten lange Bericht der Neuen Freien Presse vom 14. März 1894 eine beeindruckende Liste öffentlicher Persönlichkeiten an, die sich an Frankls letzter Wohnstätte eingefunden hatten, um dem Verstorbenen das letzte Geleit zu geben. Unter den Trauergästen befanden sich mehrere Generäle, Hofräte, Professoren, Regierungs- und Gemeinderäte, Bankiers, Künstler, Schriftsteller, der Reichstagsabgeordnete und streitbare Rabbiner Joseph Samuel Bloch (1850-1923),2 die Chefredakteure mehrerer Zeitungen sowie die jüdischen Herausgeber der Neuen Freien Presse, Eduard Bacher und Moritz Benedikt. Weiters waren verschiedene Repräsentanten allgemeiner sowie jüdischer Vereine und Institutionen erschienen; wie etwa der Direktor der Alpinen Montan Gesellschaft, einer 1881 errichteten Aktiengesellschaft, deren zeitweiser Mehrheitseigentümer der Stahltycoon Karl Wittgenstein (1847-1913) war, der Vater des Philosophen;3 eine Deputation der nach dem Ringtheaterbrand von 1881 gegründeten Wiener Freiwilligen Rettungsgesellschaft, die unter anderem von Nathaniel Meyer von Rothschild (1836-1905) großzügig unterstützt wurde (Rethi 1998: 77f.); zahlreiche Mitglieder des Journalisten und Schriftstellervereins Concordia (Czeike 1992: 589); Deputierte des Wiener Corps ‚Marchia‘, einer 1888 gegründeten schlagenden Studentenverbindung, die ihren liberalen

1  Ein sehr ähnlicher Nachruf, allerdings ohne Betonung von Frankls Engagement für die Revolution von 1848, erschien am selben Tag unter dem Titel „Das Leichenbegängniß Ludwig August Frankl’s“, in: Die Presse 14.03.1894, Abendblatt: 2. 2  Zu Bloch s. Wistrich 1999a: 225-256. 3  S. Braman/Moran, „Karl Wittgenstein: Business Tycoon and Art Patron.“ [14.05.2012].

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Prinzipien auch in einer Zeit zunehmender Nationalisierung treu blieb;4 eine Abordnung vom Wiener Zweigverein der Deutschen Schiller-Stiftung5 sowie des Goethe‑Vereins; Direktor Simon Heller mit Lehrkörper und Zöglingen des von Frankl 1872 gegründeten Israelitischen Blindeninstituts sowie Präsident, Vorstand und Sekretär der Wiener Israelitischen Kultusgemeinde. An Frankls Bahre traf also nicht nur eine zahlreiche und illustre, sondern auch eine durchaus gemischte Gesellschaft zusammen, die sich hauptsächlich durch das Festhalten an sozialliberalen Werten verbunden wusste. Um halb 10 ward der Sarg gehoben. Während Ober-Cantor Singer die rituellen Gesänge executirte, trug man den Sarg die vier Treppen hinab auf den Wagen, der auf dem Albrechtsplatze hielt. Die zahlreichen Kränze wurden auf die Blumenwagen gelegt. Die Sonne brach eben mit hellem Scheine durch, als sich der Zug nach dem Central-Friedhofe in Bewegung setzte. In endloser Wagenreihe folgten die Trauergäste. Es war etwa halb 11 Uhr, als der Conduct vor der israelitischen Abtheilung eintraf. Der einfache Sarg wurde in die Ceremonienhalle getragen und dort auf eine Estrade gestellt. Zu Häupten desselben standen die in Schmerz aufgelöste Witwe mit den beiden Söhnen, der Schwiegertochter und dem Neffen. Ober-Cantor Singer executirte einen Trauerpsalm, begleitet vom Chorpersonal, worauf Ober-Rabbiner Dr. Güdemann vortrat und einen warm empfundenen Nachruf hielt. Als der Redner geschlossen hatte, wurde der Sarg zur letzten Ruhestätte getragen, die sich Frankl selbst im Jahre 1882 an der Grenze der katholischen Abtheilung gegenüber dem Grabe Dingelstedt’s ausgesucht hatte. (Neue Freie Presse 14.03.1894, Abendblatt: 2)

Nachdem der Sarg in die Grube gesenkt worden war, folgte eine Reihe weiterer Grabreden, die Frankls zahlreiche Verdienste würdigten. Als letzter im Reigen trat ein Student der Marchia vor und ehrte Frankl „im Namen […] jener fortschrittlichen Studentenschaft“, welche „die Ideale von 1848 nicht verloren habe“, als Verfasser der „Universität“ (Neue Freie Presse 14.03.1894, Abendblatt: 3). „Der Sänger der Freiheit und anderer berühmter Verstorbener“ (Spitzer, Neue Freie Presse 13.02.1877: 5), wie der Feuilletonist Daniel Spitzer (1835-1893) Frankls unbeirrte Nekrolog Manie spöttisch kommentiert hatte,

4  S. Wiener Akademisches Corps Marchia 1888-1988: Festschrift zur Feier des 200. Semesters 1988 (unpaginiert); Der Beitrag von Robert Hein, „Als es keine Marchia gab 1938-1948“ führt an, dass die Marchia nach ihrer „erzwungenen Selbstauflösung“ im März 1938 bis zur Wiedererrichtung 1948 mehr als 50 % ihrer Mitglieder „verlor“ – die meisten davon durch Emigration oder Ermordung in KZs. Der Prozentsatz an jüdischen Mitgliedern war von Anfang an hoch, eines der fünf Gründungsmitglieder war Victor Hammerschlag (1870‑1943), Vater des berühmten Schriftstellers und Kabarettisten Peter Hammerschlag. 5  Zu Frankls Engagement für die Errichtung des Wiener Schillerdenkmals sowie Kontroversen zum Thema s. die Einleitung sowie die Beiträge von Herlinde Aichner und Hubert Lengauer in diesem Band: 275-290 und 137-156.

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war somit selbst zum Objekt mehr oder weniger wohlmeinender Nachrufer geworden. Selbst die beachtlich neutrale Mitteilung der Neuen Freien Presse bettete Frankls unglaublich vielfältiges Leben und Wirken in einen spezifischen Kontext, der bestimmte Teile seiner Persönlichkeit beleuchtete, um andere im Dunkeln oder zumindest im Halbdunkel zu lassen. Wenig überraschend, betonte die liberale Zeitung Frankls Engagement für die Ideen und Ideale der 1848er Revolution, hatte er dem Blatt doch noch am Tag vor seinem Tode ein Feuilleton zum Jahrestag der Revolution geliefert (Frankl, Neue Freie Presse 13.03.1894: 1-3),6 wie er dies nach Inkrafttreten des Staatsgrundgesetzes vom 21.12.18677 wiederholt getan hatte.8 Bemerkenswert erscheinen dagegen die Selbstverständlichkeit und Natürlichkeit, mit der die Pressemitteilung die jüdischen Begräbniszeremonien beschreibt. Ohne die Unterschiede zu katholischen Begräbnissen zu verschweigen,9 erliegt der Bericht niemals der Versuchung, die Differenz zu ästhetisieren oder das Judentum durch Betonung ebendieser Differenz zu marginalisieren. Der Hinweis, dass Frankl sich seine Grabstätte „an der Grenze zur katholischen Abtheilung“, dem Burgtheaterdirektor Dingelstedt gegenüber ausgesucht habe,10 lässt die Intention des Verfassers erkennen, Frankl als Grenzgänger zu positionieren. Denn statt Frankls Grabstelle an der Demarkationslinie zwischen katholischem und jüdischem Friedhofsteil zu lokalisieren, hätte sich der Platz – durchaus zum Ruhme des Verstorbenen – auch innerjüdisch verorten lassen, anhand der ihn umgebenden prunkvollen jüdischen Prominentengräber. Die sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Grabstätten der illustren Bankiersfamilien Königswarter und Schey, mit denen Frankl die Arbeit an zahlreichen philanthropischen Projekten verband, sowie die daneben liegende Gruft der Familie 6  Das Feuilleton war sowohl mit einer redaktionellen Anmerkung zu Frankls Tod als auch mit der Bemerkung versehen, dass es sich um seine letzte Arbeit handle. 7  Erst nach Erlass des Staatsgrundgesetzes (Reichsgesetzblatt Nr. 142/1867) genossen Juden volle Bürgerrechte und damit auch Freizügigkeit, vgl. Stefan Schima, „Die Revolution von 1848 und die Rechtsstellung der Juden“, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 118 3-4 (2010): 448. 8  S. Einleitung: 11-46. 9  Erwähnt wurden etwa das Fehlen von Glocken und Kerzen sowie die Einfachheit  des Sarges. 10  Franz von Dingelstedt (1814-1881), deutscher Dichter, Journalist und Theaterdirektor, war langjähriger Vorsitzender der Deutschen Schillerstiftung. Von 1870 bis zu seinem Tod leitete er das Wiener Hofburgtheater, wo er neben den deutschen Klassikern auch volkstümliche Shakespeare-Inszenierungen forcierte sowie Friedrich Hebbel und Salomon Mosenthal förderte; s. Rademacher 1981: 9-32.

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Ephrussi bezeugen sowohl Frankls Selbstwertgefühl als auch seine Position innerhalb der jüdischen Gesellschaft. Ob Frankl als Schriftsteller, Publizist oder manischer Nekrologverfasser,11 als Revolutionär oder bürgerlicher Aufsteiger,12 als Philanthrop und Förderer von Kunst und Wissenschaft, als selbstloser ‚Monumentsetzer‘ oder als Beförderer der eigenen Interessen, als weltgewandterer Orientreisender13 oder als Sekretär der israelitischen Kultusgemeinde in Wien betrachtet wurde, hing und hängt ebenso sehr vom spezifischen Kontext wie vom Interesse der Betrachtenden ab. Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, beherrschte auch Frankl selbst das Spiel mit multiplen Identitäten meisterlich und rückte – je nach Kontext – mal die eine mal die andere Seite seiner Persönlichkeit in den Vordergrund. Andererseits verschmolz er in geradezu naiver Selbstverständlichkeit in seiner Person Identitätsebenen, die sich zum Zeitpunkt seines Todes für viele Einwohnerinnen und Einwohner der Habsburger Monarchie bereits als Opposition oder zumindest als Diskrepanz präsentierten, nämlich den ‚Sänger des Don Juan d’Austria‘, also den Patrioten für Habsburg und Österreich, und den ‚Zionssänger‘, der sich mit dem Schicksal des jüdischen ‚Volkes‘ identifizierte.14 Um den Fallstricken zu entgehen, in die jenes Vexierspiel mit sich überlagernden, einander ergänzenden oder ausschließenden Identitäten Historiker und Historikerinnen zu locken pflegt, soll im Folgenden ein ungewöhnlicher kulturgeschichtlicher Ansatz genützt werden, um die Vielschichtigkeit von Frankls Leben und Wirken aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Da Frankl die Klaviatur verschiedener Medien trefflich zu bedienen wusste, liefert 11  Beißenden Spott über Frankls Nekrologe drückt sich etwa im oben zitierte Artikel von Daniel Spitzer (Spitzer, Neue Freie Presse 13.02.1877: 5) aus; antisemitische Schlagseite dagegen erhält die Referenz in einem anonymen Artikel in Das Vaterland 15.01.1870: 2, wo Frankl als „Todtenvogel“ bezeichnet wird. 12  Bereits die (liberalen) Zeitgenossen verspotteten den Eifer, mit dem der ehemalige Revolutionär seine Nobilitierung betrieb, vgl. z.B. Spitzer, Neue Freie Presse 13.02.1877: 5. Auch Christiane Zintzen portraitierte Frankl als sozialen Aufsteiger und Vertreter der eigenen Interessen, s. Zintzen 2001: 362-389. 13  Zu Frankls Orientreise s. Einleitung: 11-46 sowie die Beiträge von Marie Krappmann und Yochai Ben‑Ghedalia: 241-256 und 257-274. 14  Zu Frankls Beziehung zu Österreich und Zion vgl. Niedhammer 2013: 271f. Um kontroversiellen Definitionen der Juden als ‚Volk‘, ‚Nation‘ oder ‚Ethnie‘ in Vergangenheit und Gegenwart zu entgehen, entwickelten Daniel und Jonathan Boyarin das theoretische Modell der Diaspora-Identität, das auf einem liberalen Verständnis von Judentum beruht und das Zugehörigkeitsgefühl zu anderen Kulturen nicht nur ermöglicht, sondern geradezu voraussetzt. S. Boyarin/Boyarin1993: 693-725.

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eine Analyse der Schriften trotz seiner umfangreichen literarischen Hinterlassenschaft lediglich ein schlaglichtartiges Bild dieser schillernden Persönlichkeit, wie Herlinde Aichners Beitrag pointiert zum Ausdruck bringt. Mittels einer aus der Kulturanthropologie entlehnten Technik soll Frankl daher anhand der in seiner Wohnung zur Schau gestellten, ihn umgebenden Gegenstände charakterisiert werden. Die hier zugrunde liegende These der material culture geht davon aus, „dass materielle Objekte ein integraler und unverzichtbarer Bestandteil unserer Beziehungen sind“ und jede Wohnung daher ein gewolltes oder ungewolltes Selbstportrait ihrer Besitzer liefert (Miller D. 2010: 207; 11). Die Betrachtung der Dinge vermittelt also eine intersubjektive Ergänzung zu den intentionalen sprachlichen Aussagen. Anhand verschiedener Beschreibungen von Frankls Wohnung sollen die dort befindlichen Objekte in Themenfelder gegliedert und die daraus destillierten Konstanten zu einem neuen Bild zusammengefügt werden.

1. „Sein Heim ist das Museum seines Lebens“15 Kehren wir zunächst zum Ausgangspunkt unserer Betrachtungen also zu Frankls (vor)letztem Domizil im vierten Stock des Hauses Opernring 10, dem Palais Schey, zurück. Das Palais war in den Jahren 1863-64 im Auftrage von Friedrich Freiherr von Schey von Koromla (1815-1881) durch die ‚Schlossarchitekten‘ Johann Julius Romano (1818-1882) und August Schwendenwein (1817-1885) errichtet worden (Feuerstein/Milchram 2001: 95-96).16 Friedrichs Onkel, der aus Köszeg/Güns in Westungarn stammende Großhändler Philipp Schey (1798-1880), gehörte zu den wenigen ungarischen Juden, die während der Revolution von 1848 die kaiserlichen Truppen materiell und ideell unterstützt hatten, wodurch er nicht unwesentlich zur Niederschlagung der Volkserhebung beitrug. Dieser anti-revolutionären Gesinnung verdankte er 1859 seine Erhebung in den Adelsstand; 1863 wurde er in den Ritter- und 1869 gar in den Freiherrnstand erhoben. Der kinderlose Philipp bat, die No15  Frankl-Hochwart B. 1928: oA. Seine Erinnerungen verfasste Bruno Frankl nach seiner Pensionierung im Jahre 1928, WStLA, HS, B 154/2, Bruno Frankl. 16  Besonders Romano wurde seit Beginn seiner Karriere durch Metternich gefördert, der die beiden Architekten 1848 auch mit der Errichtung seines eigenen Palais’ am Wiener Rennweg beauftragte, vgl. von Wurzbach 1874: 321-322.

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bilitierung auf seinen Neffen und Geschäftspartner Friedrich auszudehnen;17 demgemäß ist der Haupteingang des Palais’ mit dem Scheyschen Familienwappen geschmückt. Friedrich Schey fungierte ebenso wie sein Onkel als Philanthrop und Mäzen. Er hatte sich neben der Förderung von Musik und schönen Künsten aber auch der Literatur, vor allem dem Theater verschrieben und engagierte sich führend bei der Einrichtung des 1872 gegründeten Wiener Stadttheaters (Altfahrt 2004: 36f.). Die Dachwohnung seines neu erbauten Ringstraßenpalais’ widmete er ferner als lebenslängliche Freiwohnung für Wiener Dichter.18 Als erster Bewohner zog der aus Kassel stammende, jüdische Dramatiker Salomon Hermann Mosenthal (1821-1877) an die noble Adresse. Mosenthal lebte seit 1842 in Wien und war mit Dramen wie Deborah (1848/49) oder Pietra (1864) und Libretti wie Die lustigen Weiber von Windsor (1849) zu literarischem Ruhm gelangt.19 Als der im Jahre 1871 in den Ritterstand erhobene Burgtheaterdichter 1877 verstarb, hoffte bereits der nächste Ritter auf die freie Wohnung. Mit seiner Pensionierung als Sekretär der Israelitischen Kultusgemeinde im Jahre 1882 musste Frankl seine Amtswohnung in der Seitenstettengasse 4 räumen.20 Jene Gasse wurde von Frankls Sohn Bruno als „düster“ und das Gebäude, in dem sich außer der prächtigen, von Joseph Kornhäusel im Biedermeierstil gestalteten Synagoge auch die Kanzleien, Schulen und Armenanstalten der jüdischen Gemeinde befanden, als ärmlich und unwirtlich beschrieben.21 Die Freiwohnung dagegen, in welche die Familie Frankl nun einzog, bezeichnete Bruno Frankl als „hochgelegenes Dichterheim“ – eine Eigenschaft, die in Zeiten ohne Fahrstühle allerdings nicht eben gesteigerte 17  S. Reich 21868: 177-186, wo nur das Jahr der Adelserhebung angegeben wird; sowie Altfahrt 2004: 13-50, zit. 31; auf 20f. desselben Artikels ist die Erhebung in den Freiherrnstand allerdings (irrtümlich) auf 1871 datiert. 18  S. Erinnerungen von Dr. Bruno von Frankl-Hochwarth, Typoskript (unpaginiert); vgl. auch Bernhard Szana, „Schillers Locke unter dem Hammer“, s. Neues Wiener Tagblatt 23.02.1927: 5. 19  Zur Biographie Mosenthals s. Klüger 2006: 195-217. 20  Meldung der Pensionierung in der Neuen Freien Presse 02.03.1882: 6. Im Jahr 1883 war Frankl bereits am Opernring 10 gemeldet vgl. Adolph Lehmann, s. Allgemeiner Wohungs-Anzeiger Wien 1883: 334. 21  Erinnerungen von Dr. Bruno von Frankl-Hochwarth, Typoskript; Es sei angemerkt, dass der 1890 evangelisch getaufte Bruno Frankl jüdischen Themen reserviert gegenüberstand und auch bei der Schilderung seines Vaters dessen liberalen, weltoffenen Charakter gegen ‚jüdische Engstirnigkeit‘ ausspielte. Doch auch Ottilie Franzos beschrieb das Haus als „düster[.], nicht allzu sauber[.]“, s. Franzos O., Allgemeine Zeitung des Judentums 04.02.1910: 58-60; 11.02.1910: 60.

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Bequemlichkeit verhieß. Doch entschädigten Großzügigkeit und Helligkeit, die Charakteristika der Ringstraßenarchitektur, sowie der Blick „über den schönsten Teil Wiens, über Paläste und Gärten bis zum Kahlengebirge hinan“ für allfälligen Ungemach. Damit scheint nicht nur der Gegensatz zur engen Seitenstettengasse trefflich charakterisiert; Bruno Frankls kontrastierende Beschreibung korrespondiert zudem auffallend mit dem von Carl Schorske festgestellten politischen Paradigmenwechsel der 1860er Jahre, der in der Ringstraßenarchitektur bzw. dem Kontrast zwischen jener und der Baukunst der Innenstadt seinen ästhetischen Ausdruck fand (Schorske 1994: 23-109, besonders 30-34). Mit seiner Übersiedlung von der Seitenstettengasse in das Ringstraßenpalais hatte Frankl also den Triumph des laut Schorske bereits zu Parvenus mutierten, liberalen (jüdischen) Bürgertums leicht zeitverzögert nachvollzogen. Der ehemalige Revolutionär und nunmehrige Ritter Frankl von Hochwart richtete sich in dem mit konterrevolutionärem Geld und Pomp erbauten Palais schnell häuslich ein und verwandelte seine neue Wohnstätte in ein veritables Museum, in dem er sich mit zahllosen teils wertvollen, teils kuriosen Objekten umgab. Frankls Sammelleidenschaft hatte ihn zwar bereits seine Wohnung in der Seitenstettengasse mit Kunstwerken und Erinnerungsstücken füllen lassen, wie Ottilie Franzos anmerkte (Franzos O., Allgemeine Zeitung des Judentums 04.02.1910: 60), doch im Palais Schey konnte er die Sammlung nun im entsprechenden Rahmen präsentieren. Neben der Ablichtung auf einem Foto, das anlässlich der Feier von Frankls 80. Geburtstag entstanden sein dürfte,22 sind zwei detaillierte Beschreibungen der Wohnungseinrichtung erhalten; eine verdanken wir dem bereits zitierten Bericht seines Sohnes Bruno, die andere dem Schriftsteller und Journalisten Bernhard Szana (i.e. Bernhard Stern, 1867-1929),23 der Frankl wenige Wochen vor seinem Tod in dessen Wohnung besucht hatte und sichtlich von der Fülle der dort zur Schau gestellten Objekte fasziniert war: Sein Dichterheim am Opernring war gleichsam ein kleines Museum voller Souvenirs aus den fernen Ländern und Städten, die er besucht, und voller Andenken an Menschen, die er gekannt hatte. […] Das war da eine seltsame Welt mit sonderbaren Figuren, mit Bildern und Teppichen, Köpfen aus Bronze und Händen aus Gips, Autographen in Rahmen, Dolchen und vertrockneten Blumen, kuriosen Tintenfässern und Haarlocken unter Glas – alles systematisch und unsystematisch durcheinander. (Neues Wiener Tagblatt 23.02.1927: 5)

22  S. Abbildung 48. 23  Zu Bernhard Stern, der seinen Namen magyarisierte und sich 1916 amtlich in Szana umbenennen ließ, s. Österreichisches Biographisches Lexikon 2008: 224.

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Während der Sohn die angesammelten Gegenstände mit Personen in Verbindung zu bringen trachtete, um das beeindruckende soziale Netzwerk seines Vaters zu illustrieren, ordnete Szana, was ihm zunächst als kreatives Chaos erschien, hauptsächlich in Themenfelder und charakterisierte Frankls Persönlichkeit somit anhand seiner Sammlung. Ähnlich dem Nachruf in der Neuen Freien Presse begann Szana seine Aufzählung mit Objekten, die Frankls Beteiligung an der Revolution von 1848 demonstrierten, wie etwa „jenes – gottlob – nie gezückte Ehrenschwert, das Frankl als Dichter des ersten zensurfreien Gedichtes in Oesterreich im Jahre 1848 von den Polytechnikern erhalten hatte.“ (Neues Wiener Tagblatt 23.02.1927: 5) In dieselbe Kategorie fielen für Szana „ein eisernes Siegel der Studentenschaft von 1848“, Frankls Säbel, ein „Portrait des Kommandanten der Nationalgarde“ sowie kurioserweise „drei Bilder aus der Geschichte der Menschheit, die Metternich bestellt hatte“, jedoch nicht mehr abholen konnte, da er Wien aufgrund der revolutionären Ereignisse verlassen musste (Neues Wiener Tagblatt 23.02.1927: 5)24. Bruno Frankl erwähnt außerdem ein von Joseph Matthäus Aigner (1818-1886) gemaltes Portrait, auf dem Aigner, der Kommandant der akademischen Legion während der Oktoberkämpfe 1848, Frankl in der Uniform des Medizinerkorps dargestellt hatte. Die Uniform der akademischen Legion wurde vom deutschen Revolutionär und späteren amerikanischen Politiker Carl Schurz (1829-1906) als besonders kleidsam beschrieben,25 weshalb das Portrait wohl zu Frankls Lieblingsbildern zählte.26 Rechnet man die im Nachlass erhaltene umfangreiche Sammlung an Büchern und Originaldokumenten hinzu,27 die Frankl nach eigenen Angaben zusammengetragen hatte, um eine niemals realisierte, „unpartheiische historische Darstellung der Ereignisse des Jahres 1848 in Wien“ zu verfassen,28 so nahmen 24  Zu Metternich s. auch Österreichisches Biographisches Lexikon 2008: 224. 25  „Diejenigen, die vor allen anderen die Aufmerksamkeit der Versammlung sowie des Publikums auf sich zogen, waren die Wiener […]. Sie erschienen alle in der schmucken Uniform der damals weitberühmten ‚akademischen Legion‘ – schwarze Filzhüte mit Straußenfedern; dunkelblaue Röcke mit einer Reihe schwarzer glänzender Knöpfe; schwarz-rot-goldene Schärpen; hellgraue Hosen; Schleppsäbel mit stählernem durchbrochenem Korbgriff; silbergraue Radmäntel mit Rot gefüttert. Diese Uniform war überaus kleidsam und hatte etwas Ritterliches.“ (Schurz 1948: 121f.) 26  S. Portraitverzeichnis im Frankls Nachlass, Wien Bibliothek, Nachlass L. A. Frankl, HIN 25479. 27  Von den 511 Büchern, die die Wienbibliothek mit dem Frankl-Nachlass erworben hat, beziehen sich 335, d.h. zwei Drittel, auf die 1848er Revolution. 28  Gesuch L. A. Frankls an das Militärgouvernment vom Februar 1852, in dem Frankl um Aufhebung seiner Ausweisung aus Wien ansuchte, Wienbibliothek, Nachlass L. A. Frankl,

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die Erinnerungsstücke von 1848 sicher den bedeutendsten Platz in Frankls ‚Museum‘ ein. Dies korrespondiert mit dem Befund seiner Freunde und Zeitgenossen, dass sich Frankl in seinen späteren Lebensjahren vornehmlich als Aktivist und Chronist der Revolution verstand. Ferner führen beide Beschreibungen eine beeindruckende Galerie an Dichterportraits auf, die Frankl seinen Freunden gegenüber als „Gallerie Frankl“ bezeichnete (Frankl‑Hochwart B. 1897: 150, 154).29 Viele der Modelle waren durch Mitgliedschaft in der von 1817-1826 florierenden ‚Ludlamshöhle‘ miteinander verbunden – einer literarischen Gesellschaft, die auch einige prominente Juden zu ihren Mitgliedern zählte und 1826 der politischen Repression des Biedermeiers zum Opfer gefallen war (Belke 1998: 311-320). Frankl fühlte sich ihrer Geisteshaltung eng verbunden; er hatte 1855 die Wiederbelebung der Gesellschaft mitiniziiert und den Namen „Grüne Insel“ ausgewählt (Springer 1979: 54f.; Foges, Neues Wiener Journal 22.05.1918: 3f.). Die Auflistung weiterer Portraits und ‚Reliquien‘, wie etwa gerahmte Locken von Schiller und Grillparzer sowie ein Gipsabdruck der Hand von Friedrich von Amerling (1803-1887) – setzt Frankl nicht nur mit bekannten Dichtern seiner Zeit in Beziehung, sondern demonstriert auch seine Verbindung zu bildenden Künstlern; neben den erwähnten Aigner und Amerling, stand er mit Carl Rahl (1812-1865), Moritz von Schwind (1804-1871), Friedrich Schilcher (1811-1881), Heinrich Hollpein (1814-1888), dem ‚Hundemaler‘ Johann Matthias Ranftl (1804-1854), dem Bildhauer Hanns Gasser (1817-1868) und vielen anderen in Kontakt. Bereits im Jahre 1842 hatte Frankl den bildenden Künsten einige Seiten in den Beilagen seiner Sonntagsblätter gewidmet; ab Januar 1843 erschien das Kunstblatt als separate monatliche, ab 1846 sogar 14-tägige und zeitweise wöchentliche Beilage.30 Damit hatte es in der Habsburger Monarchie eine Pionierrolle inne und informierte ein breites Publikum sowohl bezüglich kunstgeschichtlicher Diskussionen als auch über neue Trends in den bildenden Künsten. Seine Mission wurde durch Künstlerbiographien komplettiert, die sich unter ZP H 7-F 7; Im Zuge des Ausweisungsverfahrens wurde u.a. die Frage erörtert, ob Frankl diese historische Arbeit, zu deren Abfassung er mit radikalen Revolutionären korrespondierte, auf eigene Initiative durchgeführt hatte oder – wie er behauptete – vom damaligen Innenminister Alexander Freiherr von Bach dazu beauftragt worden war. Polizeiminister Kempens persönliche Nachfrage bei Bach ergab, dass letzterer Frankl zwar nicht beauftragt, aber mit Material versorgt hatte, s. Mayr 1931: 225 (Eintrag: 30. August). 29  Frankl schickte Auersperg 1863 Fotos von einigen dieser Gemälde. 30  Zur Bedeutung der Kunstblätter in den Sonntagsblättern und innerhalb der österreichischen Medienlandschaft im Vormärz s. Dollar 1932: 110-127.

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dem Titel „Gallerie [sic] vaterländischer Künstler“ zunächst den Kunstschaffenden der Habsburger Monarchie widmeten,31 später aber auch internationale Künstler miteinbezogen.32 Neben den traditionellen Genres wie Malerei, Plastik und Architektur beschäftigten sich die Kunstblätter auch mit innovativen Techniken, wie zum Beispiel der Daguerreotypie, die ab 1839 einen raschen Siegeszug durch ganz Europa antrat. Frankl war von dieser neuen Technik sichtlich fasziniert und verwendete sie ab den 1860er Jahren unter anderem, um seine Sammlung zu dokumentieren und auch entfernt lebende Freunde an seinen ‚Schätzen‘ teilhaben zu lassen (Frankl‑Hochwart B. 1897: 150f.; 154f.) Frankl hatte sich im Laufe seiner Redaktionstätigkeit also ernsthaft mit Kunst und Künstlern auseinandergesetzt. Trotzdem dürfte der ideelle Wert seiner Kunstsammlung, die hauptsächlich aus Werken zeitgenössischer österreichischer Maler und Bildhauer bestand, den künstlerischen und ökonomischen weit überstiegen haben. Die Sammlung verdankt sich teilweise wohl Freundschaftsgeschenken von ihm verbunden Künstlern, zum anderen Teil ist sie jedoch im Rahmen von bürgerlichem Mäzenatentum zu interpretieren. Auf Wunsch ihrer Eltern schenkten Ludwig Augusts Söhne, Lothar und Bruno, dem Museum der Stadt Wien im Jahre 1895 einen Teil dieser Sammlung, nämlich die Ölgemälde von Ida Pfeifer, Anton Pannasch, Nikolaus Lenau, Joseph Hammer-Purgstall, Heinrich Hollpein, Christine Hebbel und Ludwig August Frankl sowie die Gipsbüsten von Salomon Hermann Mosenthal und Joseph Hammer-Purgstall (Wiener Zeitung 07.09.1895: 3). Besser bekannt ist Frankls Engagement für Musik, das sich ebenfalls bereits in einer speziellen Rubrik der Sonntagsblätter geäußert hatte.33 Wie die meisten seiner bourgeoisen Zeitgenossen, empfand Frankl Musik als integralen Teil bürgerlichen Bildungsgutes, dessen Pflege er als kulturellen wie auch patriotischen Auftrag verstand. Demgemäß betonte er in der Biographischen Skizze seines jung verstorbenen Bruders David Bernhard (1820-1859), dass selbiger bereits als Knabe in Chrást/Chrast „Unterricht in Klavierspiel und Gesang“ erhalten habe. Diese Kenntnisse hätten ihm während seiner Jugendzeit in Wien eine Stelle als „Chorknabe beim israelitischen Tempel“ verschafft, 31  Die erste der in diesem Rahmen publizierten Biographien galt Frankls Cousin, dem aus Mähren stammenden jüdischen Maler Leopold Pollak, s. Runing, Sonntagsblätter 01.01.1843: 19-21. 32  Die Fokuserweiterung scheint sich dem Publikumswunsch zu verdanken, wie in einem am 30.06.1844 (mit Anmerkungen der Redaktion) publizierten Brief dargelegt wurde, s. Sonntagsblätter 30.06.1844: 617f. 33  Zu den Musikkritiken in den Sonntagsblättern s. den Beitrag von Barbara Boisits in diesem Band: 157-182.

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wobei – unter fachkundiger Führung des als Musiker allgemein geschätzten Oberkantors Salomon Sulzer (1804-1890) – nicht nur David Bernhards musikalische Ausbildung vorteilhaft ergänzt wurde, sondern auch das Monatseinkommen der Brüder (Frankl 1860: 12-14). Obwohl Frankl als ältester Sohn selbst wohl kein Instrument erlernt hatte, gehörte das „Streicher’sche Klavier“, auf dem vermutlich seine Frau Paula und die beiden Söhne spielten, zum unverzichtbaren Inventar seines bürgerlichen Heims. Der materiellen Repräsentation von Musik in seiner Wohnung entsprechen auf der ideellen Ebene Frankls Bemühungen um die Errichtung von steinernen Zeugnissen für Beethoven und Gluck sowie sein ‚Denkmal im Wort‘ für die blinde Wiener Pianistin Maria Theresia Paradis (1759-1824), deren erste Biographie er 1876 verfasste.34

2. „Das Monument ist die Plastik der Erkenntnis“35 Neben Bruno Frankl und Bernhard Szana zeigte sich auch Ottilie Franzos (1856-1932), Frau des Schriftstellers Karl Emil Franzos (1848-1904), von den mehr oder weniger wertvollen Erinnerungstücken in Frankls Wohnung fasziniert. Ihre zu Frankls 100. Geburtstag in der Allgemeinen Zeitung des Judentums veröffentlichten rhapsodischen Erinnerungen ordneten Frankls Sammlung nach den unorthodoxen Kriterien persönlicher Betroffenheit. Im Gegensatz zu den systematischen und detailgetreuen Darstellungen der beiden Männer benützte sie die eklektische Beschreibung einzelner Objekte zu einer – im Sinne von Daniel Miller – direkten Charakterisierung des biographischen Subjekts durch die ihn umgebenden Gegenstände. Die bei einer Tischgesellschaft anwesenden Personen beschrieben den Gastgeber ihrer Meinung nach im selben Maße wie die den Tisch umgebenden Bilder und Plastiken, die am Gespräch teilzuhaben schienen: Beethovens Büste, der einzige, nachweisbar noch erhaltene Abguß von zwölf unmittelbar nach Abnahme der Totenmaske, angefertigten, grüßte von einem Postamente, eben-

34  Zu den Musikermonumenten s. Einleitung: 11-46. Zur theoretischen Diskussion von Frankls Biographie- und Denkmalmanie s. den Beitrag von Herlinde Aichner: 275-290. 35  Sonntagsblätter 30.01.1842: 77f.

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so eine wunderschöne Verkleinerung des Schillerdenkmals.(Allgemeine Zeitung des Judentums 11.02.1910: 69)36

Treffsicher hatte die Biographin Frankl damit als Denkmalsetzer portraitiert und gleichzeitig die chronologischen Eckdaten seines Engagements festgelegt. Sein in den Sonntagsblättern vom 10. August 1845 publizierter Aufruf zur Restaurierung von Beethovens Grabmal am Wiener Währinger Friedhof (Frankl, Sonntagsblätter 10.08.1845: 745-747), der nach erfolgreicher Spendensammlung innerhalb eines Jahres das gewünschte Ergebnis zeitigte, war noch eine Woche vor Schweigerds Initiative für das Gluck-Denkmal am Matzleinsdorfer Friedhof erfolgt (Schweigerd, Sonntagsblätter 17.08.1845: 779f.).37 Beide Autoren argumentierten, dass sowohl Pietät als auch Wiens Image als Musikstadt den sorgsamen Umgang mit den Gräbern der Meister gebieten würden. Die Gegenwart hatte eine Schuld an der Vergangenheit abzutragen, um den Genius für die Zukunft zu bewahren. Im Unterschied dazu hatte der aus Olomouc/Olmütz stammende Literat Adalbert/Albert Rimmer (1818-1855) in einem 1842 in den Sonntagblättern veröffentlichten Artikel das Bedürfnis nach Heroisierung der Ahnen mit Mangel an eigener Kreativität erklärt: Unsere Zeit ist keine schöpferische Zeit im eigentlichen Sinn, sondern vielmehr eine solche, welche benützt, verarbeitet, Consequenzen zieht und einen reichen vorhandenen Stoff vielfach zu gestalten weiß […]. Diese schmarotzende Stellung der gegenwärtigen Epoche zur vorausgegangenen Periode muß ihr natürlich eine Pflicht des Dankes auferlegen, die sie den Lebenden nicht mehr abtragen kann, und es deshalb in Stein und Erz zu thun versucht; der Dank der Zeit wird zur Pietät und die Unmöglichkeit einer unmittelbaren Anerkennung erschafft den Kultus der Kunst. Immer sind die großen Geister ihrer Generation vorangeeilt und das, was sie wirkten und dachten, gehörte mehr der Zukunft an, als ihren Zeitgenossen, die sie nicht verstanden; […D]as Wort der Bewunderung, welches das verweste Ohr nicht mehr entzückt, wird zur goldenen Inschrift, und die Thränen so vieler Tausende versteinern sich zum glänzenden Marmorblock. (Sonntagsblätter 30.01.1842: 77f .)

Laut Rimmer war die ‚Manie des Denkmalsetzens‘ also nicht bloß ein Akt des Philistertums, wie die aufbrandende Kritik im Vormärz behauptete, sondern die prinzipielle Bankrotterklärung der Gegenwart. Die unter zahlreichen Protesten 1842 in Salzburg aufgestellte Mozart-Statue wäre demnach nicht als Triumph bürgerlicher Freisinnigkeit zu verstehen, wie Frankl dies in seinen Erinnerungen insinuierte (Hock 1910: 314), sondern als Stein gewordene Erkenntnis eigener Unzulänglichkeit. 36  Franzos’ Wohnungsbeschreibungen bezogen sich allerdings – wie erwähnt – hauptsächlich auf die Wohnung in der Seitenstettengasse. 37  S. dazu Einleitung: 11-46.

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Mit Ausnahme der erwähnten Grabmäler für Beethoven und Gluck38 fielen Frankls Denkmalsetzungen hauptsächlich in die zweite Jahrhunderthälfte, welche die Errichtung von Denkmälern in den Kontext bürgerlicher und/ oder nationaler Selbstvergewisserung stellte. Für Juden und Jüdinnen bedeutete das Engagement für die Helden deutscher Kultur darüber hinaus auch eine emphatische Loyalitätserklärung für die kulturellen Werte der Mehrheitsgesellschaft. Im Falle des Schillerdenkmals, dessen Errichtung Frankl seit 1868 energisch betrieb, ergab sich zusätzlich die Möglichkeit einer patriotischen Geste – dem Propagandisten deutscher Einheit in Wien ein Denkmal zu errichten, konnte vor allem nach Österreichs Niederlage bei Königgrätz als Missbilligung der sogenannten ‚kleindeutschen Lösung‘, d.h. der Einigung der deutschen Staaten unter der Führung Preußens, verstanden werden (Kapner 1973: 37). Im Namen Schillers gedachten die Organisatoren, partikularistische Nationalismen der verschiedenen Kronländer zu transzendieren und die Monarchie unter dem Banner einer universalistisch orientierten deutschen Kultur zu einigen.39 Die brisante politisch-patriotische Dimension sollte die Umsetzung des Unternehmens wiederholt verzögern und behindern. Gemeinsam mit seinem Freund, dem Dichter und Reichsratsabgeordneten Anton Alexander Graf von Auersperg (=Anastasius Grün, 1806-1876), gründete Frankl ein Komitee, das am 21. März 1868 „einen schönen und eindringlichen Aufruf“ zur Errichtung eines Schillerdenkmals in Wien publizierte.40 Die zwischen den beiden Freunden geführten Diskussionen um die Denkmalserrichtung sowie die Dankesbekundungen an Frankl anlässlich der Enthüllung lassen vermuten (Neue Freie Presse, Abendzeitung 10.11.1876: 2), dass Auersperg hauptsächlich die Repräsentation nach außen wahrnahm, während Frankl nicht nur für die Organisation verantwortlich war, sondern auch als Ideenlieferant fungierte. Im Gegensatz zu Auersperg hatte er sich von Anfang an für den letztlich gewählten Aufstellungsort, vor der 1877 fertiggestellten Akademie der bildenden Künste schräg gegenüber vom Palais Schey, ausgesprochen und bereits das erst im Jahre 1900 realisierte Goethedenkmal auf der gegenüberliegenden Seite des Rings miteingeplant (Frankl‑Hochwart  B. 1897:  275f.). Den Großteil der Finanzierung musste Frankl mit Stefan von 38  S. Einleitung: 11-46. 39  Wie sehr das Denkmal trotzdem als ‚deutsche Sache‘ gesehen wurde, offenbart u.a. Frankls Beschreibung seiner Schwierigkeiten mit der tschechischen Nationalbewegung beim Versuch, ein Schiller-Komitee in Prag zu gründen, s. von Frankl‑Hochwart B. 1897: 279-282. 40  Der Aufruf konnte trotz prominenter Unterzeichner jedoch nur einen bescheidenen Betrag lukrieren; s. von Frankl‑Hochwart B. 1897: 363; Zur Dokumentation der Aktivitäten s. Kapner 1973: 104-125.

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Schey, dem Kassier des Denkmal‑Komitees, durch die Organisation von Theatervorstellungen und Konzerten „ergaukeln“ bzw. in tausenden Briefen „erbetteln“ (Frankl‑Hochwart B. 1897: 363f.). Die Denkmalserrichtung erwies sich nicht nur als viel langwieriger als geplant, sondern auch als weitaus kostspieliger. In einem Brief an Auersperg vom 11. Januar 1876 klagte der gegen Ende des Projekts zusehends frustriete Frankl, dass das Denkmal statt der geplanten 60.000 fl. nun 100.000 fl. kosten würde, „plus neunjähriger, hingebendster, selbstlosester Arbeit von einer kleinen Gruppe“ (Frankl‑Hochwart B. 1897: 363).41 Wie er am Ende eingestehen musste, hatte selbst der praktisch veranlagte Frankl die – nicht zuletzt politisch bedingten – Hindernisse grob unterschätzt. So führte beispielsweise die Wahl des Bildhauers im Januar 1871 zu einem politischen Patt, das die Demission der internationalen Jury nach sich zog. Die aus 44 eingesandten Entwürfen ausgewählten Favoriten waren der aus Böhmen stammende ‚österreichische‘ Bildhauer Antonín Pavel Wagner (1834‑1895) und der Dresdner Johannes Schilling (1828-1910). Während sich die beiden österreichischen Jury-Mitglieder für Wagner aussprachen, votierten der deutsche und der Schweizer Juror für Schilling. Da sich Auersperg als Obmann der Jury weigerte, seine Stimme in die Waagschale zu werfen, löste sich selbige auf. Die Entscheidung wurde daher an das Denkmal-Komitee delegiert, das mit 15 gegen 2 Stimmen für Schillings Entwurf stimmte, der allerdings modifiziert werden sollte (Frankl‑Hochwart B. 1897: 304).42 Auch die Bitte des Denkmal-Komitees an das Kriegsministerium, „ihm für die Statue das Erz unbrauchbarer Kanonen zu überlassen“, wurde zunächst vermutlich aus politischen Gründen abgelehnt (Frankl‑Hochwart B. 1897: 307-311). Frankls vom Denkmal-Komitee akzeptierter Vorschlag, „den Grundstein von Marbach her zu bestellen, daß sich Schiller in Österreich auf wirklich ‚heimischen Boden‘ fühle“ (Frankl‑Hochwart B. 1897: 315), nimmt den politischen Konflikt ebenso augenzwinkernd auf wie Auerspergs Vorschläge für eine Denkmalinschrift: „Auch das ‚Seid einig, einig!‘ kam mir in patriotischer Anwandlung einmal in den Sinn, aber ich ließ es wieder fallen, denn ich möchte nicht einmal diese Einheit mit Polaken, Raizen, Kurutzen […]“, schrieb er im April 1875 an Frankl (Frankl‑Hochwart B. 1897: 348). Die Aussichtslosigkeit selbst innerhalb des Denkmal-Komitees einen Kompromiss bezüglich 41  In einem ähnlichen Zusammenhang konstatierte Frankl, dass er sich auf das Projekt nicht eingelassen hätte, wenn ihm die Dauer von Anfang an bewusst gewesen wäre. Er war der Meinung gewesen, dass es sich in etwa zwei Jahren realisieren lassen würde, ibid.: 367. 42  Auch Auersperg sprach sich nun, da der ‚patriotisch Druck‘ wegfiel, für Schilling aus.

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Inschriften zu finden, zwang den wortgewaltigen Proponenten deutscher Einheit schließlich, der Wiener Bevölkerung stumm gegenüberzutreten.43 Trotz Prominenz und Sichtbarkeit des Denkmals an einem zentralen Platz der Wiener Ringstraße, lässt die Forschung einige Fragen offen – darunter auch jene nach dem Verbleib von Schillers Locke. Im Sommer 1872 hatte Schillers jüngste Tochter Emilie von Gleichen‑Rußwurm (1804-1872) auf Frankls wiederholte Bitte einen Originalbrief und eine Locke des Dichters „als Reliquie für den Grundstein“ des Denkmals nach Wien gesandt. Frankl zeigte sich über diese Gabe hoch erfreut, konnte aber seinen Kummer angesichts der Tatsache, dass die Locke bald für ewig „ihr posthumes Grab“ finden würde, nicht verbergen; während die Idee des Briefes durch Abschrift und Veröffentlichung der Nachwelt erhalten bliebe, wäre das Haupthaar des Genius für immer verloren. Er regte daher an, die Locke statt dessen „im Museum oder in der Bibliothek unter Glas“ aufzubewahren (Frankl‑Hochwart  B. 1897: 316f.). Auersperg, dessen Herz zudem eher an dem Brief als „ein unmittelbares Produkt seiner [Schillers] Hand“ hing, wies Frankl darauf hin, dass weder er noch das Denkmal-Komitee befugt wären, die Reliquien vor dem Begraben werden zu retten, nachdem Schillers eigene Tochter sie „zum Versenken in die Fundamente des Denkmals“ bestimmt habe. Denn eben dadurch werde das Monument mit dem Dichter in einen „weihevollen Zusammenhang gebracht“ (Frankl‑Hochwart B. 1897: 320). Frankl fügte sich scheinbar den Ermahnungen des Freundes und von Schillers Tochter, die im November desselben Jahres verstarb, ist keine anderslautende Verfügung bekannt. Am 10. November 1876 wurde das Wiener Schillerdenkmal mit einem großen Festakt in Anwesenheit des Kaisers, des Wiener Gemeinderates und zahlreicher Festgäste eingeweiht.44 Schillers Familie war durch seinen Enkelsohn Baron Ludwig von Gleichen‑Rußwurm vertreten. Nach Frankls Festrede wurde das Denkmal zu den Klängen eines von Mendelssohn-Bartholdy vertonten Schillergedichts enthüllt. Anschließend überreichte das Komitee der Stadt Wien eine Schenkungsurkunde für das Denkmal, wofür es ein von Bürgermeister Cajetan Feldner unterzeichnetes Dankesschreiben entgegennehmen 43  S. Abbildung 41. Als einzige Inschriften wurden auf der Vorderseite „Schiller“ und auf der Rückseite „Errichtet 1876“ angebracht; die beiden Seiten blieben leer. 44  Alle großen Zeitungen brachten ausführliche Berichte über die Feierlichkeiten s. etwa „Enthüllung des Schillerdenkmals“, in Neue Freie Presse, Abendzeitung: 2; „Enthüllungsfeier des Schiller-Denkmals“, in Wiener Abendpost (Beilage zur Wiener Zeitung) 10.11.1876: 2f; „Zur Enthüllung des Schiller-Denkmals in Wien“, in Neue Illustrirte Zeitung 12.11.1876: 1f; „Das Schiller-Monument“ in Illustrirtes Wiener Intelligenz Blatt 15.11.1876: 1-3.

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konnte, in dem Frankl besondere Anerkennung für seine Bemühungen ausgesprochen wurde. Die eigentliche Feier wurde von einem breitgefächerten Rahmenprogramm begleitet, das einen Fackelzug der Studenten am selben Abend ebenso beinhaltete wie die Aufführung zahlreicher Schillerstücke an verschiedenen Wiener Theatern.45 Außerdem beantragte Unterrichtsminister Karl von Stremayr (1823-1907) „aus Anlaß der Enthüllung des Schiller‑Monuments in Wien“ am 11. November 1876 die Verleihung des Ordens der eisernen Krone 3. Klasse für den „Schriftsteller Ludwig August Frankl“; der Kaiser genehmigte den Antrag am 14. desselben Monats. Im Dezember erhielt Frankl schließlich das Ritterstanddiplom und das Prädikat „von Hochwart“ verliehen.46 Das jahrelange aufreibende Engagement für das Denkmal wurde also durch höchste soziale Anerkennung belohnt. Frankl hatte als Erinnerung an seine mühselige Tätigkeit jedoch mehr aufbewahrt als die von Ottilie Franzos erwähnte wunderschöne „Verkleinerung des Schillerdenkmals“. Im Jahr 1927 begann Bernhard Szana seine Beschreibung von Frankls Wohnung mit folgenden Worten: Das Dorotheum kündigt für die nächsten Tage die Versteigerung einer Locke Friedrich Schillers an, beglaubigt und besiegelt von Ludwig August Frankl, der die Locke von Schillers Enkelin erhielt. Also ist auch L. A. Frankls Schatz an literarischen Erinnerungen und Reliquien in alle Welt zerstreut worden und ein Wiedersehen mit den einzelnen Stücken nur im Versatzamt oder Auktionssaal möglich. Wie war das alles einst so wundervoll vereinigt in dem einen Raum im Hause am Opernring! (Neues Wiener Tagblatt 23.02.1927: 5)

Szana meinte, Frankl habe die in eine goldene Lyra eingefasste Locke „zum Dank für seine Bemühungen um das Zustandekommen des Wiener SchillerDenkmals von Schillers Enkelin Emilie v. Gleichen-Rußwurm am 30. Mai 1875“ erhalten (Neues Wiener Tagblatt 23.02.1927: 5).47 Das Datum der Zertifizierung sowie die Behauptung, dass Frankl ‚seine‘ Schiller-Locke von Schillers Enkelin bekommen habe, legen die Existenz einer weiteren ‚Reliquie‘ nahe, mit der Schillers Familie Frankls Einsatz für das Denkmal dankbar gewürdigt hatte. Zweifelhaft erscheint die Geschichte jedoch aufgrund des Umstands, dass Schillers 1872 verstorbene Tochter Emilie von Gleichen‑Rußwurm nur ein einziges Kind hatte, nämlich den impressionistischen Landschaftsmaler 45  S. „Festordnung für die Enthüllung des Schiller-Denkmals am 10. November 1876“, abgedruckt in der vom Schiller Denkmal-Comité herausgegebenen Broschüre: 89-91, WStLA, Kl. Bestände, Denkmäler und Brunnen, A 33-11, M. 24. 46  S. Vortrag des k.k. Unterrichtsministers v. Stremayr vom 11. Nov. 1876, HHStA, Kabinettskanzlei, Kt. 18, ZL. 4115, 1876 sowie Verleihung des Ritterstanddiploms vom 10.12.1876, ÖStA, AVA, Adelsakten L. A. Frankl 10.12.1876. 47  Hervorhebung L. H.

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Ludwig von Gleichen-Rußwurm (1836-1901), der auch zur Enthüllung des Wiener Denkmals angereist war. Trotz ihrer fragwürdigen Zertifizierung wurde Schillers Locke in der 60. Großen Sonderauktion des Wiener Dorotheums vom 10.-12. März 1927 unter der Nummer 40a versteigert.48

3. Aus Egypten – „Sklaven waren wir des Pharaos in Mizrajim“49 Beide Wohnungsbeschreibungen beschreiben übereinstimmend ein verschollenes Gemälde von Carl Rahl, das einen jungen Schwarzen darstellte (Szana, Neues Wiener Tagblatt 23.02.1927: 5).50 Das Portrait des ‚Mohrensklaven Musa‘ hatte in den 1850er Jahren wohl einige Berühmtheit erlangt, weshalb sich manche von Frankls Freunden Kopien anfertigen ließen (Frankl 21868: 216), die bedauerlicherweise ebenso wenig lokalisiert werden konnten wie das Original. Das Bild gehörte in die Reihe ‚orientalischer Accessoires‘, durch die Frankl seinen Status als Orientreisender und -experte dokumentierte. Dazu zählten außerdem „eine wundertätige Steinnelke vom Berge Karmel“, ein Geschenk vom Prior des Karmel-Klosters, sowie ein silbernes Schreibzeug, ein Präsent des legendären algerischen Gelehrten und Freiheitskämpfers Abd el-Kadr (1808-1883) (Szana, Neues Wiener Tagblatt 23.02.1927: 55), der seit 1855 in Damaskus im Exil lebte, wo Frankl ihn 1856 auf seiner Reise nach Jerusalem besucht hatte.51 Während diese beiden Andenken bzw. die mit ihnen verknüpften Geschichten Frankls Weltläufigkeit und vor allem seine freundschaftlichen Beziehungen zu Würdenträgern anderer Religionen demonstrieren, verweist Musas Portrait eher auf den ambivalenten Charakter von Frankls Mission an der Grenze zwischen humanitärem Engagement und kolonialen Interessen. Geradeso kurios wie Sujet und Schicksal des Bildes ist nämlich Frankls Geschichte des jungen Sklaven, da sich darin höchst widersprüchliche Moti48  S. Wiener Dorotheum Auktionskatalog, 60. Große Sonderauktion, 10.-12.03.1927: 6; die Objektbeschreibung korrigierte zwar „Enkelin“ zu „Tochter“ behielt aber das von Frankl angegebene Datum bei. 49  Mizrajim [Hebr.] = Ägypten; Zitat aus der Pessach-Hagadah, mit dem die heilsrelevante Erzählung vom Auszug aus Ägypten eingeleitet wird. 50  S. auch Erinnerungen von Dr. Bruno von Frankl-Hochwarth, Typoskript. Frankl selbst erwähnte das Portrait außerdem in einem Brief an Auersperg vom 11.05.1863, s. von Frankl‑Hochwart B. 1897: 154 f. 51  Eine Beschreibung der Begegnung in Damaskus findet sich in Frankl 1858: I, 357-364.

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ve verbinden. Bereits in einem Anfangskapitel seiner Reisebeschreibung Aus Egypten erwähnt Frankl den mysteriösen „Auftrag, einen schwarzen Knaben auf einem Sklavenmarkte Egyptens zu kaufen“ und in die Heimat mitzubringen (Frankl 1858: I, 38).52 Dieses Geschäft verwickelte ihn im Laufe seines Aufenthaltes in wiederholte Diskussionen über Kaufkriterien und Preise, Rassenunterschiede sowie den Wert und Vorteil schwarzer Sklaven. Im diskursiven Textaufbau zeichnet sich hierbei eine interessante Rollenverteilung zwischen kolonialer und einheimischer Bevölkerung ab, bei der der europäische Jude Frankl eine Zwischenposition einnimmt. Während die Kolonialmächte – repräsentiert durch den österreichischen Konsul, einen Naturforscher und einen Grafen – den Warencharakter von Sklaven unterstreichen, indem sie ungeniert über deren körperliche Vorzüge wie Nachteile diskutierten und Frankl belehrten, „wie etwa ausgepichte Roßtäuscher, wenn sie einen guten Freund von einem schlechten Pferdekauf retten wollen, ihn unterrichten möchten“ (Frankl 1858: I, 42-44), verhalten sich die ‚Orientalen‘ deutlich zurückhaltender und respektvoller.53 Augenfällig wird der Unterschied beim Vergleich der frivolen Unterhaltung zwischen den vier Österreichern (Frankl, der Konsul, der Naturforscher und der Graf) und Frankls Gespräch mit den Gelehrten der Kairoer jüdischen Gemeinde. Auf die Frage, ob ihnen der Besitz von Sklaven erlaubt sei, antworteten letztere nicht mit einer Referenz auf die staatliche Gesetzgebung, sondern dem Hinweis, dass sie „in einem Lande, wo unsere Vorfahren das bittere Los der Sklaverei empfunden haben, dasselbe nicht [ihren] Nebenmenschen bereiten wollen“ (Frankl 21868: 158). Die sich daran entzündende religiöse Debatte über das Sklavenwesen im Judentum bewog Frankl schließlich, in seine Reisebeschreibung eine historische Abhandlung zum Thema einzuflechten, verfasst vom ungarischen Rabbiner und Herausgeber der Wochenschrift Die Neuzeit Simon Szántó (1818-1882), der die menschfreundliche Behandlung von Sklaven in der jüdischen Lehre und Praxis betonte.54 Drei Kapitel später wird das Motiv des Sklavenkaufs erneut aufgenommen, indem der einheimische Fremdenführer Frankl anweist, im Bade unauf52  Zwei Parallelbeschreibungen der ‚Musa-Episode‘ – allerdings ohne Erwähnung des mysteriösen Auftrags – erschienen unter Frankl, Die Presse 30.03.1859: 1f., 31.03.1859: 1f. sowie Frankl 1878: 21-39. 53  Selbst angesichts der Annahme, dass ein Teil der Zurückhaltung dem offiziellen Verbot des Sklavenhandels geschuldet war – wie Frankl mehrmals betonte – bleibt der Unterschied signifikant. 54  Das Sklaventhum bei den Juden“, ibid.: 160-168; Zu Szántó und seiner Zeitschrift s. Hecht D. 2013: 223-240.

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fällig auf die ihn bedienenden Knaben zu achten, da sie Sklaven und zu kaufen wären. Allein die Tatsache, dass der Orientale Frankls Insistieren auf den Kauf eines Knaben als Homophilie bzw. Pädophilie (miss)versteht, erlaubt es Letzterem, trotz seines fragwürdigen Unternehmens moralische Überlegenheit zu demonstrieren (Frankl 21868: 197-203). Wenig später arrangiert der beflissene Führer einen Besuch im Hause eines Sklavenhändlers, der Frankl aber durchaus weibliche Sklaven verkaufen wollte. Auf die Nachfrage, ob er auch schwarze „jüdische Sklaven“ besitze, schlug der findige Händler vor, ein ‚Paar‘ schwarzer Sklaven zu kaufen und es zum Judentum zu konvertieren, um sich hernach rühmen zu können, „dem weißen Stamm der Juden schwarze Früchte aufgepfropft zu haben“ (Frankl 21868: 208). Wiewohl die Leserin sich des Eindrucks kaum zu erwehren vermag, dass der Händler seinen offensichtlich nicht kauffreudigen, ausländischen Kunden auf den Arm genommen hatte, verließ Frankl das Etablissement voll moralischer Entrüstung. Am nächsten Tag wurde ihm jedoch – ohne nähere Angabe der Umstände – ein wahrhaft schöner, zwölfjähriger Knabe ins Hotel gebracht, den er umgehend zu kaufen beschloss. Die von Frankl gegebene Erklärung zum Namen des schwarzen Sklaven soll die Leserin offensichtlich von den hehren und menschenfreundlichen Motiven seines Handel(n)s überzeugen: Der erste Name meines Knaben, Musa, was im Arabischen Mose bedeutet, gab Veranlassung zu der in den Zeitungen wiederholten Nachricht, daß ich einen jüdischen Sklaven aus der Sklaverei befreit habe. Er war in seiner Jugend geraubt und, unter Mohammedanern lebend, ein Gläubiger des Islam. (Frankl 21868: 209)

Frankls Interesse am Kauf eines schwarzen Sklaven erklärt sich somit scheinbar durch das traditionelle jüdische Gebot zum Freikauf jüdischer Gefangener; ein Motiv, das schon in den Kapiteln über die humane Behandlung von Sklaven im Judentum angelegt scheint. Doch während die Leserin noch sinniert, ob und allenfalls wie Frankl den zwangskonvertierten Knaben zum Judentum zurückführen werde, erklärt selbiger seinen anfangs erwähnten Auftrag nun näher. Ein Herr habe ihm den Wunsch mitgeteilt, „einen schwarzen Knaben zu besitzen“ und ihm zu diesem Zweck 400 fl. zur Verfügung gestellt (Frankl 21868: 210).55 Dies war schließlich die Summe, um die er Musa erwarb. Außer zur Bereitstellung der Kaufsumme tritt jener ominöse Herr allerdings nicht mehr in Erscheinung und Musas jüdischer Wurzeln wird auf den weiteren zwanzig seiner Geschichte gewidmeten Seiten nicht wieder gedacht; auch lässt sich in Musas „mit seinen eigenen Worten“ erzählten Lebensgeschichte kein Hinweis auf Zwangskonversion finden (Frankl 21868: 221-223). 55  Hervorhebung L. H.

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Zudem trachtete Frankl von Anfang an, sich Zuneigung und Vertrauen des Knaben durch Geschenke und Aufmerksamkeiten zu sichern. Es scheint also vielmehr, dass Frankl den Knaben nicht in fremdem Auftrag, sondern zur Aufmunterung seiner „seit Jahren sterbenden“ ersten Frau Ernestine (geb. Wiener, 1821-1857) gekauft hatte, deren eigener, bald nach der Geburt verstorbener Sohn 1856 ebenfalls zwölf Jahre alt gewesen wäre (Frankl 21868: 216). Der Sklavenkauf wäre somit weder als zynischer Menschenhandel noch im Rahmen jüdischer Gebote zu interpretieren, sondern gleichsam als ‚Adoption aus dem Ausland‘, als naiv-linkischer Versuch eines Ehemannes, die nunmehr kinderlos gebliebene, leidende Frau für seine lange Abwesenheit von zu Hause sowie diverse eheliche Konflikte zu entschädigen.56 Diese Annahme wird unter anderem durch Frankls Ausspruch erhärtet, dass ihm „nichts im Leben so viel Sorge, Entsetzen und Teilnahme bereitet“ habe, wie dieser Knabe (Frankl 21868: 228).57 Dementsprechend nahm er sich – nach Wien zurückgekehrt – der materiellen Ausstattung und Bildung seines ‚Adoptivkindes‘ zunächst rührend an und ließ auch das oben erwähnte Portrait von Rahl anfertigen.58 Nach dem Tod seiner ersten Frau im Februar 1857 begann er freilich, die Erziehung des Knaben zu vernachlässigen und seine Geduld mit Musas Streichen verringerte sich proportional zu dessen Erfindungsgabe. Zwar nahm er ihn bereitwillig gegen rassistische Anfeindungen in Schutz,59 doch fühlte er sich dem aufmüpfigen Benehmen des früh pubertierenden Jugendlichen, der sich weigerte, weiterhin die Schule zu besuchen, aber aufgrund seines Aussehens auch keine Lehrstelle finden konnte, sichtlich nicht gewachsen. Zudem schien ihn Musas „mohammedanisches Glaubensbekenntnis“ in Konflikt mit den Behörden oder einflussreichen Leuten innerhalb der jüdischen Gemeinde gebracht zu haben.60 Unter diesen Umständen war es mir erfreulich, daß der aus Jerusalem eben in Wien anwesende österreichische Generalkonsul Graf Pizzamano an dem Knaben Wohlgefallen fand und ihn seiner Gartenkunde und der deutschen Sprache wegen gut in seinem Hause benützen zu können glaubte. 56  Zu Ernestine Frankl und den ehelichen Konflikten s. den Beitrag von Dieter Hecht: 47-76. 57  In diese Richtung deuten auch Frankls Schilderungen vom herzlichen Verhältnis zwischen Musa und Ernestine sowie die Trauer des Knaben beim Tod der Frau. 58  Damit Musa die deutsche Sprache möglichst schnell erlerne, schickte er ihn in Simon Szántós Privatschule, wo der Knabe zunächst gute Fortschritte machte, s. Frankl 1878: 29f. 59  Als eine Magd, die ihn „schwarzer Affe“ genannt hatte, von Musa lebensgefährlich verletzt wurde, ergriff Frankl ohne Zögern die Partei seines Adoptivsohnes, s. Frankl 21868: 220. 60  In Aus Egypten berichtete Frankl, dass ihm diese Tatsache „unwillkommene Besuche“ beschert habe, s. Frankl 21868: 225; Frankl 1878: 37 präzisiert, dass es sich um „Proselytenmacher“ gehandelt habe.

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Ich schenkte ihm den Knaben und trennte mich nicht ohne Schmerz von dem Kinde, den nur der Gedanke mildern konnte, daß die Trennung zu seinem geistigen und körperlichen Heil ihn in eine edle, menschenfreundliche Familie brachte. Musa wollte anfangs nicht glauben, daß ich ihn von mir gebe. Als er aber die Reiseanstalten und seine Ausstattung sah, fragte er, ob ich ihn verkaufe und wie theuer? (Frankl 21868: 226)61

Frankl, der bis dahin einigermaßen glaubwürdig versichert hatte, Musa freigekauft, ihn also vom Sklavendasein erlöst zu haben, verschenkte den Knaben nun an den österreichischen Generalkonsul; eine Transaktion, die offensichtlich keiner der beteiligten Parteien verwerflich schien, da selbst Musa sich mit der Erklärung zufrieden gab, dass Pizzamano nicht das Recht habe, ihn weiterzuverkaufen (Frankl 21868: 226). Das koloniale Abenteuer des schwarzen Adoptivkindes endete also mit Musas Reimport in den Orient. Symbolisch hatte der muslimische Knabe damit die Geschichte des jüdischen Volkes nachvollzogen; nach seinem Sklavendasein in Ägypten war er auf vielen Umwegen schließlich als ‚freier Mann‘ in die heilige Stadt eingezogen. Statt der vierzigjährigen Wüstenwanderung hatte ihm das Schicksal namens Frankl allerdings einen Umweg über Europa beschert, der nicht ohne Folgen bleiben sollte, wie Frankl – das weitere Leben seines Schützlings zusammenfassend – nicht ohne Stolz anmerkte: „Jetzt lebt er in der heiligen Stadt und trägt, wie ich höre, die Kultur Wiens in den Osten“ (Frankl 21868: 226).62 Musa repräsentierte also gleichsam Frankls Ideal vom Zionssänger mit österreichischem Lokalpatriotismus. So scheint es nicht weiter verwunderlich, dass Frankl sich durch seinen ‚Sohn‘ bedroht fühlte und wie der antike König zum Mittel der Exilierung griff.63 Nur wenige Tage oder Wochen nach Musas Verschickung ins Heilige Land heiratete Frankl im Oktober 1857 seine zweite Frau Paula (geb. Wiener, 1831-1895) und gründete in der Folge seine eigene jüdische Familie.64

61  Hervorhebungen L. H. Zur Rolle des österreichischen Generalkonsuls Josef Pizzamano s. Haider‑Wilson 2007: 194-201. 62  Nach Pizzamanos Tod im Jahre 1860 verließ seine Witwe Jerusalem und „gab […] Musa einem Effendi aus Damaskus, der ihn in diese Stadt mitnahm.“ (Frankl 1878: 39) 63  „Er griff wie ein schwarzer Dämon in mein eigenes Leben ein und ich möchte niemals wieder das Schicksal eines Menschen werden.“, fasste er die ‚Musa-Episode‘ abschließend zusammen. (Frankl 21868: 228) 64  Zu Paula Wiener/Frankl s. den Beitrag von Dieter Hecht: 47-76.

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4. Exkurs: „Sieben Raceschädel“ aus dem Orient Aus heutiger Perspektive ähnlich problematisch stellt sich ein anderes ‚Souvenir‘ aus dem Orient dar, das Frankl allerdings nicht für sein häusliches Museum mitgenommen, sondern der Forschung überreicht hatte. Vor seiner Abreise hatte Frankl der neu gegründeten Akademie der Wissenschaften angeboten, in ihrem Namen Aufträge auszuführen und war beauftragt worden, „für das anatomische Museum in Wien Schädel verschiedener Menschenracen mitzubringen“ (Frankl 1858b: 3).65 Obwohl ihm die Fragwürdigkeit des Unterfangens durchaus bewusst war, zeugt Frankls Eifer bei Annahme und Ausführung des Auftrages von seinem szientifischem Weltbild, das Pietät gegenüber Toten den tatsächlichen oder scheinbaren Bedürfnissen der Wissenschaft unterordnete. Diese Geisteshaltung verleitete ihn einerseits, Totenruhe mit religiösem Fanatismus zu identifizieren und andererseits christliche Vorurteile gegen das Judentum auf ‚orientalischen Aberglauben‘ zu übertragen. Demgemäß leitete Frankl seinen passagenweise recht amüsanten, zehnseitigen ‚Bericht an die Akademie‘ folgendermaßen ein: „Für denjenigen, der den gewiss nicht unbescheidenen Wunsch hat, seinen eigenen Schädel wieder mit zu bringen, hat eine solche Aufgabe im Orient, wo der Fanatismus die Gräber bewacht, immerhin etwas bedenkliches“ (Frankl 1858b: 3). In der detaillierten Schilderung, „wo und wie [er] in den Besitz dieser beinernen Gedankentempel gelangt“ sei (Frankl 1858b: 4), konfrontiert er wiederholt westliches Fortschrittsdeken mit orientalischer Rückständigkeit. Den ersten der sieben Schädel – aus einem antiken Grabfund – verschaffte ihm der in Wien ausgebildete Leiter des pathologischen Museums in Athen, dessen beflissene Hilfsbereitschaft Frankl zum Räsonnement über Kulturtransfer veranlasste.66 Das durch transnationale Kooperation im Dienste der Wissenschaft erworbene Fundstück fiel jedoch bald darauf dem religiösen Eifer eines türkischen Zöllners zum Opfer, der verlangte, dass der Schädel begraben werde. Frankls Hinweis, dass es sich um den Kopf eines Nichtmuslims und noch dazu eines Griechen handle, wurde schließlich mit Zerstörung des Schädels quittiert (Frankl 1858b: 5). Drei in Jerusalem aus Grabhöhlen entwendete Köpfe trug Frankl sorgfältig in einen Sack versteckt, „um den im 65  Wiederabgedruckt in Sonderdruck aus Bd. 28, Nr. 6, Jg. 1858 der Sitzungsberichte der mathem.naturw. Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften: 463-470. 66  Was Europa einst an Weisheit und Kunst vom antiken Griechenland empfangen habe, gebe es nun in Form von „deutscher Wissenschaft“ an das Land zurück; ibid.: 4f.

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Interesse der Wissenschaft begangenen Gräberraub“ vor den kritischen Blicken etwaiger Passanten zu schützen. Denn „Juden, Christen und Mohamedaner würden gleich sehr unser Thun verurteilt haben, wenn wir nicht uns gar einer gefährdenden Misshandlung preisgegeben hätten“ (Frankl 1858b: 10). Zwei weitere Totenköpfe kaufte er von einem in Kairo lebenden ungarischen Naturforscher, der die ansässige Bevölkerung offensichtlich als Teil der von ihm beforschten Natur betrachtete (Frankl 1858b: 10). Noch greifbarer wird Frankls kolonialer Blick auf den Orient bei der Schilderung eines Schädelerwerbs im Libanon. Von Beirut aus beschloss der Reisende zu den Ruinen des Sonnentempels von Baalbak und den dortigen Zedernwäldern zu wandern, aus denen König Salomon einst den Tempel in Jerusalem erbauen ließ. Dort entdeckte er im hohlen Stamm einer Zeder einen Schädel, den sein Begleiter, ein griechischer Priester, als das abgeschlagene Haupt eines Drusen bezeichnete. Nach einem Kampf zwischen „den Bergvölkern“ habe ein Maronite das Haupt des Drusen als Siegestrophäe mitgebracht, war aber von dem Priester auf die Sündhaftigkeit seines Tuns hingewiesen und zum Begräbnis des Kopfes aufgefordert worden. Letzteres fand schließlich in der hohlen Zeder statt. Frankl erkannte seine Chance in den Besitz eines weiteren Schädels zu gelangen und fragte den Priester, ob er ihm den Kopf gegen „eine kleine Summe“ für „das Seelenheil des Todten“ überlassen würde. Der Priester, der vorher auf Bestattung des Hauptes gedrungen hatte, konnte der verlockenden Aussicht auf eine Spende für seine Kapelle offensichtlich nicht widerstehen und fand „keinen Anstand dagegen“, den Schädel an den Ausländer zu verkaufen (Frankl 1858b: 7). Frankl trat die Heimreise also mit sechs unversehrten und einem von fanatischen Zöllnern zerstörten ‚Raceschädeln‘ an. In Wien übergab Frankl „diese Schädel, als arme und traurige Pilgergaben aus dem Morgenlande“ an die Akademie der Wissenschaften (Frankl 1858b: 10). Sie wurden sodann dem Museum für vergleichende Anatomie einverleibt, das der international anerkannte Anatom Josef Hyrtl (1810-1894) gegründet hatte. Hyrtl, ein Jahrgangskollege Frankls, war nach achtjähriger Lehrtätigkeit an der Karlsuniversität in Prag an seine Alma Mater zurückgekehrt und hatte 1845 die Anatomische Anstalt in Wien übernommen. 1847 wurde er vom Kaiser zum wirklichen Mitglied der neugegründeten Akademie der Wissenschaft ernannt. Im Revolutionsjahr 1848 stellte er das Anatomische Museum unter den Schutz der Mediziner‑Kohorten und begab sich nach Triest, von wo er erst im Oktober nach Niederschlagung der Revolution zurückkehrte, um seine Wohnung, Bibliothek und Sammlung zerstört zu finden (Gasser 1991: 30). Während der Jude Frankl die Revolution und ihre Freiheit besang,

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bedeutete sie für den arrivierten Kollegen nur Verwüstung und Verheerung, die ihn an Auswanderung in die USA denken ließen.67 1850 konnte sich der „loyale Untertan“ jedoch seinen Herzenswunsch erfüllen und das Museum für vergleichende Anatomie einrichten, für das er selbst unzählige Präparate anfertigte (Gasser 1991: 30; 34). Nach Hyrtls frühzeitiger Emeritierung im Jahre 1874 wurden 139 Schädel und andere anatomische Schaustücke seiner Sammlung um 6.410 Gulden vom Mütter Museum in Philadelphia angekauft,68 das seit 1858 ähnliche Ziele verfolgte wie Hyrtls Museum für vergleichende Anatomie. Laut Information von Sammlungsdirketor Joel D. Rudewicz befindet sich unter den von Hyrtl erworbenen Stücken „der Schädel eines Drusen aus dem Libanon“, der in der Stadt Deir el Kamar wegen Raubes verurteilt und geköpft worden sei.69 Obwohl die erhaltenen Informationen zwar den Namen des Drusen, aber keinerlei Angaben zu dessen Todeszeitpunkt beinhalten, lassen sowohl der geographische Raum als auch die Todesart den berechtigten Schluss zu, dass es sich dabei um den von Frankl bei Baalbak von einem orthodoxen Priester ‚erworbenen‘ Schädel handelt. Indem das Mütter Museum seine Sammlung in den Kontext des Kampfes gegen die von Franz Josef Gall (1758-1828) verbreitete Lehre der Phrenologie stellt, aus der sich im 20. Jahrhundert die berüchtigten Schädelvermessungen entwickelten, erfahren Frankls und Hyrtls teilweise fragwürdigen Beschaffungsmethoden eine posthume Rechtfertigung.

67  Nichtsdestoweniger hatte ihn Eduard Kaiser (1820-1895), der Portraitmaler der Märzrevolution, 1848 auf einer Lithographie mit dem Wahlspruch der Aufklärung ‚Sapere aude!‘ verewigt. S. Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek [20.01.2014]. 68  S. Miller G., “Adopt a Skull and Save a Collection that Helped Debunk Phrenology.” [20.01.2014]. Miller führt weiter aus, dass die meisten von Hyrtls Schädeln wohl von verurteilten oder exekutierten Verbrechern stammten bzw. von Personen, die in Armenhäusern gestorben waren, sodass es wenig Widerstand der Angehörigen gab. Wenigstens in einem Fall (den Schädel von Mozart betreffend) dürfte sich Hyrtl aber der Hilfe von Grabräubern bedient haben. 69  Email von Joel D. Rudewicz an die Autorin vom 29.05.2013.

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5. „Du sollst öffnen die Augen der Blinden.“ (Jes. 42,7) Trotz Szanas detailverliebter Wohnungsbeschreibung blieben einige Themenkreise aus seiner Schilderung ausgespart. Während er Frankl als wohl vernetzten Kunstförderer und -liebhaber, als Dichter und weltgewandten Orientreisenden charakterisierte und auch seinem Engagement in der 1848er Revolution breiten Raum gab, überging er dessen jüdische Aktivitäten mit Stillschweigen. Dem entspricht das Fehlen von Judaika auf der deskriptiven Ebene. Zwar scheint es im Hinblick auf sein liberales Verständnis von Religion als privatem Bekenntnis plausibel,70 dass Frankl alltägliche Ritualgegenstände, wie Shabbesleuchter, Bsomimbüchse und Sederteller, nicht in dem Besuchern zugänglichen Salon präsentierte, doch besaß er auch eine Reihe repräsentativer und/oder künstlerisch wertvoller Judaika. So zählte Frankl unter seinen Souvenirs aus dem Heiligen Land beispielweise einen Stein vom Tempelberg („von der Stelle, wo das Allerheiligste stand“) sowie eine Reihe von Kultgegenständen auf, die in seiner Wohnung auf- und ausgestellt waren, bis er sie im Laufe der nächsten Jahrzehnte verschiedenen jüdischen Institutionen stiftete (Frankl 1858: II, 290).71 Noch auffälliger erscheinen die Auslassung von Frankls Brotberuf als Sekretär der Wiener Judenschaft (und später der Israelitischen Kultusgemeinde) sowie seine Initiative zur Gründung des Israelitischen Blindeninstituts in Szanas Skizze. Das Verschweigen jüdischen Kontexts dürfte also – ebenso wie in Bruno Frankls Memoiren – systematisch erfolgt sein. Ottilie Franzos dagegen verknüpft ihr erstes Zusammentreffen mit Frankl in der Sommerfrische mit der Geschichte um des Dichters vorübergehender Blindheit sowie den „reichen Früchte[n]“ dieses Leidens in Form des Israelitischen Blindeninstituts auf der Hohen Warte (Franzos O., Allgemeine Zeitung des Judentums 04.02.1910: 58f.).72 Tatsächlich brachte der Entschluss, ein israelitisches, d.h. konfessionell gebundenes, Blindeninstitut zu gründen, Frankl in ideologischen Konflikt mit seiner eigenen Anschauung, dass „Unglück […] entsetzlich confessionslos“ 70  Zur Privatisierung der jüdischen Religion seit dem 18. Jahrhundert s. Meyer 1995: 10-28 sowie Hecht L. 2008: 319-324. 71  Zusätzlich brachte er vom Tempelberg den Schlussstein für den neuen israelitischen Tempel in der Leopoldstadt und den Grundstein für die Votivkirche in Wien; loc.cit. 72  Im Gegensatz zur Gründungsgeschichte des Blindeninstituts, das 1863 und Gastein als Ausgangspunkt von Frankls diesbezüglichen Aktivitäten nennt, verlegte sie dieses Ereignis ins Jahr 1866 nach Gainfarn; s. auch Curatorium des Israelitischen Blinden-Institutes 1873: 1.

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sei (Curatorium des Israelitischen Blinden-Institutes 1873: 2). Noch schwerer dürfte in der Periode knapp vor Erlangung der bürgerlichen Gleichberechtigung im Jahre 1867 aber die Überlegung gewogen haben, dass ein jüdisches Institut dem Vorwurf der Ghettobildung Vorschub leisten würde. Da die k.k. Blindenerziehungsanstalt in Wien aber die Aufnahme von Juden und Jüdinnen „der Speisegesetze wegen“ statutengemäß verweigerte, lag die einzig mögliche Antwort in der Gründung einer eigenen Institution. Trotzdem enthält die Gründungsgeschichte nicht nur eine ausführliche Apologetik, sie zeugt auch von Frankls ursprünglichen Wunsch, die jüdischen Schülerinnen und Schüler als Externisten am kaiserlichen Blindeninstitut unterzubringen (Curatorium des Israelitischen Blinden-Institutes 1873: 2; 5f.). Frankl machte sich zunächst an die Bedarfserhebung und stellte fest, dass von allen schulpflichtigen blinden Kindern in Cisleithanien nur etwa ein Drittel in den vier in Wien, Linz, Prag und Lemberg bestehenden Blindeninstituten unterrichtet wurde. Außerdem nahm er Kontakt zu den Leitern derartiger Institutionen im In- und Ausland auf und studierte auch deren Statuten. Einer Finanzierungszusage über 10.000 fl. von Stefan von Schey folgte ein 1870 veröffentlichter Aufruf, worauf Jonas von Königswarter (1807-1871), Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde von Wien, sich in einem Schreiben vom 10. März 1870 verpflichtete, ein Haus für 50 Zöglinge erbauen und einrichten zu lassen (Curatorium des Israelitischen Blinden-Institutes 1873: 5-7). Am 16. April desselben Jahres konnte Frankl an seinen Freund Auersperg berichten, dass er innerhalb von acht Wochen den Großteil des Kapitals für Bau und Unterhalt des Instituts eingeworben hatte (Frankl‑Hochwart B. 1897: 293 f.). Das in der Folge gebildete, zehnköpfige Kuratorium, dem auch drei Frauen angehörten (Amalia Benedikt, Tante der erwähnten Ottilie Franzos, Amalia Mayersberg und Marie Tauber, geb. von Hönigsberg), arbeitete Statuten aus, die am 3. März 1871 behördlich genehmigt wurden; zum Vorsitzenden ward Frankl ernannt. Königswarter erwarb ein etwa 6.000 Quadratmeter großes Grundstück auf der Hohen Warte; der Architekt Wilhelm Stiassny (1842‑1910) errichtete auf diesem Areal ein imposantes dreigeschossiges Gebäude im Neorenaissancestil mit Schlafsälen für 20 Mädchen und 30 Knaben, Lehrsälen, Turnsaal, Betraum, Bad, Wäscherei, Korbflechterei, Seilerei und einer hauseigenen Druckerei für Publikationen in Blindenschrift. Am 1.  Dezember 1872 wurde unter Beteiligung des Landesschulrates, zahlreicher Honoratioren der Stadt Wien und seiner jüdischen Gemeinde in einem feierlichen Festakt der Schlussstein gelegt. Der mittlerweile verstorbene Stifter Jonas von Königswarter war durch seinen Sohn Moritz (1837-1893) vertreten (Curatorium des

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Israelitischen Blinden-Institutes 1873: 8-20).73 Als Oberlehrer wurde Leopold Österreicher (1830-1873) aus Mikulov/Nikolsburg angestellt; Österreichers Frau wurde zur Führung des Hauswesens und Philippine Pick als Kindergärtnerin aufgenommen. Bereits am 15. Dezember desselben Jahres trafen die ersten Zöglinge ein – sieben Knaben und sechs Mädchen zwischen acht und vierzehn Jahren (Curatorium des Israelitischen Blinden-Institutes 1873: 38).74 In das für 50 Schülerinnen und Schüler konzipierte Heim zogen zunächst also nur zwölf Kinder ein. Nach dem plötzlichen Tod von Oberlehrer Österreicher im Jahre 1873 wurde der ebenfalls aus Mähren stammende Simon Heller (1843-1922) als Lehrer und Direktor angestellt. Seiner Initiative verdankt die Blindenschule die Einführung von Modellier- und Zeichenunterricht; er ist auch Verfasser mehrerer Lehrbücher für blinde Schüler. Aufgrund der vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten, welche die damals üblichen Blindenberufe bei Weitem überstiegen, erfreute sich das Institut bald eines ausgezeichneten Rufes und zog Schüler aus ganz Europa an. Der anlässlich der Wiener Weltausstellung im Jahre 1873 von Frankl einberufene, erste europäische Blindenlehrer-Kongress war dank penibler Vorbereitung von Erfolg gekrönt und trug zur Internationalisierung der Blindenerziehung bei.75 Lediglich der Versuch, von jüdischen Gemeinden in Deutschland und der Schweiz Spendengelder für das Wiener Blindeninstitut einzuwerben, scheiterte am nationalistischen Denken der angeschriebenen Gemeinden, die staatsbürgerliche Loyalität offensichtlich über gesamtjüdische Interessen stellten (Curatorium des Israelitischen Blinden-Institutes 1873: 10). Dafür flossen die Gelder aus der Habsburger Monarchie umso reichlicher – das Verzeichnis der Stifter und Mitglieder der Anstalt füllt elf Seiten der Schulgeschichte (Curatorium des Israelitischen Blinden-Institutes 1873: 39-49). Dank Frankls Adelsprädikat ‚von Hochwart‘ sollte das Blindeninstitut auf der Hohen Warte auch ideell mit seinem Namen verbunden bleiben. Der böhmischer Schriftsteller Oskar Baum (1883-1941), der das Blindeninstitut als Jugendlicher besuchte hatte, setzte ihm in seinem autobiographischen Roman Das Leben im Dunkeln ein Denkmal (Baum 1909). Eine von Heinrich Hahn 73  S. auch Exenberger, „Vertrieben – verfolgt – ermordet: Jüdische Blinde in Wien.“

[11.03.2015]. 74  Einer der Knaben wurde von seinem Vater aufgrund von Heimweh sogleich wieder mitgenommen. 75  Zur Dokumentation der Vorbereitung s. Curatorium des Israelitischen Blinden-Institutes 1873: 56-61; Die Wiener Weltausstellungs-Zeitung vom 05.08.1873: 3 berichtet von der Eröffnung des Blindenlehrerkongresses durch Frankl im akademischen Gymnasium.

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aus schwarzem Marmor gefertigte Büste des Gründers wurde zur Feier von Frankls 100. Geburtstag im Jahre 1910 im Vorgarten des Blindeninstituts platziert. Nach dem Anschluss Österreichs an Nazideutschland wurde die Schule geschlossen; das Institut musste sich in Jüdische Blindenanstalt, Taubstummen- und Krüppelhilfe, Hohe Warte umbenennen und diente zur Konzentration jüdischer Behinderter und alter Menschen, die auf die Deportation zu warten hatten. Am 1. August 1942 wurde das ehemalige Blindeninstitut der Stadt Wien geräumt übergeben (Duizend-Jensen 2004: 51f.; 62). Zu diesem Zeitpunkt verschwand auch Frankls Büste aus dem Vorgarten. Nach 64 Jahren wurde die lange verschollen geglaubte Büste am 26. Januar 2006 in den Eingangsbereich des seit 1946 als Polizeikommissariat genutzten Gebäudes zurückgebracht und in Anwesenheit zahlreicher Honoratioren der Stadt Wien und der jüdischen Gemeinde enthüllt. Eine bereits 2002 angebrachte Gedenktafel erinnert sowohl an den Begründer als auch die wechselvolle Geschichte des Hauses.76

6. Motto und Credo Zusammenfassend können wir feststellen, dass in Frankls Wohnung alle seine Betätigungsfelder unseres Helden durch emotional aufgeladene Objekte vertreten waren, wenn auch offensichtlich in unterschiedlicher Verteilung und Dichte. Sichtlich war Frankl daran gelegen, seine persönlichen Beziehungen zu lokalen und internationalen Berühmtheiten durch passende Artefakte zur Schau zu stellen, während er seine Beziehung zum Judentum als soziale Gegebenheit verstand, die keiner speziellen Darstellung und Inszenierung bedurfte. Seine Selbststilisierung als Revolutionär und Chronist 1848er Revolution nahm dagegen parallel zu den oft antisemitisch motivierten Angriffen auf seinen gesellschaftlichen Aufstieg und die erfolgreiche Bemühung um Nobilitierung zu.77 Scheinbar war Frankl also überzeugt, in mehreren Welten gleichzeitig zu Hause sein zu können. 76  S. Krispl 2006 [11.03.2015]. Ein weiteres Denkmal im Wort setzte dem Institut die in Wien geborene Exilschriftstellerin Mimi Grossberg mit dem 1957 geschriebenen Gedicht „Israelitisches Blindeninstitut“. S. Grossberg 2007: 179. 77  Dass solcherlei Attacken nicht antisemitisch motiviert sein mussten, beweisen die oben zitierten Artikel von Daniel Spitzer, der eine Verbindung zwischen bürgerlichen und adeligen Interessen für unmöglich hielt.

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In diesem Zusammenhang ist es von besonderem Interesse, den Bericht über Frankls 70. Geburtstagsfeier, am 3. Februar 1880 zu studieren. Die 30-seitige im Druck erschienene Beschreibung belegt,78 dass die sich über mehrere Tage ziehenden Feierlichkeiten nicht nur penibel geplant, sondern vom Geburtstagskind dazu auserkoren waren, sein enggesponnenes soziales Netzwerk zu präsentieren, wobei – der bürgerlichen Ideologie entsprechend – die private Person von der öffentlichen getrennt wurde. So fand bereits am 1. Februar eine Feier ‚streng im Familienkreise‘ statt und am 2. Februar ein Fest im halböffentlichen Raum des israelitischen Blindeninstitutes, bei dem sich Frankl als geistiger Schöpfer der Institution sowie als Ziehvater der Kinder feiern ließ. Am 3. Februar, dem eigentlichen Geburtstag dagegen war Frankl ganz und gar öffentliche Person; von früh bis spät empfing er Delegationen von Institutionen und Vereinen, die dem Geburtstagskind ihre Aufwartung machten. Als erster stellte sich der Bürgermeister von Wien, Dr. Ritter von Newald, ein und überreichte Frankl, der weniger als drei Jahrzehnte zuvor als Jude und Revolutionäre aus der Stadt hätte ausgewiesen werden sollen, das Ehrenbürgerdiplom der Stadt Wien. In seiner Dankesrede verwies der Jubilar auf die Kontinuität in seinem Wirken, indem er sein Engagement für die Errichtung von Dichter- und Künstlerdenkmälern mit seinen Bemühungen um die Erhaltung und Dokumentation des alten jüdischen Friedhofs in Wien in Beziehung setzte (Die Feier des 70-jährigen Geburtstage’s Ludwig August Frankl’s 1880: 12).79 Eine ähnliche Verbindung zwischen Frankls jüdischen und allgemeinen Aktivitäten stellten die Funktionäre der israelitischen Kultusgemeinde her, die dem Jubilar eine Medaille mit seinem Abbild auf der einen und seinem Wappen auf der anderen Seite überreichten. In ihrer Festansprache verbanden die Gemeindefunktionäre Lokalpatriotismus mit einem unmissverständlichen Bekenntnis zur deutschen Kultur, indem sie Frankls federführende Rolle bei der Aufstellung des Schillerdenkmals thematisierten: Unsere Kaiserstadt ist und bleibt die erste deutsche Stadt. Und wer hat auf ihrem Boden dem populärsten deutschen Dichter ein Denkmal errichtet? Ein Sohn Israel’s, ein deutscher Dichter. Mögen doch die geistlichen und weltlichen Antisemiten Berlins mit ihren Anklagen nach Wien kommen, beim Anblick des herrlichen Standbildes Schiller’s werden sie beschämt und verwirrt die Augen niederschlagen! (Die Feier des 70-jährigen Geburtstage’s Ludwig August Frankl’s 1880: 16)

78  S. Die Feier des 70-jährigen Geburtstage’s Ludwig August Frankl’s: Familien-Manuskript, Wien 1880. 79  S. dazu auch Einleitung: 11-46.

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Fast trotzig muten die Bemühungen der jüdischen Honoratioren an, den Antisemitismus ausschließlich in Berlin zu lokalisieren. Denn auch in Wien war die liberale Ära, die Juden ungeahnte soziale und ökonomische Möglichkeiten geboten hatte, zweifelsfrei zu Ende. In seinem 1873 anlässlich der Weltausstellung erschienen satirischen Stadtführer bediente sich beispielsweise der Journalist Franz Friedrich Masaidek (1840-1911) bereits einer sehr explizit antijüdischen Rhetorik. Einen Rundgang über die neu erbaute Ringstraße leitete mit folgenden Worten ein: Die Ringstraße – die Zionsstraße von Neu-Jerusalem – ist heute die prachtvollste Straße der Kaiserstadt. Die Paläste, welche dieselbe schmücken, sind fast durchgehends Eigenthum von Millionären des ‚auserwählten Volkes‘; blos einige wenige sind im Besitze von christlichen Eindringlingen, die man aber auch einen nach dem andern zu vertreiben sucht. (Masaidek 1873: 30)80

Drei Seiten weiter bezeichnete er das 1872 auf Initiative von Friedrich Schey errichtete Stadttheater als das „neue koschere Burgtheater“, wo Nichtjuden auf den „Ochsenstand“ verbannt würden (Masaidek 1873: 33). Doch auch Frankl persönlich war vor allem im Zusammenhang mit seinem Engagement für das Schillerdenkmal wiederholt antisemitischen Invektiven ausgesetzt gewesen.81 Dieser Tatsache eingedenk erhält Frankls Reaktion auf Geschenk und Ansprache der jüdischen Gemeindefunktionäre zu seinem 70. Geburtstag eine fast wehmütige Note: „Von Ihnen, verehrte Freunde und Collegen begrüßt, fühle ich in Ihrer Mitte mich wie durch ein Gefühl der Heimatlichkeit angeweht.“ (Die Feier des 70-jährigen Geburtstage’s Ludwig August Frankl’s 1880: 16) Das durch den immer massiver und aggressiver auftretenden Antisemitismus rauer gewordene Klima hieß auch liberale Revolutionäre wie Frankl bisweilen die vertraute Nähe der jüdischen Gemeinde schätzen. Unter der langen Liste von überreichten Geschenken finden sich mehrere Variationen von Frankls Wappen in verschiedenen Formen und Materialen (Die Feier des 70-jährigen Geburtstage’s Ludwig August Frankl’s 1880: 30f.).82 Die sorgfältige Gestaltung seines Wappens stellt eine weitere Selbstinszenierung unseres Protagonisten dar.83 Aus den das eigentliche Wappenschild krönenden Ritterhelmen, den Symbolen seines neuen Standes, wächst links ein blinder Jüngling als Sinnbild für das Israelitische Blindeninstitut und rechts ein Einhorn, das Wappentier Schillers, welches Frankls jahrelange Bemühungen 80  Hervorhebung im Original. Eine frühere Version dieses Werkes erschien 1868 unter dem Titel Staberl [sic] als Fremdenführer in Wien und Umgebung. 81  S. hierzu den Beitrag von Hubert Lengauer in diesem Band: 137-156. 82  Das prachtvollste wohl jenes aus Carraramarmor. 83  S. Abbildung 16.

„Durch Wort und That“: Motto und Credo

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um das Denkmal des deutschen Klassikers repräsentieren. Schon im obersten Drittel des Wappens ist damit Frankls Verbundenheit mit Österreich/ Habsburg (illustriert durch die Ritterhelme), der jüdischen Gemeinschaft und der deutschen Kultur ausgedrückt. Das darunter stehende dreigeteilte Wappenschild ziert oben links eine Lyra als Zeichen der Dichtkunst, oben rechts ein Äskulapstab (hier als Schale dargestellt) als Symbol seiner nie ausgeübten medizinischen Profession und unten mittig eine Palme, die vordergründig für Frankls Engagement um die Gründung der Lämel-Schule in Jerusalem steht.84 Darüber hinaus kann die Palme aber auch als Zeichen für den Orient und Jerusalem beziehungsweise für das Judentum und seine Verbindung zu Zion gelesen werden. Auf einem Band unter dem Wappenschild ist Frankls Motto „Durch Wort und That“ angebracht, das auf Frankls gelungene Synthese zwischen seiner poetisch-intellektuellen und seiner praktischen Begabung verweist;85 andererseits lässt sich das Motto aber auch im Kontext des Bundesschluss zwischen Gott und Israel am Berg Sinai deuten, wo das Volk die ihnen durch Moses übermittelten Gesetze Gottes auf folgende Weise anerkannte: „Alle Worte, die der Ewige gesprochen hat, wollen wir tun“ (Ex 24,3).86 Die praktische Umsetzung des göttlichen Befehls ist also nicht nur Frankls persönliche Richtschnur, sondern steht an der Basis des Judentums, dessen Credo Frankl zuweilen auch in säkularisierter Form verbreitete. Angesichts des ständig wachsenden Antisemitismus, der nur ein Jahr nach Frankls Tod zur Wahl von Karl Lueger als Wiener Bürgermeister führen sollte, lesen sich die steinerne Umsetzung derselben Symbole auf Frankls von Johannes Benk (1844-1914) gestalteten Grabstein87 und die scheinbare Unbefangenheit im Umgang mit jüdischen Ritualen bei seinem Begräbnis fast wie ein trotziger Kommentar auf eine veränderte Realität, in der Judentum wieder zunehmend der Rechtfertigung bedurfte.

84  Laut Beschreibung des Grabmals, das im Wesentlichen dieselben Symbole enthält, in der Neuzeit anlässlich der Grabsteinsetzung handelt es sich nicht um eine Palme, sondern eine Zeder, s. Die Neuzeit 12.04.1895: 158. 85  Das betonte bereits Simon Szántó anlässlich Frankls 25-jährigem Amtsjubiläum im Jahre 1863, s. Szántó, Die Neuzeit, 20.03.1863: 144f. 86  Übersetzung nach Moses Mendelssohn. 87  S. Abbildung 19. Der damals erst 25-jährige Benk war nach Schilling und Wagner der drittgereihte Bildhauer im Wettbewerb für das Schillerdenkmal gewesen, s. von Frankl‑Hochwart B. 1897: 302; 305. Die Inschrift des Grabsteins wird außerdem durch ein Gedicht von Ferdinand Saar (1833-1906) geziert, Frankls Nachfolger in der Freiwohnung für Schriftsteller des Palais’ Schey.

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Ludwig August Frankl und das Jüdische Museum Im ersten Bericht über die Thätigkeit der Gesellschaft in den Jahren 1895 und 1896 heißt es: Zu Anfang des Jahres 1893 war eine Anzahl von Männern zusammengetreten, welche, obgleich verschiedenen Berufes und verschiedener Stellung, sich in der Liebe zur Kunst und Wissenschaft, sowie in der Pietät für die Vergangenheit des jüdischen Volkes vereinigt haben. Diese Männer, die Herren: Abraham Epstein, Privatgelehrter; Max Fleischer, Architekt; Dr. Ludwig August Frankl, Ritter von Hochwart, Dichter und Schriftsteller; Theodor Ritter von Goldschmidt, k.k. Baurath, Gemeinderath der Stadt Wien; Dr. Carl S. Grünhut, k.k. Hofrath, Universitäts-Professor; Dr. David Heinrich Müller, k.k. Universitätsprofessor; Dr. Adam Politzer, k.k. Universitätsprofessor; Adolf Ritter von Sonnenthal, k.und k. Hofschauspieler und Ober-Regisseur; Dr. Adolf Stein, Hof- und Gerichts-Advokat; Wilhelm Stiassny, k.k. Baurath, Gemeinderath der Stadt Wien; Sigmund Taussig, k.k. Ober-Baurath, haben sich als vornehmstes Ziel die Gründung eines Museums gesetzt, in welchem die historischen Denkmäler, sowie die Erzeugnisse der Literatur, Kunst und Wissenschaft, insoweit dieselben auf die politische und Culturgeschichte der Juden Bezug haben, gleichviel ob sie von Angehörigen des Judenthums oder von solchen anderer Völker stammen, gesammelt und aufbewahrt werden sollen. Dieses Museum soll eine Lücke in den öffentlichen Sammlungen Wiens ausfüllen; denn während die öffentlichen Museen in manchen anderen Grossstädten, wie in London Paris und Berlin, auch viele Schätze jüdischer Alterthümer bergen, haben wir in Wien, mit Ausnahme der kostbaren Sammlung hebräischer Handschriften in der kaiserlichen Hofbibliothek, welche einen alten Ruhmestitel des kaiserlichen Hauses bildet, und der erst jüngst angelegten und rühmlichst bekannten Sammlung ‚Papyrus Erzherzog Rainer‘, – welche eine größere Anzahl von hebräischen und arabischen Doumenten enthält, die dem Gebiete der jüdischen Geschichte und Literatur angehören – von wertvollen Kunst- und historischen Denkmälern so gut wie gar nichts. Diesem Mangel abzuhelfen, hat sich die neugebildete Gesellschaft zur Aufgabe gemacht. (Gesellschaft für Sammlung und Conservirung von Kunst- und Historischen Denkmälern des Judenthums 1897: 5f)

Die konstituierende Sitzung der Gesellschaft fand am 2. Februar 1895 statt. Zu diesem Zeitpunkt war Ludwig August Frankl bereits verstorben. Ungeachtet dessen befinden sich bis heute die Spuren seines Wirkens in den Sammlungen und Ausstellungen des Jüdischen Museums Wien, sei es durch Objekte aus seinem persönlichem Besitz, die im Laufe der Jahre auf verschiedenen Wegen ins Museum gelangten, sei es durch seine Forschungen zur Geschichte

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der Wiener Juden, die von den Kuratoren und Kuratorinnen rezipiert wurden und sich in den Ausstellungen widerspiegeln.1 Den Aufzeichnungen aus den Inventarbüchern des alten Jüdischen Museums zufolge schenkten Frankls Witwe und seine beiden Söhne Lothar und Bruno von Frankl Hochwart sowie Freunde und Bekannte dem Museum nach Frankls Tod zahlreiche Dokumente, Fotos und andere Erinnerungsstücke aus seinem Nachlass. Darunter zahlreiche Grußadressen, die ihm im Laufe seiner Tätigkeit als Erster Sekretär und Archivar der Kultusgemeinde, als Dichter und Journalist und als einem der Gründer des Israelitischen Blindeninstituts auf der Hohen Warte von verschiedenen Vereinen und Institutionen überreicht worden waren. Andere Objekte, die mit dem Leben und Werk Frankls in Verbindung stehen, kamen erst in den letzten Jahren in die Sammlungen des Museums, wie beispielsweise ein wahrscheinlich von Josef Mathias Aigner gemaltes Porträt des Dichters in der Uniform der Akademischen Legion, das dem Museum 1997 von Richard Bock geschenkt wurde.2 Wann eine Reihe von Flugschriften zur 1848er Revolution aus dem Besitz Ludwig August Frankls ins Museum gelangte, ist nicht nachweisbar; obwohl sie zum Teil Inventarnummern des alten Jüdischen Museums aufweisen, findet sich in den Inventarbüchern kein Hinweis auf ihre Herkunft.3

Die frühen Wiener Jahre und die böhmische Verwandtschaft Ludwig August Frankl zählt zu den herausragendstenen Persönlichkeiten, die das Leben der Wiener Jüdischen Gemeinde im 19. Jahrhundert prägten. Er war ein umfassend gebildeter Universalgelehrter, fest verankert im Judentum 1  So konnte in der neuen Dauerausstellung des Jüdischen Museum Wiens 2011 ein Paar von Aron Todesco gestiftete Rimmonim dem Bethaus zum weißen Stern zugeordnet werden, in dem Aron Todesco laut Ludwig August Frankl nach dem Tod von Koppel Drach als Vorsteher wirkte. Frankl 1853: 34. 2  Jüdisches Museum Wien (JMW), Slg.IKG, Inv.Nr.: 5166, Porträt Ludwig August Frankl in Nationalgardistenuniform, Öl auf Leinwand, Wien um 1848. 3  JMW, Slg.IKG, Inv.Nr.: 4724. „Das Juden-Turnier beim Schottern am Stein“; JMW, Slg. IKG, Inv.Nr.: 4729. „Ein Wort im Interesse der Juden. An alle Menschenfreunde in und außerhalb Wiens“; JMW, Slg.IKG, Inv.Nr.: 4718. „Keine Juden in der Nationalgarde? Ein Wort an Alle, dies trifft!“; JMW, Slg.IKG, Inv.Nr.: 4686. „Mitbürger und Freunde“; JMW, Slg.IKG, Inv.Nr.: 4693: „Nur keine Juden-Emancipation!“; JMW, Slg.IKG, Inv.Nr.: 4687: „Bürger von Wien“.

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und dem Geist der Aufklärung und Toleranz verbunden. So verkehrte er in den führenden intellektuellen Kreisen Wiens, die ihren Treffpunkt im ‚Silbernen Kaffeehaus‘ hatten, von dessen Atmosphäre Frankls Biograph Eugen Wolbe schwärmte: Hier gab’s kein Ansehen des Standes und des Glaubens; hier reicht der Graf dem schlichten Manne aus dem Volk, hier der Katholik seinem jüdischen Bruder in Apoll die Hand: hier galten einzig Charakter und Talent. Von diesem Dichterkreis sprach man in ganz Wien, und die vornehmsten Familien der Stadt rechneten es sich zur Ehre an, mit den Mitgliedern dieses Bundes zu verkehren. (Wolbe 1910: 62)

Diesem kosmopolitischen Gedankengut blieb Frankl zeit seines Lebens verhaftet. Er lehnte jeglichen Fanatismus und Bigotterie entschieden ab, sei es von jüdischer oder christlicher Seite, eine Haltung, die in seinen Erinnerungen über seine Reise nach Jerusalem deutlich zum Ausdruck kommt, wo er treffend die Konflikte zwischen den verschiedenen Konfessionen schildert.4 Seine Kontakte mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens kamen ihm auch in seiner Funktion als Sekretär und erster Archivar der Israelitischen Kultusgemeinde zu Gute, ein Amt, das er ab 1838, das heißt einige Jahre vor der offiziellen Gründung der Gemeinde, ausfüllte. Die Akten der Gemeinde, mehrere Tausend an der Zahl, wurden mir, als ich vor fünfzehn Jahren mit dem Amt des Sekretärs derselben betraut wurde, als ein an mehreren Orten zerstreutes Gut übergeben, zu dessen Sammlung und Entwirrung ich mehr als zwei Jahre bedurfte. […] Das älteste Aktenstück ist vom 15. Juni 1626 datiert und sind aus dem siebzehnten Jahrhundert nur 19, aus dem achtzehnten nur 1 Stück vorhanden. […] Als Archivar liegt mir der Wunsch nahe, daß hier, wenigstens in Abschrift, Alles gesammelt wäre, was das soziale und das religiöse Leben und die Schicksale der Juden in Österreich betrifft, eine reichströmende Quelle für den Historiker, wenn er die Sitten und Kulturgeschichte des Landes, vorzüglich aber Wiens schreibt. (Frankl 1847: V-VI)

heißt es im Vorwort seines Buches Zur Geschichte der Juden in Wien, in dem er sich vor allem mit der Geschichte des Friedhofs in der Rossau und der Entstehungsgeschichte des Stadttempels auseinandersetzt. Frankl war akademisch gebildet und er beherrschte auch Hebräisch, so dass er die Quellen auswerten konnte. Andererseits war er aber vor allem Schriftsteller und Dichter und kein studierter Historiker und es ist durchaus möglich, dass er sich bei seiner Darstellung der Geschichte der Juden in Wien nicht immer nur an die Fakten hielt, sondern sich auch die eine oder andere dichterische Freiheit herausnahm5. 4  Frankl (1858). 5  Bernhard Wachstein analysiert in seinem zweibändigen Werk „Die Inschriften des Alten Judenfriedhofes in Wien“ Frankls Schrift „Zur Geschichte der Juden in Wien“, die eine „fast wortwörtliche Entlehnung“ der von Josef Veit im Jahrbuch Bikkure ha-Ittim (IV,

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Wie Frankl in seinem Buch näher ausführt, taten sich seine Vorfahren Israel und Isak Frankl, Söhne von Kopl Frankl, als Retter des Rossauer Friedhofes hervor. Als Kaiser Leopold I. mittels Erlass vom 10. Juli 1669 die Juden aus Wien und Niederösterreich auswies, hinterlegten die Brüder Frankl eine Summe von viertausend Gulden beim Wiener Magistrat, mit der Auflage, den Friedhof unangetastet und die Grabsteine bestehen zu lassen. Isak und Israel Frankl übersiedelten nach ihrer Vertreibung aus Wien nach Fürth. Nach dem Tod Isak Frankls übertrugen seine Söhne Aron, Isaschar Berman und Sacharia in einer im Jahr 1695 ausgestellten Urkunde den „ererbten Grundbesitz des jüdischen Gottesackers in Wien, ihrem Oheime Israel Frankl“ (Frankl 1853: 15f.) Dieser wiederum verkaufte den Friedhof 1696 an den Hoffaktor Samuel Oppenheimer (Frankl 1853: 17). Er war der erste Jude, der sich nach der Vertreibung der Juden aus Wien im Jahr 1670 durch ein Einzelprivileg wieder in Wien niederlassen konnte. Frankl zitiert in seinem Buch aus den Originalakten, die ihm als Archivar der Gemeinde zur Verfügung standen. Er kann nicht eindeutig nachweisen, dass es sich bei den Brüdern Isak und Israel Frankl tatsächlich um seine Vorfahren handelt, doch es ist durchaus möglich, zumal Frankls Familie tatsächlich aus Fürth nach Chrást/Chrast in Böhmen einwanderte.6 Als gesichert kann gelten, dass Ludwig August Frankl mit Israel Hönig von Hönigsberg verwandt war, der seit 1784 als Direktor der Tabakgefälle-Administration tätig war und dem als ersten österreichischen Juden 1789 der Erbadel verliehen wurde (Gaugusch 2011: 725).7 Frankl selbst bezeichnet Israel Hönig von Hönigsberg als seinen Großonkel, und er erwähnt die von Hönigsbergs als eine der jüdischen Familien in Wien, die zu einer Zeit, als es noch keine offizielle Synagoge in Wien gab, die Mittel und Möglichkeiten hatten, in ihren Häusern „eine Betstube für sich und ihre Hausgenossen halten zu dürfen“ (Frankl 1853: 32-33). In den Beständen des Jüdischen Museums befindet sich bis heute eine Lithographie mit dem Porträt Israel Hönigs Edler von Hönigsberg von Josef Kriehuber,8 ein Ölporträt Max Hönigs Edler von Hönigsberg, der lange vor der Gründung der Israelitischen Kultusgemeinde im Jahre 1852, nämlich von 1806 bis zu seinem Tod im Jahre 1832, zu den Vertretern der Wiener 1823: 261-296) veröffentlichte Studie über die Inschriften des Friedhofs sind. S. Wachstein 1912: XIV. 6  Laut Georg Gaugusch stammte die Familie Ludwig August Frankls vermutlich tatsächlich aus Fürth. (Gaugusch 2011: 724) S. auch den Beitrag von Georg Gaugusch in diesem Band:  77-88. 7  Zu Israel Hönigs Aktivitäten s. Hecht L. 2010: 203-223. 8  JMW. Slg.IKG, Inv.Nr. 3834. Josef Kriehuber, Porträt Israel Hönig Edler von Hönigsberg.

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Judenschaft gehörte,9 sowie ein Stahlstich vom Wappen des Israel Hönig von Hönigsberg.10 Die familiären Beziehungen zu den von Hönigsbergs, die zu den einflussreichsten Wiener jüdischen Familien zählten, erleichterten Frankl, der ursprünglich als einfacher Student von Böhmen nach Wien gezogen war, sicherlich den Zugang zur jüdischen Oberschicht. Eine seiner ersten Stellen war die eines Hauslehrers von Gustav Figdor (1816-1879), der nur wenige Jahre jünger war als er selbst und mit dem er auch gemeinsame Reisen unternahm (Wolbe 1910: 23). Die Familie von Hönigsberg unterstützte Frankl später auch bei seinen philanthropischen Unternehmungen. Als er 1856 nach Jerusalem reiste, gaben ihm seine Cousine Louise Tauber (1824-1894), eine geborene von Hönigsberg, und ihr Mann, der k.k. Börsensenal (Josef) Samuel Tauber (1822-1879) eine Ester-Rolle in einer mit Silber bestickten Samthülle mit.11 Auch bei der Errichtung des Blindeninstituts auf der Hohen Warte konnte Frankl auf die Mithilfe seiner wohlhabenden Verwandten zählen. Die Schwester Louises, Marie Tauber (1818-1888) war Mitglied des Kuratoriums des Institutes und ihr Vater Moses Hönig Edler von Hönigsberg stiftete zur Eröffnung einen „antiken, goldgestickten Vorhang aus grünem und rothem Sammt für die heilige Lade und eine gleiche Thorabekleidung“ (Curatorium des Israelitischen Blinden-Institutes 1873: 49). Der Tora‑Vorhang und der Tora-Mantel sind verschollen. Bis heute erhalten sind dagegen unter den Archivalien des Jüdischen Museums drei auf Karton montierte Visitkarten von Josephine von Wertheimstein, Franziska von Wertheimstein und Louise Tauber, geborene von Hönigsberg, die mit Kondolationsworten anlässlich des Todes von Ludwig August Frankl versehen sind.12 Der 1806 in Lodenice geborenen Maler Leopold Pollak war ein anderer naher Verwandter Ludwig August Frankls aus Böhmen. Er studierte zunächst in Prag an der Akademie für Bildende Künste und später in Wien bei Johann Peter Krafft. Anfang der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts übersiedelte er nach Italien, wo er bald zu einem gefragten Genre- und Porträtmaler wurde. Als sich Ludwig August Frankl im Jahr 1856 mit vielen Geschenken nach Jerusalem einschiffte, führte er auch das von Leopold Pollak gemalte Ölbild Der

9  JMW. Slg.IKG, Inv.Nr. 1830, Porträt Max Hönig von Hönigsberg, Öl auf Leinwand, erstes Viertel des 19. Jahrhunderts. S. Husserl 1910: 494-514. 10  JMW. Slg.Berger, Inv.Nr. 8030, Wappen des Israel Hönig von Hönigsberg, Stahlstich. 11  JMW, Slg.IKG, Inv.Nr. 2072, Verzeichnis von gespendeten Gegenständen: 3. 12  JMW, Slg.IKG, Inv.Nr. 2186. Visitkarten mit handschriftlichen Kondolationswünschen von Josephine von Wertheimstein, Franziska von Wertheimstein und Louise Tauber, geb. von Hönigsberg.

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betende Moses mit sich.13 Es geht aus Frankls Reiseerinnerungen nicht eindeutig hervor, für wen das Gemälde bestimmt war, doch könnte es durchaus für einen der Repräsentationsräume der Lämel-Schule vorgesehen gewesen sein. Dr. Karl Nathanson schenkte dem Museum 1915 ein kleines Selbstporträt von Leopold Pollak aus dem Nachlass von Ludwig August Frankls Sohn Dr. Lothar Frankl, der 1914 verstarb.14 Es ist bis heute vorhanden. Verlorengegangen ist hingegen ein anderes wertvolles Dokument aus dem Besitz von Ludwig August Frankl, das dem alten Jüdischen Museum am 1. Juni 1899 von Meir Friedmann, dem Lektor des Wiener Beth ha-Midrasch übergeben wurde. Es handelt sich um eine am 3. Februar 1756 gefertigte Abschrift eines von Kaiserin Maria Theresia bestätigten Privilegienbriefs für die Prager und Böhmische Landjudenschaft vom 16. Oktober 1755.15

Souvenirs aus dem Heiligen Land Einige Objekte von Ludwig August Frankl, die bis heute im Besitz des Jüdischen Museums sind, gehen auf seine Reise nach Jerusalem zurück. Der eigentliche Zweck dieser Reise war die Errichtung einer Schule im Auftrag von Elise Herz, geborene Edle von Lämel. Frankl nützte die Reise aber auch, um seinen wissenschaftlichen Interessen nachzugehen und allerhand Erinnerungsstücke aus dem Heiligen Land mitzunehmen. Am 11. März 1856 trat Frankl seine Fahrt nach Palästina an, die ihn über Triest, Korfu, Athen, Smyrna, Konstantinopel, Mytilene, Samos, Rhodos, Zypern, Beirut, Damaskus, Baalbek, Jaffa und Ramleh führte, bis er Ende Mai in Jerusalem eintraf. Die in Leder gebundenen Tagebücher seiner Reise nebst Reisepass, die laut Inventarbüchern des alten Jüdischen Museums am 4. Mai 1897 über die Vermittlung von Professor Politzer aus dem Besitz von Dr. Bruno Frankl von Hochwart übergeben wurden, fehlen.16 Allerdings erschienen Frankls Reiseerinnerungen bereits 1858 im Verlag von Baumgärtner’s Buchhandlung in Leipzig, und sie sind bis heute eine aufschlussreiche Quelle für die Museumsarbeit (Frankl 13  JMW, Slg.IKG, Inv.Nr. 2072. Verzeichnis von gespendeten Gegenständen. 14  JMW, Slg.IKG, Inv.Nr. 1913. Selbstporträt Leopold Pollak. 15  Im Inventarbuch des alten Jüdischen Museums eingetragen unter der Nummer 1098. 16  Inventarbuch des alten Jüdischen Museums, Eintragung vom 04.05.1897 unter der Inventarnummer 312.

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1858).17 Wie Frankl in seinem Reisebericht schildert, stieß er bei seinem Unterfangen, eine Schule zu gründen, nicht nur auf Zustimmung, sondern auch auf den teils erbitterten Widerstand einiger, vor allem ultrareligiöser, Kreise. Unterstützung fand er beim österreichischen Generalkonsul Josef Pizzamano und beim Oberrabbiner Jerusalems, dem Chacham Baschi Nissim Abulafia. Der in Venedig geborenen Josef Pizzamano spielte in Jerusalem eine außerordentlich wichtige Rolle, die unter anderem auch den Juden zu Gute kam.18 Die Habsburger, die keine Kolonien besaßen, hatten dennoch politische, wirtschaftliche und kulturelle Interessen im Nahen Osten und unterhielten seit Mitte des 18. Jahrhunderts Vertretungen in Aleppo, Alexandria, Tripoli, Akko und Jaffa. Sie sahen sich als Schutzmacht für die christlichen, insbesondere für die katholischen Minderheiten. Als auf Initiative Pizzamanos auch in Jerusalem ein österreichisches Konsulat errichtet wurde, weitete er den österreichischen Schutz auf die jüdischen Einwanderer nach Palästina aus, die ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus Österreich, Russland und vielen anderen vor allem osteuropäischen Staaten ins Land strömten. In Pizzamano fand Frankl einen Verwandten im Geiste: humanistisch, weltoffen und tolerant, außerdem auch an musealen Fragen interessiert So bewunderte Frankl im Haus des Konsuls die reiche Sammlung an jüdischen, seleukidischen und syrischen Münzen sowie „Lampen, Basreliefs, Säulenknäufe, Ringe, Spangen und was an dergleichen in Palästina und Sirien häufiger gefunden wird“ (Frankl 1858: II, 17). Um sich gegen die Angriffe seiner Widersache zu wappnen, musste Frankl gleich am ersten Abend eine Esseneinladung im Haus des Konsuls ablehnen, da dieser als Christ keinen koscheren Haushalt führte. Frankl bemühte sich, in Jerusalem alle religiösen Vorschriften einzuhalten, um den Unmut einiger jüdischer Gemeinden, die jegliche säkulare Bildung ablehnten, nicht noch zu verstärken. Nichtsdestotrotz wurden die Angriffe gegen Frankl und sein geplantes Schulprojekt immer heftiger. So plakatierten seine Gegner eines Nachts die Häuser von Jerusalem mit Schmähschriften auf Ludwig August Frankl: Diese Plakate wurden in verschiedenen Nächten, bald an Hausthüren, wo Rabbiner wohnten, bald an den meinen und an den Pforten des englischen Missionsgebäudes angeklebt gefunden. Leider gelangten nicht alle in meinen Besitz. Die Originale, alle anonym, liegen wohlgeordnet in meinem Pulte mit der Weisung bezeichnet: die innere Fläche meines Sargedeckels mit ihnen dereinst zu tapezieren, als Zeichen meines Martirthums. (Frankl 1858: II, 17) 17  Zur Analyse des Werkes im Rahmen der zeitgenössischen Reiseliteratur s. den Beitrag von Marie Krappmann in diesem Band: 241-256. 18  S. dazu Fischer (2005).

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Am 15. Juni fand eine Versammlung in der Churbha-Synagoge statt, auf der beschlossen wurde, die Anstalt mit einem Issur (Verbot) zu belegen. Die Angriffe der Fanatiker richteten sich auch auf die sephardische Gemeinde, die hinter Frankl stand. In der Nacht zog eine aufgebrachte Menschenmenge, angeführt von einem Schofarbläser, vor Frankls Haus, um ihn zu verfluchen. Daraufhin ließ der österreichische Konsul einige der Rädelsführer verhaften. Trotz aller Widerstände konnte Frankl sein Werk zu Ende bringen. Wie er bemerkte, war, entgegen aller Anfeindungen durch die Führer der einzelnen aschkenasischen Gemeinden, der Andrang von Schülern ziemlich groß und die Schule konnte bei weitem nicht alle Kandidaten aufnehmen. Frankl schmerzte besonders, dass ein karaitscher Schüler abgewiesen wurde, um den Gegnern des Projektes keine weitere Munition zu liefern. Auch Mädchen nahm die Schule vorerst nicht auf. Erst 1907 wurde der Knabenschule eine Mädchenschule angeschlossen. Vom ursprünglichen Vorhaben der Stifterin, die Schule interkonfessionell zu führen, war längst keine Rede mehr (Frankl 1858: II, 138-143). Das Institut war in einem angemieteten Jerusalemer Gebäude untergebracht, das anlässlich der Eröffnung mit rotweißroten Fähnchen geschmückt wurde. Bis zuletzt gab es Versuche, die Schule zu verhindern. So schreibt Frankl, dass er in der Nacht vor den Eröffnungsfeierlichkeiten geweckt wurde und ihm bedeutet wurde, die russischen Juden behaupteten, es hänge ein Kreuz in der Anstalt: Ich setzte voraus, daß durch irgendeine Bosheit ein Kreuz hineingeworfen oder an die Wand gemalt sein könnte. Ich eilte ins Haus, doch konnte ich nichts entdecken, bis ich auf den Umstand aufmerksam gemacht wurde, daß auf dem Brustbild des Kaisers, die Großkreuze seiner Orden gemalt seien. Ich mußte die Spitzen der Kreuze mit dem Messer abschaben; ebenso unter dem Bilde des Herrn von Lämel das geschnitzte versilberte Lamm seines Wappens wegnehmen, weil kein plastisches Bild in einer Synagoge sein darf. (Frankl 1858: II, 163f.)

In den Beständen des Jüdischen Museums ist bis heute eine Liste mit allen Geschenken vorhanden, die Ludwig August Frankl seinerzeit nach Jerusalem mitnahm: darunter auch die erwähnten Bilder.19 19  Inventarbuch des alten Jüdischen Museums: Eintragung vom 04.05.1897. Geschenk von Dr. Bruno Frankl‑Hochwart über Vermittelung von Professor Politzer. Unter der alten Inventarnummer 313 ist ein „Convolut von handschriftlichen Aufzeichnungen anlässlich der Gründung der Elise Herz geb. v. Lämelschen Unterrichtsanstalt in Jerusalem, nebst Statuten, Denkschriften etc.“ verzeichnet. Bis heute erhalten ist die Liste mit Geschenken, die Frankl von verschiedenen Spendern mit nach Jerusalem nahm: JMW, Slg.IKG, Inv.Nr. 2072. Auf der Liste angeführt sind: „Das Bild seiner Majestät des Kaisers von Österreich in kostbarem mit dem kaiserlichen Adler geschmücktem Rahmen; von Herrn

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Auch bei der Verfolgung seiner wissenschaftlichen Interessen im Heiligen Land musste Frankl auf der Hut sein, um die religiösen Gefühle seiner Widersacher nicht zu verletzen. Seine Schilderung über den Besuch des „Blutackers“, wo er im Auftrag der Akademie der Wissenschaften „7 Raceschädel“ raubte, ist jedoch auch nach heutigem Standpunkt in ethischer wie wissenschaftlicher Hinsicht fragwürdig (Frankl 1858: II, 248-253; ders. 1858a). Nach der trotz aller Widerstände geglückten Eröffnung der Lämel-Schule kehrte Ludwig August Frankl mit vielen Geschenken beladen in mehrmonatiger Reise über Ägypten nach Wien zurück: In meiner Wohnung sieht es bunt, wie auf einem Jahrmarkt aus. Gegenstände aller Art, die ich als Pilgerspenden in die Heimat bringen wollte, lagen bunt umher: Erde aus dem Tale Josafat, Wein von Hebron, Oel vom Oelberge, Thonpfeifen und Seife aus Jerusalem, Rosenkränze und Kreuze aus Betlehem, Photographien heiliger Orte und Monumente, Flaschen mit Jordanwasser, Rosen von Jericho, Steine vom todten Meere, Blumen von Zion und den Gräbern der Könige, der Grundstein für den neuen Tempel in Wien. Schofar und Etzchaijm, Amulette, Bruchstücke von der Tempelmauer, Pergamentrollen und Bücher, Schädel vom Blutacker, Beduinenmäntel, barbarisch gestickte Arbe Kanfot und so weiter. Rabbi Mosche Schnitzer, der Steinmetz und Zauberformler bewältigte dieses Chaos in wunderbarer Weise. Er sang während er Alles verpackte halblaut Lieder mit eigenthümlicher Melodie und ich glaube, daß es geheimnisvolle Beschwörungen waren, denn Alles kam unversehrt in Wien an. (Frankl 1858: II, 290)

Mit ziemlicher Sicherheit befand sich das Steinfragment vom Tempelberg, das bis heute zu den Beständen des Jüdischen Museums gehört, im Reisegepäck.20 In seinen Reiseerinnerungen schildert Ludwig August Frankl seinen Besuch des Tempelplatzes, den er mit spezieller Genehmigung des Paschas, heimlich unternahm. Vor allem die russischen und polnischen Juden sollten nicht von diesem Ausflug erfahren, da er befürchtete, sie könnten ihn sonst mit einem religiösen Bann (Cherem) belegen (Frankl 1858: II, 257). In Begleitung des

F. Schönwirth, Opticus in Wien: Das lebensgroße Bild Seiner Majestät des Kaisers von Österreich und Königs von Jerusalem und von Herrn Joseph Schönmann, dem bekannten Historienmaler, ein treffliches Ölgemälde auf Goldgrund für den Lehrsaal der Anstalt: Moses vor Pharao darstellend.“ 20  JMW, Slg.IKG, Inv.Nr. 1763. Stein vom Berge Moriah in einem Kästchen aus Pappkarton und Glas. Im Inneren ein von Ludwig August Frankl handgeschriebener Zettel: „Ewen schtija bet habechira. Dieser Stein ist aus Jerusalem vom Berge Moriah, aus der Omar Moschee, der Stelle, wo das Allerheiligste stand.“ Auf der Außenseite des Kästchens ist ein möglicherweise von Jakob Bronner, Kurator des alten jüdischen Museums, mit Schreibmaschine geschriebener, aufgeklebter Zettel mit der Erklärung: „Steinfragment vom Felsengrund der Omar-Moschee zu Jerusalem. Gebrochen und oben beschrieben von Ludwig August Frankl.“

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Scheichs der Omar‑Moschee besuchte er die Stelle im Zentrum des Gebäudes, wo einst die Bundeslade gestanden sein soll: Unter dieser Kuppel, von rotem Damast überhangen, von reich vergoldetem Eisengitter umringt, ragt es wie ein unregelmäßig Gewaltiges, gerundet empor. Dies ist der Eben Sch’tija, „der Stein auf dem die Bundeslade gestanden ist, aus welchem die Welt geschaffen wurde,“ wie es im Talmud heißt. Es ist ein Kalksteinfels, der wie ein auf die Fläche des Tempelplatzes herabgefallener kiklopischer Meteorstein daliegt und der Moschee den Namen Kubbet es Sukhrah, Kuppel des Felsens, gab. (Frankl 1858: II, 260)

Es ist nicht genau nachweisbar, wann das Steinfragment vom Tempelberg in die Sammlungen des alten Jüdischen Museums gelangte. In den Inventarbüchern findet sich kein Hinweis und auch im Katalog der Sammlungen ist das Objekt nicht aufgelistet. Auch die mit Granatsteinen besetzten, aus Sandelholz gefertigten Rimmonim für den Tempel in der Tempelgasse mit der auf den Sockeln rundumlaufenden, in hebräischen Lettern eingebrannten, aber auf Deutsch geschriebenen Inschrift: „Sandelholz aus Erez Israel mitgebracht von Doktor Abraham Elazar Frankl im Jahr 1856“, hat mit Sicherheit Reb Mosche Schnitzer persönlich professionell verpackt. Sie waren wahrscheinlich bis 1938 im Leopoldstädter Tempel in Verwendung und wurden vor dem Novemberpogrom geborgen und versteckt. Ins Jüdische Museum kamen sie wie auch der Tora-Schmuck aus anderen Wiener und österreichischen Synagogen und Bethäusern erst 1993.21 Frankl beschreibt, wie er die Rimmonim für den neuen Tempel in Wien anlässlich seines Besuchs in der Zions-Synagoge von der sephardischen Gemeinde erstand: Die Thorarollen in der Lade werden, ich sah es so in allen Synagogen des Orients – in einem hölzernen runden Gehäuse, das mit Silber oder Kupfer beschlagen, oder künstlich ausgelegt ist, verwahrt. Wenn man die meist gemalte Thüre der heiligen Lade aufgemacht hat, ist ein seidener mit Inschriften in Gold oder Silber versehener Vorhang wegzuschieben; dann erblickt man die Thorarolle, aus der heute vorgelesen werden soll, in dem offenen Gehäuse, das man nicht ohne eine kleine Anstrengung heraushebt, und durch die Synagoge trägt. Der Diener zeigt fortgesetzt voranschreitend mit der silbernen Jad die Stelle an der die heutige Lesung beginnt. Die über die Thora herausragenden Rollen sind mit „Ezchajim“ genannten Lebensbäumen, die meist in Silber getriebene Granatäpfel darstellen, geschmückt. Als ich ein solches Paar für den neuen Tempel in Wien kaufen wollte, wurde mir dieß nur darum

21  JMW, Slg.IKG, Inv.Nr.1060, Ein Paar Tora-Aufsätze aus Sandelholz, geschmückt mit Granatsteinen und silbernen Glöckchen. Zur Geschichte der Sammlungen des Jüdischen Museums s. Feurstein‑Prasser (2004).

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gestattet, weil ich selbst eine Thorarolle in die heilige Stadt gebracht hatte. Das Ausführen einer Thorarolle oder eines heiligen Gerätes ist nicht erlaubt. (Frankl 1858: II, 37)22

Ob der mit Glassteinen besetzte Tora-Zeiger aus Silber und Goldfiligran, der nach einer Überlieferung der Israelitischen Kultusgemeinde ebenfalls von Frankl aus Jerusalem mitgebracht wurde, jedoch den eingravierten Namen Heinrich Kohn trägt, tatsächlich zu den Mitbringseln Frankls aus Jerusalem gehörte, sei dahingestellt (Heimann‑Jelinek/Schubert 1992: 204). In den Beständen des Museums fehlen heute eine Grußadresse Frankls zum 70. Geburtstag von Salomon Sulzer, die mit Pflanzen aus dem heiligen Land dekoriert war,23 eine Karte von Syrien und ein Grundriss von Jerusalem.24 Auch etliche Fotografien sind nicht mehr vorhanden, die Ludwig August Frankl beim Brechen des Steins am Tempelberg zeigen und von einem Gemälde von Franz Rainoldi abfotografiert wurden.25 Auch bei diesem Unterfangen stand ihm Mosche Schnitzer zur Seite, der ebenfalls auf dem verschollenen Gemälde von Rainoldi verewigt ist: Heute begleitete er mich, um mit freundlichst erteilter Erlaubnis des Don Perez, auf Zion einen Stein zu brechen, um ihn für den neuen, im Bau befindlichen Tempel in Wien, als Grundstein meißeln zu lassen. Der wunderliche Alte klopfte mit einem Hammer da und dort an vorspringende Felsstücke und sang halblaut seltsame Melodien. Waren es Zauberformeln? Waren es fromme Gebete? Endlich gab es einen Klang bei einem seiner Hammerschläge, und da sagte er zu mir: ‚Das ist ein feiner Stein, den grabt Euch aus Mereno!‘ […]. Ich setzte die Werkzeuge an, und unter Mithülfe des Geisterhammers löste sich bald ein schöner Kalksteinblock los, den er nach einer ebenfalls von Herrn Endlicher freundlich gelieferten Zeichnung in wirklich vollendeter Weise zu einem sarkophagartigen Kästchen

22  Wie aus dem Verzeichnis von gespendeten Gegenständen hervorgeht (JMW, Slg.IKG, Inv. Nr. 2072), fuhr Frankl mit Tora-Schmuck und weiteren Geschenken nach Jerusalem. Unter anderem eine von Elise Herz persönlich gestiftete Tora-Rolle samt Schmuck, etliche gestickte Tora-Mäntel von Damen der Wiener Gesellschaft und sogar eine vom „jüdischen Schlossermeister Jakob Bauer in Wien Rossau gefertigte Thora-Lade in Zeichnung und Ausführung gleich geschmackvoll gediegen.“ 23  In den Inventarbüchern des alten Jüdischen Museums unter der Nummer 948 eingetragen. 24  In den Inventarbüchern des alten Jüdischen Museums unter den Nummern 310 und 311 eingetragen als Geschenk von Dr. Bruno von Frankl Hochwart und Prof. Politzer, übergeben am 14.05.1897. 25  Im Katalog der Sammlungen angeführt ist namentlich ein Foto, das dem alten Jüdischen Museum von den „Herren M.Waizner & Sohn“ geschenkt wurde und das nach einem von Franz Rainoldi im Jahr 1863 gemalten Bild, gemacht wurde. Der von der „Gesellschaft für Sammlung und Conservierung von Kunst- und historischen Denkmälern des Judentums“ herausgegebene Katalog erschien 1897 ebenfalls im Verlag von Moritz Waizner. Ein identisches Foto wurde dem alten Jüdischen Museum laut Inventarbuch einige Jahre später (31.12.1907) von Jakob B. Brandeis geschenkt.

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umformt. Ich ließ in erhabener Gold-Quadratschrift den Längenseiten die Psalmverse einmeißeln: ‚Von Zion aus, der Schönheit Inbegriff strahl Gott einher.‘ und: ‚Deine Knechte lieben jeden Stein von Zion und jedes Erdenstäubchen davon, finden sie anmutig.‘ (Frankl 1858: 125)

Die schmalen Seiten zeigten die Jahreszahl, den Namen der heiligen Stadt, mit der Notiz, woher der Stein genommen ist. Den Deckel ziert erhaben das Wappen Davids und Weintrauben, die Symbole der Fruchtbarkeit. (Frankl 1858: II, 125)

Bestände aus dem Blindeninstitut auf der Hohen Warte Ein weiteres Unterfangen Ludwig August Frankls, das Spuren in den Sammlungen des Jüdischen Museums hinterlassen hat, ist die Errichtung des jüdischen Blindeninstitutes auf der Hohen Warte. Für die Stiftung des Institutes gelang es ihm, zahlreiche führende Persönlichkeiten der Wiener jüdischen Gemeinde zu gewinnen: Friedrich Ritter von Schey spendete als Erster eine Summe von 10.000 Gulden.26 Den Hauptanteil stellte Jonas Freiherr von Königswarter zur Verfügung, der sich verpflichtete, ein Haus für fünfzig Zöglinge zu errichten und auch auszustatten. Das Gebäude auf der Hohen Warte diente als Vorzeigemodell und Vorbild für ähnliche Institutionen in Europa. Als Zöglinge wurden jüdische Schüler aus der ganzen Welt aufgenommen, da das Institut weltweit das einzige jüdische Blindeninstitut war und als Externe wurden, dem humanistischen Geist des Stifters entsprechend, auch Nichtjuden ausgebildet. Jonas Königswarter selbst sollte die Eröffnung seiner Stiftung nicht mehr erleben. Er starb am 23. Dezemeber 1871. Doch seine Kinder führten sein Werk fort, und so stiftete seine Schwiegertochter Charlotte von Königswarter einen Parochet für die Haussynagoge, der sich bis heute in den Sammlungen des Museums befindet27. Er trägt die hebräische Widmungsinschrift: Dies ist eine Herzensgabe zum Schmuck des Bethauses im Hause des Asyls und des Studiums der Blinden von der Frau Sara, Gattin des Raw Mosche Chaim, die

26  In den Sammlungen des Museums befindet sich ein Porträt Friedrich von Scheys aus dem Israelitischen Blindeninstitut: JMW. Slg.IKG, Inv.Nr. 2117. 27  JMW, Slg.IKG, Inv.Nr. 2837.

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genannt wird Charlotte Baronin von Königswarter, Edle von Wertheimstein im Jahr 632 nach der kleinen Zeitrechnung. Ebenfalls erhalten geblieben sind ein Tora-Vorhang von Amalie Benedikt, ein Tora‑Mantel, den Frau Amalie Mayersburg im Andenken an ihren verstorbenen Sohn Samuel, dem Blindeninstitut vermachte sowie ein Tora-Mantel der Frau Mindel, Gattin des Mosche Aron Jehuda Halevi Nassau.28 Wie anerkannt Ludwig August Frankl in Wien war, zeigt sich unter anderem daran, dass es ihm gelang, auch christliche Sponsoren für sein Projekt zu finden. Zuvor war es zwar üblich, dass wohlhabende Juden immer sowohl für jüdische als auch für christliche Wohlfahrtseinrichtungen spendeten. Christliche Sponsoren hingegen bedachten ausschließlich christliche Einrichtungen mit ihren Stiftungen. Dank Frankl gehörte sogar das österreichische Kaiserhaus, der Landesmarschall von Niederösterreich und der Bürgermeisters von Wien zu den Unterstützern des Institutes. Auf der Liste der Geschenke für das Blindeninstitut steht an erster Stelle eine vollständig eingerichtete Presse aus der k.k. Staatsdruckerein, die Kaiser Franz Joseph persönlich überbringen ließ. An der Eröffnung des Hauses am 1. Dezember 1872 konnte er zwar nicht teilnehmen aber Kaiserin Elisabeth wurde von Frankl durch die Räumlichkeiten geführt (Curatorium des Israelitischen Blinden-Institutes 1873). Der berühmte Wiener Architekt Wilhelm Stiassny hatte das Institut erbaut. Wie zu Beginn des Artikels erwähnt, hatte er 1893 auch an der Gründungssitzung des alten jüdischen Museums teilgenommen. Das Institut besaß natürlich auch eine Bibliothek und aus dieser stammen die von Karl Emil Franzos verfassten Erzählungen: „Friedele“ und „Schiller in Barnow“, die in den Sammlungen des Museums vorliegen.29 28  JMW, Slg.IKG, Inv.Nr. 2859, Tora-Vorhang aus cremefarbenem, goldbesticktem Seidendamast mit folgender Widmungsinschrift: „Dies ist eine Herzensgabe zur Ehre der Tora und zum Schmuck des Bethauses im Haus der Zuflucht und des Unterrichts für Blinde von der geschätzten Frau Malka, genannt Amalie, Frau des geehrten R. Chaim Benedikt, im Jahr 633 nach der kleinen Zeitrechnung“; JMW, Slg.IKG, Inv.Nr. 3271, Tora‑Mantel aus goldbestickter Seide mit folgender Widmungsinschrift: „Spende zur Ehre Gottes und zur seeligen Erinnerung an meinen Sohn, den lieben und ehrenwerten R. Schmuel, er ruhe in Frieden, von mir, Malka Mayersburg, im Jahr 633 nach der kleinen Zeitrechnung“; JMW, Slg.IKG, Inv.Nr. 2858, Tora-Mantel aus goldbesticktem Seidenrips mit folgender Widmungsinschrift: „Spende für die Tora von der Frau Mindl, Gattin des R. Mosche Aron Jehuda Halevi Nassau, zum Geburtstag ihrer Tochter Eidel Alisa, sie möge leben, am Tag der Gabe der Tora, im Jahr 634 nach der kleinen Zeitrechnung.“ Zu letzterem s: Curatorium des Israelitischen Blinden-Institutes 1875: 15. 29  Inv.Nr. 4498: Karl Emil Franzos, „Friedele“ und „Schiller in Barnow“, Wien 1906, Blindenschrift, fadengebunden.

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1873 war Frankl Initiator und Präsident des Ersten europäischen Blindenkongresses in Wien. Der Protocoll-Bericht über den Kongress wurde am 22.10.1895 von den beiden Söhnen Frankls, den Docotores Frankl, wie es im Inventarbuch des alten Jüdischen Museums heißt, übergeben. Es ist heute nicht mehr vorhanden.30 Verschollen sind auch eine Monographie über das Blindeninstitut auf der Hohen Warte, eine Grußadresse zur Silbernen Hochzeit Frankls, überreicht von den Zöglingen des Institutes, desgleichen eine Sammlung von Festgesängen aus dem Repertoire des Institutes und eine Fotographie des Gebäudes auf der Hohen Warte in geschnitztem Holzrahmen.31

Grußadressen und Medaillen nach der Erhebung in den Adelsstand Einen Höhepunkt im Leben Ludwig August Frankls stellte die Verleihung des ‚Ordens der Eisernen Krone‘ durch Kaiser Frank Joseph II. und die Erhebung in den erblichen Adelsstand mit dem Prädikat „von Hochwart“ in Anspielung auf die ‚Hohe Warte‘ dar. Im Besitz des Jüdischen Museums befindet sich bis heute eine Medaille mit Widmung der Beamten der Israelitischen Kultusgemeinde, auf deren Rückseite das Familienwappen abgebildet ist und die dem alten Jüdischen Museum am 28. November 1897 von Moritz Waizner übergeben wurde.32 Zwei identische Medaillen, die laut Inventarbuch des alten Jüdischen Museums von den ‚Doctores Frankl‘ dem Museum übergeben wurden, fehlen.33 Ferner kamen aus den Beständen des Museums eine Grußadresse vom Lehrkörper der Fortbildungsanstalt des Mädchenunterstützungsvereins zum 70. Geburtstag von Ludwig August Frankl und ein Karton mit Diplomen von Luwig August Frankl und verschiedene Briefe und Autographen abhanden.34 Verloren gegangen oder zerstört sind eine Poträtbüste des Dichters in Gips von S. Beer,35 ein Hautrelief-Medaillon Frankls, ebenfalls in Gips, das Adam Politzer dem Museum schenkte und ein Tonmodell zum Grabmonu30  Eintrag im Inventarbuch des alten Jüdischen Museums unter der Nummer 122. 31  Inventarbuch des alten Jüdischen Museums, Eintragung vom 22.10.1895 unter den Nummern 94, 110, 121, 124. 32  Laut Inventarbuch des alten Jüdischen Museums, Eintragung vom 28.10.1897. 33  Eintragung vom 28.10.1897 34  Laut Inventarbuch des alten Jüdischen Museums, Eintragung vom 22.10.1895. Es handelt sich um die alten Inventarnummern 91, 115 und 116. 35  Biographische Daten von S. Beer konnten nicht gefunden werden.

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ment Frankls von Johannes Benk (1844-1914). Heute noch vorhanden sind: ein 53-seitiges illuminiertes hebräisches Festgedicht Yerusalaym Habnuya von Isac Jona Grünes, anlässlich des 70. Geburtstages von Frankl,36 zwei Grußadressen des Wiener Zweigvereins der Deutschen Schillerstiftung,37 eine Grußadresse zum 40 jährigen Dienstjubiläum Frankls, übergeben vom Vorstand der Kultusgemeinde,38 eine Grußadresse des mährischen Landesrabbiners Baruch Placzek39 und eine Grußadresse der Religionslehrer der Israelitischen Kultusgemeinde.40 Ludwig August Frankls Lebenswerk war so vielfältig und umfangreich, seine familiären und freundschaftlichen Beziehungen so weitreichend und verflochten, dass immer wieder Archivalien, wie z.B. Autographen und Bilder, aber auch Objekte aus seinem Umfeld auftauchen. In der Sammlung Max Berger, die dieser nach 1945 aufbaute und die weltweit zu den bedeutendsten Judaica-Kollektionen zählt, finden sich etliche Dokumente zu Ludwig August Frankl, unter anderen eine aus Leder gefertigte und mit Silber beschlagene Schreibmappe aus dem persönlichen Besitz Frankls, in deren Mittel die von Carl Radnitzky gestochene Medaille eingearbeitet ist.41 36  JMW, Slg.IKG, Inv.Nr. 3854, Gedicht von Isac Jona Grünes/Grines aus Lemberg. Datiert vom 01.02.1880. Hebräische Handschrift. Laut Inventarbuch des alten Jüdischen Museums, Eintragung vom 28.10.1897. Alte Inventarnummer 96. 37  JMW, Slg.IKG, Inv.Nr. 652 und 651. Es handelt sich um jeweils eine Grußadresse zum 70. und zum 80. Geburtstag des Dichters. 38  JMW, Slg IKG, Inv.Nr. 649, Glückwunschadresse für Ludwig August Frankl aus Anlass seiner vierzigjährigen Tätigkeit in der Kultusgemeinde, datiert 1878. Im Inventarbuch des alten Jüdischen Museums: Eintragung vom 22.10.1895 als Geschenk von den „Doctores Frankl“ unter der alten Inventarnummer 108. 39  JMW, Slg.IKG, Inv.Nr. 2182, Grußadresse zum 70. Geburtstag von Ludwig August Frankl, verfasst vom mährischen Landesrabbiner Baruch Placzek. Baruch Placzek (1835-1922) war ab 1860 Landesrabbiner von Mähren, ein Amt, das zuvor sein Vater Abraham Placzek innegehabt hatte. Wie Ludwig August Frankl war auch Baruch Placzek eine Art Universalgelehrter und besonders an Geschichte und Naturwissenschaften interessiert. Er war mit Gregor Mendel befreundet und korrespondierte unter anderem mit Charles Darwin. Das Inventarbuch des alten Jüdischen Museums weist 34 Eintragungen auf, die Geschenke von Baruch Placzek an das alte Jüdische Museum betreffen, darunter ein Schreiben von Charles Darwin an Placzek, das dieser dem Museum am 15.04.1906 übergab. Der Brief hat die alte Inventarnummer 3078 und ist nicht mehr vorhanden. 40  JMW, Slg.IKG, Inv.Nr. 650, Glückwunschadresse zum 70. Geburtstag für Ludwig August Frankl von den israelitischen Religionslehrern in Wien. 41  JMW, Slg. Berger, Inv.Nr. 8080. In der Sammlung Berger befinden sich weiters das in der Josef Stöckholzer von Hirschfeld’schen Buchdruckerei erschienene Revolutionsgedicht „Die Universität“ (JMW, Slg.Berger, Inv.Nr. 8051), ein handschriftliches Albumblatt mit einem achtzeiligen Gedicht (JMW, Slg.Berger, Inv.Nr.8050) und eine Lithographie mit dem

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Der Großteil des schriftlichen Nachlasses von Ludwig August Frankl, der erst zum Teil aufgearbeitet ist, befindet sich in der Handschriftenabteilung der Wienbibliothek. Auch das Wienmuseum besitzt etliche Objekte zu Frankl: eine Büste, ein Gemälde, einige Lithographien und Fotografien und eine Sammlung von Flugzetteln und Karikaturen zur 1848er Revolution aus dem Frankl-Nachlass. Ein Glanzstück in den Sammlungen des Wienmuseums ist der Nationalgardistensäbel Frankls, der in der Eröffnungsausstellung des Wiener Jüdischen Museums vom November 1993 bis Mai 1994 ausgestellt war und jetzt wieder in der neuen Dauerausstellung des Jüdischen Museums zu sehen ist.42 Eines der besten Porträts des Dichters, das sein Freund Friedrich von Amerling malte, hängt heute in der Gemäldegalerie des Martin von Wagner Museums der Universität Würzburg. Wo sich das ebenfalls von Amerling gefertigte Porträt von Frankls zweiter Ehefrau Paula befindet, ist nicht erwiesen. Reste von Ludwig August Frankls Werk finden sich in Museen und Archiven verstreut und werden wohl nie vollständig zu erfassen sein. Allein die Spuren, die er im Jüdischen Museum hinterließ, sind wie Mosaiksteine eines Epochen und Länder übergreifenden Bildes der Geschichte der Juden in Wien.

Porträt des Dichters von J. Höfelich nach M. Bifenius mit einer Zeile aus dem Gedicht „Don Juan d’Austria“ (JMW, Slg. Berger, Inv.Nr. 8082). 42  Nationalgardistensäbel mit der Schriftkartusche „Erinnerung an 13.14.15. März 1848“ und dem Namen „Frankl“, Wienmuseum, Inv.Nr. 126.252. S. Heimann-Jelinek 1993: 36.

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A Biographical Sketch In 1837, a young Jewish graduate from the medical schools of Vienna and Padua made his Grand Tour through Italy. Initially part of the intellectual and formal education of young men from aristocratic background (Pieper 2008: 3-7), in the eighteenth century those Tours also became fashionable among the Bildungsbürgertum (Chaney 1998: XI). Driven by the urge for acculturation and social mobility that rapidly spread through Central European Jewish society at the beginning of the nineteenth century, young Jewish men followed the paths of their non-Jewish peers. While traveling for utilitarian reasons, such as for business connections and family visits, was common in traditional Jewish society, the Grand Tour served completely different objectives. The double aim of intellectual and moral education epitomized the German word Bildung and thus testifies to Jewish aspirations in the world of German culture (Kaplan 1991: 8-10). Visiting sights and landmarks was not the only essential part of the Grand Tour. It was also important to establish connections with local and international intellectuals, writers, and artists, as well as to get acquainted with prominent political and economic figures. With a letter of recommendation from the famous Viennese Orientalist, Joseph Hammer-Purgstall (1774-1856),1 our Jewish traveler aimed at getting an audience with Cardinal Giuseppe Gasparo Mezzofanti (1774-1849), the director of the Vatican library. The polyglot cardinal, who was notorious for guessing his guests’ nationality according to the then very popular discipline of physiognomy, welcomed our traveler in German. His guest corrected him cautiously: Monsignore, I am sorry to prove you wrong, I was born in Bohemia, but I’m not [part] of the Bohemian tribe [German: Stamm]; my mother tongue is Czech, though. (Frankl 1844: 346-349)2

“What, then, is your nationality?” the cardinal inquired curiously in Czech. Answering this question, Frankl told him that his great-great grandfather had left Palestine for unknown reasons; his son had settled in Germany and his 1  Although Hammer-Purgstall had been married to Frankl’s second cousin Caroline Henikstein (1797-1844) since 1817, the two men probably met around 1828. 2  Reprinted in Kohut 1900: 395f.

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grandson, Frankl’s grandfather, had moved to Bohemia. After more polite exchanges, Frankl handed the cardinal his letter of recommendation, in which he was praised as a talented “German poet” (Frankl 1844: 347). “See! You are a German, a German poet!” the cardinal rejoiced. “I write in German, Monsignor,” the young man answered. However, does form and language really matter when we express our thoughts and feelings? A cosmopolitan like you […], fluent in various languages may agree with me. ‘Never!’ he [the cardinal] responded lively in Italian ‘The Italian language is my favorite language in the world, even though I do know richer and more aristocratic languages […]’. (Frankl 1844: 347)

Ludwig August Frankl published his memories about this journey and the meeting with Cardinal Mezzofanti in 1844, when he was already an acknowledged poet and editor of a renowned cultural weekly in Vienna. Many Czech scholars regard this episode as proof of Frankl’s (sentimental) attachment to the Czech language, since he referred to Czech as his mother tongue. This was a serious argument in the cultural and political battle which arose between Czech and German nationalists in the Czech lands in the beginning of the nineteenth century. Based on the model developed by Deleuze and Guattari, Václav Petrbok attempted to detach Frankl from the Czech-German conflict by interpreting the quoted depiction as evidence of Frankl’s functional multilingualism and his sophisticated evaluation of Czech, German and Hebrew according to the different roles these languages played in his life. Multilingualism based on such a model a priori excludes nationalism that is always oriented toward monolingualism. The episode cited above illustrates Frankl’s cultural and political liberalism that caused him to defy nationalism and to dismiss monocausal world views. What seems most striking in the quoted conversation with Mezzofanti is neither Frankl’s reference to his Czech mother tongue nor his evaluation of different languages, but his downright reluctance to being framed in common national categories. In the spirit of true liberalism, Frankl answered the question about his nationality evasively. The polyglot cardinal adamantly opposed Frankl’s suggestion of being defined as a (language) cosmopolitan, but jumped on the occasion to demonstrate his attachment to his native tongue. Frankl, though, being asked about his nationality, proudly recounted the fate of his Jewish ancestors and their repeated migration. Frankl’s contemporaries might have argued that his self-presentation veered perilously close to the stereotype of the Jew who changes his loyalty according to convenience and lacks patriotic sense. In fact, the current volume seeks to demonstrate that Frankl – who was in fact an ardent Austrian and Habs-

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burg patriot – consciously rejected any categorization along national lines. He considered such approaches useless and even contraproductive. Multiple identity-constructions often suggest that individuals perceive themselves as insiders and outsiders simultaneously. Frankl, on the other hand, felt completely at home in different cultures and switched between them without sensing any antagonism between them.3 He viewed his complex multiethnic diasporaidentity as a Czech-German-Jewish cosmopolitan not as problematic, but as enriching and indeed felt comfortable in many worlds.4 The following categorization of Frankl’s biography in different ‘worlds’ suggests neither a chronological nor an exclusive order; it represents instead the (unsatisfactory) attempt of the historian to grapple with the simultaneousness of life and impose an organizing structure upon it.

Biographical World: Tradition and Acculturation Ludwig August was born in the Bohemian town of Chrást/Chrast in 1810. He was called Lazar or Abraham Elazar with his Jewish name(s) after his late grandfather. He belonged to the first generation of Jews to receive a secular secondary education in the Habsburg Monarchy. From the late 1830s onward, Frankl began to play an important role in Vienna’s cultural and intellectual life. He descended from a respected Bohemian Jewish family, whose ‘matriarch’ was Frankl’s grandmother Marianne (Mirjam) Frankl (née Hönig, 1752-1829), the sister of Israel Hönig von Hönigsberg (1727-1808). The successful businessman Israel Hönig was appointed director of the recently nationalized tobacco monopoly, as well as the tax and toll-monopoly [Tabak-Bankal- und Mautgefälle] in 1784; he was thus the first Jew to hold a high public office in the Habsburg Monarchy and the first Jew to be ennobled in 1789.5 Another brother of his grandmother, Adam Hönig (1745-1811), was baptized and adopted the name von Henikstein after his ennoblement in 1784. He and his children played an important role in Vienna’s economic life and art 3  On multiple-identity constructions of Jews in the Habsburg Monarchy around 1900 cf. Rozenblit (2001). 4  On Jewish Diaspora-identity cf. Boyarin/Boyarin (1993): 693-725. 5  On the Hönigsberg family cf. Hecht L. 2010: 203-223; for Hönigs ennobelment cf. Drewes 2013: 167f., 378.

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scene (Mittenzwei 1998: 228-232). As opposed to the Henikstein family, the members of the Hönig family were involved, not just in Christian society, but in the Jewish communities of Prague and Vienna as well. Maximilian von Hönigsberg (1754-1832) was a representative of Viennese Jewry for many years and Soliman von Hönigsberg (1804-1864) served as secretary of the Jewish community in Prague. A generation later, the Frankl family would hold similar positions in Jewish and Christian society. Like many other Jews in Bohemia and Moravia, L. A. Frankl’s parents reached a comfortable economic position as tobacco leasers and distributors. By leasing the tobacco monopoly in the city of Chrudim, Frankl’s grandmother Marianne and her husband Lazar gained the right to settle in that city, although Jews were not allowed to live in Chrudim. After Lazar Frankl’s death in 1792, Marianne was able to lease the tobacco monopoly for Chrást/Chrast through the intervention of her brother Israel Hönig. She managed the business together with her son Leopold (1776-1825).6 Success in this business required a decent secular education that included fluent reading and writing in German language, mathematics and bookkeeping, i.e. a certain level of acculturation. Education, open-mindedness and entrepreneurship helped tobacco leasers achieve upward social mobility; many tobacco leasers in turn, encouraged their children to pursue the higher (university) education that was considered an entrance ticket into gentile society in the nineteenth century.7 Ludwig August Frankl was therefore sent to the gymnasium of Prague and Litomyšl/Leitomischl. After his father’s untimely death he was forced to temporarily interrupt his education. As the oldest son, he and his mother Therese Frankl (née Hermann, born in the Moravian town of Lysice/Lissitz, 1784-1848) had to petition the Viennese authorities together for permission to continue running the tobacco business, since it was technically impossible for women to run a business on their own. For this purpose, both travelled to Vienna in 1827. On this trip he became acquainted with Joseph von Hormayr (1782-1848), the editor of the journal Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst [Archive for History, Statistics, Literature and Art]. Thanks to this encounter, Frankl published his first literary work, an epic arrangement of the traditional Bohemian legend “Johann Pancir”, which Hormayr printed in his Archiv in 1828 (Frankl 1828: 140-142).8 On the same trip, Frankl’s cousin 6  Cf. the contribution by Dieter Hecht: 47-76. There was no Jewish community either in Chrudim nor in Chrást/Chrast cf. Kestenberg-Gladstein 1969: 385, Anm. 179. 7  S. Hecht L., “Jewish Families and the Tobacco Monopoly in the Habsburg Monarchy.” [29.10.2013]. 8  On the legend cf. the contribution by Václav Petrbok: 89-120.

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Leopold Pollak (1806-1880), who studied in Vienna at that time, painted the first portrait of our protagonist.9 After finishing gymnasium, L. A. Frankl studied medicine at the University of Vienna. Due to his father’s death, the family was in a financially constrained situation and Frankl, like many other Jewish intellectuals of his generation, had to earn money for his studies as a private tutor. Working as a private tutor helped Frankl make a living while studying in the university and, moreover, allowed him to become acquainted with a number of leading Jewish families in Vienna. One of his pupils was Gustav Figdor (1816-1879), son of the wholesale merchant Wilhelm Wolf Figdor from Kittsee; Frankl accompanied his student on a trip to the Austrian resort area Salzkammergut in 1829/30. (Deborah 10.06.1866: 128; Frankl, 1860: 14) According to his own account he also worked in the house of Markus (Meschulam) Hirsch Beer (1785-1857), who was one of the representatives of Viennese Jewry in the Vormärz period. (Wachstein 1926: 31)10 These connections had a considerable impact on his future career. In addition to his medical studies and teaching, Frankl still found time to write. He gained literary and social prestige by writing historical poems, including the Habsburglied (1832), a patriotic epopee on the ruling dynasty. As a result, Frankl was invited for a private audience by Emperor Franz I and received a golden snuffbox from Archduke Ferdinand. (Wiener Zeitung 23.02.1832: 173) In 1836, he published Cristoforo Colombo (1836), for which he was awarded honorary citizenship of Genoa. (Schlossar 1904: 706) After some years of studies in Vienna, Frankl finished his medical degree in Padua in 1837. After his graduation, he embarked on the above mentioned Grand Tour through Italy. Due to his connections to important Viennese Jewish families, Frankl was offered the position of a secretary of Viennese Jewry (Letteris, Wiener Mittheilungen 01.04.1863: 25 f.)11 upon his return to Vienna. He accepted the job and never practiced as a physician. Frankl’s main occupation became the administration of inner-Jewish affairs. Outside of his working hours, he mainly devoted himself to literature, through which he achieved fame within Vienna’s 9  Evidence for this unfortunately missing portrait can be found in an inventory of his portraits, listed by Frankl himself, Nachlass L. A. Frankl, HIN 25479; cf. also image 32. 10  Beer’s wife Eugenie (neé Silny) was a known pianist and a student of Hummel, who dedicated a sonata to her in 1820; cf. Kroll 2007: 120. 11  The Ashkenazi Jews of Vienna were neither allowed to form an official community nor to employ a rabbi until after the revolution of 1848. The statutes of the Jewish community of Vienna (IKG) were approved by authorities only in 1852; cf. Wolf 1861: 1-8.

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(upper) middle class. From 1842 to 1848, he published the prestigious cultural weekly Sonntagsblätter that served as a literary platform for young Jewish and non-Jewish writers in the Vormärz period. (Dollar 1932) He gathered an impressive social network during these years. The revolution of 1848 was both a politically and socially decisive turning point in the life of L. A. Frankl, a fact reflected in the many contributions to this volume that address the revolution. As a Jew from Bohemia, Frankl was repeatedly threatened with expulsion during the era of neo-absolutism in the 1850s.12 In the liberal period, however, Frankl ultimately acquired a respected position in Viennese society. A biographical sketch of L. A. Frankl published in the Jewish journal Deborah in 1866 clearly demonstrates his acceptance by gentile society. The list of his honorary titles and memberships in learned and other societies included: Honorary citizen of Chrast, Safed and Tiberia, honorary member of the Association of Music and Craftsmanship, of the Haydn-committee in Vienna, of the Kepler Association in Weil, the Mozarteum Salzburg, the Obderennsisch Society in Linz, the Historical Society of Styria and Carniola, the Association for Horticulture in Frauendorf, the Society for Antiquities in Alexandria and Cairo, the Association for Medicine and Natural Sciences in Athens, the Imperial-Royal Geological Institute of Vienna. (Deborah 1866: 129)

Frankl assumed many other honorary titles during his lifetime. The most important among them were his ennoblement in 1876 and honorary citizenship of Vienna in 1880.13 (Honorary) memberships in local, regional and national societies served the dual purposes of raising the self-assurance of the educated middle class and promoting patriotic and national interests.14 Frankl supported various local and regional initiatives, but refused to be identified with national enterprises. In addition to cultural initiatives he also promoted societies with a scientific agenda, e.g. the Kepler Association in Weil,15 the Society for Antiquities in Alexandria and Cairo and the Association for Medicine and Natural Sciences in Athens. His medical training was certainly instrumental in being accepted 12  Cf. the contribution by Ernst Wangermann: 195-206. 13  Cf. Curriculum Vitae of Ludwig August Frankl in his ennobelment file, ÖStA, Adelsakt A. L. Frankl von Hochwart, 1876 and death notice of Ludwig August Frankl von Hoch wart, 1894. 14  On the promotion of national interests by patriotic societies cf. Klíma 1993: 234f. and King (2002); on the connection between identity and nationality cf. Krueger (2009). 15  During a stay in the spa of Karlovy Vary/Karlsbad Frankl wrote a play for scientists that convened in the town; the revenue of the performance was donated to erecting a Kepler monument in Weil, cf. Ehrentheil 1867: 144f.

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by these organizations. Athens, Alexandria and Cairo point furthermore to Frankl’s journey to the Middle East in 1856 that will be addressed below. The honorary citizenships of Safed and Tiberia serve as a reminder of the fact that Frankl’s main destination – i.e. Jerusalem – is missing from the list. Due to religious and political obstruction, he could only partly realize the main goal of his journey, namely establishing a multi-religious day-care center for citizens of the Habsburg Monarchy in Jerusalem. Frankl shared his commitment to Jewish and non-Jewish concerns with his five brothers and sisters, who lived in Chrást/Chrast, Jičin/Gitschin, Prague and Vienna. Three of them, David Bernhard, Eduard and Wilhelm, had been elected to the municipal councils in their respective places of residence. Hence the biographical sketch of Frankl’s youngest brother Wilhelm (1821-1893) in Deborah started with praise of Jewish education: It is a matter of common knowledge that Jewish parents sacrifice themselves in order to grant their children an outstanding education; […] Thus, we might notice that men who come from small and insignificant places are able to succeed in big cities, thanks to the appropriate education sensible parents granted them. An excellent example is the family of the former Austro-Hungarian tobacco lease-holder Leopold Frankl from the small Bohemian town of Chrast, in the district of Chrudim. All of his sons have excelled in their chosen careers and are well-reputed in their respective spheres of influence. The oldest son is the celebrated poet, traveler to the Orient and popular writer Dr. L. A. Frankl, who is also secretary of the Jewish community in Vienna; the second son, Eduard [1817-96] is a merchant and member of the town council in his hometown Chrast. The third son, David Bernard [1820-59] was the head of a well-known company in Prague, a member of the Chamber of Commerce and the town council, as well as prinicpal of the business school [...]; the fourth son Wilhelm is a member of the town council and representative of the Jewish community [in Vienna]; he used to be the head of the Association for Pious and Charitable Purposes, a representative of the commercial association Union in Vienna, member of the Lower Austrian Trade Association and the Chamber of Commerce, Austro-Hungarian court councilor, Knight of the Imperial-Royal Emperor Franz Joseph-Order, holder of the Golden Cross of Merit with a Crown, and recently director of the Imperial Royal pawn office. [...]. (Deborah 1866: 111).

The rest of the biographical sketch of Wilhelm Frankl paradigmatically outlined the career-steps of a nineteenth century Jewish politician: a solid general education and a successful business career were rewarded with honorary positions in the Jewish community and finally with respected positions in Christian society and politics. Wilhelm Frankl went to gymnasium in Prague, where he also graduated from a technical college. In Prague he started working in the company of his uncles Joseph and Samuel Pollak. Since 1847 he was the army contractor for the company. He moved to Vienna in 1848, the year of the revolution. Through his brothers he became acquainted with poets and

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intellectuals in Prague and Vienna, which inspired him to write as well. The premiere of his drama The Ides of March [Des Märzen Idus] was scheduled for November 1848 at Vienna’s Court Theatre. Due to the suppression of the revolution in October, however, the premiere never took place. (Wurzbach 1858: 334) Wilhelm seems to have been in Vienna during the revolution, but there is no evidence of his active involvement in revolutionary activities. In 1852 he started a business in Vienna and made a stellar career. In 1858 he was elected to the board of the Vienna’s Jewish community, in 1859 he was a representative of Vienna’s commercial association and in 1865 he was awarded the Knight’s Cross of the Franz Joseph Order. Along with Wilhelm Boschan (1813-1890) and Ignaz Kuranda (1811-1884), Wilhelm Frankl was one of few Jews who were elected members of Vienna’s town council before the constitutional era. Image 9 most probably dates from this period. (Cendes/Opll 2006: 193; Deborah 20.05.1866: 112) When Wilhelm Frankl died in 1893, his honorary titles and decorations filled seven tightly written lines in his obituary. (Neue Freie Presse 20.03.1893: 7) A neglected but often decisive aspect of these careers were family-networks, mainly through spouses, as shown in the contributions of Georg Gaugusch on the genealogy of the Frankl-family and Dieter J. Hecht on the women in the life of L. A. Frankl. Five members of the Frankl family married into the elite of Prague’s Jewish society. L. A. Frankl’s 1843 marriage to Ernestine Wiener (1821-1857) established an alliance with a respected Jewish family in Prague. In 1845 his younger brother David Bernhard Frankl (1820‑1859) married Rosalie Bondi (1827-1904), who also came from an illustrious Prague family. Karoline Frankl (1824-1884), the youngest sister, married Isaak Flekeles (1815-1851) in 1848 and thus became part of another highly regarded family of Prague. In 1850, Wilhelm Frankl married Louise Hock (1829-1897), who also came from a distinguished Prague family. Through marriage, Wilhelm Frankl was additionally related with the influential Prague families Porges and Stössels. (Gaugusch 2011: 727, 1202f.) Marriage politics proved less important (and successful) for Frankl’s two remaining brothers. Adolf, who was born in 1815 and died in Chrást/Chrast in 1866, never got married. His tombstone in the Jewish cemetery of Zájezdec/Zajezdetz in the Frankl family’s burial plot (image 4)16 seems to be his only historical legacy, with the exception of a reference to his name in the Familiaten-lists. Eduard Frankl (1817-1896) remained 16  Since there was no Jewish community in Chrást/Chrast, there was no Jewish cemetery in the town.

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in Chrást/Chrast for his entire life, although in 1847 he married Rosa Skutzeky (1824-1879) from Lomnice/Lomnitz (Southern Moravia). He was appointed member of the town council after 1848 and ran a prosperous business until his bankruptcy in 1871. (Frankl 1860: 13; Gerichtshalle 07.12.1871: 404) Eduard’s political accomplishments were eclipsed by those of his younger brother David Bernhard. David Bernhard was the most successful politically among the brothers. He was based in Prague and died a sudden death at the age of 39. Most extant information about his life and career comes from a biography that L. A. Frankl published upon his brother’s death. The biography offers detailed information on the lifestyle of the Frankl family and the education of the brothers. David Bernhard went to the Czech primary school in Chrást/Chrast. He additionally studied German, Hebrew, piano and singing at home. At the age of twelve he was sent to his brother Ludwig August in Vienna, where he joined the choir of the synagogue in Seitenstettengasse, which was led by the famous cantor Salomon Sulzer. Through his brother’s connections, David Bernhard became acquainted with Franz Grillparzer, Joseph Hammer-Purgstall and Caroline Pichler. At the age of fifteen, David Bernhard began to work at the company of his uncles Joseph and Samuel Pollak in Prague. There he also met the writer Wolfgang Adolf Gerle (1781-1846), who introduced him to the salon of Elise Herz (1788-1868). After his marriage with Rosalie Bondi in 1845, he joined the company of his father-in-law. David Bernhard witnessed the looting of the company by anti-Semitic workers during the revolution of 1848.17 The same year he was elected to the board of Prague’s Jewish community. In 1849 he was named member of Prague’s town council and in 1850 he was the first Jew elected as councilor. In this capacity he was even invited to Imperial balls in Prague’s castle Hradschin. In 1855 he obtained citizenship of Prague; his portrait (image 8) probably dates from that period. He died from a stroke on 20 November 1859. (Frankl 1860: 8-33) The report about his impressive funeral on November 22 reflects his integration in both Jewish and Christian society: The funeral procession is headed by two hundred [Jewish] poor, followed by pupils of the secondary school and Talmud-Torah-school of Prague’s Josefstadt, the members of the charitable association Nächstenliebe [compassion], the members of the Lämel welfare fund, a [Christian] citizen’s infantry company with a band. Surrounded by students of the Business College as well as sergeants and corporals with burning torches, the hearse is pulled by four horses. The coffin is covered with a dark cape on which the captain’s uniform of the

17  Cf. the riots in Prague Niedhammer 2013: 91f.

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deceased is placed: shako, épée and sash. On one side of the cape a golden cross on a red ribbon is fixed,18 a decoration the deceased used to wear on his chest. The hearse is followed by a young boy, the deceased’s only child [...], behind him the brothers and relatives of the deceased. [...]. The bells of the surrounding churches are ringing as the procession proceeds through the narrow lanes and the splendid Graben, heading to the Roßmarkt. The hearse is accompanied by the two venerable Rabbis of the old [i.e. orthodox] Jewish community of Prague [...]. Both of them in black Polish robes made of silk and high fur hats. They are followed by the eloquent preacher of the Jewish community, Dr. Kämpf, surrounded by the board of the community [...]. (Frankl 1860: 3f.)

In the funeral procession, proponents of Prague’s traditional Jewish community, represented by the rabbis Salomon Juda Rappaport (ShI”R, 1790-1867) and Samuel Freund (1794-1881), marched side by side with Prague’s modern Jews, headed by the scholar in Middle Eastern languages and preacher of the Reform community Saul Isaac Kämpf (1818-1892). In his duty as councilor, David Bernhard Frankl was also head of the citizen’s militia. Members of the municipal authorities and Christian dignitaries therefore participated in his funeral and church bells rung along the funeral route. The participation of Jews and Christians in a Jewish funeral was both a reminder of the multi-confessional burial of the victims of the March 1848 revolution in Vienna, and a sign of a new liberal era. Eight years later, in 1867, the implementation of the constitution [Staatsgrundgesetz] finally brought equal rights to everyone, including the Jews. The two epitaphs on David Bernhard Frankl’s monumental tombstone reflect his accomplishments and social milieu, but are only preserved in a sketch. The German epitaph was written by his brother Ludwig August and implied that David Bernhard’s most significant accomplishments were achieving civil rights and the honor of being elected councilor. The second epitaph was written in Hebrew by a family friend, the poet Max (Meir) Letteris (1800-1871) In accordance with Jewish tradition, Letteris praised the deceased as a philanthropist and benefactor of the poor. (Frankl 1860: 33f., includes the sketch of the projected tombstone.)

18  Emperor Franz Joseph instituted the Golden Cross of the Order of Merit as a reward for faithful devotion to the Emperor and the Fatherland on 16 February 1850, cf. Stolzer/ Steeb 1996: 294.

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Public World: Literature and Revolution  While Bohemia is my native country by birth, I consider the German spirit that I acquired through education as my fatherland. (Teniers 1865: 287)

With this quote, Alfred Teniers (aka Sigmund Herzl, 1830-1889) sought to illustrate the way Frankl was embedded in two cultures and used literature to mediate between them. Teniers’ six-page biographical sketch on L. A. Frankl in the journal Illustrierte Monatsschrift für die gesamten Interessen des Judentums in 1865, sought illustrating that Frankl was embedded in two cultures and used literature to mediate between them. Václav Petrbok and Gertraud MarinelliKönig analyze Frankl’s efforts to connect the worlds of German and Slavic letters. Petrbok focuses on Frankl’s link with Czech literature; Marinelli-König includes Frankl’s relationship with Serbian literati. In his Sonntagsblätter, Frankl intentionally published the works of Jewish and Christian writers side by side. Nonetheless, the journal also served many young Jewish writers from his ‘native Boehmia’ as an entrance ticket into the world of letters. These writers included Moritz Hartmann (1821-1872), Sigmund Engländer (1820-1902),19 Siegfried Kapper (1821-1979) and Leopold Kompert (1822-1886). In the Sonntagsblätter, Frankl presented their work to a broad German public. Additionally, he supported the Moravian writer Simon Deutsch (1822-1877) by advertising his publications in the Sonntagsblätter.20 Subsequently, many of these writers issued their own (political) journals in the 1840s and 1850s. Although most of them were rather short lived, these periodicals left a significant imprint on the period. Despite his function as a cultural mediator, Frankl considered the German language his literary patria. Siegfried Kapper, on the other hand, only switched to German after the negative reception of his Czech poems.21 In addition to promoting younger Bohemian writers, L. A. Frankl’s literary network also included his own contemporaries, with whom he promoted German culture and fought for freedom of press. Among them were Ignaz Kuranda (1811-1884), the radical journalist from Prague who later became 19  For the biography of Sigmund Engländer cf. Häusler 1982: 83-137. 20  For example the edition of the dictionary of Menachem ben Saruq in: Sonntagsblätter 30.03.1845: 298; and „Beschreibung der hebräischen handschriftlichen Werke der k.k. Hofbibliothek“ (together with Albrecht Kraft) in: Sonntagsblätter 31.01.1847: 16; as well as „Jüdischer Plutarch“ (ed. together with Franz Gräffer) in: Sonntagsblätter 14.11.1847: 405. For Deutsch’s revolutionary activities cf. Miller M. 2010: 379-393. 21  Cf. Kieval 2000: 71-84.

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a representative of the Imperial Council and member of the town council of Vienna; the Prague born journalist Adolf Neustadt/l (1812-1875) who was forced into reiterated migration by censorship and political repression during the 1830s and 1840s; and the Moravian born liberal rabbi Leopold Löw (1811‑1875) who lived in Hungary since the 1830s and edited the Jewish journal Ben Chananja (1858-1867).22 Several of these authors gratefully dedicated books to Frankl.23 The Sonntagsblätter was not only a platform for literature. Frankl introduced the art supplement Kunstblätter to his journal in 1843. A novelty in the press of the Habsburg Monarchy, Kunstblätter sought to introduce art and art history to a broad public.24 As emphasized by various contributions to the volume at hand, music was an integral part of (upper) middle class education that, furthermore, played an important role both in Frankl’s life and in the Sonntagsblätter. The journal’s popularity can be explained in part by the excellent music reviews written by Alfred Julius Becher (1803-1848), as Barbara Boisits illustrates in her contribution. Frankl’s poem “Die Universität” [The University], published in March 1848, was the first uncensored leaflet and thus became the hymn of the revolution.25 It was set to music by about twenty different composers, as Stefan Schmidl proves in his contribution on the musical renderings of Frankl’s poems. By the outbreak of the revolution, Frankl had transformed the Sonntagsblätter from a cultural journal into a political instrument in the fight for freedom of press, democracy and the emancipation of Jews. The 19 March 1848 issue started with the following programmatic declaration: I have publishing the Sonntagsblätter for six years and two and a half months, 322 issues have been released thus far. I declare all of them null and void and start from today with issue no.1. (Frankl 1848: 127)

Like most journalists and editors during the Vormärz period, Frankl had avoided dealing with explicitly political issues until March 1848. From then on, politics turned into the main, if not the sole, content of the journal. The Sonntagsblätter published numerous articles by Ferdinand Kürnberger (1821-1879), whom Karl Kraus described as Austria’s most astute political writer.26 Frankl’s 22  Cf. the entries of Michael Silber on Adolf Neustadt and Leopold Löw in: Yivo Encyclopedia (2008) [22.03.2014]; zu Ignaz Kuranda s. Doublier 1906: 445-450 sowie Wistrich 1990: 140-142. 23  A selection of these dedications are reproduced in Ehrentheil 1867: 147. 24  Cf. the contribution by Louise Hecht: 291-322. 25  Cf. image 27. 26  Cf. the contribution by Hubert Lengauer: 137-156.

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engagement with the revolution subsequently led to the closing of the journal on 22 October 1848, a few days before Imperial forces crushed the revolution in Vienna. The forced closing of a journal would have been a predicament for any editor in chief, however, as a Jew, Frankl had to fear more severe consequences. As a Jew from Bohemia, Frankl had no right of residence in Vienna. Due to his contacts with radical revolutionaries, he was thus repeatedly threatened with expulsion by the neo-absolutistic government during the 1850s.27 Frankl’s precarious situation points to the broader Jewish experience in the pre-constitutional era. Ernst Wangermann shows in his article on Frankl’s contribution to the revolution of 1848 that only Frankl’s excellent relationship with important public figures and the intervention of the Jewish community prevented him from being expelled from Vienna. (Vielmetti 1975: 196f.)28 Many of his fellow Jews, such as Ignaz Kuranda, were less lucky. Kuranda’s journal Ostdeutsche Post (1848-1866, with interruptions between 26 October -18 December 1848 and 10 January – 6 February 1849) espoused an explicitly pro-constitutional and pro-German orientation, favoring the “Greater German Solution”, i.e. the unification of all German speaking countries in one state. Kuranda had to step down from the editorial board in February 1849 and was expelled to Bohemia in 1851. He could only return to Vienna in 1853 and resume editing of the journal. (Doublier 1906: 448f., Wistrich 1990: 141f.; Szanto, Die Neuzeit 29.04.1881: 133-135) More radical proponents of the revolution like Hermann Jellinek (1822-1848) were either executed or had to flee Vienna after the suppression of the revolution in October 1848. Some of them (i.e. Moritz Hartmann) returned many years later, others (i.e. Sigmund Engländer and Simon Deutsch) left the Habsburg Monarchy for good. Frankl’s literary oeuvre clearly demonstrates his interest in historical topics throughout his life. He collected papers, pamphlets, documents and memorabilia of the 1848 revolution with particular enthusiasm, since he appreciated the historical importance of the events. In these papers, we find an acknowledgement by Ferdinand Colloredo-Mannsfeld, the commander of the academic legion, confirming the receipt of a donation over one thousand florin for the acquisition of uniforms from the Jewish inhabitants of Vienna.29 A portrait of Frankl in the uniform of the academic legion, painted by Joseph Matthäus Aigner (1818-1888) still in 1849, after the suppression of the upris-

27  Wien Bibliothek, NL Ludwig August Frankl, ZP H 7-F 7. 28  Frankl, however, lost his position as a lecturer of Aesthetics at the music school. 29  Cf. image 29.

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ing, demonstrates Frankl’s personal attachment to the revolution.30 On various occasions Frankl mentioned his plan to write a history of the revolution; in the 1850s this enterprise was probably delayed because of the political circumstances and his precarious personal situation. The general reception of the revolution in Viennese society only started in the liberal era. In 1864 the city erected an obelisk to commemorate the victims of March 1848 on the so-called Schmelzer cemetery (nowadays Märzpark).The leading newspapers published columns to honor the memory of the revolution. An editorial printed on 13 March 1866 in the Neue Freie Presse bemoaned the lack of public awareness regarding the revolution. (Neue Freie Presse 13.03.1866: 1). Frankl, who would become a faithful chronographer of the revolution for the Neue Freie Presse in later years, did not published his first column until 1868, after the constitution of 1867 had finally granted Jews equal rights. (Frankl, Neue Freie Presse 13.03.1868: S. 1-3)31 He never got to write his magnum opus on 1848. Frankl may not have been able to write a history of the revolution, but his contribution was acknowledged by his contemporaries. A comprehensive history of the revolutionary events in Vienna was published in 1872 by the journalist and later member of the Imperial Council Heinrich Reschauer together with the former revolutionary Moritz Smets (Smetazko), just in time for the 25th anniversary. In 1848. Geschichte der Wiener Revolution [1848, History of the Revolution in Vienna], Reschauer and Smets recount the revolution in minute detail over the course of 600 pages. The book furthermore includes numerous splendid illustrations. Among the persons depicted were a couple of Jewish revolutionaries, such as Adolf Fischhof, Heinrich Spitzer (one of the first victims of the revolution on 13 March 1848), Josef Goldmark and Ludwig August Frankl, as well as a Jewish group that celebrated the revolution on Salzgries, a street close to the synagogue. Frankl’s contribution to the revolution was honored through the publication of his poems ”Die Universität” [The University] and “Kecker Ban” [Cheeky Ban] on the Croatian Ban (viceking) Joseph Jelačić, who together with Fürst Windischgrätz was instrumental in crushing the revolution in Vienna. (Reschauer 1872)32 30  Cf. inventory of Frankl’s portraits in his estate, Frankl, Wienbibliothek, Nachlass L. A. Frankl, HIN 25479. 31  Further feuilletons by Frankl were published in the Neue Freie Presse in the years 1869, 1872, 1883 (on March 13, 15 and 16), 1884, 1885, 1886, 1888, 1889, 1890 and 1891. In 1873, on the 25th anniversary of the revolution, the newspaper again issued an editorial to commemorate the events; in 1878 Karl v. Thaler published a feuilleton on the topic. 32  Cf also Smets 1872, illustrations Vol.1: p. 181, 221, 309, 239, 405. Obituary of Heinrich Spitzer, Vol. 1, p. 227-228. Poems of Frankl: Vol. 1: p. 396, Vol. 2: p. 597.

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Frankl’s impact on the revolution was thus mainly seen as a literary contribution. A caricature by Franz Gaul (1802-1874) known as Viennese or Austrian Parnassus from 1862 nicely illustrates that fact; there, Frankl and 59 other ‘revolutionary writers’ pose around the “God of Poetry” Franz Grillparzer.33 While Frankl was a highly popular and acclaimed author during the nineteenth century, his literary opus was completely forgotten soon after his death. In his contribution, Jörg Krappmann vividly demonstrates how Frankl turned from a formerly celebrated poet into a person whose name was only mentioned in textbooks of German literature because of his connections with celebrated authors like Franz Grillparzer, Ferdinand Raimund, Nikolaus Lenau, Anastasius Grün and Friedrich Hebbel. Questions of canonization were also at work during Frankl’s life; by promoting the works of young Jewish authors and journalists, Frankl incorporated ‘Jewish voices’ into the canon of German literature. Besides family members and the above-mentioned authors, Frankl’s social network included both Jewish and Christian scientists, politicians and artists, like Joseph von Hammer-Purgstall, Anton von Schmerling, Joseph von Hormayr, Adolf Fischhof and the painters Joseph Matthäus Aigner, Friedrich von Amerling and Leopold Pollak, to name just a few. The economic crisis in the 1870s, the differing assessments of the revolution of 1848, and German and Austrian politics after the battle of Königgrätz permanently divided the former comrades-in-arms, who had fought together for democratic freedom, into different political groups and parties. The liberal consensus fell apart and anti-Semitism was often used as a weapon in order to compromise political opponents. Although initially celebrated, the engagement of Jews in German culture was now considered an offence bordering on insolence. In many cases, however, attacks were driven by personal motives, as Hubert Lengauer illustrates in his article on the ambiguous relation between L. A. Frankl and Ferdinand Kürnberger. Kürnberger, the eloquent political essayist, felt underestimated as a poet (Gaul also did not deem him worthy to be included in his Viennese Parnassus) and therefore accused the successful Frankl of excessive (supposedly Jewish) self-promotion. With few exemptions, the contemporary and modern reception of Frankl’s work depicts Frankl as a patriarch in a male-only cosmos and thus confirms the gender bias of the nineteenth century. In reality, Frankl was eager to transcend the gender-limits of bourgeois society and to emphasize the creative potential of women. He therefore dedicated a six-page obituary in his Sonntagsblätter and a whole chapter in his memoirs to the Viennese writer and Salonière 33  Cf. image 43; for description cf. Adalbert Stifter 1848, cit.Buxbaum 2005: 297f.

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Caroline Pichler (1769-1843), (Frankl, Sonntagsblätter 09.07.1843: 677-682; Hock 1910: 104-111) to whom he had been introduced by Hammer-Purgstall in 1832. Frankl was not only intrigued with Pichler’s literary achievements, but also with her exceptional education and the splendor of her Salon that, even the period of its decay during the 1830s, opened new social horizons to our protagonist. The work of the first modern Hebrew poetess Rachel Luzzatto/Morpurgo (1790-1871) expanded Frankl’s literary horizons. He was introduced to Luzzatto/Morpurgo’s poems by her cousin Samuel David Luzzatto (1800‑1865), who taught at the Collegio Rabbinico in Padua, where Frankl got his medical degree. In 1847 Frankl published her most famous poems in German translation (by Frankl and Max Emmanuel Stern) in his Sonntagsblätter, together with a short biography of the exceptional woman from Trieste. By writing in Hebrew, Luzzatto/Morpurgo refused to conform to the gender conventions of traditional Jewry that considered Hebrew as an exclusively male language to which women had (in general) no access. Frankl thus introduced the German speaking public to the oeuvre of this fascinating and outstanding woman. (Frankl, Sonntagsblätter 06.06.1847: 279-281)34 Frankl’s attraction toward exceptional women who transcended the boundaries of bourgeois decency was already evident in the early 1840s, when he honored another Rachel. In 1842 he introduced his romantic poem on the biblical matriarch Rachel with a passionate dedication to the French-Jewish actress Rachel Félix (1821-1858) (Frankl 1842). Three decades later he devoted a biography to another female artist whose life and work exceeded gender-limits. In the course of his engagement with blind (Jewish) children, Frankl discovered the intriguing life-story of Maria Theresia von Paradis (1759-1824), as will be discussed below. Frankl’s estate contains a considerable amount of letters sent to and received from various women, mainly poets and patronesses. The correspondence with his first wife Ernestine indicates that the communication in some cases surpassed mere friendship.35 Nevertheless, Frankl’s varied relationships with women have not been the subject of scholarly research thus far. L. A. Frankl’s son, Bruno Frankl-Hochwart, recognized his father’s engagement with women’s authorship. In his memoirs from the 1930s, Bruno incorporated many of L. A. Frankl’s texts on women into his own memories of his father, including a 38-page biography of the Serbian poetess Milica Stojadinović Srp34  Cf. Rachel Morpurgo: Hecht L. 2006: 105-130. 35  Cf. the contribution by Dieter Hecht: 47-76.

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kinja (1828-1878). Frankl corresponded with Srpkinja and also promoted the publication of her literary oeuvre. (Frankl‑Hochwart, WStLA, HS, B154/2)36

Jewish World: Philanthropy and Science The wild-dove hath her nest, the fox his cave, Mankind their country -- Israel but the grave! (Frankl 1847: Motto)

This quote from Byron’s Hebrew Melodies serves as the motto for Frankl’s first genuine historical work; the booklet which he published in 1847 contains a description of Vienna’s oldest extant Jewish cemetery in Rossau, then a suburb of Vienna. The description is preceded by a short history of the cemetery, reconstructed from historical documents. Frankl’s introduction draws heavily upon an article by Josef Veit, Frankl’s predecessor as the secretary of the Viennese Jewry, although Veit’s influence goes unacknowledged. (Veit 1823: 261-296 [German with Hebrew characters]) Besides the introduction, Frankl’s booklet contains German translations of fifteen Jewish epitaphs and a three-page epilogue where Frankl depicts traditional Jewish death and burial ceremonies according to unknown sources. Hence, Frankl considered himself not merely the secretary of Vienna’s Jewry, but also their historiographer, ethnographer and archivist. Even without using the full scholarly apparatus of Wissenschaft des Judentums, Frankl thus met the demands of the movement whose proponents had embarked upon documenting Jewish traditions and history about two decades earlier. By focusing on (Jewish) cemeteries, Frankl proved that he was attuned to contemporary scholarship. The main title that Frankl chose for the work, On the History of the Jews in Vienna, suggests that he had planned to issue a whole series on the cultural history of Jews in Vienna. Instead of another volume, however, he published the second edition of the booklet five years later. This edition was significantly expanded by the history of the synagogue in Seitenstettengasse, the so-called Tempelhof, which was established in 1826. (Frankl 1853)37 In the new introduction, Frankl explains 36  A Serbian translation of Frankl’s biography had been published in a literary journal in Beograd in 1906; cf. Beograd, 17,12 1906: 903-924; cf. also the contribution by Gertraud Marinelli-König: 207-220. 37  On the history of the synagogue cf. Der Wiener Stadttempel. Die Wiener Juden, Wien 1988, an edited volume that Vienna’s Jewish community issued on the occasion of the synagogue’s refurbishment and the commemoration of the so-called Kristallnacht in 1938.

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that the files he used for his documentation formed part of the recently reorganized archive of the Jewish Community of Vienna. On Frankl’s initiative, the archive had obtained its own rooms in 1848. (Frankl 1853: Vf., Anm)38 This effort clearly reflects Frankl’s wish to preserve the collection that contained thousands of documents (dating back to 1626) in good condition. As an archivist he intended to make the collection available to historians for the purpose of gaining a deeper insight into Vienna’s cultural history, customs and traditions. In Frankl’s opinion, Jewish history should not be marginalized, but instead become an integral part of national, regional and local history. Presumably he considered the second (new) part of his booklet, which he entitled “Darstellung der allmäligen Entwicklung des israelitischen Gottesdienstes und des religiösen Jugendunterrichts in Wien” [On the Gradual Development of Jewish Worship and Religious Instruction of the Youth in Vienna] as the preliminary stage for a cultural-historical study. (Frankl 1853: VII; 31-78) Just two years later Frankl published Inschriften des alten jüdischen Friedhofs in Wien [Epitaphs of the Old Jewish Cemetery in Vienna]. (Frankl 1855) At first glance it appears to be a further edition of his booklet, but it is, in fact, the first comprehensive scholarly documentation of the cemetery. As Frankl explains in the introduction, the Jewish community of Vienna had renovated the cemetery and commissioned Salomon Gottlieb Stern (~1812-1883) to copy the epitaphs in the meantime. Stern, who originally came from Rechnitz, was one of the proof-readers in the prestigious Hebrew printing shop of Anton Schmid. He documented 702 epitaphs from the 931 extant tomb stones (Brüll 1893: 108f); though some of them consisted only of a few words or lines, due to the deplorable condition of some stones (Frankl 1855: VIII).39 Additionally, Frankl compiled a name index and information on 25 tombstones and individuals (five of them women) in German. Even though Bernhard Wachstein, who issued the scholarly standard work on the cemetery in Rossau in the 1910s, criticized Frankl’s book as preliminary and unscientific (Wachstein 1912-17), Frankl’s documentation is a pioneer work in the field of Jewish cemeteries in Central Europe. Since the 1840s, Frankl increasingly published poetic works on Jewish topics. This corpus included original works, like the previously mentioned poem Rachel (1842) and the epic poem Der Primator (1861), which addresses 38  Frankls claim, however, that the material was completely scattered and in deplorable condition seems dubious. As mentioned above, his predecessor Veit was obviously interested in the documents and also published historical studies. 39  The register contains 705 numbers; but three of them only contain the reference “illegible”.

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questions of Jewish identity in the context of a medieval pogrom against Jews in Prague,40 as well as the first modern anthology of Jewish lyrics in German language, entitled Libanon (1855) (Frankl 1855a).41 The biography of Baron Diego d’Aguilar (~1699-1759) alias Moses Lopez Pereira, on the other hand, which Frankl published in two installments in the renowned German-Jewish journal Allgemeine Zeitung des Judentums in 1854 (Frankl, Allgemeine Zeitung des Judentums Heft 50, 11.12.1854: 630-634; Heft 52, 25.12.1854: 656-661), represents a curious mixture between historical research and fiction. The second part shows Frankl’s scholarly interests, since it discusses historical sources of different quality and provenance,42 depicting d’Aguilar’s career as the first general tobacco leaseholder in the Habsburg Monarchy as well as his intervention for various Jewish matters. The first part, on the other hand, recounts d’Aguilar’s origin and his arrival in Vienna in mythical terms, according to an allegedly oral tradition from Vienna’s Sephardic rabbi Ruben Baruch. This Marrano myth constitutes the focus of Carsten Wilke’s contribution. Although Frankl addressed Jewish topics throughout his life, his focus on Jewish issues intensified after the failure of the 1848 revolution. This emphasis might be partly connected to the fact that his involvement in journalism sharply decreased after his journal Sonntagsblätter had been shut down. Furthermore, after 1851 the authorities linked his permit of residence in Vienna to the condition that he stopped publishing in newspapers and corresponding with revolutionaries outside the country.43 This condition effectively thwarted Frankl’s intention to write a history of the revolution. Given the constant surveillance by state authorities during the era of neo-absolutism, the retreat to Jewish themes seems a logical consequence.

40  This epic poem was translated into contemporary Hebrew twice; once by Max Letteris under the title Nasi bi-Israel (Vienna, 1862), the other by Jakob Fischer as Rosh ha-Edah (Vienna,1862); for an anlysis cf. Aichner 2001: 333-361. 41  A second expanded edition was published in Vienna in the same year; the third Viennese edition appeared in 1864, the fourth in 1868; a reprint appeared in Breslau in 1880; cf. the contribution by Herlinde Aichner: 275-290. 42  E.g. quotes from Abraham Trebitsch’s Korot Ha-Ittim (1801), informal information from Isaak Markus Jost and Joseph von Wertheimer, and especially a publication by the Austrian official Joseph Retzer, Tabakpachtung in den österreichischen Ländern von 1670-1783, nach echten Urkunden, Wien 1784, according to which Frankl depicted d’Aguilar’s career as tobacco leaseholder. 43  Cf. letter from the Military Government from 19 October 1851 that initially prolonged Frankl’s permit of residence only until the end of the year; cf. Wienbibliothek, Nachlass L. A. Frankl, ZP H7-F7.

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Frankl’s engagement with Jewish topics was not limited to literature, however; he was actively involved in different Jewish enterprises. In this respect, his connection with Elise Herz (1788-1868) was of crucial importance. Herz was the daughter of the wool and textile tycoon Simon Edler von Lämel (1766-1845). L. A. Frankl probably became acquainted with her through his brother David Bernhard, who had been introduced to Herz’s salon in Prague by the author Gerle. (Frankl 1860: 17) Herz was already involved in various charitable projects in Prague;44 after the death of her husband Heinrich Eduard (Elkan) Herz (1785-1849) she moved to Vienna, where she continued her philanthropic engagement. One of the projects she supported was the Jewish day-care center, founded by Joseph von Wertheimer (1800-1887). Together with her siblings, she donated funds for a poorhouse in Prague in 1854, in commemoration of her mother. The following year, on the occasion of Emperor Franz Joseph’s 25th birthday, she informed the board of the Jewish community in Vienna of her intention to establish a modern day-care center in Jerusalem to memorialize her late father.45 She designated the representatives of the Jewish community as honorary trustees of the foundation, which she intended to put under the auspices of the emperor; she appointed Ludwig August Frankl for the practical implementation of the project. The institution, named the “Simon Edler von Lämel-Schule,” was inaugurated in Jerusalem in July 1856. It became one of Frankl’s longest-lasting projects and the one that was best researched. An imposing building outside the Old City of Jerusalem (in 13 Yeshayahu Street) still bears the name “Simon Edler von Lämel-School” today; however, this building was only opened in 1903 on different premises. The institution inaugurated by Frankl in 1856 in the presence of the Austrian consul Josef von Pizzamano (1809-1860) and other dignitaries was located in the Old City in a leased building. It consisted of three small rooms and two halls. (Antscherl 1906: 30) From the start, the project was accompanied by fierce polemic and extensive media interest, boosted by various publications by Frankl himself.46 Historical research has focused on the establishment of the institution in the context of the Jewish history of Eretz Israel as well as from a Central European perspective.47 The

44  Together with her sister Franziska she headed the Jewish day-care center in Prague, cf. Niedhammer 2013: 257. 45  On the foundation cf. its charter in CAHJP, A/W 375 and Antscherl 1906: 5-8. 46  For an overview of German-language articles cf. Niedhammer 2013: 262f. 47  Cf. Gelber 1948: 95-108, 199-219 [Hebr.]; Ben-Ghedalia (2006) [Hebr.]; Vielmetti, (1975); Morris (1990); Niedhammer 2013: 255-280.

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following summary of events is based on these studies as well as on the original charter for the foundation. In the Central European context Elise Herz’s philanthropic engagement in Jerusalem coincided with the historically sensitive period of neo-absolutism.48 After a spark of hope during the 1848 revolution, the era of neo-absolutism swept away all Jewish expectations for equal civil rights. Jews who had taken a prominent stance in the revolution faced repressive measures and even expulsion from Vienna. The initiation and realization of philanthropic projects was thus a welcome opportunity for Jewish self-assertion. Herz’s decision, however, not to anchor the day-care center exclusively within the Jewish community, but instead to put it under state control, demonstrated Austrian patriotism as well as her political skill. Placed under the auspices of Emperor Franz Joseph, the institution received public recognition. As it was subject to state control in administrative and financial matters, inner-Jewish conflicts could often been mediated. Despite strong opposition from different Jewish circles that led to a thorough revision of the initial plan, this policy decision enabled the realization of the project. The foundation of the school suited the political ambitions of the Habsburg Monarchy in the Middle East and in Jerusalem in particular. After the Egyptian occupation of Palestine ended in 1840, the Great Powers opened consulates in the Holy City in order to consolidate their influence in the region. With the opening of a vice-consulate in 1849, the Habsburg Monarchy was a latecomer in the political arena of the Middle East.49 The diplomatic missions pursued political as well as religious goals; in the Habsburg case this involved the representation of Catholic subjects and interests. But the first (vice)consul Josef von Pizzamano soon came to realize that the overwhelming majority of his subjects were not Catholics, but Ashkenazi Jews from Russia or Galicia. In addition to his responsibility for the Latin Church, he also took care of these Jewish subjects and the social welfare institution that had been established during the Crimean War (1853-1856) by Jewish philanthropists from various countries.50 When confronted with the initiative of Elise Herz, he welcomed her decision in general, but due to his familiarity with the local 48  On historical periodization cf. Brandt 2014: 11-34. 49  In 1852 the vice-consulate was upgraded to a full-fledged consulate. 50  These include the hospital that was sponsored by James de Rothschild and established by his envoy Albert Cohn in 1854, as well as the boys’ school, the girls’ school and the school for craftsmanship that were established by Cohen on the same visit. Cf. Ben‑Ghedalia 2009: 15-18 [09.02.2015]; on the girls’ school cf. also Shilo 2005: 151-153.

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circumstances, he suggested some adaptations. Thus, the initial idea of establishing a multi-confessional institution was promptly dropped; he might have also been instrumental in converting the originally planned co-ed day-care center, which did not correspond to the needs of the pre-industrialized society in Jerusalem, into an all-boys elementary school. Nonetheless, not even the authority of the Austrian consul succeeded in convincing the Ashkenazi community of Jerusalem, the main beneficiaries of the institution, of its advantages. Traditional Jewish circles in Vienna had inveighed against the ‘intervention’ of an acculturated Jewess from Vienna into internal Jerusalem affairs, even before Frankl set out on his mission. The motives of these religious Jews were based as much on religious as on economic and political reasons. Frankl did not manage to win over Ignaz Deutsch (1808-1881), the main opponent of the project in Vienna, for the plan.51 According to Yochai Ben-Ghedalia, Deutsch might have (anonymously) reminded the authorities of Frankl’s revolutionary past and his political unreliability. (Ben-Ghedalia 2006: 34f.)52 Following a notice from Deutsch, the Jerusalem community of the Perushim banned the institution before its inauguration,53 claiming the school was a hotbed of dangerous new ideas. Because of the resistance among the Ashkenazi Jews of Jerusalem, the institution was solely attended by Sephardic children, since the Sephardic chief Rabbi supported the project.54 Whether Frankl’s initiative is to be deemed successful as Frankl and the Austrian consul claimed, or as a failure as Frankl’s contemporary and modern critics (e.g. Vielmetti) would have it, depends first of all on one’s prospect and perspective. However, contrary to many other philanthropic institutions in the Holy Land, the school turned out to be long-lasting. It also appears to have fulfilled the expectations of the relevant state-authorities; at the ceremony for the school’s tenth anniversary, the Austrian consul honored outstanding students with silver and bronze medals, made by the court engraver Carl Radnitzky (1818-1901) (Wiener Zeitung 22.02.1866: 4).55 In 1888 the school was united with the Verein zur Erziehung jüdischer Waisen in Palästina [Association 51  Deutsch explained his view to Pizzamano in an exposé from June 1856, cf. Deutsch (1856). 52  The anonymous letter regarding Frankl’s involvement in the revolution accounted for a ministerial order to minimize official support for Frankl’s project. 53  Cf. image 35. 54  However, twelve out of 40 admitted Sephardic students were Austrian subjects, cf. Frankl 1858: II, 140-142. 55  The front side of the medal bears the school’s name in Hebrew, on the reverse side a palm tree and a quote from the Book of Psalms 8:3 are depicted; cf. image 37.

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for the Education for Jewish Orphans in Palestine], sponsored by the Jewish community of Frankfurt. The unification gave the school a new impetus, which finally led to the acquisition of its own property in 13 Yeshayahu Street in Jerusalem’s New City, where the above-mentioned building was constructed. Herz’s initiative combined with Frankl’s activity thus created a long-lived and influential institution. Frankl’s travel to the Orient in 1856, particularly his own documentation of the tour, is considered a key element of his Jewish identity in two contributions. Marie Krappmann contextualizes Frankl’s three-volume travelogue – Nach Jerusalem! (To Jerusalem!, 2 vol., 1858) and Aus Egypten (From Egypt, 1860) – with other German language travel reports to the Orient from the nineteenth century. Yochai Ben Ghedalia, on the other hand, interprets Frankl’s account of his journey as a conscious attempt to renew the genre of Zion Songs ‘in the footsteps’ of the medieval Jewish poet Yehuda Halevi. However, the aim of Frankl’s longing was reversed; while Halevi lived in the West (Spain) and his heart was longing for the East (Jerusalem), Frankl’s efforts and longing were focused on the West (Europe), even when he reached Jerusalem, the ultimate destination of Jewish yearning. Already in 1856, Frankl issued the first (poetic) fruits of his journey in the German-Hebrew booklet Nach der Zerstörung [After the Destruction]. He dedicated this bilingual collection of “Hebrew Elegies” (Frankl 1856: 32, 38. Hebrew from Max Letteris) to three Jewish women, honoring their philanthropic engagement in Eretz Israel. The three noble women Elise Herz, Judith Montefiore (1784-1862) and Betty (Salomon) Rothschild (1805-1886) simultaneously represented the Great Powers that were involved in the Middle East, namely Austria, England and France. In the following years, Frankl published his highly acclaimed travelogues Nach Jerusalem and Aus Egypten, which, due to their popularity, were repeatedly reedited and translated.56 Already in 1859 Reverend Patrick Beaton issued an abridged English translation, entitled The Jews in the East, that stated Frankl’s name only in small-print beneath the title. (Beaton 1859) An accurate Hebrew translation of Nach Jerusalem by Frankl’s friend Max (Mendel) Stern appeared in Vienna in 1860; a Hebrew transla56  Nach Jerusalem was first published in two volumes with Baumgärtner in Leipzig, in 1858; a compendium of all three volumes appeared with Nies’sche Buchdruckerei C.B. Lorck in Leipzig, in 1858-60; a new edition of the last was published with Interdocumentation Co, Zug (Switzerland), 1975; an abridged version appeared under the title Nach Jerusalem: Ein Reisebericht aus der Mitte des 19. Jahrhunderts with Schocken Verlag, Berlin, 1935. Aus Egypten was first published in Leipzig with Baumgärtner in 1860; a second edition appeared in Vienna with C. Greif in 1868.

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tion of Aus Egypten by Abraham Gottlober was published in 1862. (Frankl 1860)57 While the establishment of the school in Jerusalem was the motive and the central mission of his expedition, Frankl took on several other assignments. The most intriguing among them was a quest on behalf of the Austrian Academy of Sciences that commissioned Frankl to collect skulls of different ethnicities for the newly established Museum for Comparative Anatomy.58 In general, Frankl’s journey and its depiction in the travelogues expose the problematic view of Austrian Jews, and even more of Austrian Christians, regarding the so-called Orient. While Frankl was at least partly aware of the problems connected to Orientalism, he confidently asserted the general perception of Jews being an oriental people, as illustrated in the presentation of his family history during the quoted encounter with Cardinal Mezzofanti. Since the 1830s, architects increasingly exploited this Jewish (self-)identification for a new kind of synagogue architecture, dubbed the ‘Oriental’ or later the ‘Moorish-style’. (Kalmar 2001: 68-100) One of the first and finest examples was the impressive synagogue of Dresden, built by the renowned German architect Gottfried Semper in 1838-1840;59 from the outside it displayed a massive Byzantine-Romanesque structure reminiscent of early Christian churches like San Vitale in Ravenna, yet the interior was inspired by Islamic art. The consistent oriental style of the interior was mirrored in the Western-façade by two octagonal porches, evoking the two columns Boaz and Jachin at the entrance of Salomon’s Temple.60 When Vienna’s Jews finally received the status of an officially recognized community in 1852, they decided to express their new standing by constructing a representative prayer-house. In 1854, they commissioned Ludwig Förster (1797-1863), the celebrated architect of Vienna’s Ringstrasse-style, to erect an imposing detached building that could accommodate at least 2,000 people. Along with two auxiliary buildings, it would be erected in Wällischgasse (today Tempelgasse), in Vienna’s second district, the Leopoldstadt. Förster outlined the principles of his groundbreaking design for the Leopoldstadt-synagogue in his architecture magazine Allgemeine Bauzeitung in 1859. He considered the Temple of Solomon “the most suitable form” for the construction of synagogues; this also resonated with the self-perception of modern Jews who, under the in57  A reprinted version was published in Jerusalem 1999: Mi‑Mitsrayim, Vienna 1862; this volume also contains Max Letteris’ translation of Der Primator. 58  Cf. the contributions of Louise Hecht: 291-322 and Gabriele Kohlbauer: 323-338. 59  On the Semper synagogue in Dresden cf. Künzl 1984: 162-175. 60  Cf. 1 Kings 7:21.

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fluence of the Reform-movement, had started calling their synagogues ‘Temples’ in the beginning of the nineteenth century.61 As there were no extant depictions of Solomon’s Temple, he suggested applying “architectural forms that have been used by ethnic groups in the Orient which are related to the Israelites, and in particular the Arabs.” (Förster 1859: 14) He created a threepart façade with a taller middle section in the “Syrian-Arabic” (“Moorish”) style that could accommodate almost 4,000 people; half of the 2,000 seats were reserved for women, allocated in two galleries (one above the other) in the nave aisles. In order to create an ‘Oriental impression’, Förster added a number of slender towers on the façade, connected by a dense stone cornice with Oriental crenellation. Another distinctive feature was the large, Islamic-style medallion opening in the façade that replaced the rosary windows of a church. Emulating Semper’s Dresden synagogue, Förster placed two columns at the corners of the center nave that were to recall “the columns in the Temple of Solomon.” (Förster 1859: 14f.)62 During his stay in Jerusalem, Frankl had cut the ‘completion stone’ for the Leopoldstadt- synagogue from Mount Zion; it was transformed into a sarcophagus-like casket by the Jerusalemite stonemason Moshe Schnitzer. (Frankl 1858: II, 125)63 In the inauguration ceremony on 15 June 1858, Rabbi Adolf Jellinek (1821-1893) emphasized the stone’s origins in the holy soil of Zion as well as Förster’s genius that had found an appropriate style for the Jewish house of prayer. Until its destruction in the November pogrom of 1938 the Leopoldstädter-temple remained Vienna’s largest synagogue. There was an overall consensus among Vienna’s Jewry that the new synagogue building ought to be imposing and representative. The question of prayer reforms, however, sparked a fierce debate in the community. While the Bimah, the podium for Torah-reading, was tacitly moved toward the Eastern wall, in front of the Torah ark, as was common in liberal synagogues, the permissibility of an organ divided the minds of congregations. Since it was first introduced in the 1810s, the organ became a distinctive feature of Reform Judaism.64 Thus, quite unsurprisingly, Frankl categorically rejected its use, as he explained during a discussion of the advisory board of the Jewish community in 1857. Like most liberal Jews, he considered the organ unproblematic from the halakhic point of view, i.e. in Jewish law; his rejection was based instead on traditional sensitivities. Since the sound of the organ was associated with 61  On the terminology, cf. Hecht L. 2008: 315f. 62  For a picture of the synagogue cf. image 20. 63  Cf. also the contribution by Gabriele Kohlbauer: 323-338 and image 22. 64  On the dispute about the organ in synagogues, cf. Hecht L. 2008: 352f.

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Christian worship, it would automatically repel traditional Jews, he explained. According to Frankl, the organ was “the sound of Christianity”, just as the Gothic-style was its cornerstone. Just as the Gothic-style was inappropriate for the synagogue building, the organ would be improper in its interior. (Ehrentheil 1867: 150)65 The “Syrian-Arabic”-style deployed by Förster, on the other hand, and particularly the two columns that evoked the Temple of Solomon, seemed to him the fitting expression for Vienna’s confident and self-sufficient Jewry, which did not try to mimic foreign traditions. (Ehrentheil 1867: 152) In addition to Frankl’s attempt at asserting Jewish tradition and identity, his reasoning might be related to his position as the long-time secretary of the Jewish community; he was used to avoiding provocation and accommodating differing views. In March 1863, Frankl celebrated his 25th anniversary in office as the secretary of Vienna’s Jewry. On this occasion, he received many magnificently designed congratulatory addresses from the board, community officials and friends. To honor the jubilarian, Simon Szántó (1819-1882) published a detailed description of the ceremony, alongside an extensive biography of Frankl, in his liberal Austrian-Jewish weekly Die Neuzeit; a similar piece appeared ten days later in Max (Meir) Letteris’ Wiener Mittheilungen. (Szántó, Die Neuzeit, 20.03.1863: 144f.)66 According to Szántó, Frankl ideally combined “the real and the ideal, the businessman and the dreamer, a practical mind and refined taste.” (Szántó, Die Neuzeit, 20.03.1863: 145) By putting all his manifold talents at the service of the community, he had succeeded in converting the formerly despised office into a decent and respectable position. Furthermore, the article lists Frankl’s contributions to the Jewish community of Vienna; these included the (re)organization of the community archive, the construction of a bathroom in the Jewish hospital (that was named ‘Theresienbad’ after his late mother), generous donations of books for the religious school and the hospital, the implementation of cemetery regulations, a community register as well as rules for the office. In addition, he was instrumental in drafting the statutes for the newly-recognized community. (Wiener Blätter 11.07.1850: 4) In recognition of his services, Frankl was nominated as an honorary member to the community’s advisory board; he retained this position until new regulations banned community officials from the board. As a sign of the community’s new self-assertion, Frankl commissioned oil paintings of all board 65  Despite this ideological rejection, the Jewish architect Max Fleischer erected various neo-Gothic synagogues in and around Vienna toward the end of the nineteenth century, cf. Beyer 2010: 320-336. 66  On Szántó and the Neuzeit cf. Hecht D. 2013: 223-240.

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members and thus established the “ancestral hall of the board;” these paintings still decorate the conference room of Vienna’s Jewish community center today. Moreover, Frankl was a board member of numerous Jewish and Christian charitable societies. Frankl’s involvement in Jewish affairs transcended the borders of Vienna; he conceptualized the statutes for the Jewish community of Debrecen and for the community of Krems that was (re)established in the 1860s. (Letteris, Wiener Mittheilungen 01.04.1863: 26) The anniversary ceremony and its media coverage obviously inspired additional (Jewish) journals to publish Frankl’s biography.67 Frankl’s excessive activities and the excitements that accompanied his anniversary in office obviously afflicted Frankl’s health. During his summer holidays in the same year 1863, he was struck by temporary blindness, probably caused by exhaustion. Frankl vigorously turned this experience into a new project and developed the idea of establishing an institution for blind Jewish children.68 He managed to win the support of Jonas Freiherr von Königswarter, the president of Vienna’s Jewish community, for the idea. Königswarter backed the project with his money and prestige.69 Generously supported by private donors,70 the first institution for blind Jewish children in the Habsburg monarchy was inaugurated in 1872 as a boarding school with apprenticeship workshops. In the following year, Frankl organized an international conference on the education of blind children in Vienna and thus set new standards in the field. The Israelitische Blindeninstitut [Jewish Institute for the Blind] was located in the outskirts of Vienna, at the Hohe Warte (today a part of Vienna’s 19th district). It would become literally connected with Frankl’s name;71 in recognition of his many achievements, Frankl was ennobled in 1876 and received the title “von Hochwart”, an allusion to the institute at the Hohe Warte. Driven by his desire to maintain the highest possible standards at the Israelitische Blindeninstitut, Frankl visited similar institutions, including the Privat-Blinden-Institut [Private Institute for the Blind] in Linz. This institution exhibited a life-sized wax sculpture of the famous blind pianist Maria Theresia 67  E.g. the above-quoted biographies in Illustrirte Monatshefte für die gesammten Interessen des Judenthums in 1865 (cf. fn. 39) and in Deborah in 1866 (cf. fn. 23). 68  Das Blinden-Institut auf der Hohen Warte bei Wien. Monographie nebst wissenschaftlichen und biographischen Beiträgen, Wien 1878, p. 1; on Frankl’s activities cf. the contribution by Louise Hecht: 291-322. 69  The publication on the Institute honored his engagement with a five-page biography, cf. Das Blinden-Institut auf der Hohen Warte, p. 50-55. 70  In the publication the list of donors filled ten pages in small print; cf. ibid., p. 39-49. 71  Cf. image 44.

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von Paradis (1759-1824). Additionally, the institute was in possession of her friendship book, with entries dating from 1774 to 1821. They had received the album as a gift of Paradis’ cousin Felix Levasori della Motta in 1836.72 The album was Frankl’s main source of information for his 1876 biography of Theresia Paradis, which was distributed for the benefit of the institute in Linz. (Frankl 1876: III, 7) By writing Paradis’ biography, Frankl promoted the life and work of a woman who had consciously transgressed the gender-limits of her time by travelling through Europe alone and performing as a pianist and composer. Until the 1970s, Frankl’s biography was the only comprehensive tribute to this once celebrated female artist. Marion Fürst who published a well-researched biography of Paradis in 2005, acknowledged Frankl’s pioneering achievement. (Fürst 2005: 7-12) Furthermore, Frankl supported various other philanthropic institutions for Jews, such as the Israelitische Taubstummen Institut [Jewish School for the Deaf-Mute], headed by Joel Deutsch (1813‑1899), which had moved from Mikulov/Nikolsburg to Vienna in 1852. Frankl dedicated two of his poems to the institution that he had visited several times. (S. Krenberger 1928: 15)73

Patriotic World: Monuments, Biographies, Obituaries I blame it on the Moët-Chandon that I drank in merry company; on New Year’s Eve I had an odd dream. Dr. Ludwig August Frankl, who has dedicated his whole life to the memorialization of prominent decadents and now suggests the erection of a Schiller monument, plans to set up a monument for my humble self as well. [...] The ‘fundraising method’ for such a [statue] should be the usual. But due to the novelty of this case, he decided to set up three instead of the usual two committees. Besides the Ladies’ and Gentlemen’s Committee, there should also be an Innocent Children’s Committee, in order to reach out to those iron-hearted people who are neither moved by the plea of men nor by the tears of women. Following a time-honored tradition, he, his wife and his first-born son, would serve as chairman, chairwoman and chairchild of the three respective committees. [...] I was almost moved to tears when I read this invitation to subscribe for my own monument; and I realized that one must be deceased to truly appreciate Mr. Frankl’s achievements. (Spitzer 1869: 238-242)

In this passage, the brilliant essayist Daniel Spitzer (1835-1893), who had repeatedly mocked Frankl’s zeal for writing obituaries, sneered at the latter’s 72  Friendship book and cassette of Maria Theresia Paradis in Wienbibliothek, HIN 92659. 73  On the Taubenstummeninstitut cf. Hecht D. 2010: 31-54.

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initiative to erect a Schiller monument in Vienna. Frankl’s predilection for material mementos was frequently commented upon or ridiculed by contemporaries. Herlinde Aichner’s contribution skillfully contrasts the ambivalence between Frankl’s “policy of memory”, which caused him to establish monuments for writers and composers and to write biographies of his fellow authors, with the “chronology of oblivion” into which Frankl’s own oeuvre vanished after his death. Frankl’s affection for monuments was neither an obsession of the liberal era, nor was it was limited to poets and writers. It seems instead to be connected with his interest in cemeteries, which he characterized as places of memory. Already when editing the Sonntagsblätter, he rallied for the conservation and erection of dignified tombstones for famous musicians who had lived and died in Vienna. In 1845, while reporting about the erection of the Beethoven monument in the composer’s birth town Bonn, Frankl called for the conservation and restoration of Beethoven’s neglected tomb in the cemetery of Vienna’s suburb Währing (today part of Vienna’s 18th district). (Frankl, Sonntagsblätter 10.08.1845: 745-747) The journal’s fund-raising activities, which included a charity concert, allowed for the speedy realization of the project. Almost simultaneously, Sonntagsblätter published an appeal by August Schweigerd to erect a “modest monument” for Christoph Willibald Gluck on the composer’s neglected grave at Vienna’s Matzleinsdorfer Friedhof. (Schweigerd, Sonntagsblätter 17.08.1845: 779-780) After an intensive fund-raising campaign by Sonntagsblätter and Musikzeitung the new gravestone was unveiled a year later, coinciding with the commemoration of Gluck’s 132nd birthday in July 1846. Frankl played a decisive role in the ceremony. (Frankl, Sonntagsblätter 12.07.1846: 649-650) In both cases the instigators had argued that Vienna ought to maintain and cultivate the composers’ graves, due to the city’s reputation as a hub for music. Schweigerd, a police official, was also aware of rising criticism of the epidemic of promoting memorial sites, the so-called Denkmalwut, as critics mockingly called the bourgeoisie’s affection for new monuments. (Schweigerd, Sonntagsblätter 17.08.1845: 780) While Schweigerd had already sensed rising antagonism toward the bourgeois obsession with monuments in the 1840s, Frankl was still intrigued by the possibility of populating public space with memorials for cultural heroes of non-aristocratic origin. After his return from the Orient, he vigorously contributed to the creation of ‘bourgeois memorial sites’. In 1858 he joined an initiative by the “Verein für Verschönerung der Umgebungen von Heiligenstadt und Nussdorf ” [Association for the Beautification of the Neighborhoods Heiligenstadt and Nussdorf] to erect the first Austrian monument

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for Beethoven in Heiligenstadt, where the 32-years old composer had sought relief for his various ailments (including his progressing deafness) in 1802. The extensive fund-raising campaign for the project included recruiting the prominent sculptor Anton Dominik von Fernkorn (1813-1878), who had recently caused a furor with his equestrian statue of Archduke Charles (placed on today’s Heldenplatz), a monumental bronze casting balanced on the hind legs that was completed in 1859. (Niederrheinische Musikzeitung 15.09.1860: 304) Fernkorn’s larger-than-life bronze bust of Beethoven was placed at Beethovengang, the composer’s favorite walking route in Heiligenstadt, on 15 June 1863. While the erection of the above-mentioned monuments could be realized without notable opposition, the inauguration of the Schiller monument on Vienna’s Ringstrasse was accompanied by many controversies, as illustrated in the quote above. On the one hand, the discussions around the Schiller monument epitomized the spirit of the liberal era in which it was conceptualized; on the other hand, the invectives against Frankl and Jewish financiers of the project were often tinged with antisemitism and thus foreshadowed the upcoming anti-liberal atmosphere that led to the election of an antisemite, Karl Lueger, as mayor of Vienna in 1895.74 Frankl’s engagement on behalf of the German national poet had an ambivalent impact. For Frankl, the successful implementation of the project marked the peak of his social prestige, yet the scope and importance of the venture increasingly turned Frankl to into a target for antisemitism. While Jews and liberals (and Jewish liberals) considered the Schiller monument an appropriate patriotic contribution to the urban design of Vienna, its opponents deemed the project a presumptuous Jewish appropriation of the city. Some opponents even deemed the monument an attempt to “Judaize” Vienna that was promoted by liberal ideology. Many bourgeois associations demonstrated their struggle for democratic freedom with pompous celebrations of Schiller’s 100th birthday in 1859. Appropriating this ‘Schiller hype’ for his own aims, Emperor Franz Joseph decreed that the square that was to surround the planned court theater on Vienna’s new Ringstrasse was to be called ‘Schillerplatz’ as a symbol for German’s (cultural) unity. (Kapner 1973: 36) Like many other dreams and aspirations, the idea was swept away with Austria’s defeat in the battle of Königgrätz/Hradec Králové and the unification of Germany under Prussian leadership. In the heyday of liberalism that followed the constitution of 1867, however, Schiller again came to the fore as the hero of a self-confident bourgeoisie that had finally shaken off the yoke of aristocratic tutelage. Together with his friend 74  Cf. the contribution by Hubert Lengauer: 137-156.

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Anastasius Grün (aka Anton Alexander Graf von Auersperg, 1806-1876), Frankl established a committee for the erection of a Schiller monument in Vienna that, by various means, succeeded in overcoming various bureaucratic difficulties.75 Together with Stefan von Schey, the committee’s treasurer, Frankl designed a fundraising campaign that succeeded in collecting one third of the estimated amount within eight months (May to December 1868).76 The campaign recruited from a broad base – the imperial house, industrialists, bourgeois circles and associations, editorial offices of newspapers, teachers and pupils. When the 1873 stock market crash led to a drop in donations, they organized more charity events. (Kapner 1973: 38f.) Frankl and Auersperg meticulously discussed every detail of the planning, but their correspondence conveys the impression that Frankl was the spiritus movens of the project. (Frankl‑Hochwart B. 1897: 275-360) While Auersperg had deemed Vienna’s large recreation and entertainment park Prater or the space in front of the old (alternatively the new) university building as suitable environments for Schiller’s monument, Frankl had favored the eventual site, almost opposite to Palais Schey, from the beginning. (Frankl‑Hochwart B. 1897: 275f.) Despite Frankl’s persistence, it took eight years until the statue (created by the German sculptor Johannes Schilling) was finally erected; it was uncovered in a grand ceremony on 10 November 1876. Frankl was subsequently knighted for his merits.77 In 1880 he received honorary citizenship from the city of Vienna. Official recognition did not prompt Frankl to rest on his laurels. In 1891, he succeeded in having busts by Karl Schwerzek of his friends Nikolaus Lenau and Anastasius Grün placed on either side of the Schiller monument, at the edges of the new Schillerpark. (Kapner 1973: 129f.) Although “Ludwig August Ritter Frankl von Hochwart” had already signed an appeal for the erection of a Goethe monument in 1882, the statue was only finished in 1900, many years after Frankl’s death. It was placed across from the Schiller monument on Vienna’s Ringstrasse. (Kapner 1973: 192) Frankl’s marble bust (created by Heinrich Hahn in 1910) was positioned in a less prominent but highly appropriate location – in front of the Blindeninstitut at Hohe Warte, the place so closely linked with his name. Today Frankl’s bust has left the public space and can be seen in the entrance hall of the building, which now serves as a police 75  Cf. Kapner 1973: 104-125. 76  Cf. „Beiträge für ein Schiller-Denkmal in Wien“, 11. Verzeichnis, WStLA, Kl. Bestände, Denkmäler und Brunnen, A 33-11, M. 24. 77  Cf. Bestowal of Knighthood on 10 December1876, ÖStA, AVA, Adelsakten L.A. Frankl 10 Dec. 1876.

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station.78 Due to his passion for memorialization, however, Frankl succeeded in implicitly inscribing himself into the most prestigious areas of the city. Frankl’s endorsement of the memory of Beethoven, Gluck, Schiller, Lenau and Grün, through monuments ultimately immortalized the man responsible for establishing the monuments themselves, as Frankl’s critics had astutely predicted during his lifetime. Frankl’s predilection for tangible memorabilia was not limited to monuments. His interest in history prompted a restless collector’s passion, which was characteristic of the aspiring (Jewish) bourgeoisie during the nineteenth century. Frankl’s friends and relatives described his apartment as a ‘museum’ on many occasions.79 This observation served Louise Hecht as a theoretical starting point in assessing Frankl’s complex (Jewish) identity through material objects. By discussing Frankl’s contribution to the establishment of the Jewish Museum Vienna – the first of its kind – that opened its gates in 1895, Gabriele Kohlbauer, finally, focusses on the transfer of Frankl’s memorabilia from the private into the public space.

Conclusion Ludwig August Frankl’s long life span, his multiple identity constructions, his manifold interests, his wide-ranging activities and, finally, his own extensive oeuvre make him the ideal subject for a ‘collective biography’. His unpublished estate, owned by the city of Vienna since 1938, provides the main source for (t)his biography.80 Frankl consciously compiled these documents that served him as an “archive of memory”. (Assmann 2001: 16f.) He collected documents and publications on the 1848 revolution in particular, since he originally intended to write its history. This collection comprises 427 objects, mainly pamphlets marked by the Wienbibliothek [Library of the City of Vienna] with a pink stamp as “Collection Ludwig August Frankl”. Another big portion of his documentation was related to (Jewish and non-Jewish) women, which was rather unusual for his time. Frankl possessed rare documents, such 78  Cf. image 50. 79  Cf. photograph from Frankl’s last apartment, image 48. 80  The library acquired the lion’s share of the documents from Ludwig August Frankl’s son Bruno in February 1938; a smaller part was purchased in June 1938, cf. Wienbibliothek im Rathaus, Nachlass Ludwig August Frankl and collections of the Wien Museum.

A Biographical Sketch

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as the statutes of the “Wiener demokratischer Frauenverein” [Democratic Association of the Women of Vienna], dating from September 1848, and the handwritten memories of its president, Karoline von Perin (1808-1888), dating from October 1849. His collection furthermore includes correspondence with Ida Pfeiffer (1797-1858) and Betty Paoli (1814-1894).81 In total, the estate contains a few thousand letters, unorganized documents and printed material that were extensively utilized for this volume. Besides the estate in the Wienbibliothek, several other archives contain substantial material. In this respect, the research in the Central Archive for the History of the Jewish People and the National Library of Israel proved to be especially productive. The Jewish Museum of Vienna and the Wien Museum [Museum of the City of Vienna] completed the picture with many important documents and images. Newspapers, as well as Jewish and non-Jewish journals which Frankl read or edited and in which he published numerous articles, provide another precious resource. We additionally examined source editions and publications that summarize archival materials that are no longer extant. The broad range of material allowed us to reconstruct Frankl’s life and work on different levels and in a various contexts. Due to his migration and longevity, Frankl’s biography spans nineteenth century Central European Jewish history in different geographic centers. In order to cope with the challenges of this multifaceted personality, the book chose a pluralistic approach. Fifteen scholars from different fields of expertise contributed methods, models and approaches from social history, intellectual history, cultural history, musicology and literary criticism to create a polyphone biography that juxtaposes Frankl’s historical life and work with the picture(s) he created by and of himself. Frankl’s family background, his political engagement and literary oeuvre, his commitment to Jewish affairs, and the ‘monumental landscape’ he helped creating in Vienna were the central foci of this volume. This ‘collective biography’ is thus thematically structured, but lacks a continuous chronology; it transcends a unified narrative and emphasizes the fact that biographies are not (necessarily) coherent or linear. (Bödeker 2003: 41-47) Nonetheless, Frankl’s staunch commitment to liberal ideas was a constant throughout his life; this ideology was in rapid retreat at the time of Frankl’s death. Only a year after his death, the conservative politician Karl Lueger was elected mayor of Vienna after an explicitly antisemitic campaign. Nationalism and racism required unambiguous affiliation and absolute loyalty. The era of Frankl’s almost naïve identification with multiple nationalities and 81  Wienbibliothek im Rathaus, Nachlass Ludwig August Frankl, ZPH7, F 2 und ZPH7, F 7.

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ethnicities seems to have come to an unavoidable end. The general disappearance of Frankl’s once-popular literary oeuvre from textbooks and anthologies and the overall ignorance regarding his person and his achievements in the Austrian-German, the Czech and even the Jewish collective memory testify to the enormous impact of monocausal world views up until today.

Biographische Zeittafel 1810 1828 1832 1834 1836 1837 1838 1840

1842 1843 1844 1848

1849 1851 1855

am 3. Februar wird Ludwig (Lazar) August Frankl als ältester Sohn von Therese (geb. Hermann) und Leopold Frankl in Chrást/Chrast in Böhmen geboren. Matura am Piaristengymnasium in Litoměřice/Leitmeritz. Erste Veröffentlichung Johann Pancyr (Böhmische Volkssage). Veröffentlichung des Habsburglieds – Audienz bei Kaiser Franz I. und dem Kronprinzen Ferdinand. Reise nach Dresden und Leipzig, Publikation der Sagen aus dem Morgenland. für das Gedicht Cristoforo Colombo erhält Frankl die Ehrenbürgerschaft der Stadt Genua und vom sardinischen König Karl Albert eine goldene Dose. Promotion in Padua zum Doktor der Medizin. ab September Sekretär der jüdischen Gemeinde Wiens. Redakteur vom Österreichischen Morgenblatt. Vorstandsmitglied des „Vereins zur Beförderung der Handwerke unter den inländischen Israeliten“, später „Zukunft – Verein zur Erziehung und Erhaltung jüdischer Lehrlinge und Israelitischer Handwerksverein“. ab Januar Herausgabe der Wochenzeitschrift Sonntagsblätter. 22. Juni – Hochzeit mit Esther (Ernestine) Wiener (1821‑1857) in Prag. 5. April – Geburt des Sohnes Johann (gestorben am 10. November 1844). 12.-15. März – aktive Teilnahme an der Revolution in Wien. Publikation des Gedichtes Universität. 19. März – Neugründung der Wiener Sonntagsblätter als Revolutionszeitung. 22. Oktober – behördliches Verbot der Sonntagsblätter. Vorstandsmitglied der jüdischen Gemeinde Wiens. Ernennung zum Professor für Ästhetik am Konservatorium der Gesellschaft für Musikfreunde. 15. Februar – Mitbegründer der „Grünen Insel“, Vereinigung von Künstlern, Schriftstellern und Wissenschaftlern.

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1856 1857 1858 1860 1861 1862 1863 1865 1871 1872 1873 1873 1876

1880 1882

Biographische Zeittafel

Orientreise – Gründung der Lämel-Schule in Jerusalem. 3. Februar – Tod von Ernestine Frankl in Wien. 25. Oktober – Hochzeit mit Pauline (Paula) Wiener (1831‑1895) in Prag. 9. September – Geburt des Sohnes Egon Ernst (gestorben am 10. Juli 1862). 5. März – Geburt des Sohnes Dagobert Bruno Alexander (gestorben 1943). Mitglied des Journalisten- und Schriftstellervereins „Concordia“. 12. Juni – Geburt des Sohnes Lothar Amadeus (gestorben 1914). 25jähriges Amtsjubiläum als Sekretär der jüdischen Gemeinde Wiens. Reise nach Schweden und Norwegen. Schulrat der Stadt Wien. Reise nach Deutschland und in die Schweiz. Gründung des Israelitischen Blindeninstituts auf der Hohen Warte in Wien, gemeinsam mit dem Präsidenten der jüdischen Gemeinde Wiens. Schenkung von 400 Büchern an die Bibliotheken in Zájezdec/Zajezdetz, Luže/Lusche und Hroubovice/ Raubowitz anlässlich des Kaiserjubiläums. 4. August – Eröffnung des ersten europäischen Blindenlehrer-Kongresses am akademischen Gymnasium in Wien. 10. November – Enthüllung des von Frankl mitinitiierten Schillerdenkmals in Wien. 10. Dezember – Erhebung in den österreichischen Ritterstand mit dem Adelsprädikat „von Hochwart“. Ehrenbürgerschaft der Stadt Wien (außerdem Ehrebürger von Genua, Chrást/Chrast, Safed, Tiberias und Nassi von Jerusalem). Pensionierung nach 42 Jahren als Sekretär der jüdischen Gemeinde Wiens. Übersiedelung ins Palais Schey, Opernring 10.

Biographische Zeittafel

1890 1891 1892 1894

1895

8. Juni – Hochzeit des Sohnes Dagobert Bruno mit Frieda Voigt (1868-1943) in Weimar. Errichtung der Denkmäler für Anastasius Grün und Nikolaus Lenau am Schillerplatz. 16. April – Geburt der einzigen Enkelin Ilse Henriette Katharina (gestorben 1946). 12. März – Tod von Ludwig August Frankl in seiner Wohnung am Operring 10. 14. März – Begräbnis am Zentralfriedhof, Israelitische Abteilung (1. Tor). 14. April – Grabsteinsetzung.

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Stammbaum der Familie Frankl:

Juda Löbl Hönig (?-1768) ∞ Pessl Lazar (?-1794)



Israel von Hönigsberg (1724-1808) ∞ Catharina Wehle (1721-1801)

Aron Moyses Hönig (1730-1787) ∞ Veronika Fradel Mayer (1729-1796)

Isak Hönig von Bienenfeld (1743-1809) ∞ Chaja Porges

Adam von Henikstein (1745-1811) ∞ Karoline Seligmann (1748-1823)

Leopold Franz Hönig (1751-1783) ∞?

Karoline Hönig ∞ Josef Ofenheimer

Katharina Frankl (1785-1865) ∞ Samuel Pollak (1787-1853)

Babette Frankl (1776-1851) ∞ Joseph Pollak (1776-1871)

Fradel Aloisia Frankl ∞ Johann Schenda

Hindel Charlotte Frankl (1770-1821) ∞ Salomon Schmelkes

Bernhard Franz Frankl

Veronika Frankl









Rosalie Pollak (1807-1871) ∞ Gottfried Schmelkes (1807-1970)

Moriz Pollak (1805-?) ∞ Sofie Wittelshöfer-Lippmann (1824-1887)

Emanuel Schenda (1801-1860)

Josepha Schmelkes (1803-1871) ∞ Ephraim Wiener

Josef Pollak (1807-?)

Leopold Pollak (1806-1880) ∞ Angiolina Baroncini (1831-1905) mehrere Kinder

Caroline Mittermüller (1803-1874)

2 Töchter

Leopold Pollak (1813-1880) ∞ Katharina Wodianer

Louise Pollak (1809-?) ∞ Josef Adam Frankl (1803-1877)

Josef und Paul Frankl

Gottfried Schmelkes (1807-1870) ∞ Rosalie Pollak (1807-1871)

Adalbert Pollak (1816-1866) ∞ Marie Davock (1822-1880)

Joachim Josef Pollak (1809-1867) ∞ Arabella Wertheimer

Doris Schmelkes (1844-1922)

Marie Schmelkes (1838-1909) ∞ Heinrich Voigt (1828-1902)

Philippine Pollak (1810-?) ∞ Stein

Adalbert Adam Pollak (1812-1864) ∞ Marie Porges von Portheim (1816-1896) mehrere Kinder

Ludwig Pollak (1805-1848) ∞ Marie Löwy (1821-1891) ∞ Leopold Kompert (1822-1886)

Franziska Pollak (1819-?) ∞ Adolf Schönstein

Klara Pollak (1845-?) Emma Pollak (1846-?) Ida Pollak (?)

Philippine Pollak (1820-?) ∞ Carl Hock





│ Frida Voigt (1868-1943) ∞ Bruno Frankl von Hochwart (1860-1943)

Josepha Pollak ∞ Simon Forchheimer mehrere Kinder



Mathilde Forchheimer ∞ Joseph von Fürth

Therese Pollak ∞ Philipp Forchheimer mehrere Kinder

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Zweig Ludwig August Frankl (von Hochwart)

Marianne Hönig (1755-1829) ∞ Lazar Frankl (?-1792)

│ Leopold Frankl (1776-1825) ∞ Theresia Hermann (1784-1848)

│ Ludwig August Frankl von Hochwart (1810-1894) ∞ Ernestine Wiener (1821-1857) ∞ Paula Wiener (1831-1895)

Adolf Frankl (1815-1866)

Eduard Frankl (1817-1893) ∞ Rosalia Skutezky (1824-1879)

David Bernhard Frankl (1820-1859) ∞ Rosalie Bondy (1824-1904)



Wilhelm Frankl (1821-1893) ∞ Louise Hock (1829-1897)



Caroline Frankl (1824-1884) ∞ Isaak Flekeles (1815-1851) ∞ Emanuel Sommer (1810-1855) ∞ Salomon Breitenfeld (1830-1913)





Johann Frankl (1844)

Theresia Frankl (1849-?) ∞ Bernhard Wedeles (1837-1892)

Ludwig Frankl (1847-1910) ∞ Eugenie May (1842-1940)

Gustav Frankl ∞ Ernestine Wachtel

Camilla Breitenfeld (1866-1942)



Egon Ernst Frankl (1858-1862)

Hugo Ludwig Frankl (1851-1866)

Benno Dagobert Frankl (1879-1909)

Marianne Frankl (1862-1900)

Marie Sommer (1852-?)

Lothar Frankl von Hochwart (1862-1914)

Wilhelmine Frankl (1852-1936)

Friedericke Frankl (1881-1979) ∞ Heinrich Lorenz von Liburnau (1869-1957)

Adele Frankl (1851-1909) ∞ Samuel Siegfried von Basch (1837-1905)

Fridericke Sommer (1853-1856)



│ Bruno Frankl von Hochwart (1860-1943) ∞ Frida Voigt (1868-1943)

Karl Hubert Frankl (1855-1928)

Hedwig von Suchocki Gertrud von Basch

Wilhelm Flekels (1850)

│ Ilse Frankl von Hochwart (1892-1946) ∞ Erich Knoche (1884-1969)

Therese Flekeles (1849-?) ∞ Friedrich Neumann ∞ Moritz Pollak

│ Olga, Robert, Ernst und Friedrich Neumann; Karl und Rosa Pollak



Edith Neuman Herbert Neumann

Chronologische Auswahlbibliographie von L. A. Frankl 1828.03.03. – Johann Pancyr. (Böhmische Volkssage). – In: Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst 27, 140–142. 1828 – Abschiedsworte beim Austritte aus der Philosophie zu Leitomischel im Jahr 1828. Leitomischel. 1832 – Das Habsburglied. Historische Baladen. Wien. 1832 – Der 9. August 1832. Zum Besten der armen Schulkinder in Baden. Wien. 1834 – Sagen aus dem Morgenlande. Leipzig. 1834a – Episch-lyrische Dichtungen. Wien. 1836 – Cristoforo Colombo. Romantisches Gedicht. Stuttgart. 1836a –Parisina, Übersetzung von Lord Byron. Wien. 1836.16.11. – Vaterländische Sagen und Legenden. – In: Österreichische Zeitschrift für Geschichte und Staatskunde, 368. (Bericht über den Golem in Prag) 1837 – Phantasiae Influxu (Dissertatio Inauguralis). Padua. 1840 – Biographie Josef Emanuel Hilscher’s und dessen gesammelte Werke. Pest. (2. Aufl. 1851) 1841 – Gedichte. Leipzig. – daraus Menschenlose, vertont von Carl Loewe, 1844. 1842 – Rahel. Romantisches Gedicht. Wien. (Hebräisch von Mendel Stern, Rachel Melitsah, 1845 und 1851). 1842–1848 – Wiener Sonntagsblätter 02.01.1842–22.10.1848. 1844.14.04. – Begegnung mit Mezzofanti. – In: Sonntagsblätter 3, 346–349. 1845 – Ein Bischof in Chrast und zwei hussitische Bauern – In: Album: zum Besten der durch die Überschwemmungen im Frühjahre 1845 in Böhmen Verunglückten. Wien, 178–185. 1846 – Don Juan d’Austria. Heldenlied. Leipzig. (Prag 1885/86) 1847 – Zur Geschichte der Juden in Wien. Der alte Judenfreithof. Wien. 1848 – Die Universität. Wien. (Vertont u.a. von Benedict Radhartinger, Franz von Suppé, Gerog Pichler und Nina Stollewerk) 1848a – A Duna. Pressburg. 1850 – Ein Magyarenkönig. Gedicht in Balladen. Leipzig. 1852 – Gusle. Serbische Nationallieder. Wien. 1853 – Hippokrates und die moderne Medicin. Wien. 1853a – Zur Geschichte der Juden in Wien. Der alte Freithof. Der Tempelhof. Wien. 1854 – Geschichte Diego de Aguilar’ – In: Allgemeine Zeitung des Judenthums, 630–634, 656–661.

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Chronologische Auswahlbibliographie von Ludwig August Frankl

1854a – Zu Lenau’s Biografie. Wien. 1855 – Geschichte Diego de Aguilar’s – In: Wiener Mittheilungen, 69; 73f.; 77f.; 81f.; 85f.; 93f. 1855a – Inschriften des alten jüdischen Friedhofes in Wien. Beitrag zur Alterthumskunde Österreichs Wien. 1855b – Libanon: ein poetisches Familienbuch. Wien. (zweite erweiterte Auflage, Wien 1855, dritte Auflage Wien 1864, vierte Auflage Wien 1868, Nachdruck Breslau 1880) 1855c – Lieder, den Zöglingen des Handwerks-Vereins in Wien gewidmet. (Mit Melodien von Salomon Sulzer und Gustav Barth.). Wien. 1856 – Kol Mevaser [Sendschreiben]. Wien. (Hebräisch) 1856a – Mozarts Sterbehaus Wien. 1856b – Nach der Zerstörung. Hebräische Elegien. Deutsch/Hebräisch. Wien. (Hebräisch von Max Letteris) 1858 – Nach Jerusalem! 2 Bde. Leipzig. (Englisch von Patrik Beaton 1859, Hebräisch von Mendel Stern 1860) 1858a – Bericht über die Erwerbung von sieben Raceschädeln während einer Reise im Orient. Wien. 1858.12.07. – An Jerusalem – In: Wiener Mittheilungen Beilage. (Deutsch von Ludwig August Frankl, Hebräisch von Max Letteris). 1860 – Aus Egypten. Wien. (Hebräisch von Abraham Gottlober 1862) 1860a – David Bernhard Frankl. Eine biographische Skizze. Manuscript für Freunde. Prag. 1861 – Helden und Liederbuch. Prag. 1861 – Schiller Beethoven und Goethe in Karlsbad. Karlsbad. 1861a – Der Primator. Gedicht in 7 Gesängen. Prag/Wien. (Hebräisch von Max Letteris, Wien 1862 und von Jakob Fischer, Wien 1862; Tschechisch von Josef Žalud, Prag 1893) 1862 – Aus halbvergangenen Zeiten, Mehrteilige Feuilleton-Serie über den Vormärz in der Presse. Wien. 1863 – Gedichte von Joseph Emanuel Hilscher. Zweite, vermehrte Ausgabe. Prag. 1864 – Ahnenbilder. Leipzig. (Hebräisch von Max Letteris, Wien 1866) 1864 – Meyerbeer in Wien. Aus halbvergangener Zeit. – In: Wiener Mittheilungen, 61f.; 65f. ²1868 – Aus Egypten. Wien. 1869 – Andreas Hofer’s Weib. Erinnerungsblatt aus Tirol. Innsbruck. 1871 – Dr. Gottfried Schmelkes, Badearzt zu Teplitz u.s.w. Biographische Skizze nebst poetischem Nachlasse. Manuscript für Freunde. Weimar.

Chronologische Auswahlbibliographie von Ludwig August Frankl

381

1873 – Das Blinden-Institut auf der Hohen Warte bei Wien. Monographie nebst wissenschaftlichen und biographischen Beiträgen. (Hg.) Wien. 1876 – Maria Theresia von Paradi Biographie. Linz. 1876 – Tragische Könige. Epische Gesänge. Wien. 1877 – Anastasius Grün, Gesammelte Werke (Hg.). 5 Bde. Berlin. 1878 – Biographie eines schwarzen Kindes. – In: Verein der Kinderfreunde in Wien (Hg.), Oesterreichischer Jugendfreund. Wien, 21–39. 1880.19.01. – Epistel an Moriz Rappaport zu seinem … Geburtstage. Wien. 1880 – Gesammelte poetische Werke. 3 Bde. Wien, Pest, Leipzig. 1882.25.10. – An Paula zum silbernen Hochzeitstage. Wien. 1883 – Zur Biographie Franz Grillparzer’s. Wien, Pest, Leipzig. 1884 – Andreas Hofer im Liede. Innsbruck. 1884a – Zur Biographie Friedrich Hebbel’s. Wien, Pest, Leipzig. 1884b – Zur Biographie Ferdinand Raimund’s. Wien, Pest, Leipzig. 1884c – Zur Biographie Nikolaus Lenau’s. Wien. (2., verm. Aufl. Wien, Pest, Leipzig 1885). 1889 – Friedrich v. Amerling. Ein Lebensbild. Wien. 1890 – Episches und Lyrisches, Neue Sammlung. Stuttgart. 1891 – Lenau und Sophie Löwenthal. Tagebuch und Briefe des Dichters (Hg.). Stuttgart. 1891a – Mozarts Mannen! Zu Mozarts hundertstem Todestag. Wien. 1892.08.11. – Mozarts Schädel gefunden. – In: Neue Freie Presse, 1–3. 1892 – Tourist und Cicerone am Titusbogen in Rom. Wien. 1893 – Gmunden im Liede (Hg.). Gmunden.

382

Abbildungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis Jüdisches Museum Wien: : Abb. 7 (Inv. 5166); Abb. 9 (Inv. 4530-36); Abb. 20 (Inv. 8145); Abb. 22 (Inv. 1763); Abb. 23 (Inv. 1060); Abb. 26 (JMWma4427); Abb. 27 (Inv. 8051); Abb. 46 (Inv. 5126) Jüdisches Museum Prag: Abb. 34 (012857-01) Leo Baeck Institute New York: Abb. 21 (Siegfried Altmann Collection, AR 1788) Österreichische Nationalbibliothek: Abb. 17 (NB514273B); Abb. 39 (PORT 00068269-01); Abb. 43 (PORT 00067739-01) Österreichisches Staatsarchiv: Abb. 16 (Adelsakt Ludwig August Frankl, 1876, Fol. 3); Abb. 35 (HHStA, KA Jer., K 14 fol. 392) Public Domain: Abb. 44, 47 Prager Tagblatt: Abb. 12 Privatbesitz Gaugusch: Abb. 4 Privatbesitz Hecht: Abb. 10, 19, 24, 31, 41, 45, 50 Privatbesitz Kupferblum: Abb. 1, 8, 38, 42 Privatbesitz Lorenz: Abb. 2, 3 Privatbesitz Yochai Ben-Ghedalia: Abb. 37 Staatsarchiv München: Abb. 18 (Pol.Dir.14584-0092) Wienbibliothek im Rathaus: Nachlass Ludwig August Frankl, Handschriftensammlung: Abb 29 (H.I.N. ZPH7, Box 1); Abb. 5, 11, 13 (H.I.N. ZPH7, Box 2; Abb. 33 (H.I.N. ZPH7, Box 4); Abb. 25 (H.I.N. ZPH7, Box 5); Abb. 36 (H.I.N. ZPH7, Folio 1); Abb. 6 (H.I.N. ZPH7, Folio 3); Abb. 40 (H.I.N. ZPH7, Folio 6); Handschriftensammlung: Abb. 32 (AUT.H.I.N. 25.479); Abb. 30 (AUT.H.I.N. 103.584); Abb. 28 (AUT.H.I.N. 217.138); Abb. 14 (Handschriften Fa – Foto A H.I.N. 227.269 ZPH 1007) Wiener Luft: Abb. 49 Wien Museum: Abb. 15 (I.N. 12.902); Abb. 48 (I.N. 65.786)

Quellen

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Quellen- und Literaturverzeichnis Quellen Archiv hlavního města Prahy (Stadtarchiv Prag), Konskriptionsscheine. Central Archives of the History of the Jewish People, Jerusalem. Central Zionist Archives, Jerusalem. Friedhofsdatenbank der Israelitischen Kultusgemeinde Heraldisch Genealogische Gesellschaft Adler – Partezettelsammlung. Leo Baeck Institute, New York. Národní Archiv (Praha), Heimatscheine, Familiantenbücher (HBF). Österreichisches Staatsarchiv, AVA, Adelsakten. Österreichische Nationalbibliothek, Musiksammlung. Staatsarchiv München (StAM), Polizeidirektion München. Steiermärkisches Landesarchiv, Graz. Wienbibliothek, Handschriftensammlung. Wiener Jüdisches Museum. Wiener Stadt- und Landesarchiv. Wien Museum.

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Literatur

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Zeitschriften

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Moravia, 1848. Musikalisch-kritisches Repertorium, 1844. Národní listy, 1863, 1867, 1883. Národní noviny, 1849. Národní politika, 1928, 1934. Neue Freie Presse, 1863, 1866, 1868/69, 1872/73, 1876–78, 1883–1886, 1888–1895, 1897, 1904–1906, 1909/10, 1914/15. Neue Illustrirte Zeitung (Stuttgart), 1876, 1880/1. Neue National-Zeitung, 1910. Neue Zeitschrift für Musik , 1837–1843 Neues Wiener Journal, 1918. Neues Wiener Tagblatt, 1927. Die Neuzeit, 1863, 1881, 1889, 1894/95. Niederrheinische Musikzeitung, 1860. Oesterreichische Blätter für Literatur und Kunst, 1845. Österreichische Zeitschrift für Geschichte und Staatskunde, 1836. Österreichisches Morgenblatt, 1840/41, 1846. Oesterreichische Zeitschrift für Geschichts- und Staatskunde, 1836. Ost und West, 1841, 1848. Prager Presse, 1922. Prager Tagblatt, 1884, 1892. Pražský denník, 1894. Die Presse, 1856, 1859, 1865. Rozvoj, 1910, 1927. Der Sammler, 1834/35, 1841/42, 1844–1846. Die Sonntagsblätter, 1842–1848. Týdeník, 1848. Das Vaterland, 1870. Věstník židovské obce náboženské, 1934. Wiener Abendpost (Beilage zur Wiener Zeitung), 1876. Wiener Abendzeitung, 1848. Wiener allgemeine Musik-Zeitung, 1844, 1846. Wiener illustriertes Intelligenz Blatt, 1876. Wiener Klinische Rundschau, 1915.

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Zeitschriften

Wiener Luft (Beilage zum Figaro), 1876. Wiener Mittheilungen, 1857. Wiener Tagblatt, 1897. Wiener Weltausstellungs-Zeitung, 1873. Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode, 1831, 1834/35/36, 1839, 1842/43, 1847. Wiener Zeitung, 1832, 1834, 1836, 1848, 1866, 1894/95. Wiener Zuschauer, 1841, 1843, 1846 Zeitschrift für die Geschichte der Juden in der Tschechoslowakei, 1931/32.

Artikel in Zeitschriften

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Artikel in Zeitschriften „Der 13. März“. – In: Neue Freie Presse (13.03.1866), 1. Adler, Friedrich: Ludwig August Frankl-Gedenkfeier in Prag. – In: Bohemia 83 (Morgenausgabe, 30.01.1910), 11. Albert: Das Virtuosenthum. – In: Sonntagsblätter 4 (02.03.1845), 209–211. Arnold: Karneval. Der slawische Ball. – In: Der Sammler: Ein Unterhaltungsblatt 26 (14.02.1846), 103f. Astolf: Rückblick in die Vergangenheit. – In: Wiener Zuschauer 68 (07.06.1843), 724f. Bauernfeld, Eduard von: Modernste Simfomie [sic!] – In: Sonntagsblätter 5 (11.01.1846), 25–28. Becher, Alfred Julius: Philharmonische Akademie. – In: Allgemeine Wiener Musik-Zeitung (07.04.1842 und 09.04.1842), 172 und 177f. Becher, Alfred Julius: Ueber nazionalen Musikstil. Eine Rhapsodie. – In: Sonntagsblätter 5 (17.05.1846), 463–470 Becher, Alfred Julius: Über Hektor Berlioz. – In: Wiener allgemeine Musik-Zeitung (02.12.1845; 09./11.12.1845 und 30.12.1845), 573–575; 589–591 und 625f. C.: Ludwig August Frankl’s Akademie. – In: Wiener Zuschauer 148 (10.12.1841), 1476f. Cola Rienzi und Hr. Ritter von Braunthal. – In: Sonntagsblätter 47 (20.11.1842), 836. Donath, Oskar: Ludv. Aug. Frankl českým básníkem (Vzpomínka k 40. výročí jeho smrti dne 12. března 1934). – In: Věstník židovské obce náboženské (13.03.1934), 9. Dr. Ludwig August Frankl’s Leichenbegängniß. – In: Neue Freie Presse (14.03.1894, Abendblatt), 2–3. E.: Frankl’s Don Juan d’Austria. – In: Der Wiener Zuschauer 103 (29.06.1846), 820–822 Enthüllung des Schiller-Denkmals. – In: Neue Freie Press (Abendzeitung, 10.11.1876), 1–2. Enthüllungsfeier des Schiller-Denkmals. – In: Wiener Abendpost (Beilage zur Wiener Zeitung, 10.11.1876), 2f. Ernst [Frankl, Ludwig August]: Der Kaiser und sein Volk. – In: Wiener Abendzeitung (12.10.1848), 667f. Ernst [Frankl, Ludwig August]: Muth. – In: Wiener Abendzeitung (11.10.1848), 664. Foges, Ida: Die Grüne Insel. – In: Neues Wiener Journal (22.05.1918), 3f. Foglar, Adolf: Italiens Pazifikation. – In: Sonntagsblätter 7 (25.06.1848), 465f. Frankl, Ludwig August: Allerseelentag. Auf dem Kirchhofe zu Währing. – In: Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode 36 (25.03.1834), 281–283.

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Artikel in Zeitschriften

Frankl, Ludwig August: Am Wasserfalle. Bei Golling in Oberösterreich. – In: Die Feierstunden 30 (13.01.1830), 265. Frankl, Ludwig August: An Braunthal. – In: Allgemeine Theaterzeitung 38 (22.02.1834), 150. Frankl, Ludwig August: An Frau Julie Rettich, geborne Gley. Nach der Darstellung des Gretchens im Faust. – In: Allgemeine Theaterzeitung 210 (21.10.1835), 838. Frankl, Ludwig August: An Grillparzer. – In: Allgemeine Theaterzeitung 113 (21.09.1830), 461. Frankl, Ludwig August: An Sophie Schröder. – In: Allgemeine Theaterzeitung 99 (17.05.1833), 397. Frankl, Ludwig August: Anton v. Schmerling am 13. und 14. März 1848. – In: Neue Freie Presse (13.03.1894), 1–3. Frankl, Ludwig August: Aus halbvergangener Zeit. V. Die Soupirer. – In: Die Presse (01.03.1862), o.A. Frankl, Ludwig August: Beethoven. – In: Sonntagsblätter (10.08.1845), 745–747. Frankl, Ludwig August: Beethoven und Virtuosen. – In: Sonntagsblätter 1 (25.12.1842), 913–916. Frankl, Ludwig August: Begegnung mit Mezzofanti. – In: Sonntagsblätter 3 (14.04.1844), 346–349. Frankl, Ludwig August: Bey der Gründung eines Armenhauses gesprochen. – In: Der Sammler 43 (10.04.1834), 173. Frankl, Ludwig August: Caroline Pichler. – In: Sonntagsblätter (09.07.1843), 677–682. Frankl, Ludwig August: Dreysylbige Charade. – In: Die Feierstunden 6 (14.10.1831), 48. Frankl, Ludwig August: Eine österreichisch-serbische Dichterin. Milica Stojadinović. – In: Die Dioskuren XX (1891), 169–185. Frankl, Ludwig August: Schifferliedchen auf dem See St. Wolfgang. – In: Die Feierstunden 9 (31.10.1829), 77. Frankl, Ludwig August: Es war einmal! März-Erinnerungen. – In: Neue Freie Presse (Morgenblatt 13.03.1891), 1–4. [Frankl, Ludwig August]: Glucks neuer Grabstein. – In: Sonntagsblätter (12.07.1846), 649–650. Frankl, Ludwig August: Im Bergwerke zu Ischl. – In: Die Feierstunden 6 (21.10.1829), 49f. Frankl, Ludwig August: Johann Pancyr. (Böhmische Volkssage). – In: Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst 27 (03.03.1828), 140–142. Frankl, Ludwig August: Joseph II. – In: Die Feierstunden 137 (15.08.1831), 1087f.

Artikel in Zeitschriften

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Frankl, Ludwig August: Der Jüngling vor der Theseusstatue im Volksgarten. – In: Archiv für Geschichte 28 (03.01.1829), 241. Frankl, Ludwig August: König Richard und Sultan Saladin. – In: Die Feierstunden 105 (04.06.1834), 993. Frankl, Ludiwg August: Magnificus rector. – In: Ost und West 12 (23.03.1848), 141. Frankl, Ludwig August: Das Marmordenkmahl. – In: Wiener Zeitschrift 31 (12.03.1831), 245f. Frankl, Ludwig August: Mein Negerknabe. – In: Die Presse (30.03.1859), 1f. Frankl, Ludwig August: Der Morgen auf dem Traunstein. – In: Die Feierstunden 20 (09.12.1829), 171f. Frankl, Ludwig August: Nekrolog. I. Karoline Pichler. – In: Sonntagsblätter 29 (16.07.1843), 677–682. Frankl, Ludwig August: Notiz über den jüdisch-deutsch-polnischen Dichter Moriz Rappaport. – In: Die Dioskuren X (1881), 423f. Frankl, Ludwig August: Österreich und Ungarn. – In: Sonntagsblätter 7 (30.04.1848), 283. Frankl, Ludwig August: Píseň. – In: Květy 12 (15.05.1845), 229. Frankl, Ludwig August: Rachel Malpurgo [sic]. – In: Sonntagsblätter (06.06.1847), 279– 281. Frankl, Ludwig August: Die religiöse Musik der Gegenwart. Eine aforistische Betrachtung. – In: Sonntagsblätter 1 (27.03.1842), 222f. Frankl, Ludwig August: Sind Virtuosen Künstler? Eine Betrachtung, veranlaßt durch die Wunderkinder Joachim, Bohrer, Rubinstein. – In: Sonntagsblätter 1 (06.02.1842), 89–91. Frankl, Ludwig August: Sonntagsrede. – In: Sonntagsblätter 7 (19.03.1848), 127. Frankl, Ludwig August: Die Sprüche des Korans. – In: Die Feierstunden 101 (23.05.1834), 945f. Frankl, Ludwig August: Todesnachricht und Lebensversicherung. Wenzl Klitzpera und Johann Nepomuk Stiepanek. – In: Beilage zu den Sonntagsblättern 8 (25.02.1844), 187. Frankl, Ludwig August: Virtuosen und Künstler. Neue Variationen über ein altes Thema. – In: Sonntagsblätter 3 (01.12.1844), 1127f. Frankl, Ludwig August: Von den Virtuosen. – In: Sonntagsblätter 5 (08.03.1846), 217– 221. Frankl, Ludwig August: Werde Virtuose, Sohn! – In: Sonntagsblätter 1 (15.01.1842), 49–51.

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Artikel in Zeitschriften

Frankl, Ludwig August: Wolfgang Adolf Gerle. – In: Sonntagsblätter 32 (09.08.1846), 745–758. Frankl, Ludwig August: Zum Gebet! – In: Neue Freie Presse (13.03.1868), 1–3. Frankl, Wilhelm: Ueber die Armuth der Produktivität des böhmischen Dramas. – In: Oesterreichische Blätter für Literatur und Kunst 3 (1846), 857f. G.: Gallerie vaterländischer Künstler. C. [sic!] Donizetti. – In: Sonntagsblätter 1 (20.02.1842), 240f. Grabmal für Ludwig August Frankl. – In: Die Neuzeit (12.04.1895), 158. Hammer, J. v.: Sagen aus dem Morgenland von Ludwig August Frankl. Leipzig bei Fr. Aug. Leo 1835. – In: Allgemeine Theaterzeitung 11 (15.01.1835), 369. Hanslick, Eduard: An Wien’s Musikfreunde vor der Aufführung des ‚Elias‘. – In: Wiener Bote. Beilage zu den Sonntagsblättern 6 (31.10.1847), 357–363. Hanslick, Eduard: Censur und Kunst-Kritik. – In: Wiener Zeitung (24.03.1848), 1. Hanslick, Eduard: Ein Wort über Meyerbeer. – In: Sonntagsblätter 6 (14.02.1847), 96–98. Hanslick, Eduard: Richard Wagner, und seine neueste Oper ‚Tannhäuser‘.– In: Wiener allgemeine Musik-Zeitung (28.11., 01.12., 03.12., 10.12., 12.12., 15.12., 17.12., 19.12., 22.12., 24./26.12. und 29.12.1846). Wiederabdruck in: ders., Sämtliche Schriften, 57–94. Herbert [i.e. August Schweigerd]: Ein Denkstein für Gluck. – In: Sonntagsblätter (17.08.1845), 779f. (Herr Kapper). – In: Sonntagsblätter 10 (09.03.1845), 229. Hnilička, Alois: Hlas z r. 1844 o příštím tvůrci české hudby. – In: Národní politika 52 (27.01.1934), 7. Husserl, Sigmund: Die Israelitische Kultusgemeinde in Wien. – In: Ost und West 10 (1910), 494–514. Illový, Rudolf: L. A. Frankl. – In: Rozvoj 34 (11.02.1927), 3f. Istoria enteresante: el estabilimento de la onorada Comuna Spagniola en Viena, trezladada del ebraico conteniendo la beografia del Baron Diaga [!] de Aguilar. – In: Luzero de la Pasiensia 1,1 (21.11.1885), 5–16; 1,2; 1,3 (26.12.1885), 37–40; 1,4; 1,7 (03.03.1886), 108–112; 1,8 (18.03.1886), 116–121. J.: Die Konzerts spirituels. Eine Standrede. – In: Sonntagsblätter 1 (27.03.1842), 223–226. Jenny Lind. Außerordentliche Beilage zu den Sonntagsblättern Nr. 7. – In: Wiener Bote. Beilage zu den Sonntagsblättern 6 (14.02.1847), 57–64. Jüdischer Plutarch. – In: Sonntagsblätter (14.11.1847), 405. Kapper, Siegfried: Karel Hynek Mácha und die neuböhmische Literatur. – In: Sonntagsblätter 1 (01.05.1842), 313f. Kapper, Siegfried: Literärische Notizen. – In: Bohemia 22 (24.12.1849), 3.

Artikel in Zeitschriften

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422

Artikel in Zeitschriften

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Artikel in Zeitschriften

423

Vaterländische Sagen und Legenden III–IV. – In: Oesterreichische Zeitschrift für Geschichtsund Staatskunde 2 (1836), 368. Vídeň – a Chrast. – In: Rozvoj 4 (08.04.1910), 4. Wien. – In: Der Sammler 151 (20.09.1842), 628. Wiener Briefe. Nr. 4. – In: Neue Zeitschrift für Musik (18.12.1843), 194–196. Zákon proti duševnímu týrání dítek. – In: Národní listy 23 (26.07.1883), 1. Z Chrásti. – In: Národní listy 7 (08.10.1867), 3. Zur Enthüllung des Schiller-Denkmals in Wien. – In: Neue Illustrirte Zeitung (12.11.1876), 1f. Zur gefälligen Beachtung. – In: Sonntagsblätter 39 (28.09.1845), 913. Zuřivost vídeňských židů proti češtině. – In: Národní listy 3 (02.05.1863), 3.

424

Register

Personenregister d’Aguilar, Diego 30, 223, 225-227, 231-239, 357 Aguilar, Grace 223-225, 238 Aigner, Joseph Matthäus 24, 26, 298-299, 324, 351, 353 Amerling, Friedrich (von) 26, 279, 338, 353 Bach, Alexander von 205, 299 Baruch, Ruben 30, 226-227, 230, 357 Beaton, Patrick 35, 265, 361 Becher, Alfred Julius 23, 157-168, 171-180, 195, 197, 204, 212, 278, 350 Beck, Karl Isidor 128, 130, 219 Beer, Markus Hirsch 15, 343 Beethoven, Ludwig van 4041, 105, 161, 167, 173, 175-177, 285, 301, 303 Beethovendenkmal 41, 285, 301, 367 Benedikt, Amalia 316, 335 Berger, Johann Nepomuk 160, 216, 278 Bondy, Ottilie 58 Boschan, Wilhelm 18, 346 Breitenfeld, Salomon 71, 86 Castelli, Ignaz Franz 157, 160, 170, 278 Cohn, Albert 33, 243, 262, 359 Deutsch, Ignaz 33, 79, 243, 360 Deutsch, Simon 22, 24, 349, 351

Ebner-Eschenbach, Marie von 55 Engländer, Sigmund 21, 24, 212, 349, 351 Félix, Rachel 27, 354 Figdor, Gustav 15, 327, 343 Fischhof, Adolf 25-26, 55, 66, 111, 199, 275, 352-353 Flekeles, Isaak (Ignaz) 19, 71, 85, 346 Flekeles, Therese 71, 437 Forchheimer, Lotte 52 Förster, Ludwig 36-37, 362-364 Frankl, Adolf/Adolph 19, 70, 81, 346 Frankl, Caroline/Karoline 19, 85, 346 Frankl, David Bernhard 19-21, 68, 72, 77, 82, 87, 96, 345-348, 358 Frankl, Eduard 63, 81, 97, 345-347 Frankl, Egon Ernst 53, 55, 80 Frankl (geb. Wiener), Ernestine 59-60, 68, 70, 79, 88, 346, 354 Frankl-Hochwart, Bruno Dagobert von 27, 48, 50, 80, 115, 279, 324, 328, 354, 370, 374 Frankl-Hochwart (geb. Voigt), Frieda 49-50, 52, 80, 375 Frankl-Hochwart, Lothar Amadeus von 51-52, 81, 87 Frankl, Johann 53, 62, 66, 80

Frankl, Lazar 77-78, 87 Frankl, Leopold 14, 17, 95, 342, 345 Frankl (geb. Hock), Louise 84, 87, 346 Frankl (geb. Hönig), Marianne 13, 47, 72-75, 78, 85, 88, 95, 341-342 Frankl (geb. Wiener), Paula 47, 57, 79, 67, 87, 338 Frankl (geb. Skutzeky), Rosa 81, 88, 347 Frankl (geb. Bondi), Rosalie 82, 346-347 Frankl (geb. Hermann), Therese/Theresia 14, 47, 61, 67-72, 79, 81, 93, 342 Frankl, Veronika 86 Frankl, Wilhelm 18-19, 63, 84, 87, 96, 345-346 Frankl, Wilhelmine 82, 97 Franzos, Karl Emil 55, 301, 335 Franzos (geb. Benedikt), Ottilie 55, 296, 315-316 Freiligrath, Ferdinand (von) 126-128 Gabillon, Zerlinde 57 Geiger, Abraham 260, 266 Gerle, Wolfgang Adolf 19, 31, 347, 358 Gluck, Christoph Willibald 40, 43, 170, 285, 301303, 367, 370 Goldbaum, Wilhelm 276 Goldmark, Josef 25, 352 Gottlober, Abraham (Beer) 35, 265, 362 Gräffer, Franz 160

425

Register Grillparzer, Franz 19, 25, 102, 105, 122, 137, 142143, 145, 176, 208, 219, 276, 278-280, 282-284, 299, 353 Grün, Anastasius 25, 38, 42-43, 57, 111, 113, 128-129, 145, 217, 219, 278-279, 281-285, 353, 369-370 Gutzkow, Karl 140-141, 143, 160 Halevy, Jehuda/Yehuda 34, 257, 259, 261, 263, 266, 270, 272, 279, 361 Hammer-Purgstall, Josef/ Joseph (von) 11, 19, 26, 75, 90, 160, 210-211, 263, 277-278, 300, 339, 347, 353-354 Hanslick, Eduard 145, 157160, 169-172, 178-180, 190, 195 Hartmann, Moritz 21, 24, 122-123, 126, 278, 349, 351 Hebbel, Christine 55, 300 Hebbel, Friedrich 25, 54-55, 145-146, 276-82, 284, 293, 353 Heine, Heinrich 132, 141, 231, 261, 266 Heller, Simon 292, 317 Henikstein, Adam (Albert) von 14, 74-75 Hermann, David 67, 70, 79 Herwegh, Georg 126-127, 132 Herz (geb. Lämel), Elise 20, 31-34, 47, 66, 257, 263, 289, 328, 330, 333, 347, 358-361 Hilscher, Josef/Joseph Emanuel 89, 110, 217, 279-280, 285, 288

Hirsch, Moritz von 57 Hock, Stefan/Stephan 72, 93, 131, 195, 283 Hönig, Israel (Edler von Hönigsberg) 13-14, 67, 72-74, 238, 326, 341 Hönig, Löbl 72, 77, 79 Hönig, Maximilian (von Hönigsberg) 14, 326, 342 Hönig, Moses (von Hönigsberg) 72, 75, 327 Hönig, Soliman (von Hönigsberg) 14, 342 Hormayr, Joseph von 15, 287, 342, 353 Horn, Uffo 122, 124 Hyrtl, Josef 313-314 Jelačić, Joseph (Ban) 25, 198, 200, 204-205, 352 Jellinek, Adolf 36, 57, 363 Jellinek, Hermann 24, 351 Kämpf, Saul Isaac 20, 260, 348 Kapper, Siegfried 21-22, 63, 67-68, 73, 93-95, 98, 108, 116-119, 160, 196, 198, 217-219 Karadžić, Minna 215 Karadžić, Vuk Stefanović 110, 214 Klic(z)pera, Václav Kliment 103-104, 108-110, 218219 Knoche, Erich 48, 80 Knoche, Ilse 47-49 Kompert, Leopold 21, 55, 131, 138, 141-143, 160, 222-223, 278, 287, 349 Kompert (geb. Pollak), Marie 55 Königswarter, Charlotte von 334 Königswarter, Jonas von 38, 286, 316, 334, 365

Kuh, David 117 Kuranda, Ignaz 18, 22, 24, 126, 278, 346, 349, 351 Kuranda, Regine 66 Kürnberger, Ferdinand 23, 26, 63, 124, 126, 160, 197, 285-286, 350, 353 Lämel, Simon Edler von 31, 257, 358 Lämel-Schule 31, 47, 257, 264, 289, 321, 328, 330331, 358 Lehmann, Markus 222, 228-239 Lenau, Nikolaus 25, 43, 119, 122, 129, 133-135, 211, 219, 253, 276-285, 300, 353, 369-370 Lescheti(t)zky, Theodor 164, 188 Letteris, Max (Meir) 21, 29, 34-37, 66, 210, 230, 264, 268, 271, 348, 357, 361, 364 Lieben, Helene 143 Lorm, Hieronymus 121-126, 278 Löw, Leopold 22, 350 Luzzatto/Morpurgo, Rachel 26-27, 354 Luzzatto, Samuel David 26, 259, 261, 267, 354 Mendelssohn, Moses 62, 94, 259 Mezzofanti, Kardinal 11-12, 35, 89, 93, 109, 114-115, 339-340, 362 Montefiore, Judith 34, 361 Montefiore, Moses 243 Moscheles, Ignaz 165 Mosenthal, Salomon Hermann (von) 55, 143, 149, 293, 296, 300 Musa 66, 307-311

426 Nebeský, Václav Bolemír 91, 114-117 Neustadt/l, Adolf 22, 66, 350 Paoli, Betty 44, 371 Papo, Michael Menahem 230, 233, 236 Paradis, Maria Theresia (von) 39, 47, 279, 301, 354, 365-366 Pereira, Francisco Lopes 237-238 Perin, Karoline von 44, 371 Peter, Johann 123-126, 132 Pfeiffer, Ida 44, 243-249, 300, 371 Philippson, Ludwig 222-225, 231 Philippson, Phöbus 222-224 Pichler, Caroline/Karoline 19, 26, 47, 75, 212, 277278, 287, 347, 354 Pichler, Georg 185-187 Pizzamano, Josef 310-311, 329 Plank, Josef 159-179 Pollak (geb. Frankl), Babette 50, 86 Pollak, Joseph Joachim 86, 345, 347 Pollak (geb. Frankl), Katharina 50, 87 Pollak, Leopold 15, 26, 264, 300, 327-328, 343, 353 Pollak, Ludwig 55, 59 Pollak, Samuel Joachim 1819, 50, 59, 87, 345, 347 Präsident, German 100, 104 Radnitzky, Carl 34, 200-201, 337, 360 Rahl, Carl 26, 299, 307, 310 Raimund, Ferdinand 212, 279-280, 283, 353 Randhartinger, Benedict 186-189

Register Rappaport, Moritz Felix 209 Rothschild, Betty 34, 361 Saar, Ferdinand 275, 321 Sachs, Michael 60, 260-261 Schenda, Johann 74, 87 Schey, Friedrich (von) 295296, 320, 334 Schey, Stefan von 42, 57, 145, 303, 316, 369 Schiller, Friedrich 42, 146155, 217, 286 Schillerdenkmal 40-43, 5657, 137, 145-151, 154, 275, 285-286, 292, 302303, 305-306, 318-319, 367-369, 374 Schillerstiftung 98, 142-144, 147, 152, 154, 292-293, 337 Schilling, Johannes 43, 304, 321, 369 Schmelkes, Gottfried 50, 80, 86 Schmelkes (geb. Pollak), Rosalia 50, 80 Schmerling, Anton von 26, 353 Schnitzer, Moshe 331-333, 363 Schubert, Franz 155, 173, 186, 189 Semo, Aaron 229-230, 233-238 Sheykevich, Nachum Meir 228, 232 Sommer, Emanuel 71, 86 Sommer, Marie 71 Spitzer, Daniel 40, 124, 147150, 292, 294, 318, 367 Spitzer, Heinrich 25, 352 Štěpánek, Jan Nepomuk 109, 218 Stern, Max Emanuel (Mendel) 27, 35, 68, 212, 264-265, 354, 361

Stiassny, Wilhelm 316, 323, 335 Stojadinović Srpkinja, Milica 7, 215, 354 Stollewerk, Nina 187 Sulzer, Salomon 19, 301, 333, 347 Suppé, Franz von 184-185 Szana, Bernhard 297-298, 301, 306, 315 Szántó, Simon 37, 308, 310, 321, 364 Tauber, (Josef) Samuel 141, 327 Tauber (geb. von Hönigsberg), Louise 75, 327 Tauber (geb. von Hönigsberg), Marie 75, 316, 327 Vieuxtemps, Henri 61, 163 Voigt, Heinrich 50, 80 Voigt (geb. Schmelkes), Marie 50, 80 Wertheimer, Josef/Joseph (von) 30-31, 357-358 Wertheimstein, Franziska von 327 Wertheimstein, Josephine von 327 Wickenburg-Almásy, Wilhelmine 57-58 Wiener, Hermann 53, 60 Wiener, Juda Seligmann 5960, 79, 80 Wiener, Simon 60 Wiener-Welten, Henriette von 57-58 Wurzbach, Constant von 55, 145, 276, 281 Zellner, Leopold Alexander 192, 193 Zemlinsky, Adolf von 229230, 233-236, 238

Adressen Reihenherausgeberin und -herausgeber Prof. Dr. Steffen Höhne

Hochschule für Musik Franz Liszt Platz der Demokratie 2/3 D-99423 Weimar [email protected]

PhDr. Václav Petrbok, PhD.

Ústav pro českou literaturu AV ČR v.v.i. Na Florenci 3 CZ-110 00 Praha 1 [email protected]

Dr. Alice Stašková

Institut für Deutsche und Niederländische Philologie Freie Universität Berlin Habelschwerdter Allee 45 D-14195 Berlin [email protected]

Adresse Bandherausgeberin Mag. Dr. Louise Hecht, PhD.

Univerzita Palackého v Olomouci Centrum judaistických studií Kurta a Ursuly Schubertových Tř. Svobody 26 CZ-772 00 Olomouc [email protected]

428

Adressen

Adressen Autorinnen und Autoren Direktorin Mag. Herlinde Aichner

St. Ursula Gymnasium Salzburg Aigner Str. 135 A-5061 Salzburg [email protected]

Direktor Yochai Ben-Ghedalia, Central Archives of the History of the Jewish Ph.D. People The Hebrew University of Jerusalem, The Edmond J. Safra Campus Givat Ram P.O.B. 39077 IL-91390 Jerusalem [email protected] Doz. Mag. Dr. Barbara Boisits

Österreichische Akademie der Wissenschaften Institut für kunst- und musikhistorische Forschungen Abt. Musikwissenschaft Dr. Ignaz Seipel-Platz 2 A-1010 Wien [email protected]

Dipl. Ing. Georg Gaugusch

Wilhelm Jungmann und Neffe Albertinaplatz 3 A-1010 Wien [email protected]

Mag. Dr. Dieter J. Hecht

Österreischische Akademie der Wissenschaften Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte (IKT) Postgasse 7/4 A-1010 Wien [email protected]

Mag. Dr. Louise Hecht, PhD.

Univerzita Palackého v Olomouci Centrum judaistických studií Kurta a Ursuly Schubertových Tř. Svobody 26 CZ-772 00 Olomouc [email protected]

429

Adressen

Dr. Gabriele Kohlbauer-Friz

Jüdisches Museum Wien Dorotheergasse 11 A-1010 Wien [email protected]

Doz. Mag. Dr. Jörg Krappmann

Univerzita Palackého v Olomouci Katedra germanistiky Křížkovského 10 CZ-771 80 Olomouc [email protected]

Mag. Dr. Marie Krappmann

Univerzita Palackého v Olomouci Katedra germanistiky Křížkovského 10 CZ-771 80 Olomouc [email protected]

Ao.Univ.-Prof. Dr. Hubert Lengauer

Alpen-Adria Universität Klagenfurt Institut für Germanistik Internationale Beziehungen und Interne Kommunikation Universitätsstraße 65-67 A-9020 Klagenfurt [email protected]

Dr. Gertraud Marinelli-König

Österreischische Akademie der Wissenschaften Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte (IKT) Postgasse 7/4 A-1010 Wien [email protected]

PhDr. Václav Petrbok, PhD.

Ústav pro českou literaturu AV ČR v.v.i. Na Florenci 3 CZ-110 00 Praha 1 [email protected]

Univ.-Prof. Mag. Dr. Stefan Schmidl

Österreichische Akademie der Wissenschaften Institut für kunst- und musikhistorische Forschungen Abt. Musikwissenschaft Dr. Ignaz Seipel-Platz 2 A-1010 Wien [email protected]

430

Adressen

em.o.Univ.-Prof. Dr. Ernst Wangermann

Universität Salzburg Rudolfskai 42 A-5020 Salzburg [email protected]

Carsten Wilke, PhD.

Associate Professor Central European University Department of History Nádor u. 9 HU-1051 Budapest [email protected]

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